BierTalk 23 – Interview mit Bastian Leikeim von der Altenburger Brauerei aus Altenburg

Er ist einerseits Herr über eines der schönsten Sudhäuser der gesamten Republik – hier kann man sogar heiraten, andererseits aber auch gemeinsam mit seinem Bruder Andreas für zwei Brauhäuser in Oberfranken und Thüringen verantwortlich: Bastian Leikeim, Geschäftsführer der Altenburger Brauerei. Wir sind uns schon oft auf internationalem Parkett begegnet, aber hatten noch nie die Gelegenheit, die feinen Biere seines Hauses ausführlich zu verkosten. Das haben wir nun nachgeholt – das Ergebnis: Wieder mal ein BierTalk vom Allerfeinsten, mit vielen Hintergrundinformationen zur Geschichte der Altenburger Brauerei, zur Verknüpfung mit dem Stammhaus in Altenkunstadt und zu den Unbilden, denen der dynamische Betriebswirt in seiner bisherigen Zeit zwischen Franken, Sachsen und Thüringen ausgesetzt war- genauso aber auch zu den Momenten großer Freude, von der gelungenen Hochgenuss-Verkostung mit Bier und Schokolade bis zum Gewinn des Worlds Best Awards für das Helle in 2019

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu unserem BierTalk Nummer 23. Eine stolze Zahl, und wir haben natürlich auch wieder einen stolzen Gast. Aber wir sind erst mal der Markus und …

Holger: … der Holger.

Markus: Genau. Wir sind diesmal gar nicht so weit gereist, über die bayerische Grenze nach Norden, und zwar nach Thüringen ins wunderschöne Altenburg. Und dort ist Bastian Leikeim. Hallo!

Bastian Leikeim: Servus, ihr beiden!

Markus: Wunderbar! Dann wäre es wunderbar, wenn du dich vielleicht mal ganz kurz vorstellst, falls die Hörer dich noch nicht kennen. Und dann steigen wir ein bisschen ein.

Bastian Leikeim: Ja. Mein Name ist Bastian Leikeim. Ich bin der Inhaber und Geschäftsführer der Altenburger Brauerei und in fünfter Generation Brauerfamilie Leikeim aus dem wunderschönen Altenkunstadt in Oberfranken.

Markus: Das ist doch schon mal toll. Holger, Leikeim, klingelt’s da bei dir?

Holger: Nein, weiß nicht. Was klingelt? Ich kann dir sagen, die Folge 23, 23 ist eine Primzahl. Klingelt da was bei dir?

Markus: Ja, fast, weil nämlich Leikeim ist ja noch eine weitere Brauerei. Also es gibt ein fränkisches Brauhaus Leikeim, da kannst du bestimmt auch ein bisschen was darüber erzählen. Weil das ist ja eigentlich die ursprüngliche Brauerfamilie, in der du auch großgeworden bist, oder?

Bastian Leikeim: Genau. Da hat mein Ururgroßvater, der war eigentlich Metzgermeister, und irgendwann hat der sich gedacht, naja, er hätte gerne – also wir hatten auch da eine Gastwirtschaft dabei – und da hätte er gerne ein eigenständiges Bier dazu. Und dann haben die mit dem Bierbrauen angefangen. Irgendwann war anscheinend das Bier besser wie die Wurst und dann ist es zu einer reinen Brauerei sozusagen geworden.

Holger: Aber jetzt klingelt‘s doch bei mir. Du meinst Altenburger, oder?

Markus: Nein, Altenburger ist dann die andere Brauerei.

Holger: Ja, dann mach‘s doch nicht so kompliziert da.

Markus: Naja, es könnte ja sein, dass der ein oder andere Hörer den Namen Leikeim schon kennt. Weil die Brauerei ja in den 90ern und Anfang der 00er Jahre viel, viel Werbung auch gemacht hat, auch eine der ersten war, die Fernsehwerbung geschalten hat als regionale Brauerei. Aber da können wir gleich noch ein bisschen drüber reden. Vielleicht sollten wir erst mal ein Bierchen aufmachen.

Bastian Leikeim: Auf jeden Fall, Markus. Da hast du total recht.

Markus: Genau. Schlag doch mal eins vor, mit dem wir anfangen sollen.

Bastian Leikeim: Dann würde ich doch mal ganz einfach mit unserem Hauptrenner anfangen, mit unserem Premium Pils.

Markus: Wunderbar! Dann müsst ihr Hörer jetzt genau hinhören.

Bastian Leikeim: Das waren aber jetzt mal drei richtig schöne Plops, du.

Markus: Jetzt müsste allen klargeworden sein, es ist mal kein Kronkorken und keine Dose, sondern ein anderer Verschluss.

Holger: Jetzt soll ich wieder was sagen, ob es wieder klingelt? Also es ist ein Bügelverschluss. Wir sind tolle Plopper.

Markus: Absolut! Bastian, soweit ich weiß war ja die Altenburger Brauerei die erste, die den Bügel in den neuen Bundesländern eingeführt hat. Wie kamt ihr denn darauf?

Bastian Leikeim: Vielleicht noch mal ganz kurz zur Geschichte auch. Wie gesagt, ich stamme ja aus dem Brauhaus in Altenkunstadt, und mein Vater hat damals schon, wir waren ja immer sehr, also wir waren ja grenznah zur ehemaligen innerdeutschen Grenze. Mein Vater hat damals schon gesagt so Anfang der 90er, als dann die Grenze aufgemacht worden ist, das war so wirklich dieses Thema: Ich will da was machen. Da ist ganz viel passiert, da war eine Energie da. Und er hatte sich schon immer eigentlich dafür interessiert, so einen zweiten Standort sich zuzulegen und da zu expandieren. Dann ist er, ich weiß nicht mehr wie, auf die Altenburger Brauerei gekommen. Und da das beide ja Schwesterbrauereien sind, hatten wir dann damals oder haben wir in Altenburg dann auch den Bügelverschluss mit übernommen als Flasche wie eben Leikeim auch hatte.

Markus: Holger, was sagst du denn zu dem Pils? Du bist ja absoluter Pilsexperte. Du kannst es ja mal verkosten.

Holger: Ich war jetzt total froh, dass ihr beiden schon rumlabert, deshalb habe ich einfach schon getrunken. He-he-he! Erst mal, die Farbe ist schon der Hit, also kann man sagen. Das ist Gold, also man kann es gar nicht anders beschreiben, ist Gold. Hat einen ganz, ganz feinporigen Schaum und hat eben so eine schöne hopfige blumige Note. Ist im Antrunk sofort so ein ganz harmonisches Pils, also wo das sehr ausgewogen ist, so die Hopfennote mit der Malznote. Und ist aber trocken und schlank und macht Lust auf den zweiten Schluck. Prost!

Markus: Prost!

Bastian Leikeim: Vielen Dank! Prost!

Markus: Ich muss sagen, mich erinnert das noch an was anderes. Wenn ich hier so in das Bier reinschaue, dann steigen da diese Bläschen wirklich in großer Zahl schön gemütlich nach oben. Und als Kind früher im Winter habe ich immer aus dem Fenster geschaut, wenn es geschneit hat, weil mich das total fasziniert hat, wenn diese Flocken da von oben so runtergefallen sind. Und im Grunde ist das genauso, nur andersrum. Also die Bläschen steigen da schön nach oben und das finde ich ganz toll, weil man da sieht, wie dieses Bier lebendig ist. Und du findest es dann auch wieder im Mund, wenn du es trinkst, wie das dann eben schön moussiert und die Kohlensäure wirklich schön erfrischt auch. Also ein richtig schönes, angenehmes Pils. Und Holger, du hast recht, hintenraus wird es dann trocken, bitter, wie sich’s gehört.

Holger: Ganz genauso muss es sein, absolut. Aber wir könnten vielleicht noch mal ganz kurz einen Seitenschwenk machen, ganz kurz zur Glaskunde. Weil immer wieder so die Thematik ist, also was ist eigentlich gut? Ist eine Lebendigkeit im Glas gut oder ist die nicht so gut? Und woher kommt die eigentlich? Und wenn die ganz ausgeprägt ist, manchmal liegt es am Glas, also dass das Glas rau ist, einen hohen Kalkanteil hat. Und vielleicht auch in den Pilstulpen ist es oft so, wenn die älter sind, bildet sich so ein Ring, und der schäumt dann auch und so. Und wenn man das sieht in den Gläsern, dann sind die entweder nicht richtig sauber oder verschlissen. Das ist natürlich bei deinem Glas nicht der Fall, also um Gottes Willen. Aber ich wollte es mal gesagt haben, weil ich ja so ein Gläserfetischist bin.

Markus: Absolut! Also dein Glas ist in dem Fall ja unser Glas, weil es ein Bierakademie-Verkostungsglas ist. Und das ist in der Tat glatt und frisch gespült. Aber wie gesagt, das ist eben ein sehr lebendiges, schönes, frisches Bier. Und eigentlich in der Tradition, gerade in Thüringen, Sachsen sind ja ziemlich früh Pilsbiere entstanden. Die Brauerei ist, glaube ich, 1871 gegründet. Weißt du, ob die damals schon solche Biere gemacht haben oder mit welchen Bierstilen die angefangen haben?

Bastian Leikeim: Ganz klassisch war das Altenburger Braunbier. Wenn man sich diese klassische Rotbier-Tradition so im Mittelfränkischen anschaut, war das ja nichts anderes. Biere, die eher so ins Bräunlich, Rötliche reingegangen sind. Und das waren, meines Wissens nach, die ersten Biere, die dann dort gebraut worden sind.

Markus: Und hast du selber auf die Rezeptur jetzt zum Beispiel von diesem Pils Einfluss genommen oder sind das alte Rezepturen?

Bastian Leikeim: Ich bin kein Braumeister, muss ich dazusagen. Ich bin zwar Biersommelier und leidenschaftlicher Biertrinker, auf die Rezepturen, also da verlasse ich mich schon auf meine Braumeisterin, die wir in Altenburg haben. Wir erarbeiten das zusammen, aber die Rezepturen, die sind eigentlich schon sehr lange bei uns im Haus so. Was wir verändert haben und was wir gemacht haben, ihr seht es auch hinten drauf zum Beispiel, dass wir Elbe-Saale-Hopfen seit ein paar Jahren verwenden und wir verwenden auch nahezu mitteldeutsche Gerste.

Markus: Also ein sehr regionales Bier. Jetzt muss ich mal was machen, was der Holger sonst immer macht. Der erzählt mir nämlich immer, wenn er die Frauen kennt, die irgendwo sind. Und wenn ich mich richtig erinnere, müsste eure Braumeisterin die Antje Dathe sein, oder?

Bastian Leikeim: Da hast du fast recht. Die Frau Dathe ist letztes Jahr in den Ruhestand gegangen.

Markus: Ach! Jetzt wollte ich die dem Holger präsentieren. Schade.

Bastian Leikeim: Aber ich kann euch beruhigen, es hat eine Nachfolgerin gegeben und da bin ich echt megastolz darauf, weil es gar nicht so einfach ist, in dem Bereich auch Frauen zu finden. Also das ist wirklich leider bei uns immer noch so die Ausnahme. Und ich bin da echt total froh, dass wir die Katharina Reinhardt gefunden haben, die eine Urberlinerin ist. Die macht das echt total gut.

Markus: Ich glaube, da wird der Holger jetzt bald mal vorbeischauen, oder?

Holger: Ja. Ich meine, Damen, die dann im Ruhestand sind, da nehme ich dann doch lieber die, die auch noch am Arbeiten sind irgendwie.

Markus: Aber Wienerin, da klingelt doch bei dir bestimmt auch wieder was?

Holger: Aber unbedingt. Aber was ich noch mal ganz gerne sagen würde, auch gerne jetzt zu dem Bier, was vor mir steht: Was ich besonders schönfinde, sind eigentlich die Etiketten. Das ist so, irgendwie ist das ja eine Traditionsbrauerei mit einem unglaublich tollen Sudhaus auch, und dann das Etikett ist aber ganz klar ohne Schnörkel. Das, was eben drin ist, steht drauf, es ist ein Premium Pils, es ist feinherb, und man kann sich darauf einstellen. Also das mag ich auch irgendwie, dass man da eine Stunde braucht, um das Etikett zu erfassen, das ist eben hier nicht der Fall, da weiß man sofort Bescheid. Das mag ich.

Bastian Leikeim: Die Marke wird immer ein bisschen anders aufgesetzt. Markus kennt das vielleicht auch noch, wir haben auch in der Vergangenheit mit teilweise etwas leicht bekleideten Damen auch Werbung gemacht. Und als ich in die Brauerei eingestiegen bin, muss ich ehrlicherweise sagen, dass das überhaupt nicht mein Stil war. Also das hat mir auch überhaupt nicht gefallen, und dann haben wir uns einfach zusammengesetzt in unserem Kreis und haben gesagt: Okay, wie fühlen wir uns wohl? Wenn wir jetzt irgendwo auf einem Bierstand wären, wie wollen wir mit der Marke sein? Das war so eine Erarbeitung im Team von der ganzen Marke.

Holger: Aber ist dann auch so, wie ich gesagt habe, oder?

Bastian Leikeim: Ja. Ich bin da auch relativ straight. Unser Landkreis, das ist ja auch das Osterland in Altenburg, wir sind da auch eigentlich relativ straight, die Leute dort. Also die wollen da auch nicht viel Schnickschnack oft haben. Ich glaube, dass das so ein bisschen auch den Altenburger widerspiegelt.

Markus: Was mir auffällt, das Etikett hat unten noch mal so einen Halbbogen ausgeschnitten. Ist das produktionsbedingt oder hat das einen Sinn?

Bastian Leikeim: Ich könnte jetzt natürlich sagen, dass das irgendwelche Verschwörungsthemen sind, was wir mit dem Etikett ausdrücken wollen, aber das ist eine ganz einfache Sache: Das ist die Führungsschiene von dem Etikett bei der Etikettier-Maschine, sonst würde uns das Etikett sich die ganze Zeit drehen.

Markus: Ah okay. Gut, verstanden. Letzte Frage vielleicht noch zum Etikett, dieses A, ist das eine neue Erfindung oder ist das eine alte Letter?

Bastian Leikeim: Das A ist eigentlich nur das A herausgenommen aus dem Schriftzug von Altenburger und sozusagen als Signier. Irgendwie, ich hatte diesen Spleen, so ein bisschen wie bei Batman so ein Zeichen zu haben, wo man sofort dann irgendwann mal, weil das dauert ja, irgendwann einfach, wenn man dieses A sieht, dann weiß man ganz genau: Ah! Das ist hier das Altenburger.

Markus: Apropos A, ich glaube, wir brauchen noch ein Bier.

Bastian Leikeim: Sehr gerne.

Holger: Also eher B, oder?

Markus: Ja! (lacht)

Bastian Leikeim: Ja, sehr, sehr gerne. Dann würde ich fast mal vorschlagen, dass wir zu einem totalen Exoten rübergehen, für uns als Brauerei. Ich meine, ihr habt ja die Biere vor euch und das sind jetzt, ich sag mal, wir haben jetzt keine fancy, also wir haben keine Triple IPAs und wir haben auch keine Imperial Stouts im Portfolio, aber was wir haben für eine Thüringer Brauerei, wir haben Weißbier. Und das ist echt für eine Thüringer Brauerei fast eine Revolution gewesen. Aber jetzt machen wir es erst mal auf, würde ich sagen.

Markus: Au ja! Und wieder mit so einem schönen Plopp.

Holger: Habt ihr das gehört? Mit so einem Nachbrenner.

Markus: Das wird der Plopp-Podcast. Oder für Franken der Blobb-Bodcast. Apropos, wieviel Franken ist denn noch in dir und wieviel Thüringer ist schon drin?

Bastian Leikeim: Puh! Markus, ich glaube, das ist, wie soll ich das immer sagen, einmal Franke immer Franke. Ich glaube, das hört man bei mir ja auch. Also das wissen die Leute auch immer dann sofort. Ich sage auch immer, wenn ich bei uns Brauereiführungen oder wenn wir Biersommelier-Abende machen, dann sage ich, also dass ihr es gleich wisst, ich komme nicht aus Altenburg und ich glaube, das hört ihr auch, aber das tut dem Bier nichts Schlechtes. Ich mag die Gegend dort und ich fühle mich auch dort extrem wohl, aber klar, da, wo du herkommst, das hat immer einen speziellen Platz, glaube ich, in deinem Herzen.

Markus: Ja, das geht dem Holger auch so, oder?

Holger: Unbedingt, Heimat. Und Bier ist Heimat auch.

Bastian Leikeim: Ja, absolut.

Holger: Aber jetzt auch zu dem Bier, ich habe schon wieder einen Schluck genommen. Das ist ja wunderbar. Wir machen auf, ihr beiden redet und ich kann trinken.

Bastian Leikeim: So soll es sein.

Holger: So soll es sein. Genau. Das ist auch richtig toll, das ist ja cremig, also das ist richtig cremig und hat so eine tolle Fruchtigkeit auch. Mmh! Das finde ich ausgesprochen gut. Markus, das ist doch auch deins, oder?

Markus: Ja. Jetzt komme ich an. Sehr, sehr schön. Also es ist ein bisschen, wenn man jetzt eine Banane nimmt, aber eine relativ gelbe Banane noch, und dann oben drauf so ein bisschen Schlagsahne, also so ein Bananenkuchen vielleicht mit ein bisschen Biskuit, und dann ist das zusammen wirklich dieser Geschmack. Toll! Also erfrischend eben auch noch und nicht schwer, sehr schön fruchtig. Also diese Bananennote ist ganz toll.

Bastian Leikeim: Da gibt’s auch eine schöne Anekdote auch zu dem Bier. Du hast es ja schon gefragt, Markus, ob jetzt Franke noch oder Bayer noch in mir steckt. Ich meine als Franke, wo wir herkommen, ich meine, ganz klar, Kellerbierkultur, naturtrübe Biere, das ist ja selbstverständlich für uns. Und als ich in Altenburg angefangen habe 2011, hatte ich immer schon mal so gesagt: Ja, ich stelle mir sowas mal vor, so ein Kellerbier oder so ein Weißbier. Da hat mich meine Braumeisterin, damals noch die Antje Dathe, angeguckt: Ah, das kannst du gleich vergessen. Ich: Ja, wieso denn? Ja, naturtrübes Bier, dann denken die Leute doch alle, dass das gekippt ist. Dann sage ich: Ja, aber das ist doch Unsinn. Und dachte ich: Naja, dann fragst du halt einfach mal so bei dir im Team rum und so weiter. Und das ist wirklich unglaublich, also es gibt so eine Altersschneise, würde ich mal sagen, die jetzt so um die 40-jährigen. Also unter 40, für die ist das überhaupt kein Thema und für die über 40-Jährigen ist es ein unfiltriertes Bier, das kannst du nahezu nicht anbieten, weil sie der Meinung sind, dass es umgekippt ist.

Holger: Ja, aber ich glaube auch, das ist vorwiegend auch ein ostdeutsches Thema, Bastian. Weil es gab immer Probleme mit Ausflockung in den Bieren und das hat man dann eben auch als unschön wahrgenommen. Und das war in den alten Bundesländern, oder darf man ja jetzt schon gar nicht mehr sagen, also alte Bundesländer.

Bastian Leikeim: Die gebrauchten bitte.

Holger: Also war das eben weniger ein Thema, aber in Ostdeutschland waren diese Ausflockungen in den Bieren eigentlich wirklich ein Problem. Und daher kommt das. Also das ist ja auch so, dass überall fast das Kristallweizen ausgestorben ist, außer in Berlin, da hat es einen Riesenmarkt. Und das ist in meinen Augen was typisch Ostdeutsches, und das kommt eben durch diese Ausflockungen.

Bastian Leikeim: War auch berechtigt. Also ich meine, damals, das Schöne ist, wir haben ja noch ganz viele Aufzeichnungen auch von früher, und das war ja so, damals in der ehemaligen DDR mussten Biere, also war ja festgelegt, aber ein Pils musste mindestens sieben Tage haltbar sein. Das waren die Anforderungen damals vom MHD. Das ist natürlich mit heute überhaupt nicht vergleichbar. Und das ist jetzt auch wieder das Schöne, Markus, weil du sie vorhin angesprochen hast, mit der Antje Dathe, was halt für mich einfach super war, die Antje war 35 Jahre bei uns im Unternehmen, die hat wirklich alles mitgemacht, und die hat Geschichten erzählt, wie damals teilweise Bier gebraut worden, also die kann ich hier überhaupt nicht erzählen, das ist echt der Hammer.

Markus: Die hat sie mir auch erzählt, als ich damals da war, um mein Buch zu schreiben. Gebe ich jetzt aber auch nicht wieder. Also es ist wirklich spannend und es ist auch einerseits interessant und beeindruckend, wie kreativ man damals einfach sein musste und andererseits auch wieder erschreckend, was man alles getan hatte, um irgendwie dieses Bier noch her zu bekommen. Also insofern, die Stammwürze ist ja auch immer weiter nach unten gegangen. Und es war halt einfach insgesamt das Thema, sobald man gesehen hat, das Bier ist relativ trüb, hat man es nicht genommen. Genauso hat man keine grünen Flaschen im Markt gekauft, sondern nur die braunen. Was halt bei uns der Fall war, in Anführungsstrichen, also in den gebrauchten Bundesländern sagen wir, es kam halt vorher die Bio-Welle auf. Und die Bio-Welle hat so in Ablösung von dem Kristallweizen schon in den 80ern am Anfang dieses ganze unfiltrierte Thema wieder salonfähig gemacht. Vorher war das Kellerbier genauso tot und das normale Weizen auch ziemlich tot, weil man eben auf das filtrierte Pils und auch das Kristallweizen stand. Aber eben über die Bio-Welle wurde dann naturtrüb auf einmal wieder schick. Das kam dann halt mit Verzögerung in den neuen Bundesländern an, aber ich habe auch den Eindruck, es ist ein Generationenthema und mittlerweile glaube ich, also gerade auch, weil viele tolle Kellerbiere und Weißbiere zum Beispiel aus Thüringen und Sachsen kommen, dass sich das mehr oder weniger gelegt hat. Und euer Weizen zeigt es ja, also es ist ein hervorragendes wunderschönes Bier, das mit jedem bayerischen da locker mithalten kann.

Holger: Wunderbar! Das Weißbier war ja großartig und ihr habt ja ein sehr schönes Portfolio und vor mir stehen noch einige Biere. Da kommen mir einfach drei Farben in den Sinn. Also da gibt’s einmal Silber, also hier Meininger Award, dann gibt’s Bronze, World Beer Award, und dann gibt’s Schwarz, und dann kommen wir zum Schwarzes. So nennt ihr das, Altburger Schwarzes. Und da hätte ich jetzt Lust drauf. Also wenn ihr nichts dagegen hättet, ich würde jetzt als nächstes gerne das Schwarze nehmen. Wäre das okay?

Bastian Leikeim: Sehr gerne.

Markus: Wunderbar! Freue ich mich auch schon drauf.

Holger: Dann ploppen wir wieder. Boah!

Markus: Hat was von Silvester.

Bastian Leikeim: Ja, ne? Das ist richtig schön. Und das ist ja auch immer das Thema, vielleicht mal zu dem Ploppen, weil manchmal bekomme ich auch so das Feedback: Ah! Das hat ein bisschen zeitverzögert geploppt oder das hat ja gar nicht so schön geploppt. Es ist immer auch eine Frage, wie kalt das Bier ist. Wenn ihr das mal ausprobiert, je kälter nämlich das Bier ist, desto schwieriger ist es mit dem Ploppen, weil dann einfach der Gummi oftmals oben noch an dem Glas ein bisschen bleibt.

Markus: Das ist interessant. Muss ich mir mal anschauen. Aber ich bin grad abgelenkt von diesem Bier, also von der Farbe. Wahnsinn! Also da hat man ja dieses Haselnussbraun, so Heino-mäßig, und dann kommt so ein Rotton, so ein roter Schimmer zwischendurch.

Holger: Da fällt mir doch direkt wieder ein, wir haben doch mal das Thema Bier und Musik auch in Angriff genommen. Also „Schwarzbraun ist die Haselnuss“ wäre jetzt dein Titel für dieses Bier, oder was?

Markus: Ich bin mir nicht so sicher, weil ich persönlich noch nie ein großer Heino-Fan war. Wie ist das denn bei dir, Basti?

Bastian Leikeim: Das ganze Thema ist interessant und wir hatten vorhin ja schon dieses Thema Braunbier. Nachdem wir ja in einer Region leben, die momentan leider finde ich manchmal auch zu Unrecht so ein bisschen in der Öffentlichkeit auch dargestellt wird, weil wir sind ja der letzte Zipfel von Thüringen. Wir sind ja fast schon Sachsen, also Altenburg war ja früher auch immer sächsisch geprägt eigentlich. Da muss man natürlich mit solchen Sachen auch ein bisschen aufpassen, weil von sowas distanzieren wir uns natürlich total. Also das sieht man auch bei uns, unsere Biere, wir sind in Altenburgs Bund, ganz klar. Deswegen muss ich mit solchen Aussagen echt, bin ich da sehr, sehr vorsichtig.

Markus: Okay. Also politisch hatten wir das jetzt gar nicht gemeint, also ich zumindest nicht. Aber es ist verständlich. Ich muss sagen, vom Geschmack her habe ich so eine ganz spannende Waldhonignote so hinten raus. So ein ganz intensiver, ganz kräftiger Waldhonig, geht fast so rüber auch in so einen Zuckerrübensirup-Aroma, also ganz andere Röstaromen, als wir das jetzt zum Beispiel von einem Dunklen bei uns kennen. Finde ich ganz spannend.

Bastian Leikeim: Das ist auch immer oftmals die Thematik, die wir auch bei Verkostungen dann haben. Grad wenn wir auch Leute eben aus dem Bayerischen oder woanders haben, die denken dann immer so, das ist so ein altbayerisch Dunkel oder so, also schön malzbetont, da ist ein schöner kräftiger Körper da und so weiter. Aber eigentlich war das Schwarzbier immer, das ist so eine Spezialität aus dem Fränkischen, Thüringischen, Sächsischen. Und die Basis ist eigentlich eher ein Pils, als dass es ein anderes Bier ist. Das merkt man dann hier auch. Also es ist eigentlich ein schlanker Körper und hat dann aber so Attribute eben von diesem dunklen Malz mit drin, was ich immer total spannend finde.

Markus: Ist es, Holger, oder? Ich meine, du als Pils-Freund müsstest ja sagen, das ist jetzt so die schwarze Schwester von deinem Pils.

Holger: Nein, aber genauso ist es. Also deshalb bin ich auch dem Bierstil, da bin ich auf Du und Du, also auf jeden Fall. Ich meine, hier in Bayern oder da, wo ich jetzt lebe im Exil, das wisst ihr ja, hier in München, da gibt’s eben dann das Helle und das Dunkle. Und ich mag auch gerne das Dunkle, aber manchmal sind die einfach pappsüß. Und ein Schwarzbier ist da eben nicht so. Und als klassischer Pils-Trinker kommt mir das sehr entgegen. Also Prost!

Markus: Prost!

Bastian Leikeim: Prost!

Markus: Es gibt, glaube ich, auch nicht mehr viele Brauereien, die das machen, oder? Also die klassische thüringische Variante.

Bastian Leikeim: Ja, ich meine, es gibt natürlich einen ganz großen Vertreter, der ist auch gar nicht so weit weg von uns, das ist sicherlich auch der Benchmark, was das Thema angeht, zumindest, was die öffentliche Wahrnehmung angeht. Aber die verfolgen natürlich einen ganz anderen Fokus als wir, das ist auch ganz klar. Also das Schwarzbier ist für uns eine Spezialität, das gehört dazu, weil wir sind eine thüringische, sächsische Brauerei. Das gehört einfach mit dazu. Ich kann euch nur mal empfehlen, also so aus lukullischen Gründen, wenn ihr dieses Schwarzbier mal mit so einer Vanillecreme zum Beispiel probiert, wir haben in Gera ein total gutes Restaurant, das ist „Küche im Keller“. Der Marco, der kocht total gut und der hatte eben dann Schwarzbier mit drin, und dann gab es ein Püree, und da war so ein bisschen Vanille mit drin. Das ist der absolute Hochgenuss. Echt! Dieses Bier mit so ein bisschen Vanille.

Markus: Kann ich mir sehr gut vorstellen.

Holger: Ich auch. Also unbedingt. Und die Rezenz ist auch so toll, finde ich.

Markus: Also ein ganz schönes Bier. Aber wo du es gerade sagst, so von wegen Verwurzelung in der Stadt, in der Heimat. Ich hatte ja schon das Glück, vor Ort gewesen zu sein, und war einerseits total beeindruckt von eurem Sudhaus. Das ist sicherlich eines der schönsten, die es noch gibt. Und es wird ja sogar da drin geheiratet. Also wenn ich jemals heiraten sollte, komme ich bestimmt zu euch. Aber ist es denn auch für die Altenburger so, dass die dieses Juwel, diese Brauerei aus der Jahrhundertwende, dass die das zu schätzen wissen? Oder wie leben die mit ihrer Brauerei?

Bastian Leikeim: Ich würde jetzt gerne sagen, dass wir wie so eine alteingesessene bayerische Brauerei sind. Wenn du was Negatives über die Brauerei, über das Bier oder über den Bräu sagst, dass du dann des Landes verwiesen wirst. Das ist aber leider bei uns nicht ganz der Fall. Aus welchen Gründen auch immer, das ist so dieses Thema Bergprophet bei uns in der Region. Es gibt Liebhaber und das musste ich auch, weil du vorhin gefragt hast so mit, wo ich herkomme und wie ich mich fühle, das musste ich damals wirklich auch hart lernen. Also das ist nicht wie im Fränkischen oder wie im Bayerischen, die Thüringer sind in der Beziehung einfach ein bisschen anders. Das hat sicherlich auch historische Gründe, und das muss man halt einfach wissen, wenn man dann dort ist. Also es ist jetzt keine Selbstverständlichkeit für uns, vor Ort zu sein.

Markus: Aber der Markt ist schon wichtig für euch? Oder wo verkauft ihr das meiste Bier?

Bastian Leikeim: Der Markt ist schon wichtig, aber wo wir uns groß hin orientieren, das ist vor allem so im sächsischen Bereich. Also von der Historie, Altenburg war früher eigentlich immer sächsisch geprägt. Es kam dann damals eben zu dieser Gebietsreform Anfang der 90er Jahre, da wurden wir dann dem Land Thüringen zugeordnet, aber eigentlich waren wir immer mehr sächsisch orientiert. Also auch Richtung Leipzig. Deswegen ist für uns diese Region Zwickau, Chemnitz, Leipzig, das ist für uns so die Hauptregion eigentlich.

Markus: Die Brauerei hat ja auch lange Zeit zum sächsischen Brauhaus dazugehört, zur DDR-Zeit zumindest das Kombinat zusammen gebildet. Das ist interessant.

Bastian Leikeim: Wir haben damals nach Leipzig dazugehört und natürlich dann Getränkekombinat Leipzig, also wir waren immer Richtung Leipzig, Richtung Sachsen orientiert.

Markus: Wollen wir nicht ein weiteres Bierchen aufmachen?

Bastian Leikeim: Ja, unbedingt.

Markus: So gerne ich bei dem Schwarzbier verhaften würde …

Holger: Wollte ich jetzt gerade sagen, schade. Also wollte ich eigentlich gerade sagen. Ja. Hm. Wir müssen weiter.

Markus: Du kannst es ja noch austrinken. Außerdem hast du ja eine Bügelflasche, kann man wunderbar wieder zumachen, in den Kühlschrank stellen, morgen weitermachen.

Bastian Leikeim: Ja, aber so ein Bier, das mal so einen Tag im Kühlschrank gestanden war, puh, da tue ich mir schon mal schwer. Aber schön ist es zum Beispiel beim Rasenmähen oder wenn du draußen im Garten bist, weil du das Bier einfach zumachen kannst und es fliegt halt nichts rein.

Holger: Da kann ich nur sagen, wenn ich vier Stunden den Rasen mähe, dann brauche ich für so ein Fläschchen Bier nicht so lange. Also dann muss man es nicht wieder verschließen.

Bastian Leikeim: Da kann ich jetzt nur drüber sagen, wie gesagt, ich komme ja aus dem Fränkischen und Markus, du wirst mir da zustimmen, ich kenne da Leute, wenn die Rasen mähen, da ist mit einer Kiste nichts, die haben sich ein Fass geholt zum Abend.

Markus: Kenne ich auch. Ja, durchaus.

Bastian Leikeim: Da ist bei uns schon das Volumendenken ein bisschen anders. Aber dann würde ich jetzt einfach mal sagen, dass wir mal zu unserem falsch betitelten Bier kommen.

Markus: Nämlich?

Bastian Leikeim: Unser Festbier. Das werdet ihr gleich sehen, wenn wir es aufmachen und eingeschenkt haben. Also ich fange mal an.

Markus: Okay, gut. Dann machen wir auf. Also Sound passt nach wie vor.

Bastian Leikeim: Da waren wir so lange in der Soundbox, bis das gepasst hat, Klangdesigner. Da muss ich jetzt leider wirklich auch als Biersommelier dann auch selber sagen, das Bier wurde mal Festbier genannt. Und wenn man es sich jetzt aber anschaut, es ist eigentlich von der Klassifikation her eher so ein klassisches Märzenbier.

Markus: Genau. Ja.

Bastian Leikeim: Aber hat dem Ganzen nichts abgetan, wir haben trotzdem beim Meininger Craft Beer Award gewonnen. Weil da gibt’s die Kategorie „Märzen Festbier“, das ist der Vorteil.

Markus: Es ist ja auch ein bisschen dasselbe. Also man muss ja immer überlegen, es gab die normalen Biere oder wir würden in Franken sagen, die Kellerbiere, und dann waren die halt als im März, April gebrautes Bier etwas kräftiger und dann kamen eben auch im Sommer die Feste, wo man dann diese etwas kräftigeren Biere getrunken hat. Und deswegen ist das so ein fließender Übergang. Also so eine ganz genaue Definition, was jetzt wirklich ein Festbier ist, gibt’s eigentlich gar nicht. Also insofern ist es sicher nicht falsch. Aber Märzen, natürlich, wenn man es anschaut von dieser schönen rostorange-braunen Farbe und der Schaum dazu, also das macht richtig Lust. Holger, was sagst du denn?

Holger: Man darf das ja nicht sagen hier in Sommelier-Kreisen, aber ihr wisst ja, ich komme aus dem Ruhrgebiet, also süffig, würde ich dazu sagen. Ganz einfach. Also das ist einfach süffig. Dann schön 6 % auch und da muss man ein bisschen vorsichtig sein.

Bastian Leikeim: Aber das finde ich schön, ich meine, ihr beide macht das ja auch sehr häufig, und ich werde da auch relativ häufig gefragt, grad bei Kursen und so weiter, was denn jetzt das beste Bier ist und so weiter. Und dann sage ich eigentlich immer ganz platt: Das beste Bier ist das, von dem ich gerne eine zweites trinke. Und darum geht’s eigentlich immer. Ich meine, das müssen keine hochkandidelten Biere oder irgendwas sein. Bier soll, finde ich, Spaß machen. Also Bier muss mir schmecken.

Markus: Ich denke, damit kann man die Leute abholen, die man zum Beispiel mit dem Pils nicht abholt. Also das finde ich eine schöne Ergänzung. So der klassische Franke zum Beispiel, der würde lieber zu dem greifen als jetzt zum Beispiel zu dem Pils. Aber der klassische Sachse zum Beispiel würde sagen: Nein, also dann doch lieber das Pils. Das ist dem jetzt ein bisschen zu mastig irgendwie. Und so finde ich es aber grad gut, weil du ja als Brauerei irgendwie alle glücklich machen musst.

Holger: Nein, ich meine, das ist ein richtig vollmundiges Bier. Also für jemanden, der jetzt die Bittereinheiten nicht schätzt und auch nicht ganz so gerne schlank und trocken trinkt, ist das optimal.

Markus: Würde ich mich einsortieren. Wenn ich auf eine Insel fahren müsste und eins der Biere mitnehmen würde, wäre es dieses.

Holger: Naja, das ist ja klar, das ist ja klar.

Markus: Aber ich wollte noch kurz was zu dem Rasenmäher-Thema sagen. Ist mir gerade eingefallen, als du vom Sounddesign gesprochen hast. Und zwar ein Freund von mir, der arbeitet bei MAN als Sounddesigner für Schiffsdiesel. Also das heißt, der muss diese Riesenmotoren so machen, dass sie sich vernünftig anhören. Krasse Nummer irgendwie. Und sein Vater, der hat zu seinem 60. Geburtstag von seiner Ehefrau einen Rasenmäher-Traktor geschenkt bekommen. Dann hat die sich gewundert, warum er sich gar nicht so gefreut hat. Und dann hat er gesagt, er hat gelesen in dem Anleitungsheftchen, dass das jetzt ein Fahrzeug ist und dass er beim Rasenmähen kein Bier mehr trinken darf. Und deswegen hat er den nie benutzt. Also insofern auch ganz spannend.

Bastian Leikeim: Das ist ein berechtigter Hinweis.

Markus: Also schönes Bier, richtig schönes Bier. Aber apropos Fest, also wir haben ja leider dieses Jahr ein Jahr ohne Fest wahrscheinlich, aber spielt das denn bei euch eine Rolle? Habt ihr größere Feste normalerweise im Jahreslauf, wo man Altenburger Bier trinkt?

Bastian Leikeim: Ja, bei uns gibt’s natürlich auch Feste. Das sind aber nicht unbedingt die klassischen Bierzeltfeste, so wie wir sie vielleicht kennen oder da, wo ich herkomme. Das sind halt dann mehr so Stadtfeste, die dann übers Wochenende stattfinden. Und ja, klar, die fallen dieses Jahr natürlich auch aus. Was sehr, sehr schade ist, dass auch unsere Festspiele auf dem Schloss in Altenburg ausfallen, die echt jedes Jahr total schön sind. Aber klar, ich meine, das ist momentan die Zeit einfach nicht dafür.

Holger: Jetzt, wenn ihr nichts dagegen habt, jetzt nach diesem schönen vollmundigen Festbier kommt ja eigentlich der Bock. Also jetzt eigentlich steht der Bock an. Ich wünsche mir den, obwohl wir auch unbedingt noch übers Helle sprechen müssen. Seid ihr einverstanden?

Bastian Leikeim: Absolut!

Markus: Ich kann das eine Bier trinken und über das andere reden. Kein Problem! Also …

Bastian Leikeim: … dann machen wir mal auf, ne.

Holger: Ich sage jetzt nur „plus 1“. Jetzt gehen wir von 6 % auf 7 %. Wahnsinnig schöne Farbe.

Markus: Ja. Ist ähnlich wie das Festbier, noch ein bisschen intensiver, noch ein bisschen leuchtender, ein bisschen rötlicher. Wie so ein Abendrot. Toll!

Bastian Leikeim: Ich sage immer, das ist so ein richtig schönes Bernstein.

Markus: Und der Schaum auch schön farblich angepasst, auch ein bisschen braun. Sehr, sehr schön. Mmh! Also das Mundgefühl finde ich schon mal ganz, ganz schön. Und dann hat es wirklich so für ein Bockbier diese typischen leichten Rosinennoten, weich, ein bisschen weinig vielleicht auch, aber ganz, ganz angenehm. Mmh! Und etwas wärmend, freut mich.

Holger: Ja, ist eigentlich so eine Honigsüße. Also für mich ist das …

Bastian Leikeim: Genau. Ich finde auch, da ist so eine Honignote auch schön mit drin. So Waldhonig.

Markus: War da früher in Altenburg schon eine Bockbier-Tradition oder hast du die mitgebracht?

Bastian Leikeim: Wir hatten das Bockbier schon länger, wir machen es aber mittlerweile ganzjährig, den Bock, weil ich auch immer erstaunt bin, aber selbst im Hochsommer haben wir einen relativ konstanten Absatz für das Bockbier.

Markus: Sehr schön intensiver Geschmack. Und stimmt, ich kann mich erinnern, es gibt ja bei euch im Brauhaus auch ein kleines Museum. Ich hoffe, das gibt es noch.

Bastian Leikeim: Ja, natürlich.

Markus: Und da kann ich mich erinnern, da waren auch schon ein paar ältere Werbeschilder für Bockbier dabei.

Bastian Leikeim: Ja genau. Bockbier war bei uns schon immer so eine Tradition auch und die behalten wir natürlich bei. Was ich bei dem Bockbier immer so total interessant finde, ist, und das glauben mir die meisten dann auch immer gar nicht, dass wir hier dieselben Bittereinheiten drin haben wie beim Pils zum Beispiel. Also wir haben hier 30 Bittereinheiten drin. Ich finde das immer total faszinierend auch, wie du über Rohstoffe und wie du über die Brautechnik den Geschmack total verändern kannst.

Markus: Das hätte ich jetzt nicht gedacht. Ja, super.

Bastian Leikeim: Mit dem Bockbier war auch unsere erste Begegnung, wir versuchen ja auch immer regionale Partner mit ins Boot zu nehmen. Und ich glaube, Markus, du kennst sie ja auch, die Goldhelm Schokoladen Manufaktur aus Erfurt.

Markus: Die kennen wir beide.

Holger: Ja unbedingt. Ganz intensiv sind wir mit dem Alex Kühn …

Bastian Leikeim: Genau. Mit dem Alex, und das war einfach total schön, als wir vor, das ist mittlerweile, glaube ich, vier Jahre her, als wir auf der Grünen Woche waren. Da hatten wir die Stände gegenüber und ich meine, wie es halt natürlich immer so ist, du tauschst dich immer so ein bisschen aus. Und das Bockbier war, glaube ich, das erste, was ich dann auch mit dem Alex zusammen getrunken habe und wo wir dann einfach mal zusammen gesponnen haben, wir dann auch so eine Bier- und Schokoladenthematik aufbauen können. Das war bis heute, muss ich sagen, das ist eine schöne Freundschaft, also das ist der absolute Oberhammer.

Markus: Da könnten wir jetzt noch eine Stunde das Loblied auf Goldhelm singen. Wir waren vor, glaube ich, fünf Jahren oder so, Holger, da waren wir mit denen beisammen und haben auch mit denen eben Bier und Schokolade erarbeitet. Und da wollten sie überhaupt mal kennenlernen, wie man Bier braut, und seitdem haben wir da auch eine intensive Freundschaft. Es gibt einfach ganz tolle Goldhelm Schokoladen und die passen auch ganz toll zu richtig gutem Bier. Ich kann mir vorstellen, dass ihr da auch ein schönes Seminar aufbauen könnt mit deinen Bieren.

Bastian Leikeim: Haben wir ja, und wenn es jemand kennt zufällig, es gibt die Pflaume von Agen, diese Schokolade von Goldhelm.

Holger: Ja.

Bastian Leikeim: Die zu diesem Bockbier, und ich sage euch, ihr wollt nichts mehr anderes. Also das ist eine Kombination, das ist einfach echt Arsch auf Eimer.

Markus: Das ist überhaupt toll, weil das sind so Leute, denen gibst du so ein Bier und dann rattert‘s da irgendwie im Kopf, die analysieren die verschiedenen Aromen, und dann ziehen sie ihre Schokolade raus. Und in 90 % der Fälle hast du so eine „Arsch auf Eimer“-Kombination. Ich kann mich auch erinnern, wir hatten zum Beispiel, es gibt im Winter immer die Bratapfel-Schokolade, und die ist zum Beispiel Arsch auf Eimer mit der Schlenkerla Eiche.

Bastian Leikeim: Ja, das ist super.

Markus: Ist zwar eine andere Brauerei, aber wirklich ganz, ganz toll. Und da gibt’s wirklich tolle Kombinationen. Also für alle Hörer, probiert einfach mal aus, Bier und Schokolade ist ganz toll. Und es ist eben was, wo man einfach selber spielen kann. Nehmt mal irgendeine Schokolade, irgendein Bier und schaut, wie es funktioniert, und probiert da ein bisschen durch. Und man kann da richtig selbst üben und Sensorik kennenlernen. Und das macht richtig viel Spaß.

Bastian Leikeim: Aber ich finde das auch ganz wichtig, weil du grad auch gesagt hast, anderes Bier. Das ist ja das Schöne bei uns in der Baubranche, also zumindest bei uns im Mittelstand, bei den kleineren Brauereien, dass du dich da einfach ergänzt und dass du dich auch freust, von Kollegen irgendwie Biere zu trinken und du tauschst dich aus. Das ist wirklich noch so eine Branche, so stelle ich mir das auch vor. Das mag ich auch an dieser Branche so gern. Ich meine, ihr hatten den Podcast auch mit dem Jeff, und das finde ich eine große Leistung auch, dass er in seinem Liebesbier, zum Beispiel gesagt hat, er hat auch ganz viele andere Biere, da schluckst du am Anfang schon, aber letztendlich wir tun dem Bier einfach was Gutes. Dafür möchte ich auch mal eine Lanze brechen. Wir müssen da, glaube ich, einfach enger zusammenstehen.

Markus: Was mich noch interessieren würde, du hast ja schon erzählt, du kommst aus dem Altenkunstadter Brauhaus und ihr seid ja zwei Brüder, und dein Bruder ist in Altenkunstadt. Wie hat sich das dann so ergeben? Also war das einfach so, dass irgendwann Weihnachten war und die Eltern gesagt haben: Passt auf, wir haben zwei Brauereien, du kriegst die und du kriegst die? Oder habt ihr gelost oder wie ging das denn, dass man gesagt hat, okay, du gehst nach Altenburg und baust da ja wirklich was von null wieder auf? Oder hättest du auch Lust gehabt, in Franken zu bleiben? Wir waren denn so deine Ideen?

Bastian Leikeim: Ja, das ist eine sehr, sehr gute Frage. Ich hatte mit Brauerei ja gar nichts zu tun. Ich wollte auch nicht, weil bei uns, man muss sich das so vorstellen, das Brauhaus Leikeim, wir haben auch immer in der Brauerei gewohnt. Und wenn du 24 Stunden, 7 Tage die Woche, immer damit was zu tun hast, dann kann das als Kind und Jugendlicher, ja, muss das nicht immer ganz toll sein. Und ich habe mich dann am Anfang auch irgendwie anders orientiert, weil ja auch klar war, mein Bruder hat ja auch Brauwesen studiert und ich habe mich dann einfach da anders orientiert. Ich war dann auch in Frankfurt zur Ausbildung und bin dann auch noch mal in die USA gegangen, war dann auch in einem größeren Konzern in Deutschland mal unterwegs, um mich da ein bisschen umzuschauen. Aber es hat mich dann irgendwann einfach wieder zurückgezogen. Und mein Bruder war in Altenkunstadt und hatte dann auch Familie, und dann bin ich nach Altenburg gegangen. Wobei es ja immer noch so ist, dass beide Unternehmen uns drei Geschwistern gehört. Also meine Schwester, die ist zwar nicht im Operativen tätig, die ist in Würzburg, aber mein Bruder und ich, uns gehören beide Häuser zu gleichen Teilen.

Markus: Okay. Aber ihr habt euch dann irgendwann entschlossen, okay, du ziehst auch dahin und hast ja auch deine Familie jetzt dort gefunden sozusagen. Also war für dich das dann schon eine gute Entscheidung, dahin zu gehen?

Bastian Leikeim: Ja. Also ich muss sagen, ich mag Franken und das ist natürlich meine Heimat, und ich bin auch gern immer mal wieder dort, ich mag‘s aber auch gerne woanders zu sein und auch eine gewisse Herausforderung. Wie gesagt, es war auch am Anfang nicht ganz so einfach, na klar. Als ich angefangen habe, war ich ja noch keine 30, kurz davor, und dann machst du das und als junger Wessi, sage ich jetzt mal, war das nicht ganz so einfach. Weil die Leute natürlich auch nicht wissen, was macht der jetzt, wie schaut das aus? Was oft leider passiert ist auch in der Vergangenheit mit Unternehmen, wo das Stammhaus irgendwo im Westen sitzt, und dann ist man so eine Dependance, das ist bei uns ja gar nicht der Fall. Also wir sind zwei eigenständige Unternehmen, und das ist uns auch ganz wichtig. Und das haben wir, denke ich, auch bewiesen. Das wollen wir auch weiter behalten. Das sind auch völlig unterschiedliche Biere, die wir brauen und die wir abfüllen.

Markus: Ja, das merkt man auf jeden Fall. Und ich finde auch, das ist eine schöne Linie an Bieren, die gut zusammenpassen, die logisch aufeinander aufgebaut sind. Wir wollten ja noch übers Helle sprechen. Und da würde ich kurz noch eine Frage vorher stellen. Weil es gibt ja Gelegenheiten, bei denen man gerne ein Helles trinkt, und eine Gelegenheit ist zum Beispiel das Kartenspielen. Und mit Altenburg verbindet man ja eigentlich immer Skat spielen. Ich kann das, ich weiß nicht, könnt ihr beide auch Skat spielen?

Bastian Leikeim: Ehrlicherweise ich nicht. Ich gebe es zu.

Holger: Ich kann‘s und mach‘s auch wahnsinnig gern. Aber ich habe fast nie die Gelegenheit. Das ist eigentlich schade. Aber ich spiele sehr gerne Karten.

Markus: Kannst du Schafkopf spielen, Basti?

Bastian Leikeim: Ich kann Doppelkopf und ich kann Rommé. Das sind meine Kartenspiele, auf die ich mich zurückziehen musste.

Markus: Doppelkopf ist eine gute Basis. Also wenn du es jemals lernen möchtest, sag Bescheid, dann kommen wir in dein wunderschönes Sudhaus und dann können wir zusammen dir Skat beibringen. In einer Stunde kannst du das. Das ist gar kein Thema.

Bastian Leikeim: Altenburg, da wurde ja das Skatspiel erfunden, da sitzt ja auch das Skatgericht. Und da passt es ja auch wirklich wunderbar dazu. Ich war einmal auf so einer Benefizveranstaltung in Altenburg, und da wurde eben auch Skat gespielt. Da dachte ich, naja, dann gehst du halt auch mal hin. Und als ich aber gesehen habe, wie allein schon bei diesem Benefizspiel, ich sag mal, doch mit welchem Eifer da die Skatspieler, dachte ich, naja, da musst du jetzt als Novize nicht noch anfangen. Das war mir eine Lehre.

Markus: Es kann ein bisschen Religionen sein. Also ich kann mich erinnern, mit Freunden haben wir das immer gemacht zur Schulzeit. Da hatten wir immer einen Kasten Bier und haben uns abends mit dem Kasten Bier in den Keller gesetzt von meinem Freund und dann Karten gespielt, bis der Kasten leer war. Hat manchmal länger gedauert und manchmal nicht so lang, aber war immer eine tolle Veranstaltung. Holger, wir wollten kurz noch übers Helle reden.

Holger: Unbedingt. Da müssen wir darüber reden, finde ich. Weil das ist ein besonderes Bier, das eine unglaubliche Auszeichnung erhalten hat. Und ein gutes Helles zu brauen ist auch eine Kunst. Also das ist nicht einfach so gemacht, genauso wie ein gutes Pils zu brauen. Ich möchte schon noch übers Helle sprechen. Also nochmal, das ist World Beer Award 2019, World Best Style Winner. Also das musst du erst mal schaffen auch. Das ist schon was.

Markus: Dann machen wir es mal so, ich mach‘s jetzt auf jeden Fall mal auch auf, auch wenn ihr es jetzt vielleicht nicht mehr habt, aber ich will es jetzt gerne noch kurz probieren. Dann sprechen wir noch kurz drüber. Und dann ist es ja auch mal schön, wenn wir einen BierTalk mit einem Hellen beenden, haben wir auch noch nie gemacht.

Bastian Leikeim: Einfach mal anders sein als andere. Perfekt! Aber ich mach’s auch auf, Markus, weil ich jetzt zum Schluss auch gerne noch ein Helles einfach trinke.

Markus: Das ist übrigens die Lehre von vielen, vielen, vielen Bierfortbildungen, die ich gemacht habe, also gerade bei Brauereien, auch bei größeren Brauereien, wenn wir dann so alle möglichen Biere verkostet haben, quer durch die ganze Welt, am Ende waren immer alle an der Hotelbar zusammengesessen und haben einfach ein schönes Helles getrunken.

Bastian Leikeim: Ja.

Markus: Und insofern tolles Abschlussbier.

Bastian Leikeim: Und da sind wir auch echt megastolz darauf. Als ich das letztes Jahr erfahren habe, ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll, ich meine, Markus, du hast mir ja die frohe Kunde übermittelt, weil du in London warst, als das gesagt wurde. Ich war leider auf Geschäftsreise oben im hohen Norden und konnte deswegen nicht dort sein. Ich habe am Anfang gar nicht gewusst, was du mir mit dieser Message sagen wolltest. Ja, okay, wir haben anscheinend irgendwas gewonnen. Ich war da in Rostock, also ich war echt total platt.

Markus: Ich war da auch aus dem Häuschen. Also ganz, ganz toll. Muss man sich vorstellen, das war das Finale der World Beer Awards Verkostungen: Ein ganz kleiner Raum, große runde Tische, dann wirklich Juroren aus der ganzen Welt ganz eng zusammen. Unter heutigen Umständen gar nicht vorstellbar. Und dann haben wir wirklich einen Tag lang richtig intensiv gearbeitet und verkostet. Und am Ende werden ja wirklich nur die Sieger der Kategorien gekürt. Also das ist gar nicht mal so, dass es da Gold, Silber, Bronze gibt, sondern es gibt pro Kategorie einen Gewinner. Das ist dann wirklich schon das Top-Top-Top, was man erreichen kann. Und eigentlich innerhalb aller Bierwettbewerbe, die man so kennt im Grunde, die härteste Auszeichnung, die zu bekommen, weil es wirklich immer nur diesen einen Preis gibt. Und der fasst ja immer mehrere Unterkategorien zusammen. Ich war da selber ein bisschen aus dem Häuschen, weil ich war am Anfang etwas enttäuscht, weil zum Beispiel die Berliner Weisse war eine der ersten Kategorien, da hatte dann eine chinesische Brauerei gewonnen. Und dann kam irgendein anderer Bierstil, wo ich mir auch sicher war, das ist doch eine Paradedisziplin für Brauereien, die man so kennt. Und dann war da aber, glaube ich, eine aus der Mongolei oder so. Also die Biere habe ich nachher probiert, das war auch zu Recht, also die waren auch richtig gut. Aber man merkt einfach, wie der internationale Wettbewerb immer dichter wird und wie immer mehr Brauereien immer bessere Biere machen. Dann fand ich das wirklich klasse, als es dann eben zu dem Hellen kam. Deswegen musste ich dir auch sofort die SMS schicken, weil das schon echt eine große Geschichte war.

Holger: Und ich möchte jetzt wirklich noch eins draufsetzen, weil natürlich gibt es viele verschiedene Bierstile, aber man muss dann auch noch mal schauen, wieviel Wettbewerb ist pro Bierstil da? Und Berliner Weisse hat mit Sicherheit nicht so viel Wettbewerb wie der Bierstil Hell. Das muss man auch erst mal machen. Also in dem Bierstil tummeln sich viele und da wird viel eingereicht, man hat viel Konkurrenz, und sich da so durchzusetzen ist schon wirklich Outstanding, wenn ich das sagen darf.

Bastian Leikeim: Wie gesagt, wir waren da total happy, das ganze Team. Aber da wirklich auch noch mal vielleicht so eine kleine Anekdote eben aus dem Altenburger Land. Ich hatte dann, weil ich natürlich dann auch megastolz war und bei Brauereiführungen, und dann hatten wir so eine Truppe jüngere Jungs und dann sagen wir immer, wir waren beim World Beer Award und da sind wir weltbestes Helles geworden, und da sind wir so stolz darauf und so weiter. Und das ist ja das Schöne, ich bin gerne, ich habe nen guten Freund Irland oder ich bin auch ganz gerne in den USA, weil ich einfach diese Mentalität dort gerne mag. Und wenn du da das erzählst, dann ist das, wow, und dann ist es super und dann unterhältst du dich darüber. Und in Altenburg, der Mensch ist da ein bisschen anders. Der sagt dann: Ja, wieviel haben denn da teilgenommen? Dann sage ich: Ja gut, also klar, unter denen, die teilgenommen haben. Ach so, also dann wart ihr, also die, die da teilgenommen haben, die Besten? Sage ich: Ja. Aha, okay, na gut. Gott sei Dank ist mir dann so eingefallen, dass ich dann gesagt habe: Naja, aber das ist ja genauso wie bei den olympischen Spielen. Ich meine, da tritt ja auch nicht jeder an, den es auf der Welt gibt. Das ist halt nun mal nur der, der es halt einreicht, der sich dafür qualifiziert, macht halt dann da mit. Damit konnte ich das dann ein bisschen abbiegen. Aber nur so ein bisschen, um von vorhin noch auf diese Mentalität zu kommen. Das ist also, der Altenburger ist manchmal auch ein bisschen…

Markus: Klingt aber auch ein bisschen fränkisch. Das können die Franken schon auch ganz gut.

Bastian Leikeim: Ja.

Markus: Und ich denke, also gerade bei den Bierwettbewerben, da müssen wir fast mal einen eigenen Podcast machen, um das ein bisschen zu erklären, welcher Wettbewerb welchen Standard und Stellenwert hat. Bei den World Beer Awards ist es halt so, es gibt vorher einen Länderausscheid. Da ist es in der Tat so, dass innerhalb des Landes dann jeweils, wenn man über ein gewisses Qualitätslevel kommt, dann bekommt man auch eine Auszeichnung. Das heißt, da gibt’s dann auch mehrere Gold-, Silber- und Bronze-Prämierungen, einfach weil gewisse Qualitätslevel erreicht sind. Aber es gibt pro Land nur einen Sieger und nur der qualifiziert sich dann auf das internationale Tableau, wo dann eben wirklich diese Auszeichnungen pro Stil vergeben werden. Und das ist dann wirklich richtig besonders, wenn man das schafft, weil da wirklich insgesamt wahrscheinlich 500, 600, 700 Helle mindestens weltweit international gekämpft haben und dann kamen eben insgesamt vielleicht 20 Helle weiter in die finale Verkostung. Und da gibt’s dann auch noch mal zwei Runden, das heißt, man muss die erste Runde überstehen und dann die zweite Runde überstehen. Und da dann noch gewinnen, das ist schon großes Kino. Also insofern möchte ich dich ganz herzlich beglückwünschen zu dem Bier, aber auch zu den anderen. Ich wünsch dir alles, alles Gute, und natürlich auch der Brauerei. Ich freue mich, wenn wir uns baldmöglichst wiedersehen. Ich sag nochmal vielen, vielen Dank für diesen tollen BierTalk.

Bastian Leikeim: Herzlichen Dank euch beiden, das hat total Spaß gemacht. Ich war am Anfang auch ein bisschen aufgeregt, vielleicht hört man das auch am Anfang. Der Vorteil ist, dass das Bier da auch echt extrem hilft. Und es war echt total schön mit euch beiden.

Holger: Oh ja, vielen Dank! Das ist ein schönes Kompliment, Bastian. War schön dich dabeigehabt zu haben. Vielen, vielen Dank! Schönen Abend noch.

Bastian Leikeim: Dankeschön.

Markus: Tschüss!

Bastian Leikeim: Ciao, ciao!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 22 – Interview mit Sven Förster von Försters Feine Biere aus Berlin

Tief im Berliner Südwesten kämpft Sven Förster mit seiner gesamten Familie einen steten Kampf für gute Bierkultur. In ihrer Kneipe mit dem schönen Namen „Försters Feine Biere“ geht es ohne Telefon und WLAN einfach nur um das eine: Gutes frisches Bier. Und das bieten die Försters Tag für Tag – und haben sich mittlerweile eine echte Fangemeinde erarbeitet. Außerdem gilt die 40-Quadratmeter-Bude als echter Geheimtipp für alle Freunde eines guten, feinen Lagerbieres, nicht nur, aber auch, weil es immer frisches Fiege Pils vom Hahn gibt. Doch das ist nicht das einzige Alleinstellungsmerkmal des Feintrinkerladens, das größte ist der Chef und Gründer selbst – warum, das hören Sie in diesem BierTalk

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Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Herzlich willkommen zum BierTalk Nummer 22, eine wirkliche Schnapszahl. Aber jetzt haben wir uns eigentlich keine Schnapsnase dazu ausgesucht, sondern wir haben jemanden genommen, der für die Gastronomie steht, für eine ganz besondere Gastronomie, hat eine Nische gewählt in Berlin: Sven Förster, also Försters Feine Biere. Kann ich nur empfehlen. Und am Mikrofon ist der Holger und wie immer der …

Markus: Markus.

Holger: Wunderbar! Und jetzt, Sven, am besten ist, du stellst dich vor, sagst was zu deinem wahnsinnig schönen kleinen Laden, zu deinem Konzept, und dann schauen wir mal, was uns der Tag so bringt.

Sven Förster: Erst mal auch von meiner Seite aus Berlin. Grüß Gott, muss man ja eigentlich sagen nach Bayern. Ich bin Sven Förster, bin 40 Jahre und betreibe seit 2014 in Berlin Försters Feine Biere. Als klassischer Familienbetrieb präsentieren wir eigentlich die deutsche Brauereilandschaft, wir schenken wirklich nur Biere aus, von kleinen deutschen mittelständischen Brauereien, 80 % der Baureihen kennen wir eigentlich persönlich. Und wir haben uns da eigentlich in den letzten sechs Jahren in Berlin, und ich glaube auch deutschlandweit, eigentlich einen Namen gemacht, für was Försters Feine Biere steht, nämlich für bedingungslose Qualitätsbiere.

Holger: Und du hast eine kleine Gaststätte, so eine Kneipe im Stadtteil, also in Berlin würde man sagen, eine Kiezkneipe.

Sven Förster: Genau.

Holger: Wie sieht es da aus, wer kommt da? Was fährst du für ein Konzept? Was hast du am Zapfhahn und so? Erzähl doch mal!

Sven Förster: Genau. Also wir haben eigentlich, 2014 war das, das habe ich ein kleines Friseurgeschäft, das sind wirklich 80 Quadratmeter, die wir dort haben in Berlin Steglitz Friedenau, also das ist im Südwesten von Berlin, haben wir eigentlich zu einer kleinen Bierbar umgebaut. Also wir haben einen Schankbereich bei uns drinnen im Lokal, gerade mal 40 Quadratmeter, und dann haben wir eine kleine Terrasse mit 40 Quadratmetern noch mal, und da schenken wir aktuell 120 verschiedene Biere aus. Wir haben da sechs Biere vom Fass, vier fest. Da sind wir eigentlich sehr konstant seit vier Jahren, also wir schenken ein Pils aus, wir schenken ein Kellerbier aus, ein lokales Rotbier und ein klassisches bayerisches Helles. Und dann habe ich noch zwei Fassbiere, wo wir im Prinzip immer wechseln, um die verschiedenen Bierstile halt zu bedienen. Also es geht bei uns knallhart um deutsche Bierstile und um eine kleine Brotzeitküche, die wir nebenan den Gästen bieten. Das machen wir sechs Tage die Woche. Also ich rede jetzt mal in den Normalzeiten wirklich von Montag bis Samstag immer von 17 bis 0 Uhr. Und das ist eigentlich das, was wir so seit 2014 dem Berliner Publikum natürlich wirklich sehr stark im Berliner Südwesten, also wir haben da einen sehr hohen Anteil wirklich an Stammklientel, und dann auch darüber hinaus aber auch wirklich dem bierinteressierten Publikum in Berlin. Das bieten wir denen halt wirklich sechs Tage die Woche im Vollgasbetrieb mit der Familie Förster.

Holger: Mich erstaunt das ja ein bisschen, weil ich habe ja auch mal in Berlin gelebt, also fast neun Jahre, und so Steglitz Friedenau, also Sven, sei mir nicht böse, aber spießiger geht’s ja gar nicht. Und die trinken da wirklich irgendwie so besonderes Zeug?

Sven Förster: Spießiger geht’s ja gar nicht, ich weiß gar nicht, ob ich spießig bin, ich bin da auf jeden Fall ein Traditionalist. Aber ich komme daher, ich bin da geboren. Vielleicht muss ich auch dazusagen, dass da halt auch meine Vergangenheit eine Rolle spielt, ich habe zehn Jahre im KDW gearbeitet, oben in dieser berühmten Lebensmitteletage, komme da auch wirklich aus dem Bier- und Weinbereich auch. Und das ist halt der Berliner Südwesten und in dem bin ich großgeworden. Und ich kenne halt auch die Leute dort und ich habe mich da halt einfach immer authentischer gefühlt, auch mein Konzept, meine Gedankengänge, einfach meine Lieblingsbiere den Leuten halt dauerhaft dann auch zu zeigen, also dann auch so eine Verlässlichkeit den Menschen zu bieten. Und ich glaube, jeder fühlt sich da wohl, wenn man auch irgendwie was Verlässliches hat. Und das habe ich einfach so in, sage ich mal, den Trendbezirken, so wie man sie vielleicht seit 20 Jahren in Berlin halt auch hat, so Mitte, Prenzlauer Berg, Neukölln, Wedding, wo das alles sehr schnelllebig ist, habe ich das nicht so gesehen und kam für mich eigentlich auch nie in Frage. Ich bin wirklich ein Steglitzer und die Leute wollen überall gutes Bier trinken. Und das ist eigentlich so unsere Aufgabe. Ja, das machen wir sehr gut im Berliner Südwesten. Ich möchte das auch nirgendwo anders machen in Berlin.

Holger: Markus, du bist ja auch quasi in Berlin zu Hause. Was sagst du denn dazu?

Markus: Ich bin in vielerlei Hinsicht begeistert. Also es erst mal finde ich es total schön, wenn der Sven sagt, die Menschen wollen überall ein gutes Bier trinken. Das ist auf jeden Fall richtig und freut mich natürlich insbesondere für Berlin. Und dann ist es in Berlin halt einfach so, dass es ein eigener Kosmos ist, der letzten Endes auch wieder so kleine Unter-Kosmen hat, wo man halt wirklich natürlich den Südwesten hat mit einem eigenen Klientel, dann eben die anderen Stadtbezirke, die mehr trendig sind. So sind auch die Brauereien. Das heißt, du hast irgendwelche völlig abgedrehten Brauereien und du hast sehr bodenständige, du hast traditionelle Häuser und somit einfach eine riesengroße Vielfalt. Und was mich beim Sven so begeistert, ist, dass du ja eigentlich so dieses Bedürfnis nach Bodenständigkeit und nach Verlässlichkeit auch repräsentierst in deiner Bierauswahl. Das heißt, du bringst den Berlinern, gerade die aus dem Südwesten, was sie ja eigentlich seit 40, 50, 60, 70 Jahren gewohnt waren, als Verlässlichkeit nach Hause sozusagen. Du bringst ihnen fränkische und bayerische Biere.

Sven Förster: Genau.

Markus: Das ist das, was sie in ihrem Urlaub, wenn sie durch die DDR durchgefahren sind und dann direkt nach dem Grenzstreifen wieder in der Bundesrepublik angekommen waren, dann waren sie eben in Franken oder in Bayern und haben dann dort Urlaub gemacht. Und dieses Urlaubsfeeling, diese Biere, die sie gerne wollten, das letzten Endes bietest du ihnen. Und ich glaube, das ist auch so ein Punkt, der einfach total gut bei den Berlinern ankommt und ihnen da auch sehr viel Heimat gibt. Insofern bin ich da auch total begeistert und komme ja selber total gerne zu euch.

Holger: Unbedingt. Und ich kann nur sagen, der Sven betreibt auch einen wahnsinnigen Aufwand, diese Biervielfalt heranzuschaffen, eben auch als Fass-Ware und so. Und ich selbst habe also schon häufiger in meinem schönen Fahrzeug Bierfässer hier aus der Region nach Berlin gebracht und du hast die dann sofort abends angeschlagen und dann haben die Leute das genießen können. Das ist ja auch was Besonderes, das muss man ganz klar sagen.

Sven Förster: Ich erinnere mich gerne daran, wie vor vier oder fünf Jahren ich die Giesinger Fässer aus deinem Hinterhof eingeladen habe auf dem Weg in den Skiurlaub. Und genau das sind natürlich dann die Geschichten, die nachher wir auch den Gästen dann halt transportieren können. Weil das ist letzten Endes das Entscheidende, dass die Leute auch dann bereit sind, auch gerne mal neue Sachen zu probieren. Und wenn man das dann gleich aus dem Kofferraum auslädt und dann anschlägt, dann ist die Begeisterungsfähigkeit natürlich sofort entfacht und dann hat man eigentlich auch leichtes Spiel.

Holger: Die Geschichte erzähle ich gleich, Sven. Du bist der Gast, mach mal eins auf.

Sven Förster: Genau. Erst mal, es ist eine unglaubliche Ehre für mich, dass ich auch Teil dieses sensationellen Formats sein kann. Und es ist natürlich für mich schwer jetzt gewesen, wirklich so mit zwei Pferden des Südens, die da wirklich in der Bierlandschaft unterwegs sind und wirklich sehr, sehr viel Biere auch kennen, dass man da vielleicht jetzt auch was Neues mal, wo man nicht so alltäglich in den Genuss kommt, probiert. Und deswegen habe ich mir was ausgesucht, weil ich weiß, dass der Holger aus dem Westen kommt und wir auch eine Verbindung in den Westen haben, dass der Holger ja auch gern ein Pils trinkt und dass wir uns ein schönes, knackiges, ehrliches Pils, dass ich mir das jetzt mal hier verkoste mit euch, und dann können wir auch gleich was zu der Brauerei vielleicht erzählen. Und wir haben das natürlich auch bei uns im Ausschank vom Fass. Ich habe mir ein Pils aus Bochum, das Moritz Fiege Pils ausgesucht. Und das werde ich jetzt mal einschenken, erst mal die Flasche hier aufmachen und dann mit euch vielleicht zusammen verkosten.

Markus: Schöner Sound.

Holger: Ja, schöner Sound. In der Zeit erzähl ich ganz kurz die Geschichte. Es ist also sozusagen mit diesem Fasstransport, es ist nicht nur One-Way, sondern der Sven macht sehr gerne Urlaub in den Bergen. Und da war das dann so, da hatte ich dann Fässer besorgt und er ist dann quasi mit seinem Pkw hier zu mir gekommen, ich war dann aber unterwegs, war also gar nicht da. Da hatten wir dann quasi einen besonderen Ort hier bei uns in Schwabing im Hinterhof ausgemacht, wo dann die Fässer stehen, und er hat sie dann eingeladen und mit nach Berlin genommen. Also mehr Leidenschaft geht ja eigentlich gar nicht.

Sven Förster: Genau. Und dann noch im Salzburger Land aus dem Auto, also im Prinzip aus meinem Caddy rausgeladen, weil das Auto ja zwei Wochen nicht wegbewegt worden ist und es war ja nachts kalt. Also haben wir das bei der Vermieterin dann da zwei Wochen in den Skikeller gestellt und dann wieder eingeladen und dann zurück nach Berlin gefahren. Ich erinnere mich wirklich gerne daran, dass das so die Anfänge damals mit dem Giesinger Bräu waren und heute fährt unser Lieferant da vor und wir verkaufen das wirklich sehr, sehr gut bei uns in Berlin das Giesinger Bier.

Markus: Und das ist auch der Unterschied zwischen Bayern und Franken, weil wenn du in Franken irgendwo gewesen wärst und hättest da zwei Wochen lang Bierfässer irgendwo hingestellt, wären die danach bestimmt leer gewesen.

Sven Förster: Ja genau. Die Pension hätte das dann ausgetrunken, oder?

Markus: Irgendjemand hätte es entdeckt, auf jeden Fall.

Sven Förster: Also ich habe mir jetzt auf jeden Fall hier ein Pils von der Brauerei Moritz Fiege aus Bochum eingegossen. Und da vielleicht auch eine kleine, aber erst mal nehme ich, glaube ich, einen Schluck. Männer, Prost! Lieben Dank noch mal für die Einladung.

Markus: Prost!

Holger: Wir sind dankbar, dass du dabei bist.

Sven Förster: Also wirklich ein schön kerniges ehrliches Pils, Holger, so wie du es vielleicht auch kennst aus deinen Jugendtagen.

Holger: Ich kann es jetzt genau nachschmecken. Also ein Fiege Pils ist auf jeden Fall immer schon eines meiner Premium-Produkte gewesen und ist es auch immer noch. Aber hier in München kommt man wirklich eigentlich nicht dran.

Sven Förster: Nein, ne. Und das ist eigentlich wirklich das auch, was wir jetzt die letzten sieben Jahre, das ist eine ganz große Ehre für uns, dass wir dieses Bier ausschenken können auch vom Fass. Wir sind wirklich immer noch die einzigen in Berlin, die das vom Fass ausschenken. Es ist, wenn ich es mal hochrechne auf den Literpreis, eines der teuersten Biere, die ich auch ausschenke, weil die Logistik einfach unglaublich aufwändig ist. Aber das war mir halt immer wichtig, dass wir sagen, wir wollen ein Bier am Hahn haben, was wirklich von der Bitternote her als Pils charakterisiert wird, was einmalig ist. Und das ist das, was eigentlich die letzten sieben Jahre bei uns sukzessive dieses Bier zum Erfolgsbier Nummer 1 gemacht hatte. Das ist unser bestes Bier. Das ist wirklich ein kerniges, kräftiges, ehrliches Ruhrgebiets-Pilsener und mit 38 Bittereinheiten.

Holger: So soll es sein.

Sven Förster: Findet man selten.

Holger: Absolut, absolut. Und dann Perle und Tettnanger drin, so wie sich das gehört.

Sven Förster: Genau.

Holger: Und dann ist ja auch noch mal so toll irgendwie, dass die ja noch so einen, neudeutsch würde man sagen, Claim haben, und der heißt „Fiege von Herzen und von hier“. Dieses „von Herzen und von hier“ trifft ja auf dich auch total zu.

Sven Förster: Genau. Deswegen fühlen wir uns da ja auch so wohl. Und Saphir und Herkules ist auch noch mit drin, kann man noch ergänzen. Und das ist eigentlich das, was für mich diese Besonderheit dieses Pilsbieres ausmacht, dass wir wirklich auch einen Malzkörper haben, wo wir wirklich am Antrunk diesen leichten süßliche Ton auf der Vorderspitze haben. Und dieser Malzkörper ist unglaublich wichtig, dass man auch diese Bitternote, die man wirklich am Ende dann auch bei jedem Schluck spürt, dass diese Bitternote auch dauerhaft transportiert werden kann. Und das macht eigentlich für mich wirklich ein Spitzen-Pilsener aus, dass man wirklich in jedem Schluck auch diese Bitternote spürt, und auch im Nachhall, dass diese Bitternote eigentlich nie weggeht. Ja, das vermisst man doch immer wieder mal, gerade bei, sage ich mal, so Brauereien, die sich so in größeren Hektoliter-Bereichen bewegen. Und da sind wir unglaublich stolz, dass wir da so ein Spitzenprodukt vom Fass haben, auch ausgeschenkt in diesem „Moritz Fiege“ Pokal, extra Anfertigung für Fiege gewesen, und das kommt unglaublich gut an bei uns im Feierabendgeschäft.

Markus: Das ist ja auch ein Bier, was sehr emotionalisiert. Also das find ich auch total schön, weil das, glaube ich, nicht mehr bei vielen Brauereien im Ruhrgebiet so der Fall ist, aber Fiege ist wirklich so eine Brauerei, die ihre Fangemeinde hat und stolze Leute hat. Also ich habe das kennengelernt in Berlin tatsächlich beim Deutschen Brauertag, als der Norbert Lammert zum Bierbotschafter des deutschen Bieres ausgerufen wurde. Und da hat er eine Antrittsrede gehalten und hatte dann sich eben von Fiege eine alte Kappe ausgeliehen, und er ist dann aufgetreten praktisch als Fiege-Fan und hat da auch seine Geschichte mit dem Bier so ein bisschen erzählt. Und da hat man einfach auch so ein bisschen Gänsehaut-Feeling bekommen, weil man einfach merkt, wie so ein Bier Leute begleiten kann und wie es für ein ganzes Lebensgefühl und für eine ganze Region stehen kann. Und das kannte ich vorher eher nur so aus unserer Ecke, aber da ist es offensichtlich ja auch so. Und deswegen trinke ich es auch gerne, wenn ich bei dir bin, auf jeden Fall ein tolles Bier.

Sven Förster: Da sprichst du genau dieses richtige Thema an und das ist, glaube ich, auch das, was wir in unserem Ausschank halt transportieren wollen. Nämlich das habe ich selten kennengelernt, wirklich ganz, ganz, ganz wesentlich im Westen halt in den Ruhrgebietsstädten oder halt in Düsseldorf oder auch in Köln, diese Emotionalität der Menschen zu ihrer Brauerei. Also das ist wirklich Wahnsinn, wenn man sich in Bochum bewegt, wie diese Brauerei dort Gänsehaut-Feeling halt ausmacht und wie die Leute wirklich hinter ihrer Brauerei stehen. Und das ist Wahnsinn, wie wir das auch bei uns im Ausschank mitkriegen, wenn die Leute aus Bochum zu Besuch kommen, weil denen dort gesagt wird: Ja, wenn ihr in Berlin seid, geht zu Försters Feine Biere, da gibt’s auch euer Fiege. Und das sieht man dann schon. Wenn dann da irgendwie so ein Taxi ankommt und dann steigen fünf junge Männer aus und die Blickrichtung dann Richtung Fiege Ausleger, dann weißt du eigentlich schon, dass du jetzt mal fünf Fiege anzapfen kannst. Die sind dann echt auch so, dass die dann das Fiege trinken, obwohl ich 120 verschiedene andere Biere habe. Und das sind so Momente, wo ich dann immer frage, so diese Emotionalität der Menschen wirklich zu ihrer Brauerei, das begeistert mich. Das habe ich wirklich im Westen kennengelernt ganz stark und Köln, Düsseldorf sind da vielleicht auch noch mal ausschlaggebend. Das ist wie so eine DNA in deren Blut. Das ist vielleicht dadurch, dass ihr im Frankenland so viele verschiedene Brauereien auch habt, verteilt sich das vielleicht ein bisschen mehr und das geht dann wirklich eher so auf fränkisches Bier. Aber dort im Westen zielt das dann wirklich auf die Brauereien ganz explizit. Das ist das, was mich auch 20 Jahre lang wirklich begeistert hat auf meinen Reisen. Und dieses Gefühl so ein bisschen zu transportieren und dass die Menschen dann auch, wenn sie denn wirklich da den ersten Schluck nehmen von einem Frischgezapften, das posten, dann weißt du eigentlich, du hast alles richtiggemacht. Und das ist ja auch Teil unserer Aufgabe als Gastgeber, die Leute glücklich zu machen.

Markus: Bei uns war das so ein bisschen eine Entwicklung. Ich denke, früher war es tatsächlich so, dass die Leute sehr für ihre jeweilige Brauerei gestanden waren und es da dann auch innerhalb der Ortsteile oder Ortschaften echte Rivalitäten gab zwischen den Anhängern der verschiedenen Brauereien. Und das war vielleicht jetzt auch viel Arbeit, die man bei uns so mit dem Bierland Oberfranken Verein und sowas gemacht hat, die Leute mehr und mehr dazu zu bringen, das so ein bisschen auch als Einheit zu sehen. Aber was mich wirklich interessieren würde bei dir, Sven, du bist doch eigentlich so ein Finanzfritze, oder? Du kommst doch aus der Bankecke. Wie kommt man da überhaupt so zum Thema Bier und wie schafft man das, so eine emotionale Verbindung und so eine Begeisterung da aufzubauen? Wie ging das bei dir?

Sven Förster: Wenn ich jetzt wirklich mal meine letzten 20 Jahre so Revue passieren lasse, dann ist es so, ich habe ein ganz klassisches BWL-Studium hinter mir und 99 angefangen und habe das dann auch relativ zügig bis 2004 abgeschlossen. Ich habe nebenbei eigentlich immer dann auch als Student in Banken gearbeitet, in der Commerzbank, und war dann Ende 2004 fertig. Und ja, Bier habe ich schon immer gerne nebenbei getrunken, hat mich unglaublich interessiert, wie Holger vorhin auch schon gesagt hat, die Reisen in die Berge, immer irgendwo Stopp gemacht bei irgendeinem Brauereigasthof dein (unv. #00:14:53.4#) war, hat mich 20 Jahre lang begleitet, über fränkische Brauereien. Kam dann irgendwann zu diesem Punkt, 2004, als ich dann wirklich zum ersten Mal auch die Verantwortung in so einer Bank gespürt habe, was es dann heißt, Verantwortung zu tragen und nicht als Student irgendwie zwei-, dreimal die Woche rum zu turnen, dass das nichts für mich ist. Also das war eine grausame Zeit damals. Ich hatte eigentlich ein Studium hinter mich gebracht und wusste eigentlich gar nicht, was ich damit anfangen sollte, weil ich mich in diesem Verantwortungsbereich überhaupt nicht wohlgefühlt habe. Ich bin dann auch viel in Deutschland unterwegs gewesen, in Frankfurt, Köln. Und das habe ich so ein halbes Jahr lang durchgehalten und dann wusste ich eigentlich gar nicht, wohin die Reise gehen sollte, und bin durch einen ganz komischen Zufall dann durch einen ehemaligen Kommilitonen im KDW gelandet. Die haben da jemand am Warsteiner-Stand damals gesucht zum Bier zapfen. Und da, wenn ich wieder meine Vergangenheit so ein bisschen Revue passieren lasse, also ich habe unglaublich gerne Leute bewirtet. Ich habe damals Veranstaltungen organisiert in der Oberstufe, ich habe den Abiball organisiert und hatte da auch immer schon so dieses Steckenpferd auf dem Bier, dass wir da den Leuten besondere Biere irgendwie dann aus Franken mitgebracht haben. Also das sind so die Rahmenbedingungen gewesen, die ich dann, als ich dann da im KDW gearbeitet habe, merken ließen, Mensch, eigentlich hast du hier die letzten fünf, sechs Jahre das gemacht, was eigentlich gar nicht zu dir passt. Ich habe also eigentlich dann 2005 angefangen wirklich zu merken, was mir Spaß macht. Und das ist diese Beratung am Gast, Menschen bewirten und sich dann mit tollen Produkten und tollen Lebensmitteln auseinanderzusetzen, das habe ich dann wirklich gemerkt. Und ich habe relativ schnell dann auch meine Bankengeschichte eigentlich ad acta gelegt. Ich hatte dann dort die Möglichkeit, auf 8000 Quadratmetern Verkaufsfläche wirklich in die verschiedensten Bereiche rein zu riechen. Also ich konnte dann im Weinbereich arbeiten, im Spirituosenbereich, ich habe mit Sommeliers Kontakt gekriegt. Und nebenbei dann wirklich die tägliche Arbeit am Bierstand, also ich habe dann überwiegend an einem tschechischen Bierstand hinten im KDW gearbeitet, wo das legendäre Budweiser und das Pilsner Urquell dort wirklich auch auf zehn Quadratmetern ausgeschenkt wird, sich in einer unglaublichen Freude bei den Menschen dort installiert. Und da komme ich dann her, also das ist der Ursprung jetzt auch von Försters Feine Biere, dass ich da im KDW eigentlich dann über zehn Jahre gemerkt habe, was mir wirklich Spaß macht.

Markus: Ja, spannende Geschichte. Holger, da hast du bestimmt eine Menge Durst bekommen, oder?

Holger: Unbedingt. Ihr werdet es jetzt nicht glauben, also ich versuche ja immer Biere auszuwählen, die irgendwie zum BierTalk passen, aber diesmal habe ich es nicht so gemacht, auf keinen Fall. Ich habe mir was ausgesucht, das passt überhaupt nicht, also weder zum BierTalk jetzt heute noch zu meiner Pilsleidenschaft noch zur Tageszeit. Ich habe mir einfach ein Bier ausgesucht, was ich eigentlich hätte Sonntagabend trinken wollen, aber das ging nicht, also aus persönlichen Gründen ging das einfach nicht. Und weil ich da so traurig war, dass ich das nicht trinken konnte, war das jetzt einfach die nächste Gelegenheit. Und deshalb habe ich es einfach so gewählt. Und zwar gewählt habe ich Bush de Noel, also das Weihnachtsbier. Und das hat ja 12 % Alkohol, und da ist dann schon klar, dass das nicht so richtig jetzt heute zur Mittagszeit passt. Aber ich habe schon gegessen heute, insofern, das ist so ein richtig schönes Digestif-Bier. Man könnte es zu einem Dessert oder zu dunkler Schokolade natürlich gut trinken, aber es reicht auch so, also es ist auch solo einfach ein Dessert. Und ich mach das jetzt auch mal auf. Wahnsinn! Also schon, was da an Sensorik rüberkommt, wenn man nur den Kronkorken lüftet, ist Wahnsinn. Das reicht ja wahrscheinlich schon, weil 12 % sind ja 12 %. Hört ihr den Schaum?

Sven Förster: Ja.

Holger: Ja, Wahnsinn!

Markus: Ja, sehr schön.

Sven Förster: Ich rieche ihn sogar, Holger.

Holger: Wirklich klasse. Ich versuch‘s mal zu verkosten. Wahnsinn! Erst mal zur Farbe, das ist so ein Mahagoni-Farbton. Und dann hat man eine unglaublich schöne fruchtige karamellige Note in der Nase. Der Antrunk ist dann schon hopfig, also ist nicht nur süß, sondern es ist auch ein bisschen hopfig. Und ich habe da Grüner Apfel sogar. Also ich meine, Karamell und so getrocknete Früchte und vielleicht auch so ein bisschen Ananas und so, aber so im Nachtrunk kommt sogar ein Grüner Apfel. Also für mich eines der komplexesten Biere, die ich überhaupt kenne. Ich habe jetzt sogar mit einem Thermometer die Trinktemperatur gemessen, damit mache ich normalerweise den Milchschaum immer genau. Also wärme mit Milch auf 62 Grad, weil dann schäumt das am besten. Also nur mal so by the way. Aber jetzt habe ich genau dafür gesorgt, dass ich 12 Grad Trinktemperatur habe. Also ein Gedicht, ein Gedicht.

Markus: Da muss ich jetzt gleich noch erzählen, wir hatten das ja in unserer Live-Verkostung und ich hatte diesmal das Experiment gemacht, dass wir mal einen Bier-Cocktail ausprobieren. Und den kann ich jetzt hier auch noch mal sagen. Das war nämlich einer, der supergut angekommen ist, die Leute waren echt begeistert. Und zwar genau mit diesem Bier, also das Bush de Noel. Und dann kommt dazu 3 cl Cointreau, 4 cl Cranberry-Saft, 2 cl Zitronensaft und eine angeröstete Zimtstange. Und das dann mit ungefähr 10 cl von dem Bush de Noel in einem Glas, Eiswürfelchen dazu: Sensationell! Das hat den Leuten richtig Spaß gemacht und zeigt auch, wie flexibel Bier ist und wie kompatibel Bier ist. Sven, wir haben ja jetzt einen Teil deiner Lebensgeschichte schon nachverfolgt, aber jetzt waren wir so an der Schnittstelle. Du bist dann im KDW, willst dich mit Bier beschäftigen. Wie passiert dann dieser Übergang, also wie beschäftigst du dich mehr mit Bier? Du bist ja dann auch Biersommelier geworden. Und wie kommt‘s dann zur Kneipe?

Sven Förster: Die letzten 20 Jahre begleitet mich das Thema Bier und wirklich am Anfang nur privat. Durch das KDW habe ich dann gemerkt, was für ein Potenzial eigentlich auch in dem Bereich steckt, wie groß die Vielfalt ist und wie das Thema Bier eigentlich überhaupt gar nicht beachtet wird, ich rede so von 2010, 2011. Und ich habe mich dann halt 2013 dann für diese Biersommelier-Ausbildung angemeldet. Ja, da muss man echt schon sagen, diese zwei Wochen oder ich habe das in so einem Schrittkurs gemacht, danach war es dann eigentlich um mich geschehen. Ich wollte 2011 schon mal ein kleines Lokal in der Fasanenstraße in Berlin Charlottenburg aufmachen, damals noch mit einem eigentlich Split­-Konzept, also Bier und Wein, wirklich nur eine kleine Bierauswahl, so sechs, sieben verschiedene Biere mit einer kleinen Flaschenbierkarte. Diese Biersommelier-Ausbildung, die war dann eigentlich wegweisend für mich, weil ich dann, als ich da 2013, weiß ich noch, im Oktober dann nach Hause gekommen bin, da habe ich zu meiner Frau gesagt: Weißt du was? Wir machen nur Bier, nur Bier, nichts anderes. Wir schenken nur Bier aus. Es gibt keinen Kaffee, es gibt keine Limo, es gibt kein Wasser, kein WLAN, kein Telefon, keine Reservierung, einfach ganz spitz dieses Thema Bier. Und da kommst du natürlich mit deinem Selbstbewusstsein, wenn du da wirklich zwei Wochen mit Gleichgesinnten unterwegs bist, die auch wirklich 24 Stunden am Tag nur Bier denken, und da habe ich mich wirklich zum ersten Mal nicht als Bier-Depp gefühlt, sage ich mal einfach so salopp. Und dann kommst du mit so einer breiten Brust nach Berlin und dann gibst du einfach nur Gas. Und daraus ist das Thema Försters Feine Biere dann entstanden. Ich habe dann natürlich Glück gehabt, dass ich auch relativ kurzfristig dann die Möglichkeit hatte, da in Steglitz ein Gewerbe anzumieten, weil ich schon vier Jahre fast gesucht hatte, von 2011 bis 2013, und 2014 haben wir ja das aufgemacht, im Juni 2014. Und dann gibt’s für dich einfach natürlich nichts Schöneres als, wenn du jeden Tag dann deinem Getränk und mit dem, was du den Leuten mitteilen möchtest, was deine Gedankengänge sind, die Geschichten, die Bilder rund um die Biere, die Brauereien, dann kommst du beruflich auch an. Um da vielleicht auch noch mal die Brücke zu schlagen zu diesem Bankenfuzzi. Also ich könnte mir heute nichts anderes mehr vorstellen, als in diesem Bereich tätig zu sein. Das ist das, was uns wirklich unglaublich viel Spaß macht. Und ich glaube, das merken die Leute auch.

Holger: Markus, jetzt müssen wir dich auch noch mal erlösen, oder? Also du hast doch auch was mitgebracht.

Markus: Ja, wobei ich noch diesen schönen Satz einfach vom Sven jetzt gerade noch so im Kopf habe. Aber gut, okay, wir müssen natürlich auch weiter vorangehen. Und ich habe tatsächlich auch ein Bier ausgesucht. Ja, ich würde jetzt auch sagen, ich habe eins ausgewählt, was jetzt nicht direkt passt, aber auch eines, wo ich mir gedacht habe, das muss ich einfach jetzt bald mal verkosten und das ist eine gute Gelegenheit mit euch und ich auch weiß, dass der Sven für solche Biere durchaus ein offenes Ohr hat. Ich mach‘s jetzt erst mal auf.

Sven Förster: Holger, wir haben heute 30 Grad hier fast in Berlin, also ist superwarm. Wie ist das bei euch von der Temperatur, also mit dem Bier? Du musst ja jetzt innerlich schon so erhitzt sein mit diesen 12 % Alkohol.

Holger: Nein, ist kein Problem, ich liege in einer kalten Badewanne, ist doch klar. Nein, nein, 30 Grad haben wir zum Glück hier nicht. Ich glaube, im Moment sind es so 24 Grad. München liegt ja auf 550 Meter Meereshöhe, also insofern ist es dafür immer ganz gut. Mir ist es jetzt schon zu warm. Ich bin ja jemand, der liebt die Kälte. Also 30 Grad wäre nicht meins, um Gottes Willen. Aber das kommt ja unaufhaltsam.

Sven Förster: Das fängt jetzt an. Ja.

Markus: Das ist ja immer die größte Herausforderung, wenn der Holger und ich im Auto unterwegs sind. Ich bin ja immer jemand, ich habe es lieber gerne möglichst warm und er hat es immer möglichst kalt.

Sven Förster: Oh, die Klimaanlage.

Markus: Das ist wirklich immer eine Herausforderung, aber wir kriegen es meistens ganz gut hin. Also insofern alles gut.

Holger: Ja, weil ich immer Rücksicht nehme auf dich. Weil ich so ein netter Kerl bin, deshalb.

Markus: Ja, ja, ja. Ich habe dann immer noch einen Schal dabei und eine Jacke und dann geht das schon. Aber gut, zurück zum Bier. Was habe ich mir ausgesucht? Es ist ein wunderschönes strahlend helles Bier, also schaut im Grunde aus wie ein gutes Pils, hat einen richtig schönen, intensiven weißen Schaum, der auch ganz, ganz lange steht. Riecht auch schön getreidig, ein bisschen kräutrig, ein bisschen grasig, ein bisschen Zitrus. Auf der Flasche steht, es ist ein Landbier, allerdings rauschfrei. Also es handelt sich um ein alkoholfreies Bier, aber eben was Besonderes, weil das von der Bio-Brauerei Pfister in Weigelshofen kommt. Da sind wir im Landkreis Forchheim oder so ziemlich an der Schnittstelle zwischen den Landkreisen Bamberg und Forchheim. Der Stefan Pfister macht eben dort schon seit vielen Jahren seine eigenen Biere, alle in Bio-Qualität, und hat vor kurzem jetzt für sich selber so eine Entalkoholisierungs-Methode entwickelt, indem er seine Biere, wenn die fertig sind, erst mal kocht und damit eben dafür sorgt, dass der Alkohol rauskommt. Kocht ist vielleicht zu viel gesagt, erhitzt er halt, bis der Siedepunkt vom Alkohol erreicht ist, und versetzt sie dann noch mal mit Kohlensäure. Und damit haben wir doch einen sehr nahen Geschmack an einem normalen Bier. Eine supererfrischende Wirkung und so, aber eben kein Alkohol. Und das ist natürlich sehr, sehr schön, macht er dort in zwei Varianten, das Weizen und das Helle. Und ich habe jetzt eben hier das Helle. Jetzt muss ich aber mal einen Schluck nehmen. Sehr, sehr gut. Also hat natürlich so die klassischen Noten von einem Hellen, dazu kommt noch ein bisschen Honig, ein bisschen süße Aromen schon auch, also obwohl es ganz normal durchgegoren ist. Aber insgesamt sehr, sehr rund und sehr stimmig und sehr harmonisch und eben nicht so würzelastig wie viele Biere, die eben mit gestoppter Gärung hergestellt worden sind. Also Pfister überhaupt immer ein guter Tipp, da mal vorbeizuschauen, hat auch eine sehr, sehr gute Küche. Auch ein reiner Familienbetrieb. Ich weiß nicht, Sven, warst du da schon mal vor Ort?

Sven Förster: Nein, vor Ort noch nicht, aber ich habe die Biere auch schon ausgeschenkt. Ich habe damals mal über den Weiß-Blau, über Boris Priebe, der hat mir da immer mal wieder ein bisschen was mitgebracht, auch vom Fass, und blitzsauber Biere eigentlich immer gehabt. Die machen das auch aus so einer Bügelflasche, ne?

Markus: Genau. Ja. Der Boris ist ja auch so ein toller Typ in Berlin, der auch das Bayerische total lebt. Sehr schön.

Sven Förster: Kenne ich nicht. Also das Alkoholfreie jetzt, aber ich bin echt offen jetzt da auch, ich bin da gerade auch echt drinnen, viele verschiedene Biere zu probieren. Und man merkt ja schon, dass die Brauereien da gerade auch einen Markt sehen und da jeder auch sein Alkoholfreies jetzt auf diesem Markt platzieren will. Und da gibt’s echt gute Geschichten.

Markus: Ich sag mal so, Deutschland war ja da sowieso immer ein sehr stiefmütterlicher Markt. Und am Anfang haben sie versucht, mehr oder weniger ein Pils alkoholfrei herzustellen, das war so das erste, was es gab. Und dann kam die große Welle des alkoholfreien Weizens. Was ja dann zusammen mit überhaupt der ganzen Weizenwelle über alle Biergärten geschwappt ist sozusagen. Und jetzt sind aber auch die Weizenzeiten so ein bisschen durch und jetzt entwickeln sich eben nach und nach alle möglichen Bierstile in einer alkoholfreien Variante. Wir hatten jetzt erst das alkoholfreie Kellerbier vom Rittmayer zum Beispiel, was ein sehr, sehr schönes Bier ist und was dieser Idee eines Kellerbiers sehr nahekommt. Jetzt haben wir hier eben die beiden, die diese kleine Brauerei selber herstellt. In Berlin zum Beispiel auch, wenn man an BRLO zum Beispiel denkt, die ihre eigenen alkoholfreien Biere machen. Ich denke, das wird mehr und mehr so, dass Brauereien das für sich als eigenes Feld und Spielfeld auch entdecken. Und natürlich toll, wenn Gastronomen wie du auch sagen, da wollen wir ran. Ich meine, wie beobachtest du das denn von deinem Publikum? War überhaupt alkoholfrei mal ein Thema oder wird es jetzt eins? Oder wie siehst du das?

Sven Förster: Man muss eigentlich das auch so sehen, dass wir ein klassisches Feierabendpublikum haben und dass die Leute da schon gerne halt auch ihr Feierabendbier trinken. Dass das Thema alkoholfrei da natürlich schon eine untergeordnete Rolle spielt und ich das echt auch selber aus meinem eigenen Interesse anschieben muss. Aber das ist natürlich auch wieder die Arbeit, die mir Spaß macht, nämlich den Leuten auch in dem Bereich zu zeigen: Pass mal auf! Du kannst auch als Start mal ein gutes Alkoholfreies jetzt mal trinken, probiere das mal. Weil, wie gesagt, das ist jetzt nicht mehr so würzelastig und es ist nicht mehr so honigsüß. Vielleicht auch durch eine Kalthopfung hast du da echt schöne Bitternoten mit dann auch drin. Und das ist eigentlich mehr so die Challenge, die Herausforderung, die ich in mir spüre, auch diese Produkte in meinem kleinen Konzept zu platzieren. Und das macht dann natürlich wieder, das ist so wie am Anfang wieder so zurück, wenn die Leute dann beim nächsten Mal kommen und sagen, ach komm, ey, gib mir jetzt doch mal ein Riegele Alkoholfrei Helles so als Start, dann befriedigt mich das einfach, weil das dann Wirkung gezeigt hat. Letzten Endes aber gibt’s unglaublich viele, und das ist halt das dann auch in unserem Kiez, wo man dann auch merkt, dass die Leute immer älter werden. Steglitz-Zehlendorf ist der älteste Bezirk vom Durchschnittsalter in Berlin mit 46,2 Jahren, dass man schon merkt, dass die Leute, je älter sie werden, nicht mehr so viel trinken, wie sie vielleicht vor ein paar Jahren mal getrunken haben, weil diverse Krankheiten dazukommen. Und dann wird auch schon mal auf ein Alkoholfreies ausgewichen. Und was nicht zu unterschätzen ist, aber das ist wirklich das junge Publikum, und die sind dann halt nicht mehr so, dass da am Abend sechs, sieben, acht Halbe getrunken werden. Und das merke ich schon, dass da ein unglaublich neugieriges, junges Publikum, gerade auch Frauen kommen, die auch Ansprüche stellen. Und dann ist es toll, wenn man auch mal nicht mit diesem „0,0“-Thema kommt oder mit irgendwie einem alkoholfreien Radler, sondern probiere doch mal hier ein Störtebeker Atlantik-Ale alkoholfrei. Besser geht alkoholfreies Bier nicht. Das ist eigentlich die Herausforderung, die Challenge, die wir oder die ich spüre tagtäglich bei meiner Arbeit. Und das macht Spaß, das muss man echt sagen. Das ist das, was unglaublich viel Spaß macht, wenn die Leute das, was du ihnen erzählst, wenn sie das dann Tage später oder beim nächsten Besuch dann auch so annehmen und selber die Freude dann auch zeigen an dem Bier. Dass wir unsere Freude an diesen Bieren dann halt auch teilen können.

Holger: Apropos Herausforderung. Wie ist es denn jetzt im Moment unter den Auflagen im Zusammenhang mit COVID-19? Also wie ist es da für dich? Wie schätzt du das ein? Wie geht’s dir gerade damit?

Sven Förster: Ich muss echt sagen, dass das natürlich ein riesiger Schlag ins Gesicht war damals am 14.3, das in so einer Nacht- und Nebelaktion da über den Gesetzgeber im Prinzip unser Ausschank zugemacht worden ist. Ich habe eigentlich eine unglaublich harte Zeit jetzt hinter mir die letzten acht Wochen. Gar nicht mal so getrieben aus Existenzängsten, sondern einfach, weil mein Tagesablauf einfach daraus besteht, dass ich um 8 Uhr wach bin und dann meine drei, vier, fünf Stunden Büro mache und dann selber im Betrieb gestanden habe wieder. Also ich bin jetzt im Prinzip, gehe auf Anfang, auf 2014 zurück. Ich habe ein Business mit drei Festangestellten und vier 450-Euro-Kräften. Und da ist es natürlich die unglaubliche Herausforderung und Challenge, den Leuten da auch wieder ihre Verlässlichkeit, ihre Gewohnheit zu bieten, dass sie sich auf uns verlassen können. Und das ist eigentlich so die Herausforderung der letzten acht Wochen gewesen. Da bin ich aber auch sehr stolz darauf, dass wir da echt früh reagiert haben. Und wir fahren jetzt im Prinzip gerade so ein Kombi-Konzept. Wer vielleicht schon mal bei uns war, der weiß, dass wir mit unserem kleinen Ausschank mit 40 Quadratmeter drinnen, 30 Quadratmeter Terrasse, so wie ich es anfangs erwähnt habe, wirklich ein Konzept auf Nähe halt haben und das ist leider Gottes, Nähe nicht das richtige Wort in diesen Zeiten. Deswegen haben wir da so ein Alternativkonzept mit im Prinzip einem kleinen Handelsgeschäft und einem Stehausschank, wo man halt den Leuten unsere Fassbiere und so eine kleine Brotzeitkarte im Stehbereich anbieten können, wo wir auch diese Abstandsregelungen einhalten können. Und dann einen kleinen Handel, wo die Leute sich ihre Lieblingsbiere, ich meine, wir haben ein Portfolio wirklich von, ich würde jetzt mal sagen, wirklich 120 verschiedenen Bieren aus ganz Deutschland, gerade Helles, Pils, Bockbier, Märzen, Export, Rauchbier, Doppelbock, Sauerbiere, Gosebiere. Es wirklich eine unglaubliche Vielfalt ist, die wir da anbieten, und dass die Leute sich dann einfach diese Biere dann mit nach Hause nehmen. Manchmal schenke ich sogar Original-Gläser dazu. Wir haben wirklich in den letzten Wochen da unser Lager aufgeräumt. Ich habe über 1000 Original-Gläser in meinem Lager stehen, also das ist auch noch, was uns da auszeichnet, dass wir die meisten Biere auch noch in Original-Gläsern ausschenken. Dass wir den Leuten einfach so dann die Freude auch am Bier zu Hause vermitteln können, und das ist so unser Kombi-Konzept. Da bin ich eigentlich sehr zuversichtlich, dass wir das so die nächsten Wochen und Monate jetzt erst mal dieses Schiff in sichere Fahrwasser bekommen und dass die Leute dann auch wieder merken, dass ein bisschen Normalität einkehrt.

Markus: Du machst ja auch Ausbildungen und bietest auch Seminare und so weiter an. Was tust du da alles so und wie ist es angelaufen, als du damit angefangen hast? Und wie willst du das jetzt in die Zukunft weitertragen?

Sven Förster: Toll, dass du das jetzt auch ansprichst, das ist auch so ein Thema, was mich 2017 dann bewegt hat, wo wir so die ersten Jahre dann dieses Ausschanks hinter uns hatten, wo ich gedacht habe: Mensch, ich brauche auch wieder eine neue Spielwiese für mich und habe dann im Prinzip die Marke BIERMEISTER gegründet, was unser Seminar-, Verkostungsprogramm ist, wo die Leute Bierfreude dann in Gruppen bei uns teilen können, wo ich verschiedene Seminarinhalte anbiete und mich die Leute dann buchen können. Das habe ich eigentlich 2017 angefangen mit der Idee, um Gastronomen zu schulen. Ich habe da aber relativ schnell gemerkt, dass das ein unglaublich schwieriges Thema ist, da ein Ohr der Menschen zu bekommen. Das war damals eine Idee einfach, das, was wir tagtäglich machen, wirklich auf Ausschankpflege achten, auf: Wie zapft man richtig Bier? Wie kann eine Bierberatung am Tisch stattfinden? Wie wird ein kleines Bierportfolio zusammengestellt? Einfach unser Know-how, unsere Expertise den Gastronomen zur Verfügung zu stellen. Und das war doch sehr, sehr schwer. Da haben wir so zwei, drei Aufträge gehabt wirklich aus meinem Netzwerk heraus, nur dass wir das Thema jetzt dann wirklich breiter bespielen, nämlich dass wir da auch die Privatleute ins Boot holen, weil diese Nachfrage ist definitiv da. Und das ist heute aktuell der BIERMEISTER. Das läuft eigentlich relativ erfolgreich. Da habe ich vier bis fünf Veranstaltungen im Jahr, die ich selber initiiere, und werde dann ansonsten von kleinen Firmen, von Vereinen, wirklich so im kleinen Netzwerk gebucht, sodass wir da dann halt uns in verschiedenen Themenbereichen bewegen und den Leuten dann was über das Thema Bier erzählen, wirklich aus den unterschiedlichsten Bereichen. Das lief eigentlich jetzt bis zum Shutdown am 14.3. echt gut. Also ich hatte da echt gute Auftragsbücher bis zum August schon und das ist jetzt, ja, jetzt schauen wir mal, wie sich das so weiterentwickelt. Weil da natürlich auch Veranstaltungen dabei waren mit 40, 50 Leuten, und das natürlich grad alles auf Eis legt. Aber da muss ich dir ja nichts erzählen drüber, Markus.

Markus: Das stimmt, das geht uns ja genauso.

Holger: BIERMEISTER ist ja ein schönes Stichwort. Das kann man ja wirklich sagen, also auf der einen Seite Sven Försters Feine Biere. Und es ist ja so, er ist ein BIERMEISTER und das kann man hören in unserem BierTalk, aber man kann es noch besser spüren, wenn man eben zu ihm hinfährt und das alles mal vor Ort erlebt. Das kann ich jedem auch nur empfehlen, das mal zu tun und dann wirklich gepflegte Gastlichkeit, aber auch gepflegte Bierkultur in Verbindung mit einer eigentlich selbstverständlichen Bierhygiene, die aber leider eben nicht überall selbstverständlich ist. Und dann kann man mal sehen, was eine wirklich gut eingestellte und gewartete und gereinigte Zapfanlage mit der Bierqualität und mit dem Geschmack macht. Probiert das mal aus! Aber seid dann euren Stammgastronomen vor Ort zuhause nicht allzu böse.

Sven Förster: Noch mal danke da auch, dass du mir da auch noch mal so ein bisschen die Blumen dann reichst. Aber das ist wirklich die Geschichte, die uns wirklich am meisten auch am Herzen liegt, dass wir eigentlich probieren, dass das Bier, so wie es in der Brauerei hergestellt wird, dass wir diesen Genuss wirklich im Glas dann auch am Tisch präsentieren können. Und leider Gottes passieren da dann doch viele, viele Fehler und manchmal ist das Bier dann doch anders, als es sich der Brauer vielleicht gewünscht hat. Und ich glaube, dafür stehen wir und da haben wir uns auch den Namen erarbeitet. Die Leute wissen das, wenn sie zu uns kommen, dass sie das bekommen von uns und da vertrauen sie uns auch.

Holger: Wer jetzt noch keine Lust bekommen hat, nach Berlin zu reisen oder direkt zur nächsten Trinkhalle zu marschieren und sich ein schönes Bierchen zu holen, der ist selbst schuld. Ich kann nur sagen, Sven, toll, dass du uns die Ehre gegeben hast und dabei warst. Und ich denke, das war mal wieder so ein richtig schöner interessanter Ausflug auch in die gastronomische Welt. Und Markus, dir hat es doch auch Spaß gemacht, oder?

Markus: Absolut, wunderbar! Ich bin sowieso gastronomisch immer gerne unterwegs und auch besonders gerne in Berlin und besonders gerne beim Sven. Und insofern wunderbar.

Sven Förster: Auch von meiner Seite aus, und da noch mal vielen lieben Dank, dass ihr uns da auch ein bisschen die Plattform gebt deutschlandweit, dass man in Försters Feine Biere einen kleinen Einblick bekommen hat. Lieben Dank für die letzte Stunde.

Markus: Ciao!

Holger: Ciao! Tschüss!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 21 – Interview mit Matthias Trum vom Heller Bräu / Schlenkerla aus Bamberg

Matthias Trum ist ein echter Bamberger durch und durch – und in sechster Generation der Bräu vom Schlenkerla. Damit hat er einerseits eine über 600-jährige Geschichte zu bewahren, andererseits aber auch die älteste und eine von nur zwei überhaupt erhaltenen Rauchbier-Brauereien der Welt. Trotz – oder gerade wegen seines Faibles für Biergeschichte – gelang es ihm aber auch, neue Akzente zu setzen. Anfang des Jahrtausends mit dem neuen Doppelbock „Schlenkerla Eiche“, einige Jahre später mit den ersten gereiften Jahrgangsbieren aus einer deutschen Brauerei und heutzutage mit drei faszinierenden Leichtbieren namens Hansla und Heinzlein. Im BierTalk erzählt er die Geschichte hinter diesen Bieren, aber klärt auch über all die Mythen und Legenden rund um das Schlenkerla auf. Ein echtes Podcast-Juwel…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Herzlich willkommen zu unserem BierTalk, heute Folge 21. Wir haben einen besonderen Gast, wie immer, wir haben immer besondere Gäste, aber für mich heute ganz besonders. Doch bevor wir den vorstellen, ganz kurz, am Mikrofon bin ich, der Markus und …

Holger: … der Holger.

Markus: Ganz genau. Und unser Gast, wie schon angekündigt, kommt heute auch aus Bamberg, nämlich der Matthias Trum. Und es wäre schön, wenn du dich kurz selbst vorstellen würdest.

Matthias Trum: Vielen Dank für die tolle Einleitung, Markus. Also ich fühle mich schon sehr geehrt. Mein Name ist Matthias Trum, ich bin Inhaber beziehungsweise braue in sechster Familiengenerationen beim Schlenkerla, alte Bamberger Institution, der eine oder andere kennt sie ja, und bin also hier mit dem Thema Bier großgeworden, Bier, Biergeschichte, und hat immer eine Riesenrolle gespielt. Ich wohne selber über dem Schlenkerla, also kein Tag ohne Schlenkerla und ohne Bier in meinem Leben.

Markus: Das war ja fast ein bisschen untertrieben, denn man darf nicht vergessen, das ist eine Brauerei mit 600 Jahren mindestens auf dem Buckel mit einem Bierstil, den es sonst in der Welt nirgendwo eigentlich mehr gibt. Und viel, viel, viel Tradition, die man auch vor Ort erleben kann. Besonders gerne bin ich da ehrlich gesagt mit dem Holger, der geht da nämlich auch gerne hin zum Mittagessen. Was isst du denn am liebsten dort, Holger?

Holger: Die Zwiebeln, die esse ich am liebsten, die gefüllte Zwiebel.

Markus: Genau. Altes Bamberger Rezept, hat meine Mutter auch schon immer gemacht. Und dazu schmeckt natürlich ganz toll das normale klassische Schlenkerla Märzen. Es gibt allerdings neue Biere aus dem Schlenkerla, und da bin ich selber ganz gespannt, weil ich die zum Teil heute auch zum ersten Mal verkosten kann. Lass uns doch anfangen, Matthias, mit welchem Bier wollen wir den starten?

Matthias Trum: Also wir haben vor kurzem was Neues eingeführt, das ist auch nicht offiziell vom Schlenkerla, sondern von der Heller-Bräu. Weil was die meisten eigentlich nicht wissen, Schlenkerla ist nicht der Ursprungsname und auch nicht der Firmenname, die Brauerei ist eigentlich die Heller-Bräu. Und der Schlenkerla, der kam später rein. Da werden wir bestimmt, wenn wir nachher die Rauchbiere trinken, auch noch was dazu sagen. Ich bin aber im Nebenberuf Bierhistoriker oder als Hobby, und bin über ein altes Bamberger Rezept gestolpert in Familienunterlagen, aber auch in offiziellen Büchern, über ein Bier, was ein ganz besonderes Brauverfahren hatte und was damals die Menschen tagsüber getrunken haben, weil es wenig Alkohol hatte. Und das haben wir jetzt als Bamberger Heinzlein wieder auf den Markt gebracht. Und ich würde sagen, wir starten mit dem hellen Heinzlein, weil das der beste Einstieg in den Geschmack ist. Und dann schauen wir einfach mal weiter.

Markus: Dann machen wir es doch mal auf.

Matthias Trum: Ihr werdet gleich beim Einschenken merken, das ist sehr, sehr spritzig, also eigentlich eher wie ein Weizenbier und nicht wie ein Lager. Man muss dazu wissen, dass die meisten früher das aus der Flasche getrunken haben, das war nämlich das typische Bier von den Gärtnern und Häckern oder allen, die halt körperlich schwer gearbeitet haben. Und die haben natürlich kein Fass aufs Feld geschleppt, sondern die hatten ihr Flaschenbier dabei oder haben ihre Kinder ins Wirtshaus geschickt, um eine Flasche davon zu holen. Und bevor wir weiterreden, würde ich sagen, trinken wir mal einen Schluck, oder?

Markus: Yo! Prost!

Matthias Trum: Prost!

Holger: Prost! Zum Wohl!

Matthias Trum: Das hat nur 0,9 % Alkohol, das ist diesem alten Brauverfahren geschuldet. Also nicht alkoholfrei, weil da müsste man unter 0,5 sein. Da braucht man aber moderne Verfahren wie Alkoholextraktion oder Pasteurisation dazu. Mit traditionellen Verfahren kommt man so weit nicht runter. Aber hat eben 0,9, und deswegen kann man da perfekt zum Homeoffice auch mal zwei oder drei trinken, man hat immer einen klaren Kopf. Es ist sehr, sehr hopfig im Aroma. Das war also die Besonderheit bei dem alten Brauverfahren, dass man eben sehr viel Hopfen im Sud verwendet hat. Der Hintergedanke war zum einen, dass man das Bier stabilisierte. Also man konnte ja damals nicht so hygienisch gut arbeiten, wie man das heute kann, weil es ja keine Edelstahlgefäße und so gab. Und wenn das Bier weniger Alkohol hatte, Alkohol ist ja auch ein Stabilisator sozusagen, dann musste man anderweitig sicherstellen, dass das Bier nicht umkippt, und da war eine große Menge Hopfen eben die Wahl. Und gleichzeitig hat man dadurch natürlich auch für einen entsprechend guten Geschmack gesorgt, weil natürlicherweise des Malzaroma etwas reduziert ist im Vergleich jetzt zu einem Bockbier oder einem normalen Bier. Das Besondere daran finde ich, also vor ein paar Jahren habe ich das entdeckt und dann haben wir eben erste Versuche gemacht, das Besondere daran finde ich, dass man aufgrund dieses alten speziellen Brauverfahrens, können wir ja nachher noch kurz drüber reden, eigentlich einen richtigen Biergeschmack bekommt, obwohl es so wenig Alkohol hat. Also was man sonst so an Alkoholfreien kennt, die haben ja immer ein wenig sowas Süßliches oder sind ein bisschen leer oder kommen eigentlich mehr wie ein Schorle-Getränk daher oder wie ein Saftgetränk und weniger wie ein Bier. Und bei dem Heinzlein ist es tatsächlich so, wenn man nicht weiß, dass das nur 0,9 hat, dann hält man es eigentlich für ein relativ normales Bier vom Geschmack her. Und das finde ich als Bierbrauer natürlich bombastisch, dann brauche ich jetzt mittags keine Limo oder kein Wasser mehr trinken, sondern kann ein Bier trinken und dann trotzdem meine Büroarbeit machen.

Markus: Die viele Kohlensäure merkt und sieht man natürlich. Ist es grundsätzlich ein unfiltriertes Bier oder ist es filtriert?

Matthias Trum: Es ist unfiltriert, also die Hefe setzt sich relativ schnell ab. Wenn ihr mal die Flasche gegen das Licht haltet, dann seht ihr, dass da natürlich diese Hefeflocken mit drin schwimmen. Und es ist ganz bewusst unfiltriert, weil das einfach noch mal das Extra an Geschmack bringt. Und auch historisch gesehen, der Bierfilter wurde ja erst Mitte des 19. Jahrhunderts erfunden, den gab’s vorher gar nicht. Und wir wollten also da ganz nah an der historischen Herstellungsweise sein und deswegen haben wir es ganz bewusst nicht filtriert.

Markus: Mal sehen, wie das der Holger sieht, aber für mich ist es auch relativ nah an eurem normalen Schlenkerla hell, was ihr anbietet. Habt ihr da auch die Hefe drin, die ihr eben sonst auch verwendet?

Matthias Trum: Jain. Also beim Hellen wird ja die Hefe genommen, die vorher schon im Rauchbier war und dadurch hat man beim Hellen so einen ganz leichten Raucheinschlag. Beim Heinzlein wollten wir also ganz bewusst nicht in die Rauchschiene gehen, weil es gibt ja das Rauchbier Hansla auch, das werden wir ja nachher noch verkosten, sondern das Heinzlein ist eben ganz bewusst nichts aus der Schlenkerla Familie. Also da ist keinerlei Rauchgeschmack dabei. Und deswegen wird für das Vergären vom Heinzlein eine frische Hefe genommen, die entsprechend rauchfrei ist. Und dadurch hat das auch keinerlei Raucharomen.

Markus: Und dann passiert bei mir im Kopf etwas Besonderes, weil ich tatsächlich so den Eindruck habe, ein bisschen Rauch habe ich. Wie geht’s denn dir, Holger?

Holger: Ja, ich habe da jetzt drüber nachgedacht, die ganze Zeit schon, ob ich Rauch habe oder nicht. Ich meine, nein. Was ich besonders tollfinde, ist eigentlich, dass ihr es macht, Matthias. Weil es ist einfach ein absoluter Trend und ganz spannend auch damit umzugehen mit dem Thema alkoholfrei, alkoholarm, auch vielleicht wahrscheinlich mit dem Thema Gesundheit auch und Bier zu jedem Anlass. Und da finde ich es ganz besonders bemerkenswert, dass eben so eine Traditionsbrauerei wie das Schlenkerla jetzt auch in diese Richtung geht. Also das ist für mich ein Fund. Und das finde ich besonders schön. Mir gefällt auch das Etikett, aber natürlich auch dann mit der Schriftart Heinzlein, finde ich auch wieder mutig. Also da gibt’s bestimmt Leute, die dann schon wieder über alles Mögliche nachdenken. Und dann gibt’s noch ein Thema, wo ich mich die ganze Zeit frage. Überhaupt das ganze Thema historische Braurezepte ist ja auch immer so ein Thema, wie waren früher die Rohstoffe und wie sind die aufbereitet worden und was kann man da heute noch reproduzieren? Es war ja schon auch sehr anders. Das sind auch noch Fragen, die ich mir stelle.

Matthias Trum: Das ist in der Tat ein sehr weites Feld. Also in den Unterlagen, die mir zur Verfügung stehen, altes Rezeptbuch von meinen Urahnen, wo also alle Sude protokolliert wurden mit Malzmengen, verwendete Hopfenarten, Ausschlagmengen und so weiter, und dann eben die allgemeinen Bücher aus der Zeit, wo diese Verfahren dann auch zum Teil beschrieben sind, da kann man sehr viel daraus ablesen, aber man kann natürlich nicht draus ablesen, welche Qualität die Gerste hatte, die zu Malz verarbeitet wurde. Ganz grundsätzlich denke ich, muss man festhalten, dass ja auch in der Landwirtschaft nicht industrialisiert produziert wurde, anders als heute. Also es gab natürlich keine Spritzmittel in irgendeiner Form, Düngen, wenn überhaupt, dann glaube ich nur im kleinen Umfang, die Erträge waren bestimmt auch viel geringer. Tendenziell, denke ich, waren die Biere damals voller im Geschmack, aber bei gleichzeitig weniger Alkohol generell. Der Hintergrund ist der: Die heutigen Gersten sind also einmal für die Landwirtschaft natürlich optimiert, dass die hohe Erträge haben, aber vor allem die Braugersten sind auch für die Bierbrauer optimiert, für die Großbrauereien, in dem Sinne, dass man mit möglichst wenig Malz sozusagen seinen Alkoholgehalt erzielt. Also die haben eine sehr hohe Lösung, einen sehr hohen Endvergärungsgrad, eine sehr hohe Ausbeute, wie der Brauer das nennt, dass man also den Malzeinsatz, man nennt das so schön, optimieren kann. Man sieht das sehr schön, jetzt müssen wir ein bisschen zwischen den Themen hüpfen, an den Schlenkerla Etiketten. Bei dem klassischen Schlenkerla Rauchbier Märzen ist ja an der Rezeptur nie grundlegend was geändert worden, man passt das jedes Jahr so ein bisschen an auf Basis der Qualität von Gerste und Hopfen, aber das Grundsatzrezept ist immer das gleiche. Aber auf den alten Etiketten steht da ein Alkoholgehalt von 4,5, und heute steht da inzwischen 5,1. Das hängt einfach damit zusammen, dass die modernen Gersten hinterher sozusagen mehr Alkohol und ein bisschen weniger Restextrakt bringen als die alten Gersten früher. Und die großen Industriebrauer haben entsprechend ihren Malzeinsatz reduziert, was natürlich Geld spart, und Brauereien wie wir, die beim traditionellen Rezept geblieben sind, die mussten dann die Etiketten anpassen und den Alkoholgehalt hochsetzen.

Holger: Du hast eben einfach einen Korridor in der Alkoholangabe auf dem Etikett. Den kann ich im Prinzip meiner Zielgruppe entsprechend anpassen. Kann das auch eine Rolle gespielt haben oder hältst du das total für ausgeschlossen?

Matthias Trum: Du meinst jetzt, dass Brauer ihren Alkoholgehalt über die Zeit reduziert haben?

Holger: Nein, ich meine, gehen wir mal in ein neues Bier hinein. Ich mache jetzt eine Produktentwicklung und mache mir eine Rezeptur, mache meine Probesude, habe dann mein Produkt und habe dann eine Stammwürze und einen Alkoholgehalt, und dann gucke ich mir an, okay, welche Zielgruppe ich habe. Ich sag jetzt mal, ich habe einen tatsächlichen Alkoholgehalt von 5,5. Jetzt ist die Zielgruppe eben doch eher alkoholfreundlich, da schreibe ich halt 5,7 oder 5,8 oder vielleicht sogar 6 hin. Oder umgekehrt, ich habe eine Zielgruppe, junge Leute, Sportler, wie auch immer, weil es ein frisches Weißbier ist beispielsweise, da schreibe ich dann 5 hin.

Matthias Trum: Das ist eine Fehleinschätzung. Also du kannst nicht am Etikett hin und her schreiben, wie du das möchtest. Ja, wenn jetzt das Gesundheitsamt eine Probe zieht und misst den tatsächlichen Alkoholgehalt, dann gibt’s einen Korridor, um den das abweichen darf. Also bei einem normalen Bier, wenn ich jetzt, sage ich mal, 4,8 draufschreibe und das Amt analysiert, dann darf der tatsächliche Wert zwischen, ich glaube, 4,3 und 5,3 schwanken. Also man hat 0,5 in jede Richtung.

Holger: Genau, so war ja mein Beispiel auch gerade.

Matthias Trum: Ja, ja. Jetzt kommt aber ein großes Aber. Man darf das nicht systematisch machen. Man muss dann um diesen Wert pendeln. Also wenn das Amt 10 Mal eine Probe zieht und du hast 4,8 drauf und hast aber jedes Mal tatsächlich 5,2, dann werden die bei dir vorstellig und sagen: Was ist denn da los? Macht ihr das mit Absicht? Oder belegt mal an eigenen Analysen, dass das jetzt wirklich nur Ausreißer waren, die wir da gezogen haben. Also im langfristigen Mittel muss man diesen Wert erreichen, der auch etikettiert ist. Insofern, glaube ich, läuft die Geschichte andersrum. Also gerade, wenn wir jetzt von größeren Brauereien oder von marketinggesteuerten Bierentwicklungen ausgehen, dass man schon bei der Kreierung des Bieres die Zielgruppe im Kopf hat und sagt, Mensch, wir wollen jetzt ein leichtes Weizen für Sportler und das soll 2,5 % haben, und die Info kriegt der Brauer, und dem wird gesagt, so, jetzt mach mal was, wo am Schluss die 2,5 rauskommen. Ich denke, so rum läuft’s.

Markus: Vielleicht eine wichtige Botschaft, die auf dem Etikett auch schön deutlich zu sehen ist. Wir haben hier halt 10 Kalorien pro 100 Milliliter, also die ganze Flasche hat gerade mal 50 Kalorien. Das ist natürlich auch ein Punkt für Leute, die jetzt sagen, ich möchte jetzt kein Wasser trinken, weil ich gerne Geschmack haben möchte, aber ich will eben jetzt nicht die Kalorien, die ein normales Bier hat, die eine Apfelschorle, ein Orangensaft oder ein Spezi hat, sondern möchte mich da eben möglichst auch kalorienarm ernähren, bringt das natürlich auch was. Ich habe noch eine kleine Bitte an euch. Nehmt doch mal euren Deckel und sagt mir, was in euerm Flaschendeckel drin ist.

Holger: Bei mir ist eine Hand, bei der zum Victory-Zeichen die beiden Finger nach oben gespreizt sind.

Markus: Und steht da noch was drunter?

Holger: Oh, Markus, du weißt ja, ich bin jetzt nicht mehr 16, also insofern, und habe jetzt hier eine schlechte Beleuchtung.

Matthias Trum: Ich habe das gleiche Zeichen, ich habe Schere.

Holger: Okay, jetzt weiß ich, dass es nicht Victory ist, sondern Ching, Chang, Chong, oder?

Matthias Trum: Schnick, Schnack, Schnuck.

Markus: Genau. Und ich habe leider das Papier. Das bedeutet, einer von euch darf bestimmen, was wir als nächstes Bier trinken.

Matthias Trum: Holger, bestimm doch du. Ich habe das erste bestimmt.

Holger: Wir bleiben beim Heinzlein und nehmen das Dunkle einfach.

Markus: Stimmt. Wir müssen ja noch über den Brauprozess sprechen. Da bin ich auch sehr gespannt.

Holger: Ich mach‘s mal auf.

Matthias Trum: Ich schenke jetzt auch grad mein Dunkles ein.

Markus: Yo! Und ich schau mal, was im Deckel ist. Wie kamt ihr denn auf die Idee, das da reinzumachen? Finde ich sehr witzig.

Matthias Trum: Wir waren beim Kronkorken-Lieferanten, um zu besprechen, wie wir die Farben zwischen Kronkorken und Etiketten abgleichen, dass das zusammenpasst. Und da hing so eine Riesenwand mit diversen Musterkronkorken und in einem war das drin. Die Gaffel in Köln war das, glaube ich. Die haben das vor Jahren schon mal gemacht und das fanden wir total klasse. Da haben wir gemeint, das machen wir auch. Also ich habe jetzt Stein.

Markus: Ah! Jetzt habe ich die Schere, schon wieder verloren.

Holger: Ich habe das Papier.

Matthias Trum: Genau. Dann haben wir jetzt reihum gewonnen sozusagen.

Markus: Genau. Das ist Deadlock-Syndrom sozusagen, was bei diesem Spiel aufkommen kann.

Matthias Trum: Beim Dunklen, sehr kohlensäurehaltig natürlich, also das haben wir bei beiden Heinzlein oder bei allen drei alkoholarmen Varianten, dass wir mit viel Kohlensäure arbeiten, einfach, um da eine Spritzigkeit und eine gewisse Vollmundigkeit reinzubringen. Das Dunkle hat eigentlich eine Farbe ähnlich zum Schlenkerla Märzen, ist auch mit 0,9 Alkohol, auch mit diesen 10 Kalorien auf 100 Milliliter. Wenn man riecht, hat man schon ganz kräftig diese Röstaromen, wie man das eben von einem dunklen Bier kennt. Erinnert so ein bisschen an Kaffee. Also ich könnte mir vorstellen, dass, bevor Kaffee populär wurde, das auch mit ein Grund war, warum man das beim Arbeiten gerne getrunken hat. Die Urform des Bamberger Kaffees, wenn man so will. Und wenn man es dann trinkt, machen wir noch mal, Prost! Zum Wohle!, dann merkt man also auch wieder diesen sehr leichten Charakter wie das Helle, aber eben ganz kräftig diese Röstaromen, schokoladig, kaffeeartig, ein bisschen in der Richtung. Manche interpretieren das auch so ein bisschen als Raucharoma, aber es sind eben wie auch beim Hellen keinerlei Raucheinflüsse da drin, sondern das sind eben diese Röstaromen, die beim Rösten des Malzes, also bei Trocknung mit hoher Temperatur des Malzes entsprechend passiert. Übrigens fürs Heinzlein, das Malz kaufen wir komplett zu. Also wir können ja bei uns nur Rauchmalz herstellen, das heißt, im Heinzlein haben wir ein ganz normales helles Malz im Einsatz und bei dem dunklen Heinzlein kommt halt noch ein bisschen Röstmalz mit dazu. Fast so ein bisschen englisches Aroma. Wenn ich so ein typisches Porter habe zum Beispiel oder ein Stout, dann habe ich auch diese Art von Röstaromen. Also ein bisschen anders als im klassischen Münchner Dunkel. Habt ihr da ein besonderes Röstmalz?

Matthias Trum: Nein, da haben wir eigentlich ein ganz normales. Aber ich glaube, die Analogie kommt daher, wenn du jetzt ein Münchner Dunkles oder so hast, dann bist du natürlich auch sehr kräftig malzaromatisch bei diesen 4,5, 5 %, oder wenn es gar ein Bock ist. Und die Porter-Biere, die waren ja traditionell auch immer mit relativ wenig Alkohol. Weil vom Namen her, Porter, Träger, das war ja das Bier, was die Träger in den Häfen oder überhaupt die Leute, die was rumtragen mussten, also Lagerarbeiter getrunken haben. Und traditionelle Porter, wenn ich mich nicht täusche, und da könnt ihr mich gerne korrigieren, liegen ja glaube ich irgendwie so bei 2,5 Prozent. Und wenn man dann sozusagen diesen geringeren Malzgehalt hat, dann kommen diese Röstaromen in der Art und Weise durch. Wobei, wenn ich mich nicht täusche, die Porter sind obergärig, oder?

Holger: Ja.

Markus: Ja.

Matthias Trum: Genau. Ein Heinzlein ist ganz klassisch untergärig, weil in Bamberg hier eben die untergärige Brauart vorherrschte.

Markus: Es würde mich jetzt wirklich brennend interessieren, weil du eben sagst, ein altes, historisches wiederentdecktes Brauverfahren, was da dahintersteckt?

Matthias Trum: Die genauen Details kann und will ich natürlich nicht preisgeben, weil da steckt einfach wahnsinnig viel Recherchearbeit drin und das will ich jetzt auch nicht, dass das einer dann einfach so nachmacht. Im Grundsatz ist das Heinzlein ein Nachbier. Also man hat früher in Bamberg die normalen Biere etwas stärker gebraut, deswegen hatte das Bamberger Bier schon damals einen sehr guten Ruf. Und damit man dann nicht zu viel Extrakt-Verlust hat, hat man eben noch ein Nachbier daraus bereitet. Es war dann im Prinzip so: Abends hat man das normale Bier getrunken und tagsüber beim Arbeiten hat man eben dieses Nachbier, das Heinzlein getrunken. Dieses Nachbier-Brauverfahren besteht aus einer besonderen Maische-Technik, aus einer besonderen Läuter-Technik und eben diesem hohen Hopfeneinsatz im eigentlichen Kochverfahren. Und das Spannende bei der ganzen Sache ist eigentlich das, sowas kannst du nur brauen, wenn du ein traditionelles Sudsystem hast. Also mit den modernen Sudgefäßen, die in irgendeiner Reihenschaltung arbeiten oder Infusions-Maisch-Verfahren arbeiten, da wirst du dir schwertun, das nach zu brauen. Wir arbeiten bei den Schlenkerla Bieren sowieso schon auf die traditionelle Maisch-Technik und mit einem traditionellen Kupfersudwerk, das hat mein Urgroßvater noch in den 30er Jahren gebaut. Und das machen wir natürlich auch entsprechend beim Heinzlein. Und dadurch, glaube ich, sind wir relativ nahe an diesem ursprünglichen Geschmack mit dran, natürlich mit dem Vorteil, dass wir heutzutage viel hygienischer arbeiten können, keine Fremdinfektionen im Bier haben und eine gute Haltbarkeit haben. Aber was jetzt den Malzcharakter und die Vollmundigkeit des Bieres angeht, sind wir, glaube ich, sehr nahe an dem alten Verfahren dran. Und insbesondere schmeckt’s, finde ich, vollmundiger und reichhaltiger, als wenn ich jetzt einfach nur ein dünnes Bier brauen würde, was ja auch manche versuchen. Und da muss man wirklich sagen: Hut ab! Also die alten Bamberger Brauer, die waren echt pfiffig, dass sie dieses Verfahren so entwickelt haben und auch den körperlich schwer arbeitenden Menschen, die tagsüber wegen Gesundheitsgefährdung, die ja kein normales Wasser trinken wollten, dass man denen da so ein schmackhaftes Getränk bereitet hat. Also ich bin immer wieder begeistert, wenn ich das trinke, und habe den größten Respekt vor meinen Vorfahren, aber auch vor den anderen Bamberger Brauern, die haben es ja damals alle gemacht, dass die dieses alte Verfahren so perfektioniert haben. Ganz kleine Anekdote vielleicht noch in dem Zusammenhang: Das Rezeptbuch, aus dem ich das habe oder was mit dazu beigetragen hat, ist ja vom Konrad Graser, das ist also die erste Generation aus meiner Familie, die hier im Schlenkerla, in der Heller-Bräu war. Ich bin ja die sechste Generation. Es gibt wohl irgendwo eine alte Aufzeichnung, dass, als gegen Ende des 19. Jahrhunderts dann die Bamberger Brauer aufgehört haben, das Heinzlein, das Nachbier herzustellen, weil eben dann andere Getränke einfacher verfügbar waren, sauber waren, eine bessere Trinkwasserversorgung wurde möglich, es gab eine Kanalisation, Kaffee wurde populär, und entsprechend ist dieses Nachbier dann aufs Abstellgleis gekommen. Aber der Konrad Graser war wirklich einer der letzten Brauer in Bamberg, die das noch gemacht haben. Also der hat das schon ganz bewusst damals hochgehalten. Und insofern freut es mich natürlich, dass ich sozusagen als Nachfahre jetzt die Gelegenheit habe, das den Bambergern wieder zurückzubringen. Und deswegen steht auf dem Bierdeckel ja auch „Willkommen zurück“. Also das ist keine Neuerfindung, das war nie mein Ding, sondern es ist wirklich eine Wiederentdeckung.

Markus: Wenn du jetzt sagst, Nachbier, es ist aber nicht so, dass ihr jetzt zum Beispiel vor allen Bamberger Brauereien rumfahrt und euch den Treber holt und das dann verwendet, um noch mal ein Bier zu brauen, oder?

Matthias Trum: Nein, nein. Das machen wir nicht.

Markus: Holger, wie schmeckt‘s dir denn?

Holger: Mir schmeckt es gut. Also mir schmeckt es auch noch besser als das Helle. Es ist schon auch erstaunlich, dass man auch mit so wenig Alkoholgehalt dann doch noch so viel Charakter auch transportieren kann. Wenn ich jetzt so drüber nachdenke und drüber spreche, hat mir eigentlich das Helle gut gefallen, weil es ein bisschen hopfiger war, ein bisschen bitterer. Vom ersten Eindruck her fand ich das Dunkle besser.

Matthias Trum: Hopfengehalt ist bei beiden im Prinzip ähnlich, wobei ja beim Hellen viel stärker durchkommt, weil bei dunklen Bieren ist es ja tendenziell so, dass das Röstmalz das so ein bisschen überdeckt.

Markus: Ich mag diese Röstaromen sehr, sehr gern und ich kann mir das wirklich gut vorstellen als Getränk, was man einfach einen Tag über so trinkt. Ja, mit den 0,9 % habe ich, glaube ich, auch keine Chance jemals betrunken zu werden. Und dementsprechend einfach ein schöner Begleiter und echt eine tolle Alternative, wenn man jetzt einfach nicht immer Leitungswasser trinken will. Also sehr, sehr schön. Sehr spannend und toll, dass ihr das aus der Taufe gehoben habt. Wie lange bist du da schon geistig damit schwanger gegangen?

Matthias Trum: Naja, knapp vier Jahre eigentlich. Also 2016 bin ich das erste Mal an so einem altdeutsch geschriebenen Magazin über das Thema gestolpert und dann eben später in den Familienunterlagen. Und wir haben natürlich mit der Rauchvariante, mit dem Schlenkerla Hansla begonnen, ist ja logisch. Markus, wie du es sagst, ich finde auch persönlich, ich mag tagsüber einfach nichts mit viel Alkohol trinken, weil du hast Termine, du musst irgendwelche Sachen erledigen, abends mit den Kindern noch eine Runde spielen, und wenn du da schon mit einem Alkoholkletterer ankommst, dann hast du einfach nichts vom Tag. Und für vorher sozusagen brauchst du da einfach ein anderes Getränk. Und ich persönlich, alles, was Säfte sind, ob Apfelsaft, Johannessaft, wie auch immer, finde ich absolut fürchterlich. Also ich ernähre mich getränkeseitig im Wesentlichen bisher von Wasser, heißer Schokolade und eben normalem Bier. Und jetzt mit dem Heinzlein ist da echt eine Ergänzung da, die den Tag erhält, sag ich mal, für mich ganz persönlich.

I: Also die heiße Schokolade muss ich noch ergänzen in meinem Plan, das ist natürlich eine sehr leckere Idee. Holger, ich habe eine Theorie. Vielleicht ist es ja so, wenn der Matthias sagt, dass das Bier ja in seinem Sudhaus hergestellt wird, aber eigentlich ja nichts mit rauchigen Zutaten drin ist, aber vielleicht ist es ja so, dass dieses Brauwasser trotzdem so ein bisschen was von den Informationen mitnimmt, wenn da vorher eben Rauchmalz drin war und dann das vielleicht mit mir so ein bisschen korrespondiert und ich vielleicht deswegen so diesen leichten Rauchhinweis bekomme. Könnte das sein?

Holger: Ich glaube, wir brauchen da den CCC. Der könnte das sozusagen wahrscheinlich aus der Psychologie heraus, aus der Psychologie der Sensorik heraus beantworten. Das spielt, glaube ich, eher eine Rolle als das, was du jetzt gesagt hast.

Markus: Also gut. Keine Homöopathie im Bier. Apropos, der Matthias hat ja grad vom Hansla erzählt, und das war ja das erste Bier, das so ein bisschen auf diese Kerbe auch mit weniger Alkohol eingeschlagen hat und was mir auch im letzten Jahr vor allem viel Spaß bereitet hat, wenn ich eben oft mittags im Schlenkerla war und aber dann noch Termine hatte. Das sollten wir vielleicht jetzt auch probieren, oder?

Matthias Trum: Genau. Machen wir doch mit dem weiter.

Holger: Wunderbar. Zwischendrin, Matthias, noch mal eine Frage, also die Zeit ist auf jeden Fall viel zu kurz für all das, was mir durch den Kopf geht: Wie transportiert du das an die Kunden? Wie vermittelst du das?

Matthias Trum: Ja gut, also auf der Webseite und in Flyern und so weiter hat man natürlich diese ganze Story dahinter, was eben das Besondere am Brauverfahren ist und wo die Hintergründe sind und warum man das früher getrunken hat. Also alles, was wir schon besprochen haben. Wir haben uns dann noch so einen kleinen Gag einfallen lassen. Auf der Internetseite ist das und auch auf den Tischaustellern, die wir dann haben, im Craftbier-Bereich arbeitet man ja gerne mit so Skalen, was Hopfigkeit und Bittere und so weiter oder Vollmundigkeit angeht, dass man da irgendwie von 1 bis 10 irgendwie die Punkte vergibt. Wir haben bei dem Heinzlein, und das bringt‘s eigentlich wirklich auf den Punkt, eine Skala für Heimatgefühl mit dazu genommen. Und die ist natürlich auf 10. Ein traditionelles Bamberger Rezept, das in dieser Form nur so hier gebraut wurde und eben ganz eng verwurzelt ist mit der Bamberger Geschichte und heute eben den Bambergern, jung, ob alt, in dem entsprechenden Trinkumfeld sozusagen den optimalen Geschmack und niedrigen Alkoholgehalt bietet. Was kann patriotischer sein als sowas?

Markus: Jetzt machen wir es auf. Ich denke, das ist ja überhaupt so ein bisschen das, was Schlenkerla als Marke ausmacht, dass es ja unheimlich verbunden ist mit der Stadt, mit der Stadtgeschichte, mit Franken, mit Kultur, mit der Bierkultur, also viel mehr als jede andere Brauerei von Bamberg, die jetzt, in Anführungsstrichen, „normale“ Biere herstellt. Das war wahrscheinlich gleichzeitig Herausforderung, aber auch ein bisschen Last, oder? Weil man ja dann auch nicht so leicht rauskommt aus diesem regionalen Markt.

Matthias Trum: Ja. Also ich meine, wir können nicht wie jetzt eine Craft-Brauerei da wild mit Experimenten loslegen und weiß ich, irgendwelche Geschmacksrichtungen durchexperimentieren. Oder gar internationale Bierstile, es gibt ja ganz viele deutsche Brauereien, die jetzt ein Pale Ale oder was auch immer machen. Ich will nichts über die Qualität gesagt haben, das sind ganz, ganz tolle Biere, aber zu einem historischen Haus wie Schlenkerla würde das letztendlich nicht passen. Ich habe ja schon in meiner Schlenkerla-Zeit angefangen, das eine oder andere Bier neu einzuführen, da werden wir ja nachher mit dem Fastenbier und Eiche noch zwei anschauen, aber irgendwo hat man natürlich immer auch so ein bisschen auf den Tellerrand geschielt, was gibt’s denn noch für Möglichkeiten und in welche Richtung könnte man sich denn entwickeln? Und nachdem mein Steckenpferd eben die Bierhistorie war, war für mich klar, wenn wir was „Neues“ machen, in Anführungszeichen, dann muss das einen historischen Kontext haben, der auch irgendwo zur Familiengeschichte passt. Insofern war das Heinzlein da wirklich ein Glückstreffer. Die ersten Quellen, die ich gefunden habe, waren in ganz normalen Bierbüchern hier aus der Region, aber als dann eben auch noch die familiären Bezüge klarwurden mit dem Konrad Graser, der eben einer der letzten Heinzlein-Brauer war und seinen Rezeptbüchern und so, dann passt das eigentlich alles super zusammen. Und da braucht man dann auch gar nicht groß über Marketing oder sonst wie überlegen, sondern das hat sich einfach so ergeben. Und alles, was sich daraus jetzt entwickelt hat von Webseite über Etiketten und so weiter und so fort, war eigentlich aus der Natur heraus geboren eine direkte Entwicklung, ohne dass man jetzt, weil wir es vorhin ja davon hatten, wie bei Industriebrauereien jetzt erst mal von der Zielgruppe überlegt und wie baue ich das auf und welchen Alkoholgehalt mache ich und so weiter und so fort, und braut dann das Bier hinterher, um das dem Markt anzupassen. In unserem Fall war es tatsächlich durch Zufall wirklich so, dass dieses historische Bier, so wie es gewesen ist, perfekt in diesen alkoholarmen, alkoholfreien Markt hineinpasst.

Markus: Jetzt haben wir dieses wunderschöne Hansla im Glas. Auf jeden Fall habe ich jetzt nicht diese Hefe in der Flasche, wie ich das vorhin hatte, oder?

Matthias Trum: Die Hefe ist im Grundsatz auch mit drin, wobei da kommt‘s natürlich immer aufs Einschenken drauf an, wie lang war die Flasche schon gestanden, wie viel hat sich unten abgesetzt. Wenn man es ganz perfekt machen will, kann man es natürlich in einem Zug einschenken wie beim Weizen und am Schluss die Hefe noch mit aufschütten, wobei das gar nicht sein muss. Ich persönlich trinke tatsächlich alle drei am liebsten aus der Flasche direkt, finde ich so ein richtig typisches Flaschentrinkbier. Beim Hansla, also beim Schlenkerla Hansla, man muss ja immer Schlenkerla dazusagen, dass einem klar ist, dass es hier um Rauchbier geht, sind die Röstaromen im Prinzip nicht vorhanden, es ist nur ganz, ganz minimal eben von den hohen Trocknungstemperaturen des Rauchmalzes auf unserer eigenen Darre. Auch die Hopfennoten sind ein bisschen schwächer als jetzt beim hellen Heinzlein zum Beispiel, aber dafür hat man eben diesen ganz charakteristischen Schlenkerla Rauchgeschmack nicht so kräftig wie im klassischen Rauchbier Märzen. Klar, weil der Malzanteil ist natürlich nicht so hoch, aber trotzdem sehr deutlich wahrnehmbar. Das Hansla ist minimal höher im Alkohol als das Heinzlein, also das Heinzlein liegt ja bei 0,9, das Hansla liegt so um die 1,1, macht aber jetzt vom Trinkgefühl oder von dem, was im Kopf passiert, keinen relevanten Unterschied. Für Rauchbier-Liebhaber das perfekte Tagsüber-Bier. Oder wenn es draußen heiß ist, als wir das letztes Jahr nur für die Gaststätte in der Flasche eingeführt haben noch ohne Etiketten, war das auf Anhieb mein Lieblingsbier, wenn ich am Tag in der Gaststätte, wie du auch Markus, gesessen bin und mit irgendjemand mich unterhalten habe, Bürotermin oder what ever, dann war das echt immer das ideale Bier. Jetzt seit Januar heuer gibt’s das eben auch in der Flasche zum Mitnehmen. Gleiches Brauverfahren, muss man grundsätzlich sagen, also das Hansla und das Heinzlein unterscheidet sich in der Richtung nicht. Also auch wieder besondere Maische-Technik, besondere Läuter-Technik, aber eben das Ganze mit 100 % Rauchmalz, so wie es eben bei allen Schlenkerla Bieren ist, und entsprechend rauchig kommt das Hansla dann auch daher.

Markus: Ja, Holger, bist du zufrieden?

Holger: Ich bin total zufrieden, weil das kannte ich ja schon und habe es auch schon oft getrunken. Und auch in der Gaststätte habe ich es schon getrunken, da war gar kein Etikett drauf, also das war einfach nur eine braune Flasche. So wie du es vorhin schon gesagt hast, das ist dann einfach super. Also wenn man dann Mittagessen geht und du hast ja Recht, ich dränge dann immer ins Schlenkerla, und da dann so ein schönes Hansla und dann wieder weitermachen, ist eben großartig. Und so geht’s mir jetzt grad auch wieder. Also prima ist das.

Markus: Sehr, sehr spannende Geschichte drum rum. Wie war das denn bei der Einführung? Also ich kann mich noch erinnern, ich glaube, das warst gar nicht du, sondern euer Braumeister, der mir zuallererst davon erzählt hat. Und da habe ich schon so ein bisschen rausgehört, dass eine gewisse Skepsis da war: Kann man sowas überhaupt machen? Will dass irgendjemand? Verstehen das die Leute überhaupt? Kann man 1,2 % Alkohol irgendwie kommunizieren? Und als ich dann das nächste Mal mit jemandem von der Brauerei zusammen war, hieß es: Es ist unglaublich. Die Leute reißen uns das quasi aus den Händen, wir kommen gar nicht hinterher. Wie war das bei der Einführung für dich? Hattest du das erwartet? Und wie läuft’s seitdem?

Matthias Trum: Mein Braumeister, der Herr Hanreich, war da immer dahintergestanden, er fand das klasse, weil er selber ja auch tagsüber sagt, wenn er noch arbeiten muss, ist ein normales dann doch irgendwo zu heftig. Aber bei den Brauern war durchaus ein gewisses Ressentiment am Anfang da: Das ist doch kein richtiges Bier.

Markus: Ja, es war nicht der Michael.

Matthias Trum: Ja genau. Also bei den Brauern war da schon eine gewisse Zurückhaltung, auch beim Personal und in der Gaststätte, die Bedienungen und so. Der Stammtisch sowieso, beim Stammtisch ist ja sowieso alles Neue immer erst mal kritisch beäugt. Also das war dann schon ein Thema. Es ist dann aber wirklich sehr gut bei den Leuten unten angekommen. Dass wir jetzt nicht nachgekommen wären, das kann man jetzt nicht sagen, weil es doch im Vergleich zum normalen Märzen natürlich jetzt nicht diese Mengen erreicht, aber in der Gaststätte, ohne dass wir da jetzt Werbung gemacht hätten oder irgendwie mit Tischaufstellung oder sonst was gearbeitet hätten, wir hatten es ja nur in der Speisekarte drinstehen, waren das wirklich schon ganz ordentliche Mengen. Und insbesondere tatsächlich auch mehr als das Weizen, grad im Sommer. Und das hat uns dann schon so ein bisschen positiv überrascht. Also damit hatte ich ehrlich gesagt nicht gerechnet. Für mich war das in der Gaststätte im ersten Schritt immer die Ergänzung für die, die gesagt haben, Mensch, ich muss heute noch Auto fahren oder ich habe noch eine Stadtführung, ich will ein Wasser oder eine Apfelschorle. Auch wenn das verdienstmäßig natürlich in Ordnung ist, wenn man sowas in der Gaststätte verkauft, dann tut einem Brauerherz dann doch weh, wenn man so jemand nicht mit einem Bier beglücken kann. Und da, denke ich, haben wir die Lücke jetzt ganz gut geschlossen. Dadurch, dass die Familie jetzt auch komplett ist mit den Nichtrauchigen, also was heißt komplett, aber zumindest erweitert mit den Nichtrauchigen, dem dunklen Heinzlein und dem hellen, denke ich, ist da wirklich eine Bandbreite da, wo jeder für sich zu Hause auch was finden kann. Vielleicht noch ergänzend die Info, das helle und das dunkle Heinzlein werden wir in der Gaststätte natürlich nicht ausschenken. Also die Schlenkerla Gaststätte ist ja ganz traditionell immer auf Rauchbier eingetaktet, auch das Helle gibt’s ja unten nicht im Ausschank. Und das werden wir da weiterhin so handhaben. Aber ich denke, wir werden es wahrscheinlich zum Mitnehmen im Souvenir-Shop unten im Verkaufsraum mit anbieten. Aber da sind die letzten Worte noch nicht gesprochen. Müssen wir mal schauen, wie die Entwicklung jetzt weiter da geht.

Markus: Das fand ich übrigens schon immer unglaublich, wie konsequent ihr das durchzieht. Holger, das wäre doch in München undenkbar, dass eine Brauerei so eine interessante, spannende Palette hat und dann aber bewusst sagt, nein, in der Wirtschaft schenke ich nur das und das aus, weil das einfach unser Kern ist?

Holger: Ach, ich weiß nicht, also ich glaube schon, dass das hier in München, also ich meine, es gibt ja viele Traditionshäuser, und die Vielfalt, die ist da und die ist nicht da. Also ich gebe euch ein Beispiel. Augustiner hat ja für mich ein ganz, ganz, ganz tolles, hervorragendes Pils, aber man muss wirklich sich Mühe geben, um es irgendwo zu bekommen. Und selbst in den Stammhäusern, wenn man dann ein Augustiner Pils bestellt, dann guckt dich die Bedienung erst mal an und du siehst so richtig, was da triggert, so nach dem Motto: Wo hat noch mal dieses eklige Pils-Glas gestanden? Mensch, ey, jetzt will der wirklich ein Pils haben. Also das bedeutet, eigentlich ist das hier auch schon so, dass man so eine absolute traditionelle Linie verfolgt, aber eine Vielfalt eben auch ein bisschen da ist. Und ich weiß auch gar nicht, ich weiß gar nicht, wie ich das finde, dass es da jetzt einfach nur Rauchbier gibt. Ich weiß gar nicht. Also ich habe das ja gerade total gelobt, dass ich das toll finde, dass man da auch so ein modernes Bier präsentiert und so, und ich könnte mir jetzt also Frauen vorstellen, die da jetzt rein müssen in diesen Tempel und das eigentlich freiwillig gar nicht machen würden und so, und für die wäre das doch was. Also so denke ich da eigentlich drüber.

Markus: Ja, Matthias, wie ist es, können diese Frauen, von denen der Holger spricht, hoffen?

Matthias Trum: Dass wir mal was anderes als Rauchbier verkaufen?

Markus: Mhm (bejahend).

Matthias Trum: Nein.

Markus: Nein.

Matthias Trum: Die Hoffnung würde ich aufgeben. Nein, also sehe ich eigentlich nicht zielführend für uns, weil ich finde im Gegenteil heute eigentlich das Problem in vielen Gaststätten, jeder versucht alles anzubieten, und am Schluss leidet dann die Qualität drunter. Und ich weiß auch nicht, warum der Konsument das erwartet. Mein Standardbeispiel ist immer das: Wenn du in eine Eisdiele gehst, dann bestellst du ja auch keinen Haxen. Das erwartet auch keiner dort, weil es halt eine Eisdiele ist. Und wir sind eine Rauchbierbrauerei, also Schlenkerla ist eine Rauchbierbrauerei. Die Hella-Bräu ist vielseitiger, das wissen wir jetzt mit dem Heinzlein, aber das Schlenkerla ist eine Rauchbierbrauerei. Und Schlenkerla = Rauch. Deswegen ist das einfach die ganz klare Schiene. Was erschwerend hinzu kommt, ist, dass wir in der Gaststätte schlicht und ergreifend Kapazitätsprobleme haben. Also auf den Fassbock passen halt einfach nur zwei verschiedene Fässer und das ist halt dann das klassische Rauchbier plus ein saisonales. Wir können an den Theken nicht noch irgendwelche Bierleitungen unterbringen, also finde ich sowieso suboptimal für traditionelle Biere, Kühlschränke, ist alles beschränkt. Also in der Richtung sind wir da einfach limitiert. Und im Verkaufsraum drin, klar, da könntest du ja auch ein paar mehr verschiedene Flaschen mit anbieten, aber letzten Endes, da wird‘s dann einfach schwierig. Also verschiedene Gläser, die du in die Regale nicht unterbringst, für die Bedienung ist es natürlich dann auch ein Heckmeck, wenn du zehn verschiedene Biere auf dem Tablett hast statt zehnmal eins. Und ich denke, man verliert da einfach die klare Linie und keiner hat am Schluss was davon. Ich sag immer, in der Altstadt gibt’s so viele Gaststätten, wer jetzt nicht in den, ihr habt’s vorhin so genannt, Rauchbiertempel rein will, dann ist das ja vollkommen in Ordnung, da gibt’s ja genug Alternativen, wo es dann auch ein Schlenkerla gibt, entweder aus der Flasche oder aus dem Keg-Fass und wo man dann was anderes dazu trinken kann.

Markus: Wobei du da jetzt was ganz Wichtiges angesprochen hast, und ich glaube, das steckt vielleicht auch ein bisschen dahinter. Ihr seid ja in der glücklichen Lage, dass ihr in der Gastwirtschaft einfach auch noch klassisch bayerisch ausschenken könnt. Das heißt also, das Bier kommt in ein Holzfass und das Holzfass kommt dann runter in die Gaststätte und in der Gaststätte wird es dann vom Schenker persönlich abgeholt aus dem Kühlhaus und dann auf den Bock gehoben und angestochen, angezapft, und dann wird dieses Fass geleert. Mehr oder weniger in einem Zug, also mit kurzen Unterbrechungen vielleicht. Aber das bedeutet, dieses Fass wird nicht gekühlt, da ist keine Kohlensäure drin oder sonst irgendwas, sondern dieses Bier kommt wirklich so, wie es aus dem Lagertank kommt, eigentlich direkt ins Glas. Und das ist was, was es relativ selten gibt und was natürlich nur funktioniert, wenn auch entsprechend viel von dem Bier durchgeht, weil es ja sonst schlicht und einfach warm wird. Und ich glaube, auch deswegen ist es wichtig, gar nicht zu viele verschiedene Sorten zu haben, weil man sonst diese schöne Tradition gar nicht mehr leben könnte.

Matthias Trum: Das stimmt voll und ganz. Also das kannst du nicht mit so vielen Sorten machen. Das ist teilweise im Sommer mit den saisonalen Bieren schon schwierig, wenn du dann zwei Schenken und vier Fässer, und da muss man schon immer ein bisschen jonglieren. Und häufig machen wir es dann so, dass wir an einer Schenke holen. Was wir tatsächlich heuer jetzt vorbereitet haben, wir müssen jetzt mal mit der ganzen aktuellen Situation gucken, wie wir das in Betrieb nehmen können, das Weizen und das Hansla, das kann man ja nicht bayerisch ausschenken, weil es zu viel CO2 hat. Also wenn du das in ein Holzfass gibst und das anstichst, dann kommt dir der Hahn gleich um die Ohren gesaust, egal wie gut du das machst, und das würde wie blöd schäumen beim Einschenken. Also das funktioniert nicht. Deswegen haben wir das bisher aus der Flasche ausgeschenkt. Wir wollen da jetzt aber eigentlich umstellen, dass es auch aus dem Fass kommt, und dafür haben wir tatsächlich eine Schankanlage installiert, nicht im alten Lokal, weil da geht’s eben vom Platz nicht, sondern drüben in der Klause an der großen Schenke beziehungsweise die vom alten Lokal werden sich das dann im Verkaufsraum holen, da gibt’s auch eine kleine Verkaufsstelle, wo dann auch für ein Steh-Seidla man sich das dort holen könnte, wenn man denn wollte. Also da werden wir jetzt irgendwann in nächster Zeit, wenn die ganze Situation sich hier mal ein bisschen bereinigt hat, entsprechend auch umstellen, dass wir da vom reinen Flaschenausschank wegkönnen. Aber das traditionelle Schlenkerla, das Rauchbier, die (unv. #00:33:51.9# Preußeneiche?), Fastenbier, was auch immer, das kommt, also solange ich was zu sagen habe, immer aus einem Holzfass. Alles andere kann ich mir nicht vorstellen.

Markus: Klare Ansage. Holger, kennst du das auch, den bayerischen Anstich aus den Münchner Läden?

Holger: Ja, absolut. Nicht nur aus den Münchner Läden, auch zum Beispiel im Uerigen in Düsseldorf ist das ja auch gang und gäbe, dass man sowas macht. Ich finde das super und Bier ist ein Frischeprodukt, und eines der größten Probleme meines Erachtens zum Thema Bierqualität ist eigentlich die Schankanlage in den gastronomischen Betrieben. Also da auch vielerlei Themen, also Hygiene und Reinigung und Einstellungen und so weiter. Und das wird damit ja mehr oder weniger absorbiert. Und deshalb, ich bin da ein großer Freund davon. Trotzdem ist natürlich die Schankanlage, hat seine Berechtigung, wenn man dann vier oder fünf Produkte frisch gezapft hat. Und die Gastronomen, die eben auf eine gute Qualität an der Schank auch wertlegen, die merken das auch, meines Erachtens, am Umsatz. Und ich frag mich schon immer, warum die Brauereien da nicht mehr Wert darauf legen, dass die Gastronomen darauf Wert legen?

Matthias Trum: Viele Brauereien machen das, das ist halt immer die Frage: Kannst du dir das personell in irgendeiner Form leisten und stemmen? Also Augustiner ist ja bekannt dafür, dass die da sehr, sehr rigide sind und ihre eigenen Leute rausschicken und dem wird dann auch gern mal die Konzession entziehen, wenn er das nicht im Griff hat, aber eine kleine fränkische Brauerei, wo der Inhaber gleichzeitig der Braumeister, Hausmeister wird und was weiß ich, was alles ist, wenn der jetzt auch noch 20 Gaststätten kontrollieren soll, dann wird’s dann irgendwo schwierig.

Markus: Apropos, ich glaube, wir brauchen noch ein neues Bierchen. Was trinken wir denn als nächstes?

Matthias Trum: Machen wir doch mit dem Fastenbier weiter, oder?

Markus: Okay. An dieser Stelle muss ich ja was gestehen oder genauer gesagt ein kleines Geheimnis erzählen. Weil du hattest uns die Biere ja quasi zur Verfügung gestellt oder bereitgestellt, dass wir sie abholen können zum Verkosten. Und der Holger hat das dann auch getan, und irgendwie habe ich mich da ein bisschen falsch ausgedrückt oder er hat es bewusst falsch verstanden. Jedenfalls hat er schlicht und einfach alle Biere mitgenommen, sprich, die Verkostungsbiere sind jetzt grundsätzlich gesehen alle bei ihm in München. Insofern Glückwunsch, Holger, an dieser Stelle, dass du da ein gutes Sortiment hast. Und ich habe dann schnell ergänzt aus meinem eigenen Vorrat, ich habe ja fast alle da, und beim Fastenbier ist es aber so, das schaut ein bisschen anders aus als euer Fastenbier, nämlich da ist oben drauf noch so eine glänzende Kappe, die so ein bisschen rot-gold strahlt. Und das ist ja auch eine besondere Thematik. Also wir können ja erst mal verkosten, bin ich mal gespannt, ob es einen Unterschied gibt zwischen meinem und eurem. Und dann können wir da vielleicht auch ein bisschen drüber reden, was da dahintersteckt. Ist das eigentlich inhaltlich ein Widerspruch, Fasten, Bier?

Holger: Fast ein Bier, ja, wenn man es so sieht, ja.

Markus: Also das meinte ich jetzt gar nicht, könnte man natürlich auch denken, aber ich denke so, Fasten heißt ja eigentlich quasi kalorienreduziert zu leben, und das Fastenbier hat ja normalerweise schon auch ein bisschen Inhalt. Oder es geht einfach nur um die christliche Tradition, oder?

Matthias Trum: Ja, aus heutiger Sicht reduziert man sich natürlich in der Fastenzeit, also Alkohol oder Kohlenhydrate oder generell Kalorien, was auch immer. Historisch gesehen war das ja was anderes. Dieses Fasten war ja Teil dieser religiösen Erfahrungen, wie das die Muslime heute im Ramadan ja auch noch machen. Da gab‘s einfach die ganz klare Ansage, tagsüber keine festen Nahrungsmittel. Und kein Alkohol, hat bestimmt kein Mensch gesagt, weil ähnlich wie wir es beim Heinzlein vorhin hatten, du hast tagsüber ja immer in irgendeiner Form alkoholische Produkte zu dir genommen, weil Wasser ja immer keimbelastet gewesen ist, also zumindest potenziell. Deswegen haben die Mönche dann, damit sie eben nicht so viel Hunger haben tagsüber und der Magen nicht so leer ist, haben die halt ein nahrhafteres Bier gebraut. Nahrhafter vor allem im Vergleich zu den damals normalen Bieren. Da spielt auch diese Sache mit rein, die ich vorhin gesagt habe, dass die Biere damals sozusagen bei gleichem Malzgehalt mit etwas weniger Alkohol herausgekommen sind, weil eben die Ausbeute nicht so hoch war. Aus heutiger Sicht ist ein Fastenbier ein Bockbier, da spielt das Wettbewerbsrecht und so überall ein bisschen mit rein. Wir haben es aber bewusst an der unteren Grenze, also unser Fastenbier hat 5,9 % Alkohol bei 16 % Stammwürze. Ist entsprechend unfiltriert, also sehr vollmundig und nahrhaft im Geschmack. Also sozusagen die flüssige Brotzeit. Und das geht eben nach diesem alten lateinischen Sprichwort „Liquida non frangunt ieunum“, also das Flüssige bricht das Fasten nicht. Jetzt würde ich sagen, jetzt trinken wir mal, bevor wir zu viel reden. Wenn man vom Hansla kommt, ist das schon ein großer Schritt.

Markus: Allerdings. Holger, kanntest du das schon?

Holger: Ich kannte das schon. Ja. Aber ich muss ja auch wirklich sagen, ich bin schon immer auch ein Rauchbierfreund gewesen, also ich mag das sehr und habe dann auch immer vieles ausprobiert. Und auch in den Verkostungen ist natürlich oft dann auch ein Schlenkerla mit dabei. Dann gehe ich da ganz gern noch mal auf Biere, die eben nicht so alltäglich sind. Weil viele, die dann Schlenkerla kennen, die kennen halt das Märzen und eben die anderen spezielleren Biere eher nicht. Und dann baue ich die dann immer ein. Und das polarisiert ja total, also da gibt’s dann ja die absoluten Fans, also zum Beispiel wie ich, und dann gibt’s eben andere, die das ganz furchtbar finden, also total furchtbar. Und da kann man dann ja auch wieder historisch darüber reden: Wie war das eigentlich früher? Wie ist gedarrt worden? Wo kommt eigentlich diese Rauchnote her und so? Also für mich sind halt Schlenkerla Biere oder auch Rauchbiere im Allgemeinen, aber bei Schlenkerla ist das eben dann auch ein bisschen kerniger noch als bei anderen Brauereien, die eben auch Rauchbiere machen, das ist total dankbar. Weil ich habe dann viel zu sprechen, viel zu erzählen, viel Storytelling. Und letzten Endes ist es dann halt so, da gibt’s dann welche, denen schmeckt das und wiederum anderen schmeckt‘s halt nicht. Das ist dann einfach so.

Markus: Vielleicht müssen wir an der Stelle mal kurz für die Hörer, als das könntest du, Matthias, ja selber einfach mal kurz machen, erklären, was hinter diesem Rauchbier beziehungsweise Rauchmalz steckt, damit wir mal mit den ganzen Mythen aufräumen an der Stelle.

Matthias Trum: Das Besondere beim Rauchbier ist nicht das Brauverfahren, sondern das Mälzungsverfahren. Also schon während des Mälzens, wenn das Grünmalz getrocknet wird, bekommt das diese rauchige Note. Und zwar läuft das bei uns in der Form ab, dass die Trocknung des Malzes über einem offenen Feuer, in der Regel einem Buchenholz-Feuer, passiert und der Rauch sich dem Malz dabei gleichmäßig mitteilt und das Malz damit zum Rauchmalz macht. Der historische Hintergrund ist der, dass Malz immer schon getrocknet werden musste, also zumindest, wenn man ein gutes Bier haben wollte. Es gab auch luftgetrocknete Malze, die aber aromatisch eben nicht so gut waren. Es gab dann noch bei der Gärung Probleme bei den luftgetrockneten Malzen. Also man hat immer geschaut, dass man das Malz irgendwie trocknet. Und in unseren Breitengraden, wo also das Klima dann tendenziell doch eher feucht oder zumindest nicht langfristig stabil und warm wie jetzt im Nahen Osten ist, musste man zwangsläufig über einem offenen Feuer trocknen. Dabei war es unvermeidbar, dass der Rauch sich dem Malz immer mitgeteilt hat. Man kann wirklich sagen, dass die ursprünglichen Biere früher in unseren Breitengraden alle dieses rauchige Aroma hatten. Das war über Jahrtausende so, bis im 17. Jahrhundert in England das heute gängige Verfahren für Mälzungstechnik erfunden wurde, wo man den Rauch vorher aus der Luft herausfiltert, bevor man mit dieser Heißluft des Malz trocknet. Also das erste Patent wurde 1635 von einem Sir Nicholas Halse darauf erteilt oder beziehungsweise er bekam es vom englischen König erteilt. Hintergrund war, dass man nicht mehr genug hochqualitatives Holz hatte, um eben ein gutes Mainz herstellen zu können, das Holz auch einfach sehr teuer war. England musste damals sehr viel Holz den Holländern zukaufen, die das wiederum aus Osteuropa, also aus den baltischen Regionen, mit den Schiffen rüber transportierten. Und da ging’s schlicht und ergreifend drum Geld zu sparen. Mit der neuen Technik, die Sir Nicholas Halse entwickelt hatte, konnte man jegliche Art von Brennstoff nehmen, also irgendwelche Abfallhölzer oder auch Reisig oder was auch immer man finden konnte, und damit war es dann natürlich wesentlich kostengünstiger das Malz herzustellen. Und außerdem reduzierte man das Brandrisiko in der Mälzerei. War auch nicht unwichtig. Und weil diese Technik eben so viel kostengünstiger war, hat sie sich in England relativ schnell durchgesetzt binnen 100, 150 Jahren. Und da wurden dann auch weitere Verbesserungen entwickelt. Und ab 1800 ungefähr hat diese Technik dann auch ihre Reise auf den Kontinent nach Europa angetreten, also genauso wie die Dampfmaschinen und so. Diese ganzen Industrialisierungsentwicklungen sind ja so mit 100, 150 Jahre Verzögerung von England nach Westeuropa gewandert. Und um 1800 rum waren dann die Münchner Brauereien die ersten, der Georg Sedlmayr der Ältere von der Spatenbrauerei, der eine Nichtrauch-Darre baute. Und weil dieses Verfahren eben so viel kostengünstiger war und aufgrund des niedrigeren Feuerrisikos von den Behörden auch gefördert wurde, sind die Rauchdarren relativ schnell in Deutschland auch verschwunden. In Bamberg war es so, noch um 1800 rum hatten im Prinzip alle Brauereien eine Rauchdarre. Schon Mitte des 19. Jahrhunderts hatten die Hälfte umgestellt. Und Ende des 19. Jahrhunderts waren gar mehr nur vier Brauereien übrig, die das alte Verfahren beibehielten. Das war die Heller-Bräu, also Schlenkerla, und das war die Brauerei Spezial, die das heute auch noch so macht. Und dann gab‘s noch die Brauerei Greifenklau. Die hat damals tatsächlich auch noch selber ein Rauchmalz hergestellt, das ging noch bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Und die Brauerei (unv. #00:42:25.3# Pollaber?), die im Zweiten Weltkrieg geschlossen hat. Und das Besondere ist eben, dass dieses Verfahren von Schlenkerla und auch von Spezial in dieser alten Art und Weise bis heute durchgängig beibehalten wurde. Und mit dieser Craft-Beer-Entwicklung der letzten 30 Jahre, wo also wieder ein Trend hin zu mehr Vielfalt im Biergeschmack und mehr Handwerklichkeit dabei ist, sind eben Brauereien auf die Idee gekommen, auch wieder Rauchbiere zu machen. Die haben dann zunächst bei uns, und ich bin sicher, auch beim Kollegen Merz von der Brauerei Spezial angefragt, ob sie da Rauchmalz kaufen können. Da sind wir beide sehr zurückhaltend, also unsere Rauchmalze verwenden wir nur für unsere eigenen Biere. Wir verkaufen das nicht. Wo Nachfrage, da wird auch irgendwann Angebot kommen. Die großen Handelsmälzereien, die es heute gibt, sind dann auf diesen Zug aufgesprungen und bieten eben inzwischen auch Rauchmalze an, die industriell gefertigt und dann in irgendeiner Form raucharomatisiert werden. Also Steinbach in Erlangen macht das, Durst-Malz macht das, Weyermann macht das, im Ausland gibt’s auch größere. Also da hat sich einfach jetzt ein Markt ergeben, wo man zweierlei Arten von Rauchmalz draußen hat. Man hat die traditionellen Rauchmalze beim Spezial und bei uns, und man hat die modernen industriell gefertigten Rauchmalze, die eben alle anderen, vor allem auch die ganzen Craft-Brauer einsetzen. In den USA gibt’s ein oder zwei Neugründungen, Garagen-Mälzer nenne ich es mal, die sozusagen auch wieder angefangen haben in der Richtung ein bisschen was zu machen, die dann auch mit verschiedenen Hölzern experimentieren. Also da passiert relativ viel. Die USA sind ja wahnsinnig innovativ in allen Bereichen, die sind auch durch Regeln und Vorschriften vielleicht nicht so eingehegt, wie das in Deutschland in der Lebensmittelproduktion ist. Da gibt’s inzwischen ja auch wieder einige, die das nach einem traditionellen Verfahren letzten Endes machen, indem sie tatsächlich über dem offenen Feuer trocknen. Aber eben Neugründungen, Neuerfindungen, nicht das historisch Durchgängige wie bei Schlenkerla und Spezial.

Markus: Mir ist das letztes Jahr auch in Chile aufgefallen, da waren wir beim ganz kleinen Brauer irgendwo im Nirgendwo, und der hatte sich dann extra eine kleine Räucherkammer gekauft, die normalerweise für Fisch verwendet wird, und nimmt da immer sein Malz, tut‘s da rein, hat mir das auch gezeigt, und macht dann praktisch sein Rauchmalz für sein Rauchbier. Und wenn man sich dann mit Leuten unterhält, dann heißt es immer, dass es einen Unterschied macht, also ob man jetzt ein Malz hat, was wirklich vom Produktionsprozess her getrocknet wird im Rauch, und den Malzen, die eigentlich fertig sind und dann in eine Räucherkammer kommen und quasi außen so eine Rauchschicht dran bekommen. Also dass durchaus der Geschmack der Biere anders ist und dass der Geschmack des Rauches anders ist, und dass man da durchaus auch rausschmeckt eben, wo ist ein richtiges Rauchmalz drin und wo ist eher so ein aromatisiertes Malz drin. Kannst du das nachvollziehen? Macht ihr Versuche mit sowas?

Matthias Trum: Versuche machen wir in der Richtung nicht. Ich meine, wir haben einfach das ganz klassische Verfahren, wir experimentieren ein bisschen mit unterschiedlichen Hölzern, da kommen wir ja nachher bei der Eiche auch noch drauf. Aber dass wir jetzt ein fertiges Malz zukaufen und das dann bei uns in die Darre reinstellen oder reinlegen, um das noch mal nach zu räuchern, das haben wir jetzt noch nicht experimentiert. Von der Logik oder von dem chemisch physikalischen Hintergrund ist es ja zwangsläufig so. Weil wenn ich jetzt das Grünmalz auf die Darre bringe, dann sind wir bei einem Feuchtigkeitsgehalt irgendwo 40, 45 %, das Korn ist entsprechend voluminös, und im Zuge der Trocknung geht man runter auf irgendwo 2 %, 3 %. Und wie die Feuchtigkeit aus dem Korn herausgetrieben wird, geht der Rauch gleichzeitig hinein. Das kann ich mit einem fertigen Malz, das ich wieder nassmache und dann wieder trockne, in der Form nicht simulieren und nicht nachmachen. Sicherlich geht da der Rauch auch ein bisschen in das Korn mit hinein, aber ich werde nie eins zu eins den Geschmack haben wie beim traditionellen Verfahren. Beim traditionellen Verfahren spielt ja dann auch noch die Geometrie von der Darre und so eine Rolle. Also vom Spezial das Rauchbier schmeckt ja auch anders als unseres.

Markus: Holger, apropos Geschmack. Was sagst du denn zu unserem Fastenbier?

Holger: Für mich ist das ein schönes, klassisches Rauchbier, so wie man es erwartet. Also sehr, sehr schöne, rauchige Note, ganz malzaromatisch, eine unheimlich tolle Farbe, ein richtiges Kupfer, und die Rezenz, die finde ich toll. Ja, ich bin da begeistert, unbedingt.

Markus: Meins geht sehr stark auch in so eine holzaromatische Richtung und hat einen sehr spannenden Nachgeschmack, der zwar relativ trocken ist, aber auch so ein bisschen rosinige Noten mit reinbringt. Können wir ja mal den Matthias fragen, bei mir steht nicht 5,9 %, sondern 5,5 % hinten drauf. Aus welchem Jahr kommt das denn? Weißt du das?

Matthias Trum: Ich habe interessanterweise auch eine etwas ältere Flasche, bei mir steht auch 5,5.

Markus: Ah okay. Aber ohne Goldkäppchen?

Matthias Trum: Ohne Gold. Also das mit dem Goldkäppchen finde ich, ach so, du hast die Jahrgangsversion, ne?

Markus: Genau. Da wollte ich eben auch noch kurz darüber sprechen, wie das mit den Jahrgangseditionen ist, aber gehen wir ruhig erst mal zu dem Bier.

Matthias Trum: Der Hintergrund ist letzten Endes einfach folgender. Was ich ja vorhin schon mal angedeutet habe, wie wir mit dem Fastenbier angefangen haben, haben wir uns eigentlich sehr an dem traditionellen orientiert und sind tatsächlich mit der niedrigeren Stammwürze von 14,5 reingegangen und hatten dann einen Alkohol von 5,5. Und wir wurden dann irgendwann mal darauf hingewiesen, dass wenn man Fastenbier draufschreibt, dass es eben nach juristischer Definition ein Bockbier sein muss. Bockbier heißt, mindestens Stammwürze 16. Da ist zwar nie was passiert, aber man weiß ja nicht, irgendwo kommt ein Blockwart daher und macht einem Stress. Deswegen haben wir gesagt, nein, komm, da wollen wir auf Nummer sicher gehen. Sind auf die P 16 hochgegangen und dadurch kommt eben dieser etwas höhere Alkoholgehalt von 5,9 raus. Geschmacklich sehe ich aber keinen relevanten Unterschied zwischen den beiden. Also die neueren Varianten sind so ein bisschen gehaltvoller, aber das ist minimal. Wenn man es nicht weiß, dann, denke ich, merkt man das auch nicht weiter.

Markus: Dann sollten wir jetzt vielleicht mal zur Eiche gehen, bevor wir den zeitlichen Rahmen komplett springen. Dann machen wir doch mal auf. Hat immer was von Gottesdienst für mich.

Matthias Trum: Wie man bei der Eiche schon sieht, die Farbe ist so ein bisschen heller als beim klassischen Rauchbier, auch ein bisschen heller als beim Fastenbier, mehr so bernsteinfarben. Das Besondere beim Eichenrauchbier ist also wiederum weniger das Brauverfahren als das Mälzungsverfahren. Alle klassischen Rauchbiere bei uns, aber auch die, die man so draußen heutzutage bekommt, Craft-Brauer und so weiter, sind normalerweise immer mit einem Buchenholz-Rauch beziehungsweise in unserem Fall über einem Buchenholz-Feuer getrocknet. Und bei der Eiche ist es so, dass wir statt Buche schlicht und ergreifend Eiche nehmen. Das heißt, wir haben da große Eichenholzscheite, mit dem wir das Feuer schüren. Die Idee bei mir entstand da eigentlich ziemlich am Anfang, als ich von meinem Vater die Brauerei übernommen habe in 2003 oder zumindest die Verantwortung übernommen habe, sagen wir es mal so. Ich wollte einfach mal gucken, was gibt’s denn noch für Möglichkeiten? Und ich war in alten Unterlagen draufgekommen, dass tatsächlich in England, bevor die Nichtrauchdarren kamen, man bevorzugt Eichenholz genommen hat, nicht nur zur Malztrocknung, sondern auch zum Beispiel, um Fleisch oder Fisch zu trocknen. Daraufhin habe ich gesagt, komm, lasst uns das einfach mal ausprobieren und schauen wir mal, was passiert. Und mein erster Gedanke war eigentlich oder meine Erwartung, dass das Malz tatsächlich ein bisschen dunkler und kräftiger im Raucharoma wird als bei der Buche. Weil Eiche, deutsche Eiche stellt man sich ja immer als so einen kräftigen und knochigen alten und massiven Baum vor. Das war aber gar nicht der Fall. Also das Raucharoma ist nicht weniger intensiv, aber es ist irgendwie viel weicher und abgerundeter und ich sag mal eleganter als bei der Buche. Also die Buche kommt doch immer sehr kräftig daher. Wahrscheinlich hat man sie deswegen bei allen Räucherprozessen auch für Fleisch und so gerne beibehalten, weil es halt ein sehr kräftiges Raucharoma bringt. Bei der Eiche ist das irgendwie eine etwas elegantere Note, also fast schon so in Richtung ein bisschen Whisky-Aromen. Und deswegen habe ich gesagt, Mensch, da müssen wir einfach ein Bockbier draus machen, weil dieses süßlich Malzige, was man in Bockbieren hat, das passt genial zu diesem runden weichen Raucharoma, was die Eiche bringt. Und deswegen haben wir dann am Anfang als Weihnachtsbock einen Doppelbock gebraut, die Schlenkerla Eiche. Und inzwischen gibt’s den aber international tatsächlich ganzjährig, weil einfach ganz viele Bierliebhaber, Craftbier-Liebhaber, auf diese Eiche, ich nenne es mal, abfahren und da ganz begeistert sind. Auch ich selber habe eigentlich immer ein paar Fläschchen da. Deswegen auch diese Idee mit den Jahrgangsbieren, Markus, die du vorhin schon angesprochen hast. Nicht damit man es ganzjährig hat, sondern es ist einfach wahnsinnig spannend, wenn man wiederum in die englische Geschichte guckt. In England war das schon lange üblich, dass man Flaschenbiere in Kellern einlagerte und für längere Zeit reifen ließ. Da gibt’s diese Geschichte, dass vor, ich glaube, vor zehn Jahren war da so die Harvest Town Brauerei, wenn ich mich nicht täusche, die haben also irgendwelche Umbauarbeiten im Keller gemacht, haben eine Wand eingerissen und siehe da, dahinter waren hunderte von Flaschen aus viktorianischer Zeit, die auch alle noch in Ordnung waren und da haben die natürlich einen Riesenreibach gemacht, weil die das teuer verkaufen konnten, und haben ihren Umbau wahrscheinlich gleich finanziert damit. Und wie ich das alles so mitbekommen habe, habe ich mir gedacht, Mensch, das kann man mit der Eiche bestimmt auch super machen. Wichtig ist, und das ist der entscheidende Unterschied zur normalen Eiche, die man so im Supermarkt oder bei uns in der Gaststätte bekommt, die Jahrgangsversionen müssen unfiltriert sein. Weil diese Weiterentwicklung des Geschmackes, die Reifung, das muss die lebendige Hefe machen. Man kann das nicht pasteurisieren oder man darf es auch nicht filtrieren, weil dann hat man keine Hefe mehr drin, dann bekommt man nur so ein Lichtalterungsgeschmack, der in jedem „Wald und Wiesen“-Bier passieren würde. Aber was wir wollen, ist ja eine Reifung des Geschmackes, weitere Geschmacksprofile, die sich ergeben. Und dazu brauchen wir eben die Hefe. Wir füllen von der Eiche, vom Urbock und vom Fastenbier jedes Jahr eine kleine Menge unfiltriert speziell in Flaschen ab, die bekommen dann noch so ein Goldkäppchen obendrauf, wie du das gesagt hast, Markus. Zum einen, damit man sie unterscheiden kann, zum anderen, damit der Kronkorken nicht rostet, weil – und das ist jetzt das Spannende – wir lagern diese Flaschen in unseren Felsenkellern ein. Wir sind ja in Bamberg die letzte und wahrscheinlich weltweit eine der wenigen Brauereien, die tatsächlich noch in Felsenkellern unter der Brauerei ihr Bier lagern, also alle unsere Biere lagern dort in großen Lagertanks. Und bei den Jahrgangsbieren ist es so, dass die Flaschen in diese Felsenkeller eingelagert werden und für mehrere Jahre dort reifen, bis sie eben dieses Geschmacksprofil entwickelt haben, wie wir uns das vorstellen. Bei der Eiche dauert das fünf Jahre, beim Bock auch in etwa fünf Jahre, beim Fastenbier geht’s ein bisschen schneller, drei bis vier Jahre. Dann werden eben diese Jahrgangseditionen entsprechend auf den Markt gebracht. Es gibt den ein oder anderen internationalen Kunden, der die kauft, aber das meiste geht tatsächlich bei uns über den Online-Shop, weil das wirklich so eine Sache für Bierliebhaber ist, die man in besonderen Verkostungsrunden genießen kann. Ich mag‘s auch persönlich immer ganz gerne diese Jahrgangsbiere ein bisschen wärmer zu trinken, also so 10, 11 Grad und nicht bei der kalten Trinktemperatur, weil dann entwickeln sich die Aromen viel besser.

Markus: Auf jeden Fall. Also ich habe auch davon, muss ich zugeben, mir das mit dem Goldkäppchen geholt. Weil wenn ich schon eben mir ein Ersatzbier holen musste, dann habe ich gedacht, dann nehme ich es lieber gleich richtig. Und ich finde das ganz toll, weil ihr wart die erste Brauerei in Deutschland, die überhaupt so ein Jahrgangsbier in der Form gemacht hat.

Matthias Trum: Schneider Weisse hat das vorher schon gemacht.

Markus: Nein. Ich habe von Schneider damals die ersten bekommen. Also du meinst das, was sie da so in Papier eingewickelt haben, oder?

Matthias Trum: Ja, das gab’s doch schon seit 2005 oder 2006 oder so, dachte ich.

Markus: Nein, das kam danach.

Holger: Da hat der Markus vollkommen recht. Da war das erste wirklich das in Papier eingewickelte, das war ein ganz normales TAP6, also ein Aventinus, und der war dann 2013 präsentiert worden.

Markus: Da wart ihr schon auf dem Markt. Ich kann mich auch erinnern, am Anfang konnte man vom ersten Sud maximal zwei Flaschen kaufen. Und die Flasche hat für Bamberger Verhältnisse unglaublich viel gekostet. Und das war total spannend. Also ich habe das dann ganz oft auch in Verkostungen für besondere Leute verwendet. Und das ist toll, sowas zu haben, einfach Bier so zu zelebrieren, so zu ehren. Auch dieses Thema Alterung mal positiv unter die Leute zu bringen, ihnen zu erklären, dass man mit Starkbieren so was eben machen kann. Und man merkt eben auch, dass es bei euch in den Kellern noch mal eine andere Geschichte ist. Weil ich habe die Eiche ja auch in vielen Jahrgängen bei mir im Keller, aber es schmeckt ganz anders, wenn ich von euch das Jahrgangsbier nehme und eben meins, was ich mir so gekauft habe. Wobei natürlich, wie du ja schon gesagt hast, meine Biere die filtrierten sind und ist es allein deswegen schon ein Unterschied. Aber auf jeden Fall ganz toll. Und über die Eiche alleine könnten wir, glaube ich, einen BierTalk halten. Wenn man mal überlegt, da gab‘s ja auch dann viele Diskussionen, in welcher Größe wird das ausgeschenkt und wie und wie oft gibt’s das und wie viele Sude und, und, und.

Matthias Trum: Oh ja, das war spannend

Markus: Und dann gab‘s in Amerika ja bestimmte fassgelagerte Editionen und so weiter. Also da können wir vielleicht irgendwann noch mal nachlegen. Also bevor ganz zum Schluss kommen, Matthias, gibt’s noch was, was du rund um die Eiche oder überhaupt über dein Bier unseren Hörern noch mit auf den Weg geben möchtest?

Matthias Trum: Ja, vielleicht so ein bisschen mein persönliches Motto. Also ich meine, gut, die Schlenkerla Geschichte und dass der geschlenkert hat und so, das ist ja schon Standard, das braucht man hier eigentlich jetzt an der Stelle nicht noch mal erläutern. Aber dieser historische Hintergrund, also Geschichte nehmen viele in der Schule als eher was Langweiliges wahr und auch heutzutage, man ist immer erstaunt, was die Leute alles nicht wissen über die Geschichte, gerade jetzt auch politisch aktuell, aber okay, anderes Thema. Geschichte war für mich immer was sehr Wichtiges. Ich denke, im Schlenkerla leben wir das sehr aktiv jeden Tag, und wir wollen die Leute eigentlich so ein bisschen auf eine Zeitreise mitnehmen. Da spielt ja auch das Ambiente von der Brauerei-Gaststätte so eine Rolle. Das ist ja auch alles so, wie es vor Jahrhunderten war und unverändert. Witzigerweise habe ich vor einigen Jahren im Internet ein Zitat gefunden, das stammt wohl ursprünglich aus Frankreich, wurde dann eben mehrfach übersetzt. Auch andere verwenden das Zitat natürlich. Es heißt: „Tradition bewahren heißt nicht, die Asche aufzuheben, sondern das Feuer am Brennen zu halten.“. Und ist natürlich bildlich gemeint, aber beim Schlenkerla stimmt‘s tatsächlich auch wortwörtlich. Also wir halten das Feuer unter der Darre am Brennen als einer von nur noch zwei auf der ganzen Welt. Und da bin ich einfach wirklich stolz auf meine Vorfahren, auf meine Ahnen, dass die da so stur waren und das durchgehalten haben. Und hoffe einfach, dass ich da meinen Beitrag dazu leisten kann, dass das in der Form auch so weitergehen wird. Und ich bin ja auch in gewissen Punkten so ein bisschen stur, was Holzfässer und eben die traditionelle Herstellung angeht. Und insofern, gelebte Geschichte. Und ich hoffe, dass die Menschen das auch wahrnehmen und erkennen, wenn sie ein Schlenkerla in der Hand haben und trinken oder wenn sie zu uns in die Brauerei-Gaststätte kommen.

Markus: Jeder Schluck Schlenkerla ist eben so eine kleine Zeitreise. Und das ist eben, wie der Holger auch schon gesagt hat, für jede Verkostung eine totale Bereicherung, weil man einfach so viel erzählen kann und so viel auch zeigen kann, was Geschichte und Bier gemeinsam haben. Vielleicht an der Stelle ein kurzer Werbeblock, mache ich ja sonst nie. Aber es gibt ein Buch „Biergeschichte und Genuss“, da kann man viel nachlesen rund um dieses ganze Thema Bier und Kulturgeschichte. Also lieber Matthias, vielen, vielen Dank für deine Zeit, die wir jetzt sehr ausführlich in Anspruch genommen haben, und natürlich auch für deine Biere. Und alles Gute, dass es jetzt auch gut läuft mit dem Wiederstart oder Neustart in der Corona-Zeit. Und dir noch einen wunderschönen Tag und viel Spaß noch mit den restlichen Schlücken deiner Biere, die wir jetzt geöffnet haben.

Matthias Trum: Vielen Dank! Genießt die restlichen Schlücke und irgendwann sehen wir uns mal wieder.

Holger: Auch von meiner Seite aus, vielen Dank, Matthias. Schönen Tag noch. Mach‘s gut! Tschüss!

Matthias Trum: Tschüss!

Markus: Ciao!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 7 – Interview mit Henri Reuchlin, Bierprofessor vom BIERburo aus den Niederlanden

Der umtriebige Niederländer Henri Reuchlin ist ein Urgestein der europäischen Bierszene. Als Berater unterstützte er bereits zahlreiche Brauereien, darunter auch die Trappistenbrauer, deren neueste Pflänzchen Zundert und Tynt Meadow seine Handschrift tragen. Ganz nebenbei zeichnet er auch dafür verantwortlich, dass die EBCU – European Beer Consumers Union – einen entscheidenden Wandel in der Öffentlichkeitsarbeit vollzog und heute wichtige Lobbyarbeit rund um das Brüsseler EU-Geschehen leistet. Natürlich ist er auch einfach ein Bierliebhaber und Genießer, was er bei jeder sich bietenden Gelegenheit intensiv auslebt…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen BierTalk Spezial. Wir reisen zum zweiten Mal in die Niederlande, diesmal aber nicht direkt zu einem Brauer, sondern zu jemanden, der auch sehr, sehr viel für das Bier getan hat, nicht nur in den Niederlanden, sondern auch in Europa: Henri Reuchlin. Am Mikrofon wie immer ich, der Markus, und …

Holger: … der Holger.

Markus: Genau. Und Henri. Nun würde ich dich bitten, dich vielleicht ein bisschen vorzustellen, damit sich die Hörer ein Bild machen können.

Henri Reuchlin: Danke für Ihre Einladung. Verzeihe, dass mein Deutsch nicht so gut ist, es ist nicht meine Muttersprache und nicht meine Zweitsprache, aber ich werde es auf Deutsch versuchen. Ich bin Henri Reuchlin, in Deutsch sage ich normalerweise Reuchlin. Ich lebe in den Niederlanden, ich bin auch Niederländer oder sogar Holländer. Ich bin Koordinator von der Stibon Bierausbildung und wir arbeiten zusammen mit dem Bierkulturhaus in Obertrum und Doemens, internationale Diplom-Biersommeliers auszubilden in den Niederlanden. Ich bin Berater für Brauereien im Bereich Kommunikation. Ich bin Schriftsteller, gerade arbeite ich an meinem zweiten Buch „Rivier van Bier“, das heißt Fluss von Bier. Das erste Buch ging über die Bierkultur am Maas. Und jetzt schreibe ich über die Bierkultur am Rhein. Ich bin Vorstand und Mitgründer von der niederländischen Bierwoche. Die sollte eigentlich nächste Woche anfangen, am 14. Mai, und jetzt wird es Oktober. Und auch von der Deutschen Bierchallenge, der Wettbewerb. Und ich war Vorsitzender EBCU, dem europäischen Bierkonsumentenverein oder Verein von europäischer Bierkonsumentenvereinen. Zum anderen bin ich ein Biertrinker, ein Bierliebhaber.

Markus: Sehr beeindruckende Vorstellung, vielen Dank. Vielleicht ganz kurz, wenn wir gerade dabei sind, du sagst, du berätst Brauereien beim Thema Kommunikation. Ist das jetzt gerade eine echte Herausforderung für dich die Situation?

Henri Reuchlin: Ja, das ist eine Herausforderung, aber für mich ist jetzt die Ausbildung zum Bierbotschafter und Biersommelier das Wichtigste. Also Berater war für vielleicht sechs Jahre mein wichtigster Betrieb, jetzt sind es nur 10 % oder so etwas, von was ich mache. Und ich habe nicht sehr viele Kunden, nur den Trappisten in Zundert und ein anderes sehr kleines Geschäft.

Markus: Du warst doch auch beteiligt bei der neuen Trappistenbrauerei in England. Da hast du doch das Bier mit entwickelt, oder?

Henri Reuchlin: Ja genau. Für Zundert in den Niederlanden und auch für die englische hatten sie mich gefragt, ihnen zu helfen mit dem Namen und so weiter. Wie ich auf Englisch immer sage, ich bin Trappist-Translator. Also ich übersetze für die Außenwelt zu den Trappisten, dass die das verstehen, aber ich übersetze auch, was die Trappisten denken zur Außenwelt. Weil so eine sehr kommerzielle Person ist sehr schwer zu sprechen mit Menschen, weil die denken ganz unterschiedlich, ganz unterschiedlich. Aber das englische, das läuft jetzt und den englischen Markt kenne ich nicht so gut, in Zundert, den Niederländern natürlich bleibe ich beratend, weil den niederländischen Markt kenne ich etwas besser.

Markus: Spannend. Holger, du bist auch ein großer Freund der Trappistenbrauereien. Was ist denn dein Favorit?

Holger: Oh, das ist sehr schwer. Ich glaube, so von der Verfügbarkeit her, also Westvleteren ist ja immer so schwer verfügbar, aber Rochefort 10 finde ich sehr schön. Ja, also dann La Trappe PUUR habe ich ja auch schon hier im BierTalk vorgestellt und gehabt, also das finde ich auch spannend. Das durchaus auch modernere Wege gegangen werden oder dass man auch mal was Neues macht, was ausprobiert. Aber ich glaube, Rochefort 10 ist so mein großes Lieblingsbier, also als Digestif-Bier,so Nachtisch wunderbar.

Henri Reuchlin: Die Zundert Biere kennst du die schon?

Holger: Ja, die kenne ich auch.

Henri Reuchlin: Auch die 10?

Holger: Auch Nummer 10. Ja, der Matthias hier im Biervana in München, der hatte die schon da, und da habe ich sie einmal probieren können.

Henri Reuchlin: Und hat es dir gefallen, oder nicht?

Holger: Doch, mir hat’s gefallen, also mir hat‘s sehr gut gefallen. Ja.

Henri Reuchlin: Das ist so das gleiche Quadrupel wie, nicht der gleiche Geschmack selbstverständlich, aber ein bisschen in dieser Idee wie die Rochefort 10.

Markus: Ich war in England, lustigerweise ungefähr eine Woche, nachdem die aufgemacht haben, die Mount St. Bernard Abbey, weil ich da vorher in Burton war und habe das Museum angeschaut und Marstons besucht und dann eben mitbekommen, dass quasi um die Ecke eine neue Trappistenbrauerei aufmacht und bin dann mit einem englischen Freund dahingefahren. Durch Zufall haben wir dann festgestellt, dass in der Abtei ein deutscher Mönch ist, der uns dann auch ein bisschen die Türen geöffnet hat, und wir haben uns die Brauerei angeschaut und haben dann natürlich auch das Bier probiert. Und was mir aufgefallen ist, ist, dass das wirklich eine sehr gute Adaption ist von dieser belgischen Idee eines Trappisten Dubbel, würde ich jetzt mal sagen, und eben der englischen Art, wie man jetzt zum Beispiel ein kräftiges Stout oder kräftiges Porter einbraut, sodass man beides ein bisschen zusammenbringt. Und das finde ich da wirklich supergut gelöst. Wie lange habt ihr gebraucht, um das zu entwickeln?

Henri Reuchlin: Oh, das war eine lange Zeit, das waren verschiedene Jahre. In München geht die Zeit etwas langsamer und Bruder Martin, von dem du sprichst, ist ein sehr netter Mann. Er trinkt kein Bier selbst. Also er hat mich gefragt über Bier, weil er trinkt das selbst nicht. Aber er arbeitet jetzt auch im Geschäft, also er muss das verkaufen, aber er wusste nichts vom Bier, also das habe ich ihm auch ein bisschen erklärt. Sie haben sehr viele Versuche gemacht, und lustigerweise, es gab einen Mönch dort, der auch, wie heißt das, Hausbrauer war. Also er hat versucht, verschiedene Rezepte und Ideen, und dann eine Woche machte er etwas, das vielleicht das Tynt Meadow werden könnte. Und in einer anderen Woche machte er dann so etwas, was er nur liebte. Und da haben wir uns überlegt, wir haben die Trappistentradition, das ist ein bisschen belgisch geprägt, aber es ist auch ein englischer Trappist. Also wir müssen etwas finden, das die Bittere dazwischen hat. Die Engländer verstehen, was das Bier ist, aber auch Leute, die ein Trappist erwarten, dass die auch nicht, man sollte da nicht eine Bittere von 3% Alkohol machen. Wir sind rausgekommen auf die Dubbel, das haben die Mönche gemacht, das ist ihr Bier. Das haben sie versucht. Und dann haben wir gesagt: Okay! Dann machen wir eine Art Dubbel, aber dann mit englischem Malz und englischem Hopfen und englischer Hefe. Also es ist ähnlich wie Dubbel, aber es ist auch wirklich Englisch. Das Bier erfreut mich sehr.

Markus: Ich fand das auch richtig großartig, und das symbolisiert auch wirklich genau diese Mitte. Also das hat mich echt begeistert, und auch in England die Leute, die ich da so getroffen habe, waren auch alle völlig hin und weg und freuen sich total, dass sie jetzt auch ihre eigene Trappistenbrauerei haben.

Holger: Von der Anmutung her, also auch vom Etikett, und es ist alles so ein bisschen modern auch. Also auch das Glas, es ist schon ein Trappistenglas, aber es ist auch so modern interpretiert. Das gefällt mir gut irgendwie.

Henri Reuchlin: Das Glas hat sehr lange gedauert, bis wir uns dafür entschieden oder die Menschen sich entschieden hatten. Es gibt jetzt einen Film über das Leben in Mount St. Bernard. Ich glaube, man kann das noch nicht in Europa sehen, aber in UK schon. Das ist „Outside the City“ und da kann man das Mönchsleben wirklich sehen. Und da kann man auch sehen, wie man sich entschieden hat, so eine Brauerei anzufangen.

Holger: Ich hätte noch eine Frage. Und zwar hast du gerade gesagt, es ist sehr schwierig zu übersetzen, weil die Trappisten ganz anders denken auch. Also es ist eine ganz andere Welt, ganz unterschiedlich zu unserer Welt. Und hinein zu kommunizieren und heraus zu kommunizieren ist jeweils ein bisschen schwierig. Und hättest du Beispiele, also kannst du das mal beschreiben?

Henri Reuchlin: In Zundert zum Beispiel, wir haben so eine Kette von Bierhändlern. Und ich hatte gefragt, okay, vom Positionieren, wie heißt das, Marketing: Willst du, dass deine Biere so eine Kette haben oder nicht? Und da hat man mir gesagt, die Kette kennen wir nicht, den Markt kennen wir nicht. Also, das ist das Größte in den Niederlanden. Da hat man gesagt, oh, lasst mich überlegen, und dann zwei Wochen später wusste man alles über die Kette mit Geschäftsziffer und alles, was man im Internet finden könnte, aber man war noch niemals in so einen Laden gewesen, so einem Geschäft, sondern es ist ziemlich schwierig zu verstehen, wie es wirklich geht. Weil die Mönche, die Trappisten, wie ihr wahrscheinlich wisst, die leben, wie heißt das, separat von der Welt. Sie suchen so wie Hermiten, dass die nach sich selbst suchen. Also jetzt in dieser Corona-Zeit sind wir alle ein bisschen Mensch, aber man geht nicht oft nach außen. Also wirklich wie es geht in einer Bar, das weiß man nicht. Und wenn man so einen Mönch in eine Bar mitnimmt, das Erste, was er sagt, ist, es gibt so viele Geräusche, das ist zu viel Lärm.

Holger: Ich meine, das ist ja an Orten, die sehr reduziert leben, also in jeglicher Beziehung.

Henri Reuchlin: Sie müssen arbeiten für ihr Geld, deshalb brauen sie Bier. Also, wenn wir in die Geschichte gehen, um 500 gab es einen St. Benedictus, und der hat gesagt, okay, wir werden so eine Klosterordnung gründen, und man muss nur arbeiten und beten, und schlafen natürlich. Ora et labora, arbeiten und beten. Und wenn man nur das macht, und arbeitet und verkauft, dass man arbeitet, man arbeitet immer aufs Land. Also bekommt man reich. Und die sind etwas weicher geworden und sind nicht so strikt geworden. Dann gab es etwa 500 Jahre später Bernardus, und der hat eine neue Stiftung, gesagt, wir müssen wieder zurück zu der alten Regel, nur ora et labora, nur beten und arbeiten. Aber die Arbeit ist wirklich wichtig. Und das war in Citeaux. Und die Mönche heißen die Zisterzienser. Wieder 500 Jahre später war wieder ein Abt, und der hat gesagt, wir sind wieder zu weit von den Grundregeln gekommen, wir werden wieder zurück zu ora und labora und wir sind jetzt Zisterzienser von de Stricte Observance. Diese Abtei war in einem französischen Städtchen, das heißt La Trappe. Und deshalb sind sie Trappisten geworden. Also das sind die striktesten von den striktesten Mönchen, arbeiten und beten. Aber alle Trappisten arbeiten auf dem Land. Die meisten mache Käse oder Milch. In Frankreich gibt’s verschiedene, die machen auch so Liköre, in Italien auch. Und wo man nicht so etwas machen konnte, hat man sich entschieden, Bier zu brauen. Das war zuerst in Belgien. Man hat so eine Abteilung für Gebäck oder Käse, aber auch von Bier, aber jede Trappistenabtei darf Bier brauen, wenn man das will. Aber wenn man autorisiert ist von dem Verein, dann muss man etwas Spezielles tun und das ist nicht zu viel machen, nur für das eigene Leben und nur die Mönche sind die Inhaber, und die arbeiten, oder zumindest die Inhaber, und das Geschäft ist auch innerhalb der Klostermauer. Alle Trappistenkloster, die machen etwas in Landwirtschaft, aber nur zwölf jetzt machen Bier. Andere machen Liköre oder Milch oder Käse oder Wein oder Gebäck oder was alles, Brot.

Holger: In Deutschland gibt’s, glaube ich, keine Trappisten mehr, ne?

Henri Reuchlin: Nein, Mariawald ist aufgehoben, ich glaube, vor einem Jahr. Zum Beispiel, die haben Erbsensuppe gemacht immer.

Markus: Gar nicht weit von Bamberg ist das Kloster Ebrach. Die sind eine große Zisterzienser Abtei und waren da sehr lange sehr wichtig.

Henri Reuchlin: Ja. Ich glaube, dort hat man den Riesling erfunden.

Markus: Genau. Zumindest wird gesagt, die Silvaner Trauben und andere typisch fränkische Weintrauben sind mit den Zisterziensern und Ebrach sehr verbunden. Apropos Wein und Trauben, wollen wir aufs Bier und auf die Flüssigkeit umsteigen? Wer mag denn mal anfangen mit seinem Bierchen?

Holger: Ja, der Gast natürlich.

Henri Reuchlin: Ach okay.

Markus: Das bist du.

Henri Reuchlin: Ja, das bin ich dann. Ich habe nämlich ein Bier mitgenommen, das ist zwar kein Bierchen und wir haben schon von einem gesprochen, weil das ist Zundert Trappist 10.

Markus: Mmh!

Henri Reuchlin: Vielleicht ein bisschen früh jetzt für das Bier, aber wenn man im Lockdown ist, ist es immer gut, gutes Bier zu trinken.

Markus: Das klingt doch schon mal gut.

Henri Reuchlin: Es klingt gut, es schmeckt noch besser. Und wenn ich die Kamera haben würde, würde ich schauen, das Bier ist eingepackt in Aluminiumfolie. Weil wir haben, unsere Bieredukation haben wir auf digital aufgesetzt, Blind Tasting, Blindverkostung, all die Leute, die unsere Ausbildung machen, mussten die Biere blind verkosten. Also alle Biere werden jetzt in Aluminiumfolie verpackt und dann erst abgeschickt, nummeriert, und dann sagen wir, okay, man muss mal Flasche 43 und 44 von diesem Mal aufmachen. Und deshalb kann man dann ein Bier versuchen, ohne dass man weiß, welches Bier das ist?

Markus: Das ist eine gute Lösung. Wir denken da auch gerade drüber nach, wie wir unsere Fortbildungen digitalisieren. Und das ist gerade so ein Thema, wie schafft man das, eine Blindverkostung zu machen. Gute Anregung. Nehme ich schon mal mit.

Henri Reuchlin: Das ist viel Logistik, um das gut zu machen. Und man muss wirklich sicher wissen, dass man die gute Nummer auf die gute Flasche klebt, weil sonst will einer ein IPA haben und die anderen ein Quadrupel, das ist ein bisschen schwer.

Markus: Dann gibt’s eine große Diskussion.

Henri Reuchlin: Ja.

Markus: Nummer 10 ist ein Dubbel, was du da jetzt hast?

Henri Reuchlin: Ist ein Quadrupel und es heißt 10, weil es hat 10 Vol% Alkohol. Und wenn ich rieche, dann habe ich etwas von Lakritz und Salmiak, und auch etwas von Pflaumen, ein bisschen Schokolade und ein bisschen grüner Pfeffer dazu.

Holger: Das hört sich sehr spannend an.

Henri Reuchlin: Auch geschmacklich, ist sehr vollmundig, aber auch ein bisschen süß natürlich, wie es sein soll mit einem Quadrupel. Er ist trocknend, man macht immer wieder einen neuen Schluck versuchen. Also es ist auch ein bisschen ein gefährliches Bier. Die schönste Blume wächst immer am Rande des Abgrunds, nicht?

Holger: Das stimmt. Das ist ein schöner Spruch.

Markus: Muss ich viel dran denken, wir sehen uns ja oft bei Bierwettbewerben, wo du ja auch oft in der Jury sitzt, und wir sind ja dann oft damit konfrontiert, dass wir 50, 60, 70 solche Biere an einem Tag bewerten müssen. Und da braucht man schon sehr viel Disziplin, auch wenn viele schöne Blumen dabei sind.

Henri Reuchlin: Ja, ja, genau, genau.

Markus: Holger, wie sieht‘s denn bei dir aus? Was hast du dir denn rausgesucht?

Holger: Es ist ja Mittagszeit und 10-prozentiges Bier habe ich mich nicht getraut. Ich habe das ja schon in anderen BierTalks gesagt, die Niederländer sind uns einfach in vielen Dingen voraus. Ich habe mich einfach für ein Mittagsbier entschieden, was man hier in München, denke ich, ganz normal trinkt, und zwar ein Helles. Aber diesmal ein von mir sehr geschätztes Helles, und zwar die „Erhellung“ von der Giesinger Brauerei. Und das ist ja auch eine wahnsinnige Story, die hinter der Giesinger Brauerei steht mit ihrem Inhaber Steffen Marx, der ja über zehn Jahre in einer Garage gebraut hat und dann endlich eine Location gefunden hat und dann beim Crowdfunding sehr erfolgreich war. Und ich traue ihm zu, sogar aufs Oktoberfest zu kommen. Und auch den Namen „Erhellung“ finde ich großartig und passt ja auch gerade in unsere Diskussion. Also wenn man jetzt über Mönche spricht und über Klöster und auch über die Religion, dann ist die Erhellung ja was ganz Wichtiges. Also Prost!

Markus: Prost!

Henri Reuchlin: Prost!

Markus: Dann muss ich mir meins jetzt auch mal einschenken, damit wir dann wieder reden können. Lustigerweise, ich wusste gar nicht, dass wir so viel über das Thema Kloster reden, aber ich habe mir tatsächlich auch ein Klosterbier rausgesucht, und zwar von der Klosterbrauerei Baumburg. Das ist sogar ein bisschen näher bei Holger als bei mir, nämlich eher im Süden von Bayern. Aber eine ganz, ganz sympathische Brauerei im Chiemgau, wo ich sehr gerne und sehr oft bin, die auch eine ganz große Bandbreite von verschiedenen Bockbieren haben. Und einen der Braumeister kenne ich auch ganz gut, den Andreas, und der hat mir neulich sein Märzen Spezial in die Hand gedrückt. Und das habe ich noch nicht probiert, steht ganz lange schon bei mir im Kühlschrank und jetzt mache ich es mal auf. So habe ich dann zumindest auch ein bisschen dieses Thema Kloster mit dabei. Aber eben auch für den Franken so, das Märzen geht ja grundsätzlich eher so in Richtung Kellerbier. Also ein schönes, von der Farbe her etwas dunkleres malzbetonteres, leicht trübes Bier mit einem ganz schönen, ausgewogenen Aroma, viele Malzaromen, ein bisschen Honig, ein bisschen Getreide, ein bisschen Brot. Und dann kommt so der Hopfen durch mit Zitrusaromen, ganz weiches Mundgefühl, samtig, und wunderbar im Abgang. Also es ist sehr schön, habe ich, glaube ich, auch ein gutes Bier. Ihr beiden natürlich auch. Da sieht man mal, wie Bierkultur auch zusammenbringen kann. Und da sind wir vielleicht bei einem anderen großen Thema von dir, Henri, nämlich dem Thema EBCU – The European Beer Consumers Union. Bis vor fünf, sechs Jahren wusste ich gar nicht, dass es sowas gibt und was das ist. Ich glaube, vielen Hörern geht’s auch so. Du bist ja da schon quasi ein Urgestein. Magst du ein bisschen was dazu erzählen? Auch vielleicht, wie du dazu gekommen bist und was sich so getan hat in deiner Zeit?

Henri Reuchlin: Ja. EBCU, das ist ein Verein von Vereinen, also Bierkonsumenten-Vereinen. In vielen europäischen Länder gibt es so einen Bierkonsumenten-Verein. Die ersten, die sind so etwas Mitte 70er Jahre und in den 80er Jahren hat der angefangen, der erste und der bekannteste ist CAMRA in England, in Großbritannien. Weil die Konsumenten haben sich bekämpft um den Verlust von der traditionellen Bierkultur, dass es nur Lager gibt und nur Pils. Und so etwas gab es zuerst in Großbritannien, dann hat man das auch in den Niederlanden, das heißt, PINT und in Belgien gehabt, und dann auch in Dänemark und quasi überall in Europa. Aber es war lange Zeit ein bisschen wie ein Donut, weil es gab ein großes Loch in der Mitte und das war Deutschland. Weil ihre Bierkultur ist etwas anders als in den meisten europäischen Ländern. Es gibt nicht oder es gab nicht von den großen Bierkonzernen, die wirklich die ganze Bierkultur wegrasiert haben, sondern sie haben noch viele von den kleinen Brauereien. Jetzt gibt’s auch von den Großbrauereien, aber es geht etwas langsamer vielleicht in Deutschland. Also es gab nicht so einen Bierkonsumentenverein in Deutschland, aber in den meisten europäischen Ländern schon, auch in Holland und Tschechien. Also das war, um der alten, der traditionellen Bierkultur zu helfen, unterstützen. Und jetzt natürlich mit der sich ändernden Bierkultur, die wir überall haben, sind die Konsumentenvereine auch wirklich Botschafter von der neuen Bierkultur bekommen. Ich bin, seit ich Student war, bin ich sehr begeistert von Bier und von der Vielfalt, und ich liebe auch gerne Reisen. Für mich ist Europa, und darum finde ich jetzt so eine schreckliche Zeit, die Biervielfalt in Europa und den Unterschied zwischen der Bierkultur zum Beispiel in Deutschland und in Belgien oder in Tschechien, das ist so schön, um das zu leben und zu besuchen. Wenn man mich gefragt hat, etwas zu tun, um der Bierkultur zu helfen, habe ich gesagt, natürlich, das mache ich gerne. Und ich habe sehr viele nette Leute kennengelernt, wie du Markus, und du bist auch angefangen mich zu einem Konsumentenverein in Deutschland.

Markus: Genau. Gibt es jetzt seit einem guten Jahr, die GBCU, also die German Beer Consumers Union. Kann ich vielleicht nachher noch ein bisschen was dazu sagen. Finde ich auch sehr wichtig, dass der Donut jetzt in der Mitte auch eine Füllung hat und das ist gut. Aber trotzdem, wie ging das dann bei dir in den Niederlanden voran und dann eben in der EBCU?

Henri Reuchlin: Ich war nur Mietglied und dann hat einer gesagt: Okay! Du liebst Bier, du sprichst verschiedene Sprachen, willst du nicht Delegierter für die Niederlande sein? Also will ich etwa vier Jahre Delegierter für die Niederlande sein. Die EBCU hat etwa 18 Mitgliederländer, und jedes Land hat zwei Delegierte. Also ich war einer der zwei Delegierten von den Niederlanden. Und dann nach eineinhalb Jahren hat man mir gesagt: Willst du nicht Vorsitzender werden? Dann habe ich gesagt: Natürlich, ich bin sehr geehrt. Und ich habe versucht, die EBCU ein bisschen so wie Bierliebhaber oft sind, die sind alle gemeinsam sehr froh miteinander, aber die gehen nicht nach außen, die sind nicht wirklich Botschafter, aber die trinken und genießen zusammen. Was gut ist. Aber wenn man wirklich die Bierkultur schützen will, muss man auch nach außen gehen, um zu erklären, was so schön ist an der Bierkultur. Ich habe gesagt, wenn ich gewählt werde zum Vorsitzenden, dann werde ich wirklich nach außen gehen und auch zu den Behörden auch zu den Politikern erklären, dass es ein wirklich schöner Schatz ist in Europa, was wir haben mit der Bierkultur, die Biervielfalt, dass wir also da nicht zu viel Akzise aufmachen sollten. Und dass wir den kleinen Brauereien helfen, sondern weil die sind wichtig für die lokale Ökonomie. Ich habe die EBCU so etwas geöffnet nach außen.

Markus: Holger, hast du davon schon mal was mitbekommen früher?

Holger: Nein, eigentlich nicht. Ich habe das erst durch dich mitbekommen. Das ist einfach eine Sache, die in Deutschland, denke ich, eher nicht gekannt wird oder ich habe mich nicht richtig informiert oder so, ich weiß nicht. Aber ich habe das erst durch dich mitbekommen. Ich finde das sehr schön, dass man das miteinander verbindet. Letzten Endes zeigen ja jetzt eigentlich alle unsere Aktivitäten, wie glücklich die Leute auch sind, einfach diese Biervielfalt auch mal kennen zu lernen. Gestern zum Beispiel, gestern Abend bei der Verkostung war das ja auch zu spüren und auch hinterher haben das ja viele im Feedback auch gesagt, dass sie sehr überrascht sind, was sie noch alles nicht gekannt haben. Und sie haben dann ja auch zugegeben, dass sie das freiwillig nicht gekauft hätten. Das ein bisschen mehr in den Fokus zu rücken, finde ich schön. Also, dass man einfach sagt: Mein Gott, wir sind ja eigentlich, man kann ja sagen, weltweit sind wir die Quelle aller Stile, oder? Also ich meine, da gibt es eben die britische Bierkultur, die belgische Bierkultur und unsere, wo dann natürlich die böhmische Bierkultur auch noch dazugehört und auch die österreichische und die schweizer Bierkultur natürlich auch. Aber das sind ja so diese drei Hauptkulturen, würde ich sagen, deutschsprachige Bierkultur, britische Bierkultur und belgische Bierkultur. Und daraus leitet sich ja alles ab. Und darauf immer wieder hinzuweisen, wie toll das ist, das finde ich wichtig auch.

Markus: Die Idee dahinter ist natürlich, also einerseits das zu schützen und auch die Leute aufzuklären und auch zu vernetzen, das ist natürlich auch ein wichtiger Punkt. Und der andere Punkt ist natürlich auch der, für den Konsumenten tätig zu sein, weil natürlich die Hersteller in gewisser Weise eine Lobby haben und der Staat sowieso eine Lobby hat, aber eben die, die das Bier dann konsumieren, oft nicht mit einer Stimme sprechen. Und ich glaube, das ist in Deutschland auch so das Thema, dass wir eigentlich keine einheitliche deutsche Bierkultur haben, weil Deutschland als Land ja verhältnismäßig jung ist, eigentlich ja erst seit 1871 so wirklich existiert. Und vorher gab’s ja diese ganzen unterschiedlichen Teilstaaten und jeder dieser Teilstaaten hat seine eigene Bierkultur. Das kann relativ großräumig sein wie in Bayern oder in Franken, aber auch sehr kleinteilig, wie zum Beispiel in Köln oder in Düsseldorf oder in Berlin oder in Hamburg. Und jeder versteht unter Bier und Bierkultur und seinem Bier und Lieblingsbier und so immer was völlig anderes. Und ich glaube, der wichtigste Punkt, den wir auch in der GBCU haben, genauso wie in der EBCU, ist einfach, diese Tellerränder ein bisschen zu überschreiten, die Leute auf zu machen und ihnen zu zeigen, was es noch so alles gibt. Und im Grunde alle in dieser Begeisterung für das Thema Bier zusammenzuführen und zu sagen: Okay, Bierkultur ist überall anders, aber überall schön und überall schützenswert. Und gerade in Europa kann man da das sehr schön zusammen leben. Also fand ich jetzt zum Beispiel, ich weiß nicht, ob der Henri das bestätigen kann, auch so schön, dass man eben zum Beispiel Leute aus Portugal, aus Spanien, aus Finnland, aus Italien, aus Griechenland hat, also überall, wo man jetzt vielleicht gar nicht so mit Bier assoziiert erst mal und merkt, okay, da gibt es überall diese Bewegung, diese Begeisterung. Und das ist total schön, mit diesen Leuten zusammen zu arbeiten.

Henri Reuchlin: Und es gibt so viele schöne Biere. Zum Beispiel in Finnland, das war nicht ein Land, wo ich zuerst gedacht hatte, es gibt schöne Biere. Aber es gibt eine Bierkultur, das Sahti, ein Braunbier, das eben nicht gekocht wird mit, Wacholder gewürzt und nicht immer mit Hopfen. Eine wunderbare Bierkultur. Und weil das Bier sich nicht sehr gut transportiert, ist das sehr lokal. Aber da gibt es National-Wettbewerbe und Meisterschaften. Und ich war da einmal und das war eine meiner besten Biererinnerungen. Weil das Bier ist wunderbar, sehr frisch und die Leute lieben das Bierbrauen und Biertrinken. Und dann in Finnland natürlich gibt’s nachher die Sauna. Das ist auch immer schön.

Markus: Das ist ein guter Zeitpunkt für das Stichwort Kopfkino. Ich kenne da ein schönes Foto von dir, wie du in irgendeiner Art Badewanne in einem See treibst nach einem Saunagang. Also das muss, glaube ich, ein tolles Erlebnis gewesen sein mit Sauna und Bier in Finnland, oder?

Henri Reuchlin: Ja, das ist großartig.

Markus: Holger, wie geht’s dir mit deinem Hellen?

Holger: Wunderbar. Mir geht es wunderbar mit meinen Hellen. Ich habe auch ein Erlebnis mal gehabt in Finnland in einer Sauna, da war ich auch mal, und da kam dann so ein Saunameister, so ein Bademeister rein und hat wirklich, also gefühlt 5 Liter oder noch mehr dann auf den Ofen geschüttet. Und das wurde dann so heiß und niemand ist raus. Und ich natürlich auch nicht, weil ich wollte natürlich nicht irgendwie als der Warmduscher oder in der Sauna unten sitzen, da sozusagen mich outen. Aber das war so wahnsinnig heiß. Dann habe ich gedacht, ich hab’s überstanden. Und dann kam der wieder rein und hat das nochmal gemacht. Also es war unerträglich. Aber die Finnen sind hart da im Nehmen und die können auch was vertragen, also Richtung Bier und so, holla, die Waldfee, sage ich euch.

Markus: Henri, was wären denn Tipps von dir, wenn wir in die Niederlande fahren und vielleicht mal drei, vier Tage Bier kennenlernen wollen? Welche Brauereien sollte man denn unbedingt besucht haben?

Henri Reuchlin: Ich glaube, man kann sich informieren, es gibt eine sehr interessante Seite. Das ist die Stiftung von der holländischer Bierkultur. Und die hat so ein Google Maps und Holland mit allen Brauereien da drauf. Das Interessante ist, wir haben natürlich auch etwas unterschiedliche Bierkulturen. Also im Süden ist es mehr belgisch geprägt, im Westen ist es etwas mehr amerikanisch geprägt, etwas hopfiger. Rotterdam und Amsterdam haben eine sehr interessante Bierkultur, aber auch im Süden und sogar im Norden, es gibt zu viele, um etwas wirklich herauszunehmen. Das ist nicht gut für die Leute, die ich dann nicht nenne.

Markus: Das geht mir auch immer so. Aber gibt es denn zum Beispiel einen Bierstil, wo du sagst, das ist in Holland oder in den Niederlanden wirklich was Besonderes? Und vielleicht auch ein Essen, was man dazu dann genießen kann?

Henri Reuchlin: Ich glaube, das Interessante an den Niederländern ist, weil wir hatten fast unsere Bierkultur verloren, es gab nur Pils, Pils und vielleicht ein holländisches Bockbier im Herbst. Also das interessante an den Niederländern jetzt für die Brauer ist die Experimentation. Dutch Design kennt man auch als lustig und kreativ, und das Dutch Design geht auch in den Geschmack her. Also ich glaube, da sind sehr viele Brauereien, die auf sehr interessante Weise neue Geschmäcke, neue Hopfen hineinbilden. Das mache ich sehr gern. Die Lust zum Experimentieren, das ist immer schön. Obwohl man dann oft manchmal vielleicht ein bisschen zu weit geht, und dann muss man wieder etwas zurück, dass man etwas trinkt, das auch zu genießen ist. Weil das ist doch das Wichtigste, dass das Bier zu genießen ist und dass man auch ein zweites Glas. Was bei den Niederländern wirklich das Bar Food ist, wir nennen den Bitterballen. Das ist so eine frittierte Krokette mit Kalbsfleisch, Ragout oder Rind. Man kann das auch mit Garnelen und jetzt mit roter Beete, ist das deutsch, oder nicht?

Markus: Mhm (bejahend). Ja.

Henri Reuchlin: Und das ist wunderbar mit Guacamole. Und zum Beispiel eine alte Kriek. Man hat so sehr viele von diesen Bitterballen auch mit Käse, sehr wichtig für Holländer natürlich. Und Käse und Bier ist eine wunderbare Kombination, weil die Käse ist Salz und ein bisschen fettig. Und das Bittere und aus der Kohlensäure von dem Bier, das nimmt dann wieder die Fettigkeit weg. Für mich ist Käse und Bier wie eine Heirat im Himmel, „Match made in heaven“.

Markus: Perfekt! Ich glaube, dazu müssen wir auch mal eine Spezialsendung irgendwann machen, dass wir uns mal nur dem Thema Käse und Bier widmen. Da können wir dich ja wieder anrufen.

Holger: Aber ich muss noch mal betonen, also Bitterballen kenne ich natürlich auch, wunderbar. Und wir hatten ja mit dem Uwe auch schon das Thema Frikandel-Spezial und so weiter. Also wir müssen diese Reise in die Niederlande machen, Markus. Wir müssen das machen, also unbedingt.

Markus: Wird gemacht, und von der werden wir auch berichten und wir werden dann auch den Henri besuchen und dann noch mal persönlich anstoßen. Ich bedanke mich ganz, ganz herzlich, dass du dir die Zeit genommen hast und dich ein bisschen mit uns unterhalten hast. Sehr spannend über die Klosterbrauereien und auch über die EBCU und deine Arbeit. Ich wünsch dir alles, alles Gute und dass du auch gut aus der Krise rauskommst und gut weitermachen kannst und dass wir uns bald persönlich wiedersehen können.

Henri Reuchlin: Ich hoffe, dass es bald wieder möglich ist, hin und her zu reisen und die europäische Bierkultur zu genießen.

Holger: Henri, auch von meiner Seite herzliches Dankeschön! Sehr interessant. Das war wirklich ganz toll. Tot ziens!

Henri Reuchlin: Tot ziens! Cheers!

Markus: Cheers!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 20 – Interview mit Jan Niewodniczanski von der Bitburger Braugruppe in Bitburg

Er trägt den wohl am schwersten auszusprechenden Namen in der deutschen Bierwelt – und einen großen Rucksack an Brautradition. Schließlich gehört Jan Niewodniczanski zur Inhaberfamilie der Bitburger Braugruppe, die einst überhaupt das Pils in Deutschland überhaupt erst möglich gemacht hat. Einerseits mit einem großen Aufwand zur Gewinnung von Eis für die ganzjährige Kühlung und andererseits mit dem Sieg in einem spektakulären Prozess gegen die Pilsener Brauereien, in dem am Ende das Pils von einer Herkunftsbezeichnung zu einer Biersorte wurde. Zu allem Überfluss saß Jan zur Zeit der Aufzeichnung in Südafrika im strengen Lockdown fest – inklusive strenger Prohibition, die ein Brauer allerdings immer zu umgehen weiß…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Herzlich willkommen zu unserem 20. BierTalk. Und wir haben einen ganz besonderen Gast, Jan Niewodniczanski. Und das ist der Technikchef der Bitburger Brauereigruppe. Und ich, der Holger, und der Markus sind wie immer mit dabei. Wir haben uns aufs Du geeinigt. Jan, ich darf dich bitten, stell dich doch mal kurz selbst vor.

Jan Niewodniczanski: Jan Niewodniczanski, ich bin in siebter Generation leidenschaftlicher Brauer in Bitburg. Also ich gehöre zu der Gesellschaft der Familie dieses Familienunternehmens. Ich habe im Grunde genommen mein ganzes Leben lang nur gebraut beziehungsweise in Brauereien gearbeitet, habe in Weihenstephan studiert, Brauwesen, Getränketechnologie. Und dann bin ich so ein bisschen auf eine Weltreise gegangen, habe also in den unterschiedlichsten Brauereien weltweit gearbeitet, sowohl in Amerika, Anheuser-Busch, den verschiedenen Brauereien, in den Philippinen bei San Miguel Brewery in vier verschiedenen Brauereien. Dann ging‘s nach China, nach Hongkong, Guangzhou, also in oft Brauereien, die zu der San Miguel Gruppe gehört haben. Und ja, natürlich einige Brauereien in Deutschland, (unv. #00:01:20.2#) nach dem Studium. Und dann ging‘s irgendwann nach Südafrika. Das war so 1995, als hier die Apartheid zu Ende war, 94. Also als es gerade interessant wurde in Südafrika, das hat mich interessiert damals. Ich hatte damals für einen Job mich eigentlich beworben in Australien bei (unv. #00:01:38.9# 4X?), weil ich eben auch leidenschaftlicher Surfer bin und dort eben die Brauerei praktisch direkt am Surfspot am Great Barrier Reef liegt. Das hat nicht geklappt mit dem Visum und dann habe ich gedacht, und was ist so ähnlich? Ähnlich ist Venezuela vielleicht und Südafrika. Und ich habe eben damals, weil ich wahnsinniges Interesse hatte, was hier in Südafrika abgeht, dann bin ich nach Südafrika gegangen. Ich wollte nur ein Jahr bleiben und aus dem einen Jahr, dann kam dann noch ein MBA Studium hier unten dazu und dann lebe ich eben insgesamt etwa zehn Jahre hier unten, knapp elf Jahre, meistens in den zwei großen Brauereien in der Braustätte in Rosslyn in Pretoria und dann die längste Zeit unten hier im Kapstadt, wo ich eben diese Brauerei hier unten, die Newlands Brauerei von der SAB Gruppe eben wahnsinnig gerngehabt habe und hier wirklich ein schönes Brauerleben geführt habe. Also vom Braumeister bis zum Brewing Manager, Produktionsmanager, alles (unv. #00:02:34.8#) Managementpositionen gehabt habe. Und dann bin ich 2006 zurück nach Deutschland gegangen in das Familienunternehmen und bin seitdem eben verantwortlich als Geschäftsführer Technik und Umwelt für unsere Braugruppe. Ich habe es angesprochen, immer noch Familienunternehmen ist es zu 100 %. Und da versuche ich mit meinem Team viel Spaß bei dem Prozess zu haben, bei unserem Geschäft zu haben. Und ja, wir werden jetzt gleich noch ein bisschen drüber sprechen, das eine oder andere Verrückte auch noch zu machen nebenbei.

Holger: Genau. Verrückt ist ein gutes Stichwort. Markus, sehr beeindruckend, oder?

Markus: Auf jeden Fall. Und eine Sache muss man vielleicht noch klären, wenn der Jan sagt, hier unten, dann ist das schon die eine verrückte Sache, denn er ist gar nicht in Deutschland, sondern in Südafrika und spricht also über eine viele tausend Kilometer lange virtuelle Leitung mit uns. Und da steckst du jetzt auch gerade ein bisschen fest, wenn ich das richtig verstanden habe, oder?

Jan Niewodniczanski: Ja. Das ist mal wieder so irgendwie so Teil meines Lebens, dass es irgendwie immer ein bisschen anders läuft, als man es glaubt. Also ich bin tatsächlich hier noch mit einem der letzten Flieger nach Südafrika geflogen, weil meine Familie, mein Sohn geht hier unten zur Schule. Also ich habe immer noch eine sehr enge Bindung zu Südafrika. Wer einmal hier unten in Südafrika war, den lässt das auch nie wieder los. Ich sitze jetzt hier unten etwa acht Wochen fest. Das Ganze war nicht ganz so geplant, ich wollte die Familie hier rausholen und bin auf einem der letzten Flieger gewesen, die hier runterkamen. Und dann kam eben dummerweise ein Resultat auch noch von einem Test, den ich vorsichtshalber gemacht habe. Das heißt, die Immunkörper sind inzwischen auch aufgebaut. Aber leider hat das natürlich resultiert, dass ich im Lockdown hier unten dringeblieben bin, drinbleiben musste. Es ist jetzt die achte Woche, ich versuche eben jetzt so gut es geht. Und das ist natürlich machbar, wir sind alle ja mehr oder weniger im Homeoffice, versuche ich jetzt seitdem so gut es geht die Geschäfte von hier zu leiten und bin den ganzen Tag so mit meinen zwei Laptops hier unterwegs, mit meinem Team, an den verschiedenen Brauereien am Kommunizieren. Aber im Unterschied zu denen schaue ich eben hier auf die See hinaus und hoffe, dass irgendwann mal der Flugplatz wieder hier aufmacht. Das ist die Situation.

Holger: Sehr gut. Also jetzt kommen wir zur Hauptsache, zum Thema Bier. Ich denke, wir sollten das erste Bier mal öffnen, weil die Hörer sonst ja auch noch verdursten. Also was hast du mitgebracht, Jan? Erzähl doch mal!

Jan Niewodniczanski: Also das hier ist jetzt auch wieder eine verrückte Geschichte. Man sollte wissen, dass der Lockdown in Südafrika anders ist als woanders auf der Welt. Südafrika hat sich entschlossen, Prohibition hier einzuführen, das heißt, seit acht Wochen ist der Bierverkauf hier verboten oder der Alkoholverkauf. Also man darf hier auch nicht über die Straße bringen ein Bier. Aber mein Team ist natürlich sehr kreativ und hat es geschafft, hier mir unten ein Paket hinzuschicken, an allen Beschränkungen vorbei, und deswegen habe ich tatsächlich ein Stück Heimat vor mir. Ich habe ein Hop Head IPA ⁷ aus unserer Pilote Brewery, aus der Versuchsbrauerei von Craftwerk. Und das ist mein Flagship, das ist mein Lieblingsbier. Und ich bin überglücklich, dass ich das jetzt aufmachen kann.

Holger: Dann mach‘s doch mal auf und schütte es mal ein und erzähl doch mal, wie es schmeckt.

Jan Niewodniczanski: Ich muss zugeben, ich habe es auch geschafft natürlich, noch das eine oder andere Bierchen hier unten noch zu bekommen von meinen alten Brauerfreunden, die ich auch gut kenne. Aber ich muss sagen, das hier ist jetzt das erste Bier tatsächlich aus dem Paket und deswegen freue ich mich wahnsinnig drauf. Und es ist natürlich, wenn du schon mal dran riechst, eine sensationelle Hopfennote. Also wir das Bier designt haben, wollten wir gleich, also wir haben uns orientiert an so einem amerikanischen West Coast IPA, aber wir wollten so ein bisschen das Beste von zwei Welten verbinden. Und deswegen, also nicht nur, was du in der Nase hier gleich bekommst, sind natürlich diese typischen amerikanischen drei C‘s wie Centennial, Chinook, Cascade. Aber wenn du dann in den Trunk reingehst, dann ist das eine unheimlich lange, keine extreme Bittere, aber eine schön lang ausgezogene Bittere. Und warum? Weil wir eben hier versucht haben, den Versuch gestartet hatten und eben die amerikanischen Flavor Hops ein bisschen zu kombinieren mit klassischen deutschen Hopfen. Und da war eben dann zum Beispiel der Magnum drin oder der (unv. #00:06:45.8# Tauris?), oder sogar ein reiner Bitterhopfen, der in Deutschland großtechnisch eigentlich nur als Bitterhopfen genutzt wird, der Herkules, aber mit dem wir auch zum ersten Mal gestopft haben, also im Kaltbereich benutzt haben. Und die Kombination dieser sehr intensiven amerikanischen Flavor Hops mit den deutschen traditionellen Hopfen, das ist so ein bisschen typisch an dem Bier. Und, ach Gott, ist das gut.

Holger: Ja wunderbar. Soviel ich weiß, hat’s 8 % und 65 Bittereinheiten. Yo, das ist was. Wir haben ja keine Zeitverschiebung, du hast genau dieselbe Zeit wie wir, ne?

Jan Niewodniczanski: Das ist richtig. Ja, ja. Es ist ein bisschen dunkler als bei euch, glaube ich, jetzt hier, also keine Zeitverschiebung, ihr habt Sommerzeit, hier fängt der Winter an, deswegen die Tage etwas kürzer, alles schon ziemlich duster draußen. Aber das Schöne an dem südafrikanischen Winter, das ist wie ein schlechter Sommertag in Deutschland. Also ich sitze in einer Shorts und es ist immer noch schön warm hier.

Holger: Ja, Wahnsinn! Ich war auch schon mehrere Male in Südafrika und auch in Kapstadt und liebe das Land und die Leute und vor allen Dingen auch diese Stadt auch ganz extrem. Ihr habt ja unglaublich viele Marken, also Bitburger, König, Wernesgrüner, Köstritzer, Licher und natürlich auch einem Craftwerk. Und dann habe ich noch bestimmt was vergessen. Wie steuert man das denn alles? Ich sag mal, da gibt’s ja ganz viele verschiedene Interessen und auch Zielgruppen, jetzt auch gerade von Craftwerk, ist ja eine ganz andere Zielgruppe, stelle ich mir vor, als jetzt beispielsweise von Licher oder Köstritzer. Wie steuert man das? Wie macht man das eigentlich?

Jan Niewodniczanski: Ja, das ist eine gute Frage. Die frage ich mich jeden Morgen auch noch mal aufs Neue. Das ist natürlich unterschiedlich, jetzt mal von den Produktionen her gesehen bis zum Verkauf. Wir sind eine Braugruppe, ich habe gesagt, wir sind 100 % familiengeführt, aber wir haben natürlich in der Historie, gerade in diesen letzten 20 Jahren einige Brauereien dazu erworben. Die erste, die wir zu der Bitburger Brauerei dazu erworben haben, war die Köstritzer Brauerei, und danach kamen eben andere dazu. Interessanterweise auch zu einem Zeitpunkt eben, einer unserer damaligen Hauptwettbewerber, die König Brauerei, weil die König-Familie eigentlich mit unserer Familie doch sehr direkte Konkurrenten waren und wir uns in vielen eigentlich versucht haben zu messen in der Pils-Kompetenz. Und interessant war es dann einfach, als König irgendwann zu uns kam. Wie steuert man das? Also du musst dir das so vorstellen, jede Brauerei ist von uns, also das Thema Braugruppe, das klingt zwar wie so ein großes Dickschiff, ist es aber in Wirklichkeit nicht wirklich, weil jede Brauerei ist unheimlich verankert in der Region. Alle unsere Biere haben eigentlich einen unheimlich regionalen Bezug, eine unheimlich regionale Verwurzelung, die ist schon sehr, sehr lange bedingt. Also bei uns, bei Bitburger, jetzt über 200 Jahre, 1817 haben wir gestartet. Aber bei den anderen Brauereien teilweise noch länger, ein Köstritzer oder ein Wernesgrüner in Thüringen und Sachsen, das sind Geschichten, die sind schon über 400 Jahre alt. Also sehr in der Region verwurzelt, zum Beispiel in Kunst, in Sport, in Kultur. Eben aber auch bei den Konsumenten, die sind dort eben besonders loyal. Und teilweise bringen wir natürlich auch die Marken in einen überregionalen Vertrieb hinein. Das heißt, die wirkliche Hauptaufgabe, die Kunst, diese Marken zu führen, die hat eigentlich unsere Vertriebsmannschaft, weil die haben ein Portfolio praktisch in der Hand und müssen entscheiden: Naja, welche Marke kann ich wo draußen spielen? Welcher Konsument ist interessiert an welcher Marke? Wir haben natürlich sehr viele Marken. Wir haben auch die Kollaboration zusammen mit dem Kloster Ettal, wo wir auch das Benediktiner Weizenbier machen zusammen mit dem Kloster Ettal. Das heißt, wir versuchen verschiedenen Biertypen zu belegen, aber eben mit den verschiedenen Marken auch geografisch in Deutschland verschiedene Regionen zu belegen. Für mich, derjenige, der für die Technik verantwortlich ist, ist es wahrscheinlich ein bisschen einfacher, weil ich diskutiere jeden Tag natürlich mit meinen Leuten an den unterschiedlichsten Standorten schon seit langem über Videokonferenzen: Was sind die technischen Herausforderungen, was sind die qualitativen Herausforderungen? Wo können wir vor allen Dingen mit den zentralen Funktionen, die wir in Bitburg haben, wie ein super ausgestattetes Labor, wie eine Versuchsbrauerei, wo können wir unterstützen an den jeweiligen Standorten? Aber ansonsten ist im Grunde genommen jeder Standort eigentlich völlig unabhängig voneinander. Und ich glaub, die wirkliche Kunst, so viele Marken zu führen, die liegt im Vertrieb. Also da beneide ich den Vertrieb nicht, das ist wirklich eine Herausforderung, das ist wirklich sehr, sehr schwer. Wenige Unternehmen schaffen das eigentlich, so viele Marken gleichzeitig zu führen.

Holger: Ja, das glaube ich. Beer is local, auf jeden Fall. Markus, in Franken ist das natürlich auch großgeschrieben, für welches Bier hast du dich denn heute Abend entschieden?

Markus: Ja, das sage ich gleich. Vorher vielleicht noch ganz kurz, weil es gerade sehr gut passt, ich hatte mit Bitburger auch so die erste Bekanntschaft ganz, ganz positiv getroffen, also jetzt in Bezug auf den Begegnungen auf einer Brauerebene. Ich meine, ansonsten habe ich natürlich früher schon öfters das Bitburger getrunken, ist ja klar. Aber ich habe vor ein paar Jahren einen Brauereiführer geschrieben für Sachsen und Thüringen, und da gibt’s ja durchaus Brauereien in Sachsen und Thüringen, die mittlerweile zu größeren Konzernen oder Gruppen gehören, und das war überall ziemlich schwierig, bis auf zum Beispiel Wernesgrüner. Also das fand ich total toll, ich habe da angerufen und da eigentlich gedacht, okay, jetzt muss man da erst mal 20 Stationen durchmachen, bis dann so irgendjemand kommt und so. Dann war da eine junge Dame vom Marketing, die hat mich dann empfangen, wir sind durch die ganze Brauerei, sie haben mir alles erzählt, ich konnte mit ganz vielen Leuten reden, konnte Fotos machen, wie ich das gewollt habe. Am Ende haben sie mir das ganze Auto voller Bier geladen, und das war wirklich ein ganz, ganz toller, positiver, sehr schöner Besuch. Was ich auch sehr gut fand im Gegensatz zu eben anderen Beispielen, hat man dort eben Wert darauf gelegt, die Geschichte und die Kultur, die hinter dem ganzen Wernesgrüner Namen steckt, auch eben zu erhalten und zu sehen, dass man das wirklich weitertransportiert und auch wirklich vor Ort die Leute mit einzubinden, die da früher in der Brauerei schon waren. Deswegen habe ich das wirklich extrem positiv erlebt und das freut mich total. Aber jetzt dann doch zum Bier. Ich habe mir gedacht: Natürlich eben, ich bin ja in Franken, und dort haben wir einerseits natürlich eine sehr, sehr große Biervielfalt und andererseits auch so einen kleinen neuen Exportschlager, also mit dem ich großgeworden bin, den damals aber keiner kannte, nämlich dass Kellerbier. Und seit ein paar Jahren ist es ja so, dass dieses Thema Kellerbier auf einmal bundesweit an Bedeutung gewonnen hat. Und es gibt auch eben seit einiger Zeit ein Bitburger Kellerbier am Markt. Und da habe ich mir gedacht: Mensch, für diese Gelegenheit, ich habe das schon ganz lange bei mir unten im Kühlschrank, hatte es eigentlich für eine Veranstaltung gekauft, die Ende März gewesen wäre. Die hat dann natürlich nicht stattgefunden. Und seitdem steht das bei mir und wartet immer darauf, wann es endlich mal verkostet wird. Jetzt ist natürlich die absolut perfekte Gelegenheit, deswegen mache ich es jetzt auch mal auf.

Holger: Aber das war ja wieder klar, dass du dir ein Kellerbier aussuchst. Meine Güte, nee! Man hätte auch kreativer sein können, oder? Zum Beispiel ein Bier aus dem Collaboration Brew mit Sierra Nevada, Jan, das ist auch eine spannende Sache.

Jan Niewodniczanski: Ja, da hast du einen guten Punkt gefunden. Also zunächst mal zu dem Kellerbier, vielleicht, wenn ich bei dem Kellerbier von Markus bleibe, weil der eine oder andere fragt sich ja schon vielleicht: Wie kommt denn das, dass so eine traditionelle Pilsbrauerei wie die Bitburger jetzt so ein Kellerbier haben und jemand in Franken trinkt jetzt das Bier oder in Süddeutschland. Es ist einfach, wir haben es vor dem Hintergrund gesehen, dass wir eigentlich ein Pils haben, mit unserem Pils gab es über die letzte Generation sehr oft die Diskussion, guck mal, der Trend in Deutschland bei den Konsumenten geht immer mehr in mildere Biere. Und viele unserer Mitbewerber haben sich das natürlich auch angeschaut, und wenn du so ein bisschen die Analyse anschaust bei den deutschen Pilsbieren, dann siehst du, wir machen das regelmäßig, also wir haben einen Trend seit, ich weiß nicht, können wir in unseren Laborsystemen verfolgen, und du siehst dann so immer peu à peu, der eine fällt, droppt ab, der andere droppt auch noch mal runter. Und man versucht natürlich dadurch, dass man mit der ursprünglichen Pilsrezeptur sich vielleicht an mildere Konsumentengeschmäcker dran orientiert, versucht man so viel wie möglich Konsumenten zu erreichen. Wir haben bei Bitburger uns ganz klar dagegen entschieden und haben gesagt: Nein, wenn Bitburger draufsteht, da ist Bitburger drin, und wir bleiben bei unseren 33 Bittereinheiten. Was inzwischen seltsamerweise inzwischen relativ viel ist, also die internationalen Bittereinheiten für ein Pils, und haben gesagt: Wenn jemand tatsächlich unter der Marke Bitburger auch mit unserer Bitburger Hefe ein etwas milderes Bier haben will, dann lasst uns mal überlegen. Und wir haben dann uns entschieden einfach ein unfiltriertes Kellerbier dann auch rauszubringen, welches eben von den Bittereinheiten, ich glaube, in einer Größenordnung von 20 bis 22 ist. Was tatsächlich im unteren Rand von dem einen oder anderen Pils-Bier auf dem Markt ist. Aber einfach, um auch den Leuten, die vielleicht keine Affinität zu dem Thema Bittere haben, eben auch so ein Kellerbier zu geben. Du hast es angesprochen jetzt, aber wirklich ein superspannendes Thema, unser Sierra Nevada Projekt. Soll ich da ein bisschen mehr drüber sprechen, Holger, oder?

Holger: Natürlich, gerne. Das interessiert doch alle auch.

Markus: Genau. Ich halte mich bis dahin noch zurück mit der Kellerbierverkostung. Das passt schon, das schmeckt gut.

Jan Niewodniczanski: Ja, okay. Also wir haben einen anständigen Schaum auf dem Kellerbier, das sollte eigentlich auch nicht in die Hose gehen. Also probiere schon mal. Ja, also die Sierra Nevada Geschichte ist für uns natürlich auf der einen Seite Neuland gewesen für die Marke Bitburger, auf der anderen Seite eigentlich schon etwas, was wir ziemlich oft gemacht haben. Du hast es vorhin erwähnt, ich habe ja jetzt gerade auch ein Craftwerk getrunken, wir haben eine Versuchsbrauerei, wie sie wahrscheinlich einzigartig ist in Deutschland, die wir 1990 installiert haben. Eine 20 Hektoliter eigenständige Brauerei innerhalb der Brauerei, wo wir die besten Wissenschaftler der Welt immer hinbekommen von Weihenstephan, von Berlin, momentan eben gemanagt von Dr. Stefan Hanke, Dr. (unv. #00:16:59.3# Harz?), wie wir ihn ein bisschen liebevoll nennen, ein totaler Hopfen-Freak. Und dort machen wir eben auch neben unseren technologischen Versuchen und Optimierungen machen wir eben auch die Marke Craftwerk als kleine spezielle ein bisschen wahnsinnige, sagen wir mal, Craftbier-Marke in unserer Gruppe. Mit dieser Marke Craftwerk haben wir schon, ich glaube, wir haben ja 2013 angefangen, haben wir schon einige Collaboration Brews gemacht in den letzten Jahren, also völlig verrückte Sachen in Neuseeland, in Amerika, in Frankreich. Ich kenne sehr gut, Ken Grossman, den Inhaber und Gründer von Sierra Nevada. Und Ken war mal bei uns gewesen vor drei Jahren, zum zweiten Mal bei uns zu Besuch, und ich habe mich mit ihm unterhalten und da hat er gesagt: Hättet ihr nicht Lust, mal auch ein Collaboration Brew zu machen? Und ich glaube, ich hatte ihm damals die Collaboration Brews von unseren Bieren mit Craftwerk gezeigt. Das letzte, wir hatten das gerade verkostet, das von Garage Project in Neuseeland, wo wir so ein bisschen Schwarzwälder-Kirsch-Torte in ein Bier gemacht haben. Und er war so begeistert gewesen und hat gesagt: Ey, wir können auch mal ein Collaboration Brew machen. Und dann habe ich gesagt: Ja klar, machen wir einen. Dann bin ich nach Hause gegangen und habe gedacht: Ey, also mit Craftwerk, also mit unserer wirklich tollen Marke aus der Versuchsbrauerei wäre das natürlich so die absolute Krönung, jetzt mit Sierra Nevada was zu machen. Aber eigentlich ist das die Möglichkeit, zum ersten Mal auch mal was mit Bitburger zu machen. Ich habe es dann meinen Kollegen gesagt: Hier, Ken hat Lust, was mit uns zu machen. Was haltet ihr davon? Die haben gesagt: Du bist für die Produktion und für das Bier verantwortlich. Wenn du Lust hast, das zu machen, dann mach es. Also klar. Und ich habe Stefan angesprochen, Stefan Hanke, der die Versuchsbrauerei leitet. Der ist natürlich total ausgeflippt. Und dann haben wir zusammen mit Stefan, dann noch Stefan Meyna, mein Chefin von der Bierproduktion in Bitburg, Dr. Meyna, und dann eben den Jungs von Sierra Nevada haben wir eine Rezeptur erarbeitet. Es ging damals um das Thema Festbier in Amerika. Man muss wissen, Sierra Nevada macht jedes Jahr ein Festbier für ihr Oktoberfest in Amerika mit einer deutschen Brauerei, jetzt seit fünf Jahren. Und dann haben wir eben mit ihm zusammen dieses Festbier entwickelt, letztes Jahr. Sind dann rübergefahren nach Amerika, und nach einigen Versuchen, die wir gemacht haben, haben wir unsere Hefe rübergeschickt, haben uns überlegt, was machen wir, und haben dann am Springtober Fest dieses Bier vorgestellt, das heißt, im Mai zum Frühling in Amerika in ihrer Braustätte in North Carolina. Ja, war eine sensationelle Geschichte gewesen. Und haben das Bier dann auf den Markt gebracht, haben eine relativ große Menge bei ihnen dann produziert in Amerika. Das Bier war leider nie verfügbar in Deutschland, weil wir es eben im Stil von Oktoberfest-Bieren eingebraut haben und wir wollten die Diskussion gar nicht in Deutschland anfangen als Pilsbrauerei und haben es deswegen nur in Amerika verkauft. Und war eine tolle Geschichte. Wie das so ist, in Collaboration Brews gibt’s natürlich immer ein Wiedersehen. Das heißt, die Einladung auf der anderen Seite der Welt und wir haben dann eben Scott Jennings, den Hauptbraumeister von Sierra Nevada eingeladen nach Deutschland. Und wir haben uns wieder zusammengesetzt und haben uns überlegt: Was ist eine gute Rezeptur? Was sind die Gene der zwei Brauereien, die man so ein bisschen verschmelzen kann? Und haben eben das Bitburger Sierra Nevada Triple Hop gebraut im Dezember und hatten wahnsinnigen Spaß dabei. Das müsste jetzt noch so ein bisschen im Markt vorhanden sein. Und wenn es jemand da draußen sieht, dann kauft es, weil es ist limitiert und ich würde mir jetzt hier unten die Finger danach lecken. Also das ist ein sensationelles Bier. Es ist ein gut gehopftes IPL, würde ich sagen, also ein untergäriger Bierstil, ein Lager, mit unserer Bitburger Hefe gebraut. Aber dann eben mit schönen Hopfennoten, dreifach gehopft und mit den typischen drei C‘s, Chinook, Centennial und Cascade gebraut, aber auch gestopft. Und das Interessante an diesem Bier eben, wir haben den Cascade Hopfen, ein typisch amerikanischer Flavor Hopfen, den haben wir bei unserem Hopfenbauern Andreas Dick, 50 Kilometer weg von Bitburg angebaut und haben den in das Bier reingegeben und das Ergebnis, das ist einfach, es ist herrlich. Ist das schönste Biererlebnis, was wir seit langem wieder gemacht haben.

Holger: Wer jetzt noch keinen Durst hat, der ist wirklich selber schuld. Markus, verzeih mir, verzeih mir! Das musste ich jetzt einfach gefragt haben und das war ja auch eine spannende Sache jetzt. Aber jetzt spulen wir ein bisschen zurück zum Premium Kellerbier von Bitburger. Sag doch mal, wie es bei dir im Glas rüberkommt und dann letzten Endes auch in der Nase und im Geschmack.

Markus: Yo! Ich muss gar nicht so viel spulen, weil im Grunde kann man ja sogar weiterspinnen, denn mit Sierra Nevada hat 2016 die Mahrs Bräu auch schon ihr Oktoberfest-Bier zusammen gemacht. Und bei der Mahrs Bräu sind wir wiederum beim Urtyp eines Kellerbiers, beim Mahrs U. Und dementsprechend sind wir jetzt schon wieder beim Kellerbier, also man kann die Überleitung schon hinbekommen. Der Schaum ist tatsächlich immer noch da, Jan. Also da schon mal großes Kompliment. Das ist auf jeden Fall ein Bier mit gutem Stehvermögen sozusagen. Von der Farbe her sind wir in einem schönen Rotbraun, also eine schöne rötliche Färbung, so ein bisschen geheimnisvoll, leichte Trübung hat es bei mir. Und wenn man dann so reinriecht, sind es tatsächlich die malzigen Komponenten, auch ein bisschen Honig, ein bisschen Karamell, was da so rüberkommt. Und wenn man dann trinkt, gefällt mir vor allem dieses sehr, sehr weiche Mundgefühl, da sind wir nah beim Kellerbier. Nicht so kohlensäure-lastig, hintenraus klingt es dann erst mal ein bisschen mild, aber dann kommt doch auch eine Bittere rüber, die den Mund schön austrocknet und die dann eben auch im Keller auch ganz wichtig ist, damit man dann danach auch gleich wieder das nächste holt. Also Bierstil auf jeden Fall getroffen, das schon mal sehr gut. Und da sind wir als Franken ja eigentlich auch irgendwie ganz stolz, dass auf einmal die ganze Republik unseren Bierstil forciert. Also insofern ganz schön. Da muss ich vielleicht noch erzählen, weil der Holger so gesagt hat, naja, ist ja einfach, sich ein Kellerbier auszusuchen. Ich hätte schon noch andere Biere dagehabt, weil ich habe letztes Jahr für den Hopfenpflanzer Verband in Brüssel eine Verkostung gemacht, beim Global Hop Summit, und habe da moderiert und eben auch verkostet. Und da hatten wir den Dr. Georg Stettner da von Bitburger und der hat drei Biere mitgebracht gehabt, nämlich das Mat Calista, das Tangerine Dream und das Holy Cowl. Und die haben wir dort verkostet und ich habe mir ein paar Flaschen mitgenommen. Also die hätte ich theoretisch auch noch im Keller gehabt, aber das Kellerbier hatte es mir jetzt angetan. Wobei es jetzt spannend ist, was du dir ausgesucht hast.

Holger: Ich bin immer wieder beeindruckt, was du alles im Keller hast. Also Wahnsinn! Naja, also was habe ich mir ausgesucht? So schwierig ist das ja gar nicht, wenn man mich kennt. Ich habe mich einfach für einen königlich erfrischenden Feierabend entschieden. Und hab mir wieder mal ein KöPi herausgeholt. Der Stammhörer weiß es ja, ich bin Duisburger und die König Pilsener Brauerei ist in Duisburg-Beeck und meine Eltern haben ja eine Gastronomie gehabt und meine Großeltern haben auch eine Gastronomie gehabt. Und was man also auf keinen Fall irgendwie machen darf, ist in Duisburg eigentlich ein anderes Pils ausschenken als KöPi. Und so habe ich das heute zum Anlass genommen, um mit euch anzustoßen eben auf ein wirklich tolles König Pilsener. Ich mach das mal auf. Und jetzt schenke ich es mal ein. Jetzt haben aber die allerletzten auch noch Durst bekommen. Also das hoffe ich. Und bei mir ist jetzt einfach wunderschön so ein schönes hellgoldenes Pils im Glas mit auch einem ganz tollen Schaum und dann eben mit den blumigen heuigen Noten eines Pils. Und ich trinke jetzt auch mal einen Schluck. Also Prost!

Markus: Prost!

Jan Niewodniczanski: Ja, Prost, Holger!

Holger: Und das ist Heimat, das ist einfach Heimat. Da kommen ganz viele Bilder sofort bei mir hoch. Und selbst bei KöPi, ist ja jetzt eine Marke, die auch ein Rotbier hat, also das ist ja ein Nürnberger Bierstil eigentlich. Und auch dann Theodor König Zwickl, gab‘s ja auch, also ich glaube, 2016 gab’s das Zwickl und das Rotbier gibt’s, glaube ich, seit letztem Jahr, oder?

Markus: Mhm (bejahend).

Holger: Ich war bei einem großen Getränkefachgroßhändler in Essen, die hatten Jubiläum und da war auch ein Stand von der König Brauerei und die hatten dann das Rotbier präsentiert. Da habe ich das auch zum ersten Mal probieren können. Das war, glaube ich, letztes Jahr, oder Jan? Das gibt’s seit 2019?

Jan Niewodniczanski: Ja, ja. Das ist seit letztem Jahr. Da fingen wir in der Kernregion an und sind natürlich seitdem jetzt ein bisschen in die Breite gegangen. Auch wiederum etwas milder, was man beim KöPi Pilsener natürlich auch bedenken muss, es ist auch mit den 32, 33 Bittereinheiten genauso wie Bitburger auf dem vergleichbaren Level. Das heißt, ich habe euch ja vorhin erzählt, das waren zwei Marken gewesen im Westen, die sich immer so ein bisschen tief in die Augen geschaut haben und sich versucht haben, die Marktanteile abzuluchsen. Und gerade in Nordrhein-Westfalen, im Ruhrgebiet, gibt’s natürlich die Königstreuen. Also da kommst du nicht mit einem Bitburger Pils hin, da ist einfach die Liebe zu KöPi einfach unheimlich stark da. Interessant einfach jetzt mal von der technischen Seite her oder technologischen Seite, es sind zwei Biere, die zwar vergleichbare Bittereinheiten haben, vergleichbare Vergärungsgrade, aber wir haben ziemlich unterschiedliche Hefen, die du auch im Aroma, wenn du mal ein bisschen reinschnupperst, auch dann merkst. Das König Pilsener hat die klassische Weihenstephaner W-34/70 Hefe, während das Bitburger hat diesen eigenen ursprünglich Berliner 1000 Stil, der dann irgendwann mal vor 100 Jahren mal in Bitburg mutiert ist. Also ich hab’s auch nicht erlebt, aber es hat diese sehr, sehr eigene ein bisschen hefige Note bei dem Bier, wenn man es frisch antrinkt. Gibt uns eine gute Drinkability, aber unterscheidet sich natürlich dadurch auch von dem König Pilsener. Aber das, was man bei dem KöPi natürlich wirklich sagen muss, die Kernregion, die um den Kirchturm herum, um die Brauerei herum, also die sind so loyal, da wünsche ich mir auch keine anderen Konsumenten, also da respektiere ich auch wirklich jeden, der wirklich dieses Pils trinkt. Ich mag es auch sehr, sehr gern, weil es ein sehr klassisches, reines Pils ist. Und eben, wie gesagt, von der Hefe, im Aroma ein leichtes, unterschiedliches Aroma zu unserem Bitburger Pils hat. Das Rotbier hast du angesprochen, auch da haben wir eben versucht, dem ein oder anderen, gerade in der jüngeren Generation ist eben das Bedürfnis, auch ein bisschen mildere Biere zu haben. Und auch hier beim KöPi Pils haben wir gesagt, nein, wir werden die Rezeptur nicht verändern. Und für diejenigen, die der Marke wirklich treu sind und die unbedingt ein König Pilsener haben wollen oder ein König Bier eben haben wollen, da haben wir gesagt, dann machen wir eben etwas Milderes und geben eben ihnen die Möglichkeit und werden dafür die Rezeptur vom König Pilsener auf keinen Fall anfassen. Das war so ein bisschen der Hintergrund hinter unserem König Rotbier.

Holger: Es muss erlaubt sein, weil ich bin ja so ein Konsument, also ich bin ja so ein Hardcore KöPi Mann, also wenn man damit groß wird, ist das halt so. Und dann musst du dir noch vorstellen, ich bin jetzt genau 50 und bin dann, ich sag jetzt mal, so Mitte der 80er, so 85, regelmäßiger KöPi Trinker seit der Zeit. Und da waren natürlich die 80er Jahre, da war KöPi auch richtig erfolgreich. Also da war das einfach das Pils schlechthin. Kann aber auch sein, dass ich das einfach nur aus meiner Duisburger Wahrnehmung so gesehen habe, aber …

Jan Niewodniczanski: Nein, Holger, da hast du schon Recht. Also 80er Jahre, 70er, 80er Jahre war natürlich die Hochzeit der Pilsener Biere. Und es waren eben zwei Brauereien, die da total draufgesprungen sind, und das war damals Leo König mit seiner Tochter Doris König in Duisburg, der wirklich diesen Pilsener Trend wirklich vorangetrieben hat mit einer unheimlichen Vehemenz. Und eben Bitburger, die eben das Thema Pils versucht haben, neu zu beleben, auch über die Marke zu spielen. Und eben das Bier, du musst dir überlegen, damals war eben auch Bier, in Deutschland kam mehr so von den Dortmunder Brauereien, und plötzlich kamen diese Brauereien, König Pilsener und eben Bitburger, die eben ein Bier versucht haben über den Premium-Anspruch und die Bittere eben über diese klassischen Exportbiere zu setzen. Und das war der Trend gewesen. Heute, wenn du heute zum Beispiel über den Craft-Trend redest und viele sagen, naja, diese Industriebiere oder diese langweiligen Pilsener Biere, also da muss ich den Hörern oder den Kritikern immer sagen, also Leute, beschäftigt euch ein bisschen mit Geschichte, mit Biergeschichte. Also solche Pilsbiere wie König Pilsener oder Bitburger Pils, das waren mal die Craftbiere in Deutschland gewesen. Mein Urgroßvater, Kommerzienrat Theobald Simon, der war ein totaler Bier-Freak gewesen um die Jahrhundertwende, und er hat zum Beispiel angefangen, Pilsbiere zu brauen, da hat Carl Linde noch nicht die Eismaschine erfunden. Als mein Urgroßvater dieses Unternehmen übernommen hat, unsere Brauerei, der war so fasziniert von seinen Besuchen in der Tschechei von dem Pilsener Bierstil, und hat dann eben angefangen, als er die Brauerei übernommen hat, hat gesagt, okay, ich will unbedingt untergärige Biere brauen. Und dann hieß es, naja gut, aber es gibt ja noch keine Kühlung. Also wie machst du das ganze Jahr untergärige Biere? Und er hat das ziemlich kreativ gemacht. Er hat dann jede Menge Seen, Weiher um die Stadt Bitburg ausgelegt, so wie viele westdeutsche Brauereien es dann versucht haben, und hat dann im Winter Eis geerntet und das hast du dann über den Sommer in deinen Eiskellern gehortet. Deswegen hieß unsere Brauerei damals auch Simon Bräu Brauerei und Eisfabrik. Und dann konntest du plötzlich da Lagerbiere brauen, Pilsbiere. Und er hatte so eine Obsession auf dieses Thema Pilsbier gehabt, dass er praktisch die ganzen obergärigen Biere, die damals eben noch akut waren oder die aktuell waren, die jetzt wieder natürlich durch den Craft-Trend wieder neu rauskommen oder wieder rauskommen, er hat sie damals mehr oder weniger gekippt und hat sich fokussiert auf untergärigen Stil. Und dann kam so Ende der 70er Jahre tatsächlich dann eine funktionierende Eismaschine von Carl Linde und wir haben sie in Bitburg dann 89 bekommen, 1889. Soviel vielleicht zur Geschichte vom Pilsbier. Also Pils sollte man schon ein bisschen auch vor dem Hintergrund, vor der Vergangenheit auch ein bisschen die Wertschätzung geben, die es auch verdient, die es sich erarbeitet hat.

Holger: Ist mein Reden schon seit ganz langer Zeit. Ich sag das auch immer, Pils ist nach wie vor mein absoluter Bierstil und es ist auch schwer zu brauen. Also wenn man selber mal gebraut hat, und ein wirklich tolles Pils zu machen, ist eine Kunst. Man kann wirklich sagen, Innovation schon seit langer Zeit. Jetzt zuletzt auch dann mit Craftwerk weitergeführt. Craftwerk gibt’s ja seit 2013. Aber du hast ja gerade schon erzählt, eigentlich seit Anfang der 90er schon als Versuchsbrauerei installiert. Was ich jetzt gerne noch mal ansprechen würde, ist eben die Siegelhopfen-Thematik. Da gibt’s ja den Hopfenhof Dick, den hast du auch schon vorhin erwähnt. Sagt doch mal, was ist denn jetzt das Besondere an diesem Siegelhopfen?

Jan Niewodniczanski: Tja, Holger. Das ist jetzt natürlich so ein bisschen das Geheimnis. Also zuerst mal zu dem Hopfenhof Dick. Also es gibt ihn tatsächlich, du wirst es nicht glauben, wie viele Menschen tatsächlich jeden Tag googeln, ob es einen Segelhopfen in der Eifel gibt. Weil jeder, der sich mit Bier beschäftigt, der kennt die Hopfenanbaugebiete in der Welt, das größte natürlich in der Hallertau, wenn ihr von Nürnberg runter nach München fahrt, dann seht ihr die ganzen Hopfenstöcke, dann höre ich links und rechts so eine Autobahn, von der A9. Und dann gibt’s natürlich den Spalterhopfen, es gibt in Frankreich ein schönes kleines Hopfengebiet Richtung Elsass. Es gibt in China vielleicht ein kleines Hopfengebiet. Ein richtig großes Hopfengebiet natürlich in Amerika, in Washington State Yakima, wo wir öfters auch hinfliege und uns die Flavor Hopfen anschauen. Aber die Haupthopfen, das sind so ein bisschen die Haupthopfengebiete weltweit. Und dann gibt’s tatsächlich in Deutschland dieses kleine widerspenstige Hopfengebiet in der Eifel, das durch die Familie Dick ins Leben gerufen wurde, also jetzt frag mich nicht, wann es war, ich glaube, das war so ungefähr, das wird ja in der zweiten Generation geführt, es ist von dem Vater Herbert Dick, ich glaube, so etwa 40 Jahre, vor 44 Jahren in die Welt gerufen worden. Und 22 Hektar, die wir dort haben, die exklusiv für das Bitburger Pils genutzt werden, wo wir jetzt eben, ihr habt’s vorhin gehört, auch mal ab und zu einen Flavor Hopfen anbauen wie den Cascade, wo wir einfach interessiert waren, wie so ein Amerikanischer Flavor Hopfen wie der Cascade in unserem Anbaugebiet in der Eifel wächst. Und wir haben dort eine Mischung von unterschiedlichen Hopfen, weil dieses Hopfenanbaugebiet ist alleine nur von einer Familie bewirtschaftet. Das heißt, auch eine Hopfendarre, die da nur existiert. Das bedeutet, du musst schon unterschiedliche Hopfen dort anbauen, damit diese Darre über die Erntezeit eben auch belegt werden kann. Und dort haben wir eben den Hopfen angebaut, der für die Rezeptur für unser Bitburger Pils so entscheidend ist. Dieser Hopfen wird in der Hallertau dann auch weiterverarbeitet, getrocknet und gesäubert. Das heißt, er wird in der Eifel geerntet, geht runter in die Hallertau und kommt dann wieder zurück und ist ein signifikanter und für uns essenzieller Teil natürlich unserer Marke Bitburger. Tolles Hopfenanbaugebiet, sehr klein, sehr schnuckelig, aber ein wahnsinnig leidenschaftlicher Hopfenbauer, hervorragende Hopfenqualität. Andreas Dick, der das eben jetzt in der zweiten Generation macht, der hat bei uns eine Brauerlehre gemacht, der ist also auch ein leidenschaftlicher Brauer, auch ein Craft-Brauer, braut selber zu Hause. Er ist auch ein Biersommelier, ausgebildeter, das heißt, er ist Biersommelier, Hopfenbauer und Brauer, eigentlich die drei schönsten Berufe, die man kombinieren kann. Er macht das mit einer Leidenschaft, wenn du ihn jemals besuchst, Holger oder Markus oder irgendeiner von den Zuhörern, macht es, fahrt mal dahin während der Hopfenernte. Wenn man einmal so unter der Darre abends sitzt und ein Bierchen trinkt und man hat um sich herum nur Hopfen, das hat ein Suchtpotential, das ist einfach unvorstellbar. Das ist so schön in so einem Hopfenfeld, also für mich ist das wirklich der schönste Ort auf der ganzen Welt.

Holger: Ja, toll.

Markus: Auf jeden Fall. Ich denke, wenn man das mal erlebt hat, also wir haben das ja jedes Jahr in der Hallertau natürlich, ich war auch im Yakima Valley schon, und da ist das dann noch mal eine andere Dimension, aber es ist unglaublich, dieses intensive Hopfenaroma. Ich würde aber noch mal ganz gerne kurz was zur Historie sagen, weil das finde ich auch ganz wichtig. Also gerade, Holger, weil du ja so ein Pilsbier-Fan und Freund bist, da ist die Bitburger Brauerei ja ganz wichtig, weil ohne die Bitburger Brauerei dürfte das Pils in Deutschland ja gar nicht Pils heißen, oder Jan?

Jan Niewodniczanski: Ja, das ist richtig. Ich habe euch vorhin von meinem Urgroßvater erzählt, dem Kommerzienrat Theobald Simon, der, ich glaube, 1871 seinen Job angefangen hat und dann eben bis in Anfang 1900 dann auch dort das Unternehmen geleitet hat. Ich habe euch erzählt, seine totale Obsession mit Pilsener Bieren. Er fing dann alles umzustellen auf Pilsener Typ, und der das eben nur geschafft hat, indem er dann eben diese Eiskeller geschaffen hat und das Eis geerntet hat und das ganze Jahr über tatsächlich auch in der Eifel untergäriges Bier, also für den Hörer, untergärig bedeutet, dass du das bei kälteren Temperaturen eben gären musst und wenn du keinen Kühlschrank hast oder keine Kühlmaschine, ist für uns natürlich heute alles unvorstellbar, dann musst du natürliches Eis nehmen und im Sommer musst du es genauso nehmen wie im Winter, und deswegen musst du es eben im Keller halten. Und er hat das eben dann ziemlich groß angetrieben, er war wahnsinnig erfolgreich gewesen damit, die Brauerei ist gewachsen. Und die Pilsener Brauereien, von denen er natürlich irgendwann mal sich diese Rezeptur abgeluchst hat und sich das abgeschaut, und er hat gesagt, das sind die Experten in Europa im Pilsener Bierstil. Die waren nicht so ganz begeistert, die sahen plötzlich in Deutschland, da gibt’s so einen widerspenstigen Eifler, der braut da in seiner kleinen Eifler Landbrauerei ein Pilsener Stil, und das geht ja gar nicht. Weil damals war es noch kein Pilsener Stil, sondern es war ein Pilsener Bier. Und Pilsener Bier bedeutete, es muss aus Pilsen kommen so wie Dortmunder Biere mussten aus Dortmund kommen und Münchner Biere aus München. Und es gab dann einige Gerichtsverfahren gegen meinen Urgroßvater. Er hat es geschafft durchzukommen bis zum Obersten Gerichtshof damals in Leipzig. Das war 1913 im Obersten Gerichtshof in Leipzig ging tatsächlich dann das wahrscheinlich wichtigste Bierurteil in der jüngeren Historie, in den letzten 100 Jahren. Es wurde dann verhandelt, wie kann es sein, dass eine Eifler Brauerei ein Pilsener Bier braut? Mein Urgroßvater war damals ein ziemlicher Fuchs gewesen, er hat sich die Rezepturen genau angeschaut in der Tschechei bei den Pilsener Brauereien und ist zu der damaligen Versuchs- und Lehranstalt in Berlin gegangen, die Schule des Brauwesens in Berlin, hat die Analysen machen lassen und das Gerichtsurteil wurde dann zugunsten meines Urgroßvaters entschieden mit der Begründung, dass die Analysen, fünf verschiedene Analysen vom Extrakt bis zum Alkoholgehalt, bis zur Farbe, bis zur Bittere, alles eins, bis auf die zweite Kommastelle identisch waren mit dem Pilsener Bier. Und deswegen darf ab sofort eben, und das war im Jahr 1913, ab sofort darf das Bier, ein Pilsener Stil, auch in Deutschland gebraut werden. Ab diesem Tag war Pilsener nicht mehr eine Herkunftsbezeichnung, sondern eine Sortenbezeichnung. Das war mein Urgroßvater. Also schon ein ziemlicher Fuchs, der Junge, gewesen.

Holger: Ja Mensch, Wahnsinn! Jetzt haben wir ganz schön intensiv und lange über Biere, über Stile, über Innovationen und über Rohstoffe gesprochen, und letzten Endes machen es ja dann auch die Menschen aus, mit viel Herzblut und Kreativität und auch einer Prise Wahnsinn.

Jan Niewodniczanski: Absolut.

Holger: Wenn man dir so zuhört mit den ganzen Eisen, die da im Feuer sind und so, also das ist echt krass, muss ich wirklich sagen. Oder Markus?

Markus: Ja, ich bin völlig platt und hin und weg. Ich hätte noch eine Frage, weil ich das ganz interessant finde. Du bist ja auch für das Thema Umwelt zuständig. Und nun ist es ja mit der ganzen Corona-Geschichte ein bisschen zugedeckt, aber eigentlich haben wir ja das ganze Thema Klimawandel und auch die Brauereien, die letzten Endes einerseits versuchen wollen und müssen, nachhaltiger zu werden und klimaneutral zu werden, andererseits aber auch das Thema Rohstoffe, wo einfach der Klimawandel eine große Rolle spielt, zum Beispiel beim Hopfenanbau, weil wenn es einfach immer trockener wird und wir nicht bewässern können, einfach auch die Hopfenernte an sich in Gefahr ist. Und das Gleiche gilt natürlich auch für die Braugerste. Also sind das alles so Punkte, wo du auch einen Schwerpunkt hast? Oder sind das Sachen, die du dann eher abgibst, weil du dich mehr um die konkrete Technik kümmern musst?

Jan Niewodniczanski: Nein, Markus, das ist ein Riesenthema für mich. Auch wenn wir jetzt momentan natürlich in einer für unsere Generation sensationellen Krise sind, weil wir noch niemals mit so etwas umgingen, dann darfst du nicht vergessen, dass, was immer wir momentan erleben, diese Krise ist eigentlich ein Klacks gegen das, was momentan als Klimaveränderung weltweit passiert. Also für mich ist das Thema Klima, Nachhaltigkeit, ist immer noch das Topthema Nummer eins. Es ist essenziell für mich, es ist essenziell für unsere Unternehmen und es sollte eigentlich das Thema Nummer eins für jeden einzelnen von uns sein. Und es ist für uns als Unternehmen natürlich, jetzt will ich nicht nur die ökologische Perspektive nehmen, sondern es ist natürlich eine Perspektive für uns als Brauerei, wie bringen wir das Thema Ökologie, Wirtschaft und Soziales in Einklang? Das heißt, wie können wir in unserer Region eine Rolle spielen? Wie können wir Arbeitsplätze sicherstellen? Aber wie können wir natürlich auch in das Thema Nachhaltigkeit über das Thema Ökologie etwas verändern? Und da tun wir uns extrem engagieren. Allein die Tatsache natürlich, dass wir schon so lange unabhängig sind, zeigt, dass man ein nachhaltiges Unternehmen ist. Aber natürlich jetzt gerade seit etwa 12 Jahren sehr strukturiert mit dem Thema Nachhaltigkeit unterwegs. Wir wollen Ende dieses Jahres die erste Brauereigruppe in Deutschland sein, die klimaneutral alle ihre Produkte produziert. Das heißt, wir haben eine sehr, sehr große Bemühung gemacht in den letzten Jahren, bei all unseren CO2-relevanten Verbrauchern eben runterzukommen im Energiebereich. Wir haben jetzt ein sensationelles Projekt am Laufen, wo wir versuchen in Duisburg an der KöPi-Brauerei, die du ja vorhin erwähnt hast, uns an eine Abwärmeleitung, die ansonsten nicht genutzt wird, von Thyssenkrupp dranzuhängen, um eben unsere Energieversorgung über Abwärme dort sicherzustellen. Wir machen also wirklich auch teilweise crazy Sachen, wirklich verrückte Sachen, um unseren CO2-Footprint runterzubringen. Und wir versuchen das, was wir tatsächlich zum Schluss nicht mehr reduzieren können, dann auch nicht nur über irgendwelchen Emissionshandel zu kompensieren, sondern wirklich physisch über auch Forschungsprojekte, die wir aktiv unterstützen in Südamerika, versuchen wir auch dann zu kompensieren. Also Ende dieses Jahrs werden wir alle unsere Produkte, die in der Braugruppe, egal ob es am Standard Bitburg ist oder in den anderen Brauereien werden wir klimaneutral produzieren. Es ist ein Riesenthema für mich und es sollte für uns alle ein Riesenthema sein, auch wenn wir jetzt natürlich einen bisschen anderen Fokus haben, gerade in der aktuellen Krise.

Holger: Ja, in dem Zusammenhang wäre dann auch noch der Nachhaltigkeitsbericht von euch erwähnt, der ja auch spannend zu lesen ist und der ja auch auf der Internetseite veröffentlicht ist. Das ist schon auch sehr anerkennenswert, also ganz, ganz prima. Irgendwie müssen wir trotzdem zum Ende kommen. Also ich habe ja hier immer noch mein KöPi und freue mich darauf noch.

Markus: Ich denke mal, wir können oder müssen ja an dieser Stelle mal einen Punkt machen, aber ich denke mal, es muss ja nicht der letzte BierTalk zusammen gewesen sein. Ich war auch noch nie in der Bitburger Brauerei vor Ort, also ich denke, vielleicht machen wir das einfach, wenn es irgendwann mal wieder möglich ist, dass wir vorbeigucken, uns die Brauerei anschauen und dann vielleicht noch mal einen BierTalk live vor Ort machen. Was mich noch interessieren würde, das können wir aber dann besprechen, ist das ganze Thema alkoholfrei und alkoholarm, weil da ja Bitburger auch mit federführend war mit einigen Produkten oder ist, und für mich das ein ganz großer Punkt in der Zukunft ist, was ich auch in vielen Seminaren auch gemacht habe. Und da würde ich dann mal gerne drüber reden.

Jan Niewodniczanski: Gerne. Also ihr seid jederzeit bei uns willkommen. Also wenn ich auch mal da bin dann in Bitburg, ihr seid herzlich eingeladen. Also ich bin gerne wieder dabei und wir können auch ruhig mal ein anderes Fokusthema nehmen wie alkoholfrei.

Markus: Wunderbar. Holger, …

Holger: Perfekt!

Markus: … wir müssen noch so einen schönen Abschied machen.

Holger: Noch einen schönen Abschied machen. Ja Mensch, also jetzt gehen wir noch mal nach Südafrika und verabschieden den Jan in einen schönen Abend mit seinem Triple aus dem Craftwerk. Und alles Gute für dich und deine Familie, dass es auch bald wieder zurück in die Heimat geht und du auch hier an deinem Arbeitsplatz weiterwirken kannst. Also 1000 Dank für deine Zeit und für die interessanten Dinge, die du berichtet hast. Mir hat es viel, viel Spaß gemacht. Vielen, vielen Dank! Schönen Abend noch.

Jan Niewodniczanski: Vielen Dank, Holger, vielen Dank, Markus! Hat unheimlich Spaß gemacht mit euch mit dabei zu sein. Macht das auch ein bisschen näher die Entfernung hier von unten von Südafrika. Also ich bin natürlich morgen wieder, morgen früh mit meinem Team über Video dabei, aber das hier war schon wirklich eine klasse Erfahrung wieder gewesen. Danke, schöne Grüße in die Heimat. Ich freue mich, das nächste Mal hoffentlich, dass wir mal an einem Tisch gemeinsam anstoßen können bei einem guten Bierchen. Das wäre so ein bisschen mein Wunsch jetzt momentan. Bis zum nächsten Mal! Danke euch beiden.

Holger: Danke. Tschüss!

Markus: Das machen wir. Danke. Tschüss!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 19 – Interview mit Christian Pichler vom Batzen Bräu in Bozen / Bolzano

Unser 19. BierTalk führt uns nach Südtirol und damit ins europäische Herz der Genusskultur. Hier treffen Käse und Schinken, Pizza und Schnitzel, aber auch Wein und Bier aufeinander und werden jeweils in bester Qualität zelebriert. Einer dieser Genusstempel ist das Batzenhäusl in Bozen, das von Robert Bobo Widmann und seiner Familie geführt wird. Zur Familie gehört Christian Pichler als Schwiegersohn und mittlerweile Vater von fünf Kindern. Im Gespräch erzählt er von seinem Weg zum Braumeister und von seiner Philosphie und Liebe zum Bier – und zu seinem Heimatland. Ein BierTalk nicht nur für Bierfans, sondern auch für Freunde feiner Genussreisen – ganz nebenbei lüftet Holger übrigens das Geheimnis seiner wahren Herkunft...

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Holger: Herzlich willkommen zu dem 19. BierTalk. Ich kann euch sagen, die liebste Grenzüberschreitung überhaupt findet heute statt. Es geht nach Südtirol. Wie immer mit mir, dem Holger und dem …

Markus: Markus. Wir haben wirklich eine Grenzüberschreitung, denn wir haben auch eine andere Premiere, Holger.

Holger: Ja. Wir haben auch eine andere Premiere, aber da sagen wir gleich noch was dazu. Zu Gast ist der Christian vom Batzen Bräu in Bozen. Christian, herzlich willkommen! Grüß dich! Vielleicht stellst du dich selbst vor.

Christian Pichler: Hallo! Grüße nach Deutschland. Freut mich sehr, euch mal zu hören, mit euch zu quatschen. Mein Name ist Christian Pichler. Ich bin Braumeister im Batzen Bräu, bin 36 Jahre, lebe schon seit eh und je in Südtirol und mache den Batzen Bräu, das schöne, gute Bier.

Holger: Genau. Und das steht auch vor uns. Da freuen wir uns schon richtig drauf.

Christian Pichler: Genau.

Holger: Und Markus hat es ja schon gesagt, unsere Premiere ist, wir sind eben zusammen in Bamberg und machen die Aufnahme gemeinsam. Also das haben wir ja noch nie gemacht, sondern haben uns jetzt erst beim 19. Mal getraut, das wirklich gemeinsam zu machen. Das ist großartig, also das Mikrofon steht auf dem Tisch, aber natürlich auch die Gläser und die Biere. Also es kann sozusagen losgehen.

Markus: Absolut. Mit was wollen wir denn anfangen, Christian?

Christian Pichler: Ich würde sagen, wir fangen mit dem Kranewitten an, das erste Bier mit Südtiroler Qualitätszeichen, was ich gemacht habe. Das heißt, wir nehmen 99 % der Rohstoffe rein aus Südtirol und Hauptanteil logischerweise ist das Gerstenmalz, etwas Dinkel und natürlich unser Wasser. Und das wäre das Kranewitten, wie schon gesagt, und das ist ein schönes Saison nach Südtiroler Art gebraut.

Markus: Okay. Dann machen wir es mal auf, oder?

Holger: Unbedingt. Ja.

Christian Pichler: Jawoll.

Holger: Da kann man nichts falschmachen. Ich auch, ich auch. Also nicht so viel. Wahnsinn, der Typ.

Markus: Prost!

Christian Pichler: Zum Wohl!

Markus: Mmh!

Christian Pichler: Wie schon gesagt, ein Saison, sehr trocken. Die Hefe ist sehr wichtig in diesem Bier, das ist eine Belgian Saison-Hefe, die uns auch die schönen belgischen Charaktere gibt. Aber was noch besonders ist, ich habe ja vorhin gesagt, wir brauen das nach Südtiroler Art. Und der Gedanke dahinter ist, ich habe das mit Wacholderbeeren, Pfeffer und Salz gewürzt. Wir in Südtirol dürfen ja nicht nach dem Reinheitsgebot brauen, das ist auch, wo ich sehr viel Freude daran habe. Also ich halte sehr, sehr viel vom Reinheitsgebot, mache auch die meisten Biere nach dem Reinheitsgebot. Unserer Hauptbier, das Vienna oder auch das Pils, die ganzen Bockbiere sind nach Reinheitsgebot gebraut. Und das war eines meiner ersten Biere nicht nach dem Reinheitsgebot. Und deshalb auch bewusst mit Südtiroler Qualität und auch mit der Südtiroler Art und Weise, weil man ja auch Speck mit Südtirol verbindet, und Speck würzt man genau gleich wie dieses Bier.

Holger: Sehr gut. Und wo kommt der Name Kranewitten her?

Christian Pichler: Kranewitten sagen wir auf Südtirolerisch zu Wacholderbeeren. Also, wenn einer bei uns Kranewitten sagt, dann weiß man eigentlich, das sind die Wacholderbeeren.

Markus: Also so eine Mischung aus Gin, Goose, Wit und Saison?

Christian Pichler: Genau. Genau das war eigentlich der Gedanke, einfach die Gewürze etwas reinzubringen. Und vor allem, das war mein erstes Bier mit Salz, das ich etwas gesalzen habe. Und ich bin ein sehr großer Freund, die Biere etwas zu salzen, denn Salz hebt die Vollmundigkeit. Man muss nur aufpassen, dass es ja nicht zu viel wird. Und das geht auch relativ schnell, wenn man mit der Menge etwas zu locker ist, dass die Biere auch versalzen sind.

Holger: Es sind ja gerade die Eisheiligen, deshalb ist es sehr schönes Wetter hier in Bamberg, aber eben kühler. Aber das ist so ein richtig tolles Bier jetzt zum Starten, also schön trocken und schlank. Also mir schmeckt‘s gut, oder?

Markus: Ja. Nein, super. Was ich ganz tollfinde, es hat ja so richtig schöne weinige Noten, und das vermischt sich mit dem Salz. Ich glaube, das Salz öffnet noch mal im Mund so ein bisschen für die Säure.

Christian Pichler: Genau.

Markus: Und dann hat man da ein richtig schönes Zusammenspiel. Und dann kommt natürlich, die Flüssigkeit spült das Salz wieder ein bisschen weg und der Mund klingt ganz trocken aus. Also das ist ein sehr, sehr angenehmes und spannendes Bier. Toll!

Christian Pichler: Ich muss sagen, das ist bei uns auch sehr gut angekommen. Das war ja immer so südtirolisch relativ einseitig geprägt mit dem Biertrinken und wir waren eine der ersten Brauereien, die etwas mehr Schwung in die Bierszene gebracht haben. Auch Italien ist ja mittlerweile sehr weit vorne und da wir ja zu Italien gehören, sind wir da ein wenig aufgesprungen und wollten den Südtirolern etwas mehr Bierkultur beibringen und sind jetzt schon auf einem guten Punkt. Wir sind ja seit mittlerweile schon acht Jahren (unv. #00:04:32.6#), 2012 haben wir unsere Brauerei eröffnet, haben sehr, sehr viele Biere in unserem (unv. #00:04:37.5#), die wir auch den Kunden erklären müssen zuerst logischerweise, aber dann kommen immer mehr auf den Geschmack, auch etwas außergewöhnliche Biere zu trinken. Wir machen eben ganz, ganz viele auch außergewöhnliche Biere.

Holger: Ich kann das nur bestätigen. Man kann eigentlich fast sagen, in Südtirol gab’s ja ein Monopol, und zwar die Forst Brauerei in der Nähe von Meran. Das muss man wirklich so sagen, die haben Südtirol fest in ihrer Hand, die ganze Gastronomie kennt eigentlich nur die Forst Biere. Und da habt ihr einen schönen, also wirklich ein schönes i-Tüpfelchen gesetzt. Ihr seid da erfolgreich und eben auch bei Pur Südtirol, das sind so schöne Läden mit ganz ausgezeichneten Südtiroler Produkten, da seid ihr dann auch eigentlich direkt neben dem Weinregal gut geführt. Und man sieht‘s ja auch schon hier an der Flasche, also wie schön die geformt ist. Also das ist ja so eine ganz kleine Champagnerflasche und dann steht Batzen drauf. Und man muss da vielleicht auch noch was zu sagen: Das Batzen Bräu ist ja in einem ganz historischen Gasthaus. Also das muss man vielleicht auch noch betonen, das ist eine ganz tolle Location. Und dazu dann noch auch noch in der Andreas-Hofer-Straße, also absoluter Südtiroler Nationalheld. Da kommt ja alles zusammen. Und dass es da dann wirklich gut wird mit den Bieren, ist ja total klar.

Christian Pichler: Sicher eines der ältesten Wirtshäuser Südtirols, 1404 das erste Mal schriftlich erwähnt. Und seit dem Zeitpunkt eigentlich immer als Gastbetrieb in Funktion. Und 2002 hat das ja der jetzige Chef, der Robert Bobo Widmann, der ist ja sehr bekannt in Deutschland, eröffnet als Wirtshaus, wo dann 2012 die Brauerei dazukam mit einem neuen Garten, wo wir jetzt einen schönen Biergarten präsentieren können. Und die Leute schätzen es in Bozen sehr, einen Garten und auch am Abend bis in später Stunde ein gutes Bier zu trinken.

Holger: Wenn wir ein bisschen weiter fortgeschritten sind, erzähle ich euch ein Geheimnis. Aber jetzt nehmen wir vielleicht das zweite Bierchen, oder?

Markus: Auf jeden Fall. Ja.

Christian Pichler: Jawoll! Wir gehen mit dem Weizen Bock weiter. Also der Weizen Bock, da haben wir heuer bei der Beer Attraction, also beim Birra dell’Anno 2020 Gold geholt. Das ist ein typisches deutsches bayerisches Weißbier, wo ich auch sehr stolz darauf bin, weil Weißbier ist ja nicht immer so einfach zu brauen, das weiß, glaube ich, jeder Brauer. Typisch nach deutschem Reinheitsgebot gebraut. Ich nehme 60 % Weizenmalz-Anteil, der Rest ist Gerstenmalz mit etwas Spezialmalze, dass wir einen schönen malzigen und auch etwas karamelligen Körper reinbekommen. Alkohol haben wir 6,5 %, und schön spritzig, schön fruchtig, etwas bananig, etwas gewürznelkig, also wie es ein richtiges Weißbier auch haben soll. Und da es ein Bock ist, haben wir auch etwas Bumms dahinter.

Markus: Holger …

Holger: Nein, das machen wir auf. Ja.

Christian Pichler: Müssen wir unbedingt mal aufmachen.

Holger: Ah, schöne Farbe. Mmh!

Markus: Das heißt ja Weisser Bock, aber ist gar nicht so hell, schon eher dunkleres Weizen.

Christian Pichler: Weisser Bock eigentlich wegen Weizen Bock, und wir haben es halt Weisser Bock genannt. Und als ich das gemacht habe, ging ich zu meiner Schwiegermutter, Chef ist ja mein Schwiegervater. Und so eine kleine Geschichte, lief ich rauf ins Büro, Evi heißt sie, wie möchtest du das Bier haben, hell oder dunkel? Und die erste Entscheidung, die kam, war von ihr: etwas dunkler. Und dann habe ich es etwas dunkler gemacht.

Holger: Das ist auf jeden Fall ganz wichtig, sich mit der Schwiegermutter gut zu stellen. Also da drauf trinken wir.

Markus: Ja, auf die Schwiegermutter.

Holger: Auf alle Schwiegermütter.

Markus: Mmh! Aber ich kann mir vorstellen, dass das die Schwiegermutter glücklich macht. Sehr schön.

Christian Pichler: Absolut. Also wie gesagt, ein typischer Weizen Bock. Ich hoffe, er schmeckt euch auch, weil die Deutschen sind ja vielleicht etwas genauer, etwas penibler. Die Weißbiertradition in Bayern ist ja riesengroß und das ist auch sehr schwierig da ranzukommen bei den großen Brauereien, also bei dem Weißbier. Aber ich bin froh mit meinem und das kommt sehr gut an bei uns.

Markus: Ich lese grad auf der Flasche, da steht als Brauerei Bozner Weisse GmbH. Hat das was damit zu tun? Also habt ihr euch ursprünglich vorgenommen, nur Weizenbier zu machen?

Christian Pichler: Ja. Der Bobo hatte ja vorher, er hatte 98 die erste Gasthausbrauerei in Bozen eröffnet, das ist das Hopfen & Co.. Und mittlerweile hat er das verkauft, jetzt ist er eigenständiger Eigentümer vom Batzen Bräu, Batzenhäusl. Und sein Gedanke war ja mal, nur Weißbier zu machen, und deshalb auch Bozner Weisse. Und so heißt einfach nur die Firma. Wäre vielleicht nicht ein schlechter Gedanke, weil wir ja in Südtirol die eine Brauerei haben, die machen untergäriges Bier, da wäre das halt ein schöner Ausgleich gewesen, so Südtiroler Bierkultur, aber trotzdem ist es dann halt anders gekommen.

Holger: Jetzt habt ihr es einfach noch mehr bereichert.

Christian Pichler: Jetzt haben wir es noch mehr bereichert, also unser Hauptbier wie gesagt ist unser Vienna, also hat ja Südtirol auch eine lange Biertradition. In Südtirol gab es vor dem Ersten Weltkrieg über 25 Brauereien. Da haben wir ja noch zu Österreich gehört in den K. u. K. Zeiten. Und da braute man viel nach der österreichischen Brautradition und auch das Wiener Bier. Und das Wiener Malz verleiht dem Wiener also etwas mehr, ist etwas kräftiger, etwas kerniger, etwas dunkler vielleicht wie das normale Helle. Und dann sind wir da aufgesprungen und unser Hauptbier ist das Wiener Lager.

Holger: Wiener Lager ist ja auch ein Bierstil, ja, ich will jetzt nicht sagen, dass er ausgestorben ist, aber er ist auf jeden Fall vernachlässigt worden, stark vernachlässigt worden.

Christian Pichler: Ja.

Holger: Und das finde ich auch immer schön, dass wir Bierstile haben, die dann auch wiederbelebt werden durch die Szene. Und gerade das Wiener Lager hat in Südtirol sicher sein Zuhause auch. Also vielleicht nicht sein Zuhause, aber einfach eine Heimat, wo es lange, lange Zeit eben auch darin schon begründet ist, dass ja auch Südtirol lange eben zur K. und K. Monarchie gehört hat und Wien die Hauptstadt war.

Markus: Interessanterweise hat das Wiener Lager ja sein Überleben außerhalb von Europa …

Christian Pichler: Ja, Brasilien.

Markus: Genau. Also die Auswanderer aus Österreich, vor allem nach Mexico, Texas, aber dann eben auch in Südamerika, die haben ihre Baukunst mitgenommen und dort ist das Wiener Lager eigentlich die ganze Zeit über kultiviert worden und kommt jetzt wieder ein bisschen zurück. Vielleicht noch eine Frage, Christian: Wie kommst du denn überhaupt zum Thema Bier? Also wenn wir dich ein bisschen besser kennenlernen, wenn wir uns den kleinen Christian vorstellen vor 30 Jahren, keine Ahnung, was der gemacht hat, was ist passiert, dass du jetzt im Batzen Bräu stehst und tolle Biere machst?

Christian Pichler: Ich bin Quereinsteiger, kann man sagen. Ich habe meine Schule gemacht, bin dann KFZ-Mechaniker geworden, habe das auch fertiggelernt. Das hat mir auch sehr gut gefallen. Ich bin aber dann durch meine jetzige Frau, wir haben ja mittlerweile schon, ich habe fünf Kinder mit meiner Frau, ist eine große Familie, zu dem Bierbrauen eigentlich gekommen auch und auch logischerweise wegen meinem Schwiegervater, meinem jetzigen Schwiegervater.

Holger: Das ist ja eine lustige Geschichte. Ich stelle mir vor, bei fünf Kindern, da weiß man ja, was du während der Rasten-Zeit machst. Also das weiß man dann ja wohl.

Christian Pichler: Genau. Wie gesagt, er hatte die kleine Gasthausbrauerei in Bozen, Hopfen & Co, hat dann das Batzenhäusl gekauft. Da war ich schon mit meiner jetzigen Frau, da hatten wir schon ein Techtelmechtel, und hat das auch etwas mitverfolgt. Und er wollte zuerst immer ein Weinlokal machen, weil er nicht in Konkurrenz gehen wollte mit dem Hopfen & Co., da waren sie noch zusammen, waren ja zwei Chefs, wollte da nicht in Konkurrenz gehen. Er hat aber gesehen, dass es ihm nicht so viel Freude macht das Weinlokal. Das war auch sehr schwierig, das in Gang zu bringen und so weiter. Er verkaufte dann das Hopfen & Co. 2006 und spielte da schon mit dem Gedanken, eine eigene Brauerei zu machen. 2006 war ich da schon fest mit meiner jetzigen Frau zusammen, und er hat auch gesehen, dass es recht gut funktioniert. Und er hat auch gesehen, dass ich sehr bierinteressiert bin, also ich habe immer schon sehr gerne Bier getrunken. Ich musste als Kleiner meinem Vater immer vom Keller das Bier holen und zufälligerweise lag im Keller auch immer ein Öffner rum, und den ersten Schluck, den habe ich mir immer gegönnt. Und mein Vater sagte auch nie was, also er hat ja gesehen, dass immer ein Schluck fehlt, lachte nur. Solange es nicht zu viel wurde, hat er nie was gesagt. Und deshalb schmeckte mir das Bier auch schon, als ich sehr klein war. Aber zurück zu kommen zu der Geschichte, das merkte auch Bobo, und er fragte uns: Wollt ihr nicht zusammen das Projekt wagen? Ich bräuchte einen guten Braumeister, hättest du nicht auch Interesse vielleicht, dich umzuschulen und die Ausbildung zu machen? Kurzerhand Koffer gepackt, raus nach Wien, weil in Wien gab es eine Brauerschule. Und irgendwie ziehte es mich nach Wien und habe dort den dreijährigen Brauer und Mälzer, auch Destillateur gemacht. Nach der Schule hatte ich sehr erfolgreich abgeschlossen, habe wieder zurück sehr viel Praktika gemacht, also Schweiz, Österreich, Deutschland natürlicherweise, ich war in Leipzig, ich war in Flims, ich war in Altheim, ich war in Wien und habe dort überall auch etwas reingeschnuppert in den Betrieben. Und ich sage immer, ich habe mir, meiner Meinung nach, überall das Beste rausgeholt und durfte dann im Batzen Bräu die Brauerei mitplanen. Ich habe sie dann eröffnet zusammen noch mit einem anderen Braumeister, den ich in der Schweiz kennengelernt habe, weil ich mein Studium nicht so schnell fertiglassen werden wollte. Das heißt, ich wollte auch den Meister machen und dann natürlich Doemens, muss man hingehen, und da bin ich 2013 nach Doemens. Ich hatte damals schon zwei Kinder, war eine sehr anstrengende Zeit, also das heißt, sonntagabends brachte ich die Kinder ins Bett, fuhr nach München und Freitag wieder zurück, und das ein ganzes Jahr. Die Schule ist sehr intensiv, Ganztagesschule, aber man hat sehr, sehr viel gelernt. Ich machte dann 2014 auch wieder erfolgreich meinen Abschluss. Und natürlich wieder zurück ins Batzen Bräu und habe da so richtig losgelegt, auch mit den ganzen verschiedenen Bieren und mit den ganzen Hefestämmen, die ich führe. Also wir sind sehr kreativ, Holzfassreifung, wir machen auch ein Sauerbier, also das IGA, was ich spontan vergäre. Ich möchte mich da immer, immer weiter etwas weiterbilden und auch sehr viele Versuche starten. Das ist, wie gesagt, meine Geschichte und so kam ich zum Bier.

Holger: Mensch, Markus, das ist ja toll, dass du die Frage gestellt hast. Da habe ich jetzt auch noch mal vieles Neues erfahren. Und die Südtiroler sind ja insgesamt Genussmenschen, also absolute Genussmenschen, und da hast du dann ja auch ein dankbares Publikum, oder?

Christian Pichler: Absolut. Es kommt sehr gut an, vor allem bei den jungen Leuten. Auch jetzt die schwierige Phase, die zwei Monate, die wir ja komplett geschlossen hatten, die Brauerei lief etwas noch mit so langsam, weil wir eben Biere ausgefahren haben selber. Ich bin der Meinung, dass es irgendwann wieder alles zurückkommt, da wir, wie gesagt, so indirekt Werbung gemacht haben und die Leute sind zum Genuss gekommen. Wir haben ihnen die Biere nach Hause gestellt, immer etwas rein, und da kam ja auch, also wir hatten hier im Biergarten mal ein Bier probiert, das Grand Cuvee Fume. Und da kam der Herr Raupach in mein Gehirn und da sagte ich, ach, ich muss ihm unbedingt mal was rausschicken, denn er hat das Bier ja auch schon bei der Beer Attraction so gelobt. Ich glaube, dass da wirklich auch von den Kunden in Südtirol etwas zurückkommt, die auch wieder einkehren werden, die das Bier wieder kaufen werden. Wie du schon gesagt hast, in den Pur Läden und so weiter.

Holger: Ja, ja, der Raupach, ein ganz besonderes Tierchen, wie ich immer zu sagen pflege. Wir könnten mal zum dritten Bier, und das hast du ja gerade schon benannt eigentlich, also das Stout machen wir ganz zum Schluss, oder?

Christian Pichler: Ich würde fast das Madeira Stout vorher nehmen.

Holger: Ah, echt, ja?

Christian Pichler: Ja, weil durch des Rauchige …

Holger: Ja, das ist auch wieder richtig. Also jetzt in Bamberg, weißt du, da ist ja dann …

Christian Pichler: Ihr seid es ja gewohnt. Genau.

Holger: … die Rauchnote ist ja dann quasi, als der Markus schmeckt‘s ja gar nicht mehr. Der meint dann immer, da ist nichts drin und ich sag’s ihm dann immer, sage, hey, das ist wieder ein Rauchbier. Und er sagt, hey danke, dass du mir das sagst, weil er schon quasi klein auf mit der Muttermilch das Thema Rauch in sich hinein hat fließen lassen und er spürt das nicht mehr.

Markus: Also Rauch-Muttermilch muss man auch mal getrunken haben.

Christian Pichler: Ja, absolut. Ich glaube, die Bamberger haben das alle im Blut.

Markus: Viele zumindest. Ja. Also gut, dann machen wir jetzt das Madeira Stout auf.

Christian Pichler: Ja.

Markus: Willst du mal zuerst?

Holger: Ja, erst zu mir. Holla, die Waldfee! Sehr gut.

Markus: Da hört man sicher schon wieder Schaum. Boah!

Holger: Oh, meine Güte! Nein, ist das ein Schaum. Also oh Mann!

Christian Pichler: Ich lasse euch mal was dazu sagen und dann erkläre ich euch genauer das Bier.

Markus: Wunderbar von der Farbe her, pechschwarz, könnte man sagen.

Holger: Aber der Schaum ist Bronze, oder?

Markus: Der Schaum ist Wahnsinn, also wunderschön getönt.

Holger: Da könnte man den Braumeister auch in Bronze gießen, zum Andenken.

Markus: Also richtig schön und auch fester Schaum und eben sehr schön getönt, sehr dunkel. Man sieht auch, in diesem Schwarz ist eben noch so ein schöner Braunschimmer drin. Also das ist wirklich eine ganz geheimnisvolle tolle Farbe. Am Glas klebt auch der Alkohol so ein bisschen, merkt man, da ist ein bisschen mehr Bumms drin, schon wieder. Und jetzt riechen wir noch mal rein. Und da hat man eben Lakritz, aber auch so Kirsche, Sauerkirsche, andere fruchtige Noten, Schokolade, dunkle Schokolade, ein bisschen was Nussiges.

Holger: Ja, man hat auch ein bisschen das Fass, also das ist auch da.

Markus: Ein bisschen Holz, ein bisschen Rosinen, die weinigen Noten kommen rüber. Also da schon mal ganz toll. Es gibt ja Biere, die muss man gar nicht trinken, die kann man einfach nur riechen.

Holger: Ich rieche es auch grad weg.

Markus: Sehr schön. Jetzt müssen wir auch mal trinken, trotzdem, hilft ja nichts. Mmh! Sehr schön. Also es fängt, es ist so ein bisschen gemein, weil es fängt erst so süß und nett und geschmeidig an, ein bisschen schokoladig, und dann dreht sich das, geht in die rosinige Richtung, wird weinig, wird ein bisschen alkoholisch. Dann kommen die fruchtigen Noten, die Kirsche und hinten raus klingt es dann so richtig ganz lang aus, und dann habe ich so ein fast Weinbrand-Finish. Also ganz, ganz toll.

Holger: Ja, so ist es. Also der Nachtrunk ist eigentlich, der hört gar nicht mehr auf.

Markus: Da kommt noch so Kaffee dazu, ein bisschen Espresso. Also ganz …

Holger: Hört gar nicht mehr auf. Mmh! Christian, jetzt bist du dran.

Christian Pichler: Genau. Jetzt erkläre ich euch das Bier. Also das Madeira Stout ist einfach ein Bier, ja, ein Stout, eingebaut mit viel, alles, 100 % englische Malzsorten, Pale Ale, aber auch sehr viel Chocolat Malt, Brown Malt, die ganzen englischen Spezialmalze, um überhaupt mal die Farbe und die ganzen Röstaromen, die ganzen Schokoladentöne reinzubekommen. Vom Brauen her relativ aufwendig, da wir ja mit viel Alkohol, also viel Stammwürze hantieren müssen und das Läutern brauche ich euch nicht erzählen, ist eine …

Holger: Man läutert wie ein Schwein.

Christian Pichler: Man läutert …

Holger: Also sag’s einfach so, wie es ist.

Christian Pichler: Eine Katastrophe. Aber es gefällt mir, man soll halt Biere irgendwie durch das Sudhaus, durch den Läuterbottich zu bekommen, und danach geht’s ab in den Gärtank, wo dann eine schöne London Ale das Bier fertigvergärt nach einer schönen Gär-Phase im Edelstahltank. Darauffolgend kommt die Lagerphase auch im Gärtank und dann habe ich praktisch das Bier abgezogen in ein Madeira Fass, Holzfass, wo es dann ein halbes Jahr liegt. Und verlieren dann komplett die Kohlensäure, aber durch die Lagerung zieht mir das Bier die schönen, wie ihr schon alles so schön beschrieben habt, Holzaromen, Rosinen, etwas spritzige Noten vom Madeira raus, und nach circa einem halben Jahr habe ich es wieder in einen Edelstahltank gezogen, etwas aufkarbonisiert und dann in die Flasche. Also die Flasche wieder eine schöne personalisierte kleine Champagnerflasche. Denn die Spezialbiere, die Meistersud Edition nennen wir sie, kommen alle in diese Flasche rein und die kann man auch dann sehr gut präsentieren. Wie schon gesagt, Schaum sehr schön, sehr cremig, sehr fest, steht auch sehr lange, die Farbe pechschwarz, so, wie ich es finde, so für ein Imperial Stout richtig gehört.

Markus: Ich finde, das hat auch wahrscheinlich viel mit dem Hafermalz zu tun. Als für mich …

Christian Pichler: Genau. Hafermalz auch, habe ich vergessen zu sagen, das macht das Bier etwas geschmeidiger, etwas cremiger, und der Schaum wird etwas cremiger. Und deshalb, auch beim Porter Bier nehme ich etwas Hafermalz her, also ich bin ein Fan vom Hafermalz, da es die Biere etwas geschmeidiger macht.

Markus: Finde ich auch. Tolles Mundgefühl immer.

Holger: Ja genau. Das ist ein ganz tolles Mundgefühl immer. So, jetzt erzähle ich euch mein Geheimnis. Weil darauf müssen wir ja dann trinken. Und wir haben ja jetzt noch ein Bierchen offen. Also ich habe ja schon 1000-mal erwähnt, ich komme aus dem Ruhrgebiet, also das weiß ja jeder mittlerweile. Aber in Wirklichkeit bin ich auch ein bisschen Südtiroler. Und wieso? Also wieso? Mein Heimatort ist jetzt von Bozen nicht ganz so weit weg, aber auch nicht so nah. Also mein Heimatort liegt direkt an der Grenze zwischen Burggrafenamt und Vinschgau, und heißt Partschins. Da gibt’s eben den höchsten Wasserfall Südtirols. Und in der Stampfstraße Nummer 6, da bin ich gezeugt.

Christian Pichler: Oh!

Holger: Und jetzt müsst ihr euch das mal vorstellen. Wer weiß das schon, wo er gemacht ist, und zwar genau an welchem Tag? Das kann ich euch auch noch sagen, am 6. Oktober 1968. Und in dem Bett habe ich auch schon geschlafen. Da müsst ihr mal drüber nachdenken. Also wer kann das sagen? Wer kann das sagen? Und darauf kann man jetzt trinken, oder?

Markus: Absolut.

Holger: Das ist doch ein Geheimnis, oder?

Markus: Unglaublich.

Christian Pichler: Ich bin richtig stolz auf dich.

Markus: Gut, dass wir jetzt 8,7 % haben.

Holger: Ich bin total stolz auf meine Eltern, dass sie so einen Körper produziert haben, das ist einfach großartig.

Christian Pichler: Kann man fast sagen, Vollblut-Südtiroler.

Markus: Also Prost!

Christian Pichler: Zum Wohl!

Markus: Man muss allen Leuten, die noch nicht in Südtirol waren, einfach sagen, es ist wirklich eine andere Welt. Das ist wie eine Insel, die da in den Bergen liegt, mit unglaublich viel Genuss, mit ganz toller Natur, mit wunderschönen Farben, auch egal zu welcher Jahreszeit man dahingeht, das ist einfach total toll. Und auch in dem Moment, wo man ankommt, wird man sofort entschleunigt und kann wirklich abschalten und einfach genießen, die Natur genießen, das Essen genießen, die Getränke genießen. Die Menschen sind auch fast alle so drauf. Das ist wirklich, dass das Lebensgefühl im Vordergrund steht. Also das war für mich selbst auch eine ganz große Begeisterung. Und ich bin froh, dass ich da jedes Jahr mittlerweile hinfahren darf. Ich freue mich schon, dass wir dieses Jahr hoffentlich irgendwann das auch noch mal hinbekommen.

Holger: Ich bin ja 50, und in meinem Leben gab es noch nie ein Jahr, wo ich nicht mindestens einmal in Südtirol war. Also meistens bin ich 15- oder 20-mal pro Jahr, aber es gab auf jeden Fall noch kein Lebensjahr, wo ich nicht da war. Und deshalb ist es für mich jetzt auch ganz, ganz furchtbar. Also so gerade Ende März, da fange ich dann wieder an, über den Brenner zu huschen, und da machen die die Grenze zu. Aber ich bin überzeugt davon, dass es dieses Jahr noch klappen wird. Und da freue ich mich schon drauf. Aber auch rein, also kulinarisch ist da auch wahnsinnig viel geboten, weil da ja ganz viel auch an Esskultur und Genusskultur auch zusammenkommt.

Christian Pichler: Ja.

Holger: Das muss man ganz klar sagen. Markus hat Recht, also man muss dahinfahren. Wir werden nicht provisioniert irgendwie vom Südtiroler Tourismusverband.

Markus: Nein.

Holger: Das muss man auch noch mal betonen.

Christian Pichler: Wir freuen uns auf euch.

Holger: Genau. Wir sind da überzeugt davon.

Markus: Absolut. Aber vielleicht mal andersrum die Frage: Wie ist es denn für euch? Also würde man sagen, der gemeine Südtiroler bleibt auch am liebsten zu Hause, oder gibt es da durchaus auch eine gewisse Fernweh-Sehnsucht, dass man sagt, ich fahre auch gerne mal irgendwohin? Und wenn ja, wo?

Holger: FC Bayern. Du wirst gar nicht glauben, wie viele Südtiroler …

Christian Pichler: Ja, ganz viele.

Holger: … FC Bayern Fans sind. Wahnsinn.

Christian Pichler: Aber auch da teilt es sich wieder. Viele fahren nach Mailand, viele sind AC Mailand Fan oder auch Juve Fans. Also da fahren viele runter oder auch viele rauf. Ich sage immer, wir Südtiroler können uns das relativ einfachmachen, da wir zentral liegen. Und da ist es nie so weit, irgendwohin zu fahren, also 250 Kilometer nach München, 300 Kilometer nach Mailand, in zweieinhalb Stunden ist man am Meer. Aber zur Frage von Markus. Also uns zieht es auch, also mehr, also viele Südtiroler, also es machen ja fast alle Südtiroler einen Meeresurlaub, wo auch es sehr wichtig ist für die Kinder und so weiter, die gute Luft, und da fahren wir einfach in den Süden. Weil es in Italien auch im Süden, also die Esskultur, die Landschaft, Toskana oder auch Sizilien oder auch Kalabrien, das sind sehr, wunderschöne Städte, die Strände sind sehr schön. Und uns zieht es schon auch ans Meer, aber auch in die Berge. Also wenn man Ruhe haben will, geht man rauf, auch jetzt in einer Phase, wo wirklich der Lockdown war, wo alles zu war, bin ich sehr viel einfach geflüchtet in den Wald rauf auf 1600 Meter. Innerhalb einer Stunde, eineinhalb Stunden ist man dort oben und dort ist einfach, da spielt eine andere Musik. Das ist einfach eine andere Welt, man hat Ruhe, man kommt in sich. Da kann man richtig Kraft tanken, die gute Luft, um wieder neuanzufangen oder auch, um wieder den neuen Tag zu starten oder den nächsten Tag und so weiter. Wir können eben viel machen. Aber auch in Südtirol, letztes Jahr zum Beispiel war ich eine Woche am Meer und dann habe ich eine Woche angehängt und habe in Südtirol Urlaub gemacht. Also jeden Tag ein anderes Ziel mit den Kindern, um auch den Kindern alles zu zeigen. Und ist eine Woche natürlich viel zu kurz, man könnte da vielleicht ein ganzes Jahr jeden Tag irgendetwas anderes entdecken, etwas anderes erleben. Und das ist schon toll, in so einem Land geboren zu werden und auch zu leben.

Holger: Das hört sich doch jetzt nach Finale an, oder?

Markus: Ja.

Holger: Jetzt gehen wir zum vierten Bier über, würde ich sagen. Unbedingt.

Markus: Ich meine, den Satz natürlich, den würden Franken in der Regel auch unterschreiben. Es ist schon toll, in so einem Land geboren worden zu sein und dort leben zu dürfen. Also wir sind da den Südtirolern ja gefühlsmäßig sehr nahe. Und deswegen ist es gut, dass wir jetzt ein Bier haben, was die beiden Welten wohl zusammenbringt.

Holger: Unbedingt.

Christian Pichler: Genau. Also noch kurz, also wir machen ja jedes Jahr eine Bierreise, ein oder zwei. Letztes Jahr war Amerika, aber auch London, aber natürlich auch Deutschland. Also Deutschland Bier, Bamberg waren wir schon öfters, Nürnberg, Biergärten.

Holger: Du kannst dir gar nicht vorstellen, er grinst sich jetzt gerade zu Tode. Er grinst sich zu Tode, weil von wegen Bamberg und Bier-Hauptstadt und so.

Markus: Und ich weine auch ein bisschen, weil wir eigentlich euch eingeladen hatten, …

Christian Pichler: Genau.

Markus: … in Nürnberg beim Bierfest die Gastbrauerei zu sein. Nun können wir dieses Jahr kein Bierfest machen. Klar, können wir dann nächstes Jahr, aber da hatte ich mich auch total darauf gefreut, euch hier zu haben.

Christian Pichler: Das wäre sicher toll geworden, aber wir verschieben es einfach.

Markus: Genau.

Christian Pichler: Ja, dann kommen wir zum nächsten Bier, Grand Cuvee Fume.

Holger: Mach auf!

Markus: Da war Dampf drin.

Christian Pichler: Schon der Name Grand Cuvee Fume, also es ist ein Verschnitt aus einem holzfassgereiften Doppelbock Rauchbier und einem edelstahlgereiften Rauchbock. Deshalb der Name, auch ein Cuvee. Als wir das Bier, bevor wir es abgefüllt haben, schön verschnitten haben, um das Bier perfekt auszubalancieren. Riecht’s mal rein. Also wie gesagt, der Rauch, ich hoffe, der Markus schmeckt’s auch oder riecht’s auch noch.

Markus: Ja, ja. Was ich ganz tollfinde, also wir haben in Bamberg ja so diese Klassiker, Schlenkerla, und die machen ein Märzen, was es immer gibt, und machen einmal im Jahr diesen Doppelbock, die Eiche. Und das wird mit Eichenholz-Rauchmalz gemacht und hat so ein ganz spezielles Aroma. Und ich finde hier, das kommt dem auch relativ nahe. Hat vielleicht was mit dem Fass zu tun. Also ist sehr, sehr schön.

Christian Pichler: Das Fass war ein Whiskyfass. Ich arbeite sehr gerne mit Slyrs-Fässern, da habe ich schon 2013 angefangen. Und ich finde, die Fässer eignen sich sehr gut, um Bier zu lagern.

Holger: Genau. Hier den Markus Hoppe, den hatten wir ja auch schon im BierTalk, der arbeitet ja auch mit Slyrs-Fässern. Ich habe ja immer gedacht, ich kenne schon alle Batzen Biere, aber das hier kannte ich wirklich noch nicht. Ich muss dir sagen, Christian, also wirklich absolut ernst gemeint, eines der besten Rauchbiere, die ich je in meinem Leben getrunken habe. Wirklich …

Christian Pichler: Dankeschön.

Holger: … absolut Wahnsinn.

Markus: Was so schön ist, also da sind ja 11,3 % Alkohol drin. Das heißt, normalerweise müsste man jetzt erwarten, das hat so eine richtig krasse alkoholische Note und ist auch sehr schwer und so, aber genau das Gegenteil ist der Fall. Also es kommt, es hat diesen rauchigen und vielleicht tatsächlich für viele ein bisschen so an Schinken erinnernden Charakter, ist süß, also hat durchaus einen sehr angenehmen weichen Antrunk. Das Mundgefühl überhaupt ist sehr weich und fast ein bisschen luftig. Und hinten raus kommen dann diese alkoholischen Noten, aber ganz dezent. Also man hat niemals den Eindruck, dass wir hier 11 % im Glas haben. Und es ist auch ein gefährliches Bier, also davon würde ich sicherlich gerne auch mehr davon trinken. Aber es ist so toll harmonisch, also das ist das Schöne, es ist wirklich ein Gesamtkunstwerk, wo die Aromen ineinander übergehen, es rangiert immer ein bisschen hin und her. Und es ist deswegen auch sehr spannend, weil es nie an einem Aroma hängenbleibt, aber dadurch habe ich eben wirklich einen ganz, ganz tollen Trunk und kann merken, was Bier alles kann. Also toll.

Holger: Weißt du, was wir jetzt machen? Also ich sage das ja auch immer wieder. Der Raupach hat 20 Kästen Eiche im Keller. Jetzt hat er ja schon wieder gerade die Eiche auch angesprochen und so, das ist eben sein Heimat- und Lieblingsbier und so. Aber ich würde mir jetzt als Ziel setzen, 20 Kästen davon in den Keller zu stellen und dann jedes Jahr sozusagen Verkostungsnotizen zu machen. Weil da könnte ich mir sehr gut vorstellen, dass dieses Bier gut lagerfähig ist und sich auch immer wieder verändert. Und das ist bestimmt auch spannend mit zu verfolgen. Also 20 Kästen bitte nach München, Giselastraße

Christian Pichler: Sofort.

Markus: Und die Rechnung aber auch. Ich meine, noch ganz kurz, was man auch sagen kann, du hast ja vorhin erwähnt, wir waren ja dieses Jahr schon in Italien zusammen in Rimini beim Birra dell’Anno Wettbewerb. Und ich war da auch im Finale generell von den holzfassgereiften Bieren, da war jetzt das nicht dabei, aber da hatten wir eine große Diskussion, weil es ja so ist, in Anführungsstrichen, ist es verhältnismäßig leicht, irgendein Imperial Stout in irgendein Whiskyfass zu füllen und dafür zu sorgen, dass es dann halt ordentlich Whiskyaroma hat. Punkt. Und die große Frage war: Was ist denn gut? Also ist es gut, wenn ich dann ein überbordendes Whiskyaroma und ganz viel Alkohol und ein bisschen Kaffeenoten habe? Oder ist es gut, wenn das Ganze eben ein harmonisches Zusammenspiel ist, ein sehr spannendes Bier, wo das Fass zwar eine Rolle spielt, aber eben nicht alles an die Wand spielt? Und die Diskussion war lang und ausführlich. Am Ende, muss ich sagen, habe ich mich glücklicherweise durchgesetzt, weil es einfach wirklich auch bei den fassgereiften Bieren immer um die Harmonie geht. Und das finde ich eben bei diesem hier auch so schön. Gerade weil viele ja mit Rauch experimentieren und man einfach feststellt, ja, die wollen halt dann einfach ganz viel Raucharoma haben, aber das ist es ja nicht. Das Schöne ist ja, das schön einzubinden, …

Christian Pichler: Das macht’s aus.

Markus: Ja.

Christian Pichler: Kurz noch zum Holger. Du wirst nie alle Batzen Biere kennen, da wir ja immer was Neues in petto haben. Und wenn du das nächste Mal kommst, …

Holger: Christian, du weiß nicht, wie oft ich da bin.

Christian Pichler: Wenn du das nächste Mal kommst, wirst du wieder etwas Neues. Wir haben ja immer was Neues, ich habe jetzt auch mit Früchten angefangen zu brauen, und haben da immer auch saisonal was am Hahn hängen.

Markus: Eine Frage habe ich noch: Wo habt ihr denn das Rauchmalz her? Macht ihr das selber?

Christian Pichler: Nein. Ich kaufe das vom Steinbach. Also unser Haupt-Malzlieferant ist der Rhön Malz. Und mit Röhn Malz arbeite ich schon seit eh und je, also seit 2012 zusammen, seit wir aufgesperrt haben. Der beliefert mich auch mit den Spezialmalzen, und die bekommt praktisch Rhön Malz von Steinbach und bekomme das Rauchmalz von denen.

Markus: Das ist übrigens auch ein Tipp, Steinbach Erlangen, das ist beides, also eine Brauerei und eine Mälzerei. Zwei Brüder, die das tun. Da kann man auch mal vorbeischauen, natürlich in der Brauerei Steinbach Bräu, wie der Name sagt, wunderschöner Biergarten. Und wenn wieder Bergkirchweih ist, ein sensationelles Erlebnis, die haben auch einen Storch, der da regelmäßig nistet. Deswegen gibt es auch ein Storchenbier. Und eben nebendran die Mälzerei, die viele Spezialmalze machen, viele besondere Getreide auch, und das mit sehr viel Liebe. Und ja, schmeckt man auch, dass da wirklich jemand dahintersteckt, der weiß, wie man so ein Rauchmalz macht. Toll.

Christian Pichler: Das ist sehr wichtig für solche Biere. Die Qualität von den Ausgangsrohstoffen ist, glaube ich, bei allen Lebensmitteln sehr wichtig.

Markus: Das ist eigentlich das schönste Schlusswort, was man haben kann.

Holger: Unbedingt. Ja.

Markus: Dann lieber Christian, vielen, vielen Dank, schön, dass du dir die Zeit genommen hast.

Christian Pichler: Sehr gerne.

Markus: Und dass du uns diese wunderbaren Biere geschickt hast. Und ehrlich gesagt, liebe Hörer, er hat noch mehr da reingetan. He-he-he! Aber die trinken wir jetzt eher so. Aber also wirklich, die Reise nach Südtirol lohnt sich und dann natürlich unbedingt im Batzen Bräu vorbeischauen.

Christian Pichler: Ich habe auch bewusst relativ viele Spezialbiere oder heute nur Spezialbiere, außer halt der Weizen Bock, mit reingebaut, da wir sehr viel Bierkultur und Biervielfalt haben. Und wie gesagt, es lohnt sich.

Holger: Ich kann nur noch sagen, Navi-Adresse, Andreas-Hofer-Straße 30 in Bozen, Italien.

Markus: Und losfahren.

Christian Pichler: Wir freuen uns.

Markus: Okay. Also tschüss!

Holger: Also macht’s gut. Ciao! Tschüss!

Christian Pichler: Ciao! Macht’s gut. Danke.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 18 – Interview mit Dennis Spahn von der Elbphilharmonie aus Hamburg

Dennis Spahn ist einer der wenigen hauptberuflichen Biersommeliers Deutschlands – und Mitgründer des wohl ältesten Craftbier-Podcasts des Landes. Einst noch eher graue Maus in der Versicherungsbranche, mauserte er sich zur schillernden Figur des Chefbiersommeliers in einem der spektakulärsten Restaurants Deutschlands, Störtebeker Elbphilharmonie, wo er regelmäßig Verkostungen und sonstige Bierveranstaltungen durchführt. Mit Holger Hahn und Markus Raupach verbindet Dennis Span eine langjährige Freundschaft, und so nimmt es nicht wunder, dass die drei in diesem BierTalk so manch spannendes Geheimnis lüften. Und ganz am Ende macht Dennis den Hörerinnen und Hörern sogar ein verführerisches Angebot, das sicher niemand ablehnen kann...

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Herzlich willkommen zum BierTalk, die Nummer 18. Wir sind also ab dieser Folge volljährig. Ja, wir machen einen richtigen Männerabend jetzt. Und dann könnt ihr euch schon denken, wer bei uns ist: Dennis Spahn vom legendären Podcast „Männerabend“. Hallo Dennis und hallo …

Markus: Markus.

Dennis Spahn: Hallo ihr beiden! Vielen Dank für die Einladung.

Holger: Wunderbar. Nein, wir freuen uns. Danke an dich, dass du Zeit hast. Vielleicht kennt nicht jeder den Männerabend. Vielleicht sagst du ein bisschen was zu dir, das, was du so treibst beruflich und natürlich auch zu deinem genialen Podcast.

Dennis Spahn: Vielen, vielen Dank! Männerabend ist aus der Langeweile auch mehr oder weniger raus entstanden. Seit 2012 gibt’s den Podcast. Ich würde einfach mal sagen, der älteste deutschsprachige Craftbier-Podcast, den es da draußen gibt. Seit 2012 nehmen wir also so alle ein, zwei Wochen irgendwie eine Folge auf. Das heißt, wir sind mittlerweile bei 152 Folgen und ganz, ganz vielen Specials. Specials sind bei uns immer Sachen, wo wir unterwegs sind, auf Messen, bei, wo ich mit Markus schon war, hier auf der Braugersten Tour, in Großbritannien und so weiter und so weiter. Also 150 reguläre Folgen, 150 sicherlich noch mal als Specials, die dazukommen. Holger, durch mehr oder weniger Zufall damals da reingestrauchelt. Und da hast du natürlich auch ein bisschen was mit zu tun gehabt. Denn 2012 haben wir mit dieser Idee des Männerabends angefangen. Die ursprüngliche Idee war damals noch, na ja, also ich war kein Biertrinker, meine restlichen Freunde, der eine hat gern Oetti getrunken, der andere hat, was halt grad günstig war, getrunken und so weiter und so weiter. Und dann kamen wir auf die Idee über unseren guten Freund Ferdi, den du ja auch kennst aus Dortmund von der Bieragentur, der gesagt, pass auf, Dennis, pass auf Nico, ihr trinkt da immer dieses Oettinger, ich stell euch mal die Dortmunder Bierkultur vor in dem Podcast. Also wir haben schon einen anderen Podcast gemacht seit 2009 und dann habe ich gesagt, pass auf, Ferdi, die Idee ist superwitzig, Bier in einem Podcast trinken, ich sag aber, was ich noch witziger fände als deine Idee, dass du uns jetzt die Dortmunder Biere vorstellst. Wie wäre es denn, du bringst ein Dortmunder Bier mit, der Nico bringt sein Lieblingsbier, das Oetti Export mit, ich bringe mein vermeintliches Lieblingsbier zu der damaligen Zeit, das Früh Kölsch mit. Und dann laden wir noch den Reinhold und den Sven ein, die bringen auch ihr Lieblingsbier mit, dann haben wir fünf unterschiedliche Biere. Ich überleg mir mal irgendwie drei Kategorien, in denen wir die bewerten können, jeder trinkt noch eine Flasche Schnaps dazu, das hört sich doch nach einer lustigen Idee an. Und das sollte so einmal im Jahr sein, jeder sollte einmal im Jahr sein Lieblingsbier dann da vorstellen und dann bewerten und einen lustigen Abend haben. Innerhalb von kürzester Zeit war auf einmal dieser Podcast dann im Jahr 2012 wochenlang der meistgehörte Podcast auf ganz iTunes. Und dann haben wir gedacht, okay, das können wir nicht nur einmal im Jahr machen, das müssen wir häufiger machen. Und dann habe ich dich irgendwann über diesen Podcast tatsächlich kennengelernt.

Holger: Das stimmt. Ja. Kann ich mich noch gut daran erinnern. Ich war dann ja auch sogar bei dir zu Hause und habe deinen Vater kennengelernt. Und ich hoffe, ich habe einen kleinen Anteil daran gehabt an deiner Bierbegeisterung, die du ja jetzt sogar zum Beruf gemacht hast.

Dennis Spahn: Genau. Ich habe auch vorhin noch mal nachgeguckt in Vorbereitung auf diese Aufnahme. Am 8. November 2013 haben wir beide uns das erste Mal getroffen, auf Einladung von dir nämlich, in München war das, wie hieß das von Tibor, Red Hot?

Holger: Ja, im Red Hot. Genau.

Dennis Spahn: Genau. Haben wir uns getroffen und ich habe die Tage erst die Folge mit Mareike gehört. Und da hast du dir eine Uerige DoppelSticke aufgemacht. Das Bier war zum Beispiel auch eins, was ich an dem Abend da mit dir im Red Hot zum ersten Mal getrunken habe. Und im Laufe dessen hast du dann unseren Podcast verfolgt und wir kannten uns ja mit gar nichts aus. Du hattest damals ja schon deine Biersommelier-Ausbildung und hast uns dann auch so ein bisschen angefixt. Und dann haben wir immer gesagt, wenn wir groß sind, wollen wir mal so sein wie der Holger. Dann haben wir auch 2015 diese Biersommelier-Ausbildung gemacht. Und wie du jetzt schon richtig gesagt hast, da hat dann immer ein Schritt zum nächsten geführt und dann dazu, dass ich das Ganze jetzt eben auch beruflich machen kann. Wenn wir dann irgendwann jetzt dank Corona wieder öffnen können, bin ich der Biersommelier in der Elbphilharmonie für Störtebeker. Also konnte quasi dann tatsächlich mein Hobby zum Beruf machen.

Holger: Absolut. Also das hat dein Leben verändert, das muss man sagen. Der Podcast hat dein Leben verändert.

Markus: Toll! Also eine richtige Liebesgeschichte, die man da hört.

Dennis Spahn: Wir sind romantisch. (unv. #00:03:55.1#) Holger und (unv. #00:03:55.6#) dann.

Markus: Ja Holger, das läuft dir doch runter wie Öl sowas, oder?

Holger: Ja natürlich. Also ich glaube, dass man den Dennis schon, ich weiß gar nicht, es gibt eigentlich nur zwei wirklich so richtig hauptberufliche Biersommeliers in Deutschland, die wirklich gar nichts anderes machen. Das ist einmal der Michael König im Liebesbier und der Dennis in der Elbphilharmonie bei Störtebeker. Das ist ja was ganz Besonderes. Und so jemanden, der natürlich mittlerweile mich auch gar nicht mehr benötigt, da irgendwie angeregt zu haben und von Bier begeistert zu haben, macht mich natürlich schon ein bisschen stolz, klar.

Dennis Spahn: Und die anderen beiden, müssen wir natürlich auch sagen, also hier Ferdi und Markus, die machen das mittlerweile mit ihrer Bieragentur in Dortmund, sind also auch im Thema Bier mittendrin. Reinhold, der damals auch Gründungsmitglied war, ist auch in meinem Team in der Elbphilharmonie, mittlerweile auch Biersommelier. Wenn man den Männerabend manchmal hört, mag man es gar nicht glauben, aber auch da eine steile Entwicklung. Damals Carlsberg Elephant war damals sein Lieblingsbier vermeintlich, was er 2012 in die erste Sendung geschoben hat. Also auch da eine steile Entwicklung. Einmal damit angefixt und so wird es wahrscheinlich vielen hier gehen, die uns jetzt auch grad zuhören und die noch mal so überlegen, irgendwie gab‘s so den einen Moment, wo man mit diesem Bier, mit diesem Craftbier-Thema infiziert wurde und dann lässt es einen nicht mehr los. Ich muss aber auch parallel sagen, Jungs, ich bin ein bisschen durstig geworden. Da habe ich mir hier schon mal was eingeschenkt. Und ich schenke nochmal nach, Holger. Vielleicht kannst du am Einschenken, weil auf geploppt habe ich schon, am Einschenken hören, welches Bier das ist. Hast du eine Idee, Holger?

Holger: Ich habe nichts gehört, …

Dennis Spahn: Ach so.

Holger: … aber ich habe eine Idee. Vielleicht ein Atlantik-Ale?

Dennis Spahn: Das ist vollkommen richtig.

Markus: Das habt ihr vorher abgesprochen.

Dennis Spahn: Nein, nein.

Holger: Nein. Ich schwöre. Ich schwöre, wir haben das nicht abgesprochen.

Markus: Jetzt werde ich eifersüchtig.

Holger: Aber wir kennen uns ja gut. Aber ich hab‘s schwerer gemacht. Aber dazu später.

Markus: Übrigens, wo du vorhin das Carlsberg erwähnt hast, da kann mich auch erinnern, auf irgendeiner Internorga haben wir doch mal einen kurzen Podcast gemacht, ich glaube, du hattest eine Dose mitgebracht von Carlsberg, die über Jahre irgendwie im Keller war.

Dennis Spahn: Das waren Faxe.

Markus: Ach, Faxe war das, richtig, genau.

Dennis Spahn: Und das war richtig gut geworden. Das war, glaube ich, zehn Jahre abgelaufen oder so. Aber das war richtig gut, das hatte mit dem normalen Faxe natürlich nichts mehr zu tun. Das war ein richtig lecker Bierchen geworden.

Markus: Das war superwitzig, Holger. Da hatten wir dann praktisch mit dem alten Faxe Bier die ganzen Craftbier Nerds auf der Internorga begeistert. Das war sehr witzig.

Holger: Ja, aber da kann man mal wieder sehen, was auch das Thema Vorurteile und die Bilder, die man so im Kopf hat, Faxe, Tankstelle, Wirkungstrinken und so, also dass das oftmals gar nicht richtig ist. Dass man sich immer wieder mal selber überprüfen muss. Und wir wissen ja, bei Starkbieren, die man lagert und die lagerfähig sind, da kann viel Tolles passieren. Das wissen wir ja.

Dennis Spahn: Ich habe ja auch letztens hier im Podcast gehört, Holger, da hast du ein Paderborner, ein Paderborner Kellerbier getrunken.

Holger: Genau. Absolut. Den Pilger aus der Dose. Das ist eines meiner Lieblingsbeispiele für das Thema sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Weil die Dose kostet einfach 75 Cent und dafür bekommt man 0,5 Liter wirklich sehr leckeres Kellerbier.

Dennis Spahn: Ich habe grad mal geguckt, das war ein Faxe extra strong, also dieses 10-prozentige Faxe. Das haben wir getrunken 2018, lieber Markus. Und es war eine 2012er Abfüllung, also 10 Jahre war es noch nicht, aber immerhin 6 Jahre. #00:07:05.0#

Markus: Wahnsinn! Also dein Archiv ist ja auch schon wieder was, was man bewundern muss. Coole Sache, das würde ich niemals so schnell hinbekommen. Aber auf jeden Fall diese Internorga Veranstaltungen waren echt immer legendär. Und mal schauen, wann es da mal wieder eine gibt.

Holger: Naja, und bei der Statistik muss man natürlich dann ganz klar die Männerabend-Bewertungen hervorheben. Da gibt es ja dann eine Tabelle, wo man reinschaut. Und ich habe immer versucht, dann auch innerhalb des Männerabends immer wieder auch, wie soll ich sagen, so auch meine Meinung zu vertreten. Und ein Thema, was ich schon immer gesagt habe, also wirklich von Anfang an, glaube ich, war, Mensch, ihr müsst aufpassen, weil natürlich die wirklichen Klopfer, also diese Starkbiere, die Oak Aged Biere und so, klar gewinnen die und begeistern und so. Aber eigentlich muss man immer genau beurteilen, was hat man für einen Stil und wie ist der interpretiert. Und wenn ich mir jetzt die aktuelle Beurteilungsliste da anschaue, das strotzt vor Imperial. Und das heißt, da ist das nicht so richtig angekommen, was ich gesagt habe.

Dennis Spahn: Naja, du weißt ja, viel hilft viel. Und so ist das natürlich auch beim Bier. Das heißt, wenn du jetzt hier zum Beispiel, Bier Nummer eins damals oder jetzt immer noch, in der 112. Sendung haben wir das getrunken, von Omnipollo das Anagram Bourbon Barrel Aged. Das heißt, wenn du natürlich so ein Bier machst mit 12 % und legst das dann nochmal ins Bourbon Fass, dann hat es natürlich jedes Pils dagegen ein bisschen schwierig, was die Komplexität und so weiter angeht. Aber die drei Kategorien, die wir haben, ist zum einen natürlich die Sexyness im Glas. Und das Schöne ist, die drei Kategorien haben sich seit 2012 nicht geändert. Das war damals die Schnapsidee, die ich dachte, wie kann man ein Bier wohl bewerten? Und dabei ist es dann auch geblieben. Die erste Kategorie ist immer Sexyness im Glas. Wie sieht also so ein Bier aus? Das heißt, wenn ich jetzt hier mal mein Atlantik-Ale angucke, dann haben wir eben hier schöne opale Farbe, schön Schaum. Das ist schon sehr, sehr sexy, das macht auf jeden Fall Lust, das gleich jetzt hier mal auch zu trinken. Das wäre also 1 bis 10 mögliche Punkte, halbe Punkte, dank Ferdi, da hat der sich immer für eingesetzt. Halbe Punkte sind möglich, also das wäre hier mindestens schon so eine 9 ½, müsste man sagen. 9 ½ von 10 Sexyness im Glas. Kategorie 2 ist dann die Flasche, weil natürlich auch immer es darum geht, naja, was nützt mir das beste Bier der Welt, wenn das mit 399 anderen Bieren im Regal steht und keiner kauft’s. Das heißt, auch die Flasche immer ein Bewertungskriterium bei uns. Was sind an Informationen drauf? Hat der Brauer die Hopfensorten draufgeschrieben? Steht eine kleine Geschichte zum Bier drauf? Wie ist das Design an sich? Steht vielleicht eine Speisenempfehlung drauf, eine empfohlene Temperatur? Und so weiter. Auch da sind 1 bis 10 Punkte möglich. Und wer so eine Störtebeker Flasche kennt, der weiß, also CI, Corporate Identity, also du hast vorne die Kogge drauf, du siehst schon mal direkt, auch wenn du noch nicht genau weißt, welche Störtebeker-Sorte ist das, du siehst schon mal, okay, das ist ein Störtebeker. Hinten Geschichte drauf, Stammwürze drauf, Alkoholgehalt drauf, die Hopfensorten stehen drauf, also auch da wird man es mit mindestens einer 9 ½ von 10 wahrscheinlich zu tun haben. Und dann 3. Kategorie, ihr könnt es euch fast denken, die Königskategorie, das ist natürlich der Geschmack. Das heißt, so ein Bier, das lebt natürlich vom Geschmack. Und weil das die Königskategorie ist, gibt’s da nicht nur 10 Punkte, sondern bis zu 20 Punkte. Und eben, weil es die Königskategorie ist, wird die noch mal mit 4 multipliziert. Also so viele Zahlen, 4 mal 20 sind maximal 80, also + 10 + 10, das heißt, 100 Punkte sind zu holen. Und so viel sei schon verraten, in 8 Jahren, es hat noch nie ein Bier tatsächlich alle 100 Punkte geholt. Aber …

Holger: Bitte, bitte, bitte lasst uns trinken.

Dennis Spahn: Prost!

Holger: Prost!

Markus: Ich finde, man merkt schon, dass das echt Männerabend ist, weil mit so einer Akribie, mit so Statistik und Multiplikation und Tabellen und so, das machen glaube ich wirklich nur Männer, wenn sie dann sich versuchen, dem Bier ganz professionell zu nähern. Habt ihr denn schon mal richtig schlechte Noten vergeben?

Dennis Spahn: Oh! Ich kann direkt mal hier nachgucken, das schlechteste Bier. Wenn du sagst Statistik, ich bin ein großer Statistikfan. Deswegen …

Holger: Das merkt man gar nicht, also überhaupt gar nicht. Gut, dass du das nochmal sagst.

Dennis Spahn: Diese Excel-Tabelle, die ist mir wirklich sehr ans Herz gewachsen, die ich eben wie meinen Augapfel pflege seit 2012. Und besonders schön wird’s dann immer, wenn wir unsere Oktoberfestbier-Sendung machen. Also einmal im Jahr trinken wir alle Oktoberfestbier, und das machen wir eben auch seit 2012. Und das heißt eben auch, wir haben quasi empirische Daten, die darauf zurückgehen. Ich kann also genau nachgucken, wie hat der Sven im September 2013 die Löwenbräu-Flasche bewertet. Und dann siehst du eben, die sieht ja mehr oder weniger immer gleich aus, wie hat sich das verändert, wie haben die Biere sich auch geschmacklich verändert und so weiter. Also meine Mitaufnehmer, die hassen mich immer, wenn es die Oktoberfestbier-Sendung gibt, weil ich dann noch mehr Zahlen, Daten, Fakten habe als sowieso schon. Aber ich finde das immer unheimlich spannend und unheimlich schön. Und wir gucken mal nach, das aktuell schlechteste Bier ist das Prost! Export. Das hat 21,3 von 100 möglichen Punkten gekriegt. Wir haben auch immer mal wieder, früher regelmäßiger, jetzt nicht mehr ganz so regelmäßig, machen wir ein so genanntes Billigbier Special. Dann werden die Biere aus dem Discounter gekauft, und manchmal sind da durchaus, mittlerweile besonders, also da hat sich viel getan beim Discounter. Das war damals 2013, 2014 war das wirklich noch meistens eine Katastrophe, was man beim Discounter gekauft hat. Mittlerweile ist es eigentlich guter solider Durchschnitt. Ab und zu hat man natürlich immer noch mal Ausreißer. Da muss man natürlich sagen, bevor man ein durchschnittliches Bier, ein vielleicht langweiliges Bier trinkt, dann macht‘s mir tatsächlich mehr Spaß, auch mal so ein richtig „schlechtes Bier“, in Anführungszeichen, zu trinken, weil man dann erst mal wieder zu schätzen weiß, was wir eigentlich für ein Glück haben, wie viele tolle gute Biere es eben auch besonders hier bei uns in Deutschland gibt.

Holger: Ich bin ganz sicher, dass der Markus weder ein durchschnittliches Bier noch ein schlechtes Bier vor sich hat. Markus, willst du das verraten, was du dir ausgesucht hast?

Markus: Na, ich weiß nicht. Also ihr könnt ja auch mal versuchen zu erraten, aber du hast schon Recht, das ist auf jeden Fall kein durchschnittliches Bier. Ansonsten kann ich noch nicht viel sagen, weil ich es selber noch gar nicht kenne. Ich mach‘s mal auf.

Dennis Spahn: Oh! Flasche, 0,5.

Markus: Na, kleiner.

Dennis Spahn: O,33.

Markus: Kleiner Tipp, die Farbe, es schaut aus wie ein Mango Püree mit einem leichtgetönten Schaum obendrauf.

Dennis Spahn: Oh!

Holger: Ach du liebe Zeit. Das ist dann wieder sowas, was du von deinen internationalen Reisen mitgebracht hast. Das ist im Raupach‘ischen Koffer durch die Gegend geschüttelt worden, hat mindestens drei Fluglinien hinter sich, oder? Also so ungefähr.

Markus: Nein, diesmal nicht. Für euch, habe ich mir gedacht, einem Männerabend mit euch beiden, kann ich auch mal wirklich einen absoluten Blindflug machen. Und ich glaube, ich sag‘s euch, weil das ist einfach, da kommt man ja so nie drauf. Ich habe einfach eine Testflasche bekommen vor ein paar Wochen, und zwar steht da drauf, Sudden Death Brewing.

Dennis Spahn: Ah!

Markus: Und unten drunter dann Atomic Days Fruited Sour Ale Sour Attitude Series Nr. 2. Ich habe dann auch erst mal geguckt und überlegt, wo kommt das her, was ist das? Ich habe dann auf die Rückseite geschaut und habe dann gesehen, dass es gebraut und abgefüllt wird bei Klüvers. Das ist in Schleswig-Holstein und den habe ich auf der Internorga kennengelernt. Also deswegen habe ich es auch ausgewählt, weil ich gedacht habe, ich habe ja mit Dennis unsere lustigsten Stunden, glaube ich, bisher auf der Internorga verbracht. Und deswegen …

Dennis Spahn: Und bei Klüvers am Stand gab’s immer die leckeren Würstchen. Da mache ich auch hier nochmal, wenn die Jungs und Mädels von Klüvers zuhören, immer sehr, sehr lecker Würstchen. Die haben mich eigentlich die letzten Jahre immer über die Internorga gerettet. Dankeschön!

Markus: Ja, das kann ich nur bestätigen. Und sagen wir so, im ersten Jahr habe ich auch ehrlich gesagt lieber die Würstchen als das Bier konsumiert, aber das hat sich dann auch verändert, ja, jede Brauerei entwickelt sich. Naja, und deswegen habe ich eben dann auch mal jetzt hier geguckt, und die Urheber heißen also Sudden Death und kommen aus Timmendorfer Strand und brauen da eben bei Klüvers. Also von der Sexyness im Glas, muss ich sagen, wir machen jetzt mal so die Männerabend-Kriterien Bewertung, spiele ich auch mal ein bisschen mit, der Schaum ist jetzt relativ schnell wieder verschwunden, obwohl das Glas frisch gespült war und gut, die Farbe kann man so erwarten bei einem Fruchtbier, da wäre ich vielleicht so bei 7, 7 ½ Punkten oder so. Die Flasche, gut, da schaut mir jetzt so eine Mischung aus Totenkopf und Horrormaske entgegen. Es ist grün und schwarz und ein bisschen braun, und unten kommt nochmal ein Totenkopf, der so einen Raketenschwanz hat. Vielleicht auch so 8 Punkte oder so. Also es ist nicht schlecht. Könnte noch ein bisschen spannender sein, aber es ist schon ganz gut. Und jetzt probieren wir den Spaß mal.

Dennis Spahn: Zum Wohl!

Markus: Danke.

Holger: Lassen die da brauen oder brauen die da?

Markus: Naja, das ist ja immer so ein Thema. Also auf der Flasche steht, gebraut und abgefüllt bei … Das ist ja bei vielen Gypsys nicht so ganz klar. Also meistens brauen sie selber am Anfang und wenn das Rezept mal feststeht und so, dann lassen sie da einfach weiterbrauen, weil die Sache ja an sich klar ist. Ich glaube eher, dass die wenigsten Gypsys wirklich selbst jeden Sud eines etablierten Bieres selber wieder brauen. Was aber auch okay ist, das würde jetzt in einer normalen Brauerei auch nicht jedes Mal der Chefbraumeister machen. Ich denk mal, die haben das dort entwickelt und naja, irgendwie werden sie schon dabei gewesen sein, sagen wir mal so. Also ich probiere mal.

Dennis Spahn: Sudden Death übrigens, für ihre hopfigen Biere auch sehr bekannt. Also gerade hier in Norddeutschland, Sudden Death tatsächlich, in Anführungszeichen, grad in der Craft-Szene eine große Nummer auch. Also die machen schon, grad im hopfigen Bereich sehr, sehr ordentliche Biere.

Markus: Okay. Also im fruchtigen Bereich sind es auf jeden Fall interessante Biere. Man hat so Pfirsich, ich muss mal überlegen. Also draufsteht noch, dass Marshmallows drin sind und Laktose und Haferflocken und Hafermalz, ein bisschen Vanille. Also insgesamt eine sehr fruchtige Geschichte. Ich vermisse ein bisschen den eigentlichen Sauerbiercharakter. Was mir schön gefällt, es hat so einen Nachhall, der ist so ein bisschen wie, wenn man einen Orangensaft mit Sekt aufgießen würde und das dann trinkt und dann so diesen Aufstoß-Nachgeruch hat. So ungefähr ist das. Aber es fehlt so ein bisschen die Sauerkeit. Also dafür, dass es ein Sour Ale sein soll, ist es mir fast ein bisschen zu süß. Aber es ist nicht schlecht. Und insofern für unseren Männernachmittag, den wir ja gerade haben, jetzt eigentlich ein sehr, sehr schönes Bier. Und mit euch trau ich mich auch mal, sowas aufzumachen.

Dennis Spahn: Jetzt bin ich natürlich gespannt, Holger, wie schaut‘s denn bei dir aus?

Holger: Tja! Ich habe mir natürlich Mühe gegeben und wieder genau überlegt, was ich mir auswähle. Ich mach‘s mal auf. Jetzt schenke ich es mal ein.

Dennis Spahn: Ja. Hört sich auf jeden Fall auch schon lecker an.

Markus: Mhm (bejahend). Kommt aus einer Flasche.

Holger: Ja. Auf jeden Fall. Also kommt aus einer Flasche.

Dennis Spahn: Etwa auch ein Störtebeker?

Holger: So ist es.

Dennis Spahn: Ah!

Holger: Ja, so ist es. Mir war tatsächlich klar, dass du auch sowas hast und jetzt habe ich versucht, relativ speziell zu werden.

Dennis Spahn: Hast du nicht mal erzählt, dass du das Roggenweizen gerne trinkst? Das gibt’s aber, glaube ich, da unten nicht?

Holger: Genau. Bei uns gibt’s sowieso nur ganz selten eigentlich Störtebeker Biere, meist in Bio-Märkten und dann nur mit sehr, sehr begrenztem Sortiment. Aber ich lös auf. Nordik-Porter.

Dennis Spahn: Oh! Ein Eisbock-Bier.

Holger: Absolut. Ja. Das habe ich jetzt schon um 16 Uhr schön rausgeholt, lächelt mich die ganze Zeit an. Die Kogge segelt vor mir her. Und es ist ein echter Rumtopf eigentlich. Mmh, also richtig toll. Aber eben so Schokolade auch mit dabei. Jetzt hast du gesagt, auf jeder Flasche steht auch die Stammwürze, die vermisse ich jetzt hier.

Dennis Spahn: Auf den Großen. Ich habe ja die große …

Holger: Ah ja, okay.

Dennis Spahn: … Oak Ale, die große Atlantik Ale 0,5. Auf den 0,3ern oder 0,33ern ist das natürlich ein bisschen eingeschränkt. Ich habe tatsächlich von dem Nordik-Porter auch noch eine Erstabfüllung. Das gibt’s seit 2016, da habe ich mir auch damals eine Flasche noch beiseitegestellt. Also die wartet hier ich auch noch auf dann mal einen besonderen Abend, wo die mal geköpft wird.

Holger: Ich kann dir sagen, mein MHD hier ist abgelaufen am 6.11.2019.

Dennis Spahn: Oh! Okay. Also ob das 2 Jahre hat, ob das 1 Jahr hat, ich müsste auf meiner einmal draufgucken.

Markus: Ich glaube, 2.

Dennis Spahn: Ich schau mal eben auf meine drauf.

Markus: Wirklich ein Zahlenfetischist.

Holger: Nein, nein, unglaublich. Das ist Wahnsinn. Und das war schon immer so und dann ist das auch so, wenn man dann einen Männerabend macht, und dann kommt der halt mit irgendwelchen Werten und dann hast du das so und wir haben hier so bewertet, und können wir doch jetzt nicht machen und so. Und dann bist du auch eigentlich geschlagen. Dann hilft eigentlich nur noch mein Lieblingsspruch, der ja ist: Nicht alles, was zählt, kann man zählen, und nicht alles, was man zählen kann, zählt.

Markus: Stimmt.

Holger: Und dann ist er dann auch wieder ruhig. Aber sonst gibt es eigentlich fast nichts, was du zur Entkräftung der Argumente beitragen kannst.

Dennis Spahn: Aber wenn es auch jemand auf der Welt gibt, Holger, dem ich eigentlich seltenst nur widersprechen kann, dann bist du es auf jeden Fall. Ich habe grad mal hier meine Nordik-Porter Flasche aus dem Schrank geholt, die ist bis zum 24.10.2018 haltbar, also 2016er Abfüllung, also zwei Jahre. Denn die Eröffnung der Elbphilharmonie war ja damals am 5. November 2016. Und im Zuge eben dieser Eröffnung der Elbphilharmonie hat Störtebeker sich gedacht, okay, jetzt haben wir hier so lang gewartet, ich glaube, der Pachtvertrag wurde damals 2007 unterschrieben. 2010 war ja die geplante Fertigstellung der Elbphilharmonie. Wer es mitgekriegt hat, hat sich ja leicht verzögert, also knapp über 6 Jahre. Und dementsprechend diese 4 Eisbock-Biere, eins davon hast du jetzt im Glas, das Nordik-Porter. Das hat man sich eben dann zur Eröffnung überlegt, hat gesagt, pass auf, wir haben doch schon ein relativ breites Grundsortiment, jetzt suchen wir uns mal 4 unserer Biere aus unserem Standardsortiment aus und vereisbocken die. Dann hat man eben das Starkbier genommen, daraus hat man dieses Nordik-Porter gemacht, ist von 7,5 % auf 9,1 % gegangen. Und hat das Atlantik-Ale genommen, was ich jetzt hier als klassisches hier eben im Glas habe, daraus hat man dann einen Eisbock gemacht. Aus einem Pale Ale ein Eisbock zu machen, gab‘s in Deutschland zu dem Zeitpunkt, glaube ich, auch noch keine Brauerei, die das so in größerem Maße gemacht hat. Also aus dem Atlantik-Ale mit 5,1 % ist dann das Arktik-Ale mit 8,5 % geworden, quasi ein Double IPA, nochmal Dry-Hopping und so weiter. Sehr, sehr schön. Aus dem klassischen Bernsteinweizen hat man das Polarweizen gemacht, quasi ein Weizen-Doppelbock, 9 ½ %. Und dann gibt es noch aus dem Baltik-Lager, 5,3 %, hat man das Eis Lager mit 9,8 % gemacht. Also kennt ihr, im Laden, das sind diese 0,33er Flaschen und oben mit dieser roten Fahne dran, mit dieser roten Flaschenbinde. Wie heißt das, Banderole?

Holger: Hals-Banderole, würde ich sagen.

Dennis Spahn: Ganz genau.

Holger: Und im Übrigen, bei Männerabend 92 von möglichen 100 Punkten.

Dennis Spahn: Ah! Ja, sehr lecker, sehr lecker. Ich trinke es unheimlich gerne, Reinhold trinkt es auch gerne im …

Markus: Im Litermaß.

Dennis Spahn: Ja.

Holger: Was mir auffällt, ist, es ist vergleichsweise schlank auch zu den 9,1 %. Da muss man vorsichtig sein, also die spürt man überhaupt nicht. Später vielleicht schon, aber so im Antrunk eher nicht.

Markus: Vielleicht muss man an der Stelle mal ganz kurz für die armen Hörer noch erklären, was ein Eisbock überhaupt ist. Vielleicht kannst du nachher noch darauf eingehen, wie ihr das macht. Weil normalerweise nimmt man ein Bier, ein Starkbier, in der Regel natürlich ein Bockbier, deswegen heißt es ja Eisbock, und friert den dann ein bei minus 20, minus 25 Grad. Das Wasser wird natürlich zu Eis, aber der Alkohol und die an ihn gebundenen Aromen bleiben flüssig. Das kann man dann wieder aufmachen, sodass dann diese Flüssigkeit rauslaufen kann. Und damit kann ich also enorm ein Bier aufkonzentrieren. Der das zur Perfektion gebracht hat, ist der Georg Tscheuschner, den haben wir auch demnächst noch im BierTalk. Der hat das stärkste Bier der Welt mit 57,5 % auf diese Weise gemacht und hat eine Riesenmaschinerie letzten Endes, um das überhaupt herzustellen. Wie macht ihr das denn? Habt ihr da 1000 Eismaschinen oder Kühlschränke, oder wie muss ich mir das vorstellen?

Dennis Spahn: Es gibt tatsächlich eine eigens für uns, will ich meine Hand nicht zu sehr ins Feuer legen, angefertigte Maschine von einer Firma aus Bayern, die für uns erstmal so einen Prototypen entwickelt haben, weil man natürlich auch zu Beginn nicht wusste, diese Eisbockbiere, wie kommen die denn an, wie durstig sind die Leute auf solche Biere zwischen 8 ½ % und 9,8 % eben im Fall hier von Störtebeker. Ganz lustige Geschichte, wir hatten alle Bierkarten geschrieben, alles war fertig, die Elbphilharmonie hat eröffnet am 5. November und wir hatten aber nur drei von vier Eisbockbieren dann tatsächlich vor Ort, weil unser Braumeister, der Christoph, hat eben den einen Eisbock, das Eis Lager, hatte er noch nicht freigegeben. Hat er gesagt, das muss noch einen Moment im Tank liegen, das ist noch nicht so, wie ich es mir vorstelle. Und die ersten 3 Wochen, 4 Wochen gab‘s also in der Elbphilharmonie nur drei von vier Eisbockbieren. Aber es war natürlich schon alles ausgeschrieben und Eis Lager 9,8 %, das stärkste Bier, das hat auch irgendwie so eine Anziehungskraft auf die Leute bewirkt, dass die alle das haben wollten, alle bestellen wollten. Wir mussten immer sagen, naja, wir wissen auch nicht, wann es kommt. Also irgendwann kriegen wir das Go, morgen wird es abgefüllt, und dann wissen wir, okay, dann ist es ein paar Tage später bei uns. Und dann war es, lasst mich nicht lügen, der 12. Dezember oder irgendwie sowas. Mussten wir dann also mit einer knappen Woche Vorlauf, also dieses Eis Lager wird es jetzt ab kommenden Montag geben. Ich war den Montag auf Arbeit, um 9 Uhr öffnet die Elbphilharmonie, das heißt, ich war so kurz nach 8 Uhr da, Fass angekeckt, auch zum ersten Mal das Bier probiert, und dann Nachtwächter rausgelassen, Licht angemacht und so weiter. Dann gucke ich vorne aus der Tür und auf einmal ist am Montagmorgen, ungelogen, kurz nach 9 Uhr draußen, weil um 9 Uhr geht auch erst die Rolltreppe los, dass man erst überhaupt in die Elphi reinkam, Punkt 9 Uhr draußen eine Menschentraube, 12, 14, 16 Leute, die wirklich am Montagmorgen dann da waren, um dieses Bier zu trinken. Und dementsprechend sind also die Eisbockbiere sehr gut angekommen. Dann hat man die gleiche Maschine nochmal ein bisschen größer gekriegt. Ganz grob gesagt, das Bier zirkuliert, wird runtergekühlt, die Wassermoleküle werden zu Eis, setzen sich ab, dadurch friert das Bier eben auch nicht ganz durch, wie man das vielleicht zu Hause macht. Von Bukanter gibt’s so schöne Eisbock-Sets für zu Hause quasi oder für die Gastronomie, dass man eben so einen Eisbock auch mal machen kann. Da friert das Bier einmal immer komplett durch, dann hat man keine Kohlensäure mehr. Im professionellen Bereich, in Anführungszeichen, passiert das eben dann nicht, sondern Holger wird bestätigen können, da ist noch Kohlensäure drin. Was wir auf der Arbeit aber tatsächlich ganz gerne händisch mit diesem Bukanter machen, ist, wir nehmen diese Eisbockbiere und machen daraus nochmal einen Eisbock. Also Holger, du kannst dir das vorstellen, du hast jetzt dieses Nordik-Porter 9,1 % im Glas, davon füllen wir 3 Liter in unseren Bukanter, frieren das dann bei uns unten im Kühlhaus 48 Stunden ein und aus diesen 3 Litern Nordik-Porter holen wir dann so 500 Milliliter, würde ich mal schätzen, Nordik-Porter Eisbock nochmal wieder raus. Das schmeckt wie so ein Werthers Echte, nein, Storck RIESEN heißen die, wie so Storck RIESEN, also würden die dir einfach ins Glas reinfallen. Also Eisbock nochmal vereisbocken, also das ist eine geniale Idee.

Holger: Sehr gut. Naja, das macht auf jeden Fall Lust, es selber mal auszuprobieren.

Dennis Spahn: Ja.

Holger: Und es ist ja auch wirklich kein Hexenwerk mit dem Set von Bukanter. Gibt’s ja in verschiedenen Größen, man muss gar nicht 3 Liter machen. Aber wenn man eine große Familie hat und mit vielen Kindern und so, dann bieten sich 3 Liter natürlich an.

Markus: Ich sag mir immer, wenn man 3 Liter machen kann, dann sollte man auch 3 Liter machen.

Holger: Naja, du, du hast ja auch 20 Kästen Schlenkerla Eiche von verschiedenen Jahrgängen im Keller. Und da kann man auch mit Sicherheit einen schönen Eisbock machen davon.

Markus: Oh ja!

Dennis Spahn: Mit Markus haben wir doch mal mit dir eine ganz schöne Verkostung gemacht, eine Vertikalverkostung Schlenkerla Eiche, in Bamberg?

Markus: Das kann sehr gut sein. Mit verschiedenen Jahrgängen und sowas. Ja.

Dennis Spahn: Mit Kirsten und Co., das war auch sehr schön. Ja.

Holger: Sag doch nochmal ganz kurz das Datum.

Dennis Spahn: Müsste ich nachgucken.

Markus: Er kennt mein Leben besser als ich. Das ist unglaublich.

Dennis Spahn: Kann ich aber gleich auf jeden Fall nachreichen. Holger, ich habe in einer der letzten Folgen gehört, dass dir eigentlich nur noch der Pilotenschein fehlt. Gibt es da schon Neuigkeiten zu?

Holger: Der Pilotenschein, da gibt es noch keine Neuigkeiten dazu. Ich habe ja einen Bekannten, also einen Freund, den David (unv. #00:25:15.9# Schimmen?), der hat jetzt vor kurzem seinen Pilotenschein gemacht und er hat mir immer wieder ein bisschen erzählt, wie das so ist. Und allergrößten Respekt, aber im Moment glaube ich, wird das nichts. Ich würde es echt gern machen, also wirklich, aber ich muss mich auch mal begrenzen. Jetzt ist erstmal das nächste Projekt oder das war ja jetzt schon, das Thema Busgenuss. Und ich bin ja jetzt Verkehrsunternehmer, offizieller Verkehrsunternehmer mit einer EU-Lizenz und die heißt …

Dennis Spahn: Hei-hei-hei.

Holger: … lustigerweise EU-Lizenz für Gelegenheitsverkehr.

Dennis Spahn: Das hört sich an, als könntest du auch direkt hier auf der Reeperbahn anfangen.

Holger: Nein, unbedingt. Und ich habe ja auch noch die schönen Zeiten der Reeperbahn erlebt, also ich war ja Marinesoldat in den 80er Jahren. Ich weiß nicht, nein, nein, also das …

Markus: Also alle unter 18 machen jetzt bitte mal kurz für 5 Minuten aus.

Holger: Nein, nein, das kann ich nicht sagen.

Markus: Und jetzt, Holger, kannst du weitermachen.

Holger: Nein, also ich weiß nicht, wer von euch zum Beispiel den Safari Club kennt. Also ich weiß es nicht.

Dennis Spahn: Ich kann auf jeden Fall an der Stelle, das ist nicht ganz so schlüpfrig, noch das Datum nachreichen. Markus, das war nämlich der 22. Januar 2018.

Markus: Es ist unglaublich. Aber dass das alles erst so kurz her ist. Ich hätte es ehrlich gesagt irgendwie in 2015 oder sowas geschoben.

Dennis Spahn: Ah nein, das war der Sonntag, der Montag war, wo ich es dann eingetragen habe, das wird also der Sonntag, wahrscheinlich der 21. Januar. Also 20. oder der 21. Januar 2018, Markus, da haben wir eine schöne Vertikalverkostung gemacht mit Schlenkerla Eiche. Müssen wir aber, glaube ich, auch mal nachholen. Wie habe ich mir denn, das wäre eine ganz spannende Sache, die mich mal interessiert, bei Holger war ich ja tatsächlich schon im Keller, da weiß ich ja so ungefähr, was mich da erwartet. Markus, wie muss ich mir denn deinen Bierkeller vorstellen?

Markus: Naja, ein bisschen chaotisch auf jeden Fall. Ehrlich gesagt habe ich ja sogar zwei. Also das eine ist eine Garage und da stehen in der Mitte die ganzen Gläser und Gläserkartons, wir haben ja von der Bierakademie so um die 1000 Gläser, die wir für Veranstaltungen haben. Die stehen da rum. Und dann habe ich, also rundherum wie so ein U, ein Regal gebaut aus alten Regalen, die ich beim Umzug übrighatte. Und da geht es dann so rechtsrum, mit den Belgiern geht’s los, mit den Fruchtbieren, dann den Starkbieren und dann kommen so die Raritäten aus Belgien. Dann macht das so eine Biege, da stehen dann die Westvleteren Flaschen. Und dann geht’s über in die Eiche und Schlenkerla und die ganzen Bockbiere aus Deutschland. Und dann macht’s nochmal die Biege und dann geht’s so in die Sachen, die ich aus Reisen mitgebracht habe, also aus Chile, aus Brasilien, aus Russland und sonst wo. Und dann kommen so Utensilien, unsere Biersommelier-Spiele und was man halt da sonst so alles braucht. Und dann habe ich eben noch meinen Keller hier im Haus. Da habe ich unten 3 Kühlschränke und eine Tiefkühltruhe, wo also praktisch Biere drin sind, die man jederzeit brauchen kann, die sind also alle fertiggekühlt. Und in der Tiefkühltruhe sind immer so 3 Eisböcke eingefroren, falls man mal jetzt dringend irgendwie …

Dennis Spahn: Ja klar, kann ja sein. Wie mein guter Freund Reinhold immer sagt, haben ist besser als brauchen.

Markus: Absolut. Genau. Da unten habe ich dann auch noch meine diversen Schnapsvorräte, weil ich ja auch Edelbrand-Sommelier bin und da auch mittlerweile Seminare mache. Und da braucht man ziemlich viel eben Whiskys und Gins und Obstdestillate und was man da halt so alles haben muss. Und halt so ein bisschen noch Biere, die jetzt so in der akuten Verwendung dringend notwendig sind, das steht da so ein bisschen rum. Insofern ist es tatsächlich ein ziemlich großes Lager und ich habe jedes Jahr immer die Diskussion mit dem Finanzamt, weil die ja immer eine Inventur wollen. Und die verstehen immer nicht, dass wir Biere bewusst über das MHD hinaus lagern. Eigentlich sind die ja dann nicht mehr verkehrsfähig und damit müsste ich sie eigentlich abschreiben und eigentlich auch wegschmeißen. Und dann ist die Frage: Was ist denn mit dem Pfand? Dann sage ich: Die Flasche ist nicht diese 8 Cent wert fürs Pfand, sondern die ist für mich eigentlich unheimlich wert, weil da eben eine 10 Jahre alte Schlenkerla Eiche drin ist oder sowas. Und das schütte ich jetzt nicht aus wegen 8 Cent Pfand, die ich irgendwie wiederbekomme, sondern das hebe ich auf, weil ich das eben für eine Veranstaltung oder auch für mich selber haben möchte. Und das ist also immer wieder eine lustige Diskussion, weil so ein Finanzbeamter sowas nicht immer unbedingt versteht.

Dennis Spahn: Das heißt in Menge? Wie viele verschiedene Sorten, was würdest du schätzen?

Markus: Sicher über 100, aber wie viel genau? Vielleicht 120, 130.

Dennis Spahn: Ah okay.

Markus: Kommt drauf an, wie man die Jahrgänge rechnet und sowas.

Dennis Spahn: Also für einen guten Nachmittag bist du immer ausgestattet?

Markus: Ja, natürlich, auf jeden Fall, muss man ja auch. Und es gab tatsächlich immer wieder mal so die Situation, dass wir eine sehr kurzfristige Buchung bekommen für ein Seminar oder für eine Firma oder irgendwas, und dann muss man schon irgendwas aus dem Hut zaubern. Und gerade so diese eher selteneren Biere wie ein Westvleteren oder Schorschbock oder so, das kann man dann oft auch nicht kurzfristig irgendwie besorgen, sondern das hast du halt oder du hast es nicht. Und das war schon immer unser Mantra eigentlich, dass wir von der Bierakademie, zumindest in Deutschland, schon die größte und qualitativ beste Auswahl bieten können auch ad hoc für ein Seminar. Und deswegen müssen wir es halt auch dahaben.

Dennis Spahn: Wie schaut das bei dir aus, Holger?

Holger: Naja, du kennst ja meinen Keller. Ich würde sagen, ich habe immer so ungefähr 60 bis 80 verschiedene Biere da. Und ich habe natürlich dann auch viele Biere da, die in verschiedenen Jahrgängen da sind, wo ich dann meine, man muss das mal nachhalten, wie die sich entwickeln über die Jahre. Also das mache ich schon auch gern. Ja, wahrscheinlich ist es bei mir ordentlicher und aufgeräumter. Ja, also das schon. Was mich auch unheimlich interessiert, denn ich meine, jetzt nochmal zu dieser Bewertungsliste, also gibt’s da keinen Ärger? Kommt da nicht einer von den Nordmännern und sagt, also Kollege, also wo ist Störtebeker? Ist das nicht so?

Dennis Spahn: Nein. Bis jetzt hat da noch niemand was gesagt. Was wir machen, probieren wir immer offen und ehrlich und möglichst neutral. Also wir werden niemals irgendwie ein Bierchen trinken, wo wir dann das extra gut oder extra schlecht bewerten, weil wir irgendwie eine besondere Antipathie oder Pathie gegenüber einer Brauerei oder sowas haben. Von daher, wenn es neue Störtebeker Biere gibt, dann probieren wir die, dann bewerten wir die auch offen und ehrlich. Und das würde ja auch an unserer Glaubwürdigkeit zweifeln, wenn jetzt auf einmal im Männerabend seit 2016, seitdem ich da den Job mache, auf einmal alle Störtebeker Biere 100 Punkte kriegen würden oder sowas. Also das sind für uns zwei getrennte Sachen. Wir machen auf der einen Seite unseren Privatbereich, unseren Männerabend, bereisen die Welt, auch noch ganz spannende Sachen. Markus ist ja auch ganz viel unterwegs. Ich war gerade erst Anfang des Jahres an der Westküste, wir haben ganz viele tolle Sachen gemacht. Eigentlich wäre ich jetzt vor kurzem dann an der Ostküste gewesen, das ist leider durch die Corona-Sachen und die ganzen Flugausfälle dann eben nicht möglich geworden. Das heißt, da trennen wir tatsächlich Privates und Berufliches. Und dementsprechend kann da auch jeder davon ausgehen, dass, wenn wir Bier XY mit der und der Wertung versehen, dass das eben unsere persönliche Meinung ist. Man muss sich vorstellen, so ein Männerabend bei uns, wir gucken immer, dass wir eigentlich mindestens zu dritt sind. Das ist aber eigentlich eher selten, wir sind eher so 4, 5 oder 6, sodass man eben auch immer einen guten Durchschnitt hat. Der eine ist vielleicht eher der Pilstrinker, der andere ist vielleicht eher der Sauerbiertrinker. Ich persönlich, ich habe ja die Auszeichnung gekriegt als Deutschlands größter Sauerbiertrinker und dementsprechend haben wir dann jemanden dabei, der trinkt eher die dunklen Biere. Und so hast du bei jedem Bier immer auch einen sehr guten Durchschnitt. Das ist das eben, was wir auch abbilden wollen, dass man eben eine gute Durchschnittswertung kriegt, sodass sich eben jeder da wiederfindet. Dementsprechend macht‘s auch so viel Spaß. Und auch, wenn ich da manchmal nicht mit den Wertungen meiner Mittrinker einverstanden bin, wo ich sage, oh, jetzt hast du aber, nach meiner Ansicht, viel zu viel oder viel zu wenig Punkte gegeben, dann habe ich immer im Hinterkopf, aber naja, so ist es draußen halt auch im Supermarkt, da gibt’s auch den einen, dem wird es so schmecken, dem anderen wird es so schmecken. Und genauso ist es dann bei uns im Team, da kann man einfach mal auf unsere Seite gehen: maennerabend.info. Oben gibt’s das Team, einen Reiter, und dann kann man sich mal so angucken, wer da alles dabei ist. Und dann sieht man hier, Nico, Spezialist für Billigbier, Reinhold trinkt länger als der Rest, und so weiter. Die Candy, die du ja auch kennst, die haben wir auch immer wieder mit dabei. Das ist meine liebreizende Nachbarin, also der Männerabend hat auch Frauen tatsächlich mit dabei. Und der Großteil tatsächlich ist mittlerweile Biersommelier, also ein gewisses Fundament haben wir da mittlerweile auch gelegt. Dass es immer noch viel Quatsch und Spaß gibt, also da sitzen nicht vier Leute, die trocken über Bier reden und IBUs und EBC und so weiter aufzählen und über Stammwürze philosophieren, sondern es gibt auch schon mal Folgen, wo ich sage, naja, müssen wir das schneiden oder können wir das noch drin lassen? Das ist immer der Hauptfaktor, also einen lustigen Abend zu haben, eine gute Unterhaltungssendung zu machen und dann geht’s auch noch über Bier.

Holger: Auf jeden Fall empfehlenswert. Und welches ist denn jetzt das beste Störtebeker Bier laut Männerabend Statistik?

Dennis Spahn: Das ist tatsächlich, das Nordik-Porter muss es gewesen sein, aber in der Holzfasslagerung. Ich guck mal eben, genau. Das war das Nordik-Porter in der Portweinfass Barrel Aged Variante. Da hat unser Freund Jens Reinicke, der unser Innovationsmanager ist, quasi der Braumeister im Marketing, hat in Stralsund gesagt: Pass auf! Also Fasslagerung, da habe ich richtig Bock drauf. Wir nehmen mal unsere Eisbock-Biere. Er hat 4 Fässer bestellt, 4 unterschiedliche Fässer, hat dann dieses Nordik-Porter ins Portweinfass gelegt, hat das Polarweizen, diesen Weißbier-Eisbock ins Madeirafass gelegt, hat das Arktik-Ale in ein Tequilafass gelegt, war es glaube ich, und das Eis Lager in ein Jura-Whisky-Fass. Hat einfach da mal ein bisschen mit experimentiert. Die Biere gab‘s nie zu kaufen, sondern die haben wir exklusiv dann in der Elbphilharmonie für unsere Verkostungen, für unseren Biersommelier-Abend genommen. Dementsprechend, wenn jetzt jemand sagt, oh, wo kann ich das bestellen, es gab nur 1 Fass, 200 Liter, haben wir alles in den Verkostungen rausgehauen. Und aktuell oder generell in den letzten Jahren, dadurch dass Störtebeker eben so viel gewachsen ist, die Nachfrage nach den Bieren so sich gesteigert hat, gab es leider auch dann jetzt erst mal nicht mehr die Gelegenheit, das nochmal zu wiederholen. Aber ich hoffe, in Zukunft wird es das nochmal geben, weil, da werdet ihr mir zustimmen, gerade so fassgelagerte Sachen, da kann man richtig, richtig tolle Sachen machen.

Holger: Unbedingt.

Markus: Absolut. Ist toll, also das Madeira habe ich damals sogar probieren können, das fand ich echt großartig.

Holger: Nein, überhaupt muss man sagen, ich meine, Störtebeker, dahinter steckt ja keine traditionsreiche Brauerfamilie, sondern es kommt ja eigentlich aus dem Handel. Und ich muss das also wirklich sagen, was Störtebeker da leistet, in jeder Beziehung, also gastronomisch, qualitativ in der Thematik, auch Vielfalt und auch Richtung Preisleistungsverhältnis, ist fast unschlagbar. Das muss man ganz klar sagen. Aber man merkt, es braucht einfach, so in den Süden zu kommen. Also bis Frankfurt würde ich sagen, gute Verfügbarkeit, hier in München: schwierig.

Dennis Spahn: Aber da muss man ja auch sagen, Bayern ist jetzt auch nicht so, dass ihr da keine Brauereien hättet.

Holger: Nein, nein, das stimmt. Ganz genau richtig. Wir haben natürlich wahnsinnig gute Biere, eine ganz hervorragende Vielfalt. Und es ist ja Heimat, also Bier ist Heimat, und da verstehe ich dann auch jeden, der eben auf seine Hausbrauerei besonders stolz ist. Also auch insbesondere in Oberfranken mit der Brauereivielfalt, das ist ja einfach herrlich, da auf den Keller zu gehen und einfach auszuprobieren, was es schon wieder Neues gibt.

Markus: Ich kann mich erinnern, wir hatten unsere erste Bierakademie-Veranstaltung mit Störtebeker Bieren, das war 2014 oder 2015, da haben wir einen Grünkohlabend gemacht.

Dennis Spahn: Oh!

Markus: Und da gab‘s dann Grünkohl in 5 oder 6 verschiedenen Varianten mit Pinkel und mit was weiß ich was allem. Und da hatten wir zwei Biere dabei, das Atlantik-Ale und das Porter, und das war damals für Oberfranken beides durchaus gewöhnungsbedürftig, aber kam im Rahmen dieses Abends wirklich sehr, sehr gut an. Kann ich mich gut erinnern und das ist eben, also das ist schon weit weg von Franken in jeder Hinsicht. Das gibt’s ja wohl mittlerweile auch im Supermarkt, vor allem so die normaleren, also das Kellerbier, das Weizen und sowas, aber das war auf jeden Fall damals schon faszinierend. Und ich weiß auch noch, ich habe damals zur Deko so eine große Flagge gekauft, die es bei Störtebeker gab, mit der Ostsee und so, und das haben wir dann im Lokal dekoriert. Und war schon insgesamt echt spektakulär.

Dennis Spahn: Ich komme ja aus einer Selbstständigkeit raus, ich war Finanzberater, bevor ich mit dem Thema Bier angefangen habe, selbstständig als Makler. Und dementsprechend, es gab auch in Deutschland jetzt für mich nicht viele Brauereien, wo ich gesagt hätte, okay, das kann ich tatsächlich mit meinem Gewissen vereinen dann, in Anführungszeichen, „eine“ Brauerei zu empfehlen. Aber bei Störtebeker ist es ja tatsächlich so, das Sortiment ist so riesengroß, also da hast du, wie du grad schon sagtest, du hast ein Kellerbier, ein klassisches Kellerbier, hast ein Weizen, hast aber eben auch die Möglichkeit ein Eisbock, ein Pale Ale und so weiter und so weiter. Also ganz, ganz tolle Sache. Und dieses Jahr ist dann 4. Mal, da müssen wir noch ein bisschen die Daumen drücken, dass es tatsächlich stattfindet im September, 11., 12. September, die deutsche Meisterschaft der Hobbybrauer. Also auch da ist man sehr engagiert und fördert so ein bisschen den Nachwuchs, würde ich schon fast sagen. Also ganz, ganz spannende Sache. Drücken wir mal die Daumen, dass das stattfinden kann tatsächlich. Also wer gern zu Hause ein Bierchen braut und sich noch nicht angemeldet hat, gebt mal bei Google ein: Deutsche Meisterschaft der Hobbybrauer. Anmeldung läuft. Bierstil in diesem Jahr ist ein Red Ale. Naja, das Bier wird dann zusammen, wenn es gewinnt, zusammen nach eurem Rezept bei Störtebeker eingebraut, meistens ist das kurz vor Weihnachten. Und dann wird es unter anderem in der Elbphilharmonie ein Jahr lang ausgeschenkt. Also ich denke, es gibt Schlimmeres. Soviel Familienbesuch wie wir von den letzten Gewinnern jeweils gekriegt haben, das war schon stattlich. Es ist natürlich ganz cool, wenn man dann seine Verwandtschaft nach Hamburg schicken kann und sagen kann, ach übrigens, und wenn du in der Elbphilharmonie bist, sag doch mal hier, ich möchte das und das Bier probieren, das hat mein Onkel oder wer auch immer gebraut. Also ganz, ganz schöne Sache.

Markus: Cool. Das ist doch ein richtig schönes Schlusswort. Also kann man nur unseren Hörern empfehlen. Schaut bei Männerabend vorbei, hört auch diesen wunderschönen Podcast und schaut natürlich in Hamburg bei der Elbphilharmonie vorbei, sobald sie wieder offen ist. Fragt mal nach dem Dennis und vielleicht gibt er euch dann einen kleinen Schluck Eisbock aus.

Dennis Spahn: Ganz genau. Am besten sagt ihr vorher Bescheid, schreibt mir vorher eine E-Mail, auf der Männerabend-Seite ist ja alles vorhanden: dennis@maennerabend.info. Schreibt mir eine E-Mail, wenn ihr nach Hamburg kommt, am besten natürlich eine Woche oder zwei Vorlauf. Sagt, ihr habt mich hier gehört und dann gucken wir, dass in dem Zweifelsfall dann vielleicht auch gerade ein Eisbock ausfrieren oder, oder, oder für unsere guten Freunde haben wir natürlich dann immer noch mal ein kleines Special kaltstehen, ähnlich wie Markus gesagt hat, die 3 Eisbock-Biere. Also da kriegen wir schon was hin.

Holger: Wunderbar. Ich kann nur sagen, Dennis, das war mir eine Ehre. Vielen Dank, dass du dabei warst und Zeit für uns hattest. Mach es gut und mach vor allen Dingen so weiter wie bisher.

Dennis Spahn: Ich habe zu danken. Euch viel Erfolg, viel Spaß! Weitere tolle, viele Gäste. Ich bin gespannt, wen er hier noch so einladet, immer sehr kurzweilig, sehr informativ. Und nachdem ihr ja schon den (unv. #00:38:49.5# Pörschi?) und den Uwe hattet, die auch beide in meinem Biersommelier-Kurs mit waren, bin ich natürlich mal gespannt. Also was war jetzt, Folge 18? Na, mindestens 3 aus meinem Biersommelier-Kurs waren schon hier. Ich glaube, da haben wir eine ganz gute Quote. Ich bin mal gespannt, wann der Rest hier noch auftaucht.

Holger: Ah ja, sehr interessant. Das ist sicher eine gute Quote.

Dennis Spahn: Ja, ich denke auch.

Markus: Schick uns mal eine Liste.

Dennis Spahn: Ja genau.

Markus: Ciao!

Holger: Also tschüss, macht‘s gut. Ciao, tschüss!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 17 – Interview mit Georg Rittmayer von der Brauerei Rittmayer aus Hallerndorf

Georg Rittmayer hat nahezu alle möglichen Höhen und Tiefen eines Brauerlebens erlebt und kann heute stolz auf ein großes Lebenswerk zurückblicken. Unter seiner Führung wuchs die Brauerei von 800 Hektolitern Jahrenproduktion auf über 30.000, ein modernes Abfüllzentrum bedient zahlreiche Kollegen, die Georg Rittmayer als Präsident des Verbandes der Privaten Brauereien Bayern mittlerweile auch politisch vertreten darf. Doch dazwischen lagen große Herausforderungen, angefangen vom Veto seines Vaters und seines Großvaters, als er das erste Weißbier in Franken (nach Maisel) brauen wollte, bis zum Veto seiner Frau, als er das Amt des Verbandspräsidenten ins Auge fasste. Doch nachdem seinen eigenen Worten nach in seinen Adern Bier statt Blut fließt, konnte er alle Klippen meistern und so im Gespräch mit Markus Raupach und Holger Hahn viele spannende Geschichten erzählen…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Herzlich willkommen zum BierTalk Nummer 17. Und das ist in der Tat ein BierTalk der Superlative. Also erstens ein Superbrauer, dann aus einem Ort mit der höchsten Brauereidichte pro Kopf, man sagt, weltweit, aber in jedem Fall Oberfrankens, und auch mit der größten Biervielfalt Frankens. Am Mikrofon ist der Holger und der …

Markus: Markus.

Holger: Ich darf das Geheimnis lüften. Also der Superbrauer ist Georg Rittmayer, der sich jetzt einfach selber vorstellt. Georg, bitte sag mal was zu dir.

Georg Rittmayer: Hallo zusammen! Ich freue mich, dass ich heute an eurem Talk teilnehmen darf. Mein Name ist Georg Rittmayer, ich bin 54 Jahre alt, bin Brauer, seit ich geboren bin. Ich habe mit meinem Großvater den ersten Sud mit 13 Jahren gemacht und kurioserweise macht das heute mein Sohn auch in der Brauerei aktuell heute, weil die haben ja corona-frei. Der darf auch heute mit 13 Jahren einen Sud im kleinen Sudwerk machen, da freue ich mich besonders drüber. Ich habe noch ein paar Hobbys, das eine ist Bier, das andere ist Bier und das nächste ist der Verband der Privaten Brauereien, von denen ich seit drei Jahren jetzt Präsident bin.

Holger: Markus, wie geht es dir heute?

Markus: Ja, mir geht es auch gut, sehr gut sogar. Ich habe jetzt gerade noch den Weg in den Keller gemacht und die schönen Biere hochgeholt, die uns der Georg schon geschickt hat. Deswegen bin ich auch schon ganz heiß, weil da wirklich ganz, ganz spannende Sachen dabei sind teilweise, die ich selber noch nicht getrunken habe. Und ja, ansonsten die Sonne scheint, wir haben ein Bier, wir haben einen tollen Gesprächspartner, also besser kann es einem eigentlich gar nicht gehen.

Holger: Ich kann nur sagen, wir haben uns für heute viel vorgenommen, also wir wollen in jedem Fall mindestens vier Biere verkosten. Und da das auch zeitlich natürlich irgendwie in den Rahmen passen muss, da würde ich fast sagen, wir legen los, also wir legen einfach los. Und das erste Bier ist ein alkoholfreies Kellerbier. Und ihr wisst ja, der Markus, der ist ein Verfechter der alkoholfreien Biere. Und ich find‘s eigentlich auch nicht schlecht. Also ich hole es mal raus. Hört man schon und ich mach’s auch auf. So, wunderbar. Draußen ist es heiß und was gibt’s da Besseres als so ein schönes, kühles Bierchen. Und wenn man dann auch noch ein Alkoholfreies hat, ist es ja sogar absolut gesund. Also Bier ist sowieso gesund, aber alkoholfrei dann vielleicht noch ein Ticken mehr. Also Prost!

Georg Rittmayer: Prost!

Holger: Wunderbar. Da kann man sehen, dass man auch bei einem alkoholfreien Kellerbier es schaffen kann, den Kellerbier-Charakter total zu transportieren. Das begeistert mich also jetzt schon. Und auch die Farbe ist unübertroffen. Markus, das ist doch auch eines deiner Lieblinge, soviel ich weiß.

Markus: Ja, auf jeden Fall. Hintergrund ist, dass ich letztes Jahr auf einem Bierfest in Nürnberg war, wie jedes Jahr, und dort meinen Stand hatte mit ganz viel Craftbier und allem Möglichen drumherum. Die fangen ja meistens erst bei 5, 6, 7 Prozent an, und man steht da ja fünf Tage und hat natürlich zwischendurch auch Durst. Es gibt aber weit und breit keinen Stand, wo man ein Wasser oder eine Limo oder eine Cola oder irgend sowas haben kann. Und dann war ich beim Georg und habe meine Biere vorher abgeholt, und da hat er mir gesagt, Mensch, er hat ganz was Neues, da gibt er mir jetzt was mit, und hat mir einen Kasten von diesem alkoholfreien Kellerbier mitgegeben. Ich fand das ja sensationell und eigentlich sollte ich es ja mit den Leuten verkosten, aber ich muss ehrlich gestehen, ich habe das dann in den Kühlschrank gestellt und das hat mich wirklich über die Tage komplett versorgt. Ich fand das richtig super, es hat einen tollen Geschmack, es ist sehr, sehr vollmundig, man hat das schöne Mundgefühl, was ein Kellerbier auch hat. Man hat die malzigen Noten, ein bisschen röstige Noten, das ist sehr weich, sehr angenehm, ein richtig gutes Getränk auch einfach. Seitdem bin ich voller Fan von diesem Bier und muss auch sagen, ich habe jetzt noch kein wirkliches anderes alkoholfreies Kellerbier gesehen. Für mich ist das wirklich ganz was Neues und auch was Tolles, weil ich es auch superfinde, dass eine Brauerei sagt, wir gehen diesen Weg jetzt bewusst mit und gehen in diese alkoholfreie Richtung und schauen, dass wir einerseits dieses Segment uns erschließen, aber andererseits mit unseren traditionellen Stärken, unseren klassischen Bieren, Bierstilen, da reingehen. Das ist ganz, ganz toll. Und auch der Schaum ist schön, wie er hier so immer noch im Glas steht. Also ganz toll, Georg. Was ist denn das Geheimnis hinter dem Bier? #00:04:05.3#

Georg Rittmayer: Liebe. Nein, ja, du kennst mich ja, für Bier da lasse ich so manches liegen und stehen. Und für mich ist das Höchste, das Schönste, was es für mich gibt, ist die Brauerei. Dann habe ich ja natürlich durch dem, dass ich so viel unterwegs bin, auch immer wieder das Problem mit dem Autofahren und mit dem Trinken. Und wenn man so viele Hotelübernachtungen hat, dann wünscht man sich immer ein schönes Kellerbier. Und dann so mit der alkoholfreien und mit der Aufgabenstellung sind wir an das Projekt herangegangen. Da habe ich gesagt, aber ich möchte es unfiltriert haben. Alkoholfreies Bier, Kellerbier, besonders für Hallerndorf, ja, die sieben Bierkeller, die wir in der Gemeinde haben, da passt ein alkoholfreies Kellerbier ganz besonders rein. Da haben wir uns dann die Aufgabe gestellt, und ich glaube, beim zweiten Sud waren wir dann eigentlich schon da, wo wir sagen, ja, so machen wir es. Und dann habe ich gesagt, komm, lasst uns das auf einem großen Sudwerk machen. Und dann, muss ich ganz ehrlich sagen, haben wir noch ganz feine Schrauben gestellt. Und jetzt muss ich wirklich sagen, ich bin megaglücklich, dass wir das gemacht haben. Das kommt sehr gut an, unsere Kellerwirten sind auch sehr glücklich darüber, dass wir ein eigenes Kellerbier haben und nicht irgendwie von einer größeren Brauerei eins dazukaufen. Und für mich kommt das sehr nahe an Bier. Weil wir wissen ja, alkoholfreie Biere werden oft mit Limonade verglichen oder haben so eine sehr starke Restsüße, das haben wir hier geschafft, dass wir die sauber mit einer Kalthopfung übertönen können. Und ich selber, wie gesagt nochmal, bin megaglücklich, dass das Bier so geworden ist.

Holger: Wie habt ihr da gearbeitet? Mit gestoppter Gärung oder mit Alkoholentzug gearbeitet oder was habt ihr da gemacht?

Georg Rittmayer: Wir haben mit Ludwigii-Hefe gearbeitet. Und bei der Ludwigii, wenn man ja arbeitet, hat man dann auch schon immer Restzucker im Bier, also Würze-Geschmack. Zwar nicht so stark wie beim gestoppten Gärer, aber der ist immer noch da. Und das Ganze, nachdem ich ja in meiner Brauerei immer wieder investiere, und da konnte ich mir mal wirklich eine Zentrifuge leisten und da haben wir die Hefe da zum Teil entfernt und haben natürlich dann mit Hopfen gestopft. Dadurch haben wir die Balance gefunden, dass die Hopfenaromen diese Restsüße, die von der Würze noch da sind, übertönen. Das ist wirklich rundgeworden, und ich muss sagen, das war beim ersten, zweiten Mal fast schon Zufall, dass wir das so genau getroffen haben.

Markus: Das ist ja auch genau richtig jetzt eigentlich, wie du schon sagst, gerade für die Bierkeller, die Biergärten. Hintergrund ist ja, dass bisher so ein bisschen der heimliche Champion im alkoholfreien Bereich vor allem das alkoholfreie Weißbier war. Und eigentlich dieser Markt da jetzt rückläufig ist, so spätestens seit dem letzten Jahr und auch im alkoholfreien Bereich. Und es eigentlich ganz gut ist, wenn man jetzt sagt, okay, ich habe da ein anderes Bier, ein anderes alkoholfreies Bier und Kellerbier auf der anderen Seite jetzt gerade ein Bierstil ist, der sehr im Kommen ist. Und ich glaube, da hat man genau oder da hast du genau aufs richtige Pferd gesetzt, weil natürlich alkoholfrei zunimmt aus ganz, ganz vielen Gründen, aber eben die Leute langsam ein bisschen satt sind von diesen Weizenbieren, sondern wollen eben ein richtiges klassisches Bier haben, und da bin ich bei dem Kellerbier sicherlich gut dabei.

Georg Rittmayer: Ganz allein auf meinem Mist ist das nicht gewachsen, und da bin ich sehr dankbar, dass mir vor fünf Jahren dieser junge Braumeister über den Weg gelaufen ist, und Markus, du kennst ihn, das ist der Kevin Düsel, ein sehr begabter Braumeister. Und wir haben uns zwar ab und zu mal in die Haare, wenn es ums Bier geht, aber das ist ja ganz gut, das regt die Diskussion an, und beim Kellerbier, da waren wir uns beide sofort einig, so machen wir das, und haben das dann durchgesprochen und das hat so funktioniert. Wie du schon sagst, auch die Keller draußen, die Leute sind uns dankbar, dass es ein einheimisches Kellerbier alkoholfrei gibt.

Holger: Was machen wir denn jetzt als nächstes? Wir haben ja doch einiges an Auswahl. Jetzt hatte ich das einfach gesagt, alkoholfrei Kellerbier starten wir, aber jetzt darf mal jemand anders was sagen. Wie machen wir weiter?

Georg Rittmayer: Ich würde jetzt das Rotbier nehmen, weil beim grünen Hopfenpils, hoffentlich habe ich jetzt nichts verraten, da sind die Hopfenaromen doch ziemlich stark, deswegen würde ich dann eher in diese Rotbier-Schiene, also ins BuSi Bier, das ist unser Bundessieger Bier von Elias, gehen.

Holger: Ja, dann machen wir das doch. Also dann nehmen wir so ein BuSi. Wunderbar.

Markus: Hatte ich zuerst ganz andere Assoziationen bei dem Namen, aber jetzt machen wir es erstmal auf.

Holger: Also du schon wieder.

Georg Rittmayer: BuSi. Ein Franke kann ja das nicht aussprechen.

Markus: Oder Bussi Bier, auch schön.

Georg Rittmayer: Bussi, genau. Das meinte ich ja.

Holger: Zum Glück ist ein Preuße im BierTalk und ich kann das hochdeutsch alles übersetzen dann.

Georg Rittmayer: Genau.

Markus: Du rettest uns jetzt gerade, sonst glauben die Leute, wir haben gar kein Alkoholfreies getrunken.

Holger: Auf jeden Fall (unv. #00:08:26.6#), seht ihr schon diese Farbe, diese unglaublich schöne Farbe? Seht ihr das schon?

Georg Rittmayer: Ja.

Holger: Aber BuSi, was verbirgt sich dahinter? Ist das jetzt wieder sowas, wo der Markus da seine Bilder im Kopf hat? Oder ist das was ganz anderes?

Georg Rittmayer: Das ist ganz was anderes. Also ich bin megastolz auf meinen Azubi, der jetzt Geselle ist, das ist der Elias Rittmayer, der heißt auch Rittmayer so wie ich, ist aber mit mir nicht verwandt. Sein Vater Stefan Rittmeyer, der 2006 leider verstorben ist, sehr jung, das war mein erster Braumeister, den ich angestellt hatte damals. Der Elias, der kam zu mir und sagte, du, ich möchte Brauer lernen bei dir. Und ich war megastolz. Der Clou bei der ganzen Geschichte ist, dass dieser Elias, das ist ein ganz, ganz schlauer Kopf, der kam zu mir und sagte, ich schmeiß jetzt die Schule, ich habe keinen Bock mehr auf Latein und Französisch und die Lehrer sind eh alle doof. Und dann schaue ich das Zeugnis an so, da war das eine 1,0 im Zeugnis im achten Gymnasiumjahr. Ich habe keinen Bock mehr. Da sage ich, Elias, mach das nicht, mach das fertig und mach es so und dann studierst du. Und dann hat er gesagt, ich mache jetzt eine Lehre, die verkürze ich, weil ich bin so schlau, dann gehe ich nach Doemens für zwei Jahre und dann studiere ich irgendwas mit Brauingenieur-, Brauwesen, Biochemie et cetera. Und dann bin ich genauso schnell als wie, wenn ich Abitur hätte. Und da mich mir dann überlegt, stimmt. Und dann hat er die Lehre bei uns begonnen, wirklich ein volltalentierter junger Mann. Hat natürlich die Ausbildung als Bundessieger abgeschlossen, also Deutschlands bester Brauer. Und da habe ich gesagt, komm Elias, da müssen wir was daraus machen. Mach mal ein Bier, entwickle ein Bier, so wie du denkst, suche dir was aus, das machen wir und das vertreiben wir dann und du kriegst natürlich von uns einen Obolus dazu, weil du brauchst ja als Student dann irgendwann ein bisschen Geld später. Das kriegst du dann von mir, was da so übrigbleibt. Und der hat sich riesig gefreut und dann hat er sich natürlich hingesetzt und hat dieses Rotbier entwickelt. Wir wissen ja, in Nürnberg ist ein Rotbier eine Spezialität. Der Kevin sagt jetzt immer, das beste Rotbier kommt nicht aus Nürnberg, sondern das kommt von Elias. So ist das Ganze entstanden. Und ich glaube, wenn wir das verkosten, von der Farbe her, das ist ihm schon gelungen. Da kann man nichts sagen.

Holger: Unbedingt. Ja. Ehrlich gesagt, ich habe es schon verkostet jetzt, also während du gesprochen hast. Und was ich so unglaublich finde, ich weiß gar nicht, ob ihr das auch habt, aber ich habe eine Mega-Erdbeernote.

Georg Rittmayer: Ja genau.

Holger: Das ist wirklich toll, also Wahnsinn. Das ist fast eine Bowle.

Markus: Das ist mir auch in den Kopf gekommen, das ist wirklich wie so eine Erdbeer-Bowle, vielleicht sogar mit Erdbeeren und Altbier oder so. Nein, also wirklich toll. Was ich ganz toll auch finde, ist die Kohlensäure. Also einerseits sieht man es ja schon, also wunderschöne Farbe im Glas, aber die ist eben ständig durchzogen von diesen feinen Perlen. Also das ist schon mal und das ist auch außergewöhnlich für ein Rotbier, weil die normalerweise eher niedrig gespundet sind. Und dann auch im Mund macht sich das bemerkbar, trägt zu dieser Spritzigkeit bei. Und ich glaube, das ist dann auch das, was diese Bowlen-Note so ein bisschen rüberbringt. Also die Fruchtigkeit zusammen mit diesen karamelligen, süßen Noten, das ist wirklich sehr, sehr schön.

Georg Rittmayer: Stimmt, Markus, hast du recht. Wir haben ein bisschen mehr Kohlensäure da drin. Das war auch am Anfang und das darf ich ja auch ganz ehrlich sagen, nicht beabsichtigt. Da waren dann plötzlich 5,6 Gramm Kohlensäure drin, dann habe ich gesagt, du, lass das mal drin. Erstens wird das Bier bestimmt irgendwo, wenn (unv. #00:11:22.4# älter?) und gelagert. Und zweitens, tut das der Spritzigkeit ganz gut, die Aromen kommen besser. Und dann hat er gedacht, okay, also lassen wir es drin, lassen wir sie nicht abblasen, und dann haben wir es so abgefüllt. Ich bin auch der Meinung, dass dieses bisschen Mehr an Kohlensäure dem Bier nicht zum Nachteil ist.

Markus: Könnte ich mir sogar vorstellen in so einem Sektglas. Also so als Beginn von einem Menü.

Holger: Unbedingt, unbedingt. Also ein richtig schönes Aperitif-Bier, wo man, glaube ich, auch die Frauen überraschen kann.

Georg Rittmayer: Ja genau.

Markus: Eine Frage habe ich noch: Es steckt ja in einer Flasche, da steht vorne Craftmayer drauf. Was verbirgt sich denn da dahinter?

Georg Rittmayer: Also der Craftmayer, das ist eine Linie von uns, die haben wir uns mal ausgedacht. Wir hatten ja die ganze Craftbier-Linie, weißt ja, Bitter 42, Summer 69 und so, die wollen wir jetzt so langsam einstellen. Bitter 42 und Smoky George wird es weiter geben. Das Summer 69, da sind wir jetzt dran, ob wir mal wieder einen Sud machen und dann einfach so verkaufen. Und wenn er weg ist, ist er weg, und dann wieder zur nächsten Zeit. Aber Craftmayer, jetzt kommt so ein Spruch von mir und den hat der Kevin genauso verinnerlicht wie ich: Wir sind Brauer oder Köche. Und uns widerstrebt, jeden Tag dieselbe Arbeit zu machen. Das heißt, jeden Tag Schweinebraten und Schnitzel zu kochen, das gefällt auch keinem Koch. Und dann haben wir gesagt, okay, komm, wir machen eine Linie. Und dann haben wir hin und her überlegt, wie wir die nennen. Da, wo wir uns ausspinnen, da gibt es dann immer wieder Biere, die es nur einmal gibt. Und wenn sie Erfolg haben, gibt es sie zum nächsten Jahr zum selben Zeitpunkt wieder, wie jetzt zum Beispiel das Grünhopfen Pils. Da stecken wir alles rein, wo wir uns ausleben. Wir hatten auch schon mal ein Stout gemacht. Was ich dann auch noch verraten darf, der nächste Craftmayer, wo kommt, das ist das Hochzeitsbier vom Kevin, weil der heiratet ja. Hatten wir die Hochzeit weiter verschoben. Das ist ein echtes fränkisches Lagerbier. Wir haben es ja schon im (unv. #00:13:03.5#) verkostet, also richtig gut. Und da toben wir uns zwei aus in dieser Linie von Craftmayer. Der Unterschied ist immer das Rückenetikett, ihr seht es ja, beim Grünhopfen Pils ist es grün und beim BuSi Bier oder Elias‘ seinem Rotbier ist es rot. Das unterscheidet immer die Flaschen voneinander.

Holger: Jetzt hast du ja schon tausendmal vom Grünhopfen Pils gesprochen, eigentlich von Anbeginn an, und das könnte man sich jetzt auch mal vornehmen. Oder wollen wir noch ein bisschen beim Rotbier verweilen?

Markus: Wenn du so ein Tempo vorgibst, können wir schon machen. Da gibt es dann sicherlich auch viel zu reden.

Holger: Unbedingt.

Markus: Aber wie gesagt, wir verabschieden das Rotbier durchaus mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Weinend, weil wir es jetzt verlassen müssen, aber lachend, weil wir es verkosten durften. Wirklich ein ganz, ganz tolles Bier. Und da kann man dem Elias nur einerseits gratulieren und andererseits beglückwünschen. Nun bin ich mal gespannt, wieviel wir von ihm noch hören werden.

Georg Rittmayer: Ja, ich hoffe, dass der der Brauereiwelt erhalten bleibt. Ich sage immer wieder zu ihm, Elias, mache bitte keinen Maschinenbau. Bleib der Brauereiwelt erhalten, bitteschön.

Markus: Gut. Na dann, Holger, walten wir unseres Amtes und machen das Grünhopfen Bier auf.

Holger: Jawohl.

Markus: Du siehst schon, Georg, es ist echt Arbeit bei uns im BierTalk.

Georg Rittmayer: Da hast du aber echt recht. Also ich nehme mir gerade einen Zwischenschluck, damit neutralisiere ich immer (unv. #00:14:21.6#)-Bier aufgemacht, kein Wasser. Bei mir gibt’s auch bei der Bierverkostung in der Brauereiführung als Zwischenbier immer das Helle. Dann nehme ich mir jetzt grad meinen Neutralisationsschluck.

Markus: Sehr vernünftig.

Georg Rittmayer: Ja.

Holger: Man soll ja auch seine Leber nicht verwirren mit irgendwas anderem zwischendurch, das soll ja nicht sein.

Georg Rittmayer: Genau.

Holger: Ihr merkt schon, jetzt haben wir eigentlich mit dem Hellen schon das vierte Bier im Gespräch. Aber jetzt bleiben wir erstmal bei einem Craftmayer und Grünhopfen Pils unfiltriert. Da sind ja viele Themen neu, ein bisschen vielleicht sogar widersprüchlich, ein Pils ist ja eigentlich vom Bierstil eher nicht unfiltriert und Grünhopfen, da wissen die Leute vielleicht auch nicht so richtig, was das eigentlich ist. Schieß doch mal los! Was ist das Geheimnis dahinter?

Georg Rittmayer: Das Grünhopfen Pils, da muss ich jetzt ein wenig ausholen und da muss ich auch einen Braumeister, den ich sehr bewundere, erwähnen, das ist der Eric Toft. Ich war mal zu Besuch beim Eric unten und dann sagt er, du, Georg, ich habe ganz was Neues und ich schlage jetzt extra das Fass für dich an. Und ich musste da nochmal heimfahren an dem Abend, das war sowas Blödes. Dann macht der von seinem ersten Grünhopfen Pils, das er gemacht hat, schlägt er das Fass an und ich habe gedacht, ich bin im Paradies. Du Eric, hast du ein Zimmer hier? Ja klar habe ich ein Zimmer. Das Ganze ging dann so hinaus, dass ich da bei Eric übernachtet habe, weil ich habe mir dann richtig die Hucke voll getrunken, das war so gut. Und dann denke ich mir, das musst du dann auch mal machen. Ist über Jahre wieder aus dem Kopf gegangen, und dann habe ich den Stefan Stanglmaier kennengelernt, das ist ein Hopfenbauer aus der Hallertau. Von dir bekomme ich doch frischen Hopfen, oder wann tust denn du ernten? Ja, hat er gesagt, das war das letzte Jahr. Das erste Mal, da hat er Bavaria Mandarina am Feld gehabt. Den ernten wir nächste Woche. Dann habe ich den Kevin angerufen: Kevin, glaubst du, wir können Grünhopfen Pils einplanen mit Bavaria? Ich fahre runter, du maischt ein und wir haben den ganz frisch von der Pflückmaschine weg. Ja, das kriegen wir hin. Und so ist das letztes Jahr entstanden. Der Kevin hat eingemaischt, ich bin mit dem Auto nach Au in der Hallertau, da unten in der Gegend ist das, so ein kleines Kaff, gefahren. Man muss sich vorstellen, den Sack aufgehalten und direkt den feuchten Hopfen in den Sack reinplumpsen lassen und dann wieder heimgefahren. Das war ein Aroma in dem Auto, ihr könnt euch nicht vorstellen. Und heuer war es wieder genauso, heuer haben wir das auch wieder gemacht mit Absprache mit dem Stefan. Stefan? Ja, könnt ihr freilich haben. Und dann fahre ich da runter, diesmal hat er Ariana gehabt. Also in diesem Grünenhopfen Pils ist jetzt Ariana drin. War ganz lustig, wie ich sage, du Stefan, was bin ich denn schuldig vom Hopfen? Sagt er, ach, bring ein paar Kästen Bier vorbei und die Sache ist erledigt. Naja, das habe ich natürlich auch getan. Leider war das zu dem Zeitpunkt, der Stefan war ja für Barth & Sohn, da arbeitet er ja noch in der Hopfenentwicklung oder Pflanzung oder so, zusätzlich in Argentinien und hat sich natürlich den Virus mit heimangebracht. Dann war er in Quarantäne, wir haben durch ein Fenster gewunken. Ich habe dem 15 Kästen Bier hingestellt, dann bin ich wieder losgefahren. Fand ich natürlich sehr schade, weil ich hätte schon gerne ein Bier mit ihm getrunken. Der heutige, wie gesagt, das ist ein unfiltriertes Pils. Wir haben einen Alkohol von 4,8 bis 5 %. Der ist Grünhopfen Pils und die Erfahrung habe ich auch vom Eric bekommen, da hat er gesagt, ein Grünhopfen Bier beginnt nicht unter 40 Tage Lagerung, dann beginnt ein Grünhopfen Bier. Das habe ich mir dann zu Herzen genommen. Wir haben ja verschiedene Möglichkeiten bei uns in der neuen Brauerei, Gärverfahren zu machen und Lagerverfahren. Der Markus weiß ja, dass wir auch herkömmlich fahren können, offen vergären und auch im Tank vergären. Und haben dann einen kellergekühlten Keller, da wo wir die Spezialbiere drin machen, jetzt das Grünhopfen Pils. Ja, so ist das Ganze entstanden und ich kann euch jetzt sagen, ich persönlich habe jetzt hier am Tisch die letzte Flasche stehen.

Holger: Georg, wunderbar. Das ist sehr spannend. Ich weiß ja, ich habe schon jetzt eine wahnsinnige Idee. Kennt ihr die Wunderbäume für die Autos?

Georg Rittmayer: Ja.

Holger: Da machen wir jetzt einen Grünenhopfen Wunderbaum, das wäre doch was.

Georg Rittmayer: Gute Idee.

Holger: Das wäre doch was. Aber das nur am Rande. Sehr interessant finde ich, also Mandarina Bavaria, ein ganz toller Hopfen, also der war mal total gehypt, wird jetzt weniger. Und Ariana ist eigentlich auch ein neuer Hopfen.

Georg Rittmayer: Ja.

Holger: Und hier habe ich jetzt zum Beispiel so eine Cassis-Note, kann das sein? So eine Johannesbeere ein bisschen. Aber auch natürlich eine Zitrusnote, so eine tropische Note auch. Ich bin ja aus dem Ruhrgebiet und mein Bierstil ist Pils, weißt du? Ich finde Pils großartig. Und liebe das auch, wenn die Biere dann doch noch ein bisschen schlanker und trockener sind und auch ein bisschen eine höhere Bittere. Und da muss ich jetzt ehrlich sagen, also das ist jetzt mein Favorit hier in unserer Runde, das muss ich sagen.

Georg Rittmayer: Da hätte ich dir das Bitter 42 schicken müssen. Habe ich dir das mit reingesteckt ins Paket? Weiß ich gar nicht.

Holger: Nein, nein, aber ich kenne es natürlich, das kenne ich. Aber du, tue dir keinen Zwang an, also die Adresse ist da, ich bleibe hier wohnen, bis das Paket kommt.

Georg Rittmayer: Du glaubst nicht, wieviel Corona-Hilfspakete ich verschickt habe an Freunde in Italien zum Beispiel. Dann eins nach Spanien habe ich auch geschickt, da, wo ich Freunde habe. Denen habe ich alles, Corona-Hilfspaket habe ich draufgeschrieben. Die wussten nicht, machen es auf. Ihr könnt euch nicht vorstellen, was da für Videos gekommen sind.

Holger: Ja, das ist ja toll. Aber Markus, du alter Oberfranke, du magst es ja gar nicht so bitter. Und so bitter ist es ja auch nicht. Aber schmeckt dir das?

Markus: Ja, absolut. Also ich bin ein großer Fan der Grünhopfen Biere, muss ich sagen. Weil einfach das die natürlichste und die ursprünglichste Variante ist und man einfach viel von den Pflanzenaromen noch drin hat, die eben sonst logischerweise durch die Weiterverarbeitung rausgehen. Was vielen ja immer nicht bewusst ist, dass man Hopfen weiterverarbeiten kann. Man kann die Dolden entweder ganz frisch nehmen, so wie hier, ich kann sie dann trocknen, ich kann sie dann häckseln und dann werden die Pellets draus. Dann kann ich Pellets machen, wo noch weniger von dem pflanzlichen Material drin ist, oder ich kann es dann noch weiter reduzieren und habe dann am Schluss Hopfenextrakt. Alles natürliche Produkte, aber am Ende habe ich eben dann nur noch, sagen wir mal, die Aromen beziehungsweise die Bittere und wenig von der eigentlichen pflanzlichen Aromatik. Und das habe ich eben sehr schön in diesem Grünhopfen Bier, das heißt, da hat man auch ein bisschen dieses Chlorophyll, was man vielleicht vom Salat, vom Schnittlauch, von sowas her kennt. Und das mischt sich dann ganz toll mit den fruchtigen floralen Aromen von dem Hopfen, mildert, glaube ich, auch die Bittere. Also deswegen ist die auch von der Wahrnehmung her nicht so intensiv, wie sie wahrscheinlich von der Zahl her, wenn man es errechnet, ist. Und das gibt dem halt einen sehr, sehr runden, weichen Charakter. Also dazu kommt auch noch, dass dieses Grüne von der Pflanze auch zum Mundgefühl beiträgt, das einfach noch mal eine ganz andere Rezeption ist eben im Mund, wenn man das dann schluckt und so. Die Öle sind ganz anders präsent. Also deswegen, Grünhopfen ist wirklich sowas, wo ich echt mittlerweile zum Fan geworden bin. Und man bekommt es selten und wie der Georg es schon gesagt hat, viele lassen es nicht lang genug auslagern, das ist bei den Bieren auch ganz wichtig. Also der Hopfen muss zwar ganz frisch sein, aber das Bier darf eben dann trotzdem seine Ruhe haben. Und dann kommt wirklich was richtig Gutes dabei raus. Insofern, also mich holst du damit ab, obwohl du mich mit anderen sehr bitteren Bieren nur bedingt abholst. Wobei ich sagen muss, wir haben ja auch das Bitter 58 schon verkostet, und das wiederum ist, obwohl es so bitter ist, auch eines meiner Lieblingsbiere, weil es so eine sehr intensive, fruchtige Zitrusnote hat, die richtig gut ist.

Georg Rittmayer: Das Fränkische IPA.

Markus: Genau. Also vielleicht, worüber wir ja noch gar nicht geredet haben, was aber eigentlich auch wichtig ist, du hast ja einen ganz schönen Rucksack, sage ich mal: 1422 wird diese Brauerei das erste Mal erwähnt. Das heißt, du führst ein Unternehmen, was bald 600 Jahre alt ist. Einerseits vielleicht mal so die Frage: Was macht das mit einem? Und andererseits so die Frage: Wie bist du da reingekommen in dieses Thema?

Georg Rittmayer: Ich bin in Bamberg geboren, aber seitdem in der Brauerei gelebt. Also die Brauerei war ja nicht immer wie jetzt, wo man es kennt, vor der Ortschaft, sondern ich bin ja aufgestanden und bin fünf Meter gelaufen und praktisch im Sudhaus gestanden beziehungsweise zehn Meter weiter in der Kneipe, in der ich aufgewachsen bin. Jetzt wird mich so mancher beneiden, also beneiden könnt ihr mich um die Lebenserfahrung, die ich in der Kneipe gefunden habe, ihr wollt aber nicht wissen, welches Herzblut ich in der Jugend da drin geweint habe, weil die anderen sind fort, haben die Mädels angebaggert und ich musste einfach arbeiten und ausschenken. Die große Bierbegeisterung, die hat mir mein Großvater beigebracht. Also ich war ja mit dem ewig zusammen. Der hat früh um vier im alten Sudhaus, da haben wir noch mit Holz und Kohlen geschürt. Der früh um vier angefangen und dann hat er mich um halb sechs aufgeweckt zum Einmaischen. Überleg einmal, wenn du als Neunjähriger aufgeweckt wirst oder Zehnjähriger zum Bierbrauen und Einmaischen, wir hatten damals alle zwei Wochen einen Sud Bier zu machen, du warst mit der Begeisterung dabei, das ist einfach, ich glaube, ich habe kein Blut in den Adern, ich habe Bier drin, aber im positiven Sinne. Und im Kopf sowieso, das ist einfach das Leben so. Ich denke so oft an die Zeiten zurück, es war schön und es waren auch harte Zeiten. Von der Seite, die 1422 sind für mich keine Last, das ist für mich so eine Ehre. Und ich habe jetzt als Präsident vom Verband in der schweren Corona-Zeit, wo viele Betriebe Probleme haben, immer versucht, Positives auszustrahlen. Meinen Betrieb, den gibt es seit 1422 und seit 1422, da waren die Schweden bei uns, die haben alles niedergemacht, es gab viele andere Kriege, es gab den Ersten, den Zweiten Weltkrieg, und auch familiär bestimmt vieles Leid, aber die Brauerei gibt es immer noch. Und auf dem Bierdeckel steht 1422 und das ist für mich meine Verpflichtung, dass ich meinen Ahnen gegenüber und der nächsten Generation gegenüber, jetzt in der schweren Zeit durchhalte und das Ganze zum Guten wende. Ich persönlich bin ein positiver Mensch und sage, okay, das wird heuer ein schlechtes Jahr, nächstes Jahr kommt ein gutes. Dazu, zu 1422, wir werden, und jetzt umso mehr, 22 ein Riesenfest in der Brauerei halten. Jetzt erst recht. Es gab schon wieder Stimmen, ja, und da müssen wir ein wenig abspecken und so, nein, wir stellen ein Bierzelt auf, wir machen drei Tage richtig Feuer, weil 600 Jahre, so viele Brauereien gibt es nicht, die so alt sind.

Holger: Das kann man laut sagen. Wir waren jetzt grad, bevor du nochmal die beeindruckende Geschichte rezitiert hast, waren wir bei den Craftbieren. Und gerade, wenn man da nach Amerika schaut, also eine 600-jährige Brauerei gibt’s da nicht. Also die gibt’s da nicht einfach. Ja, super. Wir müssen ja so langsam ins Finale kommen. Und was ist sozusagen der Bierhimmel für manche Leute? Das ist natürlich ein Bockbier. Und da haben wir jetzt auch noch einen schönen Maibock. Für mich ganz toll, schöner untergäriger heller Bock, so wie es sein muss, finde ich. Ich muss gestehen, ich hatte in dem schönen Bierpaket sogar zwei Flaschen und eine Flasche habe ich gestern Abend schon mit meiner Frau getrunken. Und das war ein sehr schöner Abend.

Georg Rittmayer: Ich darf jetzt das nicht sagen, was ich denke.

Holger: Ich kann nur sagen, danke Georg, danke.

Markus: Ja, was bei diesen BierTalks so alles zu Tage kommt. Also jedenfalls, was mich auch sofort begeistert, ist, dass es wieder so einen richtig schönen Schaum hat. Also der auch lange steht, der eine tolle Konsistenz hat, der eine tolle Oberfläche hat. Das fällt mir jetzt zum dritten Mal auf. Habt ihr da ein Geheimnis in der Brauerei? Macht ihr da was anders als andere? Oder habe ich jetzt einfach nur Glück?

Georg Rittmayer: Nein. Also ich bin ein Schaumfetischist. Wenn ich mir ein Glas nehme, und der Holger hat es schon vorhin mitbekommen, habe ich gezeigt, schau mal, meine Gläser, da ist Eis drin. Wenn ich mir ein Glas aus dem Schrank nehme, dann geht das als Erstes unter die heiße Dusche. Das wird mal so richtig eine halbe Minute mit heißem Wasser ausgespült, dass es überläuft. Dann kippe ich das Wasser aus, ist das Glas heiß, und dann kühle ich das nicht mit Wasser, sondern mit Eiswürfeln und warte, bis mein Glas kalt ist. Und dann schenke ich das da rein und dann kannst du dir vorstellen, dass da der Schaum besonders gut hält. Dementsprechend arbeiten wir auch in der Brauerei, dass unser Schaum immer schön steht. Das will ich haben und das ist mein Anspruch. Schaum ist ein Qualitätsmerkmal von Bier. Das höchste Gut für mich ist, wenn ich mein Bier trinke und jeden Schluck siehst du am Glas. Und wenn dann meine Frau kommt und von der anderen Seite trinkt und mir meine Trinkränder wegtrinkt, dann schimpfe ich. Versteht ihr, was ich meine?

Holger: Unbedingt.

Markus: Absolut. Ja, ja.

Georg Rittmayer: Das mag ich nicht, wenn die mir meine Trinkränder wegtrinkt. Da werde ich ganz zur Furie.

Holger: Du wirst lachen, ich bin auch so ein Schaumfetischist. Wenn ich jetzt in eine Gaststätte gehe, dann gucke ich auch immer sofort die Gläser an, ob da auch wirklich die Schaumränder da sind. Und wenn das dann nicht so ist, dann ist schon die erste Enttäuschung da. Leider ist es ja so, dass die Gastronomen das so ein bisschen nicht mehr immer im Fokus haben, diese Bierkultur, die da auch dazugehört. Und wie viel man da auch darüber sprechen könnte auch bei den Gästen und so. Also da kann man auch noch mal vieles besser machen und auch wiederbeleben. Einfach wiederbeleben.

Georg Rittmayer: Ja. Und beim Bock, klar, Bockbier hat sowieso mehr schaumpositive Teile im Bier oder Bestandteile. Und ich habe gelesen, das ist ein unfiltriertes, ein unfiltriertes Bier hat immer einen besseren Schaum als ein filtriertes Bier, weil die Filtration nimmt dir einfach Schaum weg. Da ist das für mich deswegen auch wie die meisten Biere unfiltriert, erstens mal spart man sich Arbeit, zweitens mal, wenn man sauber arbeitet, kriegt man genauso ein MHD hin, als wie wenn man filtriert. Man muss es einfach kommunizieren. Und ihr seht jetzt auch, ich bin da noch ein Brauer der alten Schule, unfiltriert heißt für mich, zum Teil sieht man das gar nicht, dass es unfiltriert ist, nur wenn man ein Feuerzeug oder eine Kerze dahinter hält. Das habe ich von meinem Großvater gelernt. Hat er gesagt, ein Brauer ist stolz, wenn er nicht filtriert und keiner sieht es, dass es nicht filtriert ist, obwohl es so glänzt. Wenn jetzt ein unfiltriertes Bier so trüb ist wie ein Hefeweizen, dann ist das für mich keine Braukunst. Für mich ist ein unfiltriertes Bier eine Braukunst, wenn es glanzklar ist und wenn ich einen Finger dahinter halte, hinter ein Glas, dann sehe ich einen Schatten, dann weiß ich, das ist unfiltriert, wenn ich es vorher nicht weiß. Da bin ich noch ganz, ganz alte Schule.

Markus: Das heißt, es liegt vor allem daran, dass du die Biere so lange auslagerst, oder gibt es da noch andere Gründe, die dahinterstecken?

Georg Rittmayer: Ja, ganz klar, das sind einmal die Eiweißverbindungen, die Maischearbeit. Das geht ja im Sudhaus bereits an, wenn ich natürlich nur Infusionsverfahren fahre, dann bringe ich so eine Klärung gar nicht hin, da muss ich immer ein Dekoktionsverfahren machen und das anständig. Dann darf ich natürlich nicht meine Biere zu Tode kochen, weil wenn ich den ganzen löslichen Stickstoff kaputtkoche, dann habe ich nämlich auch kein Schaum, aber dann habe ich glanzklares Bier. Da braucht man diese Balance dafür und natürlich einen kalten Keller. Das ist ganz wichtig, Zeit und Kälte.

Markus: Ja, apropos, wir haben jetzt schon ganz oft über die Brauerei gesprochen, das würde ich auch gerne noch erwähnt haben in dem BierTalk, weil du hast ja vor ein paar Jahren eine komplett neue Brauerei hingestellt, für die damaligen Verhältnisse mit unglaublichen Visionen. Weil du hast ein großes Abfüllzentrum da integriert, es ist nahezu energieneutral, es wird mit Wasser extrem sparsam umgegangen. Also alles, was man eben am State of the Art tun konnte, steckt da drin. War damals mit Sicherheit die energieeffizienteste und auch modernste Brauerei, die wir in Franken oder Bayern stehen hatten. Ich weiß gar nicht, ob es da mittlerweile was Neueres gibt. Aber das finde ich auf jeden Fall toll. Wenn du da vielleicht noch kurz erzählen würdest, einerseits wie für dich so der Weg war, dass du diese Investition und Umstellung auch gemacht hast und wie sich das seitdem entwickelt hat.

Georg Rittmayer: Ich habe ja erzählt, in der Brauerei aufgewachsen und mein Traum war immer eine große Brauerei. Groß in dem Sinne, wir hatten damals, wie ich in die Brauerei einstieg, da hatten wir 800 Hektoliter Jahresausstoß. Das ist mal ganz nice, aber gut, okay, kann man nicht davon leben. Und dann war immer mein Traum, ich möchte mal von einer Brauerei leben können. Und dann, ja, so 1500 Hektoliter, das wäre schon ganz schön. Und dann habe ich mich angestrengt und habe dann beim Bierausfahren habe ich (unv. #00:29:39.1#) gemacht, also (unv. #00:29:40.3#) habe ich die gehabt. Und irgendwann war das dann so, das war 1988, oh je, ist das, oh Gott, bin ich alt, ist das schon lange her, dann hatte ich damals meine Meisterprüfung gemacht und ich wurde in Weißbier geprüft. Und auf dem Etikette steht ja: Erstes Hallerndorfer Hefeweißbier. Und 1988 war ich die zweite Brauerei, die hier unten in Oberfranken, weil den Chef Maisel, denn der hat vorher schon eins gehabt, da war ich die zweite Brauerei, kleine Brauerei, die Weißbier gemacht hat. Und dann ist die Brauerei explodiert, wir haben uns in einem Jahr verdreifacht. Und da gibt es auch eine so schöne Geschichte dazu. Dann musste ich ja noch meinen Großvater und meinen Vater fragen, wenn ich was Neues machen will. Dann sage ich, ich will ein Weißbier machen, ich bin in der Prüfung, in der Meisterprüfung, ewig nach Weißbier geprüft worden und jetzt will ich eins machen, weil ich sehe davon, dieser Erdinger, der verkauft so viel Bier, das schaffen wir auch. Dann hat er gesagt, du spinnst wohl, du hast nicht mehr alle Tassen im Schrank, du verkaufst die Woche 5 Kisten Weißbier und der Sud waren damals 30 Hektoliter, das wird ja bloß kaputtes Zeug. Sage ich, na ja, gut, die Arbeit musste ich sowieso alles machen, also vom Malz holen bis zum Bier ausfahren habe ich alles alleine gemacht. Meine Senioren, die haben mir ein wenig beim Abfüllen geholfen, das war‘s. Naja, dann habe ich den Etiketten-Hersteller angerufen und habe inkognito postlagernd Weißbier-Etiketten bestellt. Ich habe heute frei und dann bin ich nach Straubing gefahren damals, da habe ich beim Röhrl die Hefe noch geholt. Da haben wir ein Fass Hefe geholt und habe ein Sud Weißbier gemacht, und die haben sich damals schon gewundert, warum ich beim Abfüllen nebenbei das Sudhaus laufen habe und immer hin und her gesprungen bin. Ja, wir waren mit dem Abfüllen fertig, die Speis war auch fertig, ich habe den Tank gemischt, und sage zu denen, Moment, wir sind jetzt noch nicht fertig, wir haben jetzt noch was abzufüllen. Und bin dann in mein Zimmer hoch und die Etiketten, die hatte ich unter meinem Bett versteckt. Ich habe die Etiketten geholt und habe die in die Etikettier-Maschine eingelegt und habe den Füller umgestellt. Und wie ich dann aus dem Keller wiederkomme, könnt ihr euch nicht vorstellen, was ich erlebt habe. Die haben mich sowas von verrückt erklärt und sind beide, mein Vater und mein Großvater, streiken gegangen, die haben mich alleine stehengelassen: Deinen Scheißdreck kannst du alleine abfüllen. Das kauft kein Mensch. Das säuft keiner hier. Solche Sachen habe ich gehört. Gott sei Dank war es Nachmittag, ich habe noch meine Kumpels angerufen, die daheimwaren. Die sind dann natürlich freudestrahlend gekommen zum Abfüllen, also ich meine das so positiv. Die haben mir dann geholfen und dann haben wir den Sud Weißbier abgefüllt. Der war damals in der Flaschengärung und wie dann die Flaschengärung und dann die Warmphase rum war, habe ich in die Zeitung geschrieben, erstes Hallendorfer Hefeweißbier, nur auf Vorbestellung, am Samstag, den Blabla. Unser Telefon stand nicht mehr still. Ich habe einen ganzen Sud Weißbier innerhalb von einem Samstag verkauft. Meine zwei alten Herren, die haben sich nicht mehr gekannt, haben mich angeschaut, haben gesagt: Wie geht das? Das ist ein Zufall, das schaffst du das zweite Mal nicht mehr. Das zweite Mal auch wieder, also um die Story abzukürzen, es war eine Erfolgsstory. Zu dem Zeitpunkt 88, 89, einer der ersten Weißbierbrauer hier. Die Brauerei ist dann gewachsen, bis wir 7.500 Hektoliter gehabt haben. Bis dahin habe ich sie komplett alleine gemacht, vom Sudhaus bis zum Ausfahren. War Megaarbeit, könnt ihr euch vorstellen, Freizeit war ganz wenig. Dann ging es ans Investieren mit (unv. #00:32:30.5#), Sudhaus und so Sachen. Und dann kam mir die Idee, Bügelverschluss-Flaschen einzuführen. Das war dann 95, und da habe ich die Bügelverschluss-Flasche eingeführt, habe dann auch eine Bügelverschließ-Maschine mit erfunden mit jemandem. Wie wir den Bügelverschluss eingeführt haben, haben wir im selben Jahr nochmal, dann waren es 11.000 Hektoliter. Und dann ging das hier an dem Standort nicht mehr. Da habe ich auch dieses Lohnfüllen gehabt, dann war das 98, mit der Lohnfüllerei begonnen. Hier im alten Standort 99 haben wir noch die Füllerei umgebaut. Am 23. März 2000 haben wir die erste Flasche im Abfüllzentrum draußen abgefüllt. Dann kam das große Tal der Tränen und des fast finanziellen Ruins. Da haben wir uns dann wieder rausgewühlt mit viel Arbeit. Dann kam mein großer Traum, ich konnte mir meine Brauerei bauen. Und das war dann, 2011 haben wir das Bauen begonnen, 2012 sind wir in den Betrieb gegangen, und mein Ziel war, eine der umweltfreundlichsten Brauereien zu bauen, die es in Bayern gibt. Wir heizen hier mit Holz, haben mit Naturstrom einen Rahmenvertrag, dass wir über Wasserkraft den ganzen Strom beziehen. Und gleichzeitig haben wir einen der niedrigsten Energie- und Wasserbräuche zu dem Zeitpunkt gehabt. Da war ich sehr, sehr stolz drüber und auch ein wenig überrascht, dass dieser Kleine, der aus der 800-Hektoliter-Brauerei kam, sowas auf die Füße stellen kann. Da bin ich heute noch megastolz drauf auf diesen Betrieb. Und meine Brauerei, die sollte nicht mehr wachsen. Das reicht, was wir haben. Für mich ist wichtig, dass wir gute Biere machen können, dass ich meine Löhne zahlen kann, die Bank bedienen und immer wieder was Neues bedienen. Und wenn ich was Neues will, dass ich mir das kaufen kann und auch abzahlen, das ist mein Ziel. Wir machen jetzt aktuell 30.000 Hektoliter Bier und füllen rund 100.000 Hektorliter für andere ab. Das ist Arbeit genug, mehr muss es nicht sein. Und je größer du wirst, desto mehr bist du getrieben von, dass du da bedienst und da bedienst. Das will ich nicht. Wenn jemand nach mir mehr haben will oder größer werden will, dann sollen die das machen, ich nicht. Für mich ist es so, ich habe Spaß an meinen Craftmayer-Linien, ich habe Spaß an der Craft-Linie und an meinen Brot- und Butter-Bieren, mit denen ich großgeworden bin. Und ich freue mich jedes Mal, wenn ich in andere Brauereien komme, für die ich abfülle, weil das ist für mich eine Pflicht, die zu besichtigen, die anzuschauen und mit den Leuten reden kann. Und da kommt jetzt wieder der Schulterschluss zurück zum Verband der Privaten Brauereien, das hat auch damit zu tun. Da bin ich da reingeschlittert so, sag ich mal dazu.

Holger: Das habe ich mir heute fest vorgenommen, egal wie lange der Podcast noch dauert, zum Verband der Privaten Brauereien musst du unbedingt noch was sagen, weil da sind so viele Brauereien dahinter oder da drin, also das sind ganz, ganz viele Brauereien, die ich sehr verehre, die Braumeister, die Inhaber, überhaupt, dieses ganze Mittelständische finde ich großartig. Du musst unbedingt auch noch über den Verband sprechen bitte.

Georg Rittmayer: Eines vorab, die Corona-Krise hat den Verband noch mehr zusammengeschweißt. Es kommen immer wieder Telefonate und Fragen, und was ist da, kann man helfen? Und wenn ich nicht weiß, dann müssen wir im Büro anrufen, aber warte, ich kümmere mich. Und ich finde es wirklich schön, es ist eine große, große Familie, so nenne ich das. Wir haben Interessen miteinander, aber wir sind auch eine Familie und das macht mir Mega-Spaß, wenn wir unseren Stammtisch haben. Also es gibt ja die Delegierten-Tagungen und dann gibt es die Bezirksversammlungen. Und dann gibt’s immer so nochmal den Stammtisch, das sind Vorträge. Und da freue ich mich am meisten drüber, weil dieser Stammtisch, der beginnt nach dem Vortrag, immer dann, wenn es die Brotzeit gibt. Und das hat es schon gegeben, dass wir dann erst nachts um 12 heimgefahren sind, weil wir der eine ins andere, und der Interessenaustausch, das ist einfach so schön. Daran schuld, dass ich in dem Verband bin, gibt es zwei Menschen. Der eine ist der Stefan Stang, der 2012 bei mir im Betrieb stand, wie er begonnen hat beim Verband. Nein, 2004 war es. Dann steht der plötzlich bei mir im Betrieb. Ja, hier ist der neue Berater vom Verband der Privaten Brauereien. Wir waren erst wieder ausgetreten, und der Stefan hat uns zurückgeholt. Dann war ja der 13 Jahre oder 12 Jahre war er da, und dann war er mal kurz weg und ist wieder zurückgekommen. Und der andere, warum ich im Verband so intensiv tätig bin, ist der Ingmar Michel. Da ging’s dann drum, ja, wir brauchen im Präsidium Verstärkung oder Verjüngung. Da war ich noch ein wenig jünger, das ist schon 12 Jahre her mittlerweile. Und der hat mich vorgeschlagen und dem Ingmar Michel habe ich zu verdanken, dass ich im Präsidium hineingeschlittert bin. Und dann kam damals der Dr. Werner Gloßner zu mir und hat zu mir gesagt, du, ja, wir hätten dich gern bei uns im Präsidium. Hast du nicht Lust, da reinzukommen, weil du bist eine innovative Brauerei und ich glaube, dass du dich auch für die anderen mit einsetzt und sozial und so Blabla. Ja, ist nur einmal im Jahr Sitzung. So hat er mich gefangen. Wenn ich gewusst hätte, was das für eine Arbeit ist, hätte ich das nie gemacht. Und da war der Ingmar noch dabei, war eine megaschöne Zeit. Dann kam beim Verband die ganze Geschichte, Nachfolger von Ilgenfritz und so, und ich war der Jüngste mit der längsten aktiven Zeit im Präsidium. Ich habe mit meiner Frau diskutiert, soll ich den Präsidenten machen? Ja oder nein? Dann habe ich meiner Frau versprochen, dass ich es nicht mache und bei der Versammlung habe ich dann gesagt, okay, ich mache das, ich muss aber erst daheim reden.

Holger: Sehr schöne Geschichte. Da ist wirklich Bierkultur drin. Das finde ich ganz großartig, beeindruckt mich schon ganz lange. Ist ja auch hier in München ansässig.

Markus: Worüber ich gerne noch reden würde, ist natürlich, dass zu dem Verband auch ein großer Bierwettbewerb gehört, der European Beer Star, wo man auf jeden Fall drüber reden kann. Und dann natürlich unser großes gemeinsames Abenteuer, das für dich ja viel früher schon angefangen hat, eben eine Brauerei, die du in Taiwan beraten und aufgebaut hast. Das Ganze hat mit dem Whisky Club zu tun. Also das ist ja an sich schon ein Ding, wo man eine halbe Stunde reden könnte. Ich denke mal, das nehmen wir uns einfach vor, dass wir sagen, okay, …

Georg Rittmayer: Gerne.

Markus: … wenn sich (unv. #00:38:11.9#) ein bisschen beruhigt hat, dann sehen wir uns nochmal wieder und machen dann sozusagen Teil 2 und können dann vielleicht drüber reden aktuell, wie es mit dem Beer Star weitergeht, wie das dieses Jahr funktioniert, und eben vielleicht auch ein bisschen Taiwan, wie es sich da so entwickelt. Also das würde mich total begeistern, vielleicht können wir auch noch ein bisschen über Whisky reden, das ist natürlich immer gut. Wir hatten ein tolles, auch langes und intensives Gespräch, aber eben eins, was gerne auch noch eine Fortsetzung verdient, wenn wir uns dann wiedersehen.

Holger: Und ich habe auch noch mal einen ganz, ganz tollen Spruch auf der Internetseite der Privaten Brauereien. Da gibt es viele Sprüche, da kann man so blättern. Ich habe jetzt einen gefunden, Georg, der passt zu 100 Prozent auf dich und auf das, was heute hier gesagt wurde: Wo Wissen auf Leidenschaft und Zeit trifft, entsteht Genuss.

Georg Rittmayer: Oh, der ist cool. Ja.

Holger: Das ist doch ein schöner Abschluss.

Georg Rittmayer: Ja, das stimmt. Sehr schön.

Markus: Super.

Georg Rittmayer: Ich möchte mich noch mal ganz herzlich bei euch bedanken. Ich bin megastolz, dass ich bei euch in der Sendung sein darf, so, jetzt drücke ich mich jetzt mal aus, und freue mich wirklich, dass ich ein bisschen aus meiner Vergangenheit und von meinem Herzblut erzählen durfte. Ich sage jedem zum Abschluss: Bitte Leute, trinkt regionales Bier, unterstützt die kleinen Brauereien, die Mittelständler. Lasst das Konzernzeug stehen, die machen nämlich uns nur kaputt. Wir sehen jetzt in der Corona-Krise, was da wirklich so abläuft. Also wenn ihr die Kultur erhalten wollt, bleibt im Landkreis, kauft das Bier, auch wenn es 2 Euro teurer ist die Kiste, ist egal, ihr tut was Gutes.

Holger: Wunderbar. Auch ein herzliches Dankeschön an dich. Ich wünsch uns, dass wir uns wiedersehen und wieder hören, alle gesundbleiben …

Georg Rittmayer: Gerne.

Holger: … und noch einen schönen Tag haben. Macht‘s gut! Ciao! Tschüss!

Georg Rittmayer: (unv. #00:39:51.3#)

Markus: Ciao!

Georg Rittmayer: Ciao!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 16 – Interview mit Sandra Ganzenmüller von kommunikation.pur aus Freising

Sandra Ganzenmüller startete als frisch gebackene Oecotrophologin bereits 2005 in die Selbständigkeit und fand spätestens mit dem Biersommelierkurs 2008 ihren Weg in die Welt der Biere. Mit ihrer Agentur betreute sie viele Brauereien und war acht Jahre lang Pressesprecherin des Biersommelierverbandes. Außerdem gehört sie zur festen Besetzung renommierter Bierwettbewerbe wie World Beer Cup, European Beer Star und Brussels Beer Challenge. 2017 erwarb sie das Brotsommelier-Diplom – und schnell übertrug sie ihre Begeisterung auch auf des Deutschen liebste feste Nahrung. Doch hören Sie selbst, welch spannende Versuche Sandra Ganzenmüller im Rahmen ihrer Abschlussarbeit mit Brot und Bier durchgeführt hat

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Holger: Herzlich willkommen zu einem weiteren BierTalk, die Nummer 16. Ganz besonders freue ich mich, dass eine ganz liebe Kollegin bei uns ist und auch gar nicht so weit weg sitzt von mir. Also wir sitzen beide in München, also Obacht Markus, wir sind heute mit geballter Macht aus München da. Also ist logisch, ich bin da, der Markus ist da und die Sandra Ganzenmüller ist da. Sandra, magst du dich mal vorstellen?

Sandra Ganzenmüller: Dankeschön, dass ihr mich als Gesprächspartner ausgewählt habt. Das ist mir schon eine Ehre, wenn ich mir anschaue, mit wem ihr bisher gesprochen habt. Ich finde das Format auch ganz toll. Mein Name ist Sandra Ganzenmüller, ich bin Ernährungswissenschaftlerin, habe in Weihenstephan studiert und bin zusätzlich noch Bier- und Brotsommelier und habe eine eigene Agentur, wo wir uns den ganzen Tag mit dem Thema Kommunikation rund um Lebensmittel und Getränke beschäftigen.

Holger: Und was macht man dann so den ganzen lieben langen Tag? Erzähl doch mal.

Sandra Ganzenmüller: Es geht bei uns darum, die Kunden, die aus dem Lebensmittelgetränke- und wir nennen das Lifestyle-Sektor kommen, kommunikativ bei der Zielgruppe ins richtige Licht zu rücken. Das sind sowohl Bäcker als auch Brauer, genauso gut wie Diätassistenten, aber natürlich die Medien sind bei uns auch eine ganz große Zielgruppe, dass wir am Ende die Kunden mit ihren Botschaften auch da platzieren können, wo sie beim Leser ankommen.

Holger: Kann man das mit Nestlé auch machen?

Sandra Ganzenmüller: Man kann über alles reden. Ja.

Holger: Markus!

Markus: Ja, ich bin grad begeistert. Ich stelle mir gerade vor, wie wir den ganzen Tag so rumsitzen und essen und trinken und es sich gutgehen lassen. Klingt für mich nach einem sehr schönen Tagesablauf.

Sandra Ganzenmüller: Ja, es ist nicht schlecht. Also natürlich essen und trinken wir nicht den ganzen Tag, so stellt es sich jetzt wahrscheinlich jeder vor. Aber auch die ganze Welt stellt sich vor, dass Bayern jeden Tag um elf Uhr da sitzt, Weißwürste isst und Weißbier trinkt. Aber natürlich testen wir Produkte, bevor wir für Kunden arbeiten, wir entscheiden auch gemeinsam im Team, ob das ein Produkt ist, für das wir gerne kommunizieren möchten, dass keiner für ein Produkt oder für ein Getränk arbeiten muss, wo er nicht dahintersteht, weil das in der PR eben nicht funktioniert. Man muss schon von dem Unternehmen, von dem Produkt und von den Kunden überzeugt sein.

Markus: Das heißt also, man kann von euch auch abgelehnt werden? Also wenn ich jetzt sage, ich würde gerne, dass ihr für den BierTalk Werbung macht, dann könnte es sein, dass ihr sagt, nö, zwei Männer in der Moderation machen wir nicht?

Sandra Ganzenmüller: Ja, ich würde es eher andersrum formulieren. Wenn ich jetzt eine Mitarbeiterin habe, die Veganerin oder Vegetarierin ist oder eine Laktoseintoleranz hat, dann ist es natürlich klar, dass es Produkte gibt, die für sie in der Kommunikation jetzt nicht so gut zu vertreten sind. Da ist es ideal, wenn jemand sagt, nee, also ich bin da auch betroffen und kann das natürlich den Medien gegenüber viel besser schildern.

Holger: Wer ist für dich dann so spannend, also an Produkten? Du hast ja gesagt, Brotsommelier. Ist Brot sowas ganz besonders Tolles oder warum hast du dich jetzt gerade für Bier und Brot entschieden?

Sandra Ganzenmüller: Ja, ich bin ja Weihenstephanerin und das geht nicht, dass man aus der TU München in Freising Weihenstephan rauskommt, ohne jemals irgendwie mit einem Brauer oder mit dem Thema Bier in Kontakt gekommen zu sein. Und so ging das bei mir auch los. Also ich bin jetzt kein gelernter Brauer, habe vorher auch nichts mit der Materie zu tun gehabt, aber da ging eigentlich die Begeisterung los, dass wir eine der fünf größten Biernationen sind. Und daher war irgendwann die Entscheidung klar, dass ich noch den Biersommelier draufsetze, weil ich halt keinen Brauer mehr lernen konnte. Und das Thema Brot hat mich ehrlich gesagt seit Beginn meines Berufslebens eigentlich verfolgt oder beschäftigt. Meine erste Station nach dem Studium war in der Hofpfisterei in München, das war zu der Zeit Deutschlands größte Biobäckerei. War der Pionier, würde ich jetzt mal sagen auf dem Sektor. Der Inhaber Siegfried Stocker hat einen ganz, ganz tollen Job gemacht, der ist wirklich durch die Dörfer gefahren, hat allen Bauern versprochen, wenn sie umsteigen von konventionell auf ökologisch, nimmt er ihnen das Getreide ab. Er hat sogar noch eine Zusatzfirma gegründet, um auch Fleisch zu verarbeiten, also um den Landwirten zu ermöglichen, ganzheitlich umzusteigen mit ihrem Hof. Und das war für mich schon eine sehr, sehr prägende erste Berufsstation. Also im Unternehmen zu sein, wo der Natursauerteig gepflegt wird, wo man runtergehen konnte, die Brote aus dem Ofen und aus dem Steinbackofen genommen wurden, das war schon eine schöne Geschichte. Und seit 1995 bin ich eigentlich auch nie aus der Brotszene rausgegangen. Wir betreuen sehr viele Kunden aus dem Bereich, also Zulieferindustrie. Und dann war für mich die logische Konsequenz, da noch zum Biersommelier den Brotsommelier drauf zu setzen, weil sich die beiden Handwerke so ähnlich sind, weil du mit den fast gleichen Rohstoffen am Ende ein Bier oder ein Brot machen kannst, weil das auch eine gemeinsame historische Wurzel hat. Also früher hat man erst einen Backtag gemacht, am nächsten Tag hat man Teile der angebackenen Brote auf das Bier angesetzt. Das sind für mich die zwei Lebensmittel, die in meiner beruflichen Laufbahn einfach eine ganz große Rolle gespielt haben und spielen. Und das war eine ganz tolle Erfahrung.

Holger: Ja, das glaube ich. Wenn du jetzt die Bierszene im Moment betrachtest, wie erlebst du das?

Sandra Ganzenmüller: Mit meinem unfassbar guten Bayerisch würde ich mal sagen, zur Zeit des Studiums und danach haben mir die bayerischen, oberbayerischen Brauer gesagt, ja, was ich beim Malz einspare, haust du beim Marketing wieder raus (bayerisch gesprochen). Da war das Verständnis, würde ich jetzt mal sagen, vor zehn, 15 Jahren in der Brauerei, in einer deutschen Brauwirtschaft noch nicht da, dass man gesagt hat, ich gebe Geld dafür aus, dass kommuniziert wird. Da wurde darauf geachtet, dass die Technik passt, dass der Braumeister super Rohstoffe hat, dass man sehr fokussiert war auf das Produkt, dass auch der Braumeister keine wirkliche Rolle gespielt hat. Das ist das, was in den letzten fünf Jahren sich sehr verändert hat. Also da ist viel Verständnis auch in mittelständischen Brauereien aufgekommen. Die haben gesehen, dass es wichtig ist, über das Produkt zu sprechen und nicht nur über die Rohstoffe. Dass es nicht ausreicht, dass man ein qualitativ tolles Produkt auf den Markt bringt, sondern dass man Geschichten dazu erzählen muss, dass die Braumeister auch so ein bisschen getrieben durch die Craftbier-Szene, dass die Baumeister wieder eine Stimme bekommen, ein Bild bekommen, dass die Helden werden, dass die Verbraucher gerne wissen wollen, wer das Bier herstellt, dass es eben nicht ausreicht, dass das Etikett schön ist und dass es kaufbar ist und dass es eine Brauerei ums Eck ist. Sondern die Verbraucher wollen wissen, was sie essen wollen zu Hause, eine Geschichte erzählen bei Freunden, warum sie das Bier mitgebracht haben. Und das ist schon so eine tiefgreifende Verwandlung pro Kommunikation in den letzten Jahren. Das hat mir sehr gut gefallen. Und man muss aber natürlich dazu sagen, dass beim Bier da noch andere Einflussfaktoren in den letzten zehn Jahren dazugekommen sind, die Craftbier-Szene, der Druck von Amerika, von Australien, wo kleine Brauereien aufgemacht haben, die keine Historie haben wie wir, sondern die Geschichten erzählen mussten, um interessant zu sein von Beginn an. Wo ein Brand Investor, ein Markenbotschafter wichtig war, um die Marke überhaupt an den Start zu bringen. Und da sind die deutschen Brauer dann schon so ein bisschen nachdenklich geworden und haben das Positive daraus mitgenommen. Auch die Biersommeliers haben einen riesengroßen Beitrag geleistet. Wir haben ja in Deutschland immer qualitativ gute Produkte und gute Biere gehabt, und jetzt fand ich es eben schön, dass die Kommunikation als Wert auch geschätzt wird.

Markus: Ich habe da jetzt ja grad ein ganz spannendes Stichwort gehört, nämlich Bier mitbringen. Ich glaube, Holger, es ist an der Zeit, dass wir mal ein bisschen was aufmachen, oder?

Holger: Na, unbedingt. Es war auch spannend zuzuhören. Da kann man mal wieder sehen, wie wichtig auch Kommunikation ist eigentlich für jedes Produkt. Und das hat die Sandra doch so schön erklärt. Aber wunderbar, Ladies first natürlich. Sandra, was hast du denn für ein Bier mitgebracht?

Sandra Ganzenmüller: Ich bin heute komplett obergärig unterwegs. Ich würde gerne mit einem alkoholfreien Bier starten, aus dem Grund auch, weil das Thema alkoholfreie Biere unglaublich Fahrt aufgenommen hat. Das hattet ihr ja auch in anderen Sendungen schon besprochen. Ich habe das IPA Liberis 2+3 vom Brauhaus Riegele mitgebracht, weil mir die Brauerei unglaublich am Herzen liegt. Das ist auch eine „Freie Brauer“-Brauerei. Als ich meine Abschlussarbeit, meine Projektarbeit für den Brotsommelier gemacht habe, konnte ich mit der Bierhefe von Riegele auch mein Brot backen. Das ist für mich ein ganz, ganz tolles Bier und auch so ein Vorreiter für die neue alkoholfreie Bierszene. Ich schenke das jetzt mal ein. Das heißt 2+3, weil der Brauer Frank Müller, ein ganz toller Braumeister, da mit zwei verschiedenen Riegele Spezialhefen gearbeitet hat. Und das finde ich auch schön, die beherrschen die Kommunikation sehr gut. Das „3“ steht dafür, dass sie mit drei verschiedenen Sonderhopfen-, Aromahopfensorten gearbeitet haben, und das merkt man einfach diesem Bier an. Also ich habe jetzt im Glas ganz goldgelbes Bier mit einem sehr, sehr kompakten Schaum. Wenn man hier reinriecht, das ist Wahnsinn, das ist so ein richtiger Fruchtcocktail. Exotische Früchte, helle, exotische Früchte sind da mit drin. Was ich rieche, so ein bisschen Steinfrüchte, ich rieche da Mango raus. Ein ganz tolles Bier. Und wenn man da so einen Schluck nimmt, dann ist das für mich jetzt nicht einfach nur ein Bier ohne Alkohol, sondern ein eigenes ganz tolles Getränk. Diese Fruchtigkeit, die man in der Nase erkennen kann, zieht sich wirklich durch das komplette Aromaprofil, durch das komplette Bier durch. Ich nehme jetzt mal einen Schluck.

Markus: Prost! Das finde ich auch ganz wichtig, dass diese alkoholfreien Biere eben ein eigenständiges Getränk sind und sich dahin auch entwickeln, und gar nicht mehr wegen des Vergleiches getrunken werden, sondern einfach, weil man sie mag. Und das finde ich sehr, sehr schön.

Sandra Ganzenmüller: Deswegen habe ich das ausgewählt.

Markus: Ja, interessant, wenn du ein Brot mit Bierhefe backst. Schmeckt das anders oder verhält sich das anders beim Gehen oder im Ofen?

Sandra Ganzenmüller: Die Hefe habe ich deswegen ausgewählt für die Projektarbeit, weil das für mich das verbindende Glied ist. Was ich sehr, sehr schade fand, ist, dass die Hefe in der Wahrnehmung der Verbraucher in den letzten Jahren eher ein negatives Bild bekommen hat, und das habe ich überhaupt nicht verstanden. Die Bäcker haben sich sehr konzentriert auf ihren eigenen Sauerteig, was ich auch ganz tollfinde, haben aber wirklich die Hefe nur als, ach, ich mach’s halt mit dazu, gesehen. Und ich wollte mit meiner Projektarbeit zeigen, dass die Brauer da schon einen großen Schritt, sicherlich zehn Jahre voraus sind. Für die ist die Hefe jetzt ein großer wichtiger Beitrag, um auch ein unterschiedliches Aromaprofil beim Bier hervor zu zaubern. Und diese Begeisterung wollte ich bei den Bäckern auch wieder wecken, also ihnen diese Idee zu geben, dass Sauerteig eine tolle Geschichte ist, aber dass auch die Hefe ein wichtiges Triebmittel ist, mit dem man kommunikativ, also nicht nur ein qualitativ gutes Produkt machen kann mit spannenden Sachen, sondern eben auch da kommunikativ argumentieren kann. Aber um zu dem Punkt zurückzukommen, also ich habe da an unfassbar vielen Stellschrauben gedreht, was sicherlich zu viel war, aber erstaunlicherweise kam nachher dabei raus, dass mit der Hefe, die ich eingesetzt habe aus der Brauerei, wirklich andere Aromakomponenten ins Boot reingekommen sind. Also ich habe ein Standardweizenmischbrot-Rezept genommen, habe die Bäckerhefe aus dem Rezept rausgenommen und habe diese Komponente ersetzt durch verschiedene Bierhefen. Und zwar eine Irish (unv. #00:10:31.9#) Stout Hefe, eine Pils-Hefe, also obergärig und untergärig gemischt, und habe da sowohl in trocken als auch direkt aus dem Brauprozess abgezogene Hefe als auch Frischhefe eingesetzt. Erstaunlicherweise, das hat den Brauer und den Bäcker erstaunt, hat die untergärige Hefe ein Bananenaroma beim Weizenbrot erzeugt. Das war so die Aha-Komponente, mit der ich vorher auch nicht gerechnet hatte. Mir war klar, dass die Irish Stout Hefe, die direkt aus dem Brauprozess abgezogen war, schon an sich ein unglaubliches Aroma hatte, eine unglaubliche Kraft und auch schneller angesprungen ist. Dass die natürlich im Brot Röstnoten, Schokonoten hinterlassen, das war jetzt irgendwie keine große Überraschung, aber dieses Bananenaroma bei der untergärigen Hefe im Weizenmischbrot fanden wir schon eine interessante Geschichte. Und ich habe nachher auch ein Verkostungsschema entwickelt, habe da schon geschulte Leute im Team drangesetzt, die aber eben in der Blindverkostung gar nicht wussten, testen sie jetzt ein Brot, das mit obergäriger, mit Flüssighefe, (unv. #00:11:30.4#) Brauprozess vor ihnen steht. Das war schon eine ganz spannende Geschichte. Also ja, da ist ganz viel Musik drin. Ich habe in der Projektarbeit so viele Stellschrauben versucht, auf einmal zu verändern, und ich denke, das wäre, meiner Meinung nach, ein ganz tolles Forschungsfeld, das an einer Uni wie Weihenstephan gut aufgehoben wäre, wo ja Lebensmitteltechnologen und auch Brauer in den Laboren sitzen.

Markus: Na, vielleicht hört da jetzt jemand auch zu. Das wäre natürlich gut. Eine kurze Nachfrage habe ich noch: Hast du dann auch die Gärtemperaturen entsprechend angepasst? Also hat das untergärige Brot bei kälteren Temperaturen gegärt als jetzt zum Beispiel die obergärigen Hefen?

Sandra Ganzenmüller: Nein, haben wir nicht gemacht. Aber man darf auch nicht vergessen, ich bin kein Bäcker und kein Brauer, ich habe im Grunde genommen die Brauerei ein bisschen lahmgelegt, weil der Herr Müller wirklich beschäftigt war, mir die Hefe zur Verfügung zu stellen und ich habe einen Tag die komplette Backstube lahmgelegt. Da konnte man jetzt nicht so viele Veränderungen noch machen. Und weil du vorher gefragt hast, ja, sie sind unterschiedlich gut angesprungen. Natürlich die aus dem Brauprozess, die obergärige Hefe, die ja ein bisschen temperaturtoleranter ist, ist sofort angesprochen, während die untergärige Hefe sich schon so ein bisschen schwerer getan hat.

Holger: Für mich ist wichtig noch mal herauszuheben, wie geschmacksproduzierend auch die Hefe ist. Also irgendwie reden wir fast immer schwerpunktmäßig über Hopfen und auch Malz, aber die Hefe, die ist nie so richtig im Vordergrund. Und die Hefe macht eben auch wahnsinnig viel Geschmack. Und da gibt es ja auch eine Variation, die unermesslich ist. Also in Weihenstephan gibt es, glaube ich, auch die größte Hefebank der Welt, soviel ich weiß, und die Hefen haben ja dann auch nur so Nummern, also oft nur Nummern. Und da merkt man dann auch schon wieder, dass man bei der Hefe noch einiges nachholen könnte und die auch viel mehr in den Vordergrund stellen könnte, auch was das Thema Brauen angeht, und da mal mehr experimentiert. Es gibt ein Single Hopping und so, aber man könnte sowas auch mit Hefen machen.

Sandra Ganzenmüller: Absolut. Und das war auch so mein Ansatzpunkt. Und da beobachte ich bei den Brauern einfach schon mehr Veränderung als es bei den Bäckern der Fall ist. Also ich will jetzt nicht Riegele ganz weit vorausstellen, aber das ist eine Brauerei mit ihrem eigenen Hefemanagement, die 170 verschiedene Hefesorten haben, die da genauso rangehen, wie du es gesagt hast. Also (unv. #00:13:42.2#) neues Bier haben, welche Hefen brauchen wir, was wollen wir nachher für ein Aromaprofil haben, schaffen wir das nur über ein Hochhopfen? Nein, dann nehmen wir auch verschiedene Hefen mit rein. Und da ist schon mehr Musik und mehr Bewegung in der Brauerszene als in der Bäckerszene.

Holger: Ich glaube einfach, das ist auch so ein bisschen durch die Craftbier-Bewegung gekommen, vielleicht auch dann durch die Biersommeliers, dass man halt auch einfach die Brauer zu Helden gemacht hat. Und das fehlt den Bäckern vielleicht auch. Und das ging ja auch so weit, dass man festgestellt hat, dass junge Leute sich auch für den Beruf des Brauers und Mälzers wieder interessiert haben und dass eben auch vermehrt wieder Bewerbungen eingegangen sind. Und das fehlt den Bäckern ja vollkommen.

Sandra Ganzenmüller: Obwohl wir eine der größten Biernationen sind, wir sind die Anlagenbauer dieser Welt, wir bilden die Braumeister der Welt aus, wie ist die Wertschätzung von Bier hier in Deutschland, vor allem auch in den Medien? Bis vor fünf Jahren hatten wir drei Berichterstattungsanlässe zu dem Thema Bier. Januar Preiserhöhung, April positiv, Tag des deutschen Bieres, September, Komasaufen, Oktoberfest, das waren die einzigen medialen Berichterstattungen. Wenn Bier, dann eher in einem negativen medialen Umfeld. Und das ist in den letzten fünf Jahren sehr spannend geworden, sehr viel besser geworden, getrieben eben durch die Faktoren, die wir vorher angeführt haben, Biersommeliers, Craftbier-Bewegung und so weiter. Da muss das erst mal bei der kompletten Bevölkerung ankommen. Also Bier spielt im Alltag bei allen immer schon eine Rolle, das ist Bierkultur regional unterschiedlich in Deutschland, die gelebt wird, aber dass wir da eine breite Fläche finden an medialer positiver Berichterstattung, das in den Köpfen bei den Menschen auch ankommt und dann auch jeder einzelnen Marke, jeder einzelnen Brauerei zugutekommt, das ist halt ein Prozess, der dauert. Und die Brauer sind trotzdem den Bäckern, würde ich jetzt mal sagen, medial um zehn, 15, 20 Jahre voraus. Also da, wo wir, weil wir das vorher gesagt haben mit der Hefe, in den 90er, 80er, 90er Jahren war in Deutschland das Thema Optimieren, da wurden alle Hefesorten in Deutschland und Hefestämme auf ihre Prozesssicherheit, auf ihre Qualität analysiert und übrigblieben, ich würde jetzt mal sagen, zehn Hefestämme, die richtigerweise Holger, W-irgendwas hießen. Und damit hat dann ganz Deutschland gefühlt alles gebraut. Und das musste einfach funktionieren. Bei den Bäckern heißt die Hefe Bäckerhefe. Die kaufen jetzt aktuell nicht nach irgendeinem Hefestamm ein, sondern die kaufen nach der Firma ein, der Marke ein, wo sie sagen, das ist ein gutes Unternehmen, da weiß ich, dass ein gutes Produkt rauskommt. Und sie nutzen die Hefe auch nur als stabilisierendes Hilfsmittel. Der Fokus liegt auf dem Sauerteig. Und da glaube ich, ist der Prozess halt, wird genauso lange dauern. Bäcker können viel von den Brauern lernen, aber beides sind tolle Produkte, für die Deutschland weltweit steht und die weltweit geschätzt werden. Wenn du irgendwo auf der Welt bist und fragst, was ihnen einfällt zu Deutschland, was Essen und Trinken angeht, dann kommen sie auf Bier und auf Brot. Und dass es im eigenen Land ankommt, da müssen wir halt noch viel dran arbeiten.

Holger: So. Jetzt nächstes Bierchen, oder? Also sonst …

Sandra Ganzenmüller: Jetzt habe ich euch totgeredet.

Holger: Also wer soll?

Markus: Na, ich kann schon. Also ich würde noch einen Satz sagen. Ich glaube, dass bei den Brauern ja auch noch zwei andere Dinge jetzt passiert sind. Also ich glaube, früher war die Hefe auch mehr oder weniger so ein prozessbeteiligtes Teil, was man halt benutzt hat, um am Ende sein Bier zu bekommen, aber jetzt steht dann doch die Aromatik im Vordergrund und das erste, was passiert ist, ist, dass man gelernt hat, eben verschiedene Hefen und teilweise sogar auch mehrere Hefen nacheinander einzusetzen. Und das zweite, glaube ich, was jetzt gerade passiert ist, dass eben in den Laboren auch immer mehr erforscht wird, welche Aromen man der Hefe noch so entlocken kann. Und ja schon Hefen mittlerweile auf dem Markt sind, die Aromen machen, wie sie normalerweise der Hopfen macht. Und das wiederum ist ja ganz interessant, weil ja in Sachen Klimawandel auch die Hopfenernten und generell die Verfügbarkeit von Hopfen durchaus in Frage steht. Aber um zum Bier zu kommen, ich habe mir auch ein schönes Bierchen ausgesucht. Vielleicht lassen wir den Holger mal raten oder du kannst natürlich auch gerne mitmachen, Sandra, was es für eins ist. Ich mach es mal auf.

Holger: Ach, schon wieder eine Dose. Also hast du noch irgendwas anderes im Keller als Dosen?

Markus: Mindestens 20 Kästen Eiche.

Holger: Ja, das stimmt natürlich.

Sandra Ganzenmüller: Dose muss ja nicht schlecht sein.

Holger: Nein, nein, die Dose ist super, aber der Markus hat gefühlt bei den letzten 33 BierTalks immer eine Dose gehabt.

Markus: Das stimmt gar nicht, ich habe schon auch viele Flaschen. Aber das ist jetzt zum Beispiel ein Bier, das braucht zwingend die Dose, sonst würde das gar nicht funktionieren.

Sandra Ganzenmüller: Oh, dann ist es ein Nitro Milk Stout.

Markus: Fast! Also das ist die eine Richtung, wo man zwingend die Dose braucht, da hast du völlig recht. Da hätte ich jetzt aber dem Holger wirklich wehgetan, wenn ich sowas ohne ihn getrunken hätte. Deswegen habe ich die andere Seite, wo man eine Dose sehr gut gebrauchen kann, gemacht. Gebraut ist es an einem Ort namens Ellon.

Holger: Ellon? Keine Ahnung, Markus.

Markus: Ehedem in der EU, jetzt in Schottland. Und es ist ein BrewDog Bier, und zwar ist es die Spezial Edition Born To Die. Und das sind die Biere, die richtig mit Hopfen vollgestopft werden, also wirklich massiv, was reingeht, und haben dann eine Haltbarkeit von ungefähr 35 Tagen. Und innerhalb dieser 35 Tage muss es getrunken werden, und deswegen heißt es auch Born To Die, weil das Hopfenaroma eben so intensiv ist und sich dann wieder abbaut und verliert. Deswegen ist die Dose ganz wichtig, weil die dieses Aroma eben halten kann. Draufsteht auch Liquid Timebomb, also eine flüssige Zeitbombe. Es hat natürlich auch Alkohol, 8,5 %, damit der Hopfen schön zur Geltung kommt. Ein unheimlich fruchtiges, sehr kräutrig frisches aromatisches Bier. Ich trinke mal einen Schluck. Und da hat man jetzt wirklich das volle Aroma, beginnt fruchtig, Mango, Passionsfrucht, geht dann über in eine Süße und dann kommt so richtig diese krasse, kräftige Bittere. Wir haben 60 oder 70 Bittereinheiten da drin.

Holger: 60.

Markus: 60, siehst du. Also ganz, ganz tolles Bier, faszinierend. Ich hatte nur zwei Dosen, das war jetzt die zweite davon. Muss man ja aufmachen. Und für euch habe ich gedacht, suche ich es raus.

Holger: Wunderbar. Also auf jeden Fall habt ihr beide euch ein IPA ausgesucht. Also das ist ja auch ganz besonders. Also da habe ich jetzt gedacht, also bei dir als Franke, du bist ja gar nicht so ein Hop Head, also du magst es ja eigentlich gar nicht so hopfig, aber so fruchtig halt.

Markus: Eben. Genau. Wenn die Komponenten passen, stimmt’s. Und ich glaube, also bei dem Bier zum Beispiel finde ich die Bittere gut, also weil die wirklich dafür sorgt, dass man danach nicht diese 8,5 % ewig lang im Mund hat und es so schwer wird und so, sondern das macht den Mund wirklich wieder sauber und du bist so ein bisschen auf Reset. Natürlich, wenn die Dose ausgetrunken ist, merkst du schon, was du getrunken hast, aber es ist was anderes, als wenn ich jetzt einen dunklen Doppelbock mit 8,5 % trinke. Da finde ich es mal ganz gut. Ansonsten stimmt natürlich, bin ich nicht so der Hopfenfreund, aber in dieser Form sehr gerne.

Holger: Prima! Wenn ich jetzt noch mal so nachhänge zu dem, was die Sandra alles gesagt hat, ist mir auch noch mal wichtig herauszustellen, dass natürlich nicht nur die Craftbier-Bewegung und die Biersommeliers und so das alles bewegt haben, sondern man muss ja auch einfach mal herausheben, dass die Brauer einfach die Qualität auch unheimlich gut sicherstellen. Also das muss man auch sagen. Wenn man jetzt auf die deutsche Bierlandschaft schaut, dann sind das ja alles qualitativ Produkte ohne Fehl und Tadel. Und da gibt es die freien Brauer, das hast du auch schon angesprochen, Sandra, und da gibt es einige tolle Brauereien, die da mitmachen, also Riegele zum Beispiel ist auch dabei. Und die haben eben sieben Werte und diese sieben Werte, die würde ich ganz gerne einfach mal loswerden, weil die für mich auch so richtig für Bier stehen. Also ich sag ja, wenn mich einer fragt, warum magst du eigentlich so gerne Bier oder was ist Bier für dich, dann sage ich ja immer: Bier ist so ein ganz ehrliches Produkt, bringt die Leute zusammen, also Get Together, wenn man das auf Oberbayerisch sagen darf. Uns ist einfach und unkompliziert und doch komplex. Und die sieben Werte der freien Brauer sind: große Freiheit, persönliche Verantwortung, einzigartige Vielfalt, höchste Qualität, saubere Umwelt, echte Tradition und gelebte Heimatverbundenheit. Und das, finde ich, ist Bier. Aber ist auch ein bisschen Brot. Also wenn man jetzt zum Beispiel mit so Expats, die im Ausland lange Zeit sind und dann drei oder vier Jahre im Ausland arbeiten, wenn man die fragt, was vermisst du am meisten, sind meistens die Antworten entweder die Jahreszeiten, aber auf jeden Fall deutsches Brot. Und das finde ich, also diese sieben Werte, die passen auch aufs Brot. Jetzt wollt ihr natürlich wissen, wofür habe ich mich entschieden, oder?

Markus: Unbedingt!

Holger: Also ist ganz spannend, weil Sandra, wir haben so eine schöne Verbindung zu dir. Also der eine über den Bierstil, und der andere über den Alkoholgehalt. Also ich habe mich auch für ein alkoholfreies Bier entschieden, und zwar für ein Neumarkter Lammsbräu alkoholfrei. Das trinke ich unheimlich gern.

Markus: Pils?

Holger: Ja genau. Und das mache ich mal auf. Also Prost!

Markus: Prost!

Holger: Sehr gut. Und das ist, finde ich, auch so ein toller Durstlöscher. Ist ein isotonisches Getränk. Macht auch Lust auf einen zweiten Schluck. Also das ist auch hervorragend gemacht. Und da muss man auch sagen, was da in den letzten Jahren passiert ist bei den alkoholfreien Bieren in Richtung Geschmack auch, das finde ich sehr erstaunlich. Kennt ihr alle das Bier? Ja schon, oder?

Sandra Ganzenmüller: Ja.

Holger: Also Neumarkter Lammsbräu, du wirst es sowieso kennen, aber Markus, du kennst es auch, ne?

Markus: Ja, natürlich. Also ich beschäftige mich ja sehr, sehr viel mit alkoholfreien Bieren und die Neumarkter Lammsbräu ist da viel unterwegs. Also einerseits mit dem Pils, was eher so ein Klassiker ist, aber sie experimentieren auch in andere Richtungen, haben ein dunkles Weißbier zum Beispiel rausgebracht, was auch alkoholfrei ist. Ich finde das auch ein interessantes Unternehmen. Also wir haben ja gerade über die freien Brauer gesprochen, da gehören die ja auch dazu. Wobei ich insgesamt sagen muss, ist schön, dass es solche Vereinigungen gibt, aber ich würde jetzt nicht die einen mehr rausstellen als die anderen, bloß weil sie Mitglied in irgend so einem Verband sind. Aber was ich toll finde, ist, dass man da halt auch sehr schön sieht, wie so eine treibende Unternehmerpersönlichkeit sowas auch voranbringen kann. Und der alte Seniorchef von der Neumarkter Lammsbräu hat wirklich mit ganz vielen Ecken und Kanten über viele Jahre und Jahrzehnte alles Mögliche vorangetrieben, wovon sie jetzt viel profitieren und auch oft belächelt worden sind. Und da sieht man schon, was das auch bewirkt, wenn da einer am Ruder ist, der so seine Visionen hat und die er auch durchzieht. Also da hat jetzt letztes Jahr, denke ich mal, der Sohn übernommen. Bin ich mal gespannt, wie es da jetzt weitergeht. Aber auf jeden Fall eine ganz spannende Geschichte. Und auch dieses Thema Familienbrauerei ist sicherlich was, was die deutschen Brauer echt auszeichnet und wo auch viele dadurch ganz viel Story, aber auch Philosophie und auch Energie rausziehen.

Sandra Ganzenmüller: Wir haben in Deutschland immer tolle Brauer gehabt und wir haben aber halt leider nicht drüber gesprochen. Also der deutsche Brauer war eher Understatement. Der hat gesagt, ich mache ein qualitativ tolles Bier, ich suche super Produkte, Rohstoffe aus und reicht das schon. Das ist mir noch mal wichtig. Also wir können brauen, wir haben schon immer brauen können, wir haben die ganze Welt ausgebildet, auch gut brauen zu können. Gerade so dieser Mittelstand, das sind eigentlich diese Brauereien, die in der Region für Arbeitsplätze sorgen, dafür, dass es überhaupt Kunst und Kultur gibt, die, die immer ein T-Shirt spenden, wenn es um den Nachwuchssport geht. Das ist schon ganz wichtig. Und das macht die deutsche Bierkultur aus. Sie haben halt drüber gesprochen, das ist glaube ich das einzige, was sie gelernt haben, was die Craftbier-Szene und die Biersommeliers so ein bisschen als Anschub geleistet haben. Aber dass wir in Deutschland immer schon eine unglaubliche Vielfalt haben, dass man nicht den ganzen Tag Biere trinken kann mit 80 Bittereinheiten und mit, weiß ich nicht, wie viel Prozent Alkohol, sondern auch ein gutgemachtes Helles. Das ist sowieso die größte Braukunst, da sind wir ganz stark drin gewesen, und das waren wir immer.

Markus: Genau. Da würde ich noch eins ergänzen, weil das gerade sehr gut passt. Wir haben da noch nie im Podcast darüber gesprochen, aber das deutsche Bier ist ja jetzt auch immaterielles Kulturerbe. Da geht es eben vor allem ums Handwerk, es geht genau um diese Brauereien, um die Familientraditionen, um das, was eben seit hunderten von Jahren in Deutschland passiert. Und das finde ich schön, dass das auch mal gewürdigt worden ist und man damit auch wirklich als deutscher Brauer sehr stolz auf diese Kultur sein kann.

Holger: Und eben auch diese Heimatverbundenheit. Und Bier ist auch oft Local. Und diejenigen, die das eben schaffen, in ihrer Region sich da gut zu platzieren, sind auch erfolgreich und überstehen auch jede Krise. Ja Mensch, worüber haben wir noch nicht gesprochen, müssen wir aber unbedingt noch drüber sprechen?

Sandra Ganzenmüller: Mein persönlicher Appell wäre, dass Brauer mehr mit Bäckern machen und Bäcker mehr mit Brauern, weil da einfach so viel Musik drin ist. Ich habe das bei meiner Projektarbeit gemerkt, wie sehr sich der Bäckermeister begeistert hat für diese unterschiedlichen Hefeprodukte, flüssig, fest, die Gerüche, die Aromen. Da glaube ich, sind wir noch ganz, ganz am Anfang. Und die Brauer machen Collaboration Suds, also setzen sich zusammen und brauen ein Bier zusammen. Dann würde ich mich freuen, wenn es vielleicht mal Collaboration Bakes gibt oder wenn Brauer und Bäcker zusammen Projekte machen. Ich glaube, da könnte man, für Deutschland auch eine tolle Werbung, könnte man sicherlich die zwei Produkte, für die wir stehen, gut zusammenbringen.

Markus: Ja, von Bierseite passiert das ja auch mittlerweile immer öfter. Angefangen hat das, glaube ich, ein bisschen im Ausland, wir haben das in Antwerpen anschauen können vor zwei Jahren, dass eben Brauereien immer mehr anfangen, sich zu öffnen und nicht nur Bier anbieten, sondern dann eben zum Beispiel in ihrem Hof auch eine kleine Bäckerei, eine kleine Chocolaterie, einen Metzger, eine Käserei haben, und das mittlerweile auch in Deutschland sich immer mehr durchsetzt. Also wir waren jetzt auch bei Maisel neulich beim Liebesbier, da gibt es auch mittlerweile einen eigenen Metzger. Es gibt eine Kaffeerösterei, eine Bäckerei ist in Planung, auch die Camba Bavaria hat eine eigene Bäckerei in der Brauerei. Das finde ich total spannend. Also ich glaube, dass da wirklich immer mehr so sich zusammentun, um regional gute Rohstoffe und Lebensmittel anzubieten und dann auch noch zu experimentieren. Das ist sicherlich ein Schlüsselfaktor auch für die Zukunft.

Holger: Das ist doch ein wunderschönes Schlusswort, würde ich sagen. Sandra, ganz herzlichen Dank für deine Zeit und für deine interessanten Beiträge, das war richtig prima. Dankeschön.

Sandra Ganzenmüller: Gerne. Das habe ich sehr gerne gemacht.

Markus: Vielen Dank! Bis bald!

Holger: Bis bald!

Sandra Ganzenmüller: Bis bald!

Holger: Tschüss!

Sandra Ganzenmüller: Tschüss!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 15 – Interview mit Boris Georgiev vom Craftbeer Magazin aus Hamburg

Boris Georgiev ist ein echter Hamburger Jung und startete schon in der Schulzeit seine journalistische Karriere. Später lernte er auch das Biertrinken und das Fotografieren, und so war er zu Beginn der Craft Beer Welle in Deutschland einer der Wenigen, die in der Lage waren, sowohl über Bier zu schreiben, als auch, es zu verkosten und zu fotografieren. Kurzum: Boris war prädestiniert für den Posten als Chefredakteur. Kurze Zeit später fand er sich sogar auf dem Herausgebersessel wieder, der sich durch die Coronazeit auf einmal zum potentiellen Schleudersitz entwickelte. Gemeinsam mit Markus Raupach und Holger Hahn durchlebt er diese turbulente Zeit ein zweites Mal und öffnet am Ende ein ganz besonderes Bierfläschchen

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Hallo und herzlich willkommen zum BierTalk Nummer 15. Und wie immer haben wir einen ganz besonderen Gast, aber an meiner Seite ist wie immer zunächst der …

Markus: Markus.

Holger: Und auf der anderen Seite ist der Boris, und zwar von dem Magazin für Bierbraukunst „Craftbeer“, was sicher die meisten unserer Hörer kennen, aber vielleicht auch nicht alle, Boris. Und deshalb wäre es vielleicht gut, wenn du dich kurz vorstellst.

Boris Georgiev: Hallo, ich bin Boris Georgiev, ich bin Chefredakteur des Craftbeer Magazins und seit Anfang vorletzten Jahres auch der Herausgeber. Wir bringen Reportagen, wir bringen Biertests, wir sprechen mit Leuten aus der Szene. Also so rund um das ganze Wohlfühlprogramm rund ums Bier, besonders ums Craftbier.

Holger: Geht’s in eurem Magazin denn nur um Craftbier, oder? Das ist ja ein schwieriger Begriff, also man kann es ganz weit greifen und ganz eng belassen. Wie haltet ihr das?

Boris Georgiev: Ja, also wir haben da mal so eine schöne Definition gefunden oder adaptiert, die ich sehr passend finde. Dass man also unterscheidet zwischen dem Modern Craft, also das, was jetzt im Allgemeinen als Craftbier bezeichnet wird, dem Traditional Craft, das wären zum Beispiel die ganzen mittelständischen Brauereien in Franken. Und dann gibt es ja auch noch das Industrial Craft, wo sich dann gelegentlich mal Großbrauereien dran versuchen, etwas in dieser Richtung zu machen. Wir beschränken uns sage ich mal im Großen auf die ersten beiden Möglichkeiten, wobei wir auch schon mal diese ganzen Industrial Crafts getestet haben, um einfach den Lesern mal zu zeigen, kann das was, taugt das was.

Holger: Wie würdest du Craftbier definieren? Also was ist die Definition von Craftbier, deiner Ansicht nach?

Boris Georgiev: Für mich gehört immer eine Person dazu, ist also kein austauschbarer Braumeister, sondern es ist eigentlich immer, egal ob klein oder groß, ob du jetzt den Ken Grossman nimmst oder den Olli Wesseloh, Craftbier ist immer verbunden mit einer Person, die dahintersteht. Und diese Person, die schaut sich an, was gibt es für Bierstile, was kann ich weiterentwickeln, was kann ich vielleicht wiederentdecken oder wo kann man einfach einen bestehenden Stil mal in eine ganz andere Richtung bringen, zum Beispiel, indem man mal ein Weißbier nachhopft oder sowas in der Art. Aber es ist immer eine Person, die dahintersteht.

Holger: Markus, wie siehst du das? Was ist Craftbier?

Markus: Oh! Das ist eine schwierige Frage. Für mich ist es prinzipiell etwas, was weit weg ist von einem internationalen Mainstream-Bier, das ist für mich das Geschmackliche. Und inhaltlich muss es so sein, dass jemand wirklich eine handwerkliche Idee hatte, also eine Rezeptur, einen Plan, was er gerne für einen Bier machen will. Also er sollte sich schon auskennen in seinem Handwerk, im Brauerhandwerk, und sollte das dann auch mit seinen Händen irgendwie umgesetzt haben. Es ist natürlich ein weites Feld und bei uns glücklicherweise eigentlich kein definierter Begriff, weil es sonst einfach wieder 1.000 Grenzfälle gäbe und Streitereien. So kann man sich über den Begriff streiten und nicht über die Brauer, das finde ich wesentlich besser. Vielleicht eine Sache noch, weil wir jetzt sehr viel über das Magazin geredet haben. Was mich grundsätzlich auch interessieren würde, wäre auch die Person Boris, also wie kommst du zum Thema Bier, wie kommst du zum Thema Journalismus und wie kamst du dann zu dem Magazin? Das ist sicherlich auch eine spannende Geschichte.

Boris Georgiev: Ich habe eigentlich alle meine Hobbys zum Beruf gemacht. Das fing in der Schule an mit Schülerzeitung, wo ich also auch die Schülerzeitung unseres Gymnasiums mehrere Jahre als Chefredakteur gemacht habe. In der Oberstufe habe ich dann gesagt, vielleicht doch nicht Journalismus, eher Fotografie. Habe dann also eine Lehre als Fotograf gemacht und da lange gearbeitet. Und durch Zufall, also ich kam ja damals über die Bier & Brauhaus dazu, und das Magazin, das Markus Harms damals neu auf dem Markt hatte. Und der hat halt meine Biertests gelesen so bei Biertest-Online oder Rate Beer oder so, und hat jemanden gesucht, der vernünftige Biertests schreiben kann. Und so sind wir dann irgendwie zusammengekommen. Und zum Craftbeer Magazin kam es dann durch einen Zufall. Meine beste Freundin arbeitet bei dem Verlag, bei dem das Magazin damals rausgekommen war, und die hat halt erfahren, dass dieses Magazin in Planung ist. Ich habe mich dann mit den Leuten unterhalten und da haben wir relativ schnell festgestellt, also Leute, die schreiben können, fotografieren können und Ahnung vom Bier haben, gibt es nicht so oft. Und dann hatte ich den Chefredakteur-Posten.

Holger: So einfach kann es gehen. Wunderbar. Jetzt bin ich sehr gespannt, was du dir für ein Bier ausgesucht hast, vor allen Dingen auch warum. Also erzähl doch mal, was hast du mitgebracht?

Boris Georgiev: Ich habe hier zwei Flaschen stehen. Die erste, die ich jetzt mal aufmachen werde, vielleicht kommen wir ja noch zum zweiten, ist das „Land in Sicht“ von Landgang. Und das habe ich aus einem ganz bestimmten Grund mitgebracht, das ist nämlich ein Soli-Bier. Das haben die jetzt also zur Krise gebraut, verkaufen das in ihrem Online-Shop, in ihrem Werksverkauf und in einigen Supermärkten hier in Hamburg, den Sechserträger für 20 Euro und von den 20 Euro gehen zehn Euro an Gaststätten, die jetzt geschlossen haben, die normalerweise Landgang am Hahn hätten, um die einfach zu unterstützen, damit die nach der Krise noch da sind. Und das fand ich einfach eine sehr schöne Idee.

Holger: Also ein Helferbier für die Gastronomie?

Boris Georgiev: Ganz genau.

Markus: Und auch eine Brauerei mit einer spannenden Geschichte. Ich meine, der Sascha hat ja mal in Berlin angefangen und ist jetzt in Hamburg. Kennst du ihn schon aus der Berliner Zeit?

Boris Georgiev: Nein, ich habe ihn tatsächlich erst hier in Hamburg kennengelernt, allerdings auch schon ziemlich früh. Ich habe damals auch den Bau der Brauerei begleitet, also ich war ziemlich oft dann da und habe mich da umgesehen. Was damals auch eine sehr, sehr schöne Reportage geworden ist, wie ich fand. Also einfach: Wie entsteht eine Brauerei? Bin da auch heute noch recht häufig, sage ich mal, weil das einfach nette Jungs sind und das Spaß macht da. Immer gute Stimmung.

Markus: Was für ein Bier ist das jetzt?

Boris Georgiev: Das ist ein Zwickel, weil sie einfach so dieses „Vom Hahn“-Gefühl, das Fassbier so ein bisschen nacherlebbar machen wollten. Dann gießt du es ins Glas ein und es ist was völlig anderes als man erwartet. Das hat nämlich einen sehr, sehr kräftigen, rötlichen Karamellton. Ich hätte jetzt irgendwie mit was deutlich Blasserem, Hellerem gerechnet. Und riecht auch entsprechend so ein bisschen karamellig, aber nicht übertrieben. Schön schaumig. Ja, leichte Trübung ist da. Ich nehme mal einen Schluck. Im ersten Augenblick so ein bisschen säuerlich, wie es ja für naturtrübe auch nicht unüblich ist. Dann kommt tatsächlich auch so ein bisschen Karamell durch, malzig, dezent gehopft, würde ich mal sagen. Wobei jetzt doch zur Mitte zieht der Hopfen auch ein bisschen an. Ja. Das ist jetzt nicht so der gigantische Überflieger, sage ich mal, aber das ist gut zu trinken. Also da kann man auch ein zweites und ein drittes sich von gönnen, würde ich mal so sagen. Abgang dann doch hopfig, ein bisschen herb, trocken. Aber es bleibt immer dieser leichte Karamellflug da drüber. Und das gefällt mir sehr gut, weil das auch wieder, sage ich mal jetzt, wir hatten das Thema Neuinterpretation, ist ein sehr untypisches Zwickel. Die kennt man ja wie gesagt meist in heller.

Markus: Ja, wir fühlen mit dir. Da kriegt man ja richtig Lust. Prost auf jeden Fall! Ich find‘s auch toll, überhaupt so eine Aktion zu machen. Also da sind Landgang nicht die einzigen, es gibt ja auch in Berlin zum Beispiel vom Berliner Berg oder so, oder andere Brauereien haben auch so Soli-Biere jetzt gemacht, wo man die Gastro unterstützt. Wie kriegst du denn jetzt diese ganzen Krisenzeiten mit und macht das auch was mit deinem Magazin?

Boris Georgiev: Also erstmal noch mal zu den Helferbieren. Grad heute habe ich gelesen von (unv. #00:07:01.6# Fidel?), also die Wildwuchs Brauerei hier Hamburg, die haben so ein ähnliches Konzept. Die sind aber noch einen Schritt weitergegangen. Der kannst du dir aus 28 Etiketten, die jeweils das Logo des unterstützen Betriebes haben, eins aussuchen und kriegst dann deine sechs Biere mit diesen Etiketten nach Hause oder zum Abholen. Das fand ich natürlich auch eine sehr schöne Idee. Und das ist wirklich quer, das geht vom Käseladen, übers Sterne-Restaurant bis hin eben zum Galopper des Jahres oder ähnlichen Kneipen.

Markus: Toll.

Boris Georgiev: Und unser Magazin, was soll ich dazu sagen, das trifft uns mit voller Breitseite. Weil wir berichten genau über diese Szene und genau aus dieser Szene, die jetzt alle am Darben sind, kommen ja auch unsere Anzeigenkunden. Und das ging im Januar schon los und hat sich dann also im März massiv verstärkt, dass unsere Anzeigenkunden abgesprungen sind oder gesagt haben: momentan, nee. Also auch treue Anzeigenkunden gesagt haben: momentan einfach nicht drin. Und das ist für uns natürlich extrem schwer, weil wie soll es weitergehen?

Markus: Ja, du hast erzählt, seit letztem Jahr bist du auch Herausgeber, das heißt, es steckt jetzt kein Verlag mehr dahinter, oder wie kann man sich die Konstellation vorstellen?

Boris Georgiev: Ja genau. Das ist jetzt also sozusagen ein Eigenverlag und wir sind ja auch wirklich nur eine Handvoll Leute, die das hier wuppen. Das heißt aber eben auch, es steckt jetzt keine Reserve dahinter, dass jetzt ein Verlag sagen könnte, ja komm, hier, schieben wir ein bisschen Geld von A nach B oder so.

Markus: Und hast du dann auch schon Aktionen unternommen, wie man euch unterstützen kann?

Boris Georgiev: Ja, haben wir. Und zwar haben wir bei Facebook einen Hilfeaufruf gestartet, dass die Leute bitte unser Magazin abonnieren. Denn jedes Abo macht uns logischerweise unabhängiger von Anzeigenkunden. Und das ist auch schon ganz gut angelaufen. Und zusätzlich haben wir dann noch auf paypal.me/craftbeermag eine Spendenaktion gestartet ganz simpel, dass die Leute uns eben mit einem Euro oder mit einem Fuffi, oder was auch immer sie entbehren können, unterstützen, damit das Craftbeer Magazin weiter erscheint. Denn ich höre so von allen Seiten, Mensch, das ist so ein tolles Magazin und ihr leistet so gute journalistische Arbeit, und die möchten wir natürlich auch weiterhin leisten können.

Holger: Das ist ja hart, dass dich das auch so mitnimmt. Wie glaubst du denn, entwickelt sich sowieso die Craftbier-Szene jetzt zukünftig? Also was glaubst du, was macht das mit dem Markt?

Boris Georgiev: Es ist unglaublich schwer abzuschätzen. Also ich habe in der letzten Zeit für einen großen Artikel, der jetzt natürlich in der nächsten Ausgabe erscheinen soll, zum Thema Corona mit sehr unterschiedlichen Leuten gesprochen. Zum Beispiel mit dem Georg Rittmayer, das ist der Präsident der Privaten Brauereien. Ich habe gesprochen mit dem (unv. #00:09:35.2# Radjas Thiele?), der in Hamburg nicht nur eine Gastro betreibt, sondern auch Veranstaltungen organisiert. Da hätte zum Beispiel der Craft Beer Day in Norderstedt stattfinden sollen. Ich habe gesprochen auch mit dem Dr. Lehmair, der sitzt im Vorstand von der HVG, die also eine der weltgrößten Hopfenproduzenten und -vermarkter sind. Und habe die natürlich auch alle gefragt, wie es weitergeht. Und der Rittmayer sagte zum Beispiel, dass er Craft-Brauer sehr schätzt, aber momentan einfach kein Platz ist für diese schrägen Biere, von denen man eine Flasche kauft, sondern dass es momentan einfach wichtig ist ein Bier zu brauen, mit dem man auch Geld machen kann, also ein Helles, ein Pils, was auch immer, und das vor allem auf die Flasche zu kriegen. Denn die Flasche ist ja das einzige, was sich momentan noch verkauft. Und es wird sicherlich einen großen Kehraus geben, das werden eine ganze Reihe Brauereien nicht überstehen, ob klein oder ob mittel. Selbst die großen haben Probleme.

Holger: Ja, es wird schwierig. Markus, so wie ich dich kenne, hast du schon gehörig Durst und möchtest gern auch dein Bier mal vorstellen.

Markus: Ja. Ich habe mir gedacht, wenn wir schon so über Deutschland verteilt sprechen, dann muss ich mir auch ein Bier raussuchen, was so ein bisschen verschiedene Punkte berührt. Ich mach es vielleicht mal auf, vielleicht können wir mal wieder ein Ratespielchen bei dir machen.

Holger: Also in jedem Fall war es eine Flasche. Oh, hört sich ja nach mächtig Schaum an.

Markus: Mhm (bejahend). Das ist schon mal sehr gut.

Holger: Also dann schätze ich mal, dass das auch so richtig hopfig ist.

Markus: Nicht sehr gut.

Holger: Dann Sauerbier?

Markus: Wieder besser.

Holger: Berliner Weisse?

Markus: Ziemlich gut!

Holger: Ja, dann würde ich auf Schneeeule irgendwas tippen.

Markus: Fast.

Holger: Dann Lemke.

Markus: Genau. Also ich bin bei Lemke. Und nachdem du in fast jeder Folge über meinen Bierkeller erzählst, dass da so viel Eiche drin ist, habe ich gedacht, nehme ich auch mal eine Eiche, aber eben die Eiche von Lemke. Und das ist eine Berliner Weisse, die auf Holzfässern gelagert ist und deswegen neben diesem säuerlichen Charakter auch ganz viel so Karamell und Vanille hat und insgesamt ein unglaublich rundes und faszinierendes Bier für seine 3 %. Und habe mir gedacht, dass es für euch, mit euch gemeinsam vielleicht ein schönes Bier, also ein besonderes Bier und eins, was einfach für so einen edlen Anlass auch ein gutes ist.

Holger: Unbedingt. Ich kenne es auch gut und ich halte es auch für ein unglaublich tolles Bier und auch eines der besten Lemke-Produkte überhaupt. Boris, wie hältst du das denn mit Sauerbieren? Ist das was für dich?

Boris Georgiev: Jain. Ein großer Fan werde ich nie werden, ich ertrinke es mir so langsam. Und es gibt auch das eine oder andere, das mich wirklich sehr überzeugt. Die Sachen von Ulrike zum Beispiel finde ich ganz klasse. Ich finde überhaupt, das ist auch so ein Beispiel, Wiederbelebung alter Stile. Berliner Weisse war nahezu weg und jetzt einfach durchs Craftbier kommt sie wieder, durch Leute wie Ulrike oder den Olli Lemke.

Holger: Also die Ulrike Genz, ne?

Boris Georgiev: Ja.

Holger: Genau. Mhm (bejahend). Aus Berlin.

Boris Georgiev: Die Schneeeule.

Holger: Die Schneeeule. Wo ich jetzt gedacht hatte, dass der Markus da in diese Richtung geht.

Markus: Also die werden wir demnächst auch noch begrüßen. Kann man vielleicht auch mal so off the record einfach erzählen. Ich kenne die Ulrike ja ziemlich gut und wir wollen schon die ganze Zeit mit ihr einen BierTalk aufzeichnen, aber das Problem ist, dass sie gerade kein Bier hat und Holger auch nicht, und wir erst mal dafür sorgen müssen, dass eine Schneeeule zu Holger nach München kommt. Und solange müssen wir noch warten, bis wir den BierTalk mit ihr aufzeichnen können. Aber es wird auf jeden Fall werden. Wenn ihr das jetzt anhört, dann sind wir wahrscheinlich schon am Aufzeichnen oder so.

Boris Georgiev: Das ist ja ein ganz anderes Problem, momentan haben alle viel zu viel Bier.

Markus: Bei ihr ist es halt so, sie hat wirklich viel Arbeit bis das Bier dann so ist, dass es auch wegkann, und vor allem muss sie es ja selber per Hand noch abfüllen. Da ist wirklich viel, viel Handarbeit drin.

Holger: Und dazu kommt noch, ich bin weit weg. Also dann die Schneeeule nach München fliegen zu lassen, ist halt auch nicht so einfach.

Markus: Macht die nicht mal eben so über Nacht. Also du bist ja in Hamburg, Boris, aber du kennst die Berliner Szene schon auch ganz gut, oder?

Boris Georgiev: Ja, wobei die sich so rasant entwickelt, da kannst du gar nicht mit Schritt halten. Dann bin ich mal wieder in Berlin und dann sagt mir irgendjemand, ja, hast du, warst du da und da schon? Und sage: Hä? Was ist das für ein Laden? Ja, den gibt’s schon seit einem Jahr. Wenn ich mich hier in Hamburg umgucke, das ja, sag ich mal, so anderthalbmal kleiner ist als Berlin, haben wir aber vielleicht ein Zehntel dessen, was da in Berlin los ist an Bars und an Brauereien.

Markus: Ja, und das hat auch viel länger gedauert, fand ich. Also Hamburg hatte zwar schon auch relativ bald so die ersten, die es so ein bisschen probiert haben, aber bis es dann wirklich in der Stadt angekommen ist, also hat vielleicht sogar bis zur Elbphilharmonie gedauert, dass der Hamburger an sich mal auch dieses Thema andere Biere für sich wirklich in Angriff nimmt und so.

Boris Georgiev: Naja, da merkt man einfach, dass Berlin doch mehr Weltmetropole ist und Schmelztiegel als Hamburg. Der Hamburger Hanseat, der ist ja erst mal skeptisch gegenüber allem, was neu ist.

Holger: Obwohl ich wirklich sagen muss, wenn ich jetzt irgendjemanden von Deutschland und der deutschen Craftbier-Szene erzähle, dann nenne ich eigentlich immer Berlin und Hamburg. Also wenn man jetzt da auch die Aktivitäten von Ratsherrn anschaut oder auch Kehrwieder ist schon lange da, ist etabliert. Und in Hamburg kann man viel entdecken auch, finde ich. Ich denke, das ist kein Notstandsgebiet. Das kann man nicht sagen, glaube ich.

Boris Georgiev: Das ist richtig. Und immerhin haben wir jetzt hier auch einen BrewDog.

Holger: Genau. Auf der Reeperbahn. Genau. Auf der Kunstseite und nicht auf der Sexseite, aber immerhin.

Boris Georgiev: Ja, ja. In den tanzenden Bauten, das ist natürlich eine super Adresse. Aber du kannst nach wie vor die Bars in Hamburg, die sage ich mal mehr als zehn Zapfhähne haben, die kannst du an einer Hand abzählen.

Markus: Ihr habt auch das Omnipollos, was doch für Deutschland auch ein Alleinstellungsmerkmal ist.

Boris Georgiev: Das stimmt.

Markus: Und dann habt ihr den Astra Laden am Kiez, was auch irgendwie spannend ist mit so schönen Bieren wie dem Luden Lager und so.

Holger: Ja, Luden Lager, wunderbar. Also kann ich nur jedem empfehlen. Um Gottes Willen, jetzt habe ich aber wahnsinnig Durst.

Markus: Ich wollte grad sagen, Holger, du musst jetzt auch mal loslegen. Mach mal!

Holger: Ich habe mir wie immer natürlich wahnsinnig viele Gedanken gemacht und dann letzten Endes es einfach ganz schnöde ausklingen lassen die Gedanken. Und zwar habe ich mich inspirieren lassen vom Tag der Arbeit, also vom 1. Mai, und habe mich besonnen und habe gedacht, Mensch, wo kommst du her? Also muss man nicht sagen, weiß jeder, ich bin Duisburger. Bei uns gab es eine wunderbare Feierabendbierkultur, die ich auch miterlebt und gelebt habe. Und deshalb Pilsken, schönes Pilsken. Ja, ihr könnt ja mal raten, welches.

Markus: Dann wird es wahrscheinlich auch da oben aus der Ecke kommen, oder? Schönramer wirst du jetzt nicht im Glas haben?

Holger: Nein. Schönramer habe ich tatsächlich nicht im Glas, obwohl das auch richtig toll ist. Also das wäre auch was gewesen.

Markus: Absolut.

Holger: Ja, ja, absolut, absolut.

Markus: Aber gut, also eher aus der Ecke da oben, ist das richtig oder nicht?

Holger: Das ist total korrekt. Hmm.

Boris Georgiev: Da gibt’s ja auch ein paar Pilssorten.

Holger: Gibt es schon ein paar Pilssorten, aber wenn man jetzt, wenn man mich kennt so, dann weiß man schon auch …

Boris Georgiev: Da ich dich ja nicht kenne, muss das jetzt ja der Markus wissen.

Holger: Ja. Der Markus muss es wissen. Ja. Aber wie immer, tja.

Markus: Wie wär’s mit einem Fiege?

Holger: Mann, Markus, du bist einfach großartig.

Boris Georgiev: (unv. #00:16:33.5#) Fiege Pils. Cool.

Markus: Glückwunsch, tolles Bier!

Holger: Genau. Also habe ich heute gedacht, das ist was. Habe ich schon lange hier, also ist eigentlich schon abgelaufen. Aber scheißegal, es musste einfach ein Pils aus dem Ruhrgebiet sein. Und schmeckt auch noch, also schmeckt super.

Markus: Das ist eins der wenigen Pilsbiere, die ich noch nie da getrunken habe, wo sie hergestellt werden. Also ich war noch nie bei Fiege, aber es gibt in Berlin Foersters Feine Biere. Der Sven Foerster ist auch Biersommelier, ein guter Freund von uns, und der hat fast immer das Fiege Pils am Hahn, weil der da voll Fan von ist. Und immer, wenn ich da bin, und ich bringe ihm öfters mal Bier vorbei und so, oder wir machen eine Veranstaltung zusammen, dann müssen wir uns natürlich hinsetzen und eins oder zwei von diesen schönen Fiege Pils trinken. Und das ist jedes Mal ein Genuss, also beneide ich dich auch, Holger. Sehr schön.

Holger: Ja. Wir könnten noch ein viertes Bierchen schaffen, Boris. Also du hast ja gesagt, du hast noch eins, aber ich will auch nicht zu sehr vorpreschen. Wenn du jetzt, das aktuelle Heft ist Nummer 12, oder?

Boris Georgiev: Eigentlich ist die 13 fast fertig, aber durch die momentane Situation ändert sich natürlich ständig noch irgendwas. Also gerade in dem großen Artikel, an dem ich gerade sitze über Corona, da passiert einfach wirklich jeden Tag irgendwas. Das wird wohl auch der letzte Artikel sein, den wir dann layouten und abnicken.

Holger: Auf dem Cover der 12 ist aber Afrika so im Zentrum, finde ich so, also ist so schwarz im Zentrum und dann steht Rohstoff Malz. Also gibt es da einen Bezug zwischen Afrika und dem Malz, oder ist das jetzt einfach nur …

Boris Georgiev: Gucke dir den Artikel mal genauer an, der besteht aus Malzkörnern.

Holger: Ja genau. Und da sind dann eben, die verschiedenen Malzsorten stehen dann für bestimmte Geschmacksrichtungen und Afrika ist dann sozusagen der schwarze Roasty Kontinent, oder wie?

Boris Georgiev: Das Foto, das haben wir freundlicherweise von Weyermann zur Verfügung gestellt bekommen. Was sich der Fotograf oder die Sabine Weyermann sich dabei gedacht haben, das weiß ich leider nicht. Ich würde mal sagen, Afrika, weil es der schwarze Kontinent ist, dass sie gesagt haben, da passt dann das Röstmalz.

Markus: Muss man natürlich wirklich vorsichtig sein heutzutage. Also kann ich ja aus dem Bamberger Nähkästchen plaudern. Wir haben eine ehemalige Apotheke bei uns, in der ein wunderschönes Geschäft drin ist, über fünf oder sechs Etagen, die haben lauter so Kruschkram, was man entweder gerne verschenkt oder als Touri dann gerne mitnimmt, und das Haus heißt das Mohrenhaus. Weil eben die Apotheke vorher war eben so ein Aushänger, ist immer noch da, und da ist eben ein Mohr dargestellt. Dabei geht’s natürlich um einen Heiligen, entweder den Heiligen Mauritius oder den Heiligen Maurus. Und wir haben jetzt seit ein paar Jahren die Diskussion, ob man das nicht umbenennen muss, weil eben Mohr als Begriff despektierlich oder sogar diskriminierend ist. Insofern wäre ich vorsichtig mittlerweile heutzutage auf so einer Karte Afrika als einzigen Kontinent komplett mit schwarzen Körnern zu färben.

Holger: Aber da kann man mal wieder sehen, also das passt eigentlich auch dann zum Thema Craftbier. Wenn man nochmal zum Anfang geht, wo ich gefragt habe, was ist eigentlich die Definition, da habt ihr beide auch schon eure Definitionen abgegeben. Und der Begriff, der polarisiert ja auch total, obwohl der eigentlich gar nichts schlechtes aussagt. Aber gerade jetzt hier in Bayern, wenn man jetzt hier mit ganz traditionellen Brauern spricht, die auch nicht ohne Grund sehr stolz auf ihre eigenen Produkte sind, da ist jetzt Craftbier total negativ behaftet. Und das ist halt immer auch so eine Sache, die geht im Kopf ab. Und wenn man dann irgendwie seine Schubladen mit bestimmten Themen und Begriffen füllt, dann ist es eigentlich schade. Und Craftbier ist auch ein Begriff, der polarisiert.

Boris Georgiev: Ja, das tut er schon. Inzwischen sagen auch mehrere, dass sie sich eher von dem Begriff distanzieren wollen. Vielleicht muss man den Bayern halt einfach auch mal klarmachen, dass sie eigentlich grundsätzlich Craftbier trinken, weil eben diese ganzen mittelständischen Brauereien, sei es in Bamberg oder sei es sonst wo, das ist alles Craft.

Holger: Das interessiert die gar nicht, weil hier gibt’s einen Spruch, der heißt: Mir san mir.

Markus: Es ist auch aus fränkischer Perspektive wirklich sehr, sehr unterschiedlich. Ich glaube, das Problem ist halt immer dieses, in Anführungsstrichen, Craftbier kam von außen und die Brauer haben sich, glaube ich, zuerst mal so ein bisschen zurückgesetzt gefühlt, vor allem, weil die erste Kommunikation immer so war, Craftbier kümmert sich nicht ums Reinheitsgebot. Und da war dann von vornherein schon so eine Anti-Haltung letzten Endes da, obwohl das inhaltlich gar nicht stimmt, die Craftbiere sind fast alle eigentlich reinheitsgebotskonform, auch historisch gesehen. Aber ich glaube, da haben viele so eine Anti-Haltung aufgebaut und mittlerweile aber auch ganz gut gelernt, damit zu leben. Wobei im Marketing vermeiden die meisten diesen Begriff, weil auch in der Bevölkerung, da wurde am Anfang, glaube ich, auch viel falschgemacht, da hat man den Leuten als erstes Craftbier ein Double Dry Hopped IPA irgendwas gegeben, und wenn man das nicht gewöhnt ist, wenn man vorher nur ein Helles trinkt oder ein Weizen, dann ist das halt nichts, was man mit einem halben Liter mal eben so in sich reinkippen kann. Das war dann, glaube ich, so eine innere Abwehrreaktion und dann war der Begriff erst mal negativ besetzt. Mittlerweile, glaube ich, ist das Handwerkliche mehr im Vordergrund und auch dieses, dass einfach viele junge Brauer endlich wieder sich trauen, das heimische Brauhaus zu übernehmen oder neue Brauereien aufzumachen, dass viel mehr Leben, viel mehr als Person auch nach außen gehen, das ist, glaube ich, was, was auch die Leute jetzt beeindruckt und jetzt dreht sich das langsam.

Boris Georgiev: Dein Beispiel ist eigentlich ganz gut gewählt. Da sagt jemand, Craftbier, das habe ich viel gehört, ich probiere mal eins, und dann kriegt der jetzt eine Berliner Weisse und sagt: Pfui Deibel, das kann ja kein Mensch trinken. Und das nächste Mal angesprochen auf Craftbier sagt er, nein, das habe ich mal probiert, das ist nichts für mich. Also wie gesagt, da wurde am Anfang viel falschgemacht, weil das, was in den Staaten 25 Jahre gedauert hat an Entwicklung, das haben wir hier auf Hauruck versucht, in drei Jahren zu machen mit viel zu extremen Bieren, mit viel zu viel. Vor 25 Jahren gab es ja auch kein West Coast IPA, das musste sich erst mal entwickeln. Leute wie Olli Wesseloh, den hatten wir schon mit seinem Prototypen, der hat gesagt, ich mache einfach ein Lager und stecke da ein bisschen mehr Hopfen rein. Und das mögen die Leute, weil es sie nicht überfordert. Oder Tilman mit seinem Hellen, der sagt, was trinke ich gerne, ich trinke gerne Helles, dann mache ich halt Helles. Und das ist eigentlich ein deutlich nachhaltigerer Einstieg ins Craftbier. Du musst die Leute mitnehmen und du hast natürlich immer ein paar Nerds, die sagen, ja wow, geil, das nächste Krokoszinski, weiß ich nicht was gestopfte Barrel Aged Irgendwas Bier, da trinken sie dann einmal von und dann kennen sie das ja schon. Man muss viel mehr die Ottonormalverbraucher abholen. Ich habe so den Eindruck, einige Craftbier-Brauer in Deutschland brauen nur für die 5.000 Nerds oder was, die es hier gibt.

Markus: Das ist auch so ein bisschen das Problem. Also der ganz klassische Craftbier-Brauer auch so in Berlin oder so, der hat so seine 100, 150 Fans und immer, wenn er ein neues Bier macht, dann gibt er das denen und die sagen natürlich, superklasse, wunderbar und jetzt das nächste, aber ein anderes. Und er fühlt sich so bestätigt, dass er dann sagt, okay, ich mache das beste Bier der Welt und alle mögen mein Bier und ist alles super. Aber dass der Horizont immer nur diese 150 Leute beträgt, das ist was, was die erst sehr spät merken, wenn überhaupt.

Boris Georgiev: Wenn ich von den 150 leben kann, ist es ja okay. Es gibt ja doch welche, die wollen tendenziell auch 200 oder 250 Leute erreichen oder auch 5.000. Und das geht auf Dauer eben nicht, wenn du nur schrägen Kram braust. Ich glaube, das stellen momentan viele fest, dass ihnen einfach das Brot- und Butter-Bier fehlt.

Markus: Apropos, jetzt wollen wir vielleicht doch wissen, was du dir noch ausgesucht hast.

Boris Georgiev: Ja, wieviel Zeit haben wir denn noch?

Markus: Ach du, für dich?

Holger: Das nehmen wir mit auf jeden Fall.

Markus: Klar. Oder ist es eine 3-Liter-Flasche?

Boris Georgiev: Nee, das ist keine 3-Liter-Flasche, das ist eine 0,33er. Die hat aber komischerweise gar kein Etikett, …

Markus: Oha!

Boris Georgiev: … sondern nur so einen goldenen Kronkorken.

Holger: Oh, Hobbybrauerbier. Mein Spruch ist ja immer, die besten Biere, die ich je getrunken habe, sind von Hobbybrauern, aber die schlechtesten halt auch.

Boris Georgiev: Ja. Das ist leider so. Nee, der ist auch beschriftet der Kronkorken.

Markus: Also kommt er aus Belgien?

Holger: Ah ja, Westvleteren 12?

Boris Georgiev: Genau.

Markus: Nein, mit uns? Das ist ja …

Boris Georgiev: Ja.

Holger: Ist ja Ehre.

Markus: Da bin ich sprachlos.

Holger: Du hast doch gerade das Thema, das beste Bier der Welt irgendwie in den Mund genommen und jetzt nimmst du es wirklich in den Mund. Also das wird ja gesagt.

Boris Georgiev: Ja, war es ja. Es war viele Jahre Nummer 1 bei Rate Beer. Ich glaube, die Menschen sind ganz froh, dass es jetzt inzwischen abgelöst worden ist, da hat der Hype ein bisschen nachgelassen. Also das, was ich hier habe, MHD ist ziemlich genau ein Jahr durch, das heißt, es ist jetzt etwa vier Jahre alt. Das halte ich für ein sehr gutes Alter für dieses Bier. Ich habe schon deutlich ältere und deutlich jüngere gehabt. Ich halte hier einfach mal meinen Rüssel rein. Zur Optik muss man gar nicht so viel sagen, es ist halt dunkel, nicht zu dunkel, schäumt ganz schön und dann hält man da seine Nase rein und sagt wie immer: wow! Das ist also eine Komplexität von Aromen, da ist Süßes drin, von Kirsche, da ist Nuss drin, da ist Karamellmalz drin. Was das Bier so schön macht, ist eben diese Komplexität.

Holger: Aber was so geil ist, finde ich, an dem Thema, also wer das jetzt nicht weiß, da können wir ja ganz kurz vielleicht drüber sprechen. Westvleteren ist eben eine Klosterbrauerei, Sankt Sixtus heißt die eigentlich, und die haben auch verschiedene Biere und die Nummern, die sagen in Belgien immer ganz gerne was zum Alkoholgehalt auch aus. Bei der Flasche, wie du das schon gesagt hast, also hat kein Etikett und hat nur einen Kronkorken, und ich sage halt immer, also was die höchste Stufe von Branding, ist eben No Branding. Ich glaube, in der Bierwelt, wenn du die Flasche einfach nur hochhältst, dann weiß jeder sofort Bescheid.

Boris Georgiev: Ja.

Markus: Und bei diesem Westvleteren muss man natürlich sagen, es ist nicht nur das beste Bier der Welt, es ist auch das seltenste Bier der Welt. Das heißt, man hat es früher ganz schwer bekommen. Lange Zeit musste man eine Telefonhotline bemühen, hoffen, dass man durchkommt, sein Autokennzeichen angeben und dann zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein, um überhaupt ein Bier zu bekommen. Mittlerweile ist es so, dass es eine Online-Geschichte gibt, sprich, einen Online-Shop, wo man sich aber auch lange, lange Zeit vorher bemühen muss, auch in der Warteschleife ist, bis man endlich was bestellen kann. Und dann muss man wiederum vor Ort sein, hinfahren und sein Bier abholen. Also wirklich nicht einfach da ran zu kommen, aber ein ganz spannendes Bier.

Holger: Ich kann euch mal erzählen, wie das ganz früher war. Also damals, wo ich sozusagen ein junger Mann war, da war das nämlich so, dass die so Ausgabetage hatten, und das war eben übers Jahr nur zweimal verteilt. Und dann war das so ein Festival-Charakter. Also wir sind dann aus dem Ruhrgebiet dahin mit Zelt und so und haben dann, weil die Schlange extrem lang war, dann so ungefähr zwei oder drei Tage vorher dann da genächtigt, bis wir dann was haben durften. Und jetzt könnt ihr euch vorstellen, was da los war. Und da waren jetzt auch keine TOI TOI Häuschen und so und überhaupt irgendwie sanitäre Anlagen. Also das war Ausnahmezustand damals. Und da hat die Bevölkerung sich dann damals auch wirklich beschwert. Dann gab es eben diese Telefonaktionen. Und dass das jetzt übers Internet funktioniert, das ist jetzt total neu für mich.

Boris Georgiev: Das Schlimmste, was dir passieren kann, dass dein Auto verreckt, denn es wird ja das Nummernschild kontrolliert. Wenn du dann mit einem Mietwagen weiterfährst, dann musst du vorher von deinem Auto noch die Nummernschilder abschrauben, dass du das da vorweisen kannst. Als ich da war, war es relativ entspannt. Man hat so ein bisschen das Gefühl, man ist so beim Drive In, willkommen in Westvleteren, Ihre Bestellung bitte. Aber es hielt sich in Grenzen, also da waren irgendwie fünf Autos vor mir und nachher nochmal fünf hinter mir. Die Flasche kostet in einer Holzkiste 2,49. Du kannst einen Sechserträger gegenüber im Café kaufen, da kostet es schon vier Euro. Und dann einfach diese horrenden Schwarzmarktpreise, also 20 Euro ist dann ja noch eher gering. Aber die Leute sind halt bereit es zu bezahlen. Und wenn ich jetzt mal einen Schluck nehme, …

Holger: Genau, wir lassen dich gar nicht trinken. Wir sind wirklich gemein.

Markus: Das liegt einfach daran, ab jetzt sind wir wieder Gottesdienste erlaubt und das ist jetzt quasi ein Hochamt der Bierkultur und insofern genau richtig zu diesem Zeitpunkt.

Boris Georgiev: Das ist ein Traum. Es ist süß, es ist ein bisschen hefig. Jünger ist es noch ein bisschen hefiger, die bauen es nur im Laufe der Jahre ab. Aber es wird halt immer komplexer und immer tiefer. Das ist wirklich so ein Bier, da kannst du so richtig schön reinversinken. So breit die Aromenvielfalt ist, jedes Mal, wenn du einen Schluck nimmst, schmeckst du wieder was Neues. Dann ist hier ein bisschen Vanille und dann ist da noch ein bisschen feuchtes Heu sogar dabei. Grundton natürlich, klar, massiver Malz-Charakter, karamellige Süße, geröstete Nüsse. Ich kenne wenig Biere, die so spannend und trotzdem so ausbalanciert sind. Das fügt sich alles so zu einem unglaublich harmonischen Ganzen, und das ist bei Bieren wirklich selten. Und dieses ist so eins von den Bieren, da muss ich nicht mal trinken, da muss ich mir nur vorstellen und habe sofort den Geschmack auf der Zunge. Das schaffen nur ganz, ganz wenige.

Holger: Ich habe das auch ab und zu mal in Verkostungen und preise das auch so an, weil ich auch selber so begeistert bin. Irgendwann wird es dann auch zum Superlativ. Aber dann stelle ich fest, dass dann diejenigen, die das überhaupt nicht kennen und dann einfach trinken, total ernüchternd sind meistens. Also so nach dem Motto, okay, ja, ist spannend, aber das beste Bier der Welt, weiß nicht und so. Ja, das polarisiert halt auch so ein bisschen.

Boris Georgiev: Man muss es sich aber auch, sage ich mal, verdienen. Also wenn du mir irgendwie einen Bordeaux für acht Euro vorsetzt und irgendwie einen Château Lafite, das trinke ich dem gar nicht. Und da würde ich wahrscheinlich auch gar nicht die Komplexität zu würdigen wissen, weil ist einfach, das ist Wein, das ist nicht mein Fachgebiet. Bei Bier habe ich genug Ahnung, und dann eben, sage ich mal, jetzt hier so einen Château Lafite der Bierwelt zu schätzen und zu würdigen, das ist etwas, das muss man sich verdienen.

Markus: Absolut. Also das ist ja ein wunderschönes Schlusswort für unseren schönen BierTalk heute. Finde ich auch ganz gut, weil dann können wir dich jetzt in Ruhe noch das Bier genießen lassen. Das wäre ja fast ein Frevel, wenn du das jetzt so nebenbei austrinken müsstest. Ich beneide dich auf jeden Fall sehr, da hast du heute viele schöne Momente haben können. Und ich hoffe, es hat dir auch ein bisschen Spaß gemacht. Ich bedanke mich recht herzlich, dass du dir Zeit für uns genommen hast. Und möchte vielleicht den Hörern auch noch sagen, also die Aktion, das Abo zum Erhalt des Craftbeer Magazins solltet ihr bitte unbedingt mitmachen. Unterstützt das! Damit haben wir ein unabhängiges Craftbeer Magazin am Markt, das wäre schade, wenn das verschwinden würde.

Holger: Unbedingt. Und schenkt uns ein Abo ist ein gutes Stichwort auch für den BierTalk.

Markus: Oh, das stimmt. Ja natürlich, uns kann man auch abonnieren. Okay.

Boris Georgiev: Ja, hat viel Spaß gemacht mit euch. An die Hörer: Holt euch das Abo, helft uns, damit wir da weitermachen können. Jetzt werde ich euch verlassen und mein schönes Westvleteren 12 genießen.

Holger: In aller Ruhe genießen. Also zum Wohl und vielen, vielen Dank! Macht‘s gut! Ciao!

Boris Georgiev: Tschüss!

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