BierTalk 35 – Interview mit Andrea Kalrait, Veranstaltungsleiterin der BrauBeviale in Nürnberg

Von Anfang an gehörte Andrea Kalrait zum Team der größten Branchenmesse Welt rund um das Thema Bier und Getränke, die heute als BrauBeviale und Beviale Family auch internationale Standbeine hat. Als passionierte Biertrinkerin und Biersommelière sowie International BeerJudge lebt und liebt sie das Nationalgetränk ihrer fränkischen Heimat und betritt oft auch als Botschafterin der Bierkultur die Bühnen der Welt. Im BierTalk mit Holger Hahn und Markus Raupach berichtet sie unter anderem von den besonderen Herausforderungen an eine Messe im Covid-Jahr und, wie sie es geschafft hat, mit ihrem Team trotz aller Widrigkeiten ein attraktives Konzept auf die Beine zu stellen, das vor allem das wichtigste Bedürfnis der Brauer befriedigen kann: Den persönlichen Austausch und die gegenseitige Unterstützung in diesen schwierigen Zeiten…

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Holger: Herzlich willkommen zum BierTalk Nummer 35. Ich bin absolut glücklich, weil wir haben wieder eine Dame als Gast bei uns. Aber am Mikrofon ist wie immer der Holger und der …

 

Markus: Markus.

Holger: Und der Gast ist die Andrea Kalrait. Andrea, du sitzt ja jetzt in Nürnberg und am besten stellst du dich selber vor.

Andrea Kalrait: Lieber Markus, lieber Holger, erst mal vielen Dank, dass ich bei eurem BierTalk dabei sein darf. Wenn es um mich geht, bin ich mir grad am Überlegen, was denn eure Zuhörer überhaupt interessiert. Und ich glaub, wichtig einfach nur zu wissen über mich, ist, dass ich natürlich zum einen verantwortlich bin für eine der wichtigen Messen für diese Branche, die BrauBeviale in Nürnberg. Zum anderen, dass ich absolute bierbegeisterte Konsumentin und Jurorin bin bei verschiedenen Beer Awards und Bier tatsächlich meine Leidenschaft ist, also nicht nur Job, sondern wirklich allumfassend.

Holger: Das hört sich doch super an und ist genau die absolute Voraussetzung für uns, als Gesprächspartner des BierTalks infrage zu kommen. Die BrauBeviale 2020 steht ja sicher auch unter dem Vorzeichen der ganzen Pandemie und der Sicherheit für die Besucher. Das ist grad nicht so einfach, stelle ich mir vor, in der Messebranche sein Unwesen zu treiben unter diesen Rahmenbedingungen. Oder betrifft euch das gar nicht?

Andrea Kalrait: Nein, da sagst du tatsächlich was Wahres. Einfach ist wirklich anders. Als im April das Oktoberfest abgesagt wurde, haben wir schon gestartet für die BrauBeviale zu überlegen: Wie kann denn eine Messe im Herbst mit diesen Rahmenbedingungen aussehen? Was ist möglich, was ist sinnvoll? Das hat natürlich dann auch alles noch ein bisschen gedauert, weil wir natürlich von der Politik auch den Input brauchten, was dürfen wir dann tatsächlich und ab wann dürfen wir es denn? Und wir wissen, dass wir eigentlich seit gestern in Bayern wieder Messen machen dürfen. Und Messen sind nicht wie viele glauben Großveranstaltungen, weil Großveranstaltungen sind ja nach wie vor bis Ende des Jahres nicht gestattet. Wir haben auf Fachmessen einfach andere Möglichkeiten mit Nachverfolgbarkeit, mit Abstand, mit Sicherheit, mit Hygiene, als es bei einem Rockkonzert oder ähnlichem möglich wäre. Und das stellt gerade bei uns hier in Nürnberg so ein bisschen alles auf den Kopf. Einige der Kollegen hier bei der Messe sind in Kurzarbeit und haben auch vielleicht ein bisschen den Sommer genießen können. Ich mit meinem Team und auch den Kollegen, die an der BrauBeviale arbeiten, wir haben eigentlich Überstunden geklopft und haben versucht, eine gute Veranstaltung als Basis aufzubauen.

Holger: Das sind auf jeden Fall großartige Neuigkeiten, weil ich hatte mir schon Sorgen gemacht, dass, ja, fast meine Lieblingsmesse dann vielleicht doch nicht stattfindet oder in einem Umfang, der eigentlich im Prinzip dann wirklich gar nichts bringt. So Markus, du bist ja gerade in Italien. Also wir sind ja schon wieder europäisch mehr oder weniger und gehen hier von Oberbayern nach Mittelfranken und jetzt an den Gardasee. Wie geht’s dir denn da?

Markus: Oh ja, eigentlich geht’s mir ganz gut. Also nur liebe Hörer, ihr werdet hören, ich habe ab und zu so ein bisschen Hintergrundgeräusche, weil mir hier nur die Hotellobby bleibt und hier wird gerne ein bisschen geputzt und gewienert und mit Gläsern gescheppert und so. Aber ich glaube, man hört mich ganz gut. Ja, grundsätzlich sehr, sehr spannend, ich habe natürlich auch den Weg des Bieres ein bisschen verfolgt, sprich, ich habe erst beim Markus Hoppe Station gemacht, der ja kurz vor den Alpen sozusagen liegt. Dann waren wir in Bozen beim Batzenbräu, wo wir den BierTalk aufgezeichnet haben, den ihr letzte Woche gehört habt. Jetzt bin ich hier gerade Zwischenstation am Gardasee, wo es auch interessante Brauereien gibt. Und ich werde dann noch nach Venedig rüberfahren und unterwegs auch natürlich noch zwei, drei Brauereien besuchen. Also durchaus spannend. Und nichtsdestotrotz heute ist das Wetter ein bisschen schlecht, aber das ist ja genau das Richtige, um mal eine Brauerei zu besuchen. Jetzt reden wir die ganze Zeit über Bier. Die Andrea hat sich doch bestimmt eins ausgesucht, was sie mit uns trinken möchte, oder?

Andrea Kalrait: Ja, ich habe mir tatsächlich eines ausgesucht und das war ja etwas, wo ihr mich schon ein bisschen vorgewarnt habt, wo ihr gesagt habt, hey, so ein Bier für unseren BierTalk wäre ganz gut. Und ich stand tatsächlich dann so vor meinem Bierkühlschrank, also eigentlich ein Weinklimaschrank, der bei uns Zuhause zum Bierklimaschrank umfunktioniert wurde. Und stand davor und habe mir gedacht: Welches Bier nehme ich denn jetzt? Und das ist ja nun, wie soll ich sagen, nicht ganz so einfach. Es kommt ja immer so auf die persönliche Tagessituation ein bisschen drauf an, auf was man Lust hat. Und da gibt’s natürlich das Thema, bleibt man im Reinheitsgebot oder nicht im Reinheitsgebot? Ich bin ja auch ein Fan von den Dingen, die nicht nur im Reinheitsgebot stattfinden. Und dann habe ich ein Bier entdeckt, wo ich mir gedacht habe, das ist es. Und zwar habe ich dieses Bier auf der letzten BrauBeviale das allererste Mal am Stand der Brewers Association verkosten dürfen. Es ist ein Bier von Indeed Brewing und es erinnert an Sommer. Es ist ein Lavendel-, Sonnenblumen-, Honig- und Dattel-Bier.

Holger: Manometer, das hört sich ja sehr spannend an. Dann mach‘s doch mal auf. Du bist ja auch Biersommelière und dann lass uns doch mal teilhaben, was du im Glas hast und wie sich das da entwickelt.

Andrea Kalrait: Alles klar. Also ich mache jetzt mal auf. Es ist, und jetzt werden viele wahrscheinlich auch wieder erschrecken, es ist in der Dose. Somit klingt es auch entsprechend, wenn man es öffnet.

Markus: Ich muss ja mich da outen und muss sagen, ich mag ja Dosenbier.

Andrea Kalrait: Ist auch manchmal durchaus praktisch. Aber ich habe auch schon erlebt, dass die Dose in so einem Camper zum Beispiel nicht mitmacht, weil die Dosenqualität manchmal sehr unterschiedlich ist. Wenn ich mein Bier jetzt so anschaue, ich habe ein Verkostungsglas einfach vor mir stehen, dass ihr euch das vorstellen könnt, ich habe ein fast schon dunkel-bernsteinfarbenes Bier im Glas mit einem schönen cremigen Schaum oben. Der Schaum hat so ein bisschen, geht ein bisschen so in die Cappuccino-Schiene rein, also schon noch hell, aber so wie man es sich eigentlich auf einem Cappuccino wünscht, so einen Schaum. Er hält auch ziemlich lange an. In der Farbkombination, der helle Cappuccino-Schaum mit diesem bernsteinfarbenen Bier macht schon mal einen schönen ersten Eindruck. Wenn ich die Nase dann nehme, dann habe ich zum einen getrocknete Früchte schon ein bisschen in der Nase, also diese Dattel-Anklänge. Ob ich es jetzt persönlich als Dattel erkennen würde, muss ich gestehen, weiß ich nicht so genau, könnte ich auch so ein bisschen in die Pflaumen-Schiene schieben. Aber durch die Kombination mit dem Honig, dass es Sonnenblumen-Honig ist, so viel Honig esse ich nicht, aber den Honig, den riecht man schon kräftig, und auch schöne Lavendel-Noten, die einem hier entgegenkommen, also das ist so ein Bier, wo ich sage, bei schönem Wetter, am besten vielleicht noch in der Provence bei so einem Lavendel-Feld, wäre das sicherlich eine tolle Kombination. Ich würde jetzt einen Schluck trinken.

Markus: Auf geht’s!

Holger: Das macht ja jetzt richtig Durst.

Andrea Kalrait: Mhm (bejahend).

Holger: Meine Güte.

Andrea Kalrait: Mein Bier ist nicht mehr zu kalt. Das ist auch ganz gut so, weil dadurch kommen die Aromen einfach nochmal schöner rüber. Es hat eine gewisse Süße dieses Bier, hat aber auch leichte Säurenoten, aber ganz, ganz minimal. Das, was ich in der Nase hatte, den Lavendel, den Honig und die Datteln, die habe ich genau so auch am Gaumen. Es ist unheimlich mundfüllend dieses Bier. Also das heißt, der ganze Mund hat was davon, wenn man dieses Bier trinkt. Von der Rezens her, muss ich jetzt gestehen, da ist es leider schon ein bisschen drüber. Weil ich habe ja gesagt, das ist ein Schätzchen aus meinem Weinklimaschrank und manchmal hütet man ja bestimmte Schätzchen ein bisschen länger. August, ne, jetzt im August quasi hat es das Haltbarkeitsdatum erreicht. Aber das ist bei dem Bier mit über 7 % Alkohol jetzt kein Thema. Es schmeckt trotzdem noch lecker. Ein bisschen mehr Rezens wäre hübsch, aber macht mir persönlich viel Spaß.

Holger: Sehr schön! Wunderbar! Vielleicht gehen wir noch mal, du hast ja das Thema Dose angesprochen, Markus, hat sich ja dann geoutet und hat gemeint, er wäre der Liebhaber der Dose, aber die Dose ist ja so ein bisschen ein Trend. Und so eine Messe soll ja auch Trends in den Vordergrund bringen. Und was siehst du denn für Trends in der Baubranche, die vielleicht jetzt auf der BrauBeviale 2020 zu sehen sein werden, die du vielleicht so ein bisschen herausheben möchtest?

Andrea Kalrait: Ich würde wahnsinnig gerne über Trends in diesem Jahr reden, aber wir merken, und das merken wir jetzt eigentlich schon seit April, dass wir im Moment natürlich den einen oder anderen Trend erleben, aber wir reden im Moment bei vielen Firmen über deutlich essenziellere Aspekte. Es geht um Überlebensfähigkeit, es geht um, wie schaffe ich diese Krise? Die BrauBeviale im November wird weniger die Messe sein, Neuigkeiten und Trends zu präsentieren, sondern eher mit der Branche gemeinsam, ich sage jetzt mal bayerisch, Ärmel hochkrempeln und wieder loslegen. Also die BrauBeviale in diesem Herbst versteht sich nicht als klassische Trendsetter- und Investitionsgüter-Messe für die Branche, sondern als Messe, um gemeinsam mit den Kunden und mit den Partnern zu schauen: Hey! Wie ist es euch die letzten Wochen und Monate ergangen? Wie geht’s euch? Was habt ihr vor? Wie können wir uns gemeinsam unterstützen, dass wir möglichst bald und gut aus dieser, in Anführungszeichen, „Talsohle“ wieder rauskommen können. Und somit ist auch, das merken wir auch bei den Ausstellern, die dieser Empfehlung von uns durchaus folgen. Also du hattest ja vorhin gesagt, von der Größe her, die BrauBeviale wird in diesem Jahr kleiner sein. Wir haben das aber auch ganz aktiv mit unseren Ausstellern und Kunden besprochen. Wir haben gesagt, es geht in diesem Jahr nicht um Größe, es geht nicht um wunderschöne Messestände, sondern es geht darum, da zu sein, Solidarität zu zeigen, als Gesprächspartner für die Kunden und für die Getränkehersteller da zu sein. Und das ist in diesem Jahr der Auftrag der BrauBeviale. Also eigentlich ein ganz anderer als sonst.

Holger: Ah ja, interessant. Ich glaube schon, dass das vielleicht auch toll ist für eure Kunden, so eine Plattform zu bieten, wo man sich austauscht. Aber ich habe auch den Eindruck, dass es vorbei ist zu überlegen, also lass uns das irgendwie überleben und dann ist es vorbei und dann geht’s weiter. Ich glaube halt, dass man vieles neu auch machen muss. Und ein weiteres Mal eben sind Innovationen wichtiger denn je. Man muss sich absetzen vom Mainstream und so eigentlich ist ja auch dieses „Immer wieder neu“ eigentlich die Regel. Also vor der Pandemie war das so und nach der Pandemie wird das auch sein. Wo siehst du denn die Hauptherausforderung?

Andrea Kalrait: Wir haben uns ja das Thema Zukunftsfähigkeit für die Branche auf die Fahne geschrieben. Und wie du schon sagst, also gerade jetzt ist das Thema natürlich wichtig: Wie positioniere ich mich? Und wir haben ja jetzt auch oder das haben ja auch Brauereien leidvoll erleben müssen, die auf Fassbier sich fokussiert hatten, was das in diesem Jahr bedeutet hat. Ich glaube aber tatsächlich, dass jeder, und wir haben ja nicht nur Brauereien als Besucher, sondern alle Getränkehersteller, dass jeder natürlich seinen Weg finden muss. Und wir sind jetzt gerade bei der Dose. Die Dose funktioniert sicherlich nicht für jeden, aber wenn ich zum Beispiel auch das Export-Thema andenke und so weiter, dann hat natürlich die Dose auch wieder entsprechende Aspekte, wo es Sinn macht. Also es ist ja immer ein Zusammenspiel von vielen Varianten, und die Tendenz, die wir im Moment sehen, ist tatsächlich, sich wieder treffen, den ersten Branchentreff überhaupt in diesem Jahr zu bekommen, um sich austauschen zu können, das ist es im Moment. Und auch wieder dieses persönliche Treffen, darum geht es. Es ist jetzt eher die Aufgabe zu schauen, wie können wir Begegnung wieder ermöglichen, um eben an der Zukunftsfähigkeit für alle, sowohl für die Getränkehersteller als auch für die Zulieferer zu arbeiten. Dass natürlich in den Betrieben überall geguckt wird und jeder schaut, wo er sich jetzt differenzieren kann, brauchen wir nicht darüber zu reden, Aber es ist, glaube ich, in der aktuellen Zeit weniger klar als jemals zuvor, wie ich mich konkret für die Zukunft aufstellen muss.

Holger: Dann ist sozusagen die Messe jetzt dieses Jahr der Live-Treffpunkt quasi für die Brauwirtschaft. So kann man es sagen, oder?

Andrea Kalrait: Genau, genau.

Holger: Markus, wie war das denn, deine Reise, was ist dir begegnet und vor allen Dingen was hast du auf dem Tisch stehen, damit wir mal zum zweiten Bierchen kommen?

Markus: Ja, auf jeden Fall. Also ich muss vorher noch mal sagen, ich finde das echt interessant, wie so eine Messe dann quasi ja schon so fast seelsorgerische Aspekte bekommt. Aber ich denke auch, es ist wichtig, weil, glaube ich, bei den Brauern es schon oft so ist, dass die ein bisschen in ihrer eigenen Suppe kochen und dann auch mit ihrem eigenen Elend so ein bisschen sich dann um sich selber drehen. Und da fehlen einfach dann Impulse und Anstöße, die von außen kommen. Und da sind natürlich solche Branchentreffs sicherlich sehr, sehr sinnvoll. Und da bin ich auch sehr froh, dass sich das entwickelt hat. Also früher hätten die sich auch auf einem Branchentreff nichts anderes erzählt als ihre Hektoliter, ob sie stimmen oder nicht. Aber mittlerweile reden sie ja auch wirklich miteinander und geben sich auch Tipps und helfen sich und unterstützen sich. Und das finde ich schon sehr wichtig. Ja, aber gut, zurück zum Thema Italien. Ja, wir haben lange überlegt, ob wir es machen sollen oder nicht, und haben jetzt dafür entschlossen, die Reise zu unternehmen. Man merkt hier natürlich, der Eindruck der Pandemie ist genauso da wie bei uns, zumal es Italien ja am Anfang auch noch wesentlich heftiger getroffen hat als Deutschland. Und ich muss sagen, wir haben das ja damals live erlebt, ich war im Februar noch in Rimini oder Anfang März war das sogar, beim Birra dell‘anno Bierwettbewerb. Und da ist im Anschluss auch immer eine Messe. Und das ist auch so, dass einige von den Brauern, die auf der Messe waren, jetzt eben nicht mehr da sind und man da auch wirklich merkt, wie das natürlich auch persönlich die Branche belastet und vielen auch zu denken gibt. Also das ist schon noch mal auch was, was Leute auch zusammenschweißt und wo doch viel auch emotional gesprochen wird. Also insofern war das jetzt auch in der Hinsicht für mich eine sehr interessante Reise. Und man merkt aber trotzdem, wie es eben auch in gewisser Weise eine Familie ist und wie man ein bisschen füreinander da ist und sich kümmert. Und jetzt auch zum Beispiel so die Brauereien, die ich unterwegs besuche, kann ich auch nur besuchen, weil Leute mir die Türen aufmachen. Da könnte man als normaler Gast überhaupt nicht reingucken, also in das Produktionsteil und so. Ja, wie auch immer. Also ich habe jedenfalls natürlich auch ein Bierchen dabei. Und das ist eines, was ich jetzt auf der Reise eben eingesammelt habe. Ich schenke es mal ein. Und zwar war ich, wie schon gesagt, ja noch beim Markus Hoppe in Waakirchen, und der war so nett und hat mir eine ganze Kiste zusammengepackt, so ein bisschen als Überlebenspaket. Und ein sehr, sehr schönes Bier, von dem hatte er nur noch zwei Flaschen, das ist sein New England Super Session IPA. Also viel, viel Name um wenig Alkohol, aber um ein ganz tolles Bier, weil es sich eben um ein IPA handelt, was mit 2,9 % eher am unteren Ende der Alkoholskala sozusagen ist, aber dafür auf der anderen Seite sehr, sehr intensiv, sehr, sehr fruchtig. Im Glas hat man schon logischerweise für ein New England IPA ein relativ trübes Bier. Also man würde sogar sagen, es ist opak, also man kann nicht durchgucken. Oben sitzt ein schöner weißer Schaum. Und wenn man die Nase drüber hält, dann sind eigentlich alle Tropenfrüchte da, Mango, Ananas, Litschi, ein bisschen Banane, ein bisschen Pfirsich, also sehr, sehr vielfältig, sehr, sehr vielschichtig. Jetzt trinke ich mal ein Schlückchen. Mmh! Da kommen die Früchte wieder und interessanterweise doch auch eine kräftige Bittere, die das aber schön abrundet. Also ein sehr, sehr angenehmes und sehr, sehr frisches Bier, wo man dem Markus nur sagen kann, bitte nächstes Jahr auf jeden Fall wieder machen. Tolle Geschichte! Ich habe noch eine Frage an die Andrea, und zwar ist es ja so, wir haben drüber gesprochen, du machst die Messe und du bist Biersommelière und so weiter, aber es gab ja die Andrea auch vor dieser Zeit. Also was mich mal interessieren würde, wie ist es denn so passiert, dass du in dieses Bierthema reingerutscht bist? Und du hast ja auch Familie, also dein Mann, der Jens und so, wie haben die denn darauf so reagiert? Also wie ist es denn im Hause Kalrait? Wann hast du denn so den Stab übernommen in Sachen Getränke?

Andrea Kalrait: Vielleicht fange ich mal ein bisschen wirklich tatsächlich weiter vorne an. Ich habe meinen Mann bei der Messe kennengelernt. Ich habe tatsächlich bei der NürnbergMesse eine Ausbildung gemacht, habe dann im Veranstaltungsteam angefangen zu arbeiten, habe dann auch noch parallel ein BWL-Studium draufgepackt. Und in der Zeit habe ich auch meinen Mann kennengelernt. Und ich bin eigentlich seit Anbeginn, die Jahre werde ich jetzt nicht nennen, man möge es mir nachsehen, da bin ich typisch Frau, glaube ich, also seit Anbeginn bin ich zumindest bei der BrauBeviale tätig gewesen. Am Anfang eben in der einfach Bearbeitungs-, Organisations-Ebene und inzwischen habe ich die Leitung übernommen. Und zwischendrin hatte ich dann natürlich ganz, ganz viele Messen, die ich besucht habe. Und dann gab’s ja diesen European Beer Star, der irgendwann ins Leben gerufen wurde. Und bei einer der Consumer‘s Favourite Verkostungen hatte ich das Glück, neben Wolfgang Stempfl zu stehen. Ich habe dann so mein Tablett durchprobiert und habe dann gesagt, also damals war ich noch bekennende Biermischgetränk-Trinkerin, man möge es mir nachsehen. Das war quasi so die Verfehlung in der Jugend. Und habe dann zu Wolfgang gesagt, also die Biere, die da stehen, die sind schon nicht schlecht, aber so eine Halbe, ich glaube, das finde ich schon anstrengend. Und dann sagt Wolfgang zu mir: Ja Andrea, aber das ist gar nicht so gedacht. Da reicht auch manchmal eben 0,1 oder vielleicht 0,2. Genuss mit Essen kombiniert und so weiter. Und das war für mich dann in dem Moment, wo der Schalter umgelegt wurde, wo ich gemerkt habe, okay, Bier, ich meine, Franken, ja, also unter einer Halben geht eigentlich fast gar nichts. Und das fand ich immer ein bisschen anstrengend auch von der Menge her. Und dadurch war ich eigentlich bis dahin eher Weintrinkerin. Und dann habe ich gemerkt, was für eine Vielfalt Bier bietet und habe dann auch die Ausbildung zur Biersommelière gemacht. Und so ging‘s dann einfach weiter. Ich war dann auch Verkosterin beim European Beer Star, Verkosterin beim World Beer Cup, Brussels Beer Challenge. Und Markus, wir haben uns ja bei vielen dieser Verkostungen auch getroffen.

Markus: Genau.

Andrea Kalrait: Ich hoffe, wir treffen uns auch im Oktober. Und somit ist dann auch irgendwann mein Mann natürlich infiziert worden mit dieser Bierbegeisterung. Und inzwischen auch meine Söhne. Also ich habe zwei Söhne, der Große ist 17, darf also schon Bier trinken. Der Kleine, naja, er nippt mal. Die finden das auch ganz spannend. Der Große fragt jetzt schon, wann er denn mal so die Biersommelier-Ausbildung machen kann. Habe ich gesagt, dann spar doch mal, dann kann das auch was werden. Ich muss gestehen, wir hatten jetzt während der Lockdown-Phase einige Bierverkostungen über Zoom mit Freunden, und das hat uns tatsächlich so ein bisschen über diese harte Zeit hinweggeholfen. Wir hatten dann teilweise bis zu 18 Biere am Abend, das war dann natürlich schon ein bisschen grenzwertig. Aber so viel geübt wie in diesem Jahr habe ich nicht, noch nie.

Markus: Wir haben ja sogar auch einen ganzen Bierwettbewerb komplett über Online-Verkostung über Zoom schon durchgeführt. Also das ist schon spannend. Und wie du schon sagst, ab einer gewissen Menge Bieren ist das natürlich dann auch irgendwann grenzwertig. Trotzdem, Holger, dir fehlt ja noch ein Bier. Was hast du denn dabei?

Holger: Erstmal muss ich sagen, das ist ja fast, da kann man ja fast sagen, Traumfrau, oder? Also für jemanden, der dann so Bier liebt und dann jemand zu haben, wo man abends in der Küche dann oder im Wohnzimmer oder wo auch immer Biere ausprobieren kann und sich austauschen kann und genießen kann. Also das stelle ich mir nicht schlecht vor. Was habe ich dabei?

Andrea Kalrait: Holger, darf ich dich kurz unterbrechen? Spätestens jetzt spiele ich diesen Podcast meinem Mann vor.

Holger: Ja, das solltest du tun. Falls er das noch nicht bemerkt hat, aber er scheint es ja noch nicht ausgesprochen zu haben, dann sag ihm, bestell ihm mal einen schönen Gruß von mir, er kann das durchaus mal loben.

Markus: Auf jeden Fall, auf jeden Fall.

Holger: Ich mach‘s jetzt mal auf. Ich hoffe, ihr habt‘s gehört. Das ist in dem Fall keine Dose. Ja Markus, willst du mal wieder raten? Das haben wir schon ganz lange nicht mehr gemacht. Rate doch mal.

Markus: Das stimmt, das stimmt, das haben wir schon lange nicht mehr gemacht. Ich habe jetzt allerdings auch wirklich nur ein kleines Glucksen gehört. Also okay, Dose nicht, also Flasche. Jetzt muss ich mal überlegen, was nimmt sich der Holger an so einem Tag für ein Bierchen? Also wir haben ja …

Holger: Naja, vor allen Dingen noch nicht mal Mittag, das muss man …

Markus: Ich wollt grad sagen, ja.

Holger: … den Hörern auch noch mal sagen. Also da haut sich die Andrea da was rein und du haust dir was rein. Also Wahnsinn!

Andrea Kalrait: Irgendwo in der Welt ist vier Uhr. Also ich bitte euch.

Holger: Kein Bier vor Vier, aber überall irgendwo ist Vier. Mhm (bejahend). Ja, ja.

Markus: Also gut, das heißt, du hast im schlimmsten Fall alkoholfreies Bier, würde ich fast sagen.

Holger: Na, was heißt im schlimmsten Fall?

Markus: Ah ja, ja, nein, ich bin ja ein großer Freund des alkoholfreien Bieres. Auf jeden Fall. Also insofern wirst du eines haben, trotzdem, hm, vielleicht hast du dir mal ein eher malzbetontes ausgesucht?

Holger: Auch nicht verkehrt.

Markus: Auch nicht verkehrt. Vom Bierstil her was Englisches?

Holger: Nein, überhaupt nicht.

Markus: Überhaupt nicht.

Holger: Ich bin ganz heimatverbunden geblieben. Vielleicht ein ganz kleiner Tipp, in dem Fall nicht Oberbayern, sondern Oberpfalz.

Markus: Das alkoholfreie Dunkle vom Winkler, heißt der glaube ich, oder?

Holger: Oh nee, nicht so speziell. Sondern ich habe halt gedacht, Mensch, Messe und Trends, also so wie ich das auch gerade hinterfragt hatte, und habe dann gedacht, alkoholfrei ist ja schon fast kein Trend mehr, sondern hat sich richtig etabliert. Und dazu wollte ich jetzt dann noch eins draufsetzen und habe halt gesagt, ein Biobier alkoholfrei. Und aus dem Grund habe ich mich für einen Neumarkter Lammsbräu Alkoholfrei entschieden.

Markus: Das dunkle Weizen oder das normale Alkoholfreie?

Holger: Nein, das ganz normale Alkoholfreie Lammsbräuer, ja, kann man sagen.

Markus: Habe ich dort vor Ort schon getrunken, wie schmeckt‘s dir denn?

Holger: Mir schmeckt es ganz hervorragend. Ich will euch das auch beschreiben. Das ist so eine leuchtende strohgelbe Farbe, und wenn man so reinriecht, dann hat man so blumige herbe Noten, so heuig ein bisschen. Und wenn man jetzt trinkt, dann hat man ein ganz schönes ausgewogenes Malzaroma. Also das Malzaroma steht für mich da im Vordergrund, aber so im Nachtrunk kommt schon auch eine schöne feinherbe Hopfennote. Und das ist so ein schöner spritziger Durstlöscher. Und man muss ja immer wieder auch betonen, alkoholfreie Biere sind isotonisch und vitaminhaltig und sind in jedem Fall viel gesünder als vieles andere, was man so alkoholfrei dann trinkt. Also ich kann das nur immer wieder sagen, alkoholfreie Biere sind ausgesprochen gesund.

Markus: Absolut! Andrea, das ist doch zumindest ein Trend, der ja schon auch ein paar Jahre wärt. Letztes Jahr war ich ja auf der BrauBeviale und habe jeden Tag, weiß nicht, sieben, acht Verkostungen ausschließlich mit alkoholfreien Bieren gemacht und viele, viele interessante Gespräche sowohl mit Brauern als auch mit Anlagenherstellern dazu geführt. Merkst du auch, dass das zunimmt und dass vielleicht auch es abnimmt, dass man in Franken oft so ein bisschen despektierlich auf das Thema guckt?

Andrea Kalrait: Ja, das in jedem Fall. Man muss aber auch dazusagen, dass sich natürlich aufgrund der Verfahren unheimlich viel getan hat. Wir hatten ja ganz lange entweder die, also es gab ja nur zwei Welten, sag ich jetzt mal, entweder es war sehr, sehr schlank und herb, oder es war sehr, sehr, ich sag jetzt mal, mastig, fast schon süß. Und dann gab‘s ja noch die Mischung, sage ich jetzt mal, den Blend aus beiden, wo man dann versucht hat, beide Welten irgendwie so ein bisschen zusammen zu bekommen. Aber jetzt gibt’s natürlich noch mit Hefe und was jetzt noch an vielen anderen Verfahren momentan getüftelt wird, sind wirklich, finde ich, sehr tolle Getränke, ja, Biere entstanden, die man da verkosten darf. Und ich bin da sehr froh. Also es ist ja auch, wenn wir den European Beer Star anschauen, das Thema Alkoholfrei als Kategorie wird ja auch immer weiter ausgebaut. Also ja, freut mich sehr, weil es natürlich auch, wie du auch schon sagtest, Holger, eine schöne Alternative ist, auch wenn man unterwegs ist. Also ich will keine Cola trinken und auch vielleicht kein Wasser und dann ist so ein alkoholfreies Bier eine wunderbare, erfrischende Alternative, auch wenn man noch Auto fahren muss. Und – by the way – für natürlich diese BrauBeviale jetzt im November empfehlen wir auch, dass eher alkoholfreie Biere an den Ständen ausgeschenkt werden. Also es darf jeder Biere verkosten auf der BrauBeviale, aber wir wissen natürlich auch, gerade, die wir in Bayern sitzen, wie unser Ministerpräsident mit Alkohol so reagiert. Und wir empfehlen da tatsächlich auch unseren Ausstellern doch zumindest Biere mit niedrigerem Alkoholgehalt oder sogar alkoholfrei für die Verköstigung ihrer Kunden am Hahn zu haben.

Holger: Ihr hattet ja immer die Craft Beer Corner auch auf der Messe.

Andrea Kalrait: Ja.

Holger: Wird die diesmal auch wieder stattfinden?

Andrea Kalrait: Ja, die wird tatsächlich auch wieder stattfinden, aber natürlich kann die nicht in dem gleichen Modus stattfinden. Also wenn man sich überlegt, dass wir im letzten Jahr auf 600 Quadratmeter irgendwie knapp 10.000 Besucher hatten. Also, wenn man dann mit eineinhalb Meter Abstand rechnet, ich glaube, braucht man kein Abitur, um zu verstehen, dass das so nicht möglich ist. Aber wir werden in jeder Halle eine Craft Drink Area haben, wo man auch diesen gemütlichen Aspekt, also dieses Zusammenkommen, gemeinsam mal anzustoßen, zu reden bei einem Bierchen, das transferieren wir tatsächlich eben auf die aktuelle Situation und somit wird es in jeder Halle eine Craft Drinks Area geben.

Markus: Da würde ich fast sagen, Holger, lass uns doch da zur BrauBeviale vielleicht einen BierTalk live noch mal aufzeichnen. Wir haben ja in Bozen die Premiere gehabt, das hat gut funktioniert, und das wäre ja eigentlich eine ganz witzige Idee zu sagen, wir nehmen mal eine oder mehrere dieser Craftbier Corners und schauen mal, wer uns da so vors Mikrofon läuft.

Holger: Bin ich sofort dabei. Find ich eine gute Idee. Ich muss ja auch sagen, also nichts gegen den normalen BierTalk Podcast, aber so ein BierTalk Live Podcast, der ist schon auch richtig toll. Also der hat was für sich. Und der hat mir jetzt in Bozen auch wahnsinnig Spaß gemacht.

Markus: Liebe Andrea, wenn du jetzt schon sagst, ihr habt den Weinkühlschrank umfunktioniert, was steht denn da noch so alles drin?

Andrea Kalrait: Es gibt auf verschiedenen Etagen verschiedene Biere natürlich. Und ganz unten gibt’s dann auch noch tatsächlich Wein und Sekt, also das darf dann auch nicht fehlen. Weil als Genussmensch bin ich natürlich offen für alles und ich bin sehr froh, dass Spirituosen nicht gekühlt werden müssen. Das entspannt die Lagerkapazität etwas. Ich bin ein Fan von außergewöhnlichen Bieren und ich hatte vor, ich glaube, das war jetzt vor drei Monaten, in einer unserer Verkostungen hatten wir ein Bier, das ich wirklich gehütet habe wie meinen Augapfel. Giovanni Campari kennst du, glaube ich, auch ganz gut, lieber Markus.

Markus: Ja.

Andrea Kalrait: Der hatte ein Bier kreiert, ein fassgereiftes Bier als Hommage an seinen Lieblingswein, an den Amarone. Also das heißt, dieses Bier wurde im Amarone-Fass gereift. Und ich hatte das Glück, eine dieser Flaschen bei einer der Bier-Querdenker-Veranstaltungen zu bekommen, im Nachgang noch. Und habe die also in meinem Kühlschrank stehenlassen und habe sie gehütet und dann haben wir sie geöffnet. Weil stand ja drauf, bis 2050 haltbar. Und lieber Giovanni, es tut mir leid, das Bier war damals bei den Bier-Querdenkern deutlich besser, also die 2050 hat nicht funktioniert. Aber es war einfach so diese Erinnerung an dieses Bier und es auch einfach so zu hüten, das war schon ein Erlebnis. Und insofern, mein Mann ist auch viel im Ausland unterwegs, wir sammeln aus aller Herren Länder die Biere zusammen, wir kommen bloß mit dem Trinken manchmal nicht so ganz nach.

Markus: Das kann ich durchaus nachempfinden. Vielleicht für unsere Hörer noch ganz kurz die Info: Giovanni Campari ist beim Birrificio del Ducato, also durchaus eine sehr namensreiche oder bekannte italienische Brauerei. Ja Holger, du hattest grad noch eine Frage?

Holger: Ja, ich wollte das Thema Ausland noch mal aufgreifen, weil die NürnbergMesse hat ja auch Ableger. Und da gibt’s ja dann auch Biermessen im Ausland. Und ich find‘s spannend, da auch noch mal was zu zu hören. Also erzähl doch darüber noch ein bisschen.

Andrea Kalrait: Ja, die Idee, die wir mit der Beviale Family, wie wir sie nennen, verfolgen, ist tatsächlich dieses internationale Netzwerk rund um die Herstellung von Bier zusammen zu bringen. Wir erleben das ja alle, die wir unterwegs sind, Markus hat das vorhin auch gesagt, wie man miteinander spricht, wie man sich austauscht. Und das gibt’s natürlich auch gerade im internationalen Gefüge auch. Also da entstehen Freundschaften über die Ozeane hinweg sozusagen und es sind auch alle immer sehr interessiert zu lernen, neue Wege zu gehen. Und gerade diesen Austausch versuchen wir mit unserer Produktfamilie sozusagen zu unterstützen. Wir haben Veranstaltungen in Russland, wir haben Veranstaltungen in, naja, eigentlich Mexiko, aber Mexiko hat natürlich jetzt im Moment in der aktuellen Situation auch so seine Schwierigkeiten. Aber grad die mexikanischen Brauer sind wahnsinnig interessiert und kreativ und wollen sich austauschen. Ich habe dort von einer jungen Brauerin ein Stout mit Himbeeren verkosten dürfen. Das war eine Sensation. Das war ein Nachtisch eigentlich par excellence. Und wir wissen natürlich auch, dass gerade der Zuliefererbereich, also sprich, die Hersteller von Anlagen, die sitzen natürlich ganz oft aufgrund der Historie in Europa, inzwischen natürlich auch in USA. Und wir wissen aber auch, dass gerade Craft Brewer nicht das Geld haben, irgendwohin großartig zu reisen. Und dadurch versuchen wir natürlich, in diese Regionen zu gehen, wo da auch einfach was passiert, wo eine Bierkultur entsteht.

Holger: Wirklich sehr spannend. Und ihr seid ja nicht nur in Mexiko, sondern ich weiß, Mailand ist ja auch mittlerweile dabei …

Andrea Kalrait: Indien. Indien sind wir. Man muss jetzt aber auch dazusagen, und das müssen wir jetzt leider auch sagen, wir müssen jetzt natürlich durch die aktuelle Situation auch ein bisschen gucken, wo und in welchem Land kann es jetzt wirklich wie weitergehen, weil sich da natürlich einfach Veränderungen ergeben, wo wir jetzt gucken müssen, was macht wo Sinn. Aber die Idee ist nach wie vor, die Branche zusammenzubringen. Und genau vor dem Hintergrund starten wir jetzt auch im Oktober eine neue Plattform, die myBeviale.com, um eben auch die digitale Ebene sozusagen mit einzubinden und hier diesen Austausch, dieses Miteinander hier zur unterstützen.

Holger: Da kann man auch noch mal schön zusammenfassen, also man kann wirklich sagen: Wir sind eine Familie. Der Dialog wird weiterhin im Vordergrund stehen. Es wird weitergehen, es bleibt international. Und der Rahmen ist sozusagen, die Beviale Family, die den Live-Treffpunkt für die Branche bildet. Also für mich war das jetzt schon wieder was richtig Spannendes, was ich alles hören durfte. Und die Idee, dann wirklich einen Live BierTalk zu machen, die finde ich ganz hervorragend.

Markus: Mir sind nur die Gedanken gekommen, gerade auch an Südamerika, wo wir ja auch gemeinsam schon mehrmals waren …

Andrea Kalrait: Da habe ich auch noch ein Bier im Kühlschrank.

Markus: Ja, da habe ich auch noch das ein oder andere.

Holger: Ja, aber oft ist es ja auch so, dass eben der Gast zwei Biere verkostet. Also ich will da jetzt nicht bremsen.

Andrea Kalrait: Ich bin ja in der Arbeit, ihr Lieben.

Markus: Das können wir ja auch das nächste Mal verschieben.

Andrea Kalrait: Der Klimaschrank ist zuhause, noch.

Markus: Noch. Nein, aber was ich eigentlich sagen wollte, da finde ich es halt schon auch einfach krass, weil ja einerseits jetzt die Herausforderungen der Pandemie da sind, aber halt ja vorher auch schon andere Herausforderungen bestanden haben. Zum Beispiel in Argentinien die Währungskrise, die es da gibt und so, was es natürlich auch noch mal schwer macht für die Brauer, wenn ich das Land verlasse und nicht weiß, was mein Geld wert ist, wenn ich wieder nach Hause komme. Also das ist durchaus schon krass. Und die haben natürlich jetzt auch zu kämpfen. Also insofern freue ich mich auch, dass die Andrea sagt, sie will sich da weiter engagieren und ich bin sehr gespannt, wie das weitergeht. Ich freue mich da auf viele, viele Treffen und schöne Stunden, die wir noch haben wollen. Und ich sage auf jeden Fall vielen, vielen Dank für den BierTalk, für die Zeit! Und wie gesagt, ich freue mich, wenn wir dann auf der Beviale uns wiedersehen und dort vielleicht live ein bisschen weiter talken.

Andrea Kalrait: Fände ich auch sehr schön, würde mich freuen. Ihr seid herzlich willkommen als unsere Gäste. Und ich kann eigentlich nur sagen: Bis dahin ihr und auch eure Zuhörer bleibt gesund, passt auf euch auf! Und ich freue mich auf ein persönliches Treffen im November.

Holger: Wir in jedem Fall auch. Vielen Dank für deine Zeit! Alles Gute!

Andrea Kalrait: Gerne. Danke schön!

Markus: Tschüss!

Holger: Tschüss!

Andrea Kalrait: Tschüss!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 34 – Live vor Ort im Batzenbräu Bozen mit Thomas Münster, Tobi Tratter und André Hofer

Ein ganz besonderes Experiment: Der BierTalk live vor Ort, uncut aus dem Biergarten der Batzenbräu in Bozen. Mit den Brauern Thomas Münster und Tobi Tratter verkosten Markus Raupach, Holger Hahn und ihr Südtiroler Biersommelierkollege André Hofer sechs spannende Biere aus der Batzenbräu-Palette und im Nachgang noch das Meisterbier von André, der sich anschickt, zum nächsten Master of Beer zu werden. Dazwischen geht es natürlich viel ums Batzenbräu, um Südtirol und um die Liebe und Lust am Brauen, ein echtes Podcast-Schmankerl…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von unserem BierTalk. Es ist die Nummer 34 und das ist wirklich etwas ganz Besonderes, weil wir zum ersten Mal live sind. Das heißt, es ist nicht online über irgendein Tool, wo wir aufzeichnen, sondern wir sitzen hier im Biergarten, in einem der schönsten der Welt, in Bozen beim Batzenbräu, sind zu fünft an einem Tisch und werden jetzt gleich viele verschiedene Biere verkosten und uns natürlich schön unterhalten. Mit dabei bin einerseits ich, der Markus und …

Holger: … natürlich der Holger.

Markus: Genau. Und drei junge Männer voll des Bierdrangs, die sich jetzt am besten gleich mal kurz vorstellen. Fangen wir einfach rechtsrum die Reihe an. Wer bist du denn?

Thomas Münster: Mein Name ist Thomas Münster, ich komme aus Auer, aus einem kleinen Dorf südlich von Bozen. Ich bin im Batzenhäusle gelandet 2013, als ich auf der Suche nach Arbeit war und als Kellner hier gelandet bin. Und lange hat es nicht gedauert, wenn man den Bobo kennt, also die Bierpassion und die Liebe zum Bier wird einfach schnell vermittelt. Und somit hat es bei mir auch eingeschlagen. Und ich habe dann den Weg des Brauers eingeschlagen in Wien und dann den Meister in München abgeschlossen vor drei Jahren. Und wir sitzen jetzt hier in einer schönen Runde und freuen uns schon auf ein paar verschiedene Biere.

Markus: Auf jeden Fall. Übrigens nicht wundern, liebe Leute, es ist jetzt hier natürlich ein bisschen lauter, wir haben die komplette Kulisse. Wir lassen das auch ganz bewusst mal live durchlaufen, da erlebt ihr mal, wie das ist, unplugged, uncut, einfach wirklich den BierTalk live. Ja, weiter geht’s mit dir.

Tobi Tratter: Ich bin der Tobi. Ich bin auch Braumeister. Ich habe gedacht, also in der Oberschule hatte mal irgendwann meine Lateinlehrerin gesagt hat, also da habe ich mal einen wachen Moment gehabt in der Schule, da hat sie gesagt, ihr sollt das machen, was ihr jetzt Lust habt. Ihr braucht nicht, keine Ahnung, was studieren, da hab ich mir gedacht, ich trinke jeden Tag Bier, schauen wir mal, wie das so funktioniert. Und ab dem Zeitpunkt eigentlich ich habe schon meine Abschlussarbeit über Bierschaum zum Beispiel geschrieben, dann bin ich auch irgendwann mal ins Batzenhäusle gekommen. Weil wenn es ums Thema Bier geht, kommt man einfach nicht vorbei in Südtirol. Und der Christian hat mir damals dann empfohlen, ich soll in Wien die Ausbildung machen, durfte hier die nötigen Praktikumszeiten machen. Eigentlich bin ich seit 2013 auch hier in der Brauerei tätig. Ich habe dann später auch 2018 meinen Master noch gemacht und wie der Thomas, wir probieren halt unsere Leidenschaft und unser Wissen so weit auszunutzen, damit wir ein gescheites Bier rausbringen am Ende des Tages.

Markus: Fantastisch! Dann machen wir mit dir weiter.

André Hofer: Ja, grüßt euch. Mein Name ist Hofer, André, ich komme aus Dorf Tirol, das liegt bei Meran, also auch im schönen Südtirol, Italien. Ich komme von der Hotellerie, habe 2006 diesen Weinsommelier gemacht, wollte dann anschließend eben den Biersommelier machen, aber zur damaligen Zeit war das ein bisschen schwierig, ich wusste nicht wohin oder waren keine Angebote. Und dauerte dann eigentlich gute 10 Jahre, dass man dann eben diesen Biersommelier gemacht hat bei der Doemens in Gräfelfing. Und ja, ich bin dann infiziert geworden natürlich mit diesem Bier-Metier, habe dann auch angefangen, selber ein bisschen zu brauen. Paar Botanical Beers, Minze, Kardamom, eigentlich alles, was auch bei mir im Hotel irgendwie wächst. Wo ich ein bisschen Geld noch der Bank hatte, habe ich gesagt, okay, mache ich diesen Master auch irgendwie weiter und schließe dann jetzt im November werde ich diesen Master of Beer abschließen. Und war eine tolle Zeit da sozusagen, also es war anstrengend, war viel schriftliche Arbeit mit diesen Bierpaketen, lustig mit Freunden auch und viel getrunken auch, ohne Praxis geht’s auch nicht. Mal schauen, was die Zukunft bringt. Meine Facharbeit ist eben „Vom Lohnbrauer zum Kleinbrauer“ und mal schauen, was die Chancen gibt die nächsten Monate, Jahre. Ja, ich freue mich, dass ich heute hier sein darf und schauen, dass wir ein Bierchen trinken.

Markus: Wird es aus deiner Hand auch bald spannende Biere geben sozusagen?

André Hofer: Ja, ich habe was mit auch, ich hoffe, dass es relativ gekühlt ist in dieser Box.

Holger: So ein paar Bierchen trinken ist ja ein sehr gutes Stichwort.

Markus: Es heißt ja auch Biergarten.

Holger: Ja, es heißt eigentlich auch Biergarten. Und wenn ich das hier so sehe, dann …

André Hofer: Ein bisschen trocken.

Holger: … müssen wir mal was ändern hier am Tisch, glaube ich.

Markus: Okay! Na dann, hol uns doch mal was Schönes. Bin ich mal gespannt.

Thomas Münster: Ich hol jetzt einfach verschiedene Biere, was wir …

Markus: Genau, was ihr uns alles so präsentieren wollt. Mal schauen, wir haben ja fast unendlich Kapazität zum Aufzeichnen. Schauen wir einfach mal. Ja, fragen wir dich doch mal kurz so als Braumeister hier, was ist denn so für dich das Lieblingsbier, was du am liebsten braust?

Tobi Tratter: Ja, das ist extrem schwierig zu beantworten. Also so rein objektiv, wenn man dann um fünf Uhr irgendwann mal Feierabend hat und so wie es diesen Sommer auch wieder war, 35 Grad plus Luftfeuchte in der Brauerei, da geht man in den Biergarten und dann verdampft mal so im ersten Moment ein halbes Helles. Das ist klar wie Standard. Aber zum Brauen selber vielleicht deine eigentliche Frage, Vorteil hier ist, wir brauen immer wieder neue Biere. Und eigentlich ist das das Spannende. Also wenn wir wieder was Neues versuchen, wenn wir irgendwas auskopfen irgendwann wieder mal bei einem Bier. Weil die Idee in die Tat umzusetzen, das ist das Spannende. Weil da muss man sich ums Malz kümmern, ums Wasser kümmern, wie soll das Rezept ausschauen, wie sollen wir das vergären, welchen Hefestamm nehmen wir, welchen Tank nehmen wir überhaupt, weil das macht ja auch schon ganz, ganz viel aus. Das ist eigentlich die spannende Sache. Es ist halt zu sagen, welches Bier ich am liebsten braue, ist sehr, sehr schwierig. Also wir haben erst gestern wieder 50 Kilogramm Honig in den Topf oben reingehaut für unser Honigbier. Solche Biere, die wir wirklich nur einmal im Jahr machen, die sind immer wieder spannend. Auf der anderen Seite ist natürlich auch ein Helles immer konstant, die gleiche Qualität zu halten, das ist für einen Braumeister eigentlich auch ziemlich, ziemlich interessant. Weil da kommt‘s eigentlich aufs Fingerspitzengefühl an, die Parameter richtig handzuhaben. Und als die Frage ist in meinen Augen beinahe unbeantwortbar.

Markus: Okay!

Tobi Tratter: Vielleicht trinken wir mal zehn Bier und dann schaut’s anders aus. Bis jetzt …

Markus: Vielleicht eine Frage hätte ich noch an dich, André.

André Hofer: Ja.

Markus: Wir sind ja hier in Südtirol, und wie wir gerade gehört haben, ihr seid sehr kreativ, ihr macht euch viele Gedanken. Also auch viel mehr Gedanken als die meisten deutschen Brauer sich vielleicht in ihren Brauereien erst mal machen, weil die ihre Standardsorten machen und die gibt’s seit 500 Jahren. Wo kommt es denn bei euch in Südtirol her, dass ihr euch so andere Gedanken zum Bier macht und so anders an die Biere rangeht?

André Hofer: Ja, ich denke, weil wir relativ eigentlich kreativ sein müssen und weil wir natürlich mit unserer Biergeschichte auch eher dann auf Weißbier und Helles natürlich erst mal irgendwie festgelegt waren, wurden. Und durch diesen ganzen Boom, durch diese Craftbier-Szene hat man sich dann irgendwie Gedanken gemacht, wenn das natürlich die Engländer, die Amis können, wieso eigentlich wir nicht? Und unser Land hat natürlich sehr viele Optionen zum Beispiel mit unseren Trauben, Äpfeln, mit unseren Marillen, das sind die Aprikosen vom Vinschgau, wir haben natürlich sehr gute Ausgangsprodukte auch wie Honig, dass man auch was machen kann. Vielleicht sind wir auch irgendwie offener. Wie gesagt, Italien selbst hat natürlich nicht diese Brautradition und wir haben halt dieses Glück, dass wir sagen, okay, wir machen halt das, was wir Lust haben, was uns zur Verfügung steht, auch von den Getreidesorten wie Dinkel oder die Kastanien, die Trauben natürlich, aus der Toskana. Und ich glaube, es ist eine gute Sache, dass wir einfach da ohne größere Gedanken an die Sache rangehen können. Ob das jetzt jemand mag oder nicht mag, das ist eine andere Sache, aber irgendwie versuchen wir halt die Chance zu nutzen. Batzenbräu macht es so vor, dass eben dann, wenn der Bierstil eben auch erfolgreich sein kann.

Holger: Ich meine, Südtirol ist ein absolutes Genussland, das kann man ja sagen. Und vielleicht …

André Hofer: Wir genießen gern.

Holger: Ja, absolut. Ihr genießt gerne. Und vielleicht können wir ja ganz kurz mal beschreiben, wo sitzen wir überhaupt hier? Also wie sieht es hier aus und so? Die Hörer, also es kann ja sein, dass irgendwer noch nicht da war, dass man einfach mal beschreibt, wo sind wir hier eigentlich. Dann Andreas-Hofer-Straße, Nationalheld, und natürlich dann auch historisches Gasthaus und so. Vielleicht beschreibt ihr mal, wo sind wir hier eigentlich?

André Hofer: Also wie gesagt, Batzenbräu natürlich, die Ursprünge waren glaube ich Anfang 15. Jahrhundert, also 1405 war das eine Künstlerkneipe. Dass ja auch momentan noch verschiedene Musikveranstaltungen auch hier sind. Batzen selbst ist ja eigentlich eine Geldmünze. Mit denen hat man natürlich hier dann bezahlt. Deswegen heißt das dann zum Batzenhäusl. Und dann ab, glaube ich, ab 18. Jahrhundert wurde es immer mehr zum Wirtshaus auch. Und ich glaube, der Bobo ist seit, lass mal denken, glaube ich, seit einigen Jahren, seit 2002, glaube ich, hier oder Besitzer. Hat dann zehn Jahre später diese Brauerei dann eröffnet, haben jetzt auch modernisiert mit Tanks, Lagertanks. Und schön ist eben, dass er auch eben, wie gesagt, diese Kreativität fördert, auch andere leben lässt. Und zusammen sind wir stark. Irgendwie müssen wir alle überleben und jeder soll sein Bierchen brauen.

Markus: Genau. Man muss halt auch den Ort ein bisschen beschreiben. Wir sind hier quasi im Innenhof, also klassischer Brauereihof, würde ich jetzt mal sagen, nur eben in einer etwas moderneren Interpretation. Zu unserer Linken ist das uralte Batzenhäusl mit Malereien, mit mehreren Stockwerken verwinkelt, teilweise ist es gerade so hoch, dass man mit dem Kopf so durchpasst. Also sehr, sehr spannende, tolle Location. Gerade wenn es auch mal Herbst ist oder Winter ist, ist es da ganz, ganz besonders schön vom Ambiente her. Dann hinter uns so ein Querbau, ein bisschen modern, wo man einfach auch ein bisschen Partyambiente, vielleicht auch ein bisschen Pub-Stimmung sozusagen hat. Und rechtsrum geht’s dann in die Brauerei, wo die schönen kupfernen Sudkessel direkt an der Straße stehen mit Glasfassade. Das heißt, das sieht man schon von draußen. Und dazwischen im Hof eben ungefähr 20 Tische, die Hälfte rund, die Hälfte eckig. Es passen immer so sechs, acht Leute hin. Schöne braunweiße Schirme drumherum, alles schön im Batzenbräu-Logo. Schöne Bäume natürlich, die müssen noch wachsen, also die sind wahrscheinlich ungefähr so 10, 15, 20 Jahre alt.

Tobi Tratter: Ja, jetzt die Bäume, das ist ein bisschen besondere Geschichte. Also am Anfang hatten wir Buchen, nur Buchen, aber entweder haben die Gäste zu viel Bier ausgeschüttet oder das Licht war zu rar, die sind uns dann leider eingegangen. Und jetzt haben wir uns neue Bäume gekauft, dieses Mal Eichen. Also die kommen eigentlich aus Trient, wurden umgetopft und jetzt wachsen sie bei uns hier im Biergarten. Und das ist einfach herrlich im Sommer unter den Bäumen zu sitzen, einer der wenigen Orte in Bozen, wo man wirklich Biergartenstimmung hat und vielleicht noch im Kühlen, einen Laubbaum. Es ist recht angenehm. Ja.

Markus: Wunderbar! Oh! Jetzt kommt hier aber ein buntes Potpourri aus sechs verschiedenen kleinen Gläsern. Aha! Was haben wir denn da jetzt alles? Den Rest kriegen wir hin. Wunderbar! Vielen Dank!

Holger: Ich hatte mir schon Sorgen gemacht.

Thomas Münster: Das ist schwierig zu managen.

Markus: Jetzt haben wir fünfmal sechs Biere vor uns stehen von quasi hellgelb bis richtig dunkelbraun. Dazwischen ist auch mal was Rotes dabei. Überall richtig viel Schaum. Schaut so ein bisschen aus wie am Pokertisch so. Ich setzte jetzt mein rotes, also die sind alle in so einem schönen Holzbrettchen auch. Also spannend! Ja, erzähl doch mal, was haben wir denn da, wie setzt sich das zusammen.

Thomas Münster: Genau. Also das ist jetzt unser Bier-Sampler, den stellen wir eigentlich so meistens individuell für jeden Gast so zusammen, je nach seinem Geschmack. Natürlich bauen wir dann auch wieder gerne ein Bier ein, die sage ich mal saisonbedingt sind wie jetzt zum Beispiel ein Red Frieda oder ein Rauchbock in der Winterzeit, heute haben wir es noch. Auf jeden Fall ist das halt immer interessant bei unseren Gästen dann ein bisschen so draufzukommen, welche Geschmacksart ihnen einfach am meisten zusagt. Weil eben, ihr wisst ja, also jeder hat seinen eigenen Geschmack. Es gibt nicht den Universal-Biertrinker, das ist oft selten. Auf jeden Fall, wenn da ein Neueinsteiger kommt, dann präsentieren wir gerne den Bier-Sampler. Und mit wirklich einer Vielfalt von bis, also wir haben klassisches Helles, Fruchtbier, Sauerbier, bayerisch Dunkelbier, ein Rauchbock, ein Südtiroler Bier mit Gewürzen. Also wirklich auch mit bayerischer Hefe vergoren. Auf jeden Fall kommt man so ein bisschen an den Gast ran und kann sich dann rantasten an seinen Geschmack. Ich würde sagen, wir beginnen mit Nummer 1, oder?

Holger: Unbedingt!

Markus: Auf jeden Fall!

Holger: Ich habe schon gedacht, du kommst nicht mehr wieder. Soalnge haben wir schon den Biergarten beschrieben.

Tobi Tratter: Es war auch ein bisschen schwierig mit dem Schaum, alles zu managen.

Markus: Apropos beschreiben, Holger, beschreib uns doch mal, was wir da haben.

Holger: Da haben wir jetzt erst mal so ein ganz kleines, ich glaube, das heißt Brew Master One Glass von Rastal. Und da, das ist also gefüllt.

Markus: Gottseidank, ja, ja.

Holger: Das ist gefüllt. Und das ist jetzt halt so ein schönes Gold, hellgoldfarbenes Bier, klar, aber ich würde doch sagen, trotzdem unfiltriert. Und hat einen schönen weißen porigen Schaum, der auch sehr gut steht im Glas. Und lacht mich an.

Markus: Ja.

Holger: Ich will eigentlich gar nicht beschreiben, ich will trinken.

Markus: Na gut! Also …

Holger: Also Prost!

Thomas Münster: Prost!

Markus: Prost!

Tobi Tratter: Prost!

André Hofer: Prost!

Holger: Tobias, womit haben wir es denn zu tun? Sag doch mal!

Tobi Tratter: Wir haben so viele Biere, nein, wir haben es jetzt mit einem Südtiroler Hellen zu tun. Wir haben seit längerem schon, seit vier Jahren, haben wir ein Projekt laufen mit Südtiroler Bauern. Die bauen uns Gerste an, wir bringen die Gerste raus nach Deutschland zum Vermälzen, holen dann die Rohstoffe wieder zurück. Also ist zwar ein bisschen aufwendig, aber jetzt in Südtirol gibt’s doch nicht so viele Mälzereien, die uns das machen würden.

Holger: Marktlücke.

André Hofer: Ja, ich glaube, mit dem Filtern.

Tobi Tratter: Genau. Ja.

André Hofer: Und der war, ich glaube, einer der größten von Italien. Und durch diese Weltkriege, wie man weiß, da sind die Arbeiter, die sind zum Teil gefallen und der Rest hatte keine Arbeit mehr gehabt und die Frauen mussten bei den Kindern sein, und dann war das Geschichte.

Holger: Nein, überhaupt war Südtirol sowieso mal eine Kornkammer, also vor dem Obstanbau.

André Hofer: Wir waren nicht nur grundlastig.

Holger: So ist es.

Markus: Kann man aber auch zu Alkohol verarbeiten.

Tobi Tratter: Na, zu der Mälzerei. Die war wirklich bis 1989 aktiv. Damals halt dann der Besitzer ist umgesiedelt ins Piemont. Die Arbeiter hätten dürfen mitgehen, aber zum Beispiel mein Taufpate war selbst dabei betroffen, der war Mälzer dort. Der hat dann gesagt, nein, er bleibt hier bei der Familie, er will jetzt nicht weiß Gott wo hinziehen nur wegen dem Malz. Und dann ist eben, es ist zumindest halbwegs aufrechterhalten worden. Und jetzt ist doch die Feuerwehr, also Landesverband hat doch die Trainings und die Schulen, oder sagen wir die Schule für Feuerwehrleute, für die freiwilligen Feuerwehrleute ist jetzt dort untergebracht. Und es schmerzt schon ein bisschen, also wenn du Kurs hast und du schaust oben aufs Dach raus, dann sieht man noch einen großen Kamin der Darre, der dreht sich immer noch. Und das ist schon ein bisschen wehleidiges Raufschauen, aber der Zahn der Zeit, der nagt überall. Und deshalb müssen wir halt wieder die Gerste nach Deutschland bringen, doch vermälzen, wieder zurück. Und natürlich, das ist dann auch eine preisliche Frage gewesen, weil wir wollen die Bauern auch was verdienen lassen. Zudem kommt dann Transportkosten, die Lohnmälzerei, was dann natürlich noch hinzufällt. Und somit hat man eigentlich einen relativ teuren Rohstoff. Und deshalb konzentrieren wir uns drauf, mit dem Malz eigentlich immer eher besondere Biere zu machen. Und das war jetzt eigentlich so eine Mischung aus besonderen Bier ein Versuch. Wir wollten mal bewusst probieren, was passiert, wenn man ein gewisses Spezialmalz, unter Anführungszeichen, hernimmt und ein normales, stinknormales Helles braut.

André Hofer: Wie viel Prozent habt ihr da eigentlich drin?

Tobi Tratter: 100 Prozent. Also ist alles nur Pale Ale Malz.

André Hofer: Normal gehopft?

Tobi Tratter: Es ist wirklich ein klassisches Helles. Das haben wir dann natürlich, ist Corona dazwischengekommen, ist relativ lange im Lagertank gewesen. Also deshalb ist es auch perfekt blank und ausgelagert. Aber wir haben dann noch mal einen Schritt später entschieden, jetzt noch mal ein Helles nur hier im Biergarten anzubieten, das wäre aber auch vielleicht ein bisschen langweilig. Und dann haben wir es ein bisschen Hopfen gestopft, also wir haben einen neuen Hopfen bekommen, einen South African PAssion. Und den wollten wir mal probieren und da haben wir gedacht, du, wir haben ein helles Bier, relativ neutral, jetzt sehen wir mal, was der kann. Haben ihn dann Hopfen gestopft und das Bier dann als leichtes Summer Beer eigentlich hier im Biergarten. Und das läuft relativ gut, also es ist relativ angenehm zu trinken, es hat relativ wenig Alkohol mit 4,5 %, eine gewisse fruchtige Note durch den Hopfen, erfrischen. Und vor allem, wenn es heiß ist bei uns, braucht’s eher leichte Biere als Bockbier, sage ich mal so.

Markus: Eine perfekte Mariage, würde man fast sagen, in Anlehnung auf andere Bierkulturen. Aber ich finde, also gerade weil es so schön ausgelagert ist, dann kommt der Hopfen richtig schön zur Geltung. Und das gibt dem so den Kick, wo man sagt, Mensch, das macht‘s interessant. Oder Holger?

Holger: Wunderbares Biergarten-Bier. Die Nummer 2 lacht schon.

Markus: Ja, also man merkt, der Holger hat es eilig. Aber gut, also Kompliment auf jeden Fall, auch die Idee, so ein regionales Bier zu machen. Können wir vielleicht nachher noch mal darüber reden, ob es vielleicht auch Ideen gibt, Südtiroler Hopfen irgendwie zu kriegen. Aber nehmen wir ruhig erst mal Bier Nummer 2.

André Hofer: Genau.

Markus: Holger, was haben wir jetzt?

Holger: Jetzt haben wir schon etwas mehr Naturtrübe im Glas. Der Schaum ist auch hier sehr feinporig und weiß.

Markus: Aber die Nase ist ja auch schon ganz anders.

Holger: Ja, die Nase ist ganz, ganz anders. Also hier hat man eine Säure schon in der Nase und auch im Antrunk sehr, sehr spannend. Und ist auch eigentlich perfekt hier für so ein tolles Augustwetter hier in Bozen. Da kann es ja schon mal leicht auch über 30 Grad warm werden. Und da ist jetzt so ein Bier für mich eigentlich optimal. Ist so ein säuerliches, schönes, frisches Aperitif-Bier.

Markus: Ja.

Holger: Würde ich fast sagen.

Markus: Ist so ein bisschen was Apfeliges.

Holger: Genau.

Markus: Sehr, sehr spannend, ein bisschen sexy.

André Hofer: Wir haben zum Beispiel den Radler nicht hat, dann hat man halt wahrscheinlich eine Gose.

Markus: Ja.

Holger: Genau.

André Hofer: So ein bisschen.

Markus: Wie kommt ihr zu dem Bier, wie kommt’s?

Thomas Münster: Die Gose ist natürlich inspiriert von der Leipziger Gose. Aber wir wollten natürlich nicht wie bei allen unseren Bieren den Südtiroler Touch nicht vergessen. Somit haben wir hier ausschließlich Südtiroler Malz gewählt. Was für uns Braumeister natürlich hier die Herausforderung war, ist: Wie bekomme ich eine Säure in das Bier? Also wir stehen dafür, dass wir eigentlich nur saubere Biere machen. In einer kleinen Brauerei ist ja saubere Arbeit das A und O. Wir haben jetzt mittlerweile auch schon ein Labor eingerichtet, um einfach ständige Kontrollen zu haben. Und jeder Brauer weiß, dass Milchsäure-Bakterien sind der Todfeind Nummer eins, außer natürlich bei der Gose. Und hier haben wir dann einen Sud gebraut oder eine Würze, und das durch Kettle Sour, also mit Milchsäurebakterien im Sudhaus noch vergoren. Die Würze wieder aufgekocht, um da wirklich steril oder sauber zu arbeiten. Und dann erst natürlich die Würze vergoren. Das ist natürlicherweise ein Arbeitsaufwand von zwei Tagen, aber wenn man das Bier trinkt, dann sieht man, dass sich die zwei Tage absolut auszahlen. Auf jeden Fall haben wir danach gesagt, wir wollen kein Bier brauen wie jetzt zum Beispiel ein Biermischgetränk oder ein Radler oder Limonade, sondern eine Alternative zu einem Radler bietet. Und natürlich bietet sich eine Gose super an, weil ich eine Frische habe, die leichte Säure habe, einfach ein Alternativgetränk zu einem Radler. Und wir machen ja auch viele Bierverkostungen oder sind da in Hotels, und das erste Bier, was so für einen Biereinsteiger oder für Frauen insbesondere, ist meistens das Gose, was wir präsentieren. Weil einfach im Sommer, wie du genau richtig vorhin gesagt hast, also an einem heißen Sommertag ein schönes kühles Bier und hier die Gose gehört sich einfach. Und natürlich schmeckt man hier in der Nase die Frucht schon raus, also den Koriander. Und das Salz rundet das noch mal ein bisschen ab, also regt wieder schon zum Trinken an. Und somit ist die Gose eigentlich ein wirklich sehr, sehr interessanter Bierstil. Das erste Jahr haben wir gebraut und natürlich haben wir uns da ein bisschen schwerer getan als mit anderen Bierstile. Also da muss man erst mal den Kunden so ein bisschen gewöhnen an die Säure. Aber über die Jahre ist das wirklich fix im Sortiment und da sind wir stolz drauf.

Holger: Und auch toller Name, GoSexy.

Thomas Münster: Genau. Um den ein bisschen aufzupeppen den alten Bierstil, weil da gibt’s ja schon ewig, Gose, haben wir einfach noch mal xy dazugeschrieben, also GoSexy. Und das gefällt den Frauen dann noch mehr.

Holger: Ja, sowas gefällt auch dem Markus immer, oder?

Markus: Absolut! Also ich bin schon völlig begeistert. Aber es würde mich interessieren, André, du bist ja jetzt nicht direkt von der Brauerei, aber du hast ja bestimmt mitbekommen, als dieses Bier rauskam, wie war das denn? Wie hast du selber das empfunden und wie hast du so vielleicht andere Leute darüber reden hören? Wie kam sowas an?

André Hofer: Ich muss sagen, grundsätzlich selbst bin ich natürlich sehr offen, ich probiere gerne Neues aus. Wie gesagt, durch Sommerbierchen. Wenn man natürlich keine Limonade zuhause hat, was trinkt man? Ein Gose. Das Umfeld, ja, war eigentlich, ja, es ist zwiegespalten. Die einen, die Traditionalisten, die Hardcore-Biertrinker, nur ein Bierstil das ganze Leben lang. Und durch meine Verkostungen auch, wenn man das so ein bisschen anpreist, ich sage, okay, probiert ein Schlückchen. Am besten natürlich gratis, dann kannst schauen, ob es Dir schmeckt, dann kommen irgendwann die Leute, ah, eigentlich ist es ja doch nicht so schlecht. Ist natürlich ein anderer Geschmack. Wie gesagt, man muss sich erst daran gewöhnen auch. Das ist ja auch ein großer Punkt eben, dass die Leute einfach noch nicht wissen, okay, was ist das jetzt. Das schmeckt eher irgendwie salzig, sauer. Was hat das mit Bier zu tun? Aber ganz wichtig ist auch die Aufklärung. Und wenn man das ein bisschen aufklärt, dass es eines der Bierstile ist, was wir haben, dann schalten erst die Leute, aha, okay, da gibt’s ja auch was anderes als nur Helles oder nur die IPAs. Also manche sind gut informiert von den Bierstilen und manche, als Biersommelier hat man da halt wirklich viel Arbeit und auch die Personen, dass man ein bisschen aufklärt, um was es sich da handelt.

Holger: Unbedingt! Und man muss hier sagen, an dem Ort gelingt es auch wahnsinnig gut. Wir haben fast schon, also nicht eine Bierkarte, sondern ein Bierkartenbuch.

Markus: Oder einen Pass.

André Hofer: Passport.

Holger: Oder ein Passport. Genau. Und hinten sind ja sogar die beiden Hauptprotagonisten hier, Master of Beer oder wie, ja, Master of Beer ist der Christian Pichler, den haben wir ja auch schon im BierTalk gehabt, und dann The President of Beer, Bobo, alias Robert Widmann, oder umgekehrt. Und das ist auch toll, also dass hier die Servicekräfte, dass sie am Gast beraten und dass man sich das hier vorher anschauen kann und kann auch probieren und so. Und das gehört auch einfach dazu, wenn man so eine Biervielfalt präsentiert, dass das dann auch entsprechend an den Gast transportiert wird. Jetzt würde ich doch fast sagen, wir gehen zur Nummer 3 über.

Markus: Also der Holger hat heute echt, du hast Jungblut getankt hier in Südtirol. Wahnsinn! Also gut, dann. Aber es ist natürlich auch schön, weil jetzt haben wir ein rotes Bier, würde ich fast sagen. Also wir Franken würden sagen, es schaut aus wie roter Federweißer. Also sehr, sehr spannend, komplett trüb, also einen richtig schönen, geheimnisvollen Schimmer. Und jetzt bin ich mal gespannt, wie das riecht. Mmh! Sehr fruchtig. So eine Mischung aus Banane, Kirsche, Himbeere, also ganz viel …

Holger: So ein Beerenmix halt.

Markus: Ja.

Holger: So eine Beerenweiße, würde ich jetzt sagen.

Markus: Würdest du sagen? Okay! Da fragen wir einfach mal die Protagonisten. Was haben wir denn jetzt hier, welche Idee habt ihr da verfolgt?

Tobi Tratter: Tatsächlich ist es eine Beere, was verarbeitet wurde. Aber es ist die schwarze Johannesbeere, Cassis. Eigentlich bekannt für die Hopfensorten so wie Citra oder so. Also schwarze Johannesbeere wächst bei uns natürlich auch sehr, sehr gut. Wir hatten vor, glaube ich, damals vor anderthalb Jahren, zwei Jahren die Ideen, eigentlich könnten wir auch Fruchtbiere machen. Da sind wir wieder bei der vorherigen Frage, was der Thomas schon angesprochen hat. Wie schaffen wir es, ein Fruchtbier zu machen und das möglichst sauber ohne Risiko für die Brauerei. Und das war der erste Versuch, was wir gemacht haben. Also wie gesagt, schwarze Johannesbeere. Wir haben uns dazu gedacht eigentlich die rote Johannesbeere, die jeder kennt, die ist doch recht sauer. Eigentlich sollte das Bier einen leichten Säure-Touch haben. Somit sind wir zu dem Schluss gekommen, okay, auch hier noch Kettle Sour, haben wieder in der Pfanne mit Milchsäure vergoren eine Nacht lang, am nächsten Tag aufgekocht. Haben dann das Bier normal vergoren und später nach der Halbgärung praktisch in der Nachgärung haben wir dann noch mal die schwarzen Johannesbeeren kurz davor aufgekocht natürlich, damit das alles schön sauber bleibt. Diese Marmelade, unter Anführungszeichen, oben auch in den Tank reingekippt mit dem letzten Zucker, was auch die Beeren mitbringen, hat sich dann noch mal alles ein bisschen umgewälzt. Die Farbe ist sehr, sehr gut hervorgetreten. Und man sieht auch also, diese Trübe, die kommt eigentlich weniger von Hefe oder Protein, das ist einfach die Johannesbeere und speziell die schwarze hat viele Pektine. Und somit ist die Trübung stabiler als jedes Weißbier. Also das können wir noch zwei Jahre lagern und wir haben immer noch die gleiche Trübung.

Holger: Wie heißt es jetzt?

Tobi Tratter: Genau. Heißen tut das Bier Red Frieda.

Holger: Red Frieda?

Tobi Tratter: Genau. Das fragt uns auch jeder zweite, wieso heißt das Bier eigentlich Frieda? Und das ist halt eine lustige Geschichte, weil die vierte Tochter vom Christian, die Frieda, heißt eben Frieda, hat richtig knallrotes Haar. Und jeder, der die Frieda als erstes sieht, sticht sie sofort ins Auge, weil sie einfach einen Charakter ausstrahlt, der einzigartig ist. Und somit haben wir gesagt, das Bier ist auch einzigartig. Und das ist unser erstes Fruchtbier. Und deshalb haben wir gesagt, das Bier muss Frieda heißen.

Holger: Sehr gut.

Markus: Spätestens jetzt ist übrigens mindestens einer unserer klassischen bayerischen Stammhörer umgefallen. Also diese Braumeister klassischer Schule, weil als er gehört hat, wie du gesagt hast, ja da nehmen wir die Johannesbeeren und kippen die mal in den Tank oben rein, da ist der praktisch mit umgefallen. Wie ist es denn bei euch mit dem ganzen Thema Reinheitsgebot? Gibt’s hier überhaupt Regulationen? Und wie reagieren die Leute auf sowas?

Tobi Tratter: Wir versuchen, so viel wie möglich Biere nach dem deutschen Reinheitsgebot zu brauen. Also für uns ist das einfach ein Standard, der eigentlich viel über die Qualität aussagt. Also das ist sowieso faszinierend, aus Wasser, Malz, Hopfen und Hefe so viele, so ein facettenreiches Produkt wie Bier herzustellen. Aber manchmal ist es halt einfach nicht möglich, wenn du nur ein bisschen weitergehst, also irgendwann den Schritt weiter, irgendwann bist du über diese Grenze, über diesen roten gezogenen Strich Reinheitsgebot einfach drüber. Und das ist eigentlich relativ angenehm bei uns, also in Italien gibt es kein Reinheitsgebot. Also wir können brauen, wie wir lustig und munter sind. Und das hilft oft bei vielen Bieren schon weiter.

Markus: Ihr seid sehr lustig und sehr munter.

Holger: Ja, aber man muss ja auch sagen, was ist jetzt dagegen einzuwenden, wirklich …

Markus: Ja, nichts.

Holger: … reine Früchte zu verwenden? Man könnte jetzt sagen, also künstlich hergestellte Aromastoffe oder so, da kann man sich jetzt drüber streiten, aber wenn man jetzt 40 Kilo schwarze Johannesbeere auf 1 Hektoliter Bier gibt oder so, da ist doch nichts gegen einzuwenden.

André Hofer: Ist ja reines Naturprodukt.

Holger: Absolut!

Holger: Es ist halt eine andere Form von Reinheit.

Tobi Tratter: Unser Anspruch ist ja, ein Produkt, ein authentisches Produkt vor allem zu machen, da, wo wir mit beruhigtem Gewissen sagen können, so, das ist jetzt ein Fruchtbier. Fruchtbier, das haben wir erst vorgestern diskutiert, für uns wir diskutiert haben, ja, wie viel müssten wir eigentlich wirklich reinhauen, damit das wirklich Fruchtbier ist? Und wir haben gesagt, solange es schmeckt, ist ja super. Also ich glaube, es ist besser und authentischer wie zum Beispiel der 10-Millionste naturtrübe Radler am Markt. Letztlich ist es einfach ein  Badge, wo man sagt, du, ein Bier ist nicht Reinheitsgebot, das schmeckt aber lecker, es erfrischt genauso gut. Und vielleicht manchmal natürlich, du wirst nicht jedes Jahr das gleiche Bier schaffen, das versteht sich von selber. Aber wichtig ist, dass es den Leuten schmeckt, das Bier, glücklich sind und natürlich, dass es uns auch schmeckt.

Markus: Jetzt gebe ich mal dem Holger und sage, wir haben ja noch ein Bier.

Holger: Nee, nee, unbedingt!

Markus: Nummer 4.

Holger: Ja, Nummer 4.

Markus: Da kann ja mal der André uns das beschreiben. Also wenn du mal dem Mikrofon ein bisschen erzählst, was wir da so alles haben.

André Hofer: Sehr gerne. Also wir haben jetzt auch wie gesagt ein Bierchen vor uns. Wir haben ein sehr schönes, Schaumbildung ist auch noch vorhanden. Es ist üppig, aber trotzdem sichtbar. Von der Farbe her ein sehr schönes kastanienbraun, recht klar auch. Also ansprechend natürlich, also wir sprechen ja jetzt von einem dunklen Bier. In der Nase, da schauen wir mal. Mhm (bejahend). Also da sind ja vorwiegend diese Kaffeenoten. Ja, jetzt haben wir es fast mittags natürlich, den ersten Kaffee haben wir hinter uns, der zweite wäre jetzt das Bierchen. Und trinken wir erst mal.

Markus: Ja, Prost!

André Hofer: Zum Wohle!

Tobi Tratter: Prost!

André Hofer: Hoppala! Ist auch recht leicht auch im Trunk auch. Es hat einige Alkoholprozente drin, ich glaube, das wird bei 4,8 etwas sein. Recht trinkfreudig, kann man auch natürlich, wenn man es ein bisschen geschmacklich intensiver mag, kann man es auch im Sommer genießen. Also wird eine Lagerhefe wahrscheinlich sein, oder? Und ja, Speisen da passen, was könnte man dazu auch essen? Das ist jetzt die gute Frage.

Markus: Burger gibt’s hier ja zum Beispiel so gute, habe ich gehört.

Holger: Ja, unbedingt! Da lacht doch wieder die fränkische Seele, wie ich dich kenne.

Markus: Auf jeden Fall! Röstaromen, Schokolade, Kaffee.

Holger: Malz-Aromatik. Wahnsinn!

Markus: So muss Bier. Ja. Ich meine, es könnte natürlich noch ein bisschen Rauch haben, für unsereins. Aber …

Holger: Für den Bamberger …

Markus: Fantastisch! Also sehr schönes Bier.

André Hofer: Wir sind ja natürlich mit Rauch aufgewachsen, natürlich mit unserem Speck. Wo ich in Bamberg war. Ja, da musste ich mich erst daran gewöhnen, obwohl ich diesen Geruch kenne. Aber es ist ja trotzdem was anderes, wenn man das isst oder trinkt.

Holger: Auf jeden Fall ist das was anderes, ob man Speck isst oder trinkt. Das glaube ich auch.

André Hofer: Speck trinken ist blöde.

Markus: Am besten beides. So zusammen ist es super. Ja. Wahnsinn! Toll! Holger, du darfst …

Holger: Nee, nee, wir machen jetzt die Nummer 5, auf jeden Fall.

Markus: Machen wir Nummer 5, auf jeden Fall.

André Hofer: Jetzt geht’s zur Sache dann.

Holger: Das sieht aus wie das erste eigentlich.

André Hofer: Immer schneller.

Holger: Also ohne es jetzt überhaupt zu beschreiben oder reinzuriechen oder so, also es ist ja wirklich wie das Helle, also wie Nummer 1. Wahrscheinlich ist es jetzt ein heller Bock? Also vielleicht.

Markus: Schauen wir mal, oder ganz was anderes. Riechen wir mal dran. Na.

Holger: Na? Vielleicht doch nicht.

Markus: Vielleicht doch nicht.

Holger: Nee, vielleicht doch nicht.

Markus: Also da sind wir doch ein bisschen exotischer unterwegs.

Holger: Nee, nee unbedingt! Es ist ja so richtig fruchtig und so.

Markus: Ein bisschen Jasmin, ein bisschen Banane.

Holger: Also auf jeden Fall obergäriges Bier, das kann man schon …

André Hofer: Kräuter.

Markus: Kräuter. Genau.

Holger: Es gibt ja hier so ein Bier, das heißt Kranewitten, das könnte es fast sein, würde ich sagen.

Thomas Münster: Ziemlich heiß. Ist schon sehr, sehr heiß.

Markus: Sehr heiß, aber noch nicht ganz heiß?

Thomas Münster: Eigentlich schon verbrannt.

Markus: Ja gut, fragen wir mal euch. Was haben wir denn da?

Thomas Münster: Genau. Also das Bier war jetzt für mich ein Muss, weil wir waren ja vorhin beim Thema Reinheitsgebot. Und das Bier war das erste, jetzt sagen wir mal außerhalb vom deutschen und bayerischen Reinheitsgebot. Die Idee vom Christian war, hier einfach ein Südtiroler Bier zu brauen. Und natürlich, wenn man so nachdenkt, was ist klassisch Südtirolerisch, dann denkt man als erstes an Bier. Wie schon gesagt, das Bier südtirolerisch, ausschließlich mit Südtiroler Malz gebraut. Dann eben hat der Christian da an Speck gedacht. Das heißt, Speck wird mariniert mit Salz, Pfeffer und Wacholder. Diese Gewürze haben wir dann natürlich auch mit ins Bier genommen, vergoren mit einer Saisonhefe, also einer belgischen Hefe, was das Bier sehr, sehr trocken macht, sehr schlank. Die Gewürze und die Aromen kommen dann deutlich noch mehr zur Geltung. Wir empfehlen dieses Bier einfach zu einer klassischen Südtiroler Marend. Sagt man, in Deutschland oder Bayern heißt es ja Aufschnittplatte. Weil einfach das Bier wirklich diese schönen Aromen vom Wacholder drin hat, das leicht Salzige wieder am Ende, der Pfeffer unterstützt noch mal ein bisschen die Kräuter und auch das Gewürzige. Die Hefe ist da wirklich interessant, weil sie einfach komplett den Zucker vergärt, also kommt der Malzcharakter noch mal ein bisschen mehr zur Geltung. Und das ist einfach auch wieder mal ein Bier, wo wir stolz darauf sind, weil es das erste Bier war, natürlich mit nur Südtiroler Zutaten. Was mir auch wichtig ist zu sagen, bei all diesen Bieren ist das Südtiroler Qualitätssiegel drauf, wie bei vielen anderen Südtiroler Produkten. Und somit ist das ein besonderes Bier, was wir seit 2013, 2014 schon im Sortiment haben. Und ist ein Muss für uns. Also das Kranewitten, muss man dazusagen, ist übersetzt auf Südtirolerisch, als das deutsche Wort wäre Wacholder.

Markus: Weißt du, dass das einen großen alten Bruder hat?

Thomas Münster: Nein?

Markus: Und zwar, wenn du in den Nordosten Europas gehst, Estland, Finnland, dort gibt es einen Bierstil, der heißt Sahti. Und das ist allerdings mit Brothefe vergoren, aber auch über Wacholderzweigen dann geläutert. Hat in der Regel zehn oder mehr Prozent, also sehr kräftiges Bier. Und ist von der Aromatik aber hier sehr, sehr ähnlich, also sehr intensiv.

Thomas Münster: Interessant.

Markus: Schön präsentiert auch die Kräuter, die Fruchtigkeit. Also sehr spannend. Musst du mal probieren, das ist vielleicht noch eine Idee, so eine Finnisch-Südtiroler Collaboration Brew.

Holger: Aber da kannst du mal wieder hier sehen, was hier an Braukunst produziert wird.

Markus: Ja.

Holger: Das sind ja nur 5,5 Prozent, und was das trotzdem an Geschmack produziert. Da kannst du mal wieder sehen, was die Südtiroler können, ne.

Markus: Absolut! Ja.

Holger: Deshalb habe ich dich hierher gelotst.

Markus: Ich war schon vor dir hier. Aber mit dir bin ich anders hier, das gebe ich auf jeden Fall zu. Fantastisch!

Thomas Münster: Und man genießt das Bier wirklich mit einem selber gemachten Alpenkäse oder mit Speck oder Kaminwurzen, also klassischen Südtiroler Aufschnitt isst, dann passt das Bier einfach wirklich Weltklasse dazu.

Tobi Tratter: Vielleicht die Gewürzgurke sollte man weglassen. Also dann passt es nicht hundertprozentig.

Markus: Übrigens liebe Hörer, wenn ihr langsam merkt, dass der Geräuschpegel drumherum lauter wird, wir sind ja hier, wie gesagt, im Biergarten. Als wir angefangen haben, saßen wir hier noch alleine und dann kamen unsere Biere und dann kamen unsere Gäste. Also mittlerweile sind die ganzen Tische hier besetzt, überall sitzen Leute, haben alle fröhlich bunte lustige Biere vor sich stehen, freuen sich schon aufs Essen. Also wir werden auch, wenn wir hier fertig sind, natürlich die gute Küche des Hauses genießen. Aber wir haben noch ein Bier vor uns. Holger, und ich glaube, …

Holger: Ja, zum Glück!

Markus: … jetzt wird’s richtig ernst.

Holger: Zum Glück, zum Glück!

Markus: Mir schwant vieles.

André Hofer: Krasse Sache!

Markus: Zumindest ist es schon so, dass es leicht am Glas haften bleibt. Also werden wir ein bisschen mehr Alkohol wahrscheinlich hier schon drin haben.

Holger: So sieht‘s aus. Hier haben wir jetzt …

Markus: Das riecht endlich wie Bier.

Holger: Riecht endlich wie Bier. Also jetzt hör mal zu! Jetzt muss man natürlich, also er lacht sich halt kaputt, weil endlich ist Rauch da drin.

Markus: Ja.

Holger: Und ihr kennt den ja, also ich meine, Oberfranke, wird mit Rauchbier schon gesäugt. Und dann ist natürlich, ein normales Bier hat dann eine Rauchnote. Aber für alle anderen Menschen ist es ja nicht so.

Markus: Mmh! Es ist aber nicht nur Rauch. Also es hat, das Rauchige hat so ein bisschen Eiche, finde ich auch, so holzige Noten. Dann kommt auch ein bisschen Malzkaramell.

Holger: Es hat vor allen Dingen auch eine ganz tolle Farbe.

Markus: Oh ja.

Holger: Das muss man halt auch noch mal wertschätzen. Es ist ja so ein …

André Hofer: So richtig ansprechend.

Holger: Ja, so ein kupferfarbenes schönes Bier. Auch da schon richtig klar, wahrscheinlich auch sehr gut ausgelagert. Ich könnte mir jetzt vorstellen …

Markus: Mmh!

Holger: … jetzt bin ich nochmal wieder mutig, weil ich ja gerade so performen durfte. Da könnte man jetzt sagen, das ist ein Gourmet vielleicht?

Thomas Münster: Nein.

Holger: Also weiß nicht, nein.

Markus: Ist nicht stark genug dafür.

Holger: Nein, ist nicht stark genug. Ah, da seht ihr mal wieder, gut.

Markus: Da war der Wunsch Vater des Gedankens.

Holger: Ja, da war der Wunsch Vater des Gedankens. Das kann natürlich sehr gut sein. Tobias, was haben wir im Glas?

Tobi Tratter: Das ist jetzt unser Smoky Bock, also Rauchbock auf gut Deutsch, würde ich mal sagen. Und genau das ist wieder so ein Bier, ganz am Anfang hast du gefragt, was hier eigentlich so das Lieblingsbier ist zum Brauen? Und das ist eigentlich so wieder ein Beispiel dafür, wie war’s denn, wenn wir das das erste Mal gemacht haben? Da sind wir alle drei oben vor der Malz-, äh vor der Schrotmühle gestanden und dann: Ja, nee, nicht so viel Rauchmalz. Doch, doch, das ist ein Rauchbier. Na, nicht so viel Rauchmalz.

Holger: Markus hat gesagt, doch, doch.

Tobi Tratter: Und dann am Morgen, irgendwann haben wir uns geeinigt, okay, Hälfte Münchner, Hälfte Rauchmalz. Weil ich bin eher der gewesen, der gesagt hat, na, ein bisschen weniger ist vielleicht mehr. Der Christian: Na, na, na, gib Vollgas. Das ist Rauchbier. Und der Lutz ist so der Schlichter gewesen. Wir können ein bisschen was von beiden nehmen.

André Hofer: Der war dann der Schiedsrichter, oder.

Tobi Tratter: Also da, glaube ich, haben wir eine Stunde lang eingeschrotet. 20 Minuten ungefähr, eine Stunde und zehn Biere. Es war, eben, genau, das sind oft die Sachen, also vielleicht auch ein Quäntchen Glück gehört da dazu, also genau das Rezept auch zu treffen. Aber vielleicht macht’s auch genau das aus, wenn mehrere Leute zusammen wirklich auf einer fachlichen Ebene diskutieren und dann jeder seine Meinung einbringen kann. Weil es ist wirklich so gewesen, dieses Rezept ist so ein One Shot, haben wir uns gedacht, das machen wir mal. Und dann haben wir letztes Jahr den European Beer Star mit dem gewonnen, also die Goldmedaille.

Markus: Gegen alle Rauchbiere in Deutschland, wohlgemerkt.

Tobi Tratter: Und dann haben wir gesagt, scheiße, jetzt haben wir schon wieder ein Bier, was wir jetzt immer haben müssen. Und seitdem ist das Rauchbock eigentlich immer fix im Sortiment. Also das kann man das ganze Jahr trinken. Wir versuchen sowieso, immer übers ganze Jahr Bockbiere im Angebot zu haben. Wir haben einen Stammgast, der hat gesagt, er kann nicht alles Biere, also er trinkt gerne Bockbier, und er sagt, er kennt sich nicht mehr aus. Jetzt fängt er an, okay, ein, zwei, drei, vier, das war wirklich, eine Zeit lang hatten wir alle vier Bockbiere im Angebot, und dann hat er auch jeden Tag gewechselt. Ein Tag heller Bock, ein Tag normaler Bock, ein Tag Rauchbock, ein Tag Weißenbock. Und immer wieder von vorne. Bis irgendwann zum Glück der Bock fertig war, da hat er nur noch drei gemusst trinken.

Markus: Und was trinkt er jetzt?

Tobi Tratter: Jetzt momentan trinkt er Weißenbock, Rauchbock und heller Bock. Und nie mischen.

Thomas Münster: Der hat genug zu tun.

Markus: Ist immer ein klares Programm, finde ich sehr sympathisch. Ich kann mich erinnern, ich glaube, ich war damals im Halbfinale von dem Rauchbock. Und das ist einfach ein tolles ausgewogenes Bier. Weil das ist ja das Thema, man kann den Rauch überdimensionieren, dann ist es halt nur Rauch. Oder man kann ihn eben unterdimensionieren, dann ist es so ein Hauch von Rauch. Beides finde ich für ein echtes Rauchbier schwierig, sondern das muss eine Ausgewogenheit sein. Das muss da sein, das muss deutlich sein, aber es muss immer noch ein klares Bier sein und muss die typischen Bieraromen haben. Und das finde ich, Holger, ist hier gut gelungen, oder?

Holger: Auf jeden Fall! Also das ist wirklich ganz toll und schön ausgewogen und ausbalanciert.

André Hofer: Und es sollte ja auch getrunken werden. Nicht nur ein Bierchen, sondern …

Holger: Es soll Lust auf den zweiten Schluck machen. Genau.

Markus: Auf jeden Fall!

Holger: Absolut! Man kann ja ganz viel erleben, also ich habe jetzt da noch mal hier dieses Büchlein vor mir und wenn man jetzt eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, …

Markus: Also Holger lernt heute zählen.

Holger: … neun, zehn, elf und so weiter. Also das ist ja Wahnsinn, was hier alles im Angebot ist. Und nicht nur Südtirol ist eine Reise wert, sondern auch Bozen und das Batzenbräu. Kommt hierher, setzt euch hierhin, bestellt euch den Flight, den wir hatten. Und genießt das und beschäftigt euch mit den Bieren, setzt euch damit auseinander, und dann genießt noch die Südtiroler Küche. Und wer da dann nicht mehr glücklich wird oder das tollfindet, dem kann man nicht mehr helfen.

Markus: Oder er muss sich noch eine Südtirolerin oder einen Südtiroler suchen. Dann ist, glaube ich, alles gut, je nachdem. Aber wir haben ja noch eine kleine zweite Halbzeit, denn der André hat uns ja noch ein Bier von sich mitgebracht.

André Hofer: Genau.

Markus: Wollen wir das noch ganz schnell probieren, wenn ihr noch ein paar Gläser holt? Einfach dann testen wir das, dann haben wir praktisch noch so hintenraus was ganz Besonderes. Da sind wir mal gespannt, was du uns da mitgebracht hast.

Holger: Dein Homebrew Spezial.

André Hofer: Genau, Homebrew Spezial. Wie gesagt, ich komme aus der Homebrew Szene, ich habe 2016 eben mit Passion einen schönen Valentinstag gehabt, da haben wir das erste Bierchen gebraut. Und natürlich Tag der Liebe, zum Bier natürlich. Und ja, schauen wir mal. Wie gesagt, angefangen haben wir mit Botanical Beers. Mittlerweile mache ich auch gerne Biere, was recht, sagen wir mal, einfach auch hohe Drinkability haben. Und schauen wir mal, was das Bierchen hergibt.

Markus: Ist es dein Meistersud? Kann man das so sagen?

André Hofer: Ja, den werde ich jetzt wieder brauen, aber mit dem werde ich, wie gesagt, beim Master of Beer natürlich das Bier vorstellen. Und ich bin gespannt.

Markus: Also Südtirol hat übrigens die höchste Dichte an Absolventen des Master of Beer Programms, muss man sagen. Also ganz spannend, von Leuten, die sich einfach wirklich richtig gut mit dem Thema Bier auskennen. Wer damit nichts anfangen kann, es ist so, also Biersommeliers gibt’s ja jetzt schon länger, seit über zehn Jahren bilden verschiedene Institute aus. Aber es gibt eben jetzt noch so einen obendrauf, wo man als Biersommelier sagen kann, okay, jetzt spezialisiere ich mich noch mehr, gehe noch mehr in die Tiefe, gehe auch ein bisschen in die Geschichte. Und da kann ich dann eben Master of Beer werden. Und da ist der André mittendrin und wird uns jetzt gleich mal etwas einschenken, glaube ich.

André Hofer: Genau.

Markus: Ah! Das hast du noch in der Kühlung gehabt sozusagen.

André Hofer: Genau. Nachdem die hübsche Kellnerin das bringt, dann werden wir es einschenken.

Markus: Beschreib uns noch mal die hübsche Kellnerin. Nein Quatsch, wir sind ja hier beim Bier.

André Hofer: Ach so, genau.

Markus: Aber natürlich ist es auch immer schön, dass man hier wirklich viele Attraktionen hat in so einem Biergarten. Also alles gut, alles schön. Apropos Glas, wir hatten jetzt vorhin dieses Craftmaster Glas, jetzt haben wir das Teku-Glas, was übrigens auch eine italienische Erfindung ist, wissen auch die wenigsten. Also sehr spannend. Eigentlich mal entwickelt für Orval von zwei Italienern und mittlerweile eigentlich das Craftbier-Glas, was es so schlechthin gibt.

André Hofer: Schlechthin.

Markus: André, was nimmst du für Gläser normalerweise zum Verkosten, wenn du so für dich trainierst? Nimmst du da das Teku oder nimmst du da andere?

André Hofer: Ja, je nachdem, welchen Bierstil ich habe. Und ich muss auch dazu gestehen, ich nehme auch die Teku-Gläser, damit eben wahrscheinlich die Frucht mehr rauskommt, auch wenn es jetzt natürlich ein Lagerbierchen ist. Aber natürlich Verkosten hat ja auch ab und zu damit zu tun, das richtig zu bewerten und nicht nur für den Riechgenuss und für das Private. Und sonst, wie gesagt, von einer Tulpe bis hin zum Pokal eigentlich alles. Ich bin auch sehr experimentierfreudig, ich mache auch mal ungewöhnliche Sachen. Wie gesagt, dass ich natürlich mal ein großes Bierchen in ein Pilsglas reinhaue oder …

Markus: Mal aus der Kaffeetasse oder so?

André Hofer: Aus der Kaffeetasse nicht, aber ich mache verschiedene Biergläser, weil natürlich mit unseren Bierkursen, natürlich dass wir auch getestet haben und das ist eigentlich spannend zu sehen, wie sich ein Bier entwickelt. Es wurde ein bisschen geschüttelt, gerührt, ist nicht pasteurisiert, nicht filtriert.

Markus: Oh! Jetzt kommen die Flaschen übrigens mittlerweile an den Tisch. Wir haben eine, die man so ein bisschen kennt, so die klassische 0,3er-Flasche.

André Hofer: Genau.

Markus: Mit einem roten Kronkorken obendrauf, ein eher helles, deutlich trübes Bier. Sind wir mal gespannt. Und die andere Flasche würde man jetzt in Deutschland eher so als Weinflasche bezeichnen. Geht so in Richtung von einer Portwein-Flasche vielleicht sogar, also bauchig eher. Oben dicke Öffnung, großer Kronkorken drauf. Was haben wir denn da?

André Hofer: Wenn ich mal zur Flasche kurz was erzählen darf. Wo wir angefangen haben zu brauen, haben wir gesagt, natürlich, wir brauchen ja auch Flaschen. Was haben wir gemacht? Wir sind in so ein Bierlokal gegangen, haben uns natürlich ein Distelhäuser Distel bestellt und das ist eigentlich eine Flasche, die natürlich die Distelhäuser im Angebot hat oder hatte, die Distel. Und die haben wir dann mitgenommen und haben dann natürlich gereinigt, und so hat das ein bisschen angefangen.

Markus: Das heißt, ihr müsst immer ein Bier trinken, bevor ihr eins abfüllen könnt?

André Hofer: Ja, mittlerweile haben wir es im Griff. Mittlerweile haben wir die Prosecco-Flaschen auch.

Markus: Oh ja! Jetzt erleben wir übrigens noch eine Premiere, das Bier wird mit dem Handy geöffnet. Also auch das ist natürlich eine typische Südtiroler Fähigkeit.

André Hofer: Ach so, ja genau.

Markus: Aber bevor ihr jetzt Angst bekommt, es ist natürlich nicht …

André Hofer: So extrem.

Markus: … so, dass das ganz normale Handy genommen wird, sondern dieses Handy hat eine Hülle und in die Hülle ist ein Flaschenöffner eingearbeitet. Also insofern …

André Hofer: Jetzt weiß ich nicht, ob das zu klein ist?

Markus: Aber natürlich haben wir die großen Kronkorken für diese spezielle Flasche.

André Hofer: Ja, das sind große Kronkorken.

Markus: Probier’s doch mal andersrum. Wenn du …

Tobi Tratter: Ja, das geht schon trotzdem.

Markus: Ah, jetzt geht’s auf. Jetzt! Da sieht man den erfahrenen Brauer, der kriegt alles auf.

Tobi Tratter: Ich fülle ziemlich viele Flaschen.

Markus: Und jetzt kommt’s uns auch schon ein bisschen entgegen und landet gerade im Glas.

André Hofer: Das ist schon lange gelagert natürlich, es ist am Anfang natürlich brillant und natürlich mit der Hefe, ein bisschen mehr einschenken.

Markus: Das heißt, das ist ein Bier, was in der Flasche noch weitergegoren hat?

André Hofer: Ja, ich mache eine Flaschengärung. Wir haben eine …

Markus: Danke schön!

André Hofer: … belgische Hefe drin. Etwas haben wir noch drinnen.

Markus: Wir können ja nach und nach.

André Hofer: Genau.

Markus: Stoßen wir vielleicht erst mal an auf dein tolles Bier. Danke schön, dass du uns das mitgebracht hast.

André Hofer: Prost!

Tobi Tratter: Prost!

Thomas Münster: Prost!

Holger: Prost!

Markus: Danke schön, dass wir es hier verkosten können.

André Hofer: Zum Wohle! Wie gesagt, Hefe natürlich Vitamin B.

Markus: Stimmt! Also ganz gesund auf jeden Fall.

André Hofer: Hat natürlich vom Malz, für die Cremigkeit auch Weißenmalz verarbeitet, ein bisschen Münchner, vorwiegend Pilsner. Das sieht man auch durch die Farbe eben. Ich habe da zum Vergleich auch, wie gesagt, eine kleine Flasche. Ist mir aufgefallen natürlich, dass verschiedene Flaschengrößen, auch die Reifezeit oder die Reife da auch anders ist.

Markus: Aha!

André Hofer: Beim Hopfen war ich eher, wie gesagt, zurückhaltend, weil natürlich eines möchte, was dann eher auch getrunken wird, nicht nur einen Schluck, sondern mehrere. Ich habe da einen Hallertauer Ariana mit drinnen. Wie gesagt, deswegen auch diese Zitrusnote.

Markus: Auch ein schönes Sommerbierchen, finde ich schön angenehm frisch.

André Hofer: Das ist halt interessant natürlich, wenn die Hefe am Boden liegt, schmeckt das oder riecht das Bier auch ein bisschen anders, ein bisschen weniger aromatisch.

Tobi Tratter: Man muss jetzt vielleicht auch mal anmerken, das letzte Bier war ein Rauchbock.

Markus: Ja, ja.

André Hofer: Also für das, dass sich die Aromen so stark wieder durchsetzen, also sehr, sehr gelungen, würde ich sagen.

Markus: Genau. Also das muss man auch sagen, liebe Hörer, wenn man jetzt nicht professionell trinkt, so wie wir, dann sollte das Rauchbier eher das letzte Bier sein. Aber das ist schon sehr, sehr spannend.

Holger: Nee, aber hier ein ganz tolles Mundgefühl, finde ich.

Markus: Ja.

Holger: Ein ganz, ganz tolles Mundgefühl.

Tobi Tratter: Kohlensäure schön eingebunden.

André Hofer: Danke.

Markus: Ja, wunderschön weich.

André Hofer: Was mir auch aufgefallen ist, eben auch, wie gesagt, natürlich, das lernt man bei unseren Professoren, immer natürlich die Kühlkette nicht unterbrechen. Das beste Bier habe ich leider zuhause. Ich habe immer kühl gelagert, kommen meine Freunde, trinken wir was. Und wenn ich natürlich dann in der weiten Welt rumreise, dann sage ich immer, bitte kühlen. Ja, ja, machen wir schon. Ich sage, ja, man merkt halt den Unterschied auch. Viele meinen einfach, dass das Bier, ja, das geht von alleine alles und passt schon, aber es ist ja eigentlich ein Naturprodukt und sollte auch so behandelt werden.

Holger: Gibt’s schon einen Namen, also irgendwie Dorf Tirol Special 1 oder so?

Markus: Bavaria One, South Tyrol One.

André Hofer: Ich war da ein bisschen offen. Wie gesagt, ich habe das jetzt als Golden Ale eingebraut. Weil natürlich das Problem immer ist in Südtirol, wenn ich jetzt mit den Fachbegriffen komme, versteht’s keiner. Gut, ich finde auch interessant zu sehen, okay, was sagen die? Okay. Ein Golden Ale, vielleicht hat das zu wenig Bittereinheiten, kann das dann eher ein bisschen so gehen. Eben, so ein bisschen ein Gespräch zu finden, du, hör mal, aber für mich ist das eigentlich ein anderer Bierstil. Und dann kommt’s drauf, mit wem man spricht, ist es natürlich der gute Kollege, der Bierfachmann, der Hotelgast? Das ist eigentlich interessant zu sehen, wie oft sie unterschiedlich und wie oft  sie auch gleich danach bewerten. Und je gleicher das bewertet, desto besser ist es eigentlich.

Markus: Also haben wir dann ab nächstes Jahr wahrscheinlich noch eine neue Südtiroler Brauerei. Kann man das so sehen?

André Hofer: Ja, mal schauen, wo wir das Geld rauszupfen, aber …

Markus: Freut ihr euch da drüber, wenn es mehr Brauereien in Südtirol gibt?

Tobi Tratter: Ja super, kann man woanders noch mehr Bier trinken.

Markus: Wunderbar! Das ist übrigens ein wunderbares Schlusswort. Wir sind jetzt bei einer guten Stunde Podcast angelandet. Ich glaube, wir müssen langsam zum Essen übergehen. Und deswegen, liebe Hörer, dürft ihr jetzt abschalten. Also wir freuen uns sehr, dass ihr dabei wart. Wir freuen uns sehr, dass ihr dabei wart, das heißt, großartig, vielen Dank für diesen tollen BierTalk, für die vielen Storys, Hintergründe und natürlich auch die vielen Bierchen. Und natürlich gerne auf ein nächstes Mal wieder. Ist ein spannendes Projekt, Holger, so live, …

Holger: Nee, unbedingt!

Markus: … vor Ort.

Holger: Ich kann das nur, das müssen wir wieder machen. BierTalk Live ist, glaube ich, ein ganz, ganz tolles Format.

Thomas Münster: Eindeutig! Es hat Spaß gemacht. Vielen Dank für die Einladung! Und unbedingt auf ein Neues!

Markus: Okay! Wunderbar! Dann tschüss, liebe Hörer! Habt viel Spaß! Ciao!

André Hofer: Tschüss!

Holger: Ciao, tschüss!

Tobi Tratter: Servus!

Thomas Münster: Servus!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 33 – Interview mit David Hertl, Braumanufaktur Hertl, aus Thüngfeld

Angefangen als Deutschlands jüngster Braumeister und Biersommelier startete David Hertl mit einer „Kochtopf“-Brauerei im Schlüsselfelder Ortsteil Thüngfeld – und zwar im Mutter Vronis Küche. Das gab natürlich schnell auch Diskussionen, weswegen mit Schweißgerät und Bohrmaschine eine etwas größere Brauanlage zusammengezimmert wurde. Mittlerweile gehört seine „kleinste und geilste Brauerei Frankens“ zu DEN Innovationsschmieden der Branche und zeigt so manch anderem gestandenen Brauer oder Craftie, wo der Frosch die Locken bzw. der Papa seine Weizheit hat. Im BierTalk erzählt David seine spannende Geschichte und verkostet mit den Moderatoren auch seine spannenden Kreationen, beispielsweise „Vater & Sohn“, ein Hybrid aus Domina Weintrauben und schokoladigem Imperial Stout, oder auch seine „Oma“, ein klassischer fränkischer Bock, der nicht nur – aber auch – als Betthupferl seinen Dienst tut…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Herzlich willkommen zum 33. BierTalk mit mir und dem …

Markus: Markus.

Holger: Genau. Ihr könnt euch ja vorstellen, also wir haben eine Schnapszahl und da haben wir uns was ganz Besonderes überlegt. Es geht nach Oberfranken und da zu der kleinsten Braumanufaktur Frankens. Aber falls irgendein Unternehmensberater zuhört, ihr beschäftigt euch ja immer ständig mit Innovationen, dann kann ich euch nur sagen, diese Braumanufaktur ist eine Innovationsschmiede. David Hertl, David herzlich willkommen! Stell dich doch kurz mal selber vor.

David Hertl: Guten Morgen! Habe die Ehre. Eine Schnapszahl und ich, das passt zusammen. Wir machen ja auch Schnaps, wir machen auch Bier. Willkommen erst mal in der kleinsten Brauerei Frankens oder der kleinsten und geilsten Brauerei Frankens, weil wir mittlerweile so gewachsen sind, dass wir nicht mehr die kleinste Brauerei sind, aber die kleinste und geilste Brauerei. Ich habe so eine kleine verrückte Brauerei, mein Opa hat dann irgendwann mal gesagt, du wirst Elektriker, hat mich entführt in eine Brauerei zum Praktikum Elektriker, Strippen ziehen und Lichtchen anschließen. Und ich habe mir gedacht: Bis ans Lebensende Elektriker, nie im Leben. Und habe mir überlegt: Ach! Alkoholproduktion, da steckt die Zukunft drin. Und mein Vater ist auch Winzer, also wir kommen aus der Alkohol-Produktion ein bisschen da her. Und da habe ich mir gedacht: Ach! Ob ich jetzt aus Trauben oder aus Malz Bier braue oder Wein mache, ist ja wurscht. Das ist der Hefe wurscht. Und so kam dann letztendlich irgendwann der Gedanke: Hey! Ich werde Brauer. Und das hat sich bis heute noch so bestätigt und ich bin Braumeister, Biersommelier und Weinsommelier mittlerweile auch.

Holger: Sehr gut, David! Du hast es ja schon angesprochen, da gibt’s den Opa und den Vater, und eigentlich gibt’s ja auch die Mutter. Und alle da bei euch, ihr seid ja ein richtiges Familienunternehmen. Erzähl das doch mal, wie das da bei euch zugeht.

David Hertl: Sympathisch chaotisch, sage ich immer, bei uns, passt‘s immer ganz gut. Und Mutti, Vater, Opa, Oma, die arbeiten dann auch alle, die einen bisschen mehr, die anderen ein bisschen weniger im Betrieb mit. Opa und Oma, die sind zu alt, dass sie auch ein bisschen Ruhe verdient haben. Und Mutti und Vater sind voll hier, also wenn man hier Bier kauft, dann erlebt man auf jeden Fall die zwei oder mich, einen von den dreien auf jeden Fall. Ich war so schlau, dass ich meine Familie abgefüllt habe im wahrsten Sinne, weil auf meinen Etiketten sind auch die wichtigsten Personen im Unternehmen drauf. Und das sind neben mir, ab und zu mal irgendwo tauche ich auch auf, beim Wein-Bier-Hybriden heute zum Beispiel. Aber natürlich, der Fokus liegt auf meiner Mutti, meinen Vater und meiner Oma und mein Opa. Und so hat sich das Ganze entwickelt und ist eigentlich richtig, richtig krass eingeschlagen, sodass wir nicht mehr die kleinste Brauerei sind. Wir sind einfach gewachsen, das ist verrückt. Wir verkaufen mittlerweile auch einen Gin & Tonic in die Elbphilharmonie. Alexander Herrmann, der Sternekoch hat uns entdeckt. Und ich war beim „Perfekten Dinner“ auch und durfte unser BBQ Bierseminar machen, also das, was ich jedes Wochenende für normale Leute mache, habe ich im Endeffekt beim „Perfekten Dinner“ ein wenig im Fernsehen gemacht. Und das ist rausgekommen und wir werden da ziemlich gehypt und kommen mit allem, was wir machen, eigentlich kaum noch nach. Wir sind jetzt gerade auch wieder „Opa“ ausverkauft, „Mutti“ ausverkauft, „Oma“ haben wir gerade abgefüllt, vor zwei Wochen rausgebracht, und das Ding ist schon vorbestellt, wie nur was. Und jetzt auch noch mal vielleicht noch 10 % der Charge haben wir noch da, dann ist das auch wieder weg. Und der nächste Sud dauert aber drei Wochen, weil das einfach ein Bock ist, der braucht einfach Zeit. Und wir geben unserem Bier sehr gerne Zeit. Und wenn wir halt schnell wachsen wie der Bierbedarf da ist oder das Bier da ist, dann ist halt mal was aus. Aber wir machen 44 Sorten im Jahr, also auch nicht ganz langweilig.

Holger: Tja, Markus, da hört man ja, also es ist ja klar, mit den 35 Minuten werden wir nicht auskommen. Eigentlich müssten wir eine Hertl BierTalk Serie machen. Oder was sagst du dazu? Das ist doch unglaublich, was der David da so raushaut.

Markus: Ja natürlich ist es unglaublich. Vor allem, ich kenne ihn und seinen Laden ja praktisch seit der allerersten Minute oder Stunde. Und was ich am Allermeisten bewundere, ist, dass er einfach einen genial guten Riecher hat, was man wann tut. Also so wie er angefangen hat damals, als die ganze Craftbier-Nummer überhaupt so ein bisschen in Deutschland losging mit eben auch einem IPA, hat dann aber relativ schnell die klassischen Bierstile entdeckt, ein gutes Kellerbier gemacht, war dann dabei, einfach ein bisschen die Verrückten abzuholen mit eben der Gurken Gose und den Weinbier-Geschichten und so weiter. Hat sich da einfach super einen Namen gemacht. Dann hat der Markt umgeschwenkt, man wollte einfach wieder klassische Bierstile haben. Wer war als erstes da? Der David. Und da haben wir dann eben ein Helles und schönes Kellerbier und einen schönen Bock und ein schönes Weizen, alle perfekt gebraut, aromatisch, wunderbar auf den Punkt, den Stil wunderbar repräsentiert. Und dann auch wieder weitergedacht: Okay, was kann man drum herum bauen? Den Gin entdeckt, das Tonic dazu entdeckt und so weiter. Also im Grunde, das ist das, was ich am tollsten finde, also nicht nur, dass er natürlich menschlich ein toller Typ ist und dass er auch einfach gute Produkte macht, aber dass er eben auch weiß, wann er was tun muss und wie er das auch so macht, dass sein Laden davon profitiert und er wirklich was aufbauen kann. Und da können sich nahezu alle Brauer, die ich in Deutschland kenne, eine Scheibe abschneiden.

Holger: Ja Manometer, das ist ein Statement. Jetzt haben wir von der Produkt-Range einiges aufgezählt und haben ja auch einiges vor uns stehen. David, womit beginnen wir?

David Hertl: Erstmal habe ich Gänsehaut, weil in einem Familienunternehmen ist man nicht gewohnt, dass man so viel Lob auf einmal bekommt. Wir fangen an mit unserem Tonic Water. Machen wir erst mal was Alkoholfreies. Wir haben ja grad mal zehn Uhr. Also wir verkosten ja heute ein bisschen früh. Und wir fangen einfach mal mit dem Tonic Water an und dann steigern wir uns von den Bieren her. Das Tonic Water ist auch so eine verrückte Idee. Vorm „Perfekten Dinner“ haben wir unseren Gin rausgebracht, und der war dann gefragt wie noch was, der hat sich verkauft wie Hölle und das ist explodiert wie nur was. Dann haben alle gefragt: Welches Tonic soll ich denn dazu verwenden? Und ich konnte immer nur semi-gute Antworten geben, wo ich nie so tausendprozentig hinter gestanden war. Und da habe ich mir überlegt: Hey! Du bist doch Braumeister. Du kannst einen Gin machen, du kannst alles machen. Das soll es scheitern bei einem Tonic? Und da habe ich gedacht: Ach! Dann machst du halt mal was mit und machst mal ein paar Kurse und verkostest, Blind-Verkostungen, und nach einem dreiviertel Jahr Verkosten Tonic Pur, Tonic mit Gin, haben wir letztendlich eine schöne Geschichte gefunden und haben ein HOP TONIC mit der Hopfensorte Cascade gemacht und das ist ziemlich genial geworden. Weil man es pur trinken kann, aber auch mit Gin.

Holger: Jetzt trinken wir es, glaube ich, erst mal pur. Bei euch sind ja immer alle Familienmitglieder abgebildet und auf dem Etikett sehe ich jetzt eine Hand, eine Zitrone und eine Hopfendolde. Von wem ist die Hand?

David Hertl: Die Hand ist von meinem Cousin, der hat die größten Pranken. Und dieses Bild ist so entstanden, der hatte im Endeffekt eigentlich einen Schwamm in der Hand und mein Künstler hat im Endeffekt diese Hand abgebildet und hat natürlich den Schwamm durch Hopfendolden und Zitrone ersetzt. Und so ist dieses Bild entstanden. Also mein Cousin ist auch indirekt verewigt in den Produkten.

Markus: Unglaublich!

Holger: Wahnsinn! Jetzt machen wir aber auf.

Markus: Yo!

David Hertl: Das Spannende ist, wir haben lange überlegt und hin und her und wir wollten ein Tonic Water, was für ein Radler auch kombinierbar ist, aber auch zum Gin kombinierbar ist. Und da haben wir uns überlegt: Was machen wir denn, wo setzen wir an? Und das ist ein Tonic Water, was nicht ganz so herb ist wie ein Thomas Henry oder wie die alle heißen, sondern es ist sehr, sehr angenehm zu trinken. Das ist eine nicht süße Zitronenlimonade mit einem bitteren Abgang. Das trifft‘s eigentlich ganz ehrlich und bringt‘s auf den Punkt. Man kann es gut trinken und man hat halt diese Hopfennote von Cascade. Wer irgendwann mal eine Hopfensorte Cascade in der Hand hatte, das ist wie ein Zitronenbonbon. Das ist hier halt eingefangen.

Holger: Nein, das kann man auch wirklich gut nachvollziehen. Das ist ja fast eine Limonade und sie ist eben nicht pappsüß, sondern hat so eine schöne Bittere im Nachtrunk. Markus, was sagst du dazu?

Markus: Ja, bin auch begeistert. Und ich finde es auch gar nicht so einfach. Also ich habe schon viele Versuche erlebt, wie man eben mit Hopfen irgendwie eine Limonade oder ein Wasser oder sowas gestalten kann. Es gibt in Deutschland eine Sorte, die sich so ein bisschen durchgesetzt hat, alle anderen sind gescheitert. Und ich habe in Brasilien noch eine Marke kennengelernt, die das wirklich richtig gut umgesetzt haben, da gibt’s das in Dosen. Aber ansonsten gibt’s das einfach nicht. Und in dieser Form jetzt, dass man es eben auch noch mit dem Gin schön verwenden kann, dass es nicht so süß ist, sondern wirklich einfach schön auch die Bittere repräsentiert, das gibt’s jetzt nur beim David. Und das hat mich schon letztes Jahr begeistert, also auch einfach nur so als Getränk, aber eben auch in der Kombination. Toll!

David Hertl: Kommt auch extrem gut an. Wir waren jetzt auch vor zwei Wochen das erste Mal mit HOP TONIC ausverkauft und ich war vollkommen baff. Mittlerweile haben wir es, glaube ich, ein Jahr oder eineinhalb Jahre im Sortiment. Und das ist halt so immer nebenbei getröpfelt, weil so das der Wingman zum Gin ist, zum Hopfen-Gin. Und dann haben wir uns überlegt auch: Wie geht die ganze Reise weiter? Und irgendwann haben wir wirklich Kunden, wo wirklich gezielt dieses Tonic Water, wirklich eine Kiste, bestellen und nicht einmal den Gin. Und dann war ich auch ein bisschen verblüfft, dass das auch funktioniert. Und das war eben auch der Gedanke dahinter. Und das ist natürlich immer schön, dass wenn ein Verrückter Gedanken hat oder so ein Entwicklerkopf wie ich, der dann irgendwas macht und das eigentlich zweispurig auslegt, dass man es wirklich pur trinken kann, und mit einem Gin, das in der Praxis auch funktioniert, das bestätigt einen dann auch. Das ist so total angenehm. Also total schön, dass man so diese erste Idee wirklich auch in der Praxis umgesetzt bekommt. Das ist ja auch immer die große, große Kunst.

Holger: Ja, ich hatte das ja am Anfang schon gesagt, es gibt ja Heerscharen von Beratern, die sich über Innovationen und neue Ideen und wie man Produkte entwickelt und Produktmarketing macht und wie man die quasi dann im Markt positioniert, und bei der Zielgruppe und alles. Und du, ja, du sitzt einfach in der Küche, denkst dir irgendwas aus, machst es, haust es raus, es ist erfolgreich und fertig. Das ist phänomenal. Also wirklich, ist absolut phänomenal. Und letzten Endes ist das ja auch so, dass du immer wieder auch zeigst, wie offen du bist eben für diese neuen Dinge. Und ich sag mal Gin ist jetzt nicht mein Ding, also mein Ding ist ja Bier, aber es ist ja auch ein Hype gerade um den Gin. Und was machst du denn lieber, Bier oder Gin?

David Hertl: Ganz, ganz klar, ich bin Braumeister und liebe Bier. Aber ich liebe halt auch alles, was irgendwie in der alkoholischen Gärung entstanden ist. Und deswegen finde ich einfach dieses Gin-Thema ein ganz, ganz spannendes Ding. Unser Gin ist ja auch 100 % aus Bier. Das ja das Schöne dran. Das weiß meistens immer niemand, der wird 100 % aus dem „Opa“ gebrannt, also das Bier „Opa“, der wird verbrannt und das ist eigentlich Bier-Brand, der dreifach destilliert wurde und eben dreifach auch mazeriert wurde mit Zitronengras, Hopfen, Malz und Wacholder natürlich.

Holger: Und natürlich auch hier Hallertauer Hopfensorten, Mandarina Bavaria zum Beispiel ist da drin.

David Hertl: Ja.

Holger: Und dann sagst du ja, das ist ein New Western Style Gin. Was bedeutet das?

David Hertl: Ein New Western Style Gin ist ein Gin der neuen Welt im wahrsten Sinne. Also sprich, ein Gin, der nicht klassisch trocken ist wie der London Dry Gin, sondern hat eine leichte Süße, und in dem Fall eben vom Malz bekommt er die leichte Süße und bekommt halt eine extreme Fruchtigkeit. Und der Fokus liegt ganz eindeutig nicht mehr zu 1000 % auf dem Wacholder, sondern auf die Zutaten, die man sonst noch zusätzlich verwendet. Also ein geupdateter London Dry Gin ist das im Endeffekt. Und das gibt’s auf dem deutschen Markt auch nicht. Habe ich in San Francisco kennengelernt und fand ich total weltbewegend gut, weil ich nicht der Gin-Trinker war zumindest, und mittlerweile kann ich mich sehr, sehr anfreunden. Aber dieser New Western Style, was im deutschen Markt eigentlich noch gar nicht vorhanden ist, der ist einfach ein Bier, wo mir einfach total liegt, weil du kannst den auch pur trinken.

Holger: Also „hand made by Hertl“. So Markus, wie würdest du denn gerne weitermachen? Was wäre jetzt, aus deiner Sicht, die richtige Reihenfolge? Wollen wir die Gurken Gose nehmen, wollen wir die „Oma“ kalt trinken oder die „Mutti“ genießen? Ja, also Wahnsinn!

Markus: Es ist wirklich schwierig und regt natürlich auch zu allerlei Wortspielen an. Denn wer hat schon die „Mutti“ und die „Oma“ kaltgestellt? Und naja, egal. Also wir haben ja die Gurken Gose, und die finde ich ja bei Menüs immer ganz spannend, gerade als Aperitif am Anfang. Sie ist natürlich sensorisch schon auch ein Hammer. Trotzdem könnte ich mir es als Überleitung ganz gut vorstellen, weil wir kommen jetzt vom Tonic, was ja trotzdem eine gewisse Süße auch hat, und gehen ja dann zum Bier, wo wir dann uns mit dem ausgewogenen Malzhopfen-Geschehen beschäftigen. Und ich glaube, die Gurken Gose könnte uns da unterwegs quasi nochmal so erden und noch mal völlig anders einfangen aromatisch, sodass wir dann wieder relativ neutral sind für das Bier. Außer ihr sagt jetzt, nee, lieber „Mutti“.

David Hertl: Nee, passt. Hört sich gut an.

Holger: Erst Gurken Gose, dann „Mutti“, wunderbar.

David Hertl: Ja, ganz genau. Hätte ich auch gesagt. Nach Sauerbier kannst du eh alles trinken dann wieder bestimmt.

Markus: Also Gurken Gose, ja, Wahnsinn! Geil auch, dass da draufsteht „Alkoholhaltiger Salat“. Also alles Dinge, über die man sprechen kann. Auf jeden Fall toll, dass es auch noch wirklich aus richtigen Gurken gemacht wird. Davon konnten wir uns vor Ort ja schon überzeugen. Und jetzt machen wir es doch einfach mal auf.

Holger: Und darüber hinaus auch noch World Beer Star Winner. Ich weiß jetzt gar nicht genau in welcher Kategorie, wahrscheinlich irgendwie Experimental Style oder so.

David Hertl: Fruit & Vegetarian Beers, also sprich, die ganzen Krieks, die ganzen Framboise, die ganzen Kirschbiere, Himbeerbier, wie sie alle heißen, die waren da auch in der Kategorie drin. Und da hat die Gurken Gose voll abgeräumt.

Holger: Ich kann nur sagen, wenn ich ins Glas rieche, dann kommt die Gurke so richtig raus. Also im Moment ist ja sowieso Gurkenernte, überall begegnet dir die Gurke. Also Wahnsinn, wie dieses Aroma hier aus dem Glas purzelt. Irgendwie, damit bist du ja auch ein bisschen berühmt geworden mit dieser Gurken Gose. Das hat schon auch irgendwie dazu beigetragen, die Marke Hertl so richtig zu pushen, oder nicht?

David Hertl: Das Verrückte ist, ja, definitiv, also die Gurken Gose war eigentlich eine vollkommene Schnapsidee, besser gesagt eine Bieridee, mit meinem Gurkenbauer meines Vertrauens. Der kam dann irgendwann auf dem Weihnachtsmarkt zu mir, der hat mich damals noch nicht mal großartig gekannt und der hat gemeint: David, ich wurde zu dir weitergeleitet, weil mir gesagt worden ist, wenn du es nicht machst, dann macht’s keiner. Und zwar ich suche jemanden, der mir ein Bier braut aus Gurken. Es gibt alles mit Gurken, aber kein Bier. Bitte ändere das! Und da habe überlegt und gemacht und getan und ich habe Probesude angesetzt und fand einfach den Bierstil Gose dafür prädestiniert wie nur was, weil halt einfach Salz und Koriander schon drin ist als so eine Würze. Und das passt einfach mit der Gurke super zusammen. Wir ballern auch 340 Kilo Gurken auf 10 Hektoliter, als Unmengen an Gurken kommt da drauf. Und das Spannende ist, ihr könnt auf Facebook auf unsere Braumanufaktur Hertl schauen, da haben wir auch gerade ein Video, wo wir diese Gurken reinballern in den Sud. Das ist schon immer wieder eine spannende Geschichte.

Holger: Ich habe mir das Video schon mal angeschaut. Da sieht man halt irgendwie so einen Mixer oder so eine Maschine, die die Gurke schneidet. Darunter ist dann halt ein Sack, wo das alles mit aufgefangen wird, und dann steht da jemand, wahrscheinlich auch irgendein Familienmitglied, und haut da die Gurken rein und so und macht säckeweise das Thema voll. Und das ist ja schon unglaublich.

David Hertl: Ich musste erst mal eine Brauerei finden, die das überhaupt mitmacht. Weil mir wurde es ja irgendwann verboten in Bayern, aber das ist eine längere Geschichte. Dann sind wir nach Tschechien geflüchtet, dann sind wir letztlich in Hagen, und in Hagen beim Vormann haben wir auch eine Sondergenehmigung und dürfen jetzt diese Gurken Gose auch in Deutschland brauen und in Deutschland auch verkaufen. Und das ist eine lange, lange Geschichte, aber das war immer kurios ohne Ende.

Holger: Ja, Wahnsinn!

David Hertl: Und die Gurken Gose hat mich wirklich, die begleitet mich seit sechs Jahren, sechseinhalb Jahren jetzt. Wir sind, glaube ich, da beim achten Sud oder neunten Sud. Entweder man liebt es oder man hasst es, weil das ist wirklich ein Bier mit extrem viel Charakter. Ich sage immer ganz gern: Sauer, salzig, verrückt. Darauf muss man sich einstellen und Bier im Kopf ausschalten, wenn man ein konservativer Biertrinker ist, und dann funktioniert das. Das hat eine Säure wie ein Weißwein. Und das hat schon was, auf jeden Fall Power.

Holger: Absolut! Ich stelle mir gerade vor, ich hole hier jemand von der Leopoldstraße ganz kurz hier rein und sage: Hey! Magst du ein Bier und so? Und schütte ihm dann die Gurken Gose ein. Dann krieg ich wahrscheinlich erst mal eine geschallert, also das glaube ich schon. Ja.

David Hertl: Das kann passieren.

Markus: Auf jeden Fall, also ich kann mich erinnern, ich habe das ziemlich am Anfang, als es sie gab, da habe ich für die Tourismusbehörde Bamberg eine Verkostung gemacht mit so Bierverrückten, angeblichen zumindest, aus Amerika, und habe dann beschlossen: Okay! Dann fangen wir auch wirklich verrückt an. Und habe ihnen eben als Entree die Gurken Gose gekühlt im Sektglas serviert. Und da sind die echt erst mal aus den Latschen gekippt. Also sowas kannten die auch noch überhaupt nicht. Und ja, es polarisiert, aber es ist total spannend. Es zeigt Leuten auch, was Bier alles sein kann. Ich denke mal, es ist eine doppelte Geschichte, weil einerseits lernen die Leute Bier neu kennen und andererseits lernen sie auch kennen, dass zum Beispiel so eine Gurke nicht unbedingt nur das Salatfrüchtchen ist, sondern dass die einfach auch eine Süße hat, dass die ein sehr schönes eigenes Aroma hat. Wenn man insgesamt schaut, dann könnte man da auch so Richtung Guave denken, Apfel und solche Sachen, sind da aromatisch eben in so einer Gurke auch mit drin. Das ist halt einfach eine tolle Frucht, mit der man viele, viele schöne Sachen machen kann. Und diese Idee, da ein Bier draus zu machen, finde ich echt toll. Und ich persönlich finde auch das Aroma sehr erfrischend. Also gerade als Anfang für ein Menü finde ich das total schön, weil es schließt auf, es begeistert, es macht neugierig, und es macht hungrig. Und das ist ja für so ein Menü auch total gut.

Holger: Ja, und darüber hinaus macht es auch offen im Kopf. Wenn man das dann entsprechend anmoderiert und sagt halt: Mensch, passt auf! Öffnet euch mal. Das hat jetzt nichts mit einem normalen Bier zu tun, aber ich möchte euch gerne vorführen, was Bier eben alles sein kann, so wie du gerade schon gesagt hast. Dann öffnest du einfach auch die Köpfe, also das Denken wird dann frei. Und das ist doch auch großartig, wenn man sagen kann: Mensch, was kann so ein Getränk alles auch mit Menschen machen in Verbindung mit der richtigen Speise oder mit der richtigen Situation und so. Und das ist schon eine großartige Geschichte. So!

Markus: Ich habe noch eine Frage für die Nerds unter den Zuhörern: David, wann kommt diese Gurke ins Spiel? Also wird die mit eingemaischt oder wird die mit geläutert oder wird die gestopft oder gärt die mit oder wann taucht die auf im Prozess?

David Hertl: Für die ganzen Bier-Nerds da draußen, das ist im Endeffekt ein ganz unkomplizierter Prozess, wenn man es ganz ehrlich betrachtet. Es ist gebraut wie ein Wet Hop IPA, also sprich, die Gurken werden im Läuterbottich, nachdem man abgeläutert hat und die Würze gekocht hat, werden die Guten im Läuterbottich vorgelegt und nach dem Würze kochen kommt dann die ganze Würze nochmal in den Läuterbottich und im Läuterbottich wird das Ganze nochmal geläutert durch die Gurken. Und dann wird es erst im Whirlpool weitergeleitet. Und das ist im Endeffekt die ganze Idee dahinter. Da kriegt man auch diese unglaubliche Menge an Gurke verarbeitet, weil es ja genauso viel ist wie Malz, wo reinkommt. Und dann funktioniert das und macht auch Spaß und man kriegt auch die Gurken wieder raus. Und deswegen hat es so ein leichtes Koch-Gurkenaroma, von eingeweckten Gurken ein bisschen in die Aromatik, ein bisschen ausgekochte Gurken. Deswegen bekommt man diese Aromatik.

Holger: Also ein Nachguss-Gurkenbier sozusagen.

David Hertl: Ein Nachguss-Gurkenbier. Und wer da noch Fragen hat, einfach eine E-Mail schreiben. Ich bin da relativ offen. Oder einfach auf Facebook schauen. Wir haben da sowas von viel gefilmt, dass da jeder Hobbybrauer oder so sich da Ideen rausziehen kann. Wir machen da kein Geheimnis draus.

Holger: Jetzt verkosten wir einfach mal die „Mutti“. Wunderbar!

Markus: Frische „Mutti“ um halb Zehn. So!

David Hertl: Die „Mutti“ ist relativ früh abgefüllt worden.

Holger: Das ist so schön, David, alles. Also unglaublich! Man muss fast eine Warnung aussprechen. Der Podcast ist vielleicht gar nicht für s Autofahren geeignet, weil man sich so kaputtlachen muss über diese Wortspiele mit „Opa“ und „Mutti“ und „Oma“ und weiß ich nicht. Also da müsst ihr ein bisschen vorsichtig sein, wenn ihr Auto fahrt. Schön das Lenkrad festhalten und sich nicht wegschmeißen im Auto.

Markus: Hat ja nicht jeder eine „Oma“ im Kühlschrank.

Holger: Nee, nee, hat nicht jeder eine „Oma“ im Kühlschrank. So! Ich find’s großartig, weil es ist so ein richtig schönes Helles ohne viel Schnörkel. Der Markus hat es vorhin auch schon gesagt, es ist ja auch so ein bisschen ein Trend. Also das Helle kommt ja gerade ganz stark, jeder macht Helles und so. Und ich habe mir jetzt extra für dieses Helle einen Willibecher bereitgestellt und wenn man jetzt so diesen Willibecher in der Hand hält, dann ist das einfach eine schöne, schöne Sache. Also das ist so eine schöne helle Schaumkrone und so eine Hefetrübe, eine goldene Farbe im Glas, der Geruch, der ist so ein bisschen getreidig, malzig, aber auch leicht fruchtig so.

David Hertl: Ja.

Holger: Und wenn man dann so den Antrunk hat, dann fast eine Honignote, vermute ich ein bisschen. Ich weiß nicht, habt ihr die auch, so eine leichte Honignote?

Markus: Ja.

David Hertl: Ja, ganz genau. Es ist ein charakterstarkes Helles, weil es auch komplett naturtrüb ist. Also man hat halt auch die ganze Hefe­-Aromatik, die Hefe-Fruchtigkeit mit dabei, und vor allem den Body von der Hefe. Also man bekommt den Körper von der Hefe mit ins Glas und den schmeckt man auch. Und Hefe ist einfach ein geiles Produkt, deswegen ist auch kein einziges Bier bei uns filtriert.

Holger: Ja.

Markus: Und was ich ganz coolfinde, ist, wir haben jetzt in den BierTalks auch schon ganz viele so südbayerische Brauereien erlebt, die sich dann in ihren Versuchen, ein Helles oder Kellerbier oder irgend sowas zu machen, eher so an die fränkische Tradition anlehnen. Hier, finde ich, ist es fast ein bisschen anders. Das ist eine sehr clevere, schöne Adaption von einem klassischen Münchner Hell. Hat die Drinkability, die Cremigkeit, das gesamte Aroma, also das finde ich sehr nah dran, wie wenn ich jetzt überlege, ich sitze im Augustiner. Und das finde ich auch schön, also dass man da die Charakteristik wirklich sehr schön rüberbringt und eben nicht zu sehr in so diese fränkische Ecke schiebt. Also das finde ich ganz, ganz schön.

David Hertl: Ja, man muss auch dazusagen, in Franken eine Brauerei zu gründen ist so eine der dümmsten Ideen, die man haben kann als Unternehmer. Und dann muss man sich natürlich ein bisschen absetzen von der Menge, wo man hier an Bier hat. Und da orientiere ich mich gern auch international oder regional oder deutschlandweit komplett. Das ist im Endeffekt, die Basis ist Münchner Helles, aber mit mehr Malz-Body, mit ein bisschen Karamellmalzen gespielt. Und auch vor allem mit der Trübe gespielt, ist ziemlich trüb auch im Glas, wenn man die Hefe mit reinnimmt. Und das macht halt auch Spaß und das bringt einfach viel Geschmack mit sich, was ein Helles eigentlich weniger hat.

Markus: Genau. Und dann habe ich jetzt noch eine Frage an den Holger. Hintendrauf steht nämlich „Wer Mutti Vroni kennt, liebt sie“. Nun hast du sie ja neulich mal wieder richtig gut kennengelernt. Kannst du das bestätigen?

Holger: Es ist eine Wucht. Das kann man einfach nur sagen. Es ist eine Wucht. Eine Wucht an Frau, eine Wucht an Köchin, eine Wucht an Gastfreundschaft, also so viel Herzlichkeit, wie ich da erlebe, wenn ich ab und zu mal da bin, das kann man gar nicht beschreiben, das kann man sich gar nicht vorstellen. Und sie ist ja hier auf dem Etikett auch abgebildet. Und ich finde auch, sage ich mal, die Art und Weise, wie du die Produkte eben künstlerisch auch da begleiten lässt, und auch die Haptik vom Etikett, also das ist fast wie so ein, weiß ich nicht, wie so ein Umweltpapier. Ich weiß nicht, ob es das auch wirklich ist, aber ich finde die Haptik vom Etikett auch so schön. Und das macht euch sympathisch. Und wenn man euch auch in Summe erlebt, also jetzt die Familie ja sowieso, aber auch die beiden Lehrlinge oder der Jimmy, ja, der Jimmy, der Brauer-Auszubildende aus Amerika, der schon über 50 ist und wahrscheinlich der älteste Brauer-Azubi der Bundesrepublik Deutschland, also das ist einfach genial. Ihr müsst dahin, ihr müsst dahin. Oder die Garagentore, wie die bemalt sind. Man kann es auch gar nicht verfehlen. Ich weiß gar nicht, ich bin jetzt schon wieder hier am Rumschwärmen. Eigentlich müssen wir ja weitermachen. Und womit machen wir eigentlich weiter?

Markus: Ich sag vielleicht noch einen Satz zur Mutti. Ich glaube, das Geheimnis ist, das trifft ja letzten Endes auf die ganze Familie zu, aber wenn man da ankommt, man ist sofort irgendwie aufgenommen. Als es ist dann eben nicht nur die Mutti vom David, sondern ein bisschen ist es auch deine. Das bringt sie so rüber und das bringt auch der Rest der Familie rüber, und dann bist du eben sofort Teil des Geschehens. Und das macht unheimlich viel und macht natürlich auch die ganze Marke sympathisch und die Biere sympathisch. Und ich glaube, das ist auch so was, wo man wirklich diese fränkische Herzlichkeit, die es nicht immer gibt, aber da auf jeden Fall gibt, wirklich erleben und lieben und schätzen lernen kann.

Holger: Unbedingt! Es steht ja auf der Flasche „Mutti‘s Sonnenschein / Die Helle!“. Mehr Mehrdeutigkeit gibt’s ja gar nicht. Aber jetzt, was machen wir jetzt? Jetzt müssen wir weitermachen, Jungs.

Markus: Auf die „Oma“!

David Hertl: Ja, jetzt müssen wir die „Oma“ aufmachen.

Holger: Okay! Dann auf. Und wir machen die „Oma“ auf. Erst haben wir die „Oma“ abgefüllt und jetzt löschen wir sie weg.

Markus: Abgefüllt, in den Kühlschrank gestellt, kaltgestellt sozusagen, kaltgemacht, jetzt wieder rausgeholt und aufgemacht.

David Hertl: Und die „Oma“ ist unser neuester Zugang, der jüngste Zugang im wahrsten Sinne. Die „Oma“ ist ein bernsteinfarbener hopfiger Bock. Kein 100 % klassischer Bock, weil es einfach so ein richtig schöner malzbetont, aber auch hopfenbetonter Bock ist. Und der Bock hat richtig viel Power, der hat 6,5 %. Aber das Gefährliche ist, das merkt man nicht. Deswegen haben wir es auch „Oma‘s Betthupferl“ genannt, weil dieser Bock hinterfotzig ist. Der zieht dir dann irgendwann die Beine weg und du musst schlafen.

Markus: Genau, richtig für die Uhrzeit. Wahnsinn!

Holger: Nee, und auch da, also die Wahrheit steht ja drauf, da steht drauf „Die Starke“. Auch wenn man jetzt den Alkohol nicht wirklich spürt, also das kann ich nur bestätigen, das ist so ein richtig schönes, rundes ausbalanciertes Bier, wo man sich wohlfühlt mit, also ein richtig schöner Bock halt. Aber es steht ja drauf, „Die Starke“. Da kann keiner meckern, wenn er dann doch irgendwie eine Überraschung erlebt.

Markus: Und wir sind jetzt natürlich dann doch mitten in der fränkischen Tradition. Das ist im Grunde die starke, kräftige Version von einem klassischen Kellerbier, also schöne Malzaromen, Karamell, Honig, das Alkoholische kommt natürlich auch irgendwo rüber, ist ein bisschen brotig. Also ganz, ganz intensiv auf der malzigen Seite hinten raus, so eine schöne, dezente Bittere, die das schön abrundet, sodass der Alkohol dann auch wieder gut eingebunden ist. Vom Optischen her wunderschöne Farbe, der Schaum ein bisschen cremig, also ganz, ganz tolles Bier. Und wie gesagt, da dann natürlich voll in der fränkischen Tradition. Wie lange arbeitet man an so einem Rezept, David?

David Hertl: Das hat ziemlich lange gedauert. Wir mussten uns erst mal überlegen: Was wird die „Oma“? Und das ist der härteste Gedanke, weil da hast du Helles, Kellerbier, Weißbier, und dann wollten wir irgendwie Radler oder das oder Märzen oder ein Export oder ein Pils oder sowas, und haben viele, viele Ideen gehabt, viele Sude gebraut, und haben uns überlegt, für was steht Franken? Franken steht für Bockbier. Und da habe ich mir überlegt: Hey! Machst du einen Bock. Und dann haben wir lange, lange, lange noch mal überlegt, bis wir überhaupt ein gutes Rezept hatten. Und der Name, der hat eigentlich am längsten gedauert. Also „Oma‘s Betthupferl“ hat am allerlängsten gedauert. Das hat, glaube ich, ewig gedauert, bis wir einen geilen Namen hatten, wo wir sagen, hey, das passt in die Linie und es wird auch das verkauft. Der Kunde erwartet dann auch wirklich ein Starkbier, „Die Starke“, und das passt halt auch bei meiner Oma richtig, richtig gut dazu. Wir haben den ganzjährig im Sortiment. Also ich will den gar nicht missen, weil es gibt eben viele Brauereien, die den Bock eben nicht ganzjährig haben. Und ich wollte aber immer einen Bock, wenn ich Bock drauf habe.

Markus: Jetzt steht da hinten drauf „Oma macht alle satt“. Also eigentlich macht ja „Mutti“ schon alle satt, so prinzipiell gesehen und nicht zuletzt mit ihren wunderbaren Kuchen. Ist es denn deine mütterliche oder väterliche Oma?

David Hertl: Meine väterliche Oma. Und die backt und kocht und macht. Und die ist ähnlich wie meine Mutti auch von der Herzensgelegenheit. Also die packt einfach den Tisch voll und du bist eigentlich immer überfressen. Weil jeder kennt’s ja, wenn man bei der Oma war, da geht man nicht hungrig heim oder sowas, das geht gar nicht. Kriegst noch ein Goodie da, ein Goodie da. Und wenn du schon vollgefressen bist, gibt’s noch was oben drauf und dann kannst du dich eigentlich immer meistens rollen danach.

Markus: Vorher gefragt, ob du sie verewigen darfst?

David Hertl: Alle Etiketten, alle Biere sind mit den jeweiligen Personen komplett abgestimmt. Und die Rezepte wurden nach deren Auffassung so abgeändert, dass sie wirklich dahinterstehen können. Die Oma trinkt jetzt nicht jeden Tag Bockbier, muss man auch dazu sagen. Abe die findet das total genial, schmeckt super. Die trinkt dann halt bloß eine halbe Flasche, die andere halbe Flasche dann für den nächsten Tag. Das ist schon krass und ehrlich bei meiner Oma. Und die Etiketten-Freigabe, die haben wir natürlich nur mit den jeweiligen Personen. Weil wenn die sagen, hey, ich gefalle mir auf dem Bild nicht, dann ist es eine große Katastrophe, wenn ich da Bier reinfülle. Deswegen ist auch bei der „Mutti“, wer die „Mutti“-Flasche grad vor sich hat oder in der Hand hat, „Mutti“ ist auch zufälligerweise aus unerfindlichen Gründen 20 Jahre jünger gemacht worden auf dem Etikett. Aber das darf man ihr nicht sagen.

Markus: Das hat sie jetzt auch nicht gehört. Also auf jeden Fall strahlt sie immer wie der absolute Sonnenschein. Und das ist da auch gut eingefangen und das erlebt man immer genau so.

Holger: Du kannst ihr von mir einen schönen Gruß bestellen. Also sie strahlt so vom Herzen, die ist immer schön, also egal wie alt sie ist. Also das musst du ihr sagen.

David Hertl: Ja, ja. Um Gottes Willen. „Mutti“, die nimmt das total sympathisch auf. Also die ist da nicht eingeschnappt, wenn man da ehrlich ist. Also das ist ja das Schlimmste, was es gibt, wenn man dann eingeschnappt ist. Weil die wollte es ja so, und so hat sie es bekommen. Und wenn sie glücklich ist, dann bin ich auch glücklich und dann passt die Sache. Das Etikett ist ja auch wunderschön geworden, also muss man auch ganz, ganz klar sagen. Und das passt alles.

Holger: Vielleicht willst du noch zwei, drei Worte auch zum Künstler verlieren. Weil du hast ja sogar auch so KÜNSTLER-EDITIONEN, also mit bestimmten Etiketten. Also vielleicht sagst du da noch mal ganz kurz dazu: Wer ist das eigentlich? Wie seid ihr zusammengekommen? Wie seid ihr auf die Idee gekommen? Und warum gibt’s jetzt KÜNSTLER-EDITIONS-Bier?

David Hertl: Das war eine ganz witzige Geschichte. Der Künstler ist erst mal Simon Schacht aus Würzburg. Der ist eigentlich Graffiti-Sprayer und ein bisschen künstlerisch affin. Und der war Stammkunde bei uns, hat immer Bier gekauft. Vor mittlerweile sieben Jahren war das, da haben wir uns kennengelernt. Und der hat dann immer gesagt, David, dein Bier ist unglaublich gut, aber deine Etiketten sehen richtig scheiße aus. Gib mir bitte mal fünf Kisten Bier mit und dann lasse ich mir das mal durch den Kopf gehen. Und dann ist auf einmal der „Opa“ entstanden. So haben wir weitergesponnen bis heute noch. Ist auch mittlerweile ein Mitarbeiter hier und macht einen supergenialen Job und macht halt neben den Etiketten auch das Graffiti und das ganze Zeug und die ganzen Hauswände bemalen. Also wer mal hier ist, es sind eigentlich jedes Jahr mindestens zwei neue Graffitis zufälligerweise an der Wand.

Markus: Tätowieren tut er aber nicht auch noch, oder?

David Hertl: Natürlich tätowiert er auch.

Markus: Nein. Unglaublich!

Holger: Markus, das wäre doch mal was. Also du würdest dir quasi mehrere Bier-Brands auf deinen Körper tätowieren lassen und Hertl ist ganz vorne auf der Brust ganz groß.

Markus: Rund um den Bauchnabel.

David Hertl: Du wärst dann der Hertl Wingman.

Markus: Das kann dann mitwachsen.

Holger: Jetzt haben wir nur noch ein Bierchen. Um Gottes Willen, das ging jetzt aber doch irgendwie schnell. Ja, das ist ja doof. So ist es, oder? Also jetzt kommt der „Vater und der Sohn“.

David Hertl: Ja, der “Vater & Sohn”, nicht erschrecken, der kann minimal Gushing haben. Also von daher, der hat einfach so viel Power drin. Da ist mir ein bisschen Zucker noch nachvergoren teilweise, aber ich glaube, bei der Charge jetzt nicht mehr. Das waren nur 30 oder 40 Flaschen. Das war so ein Fässchen, wo in der Ecke stand und wo jeder irgendwie vergessen hat. Und das haben wir dann aus Versehen abgefüllt. Nur aufpassen, weg von der Tastatur! Safety First!

Markus: Das hat ja noch so eine schöne goldene Kappe, die muss man ja eh erst mal wegmachen. Aber danke für den Tipp.

Holger: Vielleicht zwei Worte zum Thema Gushing noch. Gushing bedeutet, dass wenn man die Flasche aufmacht, ich mach sie mal auf, und ja, es kommt raus und wie. Gushing bedeutet dann halt einfach, dass das Bier aus der Flasche raussprudelt und möglicherweise den ganzen Tisch versaut oder die Tastatur, wenn man nicht aufpasst. Aber ich habe jetzt aufgepasst, der ganze Raum ist jetzt voll von diesem Wein-Bier-Hybriden. So intensiv jetzt hier gerade vom Geruch, das kann man sich gar nicht vorstellen. Wenn ihr das jetzt riechen könntet, müsste man das Thema Wein & Bier Hybrid gar nicht erklären. Aber erkläre es mal, David.

David Hertl: Ja. Wein-Bier-Hybrid, das hat auch lange gedauert, bis wir da eine ordentliche Rezeptur hatten. Aber letztlich nehmen wir vom Winzer Traubensaft, also sprich, frisch gekelterten Traubensaft, wo ja jetzt theoretisch die Hefe auch dazugegeben wird. Und nehmen in der Brauerei frische Bierwürze, also sprich, Bier ohne Alkohol, Karamalz mit Hopfen, das ist im Endeffekt letztlich das Produkt. Dann kommt eine Bierhefe mit rein, dann wird der Traubensaft und der Biersaft, auf Deutsch gesagt, zusammen vermengt und zusammen vergoren. Und in dem Fall wurde es auch noch mal drei Monate lang ins Medium Toast amerikanische Weißeiche-Fass gelegt. Und deswegen hat es auch ziemlich viel Tannine auch drin. Also das macht richtig Spaß. Also hat 9 % und wird alles zusammen vergoren. Ist etwa ein dreiviertel Jahr lang gelagert worden und dann abgefüllt worden. Und jetzt haben wir noch die letzten 40, 50 Flaschen und wir sind grad schon wieder am nächsten Wein-Bier-Hybriden dran. Aber das ist noch eine Überraschung in der nächsten Zeit.

Markus: „Vater & Sohn“ und die Domina, also so heißt die Rebsorte. Und ich finde auch die Farbe ja unglaublich gut. Man muss sich das vorstellen, es ist so wie, wenn man so Schwarzkirschen hat, also sehr, sehr dunkel, fast schwarz. Aber dann eben so ein rötlicher Schimmer, der sich dann so durchzieht. Und auch der Schaum hat diesen leicht rötlichen Touch, und im Geruch ist es dann schon recht weinig, finde ich. Also da kommen die Trauben richtig gut rüber. Und ja, einfach eine faszinierende Geschichte, wo man einfach merkt, diese beiden Getränke passen schon auch gut zusammen, wenn man das gut macht.

Holger: Bei mir ist es so, es ergießt sich immer noch.

Markus: Meine war ganz brav.

David Hertl: Die Problematik ist, wenn zu viel von den Ablagerungen im Fass mit reinkommen, dann hat das einfach zu viel Schwebstoffe drin. Und dann kann es eben, witzigerweise eben jetzt beim Markus gar nichts, und das war ja die gleiche Flasche aus dem gleichen Regal, beim Holger hast du auf einmal Gushing. Da hast du einfach zu viel Trübstoffe mit reinbekommen und die erzeugen dann letztendlich ein bisschen Gushing. Das ist nicht mal eine Nachvergärung in der Flasche, sondern wirklich nur, weil die Partikel sich reiben und dann die Kohlensäure rauskommt. Das explodiert nicht, aber es ist halt komisch. Aber das Ding ist trotzdem genial. Also das Bier ist einfach der Hammer.

Markus: Das ist halt Natur.

David Hertl: Ja, ist Natur.

Holger: Ja, das ist Natur, und der Raupach, der guckt so böse.

Markus: Was?

Holger: Da bleibt das Bier natürlich in der Flasche. Da hat es Angst rauszukommen. Und bei mir denkt sich das Getränk: Oh! Ich bin beim Holgi, jetzt darf ich raus, ich komme raus, ich komme raus. Und deshalb ist das bei mir so gewesen.

Markus: Ich glaube ja eher, dass bei mir das Bier einfach gesehen hat, wie ich mir das Etikett angeschaut habe. Und sieht man ja praktisch Vater und Sohn gegenüber, aus den Augen strahlt dann praktisch so die Energie. Und beim David konzentriert sich das in der Hopfendolde und beim Vater dann in der Weinrebe. Und beides zusammen trifft dann in der Mitte und hat dann eben so dieses Zusammenkommen, vereinigt sich und hat ganz viel Energie. Und ich glaube, da war das Bier noch sehr beeindruckt und hat sich deswegen zurückgehalten und ist eben sehr anständig ins Glas gelaufen.

Holger: Ja, wahrscheinlich, wahrscheinlich war es so. Aber das Etikett finde ich besonders genial, wenn ich das mal so sagen darf. Und dein Vater ist auch genauso großartig getroffen wie du selbst. Also der kann das. Da muss man erst mal draufkommen. Also, dass ihr euch beide in die Augen schaut, auf Augenhöhe euch begegnet, also das ist ja auch nicht so einfach in einer Manufaktur mit Vater und Sohn, sich täglich zu begegnen und so. Der eine muss dann ein bisschen zurückstehen, muss den anderen machen lassen. Und all das, was da im Etikett mehr oder weniger aus der Wirklichkeit herüberkommt, ist sehr beeindruckend, finde ich. Ganz toll, wirklich ganz toll, „Vater & Sohn“.

David Hertl: Ja, das Etikett soll auch ein bisschen, dass ich gerne mit meinem Vater diskutiere. Und dass da die Laserstrahlen aus den Augen feuern und manchmal auch zu Explosionen kommt.

Markus: Aber trotzdem, glaube ich, kommt ihr immer zu einer konstruktiven Lösung am Ende. Und das finde ich schon gut. Ich glaube, da ist mittlerweile auch ein gewisses Vertrauen gewachsen. Ich kann mich noch erinnern, wo ich das erste Mal bei euch war, das ist jetzt doch schon zehn Jahre her oder so, da hattet ihr ja gerade aus einer Bohrmaschine eine Malzmühle gebaut. Und da hat mir auch der Vater dann ganz stolz erzählt, wie ihr das gemacht habt und getüftelt habt, und das dann irgendwie hinbekommen. Und das war ja alles, wie man so schön sagt, komplett Hands-on. Und ich glaube, das ist, was bei euch einfach gewachsen ist, dass ihr beide wisst, okay, wir kriegen es hin und wir haben gute Ideen und am Ende wird es funktionieren und wir gehen vielleicht nicht den ganz normalen Weg und wir haben vielleicht auch schräge Ideen und wir haben da aber auch Respekt voreinander und am Ende klappt das aber und wir halten zusammen und ziehen an einem Strang. Und das, finde ich, merkt man in der Kommunikation und auch bei den Produkten und wenn man euch so erlebt.

David Hertl: Ich glaube, mein Unternehmen hätte sich nie so entwickelt, wenn ich nicht den Background von meiner Family hätte, wenn die nicht irgendwie alle irgendwas machen würden. Und das ist halt eine geile, sympathische Geschichte und dann funktioniert das. Und wir arbeiten alle zusammen und wir stehen nicht nur auf den Etiketten drauf, sondern das ist ja auch in echt so. Und dann macht das Ganze Spaß einfach. Das ist einfach ein Miteinander und kein Gegeneinander. Klar, gibt’s Reibungspunkte, wir sind eine ganz normale Familie wie jede andere auch. Nur, dass wir halt Bier machen.

Markus: Ihr habt viel Respekt und Wertschätzung letzten Endes füreinander. Und das ist, glaube ich, einfach gut. Und dann kommt eben sowas auch auf Augenhöhe raus und eben nicht in irgendeinem komischen Verhältnis. Und das hilft dann, glaube ich, auch.

David Hertl: Und du wirst auch geerdet. Also du kannst hier nicht arrogant werden, das haut nie hin. Also du kriegst dann sofort wieder von der Mutti eine gewäschert sprichwörtlich und dann kommt man wieder auf den Boden zurück und überlegt: Hey! Ist das jetzt wirklich eine gute Idee, was ich da gerade im Kopf habe, was meine Mutter und mein Vater alles schlechtfinden? Da muss man einfach darüber reden und dann funktioniert das ganz gut.

Holger: Dann machst du ja auch noch Seminare. Das können wir vielleicht auch noch ganz kurz erwähnen. Und wenn das dann so ist, dann wird ja auch dann bei euch zu Hause gekocht und alle sitzen an einem Tisch. Und das ist ja auch was ganz Besonderes.

David Hertl: Wir machen Brauseminare, BBQ Bierseminare, Gin Tastings, Firmen-Veranstaltungen, Junggesellen-Seminare und, und, und. Also alles, was mit dem Thema Bier zu tun hat, Bier, Gin, BBQ, das können wir ganz gut. Wir können auch gut Schäuferle machen. Also im Brauseminar gibt’s auch komplett das ganze Programm. Wir arbeiten ja auch, ein halbes Jahrzehnt ist es, glaube ich, mindestens, …

Markus: Mindestens.

David Hertl: … wo wir mit der BierAkademie zusammenarbeiten, und das funktioniert einfach genial. Und die Brauseminare von der BierAkademie finden auch bei uns statt und das ist halt einfach eine Win-Win-Situation. Und deswegen freue ich mich auch, dass ich heute euer Gast sein darf, weil wir halt wirklich auch uns alle schon ewig kennen. Also wir waren erst letzte Woche zusammengehockt beim Essen in der Brauerei und dann kam ja die bierige Idee, dass wir ja einen Podcast zusammen machen können. Und das ist halt einfach so eine schöne Situation, die einfach Spaß macht. Es ergibt sich alles, wenn man mal drüber redet und sich sympathisch ist.

Holger: Ich kann nur sagen, es war uns eine Freude und eine Ehre, dass du dabei warst. Vielen Dank für deine Zeit und für die spannenden Geschichten aus deinem Alltag. Das war richtig toll. Danke schön!

Markus: Und ich kann nur sagen, ich freue mich schon, wenn wir dann irgendwann mal wieder einen Teil machen und hat dann vielleicht den „Enkel“ und den „Urenkel“ und die „Uroma“ und den „Schwippschwager“ oder was weiß ich was alles noch im Glas. Da wird bestimmt noch Spannendes kommen. Danke David!

David Hertl: Ich danke euch auch und wünsche allen Bierverrückten da draußen, kommt einfach mal vorbei. Wenn ihr mich noch nicht kennt, dann lernt mich kennen. Und das ist keine Drohung.

Markus: Doch, ihr werdet ihn kennenlernen.

David Hertl: Ich wünsch euch was. Ciao, ciao! Schöne Grüße aus Franken!

Markus: Ciao!

Holger: Genau. Und wer nicht brav ist, wird abgefüllt. Tschüss!

Markus: Tschüss!

David Hertl: Ciao!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 32 – Interview mit Oliver Wesseloh, Kreativbrauerei Kehrwieder, aus Hamburg

Er gehört definitiv zu den Pionieren der deutschen Craftbrauer-Szene: Oliver Wesseloh aus Hamburg. Einst in die Welt ausgezogen, um in der Karibik Bier zu brauen, verkaufte er schließlich Brauanlagen in ganz Amerika und beschloss am Ende, nach Hause zurückzukehren, um in Hamburg quasi aus einer Molkerei eine Brauerei zusammenzuschrauben – und Weltmeister der Biersommeliers zu werden. Doch die Anfänge liegen bereits in der Jugend des sympathischen Nordlichts, das mit Holger Hahn und Markus Raupach stolze sechs Biere in 45 Minuten verkostet – sportlich, aber machbar – und sehr unterhaltsam…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres BierTalks, heute Nummer 32. Wir sind wie immer weit gereist. Wir, das sind erst mal ich, der Markus, und …

Holger: … der Holger.

Markus: Also Bamberg und München. Wir sind weit gereist, nämlich bis nach Hamburg, um einen guten alten Freund dort kennen zu lernen oder mit euch kennen zu lernen, damit ihr ihn kennenlernen könnt, nämlich den Olli Wesseloh, der mit seiner lieben Frau Julia am Mikrofon sitzt. Und da sagen wir doch gleich mal: Hallo Olli! Und vielleicht stellst du dich kurz mal unseren Hörern vor.

Oliver Wesseloh: Moin Markus! Moin Holger! Vielen Dank für die Einladung! Julia und Oliver Wesseloh von der Kehrwieder Kreativbrauerei aus Hamburg, Brauer jetzt seit über 27 Jahren, seit 2011, da haben wir angefangen, die Kehrwieder Kreativbrauerei aufzubauen. Wir machen das zusammen als klassischen Familienbetrieb.

Markus: Also der Auftakt von einer Sache, die dann auch viele Generationen vielleicht andauert, wie das bei vielen Brauereien ja schon so ist, die es gibt. Ich habe neulich jetzt auf Facebook mal ein Foto gesehen von auch so anderen, die so in deiner Zeit angefangen haben und drunter hat dann einer kommentiert: Ob’s denn jetzt schon Planungen gibt für ein Altersheim für die ersten Craft-Brauer. Was würdest denn du so jemandem antworten?

Oliver Wesseloh: Den Post habe ich auch gesehen, fand ich auch sehr, sehr lustig. Weiß ich nicht, also wenn ich mir manche Leute angucke, habe ich nicht das Gefühl, besonders alt zu sein. Manchmal fühle ich mich so, aber nein, alles gut. Es ist eine schöne Szene, und ich glaube, da haben wir noch viel zu erleben. Ich habe nicht das Gefühl, dass diese erste Generation zum alten Eisen gehört. Altehrwürdig vielleicht bei vielen, aber ja.

Holger: Olli, der Bart ist grau und …

Oliver Wesseloh: Das stimmt.

Holger: … das bedeutet Erfahrung, maximale Erfahrung. So ist das.

Oliver Wesseloh: Genau.

Markus: Und es gibt ja eigentlich ein Bier, das für dich wirklich steht, dass du ja auch erfunden hast, auch vom Namen her, das ist der so genannte Prototyp. Hast du Lust, wollen wir vielleicht mit dem mal in unsere Verkostung einsteigen?

Oliver Wesseloh: Na klar, sehr gerne. Ist immer ein gern genommener Opener in Verkostungen von mir, weil es halt eben auch unser erstes Bier war. Ich glaube, im Januar 2013 haben wir den gebraut, nachdem wir dann lange Zeit nach einem Standort gesucht hatten und erst mal noch nicht fündig geworden sind. Haben wir dann einfach, das ist das Schöne an der Bierszene im Allgemeinen, dass die ja sehr dörflich ist, man kennt sich untereinander, und haben dann bei einem Freund in Dänemark, wo sich zur damaligen Zeit die Craftbier-Szene schon viel weiterentwickelt hatte, gesagt, fahren wir mal hin und machen mal ein erstes Bier, während wir noch am Standort suchen und Anlage bauen sind, um einfach mal auch zu gucken, wie die Leute darauf reagieren, ob unsere Ideen funktionieren oder nicht.

Markus: Jetzt haben wir es uns ja schon ein bisschen eingegossen, aber ich glaube, wir müssen noch mal ganz kurz eins vorher springen für die Hörer, die dich nicht kennen. Also du sprichst jetzt schon von der Standortsuche und so weiter, da sind wir ja im Grunde schon bei der Errichtung oder Einrichtung von einer Brauerei. Vielleicht, wenn wir da noch einen Schritt zurückgehen: Wie kommst du überhaupt zum Bier? Wie kommst du überhaupt nach Hamburg? Und wie war dann diese erste Idee, das dann umzusetzen?

Oliver Wesseloh: Es gab nicht diesen ersten Schlüsselmoment. Also Bier war einfach immer das Getränk, das mir getaugt hat, also dem Zeitpunkt, wo man Biertrinken vielleicht anfängt. Und habe dann durch einen Schüleraustausch mit einem kanadischen College die Inspiration bekommen, da tatsächlich auch beruflich was zu machen. Und zwar waren die Kanadier zuerst bei uns in Hamburg zu Besuch, also ich bin Hamburger gebürtig, so wie meine Frau Julia. Wir haben die in Hamburg vom Flughafen abgeholt, haben die gefragt, Leute, wie sieht das aus, wollt ihr heute noch was machen oder seid ihr platt, wollt ihr duschen und pennen gehen? Die sagten: Nee, nee, wir wollen heute unbedingt zwei Sachen machen, wir wollen die Reeperbahn sehen und wir wollen deutsches Bier trinken gehen. Alles klar! Beim Rückweg vom Flughafen dann an der Reeperbahn vorbeigefahren, dass wir zumindest mal rausgucken konnten, und sind dann abends in die Kneipe. Die haben sich in Rekordtempo einen reingestellt und das haben sie auch so die Zeit über, die sie hier waren dann die drei Wochen, so beibehalten. Und als wir dann im Gegenzug drüben in Toronto waren, sind wir am ersten Abend auch mit denen in eine Kneipe gegangen und die haben sich halt als allererstes, wir waren zu siebt, und die haben sich fünf Pitcher bestellt. Also diese Anderthalb-Liter-Eimer, aus denen man dann nachher maximal kohlensäurefrei sich in kleine Gläser das Bier noch mal umfüllt. Wir haben erst mal protestiert und gesagt, ey Leute, macht doch mal langsam irgendwie, das wäre doch schade, nicht so schön… Und die so: Nee, probiert‘s doch erst mal und dann sehen wir weiter. Ich weiß noch, das war ein Labatt Blue, weil damals zwar schon 18, durften wir aber trotzdem keine stärkeren Biere trinken, also nur Biere bis 3,5 Prozent. Und ich habe echt gedacht so: Was ist das denn? Alsterwasser Light oder was soll das sein? Da mir Kanada sehr gut gefallen hatte und die Leute immer alles, also egal wen ich in Kanada getroffen hatte, immer irgendwie eine Verbindung hatten so zu Deutschland und Bier, da habe ich ursprünglich aus Jux gesagt: Ach Mensch, dann gehe ich doch nach Kanada und braue denen deutsches Bier. Als ich dann zurück war und dann das Abi an stand und man sich mal so langsam Gedanken machen musste, habe ich gedacht: Ach, so doof ist die Idee eigentlich gar nicht. Ich habe dann bei einer Gasthaus-Brauerei hier in Hamburg angefangen und bin danach nach Berlin an die VLB, habe dort Brauwesen studiert, habe meinen Diplom-Ingenieur für Brauwesen gemacht, und dann hat es mich so ein bisschen lustig durch die Welt verschlagen. In Berlin habe ich dann, lustigerweise in Berlin erst, Julia kennengelernt, obwohl wir eigentlich im gleichen Freundeskreis aufgewachsen sind. Sind dann durch lustige Zufälle in der Karibik gelandet, erst Dominica, dann Cayman Islands, und da dann immer als Brauer, und zuletzt hat mich dann einer der drei großen Brauanlagen-Hersteller quasi abgeworben als technischen Vertriebsleiter für Nordamerika und die Karibik. Und das ist so der Punkt, der für mich Schlüssel-Zeitpunkt ist, weil ich dann dafür bezahlt wurde, die US Craft-Beer-Szene zu bereisen und denen Sudhäuser und Tanks zu verkaufen. Das war natürlich ein Traum für mich, weil ich dann halt eben abends immer mit den Brauereibesitzern, respektive Brauern, zusammengesessen habe und mit denen über ihre Biere gequatscht habe und festgestellt habe: Ach Mensch, ja genau, darum bin ich mal Brauer geworden, nämlich um Leute mit Bier zu begeistern. Als Brauer willst du natürlich immer dein eigenes Bier machen. Bis dahin fehlte mir so ein bisschen die Vision. Die habe ich da gefunden. Natürlich haben wir uns dann immer wieder darüber unterhalten, Julia und ich, das dann halt eben auch mal umzusetzen. Durch diverse Umstände war es dann 2011 soweit, dass wir gesagt haben so: Nee, alles klar, das machen wir jetzt. Ich habe dann halt auch die deutsche Szene immer so ein bisschen beobachtet, ob sich da was tut. Und das war so Anfang 2011, konnte man auch sehen, dass so langsam ein bisschen was passiert. Und gesagt: Okay! Entweder sind wir jetzt vom Start weg dabei oder wir lassen es. Und haben uns dafür entschieden, dann den Job zu kündigen und dann halt eben in unsere Heimat nach Hamburg zurück zu gehen und da die Kehrwieder Kreativbrauerei aufzubauen. Das war allerdings natürlich 2011, 2012. Wenn man da jetzt zu einer Bank gegangen wäre und denen gesagt hätte, ich habe ein Super-Geschäftsmodell, ich mache eine Brauerei auf, hätten die sich wahrscheinlich vor Lachen den Bauch gehalten, aber uns sicherlich kein Geld gegeben. Deswegen haben wir uns dann damals drangemacht, einfach aus alten Milchtanks unsere Brauanlage selber zu bauen, auf der wir auch immer noch tatsächlich brauen. Also das ist dann halt eben das Thema, also um den Bogen jetzt wieder zurück zu spannen, Standortsuche, Brauanlage bauen. Dann sind wir halt eben, als sich das alles ein bisschen in die Länge gezogen hat, zu Freunden nach Dänemark, um das erste Prototyp zu brauen.

Markus: Da haben wir praktisch echt Glück gehabt, dass du dann auch wirklich am Ende doch wieder in Deutschland gelandet bist, sonst hätten wir den Prototyp gar nicht im Glas. Also insofern ist das ja schon mal ziemlich gut. Holger, du hast doch das Bier …

Holger: Männer, Männer, Männer, also Prototyp ist auch ein superspannendes Stichwort und ich höre auch super-gerne zu, aber das Bier wird warm, kann ich nur sagen, ist auch schon im Glas. Also wenn ihr nichts dagegen habt, würde ich sagen, wir trinken mal einen Schluck. Sonst fragen die sich noch, wo die gelandet sind. Die sollen ja erkennen, dass es ein BierTalk ist, oder?

Markus: Dann erst mal: Prost! Und Holger, du kannst ja gleich ein bisschen was zu deinen Eindrücken zum Bier sagen. Prost!

Holger: Ich habe es halt schon im Glas. Also ihr habt’s auch im Glas schon, oder?

Oliver Wesseloh: Ja, natürlich.

Markus: Ja.

Holger: Dann bin ich ja beruhigt. Naja, also was habe ich hier im Glas? Ich habe ein naturtrübes, richtig schön goldfarbenes Bier im Glas, ein schöner weißer Schaum. Wenn man reinriecht, ist so eine schöne Fruchtigkeit da. Erinnert so ein bisschen an ein typisches kaltgehopftes Bier, also ein Pale Ale zum Beispiel. Aber ist ja eigentlich ein Lager, soweit ich weiß?

Oliver Wesseloh: Ja.

Holger: Ich verkoste mal einen Schluck. Prost!

Markus: Prost!

Oliver Wesseloh: Prost!

Holger: Da ist dann eben so eine schöne Bittere, ist trocken, ganz schlank. Hat für mich so eine leichte Maracuja-Note. Macht Lust auf den zweiten Schluck. Also ist so ein richtig schönes, also wir haben es ja hier richtig heiß in München, obwohl es auch schon ein bisschen geregnet hat. Aber mir ist halt, also ab 20 Grad wird es unerträglich, und ich glaube, wir haben gerade 26 oder 27 Grad. Ist genau das Richtige jetzt. Und deshalb mache ich das Glas jetzt auch leer. Prost!

Markus: Ja, Prost! Also aus der bayerischen Sicht würde ich ja jetzt fast sagen, Olli, wenn ich jetzt überlege, so im Jahr 2011, 2012, hätte ja jetzt ein bayerischer Braumeister gesagt, wie kommst du auf die Idee, so ein typisch bayerisches Lagerbier zu vergewaltigen und mit diesen ganzen Hopfen zu versetzen? Zu dieser Zeit, das ist ja schon was Besonderes, also wie kamst du dazu? Und warum hast du es dann Prototyp genannt?

Oliver Wesseloh: Zum einen ist meine Inspiration ja aus der US Craft-Bier-Szene zum gewissen Teil. Und wenn man mal wirklich in die Historie von denen zurückschaut, haben die sich wiederum von den europäischen Bierstilen inspirieren lassen und haben die halt mit ihren eigenen Rohstoffen gebraut. Dadurch sind dann halt eben diese sogenannten American Style Pale Ales entstanden, auch wenn es ja ein alter englischer Bierstil ist. Und ich habe gedacht, das ist eigentlich mal ein sehr, sehr sinnvoller Ansatz. Die paar Kollegen, du hast das Altersheim ja gerade schon genannt, oder Ruhesitz, die paar, die damals schon da waren, die haben im Prinzip alle ein IPA, also ein India Pale Ale als Flaggschiff gehabt. Auch wenn ich ein sehr, sehr großer Hop Hat bin und hopfige Biere sehr, sehr liebe, wollte ich aber halt eben nicht mit noch einem IPA einsteigen. Und fand es halt eben sinnvoll zu sagen, ja Mensch, die nehmen halt klassische Bierstile, also was ist denn einer der ganz klassischen Bierstile in Deutschland? Nehmen wir ein helles Lager und bohren das halt ein bisschen auf und machen das einfach ein bisschen peppiger, ein bisschen interessanter, sag ich jetzt mal, indem man halt eben Hopfen stopft, aber ansonsten das alles einigermaßen moderat hält.

Julia Wesseloh: Und wir hatten damals dann den Versuchsnamen genommen, Prototyp. Und das war so, dass Olli dann irgendwann sagte, er fährt mal nach Dänemark und braut mal das erste Bier. Und ich dachte: Ja, ja, fahr mal. Und in meiner Vorstellung war das so, dass er dann wiederkommt und noch ein bisschen an dem Rezept feilt und vielleicht hier noch ein bisschen die Hopfengabe ändert oder so. Also für mich war das noch kein fertiges Bier. Und dann ist er zurückgekommen und wir haben das damals noch in der Garage bei Ollis Eltern, Freunden und so, den ersten Bierverkäufern, sage ich mal, Interessierten vorgestellt. Und da haben wir halt gemerkt, das ist gleich ein Volltreffer. Und deswegen haben wir gesagt, der Prototyp geht jetzt in Serie. Und so ist der Name dann dageblieben.

Markus: Das ist, glaube ich, eine ziemlich weibliche Erfahrung, wenn der Mann irgendwie weggeht und dann macht er auf einmal Nägel mit Köpfen und kommt mit einem fertigen Produkt zurück und dann hat es so rechts überholt, so ungefähr. Finde ich klasse Sache. Inwiefern spielt denn der Prototyp heute in eurem Sortiment eine Rolle? Und habt ihr ihn verändert seitdem?

Oliver Wesseloh: Nein, der Prototyp ist immer noch exakt das gleiche Bier wie damals. Es ist lange Zeit unser Flaggschiff gewesen. Ich habe von sehr, sehr vielen Leuten, und ich glaube, die Rolle spielt das zu großen Teilen immer noch, das Feedback bekommen, dass das Prototyp quasi das Einstiegsbier in die Kreativbierwelt für viele Leute gewesen ist. Weil das Prototyp ist so ein bisschen wie so ein alter Bekannter, ein guter Kumpel, mit neuen Klamotten. Also ist sehr, sehr bekannt alles, also Holger, wie du es gerade auch beschrieben hattest, vom Körper schön schlank, da ist eine Bittere da, die ist aber halt eben jetzt vielleicht auf dem Niveau von einem süddeutschen Pils, also lange nicht auf einem, das, was wir im Norden kennen. Wie gesagt, schön erfrischend, Super-Drinkability, aber halt mit diesem schönen fruchtigen Add-On. Das ist halt eben, wie gesagt, Farbe alles, das ist bekannt. Und nimmt einen so ein bisschen an die Hand in die Welt, was da halt eben noch so kommt biermäßig. Dementsprechend war es halt eben für viele das Einstiegsbier, die Einstiegsdroge. Für uns natürlich ganz, ganz lange Zeit das Flaggschiff. Ich glaube, 2015 haben wir damit angefangen, wäre auch sogar eine schöne Überleitung zum nächsten Bier. 2015 haben wir damit angefangen, ich glaube, so 2017 hat dann das ü.NN, das überNormalNull, unser alkoholfreies Bier, das Prototyp mal eben rechts überholt. Damit ist Prototyp jetzt nur noch unser zweitstärkstes Bier.

Markus: Ja, Olli, das ist natürlich eine sehr, sehr gute Überleitung. Aber bevor wir zum ü.NN kommen, und jetzt gerade, wo sich die Julia auch schon zu Wort gemeldet hat, steht für mich ja dazwischen noch so ein anderes Bier, nämlich das SHIPA, das Single Hop IPA. Hat das eher deinen Nerv getroffen, Julia? Was würdest du sagen?

Julia Wesseloh: Ich finde das sehr, sehr spannend, weil es immer wieder, also die Idee ist ja, dass es immer das gleiche Bier ist, nur immer mit einem anderen Hopfen. Und dadurch erfährt man, und das war gerade 2014 …

Oliver Wesseloh: Nee, nee, das war direkt, 2 Monaten nach dem Prototyp.

Julia Wesseloh: 2013, Entschuldigung, also 2013 haben wir auch das erste SHIPA gebraut. Und da war diese Hopfenvielfalt ja noch völliges Neuland in Deutschland. Und mich fasziniert das immer wieder. Ich glaube, in den ersten Jahren hatten wir mal den größten Unterschied, da hatten wir erst, glaube ich, Hüll Melon, der so ein bisschen Honigmelone-, Erdbeer-Note ins Bier bringt. Und danach hatten wir Polaris. Das hat mich auch, die ja noch nicht so viel mit Hopfen jetzt zu tun hatte zu dem Zeitpunkt, total fasziniert, wie ein natürlicher Hopfen nach Eisbonbon schmecken kann. Und da sieht man einfach, wie unterschiedlich der Hopfen sein kann. Und das hat das Bier ganz gut gezeigt. Und so hat es auch viele Liebhaber jetzt, die sich immer wieder freuen. Jetzt gerade haben wir auch ein neues, das Cashmere, ist ja auch ein ganz neuer Hopfen, und da sind auch viele gespannt, um den Hopfen auch auszuprobieren.

Markus: Ja, da freue mich auch schon sehr drauf. Ich habe da meine erste intensive Erfahrung gemacht, glaube ich, auf der INTERNORGA damals mit dem Hallertauer Blanc, was auch sehr, sehr lustig war. Aber vielleicht sollten wir jetzt zu dem Bier kommen, was wir probieren wollen, nämlich das ü.NN, was ja so im Grunde seines Herzens eigentlich auch ein IPA ist. Ja, Olli, was sagst du denn dazu? Wie sollen wir es denn einschenken? Wie genießt man es am besten?

Oliver Wesseloh: Wie die meisten Biere, am liebsten aus dem Glas. Es ist ein IPA, natürlich. Hat eine gute Bittere, nur eben keinen Alkohol.

Markus: Also, dann machen wir es mal auf.

Oliver Wesseloh: Du hast da eben schon so einen richtig schönen kupfer-orangenen Ton, in dem Bier drin klassische, sage ich mal, fast schon englische IPA-Farbe. Der Schaum geht schon fast ein bisschen ins Beige hinein. Und wenn du eine Nase nimmst, ich liebe das immer wieder, primär süße Früchte, für mich ist das halt eben tropisch, Mango, ein bisschen reife Ananas und so einen Hauch Limette hintendran. Ich hatte vorhin gesagt, ich fange gerne Verkostungen mit dem Prototyp an und genau danach stelle ich das ü.NN auch immer, ohne primär jetzt erst mal über den Alkoholgehalt zu reden, sondern moderiere das Bier im Prinzip an wie ein klassisches IPA. Und frage dann hinterher immer so ein blöd in die Runde, was die Leute denn meinen, wie viel Alkohol das hat? In den meisten Fällen ist so die Einschätzung, irgendwo in einem Bereich zwischen 3 und 6 %.

Markus: Ja, und da sind wir ja eindeutig nicht, sondern deutlich darunter mit 0,4. Also durchaus spannend. Holger, du bist ja auch ein großer Fan dieses Bieres, mir gefällt ja am besten die Cremigkeit auch im Mund und es schaut ja wirklich auch sehr britisch aus fast, was sagst du denn?

Holger: Ich muss einfach gestehen, wo ich es zum ersten Mal getrunken habe, habe ich gedacht: Endlich! Also wirklich endlich hat die Bierwelt was produziert, was einfach unheimlich großartig schmeckt und dann auch noch total gesund ist. Also Bier ist ja sowieso gesund, aber alkoholfreies Bier insbesondere. Und ich war von Anfang an sehr begeistert von dem Bier und ich habe die Erfahrung vom Olli zu 100 %. Also ich mache das auch immer so, dass ich das mehr oder weniger erst mal nur einschenke und sage, hier, schön, dass ihr da seid und Prost! und so. Und grade so ein schöner Sommertag wie heute. Und dann sage ich: Und? Das ist doch besser als ein Alkoholfreies, oder? Das hat doch was. Und dann sagen alle: Yo! Das ist echt lecker. Und dann sage ich: Ja, aber scheiße, scheiße, hat fast kein Alkohol. Und dann sagen alle: Boah! Nee, nee, nee. Und dann hole ich die Flasche raus. Und dann gibt’s halt immer ein totales Aha-Erlebnis. Und das finde ich großartig, dass man eben jetzt auch noch mal, also Craftbier-Szene hat ja sowieso gebracht, dass wir ganz anders über Bier sprechen können als früher. Und diese Biere, die jetzt auch alkoholfrei oder alkoholarm sind, die machen es möglich, jetzt auch darüber richtig gut zu sprechen und Leute zu begeistern. Und das find ich großartig. Also herzlichen Glückwunsch! Und danke!

Oliver Wesseloh: Wir danken. Das Schöne dabei ist, aus meiner Sicht, tatsächlich, also auch wirklich aus meiner persönlichen Sicht, dass es jetzt Alternativen gibt, wo man mit Genuss alkoholfreie Biere trinkt. In der Vergangenheit war es ja eher so, dass wenn man zu einem Alkoholfreien gegriffen hat, dann war es geschmacklich ja doch immer eher eine Bestrafung anstatt irgendwie Belohnung dafür, dass man keinen Alkohol trinkt. Ich greife immer wieder gerne zum ü.NN oder meinetwegen auch zu anderen alkoholfreien Pale Ales oder sowas, einfach weil die eine gute Alternative sind, die einfach einen vollen Geschmack haben, nur halt eben kein Alkohol dabeihabe. Aber man vermisst halt eben nichts dabei. Und das ist wirklich das, was wirklich Spaß dabei macht.

Markus: Und was ich auch sehr faszinierend finde, ist, das schlägt ja auch eine Brücke zwischen der Küste sozusagen und Bayern, weil du ja das mit einem Freund zusammen entwickelt hast, mit dem Sebastian Jakob. Wie kam es denn überhaupt da dazu, dass gerade ihr zusammenarbeitet? Und warum kamt ihr dann gerade auf die Idee, sowas zu machen in eine alkoholfreie Richtung?

Julia Wesseloh: Ich bin ja immer sozusagen ein bisschen mittendrin und beobachtend. Also erstmal zu Sebastian Jakob, damit besteht, glaube ich, zu der Brauerei schon seit über 20 Jahren eine Freundschaft. Als wir dann gemerkt haben, wir brauchen neue Kapazitäten, da war uns halt wichtig, dass wir erstens jemanden finden, der Olli auch ans Sudhaus ranlässt. Hast du ja auch nicht oft, dass jemand das Vertrauen hat und ein Brauer das Sudhaus überlässt. Aber auch, weil es gibt ja immer noch Wochen dazwischen, wir brauen zwar und sind auch bei der Abfüllung dabei, aber in der Zeit dazwischen muss ja auch jemand gut aufs Bier aufpassen. Und da wussten wir halt beim Sebi, dass das gut funktioniert. Ich weiß noch, dass Olli irgendwann immer mal die Idee im Kopf rumgeisterte, alkoholfrei muss doch auch in lecker gehen. Da haben die sich dann ausgetauscht.

Oliver Wesseloh: Da springe ich mal hier mit rein, genau, weil das war dann ein lustiger Zufall. Ich habe wieder beim Brauen beim Sebastian gesessen und habe halt eben gesagt: Weißt du was? Ich würde gern mal ein alkoholfreies IPA machen. Das Problem ist immer noch so ein bisschen die Methoden. Und Sebastian sagte: Du, mir hat hier grad ein Labor eine Hefe angeboten für ein alkoholfreies Weizen. Lass doch mal mit denen schnacken. Haben wir gemacht, das hat dann leider mit denen überhaupt nicht geklappt, weil die sich extrem affig angestellt haben und ganz komische Verträge aufsetzen wollten. Und dann habe ich einfach mal so ein bisschen rumgefragt bei der TU München und bei der VLB natürlich, und geschaut, was es da für Hefen gibt. Weil im Prinzip, wenn wir jetzt in die Verfahren gehen, gibt es ja halt eben klassisch drei Verfahren, und wir haben uns dann halt eben für das Verfahren von einer gärschwachen Hefe entschieden, weil alles andere technologisch sehr, sehr aufwendig ist. Und es mehr oder weniger aus Jux mal ausprobiert. Und da sagte Sebastian: Ja Mensch, das ist eigentlich eine coole Idee, das würde ich auch gerne mitmachen. Und dann haben wir halt sozusagen dieses alkoholfreie IPA dann zusammen entwickelt und bei ihm gebraut. Und betreiben wir auch beide relativ erfolgreich, würde ich sagen.

Julia Wesseloh: Das ist immer wieder faszinierend, weil rückblickend könnte man sagen, Mensch, das Marketing, hatte eine super Idee bei Kehrwieder, weil es tatsächlich einen Markt dafür gibt. Aber so weit vorausblickend haben wir da gar nicht geplant.

Oliver Wesseloh: Nein, es war ein Witz, das Bier war ein Jux ursprünglich.

Julia Wesseloh: Also das Bier war ein Jux und einfach Olli, der braut halt, was ihm gefällt. Und da hatte er einfach mal Lust drauf. Dass das dann solche Wellen schlägt und auch tatsächlich so viele Biere nach sich zieht, da hat keiner mit gerechnet. Und jetzt ist es unser auflagenstärktes Bier.

Markus: Eben. Und jetzt ist es euer stärkstes Bier. Das ist schon wirklich eine großartige Sache. Aber ich glaube, wir müssen langsam mal zum nächsten Bier gehen und klettern vielleicht die Alkoholleiter wieder ein bisschen hoch. Und da haben wir ja ein schönes Bier mit einem Namen, den du schon mal erwähnt hast: DOMINICA.

Oliver Wesseloh: Ich muss mal das ü.NN noch eben austrinken. Ich hatte gerade die ganze Zeit geredet, Entschuldung.

Julia Wesseloh: Genau. Während Olli …

Markus: Ja, das haben die Bayern den Hamburgern dann doch voraus. Meins ist natürlich schon lange leer.

Julia Wesseloh: Er hat sich einfach viel mehr eingeschenkt als mir. Deswegen muss er das jetzt austrinken.

Markus: Du, bei mir ist auch die Flasche leer.

Julia Wesseloh: Kurz was zu dem Namen. Also vielleicht ist es euch schon mal aufgefallen, die ersten vier Standards weichen da noch so ein bisschen ab, also ü.NN, Prototyp und SHIPA, die ersten Drei. Alle anderen werden nach Destinationen benannt. Und DOMINICA ist einfach unsere Lieblings-Karibikinsel und das Bier würden wir jetzt total gerne dort irgendwie in den Tropen, in den tropischen Wäldern trinken, weil es da gut hinpasst.

Markus: Sagt doch mal in zwei Sätzen, wie es da ausschaut und solange mache ich es auf.

Oliver Wesseloh: DOMINICA ist tatsächlich unser persönliches Paradies. Das ist eine sehr noch unberührte vulkanische Insel in der östlichen Karibik, das ist wilde Karibik pur, wie man es sich besser nicht vorstellen kann. Ja, war mein erster Job in der Karibik, da war Julia damals noch nicht mit, da hatte sie noch bei der Zeitung gearbeitet. Es ist tatsächlich für uns beide so das persönliche Paradies. Das ist wirklich eine wunder-wunder-wunderschöne Insel. Wenig touristisch erschlossen, was glaube ich aber auch gut ist, was sie halt eben noch sehr unberührt lässt. Ganz, ganz viel ursprünglicher Regenwald, ist glaube ich auch in World Heritage Site, der Regenwald ist irgendwie UNESCO-geschützt.

Julia Wesseloh: Und das Bier passt da einfach sehr, sehr gut hin, weil es leicht ist. Das ist genau das, was man da trinken möchte. Da möchte man jetzt irgendwie kein IPA mit 7,5 % trinken. Und es hat diese wunderbare Fruchtigkeit, die es eben da in der Karibik gibt, die da an den Bäumen hängt.

Markus: Ja, Holger, du warst doch schon überall in der Welt. Hast du in Dominica auch schon irgendjemandem einen LKW angedreht?

Holger: Nee, habe ich noch nicht. Also ich war zwar schon in der Karibik, aber da war ich noch nie. Also ich war auf Kuba mal und da habe ich ein totales Abenteuer erlebt. Und zwar bin ich da hin und war da sechs Wochen und habe mir dann in Santiago de Cuba einen alten Lada gebraucht gekauft. Also du siehst, ich kann es nicht lassen. Und bin dann da sechs Wochen über die Insel mit diesem gebrauchten Lada, und habe den dann in Havanna wieder verkauft und bin dann zurückgeflogen. Und das war ein super Urlaub. Also Prost!

Oliver Wesseloh: Klingt auf jeden Fall danach. Prost!

Markus: Und hast du am Ende teurer verkauft wahrscheinlich als du den eingekauft hast?

Holger: Selbstverständlich, das ist doch die Gebrauchtwagen-Luden-Ehre.

Markus: Also Fruchtigkeit ist ja wirklich Programm bei dem Bier. Das erschlägt einen ja fast schon durch die Nase. Also alle tropischen Früchte, die man sich vorstellen kann, wirklich sehr intensiv, sehr schön dann aber auch am Gaumen. Und trotzdem jetzt nicht so überbordend, dass man da irgendwie satt wird oder dass es einem zu viel wird, sondern einfach ein richtig schönes, angenehmes, tolles Bier. Also Kompliment! Hast du gut hinbekommen.

Oliver Wesseloh: Vielen Dank! Das ist tatsächlich auch, sage ich mal, das am stärksten wachsende Bier bei uns gerade, was wirklich, also jetzt gerade natürlich in der Sommerzeit, am stärksten nachgefragt wird. Damit haben wir eigentlich Mitte letzten Sommer angefangen und das mausert sich gerade dahin, ich glaube fast, die Nummer 3 bei uns einzunehmen. Ich glaube, das Schöne dabei ist, das ist so eine Mischung aus zwei, sage ich mal, Erfahrungen, die ich gemacht habe. Auf der einen Seite habe ich so ein etwas gespaltenes Verhältnis zu diesen sogenannten New England oder Hazy IPAs. Ich finde den einen Teil von den Bieren super, den einen Ansatz, den anderen finde ich Quatsch. Und zwar, fangen wir mit dem Quatsch an, also dass halt eben so ein irrer Aufwand betrieben wird, die Biere ungeheuer trüb zu machen. Also bis dahin, dass sie aussehen wie, als wenn man Hefe aus dem Tank gezogen hätte. Finde ich ein bisschen quatschig. Wir filtrieren unsere Biere nicht, aber wenn ich das Bier vernünftig auslagere, dann habe ich da nicht mehr so viel Trübung drin. Warum soll ich jetzt irgendwie alles unternehmen inklusive unvermälzten Weizen auf den Läuterbottich und ich weiß nicht was, damit ich da eine stehende Trübung reinkriege. Von dem Teil bin ich jetzt wenig Fan. Was ich toll finde, ist halt eben den Ansatz bei diesen IPAs zu sagen, okay, wir fahren die Bittere so weit wie möglich runter und die Fruchtigkeit bis zum Anschlag nach oben. Funktioniert, finde ich, super. Das andere war eine Erfahrung, die ich mal bei einem Collaboration-Sud gemacht habe, als ich mal in Sheffield war und mit dem Kollegen abends halt den klassischen Pub crawl gemacht habe. Und dann festgestellt habe, die ganzen Biere von den bekannten Brauereien, die man aus der Gegend kennt, also ob es jetzt Cloudwater, Wild Beer Co, selbst Beavertown, da kriegt man hier meistens die potenteren Biere. Aber alles, was da in den Pubs am Hahn hängt, da hat kaum ein Bier 5 %. Die sind alle so im Bereich zwischen, naja, 4,3 bis 4,7. Habe ich erst gedacht so, das ist ja komisch. Aber speziell, wenn man, in Bayern ja ähnlich, in UK immer Pines trinkt, hat das natürlich den Riesenvorteil, wenn du abends in einer Kneipe stehst, kannst du natürlich mit einem 4,5-prozentigem Bier ein paar mehr trinken. Das freut dich selber, weil du bist nicht nach dem zweiten Bier fertig, und den Wirt freut‘s auch, weil er halt ein paar mehr verkaufen kann. Da habe ich gedacht, da bin ich mal gespannt, finde ich ein gutes Konzept, und habe die beiden Sachen halt eben kombiniert. Also halt wirklich ein Bier, was halt eben schön schlank, Drinkability aufs Maximum geschoben und halt eben das Maximum an Frucht da rein. Also das Bier hat tatsächlich vom Hopfenstopfen her die doppelte Menge, deswegen Double Dry Hopped Pale Ale von dem, was wir ins SHIPA stopfen.

Markus: Und dann hast du vorhin erwähnt, du braust in deiner Anlage selbstgemacht aus Milchzubehör. Das ist aber nicht so, dass dieses Bier jetzt in der Milchkanne entsteht, oder? Wie können wir uns das vorstellen?

Oliver Wesseloh: Je nachdem, wie du Milchkanne definierst. Es sind alte Milchkühltanks, also die jetzt tatsächlich bei, ich glaube, irgendwo bei unserer Homepage müsste man da noch ein Bild davon sehen können, die früher bei den Milchbauern standen und dann halt eben nach dem Melken die Milch zwischengelagert wurde, bis sie halt eben dann von den Milch-Lkws abgeholt wurde. Und die haben halt eben eine kühl-respektive Heiz-Zone unten drauf und das nutzen wir halt eben und haben uns da noch ein Gestell drunter dazu gebaut und die Rohrleitungen bauen müssen. Und da haben wir eben unser kleines Vier-Geräte-Sudhaus, mit dem wir dann da arbeiten. Da sind wir tatsächlich noch bei Handarbeit at its best. Nicht, dass ich das sagen würde, das muss alles so sein, also man könnte ein paar Sachen tatsächlich automatisieren ohne irgendwelche Qualitäts- oder irgendwas Einbußen. Aber bei uns wird wirklich noch der Treber komplett von Hand nach oben rausgeschaufelt, jedes Dampfventil wird von Hand aufgemacht und von Hand zugemacht. Weniger automatisiert geht nicht.

Markus: Holger, da waren wir doch beide auch schon, oder? Jetzt muss ich mal ganz kurz, aber trotzdem, damit wir ein bisschen vorankommen, das nächste Bier hat nämlich so einen spannenden Namen. Und da könntest du ja vielleicht noch mal einleiten, das Alte Land. Holger, das kennst du jetzt aber, oder?

Holger: Nee, nee, unbedingt. Also du weißt ja, ich habe ja auch schon mal in Hamburg gelebt, etwas mehr über vier Jahre. Und das Alte Land ist quasi vor den Toren Hamburgs einfach ein schönes Gebiet, wo Obst angebaut wird, vor allen Dingen Obst. Und das ist natürlich auch ein Naherholungsgebiet. Und jetzt lese ich ja hier Frucht Gose. Ja, also das ist natürlich ein schöner alter Bierstil, der fast von der Bildfläche verschwunden war, aber jetzt ja immer mehr kommt. Und du hast mir ja heute schon erzählt beim World Beer Awards gab‘s auch tolle Gosen. Und da freue ich mich jetzt ganz besonders darüber. Aber ich habe noch einen Wunsch. Lass uns doch noch mal ein bisschen auch über den Verein sprechen, den der Olli da gegründet hat, glaube ich, sogar, also „Die Deutschen Kreativbrauer“. Und da geht’s ja auch so ein bisschen darum, wie macht man eigentlich Bier und wofür steht der Verein und wofür setzt der sich ein und wofür kämpft der Verein. Und dabei können wir ja die schöne Frucht Gose verkosten.

Markus: Ja, sehr, sehr gerne. Also ich habe das DOMINICA ja auch schon leer. Also müssen wir gerne zu der spannenden Erzählung über die Kreativbrauer was trinken. Also lass uns gerne aufmachen und Olli, dann sind wir mal gespannt, was du zum Bier und zu den Kreativbrauern erzählst.

Oliver Wesseloh: Da passt in der Tat das Bier wunderbar dazu, weil es eine perfekte Verkörperung von dieser Thematik ist. Die Deutschen Kreativbrauer, und die habe nicht ich gegründet, aber mitgegründet, wir waren insgesamt 11 Gründungsmitglieder, gehen auch zurück, ich glaube, auf das Jahr 2014 oder 2015, 2014 haben wir uns das erste Mal damals beim Thomas Wachno in Bad Rappenau, dem Hopfenstopfer, getroffen. Das war noch eine ganz kleine Gruppe, da war der Alex Himburg noch dabei, Thorsten Schoppe, Andi von der Pax Bräu, vergesse ich jetzt einen? Naja. Und haben dann in 2015 quasi gesagt, okay, lasst uns einen Verband gründen. Im Prinzip aus zwei Beweggründen, auf der einen Seite ist bis dahin dann ja auch schon der Begriff Craft im weitesten Sinne, naja, maximal vergewaltigt worden in Deutschland. Also zwischenzeitlich hat ja auch Beck‘s Craftbier gemacht. Und die Problematik war natürlich, es gibt aus den USA von der Brewers Association eine Definition für Craft Beer, die in Deutschland aber natürlich überhaupt nicht funktioniert. Und ansonsten gab es halt eben keine greifbare Definition. Also jeder hat das irgendwie so ein bisschen für sich dahin definiert, bis hin zum, ich glaube, das waren die privaten Brauereien, die gesagt haben, naja, bei uns in Franken machen wir schon seit 200 Jahren Craftbier. Ich so: Ja, okay, wenn man halt Handwerk, wenn man es direkt übersetzt und sagt, handwerklich, fein, fein, aber wenn man seit 200 Jahren eine Biersorte macht, ist das sicherlich toll, aber ist, glaube ich, ein bisschen ein anderer Ansatz dabei. Also ging es darum, so ein bisschen einen Begriff zu etablieren, deswegen haben wir uns auch bewusst gegen den Begriff Craft entschieden, sondern halt eben für Kreativbier, respektive Kreativbrauer, haben das einmal umrissen, dafür eine Definition für uns gesetzt und haben dann auch oder arbeiten auch weiterhin daran, die Möglichkeit zu eröffnen, bundeseinheitlich nach einem Natürlichkeitsgebot zu brauen. Ich möchte jetzt gar nicht erst das Fass aufmachen, aber die aktuelle Gesetzeslage in Deutschland ist mehr als überarbeitungsbedürftig, speziell dass es in Bayern eine andere Regelung gibt als im Rest von Deutschland. Diese Gose zum Beispiel, dadurch dass sie mit Himbeeren gebraut wurde, ich darf das in Hamburg, ich habe dafür eine Ausnahmegenehmigung, die ich beantragen muss, in Bayern gibt’s diese Möglichkeit zum Beispiel gar nicht. Das ist natürlich Quatsch. Und wir möchten uns aber schon dafür einsetzen, dass halt eben nur natürliche Rohstoffe zum Brauen hergenommen werden. Also es gibt ja auch teilweise Tendenzen, in manchen Ländern einfach irgendwelche Aromen-Extrakte halt eben her zu nehmen. Da muss ich ganz ehrlich sagen, das halte ich auch für totalen Mist. Das tut nicht Not. Das ist dann tatsächlich brauen aus dem Baukasten.

Markus: Da gab‘s ja mal eine lange Diskussion auf Facebook zu einem Zimtschnecken-Bier. Also insofern, eine sehr, sehr lustige Geschichte.

Oliver Wesseloh: Ja. Wobei man da auch wirklich sagen muss, ich meine, da hatte der Verfasser dieses Beitrags auch den maximalen Werbeeffekt für die andere Brauerei erzielt, muss man sagen. Aber ganz ehrlich, auch wenn ich die Jungs schätze, die das Bier machen, aber wenn man auf seine Flasche natürliches Zimtschnecken-Aroma draufschreibt, fällt mir wenig dazu ein.

Markus: Aber mir fällt was ein. Du hast ja gesagt, in dem wir sind Himbeeren drin, nur kenne ich ja Himbeerbiere, die sind aber normalerweise alle rot. Das ist jetzt aber eher so minimal rosa angetönt.

Oliver Wesseloh: Genau. Es hat einen ganz leichten Pinkstich, kommt aus zweierlei. Also zum einen ist mein Ansatz immer, wenn ich Biere mit irgendwas mache, dann möchte ich eine Balance haben. Ich möchte, dass der Originalbierstil zu erkennen ist und ich möchte, dass der Zusatz zu erkennen ist. Eben diese knalle pinken Himbeerbiere, da riechst du rein und du schmeckst da rein und du riechst und schmeckst nur Himbeere. Kannst auch fast eine Himbeerbrause trinken. Das finde ich dann so ein bisschen schade. Das ist Punkt eins. Punkt zwei kommt‘s auch mit daher, weil wir in dem Fall jetzt die Himbeeren im Sudhaus eingesetzt haben, also im heißen Bereich. Wenn du Himbeeren nachher in den Lagerkeller mit reinpackst, in den Tank, dann liegen die länger mit im Bier drin, du extrahierst mehr Farbe und auch Aroma. Du hast aber natürlich auch das Risiko, dass du dir eine Sekundärinfektion reinholst, weil du packst dir natürlich Früchte ins Bier und da gibt’s natürlich dann auch wiederum die Variante, dass manche halt Fruchtpüree einfach mit reingeben. Das ist natürlich auch einfach. Aber das käme für mich halt eben einfach nicht in Frage. Das ist eigener Ehrenkodex, aber als auch der Ehrenkodex des Verbands deutscher Kreativbrauer, dass man sowas nicht macht. Und wir haben halt eben hier aus dem Alten Land Himbeeren genommen, also Altes Land wird auch eine Serie von uns sein werden. Das fing an mal mit dem Skagen vor zwei Jahren, da hatten wir eine Sanddorn Gose. Jetzt heißen die halt eben alle Altes Land, nächstes Jahr wird es mit ziemlicher Sicherheit rote Johannisbeeren geben, das Jahr darauf Stachelbeeren. Da habe ich schon meine ganzen Ausnahmegenehmigungen für beantragt. Also halt eben immer regionale Beeren dann damit reinschmeißen und immer so eine saisonale Spezialität zum Anfang des Sommers. Weil die Gose halt eben auch einfach schön leicht und erfrischend ist und halt eben dadurch, dass sie gar keine Restsüße hat, einfach wirklich fast durstlöschend ist und für so einen warmen Sommertag wunderbar funktioniert.

Julia Wesseloh: Natürlich werden die Johannesbeeren um die gleiche Zeit geerntet, wie wir das Bier rausbringen. Deswegen haben wir jetzt zum Beispiel schon uns um die Johannesbeeren gekümmert. Die werden dann eingefroren und kommen dann nächstes Jahr passend rein. Weil wenn wir die frisch nehmen würden, dann würde das Bier zum Winter hin fertig werden und das ist wenig hilfreich.

Oliver Wesseloh: Ja, oder Ende Sommer.

Markus: Also braucht ihr noch mal eine extra Tiefkühltruhe für die Johannisbeeren. Kann ich ja gut verstehen. Holger, erkennst du denn dein Altes Land wieder?

Holger: Nee, unbedingt! Mir schmeckt das ja wahnsinnig gut, überhaupt diesen Bierstil finde ich ganz toll. Und da fällt mir was ein, das heißt Schneeeule Marlene. Die Szene, die munkelt so ein bisschen, dass du mit der Ulrike zusammenarbeiten möchtest. Stimmt das?

Oliver Wesseloh: Da seid ihr ja topaktuell unterwegs. Das ist richtig. Die Ulli war vor ein paar Tagen bei uns zu Besuch und wir werden uns auch in ein paar Wochen gemeinsam treffen für so ein Braumeister Camp. Und ja, na klar, also natürlich verstehen wir uns super zusammen, da wird sicherlich auch noch was draus entspringen. Aber dazu dann mehr, wenn es ein bisschen weiter gegoren ist, sage ich mal.

Holger: Da machen wir dann ein Collab Podcast mit euch beiden.

Oliver Wesseloh: Genau.

Markus: Also vor allem die Ulrike, die ist ja auch eine gute Freundin von mir und ich habe sie schon 25.000-mal zum BierTalk eingeladen und sie schafft es immer wieder, irgendeinen Punkt zu finden, warum sie dann doch grad mal so wieder drumherum kommt. Aber wenn ihr es zusammen macht, dann werdet ihr festgenagelt, dann machen wir das. Aber jetzt müssen wir unbedingt zu etwas Erfrischenderem kommen. Julia, was sagst du denn, wir haben jetzt ja ein Bier mit Kaffee? Wie hast du das denn, als der Olli mit der Idee kam, wie ging‘s dir denn damit?

Julia Wesseloh: Sehr gut. Ich mochte schon das El Duderino immer sehr gerne. Das ist ja die Entsprechung, hat nur 10 % Alkohol. Das ist sozusagen der große Bruder von dem, was jetzt kommt. Ich mag den Kaffee sehr gerne, ich mag die Rösterei sehr gerne, mit denen wir das zusammen machen. Die Hamburger Rösterei möchte ich fast sagen Quijote Kaffee, da habe ich mich riesig darauf gefreut.

Markus: Da kennen ja viele einfach nur den Sound vom ROAD RUNNER. Haben jetzt bestimmt auch alle im Kopf. Jetzt hören wir uns mal den Sound an, wenn man den ROAD RUNNER öffnet, die Flasche aufmacht. Olli, wie kamt ihr denn auf den Namen?

Oliver Wesseloh: Wir sitzen meistens immer mit einem Bier zusammen oder mehrere und grübeln darüber, und das ROAD RUNNER ist ja halt jetzt als zweites Alkoholfreies bei uns in der Riege. Dadurch, dass der Kaffee mit drin ist, hat es halt eben tatsächlich die Qualität, ich sag jetzt mal, darf man wahrscheinlich überhaupt nicht sagen, das ist ganz böse immer bei Auto oder irgendwas mit Bier zusammenzubringen, aber es ist das Bier, was dir auf jeden Fall genug Dampf gibt, um die ganze Nacht durchzuhalten.

Julia Wesseloh: Hat 18 Milligramm auf 100 Milliliter Koffein.

Oliver Wesseloh: Genau.

Julia Wesseloh: Also das macht wach, nicht duun wie wir hier im Norden sagen.

Oliver Wesseloh: Genau. Da wirst du so auf Club-Mate-Niveau vom Koffeingehalt.

Holger: Ich als Ruhrgebietler kann ja mal einen raushauen. Kannst du den ganzen Abend und die ganze Nacht trinken, wirst aber nicht hacke von dem Zeug.

Oliver Wesseloh: Genau. Das war halt eine lange Überlegung tatsächlich. Also wir hatten natürlich irgendwann den Gedanken, nachdem das überNormalNull so massiv durchgestartet ist, ist natürlich die Überlegung naheliegend zu sagen: Ach Mensch, da ist offensichtlich Bedarf da. Machen wir da noch mal was anderes in der Richtung. Ich fand es nur insofern schwierig erst mal, weil was machst du dann? Wenn man jetzt irgendwas anderes Hopfiges auch gemacht hätte als zweites, ist natürlich das Risiko da, dass es einfach Kunden vom ü.NN mit abzieht. Also dass man einfach die Mengen verlagert. Das ist natürlich wenig sinnvoll. Und ein dunkles Bier war naheliegend, aber dunkle Biere fristen in Deutschland immer noch so ein Nischendasein. Aber wie Julia schon sagte, das El Duderino, was da ja noch im Hintergrund lauert, das haben wir schon, warte mal, das ist jetzt das dritte, vierte Jahr. Dieses Jahr ist es das vierte, ne? Genau. Das heißt, wir müssten 2016, Dezember 17, 16, egal, damit angefangen haben. Das war unser erstes Bier als Gemeinschaftsprojekt mit unseren Freunden von Quijote. Ist halt ein wirklich unheimlich tolles Bier, was auch massiv nachgefragt wird. Das gibt’s halt eben immer nur einmal im Jahr als Saisonal. Das war natürlich der Ansatz zu sagen, naja gut, okay, dann lasst doch halt eben genau diesen Effekt nehmen, dass wir halt eben da anstatt Hopfen zu stopfen, Kaffee stopfen wieder in dem Alkoholfreien. Also auch das war wiederum erst mal ein Versuch. Scheint auch sehr, sehr gut zu funktionieren, zumal das halt eben jetzt, also durch den Koffeingehalt eben einfach noch mal gerade in der Gastro-Szene, die jetzt leider mit anderen Sachen zu kämpfen hat, aber prinzipiell sehr, sehr viel Anklang gefunden hat, weil natürlich auch gerne mal ein Barkeeper vielleicht auch mal was mittrinkt, aber halt eben nicht per se was mit Alkohol. Und dann den Effekt hast, dass dich das auch noch wachmacht. Super!

Markus: Ganz toll! Ich hatte da mein Aha-Erlebnis ein bisschen, ich habe Freunde in England, die haben die Big Drop Brewery und machen ja ausschließlich alkoholfreie Biere und haben sich auch wirklich extrem dieser speziellen Auswahl von Hefen und wie man eben die Prozesse optimiert und so weiter verschrieben. Und waren da auch schon recht bald am Start mit einem sehr guten Milk Stout. Da habe ich mir immer gedacht, Mensch, warum macht das eigentlich in Deutschland keiner? Weil das eigentlich von der Aromatik her klasse ist, mal dieses schöne Malzige zu haben, aber halt nicht so süß wie ein Malzbier, mit wirklich einem schönen Anklang an Bierstil. Und da habe ich mich total gefreut, dass ich das gesehen habe und auch sofort mich eingedeckt und habe das eigentlich fast immer hier. Also das ist schon eine ganz, ganz tolle Geschichte. Vielleicht sollten wir zum Schluss noch den großen Bruder probieren. Holger, was kommt dir denn in den Sinn, wenn man vom Dude spricht?

Holger: Dude ist für mich ein Kumpel, oder? Und ihr wisst ja, ich habe mal unter Tage gearbeitet und ein Kumpel ist jemand, der dir in jeder Lebenslage hilft. Und so ist es ja wahrscheinlich gemeint hier, wenn man 10 % Alkohol draufschreibt, oder?

Markus: Julia, was sagst du? Ist es so gemeint?

Julia Wesseloh: Ja, nicht ganz. Also natürlich auch, aber es ist so ein bisschen in Anlehnung an The Big Lebowski „The Dude“ oder El Duderino. Olli hat das an das Lieblingsgetränk des Dude angepasst.

Oliver Wesseloh: Es ist tatsächlich eine dieser lustigen Sachen. Ich habe so mein kleines schwarzes Büchlein, wo ich mir immer mal wieder Bierideen rein notiere, die dann noch nicht ganz ausgegoren sind. Da fehlt vielleicht noch so der letzte Schliff. Da ist auch eben dieses Bier aus dem Jux entstanden. Also ich bin ein großer Fan von diesem Film, ich liebe „The Big Lebowski“. Und der Dude trinkt dann ja im Film die ganze Zeit als Cocktail White Russian, den er aber im Film auch immer nur Caucasian nennt. Aus Jux habe ich halt eben mal gesagt, ey Mensch, das müsste man doch mal als Bier brauen können. Letztendlich, wenn man es mal runterbricht, ein White Russian als Cocktail ist halt eben Wodka, also viel Alkohol, Kahlúa, Kaffeelikör und Milch. Und da habe ich gedacht: Mensch, wenn man die drei klassischen Stout-Stile, Russian, Imperial, Stout, Milk Stout und Coffee Stout zusammenwirft, dann hat man im Prinzip einen Caucasian Stout. So ist der Dude entstanden, also wirklich ein bisschen aus Jux, muss auch Spaß machen der ganze Quatsch, den wir da machen. Siehe da, es funktioniert grandios. Es ist ein Knaller-Bier, wie gesagt, inzwischen hat sich das so einen kleinen Kultstatus erarbeitet, dass die Leute halt eben wirklich schon darauf warten. Es ist bei uns, weil es irrwitzig aufwendig ist, das Bier hat 25 Grad Plato. Um auf die 10 % Alkohol zu kommen, das alleine aus Malz rauszuholen bedarf schon einen irren Aufwand im Sudhaus. Also wir machen zwei Maischen für eine Würzepfanne.

Julia Wesseloh: Ich weiß noch, wir hatten mal einen Brauer als Praktikant zu Besuch, der in einer klassischen Brauerei gelernt hat, und der sagte: Das geht doch gar nicht. Das kann man doch gar nicht machen.

Oliver Wesseloh: Ja.

Markus: Das ist, glaube ich, bei vielen Brauern in der klassischen Ausbildung manchmal so das Thema, dass da irgendwelche Mauern stehen, die man eben erst mal überwinden muss. Aber jetzt machen wir es doch mal auf und probieren es mal. Holger, magst du uns deine Eindrücke schildern?

Holger: Ja. Naja, also es ist dunkel, also ziemlich dunkel.

Markus: Schwarz wie die Nacht.

Holger: Wie die Nacht. Wenn man jetzt so ein bisschen das Bier im Glas schwenkt, dann hat man ja so richtig diese Alkoholschlieren schon an der Glaswandung. Wenn man das sieht, liebe Hörer, da muss man, also wie man hier in Bayern sagt, Obacht haben, oder im Norden würde man sagen, Wahrschau!, also auf jeden Fall Wahrschau!

Markus: Ich habe ein bisschen Angst ums Glas, nicht dass es danach so schwarz gefärbt bleibt und ich es wegschmeißen muss.

Holger: Nein, nein, das ist bei mir nicht so. Also, wenn das schwarz ist da im Glas, dann hast du wieder nicht richtig gespült.

Markus: Siehst du, sowas muss ich mir anhören, Olli, unglaublich, oder?

Holger: Ja, ja, Raupach, ein ganz besonderes Tierchen halt einfach. Der Alkohol ist auf jeden Fall im Vordergrund, finde ich. Die Rezenz finde ich sehr schön. Also das hat so eine sehr schöne weiche Rezenz, ein ganz tolles Mundgefühl auch. Und der Nachtrunk, der gibt so eine schöne wohlige Wärme. Also das ist so ein Bierchen, wo ich jetzt sagen würde, das ist ein Dessert. Also so würde ich das sehen.

Julia Wesseloh: Würdest du auch eher wie so eine dunkle Schokolade in kleinen Häppchen einfach genießen.

Oliver Wesseloh: Ja.

Holger: So ist es. Manche nehmen sich ja noch dann eine Tafel Schokolade irgendwie zum Sonntagabend, aber ich werde mir jetzt den Rest des Bieres, was ich schon ganz früh am Anfang unseres BierTalks herausgeholt habe, vielleicht dann noch wärmer werden lasse und freue mich dann noch und denk an euch beide und denk an Hamburg und hab Fernweh.

Markus: Man könnte auch eine Kugel Vanilleeis reingeben oder Johannisbeer-Sorbet oder so. Wäre sicherlich auch eine spannende Geschichte. Was ich lustig finde, ist, dass durch den Kaffee es ja fast so rüberkommt, als wäre es fassgelagert. Also finde ich ganz, ganz spannend von der Aromatik. Aber jetzt hat der Holger ja gerade seinen berühmten Satz vom ganz besonderen Kerlchen gebracht. Da muss man vielleicht noch auf eine Sache kurz mal eingehen. Olli, du hast ja auch, da haben wir uns, glaube ich, auch dann so richtig erst kennengelernt, einen tollen Tag gehabt vor vielen Jahren, wo du Weltmeister der Biersommeliers geworden bist. Vielleicht, wenn du da noch mal kurz erzählst, wie das überhaupt für dich kam und ob das eine Bedeutung für dich hatte und ob es jetzt noch eine hat.

Oliver Wesseloh: Wie das kam, ja, das ist lustig. Naja, ich habe ja im Zuge dessen, als ich dann in den USA tätig war, bin ich dann über die Ausbildung zum Biersommelier gestolpert. Ich habe dann 2012, glaube ich, erst die Ausbildung gemacht und 2013 war die WM. Und ich habe mich da im Prinzip angemeldet, weil ich gedacht habe, okay, das ist mal ein schönes Event. Das war ja eben im Zuge der drinktec in München, wo ich dann eh war. Super, dann triffst du die ganzen Kollegen, kannst noch ein bisschen was lernen. Ich habe überhaupt nicht damit gerechnet, da irgendwas zu reißen, weil ich wusste, dass viele Kollegen sich wirklich intensiv darauf vorbereiten und ein paar Kollegen fast ein Jahr lang gearbeitet haben mit wöchentlichen Training-Sessions und allem Drum und Dran. Deswegen habe ich mir nicht im Ansatz Chancen ausgerechnet, war auch gar nicht meine Motivation. Sondern das war wirklich einfach Lernen und Netzwerken, sage ich mal. Das war sicherlich ein Vorteil, weil da gehst du natürlich ohne Druck in sowas rein. Auf einmal stellte ich fest, dass ich durch die Vorrunden durchgekommen bin und in den letzten sechs war. Und habe gedacht, na hopsa, was ist denn hier passiert? Und habe tatsächlich noch kurz darüber nachgedacht, ob ich das gerade gebrauchen kann, wenn ich das gewinnen würde, weil mitten im Aufbau der eigenen Brauerei 2013 dann dachte, okay, damit hast du ja auch eine Aufgabe, kriege ich das überhaupt alles gewuppt. Gedacht, na gut, okay, absichtlich verlieren tut man nicht, das ist unsportlich. Und hatte dann auch das große Glück, dass eines der drei Biere, die im Finale auf dem Tisch standen, ein Bierstil war, den ich sehr liebe, Imperial IPA von einer Brauerei, die ich sehr gut kenne und sehr schätze und bei der ich halt eben auch schon, ich glaube, zwei oder drei Mal vorher zu Besuch war, eben von Firestone Walker das Double Jack. Von daher floss die Liebe für dieses Bier aus mir heraus. Und das ist, glaube ich, halt eben, das Wichtige bei der WM generell, letztendlich, wenn es ums Finale, um die Präsentation geht, dass man seine eigene Liebe und Verehrung für dieses Produkt so weitergibt, dass alle anderen denken, oh genau, das muss ich jetzt auch trinken. Ich hatte halt auch den großen Vorteil zur damaligen Zeit, dass ich halt eben durch meine Tätigkeit in den USA irre viele Bierstile probiert habe und mit den Herstellern dieser Biere direkt gesprochen habe. Dass natürlich das ein Training war, was jetzt nicht von mir als bewusstes Training da war, aber halt natürlich so viel Input gegeben hat mir, dass das für andere sicherlich schwer war, die vielleicht nur in Europa waren. Natürlich war das ein Riesengewinn für uns.

Julia Wesseloh: Also aus Marketingsicht war es natürlich fast ein Sechser im Lotto, weil ich konnte irgendwie schöne Berichte über Olli schreiben und wir konnten dadurch auch die Marke bekannter machen.

Holger: Endlich mal positiv über den Olli schreiben, ist natürlich gut.

Markus: Und dann hatte ich noch das Foto dazu gemacht, dann war natürlich alles bestens.

Holger: Absolut! Also was du aber gerade beschrieben hast mit dem Black Jack und so, du hast ja dann gesagt, wenn dann die Begeisterung aus mir herausfloss und so, da gibt’s ein ganz, ganz tolles Goethe Zitat, das heißt nämlich: Wenn du es nicht spürst, kannst du es auch nicht erjagen. So war es ja wahrscheinlich, oder?

Oliver Wesseloh: Korrekt, absolut!

Julia Wesseloh: Wieder dem Blickwinkel so ein bisschen von außen. Ollis großer Vorteil war, dass er es gar nicht unbedingt wollte. Also es war jetzt nicht so, dass er dachte, der Titel bringt ihn jetzt wahnsinnig voran, sondern der hat einfach dieses Bier da auf dem Tisch gesehen und dachte: Boah! Dieses Bier ist so toll und hat da auch besondere Erlebnisse mit verbunden. Und dann war das so ein Selbstgänger.

Oliver Wesseloh: Bist du eigentlich manchmal eifersüchtig auf Biere?

Markus: An dieser Stelle geht der Podcast über in „Szenen einer Ehe“ Wesselohs. Nein klar, aber ich habe das damals ja auch gesehen. Ich habe deine Augen gesehen, als du das hochgehoben hast und da hat man wirklich gemerkt, okay, cool, du hast das gleich verbunden und dann ist das gelaufen. Also fand ich auch einen ganz tollen Tag. Wir müssen leider langsam, aber sicher zum Schluss kommen. Ich hätte trotzdem noch eine Frage am Ende, nämlich wir müssen auch nach vorne schauen: Wie schaut‘s denn für euch jetzt mit der Zukunft aus? Wie seid ihr jetzt durch die schwierigen Monate der Corona-Einschränkungen gekommen? Und was denkt ihr, wie wird es sich für euch und vielleicht auch für die anderen Craft Brauer so in der nächsten Zeit entwickeln?

Oliver Wesseloh: Das Glück ist, wir sind da, Stand aktuell, ziemlich genau mit einer Null rausgekommen, also weder Zuwachs noch Verlust. Ist schon mal sehr viel wert in der aktuellen Zeit, finde ich. Ich habe jetzt noch nicht so eine komplette Analyse gemacht, aber ich glaube, es haben sich ganz viele Verschiebungen ergeben. Aber glücklicherweise hat sich das, was irgendwo weggebrochen ist, woanders wieder dazu begeben. Macht viel Arbeit, aber besser als nichts, keine Arbeit zu haben. Also von daher sind wir sehr, sehr froh. Es ist natürlich der Ausblick jetzt nach vorne. Also eigentlich seit zwei Jahren suchen händeringend nach einem neuen Standort, weil wir natürlich am liebsten unsere komplette Produktion in die eigenen Hände nehmen würden. Das ist für uns jetzt oberste Priorität. Wir haben das immer so ein bisschen am Rande verfolgt. Gerade in Hamburg ist es natürlich ein Problem was zu finden, viele Projekte haben sich dann zerschlagen. Wir würden aber gerne halt eben in Hamburg bleiben, weil das unsere Heimatstadt ist. Wir sind da auch mit zumindest einem Kollegen aus dem größeren Bereich hier im Norden am Gucken, ob wir vielleicht auch zusammen was aufbauen. Dann kann man sich doch ein bisschen sparen, als wenn sich jeder was kleineres dahinbaut.

Julia Wesseloh: Und das ist ja auch so ein bisschen unser Ansatz, deswegen haben wir als Unternehmen auch gegründet, nicht so irgendwie allein und Vollgas auf der Überholspur, sondern auch zu gucken, wo kann man auch zusammenarbeiten. So ein Sudhaus kann man sich sehr gut teilen.

Markus: Da können wir dir eigentlich nur unseren BierTalk mit Uwe Kalms ans Herz legen. Der hat nämlich auch mit einem Freund zusammen eine Brauerei gemacht, wo sie praktisch beide Gypsies in der eigenen Brauerei sind. Also sehr, sehr witzig. Bleibt uns eigentlich nur noch, dir, euch alles, alles Gute zu wünschen und vielen, vielen Dank zu sagen für die Zeit, für die Informationen und für diese tollen Biere. Also war ja wieder großartig dieses Potpourri. Das macht mir immer unglaublich viel Spaß, mal so eine Reihe zu verkosten und das eben auch mit demjenigen, der es gemacht hat. Also von meiner Seite aus schon mal vielen, vielen, vielen Dank!

Holger: Ihr werdet es nicht glauben, ich habe jetzt wirklich eine Vanillekugel reingetan. Und ich kann euch nur sagen, also wenn ihr eine Schwiegermutter habt und dann so Sonntagnachmittag Eiskaffee serviert, die merkt‘s nicht. He-he, die merkt’s nicht. Schönen Abend noch.

Julia Wesseloh: Und vielen Dank für eure Gastfreundschaft! Vielen Dank für die Einladung.

Oliver Wesseloh: Genau. Auch von meiner Seite vielen, vielen, herzlichen Dank! Schön, dass wir dabei sein durften. Wir haben uns die Biere ja geteilt. Also ich kann nur sagen, wenn ihr euch diese sechs Biere in diesem Tempo jetzt gerade alle komplett reingeschraubt habt, dann gute Nacht!

Holger: Ja, gute Nacht!

Markus: Gute Nacht! Ciao!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 31 – Interview mit Simon Rossmann, Betriebsleiter bei Giesinger in München

Simon Rossmann fand sich als frisch gelernter Braumeister auf einmal bei einer kleinen Garagenbrauerei in München wieder – und zeichnet mit verantwortlich für die rasante Entwicklung, die als „Bierlaboratorium“ begann und sich nun anschickt, das neue Highlight auf dem Oktoberfest zu werden. Sympathisch, bodenständig und natürlich ungemein kompetent, so könnte man den Betriebsleiter charakterisieren, bei seinen Bieren ist er zudem auch experimentierfreudig und kreativ, aber eben dennoch am Boden geblieben und der klassischen Münchner Bierkehle sehr zugetan, was diese auch sehr freut und für eine große Fangemeinde in der Landeshauptstadt sorgt. Im BierTalk mit Holger und Markus erzählt Simon nicht nur seine Geschichte und die der Brauerei mit ihrem neuen Brunnen, sondern verkostet auch fünf echte Schmankerl, das sollte man sich nicht entgehen lassen…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Herzlich willkommen zu unserem 31. BierTalk, wie immer mit dem …

Markus: Markus …

Holger: … und mir, dem Holger. Heute sind wir sozusagen voll in München und haben ein unglaubliches Gesprächsthema, nämlich die Giesinger Brauerei. Zu Gast ist der Simon Rossmann, das ist der technische Betriebsleiter dieser grandiosen Brauerei. Simon, grüß dich!

Simon Rossmann: Markus, Holger, ich grüße euch! Schön, dass ich dabei sein kann.

Holger: Es ist uns eine absolute Ehre. Also habe die Ehre!

Markus: Große Ehre. Ja.

Holger: Simon, magst du mal was zu dir sagen? Wer bist du, was macht dich aus, wieso Brauer und dann auch noch beim Giesinger? Also erzähl doch mal.

Simon Rossmann: Im Prinzip, wie kommt man zu sowas wie Brauwesen oder Bier brauen oder Bier trinken? Ich bin tatsächlich seit 2008 mit dabei und wir haben, da werden wir noch drauf kommen, in der Garage angefangen. Also ich habe schon zwei Erweiterungsstufen mitgemacht. Und ich selber habe in Weihenstephan Brauwesen studiert und fand immer schon faszinierend, ich wollte ursprünglich mal Lebensmittelchemiker werden, da ist es nicht dazu gekommen, dann Brauwesen studieren hat auch viel, viel Naturwissenschaften mit dabei. Und dann hat sich das so ergeben. Ich komme ursprünglich aus dem Allgäu, bin dann aber aufgrund des Studiums nach Freising beziehungsweise München. Und da schließt sich der Kreis wieder, kleine Brauerei quasi kennengelernt und hängengeblieben sozusagen.

Holger: Ja, sehr interessant. Wenn man so ein Leben eines Brauingenieurs Revue passieren lässt, was ja bei dir noch lange nicht der Fall ist, weil du ja noch so ein junger Mann bist, aber wenn man das jetzt täte, ich kenne da wenige, die in ihrem Brauingenieurleben zwei komplette Brauereien haben aufbauen dürfen. Das ist doch was ganz Besonderes, oder?

Simon Rossmann: Ja, also das macht man schon öfter, aber dann ist man im Anlagenbau beschäftigt, dann macht man das ständig. Aber selber quasi als technischer Leiter in der Brauerei ist es definitiv selten bis seltenst, vor allem in München. Also es kommt halt mal was dazu, da mal ein neues Teil nach Jahren, klar. Wir haben noch nicht so lange Brautradition, aber es ist dann doch schon bemerkenswert, was dahintersteht. Und da können wir gerne noch drüber reden.

Holger: Markus, du da, also mit deinen tollen Brauereien in Bamberg und Umgebung, also jetzt haben wir hier auch was, wo ich mal richtig mit angeben kann. Und du warst ja auch schon da, erzähl du doch mal.

Markus: Absolut!

Holger: Wie erlebst du Giesinger?

Markus: Naja, wie erlebe ich Giesinger? Ich erlebe das ganz toll. Also am Anfang, muss ich sagen, habe ich das etwas zwiegespalten erlebt, weil mein erster Kontakt war, dass ich die Giesinger Brauerei in unserem Brauereiführer aufnehmen wollte und angerufen habe und gesagt habe, schön, es gibt jetzt in München eine neue Brauerei. Und dann war die Antwort: Nein! Weil wir sind nicht München, wir sind Giesing. Und dann musste ich das erst mal lernen und verstehen, habe das aber mittlerweile auch verstanden und durchaus verinnerlicht. Und ich muss einfach sagen, ich fand das bisher jedes Mal toll. Also schon, wie es dort gelebt wird, wie es zelebriert wird, wie offen die Leute sind. Wie auch jeder, der da arbeitet im Service oder auch in der Brauerei, einfach liebe Menschen sind, mit denen man total schnell in Kontakt kommt. Die auch über all die Biere gut Bescheid wissen und die einfach wirklich das Gefühl vermitteln, man ist da ein bisschen zu Hause, und das vielleicht sogar besser machen als so manch 100 Jahre alter Familienbetrieb, den man auch so kennt. Also insofern, das hat mir schon immer gut gefallen. Und ich meine, noch zu dem letzten, wo du gerade drüber gesprochen hast, Holger, ich finde es halt auch spannend, wenn man dann eben auch selber dafür verantwortlich ist, dass man die Brauerei neu bauen muss, weil man eben so gut gebraut hat, weil man so viel Bier verkauft hat, dass man sagt, okay, jetzt brauche ich halt eine neue größere Anlage, um diesen neuen Bedarf auch decken zu können. Und das ist natürlich was, da kann man sich jeden Tag mal auf die Schulter klopfen und das darf man auch. Finde ich gut.

Holger: Unbedingt! Und apropos Schulterklopfen, und damit wir nicht verdursten und total in die Unterhopfung gehen, Simon, wir haben ja Biere vor uns stehen und leg doch mal eins fest, womit wir jetzt hier starten.

Simon Rossmann: Na ja, du hast von Unterhopfung gesprochen, dann würde ich doch sagen, machen wir als schönen Aperitif erst mal ein Pils, oder?

Holger: Unbedingt! Also da bin ich ja immer für zu haben.

Simon Rossmann: Beziehungsweise ein Kellerpils.

Holger: Ein Kellerpils. Genau, ein naturtrübes Pils.

Markus: Hat ja auch so die Aperitif-Größe. Also insofern machen wir …

Holger: Also schön, dass ihr da seid. Prost!

Markus: Prost!

Simon Rossmann: Sehr zum Wohle! Und man muss dazu sagen, selbst als Münchner wirst du ja Pils-technisch nicht gerade verwöhnt von den hiesigen Brauereien, weil es fast keiner mehr hat. Und ein Kellerpils kriegst du ja erst recht nicht. Wir sehen tatsächlich, dass das Pils immer mehr Nachfrage hat bei den Leuten. Und da kommst du auch ganz interessanterweise in die Gastro gut rein, weil ein Pilstrinker ist immer irgendwo mal dabei, aber bevor man jetzt nur diese industriellen Riesenbrauer schon aus Norddeutschland hat, hat man halt ein Münchner Produkt und das kommt relativ gut an.

Holger: Ja. Also mir schmeckt‘s auch hervorragend. Wie geht’s dir, Markus?

Markus: Ja, sehr fein. Also ich finde, das hat tatsächlich auch viel von einem Kellerbier, also so vom Mundgefühl her, von der Weichheit eben, wie das schön eingebunden ist. Auch nicht zu viel Kohlensäure. Das ist sehr angenehm. Und hinten raus kommt dann eben schon kernige Bittere und das sagt mir dann auch ordentlich was. Das finde ich auch schön. Das ist relativ schlank, obwohl es ja doch viel Alkohol hat. Also finde ich echt ein tolles, spannendes Bier und auch eins, was eben deutlich anders ist als das, was man in München vielleicht sonst so als Pils bekommt.

Holger: Und ich als Exil-Münchner kann nur sagen, endlich, endlich, endlich. Also Simon, jetzt starten wir doch mal. Also vor 14 Jahren hat die Erfolgsgeschichte angefangen in Giesing in einer Garage?

Simon Rossmann: Naja, Doppelgarage war es dann schon. Aber ja, es war eine in Untergiesing, muss man auch noch mal dazu sagen, so einfach ist es ja auch nicht. Und zwar in einem Hinterhof, muss man tatsächlich sagen. Und das war mehr oder weniger Zufall, es war jetzt erst gar nicht mal so der Hintergrund, es muss Giesing sein. Weil der Geschäftsführer, der Steffen, was er heute noch ist, der kommt ja ursprünglich gar nicht aus München, und der damalige Braumeister, der es mit ihm gegründet hat, auch nicht, der kommt aus Franken. Drum war das denen, in Anführungszeichen, erst mal „wurscht“, Hauptsache irgendwo was finden. Aber es hat natürlich wirkliche Fügung sein müssen und Giesing sich dann irgendwie angeboten. Wobei es halt natürlich in einem Hinterhof war, also sprich, Nachbarn und so weiter waren vor Ort. Und so wild konnte man dann natürlich auch nicht machen, wie man es ja sonst von Brauereien kennt. Also unabhängig von der Wirkung des Produktes, sondern einfach die Flaschen klappern, die Schrotmühle läuft und so weiter und so fort. Also es war nicht immer ganz einfach, aber wir haben das ganz gut hinbekommen auf jeden Fall.

Holger: Und du bist von Anfang an dabei oder bist du erst später dazugekommen?

Simon Rossmann: Ich bin 2008 dann dazugestoßen. Also ich bin keiner von den Gründern sozusagen, aber ich bin 2008 im Rahmen eines Praktikums dazugestoßen und natürlich für immer geblieben. Weil ich habe mir gedacht, die Chance musst du nutzen, in eine kleine Brauerei kommst du eigentlich so gesehen nicht, vor allem nicht in München. Und sowas aufstrebendes, da muss man quasi ja mehr oder weniger den Hopfen und das Malz nehmen und Bier draus machen, habe ich mir gedacht, und bin dann dabeigeblieben.

Markus: Damals schon die Vision gehabt, dass das so schnell so wird, wie es jetzt ist?

Simon Rossmann: Ich selber muss sagen, für mich war immer klar, da geht noch mehr, auch von den Sorten. Man muss ja auch dazu sagen, wir haben ja mit Nicht-Reinheitsgebotsbieren angefangen, also mit Gewürzbieren und Fruchtbieren. Das war eigentlich die Idee, auch mit dem Hang nach belgischem Vorbild, damals nur in einer anderen Version. Das heißt, von Reinheitsgebot war noch nie die Rede am Anfang, darum hieß es am Anfang auch Bierlaboratorium. Man hat aber natürlich sehr, sehr schnell gemerkt, dass die Leute auch mal nach Hell-, Weißbier, Dunkel fragen. Darum hat man angefangen parallel zu arbeiten. Aber für mich war immer klar, ich bin natürlich immer am Produkt und habe für mich auch gewusst, es geht immer noch mehr mit den Sorten. Da geht noch viel, viel mehr. Unabhängig davon, dass die Nachfrage natürlich gestiegen ist und München groß genug ist auch, um Bier zu verkaufen, in meinen Augen, vor allem Nischenprodukte, hat sich das definitiv fast von selber ergeben. Aber wir haben natürlich viel dafür tun müssen, keine Frage.

Holger: Ich weiß, ich hatte das erste Mal Kontakt, da war in der Birkenau ein Straßenfest, und da gab‘s dann Bier. Und ich denke, wow, also das ist ja richtig gut. Und dann ging die Erfolgsgeschichte weiter. Aber bevor wir weiter die Erfolgsgeschichte erzählen, würde ich doch vorschlagen, wir gehen auch ein Bier weiter. Was nehmen wir?

Simon Rossmann: Sehr gerne. Der Markus kann auch, wenn er will, vorschlagen.

Markus: Wenn ihr mich fragt, ich habe zwei Biere, die mich wirklich interessieren. Also die anderen bestimmt auch, aber wo ich sagen würde, das wäre so ein Schwerpunkt. Einmal natürlich ein Dunkles, weil ein Münchner Dunkel ist ja eigentlich so ein Urbierstil. Und das würde mich total interessieren, wie ihr den interpretiert. Also da, fände ich interessant. Und das andere wäre dieses Munique, weil allein das Etikett schon ganz viele Fragen in mir aufwirft. Und natürlich auch so diese Idee, einen untergärigen Bock entsprechend zu stopfen und spannend zu machen, das mich auch interessiert. Also das wären so die beiden, wo ich sage, die will ich auf jeden Fall getrunken haben.

Holger: Aber Markus, das war doch wieder nicht die Frage. Pass doch mal auf, verdammt. Also die Frage war doch, welches Bier wir als nächstes gerne trinken. Und da ist doch jetzt quasi nach dem Pils ein heller Bock, also das geht doch gar nicht, Markus.

Markus: Naja, also als Bierprofis muss das grundsätzlich natürlich immer gehen, weil (unv. #00:09:38.9#) …

Simon Rossmann: Ich wollte es grad sagen. Also …

Markus: … weißt du ja nie, was kommt. Auf der anderen Seite gebe ich dir natürlich Recht, wir wollen ja das auch ein bisschen nachvollziehbar machen. Also dann klettern wir die Leiter halt langsam hoch und dann müssen wir jetzt eigentlich von dem Pils zum naturtrüben Kellerbier und dann zum Märzen und können dann halt zum Munique.

Simon Rossmann: Um die Reihe in meinen Augen weiterzuspinnen, würde ich jetzt aufgrund des Anlasses natürlich das Festbier nehmen, dann das Dunkle und dann tatsächlich den hellen Bock zum Schluss.

Holger: Ich mach’s auf.

Markus: Also hinein.

Holger: Bitte schaut auf diese Farbe, schaut auf diese Farbe. Ist das nicht großartig? So ein schönes Festbier.

Simon Rossmann: Ja, man beachte auch den Schaum, diesen beigefarbenen cremigen. Also ich sag immer, da will man reinbeißen.

Markus: Ist das das Wiener Malz, was das macht?

Simon Rossmann: Genau. Unser Märzen ist tatsächlich kein, sage ich jetzt mal, 60er-Jahre-Stil Münchner Märzen, sondern ich habe tatsächlich ausschließlich Wiener Malz drin und zwei spezielle Karamell-Malze. Und von der Hopfung Spalter Select, sowohl in der Bittere als auch im Aroma deutlich. Und ja, wenn man sich auch mal so die Geschichte des Märzens anschaut, dann war Märzen nie ein Stil, der wenig Hopfen vertragen hat, sondern der war schon immer ordentlich hopfig. Und das passt ja auch ganz gut zu dieser Restsüße. Also ich bin gespannt, was ihr sagt, ist für mich selber auch ein schönes Bier, was ich sonst immer gerne trinke. Zum Wohle!

Markus: Ja, es trinkt sich wunderschön. Zum Wohle! Also ich finde, was ich ganz toll wiederfinde, ist das Mundgefühl, finde ich ganz schön, schön cremig. Dann hat man in der Nase ja schon diese leichten Röstaromen, malzigen Aromen, die sich dann eben mischen mit den Hopfen, ein bisschen grün, grasig, kräutrig. Und dann, wenn man es im Mund hat, dann kommt das Wiener Malz so schön rüber, das mag ich auch gern, und Karamell-Noten, und dann verbindet sich das am Ende schön zu so einer kleinen Geschmackssymphonie, die dann am Ende auch wieder sagt, ein bisschen Bittere ist doch da und jetzt trockne ich den Mund aus und dann hast du wieder Lust weiterzumachen. Und das ist wirklich ein sehr, sehr schönes, angenehmes Bier, wo man wirklich einfach sagt, schön, da sitze ich, da trinke ich zwei, drei, vier, habe einen schönen Nachmittag. Gefällt mir echt gut. Holger, was sagst denn du?

Holger: Ich kann euch nur zustimmen. Ich finde auch, einfach die Karamellnote, die da ist und dann aber trotzdem kommt dann im Nachtrunk eben auch diese schöne Hopfenbittere. Und das ist so wunderbar in der Balance. Ich habe das ja gerade schon erwähnt, und das sage ich nicht, um hier Punkte zu sammeln im BierTalk, sondern das ist wirklich so. Also das Giesinger Märzen ist eines meiner absoluten normalen Trinkbiere geworden, wenn ich jetzt nicht professionell trinke, sondern einfach nur für mich. Und alleine das schon ist, glaube ich, eines der größten Komplimente, die ich überhaupt einem Bier machen kann.

Markus: Da könnte ich ja jetzt so ein bisschen neckisch auch sagen, ist jetzt schon das zweite Bier, was fast so ein bisschen fränkisch inspiriert ist, also so von der Idee her, von der Drinkability, vom Gesamten, von der Komposition her sind wir hier ja relativ weit weg bei beiden Bieren vom klassischen Münchner Ideal. Finde ich ja gut.

Simon Rossmann: Genau. Es kommt ja auch noch dazu, dass du ja, in Anführungszeichen, kein Märzen mehr findest. Und auch das Oktoberfest, was ja eine andere Brauart ist, wir haben ja definitiv die Bernsteinfarbe hier, ich wollte auch kein helles Märzen machen in diesem Sinne. Wir haben aber hier auch dieses, was ich immer schön finde bei diesem Bier auch, diese nussige Seite vom Malz, die nicht immer so oft durchkommt bei Bieren. Das ist tatsächlich auch so, wir haben ja auch schon Rauchbiere gebraut, so ist es auch nicht, da kann man viel machen mit dem Malz. Und für mich war die Idee, ein Märzen technisch einfach mal den Leuten zu zeigen, auch im klassischen Stil, gut, wir haben 5,7 %, es geht noch mehr. Da kannst du Malz perfekt in Szene setzen, ohne gleich wieder wie bei einem Dunklen vielleicht zu kräftig zu werden, was viele schon von vornherein ausschließen. Aber Märzen ist so, in meinen Augen, unsere Verknüpfung für jemanden, der sonst nur Helles trinkt, auch mal übers Märzen vielleicht zum Dunklen zu kommen. Das werden wir ja gleich noch mal erleben. Aber es ist definitiv eine schöne Geschichte, vollmundig, geht in viele Richtungen, man kann mit dem Bier, wie es der Holger richtig sagt, einfach nur trinken, einen schönen Tag haben. Man kann aber tatsächlich auch darüber reden und das macht‘s Märzen eigentlich so spannend, und das ist auch tatsächlich so ein kleiner Geheimtipp bei unseren Kunden, Gästen: Märzen ist immer gern gesehen. Eine schöne Anekdote ist auch, um kurz auszuholen, das habe ich das erst Mal eingebraut in diesem Stil, wie es jetzt ist, 2014 ja eben, und war dann im Stüberl oben und da war ein Rentnerstammtisch oben, alle Märzen getrunken. Und dann kam ich damals mit meinen 31 und sage: Wieso trinkt ihr denn alle Märzen? Dann kam sofort die Antwort: Ja, das kennen wir doch noch aus der Jugend aus den 70er Jahren, da gab‘s noch in München Märzen. Aber sie sind so begeistert, und wenn man das schafft, dann denke ich, dann ist es eine wunderschöne Geschichte, dass man jemand nach Jahren, wo sie doch ihr Jugendbier, weil es die Großbrauereien nicht mehr machen, wiederfinden, ironischerweise wieder von einem jungen Brauer gebraut genießen können, dann muss ich schon sagen, dann freut man sich und kann wunderbar auch heimgehen und sagen: Okay! Da können wir weiter anknüpfen. Geheimtipp, wie gesagt.

Holger: Jetzt würde ich fast vorschlagen, wenn ihr beide einverstanden seid, jetzt haben wir ganz lange übers Märzen gesprochen, wir gehen jetzt noch mal ein Bier weiter, dann aber noch mal in die Geschichte zurück. Wir sind ja immer noch in der Doppelgarage, aber irgendwann …

Simon Rossmann: Genau.

Holger: … wurde daraus ja mehr. Und jetzt haben wir gesagt, wir machen das Dunkle auf, oder?

Markus: Da gefällt mir ja der Deckel schon mal super. Blau ist ja meine Lieblingsfarbe und mit diesem Gelb zusammen, sehr schön.

Simon Rossmann: Man beachte auch den Mond im Vergleich zu, die Erhellung habt’s ihr jetzt nicht, aber auch beim Pils, also es sind auch viele Details in unseren Etiketten immer, aber sind wir mal gespannt.

Markus: Da werden sogar die Bäume blau beim Dunklen.

Simon Rossmann: Genau. Das passt auch recht gut, wenn wir das Dunkle und das Märzen jetzt gerade angehen, Holger, wenn du sagst, Geschichte. Weil das sind ja trotzdem noch Biersorten, die ich nach wie vor in der, in Anführungszeichen, „alten“ Brauerei in der Martin-Luther-Straße braue, aber natürlich in einer neuen Abfüllung. Unser Dunkles ist eigentlich auch natürlich naturtrüb und hat aber auch eine Power an Malzen mit dabei. Wir haben eine kräftigere Stammwürze mit 13,5, wir haben Münchner Malz mit drin, wir haben dunkles Karamellmalz, Röstmalz, zwei verschiedene, haben Hallertauer Tradition und Tettnanger mit drin. Ich bin gespannt, wie es euch mundet. Also zum Wohle!

Holger: Zum Wohle!

Markus: Prost!

Simon Rossmann: Auch nicht zu gefärbt, also es ist kein Röstmalz-Bier drin. Es kommt tatsächlich über das Maisch-Verfahren und über die Malzsorten rein diese Farbe. Es ist auch kein Gramm helles Malz oder Wiener Malz drin, ausschließlich Münchner Malz und diese Spezialmalze.

Holger: Markus, da lacht doch schon wieder das Frankenherz, oder?

Markus: Auf jeden Fall. Es strahlt über beide Ohren sozusagen. Ich sag mal so, es geht ja schon los, wenn man sich das Bier anschaut. Man hat diese wunderschöne Kastanienfarbe, wie auch immer man es genau bezeichnen will, es ist so ein schöner rötlicher Schimmer in diesem Dunkelbraun, Rostbraun. Oben drüber steht der Schaum schön dicht, so mittelgrobe Poren, würde ich sagen. Dann eben auch leicht getönt, also passt sehr schön dazu. Es ist so leicht trüb, würde ich mal sagen, so ein kleines geheimnisvolles Leuchten hat man hier. Und wenn man dann reinriecht und reinschmeckt, dominieren diese Röstaromen. Heißt dann auch, schon so ein bisschen schokoladig und vor allem kaffeeiges Aroma mit dabei. Also wo man wirklich auch merkt, dass da die Röstmalze entsprechend eine Rolle spielen. Im Mund, finde ich, kommt dann aber auch die Süße schön, also wo man fast so ein bisschen Honigtöne schon hat. Und insgesamt es wirklich eine sehr angenehme runde Geschichte ist. Für mich eine etwas höhere Kohlensäure jetzt, sehr gut, passt auch schön zu dem Bier, und sorgt vielleicht auch ein bisschen dazu, dass man hinten raus dann wieder ein bisschen frischer wird und sagt, okay, jetzt kann es wieder weitergehen und man nimmt den nächsten Schluck. Also sehr angenehm und mich hat es wirklich schon gefangen sozusagen. Also bin ich gerne dabei.

Holger: Sehr schön. So, Simon, jetzt machen wir weiter. Also ihr habt dann irgendwann mal mehr vorgehabt und dann habt ihr nach einer Lokalität gesucht. Da war ja eigentlich schon klar, es muss in Giesing sein, oder? Und dann kam die Martin-Luther-Straße, oder ging das nicht so nahtlos?

Simon Rossmann: Tatsächlich war es ein Zufall. Wir haben ja immer schon überlegt: Wo könnten wir hin? Da gab‘s ja die Kraemer Mühle, ich weiß nicht, ob euch das was sagt, auch in Giesing. Das war eine ehemalige Malzmühle, da ist jetzt eine Rösterei drin und Büros. Also das war schon immer irgendwie im Gespräch, irgendwo könnten wir noch mal was machen. Tatsächlich ist man, ja, wie man halt immer am Anfang so ist, nie dazu gekommen. Es hat auch sämtliche finanzielle und hintergründige Geschichten gehabt, das nicht zu machen, weil man musste ja erst mal schauen, wollen die Leute das überhaupt? Tatsächlich hat sich das durch einen mehr oder weniger Zufall ergeben, weil wir sind ja auch eine GmbH, also eine private Brauerei. Und im Zuge dieses Suchens beziehungsweise Findens einer neuen Lokalität haben wir auch einen jetzigen Gesellschafter kennengelernt, der Veranstaltungen in München macht und für sich gesagt hat, ja, er würde seine Veranstaltungsräume freigeben beziehungsweise seine Lagerflächen auslagern, weil er vergrößert. Und dann war die Option, dass wir quasi uns das mal anschauen können. Ihm gefällt das Bier und ob das nicht was für uns wäre. Und ihr wart ja schon beide vor Ort, es ist natürlich genau die richtige Lage am Giesinger Berg. Ja, es war halt dann mittlerweile Obergiesing, aber wie auch immer, Giesing trotzdem noch. Und da mussten wir einfach sagen, das muss gehen, diese Chance haben wir nur noch einmal, und dann ging’s halt wieder los. Und so ist es dann auch gekommen.

Holger: Und dann habt ihr ja auch noch mal eine Gastronomie noch zusätzlich dazu genommen, das Giesinger Bräustüberl.

Simon Rossmann: Genau.

Holger: Und das ist ja auch noch mal eine Challenge, quasi eine Brauerei aufzubauen, eine Brauanlage da reinzubauen, diesen ganzen Standort in Betrieb zu nehmen und dann gleichzeitig auch noch eine Gastro da rein zu machen mit Küche und mit allem. Also das ist schon was.

Simon Rossmann: Der Punkt ist ja, die Idee war nie, Gastro zu machen erst mal. Die Idee war immer, wir machen einen Verköstigungsraum, wo es dann Brotzeiten gibt. Das hat sich natürlich sehr schnell erledigt, weil dementsprechend sind die Anfragen gestiegen und so weiter und so fort. Und dann, ja, man weiß ja, wie es in München mit Gastro ist, das ist auch nicht immer ganz einfach, geschweige denn spätestens welche Kassensysteme nimmt man, wie schaut es da aus? Also da kommt man dann richtig ins Strudeln. Und da war ich zum ersten Mal froh, dass ich tatsächlich beim Bier bleiben darf und nicht wie der Steffen sich dann total in diese Gastro reinschmeißen musste. Weil irgendwie, wenn mal das Rad läuft, dann läuft’s. Es ist aber nach wie vor ganz wichtig für uns gewesen, weil natürlich das ein extremer Werbeeffekt auch fürs Bier war, einfach vor Ort das Bier zu trinken. Und davor konnten wir in der Garage maximal fünf, sechs Leute drin haben, beziehungsweise wir haben samstags immer Braukurse gemacht, und da waren dann mal 15, 16 Leute da, aber dann war die Hütte voll. Und da konnte man halt mit 100 Leuten am Anfang plus Gastro plus Essen, was natürlich immer zum Bier auch gehört, punkten, und das hat uns ganz weit nach vorne gebracht, muss man trotzdem dazu sagen. Also es war in jeglicher Hinsicht vogelwild das zu machen. Aber wie wir halt immer sind, einfach wäre uns zu langweilig, habe ich manchmal das Gefühl. Es muss immer eine Extrem-Herausforderung sein. Aber wie gesagt, das hat funktioniert. Ja.

Markus: Ich finde, das hat man auch ganz gut erlebt oder erlebt es auch ganz gut, wenn man sich dann bei euch mal die Speisekarte anschaut. Also das heißt, man hat ja wirklich so ganz traditionelle Urmünchner Gerichte, also wo man teilweise Teile von Tieren isst, die ich noch nie im Leben gegessen habe. Man hat mir erzählt, das sind wirklich klassische, typische Münchner Dinge, die auch gut schmecken, habe ich ja vor Ort dann auch schon probiert. Und auf der anderen Seite gibt’s dann zum Beispiel auch einen Eisbock, den man eigentlich kaum in einer Brauerei bekommt, live serviert aus der Tiefkühltruhe, der dann am Tisch zelebriert wird. Und das sind dann eigentlich so die beiden Enden der Fahnenstange. Also einmal bodenständig, klassisch, dass auch der Urmünchner sagt, Mensch, da gehe ich hin, hat einen vernünftigen Preis, gute Qualität, spannendes Essen, fühle mich einfach zu Hause. Und auf der anderen Seite eben, wenn ich wirklich mal was Besonderes will, eine besondere Spielerei rund um das Thema Bier, dann bekomme ich das auch nur bei euch. Und das fand ich wirklich eine tolle Kombination.

Holger: Wenn man das alles so haargenau plant, und ich glaube, wenn man das bei euch so gemacht hätte, dann wären da ja viele schlaue Köpfe gewesen, die wahrscheinlich auch gesagt hätten: Oh! Zu schnelles Wachstum ist auch nicht gut. Und schaffen wir das? Und jetzt müssen wir erst mal einen entsprechenden Personalplan machen und so weiter. Es ist einfach erst mal passiert.

Simon Rossmann: Genau.

Holger: Es war eben eine Herausforderung und dann hat es einfach geklappt. Wir nehmen jetzt das Kellerbier, ich mach es jetzt mal auf. Wunderbar!

Markus: Da bin ich ja jetzt mal sehr gespannt.

Holger: Jetzt haben wir ja mit dem Oberfranken so einen Kellerbier-Experten in unserer Runde. Also was mir auf jeden Fall auffällt, es ist natürlich auch wieder naturtrüb, wie so ein Kellerbier halt auch zu sein hat. Und dann aber auch so eine ganz tolle schöne goldgelbe Farbe und ein schöner weißer Schaum. Wenn man jetzt also reinriecht, hat man eben so schöne Malznoten. Naja, und es ist eben ganz weich, es hat kaum Kohlensäure, wie sich‘s eben für ein Kellerbier auch geziemt. Und es ist rund und ausbalanciert und die Hopfennote lässt sich erahnen. Aber die Malz-Aromatik steht total im Vordergrund und macht auf jeden Fall auch hier wieder Lust auf einen zweiten Schluck. In der Sommelier-Sprache darf man es ja eigentlich nicht sagen, aber das ist eben süffig. Das ist eben einfach süffig. Und es hören ja auch normale Leute zu, und was soll ich hier da …

Simon Rossmann: Du meinst Nicht-Sommeliers?

Holger: Genau. Also was soll ich mich da lumpen lassen?

Markus: Was ich tollfinde, ist da, dass diese Zitrusnote auch schön rüberkommt.

Simon Rossmann: Genau. Auf das wollte ich gerade raus. Die Idee ist ja immer, wir sind ja in München und es trinkt ja, und man merkt es auch an den Jüngeren, es wird nur noch Hell getrunken. Und dadurch, dass wir ja quasi schon zwangsweise naturtrüb sind, ist es ja gar kein klassisches Helles. Wenn man’s einordnen würde, hat es eher Export-Charakter. Dafür ist aber die Hopfenaromatik zu deutlich. Und ich wollte bewusst damals ein Bier erschaffen als Hauptbier, ich meine, das ist 75 % von unserem Anteil, ein Bier, was einzigartig ist, im Prinzip wie so eine eigene Marke, also weder Helles noch Export, aber für sich steht deswegen ja auch Erhellung. Wir haben naturtrübes Kellerbier, da muss man halt auch aufpassen, es ist jetzt nicht im Prinzip unser Hauptbier, wenn es in Franken wäre. Weil da gebe ich dir recht, Markus, dann wäre das Märzen eher ein klassisches fränkisches Kellerbier, auch von der Farbe schon, aber es ist, wenn man so will, dann ein Münchner Kellerbier, aber halt nicht einfach nur ein Standard naturtrübes Helles, sondern da steckt schon mehr dahinter. Wir arbeiten auch mit Karamellmalz mit drei verschiedenen Hopfensorten. Ja, das ist unser Aushängeschild und ich freue mich nach wie vor jedes Mal, wenn jemand sagt, ich trinke noch eins und noch eins, dann passt das ja super.

Markus: Und so schön weich vom Mundgefühl. Also das finde ich wieder schön. Macht ihr denn grundsätzlich alles im Dekoktionsverfahren oder gibt’s da ein Geheimnis dahinter, dass es so weich ist?

Simon Rossmann: Tatsächlich ist das, diese Erhellung ist Infusion genauso wie das Pils. Jede Biersorte hat bei mir ein anderes Maischverfahren tatsächlich. Und die Erhellung und das Pils, was wir gerade getrunken haben, wurde schon auch hier in der neuen Brauerei hergestellt, wo wir vielleicht jetzt auch den Switch machen können, schon mit diesem neuen weichen Brunnenwasser. Davor habe ich natürlich in der alten Brauerei mit Sauermalz gearbeitet, um diese harsche Härte vom Münchner Wasser abzufedern. Aber ich gebe dir recht, tatsächlich haben wir ein bisschen mehr Weichheit noch, und die lässt den Hopfen noch ein bisschen spannender rauskommen als tatsächlich davor. Es ist eleganter geworden noch, muss ich tatsächlich sagen.

Holger: Das ist doch eine wunderbare Überleitung jetzt zum neuen Standort. Du hast jetzt gerade davon gesprochen, naja, das ist halt schon das Brunnenwasser, was ja eine deutsche härte von null hat, also gar keine Härte.

Simon Rossmann: 0,6.

Holger: Ja okay, okay. Jetzt erzähl doch mal, also da gab‘s eben diese Crowdfunding-Aktionen und dann seid ihr so richtig durchgestartet. Das ist doch jetzt eine super Überleitung.

Simon Rossmann: Ja, wir haben ja schon einige von diesen Crowdfunding-Geschichten ausprobiert und immer auch am Anfang erst mal mit dem Hintergrund, natürlich Stammkunden zu akquirieren und Leute zu begeistern und mal was anderes auszuprobieren an Finanzierungsmöglichkeiten, nicht immer nur klassisch Bank und wie auch immer. Aber wir haben uns überlegt, okay, wir wollten einen Brunnen bauen und da werden sämtliche Analysen davor gemacht und Horizonte angeschaut, also total spannend auch im Geografischen. Über 100 Meter, wenn du runter willst, schaltet sich auch das Bergbauamt ein, also hochspannend, was da passiert. Ja, man geht ins Erdreich rein. Und kurzum, wir hatten eigentlich geplant, dass der Brunnen so für 300.000, 400.000 Euro erschwinglich war bei dieser Tiefe. Wir mussten aber noch mal gefühlt 30 Meter weiter. Und das hat dazu geführt, dass wir auch ein bisschen höhere Kosten hatten. Und da haben wir doch gesagt, komm, da machen wir doch noch mal eine Crowdfunding-Kampagne. Ich hätte ja persönlich als Brauer, als Produktionsleiter nicht gedacht, dass das Thema Brunnen für, ich sage jetzt mal, Bierfans oder Unterstützer so spannend sein kann, dass man wirklich sagt, hey, komm, da investieren wir. Also gigantisch, was da an Feedback kam. Und jetzt steht er da, Holger, du hast ihn gesehen, er läuft, und ist jetzt auch verantwortlich dafür, dass wir tatsächlich auch offiziell Münchner Bier haben. Weil das war die letzte Station, die man noch benötigt, um, wenn es um geografisch geschützte Sachen geht, natürlich kommt‘s auch auf die Sorte an, aber Wasser ist ein wichtiger Punkt, um wirklich Münchner Brauerei zu sein.

Markus: Das ist ja, glaube ich, auch das, was das Ganze eben so sexy gemacht hat für die Fans und für eure Freunde einfach, weil sie gesagt haben: Okay! Wenn ihr eine vollwertige Münchner Brauerei seid, dann habt ihr ganz andere Möglichkeiten. Werden wir auch noch drüber sprechen. Und eben dieser letzte Schritt ist der Brunnen. Und ich glaube, das war dann auch das, weswegen da alle dann gesagt haben: Okay! Das muss jetzt noch sein. Und war das dann ein bisschen so wie man das aus diesen amerikanischen Filmen vom Erdölbohren kennt, dass ihr dann so alle zusammengesessen seid und es ging noch einen Meter tiefer und noch einen Meter, und man hat überlegt, wann kommt jetzt endlich das Wasser? Und irgendwann war der Durchbruch und es spritzt, und dann habt ihr gesagt: Super! Oder wie können wir uns das vorstellen?

Holger: Du guckst eindeutig zu viel Fernsehen.

Simon Rossmann: Wir haben ja alle inoffiziell tatsächlich auf Erdöl gehofft. Nein, tatsächlich ist es ja so, wir haben weder einen artesischen Brunnen, also der selber Druck hat, noch ist es eine Blase. Tatsächlich ist der Sand, also das Wasser im Sand gespeichert und das sickert nach und nach durch quasi. Rohre, die perforiert sind, beziehungsweise Schlitze haben und dann wird es nach oben gepumpt. Tatsächlich werden am Anfang oder es wird erst mal eine Probebohrung genommen, wir wussten tatsächlich erst kurz vor knapp, haben wir überhaupt Wasser? Und allein die Genehmigung hat ja schon zwei Jahre gedauert und wir hatten keinen Plan B. Wieder mal, das ist diese Nummer Richtung zweites Werk, Gastro, ja oder nein? Ja, machen wir halt, wird schon gehen. Wie den Brunnen auch, wir hätten keinen Plan B gehabt. Es liegt hier kein Wasseranschluss da, der diese Brauerei so extrem fördern könnte oder versorgen könnte. Den hätten wir erst erschließen müssen über riesengroße Sachen. Das heißt, am Ende des Tages war das so der erste Punkt, wo ich dann wieder ruhig schlafen konnte, als es dann hieß vom Brunnenbauer, Wasser ist da. Dann wussten wir zwar noch nicht, wie viel oder wie viel gefördert werden kann, aber wir waren schon immer Giesinger Bräu, am Ende funktioniert‘s dann tatsächlich wieder immer. Und dementsprechend haben wir jetzt auch das nächste Kapitel für uns abgeschlossen.

Holger: Also so klassische Unternehmensberater, die hättet ihr nicht engagieren dürfen, weil sonst wäre es nie was geworden. Jetzt wollen wir nicht gehässig sein.

Simon Rossmann: Ich sage immer, das war die teuerste Marketingausgabe ever. Aber ich bin ja nur Brauer, also deswegen. Nein, es ist tatsächlich spannend, wenn man auch tatsächlich eine andere Wertschätzung zum letzten Rohstoff, was man sonst eigentlich nie so, selbst in Sommelier-Kreisen nicht groß, in Anführungszeichen, im Mund nimmt, ist das Wasser tatsächlich, und jetzt aber verantwortlich zu sein über Jahrtausende altes Wasser und daraus einfach Bier zu machen. Wenn man sich vorstellt, irgendjemand vor 5000, 6000, 7000 Jahren hätte gewusst, dass aus diesem Regenwasser mal Giesinger Bier wird, und wir reden jetzt über die Weichheit, das ist dann schon irgendwas, was ja noch so ein bisschen eiskalt den Rücken runterläuft und irgendwie dann doch spannend ist die ganze Geschichte.

Holger: Mir ist das auf jeden Fall eiskalt den Rücken runtergelaufen, wo ich jetzt diese riesengroße, ja, eigentlich Produktionsanlage, Brauerei da gesehen habe. Also dann auch die Tanks, wo dann eben diejenigen, die sich auch engagiert haben, da durften dann Leute ihre Hobbys sagen und da hat dann einer gesagt, ich angle gerne und trinke gern Bier. Und da ist einer der Tanks eben dann so graffiti-mäßig lackiert worden. Das gibt’s ja alles nur bei euch, also das gibt’s ja sonst nirgendwo. Wenn man auf eure Homepage geht, dann kann man sich über die Menschen, die Giesinger ausmachen, im Inneren sozusagen informieren. Und ich glaube, das ist es. Wir sagen alle, Bier ist Heimat und so, Bier ist local, also sing global drink local und so, da gibt’s ja T-Shirts dazu, aber ihr macht‘s einfach. Und das ist so großartig. Weil es so großartig ist, gehen wir jetzt ins Finale und holen uns …

Simon Rossmann: Gerne.

Holger: … hier noch so einen schönen, hellen, untergärigen Bock in die Runde.

Markus: Da muss man vielleicht noch ein bisschen dazu denken, wenn du grad so von Gänsehaut und Vorstellungen sprichst, ich glaube, das ist vielleicht auch das, was eben jetzt einerseits euren Fans, aber sicherlich auch euch selber und vielleicht auch der Konkurrenz so ein bisschen Gänsehaut verursacht, wenn man sich überlegt: Okay! Ihr seid jetzt dann eine vollwertige Münchner Brauerei. Wir haben dann nächstes Jahr im September den Einzug, den Festeinzug der Brauer zum Oktoberfest, und dann rollt vorne dran ein Giesinger Pferdefuhrwerk mit Bier. Und es gibt dann ein riesengroßes Zelt und dann ist man Bestandteil dieser Veranstaltung. Also nächstes Jahr ist vielleicht ein bisschen bald gesagt, aber grundsätzlich ist das doch sicherlich auch Gänsehaut, dass man sagt: Okay! Es wurden so viele Hürden in den Weg gelegt und so viele Dinge gemacht, wo man eigentlich gedacht hat, das ist sowas, das ist niemals möglich. Und dann hat man es in relativ kurzer Zeit geschafft, aus einem relativ kleinen Ding raus so sich zu entwickeln, dass man das tun kann. Ich glaube, das ist schon was, wo man dann auch irgendwann später seinen Enkeln und Urenkeln erzählen kann, Mensch, wir haben wirklich Biergeschichte geschrieben. Und da finde ich, passt dann auch dieses Bockbier ganz gut dazu, weil sowas ähnliches gibt’s ja dann vielleicht auch in eurem Zelt, oder? Denkt ihr schon an solche Sachen?

Simon Rossmann: Weiß ich nicht, aber ich weiß auf jeden Fall, dass wir 2020 haben und ich würde doch nicht mit irgendwelchen Pferden, ich weiß schon, das ist immer spannend, also auch wieder aus meiner Sicht, wir werden sehen, was dann passiert, ich würde dann natürlich mit dem neuesten MAN, was weiß ich, TGX vorfahren, weil ich meine, was bringen mir die Pferde? Ich meine, so wird ja kein Bier mehr ausgeliefert. Das heißt, man muss ja dann auch am aktuellen Stand bleiben und das kann man ja auch kombinieren. Vielleicht sind dann die Pferde im Lkw drin bei ein paar Paletten Bier, ich weiß es nicht. Oder ein paar, nicht Holzfässern, sondern Edelstahlfässern oder vielleicht sogar Edelstahltanks, wie es ja auf der Wiesn der Fall ist. Nein, man muss natürlich die Tradition noch ein bisschen für die Touristen ausweiten.

Markus: Jetzt hast du, glaube ich, einigen Leuten einen halben Herzinfarkt beschert.

Simon Rossmann: Nein, tatsächlich denke ich, aufgrund der Größe ist es schwierig, da jetzt eine Aussage zu treffen, weil das steht noch alles in den Sternen und wir müssen ja erst mal schauen hier, was weitergeht. Aber wer weiß, was passiert? Wir haben tatsächlich damals unser Zehnjähriges gefeiert, am Hohenzollernplatz war das, und haben da so zwei kleine Ponys mit einer Bierkutsche geholt. Mit Absicht, da haben nur zwei Leute draufgepasst. Wer weiß, was demnächst passiert?

Markus: Eben. Es geht ja auch eher ums Träumen, es geht ja nicht unbedingt darum, dass man das jetzt schon irgendwie festmacht oder so, sondern einfach diesen schönen Traum, den ihr nach und nach verwirklicht habt, einfach vielleicht ein bisschen weiter zu träumen.

Simon Rossmann: Wir haben ja schon zum Aprilscherz mal ein Wiesn-Zelt zeichnen lassen und Fotos auf der Wiesn gemacht. Und ich habe heute noch Leute, die zur Rampe oder die zu mir in die Brauerei kommen und sagen: Ja, aber nächstes Jahr gibt’s euer Oktoberfest-Bier wieder. Also, wenn ich es nicht weiß, dann weiß es keiner. Ja doch, ich war doch bei euch im Zelt. Und dann sage ich, auch wenn ich das wüsste, dann wäre ich dabei gewesen. Also was bedeutet das? Offensichtlich hat das so gefruchtet, dass wir theoretisch schon präsent sind, ohne präsent zu sein. Das ist ja auch schon mal ein Schritt weiter für die nächste Richtung, oder?

Markus: Cool! Das ist ja fast schon metaphysisch.

Simon Rossmann: Schauen wir mal.

Markus: Wahnsinn! Also gut.

Simon Rossmann: Es ist verrückt.

Markus: Lasst uns mal an dieses wunderschöne Bierchen gehen, wo schön auch Munique draufsteht.

Holger: Das ist ja ein Collab, ne?

Simon Rossmann: Ja, damals habe ich mit dem Frank Pfeifer und dem Michael Geißler von Hopsteiner quasi diese Kollaboration gemacht, einfach aufgrund des Hopfens, was damals ja auf diesen Zuchtfeldern steht, wird meistens sonst irgendwo reinverschnitten oder in die Biogasanlage gefahren. Da haben wir tatsächlich mal gesagt, oder der Alex Feilner, besser gesagt, von der Züchtung hat gesagt, ich ernte mal alles ab und pelletiere das im Labor und dann nennen wir den Unique sozusagen. Und wie das eine zum anderen kommt, haben wir natürlich gesagt, da müssen wir Munique draus machen. Und so ist der helle Bock entstanden, weil ich ja auch sehr großer Freund von hellen Bockbieren bin, aber die findest du ja in München, abgesehen vom Andechser Bergbock und einmal im Jahr vom Augustiner Maibock, auch nicht mehr. Dementsprechend haben wir das eigentlich übers Jahr. Und es ist unglaublich, das zieht jedes Jahr noch mehr an. Ich hätte es nicht gedacht. Auch wo es immer heißt, es wird immer weniger getrunken und weniger Alkohol, können wir nicht in dem Sinne unterschreiben, weil offensichtlich hat dieses Bier was, so habe ich es dann auch eingebraut mit den anderen, was ein heller Bock haben muss. Wobei, wir sind hier jetzt, wie gesagt, in Maibock-Richtung, auch von der Farbe, auch wieder ein bisschen bernsteinartig. Wir haben ein unglaubliches Hopfenaroma und natürlich auch eine Bittere da. Wir sind da bei 40, 45 Bittereinheiten, die man aber so gar nicht merkt, weil wir eine hohe Restsüße haben trotzdem. Also ein gefährlich süffiges Bier auch wieder, was auch immer mehr Freunde mit sich bringt. Unglaublich!

Markus: Dann lassen wir den Dschinn mal aus der Flasche, oder? Moment! Flaschengeist sozusagen.

Simon Rossmann: Ich habe es schon eingeschenkt. Aber das macht ja nichts.

Markus: Wir haben noch geträumt.

Simon Rossmann: Genau.

Holger: Aber Simon, wenn ich dir jetzt so zugehört habe, das ist schon klasse. Weil ich meine, hundertprozentig ist es so, dass alle das ja auch beobachten, also auch von den angestammten Brauereien, alle werden das beobachten. Und was du da auch dann als Braumeister auf die Füße stellst und so wie du es auch erklärst, welche Gedanken dahinter sind und wie du an die Rezepte dann letzten Endes dich gedanklich herantastest und sie dann umsetzt und so, also ich weiß auch nicht, wieso, aber ich musste jetzt an Walter Röhrl, den ja jeder kennt, der Rallye-Weltmeister. Und wisst ihr eigentlich, wie der damals dann zu Audi kam? Wisst ihr das eigentlich?

Markus: Nein.

Simon Rossmann: Wenn du es nicht weißt, dann weiß es keiner mehr.

Holger: Ihr wisst es wieder nicht. Deshalb erzähle ich es euch. Und zwar war das so, der Walter Röhrl, der ist ja auch für Opel gefahren und der war ja wahnsinnig erfolgreich, weil er einfach ein Genie ist. Und dann hat der Ferdinand Piëch, Gott hab ihn selig, der hat dann irgendwann entschieden, pass auf, hol den Kerl zu uns, weil es ist billiger mit ihm zu fahren als gegen ihn. Da musste ich grad einfach dran denken.

Simon Rossmann: Das kennt man.

Markus: Das heißt aber, würde ja dann logischerweise bedeuten, dass bei dir alle zwei Tage ein Übernahmeangebot im Briefkasten liegt, oder?

Simon Rossmann: Na ja, sagen wir es mal so, die Branche ist vielleicht nicht so geldträchtig wie die Formel 1 oder irgendwelche anderen Sachen, aber tatsächlich ist es nicht so. Weil das Schöne ist tatsächlich an meinem Beruf ja nicht nur die eine Seite, das Bier erst mal herzustellen, wie man es immer ganz schön auch darstellen kann, sondern das, was dahintersteht. Und man muss sich auch vorstellen, wenn ich die ganzen Brauer und auch selbst die Azubis, die wir haben, die hier auch wirklich jeden Tag reinkommen, und wie gesagt, in der Produktion bin ich der älteste mit 35. Es produzieren hier Brauer von 20 bis 29. Und das muss man sich mal vorstellen: Wo hast du das in einer Brauerei? Das sind natürlich, ist von 0 bis 100 alles vertreten, aber die Leute sind so mit dabei und haben auch so Spaß an den Produkten, dass man einfach auch sagt, dann kann man das quasi in die Flasche packen. Das ist für mich immer die fünfte Zutat, auch bei uns in der Logistik, wie da jeder versucht, in diesem Inbetriebnahme-Wahn einfach klar zu kommen, weil einfach der Gedanke ist, klar, Giesinger Bräu, wir machen was Neues. Und das ist schon sowas, wo ich dann sage, ja, Übernahme hin oder her, woanders, da müsstest du dann wieder bei null anfangen. Ganz abgesehen davon, dass die Biere ja auch schon vorgegeben sind. Und da weiß ich nicht, ob das dann das tatsächlich meine Zukunft sein könnte. Aber wer weiß, was passiert.

Markus: Wer weiß. Also auf jeden Fall …

Simon Rossmann: Vielleicht machen wir ja noch ein paar Sidekicks auf, wer weiß.

Markus: Wer weiß. Also auf jeden Fall muss ich dem Bier wieder, oder dir, wieder ein Kompliment machen für dieses Bier. Weil es ja ganz schön weich, angenehm toll zu trinken ist und seinen Bock-Charakter eigentlich schön versteckt. Also man merkt schon, dass da ein bisschen Dampf dahinter ist, aber in einer sehr angenehmen Art und Weise. Die Hopfen kommen richtig schön grün rüber, finde ich. Also man hat ganz, ganz tolle intensive Hopfenaromen, die eben so in diese klassischen, kräutrig, herben, grasigen, ein bisschen Citrus natürlich auch rübergehen, aber da wirklich sehr, auch so nah am ursprünglichen Hanf fast schon sind. Das finde ich echt eine ganz tolle Kombi. Und dann noch eben mit dem Wiener Malz, mit dem Karamellmalz das dann wieder schön abgefangen wird im Mund, schön weich ist. Also ja, tolles Bier auch, also wirklich, gefällt mir richtig gut.

Holger: Ich bin auch total froh, dass wir uns so entschieden haben, mal einfach so die Hauptbiere in den Vordergrund gestellt haben und haben dann jetzt mit dem Munique einfach noch mal ein Spezialbier. Und dass wir nicht nur jetzt bewusst auf diese ganz besonderen Biere gegangen sind oder gar auf die Craftbiere, die ja auch erwähnenswert sind mit dem Lemondrop Triple zum Beispiel, eines meiner absoluten Highlights. Aber ich finde das gut, dass wir heute uns total auf die Hauptbiere konzentriert haben. Und bei einem nächsten Mal können wir uns ja auch noch mal nur auf die Spezialbiere und Craftbiere konzentrieren. Wer weiß es, mit was weiß ich für einer neuen Brauanlage irgendwo in München. Für mich ist es ja auch so, die Heilig-Kreuz-Kirche, die ist ja gegenüber des Bräustüberls, und vielleicht ist ja auch Gott im Spiel. Also das kann ja auch noch sein irgendwie.

Simon Rossmann: Weißt du, was ich dir tatsächlich sagen muss? Wir haben ja damals, gegenüber ist ja die Lutherkirche, die protestantische, und dann die Heilig-Kreuz-Kirche, die katholische, wir haben sie parallel von beiden Priestern / Priesterinnen segnen lassen. Vielleicht liegt‘s auch daran, ich weiß es nicht.

Holger: Also wahrscheinlich.

Simon Rossmann: Nicht der gläubigste Mensch, aber manchmal brauchen Sachen eine Basis, die keiner hinterfragt, und dann ist irgendein Grundrauschen drin, was passt. Wir schauen mal, was passiert. Man darf ja jetzt auch nicht vergessen bei den ganzen Bieren, wir hatten jetzt fünf Biere, wir waren, wie du schon sagst, alle untergärig. Wir hatten schon so eine untergärige Biervielfalt auch. Das ist ja auch immer, meistens wird es dann erst spannend, bei den meisten, wenn es obergärig wird. Also von dem her lasst uns gern noch mal den Teil 2 irgendwo in der Kirche machen, wo auch immer. Schauen wir mal.

Holger: Unbedingt! Wir haben ja immer schon gesagt, wir machen irgendwann auch mal BierTalk live. Und das werden wir auch sicher irgendwann tun.

Markus: Sehr schön! Also ein gesegnetes Bier von einem gesegneten Braumeister in einer gesegneten Brauerei, das sicherlich auch für sehr selige Biertrinker sorgt, die dann auch genüsslich und gemütlich entschlummern. Das ist doch wirklich ganz, ganz toll. Also entschlummern in den Schlaf, nicht ansonsten natürlich.

Simon Rossmann: Nein, Schlaf. Genau.

Markus: Sehr, sehr schön! Toller BierTalk, tolle Range heute.

Holger: Absolut! Ich bedanke mich bei euch beiden für diesen kurzweiligen und doch überzogenen BierTalk. Mir hat es wahnsinnig viel Spaß gemacht. Und Simon, vielen, vielen Dank für deine Zeit.

Simon Rossmann: Immer gern.

Holger: Und Markus, wie immer, dich an meiner Seite zu haben, ist einfach unschlagbar. Danke!

Markus: Das kann ich nur zurückgeben. Vielen Dank an euch beide. Toll! Danke!

Holger: Tschüss!

Simon Rossmann: Ich sage auch danke. Ciao! Servus!

Markus: Tschüss!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 13 – Interview mit Matthias Breitenfellner, Bier-Importeur aus Bangkok

Matthias Breitenfeller wuchs in der wunderschönen Dreiflüssestadt Passau auf – und in das Importgeschäft seiner Eltern hinein. Die kauften allerlei Asiatisches, vor allem aus Thailand, und boten es in Deutschland feil. Nach dem Studium drehte der Junior jedoch den Spieß um, und seitdem fließt Passauer Hacklberg-Bier nach Fernost. Zudem lernte Matthias noch die Liebe seines Lebens kennen und alle Ecken von Bangkok lieben. Im BierTalk erzählt er, wie es zu all dem kommen konnte – und verkostet natürlich auch echte illegale Garagenbiere aus den thailändischen Hinterhofbraustätten…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

BierTalk 30 – Interview mit Sabine Anna Ullrich, Ex-Bierkönigin aus Würzburg

Der wohl sympathischste BierTalk aller Zeiten – das war das Fazit von Holger Hahn und Markus Raupach nach der guten halben Stunde mit Sabine Anna Ullrich, ihres Zeichens die siebte Bayerische Bierkönigin, die unter anderem das Festjahr zum 500. Jubiläum des Bayerischen Reinheitsgebotes begehen durfte. Voller Energie und Liebe zum Bier verkostet die 26-jährige Krankenschwester und Medizinstudentin ausgewählte Biere mit den beiden Moderatoren und berichtet von den emotionalen Momenten einer sehr abwechslungsreichen Regentschaft, der Wehmut, aber auch den vielen Gelegenheiten, die sich ergeben haben und die sie auch Schopfe ergriffen hat…

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Holger: Herzlich willkommen und guten Abend zu dem BierTalk Nummer 30. Wahnsinn! Schon 30 BierTalks. Da haben wir uns natürlich einen ganz besonderen Gast überlegt. Aber zunächst, am Mikrofon ist wie immer der Holger und der …

Markus: Markus.

Holger: Unser Gast ist eine ganz besonders nette und attraktive Frau. Es ist eigentlich schade, dass kein Podcast mit Kamera jetzt gemacht wird. Aber unser Gast ist die Sabine-Anna Ullrich und die war mal bayerische Bierkönigin. Herzlich willkommen Sabine! Grüß dich! Erzähl doch mal was zu dir.

Sabine-Anna Ullrich: Servus in die Runde! Ich bin die Sabine. Wie ihr es gerade schon so eben genannt habt, war ich mal bayerische Bierkönigin. Genau genommen die siebte bayerische Bierkönigin. Dementsprechend auch der Bezug heute zum BierTalk. Es war eine ganz geniale tolle spannende Zeit, von der ich euch heute ein bisschen was erzählen werde.

Holger: Was macht denn so eine Bierkönigin aus? Wie wird man das überhaupt? Wie ist man da auf dich gekommen? Muss man sich bewerben? Erzähl doch mal! Wie geht das?

Sabine-Anna Ullrich: Das ist tatsächlich eine spannende Geschichte. Ich hätte damals nie gedacht, dass ich Bierkönigin irgendwie werde. Es hat mich eine Brauerei aus meiner Heimat angesprochen. Die hat gesagt: Hey Sabine, wir kennen dich, auch ein bisschen privat. Du kommst aus Bayern. Das ist ja eine Grundvoraussetzung, auch in Bayern geboren zu sein ist wichtig. Und vor allem, Sabine, du trinkst gerne Bier, haben wir gehört und verkostet gerne Bier. Was hältst du davon, bayerische Bierkönigin zu werden? Da habe ich mich da so mal ein bisschen reingetastet: Was macht denn eine bayerische Bierkönigin? Dass ich Bier gerne trinke, ist, denke ich, jedem klar. Und ich habe herausgefunden: Man muss 21 Jahre alt sein, in Bayern geboren und am besten natürlich auch lebend, und eine Bieraffinität besitzen. Was ist jetzt meine Bieraffinität? Ich trinke gerne Bier. Aber tatsächlich war ich das erste Mal wirklich richtig in Bier verliebt, als ich mein erstes Bier gebraut hatte. Das war, ich glaube, als ich so 19, 20 rum war, bei einem Spezl im Garten. Ich war so begeistert, wie Bier entstanden ist, wie toll Bier, dann auch natürlich noch mal selbst gebrautes Bier, schmeckt, ganz verliebt und so bin ich eigentlich zum Bier gekommen, auch zur Wahl der bayerischen Bierkönigin.

Holger: Wahnsinn! Markus, da kann man nur sagen: Es gibt sie noch, die Traumfrauen in Deutschland, oder?

Markus: Absolut! Und ich muss sagen, ich habe es ja live miterlebt, ich war damals in München bei der Wahl dabei. Es ist ja so, dass …

Holger: Du bist es aber nicht geworden, oder?

Markus: Ja, da war dieser Hormontest, und das war dann doch ein bisschen schwierig. Und diese Damen oder die Damen müssen sich auf verschiedene Art und Weisen präsentieren. Das heißt, sie stellen sich erst mal natürlich auch vor, es ist ein großes Publikum da. Dann geht’s darum, dass sie über sich was erzählen, über ihre Bier-Motivation. Dann geht’s aber auch darum, dass sie selber ein Bier verkosten und präsentieren. Dann gibt’s eine Jury, die stellt dann Fragen. Insgesamt gab‘s dann vorher ein Online-Voting. Dann gibt’s in dem Saal das Publikum, was votet. Und dann gibt’s eben noch die Jury. Und aus diesen verschiedenen Votings zusammen wird dann die Siegerin an dem Abend noch ermittelt. Das ist schon immer ein spannender Moment, wenn dann die letzten Drei auf der Bühne stehen und dann eben bekanntgegeben wird, wer gewonnen hat. Wobei, den Moment kannst du wahrscheinlich am besten selber schildern, oder?

Sabine-Anna Ullrich: Es war Wahnsinn. Also dieser Moment, da oben zu stehen, allein erst mal dieses Erlebnis zu haben. Man hat 300 Menschen, die auf einen gucken, die einen an den Lippen hängen. Du hast es grad so schön beschrieben, was wir als Kandidatinnen machen mussten. Dann sitzt man da oben, man weiß vielleicht, man hat es vielleicht ganz gut gemacht und die Leute haben immer geklatscht und es hat Spaß gemacht. Aber wenn es dann wirklich soweit ist, dann werden oben an die Leinwand Bierkrüge projiziert und man sieht ganz genau, wie viel Prozent rausgekommen sind. Ich weiß noch, ich war so aufgeregt, ich glaube, ich habe nicht geatmet in der Zeit. Dann hieß es: Die nächste bayerische Bierkönigin ist Sabine Anna Ullrich. Allein, wenn ich daran denke, bekomme ich jetzt noch Gänsehaut. Es ist ein Wahnsinnsgefühl.

Holger: Und bei dir schon vier Jahre her, es ist schon vier Jahre her.

Sabine-Anna Ullrich: Ja, tatsächlich, das ist vier Jahre her. Es gibt davon ein Video, wie die Wahl dann verkündet wird oder das Ergebnis verkündet wird. Wenn ich das mir jetzt wirklich angucken würde, dann kriege ich a) Tränen in den Augen, b) strahle ich wie ein Honigkuchenpferd die ganze Zeit, und c) habe ich eine Gänsehaut am kompletten Körper. Ich glaube, das beschreibt‘s immer noch gut, wie fesselnd dieser Moment oder wie spannend dieser Moment für mich gewesen ist, wie viele Erinnerungen ich auch an diesen Moment irgendwie noch habe.

Holger: Ja toll!

Sabine-Anna Ullrich: Das ist Wahnsinn!

Holger: Da trinken wir doch jetzt nachträglich einfach ein Bierchen drauf. Du hast doch bestimmt was mitgebracht und als Kennerin, für was hast du dich entschieden?

Sabine-Anna Ullrich: Oh, tatsächlich ist das superschwer. Ich habe immer noch fünf Flaschen vor mir stehen und ich kann mich immer noch nicht entscheiden, mit was ich anfange. Eigentlich als bayerische Bierkönigin müsste ich jetzt ein bayrisches Bier trinken oder genießen. Tatsächlich habe ich aber vor zwei Tagen ein Bier geschenkt bekommen von einem Studienkollegen, und der hat gesagt: Eine bayerische Bierkönigin, die noch kein gutes Kölsch getrunken hat. Hä? Wie kann das sein? Er hat mir eins aus seiner Heimat mitgebracht, und das ist Schreckenskammer Kölsch. Ich bin sehr gespannt, ich habe es nämlich noch nicht getrunken. Die Flasche sieht schon mal sehr, sehr schön aus. Also liebe Hörer, wenn Sie das jetzt sehen oder hören würden, das ist eine schöne Euro-Flasche mit einem ganz einfachen Etikett und da steht „Schreckenskammer Kölsch“ drauf, 1442, mit 5 %, von der Familie Wirtz. Ich mach‘s mal auf, vielleicht hört man es. Deswegen mal eine Ausnahme, nachher gibt’s was Bayerisches noch.

Markus: Auf jeden Fall total spannend. Dieses Kölsch kenne ich selber zum Beispiel auch nicht. Also der Name sagt mir zwar was, aber getrunken habe ich es noch nie. Die sind irgendwie, glaube ich, in so einem alten Kloster oder so, aber mehr weiß ich nicht. Dann scheint dein Studienkollege ein Spezialist zu sein für Kölsch, oder?

Sabine-Anna Ullrich: Der kommt aus der Gegend, aus Köln, und der hat mir die ganze Zeit schon die Ohren vollgejammert beziehungsweise so viel schon davon erzählt. Da habe ich gesagt: Ja, dann musst du mir mal eins mitbringen. Das hat er jetzt wirklich getan. Er hat sagt, das ist gegenüber der Kirche St. Ursula und es sei ein ganz besonderes Kölsch, weil es sehr würzig sein soll. Hat ein bisschen mehr Alkohol. Also normalerweise hat so ein Kölsche, glaube ich, 4,8 %, wenn ich das noch richtig im Kopf habe.

Markus: Mhm (bejahend).

Sabine-Anna Ullrich: Das hier hat jetzt 5 %. Was ich noch ein bisschen jetzt gelesen habe auch, es ist ohne zusätzliche Kohlensäure abgefüllt worden. Ich bin jetzt mal gespannt. Also ich kann es euch kurz beschreiben. Ich habe hier ein schönes goldgelbes Bier, blank, einen zarten weißen feinporigen Schaum. Steht auch recht gut im Glas. Man sieht auch schön die Kohlensäurebläschen aufsteigen. Ich habe ein Degustationsglas, dementsprechend ist es gut beurteilbar. In der Blume habe ich hier richtig schöne zarte Heuaromen, ein bisschen Stroh, ein ganz kleines bisschen Citrus. Macht schon mal auf alle Fälle Spaß, daran zu riechen. Und jetzt würde ich mal sagen, habt ihr auch was offen?

Markus: Noch nicht, wir träumen gerade von deinem Bier.

Holger: Unbedingt! Da kann man mal wieder sehen, eine exzellente Beschreibung, so wie sie ein Diplom-Biersommelier nicht besser hätte machen können. Wunderbar, Sabine, richtig toll. Ich muss sagen, ich kenne es überhaupt nicht, Schreckenskammer Köln. Was ich aber sagen kann: Ich warne dich vor Rheinländern. Ich spreche aus Erfahrung. Also da dann schon mal Obacht. Aber ich habe jetzt hier einfach gerade mal die Internetseite aufgemacht. Wenn man dann so in das Brauhaus reinkommt, dann ist da so ein Stammtisch und darüber hängt ein Schild „Reserviert für Jäger, Angler und andere Lügner“.

Markus: Klingt auf Fälle sympathisch.

Holger: Ja ja, gut. Auf jeden Fall Brauhaus, Ursulagartenstraße 11-15. Markus, jetzt bist du dran. Was hast du dir denn bereitgelegt?

Markus: Ich bin erst mal auch noch ganz begeistert und fasziniert. Wenn man schon die Brauerei Schreckenskammer nennt, das ist natürlich auch eine Aussage. Na ja, wie auch immer. Ich habe natürlich auch mir ein Bierchen ausgesucht und habe auch zuerst überlegt: Gut. Bayerische Bierkönigin, muss man eigentlich auch ein bayerisches Bier nehmen. Andererseits so ein schöner Anlass, 30. BierTalk, die Sabine, mit der ich auch schon viele tolle gemeinsame Erlebnisse während ihrer Amtszeit und danach hatte, da muss man ein besonderes Bier haben. Deswegen bin ich in den Keller und habe mal geschaut: Was steht denn da noch so rum? Und habe dann eine schöne braune kleine Flasche gefunden. Da steht Embrasse drauf. Die Brauerei ist „De Dochter van de Korenaar“, also ein belgisches Bier in diesem Fall. Es ist eine besondere Edition, und zwar ist es ein Oud Bruin, aber gereift in schottischen Islay Whiskyfässern. Es verspricht, auf jeden Fall viel Aroma zu haben, hat 9 %. Mal gucken, ob ich danach noch sprechfähig bin. Ich mach‘s mal auf. Ui-ui-ui!

Sabine-Anna Ullrich: Da war Druck drauf.

Markus: War schon, war Druck drauf. Wir haben ein ebenholz-farbenes Bier mit einem ziemlich braunen Schaum. Also der ist richtig dunkel, mittelgroße Poren, steht wie eine Eins. Es entströmt ein sehr intensiver Geruch, wo man dann schon den Whisky merkt, das Rauchige merkt, und so ein bisschen dunkle Beeren. Probieren wir es mal. Mmh! Oh ja! Ja, mal schauen, wie ich nachher noch drauf bin, wenn ich das getrunken habe. Also auf jeden Fall extrem intensiv. Aber ganz toll diese Whiskyfass-Aromen eingebunden, gerade auf dieser Rauchwhisky, weil es nicht total erschlagen ist. Also es ist da, es ist präsent, aber das Bier ist auch noch da. Und so hinten raus kommt dann so dieses krasse Rauchige. Das hat torfgeräuchertes Malz, also schon noch mal auch so ein bisschen, ja, man sagt immer so Teer, aber auf jeden Fall intensive phenolische Aromen. Spannend! Ein schönes Bier für diesen ganz besonderen BierTalk und natürlich auch ein bisschen auf dich, Sabine.

Sabine-Anna Ullrich: Du hast jetzt schon getrunken, wie ich das höre. Ich habe noch gewartet.

Markus: Ah! Entschuldige, das war ein Automatismus.

Sabine-Anna Ullrich: So, so! Ich habe hier noch mich schön zurückgehalten.

Holger: Sabine, tue dir keinen Zwang an. Probier’s mal, beschreibe es uns!

Sabine-Anna Ullrich: Ja.

Holger: Und dann mache ich auch noch meins auf, aber dann kommen wir noch mal wieder in das Leben der Bierkönigin zurück.

Sabine-Anna Ullrich: Okay! Dann nehme ich jetzt erst mal einen Schluck, dass meine Stimme etwas geölt ist. Zum Wohle!

Markus: Zum Wohl!

Sabine-Anna Ullrich: Mmh! Sehr angenehm. Schön spritzig vorne an der Zunge. Eine angenehme Süße. Die Kohlensäure lässt das Bier wunderbar die Zunge entlanggleiten. Die Herbe, die Bittere kommen wirklich ganz am Ende erst hervor, also so seitlich an der Zunge liegend. Schön spritzig, schönes Kölsch. Ich bin begeistert.

Holger: Wunderbar!

Sabine-Anna Ullrich: Schöne malzige süße Aromen, ein bisschen Honig, hätte ich wieder gesagt, und eine schöne Citrus-Bittere, hätte ich es jetzt beschrieben, so Richtung Citrus gehend. Toll!

Holger: Perfekt! Dann würde ich jetzt einfach, wenn ihr erlaubt, nachziehen. Bei mir war das ganz einfach. Ich habe mir gedacht, bayerische Bierkönigin steht auch für das, was hier auch eigentlich in ganz Deutschland traditionell an Bieren gemacht werden. Wir sind ja voll, du bist die Botschafterin der bayerischen Bierkultur, und ohne da irgendwie jetzt Schnickschnack zu haben, habe ich mir jetzt einfach ein fränkisches Herrenpils aus Bamberg herausgesucht.

Markus: Oh!

Holger: Und zwar von Keesmann Bräu. Ich mach’s mal auf und schenke es auch schön ein.

Markus: Wie schön! Das hört sich ja schon nach Heimat an.

Holger: Aber so ist es auch. Im Glas trifft jetzt ein richtig schön goldgelbes klares Bier mit einem schönen weißen feinporigen Schaum, und hat auch so heuige, ein bisschen malzbetonte Aromen. Aber auch die Hopfennote kommt durch. Ich trinke jetzt auch mal einen Schluck. Ja, herrlich! Ohne viel Schnickschnack, habe ich ja gerade schon gesagt, ist schlank, ist trocken und macht Lust auf einen zweiten Schluck. Und möchte ich am liebsten sofort nehmen. Ist so eine richtig schöne untergärige Spezialität. Und ihr seid jetzt beide, habt ihr euch obergärig entschieden, also da bin ich froh, dass ich mich da so ein bisschen absetzen kann. Als Speise würde ich mir jetzt ein richtig schönes Risotto dazu wünschen, aber das geht ja jetzt hier nicht im BierTalk. Aber du hast doch bestimmt auch das Thema Foodpairing auf deinen vielen Reisen durch die Welt als bayerische Bierbotschafterin in den Vordergrund gespielt. Erzähl doch mal: Wie war das alles? Wo warst du? Was hat dir am besten gefallen? Was hat dir gar nicht gefallen? Wie viele Meilen hast du zusammengekriegt bei der Lufthansa, als sie noch geflogen ist? Erzähl doch mal!

Sabine-Anna Ullrich: Wie viele Meilen ich bei der Lufthansa gemacht habe, das ist eine sehr gute Frage. Ich hatte es mal ausgerechnet, und ich glaube, ich bin drei oder viermal um den Globus geflogen insgesamt. Mit dem Auto bin ich zweimal um den Globus gefahren. Und dazu kommen noch die ganz vielen Punkte bei der Deutschen Bahn, wo ich mal mehr oder weniger pünktlich angekommen bin. Fahrradkilometer habe ich tatsächlich auch erledigt. Das war jetzt eine meiner wenigen Glanztaten. Das war auf der BR-Radltour, wo man als Bierkönigin wirklich auch viel unterwegs ist. Also man beginnt mit den kleinen Sachen wirklich in den Regionen, man ist in Bayern unterwegs. Ich kenne in Bayern mittlerweile alle Gasthöfe, wo man irgendwo auch anhalten kann, denn ich bin immer mit dem Auto unterwegs gewesen. Aber dann natürlich auch, man ist im europäischen Ausland unterwegs bis hin in die ganze Welt. Besonders gefallen hat mir als allererstes, diese Menschen kennenzulernen. Menschen, mit denen wir alle was gemeinsam haben, die Menschen, die das Bier mögen oder Bier gerne trinken. Über Bier zu sprechen oder mit Menschen ins Gespräch zu kommen allein mit einer Sache, das geht ganz einfach. Denn jeder hat ein Bier in der Hand und man beginnt damit ganz einfach ein Gespräch und tauscht sich dann über die unterschiedlichen Biere, Kulturen einfach aus. Und das hat mich sehr begeistert in dieser Zeit. Viele Menschen sind da auch sehr offen, haben ganz tolle Fragen gestellt zum Thema Bier, wollten wirklich viel über Bier auch erfahren: Wie wird Bier hergestellt? Was ist denn jetzt das Reinheitsgebot? Wie passt denn das Essen beispielsweise dazu? Was ist das Festbier? Was macht das Festbier so besonders? Was macht das bayerische Bier so besonders? Alles dann so Fragen, die mir die Menschen, die ich kennenlernen durfte, gestellt haben. Das war jetzt, wie gesagt, nicht nur in Bayern, sondern in der ganzen Welt. Und beeindruckt hat mich wahrscheinlich am meisten das Oktoberfest in Japan. Ich wusste nicht, dass es 42 Oktoberfeste gibt allein in Japan auf diesen Inseln. Die Menschen haben geklatscht, die haben applaudiert, die haben sich die bayerischen Musiker einfliegen lassen, inklusive den bayerischen Bierspezialitäten. Und standen mit den Dirndln und in Lederhosen, Schuhe ausgezogen, Schuhe, ganz wichtig, ausgezogen, auf den Bänken und waren textsicherer als manch anderer Bayer, der da mit auf der Delegationsreise unterwegs gewesen ist. Dieses Bild werde ich nie aus meinem Kopf bekommen, aber es war Wahnsinn, wirklich Wahnsinn. Das kann ich echt nur sagen.

Holger: Toll, also wirklich toll! Markus, warst du da auch schon mal in Japan auf dem Oktoberfest?

Markus: Nein. Das war mir noch nicht vergönnt. Also Japan steht überhaupt noch auf der Liste. Es gibt da einen großen Bierwettbewerb, auch da wollte ich eigentlich dieses Jahr hin, aber geht ja nun nicht. Dementsprechend werde ich das wohl mindestens aufs nächste Jahr verschieben müssen. Aber ich bin auch schon ganz gespannt und habe viele Japaner schon kennengelernt bei diversen Bierwettbewerben, die da eben als Judges sind oder Brauer sind. Das ist schon sehr interessant, weil die ein großes Interesse gerade an der deutschen Bierkultur haben und auch ganz anders auf die Bierkultur gucken. Für die ist so ein Oktoberfest wie eine heilige Messe des Bieres. Die nehmen das auch total ernst und deswegen sind die auch textsicher, weil die sich da wirklich auch vorbereiten. Das ist echt einfach so ein Highlight, was die im Leben einmal haben und das muss dann entsprechend auch vorbereitet und zelebriert werden. Das ist schon auch spannend, wenn man da so ein bisschen als Vertreter unterwegs ist. Ich denke mal, also wir beide haben so, vielleicht das Spannendste war, also für mich jetzt zumindest, wo wir zusammen waren, fand ich in Düsseldorf, da waren wir im Fußballstadion, weil das fiel in das Jahr des Jubiläums des Reinheitsgebotes, also 500 Jahre Reinheitsgebot. Insofern, das ist auch was Besonderes, das kommt erst in 500 Jahren wieder so ein Jubiläum. Das ist schon, da hast du einfach auch eine gute Zeit erwischt. Da waren wir eben in Düsseldorf, und dort hatten sie das Fußballstadion angemietet, um dann in dem Stadion ein Bierfest zu veranstalten. Und das mal erlebt zu haben, also im Stadion zu sein unten am Rasen, und dann sind eben diese ganzen Ränge alles leer erst mal und dann bist du da in dem Fußballstadion, hast dein Bier, baust deinen Stand auf, und dann kommen diese Leute. Wir haben dann ein bisschen Bühnenprogramm noch zusammen gemacht und ich habe mir dann zwischendurch noch den Fuß verstaucht. Und Wahnsinn! Das war auf jeden Fall ein spannendes Erlebnis. Da hat man auch wieder gemerkt, wie viel die Leute mit Bier verbinden und wie toll das ist, wenn man da kommt und sie einfach ein bisschen auch von dem Thema begeistern kann.

Holger: Sabine, jetzt so eine Amtszeit, die ist auf ein Jahr beschränkt, oder?

Sabine-Anna Ullrich: Tatsächlich ein Jahr. Ein Jahr und dann ist es leider vorbei. Leider!

Holger: Außer, wenn du Corona-Zeiten es jetzt einfach um ein Jahr verlängert wird, oder? Ich weiß gar nicht, ob ich das richtig jetzt verstanden habe. Aber dadurch, dass jetzt die Wahl nicht stattfindet, gibt’s einfach noch mal ein Jahr zusätzlich, oder?

Markus: Ja.

Sabine-Anna Ullrich: Genau!

Holger: Wie hast du das denn mit dem Arbeitgeber gemacht? Oder wie geht das, wenn man dann so intensiv eingebunden ist, ein Jahr lang, da müssen alle mitspielen, also die Familie, der Partner, der Arbeitgeber, die Schule, die Universität, wie auch immer. Wie ging das denn alles?

Holger: Ganz tolle Frage, die du mir da stellst. Es ist auch eine wichtige Frage, die man sich, glaube ich, vor jedem Amt, was man ergreifen möchte, genau überlegen sollte. Diese Frage habe ich mir gestellt, als ich mich für die Bierkönigin beworben habe, und habe da recht zeitnah mit meinem Arbeitgeber gesprochen. Und da immer nochmal einen herzlichen Dank an die Uniklinik Würzburg und an die Berufsschule damals, die sich da wirklich haben breitschlagen lassen und gesagt haben: Frau Ullrich, das ist kein Problem. Sie setzen ein Jahr aus und nächstes Jahr fangen Sie wieder an. Mit diesem Gewissen oder mit dem Wissen konnte ich in die Wahl beispielsweise dann reingehen und sagen: Wenn ich Bierkönigin werde, genial, und wenn ich es nicht werde, auch okay. Weil ich hatte eine super Zeit, auch die ganze Vorbereitungszeit war ja schon eine ganz tolle Erfahrung. Aber ich wusste, ich bin da relativ entspannt. Also ich habe jetzt irgendwie nicht einen Druck, dass ich dann gleich irgendwie gucken muss, wie arbeite ich oder wie kann ich die Termine kombinieren. Der Markus hat es grade eben auch schon angesprochen, das war das Jubiläumsjahr, also 500 Jahre bayerisches Reinheitsgebot. Dementsprechend war mir bewusst, dass da einige Termine auch auf mich zukommen werden. Dass es so viele werden am Anfang, hätte ich nie gedacht. Und ich war dann wirklich sehr, sehr dankbar, dass ich mir ein Jahr Auszeit genommen habe, dass ich dann auch Zeit hatte für die ganzen Brauereien, für die Events und wirklich auch für die Menschen in diesem besonderen Jahr da zu sein und die Brauerinnen und Brauer und den Verband zu unterstützen und das auch wirklich genießen und erleben kann.

Holger: Wenn ich jetzt richtig gerechnet habe, dann 2016 warst du 22, oder?

Sabine-Anna Ullrich: 2016 war ich 22 und bin am Wahlabend sogar 22 geworden. Also ich habe die größte Geburtstagsparty, die ich je in meinem Leben hatte, am Wahlabend der bayerischen Bierkönigin gefeiert.

Holger: Toll! Das ist ja ganz toll.

Sabine-Anna Ullrich: Das war wirklich, der Saal hat „Happy Birthday“ für mich gesungen und „Alles Gute zum Geburtstag“. Ein größeres Geschenk hätte ich mir wahrscheinlich selbst nicht machen können. Beziehungsweise die Leute, die dann einfach für mich abgestimmt haben und mich zur Bierkönigin gemacht haben, die haben mir das größte Geschenk aller Zeiten gegeben, dass ich ein so geniales Jahr erleben durfte in meinem Leben, was ich nicht mehr missen möchte. Also das war phänomenal.

Holger: Großartig! Und jetzt spulen wir mal vor ins Jahr 2074. Was ist da?

Sabine-Anna Ullrich: Ich sitze dann wahrscheinlich immer noch mit den ganzen ehemaligen Königinnen, wahrscheinlich in der vorletzten Reihe am Wahlabend.

Holger: In jedem Fall, im Jahre 2074 wirst du 80.

Markus: Ich werde 100.

Holger: Ja, und ich werde 105. (Hustet)

Sabine-Anna Ullrich: Wer weiß? Wer weiß, was es für Medikamente gibt und wie gut wir uns halten.

Holger: Ja genau, wie eben gerade.

Sabine-Anna Ullrich: Bier ist ja ein Schönheits-Mittel.

Holger: Aber jetzt sozusagen im Jahre 2074 bin ich vielleicht sogar schon reinkarniert und sitze jetzt als kleiner Enkel vor dir, und würde dich fragen: Oma, was war das Tollste in deinem Leben? Was erzählst du dann aus der Bierköniginnen-Zeit? Also das muss ja nicht das Tollste in deinem Leben sein, aber nehmen wir mal an, also wir beschränken uns jetzt einfach mal darauf auf dieses Jahr. Was erzählst du dann? Dann ist es das japanische Oktoberfest, oder gibt’s da noch was anderes?

Sabine-Anna Ullrich: Dieses japanische Oktoberfest war vielleicht eines der Dinge. Aber es gab so viele andere tolle Momente. Der Markus hat ja gerade eben Düsseldorf schon aufgegriffen. Dann gab‘s das große Geburtstagsfest in München am Odeonsplatz, wo wir zumindest einige Stunden gemeinsam feiern konnten, wo wirklich über 200 Brauereien am Odeonsplatz standen und ausgeschenkt haben. Das war ein wahnsinnig tolles Fest. Natürlich meinen ersten Oktoberfest-Besuch. Ich war noch nie auf dem Oktoberfest und dann als Bierkönigin. Da die Einzüge, also dieser Trachteneinzug oder der Festplatzeinzug, das ist natürlich auch pompös, wenn man mal so durch München fährt. Dann die Reisen in den Libanon, nach Malta, nach Österreich und nach Italien, das ist natürlich auch was, von dem ich meinen Enkeln erzählen werde. Ich glaube, das, was mir am meisten in Erinnerung geblieben ist, ist so dieser Moment von dem Wahlabend, ein irre Gefühl da zu stehen, ein Jahr später da oben wieder zu stehen und den Menschen und den Brauern noch mal Danke sagen zu dürfen. Danke sagen zu dürfen, dieses Jahr erlebt haben zu können. Also, dass ich diese Möglichkeit hatte. Hach! Ich kann gar nicht aufhören, das aufzuzählen. Das ist so schwer. Das ist eine der schwersten Fragen: Was ist dein Lieblingsevent während der Bierkönigin-Zeit? Da kann ich mich gar nicht festlegen. Ganz schwierig.

Holger: Ich glaube, alle Hörer haben jetzt mittlerweile den Eindruck gewonnen, dass das ein sehr intensives Jahr ist und dass man als bayerische Bierkönigin wirklich sehr viel erleben kann.

Markus: Allerdings!

Holger: Jetzt hast du fünf Biere vor dir stehen.

Sabine-Anna Ullrich: Mhm (bejahend).

Holger: Was möchtest du denn jetzt als nächstes erleben?

Sabine-Anna Ullrich: Was ich als Nächstes erleben möchte? Welches Bier ich teste?

Markus: Wir werden wahrscheinlich nur noch eins probieren können. Du musst jetzt schon ein bisschen, du darfst aber, wenn du möchtest, auch gern die anderen erwähnen, dass wir überlegen, was hätte da eine Bierkönigin so alles ins Kalkül gezogen.

Sabine-Anna Ullrich: Ich hätte da ein Kauzen Pils, weil das bei mir in Würzburg, ich lebe aktuell in Würzburg, direkt um die Ecke ist. Und ich trinke sehr gerne mal so ein kleines Käuzle. Dann hätte ich von Welde das Citra Helle auch dagehabt, weil mich das sehr interessiert hat mit dem Citra-Hopfen. Das ist ja ein sehr zitroniger Hopfen. Und gerade jetzt im Sommer kann ich das mir sehr gut vorstellen. Dann hätte ich vom Riedenburger Brauhaus das Dolden Dark. Das ist eines meiner Lieblingsbiere, was ich so gerne eigentlich nach dem Essen trinke oder genieße, weil es so schön schokoladig und röstig und so diese Kaffeenoten hat. Ich liebe es einfach. Am besten dazu noch ein bisserl Schokolade und: Hach! Ich bin im Himmel. Aber ich habe was ganz Besonderes, so wie du Markus, ich habe was ganz Besonderes aus dem Keller gezogen. Und auch diese Flasche ist ein Geschenk. Vom lieben Hansi, den ich auf diversen Messen schon getroffen habe, auf denen ich ja aktuell noch arbeite. Es ist von der Haderner Brauerei aus München. Diese Brauerei gibt es erst seit 2016, also in diesem Jubiläumsjahr, Reinheitsgebot. Und es ist eine Bio-Bier …, das ist ja ein wahnsinniger Zungenbrecher, Bio-Bier-Brauerei. Kann man das so sagen?

Holger: Aus Hadern. Genau, aus Hadern.

Markus: Sehr gut, sehr, sehr gut.

Sabine-Anna Ullrich: In Hadern, aus Hadern. Er hat mir eine Flasche geschenkt. Die haben ein Helles, die haben ein Weißbier, die haben ein Dunkles, aber die haben auch ein Whisky Bock. Und dieser Whisky Bock ist was, wie gesagt, Besonders, es ist nämlich Fass Nummer 1. Also wirklich das erste Fass, was sie daraus gebraut haben und gemacht haben. Ich habe mir gedacht, zum heutigen Abend oder Tag werden wir das jetzt genießen. Das ist ein Whisky Bock, 12 Monate im Eichenfass gereift, wie gesagt, Fass Nummer 1, mit 10,5 Volumenprozent Alkohol, ein bisserl kräftiger. Was steht hier noch Schönes? Bourbon Single Malt Whisky-Fässer. Und natürlich, was diese Bio-Bier-Brauerei ausmacht, alles aus ökologischem und regionalem Anbau. Und es ist eine bayerische Brauerei und als bayerische Bierkönigin trinkt man auch natürlich sehr gerne bayerisches Bier. Ich habe meinen Genuss-Pokal vom Bayerischen Brauerbund direkt vor mir stehen. Jetzt muss ich gucken, dass ich es aufbekomme.

Holger: Es ist übrigens die erste bio-zertifizierte Brauerei in München überhaupt.

 

Sabine-Anna Ullrich: Ja.

Markus: Man hat schon wieder voll Gänsehautmoment. Wahnsinn!

Sabine-Anna Ullrich: Das ist eine Sektflasche, also auch mit Korken. Deswegen könnte es jetzt ploppen, ich weiß nicht, wie viel Druck drauf ist. Könnte interessant werden, ob ich mein Wohnzimmer unter Wasser beziehungsweise unter Bier setze oder nicht. Aber es sieht ja keiner. So! Kriege ich es auf? Ich habe einen Schwächeanfall.

Markus: Das wird schon.

Holger: Wenn ich jetzt näher dran wäre, würde ich dir sofort zu Hilfe eilen.

Markus: Alle Hörer würden das jetzt sofort tun.

Holger: Aber ich bin ziemlich weit weg. Ja, alle Hörer, alle würden das sofort, das stimmt natürlich.

Sabine-Anna Ullrich: So! Ich hole mir mal kurz Hilfe. Ich bin gleich wieder da.

Markus: Das erinnert mich so ein bisschen, also die Vorgängerin von der Sabine beim ersten Fest zu 500 Jahre Reinheitsgebot ein Fass angestochen hat und sie hat aus Versehen den Winkel ein bisschen schräg angesetzt und dann waren erst mal auch alle in Bier gebadet, inklusive Bundeskanzlerin und wer da alles da war. Das war schon auch ein sehr denkwürdiger, aber sehr schöner Moment.

Holger: Ja super! Ja. Das haben wir jetzt auch noch nicht gehabt, dass eben ein Gast Hilfe benötigt bei dem Öffnen einer Flasche. Du siehst, also der 30. BierTalk, das ist schon was Besonderes.

Markus: Der behält doch einige Überraschungen für uns bereit.

Holger: Unbedingt!

Markus: Doch, sehr, sehr spannende Geschichte.

Holger: Und das Allerbeste ist ja wirklich, wie sie brennt für Bier.

Markus: Ja.

Holger: Das ist doch großartig.

Markus: Faszinierend. So muss es ja auch sein. Ich denke, das Wichtige ist, dass so eine Bierkönigin einfach den Menschen Freude, Spaß, Lust auf Bier, auf Bierkultur, auf all das, was eben damit verbunden ist, näherbringt.

Holger: Genau.

Markus: Und das, glaube ich, hat sie drauf wie kaum jemand anders.

Holger: Absolut! Ich meine, das ist ja schon so, wenn sie nur spricht, dann ist alles klar. Aber wenn man sie jetzt dazu auch noch sehen würde, dann wäre es ja noch mehr klar. Weil sie ist ja auch so unglaublich toll anzuschauen. Ja. Sie ist ja eine sehr schöne Frau.

Sabine-Anna Ullrich: Ja, ich bin wieder da.

Holger: Auweia! Jetzt dürfen wir … Psst, psst, psst!

Sabine-Anna Ullrich: Er hat schon geploppt. Ich muss euch enttäuschen. Ich habe ihn sonst nicht aufbekommen. Ich habe sogar einen Weinöffner gerade benutzen müssen. Der war so fest drin, ich hab‘s echt nicht aufbekommen. Aber allein die Aromen, die jetzt schon aus der Flasche strömen: Der Wahnsinn! Also wirklich der helle Wahnsinn! Ich beschreibe es euch gleich, ich schenke ein. Also man riecht deutlich diese Whisky-Note und die Bock-Note schon raus. So! Von der Farbe: Wir haben hier ein sehr, sehr schönes Bernstein. Das ist ein unfiltriertes Bier, also man sieht die Trübstoffe noch mit drin. Dann einen feinporigen Schaum, fällt relativ schnell zusammen, aber das ist dem Alkohol vermutlich geschuldet. Dann der Schaum von der Farbe her so leicht cremefarben. Und jetzt, Aroma: Boah! Der Knaller. Boah! Das ist der Wahnsinn.

Holger: Ich würde so gerne in Würzburg sein. Also Wahnsinn!

Markus: Ja, das ist schon fast Bierfolter jetzt.

Sabine-Anna Ullrich: Ich freue mich grad wie so ein kleines Kind. Boah! Das ist der Wahnsinn. Das sind so tolle, süße … Also ich fange nochmal von vorne an. Also ganz klar, eine schöne Whisky-Note, diese Whisky-Aromen kommen raus. Keine rauchige Whisky-Note, sondern eher so diese Holzfass-Whisky-Noten. Dann: Mmh! So ein bisschen die Trockenpflaumen. Ja, wie will ich das noch weiter beschreiben? Ganz kleine, vielleicht schokoladige Note noch mit drin. Dörrobst. Ich probiere jetzt schon mal. Zum Wohle!

Markus: Zum Wohle!

Holger: Ich klammere mich mal an mein schönes Herrenpils.

Markus: Und ich nehme noch ein Schlückchen von meinem ebenfalls whisky-aromatischen belgischen Bier.

Sabine-Anna Ullrich: Wahnsinn! Vorne auf der Zunge wunderschön süß, weich, sogar noch wirklich Kohlensäure ist da drin, obwohl das holzfassgelagert ist. Dann eine ganz, ganz zarte Bittere, ganz am Ende, wieder an der Seite von der Zunge. Aber hauptsächlich, was überwiegt, ist diese wunderbare schöne malzige Süße, die da ist. Und da sind ganz klar jetzt Honigaromen, Whiskyaromen, Dörrobst ist da auch ganz stark im Vordergrund mit dabei. Also es hat nicht diesen, was oft in diesen Bockbieren ja passiert, keinen spritigen Charakter, überhaupt nicht. Ist ganz weich so vom Ganzen her. Boah! Ich muss gleich noch einen Schluck nehmen. Mmh!

Markus: Prost! Also das wird ein schöner Abend noch, glaube ich. Ich bin bei 9 %, du bei 10,5 %. Also Holger, du müsstest noch ein bisschen nachlegen.

Holger: Na ja, ich bin bei 4,8 %, aber dafür habe ich auch schon die ganze Flasche ausgetrunken.

Markus: Okay! Gut. Sabine schwelgt, das ist ja auch wunderbar.

Sabine-Anna Ullrich: Ich bin gerade noch am Genießen. Das ist der Wahnsinn. Der absolute Wahnsinn. Ich muss dem nachher noch eine Nachricht schreiben, mich noch mal dreimal bedanken für das Bier.

Markus: Auf jeden Fall. Das wäre vielleicht noch eine Frage, die ich so habe. Also einerseits, wenn man dich jetzt so reden hört, würde man dich vielleicht nicht automatisch sofort nach Unterfranken verorten. Ich weiß nicht, ob da eine Geschichte dahintersteckt oder nicht. Das wäre mal interessant zu hören. Und dann, ist eine dreigeteilte Frage, der zweite Teil wäre: Wie ist es denn so vor Ort? Hast du da auch Brauer, mit denen du gut kannst, wo du öfters bist oder so? Und als letztes vielleicht auch so das Thema: Wie willst du das Thema Bier so in Zukunft angehen? Hast du da schon was vor?

Sabine-Anna Ullrich: Drei Fragen nach meinem zweiten Bier. Gut, dass ich mir es noch merken kann. Also der Dialekt, bei mir ganz einfach, ich komme aus dem Unterfränkischen. In meinem Ort spricht man auch einen wunderbaren Dialekt, in Bürgstadt. Jedoch komme ich aus einem Elternhaus, wo beide Eltern Hochdeutsch gesprochen haben. Und dementsprechend ich kaum den Dialekt so aufgegriffen habe. Was ich persönlich sehr, sehr schade finde, weil Dialekt was Einzigartiges ist. Und wirklich für die einzelnen Regionen in der ganzen Welt spezifisch ist und man wirklich die Leute hinstecken kann. Dementsprechend finde ich es schade. Hin und wieder rutscht mir aber mal so ein Wort raus und dann kann man es schon ein bisserl zuordnen. Und grad, wenn es um „a weng “ geht oder „a bisserl“, da haben die Oberbayern damals schon ganz schön geguckt. Wo ich mein Bier genieße oder was ich sonst so in dieser Freizeit mache? Also in Würzburg gibt es auch natürlich Craftbier Stores oder auch im Würzburger Land so um herum. Und dementsprechend ist es wirklich so, dass man sich gerne mit Freunden, Bekannten oder natürlich auch Brauern aus der Region trifft und dann hin und wieder einfach mal gemütlich ein Bier trinkt, über Bier fachsimpelt, vielleicht jemand auch ein selbstgebrautes Bier mitbringt und darüber ausgetauscht wird, oder neue Versuchssude von Brauereien getestet werden. Tatsächlich bin ich da öfters eingeladen und darf da mittesten und mitdiskutieren. Das finde ich immer noch super, superspannend und macht mir wahnsinnig viel Freude auch. Und sonst, natürlich, wenn ich nicht in Würzburg bin, bin ich oft in meiner Heimat. Das ist Bürgstadt-Miltenberg, auch im Unterfränkischen gelegen. Man hat da den Main entlangfließen, links und rechts oft Weinberge. Aber natürlich gibt’s auch in der Region Brauereien und dementsprechend auch wunderschöne Biergärten und Main-Wiesen, wo man sich da auch treffen kann und über Bier schwelgt und über Bier redet. Das macht mir wahnsinnig viel Spaß. Und meine Zukunft mit Bier, wie ich die so sehe? Zum einen habe ich einen Beruf, der mich ganz schön aktuell in Atem hält. Ich bin Krankenschwester, zum anderen studiere ich Medizin. Also auch noch mal eine Schippe obendrauf. Aber parallel braucht jeder Mensch einen guten Ausgleich. Und mein Ausgleich ist so ein bisschen die Bierwelt. Die Bierwelt in der unterschiedlichsten Art und Weise erleben, aber auch mit anderen Menschen weiterhin zu teilen, was ich ja als Bierkönigin machen konnte. Dementsprechend denke ich weiter, dass ich meine Bierverkostungen hier im Raum halte, im Raum Würzburg, weiter mit den Verbänden zusammenarbeite, mit dem Bayerischen oder dem Deutschen Verband beziehungsweise Brauerbünden. Und weiterhin die Region und meine Heimat und damit auch jeden einzelnen Brauer unterstützen kann. Mal gucken.

Holger: Mensch, das ist ja ein ideales Schlusswort, weil wir dürfen natürlich auch nicht endlos überziehen. Ich merke schon, wir müssen wahrscheinlich noch mal einen zweiten BierTalk mit dir machen. Wenn man jetzt dann eine Medizinstudentin am Mikrofon hat, dann kann man ja nur sagen, also auch aus dem Gesundheitsaspekt gibt es ein wunderbares Zitat von Benjamin Franklin, das heißt: Bier ist der Beweis, dass Gott uns liebt und will, dass wir glücklich sind. Markus, hast du noch was hinzuzufügen?

Markus: Jetzt nicht mehr. Aber ich kann mir gut vorstellen, nachdem du ja heute so viele Zahlenspiele betrieben hast, dann machen wir halt einfach den 60. BierTalk auch wieder mit der Sabine und kriegen dann ein Update. Mal schauen, wann das dann ist, in welchem Zeitraum. Vielleicht ein halbes Jahr, ein Jahr, mal sehen.

Holger: Unbedingt sofort eintragen bitte.

Markus: Ja, mache ich auch. Mache ich sofort.

Sabine-Anna Ullrich: Mache ich.

Markus: Genau. Und dann bin ich mal gespannt, wie es weitergeht. Man darf ja auch nicht vergessen, die Sabine hat auch einen Blog im Internet, da kann man dann bis dahin auch schon wieder neue Sachen lesen. Das werden wir auch in den Shownotes verlinken, sodass dann alle Hörer auch mal reingucken können. Also insofern auch von meiner Seite aus: Sabine, super! Vielen Dank! War eine ganz, ganz große Freude, dich auf diese Art wieder zu sehen beziehungsweise zu hören und mit dir gemeinsamen ein Bierchen zu trinken. Ich freue mich schon, wenn wir das dann irgendwann mal wieder live machen können.

Sabine-Anna Ullrich: Ja. Ich sage herzlichsten Dank für die Einladung! Ich bin super gerne mit dazugestoßen zum BierTalk. Und es ist mir auch eine große Ehre, dass ich da mit dabei sein darf. In dem Sinne bleibt ihr bitte schön gesund. Und ich freue mich, wenn wir das nächste Mal entweder persönlich anstoßen können oder wieder einen Talk zusammen machen. In dem Sinne: Zum Wohlsein!

Holger: Jawoll! Perfekt! Prost! Und tschüss!

Markus: Und Prost! Und tschüss!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle folgen unter www.biertalk.de.

BierTalk Spezial 12 – Interview 2 mit Frank Boon von der Brouwerij Boon in Lembeek

Die Deutsche BierAkademie und Visit.Flanders hatten am 18. Juli Brauereichef Frank Boon zu einer exklusiven Online-Verkostung von fünf seiner Biere gebeten. Anlässlich dieses Tastings entstand ein zweites Interview mit Frank Boon, in dem er weitere Geheimnisse rund um seine Biere und das Lambic an sich enthüllte. Im Gespräch mit Markus Raupach verrät er zum Beispiel, wie er die Lagerfässer seiner Brauerei zu sensorisch unverkennbaren „Boon“-Fässern gemacht hat und was hinter gutem Kriek und Framboise steckt…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen BierTalk Spezial. Heute ausnahmsweise mal ohne Holger, aber dafür wieder mit einem Gast, den wir schon kennen, nämlich mit Frank Boon aus Belgien. Frank, wenn du dich mal kurz vorstellen würdest.

Frank Boon: Mein Name ist Frank Boon. Ich bin der Inhaber von der Boon Lambic Brauerei in der Gegend Lembeek. Und Lembeek ist etwa 20 Kilometer im Süden von Brüssel in Belgien, noch immer der flämische Teil von Belgien.

Markus: Wir werden heute fünf Biere verkosten. Vorher sollten wir uns aber auch noch mal kurz mit deiner Brauerei beschäftigen und natürlich mit dem Namen Lambic. Woher kommt das denn eigentlich?

Frank Boon: Lambeek war früher eine steuerbefreite Stadt mit über 40 Brennereien, Brauen und Brennen in demselben Geschäft. Und das gebraute Starkbier wird oft vergoren für die Brennerei-Abteilungen von den Brauereien. Auf Französisch nennt man ein Brenngerät Alambic, und das Starkbier wurde früher oft Alambic-Bier genannt. Und dann in 1794, Belgien war besetzt, die französischen Besetzer haben das Brennen verboten und die Lambeeker brannten wieder richtig. Dann hat der französische Kontrolleur geschrieben: Der Lambic ist noch warm, das Brenngerät ist noch warm. Und die Brauer, die antworteten: Das Lambic betrifft den Namen des Starkbieres und nicht das Brenngerät. Und seitdem haben die Brauer immer den Namen Lambic benutzt für das Starkbier.

Markus: Braut ihr noch in so einem historischen Sudhaus?

Frank Boon: Nein, ganz früher war es so ein Sudhaus mit gutseigenem Maischbottich und Läuterbottich und so weiter. Das war auch zu klein gebraut dann jeden Tag, Samstag und Sonntag. Und dann haben die ein neues Sudhaus gebaut 2013. Alles nur Stahl, kein Eisen mehr, kein Kupfer mehr, kein Blei, kein Zinn.

Markus: Und wie kam es zur Gründung deiner Brauerei? Gab es da noch viele andere in der Region?

Frank Boon: Es gab viele alte Brauereien in Lambeek und die letzte war von Herrn de Vits. Und sein Vater hat das Brauen eingestellt und er war nur, was man nennt, Lambic-Mischer. Er produzierte Geuze, aber Lambic-Würze wird von anderen Brauereien in seinen Fässern vergoren. Und dann hat er diesen Lambic gemischt und Geuze davon gemacht. Aber das war ein sehr alter Betrieb, sehr klein und produzierte am Ende nur einige hundert Hektoliter. Ich habe meine Firma gegründet in 1975 und dann diese alte Brauerei gekauft in 1978. Und dann hat sich das entwickelt.

Markus: Und nun öffnen wir unser erstes Bier, die Oude Geuze. Da fällt mir gleich schon auf, auf dem Etikett steht bei euch Geuze ohne ein zweites U. Bei vielen Brauereien schreibt sich das Gueuze. Warum schreibt ihr das anders?

Frank Boon: Ueu ist die französische Schreibweise. Wenn sie Gueuze lesen, dann lesen sie Französisch. Wenn sie Geuze lesen, lesen sie niederländisch. Früher war es in Brüssel auf Niederländisch ohne U, aber die Franzosen können das nicht gut aussprechen. Denn auf Französisch sagt man dann Jeuze. Und deswegen haben sie das U dazwischengesetzt.

Markus: Nun müssen wir uns für unsere deutschen Hörer vielleicht noch mal kurz vor Augen führen: Was ist denn der Unterschied zwischen einem Lambic und einem deutschen Bier?

Frank Boon: Der große Unterschied ist in den Rohstoffen. Wir benutzen 40 % ungemalzten Weizen. Das ist sehr wichtig. Und das Brausystem, das heißt Brauen mit trüber Würze. Sieht ein bisschen braun aus wie von untergärigen Bieren mit einer Läutermaische. Aber es ist, wie man in England üblich hat. Das ist zwischen den beiden. Dann gibt’s selbstverständlich die Gärung. Wir setzen keine Hefe dazu. Das Bier geht nach einer langen Kochzeit, ungefähr vier bis fünf Stunden wird das gekühlt in einem Kühlschiff. Und da bleibt es viele Stunden, und weil es kühlt, kommen die wilden Hefen ins Bier. Und dann am nächsten Tag geht’s in einen anderen Bottich für 12 Stunden und dann wird es in die großen Holzfässer abgefüllt. Und das gärt in den Holzfässern. Wir haben keine traditionelle oder offene Gärküche. Und da gärt es, und nach vier, fünf Tagen ist die erste Gärung in etwa beendet und dann gärt es langsam und reift es noch für ein, zwei, drei, vier Jahre. Die meisten ein, zwei und drei Jahre. Und so haben wir in unserer Brauerei etwa 22.000 Hektoliter alten Lambic auf Lager.

Markus: Wobei wir in Deutschland natürlich auch Sauerbiere kennen, zum Beispiel die Berliner Weisse. Wie ist denn da der Unterschied zum Lambic?

Frank Boon: Das ist der große Unterschied zwischen Geuze und Berliner Weisse. Bei der Geuze am Anfang einige nicht so schöne Fettsäuren gebildet werden, weil das Bier reift, werden die umgewandelt in Ester. Und diese Ester haben einen Zitrusgeschmack. Diese sind wichtig für den Geschmacks vom Lambic. Deswegen haben wir diese große Menge altes Bier in Geuze. Dieser traditionellen Geuze mischen wir 60 % Lambic von einem Jahr, 30 % Lambic von zwei Jahren und 10 % von drei Jahren auf.

Markus: Mir fällt auch immer wieder auf, man spricht einmal von Lambic, man spricht einmal von Geuze. Vielleicht sollten wir das auch noch klären. Wo ist denn da der Unterschied?

Frank Boon: Der Unterschied ist derselbe Unterschied zwischen Weißwein und Sekt. Solange es nicht schäumt, nennt man das Weißwein, wenn es schäumt, nennt man das Sekt. Bei uns ist es genau so, wenn es glatt ist, nicht schäumt, nennt man das Lambic. Unsere Brauerei ist eine Lambic-Brauerei, und wenn das in Flaschen vergärt, nennt man das traditionelle Geuze.

Markus: Wenn ich mir unsere fünf Biere von heute anschaue, dann sind auf einigen Flaschen Kronkorken und andere sind mit einem klassischen Korken verschlossen. Gibt es da einen Hintergrund, warum ihr da verschiedene Korken verwendet?

Frank Boon: Ja, bis 1985 wurden die Flaschen verschlossen mit nur einem kleinen Naturkorken. Oft war es nicht möglich, Geuze zu verkaufen im Sommer, weil die Korken abkamen. Seit 1986 haben wir Champagnerkorken auf unserer Flasche und seit 1995 sind die gasdicht, das heißt, die Flaschen stehen gasdicht und die bleiben dicht, das Gas geht nicht weg.

Markus: Und welche Holzsorten verwendet ihr denn für eure Fässer? Ist das immer gleich?

Frank Boon: Bei uns sind alle Fässer aus Eichenholz. Es gibt auch Brauereien, die noch kleine Fässer haben aus Kastanienholz, aber das ist ein bisschen zufällig. Früher im Hafen von Antwerpen hat man viel Portwein aus Portugal geliefert. Und das wird geliefert in Fässern von 600 Litern aus Kastanienholz. Und viele Lambic-Brauer hatten gebraucht Fässer gekauft und benutzt für Lambic. Erst einmal für Kirschenbier, weil der Port und Kirschenbier das gärt zusammen. Und dann zweite oder dritte Mal für Geuze. Aber früher ich sage mal vor 1920 gab es keine Kastanienholzfässer in den Brauereien. Bei uns alles Eichenholz, verschiedene Sorten.

Markus: Das klingt jetzt ja alles sehr spontan, andererseits ist eine Brauerei natürlich auch darauf angewiesen, dass Aromen vielleicht eher auch mal gleichbleiben. Also gibt es vielleicht in den Fässern Aromen, die beständig sind?

Frank Boon: Es gibt einen Unterschied zwischen den Suden, sicher, aber es gibt zwei große Gruppen von wilden Mikroorganismen. Die ersten Gruppen, die haben wir vom Kühlschiff. Es handelt sich um Hefen, wilden Hefen, Saccharomyces-Hefen, Brettanomyces-Hefen und auch Bakterien, am meisten Lactobacillus, das sind die wichtigsten. Aber wenn das Bier gärt in den großen Holzfässern, sind nach, ich sag mal, einem Jahr die meisten Hefen abgestorben, nur die Brettanomyces-Hefe, die lebt noch. Und das bleibt so. Und die leben viele Jahre im Holz. Das heißt, dass in unseren ganz alten Fässern immer Generationen von Brettanomyces-Hefe zur Verfügung stehen. Die spielen eine sehr wichtige Rolle.

Markus: Wunderbar! Jetzt öffnen wir unser zweites Bier, das ist ein Kriek. Und wenn das schon ins Glas läuft, richtig schön rot, oben auch ein rotgetönter Schaum. Das Aroma entströmt, intensiver Kirschton. Da fragt man sich schon so ein bisschen: Wie ist das überhaupt entstanden? Warum gibt es Kriek?

Frank Boon: Kirschenbier wird seit sehr langer Zeit in unserer Gegend produziert. Aber das waren immer die Geschäfte, die Cafés, die so etwas machten. Sie haben ein Geschäft und sie haben 30 Kirschbäume in den Gärten, und es ist Juli, ungefähr der 20. Juli, das ist der beste Moment, dann können sie die Sauerkirschen, und bei uns sind das Schaarbeek-Kirschen, kann man diese ernten. Und 250 Gramm pro Liter in ein Fass und dann gärt das einige Wochen mit Lambic. Dann wird das geklärt, und dann geht es in Flaschen oder Fässer. Wir produzieren vier verschiedene Sorten, auch verschiedene Sorten Alkoholgehalt, auch verschiedene Reifung. Einige reifen noch lange Zeit in Holzfässern, einige in ziemlich neuen Holzfässern. Das hat alles einen Einfluss. Was wir hier verkosten, ist Kriek-Bier mit einem niedrigen Alkoholgehalt, also ist nur 4 %. Wird viel getrunken bei uns, weil es nicht stark ist. So machen wir von jungem Lambic Kirschenbier.

Markus: Und was ist das Besondere an den Kirschen aus Schaarbeek?

Frank Boon: Die meisten Sauerkirschen, ich sag mal, die Schattenmorelle, die haben in Deutschland Schattenmorellen, die gehen mit Zuckergehalt auf 15 bis 20, 22 Brix, die Schaarbeek 25, oft 30 Brix. Die sind teuer, aber hoher Zuckergehalt und sehr starker Aromagehalt. Wichtiges Aroma, weil das auch ein bisschen Vanille hat. Und die Vanille-Komponenten sind sehr wichtig für den Geschmack.

Markus: Ihr habt ja verschiedene Kriek-Biere im Angebot. Manche haben 4 % wie das, was wir gerade haben, es gibt auf welche mit 6 % zum Beispiel. Wo liegen denn da die Unterschiede?

Frank Boon: Das 4-prozentige Bier ist leicht gesüßt. Früher hatte man auch in Deutschland Süßbiere. Es ist leicht gesüßt. Die anderen mit 6 und 8 % sind nicht gesüßt. Es ist immer das Problem, technische Problem oder Geschmacksproblem von ganz leichten Bieren, wenn die keinen Extrakt mehr haben, dann schmeckt das wie Wasser.

Markus: Wie wichtig sind diese regionalen Kirschen aus Schaarbeek für eure Brauerei?

Frank Boon: Der Anbauort ist sehr wichtig für die Qualität. In unserer Brauerei kaufen wir 300.000 Kilogramm Sauerkirschen pro Jahr. Die ist wichtig für uns. Die Schaarbeek, die gibt es bei uns noch, aber ein Programm läuft, um diese auf größere Mengen wiederum anzubauen. Heute haben wir nur kleine Menge wie Schaarbeeks Krieken, 15, 16 Tonnen in diesem Jahr, das ist das Maximum, was wir bekommen können.

Markus: In Deutschland sprechen wir ja sehr viel über das Reinheitsgebot beim Bier. Und es gibt natürlich auch in Belgien Regelungen für Biere. Da wäre natürlich die logische Frage: Gibt es für diese Fruchtbiere auch so eine Art Reinheitsgebot?

Frank Boon: Ja, es gibt da ein europäisches Gesetz und das ist das Gesetz über Qualitative Ingredient Declaration QUID. Wir müssen auf unsere Etiketten schreiben, wie viel und was ins Bier geht. So, wenn eine Brauerei ein Bier macht und die nennt das Fruchtbier, weil Frucht nicht besteht, dann sollen die sagen, produziert mit konzentrierter Fruchtmischung oder etwas in dieser Art. Wenn auf dem Etikett Kriek steht oder Abbildung von Sauerkirschen, muss man sagen, wie viele Sauerkirschen reingeht. Einige Brauereien produzieren das auch mit Kirschensaft oder mit konzentriertem Kirschensaft oder einige mit einer Mischung von Kirschensaft und vielleicht gibt es noch andere Beeren, die dunkel sind. Aber die sollen das auf die Etiketten schreiben, das ist verpflichtend. Bei uns, wir sind eine kleine Brauerei, wir wollen nicht all diese besonderen billigeren Biere produzieren, sondern das bleibt bei uns mit Sauerkirschen, Kriek-Bier mit Sauerkirschen steht auf Etikett, wie viel Gramm wir einsetzen.

Markus: Und wie lange bleiben die Kirschen dann im Bier und welche Lambics verwendet ihr dafür?

Frank Boon: Die beste Qualität ist, wenn die Kirschen nicht zu lange auf dem Bier liegen. Dann hat man weniger Extrakt. Das ist ein bisschen teurer, aber die Qualität ist besser. Man benutzt dafür zum Beispiel, Juli 2020, heute kann man Kirschen setzen auf Lambic, gebraut im Februar, im März von diesem Jahr. Man sagt einjährig, aber in Lambic zählt man in Sommer, Bier von ein Sommer, zwei Sommer, drei Sommer. Aber für Kriek kann man das machen auf Lambic von Frebuar von diesem Jahr. Will man etwas Spezielles produzieren, selbstverständlich kann man dazu ein bisschen älteren Lambic setzen und die Temperaturen anpassen, und das macht die verschiedenen Sorten, die man produzieren kann.

Markus: Euer Kriek hat auch einen intensiven Marzipangeschmack. Wie kommt der denn in das Kriek hinein?

Frank Boon: Das ist eine Gärung wie Rotwein. Den Marzipangeschmack hat man auch vom Fruchtfleisch und von dem Saft von diesen Sauerkirschen. Die Kerne, die tragen dazu bei, aber nur in wenigem Maße. Wenn die Sauerkirschen, ich sag mal, ein Jahr auf ein Holzfass liegenlässt, dann hat das Bier einen Vergärungsgrad von über 100 %. Oft wird das sehr sauer, essigsauer, und dann ist es passiert. Das ist nicht normalerweise, wie diese Biere hergestellt werden.

Markus: Vielleicht für die Hörer noch zur Ergänzung. In den Kernen der Kirsche ist Blausäure beziehungsweise sind Stoffe, die Blausäure bilden. Und das ist das, was mit dem Marzipanton übergeht. Deswegen muss man eben aufpassen, dass das nicht zu viel ist. Da achtet man darauf, dass man die Kerne nicht zerstört, sodass eben nur minimal die Aromen übergehen können. Und das ist natürlich beim Bier genauso wichtig wie zum Beispiel auch bei einem Brand, einem Kirschbrand oder einem Zwetschgenbrand zum Beispiel. Jetzt hast du gerade erklärt, dass ihr das junge Lambic für eure Fruchtbiere nehmt. Kann man das eigentlich auch mit altem Lambic machen?

Frank Boon: Kriek und Framboise, die werden hergestellt mit jungem Lambic. In dem jungen Lambic ist Brettanomyces nicht dominant. Es sind wilde Hefen, aber Saccharomyces-Hefen, die sind ähnlich wie wilde Weinhefe. Selbstverständlich, wenn das interessant wäre, könnte ich Himbeeren setzen auf Lambic von zwei oder drei Jahren. Dann riecht das wie eben Schweiß und so weiter. Das wollen die Leute nicht. Und das ist nicht das System, wie man das früher hier immer gemacht hat. Die alten Biere, die hat man normal nur reserviert für Geuze und auch für Kriek, aber nicht für Himbeere. Das Schwerste ist Oxidation, sehr schnell verschwindet der Himbeergeschmack, und das ist kein Problem von Brettanomyces, das ist ein Problem von Oxidation. Das ist problematisch für so ein Bier.

Markus: Ja, die Zeit geht voran und wir öffnen ein drittes Bier, Framboise steht da drauf, also Himbeere. Und wenn ich das jetzt einschenke, wunderschön, wieder eine rötliche Farbe, ein bisschen heller, auch der Schaum deutlich heller als vorher, und das Himbeeraroma im ganzen Raum. Wahnsinn! Also ganz, ganz großartig, macht richtig Lust. Wie ist das denn, du hast vorhin erklärt, dass das entstanden ist aus einer Tradition, dass man mit Früchten die Biere zu Hause praktisch hergestellt hat oder in seinem Restaurant, in seiner Kneipe. Gibt’s heute noch Leute, die zu Hause selber Kriek oder Framboise machen?

Frank Boon: Diese Wochen haben wir viele Leute von der Gegend und die kommen in die Brauereien, die kaufen jungen Lambic. Weil die Kirschen, die machen 20, 30 Liter Kirschenbier zu Hause. Im Juni kommen die, aber nicht so viele für Framboise, die meisten sagen, das hält sich nicht.

Markus: Wir haben vorhin beim Kriek drüber gesprochen, dass da die Variante mit wenig Alkohol etwas gesüßt wird. Hier im Framboise merkt man von der Sensorik her eher mehr Säure. Ist das trotzdem auch gesüßt?

Frank Boon: Das ist dieselbe Menge sogar wie für diese Kirschen. Aber die Himbeeren selbst haben ganz wenig Zucker und die sind ganz trocken. Die sind eben fast stringent trocknend im Mund. Aber wenn sie das messen, dann sollten sie sehen, das ist genau derselbe Zucker. Himbeeren sind keine ganz süßen Früchte.

Markus: Wenn ich jetzt auf das Etikett schaue, dann steht da nicht nur Himbeeren, sondern auch Kirschen. Warum sind da jetzt auch Kirschen im Himbeerbier?

Frank Boon: Das ist für die Farbe, weil Himbeeren sind sehr farbenschwach und die verlieren die Farbe. Und wenn das Bier ein Jahr oder eineinhalb Jahre in Flaschen ist, dann verliert es seine Farbe. Das ist auch typisch für Himbeeren. Und wir wollen nicht den PH anpassen oder etwas anderes machen für die Farbe. So typisch werden immer noch ein bisschen Sauerkirschen dazu. Ist so traditionell, ja.

Markus: Gibt es auch Fruchtbiere mit anderen Früchten, also zum Beispiel Aprikosen oder Äpfeln oder sowas? Würdet ihr sowas auch herstellen?

Frank Boon: Traditionell macht man das mit Sauerkirschen, mit Himbeeren und auch mit Weinbeeren. Das war nur eine Gegend, wo man früher viele Trauben in Glashäusern produziert hat. Aber die anderen Sorten, einige Brauereien und viele von meinen Kunden, Lambic-Mischer, die machen alle, versuchen mit anderen Fruchtsorten. Für uns ist es noch ein bisschen zu früh. Man kann das machen und dann solche Biere verkosten, oft gibt’s noch ein Problem von Oxidation oder für die Nachgärung, die nicht geht und so weiter. Wenn ein Brauer solche Biere technisch perfekt produzieren will, dann gibt es vielleicht noch viel Versuche. Und es gibt Brauer, die alle Sorten Früchte, in Amerika auch, einige sehen aus wie Joghurt ohne Schaum, ohne Kohlensäure. Oft interessant, aber nicht für uns heute. Ich bin ein bisschen zu traditionell.

Markus: Und wie viel Bier insgesamt macht ihr aktuell pro Jahr?

Frank Boon: Zwischen 20.000, 21.000 Hektoliter. Davon etwa 4000 Hektoliter für die Lambic-Mischer, dann noch 2000 Hektoliter obergärig für andere Kunden, und dann 14.000 Hektoliter eigene Produkte, alles und dann gegärte.

Markus: Ich würde mir jetzt ja schon schwertun zu überlegen, was mein Lieblingsbier von diesen ist. Wie ist das denn mit euren Kunden? Habt ihr ein beliebtestes Bier?

Frank Boon: Vor 20 Jahren war es Kriek, aber heute ist es alles Geuze. Geuze ist heute 70 % vom Verkauf. Das wächst noch immer. Eben mit Corona haben wir mehr Geuze verkauft als im vorigen Jahr, in den ersten 6 Monaten.

Markus: Ich war ja schon öfters bei euch in der Region und mir ist aufgefallen, es gibt gar nicht mehr so viele Lambic-Brauereien. Gibt’s da einen Grund, warum die alle verschwunden sind?

Frank Boon: Ist auch so. Das Problem mit diesem Bier war, wenn ich angefangen habe vor 45 Jahren, war es so, dass diese Biere sich für fast 100 Jahre nicht bewegt haben. Diese, die die brauten, hatten keine Braukunde, keine Brautechnik, nichts. Die sagten: Ja, wir machen das noch etwas und stecken kein Geld rein. Deswegen alle technischen Probleme, die es in Brauereien gibt, hygienische, rein arbeiten, aber auch Sauerstoff, gute Maschinen, das gab es nicht in diesen Brauereien, deswegen sind so viele verschwunden. Und das ist, was die hiesigen Brauereien gemacht haben, die ist eine traditionelle Brauerei, aber die haben die letzten technischen Systeme hier in der Brauerei für Reinigung. Das Bier geht von Holzfässern in die Mischfässer und man hat steriles sauerstofffreies Wasser für das Bier. Und all diese Sachen sind wichtig für die Qualität. Die Winzer machen das auch heute. Die Winzer, die noch mit den Füßen in die Trauben treten, ich kenne keinen guten Weinmarkt. Das ist etwas anderes, das ist Tourismus.

Markus: Jetzt höre ich so ein bisschen raus, euch geht’s auch darum, dass ihr schon eine gleichbleibende Qualität habt. Klingt für mich ein bisschen wie ein Widerspruch, wenn man sagt, spontan vergorenes Bier mit wilder Hefe und auf der anderen Seite der Versuch, ein immer gleiches Bier zu haben. Kann man das machen?

Frank Boon: Wenn wir jeden Tag dasselbe machen, hat man auch ungefähr dasselbe Resultat, weil man das am selben Ort mit denselben Rohstoffen. Das ist auch wie eine Kuh. Die Kuh ist ganz natürlich, die gibt jedes Mal ungefähr dieselbe Milch und sagt nicht: Ja, heute ist die Milch dunkel und morgen ist die …. Die Rohstoffe sind sehr, sehr wichtig. Wenn die nicht gut sind, kann man kein gutes Bier brauen. Das ist noch der alte Professor Windisch oder Lindner sagte, das Malz ist die Seele des Biers, ist noch immer wichtig auch für den Weizen.

Markus: So! Jetzt steigen wir die Leiter eine Stufe höher und nehmen wieder ein neues Bier. Jetzt steht da drauf Mariage Parfait. Ein wunderschöner Name, die perfekte Hochzeit. Was steckt denn dahinter?

Frank Boon: Mariage Parfait ist eine Mischung von Lambic von drei Jahren alten, von verschiedenen alten Lagerfässern. Die meisten alten Lagerfässer in unserer Brauerei benutzen wir für Mariage Parfait. Die ältesten sind 100 bis 130 Jahre alt und noch immer geben sie diese besonderen Geschmäcker. Und das Wichtigste ist, dass sie im Holz Brettanomyces haben, die eine sehr wichtige Rolle spielen. Brettanomyces kann auch zum Beispiel Vanillesäure produzieren. Und es ist sehr komplex, vielleicht zu technisch hier für heute, aber das Bier hier hat 8 % Alkohol, der erste der Geuze Boon, also die Geuze Boon hat 7 %, dieser hat 8 %. Der Mariage Parfait hat einen Vergärungsgrad von über 95 scheinbar. Er soll trocken sein, aber doch sehr vollmundig. Das ist nicht einfach, so etwas zu brauen. Und wir sind dafür bekannt. Für die Mariage Parfait haben wir 4500 Hektoliter auf Lager. Das heißt, 1500 von einem Jahr, 1500 von zwei Jahren und 1500 von drei Jahren, weil wir diese dreijährigen brauchen für das hier.

Markus: Also wieder ein Bier mit sehr, sehr viel Aufwand. Wie viele Leute seid ihr denn eigentlich in eurer Brauerei?

Frank Boon: Wir sind insgesamt 20, wir haben 16 Mitarbeiter in der Brauerei. Und das ist eine schöne Größe, weil wenn es zu klein ist, hat man kein Labor, keine Möglichkeit für Rohstoffkontrolle und so weiter. Und wenn es zu groß ist, dann hat man keine Zeit für Bier. 16 Mitarbeiter, Bier von der Familie, das ist schön. Ich bin sehr zufrieden, dass mein Sohn die Brauerei übernimmt. 45 Jahre Arbeit, wenn man das beenden muss und dann die Brauerei verkaufen, weil keiner das wollte, das macht einen Brauer nicht froh. Aber so, ich bin sehr zufrieden.

Markus: Da bekommt man ja richtig Lust, einfach mal vorbeizuschauen. Wie kann man deine Brauerei, die Brauerei Boon in Lambeek besuchen?

Frank Boon: Früher konnte man keine Brauerei besuchen, aber heute haben all die Brauereien die Türen geöffnet und die meisten kann man besuchen, auch hier. Und die Brauerei könnt ihr besuchen, wir sind mit dem Zug zum Beispiel 20 Minuten von Brüssel Innenstadt. Man braucht eben keinen Wagen, um die Brauerei zu besuchen hier. Die meisten Lambic-Brauereien sind in einem Umkreis von, ich sag mal, halben Stunde von Brüssel mit dem Wagen. Und die meisten kann man besuchen.

Markus: Da fällt mir ein, es gibt ja alle zwei Jahre die Toer de Geuze oder auf Französisch würde man ja sagen, den Tour de Geuze. Und da geht’s eigentlich darum, dass alle Geuze- und Lambic-Brauereien geöffnet sind und man die gleichzeitig besuchen kann an einem Wochenende. Gibt’s da einen Tipp von dir, wie kann man das am besten managen, dass man die auch alle wirklich sehen kann?

Frank Boon: Der beste Tipp ist, Anfang Dezember oder Januar kann man einschreiben für Autobus. Es gibt so verschiedene, die immer vier oder fünf Brauereien besuchen. Und das ist mit einem Führer und einem Bierspezialist, und dann kann man so einen ganzen Tag die Brauereien besuchen. Und weil am Samstag und Sonntag die Brauereien hier offen sind, kann man das für zwei Tage organisieren. Aber die, die das wollen, müssen sehr schnell sein, weil in jedem Jahr sind all die Busse sehr schnell ausverkauft.

Markus: Spannend an den Bieren, sowohl jetzt bei der Oude Geuze als auch bei unserem Mariage Parfait für mich war, dass es ja doch eine Bittere gibt, und zwar durchaus eine balancierte Bittere, die aber auch so ein bisschen den Mund wieder aufräumt und ein bisschen Lust macht auf den nächsten Schluck, ein bisschen trockener macht. Wie bringt ihr denn so eine schöne Bittere in eure Geuze?

Frank Boon: Ja. Die Bittere, sehr gute Frage. Es gibt gealterte Hopfen in Lambic, so ein Teil von der Bittere sind oxidierte Alpha- und Beta-Säuren von gealterten Hopfen. Aber auch ein Teil Bittere von dem Eichenholz, weil in diesem Bier gibt’s immer ein neues Fass und die Polyphenole vom Holz, die geben auch noch Bittere. Deswegen ist es schwierig oder ich sag mal nicht möglich, wenn man ein Lambic oder ein Geuze herstellen soll von nur neuen Fässern, weil die Bittere vom Hopfen und die Bittere oder die Polyphenole vom Holz zusammenkommen, dann ist das viel zu bitter. Aber die beide kommen zusammen ins Bier.

Markus: Ich habe noch eine Frage zu den Holzfässern. Geben die auch ein spezielles Aroma ins Bier, also je nach Fass und je nach Holz?

Frank Boon: Holztöne hat man im Geuze, aber Holztöne sind nicht nur die Polyphenole vom Holz, sind auch die Vanille-Seite. Die kommt nicht nur vom Holz, aber die kommt auch von der Brettanomyces-Hefe. Und die Brettanomyces-Hefe, die kann einige von den flüchtigen Phenolen vom jungen Bier umwandeln in Vanillekomponente. Das geschieht nur im zwei- und dreijährigen Bier.

Markus: Und wie wichtig sind die einzelnen Fässer und überhaupt euer Fassmanagement für die Brauerei?

Frank Boon: Wie Sie wissen, mischen wir immer verschiedene Lagerfässer, wenn wir Geuze herstellen. Dann ist es so, das junge Bier lagert in solchen Fässern und dann das zweijährige in anderen Fässern. Und viele Fässer haben ihre eigenen Eigenschaften. Ein Fass, das zum Beispiel seit 30, 40, 50 Jahren in der Brauerei ist, so ein Fass gibt immer denselben Biercharakter, und das ist sehr interessant. Das ist, was wir benutzen für die Mischung für Mariage Parfait. Aber es gibt auch neue Fässer, es gibt auch Fassreparaturen, wir haben unsere eigene Küferei oder Fassbinderei oder was sagen Sie, Büttnerei vielleicht, Fassreparatur. Und ich muss das den Arbeitern lehren, hier bin ich der Lehrer. Je Fass gibt’s andere Geschmäcker.

Markus: So! Jetzt gehen wir zum letzten Bier. Sehr spannende Flasche, ganz schwarz, und draufsteht Mono Vat 86. Ich habe ja schon gelernt, das Vat steht für Fass. Also das ist jetzt praktisch das Fass 86. Spannende Idee. Also wenn man sonst sagt, man verschneidet immer und versucht da eine beste Harmonie zu erreichen, jetzt zu sagen, okay, dann nehmen wir halt mal nur ein Fass. Wie kam euch denn diese Idee?

Frank Boon: Das Interessante ist, wenn man Geuze mischt, soll man immer einige Fässer benutzen für Jungbier. Andere lässt man an der Seite und da sagt man, ist vielleicht besser für dreijährige. Und viele Fässer haben eine eigene Qualität. Fass 86 ist ein Fass von 1935. Das war problematisch mit der From und hinten Boden, nicht sehr dick und der Boden musste überholt werden. In das Fass haben wir einen neuen Boden vorn und hinten gesetzt. Und so haben wir ein Fass, wo die Wildhefe im alten Teil vom Fass sitzen und die neue Holzteile, die bringen Holztöne ins Bier. Das ist das Interessante für Fass 86. Wir haben noch viele mit verschiedenen Sorten, aber die 86 ist ein sehr schönes.

Markus: Hast du bei all diesen Fässern auch ein Lieblingsfass?

Frank Boon: Lieblingsfass? Ja und nein. Ja, es sind eine Reihe von Fässern, also nicht ein Fass, aber eine Reihe. In einer Lambic-Brauerei, wenn man die Fässer immer gut reinigt und überholt und so weiter für 20, 30 Jahre, dann sind es in unserer Brauerei richtige Boon-Fässer. Ich könnte neue Fässer kaufen, in neue Fässer der Lambic wieder rauskommt. Das ist nicht unser Lambic, der schmeckt ganz bitter, der schmeckt sauer, der schmeckt ganz anders. Es dauert immer Jahre, 5, 10, 20 Jahre und diese Fässer, diese Liste von Fässern, das ist der Standard, immer bekommen wir ganz schöne Biere davon. Wenn es einen Unterschied im Preis gibt zwischen der normalen Geuze Boon und der Vat 86, hat das oft zu tun damit, dass der normale Geuze, neue Fässer und Fässer, die noch keine lange Zeit in der Brauerei sind, dass die mitgemischt werden.

Markus: Ich muss gestehen, ich habe mir diese Edition mit den vier Mono Vat Bieren, die es letztes Jahr gab, sofort zu Weihnachten geschenkt. Das ist natürlich eine großartige Idee, vor allem kann man da auch so ein bisschen selber seine eigene Geuze herstellen, wenn man dann die verschiedenen Fässer mischt. Sehr spannende Geschichte. Allerdings sind meine Flaschen natürlich jetzt auch schon leer. Gibt’s da wieder eine Edition? Wollt ihr damit weitermachen?

Frank Boon: Oh, das weiß ich nicht. Das ist für meinen Sohn. Diese vier, das war Spaß, weil ich wollte eine Box haben mit Bier, vier unterschiedlichen. Und sagen zu den Kunden, Sie können diese verkosten, aber Sie können auch Ihre eigene Geuze herstellen damit. Sie können das immer, unser Bier und auch Bier kaufen von anderen Lambic-Brauereien, die Sie lieben, und dann sagen, ja, ich höre das oft, zum Beispiel ein Vat 86 gemischt zwei Drittel mit einem so und das gibt schöne Mischungen. Man kann selbst Lambic-Mischer spielen.

Markus: Spielt da auch eine Rolle, wie groß diese Fässer sind?

Frank Boon: In kleinen Fässern kann man sehr schnell Lambic reifen, das geht sehr schnell. Aber kleine Fässer sind dünn und oft kann man mit zu kleinen Fässern Oxidationsprobleme haben. Und Oxidation ist auch Ursache für alle Off-Labels und andere Probleme. Für uns ist die Größe vom Fass wichtig. Ja.

Markus: Und in diesem Mono Vat Bier ist jetzt wirklich nur dieses eine Fass?

Frank Boon: Es muss auch in der Flasche vergären. Da müssen wir ein bisschen jungen Lambic dazusetzen. Ist immer ein Blend, aber mit einem Mono Fass 86, das entspricht dem Geschmack Fass 86.

Markus: Das heißt, man kann sagen, du kennst quasi jedes Fass persönlich?

Frank Boon: Ja, selbstverständlich. Ja. Heute steht das alles auf Excel-Listen, aber bis 2010 hatte ich kleines Büchlein mit allen Notizen. Ich glaube, von all meinen 161 Fässern, die meisten haben eine Reparatur von mir gekommen oder überholt. Wir haben unsere eigene Büttnerei, wie gesagt. Ja, ich kenne diese und ich weiß, was die geben, und ich weiß, warum die Holzfässer so wichtig sind in einer Lambic-Brauerei. Als ich angefangen habe vor 45 Jahren, mein Vorgänger, der hat immer gesagt, eine Lambic-Brauerei steht und fällt mit den Fässern. Und es ist so.

Markus: Lieber Frank, wir kommen langsam zum Ende. Was ich spannend finde, ist, dass du neben Niederländisch und Französisch, auch Englisch und wie wir gerade merken, sehr gut Deutsch sprichst. Ist das beruflich motiviert?

Frank Boon: Markus, es gibt drei Bierländer in Europa. Wir können das sagen unter uns, das ist Deutschland, Belgien und England. Und Bierbücher werden in diesen drei Sprachen geschrieben, Deutsch, Englisch, Französisch und Niederländisch. Deswegen, wenn man diese Sprachen kennt, versteht man die.

Markus: Diese neue Idee mit den Mono Vats, das hat natürlich seinen Preis. Wie kalkuliert man sowas? Ist das wichtig für euch als Brauerei?

Frank Boon: Ja, ein altes Fass mit zwei neuen Bauchböden, das kostet Geld. Ja, es ist so. Und die Fassbiere, Fass Nummer soundso viel, die sind für uns wichtig, weil damit können wir auch die Überholung von unseren Holzfässern finanzieren und die normale Geuze bezahlbar halten.

Markus: Lieber Frank, jetzt erst mal vielen, vielen, vielen Dank für deine Zeit und die vielen Informationen. Ich wünsch dir noch alles, alles Gute. Auch, dass die Übergabe an deine beiden Söhne am Jahresende gut klappt. Und ich hoffe, wir sehen uns dieses Jahr noch mal, spätestens im Herbst.

Frank Boon: Vielen Dank, es hat mich sehr gefreut.

Markus: Auf Wiedersehen an alle Hörer da draußen! Ciao!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 29 – Interview mit Jan Brücklmeier, Bierbuchautor aus Aurora, Ohio

Jan Brücklmeier ist schon zum zweiten Mal in den USA angekommen – und wieder hat ihn sein Lieblingshobby nicht losgelassen. Erst mangels Alternativen, dann für seine Buchrecherchen nahm er selbst den Rührstock in die Hand und braute seine eigenen Biere. Und nicht nur in den USA hat er sich eine Fangemeinde aufgebaut, auch in Deutschland holen sich viele bei ihm Rat, wenn es zuhause beim Läutern und Gären nicht so richtig klappen will. Im BierTalk spricht der sympathische Bayer über seine Geschichte und die Erlebnisse als Auswanderer auf Zeit im Land der unbegrenzten Möglichkeiten…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen BierTalk, heute der Nummer 29. Wir haben uns gedacht, bei so einer schönen Zahl muss man auch wieder einen kleinen Ausflug machen. Diesmal geht’s nach Westen, und zwar in die USA, an einen von den großen Seen. Und dort werden wir den Jan Brücklmeier sprechen, der uns gleich ein bisschen was über sich erzählen wird. Vorher natürlich wie immer, am Mikrofon bin ich der Markus und …

Holger: … der Holger.

Markus: Jan, wenn du vielleicht dich mal ganz kurz vorstellst und dann steigen wir ein bisschen ein und lernen dich näher kennen.

Jan Brücklmeier: Ich bin Jan Brücklmeier. Was habe ich mit Bier zu tun? Ich habe Brauwesen studiert, habe auch eine Zeit lang eine Brauerei oder eine Biermarke, so muss man es ja eher nennen, in Deutschland gehabt, Headless Brewing, mit einem Freund zusammen. Ich bin Heimbrauer, ich bin Autor, ich habe ein Buch geschrieben, das zweite ist gerade in der Mache, und ich bin Beer Judge. Daneben bin ich noch Schreiner, Pilot, alles Mögliche. Also ich habe viel gemacht und bin viel interessiert, aber Bier ist so das Thema, das mich mein Leben lang schon begleitet hat.

Markus: Holger, hast du gehört? Ein Pilot.

Holger: Unbedingt! Das fehlt mir ja noch. Ich habe fast alle Führerscheine, die man haben kann, aber einen Flugschein, den besitze ich nicht. Da müssen wir vielleicht dann im Anschluss direkt mal darüber reden.

Jan Brücklmeier: Ja, gerne.

Markus: Und wenn du so schön bescheiden sagst, du hast ein Buch geschrieben, das hat ja auch mit Bier zu tun, oder?

Jan Brücklmeier: Mein erstes Buch heißt „Bier brauen“, relativ kurz und bündig, und genau darum geht’s. Also es ist ein Buch, uns ist aufgefallen, also mir und dem Verlag ist aufgefallen, es gibt so ein bisschen oder gab eine Lücke zwischen den akademischen Büchern, also ich sag jetzt mal hier Narziß und die Narziß-Reihe und den Heimbrau-Büchern. Ich bin ziemlich viel aktiv im Hobbybrau-Forum. Man merkt halt, es ist so, die Leute entwickeln sich und dann ist aber oft das Problem, ein akademisches Buch setzt halt sehr, sehr viel Sachen voraus, die ein Hobbybrauer nicht unbedingt mitbringt. Weil wenn, ich keine Ahnung, aus der IT-Branche komme, ohne die IT-Branche zu brandmarken, dann habe ich vielleicht weniger Erfahrung mit Chemie. Die Idee war eben, ein Buch zu schreiben, das erklärt, was passiert beim Brauen, aber das eben so zu schreiben, dass dem eben auch ein Heimbrauer ohne Vorkenntnisse folgen kann.

Markus: Du bist jetzt in den USA, vielleicht erst mal überhaupt die Frage, wie du dahinkommst, und dann: Hat das vielleicht auch dein Buch ein bisschen inspiriert?

Jan Brücklmeier: Ich bin das zweite Mal in den USA und habe eben Brauwesen studiert, war dann im Maschinenbau tätig. Ich bin vorm Maschinenbau, wie soll man sagen, habe die Seiten gewechselt zur Anwendung, und arbeite für den weltgrößten Lebensmittelkonzern in den USA und kümmere mich hier um Abfüllung und Verpackung. Mein Bierbuch hat durchaus auch mit den USA zu tun. Weil ich bin das erste Mal eben umgezogen und mir hat hier in den USA einfach mein Weißbier gefehlt. Deshalb habe ich zum Heimbrauen eben wieder zurückgefunden und aufgrund von dem habe ich das Hobbybrauer-Forum kennengelernt. Und über das Hobbybrauer-Forum ist mir mal die Idee gewachsen, da muss man ein Buch schreiben.

Markus: Faszinierend! Apropos Hobbybrauer und Bier, Holger, ich glaube, wir müssen mal ein Bierchen aufmachen. Wir lassen dem Gast den Vortritt, oder?

Holger: Unbedingt. Natürlich. Selbstverständlich.

Jan Brücklmeier: Ich habe euch natürlich schon ein paar Mal zugehört. Es gibt einen Tipp von meinem Bier, da steht oben auf dem Hals die Zahl 1040. Und das klingt so.

Holger: Aber das ja ganz einfach, oder? Auf jeden Fall ist das mal ein Bier aus Weihenstephan.

Jan Brücklmeier: Genau. Klingt sehr weich beim Einschenken. Hast du gehört?

Markus: Ein Vitus vielleicht?

Holger: Ja, Vitus oder Korbinian, würde ich jetzt tippen.

Jan Brücklmeier: Würde ich normalerweise trinken, aber bei mir ist ja erst 11 Uhr vormittags, deshalb bin ich auf das normale Hefeweißbier umgestiegen.

Markus: Hm.

Holger: Auch nicht schlecht.

Markus: Gute Wahl. Auf jeden Fall.

Jan Brücklmeier: Der Grund ist, es ist vielleicht nicht mein Lieblingsweißbier, aber es ist aus Weihenstephan. Und wenn wir über Buch und so weiterreden, Weihenstephan hat mich einfach geprägt. Also Weihenstephan, ich habe in Weihenstephan studiert, und das ist nach wie vor noch so eine Verbindung, die ich zu Weihenstephan habe und die ich über das Bier gerne ausdrücke.

Markus: Hast du da in Amerika jetzt auch Verbindungen zu Brauern oder zu Hobbybrauern? Bist du da irgendwie mit eingebunden?

Jan Brücklmeier: Ja. Das ist hier eine ganz andere Community. Es ist Brauer und Hobbybrauer, professionelle Brauer und Hobbybrauer sind viel enger verwoben. Die heutigen professionellen Brauer waren früher Hobbybrauer. Ich bin hier, es gibt einen Hobbybrauer-Verein in Cleveland, also ich wohne in der Nähe von Cleveland, da bin ich aktiv oder mit denen habe ich öfter zu tun. Da gibt’s auch Market Garden, das ist eine Brauerei in Cleveland vom Andy Tveekrem. Der kommt ursprünglich von Dogfish Head und der war eben früher auch Heimbrauer. Und auch mit dem habe ich öfter zu tun, also wir reden öfter, wir brauen oder reden öfter übers Brauen. Ich helfe ihm manchmal in der Brauerei aus. Also es ist eine sehr lebhafte Community.

Markus: Jetzt hast du ja dein Weizen eingeschenkt. Es wird uns natürlich bestimmt interessieren, wie du das jetzt so empfindest. Und vielleicht auch, also ich erlebe es oft international, und Holger, du ja auch, dass die meisten ausländischen Brauer am meisten Probleme haben, ein gutes Weizen zu brauen. Ist das dann für dich als Hobbybrauer auch so? Und wie würdest du dieses Weihenstephan dann da einordnen?

Jan Brücklmeier: Weihenstephan ist wirklich, in meinen Augen, es nicht das beste Weißbier, aber es ist eine absolute Größe und es ist vor allem sehr stetig in der Qualität. Das ist wirklich so, wie soll man sagen, ein Go-to-Weißbier, weil mir wirklich immer wieder auffällt, egal wo man Weihenstephan auf der Welt trinkt, man weiß, man bekommt ein gutes Weißbier. Es hat hier einen relativ guten Ruf Weihenstephan, also es ist wirklich so eins von den Bieren, wo eben sich viele Brauer daran orientieren. Aber wie du schon sagst, Weißbier klingt immer so einfach, aber ist es nicht. Das ist auch mit eben ein Grund, ich trinke gerne Weißbier, meine Frau trinkt gerne Weißbier, warum ich mit der Hobbybrauerei eben wieder verstärkt auch angefangen habe, weil ich beim ersten Mal in den USA festgestellt habe, es gibt einfach kein gutes Weißbier. Weißbier ist eben auch eins von meinen Standardbieren. Also ich mache relativ viel, auch wirklich durch die Bank nicht bloß klassische Biere, aber Weißbier ist immer wieder mit dabei.

Markus: Tja, Holger, das war schon mal ein bayerischer Aufschlag. Wie machst du denn weiter in Sachen Bier?

Holger: Das sage ich euch gleich. Aber das Hefeweizen von Weihenstephan hat ja viele Preise auch gewonnen, ist ein absoluter Klassiker. Ich finde eben auch das Sortiment von Weihenstephan, das ist schon beeindruckend. Da kann man alles Mögliche erleben, was Bier auch sein kann. Jetzt haben sie ja auch noch mal ein Helles gemacht, weil Helles ist ja auch voll im Trend. Aber gerade jetzt vorhin, wir hatten uns ja beide sofort Videos und Korbinian gewünscht, also deshalb haben wir es ja auch sofort gemeint zu erraten. Wenn man jetzt diese beiden Biere auch nimmt, beide Bockbiere sind ja outstanding, würde ich sagen, würde man vielleicht in Amerika sagen. Was habe ich mitgebracht? Ich mach jetzt mal was und lass euch mal raten. Ich stelle es mal ab.

Markus: Ui!

Jan Brücklmeier: Ein Fass.

Markus: 1 Liter Schumacher Alt?

Holger: Das ist ganz kalt.

Markus: Das klang aber so.

Holger: Hör mal weiter zu.

Jan Brücklmeier: Oh! Ich würde sagen, was Belgisches, da ist ein echter Korken drin.

Holger: Sehr warm. Auweia! Jetzt ist der Korken abgebrochen.

Markus: Hört sich nach Bierversuch an.

Holger: Ja, hört sich nach Bierversuch an. Du bist schon wieder versucht, schon wieder ein bisschen unverschämt zu werden.

Markus: Wir machen dann übermorgen weiter, wenn du sie aufhast.

Holger: Also verstehst du, ich meine, man gibt sich einmal Mühe und du kannst es auch wieder nicht wertschätzen. Ich weiß auch nicht, warum ich dich so nett und so toll finde, aber ist jetzt auch scheißegal. Du rätst es eh nicht. Jan, komm, wir machen weiter, lass den Bamberger da.

Holger: So. Puh! Der ganze Raum ist erfüllt von Sensorik. Es hat eine säuerliche Note und einen rosa Schaum. Jetzt den Rest macht ihr.

Markus: Rosé de Gambrinus?

Jan Brücklmeier: Oder wie heißt es, Alexander?

Holger: Ich gebe euch einen kleinen Tipp. Woran kommt man bei einem Brüssel-Besuch als Bierliebhaber nicht vorbei?

Markus: Cantillon?

Jan Brücklmeier: Kriek?

Holger: So ist es. Cantillon, Kriek 100 % Bio Lambic.

Markus: Fein!

Jan Brücklmeier: Das war Teamwork, Markus.

Markus: Ja, super!

Holger: Ich darf nur noch mal darauf hinweisen, bei ungefähr 12 Grad, und da ist es wirklich für mich am allerbesten. Das ist so großartig, und wir haben hier so ein tolles Wetter heute und es ist wirklich richtig warm: Spitze! Also absolute Spitze! Viel besser kann man ein Kriek nicht machen, in meinen Augen.

Markus: Bin ich dann doch neidisch. Schön! Freut mich.

Jan Brücklmeier: Ich auch, ich auch.

Holger: Ja, jetzt bitte weitermachen!

Markus: Soll ich ein Bier aufmachen, ja?

Holger: Jawoll!

Markus: Okay! Gut. Also, dann müsst ihr aber auch raten. Das wird jetzt aber schwer.

Holger: Man hört überhaupt nichts eigentlich. Du schüttest gar kein Bier ein. Ah doch, jetzt so langsam.

Markus: So ein bisschen kam doch. Genau.

Holger: Okay! Du hast ja wahrscheinlich ganz langsam geschüttet, deshalb ist es ein Bier, was eine gute Schaumbildung hat. Ich könnte mir vorstellen, weil wir ja mit Amerika telefonieren, dass es ein IPA ist.

Markus: Nein. Ganz, ganz falsches Ende der Fahnenstange. Auch bei mir ist der Raum sehr aromatisch erfüllt mit sehr vielen Aromen.

Holger: Dann ein Imperial Stout Oak Aged gereift.

Markus: Nein, auch ganz falsch.

Jan Brücklmeier: Habe ich mich getäuscht oder war da am Anfang eine Bügelverschluss-Flasche?

Markus: Leider getäuscht, war ein ganz normaler Kronkorken.

Jan Brücklmeier: Ah!

Markus: Die Flasche ist braunfarben, das Etikett ist schwarz, und da drauf ist mit Rot-Gold etwas drauf geschrieben.

Jan Brücklmeier: Dann ist es Chocolate Stout von Maisel & Friends.

Markus: Leider nicht. Das Etikett hat oben und unten ein Dreieck. Im oberen Dreieck steht der Name der Brauerei und im unteren steht die Füllmenge drin. Es kommt aus einem Nachbarland von Deutschland und ist dem Bier von Holger gar nicht so unähnlich.

Holger: Oh Markus, das ist wirklich schwer.

Jan Brücklmeier: Ja.

Markus: Das ist wirklich schwer, zugegebenermaßen. Es handelt sich um ein Bier von der Brauerei Verzet, das ist so an der Grenze zwischen Belgien und Frankreich. Die machen alle möglichen Bierstile und unter anderem auch ein Oud Bruin. Von diesem Oud Bruin machen sie jedes Jahr mehrere Sondereditionen mit bestimmten Früchten. Und das ist jetzt die Kirschversion davon. Also dementsprechend bin ich da dem Kriek gar nicht so weit weg, nur dass die Basis bei dir eine Geuze ist und bei mir eben ein Oud Bruin. Aber ansonsten auch hervorragend schön rot-braun. Der Schaum war relativ intensiv für den Bierstil, da ist ja normalerweise nicht so viel Schaum drauf. Und der ganze Raum riecht nach Karamell und Kirsch. Ja, doch sehr, sehr schön.

Jan Brücklmeier: Das klingt extrem lecker.

Holger: Aber wie kommst du jetzt auf so ein Bier, wenn wir mit Amerika telefonieren?

Markus: Ach! Weil ich gedacht habe, das ist einfach ein sehr besonderer BierTalk heute, mit auch einer besonderen Geschichte, dass jemand eben aus Deutschland nach Amerika geht, dann aber für die Deutschen ein Bierbuch schreibt, wie sie Bier brauen sollen sozusagen. Ich habe mir gedacht, okay, was habe ich denn noch so richtig an Bieren bei mir rumstehen, die ich schon immer mal trinken wollte, aber noch keine Gelegenheit dafür gefunden habe. Und da ist mir das ins Auge gefallen, da habe ich gedacht, okay, dann nehmen wir das. Und war eine gute Wahl. Ich meine, gut, es hat 6 %, ist schon ein bisschen kräftiger. Wir haben ja bei uns auch immerhin schon nach fünf am Nachmittag, da darf man das, glaube ich, schon. Andererseits ist es ja trotzdem mit den Kirschen und der Säure jetzt kein ganz so schweres Bier. Das heißt, das kann man auch schön noch trinken und dabei sich lustig unterhalten und danach ja auch noch einen Abend dranhängen. Also insofern, war so mein Gedanke.

Jan Brücklmeier: Zu USA passt ja im Endeffekt alles, weil es ist ja auch ein großer Schmelztiegel der verschiedenen Kulturen und Bierkulturen.

Markus: Das stimmt auf jeden Fall. Ich habe schon viele gute Oud Bruins von amerikanischen Brauereien getrunken, zugegebenermaßen. Also da gibt’s ja doch eine wahrscheinlich noch größere Auswahl als in Belgien selbst. Insofern ganz, ganz spannend. Wenn man von den amerikanischen Bieren spricht, gibt’s da Lieblingsbrauereien oder Lieblingsbierstile oder irgendwas, wo du sagst, wenn, dann greife ich da zu?

Jan Brücklmeier: Meinst du jetzt wirklich richtig Big Brew oder richtig amerikanische Biere oder Craftbiere? Weil Craftbier, die meisten Craftbiere jetzt mal keine heimischen Stile sind. Weil wenn es um die wirklich traditionellen amerikanischen Stile geht, gibt’s eigentlich bloß zwei. Aber in den einen habe ich mich so ein bisschen letzten Sommer neu verliebt, ist Cream Ale.

Markus: Ja, es gibt ja nur, also die zwei Pumpkin Ale und Cream Ale, oder?

Jan Brücklmeier: Ja, und California Common, also Steam Beer.

Markus: Ja, richtig.

Jan Brücklmeier: Aber Cream Ale ist wirklich ein Stil, den ich im Sommer letztes Jahr unheimlich gerne getrunken habe, der auch so ein bisschen im Kommen ist. Weil auch die Amerikaner haben festgestellt, mit einem Super Hazy IPA Imperial mit Hopfen gestopft 3 Kilo auf 1 Hektoliter, da trinkt man eins, aber kein zweites. Einfach, weil es von der Sensorik zu viel ist. Und es ist wirklich so, die letzten zwei, drei Jahre sieht man, dass auch die Craft-Brauer eben wieder Stile neu interpretieren, die halt eine höhere Drinkability haben. Da besinnt man sich eben auch wieder zurück auf traditionelle amerikanische Stile, und da gehört eben ein Cream Ale mit dazu. Ist sehr klassisch, aber auf der anderen Seite, wahrscheinlich hast du es anders erwartet, ich bin auch nach wie vor noch ein absoluter Freund von richtig knackigen West Coast IPAs.

Markus: Also Erwartungen hatte ich gar keine, weil da halte ich mich mittlerweile an Holger mit seinem Lieblingsspruch, Enttäuschung kommt von Erwartung. Deswegen habe ich das schon, aber muss man ja auch nicht. Insofern, nein, ich finde das aber auch sehr spannend, dass man sagt, man besinnt sich einerseits wieder in Richtung Drinkability, weil das einfach für die Brauereien unheimlich wichtig ist. Und auf der anderen Seite, man besinnt sich eben auf wieder eher heimische Dinge, Dinge mit Story, wo man einfach sagt, das repräsentiert uns. Da finde ich diese Stile natürlich sehr, sehr schön. Wobei andererseits mittlerweile ja jede Brauerei auf der Welt jeden Bierstil braut und man kann gar nicht mehr wirklich sagen, wer ist wo zu Hause. Es gewinnen ja auch alle möglichen Brauereien Preise mit Bierstilen, mit denen sie eigentlich so landmäßig gar nichts zu tun haben.

Jan Brücklmeier: Ich mag auch absolut nach wie vor richtig knackige West Coast IPAs. Mein erster Berührungspunkt war hier in den USA, vor jetzt fast 11 Jahren, als ich das erste Mal hierhergezogen bin, es war 30 Grad draußen, wenn nicht noch heißer, eine Art Biergarten, wir sind da mit dem Fahrrad hingefahren, und ein Freund von mir sagt, das musst du mal probieren, und stellt mir ein Dogfish Head 90 Minute IPA hin. Ein super Bier, aber ich natürlich in meiner plumpen bayerischen Art, setze mich dahin und ziehe an diesem Bier an, weil es war ja so ein bisschen Biergarten-Setting. Und ich sage jetzt mal, IPA und ich, wir hatten uns die nächsten 3 Monate nichts zu sagen. Weil das war einfach, aber es war wirklich dann lustig, wirklich, ich habe absolut zu IPA und zu dieser total extremen Hopfen-Aromatik gefunden. Und war dann, also nach dem ersten Mal USA, dreieinhalb Jahre in Deutschland gewesen und ich hatte da wirklich eine harte Zeit. Da war Craftbier noch nicht so extrem verbreitet in Deutschland. Es war eine harte Zeit, wir haben im Allgäu gewohnt, und es war wirklich, jedes IPA, das ich habhaft werden konnte, habe ich mir gekauft und habe es probiert. Weil ich absolut an diesem Bierstil auch hängengeblieben bin.

Holger: Jan, lass uns doch mal ganz kurz zum Cream zurückkehren. Würdest du sagen, das ist ein richtiger Trend in den USA, oder hast du das jetzt einfach nur angesprochen, weil das auch für dich ein toller Bierstil ist?

Jan Brücklmeier: Das ist wirklich ein Trend. Also man sieht, ich sage jetzt mal, es sind so „geteilte Lager“ ein bisschen, in Anführungszeichen. Es ist halt Cream Ale, letztendlich, es gibt einen netten Spruch dazu: The Cream Ale is a Bastard Son of a German Lager and an English Ale, Born in the USA. Das ist so ein bisschen der Punkt, es gibt halt viele Craft-Brauer, die das Lager brauen, untergärig brauen nicht wirklich gut unter Kontrolle haben. Für die ist halt Cream Ale die Möglichkeit, letztendlich ein gut trinkbares Bier zu brauen, das relativ nah an ein Helles oder an ein Pils kommt. Und andere Lager sind halt die, die dann gleich auf ein Lager gehen. Also man sieht schon, dass wirklich viele kleine Brauereien eben auch mit Cream Ales rauskommen. Und plötzlich auch Brauereien, die einen so ein bisschen angestaubten Charakter haben wie mein zweites Bier, das ich übrigens hier dabeihabe, Genesee, seit den 1960ern machen die Cream Ale. Und es war eigentlich immer so, wie soll man sagen, ein Opa-Getränk. Also es gibt viele von meinen Freunden hier in den USA, die sagen, ich kann es nicht glauben, dass die ein Revival feiern, weil das ist ein Bier, das hat mein Opa im Kühlschrank gehabt. Da kommt aber auch so ein bisschen dieser, was ja oft bei Geschmack und Sensorik ist, es kommt eben auch so diese Geschichte bei den Leuten wieder in den Kopf. Das ist das erste Bier, das man dem Opa aus dem Kühlschrank geklaut hat. Dann kommt so ein bisschen die Kindheit wieder und das ist so ein bisschen, glaube ich, auch vielleicht durch die Krisen, die wir gerade in den USA erleben, auch so ein bisschen ein Wohlfühlgetränk, so ein wieder Zurück zu diesem typisch amerikanischen „Kleinstadt-Alles-ist-in-Ordnung-Bier“.

Markus: Es ist ja auch irgendwie interessant so von der Idee her. Dass man beim Cream Ale eigentlichen ein obergäriges Bier hat, was man dann runterkühlt und beim Steam Beer ein untergäriges Bier hat, was eher wärmer vergoren wird. Also das ist ja irgendwie lustig, dass sich diese beiden Bierstile so entwickelt haben, und gerade in den USA.

Jan Brücklmeier: Ja. Ich kann es euch jetzt nicht probieren lassen, aber ich kann es euch hören lassen.

Holger: Ui!

Jan Brücklmeier: Das Genesee Cream Ale.

Markus: Das macht schon mal richtig Lust. Kannst du uns ja noch ein bisschen beschreiben, wenn es jetzt im Glas ist? Dann können wir es uns besser vorstellen.

Jan Brücklmeier: Ja, absolut. Man kann es sich vorstellen, ein bisschen wie früher die Champagner- oder Kristallweizen. Weil es ist absolut klar filtriert, aber es hat natürlich einen relativ guten Schaum. Von der Sensorik her ist es schon in Richtung Lager, aber man merkt so leichte Ester-Noten. Also es kann das Ale nicht verheimlichen und ist vom Geschmack her nicht ganz unähnlich von einem Hellen, würde ich bei uns sagen in Bayern. Also es ist nicht ganz so stark gehopft, es hat oft einen Mais- oder Reisanteil drin, was so ein bisschen das Süßliche rauskitzelt, wie es ähnlich ist bei manchen Hellen-Stilen, ich glaube, bei manchen Hellen-Bieren in Bayern. Also absolut trinkbar.

Markus: Das, was du jetzt hast, ist von einer größeren Brauerei oder von einer kleineren?

Jan Brücklmeier: Man würde wahrscheinlich sagen, eine mittelständische Brauerei. Die nennt sich Genesee, die kommt aus Rochester, New York. Die haben 1960 angefangen, den Bierstil zu brauen, und brauen ihn durchgehend seitdem. Ich habe halt die Verkaufszahlen gesehen, die waren praktisch jetzt Jahrzehnte lang absolut im Keller. Jetzt kommt eben das Revival wieder, man besinnt sich wieder auf die alten Stile, und plötzlich ist das Bier in, was die Brauerei auch ein bisschen überrascht. Ich habe Interviews gesehen, die sich das gar nicht so richtig erklären können, warum das Bier plötzlich so in ist und jahrzehntelang hat sich keiner dafür interessiert.

Markus: Da geben wir, glaube ich, jetzt schon mal eine Bestellung auf. Wenn du wieder nach Deutschland kommst, darfst du da gerne mal ein, zwei Fläschchen mitpacken. Vielleicht muss man den Leuten auch noch erklären, die USA sind jetzt kein kleines Land, also damit man sich das noch ein bisschen besser vorstellen kann: Wo ungefähr bist du da jetzt?

Jan Brücklmeier: Ich bin im Norden, Lake Erie ist einer von den großen Seen im Norden, und eher im östlichen Teil der USA. Es klingt immer so blöd, aber es ist der östlichste Rand vom Mittleren Westen. Ab da fangen die sogenannten, wie wir sie nennen, Fly Over States an. Also nach Westen hin kommen dann die ganzen Staaten wie Iowa und so weiter, also die wirklich sehr flach sind, wo wirklich sehr viel Farm betrieben wird. Und da passiert eigentlich, wie soll man sagen, bis zur Westküste ist es relativ eintönig. Das merkt man auch, wenn man drüber fliegt, es ist relativ flach, Landwirtschaft und das war’s. Und wir sind da so am äußersten östlichen Rand davon.

Markus: Und Holger, bist du da in deinem Trucker-Leben schon entlang gegurkt?

Holger: Unbedingt! Ich habe ja sowieso schon die Route 66 gefahren und hatte mir dafür sogar einen Reiseführer antiquarisch besorgt aus dem Jahre 1934, um die wirklich historische Road wieder zu finden und auch zu fahren. Das ist mir aber nur noch so zu circa 70 Prozent gelungen. Es war aber eine sehr interessante Reise. Vielleicht noch mal eine Frage auch von mir, Jan: Die produzieren das ja jetzt dann auch so flavoured, so mit Lemon und Strawberry. Sind das so Trendgetränke, also auch so wie wir das hier kennen? Was weiß ich, irgendwie, es prickelt so schön in deinem Bauchnabel mit Grapefruit und Weizen und so? Oder auch in der alkoholarmen Variante? Oder wie ist das?

Jan Brücklmeier: Es gibt hier, Shockhead heißt eine der größten, die sich immer schwertun, ist es Craft oder ist es nicht Craft, die eben sehr, sehr viel so Weizenmischgetränke rausbringen. Wo man sagen muss, sie sind anders hier in den USA als die Biermischgetränke, die wir in Deutschland so in den 90er Jahren hatten, sie sind viel weniger süß. Auch Market Garden, nennt sich Shandy, also Radler, aber es ist eigentlich nicht das klassische Radler, wie es wir kennen, sondern das ist eigentlichen ein Bier, das mit Limonen-Schalen und so weiter gebraut ist. Also eher im trockenen, herben Bereich. Wobei, du hast schon recht, es gibt auch diese ganz abgefahrenen Sachen, es gibt die Wassermelone und was weiß ich was, die dann auch künstlich und süß sein können. Aber ich sag jetzt mal, im Craft-Bereich ist es eher die herbere Schiene und eher Bier mit aromatisierten Zutaten als ein wirkliches Biermischgetränk.

Markus: Ich meine, was wir so hören, ist ja, dass es auch diesen neuen Trend in den USA gibt, oder mittlerweile ist er gar nicht mehr so neu, das Hard Seltzer, also wo man letzten Endes Wasser hat und Alkohol und irgendwelche Aromen dazu tut. In Deutschland ist das jetzt auch angekommen, es gibt die erste Brauerei, die das verkauft. Hast du davon auch was mitbekommen?

Jan Brücklmeier: Ja. Es ist hier ein ganz großes Thema. Das ist natürlich, weil der amerikanische Beer Geek natürlich jeden verachtet, der Hard Seltzer trinkt. Wobei man sagen muss, dass viele von den Craft-Brauereien jetzt aber auf den Zug aufgesprungen sind in den letzten drei Jahren und eben auch Hard Seltzer machen. Es gibt jetzt was Neues, das ist so ein bisschen ein Trend, der sich letztes Jahr herauskristallisiert hat als Antwort darauf. Das sind die sogenannten Low Cal IPAs, also Low Calorie IPAs. Bei den Hard Seltzern ist die eigentlich Idee, ein Getränk zu machen mit nur natürlichen Zutaten. Also die sind nicht künstlich die Aromastoffe, aber eben mit unter 100 Kalorien oder unter 90 Kalorien pro Dose. Das ist die Idee dahinter. Und diese Low Calorie IPAs sind auf derselben Schiene, das heißt, da ist ein IPA, soll nach Möglichkeit schmecken wie ein richtiges IPA, aber eben bleibt unter 100 oder unter 90 Kalorien pro Dose.

Markus: Heißt es dann, sehr endvergoren oder wenig Alkohol? Oder wie ist da der Grund, wie kommen die auf wenig Kalorien?

Jan Brücklmeier: Meistens eine Kombination aus beidem. Also ein bisschen leichter eingebraut, also meistens dann nur so um die 4,5 bis 5 % Alkohol. Was ja lustig ist, weil da sind wir in Deutschland im absolut normalen Bereich, aber in den USA ist das schon eher ein Light Beer. Und dann eben halt sehr hochvergoren, also teilweise auch in die Richtung, wie es eine Zeit lang in war mit den Brut IPAs, also mit Enzymen, um wirklich absolut bis auf fast null Restextrakt runterzukommen.

Markus: Du hast ja vorhin von deinem Buch erzählt und davon, dass jetzt gerade ein zweites unterwegs ist. Darfst du über das schon sprechen oder ist das noch so top secret?

Jan Brücklmeier: Nein, absolut. Die Idee war immer ursprünglich, ein Buch zu schreiben, das das Thema Bier als solches behandelt. Und wir haben ziemlich schnell gemerkt, das wird nichts. Der ganze Herstellungsprozess und Bier als Kulturgut, als Lebensmittel, als Genussmittel, das ist einfach zu viel für ein Buch. Und deshalb haben wir es getrennt. Das erste Buch war ganz klar an den Brauer gerichtet und das zweite Buch ist jetzt an den Brauer, aber auch an den Biergenießer oder an den Biertrinker gerichtet. Es ist ein Teil Geschichte drin, aber was eben mir wichtig war, und ich glaube, da seid ihr beide auch die richtigen, Bier soll Spaß machen. Mir fällt immer wieder auf, dass wirklich viele Leute das Biertrinken so verbissen sehen und so verbissen geworden sind mit Spielregeln, und das IPA ist aber kein IPA, weil es hat 2 Bittereinheiten zu viel und ein halbes Prozent Alkohol zu wenig. Bier soll Spaß machen. Ich habe einen Professor gehabt in Weihenstephan, der immer gesagt hat, die wichtigste Aufgabe eines Brauer ist, Freude zu bereiten. Das versuche ich mit dem Buch zu vermitteln, einfach die Vielfalt von Bier, aber eben auch das Bier halt ganz wichtig ist für uns als Kulturgut oder auch das Menschen ganz wichtig war, aber eben auch Spaß machen soll und eben nicht zu ernst genommen werden soll.

Markus: Das Zitat ist auf jeden Fall klasse, das müssen wir uns unbedingt merken. Die Bücher erscheinen nur auf Deutsch oder auch auf Englisch?

Jan Brücklmeier: Ist mein Problem, sie erscheinen nur auf Deutsch. Ich habe jetzt gerade mit dem Braubuch das Problem, dass ich ständig wieder Passagen übersetzen muss, weil natürlich mich viel Hausbrauer hier fragen, Jan, du hast doch ein Buch geschrieben, wie mache ich folgendes? Ich habe zwar auch Kontakt gehabt hier mit ein paar Verlagen, aber es ist einfach, ein Buch in dem Umfang, das hat knappe 500 Seiten, ist schwierig zu übersetzen, weil die Kosten sehr, sehr hoch sind. Das klingt jetzt blöd, aber es ist fast günstiger, ein Buch neu zu schreiben als ein Buch in dem Umfang zu übersetzen.

Markus: Auf jeden Fall. Nein, kann ich voll nachvollziehen, also ich hatte auch schon, gerade auch bei meinem Bierbuch die Nachfrage sowohl auf Spanisch als auch auf Englisch, und die Übersetzungskosten, die sind dann fast fünfstellig. Und damit ist es nicht mehr sinnvoll, also schlicht und einfach, kann man sich im wahrsten Sinn des Wortes sparen. Schade eigentlich, aber so ist es eben in unserer buchschreibenden Zunft. Aber ist dein Englisch so, dass du sagen würdest, du könntest das jederzeit auch auf Englisch?

Jan Brücklmeier: Ich würde sagen: Ja. Ich weiß nicht, ob das ein Amerikaner auch behaupten würde. Man hat hier wirklich ein Problem, das glaubt man nicht, aber Amerikaner sind unheimlich freundliche Menschen. Und ich sage meinen Kollegen immer und immer wieder, wenn ich irgendwelche Fehler mache, sollen sie mich korrigieren. Aber das würden sie im Leben nicht tun. Wenn ich zu meinen Kollegen sage, Jungs, ich habe doch gerade was falsch gesagt, warum korrigiert mich keiner? Kommt als Antwort: Wir haben doch verstanden, was du willst. Ich würde sagen, ich spreche gutes Alltags-Englisch, ich weiß nicht, ob ich ein Buch in Englisch schreiben könnte.

Markus: Ja, da fehlt mir immer so der Mut auch. Ich bin selbst bei englischsprachigen E-Mails immer sehr im Zweifel, ob ich das irgendwie gut hinbekomme oder nicht. Aber gut, letzten Endes ist es so, es geht darum, dass man verstanden wird. Und solange man das am Ende hinbekommt, ist ja zumindest die Kommunikation schon mal gemacht. Vielleicht, so langsam, aber sicher kommen wir dem Ende zu, würde mich noch interessieren: Wie ist denn jetzt bei dir so allgemein die Lage? Also wir hören ja aus Deutschland leider keine guten Nachrichten aus Amerika, sowohl was die Pandemie angeht, als auch, was die ganze politische Situation angeht. Merkst du da Eriesee was davon? Und wie verhält man sich da als Deutscher, wenn man das so mitbekommt?

Jan Brücklmeier: USA, sag ich mal, die haben die Krise nicht ganz so gut gehändelt, wie sie es in Deutschland gehändelt haben. Für mich als Deutscher, also mein Arbeitgeber gibt mir die Möglichkeit, von zuhause aus zu arbeiten. Also der hat relativ schnell gemerkt, dass wir da in ein Problem steuern, was sich seit März tut. Gott sei Dank haben wir das Glück, dass wir in Ohio einen relativ vernünftigen Gouverneur haben, der das relativ gut händelt. Also wir sind einer von den Staaten, die nicht gerade explosionsartig neue Fälle kriegen. Und du sprichst es an, es ist manchmal so ein bisschen schwierig, weil natürlich, ich bin Deutscher, ich habe einen deutschen Pass, ich bin kein Amerikaner, und ich fühle mich natürlich als Gast im Land. Und es ist immer schwierig dann, die Führung, die offensichtlich Fehler macht, auch so offen zu kritisieren. Da tue ich mir nicht immer ganz einfach.

Markus: Ja, das kann ich mir vorstellen. Das heißt, dein Leben ist trotzdem noch in einem Rahmen, wo du sagst, es ist okay, du bist jetzt nicht ernsthaft betroffen von der Situation persönlich?

Jan Brücklmeier: Ja, also ich war teilweise betroffen, sagen wir es so. Wir machen ja die Heimbrau Convention einmal im Jahr in Romrod und die ist dieses Jahr ausgefallen wegen Corona. Ich war letztendlich schon in Washington auf dem Flug nach Deutschland für die Heimbrau Convention und dann hat mich meine Frau angerufen, das war der Tag, als Trump bekannt gegeben hat, dass er die Grenzen dichtmacht. Und ich bin dann, also Gott sei Dank, habe eine halbe Stunde vorm Einsteigen noch ein Bier an der Bar gefunden und habe dann umgebucht und bin wieder heimgeflogen. Also so gesehen bin ich natürlich schon auch persönlich betroffen, weil einfach Reisen nach Deutschland oder Familie besucht uns in den USA, ist zurzeit einfach nicht möglich. Ich habe jetzt das Glück, dass mein Visa-Status da relativ gefestigt ist, aber ich habe natürlich Kollegen, die auch vollkommen betroffen sind von Einschränkungen, was Visas angeht. So gesehen ist es nicht ganz einfach, weil es so ein bisschen, wie soll man sagen, die Rechtssicherheit natürlich durcheinander würfelt.

Markus: Ja, krasse Sache. Ich habe ja auch jetzt noch einen Flug gut, den ich eigentlich zum World Beer Cup gemacht hätte Anfang des Jahres, aber das ging eben auch nicht. Da werden wir uns überraschen lassen. Gibt’s sonst noch was, was du gerne den Hörern mitgeben würdest von deiner Seite aus in Sachen Bier oder in Sachen Kultur, je nachdem?

Jan Brücklmeier: Was ich wirklich so gelernt habe, und man muss dazusagen, ich bin in Weihenstephan ausgebildet und Weihenstephan war damals sicherlich anders, als man es heute kennt, Weihenstephan war sehr konservativ und sehr klassisch natürlich. Es gab ein helles untergäriges Bier und vielleicht gerade noch mal Weißbier. Was ich da den Leuten wirklich nahelege, ist einfach, offen zu bleiben. Und offen zu bleiben, was ich glaube ich vorhin auch schon mal in meinem Buch gesagt habe, die Sachen nicht so verbissen sehen. Wir sind kein Taubenzüchter-Verein, sondern Bier soll Spaß machen. Und wenn Bier aufhört Spaß zu machen, dann soll man sich ein anderes Hobby suchen.

Markus: Was ein Schlusssatz, wunderbar. Oder Holger, hast du da noch was hinzuzufügen?

Holger: Ich würde einfach nur fragen: Wer gewinnt die Wahl?

Jan Brücklmeier: Ich hoffe nicht, Trump. Also meine Nachbarn haben ein Schild im Garten stehen, da steht drauf so sinngemäß: 2020, wie auch immer, aber nicht Trump.

Markus: Krass! Es gibt ja nur eine Wahl, oder? Da kann sich ja nichts mehr ändern, dass da jemand anders noch ins Rennen steigt?

Jan Brücklmeier: Rein theoretisch kann sich nichts mehr ändern. Ja.

Markus: Naja gut, da können wir eigentlich nur die Daumen drücken und hoffen, dass es wirklich persönlich gut läuft, dass es mit deinem Buch gut läuft, dass du viele gute Biere dennoch bekommst, und hoffentlich bald mal wieder rüberkommen kannst und uns welche mitbringen kannst, das ist natürlich auch gut. Und vielen, vielen Dank natürlich für deine Zeit, für die Informationen. Und auch für deine viele Arbeit bei Facebook, weil ich glaube das auch, das ganze Forum profitiert unheimlich viel von dir und von dem, was du da reinschreibst, und das ist toll, großartig.

Jan Brücklmeier: Dankeschön. Und nächstes Mal, wenn ich komme, bin ich auch wieder in Bamberg, weil ich habe nach wie vor, zwei meiner besten Freunde wohnen in Bamberg. Und ich habe auch in Bamberg einen Teil meiner Praktika gemacht. Also Bamberg hat immer einen sehr besonderen Platz in meinem Herzen, sagen wir es so.

Markus: Und wir haben immer einen ganz besonderen Platz für dich. Vielen Dank!

Jan Brücklmeier: Super. Großartige Sache! Dankeschön.

Holger: Also tschüss!

Markus: Ja, tschüss!

Jan Brücklmeier: Ihr auch, ja, tschüss!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle folgen unter www.biertalk.de.

BierTalk 28 – Interview mit Thomas Tyrell vom Tyrell BrauKunstAtelier aus Berlin

Thomas Tyrell ist seit Jahrzehnten als Braumeister unterwegs und hatte nach vielen Stationen im In- und Ausland mit der Chefbraumeisterstelle bei Stone Brewing Berlin einen vorläufigen Höhepunkt seiner Karriere erklommen. Doch mit dem jähen Aus des ambitionierten Projektes von Craft Beer Pionier Greg Koch standen die Zeichen doch wieder auf Veränderung. Zeit, um einen alten Traum zu verwirklichen, den vom eigenen BrauKunstAtelier. Im BierTalk mit Holger Hahn und Markus Raupach spricht Thomas Tyrell über seinen spannenden Lebenslauf, die Zeit bei Stone und sein neues Projekt, ein dreiteiliges Biermenü mit zusammen über 30% Alkohol…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres BierTalks. Jetzt sind wir bei Nummer 28 und dafür reisen wir mal wieder in die Bier-Hauptstadt, nämlich nach Berlin. Am Mikrofon wie immer der Markus und …

Holger: … der Holger …

Markus: … und natürlich eben ein Gast, und das ist heute Thomas Tyrell. Vielleicht stellst du dich am besten kurz vor, erzählst ein kleines bisschen was, damit die Hörer dich kennenlernen.

Thomas Tyrell: Hallo, ich bin der Thomas Tyrell. Ich bin seit fast 30 Jahren Brauer, 1991 bei der Pott’s Brauerei in Oelde meine Lehre gestartet. Ich bin dann lange auf der Walz gewesen, war auch lange Zeit bei der Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei tätig. Meine letzte Station ist vielen vielleicht ein Begriff, das war die Stone Brewing in Berlin Mariendorf, wo ich den Brauereibetrieb aufbauen und leiten durfte.

Markus: Ja, da werden wir bestimmt gleich noch ein bisschen drüber reden. Spannend finde ich auch den Punkt VLB, TU, da wird ja auch sehr viel rund um das Thema Berliner Weisse gemacht. Hattest du damit auch Berührung mit der Forschung und so?

Thomas Tyrell: Ja, auf jeden Fall. Ich hatte in verschiedenen Bereichen auch Projekte bearbeitet und geforscht. Ich habe auch promoviert zu einem Thema, und da handelte es sich eigentlich um die organischen Säuren in alkoholisch vergorenen Getränken. Und da haben wir uns sehr viel mit Hefen befasst.

Markus: Ja, die Hefe ist so ein bisschen der heiße Scheiß, haben wir so ein bisschen gehört in den letzten BierTalks auch. Also unter anderem, dass es Brauereien gibt, die teilweise sogar größere Hefebanken haben als die Universitäten. Wie war es denn in deinen letzten Jahren? Hast du da mit Hefe auch viel experimentiert? Was denkst du, sind da so neue Trends?

Thomas Tyrell: Ja, wir haben immer wieder, wenn wir besondere Biere rausgebracht haben, haben wir immer wieder, von dem Hausstamm sind wir abgewichen und haben andere ausprobiert. Also das Verrückteste war eigentlich diese Kveik-Hefe, wo man ja wirklich eine Gärung fährt, die dann bei 35 Grad Celsius oder noch wärmer läuft, und dann ganz andere Aromen einfach mal hervortreten, die viel fruchtiger sind, aber man trotzdem ein bekömmliches Bier hat.

Markus: Apropos bekömmliches Bier, Holger, was meinst du, willst du das erste Bier aufmachen oder wollen wir es dem Thomas überlassen?

Holger: Ich muss es fast tun, weil … Das ist ja total absolut super-spannend und mit Stone Brewery und was ist da genau gelaufen und alles. Weißt du, wir sind ja unter uns und führen ja wie immer ein Gespräch unter Freunden, und deshalb habe ich mir ein Bier ausgesucht, das sozusagen den Namen hat, dessen Programm ich mir heute wünsche. Und zwar heißt das Bier „Ohne Filter“. Das ist das perfekte Bier eines Podcasts, kommt in dem Fall aus dem Schwarzwald und ist von der Brauerei …

Markus: Gute Frage.

Holger: … ach, jetzt habe ich gedacht, du wärst wieder richtig gut, aber na gut, Waldhaus, von der schönen Brauerei Waldhaus. Es ist in dem Fall ein ganz normales Dunkel, also ein süddeutsches Dunkel, wie man sich das vorstellt, allerdings eben unfiltriert. Aber wie gesagt, Programm ohne Filter.

Markus: Na, dann mach doch mal auf.

Holger: Yo, ich mach’s mal auf hier. So. Und dann schütte ich es mal ein. Da ist schon richtig was Dunkles im Glas. Mein Gott, das geht schon also Richtung, fast in Richtung Porter, also so dunkel wie das ist. Also so ein ganz, ganz dunkles Kastanienbraun, ein schöner cremefarbener Schaum und eine Mega-Malz- und Karamellnote. Ich verkoste mal.

Markus: Solange der Holger verkostet, Thomas, wie stehst du denn zu den dunklen Bieren? Magst du das?

Thomas Tyrell: Ich mag das sehr gerne. Ich bin ja auch zu der Zeit aufgewachsen, als Brauer, wo der Altbier-Hype gerade existierte. Und das hat mich schon immer auch fasziniert. Da kann man auch ganz tolle Sachen machen. Wenn man sich überlegt, wie das Malz geröstet wird für diese dunklen Biere, das sind ja so kaffeegleiche Prozesse, das ist wirklich erstaunlich, was dann manchmal im Bier entsteht. Dass ein Bier, das einfach nach Reinheitsgebot gebraut wurde, einfach nur mit Malz, dann auch mal nach Schokolade riecht im Prozess.

Holger: Genauso ist es auch. Das ist hier bei dem Bier auch wirklich Programm. Also ist so eine richtig schöne Röstmalz-Aromatik eben mit Kaffeenoten und auch mit Schokolade, Bitterschokoladen-Note. Das ist eine Streicheleinheit für jede Bierkehle, würde ich behaupten.

Markus: Na, dann sagen wir mal: Prost!

Holger: Ja.

Thomas Tyrell: Zum Wohl!

Markus: Mein Lieblings-Dunkles-Bier so von denen, die mit dir zu tun haben, Thomas, ist das Xocoveza. Das ist ein faszinierendes Projekt von vorn bis hinten. Also da wurden auch die Kakaos tatsächlich in Belize geholt und ihr hattet Kontakt zu den Leuten dort und habt die Schokolade auch irgendwie selber gemacht. Habt ihr da in Berlin auch diesen kompletten Prozess mal vollzogen?

Thomas Tyrell: Ja. Ich glaube, das war sogar das erste nicht-traditionelle Nicht-Reinheitsgebots-Bier, das eine Genehmigung bekommen hat und durfte Bier genannt werden. Das war sehr lustig dieser Anmeldeprozess durch die Instanzen in Berlin. Da haben wir beim ersten angefragt und die sagten dann: Ja, interessant, aber dafür sind wir nicht zuständig. Dann sind wir zur nächsten Stelle gerannt und so ging das immer weiter. Und hinterher waren wir im Kreis und hinterher hatten wir vier verschiedene Instanzen in der Brauerei sitzen und wir haben denen das alles noch mal erklärt, was wir da machen. Und dann kam irgendwann die Genehmigung.

Markus: Krass! Wahnsinn! Ja. Vielleicht magst du den Hörern noch mal ganz kurz erzählen, so aus der Brauersicht, wie dieses Bier entsteht. Wie gesagt, nur ganz kurz, aber manche kennen es ja vielleicht nicht.

Thomas Tyrell: Das ist ein Stout, also sehr dominiert durch Röstmalze. Im Brauprozess, also im Sudhaus, also vor der Gärung, wird noch mal frisch gepresster oder ich sag mal gemahlener Kakao, Kakaobohnen werden dazugegeben. Dann hat man natürlich sehr viel Fette damit im Bier, aber die Hefen freuen sich darüber und hinterher kommt eigentlich diese Aromanote sehr intensiv dann auch beim Trinken rüber. In dem Falle wurden dann noch einige andere Gewürze zugegeben und auch Kaffee zugegeben, die das Ganze noch sehr, sehr komplexer machen. Das hat auch eine Chili-Schärfe und viel Vanille drin. Ist eigentlich eine ziemliche Geschmacksbombe, so ein, ich sag mal, Dessert-Bier.

Holger: Bist du traurig, also bist du traurig, dass das alles so passiert ist?

Thomas Tyrell: Ein wenig schon, weil man hat ja das gelebt. Ein ehemaliger Kollege sagte mal zu mir, wir sind alle Stone-versaut. Das war so wie die erste Liebe. So was der Greg da vorgelebt hat und diesen Traum, den er da hatte, auch wenn das teilweise für den Deutschen ein bisschen zu aggressiv in der Außendarstellung war, der war trotzdem sehr faszinierend und wir sind dann natürlich alle mitgegangen. Ich war jetzt ja einer der ersten Mitarbeiter und konnte natürlich vom ersten Planungsstrich dann alles verfolgen. Und das war schon toll. Aber auf der anderen Seite ist es sehr schön, wenn man ab und zu auch mal resettet wird und auch mal wieder nach vorne gucken kann und sich dann mal auf eigene Sachen konzentrieren kann.

Holger: Jetzt bist du ja freier Brauer, oder?

Thomas Tyrell: Ja genau.

Holger: Da ist dann frei das Programm oder gibt’s schlimme Abhängigkeiten?

Thomas Tyrell: Nein, ich habe so hinter den Kulissen seit Herbst bei verschiedenen kleineren Projekten mitgearbeitet, ein bisschen auch geguckt, dass die Qualität stimmt, wenn jemand Lohnbrauen macht bei einer größeren Brauerei. Unter anderem mache ich das für Quartiermeister, das ist ja die erste soziale Biermarke Deutschlands. Dann hatte ich eigentlich von Anbeginn auch was im Hinterkopf, was ich unbedingt machen wollte. Ich wollte ein kleines eigenes Bieratelier oder BrauKunstAtelier gründen, indem ich, ich sag mal, besondere Biere mache, die auch lagerfähig sind und reifen können. Und das Ganze ein bisschen im höherprozentigen Bereich und einfach mal eine Braustätte gründen, die sich wirklich darauf spezialisiert. Weil viele Brauer machen solche Biere, aber das läuft so nebenbei, und da ist nie der volle Fokus drauf. Und das wollte ich jetzt einfach mal machen, und mache ich jetzt auch.

Holger: Genau. Das hatte ich auch schon mitbekommen über die einschlägigen sozialen Medien. Das ist ja jetzt so ein bisschen, also das gab‘s mal vom Hans Müller. Der hat versucht, das mit dem Thema Sommelierbier zu machen und ist eben voll in diese hochpreisige Schiene gegangen. Das hat aber damals zumindest, vielleicht war es auch noch früh, gar nicht funktioniert, weil einfach die Absatzmenge nicht gestimmt hat. Er musste dann sozusagen irgendwann auch was brauen, was die Leute einfach ganz normal trinken können jeden Tag. Dann war das natürlich komplett verwässert sofort. Das Konzept hat dann aber zwei sehr erfolgreiche Produkte dann quasi aus der Not heraus entwickelt: Einmal das Bayerisch Nizza und dann später noch den Backbone Splitter, kennst du vielleicht.

Thomas Tyrell: Ja klar, den Christian kenne ich auch sehr gut.

Holger: Also das kenne ich, was du jetzt machst, ist ja eine Berliner Weisse, oder?

Thomas Tyrell: Ja.

Holger: Und dann ein Stout, oder nicht?

Thomas Tyrell: Ja. Letztendlich wird es ein Biermenü. Das heißt, wir starten mit einem Aperitif, das wird eine Kaiserweisse. Wir haben die mal Kaiserweisse genannt, das war so ein bisschen, wir haben geguckt, wie wurden die früher genannt, diese Biere? Und dann gibt’s Champagner Weisse und Riesling Weisse oder Kabinett Weisse. Dann stand da auch Kaiserweisse dabei und Irgendwie fanden wir das am treffendsten. Das ist ein Imperial, Imperial Berliner Weisse, also eine überisierte Berliner Weisse mit rund 10 % Alkohol. Das Schöne daran ist einfach, man hat die Säure, aber der Körper, der ist so kräftig, der bringt gleichzeitig so eine Süße da rein, dass das Ganze wunderschön sich abrundet, wunderschön einbettet die Säure, und sehr, sehr fruchtig weinartig anmutet. Da habe ich auch einen Prototypen hier, den wollte ich jetzt gerade mal verkosten. Wenn ich mal eine Flasche Bier auch aufmachen darf?

Holger: Unbedingt!

Markus: Unbedingt!

Holger: Ja, ja, wer macht heute eigentlich die Moderation? Das ist ja, Manometer, wieder …

Markus: Das ist doch schön, wenn das auch mal die Gäste übernehmen.

Thomas Tyrell: Die ist jetzt auch mit einem Bügelverschluss versehen, wie man das so macht bei Probeflaschen. Das könnt ihr jetzt dann auch mal hören. Ich halte das mal in das Mikrofon. So. Das zischt schön.

Markus: Klingt schon mal spannend. Ich bin ganz neidisch.

Thomas Tyrell: Ja, hat sich gut abgesetzt die Trübung. Das ist natürlich ein naturtrübes Bier. Sieht jetzt sehr, sehr klar-gelb aus. Berliner Weissen sind ja oft sehr, sehr hell, diese ist dunkler. Aber das kommt durch die hohe Stammwürze. Feiner Schaum und ja, man riecht eigentlich eine leichte Strenge, so etwas beißend, aber angenehm beißend, aber dann auch fruchtaromatisch, was so eigentlich eher an so einen Weißwein eher erinnert als an ein Bier. Im Trunk selber hat man die Süße, die durch den Alkohol und die hohe Stammwürze kommt, die schöne fruchtige Säure dabei. Also wunderbar. Ich stelle auch immer fest, wenn ich das verkoste mit auch Nicht-Biertrinkern, die sind immer sehr begeistert. Selbst meine Schwester trinkt das Bier. Das habe ich nach 30 Jahren geschafft, dass meine Schwester Bier von mir mag. Die mag gar kein Bier.

Holger: Thomas, das ist doch immer ganz spannend bei der Berliner Weise auch mit dem Thema Hopfen. Wie funktioniert das? Was nimmst du da?

Thomas Tyrell: Ich habe hier, da bin ich in den letzten zwei, drei Jahren immer schon ein bisschen, wenn ich mal spazieren gegangen bin in Brandenburg, außerhalb von Berlin, dann habe ich mir auch immer die Hopfenpflanzen so ein bisschen angeguckt. Also wildwachsenden Hopfen, weil ich das einfach faszinierend finde, was da alles so wächst. Der ist ja überall, aber keiner nimmt ihn so richtig wahr. Hier rund um Berlin waren ja auch sehr viele Hopfenanbaugebiete wie zum Beispiel Hoppegarten, kennt man durch die Rennbahn. Aber der Name kommt ja davon, dass es eigentlich der Hopfengarten war. Oder auch das Kloster Chorin ist auch bekannt für den Hopfenanbau. Da habe ich so ein bisschen rumgeschaut und Berliner Weisse ist natürlich auch ein gnädiger Bierstil für solche Experimente, das kann man jetzt mit einem IPA nicht unbedingt machen. Aber hier verwende ich für diese Kaiserweisse selbstgepflückten handselektierten Wildhopfen.

Holger: Aber natürlich nur weibliche Dolden?

Thomas Tyrell: Ja. Das schon. Aber die sind durchaus auch befruchtet, eigentlich alle.

Holger: Sehr spannend. Markus, jetzt lassen wir dich nicht verdursten, aber da würde ich gleich noch mal wieder gerne darauf zurückkommen, also das ist ja wirklich ein sehr spannendes Projekt. Aber was hast du dir denn da heute mitgenommen?

B: Ich habe mir auch was Besonderes ausgesucht, ich schwanke aber noch, ich habe nämlich sogar zwei. Aber ich glaube, ich greife zur Braunen. So.

Holger: Oh, Dose, Dose. Da haben wir ja alles dabei, also Kronkorken, Bügelflasche, Dose. Und unabgesprochen. Wunderbar!

B: So. Wunderschön! Ich habe auch ein ganz besonderes Bier ausgesucht, und nachdem wir ja heute einen Talk wieder unter Freunden haben, habe ich mir auch ein Bier von einem sehr guten Freund von mir ausgesucht, der jetzt gerade im Moment auch wieder durchstartet, nämlich der Andreas Gänstaller, der zwei Braustätten jetzt aktuell hat in Franken, in Hallerndorf und in Röbersdorf. Zwei kleine ehemalige Familienbrauereien, mittlerweile eben verpachtet, die hat er – und er braut ganz spezielle Biere, die er normalerweise nur exportiert, also die man so gar nicht in Deutschland trinken kann. Und hat jetzt aber eine Linie aufgelegt zur Wiedereröffnung seiner Brauerei sozusagen, und das sind jetzt auch klassische deutsche Biere. Ich habe jetzt hier gerade das Zwickelbier Zoigl von der Gänstaller Braumanufaktur und werde das jetzt hier gleich mal verkosten. Im Glas habe ich es, ja, es ist relativ hell für so ein Zoigl, hätte ich mir jetzt ein bisschen dunkler erwartet, aber auf jeden Fall eine sehr, sehr schöne Farbe. Man könnte so an ein Ocker, helles Ocker vielleicht denken. Drüber sitzt ein schöner, so ein mittelporiger ziemlich fester Schaum, leicht getönt. Rieche ich mal rein. Oh ja, schöne malzige Noten, brotig, und so ein bisschen grasige Hopfenaromen. Passt. Ganz tolles Mundgefühl, sehr weich, sehr samtig und hinten raus eine ganz schön kräftige Bittere. Schön! Also da merkt man, dass er viel international unterwegs ist und deswegen durchaus auch noch vom Hopfen etwas mehr zulangt als der gemeine Franke das tut. Rund, süffig, sehr schön. Mein erster Schluck von dieser neuen Brauerei, und das mit euch, macht natürlich Spaß.

Holger: Da hebt die Gans fast ab, oder?

Markus: Auf seinem neuen Logo ist die Gans jetzt wirklich so im Durchstarten. Das ist auch ganz lustig, die breitet so die Flügel aus rechts und links, und das ist wirklich so, als würde sie gerade abheben. Ja, aber Zoigl natürlich auch ein sehr regionaler Bierstil, ähnlich wie die Berliner Weisse. Aber das finde ich total spannend, dass du da das wiederbelebst, Thomas, und vor allem auch in diesem Alkoholsegment. Also das mit 10 % ist ja schon, also für mich, glaube ich, die stärkste Berliner Weisse, die ich bisher getrunken habe.

Thomas Tyrell: Ja, das kann gut sein.

Markus: Also müssen wir, wenn wir wieder in Berlin sind, Holger, müssen wir da unbedingt mal ran. Oder wie kann ich die bekommen, wenn ich jetzt eine haben wollen würde? Kann man die bestellen?

Thomas Tyrell: Ich habe gerade diese Woche den Vorverkauf im Internet gestartet und klappere jetzt gerade auch die einschlägigen Bottle Shops ab. Die meisten wollen auch und schlagen auch zu. Ja, müssen wir gucken. Im Oktober kommt‘s dann raus. Aktuell sind ungefähr, ich sag mal so, 20 % vergriffen. Schauen wir mal, wir werden 700 Flaschen davon machen.

Markus: Auf welche Website sollen die Hörer da gehen? Können wir gleich mal sagen an der Stelle.

Thomas Tyrell: Auf www.tyrellbraukunstatelier.de.

Markus: Wunderbar! Das schreibe ich noch in die Shownotes, also könnt ihr dann reingucken und euch natürlich dann entsprechend versorgen. Wir haben praktisch die Vorspeise mit 10 %, ist ja easy-going. Wie geht’s dann weiter?

Thomas Tyrell: Dann geht’s weiter mit einem Gerstenwein. Der hat auch so viel um den Dreh. Da haben wir den ganzen Fokus natürlich auf Karamalze gelegt und Münchner Malze und Rotmalze, also sehr, sehr wenig Basismalz wird verwendet, einfach um den Charakter, den dieses Malz reinbringt bei der Alterung des Bieres, einfach so ein bisschen zu forcieren. Dann lagern wir den Gerstenwein im Nachgang auf Holz. Und hier ist das Konzept ein bisschen anders als in der Fassreifung. Weil die Flaschen, die wir verwenden, sind mit Naturkorken versehen, und wir verlagern jetzt so ein bisschen die Mikro-Aeration in den Bierkeller des Konsumenten oder unser Flaschenlager. Dadurch geben wir am Anfang, die Gerbstoffe vom Holz bringen wir mit ins Bier und lassen das dann aber weiter reifen. Und das ist dann wie immer bei solchen Bieren, da muss man eigentlich immer zwei Flaschen kaufen, eine trinkt man frisch und die andere lagert man ein und vergisst die mal und trinkt sie dann nach zwei, drei Jahren.

Markus: Mikro-Aeration, das ist ja ein toller Begriff.

Thomas Tyrell: Ja super, ne.

Markus: Was versteckt sich da dahinter?

Thomas Tyrell: Es ist eine Minimalbelüftung. Denn man hat einen sehr porösen, also relativ porösen Verschluss. Wenn man ein Holzfass hat, ist das natürlich die gesamte Holzfläche außen. Beim Naturkorken ist das der Korken, der, wieder im Verhältnis zur Flasche passt das ungefähr von der Größe die Fläche. Da hat man immer ein bisschen Austausch von Gasen. Und die Luft geht rein, aber nur sehr, sehr langsam, reagiert mit den Bierinhaltsstoffen auch sehr, sehr langsam, eventuell noch ein paar Hefen, die präsent sind, die das noch ein bisschen aufessen oder verstoffwechseln. Und so entstehen dann Änderungen über die Zeit im Getränk.

Markus: Ich habe mir übrigens auch deinen Lebenslauf angeschaut und finde da ganz interessant, wie weit du so rumgekommen bist. Du warst in Spanien, du warst natürlich in Amerika, in Oregon, aber eben zum Beispiel auch, glaube ich, in Venezuela oder irgendwie so in Südamerika. Wie hat sich das denn alles so ergeben?

Thomas Tyrell: Das war immer so der Wunsch oder der Drang rauszukommen. Das war immer, wenn ich zu lange an einer Stelle saß, hat sich dann irgendwas aufgetan oder man hat geguckt, und dann hat sich das ergeben und man ist losgegangen.

Markus: Wie muss ich mir einen Braumeister in Venezuela vorstellen?

Thomas Tyrell: Also Venezuela war die größte Brauerei, in der ich je gearbeitet habe, das ist Cervecería Polar. Damals habe ich dort meine Diplomarbeit geschrieben. Das war am Ende des Studiums.

Markus: Du warst aber auch bei Pott’s?

Thomas Tyrell: Bei Pott’s, da habe ich meine Ausbildung gemacht. Ja.

Markus: Da sieht man schon, also so der klassische deutsche Brauer, der geht schon ganz schön nochmal, ja, sagt man da, auf die Walz? Kann man nicht sagen, ne?

Thomas Tyrell: Ja, ich glaube schon. Das ist so klassisch. Also das war auch damals, als ich in Portland Oregon war, Mitte der 90er, das war so die erste Welle Craftbier. Dann sind ja einige Brauereien, haben ja dann Konkurs angemeldet, sind raus. Auch die, bei der ich damals war. Und dann kam mir irgendwann, Anfang des Jahrtausends ging das Wachstum wieder los und hatte ja dann, der Peak ist ja jetzt noch nicht erreicht, es entstehen immer weiterhin noch neue Brauereien in den USA. Das war schon eine verrückte Zeit damals in Portland.

Holger: Thomas, du hast ja gerade gesagt, der Greg war auch sehr faszinierend für dich, wie er eben herangegangen ist an die Dinge, und ganz unabhängig davon, wie das jetzt vielleicht hier in der deutschen Öffentlichkeit wahrgenommen wurde. Aber was machen die Amerikaner besonders gut, deiner Ansicht nach, in der Bierszene? Was glaubst du, was deren Stärke ist?

Thomas Tyrell: Ich glaube, das ist eine generelle Stärke, die die Kultur hat. Wenn sie was machen, dann geben sie immer Vollgas.

Holger: Ohne Rücksicht auf Verluste?

Thomas Tyrell: Ohne Rücksicht, dann wird Vollgas gegeben. Und dann ist auch sofort Geld da, was man nutzen kann, und man gibt immer Vollgas. Man geht mit dem vollen Einsatz rein. Wenn man mit Amerikanern spricht, die wirken auch immer sehr, sehr überzeugend. Das ist einfach die Mentalität, die dahintersteckt. Und die Deutschen sind immer ein bisschen zaghafter. Die Mischung ist eigentlich genial. Aber es ist auch komplex. Also ich glaube, das ist das, was USA und Amerika besonders macht. Und auf der anderen Seite sind die Konsequenzen dann aber auch teilweise so radikal, wie man das auch gemerkt hat bei Stone, wie dann der Stecker gezogen wurde am Ende. Das war ja dann aus mehrerlei Gründen. Ein Hauptgrund war sicherlich, dass in den USA das Thema Craftbier sich so ein bisschen gewendet hat und man dann nicht mehr so gutes Geld verdient hat. Und dann konnte man sich den Traum vom Greg, der noch sicher mal so ein, zwei Jahre gedauert hätte, bis der sich wirtschaftlich getragen hätte, sich nicht mehr leisten.

Holger: Ja, schade.

Thomas Tyrell: Ja. Fand ich auch.

Markus: Inwieweit darfst oder willst du denn darüber reden? Wäre natürlich interessant. Einerseits vielleicht, wenn du mal kurz darauf eingehst, wie war der Anfang, also wie kamst du zu dem ganzen Stone Thema, wie kamen so deine ersten Begegnungen mit Greg? Und dann eben vielleicht auch: Wie war es am Ende, wie seid ihr da raus?

Thomas Tyrell: Am Anfang war ja diese Veranstaltung, wo er seinen Stein hat fallen lassen, was vielen sehr negativ aufgestoßen ist. Ich fand das auch nicht gut, muss ich sagen. Das war ein bisschen zu derb. Aber trotzdem hat mich dann einfach die Vision fasziniert, a) eine Brauerei bauen zu können von klein auf, das Ganze im historischen Gebäude, dann mit diesem besonderen Bierstil, und das Ganze dann auch noch in diesem Kontext mit der konservativen deutschen Brauindustrie und dem aggressiven Idealbild der Craft-Brauer aus den USA. Das fand ich einfach spannend. Da hat er mich auch voll mitgerissen. Muss ich einfach sagen.

Markus: Das heißt, du warst da schon im Boot, als er diesen Stein auf die Palette deutsches Bier geschmissen hat?

Thomas Tyrell: Nein.

Markus: Oder war das der Moment, der dich überzeugt hat?

Thomas Tyrell: Dieser Moment hat mich nicht überzeugt. Es hat mich eher die ganze Veranstaltung überzeugt. Ich war da noch nicht im Boot. Das war eigentlich auch mehr oder weniger mein erster Kontakt mit Stone Brewing, dieser Tag. Aber kurz darauf war dann die Suche draußen, dass sie einen Braumeister suchten. Dann war ich einfach nervös, weil ich dachte, das ist so, Bewerben mache ich meist nicht, also habe ich lange nicht gemacht, mache ich ganz, ganz selten, irgendwie ergibt sich immer alles bei mir. Dann bin ich aber doch mal so einen Bewerbungsprozess durchlaufen, weil ich das einfach spannend fand. Das war einzigartig das Projekt, dann kam das so nach und nach. Wir haben dann lange irgendwann im Bewerbungsgespräch abends Bier getrunken. Dann habe ich losgelegt.

Markus: Also gibt’s da noch eine andere Qualifikation, die man haben muss, nicht nur die rein fachliche?

Thomas Tyrell: Ja, ja, auf jeden Fall. Ich denke schon.

Markus: Und dann entsteht da auch eine Freundschaft zwischen dir und dem Greg?

Thomas Tyrell: Ja. Als er dann wiederkam und es war raus, dass es verkauft wird, was soll man sagen, wir haben es probiert und wir haben uns umarmt. So ist das.

Markus: Dann so das Ende, also dann wurde verkündet, dass Schluss ist. Wie war da so der Übergang mit BrewDog? Wie hat das funktioniert? Da warst du dann auch nur noch vier Monate, glaube ich. Warst du da der letzte aus der Stone Riege, der dann praktisch das Licht ausgemacht hat? Oder wie kann man sich das vorstellen?

Thomas Tyrell: Na, das war schon ein, ich sag mal, Übergang bei laufendem Betrieb, soweit ich das weiß. Jetzt muss ich mal gucken, das ist ja schon wieder ein Jahr her. Kamen dann immer mehr Leute von BrewDog und man merkte dann auch, in welche Richtung das gehen sollte. Dann wurden ja recht schnell am Anfang, ich glaube, ein Drittel der Leute entlassen, weil man das Ganze einfach auf eine andere finanzielle Basis stellen wollte. Man wollte es erst mal minimieren und dann langsam wieder aufbauen. Das war dann die Entscheidung von BrewDog. So habe ich das wahrgenommen. Ich war dann wirklich nicht mehr lange da.

Markus: Für dich war aber auch das keine Perspektive zu sagen, du bleibst weiter da? Oder haben die gesagt, sie wollen dich nicht mehr haben?

Thomas Tyrell: Die haben gesagt, sie wollen mich nicht mehr.

Markus: Unglaublich! Aber das ist ja gut, dass du dich da jetzt verselbstständigst und dich eben selber ausleben kannst. Biermenü, wir waren, glaube ich, beim zweiten Gang. Gibt’s da noch einen dritten?

Thomas Tyrell: Ja, es gibt noch einen dritten und das wird ein Kakao Stout. Wir hatten das Thema Xocoveza ja vorhin schon mal angeschnitten, aber es wird kein Xocoveza. Wir fokussieren uns wirklich hier ein bisschen mehr auf die Röstmalze, und aber auch Kakao. Wir arbeiten hier auch mit Belize zusammen, also mit Belyzium aus Berlin, und beziehen den Kakao aus Belize. Brauen hier ein Bier, das dann auch noch ein bisschen auf Holz gereift wird. Das Bier, was ich dabei im Hinterkopf hatte, ist eine Kollaboration, die ich mal mit der brasilianischen Brauerei Bodebrown gemacht habe. Und da haben wir auch ein Kakao-Bier auf Holz gereift, und das war irgendwie das herausragendste, was ich je gemacht habe. Das wollte ich hier so ein bisschen weiterentwickeln, noch ein bisschen in Richtung von einem dunkleren Bierstil. Hat auch so um die 10 %. Ja, soll dann so ein bisschen den Espresso danach ersetzen in dem Biermenü.

Markus: Cool! Da holst du uns beide, glaube ich, ab. Der Holger steht ja sowieso auf diese dunklen Biere, oder?

Holger: Ja, auf jeden Fall. Ich meine, du hast ja vorhin schon Xocoveza angesprochen und so ein Kakao Stout macht natürlich Lust auf mehr. Das Thema Biermenü ist sowieso auch ein Thema, was ich immer wieder sehr spannend finde. Also letzten Endes ist so auch die Gourmettour von Busgenuss entstanden, dass man halt einfach sagt, okay, die erste Station ist eben Bier und Vorspeise, und dann Bier und Hauptspeise und Bier und Nachspeise. Jetzt kann ich mir das schon gut vorstellen, was man da so miteinander verbinden könnte. Jetzt sind wir total beim Dessert auch angekommen. Ich habe große Lust, mir da dieses Paket zu bestellen. Also das muss ich ehrlich sagen.

Markus: Ja, das werde ich gleich im Nachgang jetzt auch tun. Also sehr, sehr spannend. Wobei ich glaube, man braucht da wahrscheinlich gar nichts mehr zu essen. Wenn ich drei Biere mit 10 % habe, bin ich eigentlich schon ganz gut dabei.

Thomas Tyrell: Ja, sagen wir mal so, das kommt drauf an, mit wie vielen Menschen man sich diese Flasche teilt. Mein Wunsch ist, ich habe deswegen auch Großflaschen für dieses Menü gewählt, weil ich möchte, dass man das nicht allein trinkt. Dass man sich hinsetzt mit drei, vier, sechs guten Freunden und man sich dann kleine Gläser füllt, und dass dann auch noch Platz zum Essen ist.

Markus: Das heißt, du bist dann ein neuer Stern am Berliner Bierhimmel sozusagen. Vielleicht an der Stelle mal die Frage: Wie beurteilst du denn die aktuelle Situation? Also einerseits, ich meine, die Craft-Welle sozusagen war in Deutschland ja sowieso in der Konsolidierung, also eher jetzt im Absteigen so ein bisschen begriffen, aber dann kam jetzt auch noch die Corona-Zeit. Du bist da sicherlich mit dem Ohr ziemlich nah dran. Was hörst du denn so von den Kollegen und wie denkst du, wird das jetzt weitergehen?

Thomas Tyrell: Also die ganzen Bars, die einen Barbetrieb machen, die leiden natürlich entsprechend. Da ist der Umsatz einfach weggebrochen. Die dürfen jetzt auch nicht so voll loslegen wieder, wie es suggeriert wird. Das ist natürlich sehr, sehr schade. Das ist eine schwierige Situation. Entsprechend leiden natürlich alle Brauer, die auf Fassbier spezialisiert sind. Es sind zwar alle jetzt am Werkeln, weil Bottle Shops laufen recht gut, da hört man eigentlich kaum Klagen aus der Ecke. Also die reinen Bottle Shops, weil halt entsprechend die Fans von Craftbier dann sich für zu Hause versorgen. Wie das jetzt weitergeht, ob alle Brauer jetzt durchkommen, vermag ich schwer zu sagen. Das hängt immer davon ab, wie groß der Fußabdruck ist, den ein Brauer hat. Ein wandernder Brauer selber, der hat ja jetzt erst mal, die laufenden Kosten sind ja relativ gering. Er kauft ja immer nur ein, wenn er auch Bier verkauft. Da kann man sich dann schon über Wasser halten. Wenn es denn irgendwann zeitig wieder danach weitergeht. Das ist generell, glaube ich, in allen Branchen so. Okay! Wir haben den Lockdown, aber was sollen wir jetzt machen? Alle Branchen haben dasselbe Problem. Und dann bleibt man eigentlich dabei, wenn es vorher einigermaßen erfolgreich lief, das dann auch weiter zu machen. Ich habe jetzt noch nichts von Corona-bedingten Schließungen von Brauvorhaben gehört in Berlin. Aber das weiß ich jetzt auch nicht, ob da irgendwas passiert in der Richtung.

Markus: Malz & Moritz hat zugemacht, aber die waren ja vorher schon so ein bisschen.

Thomas Tyrell: Ja, das war aber schon im Dezember, ne.

Markus: Eben. Ja, ja, eben. Das war ja vorher schon, insofern.

Holger: Wo braust du denn, Thomas? Also wo jetzt?

Thomas Tyrell: Ja, das ist jetzt ein ganz anderes Beispiel. Ich bin Mitglied bei der Ersten Bernauer Braugenossenschaft, nördlich von Berlin liegt die Stadt Bernau. Das ist hier von Weißensee, wo ich wohne, auch nicht so weit entfernt. Die haben 2016 ihre Genossenschaft gegründete, das war einfach die Idee, wir wollen in Bernau wieder Bier brauen, weil Bernau war sehr bekannt für ein Braunbier. Diese Genossenschaft hat sich gebildet, da ist der Bürgermeister mit drin, das ist so richtig von der Bevölkerung getragen. Der Braumeister dort, das ist ein sehr guter Studienfreund von mir, der Ruslan Hofmann. Wir hatten uns letzten Sommer da mal zusammengesetzt und ein bisschen über Ideen gesprochen et cetera. Ich bin dann daraufhin auch Genossenschaftsmitglied geworden, bin ein bisschen da eingestiegen. Und ich werde jetzt die Biere, oder habe auch schon, dort brauen in Bernau, in der neuen Anlage. Die ist seit April im Probebetrieb, ab Juli wird die auch offiziell in Betrieb genommen. Also da ist, gerade jetzt in der Corona-Zeit wird eine neue Brauerei aufgemacht, und das ist auch irgendwie schön zu hören, finde ich.

Markus: Da ist dann auch ein Fasslager für deine ganzen Holzfässer? Oder wo hast du die?

Thomas Tyrell: Wir reifen da auch. Ja.

Markus: Faszinierend! Also Holger, da müssen wir unbedingt mal hin.

Thomas Tyrell: Da fällt mir gerade auch noch was zu ein, was ich gar nicht erzählt habe. Das Biermenü ist gleichzeitig eine Sonderedition für zehn Jahre Quartiermeister. Es geht pro Flasche 1 Euro an den Quartiermeister Verein. Und der Quartiermeister Verein fördert lokale Kiez-Initiativen für die Gemeinschaft.

Markus: Dann bedanken wir uns ganz, ganz herzlich bei dir für deine Zeit und die vielen Informationen.

Thomas Tyrell: Ja, gerne.

Markus: Und freuen uns auf vielleicht dann ein Update in einigen Monaten, wo wir dann mal sehen, wie lief der Start. Vielleicht verkosten wir dann das Biermenü einfach mal live.

Thomas Tyrell: Ja, gerne.

Markus: Wenn die Hörer mal hören, wie es einem geht, wenn man eben Vorspeise, Hauptspeise, Nachspeise mit 10 % zu sich genommen hat, wird dann auf jeden Fall ein witziger BierTalk.

Thomas Tyrell: Den machen wir dann auch abends, ne?

Markus: Ja, das machen wir auch abends. Genau. Vielleicht noch kurz für die Hörer als Info. Die Vögel, die da zwitschern im Hintergrund, das sind eben die Berliner Vögel, die einen Morgenlied singen gerade beim Thomas. Aber das ist ja auch sehr schön gewesen. Also von meiner Seite vielen Dank, bis bald und alles Gute! Toi, toi, toi für die Brauerei, für die Biere.

Thomas Tyrell: Auch von meiner Seite, vielen, vielen Dank für eure Zeit heute und den netten Plausch. Ich bin gespannt auch selber, wie das so alles ankommt mit meinem BrauKunstAtelier.

Markus: Wir wünschen dir auf jeden Fall alles Gute dafür.

Thomas Tyrell: Danke.

Holger: Ja Thomas, ich kann auch nur Danke sagen und dir vor allen Dingen für deine Zukunft alles Gute wünschen und auch für dein Projekt. Das hört sich wahnsinnig toll an. Und auch die Braugenossen, sowas finde ich ja auch richtig gut, weil es einfach auch in die Zeit passt, sozial eben wie auch andere und gesellschaftlich andere Wege zu gehen und sich in Gemeinschaften zusammenzuschließen ist eine alte Idee. Aber trotzdem, glaube ich, hat die eine große Modernität gerade. Ich bin sehr gespannt. Also ich werde dich auf jeden Fall besuchen. Ich freue mich drauf. Danke sehr.

Markus: Danke. Ciao!

Thomas Tyrell: Ja, sehr gerne.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle folgen unter www.biertalk.de.