BierTalk 27 – Interview mit Meinhard Wicht von ProBierKult aus Rüsselsheim

Meinhard Wicht ist nicht nur gestandener Biersommelier, sondern auch gelernter Brauer und eine der Säulen der Deutschen BierAkademie. Kein Wunder, dass Holger ihn sich als Geburtstagsgast bei diesem BierTalk gewünscht hat. Nachdem Meinhard auch ein wahrer Experte in Sachen Foodpairing ist, lüftet er im BierTalk das Geheimnis der Grünen Soße und verkostet unter anderem ein spannendes Bier der kleinen Flügge-Manufaktur aus seiner Heimatregion. Bierkultur im Rhein-Main-Gebiet ist ohne Meinhard Wicht nicht zu denken, und genau das hört Ihr auch in diesem unterhaltsamen Gespräch…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Herzlich willkommen und guten Morgen zum 27. BierTalk. Ich habe ein kleines Geheimnis, ich habe nämlich heute Geburtstag. Und deshalb durfte ich mir ein Geschenk machen und da habe ich dann meinen lieben Freund und Biersommelier-Kollegen Meinhard Wicht zum Talk gebeten. Hier ist natürlich wie immer der Holger und der …

Markus: Markus.

Holger: Meinhard, schön, dass du da bist. Guten Morgen! Du bist wirklich mir heute das liebste Geschenk, das muss ich mal vorab sagen. Aber sag doch mal was zu dir.

Meinhard Wicht: Hallo! Vielen Dank für die Einladung und natürlich dir auch einen herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag. Fühl dich gedrückt von allen Seiten, das mit dem Küssen machen wir dann mal später. Hallo, hier ist der Meinhard, Meinhard Wicht. Ich bin diplomierter Biersommelier und so die stille Kraft im Hintergrund bei der BierAkademie. Ich bin Jahrgang 67, glücklich verheiratet, Familienmensch. Und die danach zweitwichtigste Sache in meinem Leben ist einfach Bier.

Holger: Du bist nicht nur diplomierter Biersommelier, sondern du bist auch diplomierter Brauer. Das musst du auch erwähnen.

Meinhard Wicht: Das muss ich auch erwähnen. Ja natürlich, irgendwas hat ja immer eine Vergangenheit. Die Vergangenheit wollte eigentlich in eine ganz andere Richtung. Ich wollte eigentlich Klavier und Gesang, auf Privatschulen Musik studieren. Das hat nicht geklappt. Wie der Zufall so wollte, damals hatte ich schon immer wieder zu Hause Wein gemacht und so bin ich dann irgendwie bei der FH Wiesbaden oder damals FH Wiesbaden auf Weinbau- und Getränketechnologie gekommen. Und hatte während dieser Aufnahmezeremonien für Klavier und Gesang schon den Plan B vorbereitet, wenn das nicht klappt. Und ich bin dann auch kurzerhand da abhandenkommen, bin schließlich nach den Praktikas in Berlin an der TU gelandet und habe dort quasi Brauerei-Technologie studiert und dort auch relativ lange ausgehalten. Ich bin dann von der Technik in den Vertrieb gewechselt und Marketing, habe da diverse Stationen in Deutschland hinter mir und bin seit 2011 dann diplomierter Biersommelier. Und habe mich 2016 mit allem Mut des Jahrgangs dann selbstständig gemacht und lebe jetzt Bier von vorne nach hinten.

Holger: Markus, auch an dich einen herzlichen guten Morgen! Wie geht’s dir denn heute?

Markus: Ach ja, mir geht’s gut. Also erstmal natürlich auch alles Gute zum Geburtstag aus Bamberg von uns allen hier. Die Sonne scheint, das ist schon mal wunderbar. Ihr beide seid da, auch gut. Ich habe ein gutes Bier kaltgestellt. Also insofern geht’s mir richtig gut und ich freue mich natürlich auch, dass wir zu dritt diesen schönen Tag begehen können.

Holger: Apropos Bier kaltgestellt, da kann man doch nur sagen, Meinhard, du bist der Gast, was hast du uns denn heute mitgebracht? Erzähl doch mal!

Meinhard Wicht: Ich habe zwei Biere vorbereitet, einmal was hier aus der unmittelbaren Nachbarschaft, zwei, ja, so ein bisschen unbeugsame Brauer, hören auf den Namen Dominik Pietsch und Joachim Amrhein. Die Brauereimarke heißt Flügge, sprich, eben da geht das Thema des Brands, um das Flüggewerden, ein bisschen anderslaufen, wilde, freie Kreaturen quasi brauen. Ich habe mich heute Morgen für was ganz Schönes entschieden, und zwar für Fränk, ein so genanntes Maracuja Sauer mit zarten 3,5 % Vol., ein klassischer 8,5 Plato Brau. Und ich habe als zweites Bier, ach, das machen wir nachher.

Holger: Genau, das machen wir nachher. Mach mal auf …

Meinhard Wicht: Ja.

Holger: … und beschreib doch mal, was da so reinfließt.

Meinhard Wicht: Wir hören, es ist noch ordentlich Druck auf der Leitung. Wenn man das jetzt so hört, merkt man, dort wird ein feinporiger samtener cremiger weißer Schaum quasi aus der Flasche fließen schön ins Glas hinein. Wir haben eine wirklich strahlendgelbe Maracuja an leuchtender Gebräufarbe, ein superdichter, cremiger Schaum wie so ein Cappuccino im Grunde. Und wenn ich reinrieche, da strömt wirklich ein schöner Fruchttopf von so ein bisschen Aprikose, Maracuja, all diese gelben Früchte tanzen. Und hintenraus liebäugelt sozusagen einfach eine faszinierende Säure und macht einfach jetzt mich schon richtig wässrig im Mund, das dann auch die Lippe zu legen und da mal zu probieren. Ich sag an dieser Stelle einfach mal: Prost! Zum Wohl!

Holger: Zum Wohl!

Markus: Prost!

Markus: Ja, spannend. Schön dir zuzuhören, wie du das beschreibst. Ich kenne das Bier schon auch etwas länger, weil ich in Bayreuth war, da war eine Messe, anlässlich der Home Brew. Da waren viele, viele Brauer eingeladen, unter anderem eben auch Flügge, und die hatten, ich glaube, damals sogar nur dieses eine Bier am Hahn. Das war wirklich total spannend. Also ein sehr erfrischendes, sehr fruchtiges, sehr spannendes Getränk.

Meinhard Wicht: Eine wundersame Harmonie letztlich hier in diesem Bier. Wir reden ja immer von dieser dosierten Balance, und das trifft‘s hier. Ich habe eine schöne Frucht, es wird eben nicht süß, wo immer diese Gefahr beim Brauansatz liegt, dass es einfach zu süß und zu klebrig wird oder vielleicht auch künstlich schmeckt. Hier haben wir einfach mit diesem Maracuja-Püree, das beim Brauen sozusagen dann verwendet wird in der Gärung, einfach eine schöne Balance, und die Säure, also wie bei allen säurebetonten Bieren der Brauerei Flügge, die kitzelt einfach hier schön angenehm und rundet das Ganze wirklich samtig ab. Es ist nichts Adstringierendes dabei, es ist wunderbar trinkbar und es macht eigentlich fast in jeder Lebenslage einfach Spaß. Und hintenraus strömt dann einfach eine wunderbare, fast schon exotisch anmutende Fruchtigkeit einfach. Und verleitet mich einfach, noch einen Schluck zu nehmen. In dem Sinne: Prost!

Markus: Prost! Mach das doch. Ich bin auch grad ein bisschen erinnernd, wir hatten im letzten BierTalk ja den Christof Pilarzyk zu Gast, der in Rödental bei Coburg mittlerweile angekommen ist, aber eigentlich ein Urhesse, und der auch noch Hessisch babbeln kann, wie er uns gesagt und vorgeführt hat, aber mittlerweile sehr zufrieden ist in seinem fränkischen Exil. Du bist aber so ein richtiger Urhesse und bist auch schon immer Rüsselsheim und …

Meinhard Wicht: Ich bin ein Urhesse. Ja, also ich kann das auch wirklich wunderbar, da hessisch babbeln. Ich kann das ein bisschen auf Knopfdruck hin und her switchen. Natürlich, ich bekenne mich daher, daher auch natürlich jetzt hier die Geschichte, wir machen halt bei uns in Südhessen viel Äppler, also den klassischen Apfelwein. Daher komme ich mit allen säurebetonten Bieren relativ gut zurecht. Ich finde das total spannend, welche Kreationen da mit irgendwelchen wilden Hefen Säure bilden, die man früher eigentlich nie in der Brauerei haben wollte nach der altdeutschen klassischen Brauerlehre. Um Gottes willen, ein Brett gehört nicht in die Brauerei, schon gar nicht irgendwo in die Leitungen. Heute hantieren viele, viele Brauer von Nord nach Süd mit diesen wunderbaren Kreationen. Spannende Biere werden auch in der Zukunft, denke ich mir, noch wunderbar da entstehen.

Markus: Hat man da auch so eine Identität? Also ich meine, wir als Franken sind ja da sehr landsmannschaftlich organisiert, die Bayern sowieso, die Ruhrgebietler ja auch. Wie ist das so als Hesse? Hat man das? Ist das ein Lebensgefühl?

Meinhard Wicht: Ja, natürlich. Als Hesse, man unterscheidet schon so, man fühlt sich hessisch, weil man hessisch babbelt. Man unterscheidet so im großen Ganzen so drei hessische Volksstämme sozusagen. Wir haben die Nordhessen, die so ganz weit von uns weg sind, so da oben im Kasseler Raum, also schon fast so eigentlich nicht mehr dazugehörig. Wir haben dann die Südhessen, wo ich mich einfach dazuzähle. Also sprich, so das Rhein-Main-Gebiet, und vielleicht, wenn es genau nimmt, und einen Fluss, der so ein bisschen das Hessenland, das Rhein-Main-Gebiet teilt, den Main nimmt unterhalb des Mainz bis zur baden-württembergischen Grenze. Das ist eigentlich so der Südhesse. Und unsere Identität, ja, letztendlich, wir trinken gerne Apfelwein, wir sind den Weinen sehr aufgeschlossen. Letztlich auch aus der Historie heraus wurde auch schon im historischen Frankfurt viel, viel Wein getrunken. Wir feiern gerne wie viele andere Völker auch. Und Rippchen mit Kraut, typische deftige Hausmannskost, ein Handkäs mit Musik oder eben hier als wunderbare Empfehlung die Musik weggelassen und mit einem Fränk einfach mal den Handkäs angemacht, ist eine wahnsinnig schöne Experience. So lässt es sich dann einfach leben. Wir gehen raus und wir leben auf unseren Plätzen und genießen sozusagen auch wie bei uns hier den Main-Lauf oder verkrümeln uns irgendwo tief in die Wälder und haben Spaß.

Holger: Ich muss sagen, ich bin auch wahnsinnig gerne zum Beispiel in Frankfurt, und habe so den Eindruck, so in dem Städte-Ranking, wo man sagt, Mensch, da fahren wir mal hin und gucken uns die Stadt an und erleben das alles mal, ist Frankfurt, geht das so ein bisschen unter so gegen Berlin und Hamburg und Köln und München und weiß ich nicht, was man da noch alles nennen darf. Aber ich muss sagen, hier, grüne Soße, das ist so ein typisches Frankfurter Gericht, und das ist großartig. Also ich freue mich da immer und habe da auch so meine speziellen Läden dann in Sachsenhausen, wo ich dann dahingehe und mir das immer bestelle. Ich freue mich da immer wie ein Schneekönig, das zu essen. Das finde ich großartig.

Markus: Das gibt’s auch als Bier. Das hast du mir mal mitgegeben, Meinhard.

Meinhard Wicht: Genau. Also der Julian Menner hat das zusammen mit den Jungs von Glaabs eben entwickelt über lange Testreihen. Es gibt ein so genanntes Grüne Soße Bier. Habe ich heute noch nicht frisch bekommen, deswegen habe ich es auch sein gelassen. Eine wahnsinnig spannende Geschichte, wenn plötzlich dann nach dem Eindruck eines bisschen kräftigeren Hell, so diese sieben Kräuter der Grünen Soße quasi mit einfließen und dann den Spannungslauf machen. Also in Käseverkostungen oder auch, wenn du irgendwas mit Kräutersoße gemacht hast, dann sind das so Geschichten, die einfach viel, viel Spaß machen. Ob man vielleicht einen großen Topf davon trinken muss, das muss jeder selbst wissen. Aber so als Ergänzung, als Spielerei, ist das ein schönes, schönes Bier, wo ich einfach sage: Wow! Mal eine wieder schön gewonnene Alternative.

Holger: Du hast es jetzt gerade nur so nebenbei erwähnt, aber ich will es noch mal verstärken. In so einer wirklich richtig echten Grünen Soße muss man auch diese sieben Kräuter quasi verbauen. Wir würden sagen verbrauen. Ich weiß jetzt gar nicht genau, es ist Petersilie und Kerbel und Schnittlauch, das weiß ich noch.

Meinhard Wicht: Pimpernelle.

Holger: Pimpernelle, genau. Und dann ist es Borretsch, oder ich weiß nicht?

Meinhard Wicht: Borretsch. Ja, warte! Wir müssen einfach mal schauen. Da muss ich ganz ehrlich sagen, da werden natürlich jetzt die Ketzer sagen: Okay! Das ist kein Hesse. Aber da man das bei uns sozusagen als fertiges Paket bekommt, macht man sich nicht so sehr viele Gedanken darüber, was da eigentlich drin ist. Man geht da auf den Markt und kauft dann sozusagen die fertige Geschichte und zerhäckselt die dann zu Hause mit einem Wiegemesser sorgsam, dass die ganzen Ingredienzien, die Säfte sozusagen, das Ganze nicht bittermachen. Wir haben Kerbel, wir haben Petersilie, wir haben die Pimpernelle, wir haben Sauerampfer, Schnittlauch, Kresse und Borretsch.

Markus: Das kaufst du praktisch als Kräuterpaket, also du kriegst dann so ein Bündel?

Meinhard Wicht: Ja, das gibt’s dann, sozusagen dann irgendwie vor dem 1. Mai fängt das schon an, ich glaube, sogar schon Ostern, und dann kriegst du von den hessischen Grünämtern, sozusagen einfach die, diese Kräuter anbauen, schon die fertiggepackte Mischung und daraus kannst du dann einfach nach Couleur mit Schmand, Sahne und so weiter dann deine eigene Grüne Soße dazu packen. Du hast ein bisschen Öl, hast noch ein bisschen Senf, Salz, Pfeffer, das Ei gehört auch so mit rein, und dann eben den Schmand und die saure Sahne. Ich persönlich mag‘s ein bisschen fluffiger, ich nehme gerne Kefir oder einen frischen Joghurt, um das Ganze noch so ein bisschen säuerlich zu halten, und noch ein Spritzer Zitrone rein, macht‘s dann. Aber das muss jeder so ein bisschen für sich selbst wissen. Eine supergute Ergänzung für Barbecue, eventuell auch, wenn es sozusagen noch Spargel gibt statt einer zerlassenen Butter oder einer Hollandaise einfach Grüne Soße mit dazu und schon ist das Labmahl aus Goethes Zeiten dann ein wunderbarer Wegbegleiter.

Markus: Da melde ich mich mal an, wenn du wieder in die Richtung hier rollst nach Franken, dann bring doch mal so ein Bündel mit. Das probiere ich aus.

Meinhard Wicht: Gerne.

Holger: Sehr gut. Markus, jetzt kommen wir wieder zurück zum Bier, bevor wir da total absolut …, aber gut, ich bin ja selber schuld, ich hab’s ja sozusagen mit reingebracht. Aber mir schmeckt‘s auch so wahnsinnig gut. Also zurück zum Bier. Ich weiß es nicht, aber es könnte ja durchaus sein, was ist denn bei dir alles verbraut, also welche Malzsorten, welche Hopfensorten, welche Hefen?

Markus: Jetzt wird’s kompliziert. Das steht ja nun nicht wirklich bei jedem Bier drauf, was genau drin ist, aber ich habe mir schon was überlegt, was auch so eine Brücke ein bisschen zu Meinhard schlägt. Aber ich mach’s vielleicht erst mal auf. So, und dann kommt das natürlich jetzt noch ins Glas. Wenn ich schon sage, eine Brücke zum Meinhard, also er hat ja ein Bierchen, wo Maracuja drin ist, Passionsfrucht, und das ist in meinem Bier auch drin. Dazu noch ein bisschen Orange, noch ein bisschen Guave. Das ist ein Bier mit einer ziemlich weiten Reise hinter sich. Ich habe mir gedacht, nachdem der Meinhard ja eine neue Sache erfunden hat, von der er gleich erzählen wird, da benutzt er dieses Bier nämlich auch, habe ich mir gedacht, dann muss ich es doch gleich hier ein bisschen verkosten. So, Meinhard, jetzt müsstest du eigentlich wissen, um welches Bier es sich handelt, oder?

Meinhard Wicht: Naja, ich denke mal, es gibt ein Bier auf Hawaii.

Markus: Richtig. Also wir sind auf Hawaii und haben dort von der Kona Brauerei das Hanalei. Ein Island IPA, was eben bewusst sehr fruchtig ist, mit Passionsfrucht, mit Orangen, mit Guave. Die genauen Hopfensorten und Gerstensorten kann ich dir leider nicht sagen, Holger, aber auf jeden Fall spannend. Erstens, dass es doch Bier auf Hawaii gibt und vor allem dann eben so eins, was so wunderbare fruchtig frische Noten hat. Natürlich kommt die Citrusfrucht rüber, natürlich kommt die Guave schön. Und wenn man das dann trinkt, also eine sehr, sehr schöne Mischung, es ist vom Bier her sehr schlank. Also damit auch sehr schön trinkbar, perfekt jetzt auch für die warmen Sommertage, die uns hoffentlich wieder bevorstehen. Und durch diese intensive fruchtige Note natürlich ganz, ganz spannend. Und erinnert auch ein bisschen an Hawaii, an Urlaub, an Sommer, an frische Früchte, und das, habe ich mir gedacht, ist bestimmt schön für diesen Geburtstagsmorgen so ein buntes Bier zu haben. Also fühl dich mal so Holger, als würde man dir jetzt auch eine Kette um den Hals gehängt haben und dich ein bisschen betanzen.

Holger: Sehr gut, ja, auch die Tänzerinnen, wenn du die auch noch mitschickst, wunderbar. Pass auf! Ich habe jetzt zwei Themen, die müssen wir so hintereinander weg machen. Erstens habe ich mal gehört, das wird gar nicht auf Hawaii gebraut. Stimmt das oder stimmt das nicht?

Meinhard Wicht: Kona hat zwei Braustätten, eine quasi auf Hawaii und die andere irgendwie im Norden von Amerika, um diesen wirklichen Nachfragedruck, glaube ich, auch begegnen zu können.

Markus: Ja, irgendwo bei San Francisco muss das sein, soweit ich weiß.

Meinhard Wicht: Genau. Ja.

Holger: Zweites Thema, das ist jetzt ein bisschen größeres Thema, aber Markus ist jetzt wieder mal selber schuld. Der hat ja gerade gesagt, also ihr könnt ja zurückspulen und euch das nochmal anhören, er hat ja gerade gesagt, also welche Gerstensorten da jetzt drin sind, das kann ich dir nicht sagen. Und danach hatte ich ja gar nicht gefragt, sondern ich hatte gefragt, welche Malzsorten sind da drin? Jetzt muss man dann natürlich auch noch mal beschreiben, was ist eigentlich der Unterschied, warum geht eigentlich das mit der Gerste gar nicht und warum muss man das vermälzen? Weil du es jetzt schon so schön angesprochen hast, Markus, kannst du es ja mal erklären.

Markus: Oi, oi, oi! Na gut. Aber wir sind jetzt aber noch nicht in unserem Online-Sommelier-Kurs, der ja auch demnächst startet. Aber mal ganz kurz erklärt, ist es eben so, dass das Getreide an und für sich, also das Gerstenkorn, ganz viel Stärke in sich trägt. Das ist einfach die Energiepackung, die das Getreide mitbekommt, damit es eben auf seinem Weg zum Korn und später eben auch zum Halm alles dabeihat. Aber das kann die Hefe nicht fressen, die möchte gerne Zucker fressen. Und damit aus der Stärke Zucker wird, braucht’s einen Prozess. In der Natur ist es der Prozess, wo einfach des Korn sagt: Okay! Ich darf jetzt wachsen. Wo die Enzyme aktiviert werden, Stärke abgebaut wird und daraus dann ein Blatt und eine Wurzel und alles wird, damit das Ganze später eine Pflanze ist. Und in der Mälzerei verursacht man im Grunde denselben Prozess, aber dann stoppt man das Wachstum, damit man dann eben viel Zucker hat, mit dem dann später die Hefe auch richtig schön arbeiten kann. Also das ist so eben ganz komprimiert die Geschichte, wer das genauer will, muss einfach bei uns mal ein Bierseminar besuchen oder so, da schauen wir uns das natürlich genau an.

Holger: Genau. Aber in jedem Fall, es lohnt sich sehr, immer genau beim BierTalk zuzuhören. So. Jetzt habt ihr ja alle ein Bierchen und ich noch nicht als Geburtstagskind. Und deshalb mache ich jetzt auch mal meins auf. Jetzt war ich ja gestern in Südtirol, und Südtirol hat ja quasi fast eine Monopol-Brauerei, das ist die Brauerei Forst bei Meran. Und die haben ein neues Produkt, das ist ein Alkoholfreies mit 0,0 % Alkohol. Kennt das jemand schon von euch?

Meinhard Wicht: Nein, leider noch nicht.

Markus: Nein, habe ich auch noch nicht probiert.

Holger: Ich war jetzt da also gestern auf der Freiheitsstraße in Meran, das ist direkt im Zentrum, da gibt’s so einen Brauereiausschank und eine schöne Gastronomie, da war ich also Mittagessen und musste ja dann auch noch wieder zurück nach München. Und ich habe mir gedacht, komm, das ist ja genau das Richtige, so ein Forst 0,0. Dann habe ich also das bestellt, also wie immer da perfekt serviert, perfekt temperiert und auch perfektes Glas dazu. Naja, und dann habe ich mich einfach so ein bisschen beschäftigt und habe auch ein bisschen nachgefragt, und dann wurde mir berichtet, ist wirklich ganz neu, gibt’s eigentlich erst seit Ende März, kommt gut an, liegt voll im Trend. Und das Thema alkoholfrei haben wir auch schon so oft besprochen, ist sicher ein Thema, was viel Beachtung findet und auch noch finden wird. Jetzt bin ich dann noch tiefer eingestiegen, weil mir das ganz gut geschmeckt hat. Also ich habe dann einfach gedacht: Mensch! Das ist wirklich eigentlich das erste 0,0 alkoholfrei, was so einen schönen bierigen Charakter hat. Also man hat wirklich ein schönes Bier im Glas gehabt und dann auch im Mund. Wenn man jetzt aber auf die Zutaten geht, dann wird man gewahr, dass eben da ein natürliches bieriges Aroma drinsteckt. Dazu wollte ich doch mal mit euch sprechen. Wenn man da so drüber nachdenkt, dann muss man einfach schauen, das Thema Aromen im Bier kennen wir ja, wir nennen es dann Biermischgetränke. Also da kommen dann ein Zitrusaroma rein und macht dann eben ein schönes Radler und so. Diese Biere sind ja auch sehr stark im Wachstum gewesen oder sind immer noch im Wachstum, aber so ab 2013, würde ich jetzt behaupten, sind die stark im Kommen gewesen. Also was auch immer man sich da vorstellen kann, ihr kennt alle diese Biere. Der Löwenanteil sind fruchtige Geschmacksrichtungen, wo eben dann auch diese Aromen drin sind. Und mittlerweile gibt’s ja dann auch eine Nachfrage an Kräutern und Blüten und Gewürzaromen, die dann auch wiederum Biermischgetränke produzieren. Aber ich hatte das noch nie bei einem Alkoholfreien so wahrgenommen. Wie geht’s euch denn damit?

Markus: Ich meine, ganz grundsätzlich muss man sagen, Südtirol liegt ja nun in Italien und hat deswegen mit unserem Reinheitsgebot, das wir in Deutschland kennen, nicht direkt was am Hut. Dementsprechend haben die natürlich Möglichkeiten, solche Dinge zu tun. Man müsste mal klären, was ein natürliches Bieraroma eigentlich ist. Da kann vielleicht nachher der Meinhard noch was dazu sagen. Ich gehe mal davon aus, dass damit gemeint ist, dass es entweder Aromen sind, die aus Bier in seinen verschiedenen Schritten gewonnen werden, oder aus den Rohstoffen von Bier, also aus dem Malz, aus dem Hopfen oder eben irgendwo zwischendurch aus der Maische, aus dem Treber. Das könnte einfach dazu gedacht sein, um diesen intensiven Biergeschmack, der eben normalerweise bei einem Alkoholfreien oft fehlt, weil eben Alkohol raus ist, weil mit niedrigen Stammwürzen gearbeitet wird, den eben reinzubringen. Und das scheint ja auch ganz gut gelungen zu sein. Insofern ist es die Frage, wie man das beurteilt. Aber grundsätzlich ist der Trick vielleicht gar nicht so dumm, zu sagen, okay, wir nehmen eben in gewisser Weise konzentriertes Bier und geben das dazu, um das Ganze wieder anzureichern. Was sonst das Thema Aromen angeht, glaube ich, muss man auch wieder ein bisschen unterscheiden. Also ich glaube, diese ganzen künstlichen Aromen, die wir so noch aus den 80ern, 90ern kennen, die sind mittlerweile aus den meisten Biermischgetränken raus. Was so diese ganz großen Zuwächse hatte, das waren vor allem die Natur-Radler. Also die erste Brauerei, die damit ja so richtig auf den Markt gekommen ist, war die Kulmbacher Brauerei, der haben sie dieses Natur-Radler auch aus den Händen gerissen ab dem ersten Verkaufstag. Und viele andere sind da auf den Zug aufgesprungen. Also Natur-Radler heißt eben, natürliche Aromen, heißt, bei weitem nicht so viel Zucker wie früher, heißt auch, in der Regel naturtrüb. Und das waren einfach Punkte, wo die Leute wirklich darauf angesprungen sind und das bis heute auch noch tun. Insofern, also würde mich selber mal interessieren, muss man mal vielleicht bei Forst selber nachfragen oder mal hinfahren oder so, wie auch immer, wie die das genau machen. Aber wenn es so ist, wie ich es vermute, dass die praktisch sagen, okay, wir haben ein relativ leeres alkoholfreies Bier, was halt einfach bei vielen so ist, und geben dem so eine Art Bieraroma-Konzentrat dazu, um das zu ersetzen, muss ich sagen, wenn das auch noch gut schmeckt, „Chapeau!“, ist es mit Sicherheit eine gute Idee.

Meinhard Wicht: Ja, also ich denke auch, dass das so in die Richtung läuft. Ich kann nur Holger einfach bitten, das mal als Hausaufgabe mitzunehmen und doch einfach mal Forst an zu tickern, vielleicht auch mit dem Hinweis auf diesen BierTalk. Und ich würde auch vermuten, dass quasi, wenn ich die Alkoholphase entziehe quasi, kommt ja irgendein Konzentrat quasi dabei raus. Ich habe eine wässrige Phase und eine Konzentrat-Phase, wenn ich die sozusagen dem bierähnlichen Getränk dann wieder beimische, dann muss ich das irgendwie deklarieren als natürliches Aroma. Und ich schätze mal, da geht so der Weg hin. Wobei, wie gesagt, natürliches Aroma rein von der Kennzeichnungspflicht in Deutschland nicht unbedingt was direkt in der Korrelation zu tun haben muss, sondern das soll dir sozusagen nur das Surrogat geben, dass es das sein könnte. Wir kennen ja die wunderbare braune Brause, die der ein oder andere ja immer mal wieder trinkt. Da ist es ja auch so, das sind ja ganz andere Stoffe, um die es da geht. Ich weiß nicht, ob man das verteufeln muss, bin ich mir nicht so sicher. Wichtig, ist das Ergebnis, was dann in der Flasche oder in der Dose präsentiert wird, trinkbar? Ja, würdest du, Holger, sozusagen ein zweites oder auch ein drittes davon trinken wollen?

Holger: Unbedingt! Ich hatte das ja gesagt, also es geht überhaupt nicht ums Verteufeln, sondern mir hat es sehr gut geschmeckt. Ich war dann richtig positiv überrascht und wollte dann einfach auch mehr darüber wissen. Wir haben ja auch schon andere Alkoholfreie, gute, sehr gute Alkoholfreie hier im BierTalk gehabt. Es gibt ja auch den Trick, mit unvergorener Würze zu arbeiten, um ein Alkoholfreies wieder ein bisschen bieriger zu machen. Und in der Form hatte ich es also wirklich noch nirgendwo gelesen. Aber es hat in jedem Fall Lust auf einen zweiten Schluck gemacht. Und ich habe mir auch noch eins bestellt. Also in der Tat, ich hatte mir Schlutzkrapfen bestellt, da war dann das erste Bier relativ schnell weg, weil ich einfach Durst hatte, es waren 28 Grad in Meran. Und das zweite lief dann wie von selbst auch hinterher. Aber ich nehme die Hausaufgabe gerne an und werde das mal recherchieren und zur Verfügung stellen. So, Meinhard, jetzt kommen wir wieder zu dir. Du hast ja noch ein Bier mitgebracht, das hast du schon angekündigt.

Meinhard Wicht: Interessanterweise ist noch ein Fass Kona Brew Hanalei übrig, das ich heute sozusagen dann am Freitag auch als erstes Bier mit auf diese Tour nehmen werde. Was hat es mit dieser Tour auf sich? Relativ einfach. Zurzeit ist es als Biersommelier relativ schwierig, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, sämtliche Veranstaltungen eigeninitiiert oder auch fremd, also mich trifft man auch hin und wieder im Naiv in Frankfurt, in der Fahrgasse, als durch den Abend führenden Biersommelier bei Sascha und Christian an. Und auch dort sind die ganzen Tastings nur noch digital und eher nicht existent. Sodass man irgendwann mal auf die Idee kommt, man muss raus, man muss vielleicht auch wieder ein bisschen was für die eigene Kasse tun. Und so bin ich auf eine herzliche Idee oder beziehungsweise Idee aufgegriffen gekommen, dass ich gesagt habe: Okay! Wenn die Leute nicht zu mir kommen, dann komme ich als Biersommelier zu dir nach Haus. Ich habe mir ein Cargo-Bike gemietet und fahre dann freitags und samstags hier durch Rüsselsheim und biete da auf zwei verschiedenen Touren sozusagen ein spezielleres Fassbier an. Du kannst dich über WhatsApp sozusagen bei mir melden: Hallo! Stoppe an der Hausnummer in der Straße Soundso. Und wenn du dann kurz vor der Tour deine Hausnummer mit einem grünen Seidel siehst, weißt du, ich habe dich registriert und ich komme dann im Fluss sozusagen bei dir vorbei, klingele, alles unter hygienischen Gesichtspunkten mit dem Distancing und du gibst mir dann ein frisches Glas von dir und du kriegst dann das Gebräu, was ich gerade zurzeit im Anstich habe, reingezapft. Und dann kannst du dich freuen, mit einem frisch gezapften Bier von der Haustür bei dir in den Garten gehen und weiter den Tag fließen lassen.

Markus: Ja, coole Idee. Also es gab ganz tolle Bilder, die man auch anschauen konnte schon auf Facebook. Es gab auch Zeitungsartikel, die schon geschrieben worden sind. Und du hast ja eben auch gerade dieses Hawaii Dings so ein bisschen als Aufhänger genommen und bist auch entsprechend angezogen gewesen. Also das finde ich wirklich eine ganz großartige Sache, weil es den Leuten einerseits wirklich im wahrsten Sinn des Wortes auch Farbe ins Leben bringt, eben besondere Biere, besondere Aromen. Und du bringst ja nicht nur das Bier, du redest ja auch ein bisschen drüber. Und das ist ja einfach so ein Punkt, ja, also der Biersommelier, der nach Hause kommt, ist ja fast ein bisschen so wie der Weihnachtsmann, der durch den Kamin hüpft, nur dass man da steckenbleiben kann. Also auf jeden Fall gut.

Meinhard Wicht: Ich liefere quasi den Grund, quasi wieder weiter Bier trinken zu dürfen. Und Bier zum Thema zu machen, natürlich gibt’s den ein oder anderen netten Gartenzaun-Plausch dann und es entwickelt sich was. Ich habe ein paar Wiederholungstäter, es kommen immer wieder neue Leute bei der Tour zusammen. Ich bemühe mich sozusagen jedes Wochenende oder auf jeder Tour andere Biere zu präsentieren. In der Regel sind es zwei verschiedene, die ich mitnehme, wenn mir das beschaffungstechnisch möglich ist. Ich lege auch relativ viel Wert darauf, dass ich Biere auswähle, die es hier bei uns, bei den Gastronomiekollegen eben nicht am Hahn gibt. Also, dass ich keine Konkurrenz bin, den Nimbus des Biersommeliers auch so ein bisschen gerecht werde. Eben Informationen gebe, vielleicht auch den ein oder anderen Koch- oder Würz-Tipp. Ja, es kommt relativ gut an. Es macht auch eine Menge Spaß. Man kommt in wirklich abgelegene Ecken meiner Heimatstadt. Und ja, mal schauen, wie lange ich das noch machen werde. Das wird sicherlich nicht den ganzen Sommer funktionieren, weil man merkt da auch jetzt allmählich, das öffentliche Leben nimmt wieder Fahrt auf, es finden wieder die ein oder anderen Veranstaltungen statt. Da muss man halt ein bisschen sensibel sein. Aber ich denke mir, jetzt so noch die nächsten zwei, drei Wochenenden werde ich das noch mal probieren, um da mit interessanten Bieren an den Start zu gehen.

Holger: Wenn du losfährst, weißt du schon, zu wem du fährst oder geht das auch während der Tour? Also kann ich jetzt sagen …

Meinhard Wicht: Wenn mir jemand noch während der Tour zuruft und ich bin sozusagen auf dieser von mir auch in allen möglichen Kanälen kommunizierten Strecke noch nicht an ihm vorbeigerauscht, dann werde ich auch anhalten. Natürlich, das ist ja der Charme sozusagen, also das wird kein anderer Lieferservice so schaffen. Ich bin mit dem Cargo Bike auch ultrawendig. Das ist halt einfach so die Stärke, wo du sagst: Wenn mir jemand zuruft, ich sehe es auf dem Display und ich bin noch kurz vor ihm, natürlich halte ich an, klar. Bier her, gerne.

Holger: Wie lange planst du dann pro Stopp ein und woher weißt du, wie viel Leute dann da sind?

Meinhard Wicht: Das weiß ich nicht, das ergibt sich. Also ich hatte so letzte Woche eine wundersame Begegnung. Ich habe einen entfernten Stadtteil von uns so im Süden mit eingebunden mit der Extratour, hatte dann noch einen Wegpunkt generieren können in so einem Industriegebiet. Naja, weil das ist schon ein Stückchen zu fahren, du musst halt 12 Minuten stramm strampeln. Da waren dann noch Baustellen dazwischen. Ich war sehr reserviert, weil das eigentlich eine Gastronomie war, und wie gesagt, eigentlich möchte ich ja zu Gastronomen nicht fahren, ich möchte denen eigentlich nicht die Kraft nehmen. Aber der Gastronom stand freudig da, hatte eine ganze Stiege mit 0,3er-Seideln da, und ich fragte nur so ganz irritiert: Wie viel Bier darf’s denn sein? Ja, mach mal alle voll. Und so war‘s dann auch. Mehr oder weniger der gesamte Biergarten so mit knapp 25 Leuten wollten dann unbedingt ein Kona Brew aus Hawaii trinken und hatten sich alle tierisch gefreut. Der Wirt war auch angenehm und fand diese Aktion ziemlich gut. Ja, spannend einfach so, was dann passiert. Also das ganze System hat eine schöne Eigendynamik, ich weiß im Grunde nicht, auf was ich mich einlasse. Heute Abend gibt’s auch in der westlichen Ausrichtung einen Stopp, da sind 22 Personen avisiert. Naja, wenn es 30 sind, sind es 30, und wenn es nur 12 sind, sind es nur 12. Diese Freiheit nehme ich mir einfach und das kriegen wir dann mit dem Spaß quasi realisiert.

Markus: Aber auf jeden Fall eine coole Sache, also muss man wirklich sagen. Und scheint ja auch eben angenommen zu werden. Ich finde die Idee auch schön, also zu sagen, man hat da eine richtige gute Zapfanlage und kann einfach schönes frisches Bier den Leuten bringen und noch dazu eins, was sie eben so normalerweise nie kriegen, …

Meinhard Wicht: Genau.

Markus: … mit Erklärungen, mit Spaß. Ist sicherlich eine ganz, ganz klasse Sache. Vielleicht kannst du irgendwann noch upgraden auf ein Elektrorad oder so. Dann musst du nicht mehr ganz so viel strampeln.

Meinhard Wicht: Nein, muss gar nicht. Also das war ja bei dem Urgedanken ja schon die Geschichte. Natürlich könnte man sich jetzt so eine 50er Ape von Vespa nehmen oder ein bisschen was Größeres oder auch irgendeine Lokomotive. Bei uns im nahen Darmstadt gibt’s eine Brauerei, die hat so ein Autogefährt, Pickup oder was auch immer, deren Symbol die alte Rummel-Lok sozusagen simuliert, wo hinten dann auf dem Leitstand die Zapfanlage integriert ist. Aber mir war das alles von der Idee viel zu aufwendig. Ich wollte es simpel haben, ich wollte ein gefülltes Fass, ich wollte einen schönen Zapfhahn und ich wollte wendig sein. Wenn mir jemand zuruft „Hast ein Bier?“, „Ja, habe ich“. „Hast einen Becher?“, „Ja, habe ich auch“, und los geht’s. Also, sprich, so ein bisschen situationsabhängig da eben agieren zu können und nicht der Straßenverkehrsordnung. Natürlich schon der sozusagen unterliegen, aber im Zweifelsfall auch Fahrradwege, Abkürzungen und sonst was zu machen, um wirklich in so einem routenoptimierten Programm sich durch meine Heimatstadt Rüsselsheim zu schlängeln.

Holger: Großartig! Wer sich erinnert, also wer uns schon länger verfolgt und auch den Meinhard schon länger verfolgt, der weiß, dass der Meinhard so ähnliche Dinge auch schon in einer Straßenbahn gemacht hat.

Meinhard Wicht: Genau.

Holger: Das ist ja auch so super angekommen. Ich kann nur sagen, Meinhard, du weißt ja, ich bin auch ein großer Oldtimer-Fan und habe ja so einen kleinen alten Lastwagen. Wenn du mal Lust hast, ich komm zu dir und wir machen das mal mit dem Lastwagen. Also das würde auch gehen.

Meinhard Wicht: Ja natürlich, gerne, logisch. Ich sag mir immer so, Notsituationen wie diese jetzt aktuell, die muss man kreativ nutzen und muss einfach schauen, was kann man in so einer Situation machen? Das geht bei uns ja beide nicht, Holger, wir haben ja den ähnlich gelagerten Friseur, wir können keine Locken drehen, weil wir an der Bushaltestelle warten und uns Sorgen machen, sondern wir müssen das Schicksal in die Hand nehmen und müssen da eben ein Stückchen aktiver sein, eben unsere Kreativität ein Stück in Bahnen lenken.

Markus: Ich will ja eure Fleischmützen-Romantik nicht stören, aber ich glaube, wir müssen noch ein Bierchen aufmachen, oder?

Meinhard Wicht: Ja. Also ich habe mir als zweites Bier, weil ich den Markus, auch ein Namensvetter von dir, sehr, sehr schätze, weil er ein gestandenes Mannsbild ist. Trotz seiner jungen Jahre ist er in der Welt schon rumgekommen, strammer Oberbayer, der einfach so viel Herzblut in seine Biere reinbringt. Für mich immer wieder ein bisschen schwieriger zu bekommen, aber ich habe eben hier jetzt noch ein wunderbares Bier, es ist in der Korrelation auch eben eher ein Schankbier, weil auch hier eben nicht so viel, er sagt hier ein P10 mit 4,1 %. Also wer mich kennt, natürlich, ich mag auch ein Bier mit 12 % oder 13 % aus der belgischen Liga oder sonst woher. Aber ich finde Biere unter 4,5 % und viel Aroma eine wahnsinnig spannende Geschichte, weil wer selbst braut, weiß, das ist richtig knifflig, das ist richtig schwierig, da die Balance zu finden. Umso mehr freut es mich auch, dass dem Markus seine Hoppebräu einfach wunderbar ankommt, dass er momentan wirklich da im Tölzer Land einfach überfliegt sozusagen, zwischen dem Alpenpanorama und Tegernsee gelegen, einfach sich zu so einem kleinen Hero da aufhebt. Umso mehr freue ich mich einfach, heute hier die Wuide Hehna, ein obergäriges Schankbier mit euch trinken zu dürfen. Wie gesagt 4,1 %, er hat dort drin Citra, Magnum und Callista, hat ein Cara Hell und ein Pilsener Malz drin. Und ich freue mich jetzt schon, dieses Bier für euch zu öffnen.

Holger: Großartig! Ich habe jetzt nicht mitgezählt, aber sind es auch sieben Zutaten?

Meinhard Wicht: Nein, es sind nicht sieben Zutaten, es sind nur fünf, eben Pilsener Malz, Cara Hell, damit die ganze Kiste so ein bisschen schlanker bleibt. Und dann hat er ein Magnum, ein Citra und Callista noch drin.

Markus: Du kannst ja noch Wasser und Hefe dazuzählen, dann hast du auch wieder sieben.

Holger: Ja, du hast natürlich wieder vollkommen recht. Ja, Markus, du bist einfach so schlau, also das ist ja nicht auszuhalten. Und vielleicht kann ich noch kurz darauf hinweisen, dass wir ja auch eine Tour machen mit einem Oldtimerbus, auch zum Markus, …

Meinhard Wicht: Super!

Holger: … also zum Markus Hoppe in dem Fall. Also das, was der Meinhard da gerade angepriesen hat. Die Tour startet in München und wir besuchen Markus Hoppe und kriegen dann die Brauerei gezeigt, dürfen kulinarisch verwöhnt werden und genießen natürlich auch die Biere. Also wer dazu Lust hat, einfach unsere Seite besuchen, ist auch eine tolle Geschichte, auch gerne als Geschenk oder als Geburtstagsparty oder Jubiläum oder Hochzeitsfahrt, wie auch immer. So, Meinhard.

Meinhard Wicht: So, zum Bier.

Holger: Jetzt sag noch mal was zum Bier.

Meinhard Wicht: Ja. Also eine schöne weiße cremige Decke, also wunderschön feinporig. Wir haben ein leicht opalisierendes so strohgelb, nicht ganz so kräftig, und wenn wir reinriechen, kriegen wir halt schon wirklich so eine leichte Citrus-Nase mit raus. Und wenn wir es jetzt trinken, ja, wunderbar, die Bittere greift schon so ein bisschen auf der Zunge an. Wir haben ja den Magnum drin und dann spielt Citra und Callista ein wundersames Balancespiel auf der Zunge. Es fließt gut, es ist schön schlank gehalten, aber durch die sorgsame Auswahl der Hopfen und Dosierung macht es richtig Spaß auf der Zunge. Ich habe schon hinten so diesen klassischen Hopfenrand auf der frühen Trinkerzunge sozusagen, wir haben ja 10:30 Uhr, eher ungewöhnlich, dass man schon mit solchen Bieren liebäugelt, aber es macht einfach Spaß zum Trinken. Also ich denke mir einfach jetzt so, irgendwas ein bisschen schärfer Gegrilltes vom Barbecue-Herd, das ist dann genau die richtige Geschichte. Oder einen leichten Fisch nur mit einem Pfeffermantel macht bestimmt viel, viel Spaß hier den Sommer sozusagen einzuläuten.

Markus: Wenn man sich dann noch vor Augen führt die Zapferei, so heißt ja der Biergarten vom Markus Hoppe, und eben das Panorama dahinter mit Alpen und Kühen und blauem Himmel und Wolken und See, also das ist ja schon eine einzige Idylle, also ganz, ganz spannend. Und ist auch schön eigentlich, wenn wir so zwischen Hawaii und Oberbayern, das ist ja quasi beides so ein Ferientraumziel, hin und her schwanken. Aber ich glaube, Holger, wir sind jetzt langsam aber sicher am Ende unserer Zeit angelangt, oder?

Holger: Ja, leider, also leider, auch da hast du wieder mal recht. Es war mir ein Vergnügen mit euch, ja, so viele verschiedene Themen anzuschneiden. Wir haben ja kulinarisch fast alles berührt, was man im Thema Genuss berühren kann, und sind dann auch noch mal richtig ins Detail gegangen. Ich kann mich nur sehr bedanken für diesen schönen Morgen, den ihr beide mir bereitet habt. Macht’s gut!

Meinhard Wicht: Ja. Danke euch!

Markus: Ja, Prost, lieber Meinhard, Prost, lieber Holger, noch einen schönen Geburtstag. Und auf bald!

Meinhard Wicht: Auf bald!

Holger: Tschüss!

Meinhard Wicht: Tschüss!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle folgen unter www.biertalk.de.

BierTalk Spezial 11 – Interview mit Jonas Krebs von der Brauerei Buckskin aus Taipeh

Jonas Krebs aus Oelde startete seine Braumeister-Karriere erstmal in Südafrika, wo er bei der größten Craft-Brauerei Jack Black’s Brewing Company anheuerte. Nach zweieinhalb Jahren landete er beim Heimaturlaub in Franken und lernte bei einer Brauereibesichtigung Braumeister Georg Rittmayer kennen. Der war gerade dabei, als Berater einen Unternehmer aus Taiwan bei der Eröffung einer neuen Brauerei zu unterstützen. Da kam ein junger Braumeister mit Auslandserfahrung wie gerufen – und nun ist Jonas ein echter Star in dem kleinen Inselstaat und durfte auch schon bei internationalen Wettbewerben glänzen

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einem ganz besonderen BierTalk Special. Wir sind 10.000 Kilometer gereist, fast ans andere Ende der Welt, und sind in Taipeh gelandet, das ist die Hauptstadt von Taiwan. Und dort gibt es einen deutschen Brauer, den Jonas, der sich gleich vorstellen wird. Vorher noch, wir sind natürlich auch immer dabei, ich, der Markus, und …

Holger: … der Holger.

Markus: Wie gesagt, wir springen jetzt mal über einen ganzen Kontinent und mehrere Ozeane und begrüßen den lieben Jonas. Magst du ein bisschen was zu dir selber sagen?

Jonas Krebs: Hallo erst mal in die Runde! Mein Name ist Jonas Krebs, ich bin 25 Jahre alt und bin der Braumeister von der Buckskin Brauerei hier in Taiwan. Ich bin jetzt seit über zwei Jahren hier in Taiwan ansässig, wir haben eine Brauerei eröffnet, und mit der Mithilfe von den Beratungen von dem Georg Rittmayer, wo wir hier in Taiwan ausschließlich deutsche Bierstile herstellen und somit in den Markt eingebracht haben, und das jetzt, Stand nach zwei Jahren, sehr, sehr erfolgreich. Wir haben zwei Brauereien, eine Versuchsanlage von 5 Hektoliter und eine 50 Hektoliter-Produktionsanlage, mit der wir eine Gesamtkapazität von circa 100.000 Hektoliter erwarten. Und nach dem ersten abgeschlossenen Jahr sind wir bereits schon bei über 30.000 Hektoliter gelandet.

Markus: Das ist schon eine ordentliche Zahl. Da müssen wir in Franken lange suchen, bis wir eine Brauerei finden, die den Ausstoß hat, und vor allem nach einem Jahr hat. Krasse Sache! Werden wir gleich noch ein bisschen mehr drüber reden. Holger, was sagst du? Taiwan, sagt dir das was?

Holger: Ja, ich war auch in meinem Leben schon einmal in Taiwan. Damals aber nicht im Zusammenhang mit dem Thema Bier, macht aber nichts. Aber das, was ich in Erinnerung habe biertechnisch, ist einfach International Lager. Also mehr kenne ich da gar nicht.

Jonas Krebs: Ja, das hat sich jetzt, ich weiß nicht, wann Du hier in Taiwan warst, wann war das ungefähr?

Holger: Ich glaube, das war 2011.

Jonas Krebs: Ah okay! In den letzten Jahren hat sich der Markt doch schon geändert. Taiwan hat ja erst das legale Bierbrauen 2002 zugelassen, davor war es ja illegal, Bier hier in Taiwan zu brauen, außer von der Staatsbrauerei. Somit hat sich dann auch in den letzten Jahren die handwerkliche Braukunst hier erst entwickelt. Also durch die großen Biere oder durch die Staatsbrauerei war halt dieses Internationale Lager sehr, sehr weit verbreitet, ist es auch immer noch. Jetzt in den letzten Jahren ist auf jeden Fall durch, ich sag mal, Craftbier oder handwerklich gebraute Biere Neues in den Markt mit reingekommen.

Markus: Da sind wir jetzt mal sehr gespannt, was du dir für ein Bierchen ausgesucht hast. Vielleicht fangen wir doch mit dir mal an.

Jonas Krebs: Ich habe mir ein Bier aus meiner Heimat ausgesucht, ich komme ja ursprünglich aus Oelde. Was wir im Sortiment haben, ist das Dortmunder Export. Oelde ist relativ nahe an Dortmund, das sind nur 70, 80 Kilometer. Als allererstes Bier habe ich mir ein Dortmunder Export ausgesucht.

Markus: Aber aus deiner Brauerei, oder?

Jonas Krebs: Klar, aus meiner Brauerei.

Markus: Na dann, hören wir mal zu, wie das reinläuft.

Jonas Krebs: Okay!

Markus: Und ich muss sagen, ich habe mich gut vorbereitet, werde an dieser Stelle gleich mitmachen. Ich habe nämlich auch eine Dose Dortmunder Export aus deiner Brauerei.

Jonas Krebs: Ah okay!

Markus: Können wir jetzt quasi zeitgleich auf demselben Planeten trinken. Holger, du hast das auch schon probiert, als wir uns mal getroffen haben, aber das ist schon ein bisschen her.

Holger: Ich weiß schon, in der Altdeutschen Stube im Schlenkerla, oder?

Markus: Richtig, genau! Da hatte ich die Buckskin Biere dabei. Musst du dich jetzt erinnern, ich mache auch mal auf.

Holger: Boah! Das hat sich richtig toll angehört.

Jonas Krebs: Um ein bisschen was zum Dortmunder Export zu erklären. Das Dortmunder Export ist jetzt relativ neu in unser Sortiment mit reingekommen. Was halt außergewöhnlich ist, ist wirklich die Farbe. Die Farbe, wenn man es direkt ins Glas gießt, es ist ein sehr, sehr dunkles Gold, was mehr sogar in den Orangeton mit reingeht. Sehr, sehr feinporiger Schaum. Jetzt vom Geschmacklichen ist es eine sehr, sehr leichte Süße, gute Vollmundigkeit und ein leichtes Durchklingen vom Hopfen, was so ein bisschen Citra- und Mandarinen-Aromen mit durchbringt.

Markus: Kann ich nur bestätigen. Was mich sofort wirklich in den Bann gezogen hat, ist die Farbe. Das ist wirklich so ein Braungold, viel dunkler, als man normalerweise so ein Export erwarten würde. Und in der Nase richtig schöne Hopfennoten, wo auch diese Citrus-Töne schön rüberkommen. Holger, machen wir dir jetzt den Mund zu wässrig? Dann darfst du sonst auch schon loslegen.

Holger: Mir war ja klar, ich kann gegen euch nicht anstinken. Und ich habe dann gedacht: Na ja, was machst du jetzt eigentlich? Ich habe mich einfach für ein Hauptstadt-Bier entschieden.

Markus: Von welcher Hauptstadt?

Holger: Ja, unsere natürlich.

Markus: Naja, man könnte sagen, es gibt die Bierhauptstadt, dann wäre es ein Bamberger Bier. Es gibt die bayerische Hauptstadt, dann wäre es ein Münchner Bier. Es gibt die deutsche Hauptstadt, dann wäre es ein Berliner Bier.

Holger: Nein, nein. Ich habe mich für ein Berliner Bier entschieden. Einfach, wir sind ja jetzt in Taipeh und dann einfach, bei uns ist dann ja Berlin die Hauptstadt und deshalb habe ich dann einfach gedacht: Ich nehme mal ein Bier von BRLO. Weil BRLO hatten wir überhaupt noch nicht, und haben wir zwar mal erwähnt zum Thema, wie sind die jetzt auch gebeutelt durch Corona und so ganz kurz, aber über die Biere haben wir noch gar nicht gesprochen. Und BRLO finde ich, ist erwähnenswert, und deshalb habe ich mich für ein BRLO Pale Ale entschieden.

Markus: Na, dann darfst du das auch schon aufmachen, würde ich sagen, oder Jonas?

Holger: Habe Dank, vielen Dank!

Jonas Krebs: Ja, das auf jeden Fall. Ja.

Markus: Schön ist auch die Bittere, finde ich, von dem Export. Also es ist hinten raus wirklich dann eine kräftige Bittere, die schön den Mund wieder aufräumt und auch richtig Lust macht, den nächsten Schluck zu nehmen. Sehr schönes Bier. Wie kommt es denn in Taiwan an? Ist das euer Topseller-Bier oder eher noch so eine Nische?

Jonas Krebs: Es ist momentan noch eine Nische. Also wie schon gesagt, es ist relativ neu in den Markt gekommen, es ist auch nur speziell für, wir haben hier verschiedene Projekte, also es ist speziell für eine Marktkette ausgewählt. Dort kommt es sehr, sehr gut an, ist aber bei weitem noch nicht unter Bestseller. Unser Bestseller ist nach wie vor unser Hefeweizen, was er sehr, sehr gut ankommt, was auch maßgeblich die Fruchtigkeit, die eben halt in diesem tropischen Land, gerade wenn es ein bisschen wärmer jetzt im Sommer wird und mit der hohen Luftfeuchtigkeit, was einfach sehr, sehr erfrischend wirkt.

Markus: Was, glaube ich, die Leute am allermeisten interessiert, ist, was passieren muss, damit jemand wie du aus Deutschland nach Taiwan geht und dort eine Brauerei mit aufmacht? Das ist sicherlich eine spannende Geschichte, denken wir zumindest. Ist dem so?

Jonas Krebs: Ja, es ist eine sehr, sehr Geschichte. Um jetzt mal ganz am Anfang anzufangen, wo ich jetzt in meiner ganz, ganz jungen Karriere noch, nach meiner Brauerschule habe ich meinen Meister gemacht, und danach bin ich dann als allererstes für zweieinhalb Jahre nach Südafrika, nach Kapstadt gegangen. Und als ich dann zu Besuch oder zum Urlaub in Deutschland war, mache ich eigentlich generell immer mindestens drei bis fünf Tage Urlaub in Bamberg oder im Frankenland. Was dann sehr, sehr interessant und sehr, sehr glücklich auch war, ist, dort bin ich auf eine Person gestoßen, den Herrn Georg Rittmayer, weil ich da die Brauerei mir angeguckt habe, einfach Brauerei besichtigt, ein paar Biere verkostet habe. Und so sind wir ins Gespräch gekommen. Und der Herr Rittmayer ist schon Berater für die Buckskin Brauerei und hat dieses ganze Konzept gestartet. Dann ist das eine zum anderen gekommen und somit hatten wir ein sehr, sehr interessantes Gespräch. Er hatte dann auch gefragt, ob ich nicht Interesse hätte, nach Taiwan zu kommen und dieses interessante Projekt zu starten. Ja, da konnte ich natürlich auf jeden Fall nicht Nein sagen. Also ein paar Monate später war ich dann das allererste Mal in Thailand, wo dann die Inbetriebnahmen angefangen haben. Das Land hat mir so super gefallen, das Konzept Buckskin, das Projekt hier sehr, sehr viel versprechend. Und dann haben wir zusammen mit dem Eigentümer von der Brauerei hier den Vertrag unterschrieben und ein paar Monate später bin ich dann von Kapstadt nach Taipeh gezogen. Und bin jetzt auch hier schon seit zwei Jahren.

Markus: Eine krasse Geschichte. Dazu muss man vielleicht noch sagen, dass ja auch die Ursprungsgeschichte sehr witzig ist. Dass ja der Eigentümer von Buckskin vor Jahren auch eine sehr erfolgreiche Whisky-Destillerie ins Leben gerufen hat und der Georg Rittmayer ja im Whisky-Club ist, und darüber diese Verbindung entstanden ist. Das finde ich total spannend, wie so alkoholische Getränke Leute auf dem ganzen Planeten irgendwie zusammenbringen und am Schluss zu einer neuen Brauerei in einem ganz fernen Land führen können.

Jonas Krebs: Da sieht man auch natürlich, wie klein einfach die Industrie ist, gerade die Brauerindustrie ja sowieso, jeder kennt fast jeden. Und dann so in der Whisky-Industrie ist es ja dann auch nicht ganz so weit.

Markus: Das stimmt. Hast du noch andere Deutsche in Taiwan, mit denen du dich da regelmäßig triffst? Oder bist du so ein bisschen auf dich allein gestellt?

Jonas Krebs: Nein, also jetzt über die Zeit hat man doch schon Freunde kennengelernt, teilweise deutsch, aber auch teilweise Deutsche, die aus den USA oder aus Südafrika oder lokale Leute hier. Was sehr, sehr interessant hier in Taiwan ist, die Leute sind sehr, sehr offen, sehr, sehr freundlich und die kommen auf einen zu. Das heißt, es ist eigentlich relativ unproblematisch, hier neue Kontakte zu knüpfen, weil es einfach so ein sehr, sehr offenes Land ist.

Markus: Holger, wie hast du denn Taiwan erlebt, als du dort warst?

Holger: Überhaupt sind ja die Asiaten einfach so ein sehr freundliches Volk und viel Gastfreundschaft ist mir da begegnet. Ich habe das als wahnsinnig abwechslungsreich erlebt. Also ich hatte damals nicht wirklich viel Zeit, ich war dann eben im Zentrum von Taipeh, das ist ja so eine richtige Metropole, das kann man gar nicht anders sagen, also riesig. Ebenso auch landschaftliche Reize, ich bin ja so ein großer Berge-Fan, und da gibt’s dann sogar auch Berge, da kann man viel erleben. Es ist auch noch mal ein bisschen anders als China insgesamt. Also ist ein Inselstaat und ich habe mich da mit schweren Nutzfahrzeugen beschäftigen dürfen und natürlich da auch die ganzen asiatischen Wettbewerber, die man hier auch überhaupt nicht kennt. Teilweise dann auch die Hersteller, die aber auch riesig groß sind und so. Das hat mich beeindruckt, überhaupt Asien, finde ich ein wahnsinniges Gebiet. Und was mir allerdings überhaupt nicht gefallen hat, ist einfach das Klima. Ich bin ja so jemand, der nicht unbedingt die Wärme und Hitze schätzt, und wenn dazu dann noch diese unglaubliche Luftfeuchtigkeit dazukommt, dann ist das für mich nicht angenehm. Das hat mir so ein bisschen alles verleidet. Aber das Land als solches und auch die Bevölkerung, das war großartig.

Jonas Krebs: Die Luftfeuchtigkeit, das ist, glaube ich, mit die größte Umstellung. Ganz so anfangs, gerade in der Sommerzeit, wenn es dann draußen über 30 Grad sind und dann noch 80 % oder plus 80 % Luftfeuchtigkeit, das ist schon wirklich sehr, sehr hart zu Anfang, aber man gewöhnt sich mit der Zeit dran. Ist dann wirklich, wenn man dann ein- oder zweimal nach Deutschland kommt, dann denkt man auch wirklich, oh, die Luftfeuchtigkeit ist hier aber sehr, sehr gering. Man gewöhnt sich, wie gesagt, mit der Zeit wirklich an die Luftfeuchtigkeit, aber die ersten, ich sag mal so, zwei, drei Monate waren doch schon eine sehr, sehr große Umstellung, das auf jeden Fall.

Markus: Und wie schaut’s mit der Bierlandschaft in Taiwan aus? Also gibt’s da neben der großen Brauerei und deiner Brauerei auch eine Craftbier-Szene oder sowas?

Jonas Krebs: Das ist alles momentan im Wachstum hier in Taiwan, die handwerklich gebrauten Biere. Es gibt jetzt grob geschätzt so um die 50 Craftbier-Brauereien hier in Taiwan. Die meisten beschäftigen sich dann wirklich mit American Pale Ales, IPAs oder belgische Biersorten sind hier auch stark vertreten von der Craftbier-Industrie. Wir waren jetzt so die ersten, die wirklich auf deutsche handwerkliche Braukunst aufgesprungen sind, auch sehr, sehr erfolgreich. Die ganze Craftbier-Industrie, die entwickelt sich noch. Also es ist jetzt bei weitem noch nicht sehr, sehr stark vertreten, wir sprechen jetzt hier von ungefähr 1 bis 2 % von der Craftbier-Industrie. Also der Hauptanteil liegt wirklich noch bei der Staatsbrauerei oder bei importierten Bieren. Ich denke mal, dass sich das in den nächsten Jahren auf jeden Fall noch entwickeln wird, weil der Kunde auf jeden Fall sehr, sehr interessiert ist. Die einzige Frage wird halt sein, okay, jetzt gerade die Phase mit dem Coronavirus, das ist natürlich eine sehr, sehr schlimme Phase, gerade für den Aufschwung dann auch, gerade wenn sich dann noch die Industrie entwickelt.

Markus: Bei uns hört man ja, dass in Taiwan die Einschränkungen eigentlich fast gar keine sind oder wenig. Wie ist das denn vor Ort? Also wie war das oder wie ist das bei euch?

Jonas Krebs: Taiwan hat sich sehr, sehr gut verhalten. Also Taiwan selber hat ja sehr, sehr früh reagiert, als das Virus ausgebrochen ist. Wir hatten ja schon die ersten Einschränkungen nach dem chinesischen neuen Jahr. Das heißt, Anfang Februar, da waren schon Reiseeinschränkungen aus gewissen Ländern als Maßnahme. Somit hat sich die Ausbreitung des Virus, also wir haben jetzt hier ungefähr knapp unter 500 Verdachtsfälle. Man merkt‘s schon auf jeden Fall, also gerade jetzt in Sachen Keg-Business oder was in Taiwan auch sehr, sehr populär ist, wenn man in ein Restaurant geht, bestellen sich die meisten lokalen Leute große Flaschen, das heißt 600-Milliliter-Flaschen. Das heißt, auch dieser Markt von den großen Flaschen ist enorm zurückgegangen. Wir haben hier jetzt keine Beschränkungen, wo man überhaupt gar nicht rausgehen darf.

Markus: Ist die Gastronomie offen oder zu?

Jonas Krebs: Die Gastronomie ist offen, das nach wie vor, aber definitiv prozentual gesunken. Es gehen jetzt nicht mehr ganz so viele Leute aus wie vorher.

Markus: Lass uns doch den Holger mal ganz kurz fragen, wie es ihm mit seinem Pale Ale geht? Ist noch was davon da?

Holger: Ich habe immer noch was. Also ich höre euch ja gespannt zu, weil das ist sehr interessant, mal zu hören, der einen Livebericht abgibt. Also im Prinzip ganz klassisches Pale Ale auch mit den Hopfensorten, die da so reingehören, also Cascade und Citra und Centennial, und danach kommen dann auch ganz klar so tropische Früchte, ein bisschen Grapefruit, Mango, Maracuja. Und mir schmeckt das gut. Ich habe erst überlegt, ob ich ein alkoholfreies von BRLO Naked nehmen soll, weil das auch richtig toll ist. Aber hier ist irgendwie, war es alles so verregnet, da habe ich gedacht, so ein schönes fruchtiges Bier ist genau das Richtige, um dem entgegen zu stehen.

Markus: Sag mal, Jonas, in Taiwan wirst du wahrscheinlich so Pale Ale weniger brauen können. Aber hast du sowas in Südafrika gemacht?

Jonas Krebs: In Südafrika haben wir uns doch mehr auf American Pale Ales und IPAs fokussiert, als auch International Lagers, weil Südafrika war zu der Zeit dann auch noch in der Situation, also die Craftbier-Industrie hat sich dort stark entwickelt und dann kam ja der Zeitpunkt, als ABI SAB aufgekauft hat. Und somit sind dann auch andere Partner wie Heineken, Heineken hat ja viele Craftbier-Brauereien in Südafrika zu der Zeit dann auch aufgekauft, also groß-, mittelständisch, das hat sich jetzt momentan, wie ich das momentan jetzt noch verfolge, nicht so positiv auf jeden Fall für den Markt entwickelt.

Markus: In was für einer Brauerei warst du da?

Jonas Krebs: Jack Black’s Brewing Company. Das war zu dem Zeitpunkt dann auch noch die größte Craftbier-Brauerei in Südafrika. Wir haben jetzt knapp über 22.000 Hektoliter dort gemacht und diese wurde dann jetzt auch zu Heineken verkauft.

Markus: Wenn man jetzt in Taiwan zum Beispiel so ein Export oder so ein Hefeweizen kauft, was würde das jetzt für einen Deutschen kosten und wie viel kostet das für einen Taiwaner?

Jonas Krebs: Generell ist Alkohol hier in Taiwan ein bisschen preiserhöht. Das meiste Bier, das geht irgendwie so in den Convenience Stores hier, sowas wie 7-Eleven, FamilyMart. Und wir sprechen jetzt hier von knappen 60 NTD, Taiwan-Dollar. Das wären umgerechnet zwischen 1,70 und 2 Euro.

Markus: Also schon ein relativ stolzer Preis.

Jonas Krebs: Genau!

Markus: Was kosten so die Industriebiere?

Jonas Krebs: Die Industriebiere sind auch relativ hoch angesetzt, also wir sprechen da auch zwischen 1,30 bis 1,50 Euro für die Dose. Gerade wenn es dann in die Bars geht, da zahlt man doch schon gut und gerne für einen halben Liter so um die 6 bis 7 Euro.

Markus: Wie trinken die Taiwaner ihr Bier? Also ist das auch so ähnlich wie bei uns, dass man so nach der Arbeit so ein Fläschchen aufmacht? Oder wird das eher zelebriert oder ist das was, was mit Wein und Schnaps zusammen passiert? Wie müssen wir uns das vorstellen?

Jonas Krebs: Hier in Taiwan, was wirklich sehr, sehr stark ist, ist das Zusammensein für Essen. Man geht halt abends immer oder die meisten Leute gehen abends aus zum Essen gehen, weil es billiger ist. Jetzt im Restaurant etwas zu essen, jetzt gerade für die einzelne Person oder für zwei Personen ist es meist immer günstiger, auswärts zu essen, als wenn man jetzt selber für sich kocht. Wenn man dann in die Restaurants geht, Keg Bier ist dort nicht so stark vertreten. Es ist eher, dass sie sich wirklich in deutsche große Flaschen, das heißt, 600-Milliliter-Flaschen bestellen und diese dann in sehr, sehr kleinen Gläsern zusammen trinken.

Markus: Wie ist es für dich, wie kommst du da so an? Bist du da eine besondere Erscheinung, wenn du durch die Straße läufst? Du bist ja auch ein großer blonder Junge sozusagen. Ich war ja auch schon dort, und das ist ja doch ein deutlich anderes Erscheinungsbild. Wie fühlt man sich da so? Wie lebt sich’s?

Jonas Krebs: Man wird öfters mal angesprochen, die Familie hatte mich auch besucht so und meine Cousins, die sind auch relativ groß. Und da wurden wir dann auch an den Zugstationen angesprochen, ob wir nicht ein Foto zusammen machen können, weil einfach die Größe und weil sie sowas generell nicht kennen. Man wird sehr, sehr herzhaft angenommen. Und es ist halt immer so ein bisschen was Besonderes, gerade wenn man dann unter lokalen Personen zusammen ist.

Markus: Wollen wir zu deinem zweiten Bier schreiten.

Jonas Krebs: Ich bin mal gespannt, ob wir auch wieder das gleiche Bier zusammen haben. Aber diesmal habe ich ein Bier gewählt, wo wir sehr, sehr erfolgreich letztes Jahr bei den World Beer Awards waren. Vielleicht hattest …

Markus: Alt?

Jonas Krebs: … du das auch schon, hier in Taiwan war es natürlich, als du hier das Event gehalten hast, die Master Class, du hast das ja auch mit Sicherheit probiert, das Altbier, genau, …

Markus: Ja.

Jonas Krebs: … wo wir beim WBA ja als bestes Altbier weltweit 2019 abgeschlossen haben, wo wir sehr, sehr stolz darauf sind. Das habe ich als zweites Bier gewählt.

Holger: Zum Glück bin ich kein Rheinländer, sondern Ruhrgebietler, das ist noch mal ein ganz deutlicher Unterschied. Ich bin Duisburger, und da ist natürlich Altbier auch immer Thema gewesen. Also zu der Zeit, wo ich angefangen habe, Bier zu trinken, waren bei uns in Duisburg zwei Marken absolut bestimmend, eben König Pilsener und Diebels Alt. Dann hat man sich halt irgendwie da festlegen müssen, also bist du Malz-Aromatiker oder bist du Hopfen-Aromatiker. Aber wir hatten jetzt letztens noch einen BierTalk, wo ich auch noch mal das Thema Altbier so mit reingebracht habe, weil ich einfach schade finde, dass dieser Bierstil so wenig Beachtung findet. Da wird wenig mit gemacht, wenig experimentiert und so. Das ist schön, dass du jetzt auch noch mal ein Altbier so mit reinbringst, weil das ist quasi nur noch in der Region, also im Düsseldorfer Raum, am Niederrhein noch verbreitet, und ansonsten trifft man Altbiere fast nirgendwo mehr an.

Markus: Ich war ja in London bei den World Beer Awards auch in der Jury dabei und muss wirklich sagen, es hat mich dann, als es dann verkündet wurde, auch unheimlich gefreut und auch begeistert. Und insgesamt kann man sagen, dass mittlerweile mehrere Brauereien aus dem asiatischen Raum echt qualitativ ganz hochwertige Biere machen und viele Preise abgeräumt haben. Wobei es bei euch halt einfach was Besonderes ist, weil ihr ja auch so ganz neu seid und eben auch nicht nur bei den World Beer Awards gewonnen habt, sondern auch beim European Beer Star. Was ja von der Hürde her noch mal ein bisschen höher vielleicht hängt, gerade bei den deutschen Bierstilen. Das ist schon großartig. Also du warst ja auch dabei beim European Beer Star letztes Jahr, wie ist das überhaupt so, wenn man so als taiwanesischer Brauer dann mit den Deutschen ins Gespräch kommt? Wie reagieren die so, finden die das cool oder sind die ein bisschen skeptisch? Wie hast du dich da gefühlt?

Jonas Krebs: Generell war es eine sehr, sehr schöne Erfahrung, und das war mein allererstes Mal als Beerjudge bei einer internationalen Competition. Beim European Beer Star, also gerade, da waren ja sehr, sehr viele Biere dabei, ich glaube, das war ja jetzt dieses Jahr wieder eine Rekordzahl an Bieren, die eingeschickt wurden. Und diese Vielfalt mit den Leuten, dass einfach so viele verschiedene Leute aus unterschiedlichen Ländern kommen und somit einfach die Erfahrungen miteinander teilen, die Biere wirklich beschreiben und somit dann auch auswerten, was in den meisten Fällen von unserer Seite aus sehr, sehr schwierig war, gerade wenn sie in die Finalrunden kommen, weil es einfach so viele gute Biere auf dem Markt gibt oder mit eingeschickt wurden, als es dann zu den Finalrunden kam, wo wirklich einfach die kleinsten Qualitätsansprüche schon den Unterschied gemacht haben. Generell der Austausch zu anderen Brauern aus der Welt ist natürlich immer sehr, sehr interessant, gerade einfach zu sehen, wie unterschiedlich die Kontinente zueinander sind.

Holger: Ich hätte auch noch mal eine Frage, Jonas. Wie ist denn das eigentlich mit Bierfestivals? Gibt’s sowas auch schon jetzt in Taiwan? Also, dass man so wie wir das jetzt kennen, so Craftbier-Feste hat oder auch so, was weiß ich, Oktoberfest Revival oder sowas? Findet das statt oder hat man das gar nicht?

Jonas Krebs: Craftbier-Feste finden hier schon statt, also es gibt kleinere Craftbier-Feste. Wir müssen ja immer noch uns im Auge behalten, dass Taiwan jetzt die Hälfte an Landesfläche von Bayern hat, also ist ein sehr, sehr kleines Land, aber gewisse Craftbier-Feste gibt’s schon. Wir haben jetzt auch zum Beispiel selber, weil wir versuchen jetzt auch, einfach so als Buckskin und mit anderen Brauern zu kommunizieren, wie wir auch beim European Beer Star, dort haben ja auch noch zwei weitere taiwanesische Brauereien gewonnen, wir versuchen einfach mal jetzt so ein Zusammenfinden in der Biergemeinschaft auf zu leben, das ist schon wichtig. Und gerade durch Craftbier-Feste, wir haben zum Beispiel ein Oktoberfest von unserer Brauerei aus in unseren Bierhäusern gehalten, mit Oktoberfest-Bier, was wir speziell für dieses Event hergestellt haben hier in unserer Pilotanlage. Also sowas gibt’s schon, aber es ist noch sehr, sehr wenig, und das versuchen wir jetzt auch ein bisschen mehr zu fördern. Und mal schauen, wie es dann auch mit größeren Craftbier-Festivals hier in Taiwan in der Zukunft dann sein wird.

Holger: Dann gibt es ja Brauereien, also ich denke da jetzt zum Beispiel an BrewDog oder auch an Mikkeller, die haben ja in den Metropolen der Welt überall so Bars. Und sind die auch schon in Taiwan angekommen?

Jonas Krebs: Zum gewissen Teil schon, also wir haben jetzt auch zwei Bars mit unseren Bieren aufgemacht in Taipeh, wo wir insgesamt über 12 verschiedene Biere anbieten. Aber die ganzen Craftbier Bars, also wo auch wirklich Biere importiert werden, in Fassbieren importiert wird, die gibt’s hier schon. Die sind auch sehr, sehr erfolgreich, gerade jetzt vielleicht nicht zu dieser Zeit, aber generell sind einfach die Leute sehr, sehr neugierig, um verschiedene Sachen, was man einfach mit Bier anstellen kann, zu erschmecken.

Holger: Die Preise, die ihr jetzt erlangt habt, haben die eine Bedeutung für die Leute? Also schaut man da richtig nach, also dass man merkt, dass die Leute sich danach entscheiden? Also so, dass man sagt, boah, hier World Beer Award oder was weiß ich, Asian Beer Award, gibt’s sicher auch sowas, dass das so einen Boost gibt auch im Absatz?

Jonas Krebs: Die Qualitätsansprüche sind sehr, sehr hoch. Als ausschlaggebender Punkt sind dann wirklich Awarde, die einfach durch verschiedene internationale Veranstaltungen erlangt wurden. Die sind dann auch wirklich ausschlaggebend, damit der Kunde mehr Geld zahlt und dieses Produkt dann konsumiert.

Holger: Was mich jetzt noch unbedingt interessiert: Wie heißt Hefeweizen auf Chinesisch?

Jonas Krebs: Hefeweizen heißt xiǎomài píjiǔ, xiǎomài ist das Weizen, píjiǔ ist Bier.

Markus: Das heißt, dein Chinesisch ist mittlerweile besser geworden?

Jonas Krebs: Ja, es ist immer noch sehr, sehr schwer, aber ich versuche oder ich gebe mein Bestes auf jeden Fall, wirklich ein bisschen mehr mein Chinesisch aufzubessern. Vielleicht das nächste Mal können wir ja gerne Chinesisch miteinander sprechen, Markus.

Markus: Ich kann es halt nicht, aber das ist dann kein Thema. Da würde ich fast sagen, weil wir jetzt auch ein bisschen am Ende unserer Zeit angelangt sind, vielleicht magst du dich mal auf Chinesisch von unseren Zuhörern verabschieden und dann können der Holger und ich auch noch winken. Oder hattest du vorher noch eine Frage oder wolltest du, Jonas, noch irgendwas?

Jonas Krebs: Erst mal bedanke ich mich recht herzlich für die Einladung, dass wir diesen Podcast machen dürfen. Es freut mich sehr, es freut mich auch wirklich, dass ihr die Brauindustrie so weit unterhaltet. Ich wollte eigentlich nur mich bedanken und euch alles Gute wünschen und hoffentlich bald bei Bierveranstaltungen mal wieder zu sehen.

Holger: Dann zài jiàn!

Jonas Krebs: Ja, zài jiàn.

Markus: Ja.

Holger: Wenn wir schon vorher nicht nĭ hăo gesagt haben, müssen wir jetzt wenigstens zài jiàn sagen.

Markus: Da bin ich jetzt raus und sag einfach noch mal: Prost! Auf dass wir bald wieder ein schönes Bierchen zusammen trinken können. Mach’s gut und wir bleiben in Verbindung.

Holger: Alles Gute für dich, Jonas!

Jonas Krebs: Okay!

Holger: Super, Dankeschön!

Jonas Krebs: Alles klar, Dankeschön! Ciao!

Holger: Tschüss!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 10 – Interview 1 mit Frank Boon von der Brouwerij Boon in Lembeek

Frank Boon wuchs als Kind in einer belgischen Familienbrauerei im Norden Brüssels auf, die allerdings schließen musste, bevor er sich Gedanken über seine Zukunft machen konnte. Dafür freundete er sich mit einem alten Geuze-Meister an, Joseph De Vits und übernahm schließlich seine kleine Lambic-Brauerei in Lembeek, dem Ursprungsort dieser Bierspezialität. Aus dem Mini-Betrieb machte er die Vorzeigebrauerei des Landes und steht nun selbst kurz vor der Übergabe an seine zwei Söhne. Außerdem ist Frank Boon Großmeister der Ritterschaft „van de Roerstok der Brouwers“, der Vereinigung der belgischen Brauer. Im BierTalk mit Markus Raupach und Holger Hahn spricht er über seine Geschichte und die vielen Besonderheiten der belgischen Bierkultur, lassen Sie sich überraschen…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute haben wir ein neues Special, und zwar gehen wir wieder ins Ausland, nach Belgien, zu einem ganz besonderen Ort, zu einem ganz besonderen Menschen. Wir gehen nach Lembeek, dort, wo die Geburtsstunde eines der wichtigsten Bierstile der Welt, des Lambic-Bierstiles steht, nämlich der Ort Lembeek, und wir treffen Frank Boon, der dort letzten Endes eine Brauerei aufgebaut hat, die weltweit für das Thema Lambic steht. Am Mikrofon wie immer ich, der Markus und …

Holger: … der Holger …

Markus: … und eben unser Frank. Wenn du dich kurz unseren Hörern vorstellen würdest?

Frank Boon: Hallo, ich bin Frank Boon, wie gesagt, der Brauer von Lambic-Bieren in Lembeek in Belgien. Ich habe die Brauerei Boon, ich habe damit angefangen in 1975 vor 45 Jahren. Seitdem habe ich immer Lambic-Bier produziert, das heißt Geuze, Kriek und Framboise, das sind Kirschen- und Himbeeren-Biere. In diesem Jahr ist mein letztes Jahr, im nächsten Jahr sind meine zwei Söhne in der Brauerei.

Markus: Also ein echtes Familienunternehmen. Das ist ja sehr, sehr schön. Vielleicht für die Hörer, die jetzt noch gar keine Verbindung haben: Was ist der Unterschied zwischen einem Pils und einem Lambic-Bier? Was kann man sich da vorstellen?

Frank Boon: Wie gesagt, gibt es verschiedene Biersorten in der Welt, untergärige wie Pilsner Biere oder Helles, und dann obergärige, englisches Pale Ale. Und dann gibt es eine Sorte am meisten in Belgien, das sind die Biere von spontan gegärten Bieren. Dabei soll man keine Reinhefe zusetzen, nur wilde Hefen, die man von der Umgebung der Brauerei bekommt. Lambic ist ein spontan gegärtes Bier, es reift für viele Jahre. Pilsner Bier kann man in einigen Tagen oder Wochen herstellen, aber für Lambic, vor allem gute Geuze, braucht man verschiedene Jahre.

Markus: Und diese speziellen Hefen kommen bei euch in der Gegend vor? Ist das so?

Frank Boon: Ja. Bei uns findet man diese wilde Hefe in der Luft, in der Umgebung der Brauerei. Es gibt wilde Hefe überall auf der Welt, aber nicht alle wilde Hefen sind okay für Bierproduktion. In dieser Gegend hat man das immer so gemacht, und damit kann man ganz besondere Biere herstellen.

Markus: Auf jeden Fall. Das weiß der Holger, denke ich, auch. Holger, du bist ein Freund vom Pils und ein Freund von Lambic. Wie würdest du es schildern, wenn jetzt jemand fragt: Was magst du lieber und was ist für dich so der Geschmacksunterschied?

Holger: Habe ich heute schon machen müssen, weil ich ja gerade hier in einer Lkw-Werkstatt der MAN bin in Garmisch-Partenkirchen, also ganz im südlichsten Zipfel Deutschlands, mit Blick auf die Zugspitze, also dem höchsten Berg Deutschlands. Naja, und dann bin ich hier rein und habe erklärt, was wir da heute machen. Dann habe ich gesagt, da ist ein ganz berühmter Mann, der Inhaber der Boon-Brauerei. Und dann haben die gefragt: Was machen die für Biere? Ja, belgische Biere. Ah ja, das sind ja diese Frucht-Biere. Und dann sage ich: Ja, das sind auch die Frucht-Biere, aber da gibt es auch was, das nennt man Geuze. Dann haben die gesagt: Ja, wie ist das denn und so? Dann hatte ich auch eine Flasche, habe ich extra eine Flasche gezeigt, und habe dann gesagt: Wenn wir die jetzt hier einfach aufmachen und die dann in ein normales Glas geben und ich lasse euch einfach trinken, dann ist das eine Überraschung für euch. Also das schmeckt anders als ein Helles. Aber wie schmeckt das denn und so? Dann habe ich gesagt: Man muss sich das eher so vorstellen wie ein komplexer Champagner als jetzt ein helles bayerisches Bier. Die beiden waren dann total begeistert. Dann habe ich noch gesagt: Schaut mal her, da steht jetzt hier 2016 drauf, und was glaubt ihr denn, was das für ein Mindesthaltbarkeitsdatum hat? Dann haben sie gesagt: Maximal 2 Jahre. Wie die Deutschen halt so sind und so. Dann sage ich: Nein, nein, hier steht 2039 drauf. Das haben sie dann gar nicht glauben wollen, haben Fotos gemacht. Und ich habe dann noch eins draufgesetzt und habe gesagt: Andreas …, also das ist der nette Kollege, der mir das hier ermöglicht, hier zu sitzen, und dann habe ich gesagt: Andreas, wenn du jetzt 80 wirst, könnten wir es immer noch trinken.

Markus: Es ist ja wirklich ein besonderer Geschmack. Es ist ja auch ein Unterschied zwischen einem Lambic und einer Geuze. Das heißt, da sind Schritte dazwischen. Wie kann man sich das vorstellen, was passiert in der Brauerei? Also es wird normal ein eingemaischt, aber dann?

Frank Boon: Richtig! Lambic braut man ein bisschen wie Weißenbier, aber die Weizen in Lambic sind ungemalzte Weizen. Das ist wichtig für uns, weil mit ungemalztem Weizen hat man auch eine sehr langsame Gärung. Wir haben eine ganz spezielle Braumethode, die heißt trübe Würze, brauen mit trüber Würze. Mit der trüben Würze gehen auch die meisten Gluten aus dem Lambic. Weil der Lambic gärt und reift mit der wilden Hefe, geht das sehr langsam. Und das gärt alles in Holzfässern. Wir haben keine Gärhöfe, wir haben, was man nennt Setzbottich, Kühlschiff, große Holzlagerfässer. Wir haben in unserer Brauerei so etwa 23.000 Hektoliter Kapazität für Holzfässer von verschiedenen Größen, ganz kleine von 4000 Liter und die großen sind 27.000 Liter. Darin gärt und reift für sehr lange Zeit der Lambic. Und zwar haben wir auf Lager Lambic von ein, zwei und drei Jahren, auch einmal vier Jahren, aber am meisten sind dann ein, zwei und drei Jahre. Warum ist das wichtig? Wenn der Lambic gebraut ist und nur einige Wochen alt ist und man verkostet ihn, dann schmeckt es ein bisschen wie ein fremdes deutsche Weizenbier. Fremd, weil die Hopfen, die wir benutzen, auch alte Hopfen sind. Es sind keine neuen Hopfen, sie haben keine Hopfenaroma im Bier. Und wenn der Lambic reift für, ich sag mal, ein Jahr, dann wechselt der Geschmack. Wenn das verkostet nach einem Jahr, schmeckt das wie ein junger Weißwein. Und nach zwei Jahren ist der Lambic hell, ganz hell, nicht filtriert, nur hell, in die Holzfässer, klärt sich aus, wenn das Bier hell ist, und wenn man verkostet, ist es ganz genau wie ein Weißwein, aber mit einer fremden Bittere, und ein bisschen nicht räucherig, aber phenolisch wie Whisky. So schmeckt das. Das wird auch so getrunken. Geuze produzieren, dann machen wir eine Mischung von Lambic, 60 % ein Jahr, 30 % zwei Jahre und 10 % drei Jahre. Und solange das Bier Lambic heißt, schäumt es nicht, es ist kohlensäurefrei wie Weißwein. Geht es auf Flaschen, haben wir eine Flaschengärung, schäumt es häufig wie ein Champagner.

Markus: Ein Champagner-Bier, wie der Holger ja auch schon gesagt hat, finde ich auch. Spannend ist ja auch, bei euch in der Gegend kann man in vielen kleinen Orten auch überall verschiedenen Lambics und Geuze probieren. Aber es gibt einen Unterschied, es gibt Brauereien, die die Würze selber auch machen, und es gibt Brauereien, die einfach von einer anderen Brauerei die Würze nehmen und dann ihr Lambic und ihre Geuze machen. Ist das eine alte Tradition, war das schon immer so, oder ist das eine neuere Entwicklung?

Frank Boon: Das ist eine sehr alte Tradition. Das ökonomische Problem mit so einem Bier, es sind riesige Lager, die man braucht, um so viel Bier zu speichern. Und so war es früher, dass viele Cafés oder Restaurants, die hatten große Keller und große Lager und kauften frisch gebrauten Lambic von den Lambic-Brauereien. Viele von diesen kleinen Lambic-Brauereien waren Bauern, die von Gersten und Weizen vom eigenen Gewinn in ihrer Wirtschaft haben. Damit wird Lampe gebraut und der Lambic wird dann geliefert an diese Restaurants oder Cafés, die damit dann später Geuze produzieren. In den letzten Jahren sind viele von diesen kleinen verschwunden, es gab etwa bis 1940 200 davon, heute gibt s noch sieben oder acht Lambic-Mischer. Die sind alle Kunde bei uns. Typisch kaufen die frisch gebrauten Lambic, der Lambic kommt vom Kühlschiff, geht in die Holzfässer bei den Lambic-Mischern, und oft kauft der auch Lambic von verschiedenen Brauereien. So mischt er seine Geuze nicht nur mit ein, zwei und drei Jahren, aber auch mit einem Jahr von verschiedenen Brauereien, zwei Jahren von verschiedenen Brauereien, oder er sagt, für die drei Jahre brauche ich nur Lambic von dieser Brauerei, mein junges Bier kommt von dieser Brauerei. So mischen die Geuze.

Markus: Also ist jede Geuze eigentlich eine individuelle Spezialität, eine eigene Kreation, die man auch nicht nochmal machen kann, sondern das ist immer eine Einmal-Geschichte, die man genießen kann. Ich war mit Holger zusammen auch schon unterwegs bei euch in der Gegend und wir haben unter anderem auch bei De Cam vorbeigeschaut, was du sicher kennst. Und da haben wir noch was anderes beobachtet, Holger, was dir viel Spaß gemacht hat, nämlich den Lambic Stomper.

Holger: Ich bin ein großer Sauerbier-Fan. Und deshalb versuche ich das auch, überhaupt die belgische Bierkultur, immer auch möglichst vielen Leuten, die mit mir Verkostungen machen, in Deutschland auch näher zu bringen. Und dann erzähle ich das also immer so, dann müsst ihr mal in Belgien in ein so schönes Bier-Café gehen und dann bestellt ihr euch ein Sauerbier. Und dann sage ich immer einfach so raus: Wenn euch das dann zu sauer ist, dann bestellt ihr einfach Zucker. Und dann macht ihr da Zucker rein und dann gibt’s so Stampfer, da kann man dann unten auf dem Boden den Zucker zerstampfen, und dann ist es nicht mehr so sauer. Dann sind natürlich die deutschen Biertrinker, die sagen: Um Gottes Willen! Was? Was machen die? Also unglaublich, unglaublich. Dann probieren wir das auch aus, und dann sagen die: Mensch, das ist doch wirklich interessant, das ist wirklich interessant. Das macht mir so viel Spaß, da auch so ein bisschen den Horizont zu öffnen und auch mit den Dingen zu arbeiten, damit die Leute sich ein bisschen öffnen für neue Dinge. Und dann, wenn natürlich Frauen dabei sind, also die gar keine klassischen Biertrinker sind, sondern vielleicht so auch eher Weintrinker, die sind dann ganz begeistert. Die sagen dann: Das ist jetzt mal Bier, das schmeckt ja auch. Und dann sagen die Männer: Ja, nein, das geht doch gar nicht und so. Also das ist immer sehr lustig. Die Belgienreise, die ich mit dem Markus gemacht habe, die war einfach ganz großartig. Das empfehle ich jedem, das mal richtig, also wirklich in den Urlaub zu fahren, eine Woche das einfach mal so richtig zu genießen und zu erforschen, was da unser Nachbarland alles zu bieten hat.

Markus: Frank, wie ist das mit dem Zucker, mit der Säure? Ist da eine Geschichte dahinter? Wie müssen wir uns das überhaupt vorstellen, warum gibt es Lambic überhaupt noch?

Frank Boon: Zucker ins Bier, das ist auch eine sehr alte Geschichte. Früher haben die Lambic-Brauer immer am Anfang der Brau-Saisons gebraut, nur im Winter. Dann haben die immer einige sehr schwere Sude gebraut und dann gekocht für 24 Stunden, sodass man einen Zuckersirup bekam. Und das benutzte man dann, um ganz leichte Biere zu süßen. Und so gab es für viele, ich sag mal, einfache Biere, die ganz niedrig in Alkohol lagen, und die hatten ein bisschen Geschmack der Säure von der wilden Hefe Gärung, mit ein bisschen Zucker dazu hatte man ein gutes Bier mit ganz niedrigem Alkoholgehalt. Viele von diesen Bieren sind verschwunden, als Limonade auf den Markt gekommen ist vor 100 Jahren. Aber die gibt es noch immer. Und normal, eine Geuze zum Beispiel, den Säuregehalt in Geuze kann man vergleichen mit Säuregehalt bei einem Sekt. Einige sind saurer, dann fragen die Frauen, hast du ein bisschen Zucker und einen Stomper. Man soll zuerst den Zucker nass machen mit Bier, ganz langsam, und wenn der Zucker ganz nass ist, dann lässt man ihn langsam mit dem Stomper ins Glas sinken bis an den Boden. Macht man das nicht, dann schäumt alles aus dem Glas, eine Kunst.

Holger: Wo kommt eigentlich der Name her? Geuze, wir haben ja sowas Ähnliches in Deutschland, die Gose. Wo kommt eigentlich der Name her?

Frank Boon: Nicht von der deutschen Gose, der Gose von Deutschland kommt von Goslar, der Stadt Goslar. Das ist was ganz Anderes, aber der Name von dem Bier bei uns ist Lambic. Wir haben verschiedene Sorten Lambic, Kriek Lambic mit Kirschen oder Himbeeren, Framboise Lambic, und auch Geuze Lambic. Am Anfang war das Lambic mit ein bisschen Zucker dazu, das wird Geuze Lambic genannt. Warum? Das Land, das heute Belgien ist, war zwischen 1815 und 1830 ein Teil von den Niederlanden. Und der König von den Niederländen, man sagt, er war ein Geuze, weil er nicht katholisch war. Und für einen Tag war er in Brüssel, hat er gefragt auf der Neujahrfeier, kein Champagner für mich, gebt mir das Lokalbier. Er wollte die Wirtschaft unterstützen und er wollte Lokalbier. Und sagt er: Ich will auch ein bisschen Zucker dazu. Der ganz weiße Zucker, das war etwas ganz Neues Anfang des 19. Jahrhunderts. Und man hat das gesehen in Brüssel, die sagten: Ja, der König Wilhelm, der trinkt sein Lambic mit Zucker, der Geuze König. So hat man gesagt, das ist Geuze Lambic, das heißt, Lambic mit ein bisschen Zucker. Warum ist heute Geuze ein schäumendes Bier? Selbstverständlich, wenn man Zucker dem Lambic zusetzt und man füllt das in Flaschen, dann schäumt es häufig wie Champagner. Und so war das Geuze Lambic und dann später kurz Geuze.

Markus: Vielleicht sollten wir mal eins probieren, also bei uns im BierTalk gehört ja immer dazu, dass wir auch ein Bier testen. Mit der Bierverkostung müssen wir es heute ein bisschen anders machen, weil der Holger ja unterwegs ist auf der Autobahn und logischerweise kann er da kein Bier trinken. Und es ist früh am Morgen, da verstehe ich auch, dass der Frank nicht gleich zum Bier greifen will. Letztes Jahr war ich kurz vor Weihnachten noch mal in Brüssel und war in einem kleinen Laden und habe mir dort selber ein Geschenk mitgenommen. Dieses Geschenk ist ein Papierkarton von der Brauerei Boon, also vom Frank. Und dort sind vier besondere Biere drin, und zwar steht hier Geuze Discovery Box, und es sind vier Biere, die jeweils von einem speziellen Bierfass stammen. Also das sind die Nummern 91, 92, 110 und 108. Das ist wohl eine ganz besondere Abfüllung. Es ist ein eigener Karton mit einem kleinen Heftchen dazu. Frank, welches soll ich denn aufmachen? Welches würdest du mir raten?

Frank Boon: Es gibt in unserer Brauerei 161 Holfässer, nicht nur der Lambic ist verschieden von Jahr zu Jahr, ein Jahr, zwei Jahre, drei Jahre alt Unterschied, aber auch unterschiedlichen Bierfässer. Wenn wir Geuze mischen, sollen wir immer besondere Fässer beieinander mischen, um immer ungefähr denselben Geschmack zu bekommen. Aber es ist auch interessant, um diese Fässer als Monos zu verkosten. Zum Beispiel, von den Amerikanern sehr beliebte 108, das war ein alter, aber mit ziemlich viel flüchtiger Säure. Das ist ein bisschen essigähnlich. Nicht sehr beliebt in Belgien, aber immer sehr schön in kleiner Menge in einer Lambic Mischung. Der 92 ist ein ziemlich neues Lagerfass, und dort, wenn sie den verkosten, finden sie viel Eichenholz. 110 war früher ein Cognac-Fass, war noch immer ein Teil von Cognac, den man findet im Bier. Das Interessante ist, um diese verschiedenen Geuze so alle vier auf eine Reihe zu verkosten, hast du eine Idee?

Markus: Ich komme ja aus Bamberg, und in Bamberg gibt es immerhin auch ein Bier, was sehr stark mit Holz in Verbindung steht, nämlich unser Rauchbier, Schlenkerla Rauchbier. Und das wird klassischerweise über Buchenholz geräuchert, und einmal im Jahr gibt es auch eine Sonderedition, da wird das über Eichenholz geräuchert. Und wenn du schon von Eiche sprichst, dann nehme ich einfach mal die Verbindung und hole mir mal die 92 raus, und werde mal gucken. Alle vier kriege ich jetzt am Morgen natürlich auch nicht. Das wäre vielleicht ein bisschen zu heftig. Aber jetzt schaue ich mal. Es ist natürlich eine wunderschöne Flasche, wie das eben bei euch in Belgien so ist. Da wird Bier ganz anders zelebriert als bei uns. Man würde niemals auf die Idee kommen, ein Pils mit so einer schönen Kappe zu versehen, dann noch einen schönen Korken drauf zu machen, der im Grunde aussieht wie bei einem Sekt. Jetzt fange ich mal an und schraube das auf.

Frank Boon: Das ist auch, weil das Bier so lange noch auf Flaschen lagert. Diese Flasche haben wir abgefüllt, ich glaube, in 16.

Markus: 16, der Dezember 16.

Frank Boon: Und dann lagert das noch für einige Jahre in der Brauerei.

Markus: Dann mache ich mal den Korken auf.

Frank Boon: Vorsicht!

Markus: Das war schon mal ein gutes Geräusch. Jetzt gucke ich mal. Ich hoffe mal, dieses Geräusch haben die Hörer jetzt auch schön mitbekommen, wie der Schaum sich hier entfaltet. Ein wunderbares Bier, eine wunderschöne honigbraun, goldene Farbe. Oben drüber ist jetzt ein schöner weißer Schaum, relativ grobe Poren, sehr stabil. Kleine Perlen gehen so durch dieses Bier. Es ist sehr klar, schaut fast aus wie ein filtriertes Bier, aber ist ja unfiltriert, ne?

Frank Boon: Das ist unfiltriert. Ja. Wir haben keine Filter in unserer Brauerei und nach zwei Jahren sind all die Lambic ganz hell in den Lagerfässern. In der Nase immer etwas leicht phenolisch, kräutrig, aber auch Waldgeruch.

Markus: Der Anfang vom Geruch, das ist ein bisschen wie so ein Apfelmost, wie so ein Apfelcidre, also sehr fruchtig, frisch, süße Aromen. Und dann, wenn man weiter reinriecht, dann kommen so leicht säuerliche, da kommt auch ein bisschen Trauben, dann kommt das Holz und hintenraus, so am Ende, habe ich dann diese Pferdedecke, wo so ein bisschen die wilde Hefe sich bemerkbar macht.

Frank Boon: Ja, Pilsener-ähnlich.

Markus: Jetzt probiere ich das Ganze mal. Ja, wunderbar! Ich glaube, wenn man sich in diese Biere verliebt, dann immer richtig. Also man kann die nur lieben oder nicht. Ich finde das ganz großartig. Es erinnert mich auch, wir waren ja vor ungefähr einem Jahr bei dir in der Brauerei und da hast du uns ja auch aus den Fässern probieren lassen. Also das ist einfach ein ganz, ganz toller Genuss. Schwierig zu beschreiben, weil es hat natürlich eine leichte Säure, aber eine sehr leichte. Also ist jetzt nichts, wo man sagt, man muss den Mund verziehen oder so, sondern ist wirklich wie ein Wein oder wie auch ein trockener Apfelsaft, wenn ich jetzt keinen Zucker zugebe, sondern einfach nur den puren Fruchtsaft habe, so ungefähr ist die Säure. Es hat die holzigen Aromen, es hat was sehr Seiches, ein bisschen Vanille vielleicht sogar.

Frank Boon: Auch, ja, vom Holz.

Markus: Also sehr spannend. Und auch ein bisschen so Gewürze, ein bisschen Zimt, also sehr, sehr vielfältig. Ich glaube, wenn jemand das bekommt und nicht weiß, was es ist, wird er nicht auf die Idee kommen, dass es Bier ist, aber er würde sagen oder sie, das ist ein ganz, ganz großartiges Getränk. Also kann ich mir wunderbar vorstellen als Anfang von einem Menü zum Beispiel auch als Aperitif. Wann trinken die Belgier dieses Bier? Ein Morgengetränk ist es ja offensichtlich nicht, aber wann macht man so sein …

Holger: Na klar, zur Sportschau, oder. Zur Sportschau.

Frank Boon: In Belgien trinkt man Bier in kleinen Mengen. Diese 92 ist es 8,5 oder 9,5 %. Für Deutsche ist das stark, aber …

Markus: 8 %.

Frank Boon: … ja, für die Belgier nicht. Weil wir sagen ja, Wein hast du 12,5 %, 13 % Alkohol, so ein Bier von 8 %, das ist sehr leicht im Vergleich mit Wein. Und Leute, die das nicht kennen und die nicht wissen, dass das Bier ist, oft sagen die: Das ist eine Mischung, haben sie etwas gemischt, Schaumwein mit ein bisschen Apfelwein und ein bisschen Whisky dabei? Und vielleicht: Was hast du gemischt?

Markus: Faszinierend, und man muss sich auch vorstellen, wenn man bei dir in der Brauerei ist, diese Fässer sind riesig. Da würde ich, wenn ich mich dreimal auf mich selber draufstellen würde, dann bin ich vielleicht irgendwo mal am oberen Ende dieses Fasses. Und dann sind die auch noch sehr lang und sehr groß. Also einfach eine ganz andere Dimension, als wir uns jetzt zum Beispiel in Deutschland ein Bierfass vorstellen. Wir haben jetzt gerade über Lambic und Geuze gesprochen, hast du schon erwähnt, es gibt auch Kriek und Framboise. Das heißt, da geht es dann um Kirschen und um Himbeeren. Ist das eher eine neue Tradition oder ist das auch eine alte Tradition? Wie kommt das?

Frank Boon: Das ist auch eine sehr alte Tradition. Zum Beispiel wissen wir, in Brüssel gab es ein Gesetz vom 14. Jahrhundert, wo es verboten war, die Fässer der Brauerei zu benutzen, um Kirschen dem Bier zuzusetzen. Sondern die Kirschenbiere, die sollen ihre eigenen Fässer benutzen und nicht die Fässer von den Brauereien. Kann man ganz leicht verstehen, weil wenn das Fass leer ist und das liegt noch ein bisschen so mit all diesen Kirschen drin und das kommt zurück in die Brauerei, das ist nicht sehr gut für den Geschmack vom Bier. Sehr alte Tradition, auch für Himbeeren. Aber es gab noch andere Früchte früher, aber diese zwei sind die zwei wichtigsten.

Markus: Und wann passiert das? Also ich braue das Bier, ich gebe das in das Holzfass und kriegt dann das fertige Bier eine Himbeere oder wann kommt die ins Spiel?

Frank Boon: In vielen Restaurants und Cafés hat man das früher selbst gemacht. Wenn sie ein Fass von einer Brüsseler Tonne, das heißt 250 Liter, so ein Fass 60 Kilogramm Sauerkirschen und dazu das Fass füllen mit jungem Lambic von, ich sag mal, Januar oder Februar gebraucht, so ganz jungen Lambic, und dann gärt das zusammen, und dann, ich sag mal, nach einigen Monaten kann man das verkosten oder nach einigen Wochen, hängt ab von den Sauerkirschen, die Sorte und ob sie reif sind oder nicht, und dann kann man das verkosten. Dann hat man ein rotes Bier mit einem Kirschengeschmack. Man kann das zu Hause machen mit Lambic.

Holger: Im Moment lese ich eine Biografie von Friedrich Hölderlin, das ist ein deutscher Dichter. Der hat gesagt, das treffliche Bier lässt den lecker Wein vergessen. Das passt doch ganz genau zu dem, was ihr jetzt beschrieben habt und so. Das passt doch ganz genau, oder nicht?

Markus: Ja, auf jeden Fall. Gibt es diese Rivalität, Frank, bei euch zwischen Wein und Bier?

Frank Boon: In Belgien wird kaum Wein hergestellt, es gibt neue Winzer in den letzten 20, 30 Jahren. Aber vorher gab es keine belgischen Wein. Aber die Belgier, die trinken Wein und Bier, und die lieben die beide. Aber der Vorteil von Bier, wir haben kein Reinheitsgebot in Belgien, aber Sulfit ist auch verboten in Belgien im Bier. Meine Frau zum Beispiel, die trinkt keinen Wein, weil die kein Sulfit verträgt. Im Bier ist es kein Problem, also das Biertrinken ist immer einfacher als Wein trinken. Wein soll man nicht trinken, wenn man durstig ist.

Markus: Ja, das heißt also, ein Belgier würde so ein Bier auch gegen den Durst trinken, wenn er Durst hat?

Frank Boon: Ja, nicht ein 8-prozentiges Geuze, aber ein 7. Eine Standard Geuze Boon, wir haben viele Kunden und die kaufen jede zwei Wochen drei, vier Kästen, und die trinken das zuhause um elf Uhr und eins am Abend.

Markus: Also zwei Bier am Tag, das ist ja ganz okay.

Frank Boon: Ja, ja, ist ok

Markus: Wenn du es gerade ansprichst, die Bindung der Kunden zu der Brauerei, du hast ja deine Brauerei übernommen oder aufgebaut. Vielleicht, wenn du da ein bisschen erzählst. Also wie kommst du selber dazu, Bier zu machen, und wie hast du dann dein Unternehmen gestaltet?

Frank Boon: Wir hatten eine Brauerei in unserer Familie, die hat man geschlossen 1970. Das war von meinem Großgroßvater, von meinem Onkel. Und lange Zeit habe ich immer, als ich noch ein Bube war, in dieser Brauerei gewesen. Dann war die geschlossen und mein Onkel hat mich auch gelernt. Es gab einen Lambic-Mischer, Herr de Vits in Lambeek, und er macht den besten Geuze. Und so bin ich oft hier in Lambeek in der Lambic-Mischerei von Herrn de Vits gewesen. Und auf einen Tag, wir wohnten auf der anderen Seite von Brüssel, Nord-Brüssel, sind wir nach Halle gekommen, weil mein Vater hier arbeitet. Ich kannte niemand in Halle, nur den alten Brauer Herr de Vits. Oft war ich bei ihm, und dann sagte er: Ja, noch ein Jahr, im nächsten Jahr ist das Ende. Er hatte den Betrieb mit seinen Schwestern, beide waren ungefähr 70 Jahre alt. Er wollte den Betrieb einstellen. Da habe ich gesagt: Ja, warum verkaufst du das nicht? Er sagte: Keiner will so etwas machen. Das ist das Ende. Alle Lambic-Mischereien und Brauereien, die schließen. Die Leute wollen nur Lagerbier trinken. Hatte ich den Gedanken, gesagt: Wenn du keinen findest, warum verkaufst du es nicht an mich? Und er sagte: Ja, wenn du das willst, der Preis für die Gebäude, das ist nur, was ich will, und den Rest, das kannst du haben. So habe ich zuerst angefangen in Halle in einem Keller 1975. Und im Februar 78 habe ich de Vits hier in Lambeek gekauft und dann ist das immer gewachsen langsam in 45 Jahren. Am Anfang, de Vits war ganz, ganz klein, er produzierte noch 250 Hektoliter pro Jahr, ist ganz, ganz klein. Heute produzieren wir 21.000 Hektoliter im Jahr. Aber alles traditionell in Holzfässern.

Markus: Zum Abschluss haben wir noch eine Frage, die uns auch beide bewegt, den Holger und mich. Wir waren ja auch beim Brussels Beer Weekend letztes Jahr und haben die Zeremonie miterlebt, die dort rund um das Thema Bier gemacht wird. Ich meine, ich komme ja aus einer katholischen Stadt, Bamberg, ich habe viele Jahre hier im Domchor gesungen und weiß ja, wie das alles so ist, was man in so einer Kathedrale präsentiert und zelebriert, aber ich konnte mir nie vorstellen, dass in der Mitte vom Altar ein Bierfass steht und drumherum Brauer stehen in schönen Roben und ganz nobel und edel einfach das Bier gefeiert wird als besonderes Gut, das man einfach liebt und den Leuten nahebringen möchte. Vielleicht da, Holger, ich denke, das geht ja auch so, einfach es würde mich mal interessieren, wie kommt es zu einer Bruderschaft des Brauer, Paddles heißt das auf Englisch, also des Rührstocks, würde man, glaube ich, direkt übersetzen. Wie entsteht sowas? Und du bist ja auch noch der Präsident davon. Wenn du uns da vielleicht ein bisschen erzählen würdest, was ist das Besondere daran?

Frank Boon: Bier ist sehr wichtig für die Belgier und jedes Jahr ist das Fest von St. Arnold, das ist der Patron der belgischen Brauer, und wird jedes Jahr gefeiert. Und dann wird das Bier geweiht. Zwei von unseren Mitarbeitern gehen dann mit einem Fass in die Kathedrale und da wird das Bier geweiht. Wir haben eine Bruderschaft von Brauern. Die Brauer, die haben vier Versammlungen im Haus der Brauer in Brüssel, das ist nur wirtschaftlich, aber in der Bruderschaft können wir einander treffen aus einem anderen Grund freundschaftlich und können wir sprechen. Alle belgischen Brauer sind Familie voneinander und da können wir einander treffen. Vor vier Jahren haben die mich gewählt als den Vorsitzenden, den Großmeister, Grand Maître auf Französisch, Brotmesser auf Niederländisch. Früher gab‘s die Brauergilde und die Bruderschaft oder die Ritterschaft, wie man sagt, die sind die Nachfolger dieser alten Brauergilde.

Markus: Vielen Dank! Das ist ja ein ganz, ganz spannender Einblick. Holger, ich denke mal, das kannst du nur bestätigen, dass das sehr eindrucksvoll war.

Holger: Das war also so, dass vor dem Rathaus in Brüssel, und das ist ja schon allein eine Sehenswürdigkeit, waren eben wirklich ganz viele kleine und mittelgroße Brauereien und haben ihre Produkte einfach angeboten. Das war dann so ein Parkour, und man musste sich also sehr gut überlegen, welche Reihenfolge man wählt und das gut verteilt und so. Und dann irgendwann sind wir von dem Platz dann durch Brüssel gegangen bis zur Kirche, die auf so einer leichten Anhöhe steht. Dann gab‘s den Einzug der ganzen Honorationen. Dann gab es eben diese Messe, dann gab es Musik noch dazu, es war also sehr, sehr festlich. Dann, wo das eben geweiht wurde das Bier, ist man in einem langen Marsch wieder zurückgegangen, eben wieder zum Platz. Das war sehr festlich und besonders einfach. Das kann man, glaube ich, überhaupt sagen, dass eben das Produkt Bier in Belgien eine viel größere Wertschätzung erhält als bei uns. Wo wir uns ja auch immer als Bierland sehen und auch stolz darauf sind, aber wenn man das alles mal in Belgien so mitgemacht hat, dann haben wir da noch Luft nach oben, würde ich sagen.

Markus: Vor allem, wenn man sieht, dass eben eine Prozession mit einem Bierfass durch die ganze Stadt läuft. Vielen, vielen Dank Frank für deine Zeit. Vielen Dank für die vielen Informationen. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir dann noch mal einen zweiten Teil machen und vielleicht auch noch über andere Dinge sprechen, über Faro zum Beispiel. Oder auch ein bisschen über das Thema Familie: Wie bringe ich meine Söhne in die Brauerei? Wie funktioniert so ein Übergang? Aber das ist ja vielleicht ganz gut, wenn wir das in ein paar Monaten tun, wenn ihr den Übergang gemacht habt und du dann ein bisschen erzählen kannst, wie es dir überhaupt damit geht, plötzlich der Senior zu sein, und gerne noch Bier trinken, aber eben nicht mehr in Verantwortung, ist bestimmt auch spannend. Also dann sagen wir den Hörern: Vielen Dank fürs Zuhören! Dir, Frank, vielen Dank, dass du dabei warst. Und noch einen schönen weiteren Vormittag. Ciao!

Frank Boon: Vielen Dank, hat mich sehr gefreut.

Holger: Tschüss, schönen Tag!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 26 – Interview mit Christof Pilarzyk vom Brauerei-Gasthof Grosch aus Rödental

Die Erfolgsgeschichte eines Hessen in Franken startet mit einer großen Liebe, nämlich der von Christof Pilarzyk zu seiner künftigen Ehefrau Kerstin Müller. An seiner neuen Wirkungsstätte in Rödental angekommen, krempelt Christof den einst verschlafenen Brauerei-Gasthof Grosch um, entwickelt mit seinem Team neue Biere und schenkt Coburg sein wohl bedeutendstes Fest, das Samba-Festival. Außerdem bringt er den Verein Bierland Oberfranken um entscheidende Schritte voran und wird schließlich zum Geschäftsführer der Privaten Braugasthöfe berufen. Ein Bierleben, wie es im Buche steht, aber eigentlich mit Äppelwoi begann…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Herzlich willkommen zu unserem 26. BierTalk. Bei uns als Gast ist der Grosch. Aber zunächst: Mein Name ist Holger und natürlich wie immer ist auch dabei …

Markus: … der Markus.

Holger: So! Jetzt ist natürlich die Frage: Was ist der Grosch? Der Grosch ist eigentlich ein Brauerei-Gasthof und die Seele und das Herzstück dieses Gasthofes ist der Christof Pilarzyk. Und der ist unser Gast heute. Christoph, sag doch mal was zu dir und deiner Wirkungsstätte.

Christof Pilarzyk: Hallo! Ich bin der Christof Pilarzyk. Meine Wirkungsstätte ist der Braugasthof Grosch, gegründet 1425, und liegt im wunderschönen Rödental. Also ein wunderschöner historischer Bau mit einer wirklich historischen Brauerei. Also so eine richtige Handwerks-Brauerei noch. Die einzige Elektronik ist im Prinzip die Kühlung und der Rest geht per Hand. Und die gute Seele bin ich nur zum Teil, denn diese Seele ist bei uns eine Einheit. Dazu gehört natürlich meine liebe Frau, die aus diesem Hause stammt. Also ich bin eigentlich nur so der Reingeschleifte, wie es so schön ja heißt.

Holger: Das heißt, du bist gar kein Franke, sondern kommst irgendwo aus einem Landstrich woanders her?

Christof Pilarzyk: Ja, ich bin ein Hesse und kann auch so babbeln, aber dann versteht mich keiner. Ich bin aus Hessen zugereist sozusagen.

Holger: „Die Hesse komme“, oder wie ging das noch?

Christof Pilarzyk: Ja. „Erbarme, die Hesse komme“. Ich selbst stamme aus einer Äppelwoi-Wirtschaft raus, also habe mit Bier in meinem früheren Leben nur wenig zu tun gehabt.

Markus: Aber irgendwie Wirte-Seele durch und durch.

Christof Pilarzyk: Ja. Von klein auf. Also ich kenne es gar nicht anders. Und ich finde sowieso, das ist der geilste Beruf der Welt: Wirt sein. Und hier das Brauen noch dazu, also eigentlich haben wir hier den Himmel auf Erden.

Holger: Das ist ja ein schönes Stichwort. Apropos Himmel auf Erden, was verkosten wir denn heute so Leckeres?

Christof Pilarzyk: Ich habe ja vier Biere mitgebracht beziehungsweise euch ja zugesendet. Der Anfang wäre vielleicht das Erntebier, das ist ein leichtes Bier, entwickelt von unserem Urgroßvater, dem Uwe Grosch. Dann hätten wir den Luthertrunk, das ist ein Bio-Bier unfiltriert. Das ist so mein Meisterstück gewesen, um mich hier einzuleben, um meinem Schwiegerpapa auch zu zeigen, dass ich auch ein bisschen was kann. Dann haben wir unseren alkoholfreien Fuhrmann und den Fuhrmannstrunk mit Alkohol.

Holger: Und so soll dann auch die Reihenfolge sein. Markus, hast du was einzuwenden?

Markus: Nein, gar nicht. Also ich finde es interessant. Normalerweise würde man ja wahrscheinlich immer mit dem alkoholfreien Bier beginnen, aber ich bin völlig beim Christof. Der alkoholfreie Fuhrmannstrunk ist trotzdem auch ein sehr aromatisches Bier. Vielleicht macht es durchaus Sinn, wenn wir mit dem Leichtbier anfangen. Insofern freue ich mich darauf. Das Etikett strahlt mich auch so schön an, also man sieht, wie Erntebier, ein Feld, man sieht Ähren, blauer Himmel, grüne Felder, also sehr, sehr schön. Insofern freue ich mich darauf, können wir gerne aufmachen.

Holger: Dann machen wir das Ding doch mal auf hier.

Christof Pilarzyk: Und während ihr das aufmacht, vielleicht ganz kurz was zum Etikett. Zu unserem Grosch hat natürlich früher nicht nur der Gasthof und die Brauerei und eine Metzgerei gehört, sondern natürlich auch die Landwirtschaft. Denn man hat ja alles im Prinzip in Eigenregie angebaut. Das Erntebier, was wir da heute haben, hat der Hugo Grosch, der Urgroßvater gebraut. Und zwar war es ja früher so, dass die Erntehelfer in den Pausen mit Bier versorgt worden sind. Und mit einem Vollbier waren die Knechte natürlich mittags schon besoffen. Dem hat er dann Abhilfe gesucht und nachdem es ihm ein Gräuel war, Wasser in sein gutes Bier zu schütten, was damals eigentlich so üblich war, hat er also eine leichte Variante des Pilsbieres eingebraut. Soviel vorweg.

Markus: Okay! Na, dann lassen wir es mal krachen.

Holger: Das ist ja ideal für den ersten Durst, wenn ich das so sagen darf. Ich habe nämlich schon probiert.

Christof Pilarzyk: Haha! Du bist immer schnell, oder?

Holger: Ja. Also nicht immer, aber im Trinken schon.

Christof Pilarzyk: Okay! Das Bier ist eigentlich der Hammer. Wenn ich dazu nicht sage, dass es ein leichtes Bier ist, und das so zur Verkostung rausgebe, ist es für die, die, ich sag mal, so aus der normalen industriellen Pils-Welt kommen, immer im direkten Vergleich. Die sind immer dann erstaunt: Wie? Das hat nur so wenig Alkohol? Weil es geschmacklich, denke ich, ist ziemlich vollwertig für ein Leichtbier.

Holger: Ja, unbedingt! Kann ich nur bestätigen. Hat 2,8 % Alkohol und ist so ein richtig schönes malzaromatisch, gut ausbalanciertes, schönes Bierchen mit so feinwürzigen Aromen. Und ist frisch und spritzig und hat auch so einen leichten trockenen Charakter, finde ich. Macht auch Lust auf einen zweiten Schluck. Also Prost!

Markus: Prost!

Christof Pilarzyk: Prost!

Markus: Ich kann mir auch gut vorstellen, dass das dabei rauskommt, wenn man eben vor zwei Generationen sich überlegt hat: Wir machen ein leichtes Pils in Franken. Also es ist ja doch durchaus malzbetont, ein malziger Körper. Erinnert dadurch auch ein bisschen zum Beispiel an das Pils aus Pilsen. Und hat hintenraus trotzdem auch eine schöne Bittere. Also so, dass ich wirklich den Unterschied auch spüre zu jetzt einem klassischen Kellerbier zum Beispiel. Also dadurch wirklich eine sehr feine, sehr runde Geschichte. Auch die Farbe sehr schön. Also gefällt mir auch total gut. Und ist es wirklich ein unverändertes Rezept? Oder wie macht ihr das?

Christof Pilarzyk: Es ist komplett unverändert, es ist mit einer gestockten Vergärung gemacht. Das ist eins der Originalrezepte. Wobei es wahrscheinlich eine kleine Abweichung zu den Malzen früher gibt, weil der Malzfabrikant oder der Malzzulieferer, der hat sich einmal geändert. Aber so prinzipiell muss man sich das so vorstellen, ist es eigentlich dieses Bier. Es ist ja ein Uralt-Rezept, also wir haben keinen Lebenden mehr gefunden, der das Originalbier getrunken hat. Und wir haben nur die Malzrezeptur und die dazugehören Hopfen bekommen. Aber ich denke, das ist dem Ursprung recht nah. Also das wurde auch so immer beschrieben, das war ein süffiges Ding. Und ich selbst nehme das unheimlich gerne, wenn ich Gartenarbeit habe und mal so einen richtigen Schluck Bier, ich sag mal der Schluck Bier ohne Reue.

Markus: Übrigens für die Hörer, man hört jetzt im Hintergrund, die Vögel zwitschern. Das hat nichts damit zu tun, dass wir hier doch mehr als 2,8 % haben, sondern beim Christof sind die Spatzen eingezogen, und die sind halt jetzt einfach da.

Christof Pilarzyk: Ja. Die Spatzen pfeifen es vom Dach, dass es das gute Grosch Bier heute gibt.

Holger: Der Pilarzyk hat einen Vogel, oder sogar Vögel.

Christof Pilarzyk: Viele Vögel. Ja.

Markus: Oder ein Vogelnest auf dem Kopf. Kann man ja auch sagen.

Holger: Ist gut zu Vögeln und zu anderen Tieren. Hahaha!

Christof Pilarzyk: Danke! Es war schön mit euch.

Markus: Wir fangen heute wirklich von hinten an, merke ich gerade. Das Niveau sinkt, bevor die Vögel singen. Das Mundgefühl finde ich total schön, sehr cremig, sehr weich, sehr rund. Also das trinkt sich auch richtig gut. Und Holger, wenn wir sagen, ein leichtes Pils, siehst du das auch so?

Holger: Nein, also wunderbar. Ich würde es jetzt wirklich nicht in die Pils-Ecke drücken, aber ich verstehe das natürlich mit deinen oberfränkischen Genen, dass das so ein bisschen in die Richtung geht. Aber so würde ich es einfach nicht bezeichnen. Für mich ist es ein schön malzbetontes Bier. Und der Christof hat ganz recht, wenn man es nicht weiß, dass es nur 2,8 % hat, dann merkt man es auch gar nicht. Das ist wirklich so ein Bier, was ja jetzt auch voll im Trend liegt. Also gerade das Thema alkoholarm oder eben dann auch alkoholfrei liegt total im Trend und da kann man mal sehen, wie modern die Brauerei Grosch schon seit langer Zeit ist.

Markus: Ihr habt ja auch Hugo und die Lina bei euch verewigt. Also das ist das Ehepaar von damals. Kann man bei euch auch im Gasthof sehen.

Christof Pilarzyk: Jawoll! Das sind die Urgroßeltern von Kerstin. Und die sind beide so echte Typen. Also die Lina hat zum Beispiel beim Grosch den Sonntagsbraten und so eingeführt. Man muss sich vorstellen, diese Gastwirtschaft gibt’s seit 1425 und war im Prinzip so eine Raststätte des Mittelalters. Das heißt also, man hat irgendwas Deftiges zu essen bekommen, immer natürlich ein gutes Bier, aber so das wirkliche Kochen war eigentlich so bis kurz nach dem Ersten Weltkrieg nicht so gegeben, wie man sich das heute vorstellt. Da gab’s einen Eintopf, da gab’s auch mal einen Braten. Und die Lina war die erste, die mehr Rezepturen gemacht hat. Und auch dieses Sonntagsessen mit mehr als einem Braten, mit gigantischen drei Braten angefangen hat. Der Original-Herd, der steht heute noch bei uns im Eingang. Und wenn du den siehst, dann fragst du dich ernsthaft: Wie hat die auf so einem kleinen holzbefeuerten Herd so viel Essen machen können? Sie hat es irgendwie hingebracht.

Markus: Diese original holzbefeuerten Herde sind wirklich Wunderwerke, wenn man sie beherrscht.

Christof Pilarzyk: Ja.

Markus: Ein guter Freund von mir, der Andreas Gänstaller mit seiner Frau, die hatten eine Zeit lang auch die Zoigl Stube, und da hat sie auch alles mit so einem Holzofen gekocht. Und das war unglaublich, wie man das hinbekommt, weil man ja auch die Temperatur nur mit den Holzscheiten steuern kann und eben damit, wo auf dieser Fläche oben stelle ich meine Töpfe hin und so. Immer alles auf den Punkt, immer alles perfekt, sehr schöne Kruste und so, also wirklich bewundernswert. Vielleicht muss man dem Holger an der Stelle auch noch eine andere Sache erklären. Coburg ist ja heutzutage Oberfranken oder überhaupt die Coburger Ecke, wo du ja hingehörst.

Christof Pilarzyk: Oh ja.

Markus: Aber es ist ja durchaus auch was sehr Eigenes, und das sieht man nicht nur am Bier, sondern vor allem auch am Kloß.

Christof Pilarzyk: Jawoll! Unser Kloß, eigentlich Coburger Kloß genannt, ist aber ein Thüringer Kloß. Und das hat was damit zu tun, dass Coburg die südlichste Herzogsstadt war von Sachsen-Coburg. Also wir haben ja ein Herzogtum hier und das war der südlichste Teil, und so ist die Verbindung nach Norden essenstechnisch wesentlich stärker als in anderen Gebieten. Und das Besondere an dem Kloß ist, während du einen Bamberger Kloß oder Knödel an die Wand schmeißt und der kommt zurück, ist der Coburger oder der Thüringer Kloß so, dass du den an die Wand schmeißt und dann rutscht der ganz langsam die Wand herunter. Das ist ein sehr weicher Kloß. Und der Hintergrund ist, der saugt besonders gut die Soße auf. Also das war immer besonders wichtig, viel Soße und dass der Kloß das aufsaugt, weil was es nicht so viel gab früher, war Fleisch. Das ist der Hintergrund, warum dieser Kloß so weich ist.

Markus: Der Rutscher wird er ja auch genannt. Und Holger, kannst du dir das vorstellen, bei uns Qualitätsmerkmal, man wirft den Knödel erst mal an die Wand.

Holger: Unbedingt! Also ich kann es mir sehr gut vorstellen, weil ich kenne dich ja so gut. Aber was ich mit Coburg verbinde, sind diese Bratwürste. Also die sozusagen innen mehr oder weniger noch roh sind und außen quasi verkokelt. Aber schmecken irgendwie doch gut. Also das hört sich zwar jetzt nicht irgendwie so appetitlich an, genauso wie man das natürlich nicht sagen kann, wenn man mit Klößen wirft, aber es ist lecker. Das muss ich sagen, es ist lecker. Das ist ja auch so eine Coburger Besonderheit, oder nicht?

Christof Pilarzyk: Jawoll! Aber auch den Ursprung wieder letztendlich in der Verbindung in den Norden hat, in Thüringen. Sie ist also der Thüringer Wurst recht ähnlich. Und sie ist vor allen Dingen groß, sie ist also relativ groß. Also überhaupt nicht zu vergleichen mit diesen Nürnberger Bratwürsteln. Also sie ist ungefähr drei bis dreieinhalb Mal so lang und wird in einem speziellen Brötchen protestantisch geschnitten. Das ist auch eine Besonderheit. Da wird im Prinzip der Semmel von oben durchschnitten und nicht von der Seite. Weil von der Seite, das ist katholisch. Nur so mal ganz nebenbei bemerkt. Denn eine Besonderheit hier ist auch, Coburg ist protestantisch. Und wenn wir dann ein Stückle weiterfahren nach Lichtenfeld, so Bamberg, da kommen wir dann wieder in die katholische Gegend. Auch so eine Besonderheit hier in dieser Ecke.

Holger: Aber das Hotel oder der Gasthof, weil du ja sagst, das war immer eine Raststätte für Fuhrleute, war jetzt nie irgendwie Hotel zur Post oder so?

Christof Pilarzyk: Nein. Nein, also der Name „Der Grosch“ ist seit ungefähr 150 Jahren. Davor war es mal der Rote Ochsen, im ganzen Ursprung. Ein roter Ochsen ist ja ein Zeichen also früher bei Gasthäusern gewesen, dass es erstens was mit Fuhrleuten zu tun hat, denn die haben ja nicht mit Pferden hantiert, sondern mit Zugochsen. Und zweitens, dass natürlich auch eine Metzgerei damit verbunden war. Im Dreißigjährigen Krieg hieß des Ganze auch mal „Zum Silbernen Helm“. Also die Geschichte ist recht wechselvoll, aber die Familie an sich ist seit 1425 auf diesem Gelände. Das Interessante ist allerdings, dass so jede dritte, vierte Generation keinen Sohn hatte. Und so der Name der Wirte sich immer geändert hat. Also ich habe ja auch so einen speziellen Nachnamen, Pilarzyk. Meine Frau ist eine geborene Müller, also auch schon keine Grosch mehr. Warum? Hugo und Lina hatten eine Tochter, die dann von einem Braumeister aus Sonneberg geheiratet wurde, vom Ernst Müller. Dann nach dem Ernst Müller kam mein Schwiegerpapa. Und das war auch wieder ein Könner vom Herrn, er hat zwei Töchter. Naja, und dann kam der Hesse.

Markus: Und dann kam dieser Name, den immer keiner aussprechen kann.

Christof Pilarzyk: Deshalb sagen ja auch einfach alle Herr Grosch zu mir oder der Christof vom Grosch.

Markus: Genau. Aber Holger, du siehst schon, also da ist wirklich ganz viel Geschichte, ganz viel Tradition. Also da können wir später auch noch übers englische Königshaus zum Beispiel sprechen oder über brasilianische Rhythmen. Aber ich denke, vorher sollten wir über eine andere Geschichte hier, Sache sprechen, denn es steht ja noch vor uns, der Luthertrunk.

Holger: Unbedingt! Das haben wir uns ja vorgenommen, mit dem Bio-Bier dann nachzulegen. Da würde ich jetzt sagen, das nehmen wir jetzt einfach mal.

Christof Pilarzyk: Ja. Und während ihr die Flaschen öffnet, ich habe meine natürlich schon längst offen – ah, hört sich das fein an – vielleicht eine ganz kurze Geschichte zum Luthertrunk. Also der Martin Luther war mehrfach Gast in unserem Haus. Wie gesagt, wir lagen ja an der alten Handelsstraße, die von Rom bis an die Nordsee hochging, also so die Hauptroute des Mittelalters, auch an der Wallfahrtsroute Richtung Bamberg. Und so war Luther mehrfach bei uns im Haus und deshalb ist der Luther auch da mit dem großen Gefolge vor unserem Haus abgebildet. Das war so meine Idee damals zu sagen: Mei, bei uns fehlt einfach so ein anderes Bier. Ihr müsst euch vorstellen, wir haben früher ein Pils gehabt, wir haben einen Malztrunk gehabt und den Fuhrmannstrunk und als Saisonbier den Bock. Das hatten wir so immerzu gemacht. Und das erste, was wir dann gemacht haben, das erste Bier Erntebier und dann kam der Luthertrunk. Und der Luthertrunk, also wir brauchten mal ein schönes unfiltriertes Bier. Und das erste, was vom Luthertrunk da war, war der Name. Und der Name war dann auch Programm. Wir haben gesagt: Mei, Luthertrunk, Luthertrunk, dann muss das ganze ja auch so sein, ein bisschen wie wir uns das im Spätmittelalter vorstellen oder zu dieser Zeit, als Martin Luther gelebt hat um 1500. Also ein bisschen helleres Bier, weil das damals was Spezielles war, nicht zu dunkel. Und das muss Bio sein. Warum Bio? Es gab damals nur Bio-Malz, zwangsläufig. Und hopfenbetont sollte es wenig sein, weil wir aber auch ein Bier machen wollen für ich sag mal Beer for Beginners, also vor allen Dingen Frauen habe ich da so im Blickpunkt. Also ein Bier mit viel Aromahopfen, aber mit wenig Bitterhopfen. Das ist so der Hintergrund von dem Bier. Und als ich mit meinem Schwiegervater verhandelt habe, habe gesagt, ich möchte gerne ein Bio-Bier machen, da habe ich mir eine sehr verbale Abreibung geholt. Wer will denn so einen Bio-Mist trinken? Das ist die Vorgeschichte.

Holger: Also wir. Wir machen es jetzt auf.

Christof Pilarzyk: Ja. Dann probiert mal den Bio-Mist. Es ist mittlerweile mein drittstärkst verkauftes Bier. Dann beschreibt mir doch mal mein Bier. Würde mich interessieren.

Holger: Ich habe jetzt was Naturtrübes im Glas.

Christof Pilarzyk: Meine Sperlinge singen dir ein Lied.

Holger: Unbedingt!

Markus: Kannst du noch, Holger? Oder soll ich übernehmen?

Christof Pilarzyk: Nein, ich finde es schön, dass es ihn sprachlos macht.

Markus: Absolut. Ja.

Christof Pilarzyk: Hahaha! Und ich deute das einfach, ich bin ja ein positiver Mensch, als was absolut Positives jetzt.

Holger: Das ist ja jetzt, würde ich jetzt sagen, so ein klassisches Kellerbier mit so malzsüßen Aromen. Also so eine Karamellbonbonnote kann man feststellen.

Christof Pilarzyk: Jawoll!

Holger: Mir persönlich ist es zu süß, da ist dann das Erntebier mir schlanker und lieber, aber ich kann mir gut vorstellen, dass das eben auch wirklich bei den Frauen ausgesprochen gut ankommt. Und dann kann ich es mir auch noch gut vorstellen so als ein guter Begleiter zu beispielsweise so einem schönen Kloß, also mit schöner Soße. Da passt das doch super. Jetzt kannst du übernehmen.

Markus: Vor allem, wenn man es anschaut und auch der Antrunk und auch der Geruch, da bin ich sehr nahe bei einem typischen fränkischen Kellerbier. Also das ist schon mal für mich auf jeden Fall gut, weil das sehr einladend ist, sehr ausgewogen. Es hat natürlich eher so die malzige Seite betont, aber ich finde dann, wenn man es trinkt, kommt noch was dazu. Man hat natürlich das Malzige, aber dann kommen noch so fruchtige Aromen. Und ich bin noch ein bisschen hin und her gerissen, wo ich das verorten soll. Für mich ist es eher so Erdbeere, irgendwie in diese Richtung, also eine ganz interessante Note. Die jetzt aber auch nicht so wie zum Beispiel bei vielen Pilsbieren so eine Citrus-Komponente ist, sondern eher so eben rote Beeren. Und das zieht sich auch so ein bisschen durch. Und hintenraus, finde ich, merkt man auch, es hat einen kräftigen Körper. Man merkt auch, dass es ein bisschen mehr Alkohol vielleicht hat als jetzt ein ganz normales Bier. Dadurch wirkt‘s auch trotzdem schlank, also obwohl ich schon auch viel Süße habe. Ein nobles Kellerbier, würde ich sagen, und dadurch kriegt es auch so einen spritzigen Charakter vielleicht ein bisschen. Und auch so im Nachtrunk erinnert es mich ein bisschen an so eine Note, wie man sie zum Beispiel nach einem Schluck Sekt oder Prosecco hat. Also das find ich ganz witzig, weil wenn du sagst, die Frauen als Zielgruppe, kann ich mir vorstellen, dass die das auch anspricht. Also ich würde das zum Beispiel auch mal in ein Sektglas geben – und alle Bier-Hardliner jetzt mal weghören – vielleicht noch so eine Erdbeere rein – und jetzt könnt ihr wieder weiterhören – und das dann als Aperitif servieren. Sowas ist bestimmt eine schöne Geschichte. Also ja, ein tolles Bier, macht mir sehr viel Freude. Und es würde mich nur interessieren, ob Luther wirklich persönlich sowas ähnliches bei euch probiert hat.

Christof Pilarzyk: Er war zumindest Gast in unserem Hause, das ist belegt. Und da Martin Luther ein absoluter Bierfan war, gehen wir davon aus, das ist jetzt unsere Geschichte, die Veste Coburg ist ja fußläufig nur eine halbe Stunde von uns entfernt. Und er beschreibt in einem Brief an seine Frau: Die gar grässlichen Weine der Coburger Herzöge. Und da gehen wir mal von aus, dass er sich da immer heimlich mal abgesetzt hat und hat ein gutes Bier hier getrunken, damit er diesen gar grässlichen Weinen der Coburger Herzöge entgangen ist.

Markus: Kann ich gut nachvollziehen, weil ich kenne die gar grässlichen Weine der Franken in meiner Jugend. Also mittlerweile ist das ja anders, aber in meiner Jugend war der Frankenwein wirklich schlimm. Aber mittlerweile hat sich da ja auch viel getan und Silvana Bacchus und so weiter, Riesling, ist jetzt richtig gut geworden. Damals war das aber vor allem sehr billig und vor allem sehr sauer. Nein, aber wirklich tolles Bier. Gefällt mir. Und Bio heißt jetzt in dem Fall Bio-Malz, Bio-Hopfen?

Christof Pilarzyk: Genau.

Markus: Musstet ihr euch dann auch zertifizieren lassen irgendwie?

Christof Pilarzyk: Ja, ja. Das ist zertifiziert. Damals in der Urzertifizierung ist es ein Euro-Ökosiegel gewesen, mittlerweile bieten wir auch ein rein deutsches Siegel dafür an. Und jetzt sind wir dran, das Ganze, das ist in der Planung, die ist jetzt durch Corona leider ein bisschen verschoben, das Ganze dann noch in Demeter-Qualität zu machen. Das hat so ein bisschen den Hintergrund, dass wir da an dieser regionalen und nachhaltigen Geschichte sehr interessiert sind und da viel für tun. Also nicht nur im Gasthof, und das so in der Brauerei auch ein bisschen übernehmen wollen. Wobei ich sagen muss, unsere kompletten Malzlieferanten sind ja aus Oberfranken, die auch oberfränkische Braugerste verarbeiten. Das ist uns ganz wichtig. Und der Hopfen ist definitiv alles aus Deutschland, im Prinzip komplett aus Bayern, also auch regional. Also das ist für uns wichtig.

Markus: Ja, Holger, da springt dein Herz doch höher, oder?

Holger: Da springt mein Herz in der Tat höher. Ich kenne nur ein einziges Demeter-Bier, das ist von Pinkus Müller, ein Lagerbier. Aber Christof, das Thema Hopfen und Demeter, das ist ja wirklich ganz selten. Wo würdest du denn dann beziehen?

Christof Pilarzyk: Es gibt glücklicherweise immer mehr Hopfenbauern, die im Bio-Bereich tätig sind. Und wenn viele im Bio-Bereich tätig sind, dann ist es ja nur eine Frage der Zeit, dass die auch sich so eine Demeter-Qualität. Das heißt ja nicht am Ende, dass diese Sachen wirklich vom Geschmack her besser sind. Nein, aber von der Nachhaltigkeit. Vielleicht eine Geschichte noch zum Luthertrunk, fällt mir grad ein. Was ist so das Besondere daran? Ich erinnere mich noch, als wir das Bier gemacht haben, das erste Mal, da ist die Kühlung auf seltsame Art und Weise zweimal ausgefallen. Und jedes Mal war dann so 12,5 Grad auf einmal auf dem Zeiger. Das heißt, also jedes normale Bier wäre da am Ende gewesen als untergäriges. Und komischerweise hat das also das Bier ausgehalten. Auch der ganze Gärprozess, wenn du da zuschaust, der funktioniert ja wie, als wäre ein Turbo drin. Das ist also wunderbar. Und ich schiebe das natürlich so ein bisschen auch auf die Bio-Geschichte. Aber vielleicht bilde ich es mir auch nur ein. Das kann natürlich auch sein.

Markus: Ja, so ein bisschen, wenn man die Gärung wärmer macht, macht das ja auch solche Aromen, wie wir sie beschrieben haben. Also es kann durchaus sein, dass das da was damit zu tun hat. Das liegt ja dann in einer Linie mit dem Dampfbieren, die man so kennt, mit den California Common oder Steam Beers, die in Amerika waren. Insofern, da sind wir tatsächlich nah dran. Also finde ich auf jeden Fall eine total spannende Geschichte. Und vielleicht, bevor wir zum Fuhrmannstrunk kommen, müssen wir noch ganz kurz darauf eingehen, Coburg hat ja diese traditionelle Verbindung zum englischen Königshaus. Hattet ihr da auch schon mal irgendeine Verbindung? Hast du schon mal ein Bier zur Queen geschickt, oder gab’s da mal was?

Christof Pilarzyk: Es ist ja so, das Coburger Herzoghaus ist ja praktisch in ganz Europa mit den Königshäusern verheiratet und verbandelt. Das bekannteste ist natürlich England. Zu Prinz Harry seiner Hochzeit haben wir das Bier hochgeschickt und haben da auch ganz lieb ein dreiviertel Jahr später ein Dankesschreiben bekommen aus dem Königshaus für die Gabe und den wunderbaren Biergenuss. Wir haben damals ihnen das Prinz Albert Pils geschickt, klaro, Prinz Albert aus Coburg. Und ein Hochzeitsbier, ein Rotbier, was wir ab und zu in der Saison machen. Und das hatten wir zwei Jahre vorher schon mal zum Königshaus nach Schweden geschickt und waren dort wirklich überrascht, wie gut das ankam. Warum war das so? Unser Herzog, Jungherzog hat geheiratet, sein Patenonkel ist der König von Schweden und wir durften auf dem Polterabend unser Bier ausschenken. Und so kam dann die Verbindung zum schwedischen und englischen Königshaus zusammen. Das ist so die kurze Version dieser Geschichte.

Markus: Da wird man ehrfürchtig, Holger.

Holger: Unbedingt! Das ist wirklich spannend. Also der Grosch gehört ja auch zu dem Verbund privater Braugasthöfe. Da kann ich nur empfehlen, also gerade, wenn man jetzt nicht unbedingt im Ausland Urlaub machen möchte, vor dem Hintergrund der ganzen Pandemie, und sich wieder ein bisschen auf Deutschland konzentriert, wäre das zum Beispiel was. Also sich mit diesem Thema mal zu befassen und die privaten Braugasthöfe Frankens oder Oberfrankens zu besuchen und da viel kennen zu lernen, vor allen Dingen Geschichte. Also das ist doch was ganz Spannendes.

Christof Pilarzyk: Ja, das ist superspannend. Vor allem bin ich auch der Geschäftsführer der zufälligerweise Privaten Braugasthöfe.

Holger: Kein Thema, Christof, die 10 Euro nehme ich dann danach.

Christof Pilarzyk: Hahaha! Oh Gott! Ja, ein bisschen Werbung muss ja sein. Ich bin auch sehr stolz, ich bin ja ein nichtgelernter Brauer, das betone ich auch immer wieder. Ich maße mir nicht an, den Braumeistertitel zu führen, weil ich den nie gemacht habe. Nichtsdestotrotz kann ich sehr viel und weiß sehr viel und bin deshalb stolz, dass mich die privaten Braugasthöfe da als Geschäftsführer eingesetzt haben. Und ich kann wirklich nur sagen, also dieser Verbund entspricht 10.000 Jahren – das muss man sich mal einfach reinziehen – Geschichte. Also die meisten Brauereien haben so 300, 400, 500, 600 Jahre auf dem Buckel und die sind ja alle auch so familiengeführt. Und das macht immer Spaß, da irgendwo einzukehren. Also das ist jetzt keine Werbung, sondern das ist meine feste Überzeugung, weil wir ja auch selbst ein Gasthof sind. Das ist Gastlichkeit auf einer historischen, traditionellen Ebene.

Markus: Da muss man die Werbung noch komplettieren, es gibt dazu eine Internetseite braugasthoefe.de und es gibt auch so eine kleine Broschüre. Und da kann man sich wirklich immer gut informieren. Ich muss sagen, ich habe selber auch schon sehr oft in verschiedenen privaten Braugasthöfen übernachtet, privat und beruflich, und es war immer besonders schön. Weil man da halt einfach weiß, ich kriege das Bier in einer guten Qualität, da kümmert sich jemand um die Schankanlage, ich kann auch abends noch ein Gute-Nacht-Bierchen haben. Das sind Leute, die verstehen einfach ihr Handwerk, die lieben das, was sie tun. Und das ist einfach wirklich jedes Mal ein Genuss da zu sein, in jeder Hinsicht. Also viele geben sich auch viel Mühe in der Küche, kochen dann mit Bier und seinen Rohstoffen, haben sehr abwechslungsreiches Programm. Und sind da einfach in ganz vielerlei Hinsicht immer wieder so auf Zack. Also deswegen, das ist sicherlich ein guter Tipp für alle unsere Zuhörer. Aber es geht natürlich weiter: Fuhrmannstrunk, es wird dunkel. Mit was fangen wir denn an? Mit dem Alkoholfreien oder mit dem Normalen?

Christof Pilarzyk: Ich würde mit dem Alkoholfreien anfangen. Ich glaube, den Fuhrmannstrunk mit Alkohol, also den Urfuhrmannstrunk, den sollten wir uns, glaube ich, zum Schluss aufheben. Also auch ein Erfolg, Luthertrunk wird jetzt alkoholfrei eine schöne Ergänzung sein. Also das wäre mein Vorschlag jetzt.

Holger: Das machen wir jetzt auch so. Also her mit dem Alkoholfreien. Also da muss ich ja wieder aus meiner zweiten Leidenschaft ein bisschen vielleicht zum Besten geben. Ich bin ja der Nutzfahrzeugbranche genauso verfallen wie der Brauereibranche oder der Bierbranche, und beschäftige mich schon lange Zeit mit alten Lkws und alten Bussen. Und früher wurde dann immer ein Fuhrmannseid geschworen. Also die Zunftherren haben eben immer diesen Eid einverlangt von den Fuhrleuten, bevor sie die Waren überhaupt übernehmen durften. Und den gebe ich jetzt mal zum Besten. Der heißt nämlich: Ich schwöre einen Eid zu Gott, dem allmächtigen, dass ich das Gut, das mir zu fahren aufgeladen wird, für billigmäßige Belohnung dahinfahren, treulich verwahren und redlich überliefern, kein Stück verfahren oder irgendwo anderswo hinbringen, als mir aufgegeben ist, was mir etwa an Geld und Wechseln zurückzubringen gereicht wird, aufrichtig und ohne einzige Hinterhaltung überreichen und mich in allem also betragen will wie einem redlichen, aufrichtigen und getreuen Fuhrmann gebührt. Na?

Christof Pilarzyk: Boah!

Holger: Das ist Berufsehre. Also Prost!

Markus: Prost!

Christof Pilarzyk: Prost!

Holger: Und dazu passt ja auch absolut alkoholfrei, weil „Don’t drink and drive!“.

Christof Pilarzyk: Ja!

Markus: Zumindest heutzutage, ja, auf jeden Fall.

Christof Pilarzyk: Genau. Und deshalb ist es auch das neueste Bier aus unserer ganzen Reihe von Bieren. Weil der Fuhrmannstrunk früher war natürlich anderer Natur. Das lag natürlich daran, dass die Fuhrleute einen sehr harten Job hatten. Dann hat man natürlich auch sich richtig ein Bier gegeben, so ähnlich die Arbeiter, die Werftarbeiter in London oder die Packer, die ein Stout getrunken haben, so waren das hier jetzt Fuhrleute. Und die hatten einen unendlichen Vorteil mit ihren hochmodernen Lastwagen des Mittelalters, die hatten nämlich ein automatisches Fahrsystem. Die Ochsen und Gäule waren so intelligent, die haben auch ohne den Fuhrmann den Weg nach Hause gefunden. Und damit durften die natürlich auch Alkohol trinken.

Markus: Genau. Und wenn man nach Belgien schaut, da gibt’s dann sogar eigene Gefäße, die gemacht worden sind, damit sie an den Fuhrwerken gut halten können, ohne dass Bier rauskommt. Das kann man sich auch mal anschauen, das Stichwort dazu heißt Kwak. Also sehr, sehr interessant auf jeden Fall. Und ich muss ja sagen, dieses Bier erinnert mich total an meine Jugend, weil meine Lieblingsbonbons waren diese Blockmalz Bonbons. Die bekommt man heutzutage noch in diesen weißblauen Plastiktüten. Und das ist so genauso. Das finde ich echt großartig.

Christof Pilarzyk: Wir haben ja diese Malzbonbons in den Braugasthöfen und die sind genau in dieser Richtung auch. Und das war auch Wunsch und Zweck des Ganzen. Als ich dieses angefangen habe, da ist mein Schwiegervater dann endgültig in Rente gegangen, weil der Luthertrunk hat ihn schon fast hingerichtet den armen Kerl. Aber als ich dann noch mit der Ansicht kam, einen alkoholfreien Fuhrmann zu machen, dann war Schluss. Da konnte und wollte er nicht mehr mitgehen. Alles vergessen und vergeben natürlich mittlerweile, aber das ist auch so eine schöne Geschichte, weil er sagte: Du richtest unsere traditionelle Brauerei hin. Erst dieses Bio-Zeugs und jetzt auch noch ein Alkoholfreies. Undenkbar.

Markus: Und dann gewinnst du damit noch einen European Beer Star in Gold. Das darf man ja auch nicht vergessen. Also ich kann da frisch von der Leber reden, weil ich in der Jury da nicht dabei war bei dem alkoholfreien Bier. Ich kann aber sehr gut nachvollziehen, also wäre ich an dem Final Table gesessen, hätte ich auch so entschieden. Das ist wirklich ein ganz, ganz tolles Bier, weil es für mich das wichtigste Kriterium erfüllt. Und das bedeutet nicht, dass man so nah wie möglich an einem alkoholischen Bier ist, sondern dass es einfach ein richtig gutes Getränk ist, dass alle Geschmacks- und Aromakomponenten auch hat, die ein Bier hat, aber was einfach richtig Lust macht, das ganz normal einfach zu trinken als Getränk. Und das ist gerade dieses wirklich Schöne, dass das was ist, was man einfach gerne nimmt und wo ich auch kein Problem damit habe, statt zum Beispiel einem Softdrink oder einer Saftschorle oder was weiß ich zu sagen: Okay! Dann nehme ich jetzt eben diesen Fuhrmannstrunk alkoholfrei und fühle mich damit richtig wohl. Also ganz, ganz schöne Geschichte. Holger, du als Fuhrmann, kommt das dann in deine Kiste künftig immer rein?

Holger: Nein, unbedingt! Das ist doch was richtig Leckeres. Vor allen Dingen eine Variante alkoholfrei und dunkel ist ja eigentlich eher selten. Und das bereichert doch schon wieder mein Leben.

Christof Pilarzyk: Das war auch Sinn und Zweck der Übung, weil wir haben ja auch festgestellt in der Gastronomie, dass der Trend gerade im Mittagsgeschäft immer mehr zu alkoholfreien Bieren oder überhaupt alkoholfreien Getränken hingeht, und wir hatten nichts Adäquates. Dann habe ich gesagt, dann lasst uns doch ein alkoholfreies Bier machen, aber garantiert kein Helles oder Pils-Artiges, weil davon gibt es genug. Und die waren auch nicht so in der Geschmacksrichtung. Also unsere Biere prinzipiell vom Grosch, auch hier aus Oberfranken sind natürlich alle im Schwerpunkt malzbetont. Das liegt vielleicht auch ein bisschen an der Historie. Und deshalb ist der Fuhrmannstrunk auch so geworden. Ich sag mal, dass er zur Weltmeisterschaft kam, liegt vielleicht auch ein bisschen daran, dass wir eine sehr junge Baumeisterin haben, die sich diesem Fuhrmannstrunk, wie er schon bestand, angenommen hat, und dann, ich sag mal so, liebevoll mit gewissen Streicheleinheiten das Bier zur Exzellenz geführt hat. Also unserer Silvana haben wir da viel zu verdanken, die im Prinzip dem Bier so den letzten Schliff gegeben hat. Und es ist natürlich toll, wenn du mit einer jungen Braumeisterin und dem ganzen Team von so einer Mini-Brauerei wie unserer da auf dem Podest stehst. Ich habe bis heute das Bandel vom jungen Beer Star Abend an. Ich möchte es gar nicht ablegen, weil das war einfach für uns die Krönung, das war ein Ritterschlag und das hat uns riesenstolz gemacht, dass wir kleine Mini-Brauerei dort so weit kommen.

Markus: Und es hat mir meinen Führerschein gerettet übrigens.

Christof Pilarzyk: Oh!

Markus: Das muss man auch sagen. Ja. Weil wir hatten, es ist ja immer so, dass auf der Brau, der großen Messe in Nürnberg, an einem Abend werden alle Siegerbiere präsentiert. Also da dürfen dann nur die Juroren hin und eben die Gewinner. Und dann kann man alle Biere, die European Beer Stars gewonnen haben, verkosten und quasi so viel wie man möchte. Natürlich ist da die Versuchung groß und es sind ja immerhin 40, 50 verschiedene Bierstile mal 3 verschiedene Gewinner, dass man da doch immer wieder mal nippt und macht und tut. Und gut, ich bin ja da auch immer beruflich unterwegs und habe dann meinen Stand und mache den ganzen Tag über Verkostungen auch mit alkoholfreiem Bier. Und hatte dann abends aber dann am Siegerabend auch überlegt: Was machen wir denn jetzt? Probieren wir mal hier oder da? Und habe dann aber dich ja getroffen und vorher schon gewusst, dass es da diese Goldmedaille gibt. Und bin an diesem Fuhrmannstrunk hängengeblieben und habe, glaube ich, an dem Abend insgesamt bestimmt drei oder vier Flaschen davon getrunken. Dazwischen mal von dem einen oder anderen Bierchen genippt und bin dann tatsächlich danach mitten in eine Polizeikontrolle reingefahren. Und die haben ja gedacht: Super! Jackpot. So ein Typ, hat das ganze Auto voll mit Bierflaschen, Bierfässer, Gläser, also wirklich ein einziges Bierdings, kommt aus der Messe raus, den halten wir jetzt an, das wird jetzt unser Ding. Und die Polizistin schon gegrinst und so und hat mich dann blasen lassen. Und am Ende stand 0,0. Und das habe ich letzten Endes dem Fuhrmannstrunk auf jeden Fall auch zu verdanken. Insofern werde ich da immer gut dran denken. Ich bin ja auch durchaus ein echter Fan dieses Bieres, absolut, nicht nur seit diesem Abend.

Holger: Jetzt können wir doch mal in die alkoholhaltige Variante wechseln, oder?

Christof Pilarzyk: Haha!

Markus: Gerne. Gerne.

Christof Pilarzyk: Gerne.

Holger: Dann machen wir es mal auf.

Markus: Übrigens unterschreibt da ja immer deine Frau hinten drauf.

Christof Pilarzyk: Ja. Da legen wir auch ganz großen Wert darauf. Sie ist die Chefin. Ich komme ja aus dem Beraterbereich raus und ich bin immer dafür, dass es einen gibt, es kann nur einen geben. Das ist ganz wichtig in der Führungskultur. Meine Frau ist eine Oberfränkin durch und durch, sowohl figuresk als auch in Sprache und Anmutung. Sie ist eine tolle Chefin. Das ist vielleicht auch der Grund unserer glücklichen Ehe. Wir haben gesagt, im Geschäft bist du der Chef, ich bin nur der Verrückte mit den verrückten Ideen. Und sie ist der Dreh- und Angelpunkt und deshalb unterschreibt meine Frau auch da hinten drauf. Das ist der Grund, dass ich da nicht erscheine, weil sie die Chefin ist, auch meine.

Markus: Ich glaube, da hast du jetzt was mit dem Holger gemeinsam.

Holger: Wahrscheinlich mit vielen Verheirateten, würde ich behaupten. Das ist ja auch gut so. Also habe ich heute noch gesagt, mit einem jungen Kollegen, der jetzt kurz davor ist Vater zu werden, da habe ich noch gesagt: Das Beste, was ich je in meinem Leben gemacht habe, ist heiraten und drei Kinder. Das ist so. Also da bin ich auch nach wie vor der Meinung. Da können wir mal einen drauf trinken, würde ich sagen. Prost!

Christof Pilarzyk: Prost!

Markus: Prost!

Holger: Markus, das ist doch großartig für die oberfränkische Seele und für die Zunge und alles eigentlich, oder?

Markus: Könnte man ganz bayerisch antworten: Da bin ich dahoam. Also sehr, sehr schön, allein schon von der Farbe. Also ich bin, das gebe ich ja immer zu, ich bin wirklich ein Fan der dunklen Biere, der malzbetonten Biere mit und ohne Rauch. Und das ist wirklich, also da kann ich den ganzen Abend damit verbringen, fühle mich wohl, das gibt mir ganz viel, das passt zu meinen Lieblingsspeisen. Das ist wirklich ein ganz schönes Bier. Richtig schön cremig. Die malzigen Noten natürlich, die wir beim Alkoholfreien auch hatten, sind auch wieder da. Kommt aber noch ein bisschen mehr Röst-Aromatik, ein bisschen Schokolade, ein bisschen Kaffee. Es kommen interessanterweise auch ein bisschen diese roten Beeren, die wir vorhin schon hatten. Also ganz, ganz spannend, sehr komplex und wirklich wie gesagt ein toller Speisenbegleiter. Selbst, wenn ich jetzt auch im Bierkeller wäre, bei euch zum Beispiel sitzen würde in eurem schönen Brauereihof und dann so eine Brotzeitplatte, tolle Kombination. Also tolles Bier. Und wenn man es an die Sonne hält, dann leuchtet es richtig schön. Bei uns scheint sie jetzt gerade noch oder wieder. So ein richtig schöner Rotstich auch in dem Bier. Also in jeder Hinsicht eine Weide für die Augen, für den Gaumen. Großartig!

Holger: Nein, das kann ich nur bestätigen. Das Mundgefühl ist ganz toll. Und ich finde es auch Wahnsinn, was das für eine Reise ist so zwischen, oder vom ganz Malzsüßen, Karamelligen, hin zu diesem Kaffee und auch diese leichte Bittere dann von den Röstaromen hinten im Nachtrunk. Also das ist auch richtig toll. Selbst ich jetzt als totaler absoluter Pilsfanatiker könnte mir das jetzt so als Digestif-Bier zu einem schönen Nachtisch ausgesprochen gut vorstellen, ausgesprochen gut.

Christof Pilarzyk: Ist notfalls auch machbar. Es ist natürlich bei uns ganz klar der Begleiter zu diesen typisch fränkischen Braten. Diese ich sag mal fast massigen Soßen, die unheimlich viel Charakter haben, und da kann das Bier gut mithalten. Da ist es auch ein exzellenter Begleiter. Und dafür ist es auch gedacht, aber natürlich auch für Nachtisch übrigens gibt’s das auch. Wir haben eine Creme, eine Fuhrmanns-Creme, eine Malzbier-Creme, also als Creme und auch als Sorbet. Und das ist schon interessant, wenn du so ein Sorbet hast und da kommen natürlich dann die Hopfenaromen ein bisschen anders rüber. Spannend, äußerst spannend. Und da finde ich es immer wieder toll, was unser Küchenchef da zaubert mit freier Hand, während ich das Bier dazu trinke. Weil Alkohol ist ja während der Arbeitszeit nicht erlaubt.

Markus: Ja, ja. Wir glauben das. Das erinnert mich auch, es gibt immer ein Wochenende, wo ich eigentlich versuche, jedes Jahr nach Coburg und Rödental auch zu kommen. Das ist, wenn das Samba-Fest ist. Und da sind wir normalerweise dann auch abends Gäste bei euch und da gibt’s natürlich immer Fuhrmannstrunk, gar kein Thema. Vielleicht ist das auch noch was, was viele Hörer vielleicht nicht wissen, dass du ja dazu auch eine interessante Beziehung hast, könnte man sagen. Also was hat es denn mit dir und dem Samba-Fest, was ja soweit ich weiß das größte außerhalb von Brasilien ist, auf sich?

Christof Pilarzyk: Bis vor zwei Jahren war ich der Mitgesellschafter und Mitbegründer dieses Samba-Festivals, was ich mit einem Freund zusammen aufgebaut habe aus kleinsten Anfängen. Übrigens der Fuhrmannstrunk von Anfang an dabei, ein ganz kleiner Stand, und für Insider das Bier auf dem Samba-Festival. Man muss sich vorstellen, vor fast 30 Jahren, die Grenze war so gerade am Aufgehen und es war nicht wirklich viel los für junge Leute. Und da kamen wir auf die glorreiche Idee: Wir könnten ja Samba-Musik nach Coburg bringen. Der Ursprung war, wir haben den Coburger Mohr, so heißt der wirklich, also das hat jetzt nichts mit Rassismus zu tun, sondern so heißt der nun mal, das ist das Stadtwappen. Und haben darum eine Geschichte gebaut, dass dieser Coburger Mohr natürlich ein Sklave ist, der verschleppt worden ist, mit einer römischen Armee dann hierherkam und seine Nachfahren, die wurden dann Brasilianer. Und er war Trommler in der römischen Legion. Und so ist auch die Samba eigentlich aus Coburg nach Brasilien gekommen und dann von Brasilien wieder zu uns zurück. Und das ist die Ursprungsgeschichte zu Samba.

Markus: So schreiben Franken Geschichte, so ist es. Alles kommt letzten Endes von uns. Klar.

Holger: Ja, aber du musst immer noch zugeben, ein bisschen Hessen ist ja noch dabei. Also jetzt gib mal nicht wieder so an.

Markus: Hahaha! Aber das Selbstbewusstsein ist schon, also das ist ja egal. Also auf jeden Fall spannend. Und wer das noch nicht kennt, unbedingt mal dahinfahren, sich das anschauen. Christof, bist du da wehmütig, dass du nicht mehr dabei bist?

Christof Pilarzyk: Ja natürlich. Im Prinzip musst du dir vorstellen, das ist wie ein Kind, was auszieht. Aber es ist einfach so, jeder, der mich kennt, weiß, ich habe sehr viele Sachen gemacht und irgendwann im Leben rächt sich das natürlich, wenn du immer von beiden Seiten brennst. Und es ist mir leichtgefallen, aber der Rolf Beyersdorf macht das richtig toll. Und der ist auch alleine und ich sag immer, es ist gut, wenn man sich im Guten trennt, wenn man auseinandergeht. Ich hätte es einfach gesundheitlich gar nicht mehr geschafft, so einfach ist die Geschichte. Und natürlich ist es immer eine Wehmut, wenn die Vorbereitungszeit ist, das hast du immer noch im Kopf. Da 27 Jahre das zu machen, das ist natürlich eine riesenschöne Routine. Und vor allen Dingen, wenn man weiß, diese Gruppen kommen aus der ganzen Welt. Da waren wir immer besonders stolz darauf. Und das sind fast alles keine Profis, sondern Amateurgruppen. Und jeder, der das Samba-Festival mal besucht hat, der wird begeistert davongehen. Es ist laut, natürlich. Trommeln sind laut. Aber es sind ja nicht nur Trommeln, sondern auch andere Musik. Dieses Jahr musste das Samba-Festival leider abgesagt werden. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass wir nächstes Jahr da wieder toll durchstarten. Ich bin riesenstolz, dass ich Papa davon bin, oder auch Mama, je nachdem, wie man es sieht. Das ist einfach so ein Lebensabschnitt, den ich auch gar nicht missen möchte. Und immer verbunden mit unserem Fuhrmannstrunk, bis heute. Das macht der Hesse in Franken, so kann man sich entwickeln. Ich bin eigentlich eine Erfolgsgeschichte sozusagen. Ich kam als biertechnisch unterentwickelter Mensch nach Oberfranken und wurde hier kultiviert. Und das ist so mein Dankeschön für die Kultivierung das zurückzugeben, die Bierbegeisterung und auch die Begeisterung einfach hier für den Landstrich.

Markus: Was für ein schönes, schönes Schlusswort. Oder Holger, was sagst du?

Holger: Man kann es eigentlich nicht besser sagen. Ich muss ja auch zugeben, ich bin auch sehr gerne in diesem Landstrich und genieße da auch die Trink- und Esskultur, wie sie kaum mehr woanders so zelebriert wird. Das muss man wirklich sagen. Und du hast ja gesagt, Wirt, was gibt’s da Schöneres? Also das ist ja der absolute Traumberuf und das spürt man auch an jeder Ecke. Und das finde ich großartig. Toll, mit euch gesprochen zu haben. Ich bin bereichert und beglückt. So kann man in den Abend starten. Dankeschön!

Markus: Vielen Dank!

Christof Pilarzyk: Danke euch. Super!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 9 – Interview mit John Brauer, Executive Officer at The Brewers of Europe in Brüssel

Schon die Geburt stellte die Weichen für den kleinen John: Benannt nach seinem Urgroßvater, der die erste Lagerbierbrauerei in den USA gegründet hatte (John Schneider) und mit einem mittlerweile vererbten perfekten Nachnamen war klar, dass auch John Brauer einst hinter Braukesseln stehen würde. Unerwarteterweise geschah das allerdings in Südafrika, wo er erst eine Versuchsbrauerei und schließlich den ganzen Laden leitete, bis ihn schließlich der Ruf ereilte, zu den Brewers of Europe zu gehen und dort vor allem für die European Brewery Convention verantwortlich zu zeichnen, die die allseits bekannten Werte rund ums Bier festlegt (z.B. EBC). Zudem ist John gern auch als BeerJudge und als Bierfestbesucher unterwegs, was viele interessante Aspekte im BierTalk mit Markus Raupach und Holger Hahn zu Tage fördert, aber hören Sie selbst…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen BierTalk Spezial. Heute machen wir eine kleine, nicht ganz so weite, aber spannende Reise. Doch vorweg, hier am Mikrofon ist der Markus und …

Holger: … der Holger.

Markus: Und dann haben wir wie immer einen spannenden Gast. Und wie gesagt, heute ein Stückchen weg. Wir müssen in die europäische Hauptstadt, wir müssen nach Brüssel und treffen dort einen Mann mit dem tollen Namen John Brauer. Wenn du dich ganz kurz ein bisschen selbst vorstellst, John, damit die Leute wissen, was so hinter diesem schönen Namen steckt.

John Brauer: Guten Morgen und vielen Dank für die Einladung, lieber Markus und Holger natürlich auch. Ja, John Brauer, zu dem Namen bin ich durch Geburt gekommen, aber ich prahle auch manchmal damit, dass es eigentlich ein Künstlername ist. Aber wie dem auch immer sei, ich bin in Johannesburg geboren und aufgewachsen, und habe dann nach meinem Studium angefangen bei der Brauerei im Labor zu arbeiten. Ich fand das schon spannend für eine Brauerei zu arbeiten, im Labor vielleicht eher weniger, aber man braucht ja auch irgendwo einen Einstieg. Ich wurde dann im Zuge der Umstrukturierung dann gebeten, in der Pilotanlage einen Job zu übernehmen. Das ging natürlich Hand in Hand mit dem Erlernen des Brauhandwerks. Und das hat mir sehr viel Spaß gemacht, ich habe das auch gerne gemacht. Dann habe ich gleichzeitig nebenher dann auch meine internationalen Brauerausbildungen durch IBD, also das hieß damals IOB, nämlich Institute of Brewing in London, dann also abgeschlossen. Und ich habe dann also auch in einem der Großbetriebe von South African Breweries gearbeitet damals. Das war eine schöne Zeit, muss ich sagen, weil das war eine Brauerei, die 1 Million Hektoliter machte, und zwar nur vier oder fünf verschiedene Sorten, alle untergärig, alles High Gravity, und hatten 300 Mann da. Also die Malzsäcke geschleppt haben und Tanks geschrubbt und das war alles noch sehr Handarbeit und da habe ich sehr, sehr viel gelernt. Und auch dieses kameradschaftliche miteinander umgehen, was ja auch zu der Zeit in Südafrika dann auch eine besondere Note hatte, denn es war also wirklich, in den Betrieben war man ja dann schon Vorreiter des Endes der Apartheit, dass also weiß und schwarz kameradschaftlich miteinander im Betrieb umging. Also insofern war das da eine tolle Sache. Aber jetzt machen wir einfach mal einen Sprung. Seit 2007 bin ich in Brüssel ansässig, Ende 2007. Ich bin der Geschäftsführer der EBC, also European Brewery Convention. Viele von euch werden die EBC kennen, einfach dadurch, dass es eine Messgröße ist für Farbe im Brauprozess, also hauptsächlich Bierfarbe, aber auch sagen wir mal Würzefarbe, das wird ja allgemein bekannt in EBC-Einheiten gemessen. Natürlich habe ich immer noch eine Liebe nicht nur zum Produkt, die manchmal sehr lieb ist, diese Beziehung. Nein, es ist aber auch, dass ich immer ständig versuche, mich auf dem letzten Stand der Dinge in der Brautechnik und in der Technologie zu halten. Ich habe da viel Spaß. Durch meine Arbeit bin ich auch sehr, sehr viel mit einer ganzen Bandbreite von Technikern und Brauern und Qualitätspersonal sozusagen in Kontakt. Das macht schon sehr viel Spaß und dadurch reden wir ja auch quasi miteinander und haben also diese doch sehr globalen Verflechtungen und Beziehungen.

Markus: Das klingt ja total spannend. Was mich jetzt noch interessieren würde, du sprichst perfekt Deutsch, woher kommt das denn?

John Brauer: Meine Eltern waren beide deutsch, sind in den 50er Jahren bereits als junge Leute nach Südafrika ausgewandert, haben sich da kennengelernt. Wie man so sagt, der Rest ist Geschichte. Viele denken einfach, dass mein Vorname natürlich ist, weil ich in Südafrika geboren wurde, aber das ist nur die Hälfte der Geschichte. Mein Vorname kommt eigentlich durch meinen Großvater, und dessen Vater, also mein Urgroßvater quasi, war der erste Lagerbierbrauer in Iowa. Die waren nämlich aus der Pfalz 1865, 1870 ausgewandert und haben in einem kleinen Ort in Iowa, in Marion, die erste Lagerbierbrauerei gegründet. Leider gibt’s die nicht mehr, das war Karl Schneider & Sons. Und diese sogenannten Sons, also die Söhne, der eine davon war dann der John Joseph Schneider, und nach dem bin ich also benannt. Also der große Witz der Sache ist: Mein Nachname ist Brauer, ich komme aus einer Brauerfamilie, aber die hießen Schneider.

Markus: Da gibt’s dann noch mehr mittlerweile. Aber gut, ja, Holger, Südafrika, das ist doch für dich ein gutes Stichwort, oder?

Holger: Auf jeden Fall ein gutes Stichwort. Ich war ja auch schon ein paar Mal in dem Land und liebe das Land und auch die Leute vor allen Dingen. Gerade im Moment denke ich da viel drüber nach, weil die südafrikanische Regierung hat es sicherlich gut geschafft, das Thema Corona in irgendeiner Form einzudämmen. Aber dadurch sind so viele wirtschaftliche Probleme entstanden, es gibt keine Sozialsysteme, die ganz Armen hungern, also die hungern wirklich gerade. Das kann man sich, glaube ich, so bei uns gar nicht vorstellen. Und da gehen viele meiner Gedanken gerade hin und ich bin auch traurig so ein bisschen darüber. Aber das können wir ja jetzt nicht weiterspinnen, wir müssen die Kurve kriegen. John, ich finde es sehr beeindruckend, ich habe gerade schon darüber nachgedacht, worüber reden wir jetzt wohl? Wir hatten uns ja vorgenommen, über Bier zu reden, aber man könnte, glaube ich, auch einfach nur bei dir bleiben und so ein bisschen in der Biografie kramen. Vielleicht können wir ja beides verbinden. Also du erzählst ein bisschen über Bier, aber machst dann immer sowas Biografisches und so. Ich denke, das ist wirklich sehr spannend. Also mich würde es auf jeden Fall freuen.

John Brauer: Ich versuche, auch da die Kurve zu kriegen. Und wenn ich ins Labern geraten sollte, dann zeigt ihr mir einfach die Rote Karte, okay?

Markus: Gerne, die Rote Karte ist in dem Fall aber eine flüssige Karte. Und vielleicht fangen wir damit einfach an. Du kannst als Gast gerne als erstes dein Bierchen aufmachen und dann wird‘s uns vielleicht auch interessieren, was es für eins ist, oder lässt du uns raten.

John Brauer: Okay. Also ich fang mal an. Die Flasche steht vor mir. Die Flasche ist eine Pfandflasche. Es gibt keine Halbe-Liter-Pfandflasche, es gibt keine NRW oder die Long Neck, diese Art Flaschen, wie wir sie in Deutschland kennen. Es gibt halt die 0,33 und dann auch ein sehr beliebtes Format für Pfandflaschen in Belgien ist die 0,25. Das ist also ein süßes kleines Format. Da habe ich mir jetzt ein Fläschchen hier hingestellt, das kommt auch gerade aus dem Kühlschrank. Soll ich mal aufmachen und einschenken? Ich meine, wir sehen uns ja nicht. Aber ich lasse euch mal raten. Ich mach‘s schon mal auf und schenke es ein. Eine schlanke Robe, wie man hier vielleicht sagen würde. Wenn ich jetzt weiterrede, dann wisst ihr gleich, worum es sich handelt. Also deswegen lade ich euch ein, zielführende Fragen hier zu stellen.

Markus: Tja, Holger, was sagst du denn?

Holger: Es könnte ja in Richtung Pale Ale IPA gehen, sowas. Kann aber natürlich auch was schönes Belgisches sein. Also vielleicht gibt’s du so eine kleine Richtung vor?

John Brauer: Okay! Also den Stil kennt man in Deutschland, allerdings wird dieses Bier vorzugsweise in 0,5-Liter-Gläsern ausgeschenkt. Ganz früher hatte man auch diese unzivilisierte Unart und hatte dann vielleicht auch noch eine Zitronenscheibe reingetan.

Holger: Dann ist es ja wahrscheinlich ein Weißbier. Die Zitronenscheibe wäre eher in Richtung Kristallweizen, aber du hast ja gesagt, es ist trüb. Also ich denke, es ist einfach ein Weißbier oder ein Weizenbier.

John Brauer: Ja. Und die heißen halt in Belgien …

Markus: Ein Witbier.

John Brauer: … abhängig davon, ob man auf der französischen Seite ist, dann ist es ein Beer Blanche, oder ist es ein Witbier. Ich sag auch immer, das ist eine bestimmte Unterart von einem Weizenbier, weil ich glaube, unsere typisch süddeutschen Weißbiere, auch wenn sie vielleicht dunkel sind, sind immer gekennzeichnet durch diese phenolische Hefe. Das haben diese Biere nicht. Eigentlich sind diese Biere relativ leicht, und man könnte fast sagen etwas unbedarft. Dadurch tut ja auch der Belgier dann so Sachen wie getrocknete Orangenschale rein und vor allen Dingen das von mir doch sehr geschätzte Koriander, was die ganze Sache sehr hebt und blumig würzig, ja, fast schon ein bisschen parfümiert erscheinen lässt, aber doch ein sehr schöner Stil ist. Und vor allen Dingen ein Bier, was sich sehr, sehr gut trinkt, besonders an warmen Tagen.

Markus: Dann ist es entweder ein Hoegaarden oder ein Blanche de Namur.

John Brauer: Ich glaube, du hattest die Kamera an.

Markus: Nein, hatte ich nicht, überhaupt nicht.

Holger: Ja, ja, genau, er kann es ja ein- und ausschalten, haben wir ja gerade gemerkt. Aber so wie du …

Markus: Nein, nein, nein.

Holger: … es beschrieben hast, also ja, geht’s ja total in die Richtung. Und ein Witbier, bei dem schönen Wetter, das ist ja genau das Richtige, um in den Tag zu kommen. Also das ist halt genau das Richtige.

Markus: Also ich würde das Blanche de Namur nehmen. Welches hast du denn?

Holger: Ja, es ist ein Blanche de Namur. Genau richtig. Allerdings muss ich dir sagen, du kannst ja jetzt nicht sehen, allerdings habe ich ein Hoegaarden-Glas eingeschenkt, weil ich nämlich kein anderes habe. Also insofern hast du fast schon blind den Finger da richtig reingelegt in die Wunde. Das ist absolut korrekt, das ist ein Blanche de Namur. Ich persönlich muss sagen, dass mir der doch relativ ausdrucksstarke Koriander beim Hoegaarden eigentlich besser schmeckt, muss ich ganz ehrlich sagen. Allerdings muss man auch sagen, dass dadurch die Drinkability etwas einbüßt beim Hoegaarden. Also da kann man auch an einem heißen Tag nicht so viel davon trinken, weil nach einer Weile finde ich, der Koriander wird dann schon so ein bisschen aufdringlich. Besonders wenn das Bier dann wärmer wird, dann ist das also auch nicht so reizvoll. Aber was ich tollfinde bei dem Blanche de Namur, ist, dass es sehr diskret mit dem Koriander zu Wege kommt und dadurch eine bessere Drinkability gewährleistet ist. Aber so für einen Freitagmorgen 10 Uhr, Kaffeepause-Ersatz, ist es wirklich ein erfrischendes kleines Weißbier mit blumigen Noten, die man da gerne noch vor dem Mittagessen genießen kann.

Markus: Da würden wir jetzt gerne mitmachen, Holger, oder?

Holger: Unbedingt! Ich spreche das ja immer wieder an, auch das Thema Preis-Leistung-Verhältnis finde ich auch wichtig, also in Richtung Biergenießer. Und das sind beides Biere, also beide Biere sind, finde ich, vom Preis-Leistungs-Verhältnis her auch unschlagbar. Also die kriegt man ja in Belgien wirklich in jedem Supermarkt auch. Und es sind Top-Biere, alle beide, muss man wirklich sagen. Also großartig!

Markus: Da sind wir natürlich jetzt auch im Herzen der belgischen Bierkultur angekommen, also zumindest von der Geschichte her. Weil das Wit mit das älteste Bier ist, was es in Belgien als eigenen Bierstil gibt und die Basis für viele, viele andere Biere war. Vielleicht die Frage, also du bist jetzt in Brüssel, kommst aber eben eigentlich aus anderen Ecken der Welt, das heißt: Wie war das so in Belgien anzukommen? Wie ist es, mit den belgischen Bierstilen, der belgischen Bierkultur überhaupt zurecht zu kommen? Dort wird ja doch mehr und vielleicht auch anders getrunken und vielleicht auch stärkere Biere. Und was hat das überhaupt mit den Brewers of Europe auf sich?

John Brauer: Auf die Brewers of Europe komme ich gleich noch zurück, das ist auch eine spannende Sache. Nochmal zu dieser Frage des Ankommens, und das ist jetzt 2008 gewesen, Anfang 2008: Das waren keine einfachen Zeiten, einfach weil der Belgier sehr freundlich, sehr zuvorkommend ist, aber hilfsbereit ist nicht unbedingt seine Stärke. Er oder sie würde das nie so sehen. Es ist eher so, dass hinterher dann, wenn man sagt, hättest du mir ja gleich sagen können: Ach so! Du hast aber nicht gefragt. Das ist so ein bisschen so eine Quadratur des Kreises, die die auf einer zwischenmenschlichen Beziehung nicht so für nötig erachten. Es sind auch sehr private Leute, also es ist selten Belgier im Freundeskreis zu haben, weil die sehr auf Familie auch erzogen sind und eigentlich die Wochenenden lieber bei den Eltern beziehungsweise Schwiegereltern verbringen. Das ist auch völlig okay so. Von daher braucht man schon eine gewisse Eingewöhnungszeit, würde ich sagen. Die Eingewöhnungszeit würde ich fast auch auf die Biere beziehen, weil es gibt, wie ihr ja beide wisst, eine tolle Auswahl an sehr, sehr interessanten Bierstilen und es gibt alles Mögliche und es gibt kaum was, was es eben nicht gibt. Aber man geht halt auch immer an das Biertrinken eher mit einem Genussaspekt anstelle von einem Durstlösch-Aspekt heran. Was natürlich auch ein bisschen dem Klima geschuldet ist, nicht momentan, weil es ist gut warm. Und daran muss man sich auch so ein bisschen gewöhnen. Es ist irgendwo, weißt du, wenn du nachmittags irgendwie Freunde eingeladen hast für ein Barbecue oder sowas, und man steht um den Grill rum, dann pfeifst du dir nicht gleich so vier schnelle Tripel Karmeliet oder sowas rein. Und das fehlt mir so ein bisschen, dass also für einen Freund von untergärigen hellen Bieren die Auswahl eher mäßig ist. Also das sind auch so Sachen, wo ich gerne nach Deutschland fahre, oder wenn ich mal in Deutschland bin oder vor allen Dingen in Bayern, schöne helle Biere, süffig, durstlöschend, also das fehlt mir dann. Von daher ist es ein bisschen schwierig. Man nimmt immer das Beste mit aus einem Land, und die Kultur, die Biertrinkkultur ist halt da eine ganz andere, aber es ist nicht schlecht, beileibe nicht. Ich finde, es ist sehr, sehr spannend, und kaufe auch immer wieder gerne Sachen, die ich noch gar nicht kannte. Also insofern ist man eigentlich immer auf einer Lernkurve, die auch sehr befriedigend ist.

Holger: Ich lebe ja in der Hauptstadt Oberbayerns und dann kann man sagen, es ist vielleicht auch gleichzeitig die Hauptstadt der Hellen. Obwohl ja nicht schon immer hier hell gebraut wurde, also in München, sondern erst seit circa 125 Jahren. Bei mir ist es fast genau umgekehrt. Also mein Lieblingsstil ist eigentlich Pils, ich habe eine Pils-Vergangenheit, finde den Stil einfach einzigartig. Hell ist mir meistens zu langweilig, es gibt aber Ausnahmen. Aber das ist jetzt nicht so, dass ich irgendwie täglich Sehnsucht hätte. Aber in die belgischen Bierwelt, da habe ich nicht nur täglich Sehnsucht, sondern jede Sekunde, also wirklich jede Sekunde. Ich sag auch immer, für mich ist die belgische Bierwelt der Zenit, in meinen Augen gibt es das nicht besser. Und dass du jetzt sagst, Mensch, also die sind alle natürlich toll und komplex und Wahnsinn und Genuss, aber einfach mal so ein schönes Helles, da freue ich mich jedes Mal, wenn ich nach Deutschland komme, das ist sehr interessant. Also da kann man mal wieder sehen, jedem fehlt das, was er gerade nicht hat.

John Brauer: Ich versuche das einfach wirklich auf einem, sagen wir mal, lockeren Rahmen zu sehen. Das ist wirklich, ich kenne Leute wirklich, die, sagen wir mal, regelmäßig, einmal im Monat, alle sechs Wochen oder was immer, nach Aachen fahren in die Getränkemärkte und halt sich kistenweise ihre, ich sag einfach nur mal, Fernseh-Biere irgendwelcher Art, Kasten 10 bis 12 Euro, ihr könnt euch schon denken, gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, guter Durstlöscher normalerweise, dass die sich mit solchen Sachen dann eindecken. Und dass es halt nur ganz selten ist, dass diese Leute dann auch mal ein belgisches Bier trinken.

Holger: Du kennst also genügend Wirkungstrinker. Und apropos, Markus, was hast du dir denn für ein Bierchen ausgesucht?

Markus: Ja, da lasse ich euch vielleicht auch mal ein bisschen raten. Ich mach‘s mal auf. So. Jetzt muss das noch ins Glas.

Holger: Es ist auf jeden Fall keine Dose, sondern ist eine Flasche, würde ich jetzt behaupten.

John Brauer: Ja, stimmt.

Markus: Auf jeden Fall. Das stimmt. So. Also im Glas ist es ein eher helles Bier, also so leicht getöntes Strohgelb, würde man vielleicht sagen. Obendrauf sitzt ein sehr fester, so ein mittelporiger weißer Schaum. Der ist auch sehr stabil. Es steigen schön kleine Bläschen auf. Vom Geruch her hat man so ein bisschen grasig, ein bisschen getreidige Noten, ein bisschen Honig.

Holger: Tippe ich mal vielleicht auf einen Rittmayer Kellerbier alkoholfrei.

Markus: Nein. Nein, alkoholfrei habe ich mir jetzt nicht ausgewählt. Also ich habe dieses Bier aus zwei Gründen ausgewählt. Einerseits, weil der John ja vorhin schon gesagt hat, uns verbindet ein sehr schönes gemeinsames Erlebnis mit dem Oktoberfest. Andererseits ist es auch ein Bier, wo man sich gefragt hat vielleicht vor ein paar Wochen, ob das überhaupt dieses Jahr verfügbar ist. Und deswegen habe ich das ausgewählt.

Holger: Also ein Festbier?

Markus: Mhm (bejahend).

John Brauer: Aha.

Markus: Okay! Jetzt müsst ihr natürlich überlegen, welches Fest? Es ist das größte Bierfest in Franken, in einer Stadt, die eine ganz entscheidende Rolle beim Thema Lagerbier gespielt hat, so um die 1850er, 1860er, 1870er Jahre, mit einem ganz großen Berg, in dem ganz viele Keller drin sind.

John Brauer: Kulmbach vielleicht.

Markus: Fast.

John Brauer: Fast.

Markus: Kulmbach hat etwas später, Kulmbach kam so in die 1870er, 1880er Jahre rein, und da hatten die dann auch schon künstliche Kühlmöglichkeiten und so, deswegen haben die nicht so viele Keller gebraucht. Wir sind aber noch ein bisschen vorher und wir sind in Mittelfranken.

Holger: Also in Nürnberg?

Markus: Nein.

John Brauer: Erlangen vielleicht?

Markus: Genau. Erlangen, wir sind in Erlangen, und das ist das diesjährige Bergkerwa Festbier. Es gibt ja mehrere Brauereien auf der Bergkerwa, ich habe das jetzt von Tucher da, schlicht und einfach, weil es das einzige war, was es aktuell in den Märkten hier verfügbar gibt. Das ist eben so ein bisschen Wehmut auch, weil, wie gesagt, die großen Bierfeste finden ja dieses Jahr alle nicht statt. Und was ich immer ganz wichtig finde, es gibt einen großen Unterschied, wenn ich so ein bayerisches Bierfest habe, dann habe ich halt irgendwie so ein Bierzelt und Blasmusik und literweise Bier, und wenn man ein fränkisches Bierfest hat, dann hat man eine Open Air Veranstaltung mit sehr vielen verschiedenen Brauereien, das ist eher wie ein riesengroßer Biergarten, und auch sehr vielen verschiedenen musikalischen Bühnen. Das finde ich immer eine wesentlich angenehmere Atmosphäre. Und da ist man dann immer schon sehr wehmütig, wenn es eben nicht stattfinden kann. Also was heißt immer, wir haben ja nur dieses Jahr momentan den Ausfall, und die Bergkerwa ist schon etwas, also da würde man normalerweise, wenn man jetzt so an der Autobahn vorbeifährt zwischen Bamberg und Nürnberg, würde man an Erlangen vorbeifahren, da wäre dann jetzt schon das Riesenrad aufgestellt. Das steht immer schon ein paar Tage vor der Bergkerwa, und da hätte man schon richtig Lust und irgendwann würde man dann auf den Berg auch gehen. Es wird dort auch unheimlich zelebriert, es wird am Anfang ein Fass ausgegraben und am Ende ein Fass begraben. Tausende von Leuten singen Lili Marleen am Schluss. Also das ist wirklich einfach ganz, ganz viel Kultur und insofern in Reminiszenz auf dieses Jahr nicht stattfindende Fest und unser gemeinsames Oktoberfest, habe ich gedacht, nehme ich mal so ein schönes Festbierchen.

Holger: Okay!

Markus: Es hat 5,8.

John Brauer: Aha.

Markus: Also so ein klassisches deutsches Festbier oder bayerisches Festbier. Wobei wir in Franken halt immer das Problem haben, dass viele Brauer alles Mögliche auf Flaschen draufschreiben. Du bekommst hier auch ein Export mit 5 % Alkohol und so oder auch ein Festbier mit 6,5. Also da sind die manchmal ein bisschen flexibel in ihrer Beschreibung. Aber bei den großen Brauereien wie hier Tucher ist das natürlich schon nach dem Lehrbuch, und dementsprechend ist es einfach ein wirklich schönes, sehr süffiges Festbier, was durchaus auch einen schönen herben Charakter hintenraus hat. Das würde dem Holger wahrscheinlich auch Spaß machen. Und das ist so ein Bier, das man auch wirklich gut genießen kann. Und wäre für deine Grillparty vielleicht auch genau richtig. Holger, fehlst eigentlich nur noch du, oder? Wenn wir dabei sind, solltest du vielleicht auch deins aufmachen?

Holger: Ja. Ich mache meins mal auf. Wartet, wartet! So! Bei mir ist es so, dass das auch einen weißen Schaum hat, feinporig, so ein helles Bernstein, kann ich wirklich nicht anders beschreiben. Perlt schön, also hat eine gute Ressenz, und hat so fruchtige Zitrusnoten. Ach, das reicht jetzt erst mal vielleicht.

John Brauer: Wo du gesagt hast, du bist ein Pilsfan, du hast jetzt bewusst oder unbewusst noch nichts, sagen wir mal, Sensorisches gesagt, also von der Farbe mal abgesehen. Können wir davon ausgehen, dass es relativ bitter ist?

Holger: Nein, eher nicht. Ich kann sagen, es ist kein Pilsbier.

Markus: Ist es ein belgisches Bier?

Holger: Nein, es ist auch kein belgisches Bier. Also es fängt mit B an, das ist vielleicht schon eine Richtung.

Markus: Von der Brauerei oder vom Bierstil her?

Holger: Nein, von der Brauerei und von der Stadt.

John Brauer: Ist es ein obergäriges oder ein untergäriges Bier?

Holger: Nein, ist ein obergäriges Bier.

John Brauer: Ah okay.

Markus: Hm. Ein Brewdog aus Berlin?

John Brauer: Und es fängt mit B an.

Holger: Die Stadt fängt mit B an. Die kennt ihr auch alle.

Markus: Ein BrewDog aus Berlin?

Holger: Berlin ist nicht schlecht.

John Brauer: Ja, aber ich weiß, dass Berlin nicht schlecht ist, aber kommt da das Bier her?

Holger: Unbedingt! Ja, ja. Habe ich ja gesagt, B und B sozusagen. Also BrewDog hätte es sein können, aber es gibt ja auch noch andere Berliner Brauereien, die eben mit B anfangen.

Markus: BRLO?

Holger: Richtig, Markus. Absolut! So! Und jetzt noch, welches Bier? Ich sag’s einfach: Naked.

Markus: Ach herrje. Okay!

Holger: Ganz einfach, alkoholfrei, also ich bin da nicht so wie ihr zwei unterwegs, weil der Tag ist früh. Und deshalb habe ich mich entschieden, BRLO Naked, sage ich mal ein alkoholfreies Craftbier. Ich finde, das Projekt, oder vielmehr es ist ja eigentlich gar kein Projekt mehr, also das ist schon auch eine Brauerei und eine Firma, und alles, was da gemacht wird, ist schon echt super, finde ich. Und auch die Gastronomie, die da aufgebaut ist am Gleisdreieck, der Biergarten ist sicher mittlerweile auf, eben mit allen Auflagen und so. Also ich bin da gern. Und dieses Bier hat immerhin mal Gold gewonnen beim World Beer Award 2019. Und ist für mich schön gekühlt so am Morgen genau richtig. Oder auch nach dem Sport wäre es auch genau richtig. Und wird eben mit Lemondrop und Mandarina Bavaria und Citra als Hopfen gebraut. Aber hat natürlich auch so einen typischen Alkoholfrei-Geschmack, der aber, sag ich mal, da ist schon auch noch viel Aroma transportiert. Also mir schmeckt das gut.

Markus: Ist es wichtig, dass man unterscheidet, ob man das Bier aus der Flasche hat oder vor Ort? Das finde ich ganz interessant, weil wenn die das vor Ort in ihren Tanks machen, dann ist es wirklich so, dass sie durch die Hefe und durch das Brauverfahren es hinbekommen, dass man da eigentlich kaum mehr diesen klassischen Alkoholfrei-Charakter schmeckt, also dieses Süßliche und was halt viele gestopfte Biere haben. Sondern da ist es wirklich ganz faszinierend, also ich habe das zum ersten Mal, glaube ich, 2016 getrunken, da war das noch so ein Versuchssud bei denen vor Ort. Und da hat es mir wirklich die Augen geöffnet, was alkoholfreie Biere können können. Das war wirklich ganz, ganz großartig. Ich war nur ein bisschen enttäuscht, als ich es in der Flasche hatte, weil es da eben dann deutlich anders war. Aber insgesamt ist es natürlich ein faszinierendes Projekt und BRLO an sich ist auch toll, was die mittlerweile dort aufgezogen haben. Die haben ja mittlerweile zwei Braustätten in Berlin und machen ganz viel, ganz viel auch für andere. Und sind eben auch mit ihrer Gastronomie extrem kreativ und spannend unterwegs. Holger, da waren wir ja erst vor zwei Jahren oder so, einem Jahr? Weiß ich gar nicht mehr.

Holger: Voriges Jahr.

Markus: Letztes Jahr. Mhm (bejahend).

Holger: Bei mir ist es fast so, also wenn ich in Berlin bin und dann statte ich auch dem Gleisdreieck immer einen Besuch ab und versuche mich auch mit dem Michael Lemke, mit dem Baumeister zu treffen. Und auch die Katharina, was die macht, überhaupt, also was die da auf die Beine gestellt haben, also wirklich unglaublich und da einfach Hut ab.

Markus: Woran ich mich übrigens noch erinnere, ich glaube, zwei Tage bevor der Shutdown war, war ich ja noch in Berlin und habe dort ein Seminar gehalten für Lemke. Ich habe mich dann auch mit meinen Freunden von Schneeeule getroffen und hatte mir da ein Mietauto genommen. Dann haben die mich gebeten, ob ich ihnen noch schnell ein Fass zu BRLO fahren könnte. Und das war dann wirklich extrem lustig, weil wir dann mit dem Auto eben schnell runtergefahren sind, haben dann direkt vor dem Seiteneingang gehalten, eine Traube von Menschen natürlich, die haben uns erst mal beklatscht, weil wir da ein Bierfass ausgeladen haben. Dann sind wir rein, Michael Lemke hat uns begrüßt, und es war ein Riesen-Hallo, um dann dieses Schneeeule-Fass da rein zu bringen. Also fand ich auch sehr schön, vor allem, weil man da auch wieder sieht, wie die auch mittlerweile in Berlin kooperieren und zusammenarbeiten, und das ist eine tolle Atmosphäre. Wie ist das denn vielleicht, John, in Brüssel? Da gibt’s doch auch so ein paar kleine Brauereien, also noch nicht so viele, aber schon. Ist das eher so, dass da jeder vor sich hin wurschtelt oder gibt’s da auch eine Zusammenarbeit?

John Brauer: Ja. Also Zusammenarbeiten ist durchaus in Brüssel selber und der altehrwürdigen Cantillon mal abgesehen, die ihr ja auch beide sicherlich kennt, spontan vergorene Biere mit Kühlschiff und dem ganzen Zubehör und so weiter, ja, gibt es eigentlich nur noch eine andere Brauerei. Es gibt noch Brauerei-Ketten, aber es gibt noch die andere Brauerei, nämlich die Brasserie de la Senne, die geleitet wird von einem guten Freund von mir, das ist der Yvan De Baets. Ein netter Kerl, der also vor etwa zehn Jahren mit seinem Geschäftspartner diese Brauerei gegründet hat in einem doch schon sehr nichtssagenden industriellen Vorort von Brüssel auf der Westseite, also durchaus nichts, wo man gewesen sein muss. Aber diese Biere sind klasse, muss ich ganz ehrlich sagen. Die sind alles obergärige Biere und unterscheiden sich hauptsächlich, sagen wir mal, entweder durch die Farbe oder durch den Alkoholgehalt. Aber irgendwo merkt man, die kommen alle aus demselben Stall, also irgendwo das Branding und wie das dann sozusagen sich umsetzt in die Sensorik, das haben die ganz fein hingekriegt, diese Jungs. Also da ist zum Beispiel das Zinne Bir, das ist wahrscheinlich das beliebteste, aber auch das Taras Boulba. Und der gute Yvan und sein Geschäftspartner haben also vor ein paar Jahren beschlossen, sie bauen eine neue Brauerei. Ist auch eine sehr schöne Anlage mit einem renommierten deutschen Sudhaus-Bauer, der eine tolle Sache dahingestellt hat. Tja! Und dann kam jetzt die Krise und ich habe mich noch mal mit ihm unterhalten, und er hat jetzt eine 90-prozentige Einbuße, weil er wirklich sehr, sehr einfach auf die Gastronomie gefahren ist. Man konnte auch oder man kann, sage ich mal, sein Bier gar nicht im Supermarkt kaufen, weil früher hatte er einfach die Kapazitäten nicht und hat eigentlich hauptsächlich Restaurants, Straßencafés, Kneipen und so weiter beliefert. Solche Leute trifft die ganze Krise natürlich mit voller Wucht. Ich hoffe, dass der gute Yvan da also auch die Reserven hat, die ganze Sache dann durchzustehen. Dann gibt es natürlich auch noch so Brauereien wie zum Beispiel das Brussels Beer Project. Die machen sich auch sehr gut, die haben auch eine gute Range von Bieren. Sind wohl auch dabei, eine neue Brauerei zu gründen oder zu bauen. Denn die haben früher im Lohnbrauverfahren brauen lassen. Also das finde ich schon toll, dass die wohl auch mit ihren Plänen trotz der Krise einfach jetzt weitermachen und sagen: Nein! Wir wollen das trotzdem und wir denken, das führt also zum Ziel. Insofern ist Brüssel vielleicht eher ein Mikrokosmos dessen, was im Land passiert. Aber so an jeder Ecke eine Brauerei in Brüssel, nein, nein, das nicht. Das ist also wirklich eher was, was sich auf zwei oder drei kleinere Anbieter beschränkt.

Markus: Ja, aber dann sind wir jetzt schon sehr beim europäischen Thema oder bei den Brewers of Europe. Vielleicht magst du uns noch kurz erzählen, was es damit auf sich hat und ob du da jetzt vielleicht auch im Zuge der Krise irgendwo involviert bist?

John Brauer: Die Brewers of Europe sind sozusagen der europäische Dachverband für die europäische Brauwirtschaft oder Brauindustrie. Wie gestaltet sich das im Einzelnen? Ganz einfach. Wir haben etwa 28 Mitglieder, das heißt, das sind die Brauereiverbände in den jeweiligen EU-Staaten. Allerdings nicht in allen, aber dazukommt die Schweiz, Norwegen und Türkei, die ja bekanntlich nicht zur EU gehören. Das sind also auch bei uns Mitglieder, diese Brauereiverbände aus diesen Ländern. Und dieser 28 Mitglieder finanzieren uns über einen Schnitt, der berechnet wird durch den Volumenausstoß eines jeweiligen Landes. Soweit also zur Theorie. Und was wir jetzt quasi von den Brewers of Europe machen, ist, dass wir, sage ich mal, die Öffentlichkeitsarbeit machen und auch die Industrievertretungsarbeit der Brauindustrie in Europa. Also es ist eine Interessenvertretung, die sich, sage ich mal, vis-à-vis das europäische Parlament konzentriert, vis-à-vis die Abgeordneten des Parlaments und natürlich ganz wichtig, die Europäische Kommission. Das heißt also, Gesetzgebungen, die im Nahrungsmittelbereich sind, Gesetzgebungen, die sagen wir mal landwirtschaftliche Aspekte betreffen, Pestizidverordnungen bei Getreide, bei Hopfen. Also ich könnte stundenlang da Beispiele nennen. Das sind alles Sachen, die uns betreffen und wo wir, sagen wir mal, versuchen, die Interessen unserer Mitglieder auch dementsprechend gegenüber dem Gesetzgeber zu wahren. Das ist, sagen wir mal, Brot und Butter von, was wir normalerweise machen. Meine Aufgabe oder meine Arbeit ist ein bisschen anders, weil ich bin ja für die EBC zuständig, die European Brewery Convention, die 1947 schon gegründet wurde, also eindeutig älter ist als die Brewers of Europe. Und wirklich mit dem Ziel, eher eine technische und technologische Zusammenarbeit zwischen Brauereien zu gewährleisten. Das heißt, mein Ressort geht eigentlich auch mehr in die Richtung technische Standards, Analytiker. Ich weiß nicht, ob ihr davon schon mal gehört habt quasi, dass die analytischen Methoden oder Labormethoden für den Braubetrieb und Verpackungen und so weiter, die werden also durch die EBC herausgegeben. Und da beugt sich dann also auch ein Team darüber, das ist sozusagen das Analysen-Komitee. Diese Sachen, die betreue ich, sagen wir mal, als Hauptaufgabe. Wir haben auch noch eine Brewing Science Group, sehr interessante Sache, das sind etwa 50, 60 Mitglieder. Also sagen wir mal, zehn der wichtigsten Professoren in Europa, die mit der Brauindustrie oder mit Brauwissenschaft zu tun haben, sind da Mitglied. Also die Belgier sind da Mitglied, die Deutschen, Franzosen, Spanier, Briten und so weiter. Also es ist eine sehr interessante Gruppe, ist persönlich auch so irgendwo mein Lieblingskind, weil da hast du halt eben die geballte Kompetenz der europäischen Brauindustrie auf einem Platz. Und ich finde auch, worüber die reden und was für Projekte da im Zuge dieser jährlich stattfindenden Meetings dann rauskommen, finde ich also auch sehr interessant. Ein Stichpunkt hier noch mal: jährliche Meetings. Na ja, das ist überhaupt jetzt vielleicht die Überleitung: Wie gehen wir mit der Krise um? Was tut sich da? Das Bild, was sich uns präsentiert, ist alles andere als rosig. Das wissen wir. Es gibt Brauereien, die schon immer mehr auf Flasche gesetzt haben als auf Ausschank in Kneipen oder in der Gastronomie. Die stehen gar nicht mal so schlecht da. Dann gibt es allerdings halt auch so diejenigen, die mehr auf Fassbier setzen. Und da sind natürlich sehr, sehr viele der Craft-Brauer dabei, denen geht es also richtig schlecht. Entweder haben die die Bude jetzt erst mal zu und hoffen auf bessere Tage, oder sie dümpeln halt sagen wir mal mit 10 % ihres Volumens, 20 % ihres Volumens, dahin. Aber das ist natürlich auch kein Zustand. Was wir als die Brewers of Europe da machen, ist, wir haben also jetzt verschiedentliche Schriften erstellt, zum Teil auch, sage ich mal, technischer Art. Zum Beispiel hat sich der Spanische Brauerbund an uns gewendet, doch noch mal zu erklären, wie das ist mit dieser Sache, mit dem Best Before Date, also Haltbarkeitsdatum im Sinne, dass ein Bier am besten davor ist. Aber es gibt ja auch dieses sogenannte Use by Date. Das ist allerdings nicht bei Bier jetzt unbedingt eine Sache, die wir besprechen müssen, die ist nicht so relevant, sage ich mal. Aber im Grunde genommen geht es jetzt darum, dass wir in diesen Schriften oder in dieser Studie dann auch unseren Mitgliedern ein Tool an die Hand geben, dass sie sagen, dass sie genau wissen, ob jetzt Kegs, die bei irgendeiner Kneipe im Keller stehen und sich jetzt dem Verfallsdatum nähern, ob die das noch aufmachen können und servieren, oder eher an die Brauerei zurückführen. Also es gibt viele Brauereien, die sagen: Bitte, wenn ihr nicht sicher seid, wir nehmen wieder das Fass ab, allerdings nur, wenn es noch nicht auf ist, und ersetzen es dann da durch ein neues Fass. Wir versuchen, da einiges durch diese technischen Schriften und einen sogenannten COVID-19 Tracker, wie es so schön heißt, auch zu sehen: Wo drückt der Schuh und wo muss man also ansetzen? Ich sehe, dass dieses Jahr noch sehr, sehr schwierig wird, weil wir sind quasi erst am Anfang der wirtschaftlichen Auswirkungen. Wir haben also für den Rest des Jahres unsere Events und unsere Meetings und so weiter allesamt abgesagt. Eben nicht hauptsächlich aus einem medizinischen Standpunkt aus oder Ansteckungsgefahr oder Social Distancing, das spielt alles eine Rolle, aber wir haben es auch abgesagt bis nächstes Jahr hinein, einfach aus dem Glauben, dass die Budgets der Brauereien doch unter einem mächtigen Druck jetzt zu stehen kommen, bestimmt noch für die nächsten 12 bis 18 Monate.

Markus: Wir sind jetzt leider schon ein bisschen am Ende unserer Podcast-Zeit angelangt. Ich glaube aber, Holger, es würde Sinn machen, wenn wir uns in ein paar Monaten nochmal in der Runde zusammensetzen und dann vielleicht noch mehr auf dieses europäische Thema eingehen und vielleicht auch ein bisschen mehr, was bis dahin sich dann in der Wirtschaft getan hat. Oder hast du noch eine konkrete Frage?

Holger: Ja. Ich habe eine total konkrete Frage. Und zwar, wo wir uns auf dem Belgian Beer Weekend 2019 getroffen haben, dann abends sind wir dann da durch die Stadt gezogen und dann habe ich eine Dose Craft-Pilsener getrunken. Die heißt 13 Delta und kommt von, weiß ich auch nicht, also habe ich noch nie gehört, The Ministry of Belgian Beer heißen die. Kennst du die? Weil das ist wirklich ein krass geniales Pils. Also das ist so gut gewesen, das war jetzt, ich glaube, das war im September, das Beer Weekend, oder?

John Brauer: Ja, am ersten Wochenende im September. Völlig richtig. Ja.

Holger: Genau. Und ich kann mich immer noch erinnern. Also das hat mich beeindruckt das Bier. Ich weiß nicht, kennst du das?

John Brauer: Ich greife das jetzt wirklich dankend auf, weil so viel Auswahl an interessanten Pilsbieren hat man natürlich nicht in Belgien, aber das soll es ja auch nicht sein, es ist ja eher ein Land der obergärigen Spezialitäten. Ich habe es mir mal aufgeschrieben. Also 13 Delta heißt das Ding.

Holger: Ja.

John Brauer: Und das ist von der Ministry of Belgian Beers, oder wie?

Holger: Ja genau. The Ministry of Belgian Beer und hat 55 IBU, so wie ich es mag. Also so quasi die Pilsbiere der späten 70er. Das, was wir jetzt haben, ist ja oft Mainstream angepasst, aber ich liebe Pilsbiere mit Ecken und Kanten. Dosenbier finde ich eh ziemlich gut, also die Dose ist einfach ein tolles Gebinde für Bier, also wenn man das nur aus der Produktseite betrachtet. Man kann es natürlich auch noch aus anderen Winkeln betrachten, das ist die Dose vielleicht nicht ganz so toll, aber jetzt mal nur fürs Bier ist es, glaube ich, eine tolle Sache. Und hat 4 % nur an Alkohol gehabt und das fand ich genial, also wirklich genial. Das hat natürlich immer was auch mit Stimmung zu tun und natürlich immer, in welcher Gesellschaft ist man. Und da hat mich natürlich Markus Raupach begleitet und da schmecken ja alle Biere gut, oder Markus?

Markus: Allerdings. Ja. Ich kann mich noch gut erinnern, das war eine ziemlich düstere Spelunke, wo wir dann ins Obergeschoss sind.

Holger: Pst! Pst!

Markus: Das gab‘s dann einen Empfang. Hahaha! Okay. Ich sage schon nichts mehr. Lasst uns das vielleicht wirklich beim nächsten BierTalk zusammen besprechen.

John Brauer: Gerne.

Markus: Es gibt noch so viel Themen, also gerade die belgische Bierkultur, auch die belgische Genusskultur, da geht’s natürlich auch um die Fritten und um die Schokolade und um so viele andere tolle Sachen, die du da vor Ort jeden Tag genießen kannst. Worum wir dich, glaube ich, sehr beneiden. Und andererseits würde ich auch gern mal über das Thema Alkoholfrei reden und über diese vielen Dinge, die momentan sich in der Bierwelt tun und sich verändern. Aber das schaffen wir heute nicht mehr, sonst sind wir noch zwei Stunden am Podcast. Insofern, also von meiner Seite aus vielen, vielen Dank für deine Zeit und dass du uns am Freitagmorgen begrüßt hast und dir auch so ein feines Bier ausgesucht hast. Da bin ich auch ganz neidisch. Ich habe gerade keine Blanche de Namur mehr im Keller stehen. Muss ich mal nachbestellen. Also vielen Dank und auf ein baldiges Wiederhören.

Holger: Ich kann nur sagen, wenn du mal in München bist, melde dich, ich würde mich gern mit dir treffen und wir können ja auch mal um die Häuser ziehen und besondere Helle erkunden. Zum Beispiel das Giesinger Erhellung, was schon vom Namen her total genial ist. Und dann will ich auch noch zum Schluss darauf hinweisen, dass wir, wenn wir wieder dürfen, auch gerne mit einem Bus mal gemeinsam – wer Lust hat, kann auf uns zukommen – gemeinsam eine belgische Biertour machen. Also ich würde sagen, ab München oder ab Bamberg, egal. Dann mal eine Woche durchs Land reisen und dann vieles kennenlernen. Ich bin freiwillig dann der Fahrer.

John Brauer: Das ist ja wirklich ein Opfer, was du hier bringst, Holger.

Holger: Ja, ich weiß. So bin ich halt. So bin ich.

John Brauer: Du bist so.

Holger: Selbstlos.

John Brauer: Das ist schön.

Holger: Absichtslos und selbstlos.

Markus: Ja. Und er hat den Vorteil, wenn er mit einem großen Fahrzeug unterwegs ist, kann er dann immer ganz viel Bier einladen. Insofern, es hat schon auch Vorteile.

Holger: Mein Bus hat sogar einen Anhänger, und da sind keine Fahrräder drin. He-he-he!

Markus: Ich würde sagen, wir machen dann einfach Mittagessen mit den Mönchen in Westvleteren, das ist ja ganz einfach. Ah, nein, Quatsch! Ja, wie gesagt, noch mal vielen, vielen Dank und auf ein baldiges Wiederhören. Einen wunderschönen Tag dir noch. Bis bald. Ciao!

Holger: Tschüss! Ciao!

John Brauer: Ciao!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 25 – Interview mit Walter König, Geschäftsführer beim Bayerischen Brauerbund e.V. aus München

Aufgewachsen als prädestinierter Hoferbe im Nördlinger Ries, fand Walter König dennoch seinen Weg in die Bierwelt und startete nach seinem Studium und kürzeren Stationen bei Mälzereien und Brauereien vor über 20 Jahren beim Bayerischen Brauerbund durch. Dort kümmert er sich nicht nur um die Öffentlichkeitsarbeit, sondern vor allem auch um die Rohstoffe als Geschäftsführer der Hopfenforschung und der Braugerstengemeinschaft. Abendlich schlüpft er gerne mal in eine andere Rolle, schnappt sich Janker und Klarinettenkoffer – und unterhält das nichtsahnende Publikum im Münchner Hofbräuhaus. Ganz nebenbei zeichnet er auch noch verantwortlich für die Idee zur Bayerischen Bierkönigin, die er in den letzten elf Jahren erst erfunden und dann zur stetig wachsenden Erfolgsgeschichte gemacht hat

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen BierTalk. Heute die Nummer 25, wie immer mit mir, dem Markus und …

Holger: … dem Holger.

Markus: Genau. Und natürlich wie immer auch mit einem Gast. Und heute haben wir einen sehr, sehr vielfältigen Gast. Er ist Biersommelier, er ist Wirtshausmusikant, er ist aber auch Geschäftsführer von einem großen Verband. Insofern freuen wir uns sehr, dass der Walter König da ist. Und ein bisschen was sagst du vielleicht gleich zu dir selbst.

Walter König: Servus zusammen! Servus, Holger! Servus, Markus! Ich freue mich sehr, dass ihr auf mich zugekommen seid für diesen BierTalk. Ich bin 52 Jahre alt, bin heuer seit 20 Jahren beim Bayerischen Brauerbund beschäftigt. Ich habe vorher eine Brauerlehre gemacht im Fürst Wallerstein Brauhaus. Was mir in meiner ganzen beruflichen Laufbahn sehr, sehr viel gebracht hat, so von der Pike auf mal wirklich Tankschlupfen und auch ein bisschen getriezt werden von den Gesellen. Dann habe ich nach der Bundeswehr in Weihenstephan studiert, Brauwesen und Getränketechnologie. Ich habe dann direkt vom Studium weg die Betriebsleitung von einer damals sehr großen deutschen Malzfabrik, Betriebszweig oder Außenstelle Frankfurt, bei der Henninger Brauerei übernommen. Dann den Mutterbetrieb übernommen und dann bin ich schon zum Brauerbund gewechselt wieder nach München zurück in die Heimat. Ganz Heimat ist es nicht, Bayern, weil kommen tue ich ursprünglich aus dem Nördlinger Ries, eben aus Wallerstein, wo auch meine Lehrbrauerei war. Und ich bin der älteste Sohn aus einem landwirtschaftlichen Betrieb, aus einem Bauernhof raus. Wir haben keine Braugerste angebaut, wir haben keinen Hopfen angebaut, dafür sind die Böden im Nördlinger Ries einfach zu gut. Das heißt, wir waren ein Betrieb mit Zuckerrüben, mit Mais, mit Milchviehhaltung, mit Bullen-Mast, mit Schweinen, also damals ein Vollerwerbsbetrieb. Und als ältester Sohn hätte ich diesen Bauernhof auch übernehmen sollen. Ich bin so aufgewachsen, als ältester Sohn bist du einfach der Hoferbe. Das ist dir in die Wiege gelegt. Und erst, als ich dann eben gesagt habe, ja, ich will nicht direkt den Hof übernehmen, mein Vater war auch viel zu jung, dass ich direkt die Nachfolge da hätte antreten können und zu zweit, so groß war der Hof dann auch nicht. Dann habe ich gesagt, ich täte gerne eine Brauerlehre machen. Meine Eltern waren da ganz begeistert, sie haben gesagt: Ja, dann machen wir halt die Brauerlehre und dann kannst du vielleicht noch ein paar Jahre in der Brauerei als Geselle arbeiten und den Hof kannst du dann immer noch übernehmen, so ungefähr. Das Fatale für meine Eltern war halt, dass ich, als ich die Brauerlehre fertig hatte, die Landwirtschaft nicht mehr wollte. Gott sei Dank war ich nicht der einzige Sohn, wir waren fünf Kinder, und der Peter, mein Bruder, der dann nach mir gekommen ist, der hat den Hof gern übernommen. Er ist auch der bessere Bauer, glaube ich. Und ich habe dann den Berufsweg mit dem Brauer und Mälzer weiterverfolgt, ich habe halt in Weihenstephan mein Studium dann fertiggemacht. Und bisher nur glücklich gewesen, keinen Tag bereut und jeder Tag macht Spaß.

Markus: Du bist, glaube ich, auch einer der wenigen Brauer, die auch nach 20 Jahren immer noch in den Tank rein und rausschlupfen können, oder?

Walter König: Das könnte ich noch. Ja. Erstens habe ich die Technik drauf und zweitens muss ein Brauer keinen Bierbauch haben.

Markus: Ich glaube auch, dass dieses Thema Landwirtschaft für dich ja trotzdem wichtig ist, weil es Kenntnisse und Fähigkeiten sind, die dir trotzdem jetzt immer noch zugutekommen, oder?

Walter König: Das hätte ich damals nicht gedacht, dass mich die Landwirtschaft dann wieder so einholt, dass man sich dann innerhalb des Brauwesens vielleicht von seiner naturellen Neigung her wieder so spezialisieren kann. Ich habe halt dann das Glück gehabt, dass ich wie gesagt als Betriebsleiter einer Mälzerei schon sehr viel mit Braugerste zu tun hatte. Da habe ich dann erst gemerkt, wie wichtig der Rohstoff ist für die Bierqualität, wie wichtig auch die Behandlung des Rohstoffs schon vom Mähdrescher weg ist. Und wie wichtig auch die Arbeit des Landwirts ist, dass die Qualität gut ist. Das ist heute eine ganz tolle Grundlage für mich, weil es immer mehr um Pflanzenschutz geht, um Düngung geht, um die neue Düngeverordnung. Es geht permanent um neue Sorten, weil wir die Rückstände von Pflanzenschutzmitteln, von Dingen, die aus der Landwirtschaft kommen, ja immer mehr messen können, die sich bis ins Bier durchziehen und was man immer genauer messen kann. Früher hat man es halt nicht gefunden, jetzt findet man es und auf einmal ist es dann ein Riesenthema in der Presse. Genau das sind ja heute meine Themen. Deswegen bin ich dankbar für diese Grundausbildung, die ich als Kind schon genossen habe letztendlich in der Landwirtschaft, und auch dankbar, dass ich heute die Freiheit habe in meiner Position im Brauerbund, aber eben auch jetzt in der Hopfenforschung und bei der Braugerstengemeinschaft, dass ich wieder so nah an der Scholle arbeiten darf und dass ich so mich entfalten kann mit diesen Neigungen, dass ich einfach gern auf den Acker gehe und dass ich mich gerne um diese landwirtschaftliche Seite des Bierbrauens kümmern darf. Das ist einfach ein bisschen meine Passion. Und mit der Spezialisierung auf Hopfenforschung und Braugerstengemeinschaft innerhalb des Brauerbundes und dann auch noch das zweite Standbein Öffentlichkeitsarbeit, wo man auch noch erzählen darf, was man alles Schönes macht, habe ich eigentlich meinen Traumberuf gefunden.

Markus: Ja, Holger, noch jemand, der einen Traumberuf gefunden hat. Großartig! Was hättest du denn jetzt für einen Eindruck, was würdest du erwarten, wenn unser erster Schwabe im BierTalk sagt, er hat ein Bier mitgebracht? Was denkst du, was er dabei hat?

Holger: Uff! Da müsste natürlich vielleicht was aus seiner Heimat dabei sein. Das wäre doch vielleicht schön.

Walter König: Da habe ich jetzt nichts aus meiner Heimat. Ich habe mich jetzt eher ein bisschen so auf meine Hopfenpassion spezialisiert in der Bierauswahl. Das heißt, das erste ist ein alkoholfreies IPA. Das ist das IPA 2 + 3 von der Riegele Biermanufaktur.

Markus: Also dich ein bisschen Schwaben?

Holger: Ja genau.

Walter König: Ja, eigentlich schon, Schwaben. Richtig. Augsburg. Ja freilich, Schwaben. Aber nicht meine echte Heimat.

Holger: Und genialer Braumeister, Frank Müller, genialer Braumeister.

Walter König: Ja. Genial. Ich muss auch dazusagen, ich habe zwei Jahre in Augsburg gewohnt, weil ich ja zweiter Bildungswegler bin. Ich habe erst meine Lehre gemacht und dann das Abitur erst nachgemacht. Und fürs Abitur habe ich dann zwei Jahre in Augsburg gewohnt. Und Riegele war damals, das ist ja schon 30 Jahre her, noch nicht die Marke, die sie heute ist. Da hat man in Augsburg Thorbräu getrunken. Das war richtig kultig. Natürlich hat es auch Riegele gegeben, aber das war halt auch ein Bier wie viele andere. Und auch die Augsburger Drumrum-Brauereien waren in Augsburg sehr stark. Das heißt, da hatte man eigentlich alles als Student oder als einer, der da Studentenleben geführt hat in Augsburg, alles mitgenommen, was da war. Also auf ist es. Schenke ich es mal ein. Genial. Alkoholfreies, natürlich einen sehr schönen Schaum. Super. Naturtrüb, total schöne goldgelbe helle Farbe. Der Clou an diesem Bier ist natürlich diese tolle Hopfung. Und es ist auch für mich schön, dass hier auch Mandarina Bavaria drin ist, das ist ja ein Kind aus dem Hopfen-Forschungszentrum in Hüll, für die Grundhopfung. Und dann hinten drauf in der Kalthopfung sind das zwar nicht unsere eigenen Sorten, sondern zwei Amerikaner, aber diese Faszination für dieses Bier, die ich habe, ist, dass man ein alkoholfreies Bier heutzutage so toll mit Hopfen aufpimpen kann, dass man im ersten Moment sich wirklich fragen muss „Was für ein tolles Bier ist das?“ und überhaupt nicht die Frage nach dem Alkohol kommt. Das heißt, wenn jemand sagt, ich bin unterhopft, ich brauche jetzt unbedingt ein Bier, und er muss noch Auto fahren, dann ist so ein Bier das absolute Nonplusultra, weil man sein Hopfendefizit sehr schnell ausgleichen kann und absolut fahrtüchtig bleibt. Prost!

Markus: Prost!

Holger: Ja, Prost! Zum Wohl! Die alkoholfreien Biere sind wirklich, also da gibt’s ja viele Vertreter mittlerweile, wo man wirklich sagen muss, das ist ganz hervorragend, was man da an Genuss erleben kann. Und wenn man da im Vergleich mal alkoholfreien Sekt zum Beispiel probiert, wie furchterregend das ist. Da hat also die Brauwirtschaft schon wirklich richtig Tolles geleistet. Und wir, also Markus und ich, für versuchen ja immer wieder auch in den BierTalks dafür zu werben. Deshalb finde ich das ganz prima, dass du dir da ein alkoholfreies Bier ausgesucht hast. Das ist prima.

Walter König: Das schmeckt mir auch jetzt total gut. Nachdem ich den ganzen Tag heute noch keins hatte, ist das jetzt ein total schöner Feierabendschluck. Ich genieße es total jetzt dieses Bier. Und diese Fruchtigkeit und auch diese wirkliche Geschmacksfülle in einem alkoholfreien Bier zu finden, da ist wirklich viel passiert in den letzten Jahren. Brauverfahren, da haben wir auch Weihenstephan und VLB sehr viel zu verdanken mit diesen kombinierten Brauverfahren. Aber eben auch hier zwei Komponenten, das ist eben der Hopfen, der hier sehr stark, diese normale Lehre, was man früher ja so vor 20 Jahren mal in den Alkoholfreien hatte, zu kaschieren. Und hier in dem Fall auch, was ich auch gerne sehe, ein Steffi-Gerstenmalz, also auch ein Gerstenmalz mit einer alten Braugerstensorte, die besonders, ich sag jetzt mal, ein kerniges, bisschen ein strohiges, schon sehr gerstentypisches Aroma ins Bier reinbringt. Also einfach ein bisschen mehr Aroma. Und damit kann man diesen fehlenden Alkohol richtig schön weghübschen.

Markus: So ein weiteres Geheimnis ist ja auch, dass Riegele in dem Bier jetzt auch mit seiner eigenen speziellen Hefe arbeitet. Das find ich auch sehr interessant, also dass sie einerseits natürlich das Hopfenthema und das Gerstenthema aufgreifen, aber eben auch im Bereich der Hefe neue Wege gehen. Und ich glaube, das ist auch für viele Brauereien jetzt noch vielleicht Neuland, aber durchaus was, was in Zukunft immer spannender werden kann, oder?

Walter König: Da reißt der Braumeister Müller ja einen Fuchs. Also Hefe ist ja sein Leib- und Magenthema. Es ist wirklich so, die Hefe ist ein bisschen noch unterbewertet in ihrer Kraft, was sie alles kann. Wir hätten sicherlich in den Hefebanken noch viel mehr Möglichkeiten, hier spielerisch tätig zu werden, ohne dass man das Reinheitsgebot verlassen muss und noch viel größere Bandbreite in den Markt zu bringen. Also Hefe ist auch noch ein Thema, das neben Hopfen sicherlich ganz groß rauskommen wird.

Holger: Sebastian Priller hat erst noch am Sonntag gesagt, sie glauben, sie haben mehr Hefen als die Uni, also als Weihenstephan. Das hat mich sehr überrascht. Ich weiß, dass der Frank Müller da ein totaler Fuchs ist, aber die Hefebank der Weihenstephaner Fakultät ist ja auch nicht zu verachten. Und wenn in Augsburg noch mehr da ist, also das hat mich sehr beeindruckt.

Walter König: Das kann ich nicht beurteilen. Ich weiß nicht, wer da wie viel hat. Man kann ja da nicht hingehen und zählen.

Markus: Aber es ist interessant, dass auch hier mal wieder Bayern tatsächlich eine ganz wesentliche Rolle spielt. Wir haben im Hopfen ja sowieso klassischerweise eine große Rolle mit der Hallertau und dem Hopfenforschungsinstitut und auch in Sachen Malz sehr viele große Mälzereien, viele Innovationen, aber wenn jetzt eben auch in Sachen Hefe so viel Kompetenz geballt ist, ist natürlich schön und ist sicherlich auch für den Repräsentanten des Bayerischen Brauerbundes eine schöne Sache, oder?

Walter König: Dieses Selbstverständnis, mit dem wir in Bayern hier Bier leben und wenn man dafür im Verband auch eben dann in der Öffentlichkeit stehen darf, das ist schon genial. Wir schreiben zwar immer in den ganzen Texten, die ganzen Superlativen von Bayern zählen wir auf und zählen sie runter, und wenn man das 20 Jahre macht und so oft in der Woche macht, dann ist man manchmal fast schon ein bisschen so, dass man aufpassen muss, dass man diese Zahlen nicht einfach runterbetet, ohne daran zu denken, was das eigentlich bedeutet und was das heißt. Und da tut mir immer so gut, wenn ich unterwegs bin, wenn ich im Ausland bin, wenn ich im Ausland darauf angesprochen werde, was wir hier für einen Schatz haben, für eine Bierkultur haben, dann wird es einem wieder bewusst. Und man muss es sich wirklich so ein bisschen immer selber wieder bewusstmachen, weil sonst verliert man diese Wertschätzung für diese Selbstverständlichkeit, die wir hier jeden Tag erleben.

Markus: Und oft auch die Reduktion aufs Oktoberfest sozusagen, was dann für viele im Ausland ja oft so ist. Apropos München, Holger, was hast du denn für ein Bier dabei? Du hast gesagt, du hast ein ganz besonderes.

Holger: Ja, ich habe ein ganz besonderes. Man muss ja sich vor Augen führen, wir sprechen mit dem Bayerischen Brauerbund und ich bin ja Wahlmünchner und lebe hier in diesem Bundesland ganz bewusst und gern. Und dann habe ich mir überlegt: Was machst du jetzt? Also erst mal, es ist die höchste Brauereidichte, die wir in Deutschland haben, also war die Auswahl ausgesprochen gut. Und dann habe ich mich aber besonnen und habe mir gedacht: Da gibt’s ja einen Präsidenten, oder? Also es gibt ja einen Präsidenten vom Bayerischen Brauerbund. Und das ist ja auch eine ganz tolle Brauerei und mit Herrn Drexler, also Hans-Peter Drexler, auch einer meiner Braugötter, also ist ein großes Vorbild für mich auch als Hobbybrauer. Also du erzählst ja immer wieder von deinem Keller und was da für Schätze drin sind und so, und ich bin da ja dann immer ganz bescheiden. Aber heute bin ich dann auch mal in meinen Keller gegangen und habe mir überlegt: Mensch, da gibt’s doch diese tollen TAPX Biere von der Schneider Brauerei. Und da habe ich mir die Edition von 2016 ausgesucht, und zwar Marie‘s Rendezvous. Ich denke, ihr beiden kennt das Bier oder habt es schon mal getrunken, könnt euch vielleicht und hoffentlich auch noch dran erinnern. Das ist mehr oder weniger eine Hommage an die Anna-Maria Schneider, die eben die Ehefrau war vom Georg, den ersten, also jetzt der Präsident ist ja der Georg, der sechste. Und jetzt will ich gar nicht so lange sprechen, ich mach‘s jetzt mal auf. Ich werde es jetzt heute natürlich oder zumindest während des BierTalks nicht austrinken, aber so starte ich meinen Abend. Und mir schlägt da schon so einiges in die Nase. Wie gesagt, vier Jahre alt, hat 10 % Alkohol. Da habe ich gedacht, das ist jetzt genau das Gegenteil, Walter, …

Markus: Wenn ihr euch zusammentut, habt ihr wieder 5 %.

Holger: Ja genau. Hier ist jetzt schon einiges, also an Fruchtigkeit, das ist ja ein ganz klassischer Weißbier Doppelbock, aber der ist gut gereift. Ich möchte es mal probieren und halte mal einen Moment die Luft an, sozusagen.

Markus: Solange du die Luft anhältst, vielleicht mal kurz, Walter, der Bayerische Brauerbund, kannst du das für den Hörer vielleicht auch mal ein bisschen aufdröseln? Da gibt’s noch den Deutschen Brauerbund. Jetzt hat der Holger grad von dem Präsidenten gesprochen. Wie ist denn da so in etwa die Struktur, wenn man es auf den Punkt bringt? Was muss ich mir da vorstellen?

Walter König: In Deutschland gibt es in den verschiedenen Bundesländern, oft sind Bundesländer auch zusammengefasst, Landes-Brauerverbände. Der Bayerische Brauerbund, das ist keine Zusammenschließung, das ist, weil Bayern einfach fast 50 % der deutschen Brauereien stellt, ein eigenständiger Verband. Der Bayerische Brauerbund ist der größte Landesverband innerhalb dieser ganzen Einzel-Landesverbände, aber wir sind alle zusammengeschlossen im Dachverband Deutscher Brauerbund. Der deutsche Brauerbund ist eigentlich ein Verband der Verbände mit ein paar großen Direktmitgliedern, das sind Brauereigruppen, die in verschiedenen Ländern einfach Satelliten haben. Die müssten ja sonst in jedem Landesverband eigene Mitgliedschaften unterhalten und da hat man vor ein paar Jahren eine Strukturreform gemacht, und die können jetzt direkt Mitglied werden. Aber eigentlich ist der Deutsche Brauerbund ein Verband der Verbände und wir sind, ich sag mal jetzt, der größte Landesverband. Auf der anderen Seite sind wir über dem Deutschen Brauerbund bei den Brewers of Europe Mitglied, wo dann alle europäischen Länder als Vertretung in der europäischen Kommission oder eigentlich politische Vertretung in Europa gebündelt sind. Und das ist eine sehr, sehr effektive, schlagkräftige Struktur, die auf der einen Seite die Landesstrukturen in der Alkoholpolitik, in Dingen aufgreift, die einfach auf Landesebene oft stattfinden. Aber die auch immer das Ohr und den Fuß in der Tür in Europa hat, um eben schon bei Gesetzgebungsvorhaben oder bei Vorhaben, die in irgendwelche Rückstands-, Höchstmengenverordnungen und so weiter reingehen, da immer am Ball zu sein, immer runter zu informieren bis rein in die Landesverbände, sodass man einfach frühzeitig für die Mitglieder, für die Branche, und das ist ja unsere Hauptaufgabe, das Umfeld für die Brauereien so gut wie möglich zu gestalten, dass ein wirtschaftliches Arbeiten, ein gutes Bier verkaufen, ein auch effektives Arbeiten ohne zu viel Bürokratie notwendig und möglich ist.

Markus: Ja. Spannend und vielfältig. So wie dein Bier, Holger, glaube ich. Jetzt hat es sich doch bestimmt entwickelt, oder?

Holger: Absolut. Ich habe jetzt mich richtig damit beschäftigen können und das muss man auch, weil das strotzt nur so vor komplexer Fruchtigkeit, das kann man wirklich sagen. Also das ist üppig vollmundig, hat ganz wenig Kohlensäure. Ich hab‘s kellerkalt. Ich würde jetzt schätzen, so vielleicht 9 oder 10 Grad. Und das ist was ganz Besonderes, also so richtig schön vollmundig mit unglaublich weicher Süße, so ein Körper, der einfach ganz viel hergibt. Also so ein richtiges barockes Fest der Sinne, könnte man sagen. Jetzt müsste man eigentlich nur noch einen Apfelstrudel haben mit Vanilleeis. Das wäre dann perfekt.

Walter König: Das finde ich ja toll, diese Hommage an meinen Präsidenten Georg Schneider und sein Braumeister Drexler. Aber mir wäre es einfach jetzt zu früh für so ein schweres Gutenacht-Bier. Aber zu der richtigen Stunde liebe ich diese vollen und wirklich vor Aromen strotzenden Biere ja auch.

Holger: Ich mache mir ja nur Lust auf meinen Digestif dann irgendwann in drei Stunden. Wie gesagt, die Flasche, die wird jetzt in Ehren gehalten und natürlich bekommt meine liebe Frau Claudia auch noch was davon ab, und zwischendrin ist dann auch noch das Abendessen. Also das auf jeden Fall. Aber trotzdem habe ich mir überlegt: Was machst du? Und irgendwie ist die Entscheidung da in die Richtung gefallen. Also ich bin sehr zufrieden, sehr zufrieden. Markus, wie ist das denn bei dir so, du alter Franke? Das ist ja auch irgendwie Bayern, also irgendwie zumindest.

Markus: Ja, irgendwie.

Holger: Und da ist ja auch biertechnisch einiges geboten. Was hast du dir denn ausgesucht?

Markus: Ja, allerdings. Es ist biertechnisch sogar sehr viel geboten. Allerdings habe ich mir jetzt auch gedacht, wenn wir mit dem Bayerischen Brauerbund verkosten, brauche ich einen gewissen Bezug wenigstens dazu. Und ich habe mir dann überlegt, ich nehme aber auch was Besonderes. Und weil ich wusste, dass der Walter ja auch viel mit dem Thema Hopfen macht, habe ich mir ein hopfenbetontes Bier gesucht und habe dann eines genommen, was so verschiedene Welten verbindet. Und zwar wird in der Camba Bavaria ein Bier gebraut für ein Label namens Sudden Death. Die wiederum sitzen in Timmendorfer Strand, also bei Lübeck da oben, und brauen aber eben dieses Bier bei der Camba Bavaria und das nennt sich „Thicker than Blood“, also dicker als Blut, und ist ein New England IPA. Probiert habe ich es noch nicht, aber ich habe die Dose seit einiger Zeit hier stehen und nur auf den richtigen Moment gewartet. Jetzt mach ich es mal auf. Hei-hei-hei. Steht schon mal ordentlich unter Dampf. Daher vielleicht an der Stelle auch mal interessant: Dose. Walter, ist ja vielleicht jetzt auch was, was wieder kommt als Trend oder vielleicht als hochwertiger Trend überhaupt erst kommt. Merkt ihr da im Brauerbund was davon?

Walter König: Natürlich lesen wir auch, was in der brauwirtschaftlichen Fachpresse steht und was sich sonst tut, und haben Zahlen von Marktforschungsinstituten. Natürlich ist die Dose wieder im Kommen. Die Dose ist wieder hip. War ja damals ein riesiges Thema auch im Bayerischen Brauerbund, als das Dosenpfand eingeführt wurde. Dann ist die Dose ja relativ stark nach unten gegangen mit der Bepfandung. Das war gut, weil wir das Mehrweg somit über viele Jahre sehr starkmachen konnten. Und wenn die Dose jetzt mit Pfand, also bewusst wiederkommt und einfach als – wie war es letztens in der Brauwelt gestanden „kleine Litfaßsäule“ – auch als Werbeträger natürlich schön benutzt werden kann. Sie hat ihre Vorteile, und wenn sie zurückgeführt und recycelt wird, ist das ja alles nicht verkehrt. Wir beobachten das, es geht langsam, aber es ist ja eine schöne Entwicklung, wenn das jetzt mit dem Pfand eben geregelt auch dann vom Verbraucher akzeptiert wieder im Markt stattfindet.

Markus: Wir reden da ja auch viel bei den Verkostungen drüber und ich habe schon den Eindruck, dass die Dose einfach – also vor allem muss ja sagen, die Dose des Jahres 2020 ist ja nicht die Dose des Jahres 1990 – also da ist ja einiges passiert, sowohl was das Material, die Menge angeht, aber auch der Übergang von irgendwelchen Aromen in das Bier. Also im Grunde ist es, wenn es gut gemacht ist, wie ein kleines Fass. Insofern hat sie durchaus ihre Vorteile. Das sehe ich jetzt auch hier, also grad so ein New England IPA ist natürlich sehr anfällig für Licht zum Beispiel. Und hier haben wir ein ganz hazy, trüb finde ich kein so schönes Wort, gibt’s da ein schönes deutsches Wort dafür? Opal, opak? Ja.

Walter König: Das Schöne an der heutigen Dose ist, dass die Dose damals das Billiggebinde war. Billig war Dose. Sie kam auch nicht aus dieser Schmuddelecke raus. Und jetzt mit der Bepfandung und jetzt mit Bieren in der Dose, ich denke nur an zum Beispiel Mahrs Bräu aus deiner Heimat, …

Markus: Ja.

Walter König: Das sind einfach ganz starke Marken, die die Dose ganz bewusst wählen, aber die Dose auch hochpreisig positionieren. Und das ist eine ganz andere Dose, wie du richtig sagst, als wir sie vor der Einführung des Pfandes haben. Weiterhin ist natürlich Mehrweg für uns sehr wichtig, wir machen momentan auch eine ganz große Umfrage und einen Status Quo bei den Brauereien, weil wir daraus einen Leitfaden und einfach auch viel mehr entwickeln wollen in Richtung nachhaltige Produktion von Bier, Nachhaltigkeit in der Führung von Brauereien, also wirtschaftlich, sozial und ökologisch. Da wird man sehen, da kommen solche Themen natürlich wieder auf den Tisch, CO2-Fußabdruck von verschiedenen Gebinden. Wir haben im Mehrweg natürlich auch unsere Probleme, auch da ist man momentan ja dran mit dieser ganzen Flaschenvielfalt, mit den ganzen Individualflaschen, auch mit dem Schreddern von Kisten, die nicht zurückgebracht werden. Also es sind ja viele Dinge, die gerade diskutiert werden. Und da wird man auch in puncto Nachhaltigkeit sicherlich positivere oder negativere Gebinde dann ausfindig machen und auch da wird dann eine weitere Entscheidungsgrundlage in den Brauereien gelegt, wo man sich in der Zukunft hin entscheiden wird.

Markus: Ich denke mal, es wird halt einfach ein Bestandteil des Angebotes sein. Gerade für Brauereien, die viel Bier auch verschicken, ist Dose unter Umständen vielleicht tatsächlich auch ein Thema. Und bei mir ist es jetzt ein sehr hopfenintensives Bier, natürlich sehr fruchtig. Und in der Tat …

Walter König: Welche Farbe hat das denn? Das tät mich interessieren, ich sehe es nicht.

Markus: Ja, das stimmt. Wir sind bei einem hellen, so ein sandorange, würde ich sagen. Also es hat schon einen leicht rötlichen Touch, aber so sandig und halt ganz geschmeidig seidig von der Farbe her. Also wirklich ganz weich, so wie es auch schmeckt, also da wird auch Hafermalz mit verwendet, was ich immer sehr gerne mag, weil das das Mundgefühl so schön rund und weich macht. Vom Geruch her sind wir sehr in der tropischen Frucht, also dieses Pfirsich, Maracuja, Mango, Litschi, ganz intensiv, wie halt so ein New England IPA ist. Hat allerdings 7 %, also ist dafür schon wieder ganz schön ordentlich. Aber insgesamt ein gutes Bier. Und bei der Campa entstehen ja auch in der Regel gute Biere. Insofern konnte man sich da schon drauf verlassen. Sehr, sehr schön. Apropos, die haben ja auch ein sehr, sehr schönes Wirtshaus sich jetzt hingestellt, und du bist ja in Wirtshäusern auch gerne unterwegs und machst da gerne auch Musik. Was muss sich denn unser Hörer denn darunter vorstellen?

Walter König: Da habt ihr ja wieder alles von mir ausgegraben. Ich spiele seit früher Kindheit Musik, mehrere Instrumente, Hauptinstrument Klarinette. Ich habe lange bei der Nördlinger Knabenkapelle gespielt. Ich habe dann schon früh meine eigene kleine Tanzlmusi, also eine bayerische Volkstanzmusik aufgebaut. Das ist dann natürlich nach dem Studium ein bisschen auseinandergegangen, alle waren mit dem Studium fertig und dann habe ich die Klarinette auch ein paar Jahre in die Ecke gelegt gehabt. Aber wie ich dann nach München zurückgegangen bin, habe ich wieder Anschluss gesucht und habe in München eine tolle Truppe gefunden, Münchner Altstadt Musi. Und mit der haben wir die letzten, ach, fast zehn Jahre regelmäßig im Hofbräuhaus Musik gemacht, schön so zur Unterhaltung der Gäste. Es ist einfach toll, in so einem Traditionslokal wie dem Münchner Hofbräuhaus für unterschiedlichste Gäste aus allen Nationen, aber auch viele Münchner, das würde man gar nicht glauben, da Musik zu machen und die einfach mit dem auf der einen Seite Klischee zu bedienen, aber auf der anderen Seite auch einfach mal die Seiten zu wechseln und ein reiner Dienstleister für einen Abend zu sein, dass die Leute Spaß und Freude haben. Das ist so schön, wenn man das sieht, wie die mit der Musik und dem Bier, was die für schöne Abende haben. Für mich geht da das Herz auf, da kann ich den ganzen Abend nur zuschauen und glücklich sein, wenn ich sehe, was die für eine Erwartung haben, wenn sie in so ein bayrisches Wirtshaus gehen, ins Hofbräuhaus in dem Fall, das ist ja nicht irgendein Wirtshaus, und dann alles so ist, wie sie es sich erträumen. Also die Maß ist schön kühl, sie sieht super aus, es gibt tolles Essen, und dann spielt noch eine Musik dazu. Dann Bayern, wie man es sich vorstellt, und da ein Teil davon zu sein, das ist für mich ein ganz toller Ausgleich zum oft sehr schnelllebigen, stressigen Büro- und Berufsleben. Das ist, wie soll ich sagen, wenn ich in meine Lederhose schlupfe und meinen Hut aufsetze, meine Klarinette auspacke, dann schlüpfe ich in eine andere Rolle. Das ist dann wie so ein Avatar, dass man sagt: Jetzt bin ich für drei oder für vier Stunden nicht der Walter König, Geschäftsführer vom Bayerischen Brauerbund und, und, und, sondern jetzt bin ich innerhalb meiner Musikgruppe die Klarinette, ein kleines Lichtchen, das ein bisschen was dazu beiträgt, dass viele Leute Spaß haben. Und da bin ich so glücklich drüber.

Holger: Großartig, absolut großartig. Normalerweise kann man ja auf einem Bein nicht stehen, also so wie ich dich kenne, hast du ja noch ein Bierchen dabei?

Walter König: Ja, ich hätte eigentlich noch zwei hier. Jetzt muss ich mich ja direkt entscheiden.

Markus: Wer weiß, vielleicht ist ja noch Zeit, schauen wir mal.

Walter König: Ich glaube, da nehme ich jetzt wirklich hier ein schönes Hopfenbetontes. Da habe ich, was ich auch sehr gerne trinke, ein mit Hopfen gestopftes Helles. Das ist das Dolden Hell von der Riedenburger Brauerei. Das Schöne ist natürlich auch, ich gucke natürlich immer, wenn bayerische Brauereien hopfenbetonte Biere machen, ist natürlich schon wichtig, dass hier auch bayerische Hopfensorten zum Einsatz kommen. Natürlich hat in den letzten Jahren mit Cascade oder mit Amarillo, das sind natürlich die Bomben, die hinten draufkommen, aber wir haben ja auch schöne Züchtungen hier mit Callista zum Beispiel, und der ist hier verwendet. Das heißt, das ist ein Helles, ein ganz normales bayerisches Hell, das mit Callista gestopft ist. Bevor ich jetzt zu viel erzähle, mache ich einfach mal auf und schenke ein.

Markus: Da bin ich ja schon wieder ganz neidisch. Also die Riedenburger Biere mag ich auch sehr, sehr gerne. Das ging ja bei denen so ein bisschen los mit dem Dolden Sud, also diese speziellen Biere, und das war ja damals mehr oder weniger eins der ersten IPAs, die es so in Bayern gab in immer wieder verschiedenen Suden. Und da kommt ja auch die Maria Krieger her. So grundsätzlich ist das ja vielleicht auch ein Teil deines Schaffens, wenn wir sagen, die bayerischen Bierköniginnen.

Walter König: So ist es.

Markus: Wie ist das denn so? Also wenn du da so ein bisschen zurückschaust, du hast es ja mitkreiert, und so ein bisschen zurückblickst, wie sich das entwickelt hat, wie ist das so als Bierköniginnen-Vater?

Walter König: Ja, ein bisschen fühlt man sich schon manchmal so. Wir haben jetzt die 10. Bayerische Bierkönigin, die 11. ist jetzt heuer leider nicht wegen Corona gekrönt worden, die 10. macht noch ein Jahr weiter. 10 Mal haben das ganze Spektakel, sage ich schon fast, jetzt durch. Und es ist toll, wenn man sieht, wie die Mädels sich entwickeln in diesem Jahr, wenn man sieht, wie die Mädels als ehemalige Bierkönigin, Bierköniginnen, immer noch ganz starke Botschafterinnen fürs Bier sind, auch 7, 8, 9, 10 Jahre nach ihrem Amt, und sich starkmachen, sich identifizieren, zusammen auch jedes Jahr irgendwo in Bayern einen Sud brauen. Also das ist eine ganz tolle Sache, dass wir das gemacht haben. Und jetzt abgesehen von dieser Corona-Zeit hat sich auch das Amt der Bayerischen Bierkönigin in den letzten Jahren sehr stark in der Wertigkeit nach oben geschraubt. Die Auftritte sind mittlerweile so, dass wir wirklich auswählen müssen: Wo geht sie hin und was können wir zusagen? Viele Auslandsreisen in alle Herren Länder, wo bayerisches Bier hin exportiert wird, wo Oktoberfeste stattfinden, wo andere Exportdinge, Messen stattfinden. Es ist schon ein ganz tolles Marketinginstrument, wenn ich es darauf mal reduzieren darf, aber eins, das halt lebt, das mit wahnsinnig viel Emotionen Türöffner ist und Botschafter für uns. Eigentlich ist die Bayerische Bierkönigin unser bester Außendienstmitarbeiter, den wir haben in der Vermarktung von bayerischem Bier und vom Bierland Bayern. Sie steht ja für die Spezialitäten, aber eben auch für diese Bierkultur und für das Lebensgefühl, das wir nach außen tragen. Und deswegen ist sie halt auch oft Reisebegleitung von hochrangigen Politikern, sogar bis eben von EU-Politikern. Wenn die ins Ausland fahren, dann heißt es immer: Ja, wir wollen ein bayerisches Produkt mit. Und das ist gar keine Frage, da ist immer Bier, da ist immer ein Holzfass dabei, da ist die Bierkönigin als Repräsentantin einfach so authentisch, die steht so mit diesem Produkt für dieses Land, besser geht’s gar nicht. Eigentlich war das eine ganz tolle Entscheidung, die unser Präsidium damals getroffen hat, als wir das vorgeschlagen haben aus der Geschäftsführung raus. Gut, ich war halt zuständig für diesen Bereich Öffentlichkeitsarbeit und ich habe dann diese Kampagne „Bayerische Bierkönigin“ nach bestem Wissen und Gewissen kreiert und immer wieder nachgebessert und ausgefeilt, und so wie es jetzt ist, macht das ja mittlerweile meine Nachfolgerin in der Königinnenbetreuung. Jetzt gibt’s die Königinnen-Mutter, die Karin Kühn, die macht das perfekt. Die ist gelernte Eventmanagerin und ich als gelernter Brauer bin da nur, ich sag mal, der Wegbereiter gewesen. Und jetzt ist das so richtig rund.

Markus: Nicht nur der Wegbereiter, sagen wir mal so. Wie ist es denn, wie schmeckt denn dein Bierchen?

Walter König: Es ist jetzt für ein hopfengestopftes Helles mir ein bisschen süßlich, also es ist sehr stark malzbetont im Antrunk. Und erst, wenn dann diese Süße auf der Zunge etwas weggeht, dann kommt diese hopfengestopfte Callista-Note durch. Das ist sehr typisch für den Callista. Der Callista ist ja ein Aromahopfen mit sehr hohem Ölgehalt, sehr wenig Alphasäure, und eignet sich deswegen ganz toll eben, um Aroma ins Bier zu bringen. Und macht ein ganz mildes, weiches Bier, so eine milde, weiche Bittere, wenn man ihn auch von vorneweg einsetzt. Wir haben auch 100 % Biere mit Callista gebraut, die waren hervorragend, weil sie so eine schöne, samtweiche, milde Bittere haben. Und eben ein ganz tolles, rundes, hopfentypisches Aroma, jetzt gar nicht so sehr exotisch, fruchtig und was man sonst immer so reinstopft, sondern eher sehr hopfentypisch. Insgesamt ein sehr rundes Bier, am Anfang war ich ein bisschen, wenn man ein Helles jetzt aufmacht, habe ich mir gedacht, oh, ist ein bisschen süßlich, aber wird hintenraus schön vom Hopfen aufgelöst.

Holger: Du hast eigentlich schon wieder jetzt einen Trend ausgepackt. Du hattest ja erst den Trend der alkoholfreien Biere und mit dem Riedenburger hast du jetzt auch den Trend der Bio-Biere vielleicht auch noch mal ein bisschen besetzt. Vielleicht, das könnte man auch noch mal anmerken, dass die Riedenburger Brauerei wirklich ein richtiges Bio-Unternehmen ist. Und soviel ich weiß das auch schon ziemlich lange macht, also fast annähernd 30 Jahre oder 25 Jahre, ich weiß es gar nicht, aber zu 100 % rein ökologisch unterwegs ist. Das muss man vielleicht auch noch mal hervorheben, dass es echte Bio-Bierspezialitäten sind. Das ist ja auch eine Zielgruppe, die wird immer größer, und auch da hat dann Bayern einiges zu bieten. Also das würde ich gerne auch noch ergänzen.

Walter König: Ja, das ist richtig. Der Vater Krieger war ja auch neben dem Herrn Ernstberger von der Neumarkter Lammsbräu einfach ein Bio-Bierpionier. Damals vielleicht auch von vielen belächelt, aber er ist seinen Weg gegangen, er hat es durchgezogen. Es ist eine reine Bio-Brauerei, richtig, die auch mit eigenen Braugerstensorten, mit einem regionalen Direktanbau sich sehr, sehr stark um den Rohstoff kümmert. Also es stimmt, es wird zwar auf kleinem Niveau, aber der Trend weitet sich aus. Wir haben auch heuer im Hopfen, es gibt drei Umstellungsbetriebe, man muss ja drei Jahre lang Bio produzieren, wenn man von konventionell auf Bio umstellt, und das sind die drei Umstellungsjahre, und erst ab dem dritten Erntejahr kann man dann den Hopfen oder auch die Braugerste oder den Weizen als Bio-Hopfen oder Bio-Braugerste verkaufen. Da haben wir momentan drei Betriebe, die hier in Umstellung sind, und das sagt schon, dass der Markt da ist und dass der Markt eigentlich eine höhere Nachfrage hat, als momentan eben an Angebot da ist. Wir haben halt auch jetzt mit der Trockenheit in den letzten Jahren extreme Klimawandel-Jahre gehabt und der Hopfen reagiert sehr stark auf den Klimawandel. Der Hopfen braucht insbesondere dann, wenn er die Dolden bildet, sehr viel Wasser, schöne warme Temperaturen. Da haben wir in den letzten Jahren mit dem Hitzesommer 2018, überdurchschnittlich also an Hitzetagen, an Sommertagen, und an wenig Niederschlag in 2019, und heuer zeichnet sich ja schon wieder so eine extreme Geschichte ab. Jetzt hat es Gott sei Dank die letzten Tage ein bisschen geregnet, das hat Hopfen und Braugerste gutgetan, aber unterm Strich müssen wir uns mit dem Klimawandel, mit den Sorten beschäftigen, das ist ja eine große Herausforderung. Und auch die Bio-Hopfenbauern müssen sich Gedanken machen, welche Sorten können denn bei dem Aufwand, den die betreiben dürfen, mit weniger Düngung, mit weniger Pflanzenschutz, welche Sorten können diesen Klimawandel auch im Bio-Hopfen-Bereich standhalten? Das ist eine große Herausforderung für uns hier im Hopfenforschungszentrum auch für die Brauer, die sich für diesen Weg entschieden haben. Und da ist es einfach wichtig, dass wir jetzt ein bisschen mehr Fläche haben. Deswegen sind diese Umstellungsbetriebe notwendig, weil diese mageren Jahre treffen die Bio-Hopfenbauern viel stärker als einen konventionellen Hopfenbauern. Der hat vielleicht mal bei alten Sorten Einbußen von 40, 50 %, ein Bio-Bauer fällt dann gleich mal runter auf 60, 70 % Miese. Da ist einfach eine Flächenkompensation notwendig. Und deswegen sind wir ganz glücklich, dass wir da jetzt noch ein paar mehr Landwirte haben. Es gab auf der EU-Ebene vor zwei Jahren den Vorstoß, dass in so Miss- oder Mindererntejahren Bio-Biere auch dann weiter als Bio-Bier verkauft werden dürfen und bezeichnet werden dürfen, wenn man den Hopfen, weil die Ernte knapp war, nicht als Bio-Hopfen kriegt und dann einen konventionellen Hopfen reintut. Da haben wir uns als Deutscher Brauerbund, Bayerischer Brauerbund zusammen mit dem Hopfenpflanzerverband sehr starkgemacht in der EU, dass das nicht passiert: Wo Bio draufsteht, muss auch Hopfen-Bio drin sein und nicht nur Bio-Braugerste und alles andere ist dann wurscht. Die wollten das, weil Hopfen halt mengenmäßig so wenig im Bier drin ist, eben untern Tisch fallen lassen. Wir haben dann eben argumentiert, dass den Wert gebend der Hopfen doch sehr wichtig ist, was den Biergeschmack anbelangt und dass man den nicht untern Tisch fallen lassen kann. Das heißt, auch in der EU ist jetzt geregelt: Auch wenn es Missernten gibt, dann gibt’s halt weniger Bio-Hopfen. Und: Mei, dann ist halt mal auch irgendwann Ende. Aber es gibt kein Bio-Bier, in dem konventioneller Hopfen drin ist. Und das war ein ganz wichtiger Prozess.

Markus: Das ist mir ziemlich bewusst geworden, als wir uns letztes Jahr getroffen haben in Brüssel bei dem Global Hop Summit, als es darum ging, dass eine Gerste zum Beispiel ausweichen kann, indem man einfach sagt: Wenn es zum Beispiel in den südlicheren Breiten schwierig wird, die anzubauen, dann kann man sie einfach weiter nördlich anbauen. Aber der Hopfen hat da noch das Problem, dass er auch vom Licht bestimmte Bedingungen braucht. Und das heißt: Da gibt’s einfach eine natürliche Grenze, dass man mit dem Hopfenanbau gar nicht mehr weiter nach Norden gehen kann, weil sonst die Lichtverhältnisse nicht passen und man damit ja praktisch eine endliche Anbaufläche hat. Und damit momentan man sogar sagen kann, dass der Hopfenanbau in der Menge gefährdet ist. Gibt’s da schon neue Entwicklungen dazu?

Walter König: Ich war voriges Jahr sehr überrascht, wir waren mit dem Juniorenkreis des Bayerischen Bauerbundes in Finnland. Also nördlich von Helsinki haben wir uns da auch eine kleine Brauerei angeschaut, der selber seinen Hopfen anbaut, und ich war verwundert, wie schön dem seine Hopfenpflanzen waren. Aber um wirtschaftlich Hopfen anbauen zu können und auch einen Ertrag zu bekommen, von dem man leben kann, ist das nichts gewesen. Da stimmt schon, da muss man in die Breitengrade, in diesem Breitengradgürtel auf der Nord- und Südhalbkugel, wo einfach diese Tag-Nacht-Länge da ist, die der Hopfen braucht, und nur dann kann man gescheit ernten. Es ist schon so, dass die Fläche vom Gesamtwelthopfen momentan so hoch ist, wie sie nie war. Auch in Deutschland ist die Hopfenfläche so hoch wie in den letzten 20 Jahren nicht mehr. Diese Fläche ist nur deswegen zustande gekommen, weil die Brauwirtschaft in den letzten 15 Jahren kontinuierlich mehr Hopfen gebraucht hat. Erst wie die Craftbier-Szene so richtig in Fahrt gekommen ist vor 6, 7 Jahren, hat man gedacht, so viel Hopfen bringt man gar nicht mehr her, wie die alle abrufen. Es hat sich dann etwas abgeflacht diese Kurve. Und jetzt, und das ist ganz neu, mit der Corona-Pandemie weltweit sieht man, dass gerade die Craftbier-Produzenten in Amerika sehr stark unter der Pandemie leiden, dass insgesamt auch weniger Bier produziert wurde jetzt in den letzten zwei Monaten, drei Monaten. Die Hopfenpflanzer gehen jetzt schon davon aus, dass der Hopfenbedarf weltweit, man muss ja sehen, dass für einen Hektoliter Craftbier teilweise zehnmal so viel Hopfen verwendet wird wie für einen Hektoliter Normalbier. Das heißt, wenn Craftbier-Hektoliter wegfallen, fällt überproportional viel Hopfenbedarf weg. Da hat man momentan schon ein bisschen Angst davor, dass wenn die Normalernte kommt, und das ist ja immer die Annahme, dass dann der Hopfenmarkt sich jetzt dreht und wir eine Überproduktion haben und wir aus der Fläche wieder raus müssen. Das heißt, diese Flächensteigerungen der letzten Jahre, das wird jetzt kippen und man wird aus der Fläche rausgehen. Es wird, denke ich, nicht sehr schnell und abrupt gehen, weil sehr viel Hopfen unter Vertrag ist – über 90 % des Hopfens, der im Boden ist, ist schon unter Vertrag und gekauft, den kann man nicht einfach rausnehmen – aber Freihopfen wird bei einer Normalernte dann günstiger werden und dann wird sich der Hopfenpflanzer überlegen, ob er den im Boden lässt. Aber wie gesagt, eine große Fläche ist für die Brauwirtschaft immer gut, weil wir haben gesehen, grad der Klimawandel, der bringt Enten, die unterdurchschnittlich sind, und ist auch in den Sorten ganz unterschiedlich. Die Verfügbarkeit einer Sorte ist für den Brauer ja wichtig, weil sie in seiner Rezeptur steht. Und er will ja nicht sein Bier mit einer anderen Sorte auf einmal brauen, sondern so ein Übergang muss ja schleichend und langsam und gut geplant gehen. Deswegen ist für die Brauwirtschaft eine große Hopfenfläche immer die Versicherung gewesen, dass man auch bei Minderernten einfach ein gutes Angebot in allen Sorten hat. Die Hopfenwirtschaft will natürlich auch bestimmte Preise erzielen, dass sie leben kann, und das ist bei einer zu hohen Fläche nicht möglich. Also wird sich jetzt, denke ich, wenn die Nachfrage schrumpft, auch der Preis wieder etwas an dem angleichen und dann werden wir eine kleinere Fläche sehen, die aber, so wie ich es heute einschätzen kann, immer noch ausreicht, dass die Brauwirtschaft auch bei einer Missernte gut versorgt werden kann.

Markus: Jetzt sind wir ziemlich am Ende schon von unserem BierTalk angelangt, andererseits …

Walter König: So schnell geht’s, gell.

Markus: Ja, so schnell geht’s. Andererseits würde uns, glaube ich, schon noch interessieren, was du als drittes Bier dabeihast. Vielleicht magst du es noch aufmachen und uns dabei ein bisschen erzählen, du bist ja nicht allein in der Geschäftsführung, ihr seid ja zu weit: Wie teilt man sich das so auf? Wie müssen wir uns das vorstellen? Lost ihr aus, wer wohin geht, oder gibt’s irgendwelche Lieblingsgeschichten, die der eine macht oder der andere? Oder wie funktioniert sowas?

Walter König: Zuerst habe ich jetzt aufgemacht, und zwar hier den Lokalfavoriten, ein Matador am Ort, das ist das Zuagroast von der Urban Chestnut Brewery hier in Wolnzach. Ich bin ja noch im Büro im Hopfenforschungszentrum in Hüll, deswegen haben wir das hier auch im Kühlschrank. Das trinke ich sehr gerne, das ist ein Pale Ale. Und auch dieses Pale Ale Zuagroast, das ist ja eigentlich eine amerikanische Wiederheimkehrer-Brauerei. Er hat sich hier gesagt: Okay, ich nehme nur Hopfen aus der Hallertau, das ist ein Hallertauer Mittelfrüh, das ist ein Hüll Melon, eine Mandarina Bavaria, und es ist ein sehr schönes Pale Ale, das ich sehr, sehr liebe. Nicht zu exotisch, nicht zu fruchtig, also nicht diese Bombe, sondern ein ganz sauberes, klassisches Pale Ale, das einfach gut zu trinken ist, wo man sich schon gleich auf die nächste Halbe freut. Also da nehme ich jetzt erst mal einen Schluck.

Markus: Prost! Und dabei kann man noch sagen, dass die Brauerei die erste amerikanische Brauerei war, die in Deutschland überhaupt wieder aufgemacht hat.

Walter König: So ist es.

Markus: Und mittlerweile auch die einzige.

Walter König: Ja, mittlerweile wieder. Du hast recht. Ich war erst letzte Woche in Berlin und habe mir den Wandel von Stone zu BrewDog angeschaut. Zum trauert noch mal: Es ist nicht richtig, dass wir zu zweit in der Geschäftsführung sind. Das mag vielleicht mancher von außen so sehen, weil die Öffentlichkeitsauftritte hauptsächlich Dr. Ebbertz, unser Hauptgeschäftsführer und der Präsident, natürlich, ganz vorneweg, auch ab und zu ich wahrnehme. Es gibt daneben noch den Peter Zacharias, der Geschäftsführer für den ganzen Bereich Umwelt, Energie und Technik ist. Dann gibt’s noch den Robert Scholz, unser Rechtsanwalt, der den ganzen Rechtsbereich verantwortet, und den Kollegen Manfred Newrzella, der die ganze Exportangelegenheit macht und nebenbei, so wie ich eben die Hopfenforschung und die Braugerste mache, auch noch den Verein der Münchner Brauereien betreut. Also wir sind relativ stark aufgestellt, wir haben alle unsere Spezialgebiete oder Spielwiesen, wie man es auch sagen möchte, aber Dr. Ebbertz als der Hauptgeschäftsführer, der macht natürlich das politische Lobbying und ist schon als Hauptgeschäftsführer natürlich auch das Gesicht des Verbandes, der mit dem Präsidenten zusammen oder mit dem Präsidium, mit den Präsidiumsmitgliedern hier den Brauerbund nach außen vertritt. Es ist wirklich so, wir sprechen uns ab, es sind sehr viele Termine, es sind viele Dinge, die man eben machen muss und nach außen wirken muss. Und ich halte gerne Vorträge, ich halte gerne Fachvorträge, weil ich eben der Spezialist hier für die Rohstoffe bin und auch eben von klein auf auf Bühnen gestanden bin. Ich liebe es auch, dass ich den Leuten erzähle, was es Neues gibt, was wichtig für die Zukunft ist, auf was wir achten müssen. Informationsweitergabe in Form von einer Podiumsdiskussion oder von einem Vortrag, also ich mache das einfach sehr gerne. Mei, der eine macht‘s lieber, der andere nicht so gern, und so hat sich das im Verband ein bisschen halt so entwickelt, dass ich auch angefangen von den Instituten und Lehrveranstaltungen, ob das Doemens oder Weihenstephan oder Rohstofftag in Spalt und wie sie alle heißen, bis hoch in die EU-Ebene. Beim EBC Congress halt immer wieder mit Vorträgen dann da bin, weil ich’s gerne mache, weil ich auch gerne diesen Austausch mit den Wissenschaftlern, den Austausch mit anderen Ländern pflege, weil ich immer wieder was lerne, weil ich immer wieder neue Impulse bekomme, die ich dann wieder hier in meiner täglichen Arbeit umsetzen kann. Das ist für mich so wichtig und es geht mir wahnsinnig arg ab in dieser Corona-Zeit, wenn man so vor sich hin wurschtelt, und zwar sehr viel leistet und sehr viel arbeitet, weil man keine Termine hat, aber auch der Input von außen, da merkt man erst, wie wichtig dieses Zusammentreffen ist und auch der Austausch. Mei, das Erzählen beim Bier mit Kollegen, wo man so viele Ideen spinnt, wo man so viele Sachen zusammenbringt, die man über Video und über Telefon überhaupt, glaube ich, gar nicht auf die Idee kommt, dass das zusammenpasst. Also das geht mir schon ab.

Markus: Ich glaube, das können wir beide nachfühlen, Holger. Ich finde, es kam grad noch ein interessantes Stichwort, ich weiß nicht, ob du überhaupt darüber reden darfst, Walter, aber wenn du sagst, der Verband der Münchner Brauereien, jetzt hat ja die Giesinger Brauerei ihre neue Brauerei eröffnet. Vielleicht, Holger oder auch Walter, je nachdem, wie ist denn da jetzt der aktuelle Stand? Es kamen ja schon die ersten Fragen: Sind die jetzt auf dem Oktoberfest oder nicht? Ist das etwas, worüber man überhaupt sprechen kann?

Walter König: Das ist ein Münchner Politikum, und nachdem ich beim Bayerischen Brauerbund arbeite, werde ich darüber nichts sagen.

Holger: Ich kann vielleicht sagen, also ich bin bei der Münchner Volksbank, und wenn ich jetzt Geld abhebe und da an einem Automaten dann meine Geheimnummer eingebe und so, und der Bildschirm wird dann bunt, dann ist da der Steffen Marx mit dem Slogan „Unternehmertum“ oder so.

Walter König: Super!

Holger: Egal, wie es wird, mich beeindruckt das sehr. Also was der da auf die Beine gestellt hat aus der Garage heraus und wie toll auch die Stadt und die Bevölkerung das alles annimmt. Ich würde es ihm auch gönnen, also absolut. Aber es ist eigentlich auch nicht wichtig so richtig, sondern ich finde, das, was er jetzt erreicht hat, kann man schon sehr wertschätzen. Und die Produkte sind ohne Fehl und Tadel, die ganze Mannschaft, die Gastronomie, die er da aufgebaut hat, alle ziehen an einem Strang. Es ist ein tolles Team, das spürt man auch, da ist ein echter Esprit dahinter und so. Da kann ich nur sagen: Chapeau! Also absolut Chapeau!

Walter König: Das kann ich auch nur sagen. Ich habe das ja, solange wie ich in München bin, also habe ich das mitverfolgt, wie das in der Garage losging. Ich hatte dann in den frühen Jahren auch mal einen Pressetermin in dieser Garage. Ich war total begeistert, da war ein Filmteam mit dabei und wie der Steffen da seinen Laden vorgestellt hat. Und ich habe mir gedacht: Hey! Genial! Aber als gelernter Brauer und Brauingenieur, wenn du das gesehen hast, wie rudimentär die da gearbeitet haben, da habe ich mir gedacht, ich kannte ja nur Bierbrauen aus der Brauerei: Um Gottes willen! Aber ich habe dann natürlich auf Reisen, in England hauptsächlich und auch bei den ersten Craft Breweries in Amerika, die ich gesehen habe, habe ich mir gedacht: Ja! So geht‘s wohl los, wenn man mit wenig Mitteln versucht, eine Brauerei aufzubauen. Ich habe immer nur fertige Brauereien gesehen, die seit Jahrhunderten existiert haben, aber nie einen Neustart. Da ist bei mir der Rollladen runtergegangen, wie ich das gesehen habe. Und deswegen kann ich auch nur sagen: Hut ab vor dieser Leistung und vor dieser Akzeptanz in der Münchner Bevölkerung, vor diesem Hype! Ich muss zugeben, gestern Abend erst bin ich vorbeigegangen, weil ich mir gedacht habe, es wäre jetzt gerade das Richtige zum Feierabend beim Stehausschank, der Giesinger unten am Viktualienmarkt, der leider noch zu ist. Also da musste ich dann ohne Bier weiterziehen. Aber es ist ganz toll, was die geleistet haben. Sie sind natürlich auch Mitglied im Bayerischen Brauerbund, von dem abgesehen, wir unterstützen sie, wo wir können, so wie alle anderen unserer Mitglieder. Und sie profitieren auch von dem, dass sie bei uns sind. Ich kann nur sagen: Also Hut ab!

Markus: Das ist doch ein schönes vorläufiges Schlusswort. Wir werden uns sicherlich bei dem einen oder anderen BierTalk auch mal wiederhören, aber auf jeden Fall vielen, vielen Dank für deine Zeit und für die vielen Infos, die du uns gegeben hast. Und vielleicht für die Hörer noch als Tipp: Man kann auf der Website vom Bayerischen Brauerbund auch nach den ganzen bayerischen Brauereien suchen, was durchaus auch eine spannende Geschichte ist, und sich da informieren. Holger, hast du vielleicht noch eine Frage oder einen Wunsch zum Schluss?

Holger: Nein! Ich habe euch gebannt zugehört. Man kann ja sagen, die Biere, die ihr beiden ausgewählt habt, das ist ja so ein bisschen, und ich denke, dafür steht auch die bayerische Brauwirtschaft, Tradition mit Vision. Und mit meinem hervorragenden Weißbier Doppelbock, also ein Bierstil, der so typisch bayerisch ist, das ist doch wohl ein Weißbier Doppelbock. Und damit will ich es dann auch abschließen. Danke euch beiden!

Walter König: Da hast du vollkommen recht. Also diese riesige Vielfalt, da kann man immer nur wieder von vorne anfangen und beim Weißbier Doppelbock aufhören. Genau. Das ist was Schönes, ich genieße das auch tagtäglich. Ich danke euch, dass ihr mich ausgewählt habt, dass ich mit euch hier eine Stunde verbringen darf. Vielleicht hören wir uns wieder mal, es gibt noch ganz, ganz viel zu erzählen über die Öffentlichkeitsarbeit im Brauerbund, die tollen Projekte, auch eben über die ganze Verflechtung der einzelnen Verbände, die wir jetzt hier im Brauerbund eben zum Wohle der Mitglieder vereinigt haben. Da hätten wir noch mal schöne Anknüpfungspunkte für ein zweites Gespräch. Danke euch!

Markus: Dankeschön! Tschüss!

Walter König: Servus!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 24 – Interview mit Daniel Stenglein aus Hirschaid, Hobbybrauer, BeerJudge und Foren-Administrator

Daniel Stenglein jobbte nicht nur als Jugendlicher schon in einer Brauerei, seit seinem 16. Lebenjahr steht er selbst am Braukessel und arbeitet an seiner Hobbybrauer-Karriere. Mittlerweile ist er bei einer stattlichen Anlage angekommen und administriert ein Hobbybrauer-Forum mit über 8.000 Mitgliedern. Außerdem startet er gerade als International BeerJudge durch und ist beispielsweise Mitglied in der Jury der World Beer Awards. Im BierTalk mit Holger Hahn und Markus Raupach berichtet der gebürtige Bamberger von seiner Leidenschaft, seinen Träumen und seinen Erlebnissen auf den großen Treffen der Hobbybrauerszene im ganzen Land. Natürlich verkostet er auch eines seiner Biere

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Herzlich willkommen zu einem neuen BierTalk, mit mir, dem Holger und dem …

Markus: … Markus.

Holger: Wir haben das doppelte Dutzend voll und sind bereits beim 24. Talk. Das ist ja irgendwie auch was Besonderes, also so zwei Dutzend BierTalks. Und jetzt haben wir gedacht, jetzt geht’s wirklich in die Vollen. Weil ihr wisst ja, die besten Biere, die der Markus und ich je getrunken haben, kommen natürlich von Hobbybrauern. Natürlich auch die schlechtesten, die wir je getrunken haben. Und so haben wir uns einen Hobbybrauer eingeladen, den Daniel Stenglein. Daniel, vielleicht stellst du dich kurz selber vor und sagst mal, wie das kam mit deiner Brauleidenschaft und wie das so alles ist.

Daniel Stenglein: Danke erst mal für die Einladung, dass ich hier sprechen darf. Das freut mich natürlich total. Und wie gesagt, ich bin der Daniel Stenglein, bin 36 Jahre alt und geboren in Bamberg, ich wohne jetzt in Hirschaid. Und ich bin leidenschaftlicher Biertrinker, verkoste gerne Biere. Ein ganz großes Faible habe ich eben für das Bierbrauen. Das hat sich eigentlich schon früh entwickelt, sage ich mal. Meine Mutter und ihr damaliger Lebensgefährte, die waren jedes Wochenende irgendwie mit dem Passat, damals mit so einem ganz alten Passat sind wir im Landkreis rumgefahren und immer die Wirtschaften abgeklappert. Und ich bin da immer als Kind so auf der Bank eingeschlafen. Und mein Onkel, der ist Braumeister, auch in einer Brauerei im Landkreis, in einer größeren. Da habe ich auch schon so mit 15 mal einen Ferienjob gemacht. Und dann ab 15, 16, Bier trinken natürlich dann erst mal. Und dann vor ein paar Jahren hat dann ein Arbeitskollege, den grüße ich jetzt mal kurz, den Jürgen, der hat mich halt eingeladen. Da habe ich schon gewusst, der braut immer selber Bier. Dann sind wir bei dem in den Garten rein. Und dann habe ich da mit ihm zum ersten Mal einen Sud gemacht, hat auch echt wunderbar gleich geschmeckt, war echt richtig gutes Bier. Ab da hat es mich halt total erwischt. Da gibt’s immer so ein Sprichwort, so ein amerikanisches: Give a man a beer and he wastes an hour. Teach him how to brew and he wastes a lifetime. Und das passt halt absolut.

Holger: Markus, du bist doch auch bestimmt im Passat sozusagen über die Straßen Oberfrankens gejagt nach dem besten Bier von irgendeinem Keller, oder wie war das bei dir?

Markus: Die ganz genauen Motive weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr, weil ich da ja auch noch relativ klein war. Aber es war auf jeden Fall so, dass wir jedes Wochenende immer am Sonntag rausgefahren sind irgendwo aufs Land. Und vom Gefährt her war das damals noch so ein ganz alter Mercedes 220, glaube ich, den mein Vater hatte, da war er auch ganz stolz drauf. Also mit dem sind wir immer rausgefahren. Oder manchmal auch noch mit meiner Oma, in Anfangszeiten hatte die auch noch ein Auto. Das hat sie dann später abgegeben, das war irgend so ein kleiner weißer Fiat oder so. Das war ein bisschen abenteuerlich, aber immer spannend. Und tatsächlich wirklich jedes Wochenende eine andere Brauerei. Und im Sommer dann noch in der Stadt unter der Woche fast jeden Nachmittag auch im Biergarten. Also ich habe das schon auch quasi mit der Muttermilch mitbekommen. Das ist eigentlich so der fränkische Volkssport gewesen und zum Teil sicherlich immer noch.

Holger: Daniel, was sind denn deine Lieblingsbierstile? Also gibt’s da irgendwas, was du immer wieder braust oder immer nach dem Gesetz der Hobbybrauer, kein Bier zweimal, oder wie geht das bei dir?

Daniel Stenglein: Ja, am Anfang habe ich da auch schon experimentiert, muss ich sagen, ich habe viele verschiedene Bierstile gebraut. Aber jetzt komme ich so zurück, meine Leidenschaft ist einfach das untergärige fränkische Lager. Und da versuche ich eigentlich so das perfekte Rezept zu kreieren. Biere reproduzieren im Hobbybereich ist natürlich, hat halt eine gewisse Qualität, also muss man auch können. Das ist sehr schwierig. Aber ich versuche da eigentlich relativ häufig, das gleiche Bier zu brauen. so ab und an, wenn mal so spezielle Feiern sind, wo ich weiß, okay, jetzt ist der Geburtstag von meinem kleinen Bruder, der trinkt ein Pale Ale oder ein IPA, dann braue ich auch mal sowas. Aber eigentlich eher untergärige Biere.

Holger: Vielleicht noch mal für die Hörer. Die Thematik Reproduzierbarkeit der Biere, also die Braukunst ist ja, immer wieder das Bier auch zu reproduzieren, was man herstellt und was der Verbraucher auch haben möchte. Also egal, was ihr jetzt für Biere trinkt und die sind halt von einer Marke und haben einen Bierstil, und ihr wundert euch vielleicht gar nicht, warum die immer gleich schmecken. Aber es ist ja immer mindestens einmal am Tag, aber bei den großen Brauereien auch dreimal am Tag ein unterschiedlicher Sud. Und die Braukunst ist eben, genau das Produkt wieder zu treffen und genau zu reproduzieren. Und bei den Bedingungen, die man eben als Hobbybrauer hat, ist es sehr schwierig, das so zu schaffen, wie das eben in einer professionellen Brauerei geht. Also das vielleicht als Erklärung. Markus, hast du denn schon Biere vom Daniel verkostet?

Markus: Ich überlege die ganze Zeit. Also ich glaube, unterbewusst ja, weil er ja schon an Hobbybrauer-Wettbewerben teilgenommen hat, wo ich in der Jury war. Also nehme ich mal an, dass ich da auch Biere von ihm probiert habe. Allerdings wusste ich ja nicht, dass sie von ihm sind. Ich glaube, er hat mir auch mal irgendwann was so zum Probieren vorbeigebracht. Aber ich muss ehrlichgesagt sagen, so ganz bewusst habe ich jetzt keins im Kopf. Das müssen wir unbedingt noch nachholen.

Holger: Unbedingt.

Daniel Stenglein: Auf jeden Fall, Markus.

Holger: Daniel, also da wäre ich dann auch unbedingt dabei und würde auch die Anreise nach Bamberg natürlich nicht scheuen. Aber du hast ja was jetzt auf dem Tisch stehen vor dir, würde ich sagen. Beschreib doch mal, was da steht, was das ist und warum du dir das gerade für diesen BierTalk heute ausgesucht hast.

Daniel Stenglein: Ich habe ein fränkisches Pilsner vor mir stehen, das habe ich selber gebraut. Auch ein Sud, der mal einigermaßen frei von Fehlern ist. Also schmeckt mir auch sehr gut. Ist auch jetzt schon lange abgelagert. Fränkisches Pilsner deswegen, weil es nicht ganz so herb ist wie ein norddeutsches Pilsner, aber schon kräftiger. Die fränkischen Pilsner, die haben immer so eine extrem ausgeprägte Hopfenblume. Das habe ich hier auch gemacht. Ich habe da hier in den Whirlpool massiv Aromahopfen mit reingeschmissen und der kommt richtig gut durch. Ist auch sehr gut geklärt mittlerweile. Also das ist natürlich auch immer so ein Thema bei den Hobbybrauern. Wir haben ja keine Filtration, da muss man auf natürliche Weise das Bier klären. Aber es ist sehr klar geworden und schmeckt mir vorzüglich.

Holger: Ja, dann schütte es doch mal ein. Lass uns hören, wie das ploppt sozusagen.

Daniel Stenglein: Es war schon offen.

Holger: Ah!

Markus: Ah!

Holger: Okay. Okay. Du hast dir also Mut angetrunken?

Daniel Stenglein: Ich musste meinen Mund befeuchten.

Markus: Also vorzeitiger Bier auf, na, wie auch immer. Lassen wir das mal so stehen. Naja gut, aber es schmeckt dir. Das ist doch schon mal super. Und Holger sagt ja immer, also einerseits ist Pils ja sowieso sein Lieblingsbierstil, aber andererseits ist es natürlich auch einer, der echt schwer zu brauen ist. Also ist das was, wo ein Hobbybrauer vielleicht doch auch Erfahrung braucht, bis er sowas machen kann? Oder lässt sich das doch einfach bewerkstelligen?

Daniel Stenglein: Grundsätzlich untergärige Biere bedürfen schon eine gewisse Professionalität auch, weil da spielen ja auch so Dinge rein beim Abfüllen mit Sauerstoffkontakt et cetera. Pils und klassisches Helles sind so die schwierigsten Bierstile, die man brauen kann. Da muss man wirklich auf sehr viel achten. Ist ein sehr schwerer Bierstil, auf jeden Fall.

Holger: Ich kann das vielleicht auch noch mal ergänzen. Also ich habe auch schon oft selber gebraut und braue auch schon lange, aber jetzt in den letzten Jahren eigentlich kaum noch. Aber angefangen habe ich auch mit 16. Und ein Pils ist eben so schlank und trocken und verzeiht keine Fehler. Das ist es eigentlich. Also diese untergärigen Biere, also Helles oder Pils, sind beides sehr schwer, das stimmt. Die verzeihen keine Fehler. Wenn man einen Fehler macht, dann kommen die auch sofort zu Tage. Also nehmen wir jetzt mal ein klassisches obergäriges Bier, was jetzt in unserer Szene unbedingt beliebt ist. Also nehmen wir jetzt mal ein IPA. Wenn man da jetzt nicht ganz sauber ist, dann hat man ja immer noch die Möglichkeit auch dann hinterher zu stopfen und so. Also man kann ein bisschen kaschieren. Aber bei einem Pils kannst du ja fast nichts machen. Und das ist auch dann der Grund, warum die amerikanischen Brauereien, also auch durchaus die bekannten Craft Breweries dazu übergehen, auch Pilsbiere zu brauen. Gar nicht so sehr, weil die Kunden das so stark nachfragen, sondern nach außen zu dokumentieren, dass sie es wirklich können. Das finde ich sehr interessant.

Markus: Habe ich vor Ort auch erlebt, als ich in Oregon war vor ein paar Jahren, dass die wirklich megastolz waren und als allererstes Bier uns wirklich ihr Pils präsentiert haben, obwohl sie seit 20, 30 Jahren auf dem Markt sind. Weil sie einfach sagen: Jetzt endlich haben wir auch das. Und nachdem wir das so gut können, sind wir jetzt auch richtige Brauereien. Also steckt viel dahinter.

Holger: Genau. Sind wir wer. Markus, du hast doch wahrscheinlich auch was mitgebracht. Was hast du denn da auf deinem Tisch stehen?

Markus: Ich habe ein kleines Wagnis. Und zwar habe ich, ich glaube, so um Weihnachten rum oder so, eine Hobbybrauer-Flasche geschenkt bekommen. Und ich weiß ehrlich gesagt leider Gottes nicht mehr von wem. Und ich weiß auch nicht mehr genau, was da drin ist. Aber sie war in meinem Kühlschrank und ich habe mir gedacht: Mensch, das ist doch jetzt genau der richtige Zeitpunkt, die mal aufzumachen. Also es handelt sich um eine ganz normale handelsübliche 0,5 Liter Flasche mit einem rosa Korken obendrauf. Also das ist schon mal was, wo man nicht genau weiß. Und sie ist komplett voll, also ganz, ganz wenig nur Luft noch in der Flasche. Da sieht man schon, also da merkt man schon, dass es ein Hobbybrauer-Bier ist, weil die normalen Brauereien, die größeren Brauereien ja alle eine genaue Füllhöhe haben und auch einhalten. Und jetzt bin ich mal gespannt. Ich mach‘s mal auf. Also Kohlensäure hat es auf jeden Fall. Das ist ein bernsteinfarbenes Bier. Schaut fast aus wie ein Rotbier, also hat einen schönen Braunton mit einem Rotstich. Ein schöner fester beiger Schaum. Also das von der Seite aus schon mal gut gelungen. Ich rieche mal rein. Aha! Und jetzt hat man auch so einerseits kräutrige Noten, andererseits so ein bisschen rote Beeren. Also wirklich ganz spannend. Ich bin ganz positiv überrascht. Und rauchig, leichte Rauchnote. Also das hat offensichtlich mir jemand geschenkt, der weiß, dass ich gerne Rauchbier mag. Mmh! Oh ja! Und auch geschmacklich großartig. Schön weich, schön rund, ein bisschen Honignote dabei. Ganz toller Abgang, wenig Bittere, leichte Säure, die hintenraus den Mund wieder ein bisschen saubermacht. Schön! Sehr erfrischend. Habe ich zufällig eine Superwahl getroffen. Und wenn er jetzt zuhört, vielen Dank an den Hobbybrauer oder die Hobbybrauerin! Noch mal, wer den rosa Deckel verwendet, wird es wissen. Und es war wunderbar. Also eine tolle Erfahrung, wie du schon am Eingang gesagt hast. Man hat teils die besten Biere bei den Hobbybrauern. Großartig!

Holger: Unbedingt! Daniel, erzähl doch mal ein bisschen: Wie sind denn deine Bedingungen? Also mit welcher Anlage arbeitest du? Wo machst du das dann sozusagen? Wenn man untergärig braut, dann ist man ja so bei einer mittleren Vergärungstemperatur von 6 Grad. Wie stellst du die sicher im Schlafzimmer, dass ihr da ständig 6 Grad habt? Und wie machst du das eigentlich mit deiner Partnerin und so? Also erzähl doch mal, mit welchen Bedingungen arbeitest du?

Daniel Stenglein: Angefangen habe ich das Ganze tatsächlich so, ich bin zur Oma dann gefahren nach diesem ersten Brautag, mit dem Jürgen zusammen. Und ich habe dann gesagt: Oma, du kannst jetzt keine Klöße mehr machen. Ich brauche den Wecktopf. Ich habe mir den dann geholt den Wecktopf, dann ein paar Sude drauf gemacht, aber dann merkt man schnell, man will sich verbessern. Das gehört ja auch zum Hobby dazu, die stetige Verbesserung auch des Brauprozesses. Und dann Irgendwann bin ich jetzt bei meiner Anlage gelandet. Ich habe jetzt zwei 70-Liter-Töpfe, kann Druckgärung machen. Also ich habe so einen zylindrokonischen Gärtank. Ich habe in meinem Schuppen, das ist außerhalb vom Haus, den habe ich da eingerichtet, habe alles rausgefliest, Wasser reingelegt. Eine Kühlkammer mit drinstehen, da lagern meine Biere und vergären drinnen. Und das Ganze ist alles weitestgehend automatisiert. Also das Maischeprogramm, also die verschiedenen Rasten durchlaufen, das ist automatisiert. Ich habe ein Rührwerk. Und dann eben wird es runtergekühlt, da habe ich auch einen eigenen Brunnen, was auch sehr von Vorteil ist, dann muss man nicht so aufs Wasser merken. Und dann geht der Sud eben in den Gärtank. Dann kühle ich noch die restlichen paar Grad herunter. Häufig ist es so, es kommt immer ein bisschen auf die Hefe drauf an, bei den untergärigen Bieren gibt’s ja auch sehr, sehr viele verschiedene Hefen. Und die, die ich dann meistens nehme, also ich gebe die Hefe dann dazu, das Anstellen, das stelle ich bei 6 Grad an. Dann führe ich diese Temperatur nach gewissen Tagen immer höher und lande dann so am Schluss bei 12 Grad. Das ist auch alles automatisiert mit so einer Steuerung in meinem Kühlschrank.

Holger: Hört sich auf jeden Fall schon ziemlich professionell an. Und so die gesetzlichen Themen, dass man pro Haushalt 200 Liter und steuerfrei brauen kann, die wirst du wahrscheinlich überschreiten, oder?

Daniel Stenglein: Im letzten Jahr tatsächlich nicht. Das liegt an meiner Braumethode. Ich mach das sogenannte „No Sparge“. Ich gebe keine Nachgüsse dazu, ich braue nur Vorderwürze-Bier. Das ist ja auch so das Ambrosia des Brauers, die Vorderwürze. Dadurch kann ich natürlich nur meine Braukessel bis zur Hälfte so. Ich hatte immer so 30 Liter Ausstoß und braue so alle 5 bis 6 Wochen mal. Brauen ist das eine, die Maische einmaischen und die Würze zubereiten, ja, das kann man häufig machen, aber was immer viele vergessen auch im Hobbybereich, was dann hinten noch kommt. Die Lagerung und das Vergären alles, da braucht man auch Kapazitäten. Und die müssen natürlich dann auch erst mal geleert werden.

Holger: Ja, sehr gut. Dann machst du eigentlich ausschließlich Vorderwürz-Biere?

Daniel Stenglein: Genau.

Holger: Vielleicht noch mal ganz kurz zur Erklärung. Die Vorderwürze, wenn man eben die Maische fertig hat und dann ins Läutern übergeht, dann ist eben die Vorderwürze quasi die erste Phase des Abläuterns, dabei entsteht die. Und das ist eben ganz wertvoll. Das wird natürlich auch von professionellen Brauereien schon mal hergenommen. Ich habe das ja schon mal beantwortet, also welches Bier nehme ich auf die einsame Insel mit. Da hatte ich ja geantwortet, das wäre bei mir das Imperial Pils der Trumer Brauerei aus Obertrum bei Salzburg. Und das ist auch ein reines Vorderwürz-Bier im Übrigen. Also nur so by the way. Markus, das ist doch was, oder? Also das macht mich ein bisschen durstig auch.

Markus: Ja. Ich bin schon gespannt, was du dir für ein Bier rausgesucht hast. Man muss vielleicht zur Ehrenrettung noch sagen, für die Brauer natürlich hat das jetzt nichts Verwerfliches, wenn jemand nicht nur mit der Vorderwürze braut, sondern es ist ja so, dass nach diesem ersten Läutern einfach noch sehr, sehr viele Inhaltsstoffe im restlichen Malz zurückbleiben, im Treber. Und dass deswegen schon immer eigentlich üblich ist, dass man dann noch mal Wasser drüber gibt, nachschwänzt, wie man das auch sagt, und man damit eben noch mal die restlichen Dinge herauslöst. Und das gibt insgesamt dann natürlich eine Mischung aus dem ersten Lauf sozusagen der Vorderwürze und dem Nachlauf. Und beides zusammen ist dann das, was normalerweise eben zum Bier wird, das macht man seit dem 17., 18. Jahrhundert so, und hat damit eben insgesamt eine maximale Ausbeute aus dem jeweiligen Malz. Und wenn man sich den Luxus leisten kann so wie das Trumer bei seinem Imperial Pils macht oder eben auch der Daniel als Hobbybrauer machen kann, ist es natürlich toll, wenn man nur mit der Vorderwürze arbeitet. Aber es ist nicht schlechter, wenn man die Nachgüsse auch mit dazu nimmt. Aber jetzt mal andersrum, Holger, was hast du dir denn für ein Bierchen ausgesucht? Lass man hören.

Holger: Ich hatte schon Angst, keiner von euch fragt mehr. Ich mach‘s mal auf. Jetzt schenke ich es mal ein. Und jetzt trinke ich es auch. Prost! Ich habe mir wie immer natürlich Gedanken gemacht. Es war ja klar, ich habe mit zwei Oberfranken zu tun. Das war das Erste. Dann weiß ich ja von dem einen, dass er das andere Geschlecht wirklich sehr liebt. Er redet ja ständig von irgendwelchen Frauen. Damit meine ich jetzt den Markus. Dann habe ich mir gedacht, ich weiß ja auch so ein bisschen über den Daniel ein bisschen Bescheid, und dann habe ich schon auch gewusst, also so untergärige Lagerbiere, das ist ein Steckenpferd, also habe ich mir auch ein untergäriges Bier ausgesucht. Und jetzt muss man da irgendwie so das Thema Frauen und untergäriges Lager, also ein Helles, miteinander verbinden. Und so bin ich zu Arcobräu Mooser Liesl gekommen. Und ja, es ist eben so, dass diese Dame wirklich mal existiert hat. Also Arcobräu war halt ganz berühmt eben für das gute Helle, aber es war eben auch so, dass viele nicht nur wegen dem Hellen in den Schlossbiergarten kamen, sondern eben auch wegen dieser netten und schönen Bedienung. Und dann schmeckt das ja noch viel besser. Ich hoffe, ich habe jetzt bei euch beiden genug Bilder produziert. Mir schmeckt‘s auf jeden Fall sehr. He-he-he!

Markus: Ich brauche jetzt erst mal noch einen Schluck Rauchbier. Prost!

Daniel Stenglein: Prost!

Holger: Darüber hinaus habe ich mich jetzt auch noch für eine besondere Flasche entschieden, weil dieses Bier gibt’s eben in zwei verschiedenen Gewindeformen, und zwar einmal in der 0,5er-Euro-Flasche, so wie man sie kennt, und dann eben noch so eine kleine Flasche. Und die finde ich besonders schön. Also es sind halt nicht diese normalen 0,33er-Flaschen, sondern eben die Euro-Flasche, die man kennt, eben nur klein.

Markus: Als 0,25er oder als 0,33er?

Holger: Nein, als 0,33er. Und da mache ich mir jedes Mal Gedanken. Das machen ja jetzt so einige, die nehmen ja diese kleine Flasche her, also da weiß ich nicht, wie das hier bei dieser Flasche ist, aber beim Giesinger weiß ich das. Da hat der Steffen Marx schon diese Flasche auch genommen, hat die aber nicht nur runtergedampft, also sozusagen runtergezogen in den normalen Abmessungen, sondern hat eben auch mit dem Flaschenhals was verändert, damit es besser ist vom Einschüttwinkel, auch wenn man aus der Flasche trinkt. Das finde ich auch ganz spannend. Ich weiß gar nicht, Daniel, welche Flaschen verwendest du denn? Wo kommen die her? Wie machst du das? Kronkorken, Bügelverschluss? Also wie geht das, wie funktioniert überhaupt die Abfüllung da bei dir?

Daniel Stenglein: Wie ja bereits erwähnt, die Entwicklung auch im Brauprozess schreitet natürlich auch immer wieder voran. Und so habe ich dann auch irgendwann mich dafür entschieden, alles auf Druck umzustellen, eben Druckgärung, und dann auch Abfüllung in Kegs. Und dann aus den Kegs mit einem selbergebauten Gegendruckfüller in Bierflaschen dann abfüllen. Die hole ich dann meistens aus der Brauerei frisch gewaschen. Da habe ich zu einigen Brauereien einen guten Draht. Da zahle ich dann das Pfand nur und dann fülle ich das eben in die Flaschen ab. Und dann ganz normal mit so einem ganz normalen Kronkorken-Verschließer. Da habe ich mir mal bei so einer Sammelbestellung in Facebook damals, ich glaube, 5000 Kronkorken geholt. Und dann wird das zugemacht und …

Markus: … und dann ist die Flasche zu sozusagen.

Daniel Stenglein: Genau.

Markus: Und wie ist das mit dem Thema Hefe und Nachgärung und so? Also ist da noch mal Flaschengärung bei dir am Start oder wie machst du das?

Daniel Stenglein: Aktuell nicht mehr, das habe ich am Anfang gemacht. Ganz viele Hobbybrauer, die lassen das Bier ja durchgären, bis ein gewisser Restextrakt eben im Gärbottich drin ist und die Hefe sich dann sozusagen schlafenlegt, weil sie nichts mehr zum verknappern hat. Die meisten Hobbybrauer oder sehr viele, sagen wir mal so, die füllen dann das Bier in Flaschen ab und dann wird eben ein gewisser Anteil Haushaltszucker mit dazugegeben, und dann kann die Hefe diesen Haushaltszucker wieder verstopfwechseln, weil die Hefe produziert ja zu gleichen Teilen dann Alkohol und eben das CO2. Und unter Druck, weil die Flasche ja zu ist, kann sich dieses CO2, was eben durch diesen Haushaltszucker dann entsteht, in der Flasche beziehungsweise im Bier dann binden. Und das ist dann so die klassische Nachgärung oder die Flaschengärung dann.

Markus: Da sind wir ja ein bisschen jetzt bei der Gretchenfrage der Hobbybrauer eigentlich. Weil normale Brauereien würden für die Flaschengärung die schon erwähnte Würze nehmen, um ihr Bier in der Flasche weitergären zu lassen und bleiben damit im Reinheitsgebot. Wenn ich jetzt ein Würfelzuckerchen nehme, dann verlasse ich es ja eigentlich. Das heißt, wie hältst du es mit dem Reinheitsgebot? Was ist so deine Haltung dazu und wie sieht‘s mit deinen Bieren dabei aus?

Daniel Stenglein: Ich bin da absolut zweigeteilt. Also ich glaube nicht daran, aber ich finde es auch gut, sagen wir so. Für mich haben Biere, die jetzt Kirschen drin haben wie ein Kriek oder belgische Biere, die haben auch ihre Daseinsberechtigung, das sind ja historische Biere, die es teilweise schon länger gibt als untergärige Lager. Und warum darf man die nicht in Deutschland brauen? Das ist absoluter Quatsch. Es gibt genug Beispiele, wo Brauer jetzt dann nach Tschechien fahren zum Beispiel und dort ihren Sud brauen lassen, nur weil es in Bayern eben nicht erlaubt ist. Und ich finde, das sind Beschränkungen, die der Kreativität überhaupt nicht förderlich sind. Und wenn jemand sein untergäriges Bier trinken will, das nach dem bayerischen Reinheitsgebot von 1516 gebraut ist, dann ist das ja auch absolut in Ordnung und wir können das ja auch weiterhin draufschreiben. Aber ich finde halt auch, dass diese Leute, gerade diese kreativen Brauer, wo wir auch ganz viele kennen, Markus, die sollten auch ihre Chance haben, das hier in Bayern brauen zu dürfen. Und nicht dann draufschreiben zu müssen, alkoholhaltiges Malzgetränk oder so.

Markus: Das ist in der Tat eine schwierige Geschichte, weil halt auch in Bayern dieses Thema durchaus unterschiedlich gelebt wird. Weil es ja auch größere Brauereien gibt in Bamberg, in Augsburg, die regelmäßig andere Biere machen und eben kein Problem haben. Das ist so ein bisschen auch ein Thema, finde ich, was da mit reinspielt. Auf der anderen Seite haben wir die Thematik, dass, wenn all das eben bei uns gemacht werden dürfte, was außerhalb von Deutschland erlaubt ist, dann hätten wir natürlich auch ein großes Problem bei den etablierten Brauereien. Und deswegen ist es auch für mich ein sehr zwiegespaltenes Thema. Aber ich habe dich unterbrochen.

Daniel Stenglein: Ich finde Bier brauen, das ist ja wirklich das komplizierteste Getränk der Welt. Wir haben vier Zutaten und jede Zutat ist praktisch eine Wissenschaft für sich. Und da diese Harmonie zu treffen, so ein Aromaspiel dann daraus zu machen, das ist ja auch was ganz Fantastisches. Und ich für mich, ich braue ausschließlich nur mit diesen vier Zutaten. Ich habe am Anfang dann mal so ein Grapefruit in ein IPA gesteckt, aber diese Aromen, die kann man auch aus gewissen Hopfensorten herauskitzeln. Und jetzt nur noch eigentlich mit den vier Zutaten. Genau.

Markus: Holger, wie ist es denn bei dir mit Reinheitsgebot?

Holger: Ich bin eigentlich ein Verfechter des Reinheitsgebotes, weil das für uns, glaube ich, als Bierland, das ist einfach ein Markenzeichen. Und das Thema Export ist nicht mehr wegzudenken, wir brauchen das, das ist wichtig für die Brauereien. Das ist auch wichtig für das Existieren der Branche. Das war ein genialer Marketingzug eben dieses Lebensmittelgesetz eben dann Reinheitsgebot auch zu nennen, also das heißt ja nicht schon seit 1516 so. Ich glaube, es ist auch genügend Kreativität da, um sich da entsprechend zu bewegen. Ich bin eigentlich ein Verfechter des Reinheitsgebotes, bin aber vollkommen auch bei dem, was ihr gesagt habt. Ich gebe jetzt auch ein Beispiel. Ich würde zum Beispiel das Reinheitsgebot vielleicht sogar noch strenger machen, aber dafür eben dann auch wieder in bestimmte Richtungen öffnen. Was soll jetzt dabei sein, wenn ich ein Fruchtbier herstellen möchte und ich nehme 40 Kilo frische Himbeeren, wo es reiner ja eigentlich nicht geht? Was ist dagegen einzuwenden? Wo ich natürlich absolut dagegen bin, wären jetzt künstliche Himbeeraromen. Da bin ich dann wieder froh, dass wir das so geregelt haben bei uns. Auf der anderen Seite, es ist ein urdeutsches Thema, hat uns viel, viel gebracht und bringt uns auch immer noch was. Das ist sowas, wie so ein bisschen Made in Germany, so kann man das Reinheitsgebot eben auch sehen. In meinen Augen sollten wir es auch in Ehren halten und uns auch erhalten. Also so ist ein bisschen meine Meinung.

Markus: Also in Ehren halten und erhalten finde ich auf jeden Fall auch gut. Bin ich dabei. Daniel, du kommst ja auch ganz schön rum und wir haben uns auch schon bei Bierwettbewerben getroffen. Wie ist das denn so, wenn du andere Hobbybrauer triffst oder sogar im Ausland? Ist das eine Community, habt ihr euch alle lieb? Oder gibt’s da auch Rivalitäten? Wie kann man sich das so vorstellen?

Daniel Stenglein: Da muss ich jetzt ein bisschen weiter ausholen. Ich bin ja auf Facebook einer der Administratoren der Facebook-Gruppe Hobbybrauer. Wir haben da 8300 Mitglieder, und da bekomme ich natürlich auch viel mit. Ich kenne auch sehr viele Leute mittlerweile, Brauer, ich habe da auch wirklich sehr, sehr große Freundschaften geschlossen. Ich muss ganz ehrlich sagen, nirgendwo ist das Miteinander so gut wie unter den Hobbybrauern. Das habe ich auch letztes Jahr auf der HBCon, auf der Heimbrau Convention, in Romrod habe ich das gesehen. Also das war ein wahnsinniges Festival, absolute Freude und jeder mit jedem unterhalten und überhaupt keine Rivalitäten oder so, das gibt’s da nicht. Man freut sich eigentlich für den anderen. Wenn jemand jetzt den ersten Platz beim IPA bekommen hat, da haben alle applaudiert und das war wirklich, wirklich ganz, ganz toll. Und auch bei mir so in der Gruppe, da muss man ganz, ganz selten irgendwie mal eingreifen oder mal irgendwie darauf hinweisen, dass sich jemand im Ton vergriffen hat. Das kommt da eigentlich ganz, ganz selten vor.

Holger: Ich kann das nur bestätigen. Ich habe lange, lange Zeit gesagt, das ist so ein bisschen eine arschlochfreie Zone. Und ich bin da aber weggekommen davon. Also mit der Craftbier-Welle habe ich auch so den Eindruck gehabt, da sind viele auf den Zug aufgesprungen, wollten schnelles Geld verdienen. Kommerziell ist da vieles reingekommen, einige, die eben nur – oder was heißt nur – aber die eben nicht wirklich aus dem Brauhandwerk kommen, egal ob jetzt professionell oder hobbymäßig. Sondern aus der Betriebswirtschaft oder Marketingecke, die haben dann brauen lassen, haben schöne Etiketten entwickelt und so. Also da hat sich auch was verändert. Aber bei den Hobbybrauern, da gebe ich dir vollkommen recht, ist es nach wie vor immer noch eine arschlochfreie Zone. Und ich bin da auch gerne unter diesen Kollegen.

Markus: Ich muss auch sagen, für mich hat es so ein bisschen eine zeitliche Versetzung. Wenn ich überlege, als ich die ersten größeren Zusammenkünfte von Craft-Brauern erlebt habe, so vor 10, 15 Jahren, da war das ein unglaubliches familiäres Gefühl, alle hatten sich wirklich lieb, sie haben sich unterstützt, man hat sich gegenseitig geholfen. Und es war wirklich ein ganz, ganz tolles Ambiente, tolles Erlebnis, eine tolle Szene. So 10 Jahre später hat man gemerkt, dass da langsam aber sicher Gräben aufgebrochen sind. Die einen sind eben größer geworden, dann auf einmal war man Konkurrenz und so, und es wurde schwieriger. Und das zieht sich ja bis heute durch. Und als ich jetzt zum Beispiel letztes Jahr oder auch dieses Jahr wieder in Bayreuth war, bei der Homebrew, und dann ist diese Nacht, wo der Sieger verkündet wird vom Hobbybrauer Wettbewerb, da habe ich wieder diese ursprüngliche Atmosphäre gespürt, so wie das eben mal bei den Craft-Brauern auch war. Da hat man richtig gemerkt, wie die gemeinsam das Bier feiern, wie sie sich feiern, wir sie ihr Hobby, ihre Kreativität, ihre Begeisterung zusammen teilen. Und das, muss ich wirklich sagen, fand ich ein ganz, ganz tolles Erlebnis. Ich hoffe mal, dass die Hobbybrauer das schaffen, sich das zu erhalten, und eben nicht auch in so eine andere Fahrwasserecke kommen. Glaube ich aber nicht, so wie mir die Leute vorkommen, sind die schon wirklich alle Feuer und Flamme und halt echte Hobbybrauer mit Begeisterung und Emotion und Passion und so.

Holger: Also du kannst das auch bestätigen, was ich gesagt habe, oder?

Markus: Meinst du jetzt mich?

Holger: Ja.

Markus: Das wollte ich damit eigentlich gesagt haben.

Holger: Ja, okay. Mhm (bejahend).

Markus: Oder war das jetzt alles sehr unverständlich? Das Rauchbier ist vielleicht stärker, als ich so gedacht habe. Ich weiß ja nicht, wie viel drin ist, keine Ahnung. Daniel, vielleicht noch das Thema Biere bewerten. Also wir haben ja gemeinsam eben schon Hobbybrauer-Wettbewerbe auch gejudged beziehungsweise warst du Teilnehmer und manchmal eben auch in der Jury und so. Wir machen ja auch zusammen größere Wettbewerbe. Wie ist das so, wenn man auf diese Seite auch noch wechselt und dann vielleicht ein bisschen mehr Erfahrung hat und dann vielleicht auch ein bisschen sensibel ist für Dinge, die nicht so sind, wie sie sein sollen? Und dann kommst du mit Leuten zusammen, die du total gerne magst, aber sie kriegen es mit ihren Bieren halt nicht hin, sind aber trotzdem sehr stolz darauf. Wie geht man damit um, das freundschaftlich irgendwie doch rüberzubringen?

Daniel Stenglein: Schwieriges Thema. Ich bin trotzdem immer der Meinung, man sollte konstruktive Kritik ausüben, weil nur das bringt ja auch einen weiter beim Bierbrauen. Den größten Fehler, den ich eigentlich gemacht habe, war ein Fehlaromen-Seminar zu besuchen, weil dann wusste ich, dass Biere auch nicht schmecken können. Vorher war es halt irgendwie immer so ein bisschen so im Sumpf, da ist irgendwas, aber man kann es nicht identifizieren. Wenn man dann so seine Zunge und seinen Geschmack da ein bisschen übt, dann wird man auch extrem kritisch mit den Bieren und auch mit den eigenen Bieren wird man auch extrem kritisch. Ich gebe auch zum Beispiel nie ein eigenes Bier raus, was jetzt einen Fehler drin hätte, so grüner Apfel oder so, Acetaldehyd, dann Diacetyl, wenn ich das vorher nicht drin haben wollte. Also beim böhmischen Pils, klar, aber beim untergärigen fränkischen Lager möchte ich kein Diacetyl haben und ich gebe es auch nicht raus. Obwohl das ja eigentlich auch bei vielen Brauereien, auch in Franken, der Hausgeschmack ist, und viele mögen das ja auch, Diacetyl, aber für mich ist das halt so, seitdem ich das so mache mit Bieren verkosten und Fehlaromen-Seminare et cetera, man wird kritisch, auf jeden Fall. Und den Leuten kann ich dann, wenn ich Kritik übe, dann versuche ich, ihnen trotzdem irgendwie immer mitzugeben, das und das kannst du besser machen, versuch doch mal das, um den Fehler zum Beispiel rauszubekommen oder vielleicht diese Geschmacksnuance ein bisschen raus zu kitzeln.

Holger: Bei Diacetyl ist der Markus auch sehr empfindlich, oder?

Markus: Ja. Da bin ich leider auch sehr empfindlich. Ich muss noch sagen, finde ich sehr schade, weil ich das früher wirklich sehr, sehr gerne gemocht habe, und da wusste ich ja nicht, was es ist. Gerade wenn ich in Tschechien war und habe da eben gerade die dunklen Biere getrunken, die ich gerne mag, und in Franken passiert dann das halt auch öfters. Und mittlerweile bin ich halt dafür sehr sensibel. Das ist schade einerseits, weil ich jetzt wirklich auch das echt nicht mehr mag. Also dann lasse ich es auch stehen und trinke es halt nicht. Und wie gesagt, eigentlich schade, weil viele Leute empfinden das als angenehmes Aroma. Vielleicht an der Stelle mal für die Hörer, die da nicht so tief drin sind. Es gibt beim Bier Aromen, die entstehen, wenn man zum Beispiel im Prozess Fehler macht oder eben zumindest nicht so macht, wie man heutzutage der Lehrmeinung nach eben machen sollte. Oder wenn es eben Verunreinigungen gibt bei den Rohstoffen oder Infektionen, und dann wird es halt richtig schlimm, wenn einfach Sachen dann im Bier drin sind, die da nicht reingehören. Das alles sind Fehlaromen, die man als BeerJudge schon kennen und unterscheiden können sollte. Vor allem auch vor dem Hintergrund, dass die Brauer auch erwarten im Wettbewerb, dass man ihnen so ein bisschen zumindest sagt, was man bessermachen kann, dass dieses Aroma eben nicht mehr entsteht. Und das ist vielleicht so der Bogen, den man schlagen kann. Ich bin natürlich auf der einen Seite sehr sensibel, auf der anderen Seite bin ich dann aber auch sehr froh, dass es so Leute wie den Daniel gibt, weil ich selber jetzt kein Hobbybrauer bin oder zumindest kein guter, und er dann jemand ist, der viel konkreter jemandem sagen kann: Pass auf! Wenn du das vermeiden willst, dann mach doch dieses und dieses und jenes. Da kann ich immer nur aus dem Lehrbuch was wiedergeben, aber eben nie aus der Praxis. Deswegen ist ganz wichtig, dass Hobbybrauer da eben auch dabei sind und sich einbringen.

Holger: Ich glaube, in meinem Erleben ist es auch so, dass gerade auf den Wettbewerben das auch passiert. Dann werden ja so Tische aufgebaut, jeder probiert bei jedem, man tauscht sich aus und klopft sich auf die Schulter. Und holt sich auch Ideen, so nach dem Motto, Mensch, das könnte ich auch mal versuchen, da hat er eigentlich recht und so. Also das ist schon toll. Was ist denn dein Lieblingswettbewerb, Daniel? Wo gehst du am liebsten hin?

Daniel Stenglein: Als Judge war für mich der World Beer Award eigentlich so ein einschlägiges Erlebnis. Das fand ich ganz toll, dass der Markus mich da mitgenommen hat, mich als kleinen Hobbybrauer. Da jetzt hier so kommerzielle Biere verkosten, das war ganz toll. Da habe ich auch unheimlich viel gelernt an dem Tisch, wo ich gesessen war mit dem Table Captain. Aber natürlich auch sehr, sehr anstrengend. Also das darf man nicht unterschätzen, wenn da je Flights reinkommen mit jeweils 20 Münchner Dunkel zum Beispiel. Dann zu jedem was schreiben und sich drüber unterhalten, wie das Bier denn schmeckt und was für Aromen drin sind, eventuell Fehlaromen. Das war eine ganz, ganz tolle Erfahrung.

Holger: Habt ihr euch da am Tisch getroffen ihr beiden, oder wie war das?

Daniel Stenglein: Der Markus hat mich gefragt, ob ich da mitgehen möchte nach Hamburg. Da habe ich gesagt: Natürlich, diese Chance nutze ich. Und der Markus ist ja da praktisch der Obersommelier, sage ich mal, oder Markus wie würdest du dich da bezeichnen?

Markus: Da bin ich quasi der Leiter der deutschen Jury. Könen wir mal so sagen. Mhm (bejahend).

Daniel Stenglein: Genau. Und dann haben wir uns halt oben am Vorabend in Hamburg getroffen, waren da ein paar Bierchen trinken, und am nächsten Tag die Verkostung. Das war echt ganz toll.

Markus: Genau. Und das ist ja auch immer so eine Gratwanderung, weil vor so einem Wettbewerb, auf der einen Seite freuen sich alle Judges, dass man zusammenkommt und Zeit miteinander verbringen kann und es ist total schön. Auf der anderen Seite weiß man aber auch, am nächsten Tag steht echt ein hartes Programm auf der Tagesordnung, wo es auch mal heißen kann, 60, 70, 80 Biere zu probieren. Das heißt, man muss wirklich Disziplin wahren an dem Abend vorher. Das ist tatsächlich immer nicht so einfach. Wir haben es aber gut hinbekommen, war ich auch sehr stolz auf unsere ganze Jurymannschaft. Es waren dann auch, glaube ich, alle so gegen elf, halb zwölf im Bett, zumindest alle, von denen ich wusste. Und das ist schon ein wichtiger Punkt. Am nächsten Tag trifft man sich dann früh, also das war deine Frage, glaube ich, Holger, ob wir uns dann am Tisch selber gesehen haben? Nur bedingt, weil dadurch, dass ich ja jetzt Jury-Chef bin, eher so eine Supervisor-Funktion habe, wo ich gar nicht mehr so viel am Tisch selber dran bin, sondern eher so dafür da bin, für die Jury-Leute da zu sein, im Zweifelsfall bei Fragen zu helfen oder auch selber mal bei so kniffligen Sachen zu entscheiden, ist das jetzt noch so oder so. Oder auch mal zur Not auf ein Etikett zu schauen, ist da vielleicht was bei der Einordnung falsch gegangen oder stimmen vielleicht irgendwelche Werte nicht? Also da gibt’s viele, viele Dinge, die man da im Hintergrund noch tun muss. Auf jeden Fall eine spannende Geschichte, und steht ja auch dieses Jahr wieder an. Dieses Jahr werden wir da wahrscheinlich ein ganz besonderes Experiment machen, aber da dürfen wir, glaube ich, offiziell noch gar nicht drüber reden. Deswegen muss ich das an der Stelle jetzt erst mal lassen. Aber da können wir, wenn wir dann den nächsten BierTalk zusammen machen, auch mal drüber sprechen über die Erfahrungen, die wir da sammeln. Weil jetzt eben alle neue Wege gehen müssen, weil die klassischen momentan nicht funktionieren und vielleicht auch auf längere Sicht nicht funktionieren. Wie ist das denn bei den Hobbybrauern, Daniel? Durch die Corona-Geschichte sind da auch Events ausgefallen? Gab’s da auch welche, die dadurch Probleme hatten? Oder wie ist da so die Kommunikation?

Daniel Stenglein: Das größte Event oder eines der bedeutendsten Events, also die Heimbrau Convention, die war quasi schon in den Startlöchern und ein paar Tage vorher kam dann der Shutdown und dann wurde alles abgesagt. Die HBCon wird ja von einem privaten Verein organisiert. Das war natürlich extrem schade und der Verein stand auch kurz davor, irgendwie mit den Finanzen nicht mehr zurecht zu kommen. Weil die haben ja auf dem Schloss alles organisiert, das ganze Merchandising, die Organisation, das war ein Riesenaufwand. Auch hier muss ich wieder sagen, die Hobbybrauer, im Forum zum Beispiel gab’s dann und bei mir in der Gruppe gab‘s einen Aufruf zwecks Spenden. Und da haben sich dann alle gemeldet, also die HBCon wurde, Stand bis jetzt, gerettet. Viele Spenden sind eingegangen und wahrscheinlich wird sie dann auch wieder nächstes Jahr stattfinden. Wir haben ein Jahr darauf gefiebert, weil das für uns Hobbybrauer natürlich ein ganz, ganz tolles Event ist, und dann haben wir zwei Tage vorher oder drei Tage waren es, glaube ich, die Absage bekommen. Das war extrem schade für uns.

Markus: Krasse Sache. Aber es scheint ja jetzt dann doch wenigstens an sich gerettet zu sein, das ist ja schon mal ganz gut. Vielleicht noch abschließende Frage zu dem Facebook-Thema. Da ist ja auch immer so der Eindruck, mittlerweile ist ja da ganz viel Unsinn auch, was auf dem Netzwerk verbreitet wird. Andererseits so eine sehr spezifische Gruppe zu haben mit 8000 Mitgliedern, das ist ja schon sehr spannend. Wie kam das denn so, was gibt’s da für Herausforderungen? Und was ist so das Besondere an so einer Gruppe, so einer großen Gruppe auf Facebook?

Daniel Stenglein: Wie das kam? Ich war von Anfang an mit dem Hobbybrauer-Fieber infiziert. Ich habe mich dann auch im Forum mit eingebracht und in der Gruppe. Und irgendwann habe ich dann mal gesagt so, ich habe dann so gemerkt, dass in der Gruppe so ein bisschen was falschgelaufen ist, dass viele so Unsinns-Beiträge kommen. Und dann habe ich irgendwann mal den Chef von der Gruppe, also dem die Gruppe gehört, haben ich dann mal gefragt: Wie wär‘s denn, kann ich dich unterstützen als Moderator? Das hat dann gut geklappt. Und irgendwann hat er mich dann als Admin ernannt. Wie du gesagt hast, also es gibt immer wieder Ausreißer, aber der Ton an sich ist bei uns extrem gut. Wir haben da auch Regeln aufgestellt, also die muss auch jeder dann bestätigen die Regel, wenn er die Gruppe betritt. Und wir als Administratoren schauen halt im Hintergrund dann, ob das Thema jetzt dem entspricht, unseren Gruppenregeln entspricht, und ob wir das so akzeptieren können. Eingreifen oder so oder moderieren so einen Beitrag, ganz, ganz selten. Also das ist wirklich sehr, sehr gut. Und innerhalb dieser Gruppe habe ich ja dann auch für die BrauBeviale, zusammen mit der brau@home haben wir dann einen Teil organisiert. Also die Schaubrauen und so die Beiträge haben wir dann letztes Jahr gemacht. Das Get Together der Hobbybrauer, da kamen dann auch extrem viele zusammen. Da habe ich dann die Aufrufe gemacht im Forum und in der Facebook-Gruppe. Und es sind alle gefolgt und ist ein sehr, sehr schönes Miteinander, auf jeden Fall. Was ich nicht mehr missen möchte in meinem Leben.

Holger: Daniel, was ist denn noch geplant? Also was sind für Biere noch geplant, was steht auf dem Braukalender?

Daniel Stenglein: Auf dem Braukalender steht als nächstes ein Bock auf jeden Fall. Den muss ich auch immer länger ablagern, das ist im Hobbybereich auch immer so ein Thema. Den werde ich dann so im Oktober dann ausschenken. Den werde ich jetzt dann irgendwann mal einbrauen. Und für einen kürzeren Zeitraum jetzt dann doch noch mal ein Pale Ale möchte ich machen. Jetzt habe ich auch hier vor mir am Tisch ein ganz spannendes Bier, ein alkoholfreies Pale Ale. Und da werde ich mich jetzt auch mal demnächst rantrauen. Das ist ja so, die Hobbybrauer, die preschen immer ein bisschen so vor mit den Trends. Also wir haben ja auch jetzt im Moment so die alkoholfreien Biere, was ich auch extrem spannend finde. Zum Beispiel jetzt mit Kveik hefevergorene Biere, die jetzt absolut im Trend sind. Glaubt ja auch meistens keiner, wenn man sagt, man vergärt ein Bier, ein Lager, bei 30 Grad und es entstehen keine Fehleraromen und es ist ein cleanes Lager. Das glaubt man ja fast gar nicht. Aber es ist mit Kveik-Hefen möglich. Und da sind die Hobbybrauer eben extrem innovativ und probieren auch alles aus. Das werde ich jetzt mal aufmachen, das alkoholfreie Pale Ale. Das ist von Maisel. Das ist ein richtig gutes Pale Ale, finde ich. Hat eine schöne Hopfenblume, ist sehr, sehr fruchtig, hat einen leichten Würze-Geschmack. Aber was auch bei so einem alkoholfreien Bier auch vollkommen in Ordnung ist für mich persönlich, weil wenn das dann so leer schmeckt und nur fruchtig, also ein bisschen Würze muss schon mit drin sein. Prost!

Markus: Prost!

Holger: Ja, Prost! Unbedingt! Mensch, das ist doch ein schönes Schlusswort, dass nicht nur die Hobbybrauer hervorragende Biere brauen, sondern innovativ sind und Trends anteasern oder ankündigen. Also liebe professionellen Brauer und Konzerne, schaut auf diese Welt und guckt auf die Hobbybrauer. Da könnt ihr einiges für das Thema Produktmanagement herausziehen.

Markus: Genau. Und vielleicht noch an der Stelle der Tipp. Die Hobbybrauer sind auch organisiert, also es gibt Vereine, einen Verband, kleine Gruppen jeweils vor Ort. Also wer Interesse hat, in dieses Thema selber Bier brauen einzusteigen, meldet euch da einfach mal. Das sind alles liebe Menschen, die zeigen euch das, die lassen euch mitmachen und helfen euch auch bei den ersten Schritten sich selber was zusammen zu basteln. Wer noch nach einem Hobby sucht, das ist auf jeden Fall ein cooles, ein sehr vielfältiges und ein sehr lustiges. Also an der Stelle vielleicht auch noch mal die Einladung. Macht das!

Holger: Ja, perfekt!

Daniel Stenglein: Besser kann ich es nicht sagen, Markus.

Holger: Ja genau. Also schönes Schlusswort. Daniel, an der Stelle vielen, vielen Dank für deine Zeit und für deine Offenheit, aus deiner Welt zu berichten. Und natürlich auch an dich, Markus, wie immer, es war mir ein Vergnügen.

Markus: Vielen Dank!

Daniel Stenglein: Vielen Dank! Ich habe auch zu danken. Ciao!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 8 – Brauer- und Gastronomen-Konferenz der Handwerkskammer Oberfranken

Die Handwerkskammer Oberfranken lud am 15. Juni 2020 zu einer Videokonferenz, um die aktuelle Lage in der Brauwirtschaft und der Gastronomie zu diskutieren. Mit dabei unter anderem Jeff Maisel aus Bayreuth, Georg Rittmayer aus Hallerndorf und Christof Pilarzyk aus Rödental. Wir haben für Euch die wichtigsten Statements gesammelt und die mehr als zweistündige Diskussion in einer guten halben Stunde zusammengefasst. Ein spannendes Spezial mit vielen interessanten Einblicken…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

BierTalk 23 – Interview mit Bastian Leikeim von der Altenburger Brauerei aus Altenburg

Er ist einerseits Herr über eines der schönsten Sudhäuser der gesamten Republik – hier kann man sogar heiraten, andererseits aber auch gemeinsam mit seinem Bruder Andreas für zwei Brauhäuser in Oberfranken und Thüringen verantwortlich: Bastian Leikeim, Geschäftsführer der Altenburger Brauerei. Wir sind uns schon oft auf internationalem Parkett begegnet, aber hatten noch nie die Gelegenheit, die feinen Biere seines Hauses ausführlich zu verkosten. Das haben wir nun nachgeholt – das Ergebnis: Wieder mal ein BierTalk vom Allerfeinsten, mit vielen Hintergrundinformationen zur Geschichte der Altenburger Brauerei, zur Verknüpfung mit dem Stammhaus in Altenkunstadt und zu den Unbilden, denen der dynamische Betriebswirt in seiner bisherigen Zeit zwischen Franken, Sachsen und Thüringen ausgesetzt war- genauso aber auch zu den Momenten großer Freude, von der gelungenen Hochgenuss-Verkostung mit Bier und Schokolade bis zum Gewinn des Worlds Best Awards für das Helle in 2019

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu unserem BierTalk Nummer 23. Eine stolze Zahl, und wir haben natürlich auch wieder einen stolzen Gast. Aber wir sind erst mal der Markus und …

Holger: … der Holger.

Markus: Genau. Wir sind diesmal gar nicht so weit gereist, über die bayerische Grenze nach Norden, und zwar nach Thüringen ins wunderschöne Altenburg. Und dort ist Bastian Leikeim. Hallo!

Bastian Leikeim: Servus, ihr beiden!

Markus: Wunderbar! Dann wäre es wunderbar, wenn du dich vielleicht mal ganz kurz vorstellst, falls die Hörer dich noch nicht kennen. Und dann steigen wir ein bisschen ein.

Bastian Leikeim: Ja. Mein Name ist Bastian Leikeim. Ich bin der Inhaber und Geschäftsführer der Altenburger Brauerei und in fünfter Generation Brauerfamilie Leikeim aus dem wunderschönen Altenkunstadt in Oberfranken.

Markus: Das ist doch schon mal toll. Holger, Leikeim, klingelt’s da bei dir?

Holger: Nein, weiß nicht. Was klingelt? Ich kann dir sagen, die Folge 23, 23 ist eine Primzahl. Klingelt da was bei dir?

Markus: Ja, fast, weil nämlich Leikeim ist ja noch eine weitere Brauerei. Also es gibt ein fränkisches Brauhaus Leikeim, da kannst du bestimmt auch ein bisschen was darüber erzählen. Weil das ist ja eigentlich die ursprüngliche Brauerfamilie, in der du auch großgeworden bist, oder?

Bastian Leikeim: Genau. Da hat mein Ururgroßvater, der war eigentlich Metzgermeister, und irgendwann hat der sich gedacht, naja, er hätte gerne – also wir hatten auch da eine Gastwirtschaft dabei – und da hätte er gerne ein eigenständiges Bier dazu. Und dann haben die mit dem Bierbrauen angefangen. Irgendwann war anscheinend das Bier besser wie die Wurst und dann ist es zu einer reinen Brauerei sozusagen geworden.

Holger: Aber jetzt klingelt‘s doch bei mir. Du meinst Altenburger, oder?

Markus: Nein, Altenburger ist dann die andere Brauerei.

Holger: Ja, dann mach‘s doch nicht so kompliziert da.

Markus: Naja, es könnte ja sein, dass der ein oder andere Hörer den Namen Leikeim schon kennt. Weil die Brauerei ja in den 90ern und Anfang der 00er Jahre viel, viel Werbung auch gemacht hat, auch eine der ersten war, die Fernsehwerbung geschalten hat als regionale Brauerei. Aber da können wir gleich noch ein bisschen drüber reden. Vielleicht sollten wir erst mal ein Bierchen aufmachen.

Bastian Leikeim: Auf jeden Fall, Markus. Da hast du total recht.

Markus: Genau. Schlag doch mal eins vor, mit dem wir anfangen sollen.

Bastian Leikeim: Dann würde ich doch mal ganz einfach mit unserem Hauptrenner anfangen, mit unserem Premium Pils.

Markus: Wunderbar! Dann müsst ihr Hörer jetzt genau hinhören.

Bastian Leikeim: Das waren aber jetzt mal drei richtig schöne Plops, du.

Markus: Jetzt müsste allen klargeworden sein, es ist mal kein Kronkorken und keine Dose, sondern ein anderer Verschluss.

Holger: Jetzt soll ich wieder was sagen, ob es wieder klingelt? Also es ist ein Bügelverschluss. Wir sind tolle Plopper.

Markus: Absolut! Bastian, soweit ich weiß war ja die Altenburger Brauerei die erste, die den Bügel in den neuen Bundesländern eingeführt hat. Wie kamt ihr denn darauf?

Bastian Leikeim: Vielleicht noch mal ganz kurz zur Geschichte auch. Wie gesagt, ich stamme ja aus dem Brauhaus in Altenkunstadt, und mein Vater hat damals schon, wir waren ja immer sehr, also wir waren ja grenznah zur ehemaligen innerdeutschen Grenze. Mein Vater hat damals schon gesagt so Anfang der 90er, als dann die Grenze aufgemacht worden ist, das war so wirklich dieses Thema: Ich will da was machen. Da ist ganz viel passiert, da war eine Energie da. Und er hatte sich schon immer eigentlich dafür interessiert, so einen zweiten Standort sich zuzulegen und da zu expandieren. Dann ist er, ich weiß nicht mehr wie, auf die Altenburger Brauerei gekommen. Und da das beide ja Schwesterbrauereien sind, hatten wir dann damals oder haben wir in Altenburg dann auch den Bügelverschluss mit übernommen als Flasche wie eben Leikeim auch hatte.

Markus: Holger, was sagst du denn zu dem Pils? Du bist ja absoluter Pilsexperte. Du kannst es ja mal verkosten.

Holger: Ich war jetzt total froh, dass ihr beiden schon rumlabert, deshalb habe ich einfach schon getrunken. He-he-he! Erst mal, die Farbe ist schon der Hit, also kann man sagen. Das ist Gold, also man kann es gar nicht anders beschreiben, ist Gold. Hat einen ganz, ganz feinporigen Schaum und hat eben so eine schöne hopfige blumige Note. Ist im Antrunk sofort so ein ganz harmonisches Pils, also wo das sehr ausgewogen ist, so die Hopfennote mit der Malznote. Und ist aber trocken und schlank und macht Lust auf den zweiten Schluck. Prost!

Markus: Prost!

Bastian Leikeim: Vielen Dank! Prost!

Markus: Ich muss sagen, mich erinnert das noch an was anderes. Wenn ich hier so in das Bier reinschaue, dann steigen da diese Bläschen wirklich in großer Zahl schön gemütlich nach oben. Und als Kind früher im Winter habe ich immer aus dem Fenster geschaut, wenn es geschneit hat, weil mich das total fasziniert hat, wenn diese Flocken da von oben so runtergefallen sind. Und im Grunde ist das genauso, nur andersrum. Also die Bläschen steigen da schön nach oben und das finde ich ganz toll, weil man da sieht, wie dieses Bier lebendig ist. Und du findest es dann auch wieder im Mund, wenn du es trinkst, wie das dann eben schön moussiert und die Kohlensäure wirklich schön erfrischt auch. Also ein richtig schönes, angenehmes Pils. Und Holger, du hast recht, hintenraus wird es dann trocken, bitter, wie sich’s gehört.

Holger: Ganz genauso muss es sein, absolut. Aber wir könnten vielleicht noch mal ganz kurz einen Seitenschwenk machen, ganz kurz zur Glaskunde. Weil immer wieder so die Thematik ist, also was ist eigentlich gut? Ist eine Lebendigkeit im Glas gut oder ist die nicht so gut? Und woher kommt die eigentlich? Und wenn die ganz ausgeprägt ist, manchmal liegt es am Glas, also dass das Glas rau ist, einen hohen Kalkanteil hat. Und vielleicht auch in den Pilstulpen ist es oft so, wenn die älter sind, bildet sich so ein Ring, und der schäumt dann auch und so. Und wenn man das sieht in den Gläsern, dann sind die entweder nicht richtig sauber oder verschlissen. Das ist natürlich bei deinem Glas nicht der Fall, also um Gottes Willen. Aber ich wollte es mal gesagt haben, weil ich ja so ein Gläserfetischist bin.

Markus: Absolut! Also dein Glas ist in dem Fall ja unser Glas, weil es ein Bierakademie-Verkostungsglas ist. Und das ist in der Tat glatt und frisch gespült. Aber wie gesagt, das ist eben ein sehr lebendiges, schönes, frisches Bier. Und eigentlich in der Tradition, gerade in Thüringen, Sachsen sind ja ziemlich früh Pilsbiere entstanden. Die Brauerei ist, glaube ich, 1871 gegründet. Weißt du, ob die damals schon solche Biere gemacht haben oder mit welchen Bierstilen die angefangen haben?

Bastian Leikeim: Ganz klassisch war das Altenburger Braunbier. Wenn man sich diese klassische Rotbier-Tradition so im Mittelfränkischen anschaut, war das ja nichts anderes. Biere, die eher so ins Bräunlich, Rötliche reingegangen sind. Und das waren, meines Wissens nach, die ersten Biere, die dann dort gebraut worden sind.

Markus: Und hast du selber auf die Rezeptur jetzt zum Beispiel von diesem Pils Einfluss genommen oder sind das alte Rezepturen?

Bastian Leikeim: Ich bin kein Braumeister, muss ich dazusagen. Ich bin zwar Biersommelier und leidenschaftlicher Biertrinker, auf die Rezepturen, also da verlasse ich mich schon auf meine Braumeisterin, die wir in Altenburg haben. Wir erarbeiten das zusammen, aber die Rezepturen, die sind eigentlich schon sehr lange bei uns im Haus so. Was wir verändert haben und was wir gemacht haben, ihr seht es auch hinten drauf zum Beispiel, dass wir Elbe-Saale-Hopfen seit ein paar Jahren verwenden und wir verwenden auch nahezu mitteldeutsche Gerste.

Markus: Also ein sehr regionales Bier. Jetzt muss ich mal was machen, was der Holger sonst immer macht. Der erzählt mir nämlich immer, wenn er die Frauen kennt, die irgendwo sind. Und wenn ich mich richtig erinnere, müsste eure Braumeisterin die Antje Dathe sein, oder?

Bastian Leikeim: Da hast du fast recht. Die Frau Dathe ist letztes Jahr in den Ruhestand gegangen.

Markus: Ach! Jetzt wollte ich die dem Holger präsentieren. Schade.

Bastian Leikeim: Aber ich kann euch beruhigen, es hat eine Nachfolgerin gegeben und da bin ich echt megastolz darauf, weil es gar nicht so einfach ist, in dem Bereich auch Frauen zu finden. Also das ist wirklich leider bei uns immer noch so die Ausnahme. Und ich bin da echt total froh, dass wir die Katharina Reinhardt gefunden haben, die eine Urberlinerin ist. Die macht das echt total gut.

Markus: Ich glaube, da wird der Holger jetzt bald mal vorbeischauen, oder?

Holger: Ja. Ich meine, Damen, die dann im Ruhestand sind, da nehme ich dann doch lieber die, die auch noch am Arbeiten sind irgendwie.

Markus: Aber Wienerin, da klingelt doch bei dir bestimmt auch wieder was?

Holger: Aber unbedingt. Aber was ich noch mal ganz gerne sagen würde, auch gerne jetzt zu dem Bier, was vor mir steht: Was ich besonders schönfinde, sind eigentlich die Etiketten. Das ist so, irgendwie ist das ja eine Traditionsbrauerei mit einem unglaublich tollen Sudhaus auch, und dann das Etikett ist aber ganz klar ohne Schnörkel. Das, was eben drin ist, steht drauf, es ist ein Premium Pils, es ist feinherb, und man kann sich darauf einstellen. Also das mag ich auch irgendwie, dass man da eine Stunde braucht, um das Etikett zu erfassen, das ist eben hier nicht der Fall, da weiß man sofort Bescheid. Das mag ich.

Bastian Leikeim: Die Marke wird immer ein bisschen anders aufgesetzt. Markus kennt das vielleicht auch noch, wir haben auch in der Vergangenheit mit teilweise etwas leicht bekleideten Damen auch Werbung gemacht. Und als ich in die Brauerei eingestiegen bin, muss ich ehrlicherweise sagen, dass das überhaupt nicht mein Stil war. Also das hat mir auch überhaupt nicht gefallen, und dann haben wir uns einfach zusammengesetzt in unserem Kreis und haben gesagt: Okay, wie fühlen wir uns wohl? Wenn wir jetzt irgendwo auf einem Bierstand wären, wie wollen wir mit der Marke sein? Das war so eine Erarbeitung im Team von der ganzen Marke.

Holger: Aber ist dann auch so, wie ich gesagt habe, oder?

Bastian Leikeim: Ja. Ich bin da auch relativ straight. Unser Landkreis, das ist ja auch das Osterland in Altenburg, wir sind da auch eigentlich relativ straight, die Leute dort. Also die wollen da auch nicht viel Schnickschnack oft haben. Ich glaube, dass das so ein bisschen auch den Altenburger widerspiegelt.

Markus: Was mir auffällt, das Etikett hat unten noch mal so einen Halbbogen ausgeschnitten. Ist das produktionsbedingt oder hat das einen Sinn?

Bastian Leikeim: Ich könnte jetzt natürlich sagen, dass das irgendwelche Verschwörungsthemen sind, was wir mit dem Etikett ausdrücken wollen, aber das ist eine ganz einfache Sache: Das ist die Führungsschiene von dem Etikett bei der Etikettier-Maschine, sonst würde uns das Etikett sich die ganze Zeit drehen.

Markus: Ah okay. Gut, verstanden. Letzte Frage vielleicht noch zum Etikett, dieses A, ist das eine neue Erfindung oder ist das eine alte Letter?

Bastian Leikeim: Das A ist eigentlich nur das A herausgenommen aus dem Schriftzug von Altenburger und sozusagen als Signier. Irgendwie, ich hatte diesen Spleen, so ein bisschen wie bei Batman so ein Zeichen zu haben, wo man sofort dann irgendwann mal, weil das dauert ja, irgendwann einfach, wenn man dieses A sieht, dann weiß man ganz genau: Ah! Das ist hier das Altenburger.

Markus: Apropos A, ich glaube, wir brauchen noch ein Bier.

Bastian Leikeim: Sehr gerne.

Holger: Also eher B, oder?

Markus: Ja! (lacht)

Bastian Leikeim: Ja, sehr, sehr gerne. Dann würde ich fast mal vorschlagen, dass wir zu einem totalen Exoten rübergehen, für uns als Brauerei. Ich meine, ihr habt ja die Biere vor euch und das sind jetzt, ich sag mal, wir haben jetzt keine fancy, also wir haben keine Triple IPAs und wir haben auch keine Imperial Stouts im Portfolio, aber was wir haben für eine Thüringer Brauerei, wir haben Weißbier. Und das ist echt für eine Thüringer Brauerei fast eine Revolution gewesen. Aber jetzt machen wir es erst mal auf, würde ich sagen.

Markus: Au ja! Und wieder mit so einem schönen Plopp.

Holger: Habt ihr das gehört? Mit so einem Nachbrenner.

Markus: Das wird der Plopp-Podcast. Oder für Franken der Blobb-Bodcast. Apropos, wieviel Franken ist denn noch in dir und wieviel Thüringer ist schon drin?

Bastian Leikeim: Puh! Markus, ich glaube, das ist, wie soll ich das immer sagen, einmal Franke immer Franke. Ich glaube, das hört man bei mir ja auch. Also das wissen die Leute auch immer dann sofort. Ich sage auch immer, wenn ich bei uns Brauereiführungen oder wenn wir Biersommelier-Abende machen, dann sage ich, also dass ihr es gleich wisst, ich komme nicht aus Altenburg und ich glaube, das hört ihr auch, aber das tut dem Bier nichts Schlechtes. Ich mag die Gegend dort und ich fühle mich auch dort extrem wohl, aber klar, da, wo du herkommst, das hat immer einen speziellen Platz, glaube ich, in deinem Herzen.

Markus: Ja, das geht dem Holger auch so, oder?

Holger: Unbedingt, Heimat. Und Bier ist Heimat auch.

Bastian Leikeim: Ja, absolut.

Holger: Aber jetzt auch zu dem Bier, ich habe schon wieder einen Schluck genommen. Das ist ja wunderbar. Wir machen auf, ihr beiden redet und ich kann trinken.

Bastian Leikeim: So soll es sein.

Holger: So soll es sein. Genau. Das ist auch richtig toll, das ist ja cremig, also das ist richtig cremig und hat so eine tolle Fruchtigkeit auch. Mmh! Das finde ich ausgesprochen gut. Markus, das ist doch auch deins, oder?

Markus: Ja. Jetzt komme ich an. Sehr, sehr schön. Also es ist ein bisschen, wenn man jetzt eine Banane nimmt, aber eine relativ gelbe Banane noch, und dann oben drauf so ein bisschen Schlagsahne, also so ein Bananenkuchen vielleicht mit ein bisschen Biskuit, und dann ist das zusammen wirklich dieser Geschmack. Toll! Also erfrischend eben auch noch und nicht schwer, sehr schön fruchtig. Also diese Bananennote ist ganz toll.

Bastian Leikeim: Da gibt’s auch eine schöne Anekdote auch zu dem Bier. Du hast es ja schon gefragt, Markus, ob jetzt Franke noch oder Bayer noch in mir steckt. Ich meine als Franke, wo wir herkommen, ich meine, ganz klar, Kellerbierkultur, naturtrübe Biere, das ist ja selbstverständlich für uns. Und als ich in Altenburg angefangen habe 2011, hatte ich immer schon mal so gesagt: Ja, ich stelle mir sowas mal vor, so ein Kellerbier oder so ein Weißbier. Da hat mich meine Braumeisterin, damals noch die Antje Dathe, angeguckt: Ah, das kannst du gleich vergessen. Ich: Ja, wieso denn? Ja, naturtrübes Bier, dann denken die Leute doch alle, dass das gekippt ist. Dann sage ich: Ja, aber das ist doch Unsinn. Und dachte ich: Naja, dann fragst du halt einfach mal so bei dir im Team rum und so weiter. Und das ist wirklich unglaublich, also es gibt so eine Altersschneise, würde ich mal sagen, die jetzt so um die 40-jährigen. Also unter 40, für die ist das überhaupt kein Thema und für die über 40-Jährigen ist es ein unfiltriertes Bier, das kannst du nahezu nicht anbieten, weil sie der Meinung sind, dass es umgekippt ist.

Holger: Ja, aber ich glaube auch, das ist vorwiegend auch ein ostdeutsches Thema, Bastian. Weil es gab immer Probleme mit Ausflockung in den Bieren und das hat man dann eben auch als unschön wahrgenommen. Und das war in den alten Bundesländern, oder darf man ja jetzt schon gar nicht mehr sagen, also alte Bundesländer.

Bastian Leikeim: Die gebrauchten bitte.

Holger: Also war das eben weniger ein Thema, aber in Ostdeutschland waren diese Ausflockungen in den Bieren eigentlich wirklich ein Problem. Und daher kommt das. Also das ist ja auch so, dass überall fast das Kristallweizen ausgestorben ist, außer in Berlin, da hat es einen Riesenmarkt. Und das ist in meinen Augen was typisch Ostdeutsches, und das kommt eben durch diese Ausflockungen.

Bastian Leikeim: War auch berechtigt. Also ich meine, damals, das Schöne ist, wir haben ja noch ganz viele Aufzeichnungen auch von früher, und das war ja so, damals in der ehemaligen DDR mussten Biere, also war ja festgelegt, aber ein Pils musste mindestens sieben Tage haltbar sein. Das waren die Anforderungen damals vom MHD. Das ist natürlich mit heute überhaupt nicht vergleichbar. Und das ist jetzt auch wieder das Schöne, Markus, weil du sie vorhin angesprochen hast, mit der Antje Dathe, was halt für mich einfach super war, die Antje war 35 Jahre bei uns im Unternehmen, die hat wirklich alles mitgemacht, und die hat Geschichten erzählt, wie damals teilweise Bier gebraut worden, also die kann ich hier überhaupt nicht erzählen, das ist echt der Hammer.

Markus: Die hat sie mir auch erzählt, als ich damals da war, um mein Buch zu schreiben. Gebe ich jetzt aber auch nicht wieder. Also es ist wirklich spannend und es ist auch einerseits interessant und beeindruckend, wie kreativ man damals einfach sein musste und andererseits auch wieder erschreckend, was man alles getan hatte, um irgendwie dieses Bier noch her zu bekommen. Also insofern, die Stammwürze ist ja auch immer weiter nach unten gegangen. Und es war halt einfach insgesamt das Thema, sobald man gesehen hat, das Bier ist relativ trüb, hat man es nicht genommen. Genauso hat man keine grünen Flaschen im Markt gekauft, sondern nur die braunen. Was halt bei uns der Fall war, in Anführungsstrichen, also in den gebrauchten Bundesländern sagen wir, es kam halt vorher die Bio-Welle auf. Und die Bio-Welle hat so in Ablösung von dem Kristallweizen schon in den 80ern am Anfang dieses ganze unfiltrierte Thema wieder salonfähig gemacht. Vorher war das Kellerbier genauso tot und das normale Weizen auch ziemlich tot, weil man eben auf das filtrierte Pils und auch das Kristallweizen stand. Aber eben über die Bio-Welle wurde dann naturtrüb auf einmal wieder schick. Das kam dann halt mit Verzögerung in den neuen Bundesländern an, aber ich habe auch den Eindruck, es ist ein Generationenthema und mittlerweile glaube ich, also gerade auch, weil viele tolle Kellerbiere und Weißbiere zum Beispiel aus Thüringen und Sachsen kommen, dass sich das mehr oder weniger gelegt hat. Und euer Weizen zeigt es ja, also es ist ein hervorragendes wunderschönes Bier, das mit jedem bayerischen da locker mithalten kann.

Holger: Wunderbar! Das Weißbier war ja großartig und ihr habt ja ein sehr schönes Portfolio und vor mir stehen noch einige Biere. Da kommen mir einfach drei Farben in den Sinn. Also da gibt’s einmal Silber, also hier Meininger Award, dann gibt’s Bronze, World Beer Award, und dann gibt’s Schwarz, und dann kommen wir zum Schwarzes. So nennt ihr das, Altburger Schwarzes. Und da hätte ich jetzt Lust drauf. Also wenn ihr nichts dagegen hättet, ich würde jetzt als nächstes gerne das Schwarze nehmen. Wäre das okay?

Bastian Leikeim: Sehr gerne.

Markus: Wunderbar! Freue ich mich auch schon drauf.

Holger: Dann ploppen wir wieder. Boah!

Markus: Hat was von Silvester.

Bastian Leikeim: Ja, ne? Das ist richtig schön. Und das ist ja auch immer das Thema, vielleicht mal zu dem Ploppen, weil manchmal bekomme ich auch so das Feedback: Ah! Das hat ein bisschen zeitverzögert geploppt oder das hat ja gar nicht so schön geploppt. Es ist immer auch eine Frage, wie kalt das Bier ist. Wenn ihr das mal ausprobiert, je kälter nämlich das Bier ist, desto schwieriger ist es mit dem Ploppen, weil dann einfach der Gummi oftmals oben noch an dem Glas ein bisschen bleibt.

Markus: Das ist interessant. Muss ich mir mal anschauen. Aber ich bin grad abgelenkt von diesem Bier, also von der Farbe. Wahnsinn! Also da hat man ja dieses Haselnussbraun, so Heino-mäßig, und dann kommt so ein Rotton, so ein roter Schimmer zwischendurch.

Holger: Da fällt mir doch direkt wieder ein, wir haben doch mal das Thema Bier und Musik auch in Angriff genommen. Also „Schwarzbraun ist die Haselnuss“ wäre jetzt dein Titel für dieses Bier, oder was?

Markus: Ich bin mir nicht so sicher, weil ich persönlich noch nie ein großer Heino-Fan war. Wie ist das denn bei dir, Basti?

Bastian Leikeim: Das ganze Thema ist interessant und wir hatten vorhin ja schon dieses Thema Braunbier. Nachdem wir ja in einer Region leben, die momentan leider finde ich manchmal auch zu Unrecht so ein bisschen in der Öffentlichkeit auch dargestellt wird, weil wir sind ja der letzte Zipfel von Thüringen. Wir sind ja fast schon Sachsen, also Altenburg war ja früher auch immer sächsisch geprägt eigentlich. Da muss man natürlich mit solchen Sachen auch ein bisschen aufpassen, weil von sowas distanzieren wir uns natürlich total. Also das sieht man auch bei uns, unsere Biere, wir sind in Altenburgs Bund, ganz klar. Deswegen muss ich mit solchen Aussagen echt, bin ich da sehr, sehr vorsichtig.

Markus: Okay. Also politisch hatten wir das jetzt gar nicht gemeint, also ich zumindest nicht. Aber es ist verständlich. Ich muss sagen, vom Geschmack her habe ich so eine ganz spannende Waldhonignote so hinten raus. So ein ganz intensiver, ganz kräftiger Waldhonig, geht fast so rüber auch in so einen Zuckerrübensirup-Aroma, also ganz andere Röstaromen, als wir das jetzt zum Beispiel von einem Dunklen bei uns kennen. Finde ich ganz spannend.

Bastian Leikeim: Das ist auch immer oftmals die Thematik, die wir auch bei Verkostungen dann haben. Grad wenn wir auch Leute eben aus dem Bayerischen oder woanders haben, die denken dann immer so, das ist so ein altbayerisch Dunkel oder so, also schön malzbetont, da ist ein schöner kräftiger Körper da und so weiter. Aber eigentlich war das Schwarzbier immer, das ist so eine Spezialität aus dem Fränkischen, Thüringischen, Sächsischen. Und die Basis ist eigentlich eher ein Pils, als dass es ein anderes Bier ist. Das merkt man dann hier auch. Also es ist eigentlich ein schlanker Körper und hat dann aber so Attribute eben von diesem dunklen Malz mit drin, was ich immer total spannend finde.

Markus: Ist es, Holger, oder? Ich meine, du als Pils-Freund müsstest ja sagen, das ist jetzt so die schwarze Schwester von deinem Pils.

Holger: Nein, aber genauso ist es. Also deshalb bin ich auch dem Bierstil, da bin ich auf Du und Du, also auf jeden Fall. Ich meine, hier in Bayern oder da, wo ich jetzt lebe im Exil, das wisst ihr ja, hier in München, da gibt’s eben dann das Helle und das Dunkle. Und ich mag auch gerne das Dunkle, aber manchmal sind die einfach pappsüß. Und ein Schwarzbier ist da eben nicht so. Und als klassischer Pils-Trinker kommt mir das sehr entgegen. Also Prost!

Markus: Prost!

Bastian Leikeim: Prost!

Markus: Es gibt, glaube ich, auch nicht mehr viele Brauereien, die das machen, oder? Also die klassische thüringische Variante.

Bastian Leikeim: Ja, ich meine, es gibt natürlich einen ganz großen Vertreter, der ist auch gar nicht so weit weg von uns, das ist sicherlich auch der Benchmark, was das Thema angeht, zumindest, was die öffentliche Wahrnehmung angeht. Aber die verfolgen natürlich einen ganz anderen Fokus als wir, das ist auch ganz klar. Also das Schwarzbier ist für uns eine Spezialität, das gehört dazu, weil wir sind eine thüringische, sächsische Brauerei. Das gehört einfach mit dazu. Ich kann euch nur mal empfehlen, also so aus lukullischen Gründen, wenn ihr dieses Schwarzbier mal mit so einer Vanillecreme zum Beispiel probiert, wir haben in Gera ein total gutes Restaurant, das ist „Küche im Keller“. Der Marco, der kocht total gut und der hatte eben dann Schwarzbier mit drin, und dann gab es ein Püree, und da war so ein bisschen Vanille mit drin. Das ist der absolute Hochgenuss. Echt! Dieses Bier mit so ein bisschen Vanille.

Markus: Kann ich mir sehr gut vorstellen.

Holger: Ich auch. Also unbedingt. Und die Rezenz ist auch so toll, finde ich.

Markus: Also ein ganz schönes Bier. Aber wo du es gerade sagst, so von wegen Verwurzelung in der Stadt, in der Heimat. Ich hatte ja schon das Glück, vor Ort gewesen zu sein, und war einerseits total beeindruckt von eurem Sudhaus. Das ist sicherlich eines der schönsten, die es noch gibt. Und es wird ja sogar da drin geheiratet. Also wenn ich jemals heiraten sollte, komme ich bestimmt zu euch. Aber ist es denn auch für die Altenburger so, dass die dieses Juwel, diese Brauerei aus der Jahrhundertwende, dass die das zu schätzen wissen? Oder wie leben die mit ihrer Brauerei?

Bastian Leikeim: Ich würde jetzt gerne sagen, dass wir wie so eine alteingesessene bayerische Brauerei sind. Wenn du was Negatives über die Brauerei, über das Bier oder über den Bräu sagst, dass du dann des Landes verwiesen wirst. Das ist aber leider bei uns nicht ganz der Fall. Aus welchen Gründen auch immer, das ist so dieses Thema Bergprophet bei uns in der Region. Es gibt Liebhaber und das musste ich auch, weil du vorhin gefragt hast so mit, wo ich herkomme und wie ich mich fühle, das musste ich damals wirklich auch hart lernen. Also das ist nicht wie im Fränkischen oder wie im Bayerischen, die Thüringer sind in der Beziehung einfach ein bisschen anders. Das hat sicherlich auch historische Gründe, und das muss man halt einfach wissen, wenn man dann dort ist. Also es ist jetzt keine Selbstverständlichkeit für uns, vor Ort zu sein.

Markus: Aber der Markt ist schon wichtig für euch? Oder wo verkauft ihr das meiste Bier?

Bastian Leikeim: Der Markt ist schon wichtig, aber wo wir uns groß hin orientieren, das ist vor allem so im sächsischen Bereich. Also von der Historie, Altenburg war früher eigentlich immer sächsisch geprägt. Es kam dann damals eben zu dieser Gebietsreform Anfang der 90er Jahre, da wurden wir dann dem Land Thüringen zugeordnet, aber eigentlich waren wir immer mehr sächsisch orientiert. Also auch Richtung Leipzig. Deswegen ist für uns diese Region Zwickau, Chemnitz, Leipzig, das ist für uns so die Hauptregion eigentlich.

Markus: Die Brauerei hat ja auch lange Zeit zum sächsischen Brauhaus dazugehört, zur DDR-Zeit zumindest das Kombinat zusammen gebildet. Das ist interessant.

Bastian Leikeim: Wir haben damals nach Leipzig dazugehört und natürlich dann Getränkekombinat Leipzig, also wir waren immer Richtung Leipzig, Richtung Sachsen orientiert.

Markus: Wollen wir nicht ein weiteres Bierchen aufmachen?

Bastian Leikeim: Ja, unbedingt.

Markus: So gerne ich bei dem Schwarzbier verhaften würde …

Holger: Wollte ich jetzt gerade sagen, schade. Also wollte ich eigentlich gerade sagen. Ja. Hm. Wir müssen weiter.

Markus: Du kannst es ja noch austrinken. Außerdem hast du ja eine Bügelflasche, kann man wunderbar wieder zumachen, in den Kühlschrank stellen, morgen weitermachen.

Bastian Leikeim: Ja, aber so ein Bier, das mal so einen Tag im Kühlschrank gestanden war, puh, da tue ich mir schon mal schwer. Aber schön ist es zum Beispiel beim Rasenmähen oder wenn du draußen im Garten bist, weil du das Bier einfach zumachen kannst und es fliegt halt nichts rein.

Holger: Da kann ich nur sagen, wenn ich vier Stunden den Rasen mähe, dann brauche ich für so ein Fläschchen Bier nicht so lange. Also dann muss man es nicht wieder verschließen.

Bastian Leikeim: Da kann ich jetzt nur drüber sagen, wie gesagt, ich komme ja aus dem Fränkischen und Markus, du wirst mir da zustimmen, ich kenne da Leute, wenn die Rasen mähen, da ist mit einer Kiste nichts, die haben sich ein Fass geholt zum Abend.

Markus: Kenne ich auch. Ja, durchaus.

Bastian Leikeim: Da ist bei uns schon das Volumendenken ein bisschen anders. Aber dann würde ich jetzt einfach mal sagen, dass wir mal zu unserem falsch betitelten Bier kommen.

Markus: Nämlich?

Bastian Leikeim: Unser Festbier. Das werdet ihr gleich sehen, wenn wir es aufmachen und eingeschenkt haben. Also ich fange mal an.

Markus: Okay, gut. Dann machen wir auf. Also Sound passt nach wie vor.

Bastian Leikeim: Da waren wir so lange in der Soundbox, bis das gepasst hat, Klangdesigner. Da muss ich jetzt leider wirklich auch als Biersommelier dann auch selber sagen, das Bier wurde mal Festbier genannt. Und wenn man es sich jetzt aber anschaut, es ist eigentlich von der Klassifikation her eher so ein klassisches Märzenbier.

Markus: Genau. Ja.

Bastian Leikeim: Aber hat dem Ganzen nichts abgetan, wir haben trotzdem beim Meininger Craft Beer Award gewonnen. Weil da gibt’s die Kategorie „Märzen Festbier“, das ist der Vorteil.

Markus: Es ist ja auch ein bisschen dasselbe. Also man muss ja immer überlegen, es gab die normalen Biere oder wir würden in Franken sagen, die Kellerbiere, und dann waren die halt als im März, April gebrautes Bier etwas kräftiger und dann kamen eben auch im Sommer die Feste, wo man dann diese etwas kräftigeren Biere getrunken hat. Und deswegen ist das so ein fließender Übergang. Also so eine ganz genaue Definition, was jetzt wirklich ein Festbier ist, gibt’s eigentlich gar nicht. Also insofern ist es sicher nicht falsch. Aber Märzen, natürlich, wenn man es anschaut von dieser schönen rostorange-braunen Farbe und der Schaum dazu, also das macht richtig Lust. Holger, was sagst du denn?

Holger: Man darf das ja nicht sagen hier in Sommelier-Kreisen, aber ihr wisst ja, ich komme aus dem Ruhrgebiet, also süffig, würde ich dazu sagen. Ganz einfach. Also das ist einfach süffig. Dann schön 6 % auch und da muss man ein bisschen vorsichtig sein.

Bastian Leikeim: Aber das finde ich schön, ich meine, ihr beide macht das ja auch sehr häufig, und ich werde da auch relativ häufig gefragt, grad bei Kursen und so weiter, was denn jetzt das beste Bier ist und so weiter. Und dann sage ich eigentlich immer ganz platt: Das beste Bier ist das, von dem ich gerne eine zweites trinke. Und darum geht’s eigentlich immer. Ich meine, das müssen keine hochkandidelten Biere oder irgendwas sein. Bier soll, finde ich, Spaß machen. Also Bier muss mir schmecken.

Markus: Ich denke, damit kann man die Leute abholen, die man zum Beispiel mit dem Pils nicht abholt. Also das finde ich eine schöne Ergänzung. So der klassische Franke zum Beispiel, der würde lieber zu dem greifen als jetzt zum Beispiel zu dem Pils. Aber der klassische Sachse zum Beispiel würde sagen: Nein, also dann doch lieber das Pils. Das ist dem jetzt ein bisschen zu mastig irgendwie. Und so finde ich es aber grad gut, weil du ja als Brauerei irgendwie alle glücklich machen musst.

Holger: Nein, ich meine, das ist ein richtig vollmundiges Bier. Also für jemanden, der jetzt die Bittereinheiten nicht schätzt und auch nicht ganz so gerne schlank und trocken trinkt, ist das optimal.

Markus: Würde ich mich einsortieren. Wenn ich auf eine Insel fahren müsste und eins der Biere mitnehmen würde, wäre es dieses.

Holger: Naja, das ist ja klar, das ist ja klar.

Markus: Aber ich wollte noch kurz was zu dem Rasenmäher-Thema sagen. Ist mir gerade eingefallen, als du vom Sounddesign gesprochen hast. Und zwar ein Freund von mir, der arbeitet bei MAN als Sounddesigner für Schiffsdiesel. Also das heißt, der muss diese Riesenmotoren so machen, dass sie sich vernünftig anhören. Krasse Nummer irgendwie. Und sein Vater, der hat zu seinem 60. Geburtstag von seiner Ehefrau einen Rasenmäher-Traktor geschenkt bekommen. Dann hat die sich gewundert, warum er sich gar nicht so gefreut hat. Und dann hat er gesagt, er hat gelesen in dem Anleitungsheftchen, dass das jetzt ein Fahrzeug ist und dass er beim Rasenmähen kein Bier mehr trinken darf. Und deswegen hat er den nie benutzt. Also insofern auch ganz spannend.

Bastian Leikeim: Das ist ein berechtigter Hinweis.

Markus: Also schönes Bier, richtig schönes Bier. Aber apropos Fest, also wir haben ja leider dieses Jahr ein Jahr ohne Fest wahrscheinlich, aber spielt das denn bei euch eine Rolle? Habt ihr größere Feste normalerweise im Jahreslauf, wo man Altenburger Bier trinkt?

Bastian Leikeim: Ja, bei uns gibt’s natürlich auch Feste. Das sind aber nicht unbedingt die klassischen Bierzeltfeste, so wie wir sie vielleicht kennen oder da, wo ich herkomme. Das sind halt dann mehr so Stadtfeste, die dann übers Wochenende stattfinden. Und ja, klar, die fallen dieses Jahr natürlich auch aus. Was sehr, sehr schade ist, dass auch unsere Festspiele auf dem Schloss in Altenburg ausfallen, die echt jedes Jahr total schön sind. Aber klar, ich meine, das ist momentan die Zeit einfach nicht dafür.

Holger: Jetzt, wenn ihr nichts dagegen habt, jetzt nach diesem schönen vollmundigen Festbier kommt ja eigentlich der Bock. Also jetzt eigentlich steht der Bock an. Ich wünsche mir den, obwohl wir auch unbedingt noch übers Helle sprechen müssen. Seid ihr einverstanden?

Bastian Leikeim: Absolut!

Markus: Ich kann das eine Bier trinken und über das andere reden. Kein Problem! Also …

Bastian Leikeim: … dann machen wir mal auf, ne.

Holger: Ich sage jetzt nur „plus 1“. Jetzt gehen wir von 6 % auf 7 %. Wahnsinnig schöne Farbe.

Markus: Ja. Ist ähnlich wie das Festbier, noch ein bisschen intensiver, noch ein bisschen leuchtender, ein bisschen rötlicher. Wie so ein Abendrot. Toll!

Bastian Leikeim: Ich sage immer, das ist so ein richtig schönes Bernstein.

Markus: Und der Schaum auch schön farblich angepasst, auch ein bisschen braun. Sehr, sehr schön. Mmh! Also das Mundgefühl finde ich schon mal ganz, ganz schön. Und dann hat es wirklich so für ein Bockbier diese typischen leichten Rosinennoten, weich, ein bisschen weinig vielleicht auch, aber ganz, ganz angenehm. Mmh! Und etwas wärmend, freut mich.

Holger: Ja, ist eigentlich so eine Honigsüße. Also für mich ist das …

Bastian Leikeim: Genau. Ich finde auch, da ist so eine Honignote auch schön mit drin. So Waldhonig.

Markus: War da früher in Altenburg schon eine Bockbier-Tradition oder hast du die mitgebracht?

Bastian Leikeim: Wir hatten das Bockbier schon länger, wir machen es aber mittlerweile ganzjährig, den Bock, weil ich auch immer erstaunt bin, aber selbst im Hochsommer haben wir einen relativ konstanten Absatz für das Bockbier.

Markus: Sehr schön intensiver Geschmack. Und stimmt, ich kann mich erinnern, es gibt ja bei euch im Brauhaus auch ein kleines Museum. Ich hoffe, das gibt es noch.

Bastian Leikeim: Ja, natürlich.

Markus: Und da kann ich mich erinnern, da waren auch schon ein paar ältere Werbeschilder für Bockbier dabei.

Bastian Leikeim: Ja genau. Bockbier war bei uns schon immer so eine Tradition auch und die behalten wir natürlich bei. Was ich bei dem Bockbier immer so total interessant finde, ist, und das glauben mir die meisten dann auch immer gar nicht, dass wir hier dieselben Bittereinheiten drin haben wie beim Pils zum Beispiel. Also wir haben hier 30 Bittereinheiten drin. Ich finde das immer total faszinierend auch, wie du über Rohstoffe und wie du über die Brautechnik den Geschmack total verändern kannst.

Markus: Das hätte ich jetzt nicht gedacht. Ja, super.

Bastian Leikeim: Mit dem Bockbier war auch unsere erste Begegnung, wir versuchen ja auch immer regionale Partner mit ins Boot zu nehmen. Und ich glaube, Markus, du kennst sie ja auch, die Goldhelm Schokoladen Manufaktur aus Erfurt.

Markus: Die kennen wir beide.

Holger: Ja unbedingt. Ganz intensiv sind wir mit dem Alex Kühn …

Bastian Leikeim: Genau. Mit dem Alex, und das war einfach total schön, als wir vor, das ist mittlerweile, glaube ich, vier Jahre her, als wir auf der Grünen Woche waren. Da hatten wir die Stände gegenüber und ich meine, wie es halt natürlich immer so ist, du tauschst dich immer so ein bisschen aus. Und das Bockbier war, glaube ich, das erste, was ich dann auch mit dem Alex zusammen getrunken habe und wo wir dann einfach mal zusammen gesponnen haben, wir dann auch so eine Bier- und Schokoladenthematik aufbauen können. Das war bis heute, muss ich sagen, das ist eine schöne Freundschaft, also das ist der absolute Oberhammer.

Markus: Da könnten wir jetzt noch eine Stunde das Loblied auf Goldhelm singen. Wir waren vor, glaube ich, fünf Jahren oder so, Holger, da waren wir mit denen beisammen und haben auch mit denen eben Bier und Schokolade erarbeitet. Und da wollten sie überhaupt mal kennenlernen, wie man Bier braut, und seitdem haben wir da auch eine intensive Freundschaft. Es gibt einfach ganz tolle Goldhelm Schokoladen und die passen auch ganz toll zu richtig gutem Bier. Ich kann mir vorstellen, dass ihr da auch ein schönes Seminar aufbauen könnt mit deinen Bieren.

Bastian Leikeim: Haben wir ja, und wenn es jemand kennt zufällig, es gibt die Pflaume von Agen, diese Schokolade von Goldhelm.

Holger: Ja.

Bastian Leikeim: Die zu diesem Bockbier, und ich sage euch, ihr wollt nichts mehr anderes. Also das ist eine Kombination, das ist einfach echt Arsch auf Eimer.

Markus: Das ist überhaupt toll, weil das sind so Leute, denen gibst du so ein Bier und dann rattert‘s da irgendwie im Kopf, die analysieren die verschiedenen Aromen, und dann ziehen sie ihre Schokolade raus. Und in 90 % der Fälle hast du so eine „Arsch auf Eimer“-Kombination. Ich kann mich auch erinnern, wir hatten zum Beispiel, es gibt im Winter immer die Bratapfel-Schokolade, und die ist zum Beispiel Arsch auf Eimer mit der Schlenkerla Eiche.

Bastian Leikeim: Ja, das ist super.

Markus: Ist zwar eine andere Brauerei, aber wirklich ganz, ganz toll. Und da gibt’s wirklich tolle Kombinationen. Also für alle Hörer, probiert einfach mal aus, Bier und Schokolade ist ganz toll. Und es ist eben was, wo man einfach selber spielen kann. Nehmt mal irgendeine Schokolade, irgendein Bier und schaut, wie es funktioniert, und probiert da ein bisschen durch. Und man kann da richtig selbst üben und Sensorik kennenlernen. Und das macht richtig viel Spaß.

Bastian Leikeim: Aber ich finde das auch ganz wichtig, weil du grad auch gesagt hast, anderes Bier. Das ist ja das Schöne bei uns in der Baubranche, also zumindest bei uns im Mittelstand, bei den kleineren Brauereien, dass du dich da einfach ergänzt und dass du dich auch freust, von Kollegen irgendwie Biere zu trinken und du tauschst dich aus. Das ist wirklich noch so eine Branche, so stelle ich mir das auch vor. Das mag ich auch an dieser Branche so gern. Ich meine, ihr hatten den Podcast auch mit dem Jeff, und das finde ich eine große Leistung auch, dass er in seinem Liebesbier, zum Beispiel gesagt hat, er hat auch ganz viele andere Biere, da schluckst du am Anfang schon, aber letztendlich wir tun dem Bier einfach was Gutes. Dafür möchte ich auch mal eine Lanze brechen. Wir müssen da, glaube ich, einfach enger zusammenstehen.

Markus: Was mich noch interessieren würde, du hast ja schon erzählt, du kommst aus dem Altenkunstadter Brauhaus und ihr seid ja zwei Brüder, und dein Bruder ist in Altenkunstadt. Wie hat sich das dann so ergeben? Also war das einfach so, dass irgendwann Weihnachten war und die Eltern gesagt haben: Passt auf, wir haben zwei Brauereien, du kriegst die und du kriegst die? Oder habt ihr gelost oder wie ging das denn, dass man gesagt hat, okay, du gehst nach Altenburg und baust da ja wirklich was von null wieder auf? Oder hättest du auch Lust gehabt, in Franken zu bleiben? Wir waren denn so deine Ideen?

Bastian Leikeim: Ja, das ist eine sehr, sehr gute Frage. Ich hatte mit Brauerei ja gar nichts zu tun. Ich wollte auch nicht, weil bei uns, man muss sich das so vorstellen, das Brauhaus Leikeim, wir haben auch immer in der Brauerei gewohnt. Und wenn du 24 Stunden, 7 Tage die Woche, immer damit was zu tun hast, dann kann das als Kind und Jugendlicher, ja, muss das nicht immer ganz toll sein. Und ich habe mich dann am Anfang auch irgendwie anders orientiert, weil ja auch klar war, mein Bruder hat ja auch Brauwesen studiert und ich habe mich dann einfach da anders orientiert. Ich war dann auch in Frankfurt zur Ausbildung und bin dann auch noch mal in die USA gegangen, war dann auch in einem größeren Konzern in Deutschland mal unterwegs, um mich da ein bisschen umzuschauen. Aber es hat mich dann irgendwann einfach wieder zurückgezogen. Und mein Bruder war in Altenkunstadt und hatte dann auch Familie, und dann bin ich nach Altenburg gegangen. Wobei es ja immer noch so ist, dass beide Unternehmen uns drei Geschwistern gehört. Also meine Schwester, die ist zwar nicht im Operativen tätig, die ist in Würzburg, aber mein Bruder und ich, uns gehören beide Häuser zu gleichen Teilen.

Markus: Okay. Aber ihr habt euch dann irgendwann entschlossen, okay, du ziehst auch dahin und hast ja auch deine Familie jetzt dort gefunden sozusagen. Also war für dich das dann schon eine gute Entscheidung, dahin zu gehen?

Bastian Leikeim: Ja. Also ich muss sagen, ich mag Franken und das ist natürlich meine Heimat, und ich bin auch gern immer mal wieder dort, ich mag‘s aber auch gerne woanders zu sein und auch eine gewisse Herausforderung. Wie gesagt, es war auch am Anfang nicht ganz so einfach, na klar. Als ich angefangen habe, war ich ja noch keine 30, kurz davor, und dann machst du das und als junger Wessi, sage ich jetzt mal, war das nicht ganz so einfach. Weil die Leute natürlich auch nicht wissen, was macht der jetzt, wie schaut das aus? Was oft leider passiert ist auch in der Vergangenheit mit Unternehmen, wo das Stammhaus irgendwo im Westen sitzt, und dann ist man so eine Dependance, das ist bei uns ja gar nicht der Fall. Also wir sind zwei eigenständige Unternehmen, und das ist uns auch ganz wichtig. Und das haben wir, denke ich, auch bewiesen. Das wollen wir auch weiter behalten. Das sind auch völlig unterschiedliche Biere, die wir brauen und die wir abfüllen.

Markus: Ja, das merkt man auf jeden Fall. Und ich finde auch, das ist eine schöne Linie an Bieren, die gut zusammenpassen, die logisch aufeinander aufgebaut sind. Wir wollten ja noch übers Helle sprechen. Und da würde ich kurz noch eine Frage vorher stellen. Weil es gibt ja Gelegenheiten, bei denen man gerne ein Helles trinkt, und eine Gelegenheit ist zum Beispiel das Kartenspielen. Und mit Altenburg verbindet man ja eigentlich immer Skat spielen. Ich kann das, ich weiß nicht, könnt ihr beide auch Skat spielen?

Bastian Leikeim: Ehrlicherweise ich nicht. Ich gebe es zu.

Holger: Ich kann‘s und mach‘s auch wahnsinnig gern. Aber ich habe fast nie die Gelegenheit. Das ist eigentlich schade. Aber ich spiele sehr gerne Karten.

Markus: Kannst du Schafkopf spielen, Basti?

Bastian Leikeim: Ich kann Doppelkopf und ich kann Rommé. Das sind meine Kartenspiele, auf die ich mich zurückziehen musste.

Markus: Doppelkopf ist eine gute Basis. Also wenn du es jemals lernen möchtest, sag Bescheid, dann kommen wir in dein wunderschönes Sudhaus und dann können wir zusammen dir Skat beibringen. In einer Stunde kannst du das. Das ist gar kein Thema.

Bastian Leikeim: Altenburg, da wurde ja das Skatspiel erfunden, da sitzt ja auch das Skatgericht. Und da passt es ja auch wirklich wunderbar dazu. Ich war einmal auf so einer Benefizveranstaltung in Altenburg, und da wurde eben auch Skat gespielt. Da dachte ich, naja, dann gehst du halt auch mal hin. Und als ich aber gesehen habe, wie allein schon bei diesem Benefizspiel, ich sag mal, doch mit welchem Eifer da die Skatspieler, dachte ich, naja, da musst du jetzt als Novize nicht noch anfangen. Das war mir eine Lehre.

Markus: Es kann ein bisschen Religionen sein. Also ich kann mich erinnern, mit Freunden haben wir das immer gemacht zur Schulzeit. Da hatten wir immer einen Kasten Bier und haben uns abends mit dem Kasten Bier in den Keller gesetzt von meinem Freund und dann Karten gespielt, bis der Kasten leer war. Hat manchmal länger gedauert und manchmal nicht so lang, aber war immer eine tolle Veranstaltung. Holger, wir wollten kurz noch übers Helle reden.

Holger: Unbedingt. Da müssen wir darüber reden, finde ich. Weil das ist ein besonderes Bier, das eine unglaubliche Auszeichnung erhalten hat. Und ein gutes Helles zu brauen ist auch eine Kunst. Also das ist nicht einfach so gemacht, genauso wie ein gutes Pils zu brauen. Ich möchte schon noch übers Helle sprechen. Also nochmal, das ist World Beer Award 2019, World Best Style Winner. Also das musst du erst mal schaffen auch. Das ist schon was.

Markus: Dann machen wir es mal so, ich mach‘s jetzt auf jeden Fall mal auch auf, auch wenn ihr es jetzt vielleicht nicht mehr habt, aber ich will es jetzt gerne noch kurz probieren. Dann sprechen wir noch kurz drüber. Und dann ist es ja auch mal schön, wenn wir einen BierTalk mit einem Hellen beenden, haben wir auch noch nie gemacht.

Bastian Leikeim: Einfach mal anders sein als andere. Perfekt! Aber ich mach’s auch auf, Markus, weil ich jetzt zum Schluss auch gerne noch ein Helles einfach trinke.

Markus: Das ist übrigens die Lehre von vielen, vielen, vielen Bierfortbildungen, die ich gemacht habe, also gerade bei Brauereien, auch bei größeren Brauereien, wenn wir dann so alle möglichen Biere verkostet haben, quer durch die ganze Welt, am Ende waren immer alle an der Hotelbar zusammengesessen und haben einfach ein schönes Helles getrunken.

Bastian Leikeim: Ja.

Markus: Und insofern tolles Abschlussbier.

Bastian Leikeim: Und da sind wir auch echt megastolz darauf. Als ich das letztes Jahr erfahren habe, ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll, ich meine, Markus, du hast mir ja die frohe Kunde übermittelt, weil du in London warst, als das gesagt wurde. Ich war leider auf Geschäftsreise oben im hohen Norden und konnte deswegen nicht dort sein. Ich habe am Anfang gar nicht gewusst, was du mir mit dieser Message sagen wolltest. Ja, okay, wir haben anscheinend irgendwas gewonnen. Ich war da in Rostock, also ich war echt total platt.

Markus: Ich war da auch aus dem Häuschen. Also ganz, ganz toll. Muss man sich vorstellen, das war das Finale der World Beer Awards Verkostungen: Ein ganz kleiner Raum, große runde Tische, dann wirklich Juroren aus der ganzen Welt ganz eng zusammen. Unter heutigen Umständen gar nicht vorstellbar. Und dann haben wir wirklich einen Tag lang richtig intensiv gearbeitet und verkostet. Und am Ende werden ja wirklich nur die Sieger der Kategorien gekürt. Also das ist gar nicht mal so, dass es da Gold, Silber, Bronze gibt, sondern es gibt pro Kategorie einen Gewinner. Das ist dann wirklich schon das Top-Top-Top, was man erreichen kann. Und eigentlich innerhalb aller Bierwettbewerbe, die man so kennt im Grunde, die härteste Auszeichnung, die zu bekommen, weil es wirklich immer nur diesen einen Preis gibt. Und der fasst ja immer mehrere Unterkategorien zusammen. Ich war da selber ein bisschen aus dem Häuschen, weil ich war am Anfang etwas enttäuscht, weil zum Beispiel die Berliner Weisse war eine der ersten Kategorien, da hatte dann eine chinesische Brauerei gewonnen. Und dann kam irgendein anderer Bierstil, wo ich mir auch sicher war, das ist doch eine Paradedisziplin für Brauereien, die man so kennt. Und dann war da aber, glaube ich, eine aus der Mongolei oder so. Also die Biere habe ich nachher probiert, das war auch zu Recht, also die waren auch richtig gut. Aber man merkt einfach, wie der internationale Wettbewerb immer dichter wird und wie immer mehr Brauereien immer bessere Biere machen. Dann fand ich das wirklich klasse, als es dann eben zu dem Hellen kam. Deswegen musste ich dir auch sofort die SMS schicken, weil das schon echt eine große Geschichte war.

Holger: Und ich möchte jetzt wirklich noch eins draufsetzen, weil natürlich gibt es viele verschiedene Bierstile, aber man muss dann auch noch mal schauen, wieviel Wettbewerb ist pro Bierstil da? Und Berliner Weisse hat mit Sicherheit nicht so viel Wettbewerb wie der Bierstil Hell. Das muss man auch erst mal machen. Also in dem Bierstil tummeln sich viele und da wird viel eingereicht, man hat viel Konkurrenz, und sich da so durchzusetzen ist schon wirklich Outstanding, wenn ich das sagen darf.

Bastian Leikeim: Wie gesagt, wir waren da total happy, das ganze Team. Aber da wirklich auch noch mal vielleicht so eine kleine Anekdote eben aus dem Altenburger Land. Ich hatte dann, weil ich natürlich dann auch megastolz war und bei Brauereiführungen, und dann hatten wir so eine Truppe jüngere Jungs und dann sagen wir immer, wir waren beim World Beer Award und da sind wir weltbestes Helles geworden, und da sind wir so stolz darauf und so weiter. Und das ist ja das Schöne, ich bin gerne, ich habe nen guten Freund Irland oder ich bin auch ganz gerne in den USA, weil ich einfach diese Mentalität dort gerne mag. Und wenn du da das erzählst, dann ist das, wow, und dann ist es super und dann unterhältst du dich darüber. Und in Altenburg, der Mensch ist da ein bisschen anders. Der sagt dann: Ja, wieviel haben denn da teilgenommen? Dann sage ich: Ja gut, also klar, unter denen, die teilgenommen haben. Ach so, also dann wart ihr, also die, die da teilgenommen haben, die Besten? Sage ich: Ja. Aha, okay, na gut. Gott sei Dank ist mir dann so eingefallen, dass ich dann gesagt habe: Naja, aber das ist ja genauso wie bei den olympischen Spielen. Ich meine, da tritt ja auch nicht jeder an, den es auf der Welt gibt. Das ist halt nun mal nur der, der es halt einreicht, der sich dafür qualifiziert, macht halt dann da mit. Damit konnte ich das dann ein bisschen abbiegen. Aber nur so ein bisschen, um von vorhin noch auf diese Mentalität zu kommen. Das ist also, der Altenburger ist manchmal auch ein bisschen…

Markus: Klingt aber auch ein bisschen fränkisch. Das können die Franken schon auch ganz gut.

Bastian Leikeim: Ja.

Markus: Und ich denke, also gerade bei den Bierwettbewerben, da müssen wir fast mal einen eigenen Podcast machen, um das ein bisschen zu erklären, welcher Wettbewerb welchen Standard und Stellenwert hat. Bei den World Beer Awards ist es halt so, es gibt vorher einen Länderausscheid. Da ist es in der Tat so, dass innerhalb des Landes dann jeweils, wenn man über ein gewisses Qualitätslevel kommt, dann bekommt man auch eine Auszeichnung. Das heißt, da gibt’s dann auch mehrere Gold-, Silber- und Bronze-Prämierungen, einfach weil gewisse Qualitätslevel erreicht sind. Aber es gibt pro Land nur einen Sieger und nur der qualifiziert sich dann auf das internationale Tableau, wo dann eben wirklich diese Auszeichnungen pro Stil vergeben werden. Und das ist dann wirklich richtig besonders, wenn man das schafft, weil da wirklich insgesamt wahrscheinlich 500, 600, 700 Helle mindestens weltweit international gekämpft haben und dann kamen eben insgesamt vielleicht 20 Helle weiter in die finale Verkostung. Und da gibt’s dann auch noch mal zwei Runden, das heißt, man muss die erste Runde überstehen und dann die zweite Runde überstehen. Und da dann noch gewinnen, das ist schon großes Kino. Also insofern möchte ich dich ganz herzlich beglückwünschen zu dem Bier, aber auch zu den anderen. Ich wünsch dir alles, alles Gute, und natürlich auch der Brauerei. Ich freue mich, wenn wir uns baldmöglichst wiedersehen. Ich sag nochmal vielen, vielen Dank für diesen tollen BierTalk.

Bastian Leikeim: Herzlichen Dank euch beiden, das hat total Spaß gemacht. Ich war am Anfang auch ein bisschen aufgeregt, vielleicht hört man das auch am Anfang. Der Vorteil ist, dass das Bier da auch echt extrem hilft. Und es war echt total schön mit euch beiden.

Holger: Oh ja, vielen Dank! Das ist ein schönes Kompliment, Bastian. War schön dich dabeigehabt zu haben. Vielen, vielen Dank! Schönen Abend noch.

Bastian Leikeim: Dankeschön.

Markus: Tschüss!

Bastian Leikeim: Ciao, ciao!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 22 – Interview mit Sven Förster von Försters Feine Biere aus Berlin

Tief im Berliner Südwesten kämpft Sven Förster mit seiner gesamten Familie einen steten Kampf für gute Bierkultur. In ihrer Kneipe mit dem schönen Namen „Försters Feine Biere“ geht es ohne Telefon und WLAN einfach nur um das eine: Gutes frisches Bier. Und das bieten die Försters Tag für Tag – und haben sich mittlerweile eine echte Fangemeinde erarbeitet. Außerdem gilt die 40-Quadratmeter-Bude als echter Geheimtipp für alle Freunde eines guten, feinen Lagerbieres, nicht nur, aber auch, weil es immer frisches Fiege Pils vom Hahn gibt. Doch das ist nicht das einzige Alleinstellungsmerkmal des Feintrinkerladens, das größte ist der Chef und Gründer selbst – warum, das hören Sie in diesem BierTalk

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Herzlich willkommen zum BierTalk Nummer 22, eine wirkliche Schnapszahl. Aber jetzt haben wir uns eigentlich keine Schnapsnase dazu ausgesucht, sondern wir haben jemanden genommen, der für die Gastronomie steht, für eine ganz besondere Gastronomie, hat eine Nische gewählt in Berlin: Sven Förster, also Försters Feine Biere. Kann ich nur empfehlen. Und am Mikrofon ist der Holger und wie immer der …

Markus: Markus.

Holger: Wunderbar! Und jetzt, Sven, am besten ist, du stellst dich vor, sagst was zu deinem wahnsinnig schönen kleinen Laden, zu deinem Konzept, und dann schauen wir mal, was uns der Tag so bringt.

Sven Förster: Erst mal auch von meiner Seite aus Berlin. Grüß Gott, muss man ja eigentlich sagen nach Bayern. Ich bin Sven Förster, bin 40 Jahre und betreibe seit 2014 in Berlin Försters Feine Biere. Als klassischer Familienbetrieb präsentieren wir eigentlich die deutsche Brauereilandschaft, wir schenken wirklich nur Biere aus, von kleinen deutschen mittelständischen Brauereien, 80 % der Baureihen kennen wir eigentlich persönlich. Und wir haben uns da eigentlich in den letzten sechs Jahren in Berlin, und ich glaube auch deutschlandweit, eigentlich einen Namen gemacht, für was Försters Feine Biere steht, nämlich für bedingungslose Qualitätsbiere.

Holger: Und du hast eine kleine Gaststätte, so eine Kneipe im Stadtteil, also in Berlin würde man sagen, eine Kiezkneipe.

Sven Förster: Genau.

Holger: Wie sieht es da aus, wer kommt da? Was fährst du für ein Konzept? Was hast du am Zapfhahn und so? Erzähl doch mal!

Sven Förster: Genau. Also wir haben eigentlich, 2014 war das, das habe ich ein kleines Friseurgeschäft, das sind wirklich 80 Quadratmeter, die wir dort haben in Berlin Steglitz Friedenau, also das ist im Südwesten von Berlin, haben wir eigentlich zu einer kleinen Bierbar umgebaut. Also wir haben einen Schankbereich bei uns drinnen im Lokal, gerade mal 40 Quadratmeter, und dann haben wir eine kleine Terrasse mit 40 Quadratmetern noch mal, und da schenken wir aktuell 120 verschiedene Biere aus. Wir haben da sechs Biere vom Fass, vier fest. Da sind wir eigentlich sehr konstant seit vier Jahren, also wir schenken ein Pils aus, wir schenken ein Kellerbier aus, ein lokales Rotbier und ein klassisches bayerisches Helles. Und dann habe ich noch zwei Fassbiere, wo wir im Prinzip immer wechseln, um die verschiedenen Bierstile halt zu bedienen. Also es geht bei uns knallhart um deutsche Bierstile und um eine kleine Brotzeitküche, die wir nebenan den Gästen bieten. Das machen wir sechs Tage die Woche. Also ich rede jetzt mal in den Normalzeiten wirklich von Montag bis Samstag immer von 17 bis 0 Uhr. Und das ist eigentlich das, was wir so seit 2014 dem Berliner Publikum natürlich wirklich sehr stark im Berliner Südwesten, also wir haben da einen sehr hohen Anteil wirklich an Stammklientel, und dann auch darüber hinaus aber auch wirklich dem bierinteressierten Publikum in Berlin. Das bieten wir denen halt wirklich sechs Tage die Woche im Vollgasbetrieb mit der Familie Förster.

Holger: Mich erstaunt das ja ein bisschen, weil ich habe ja auch mal in Berlin gelebt, also fast neun Jahre, und so Steglitz Friedenau, also Sven, sei mir nicht böse, aber spießiger geht’s ja gar nicht. Und die trinken da wirklich irgendwie so besonderes Zeug?

Sven Förster: Spießiger geht’s ja gar nicht, ich weiß gar nicht, ob ich spießig bin, ich bin da auf jeden Fall ein Traditionalist. Aber ich komme daher, ich bin da geboren. Vielleicht muss ich auch dazusagen, dass da halt auch meine Vergangenheit eine Rolle spielt, ich habe zehn Jahre im KDW gearbeitet, oben in dieser berühmten Lebensmitteletage, komme da auch wirklich aus dem Bier- und Weinbereich auch. Und das ist halt der Berliner Südwesten und in dem bin ich großgeworden. Und ich kenne halt auch die Leute dort und ich habe mich da halt einfach immer authentischer gefühlt, auch mein Konzept, meine Gedankengänge, einfach meine Lieblingsbiere den Leuten halt dauerhaft dann auch zu zeigen, also dann auch so eine Verlässlichkeit den Menschen zu bieten. Und ich glaube, jeder fühlt sich da wohl, wenn man auch irgendwie was Verlässliches hat. Und das habe ich einfach so in, sage ich mal, den Trendbezirken, so wie man sie vielleicht seit 20 Jahren in Berlin halt auch hat, so Mitte, Prenzlauer Berg, Neukölln, Wedding, wo das alles sehr schnelllebig ist, habe ich das nicht so gesehen und kam für mich eigentlich auch nie in Frage. Ich bin wirklich ein Steglitzer und die Leute wollen überall gutes Bier trinken. Und das ist eigentlich so unsere Aufgabe. Ja, das machen wir sehr gut im Berliner Südwesten. Ich möchte das auch nirgendwo anders machen in Berlin.

Holger: Markus, du bist ja auch quasi in Berlin zu Hause. Was sagst du denn dazu?

Markus: Ich bin in vielerlei Hinsicht begeistert. Also es erst mal finde ich es total schön, wenn der Sven sagt, die Menschen wollen überall ein gutes Bier trinken. Das ist auf jeden Fall richtig und freut mich natürlich insbesondere für Berlin. Und dann ist es in Berlin halt einfach so, dass es ein eigener Kosmos ist, der letzten Endes auch wieder so kleine Unter-Kosmen hat, wo man halt wirklich natürlich den Südwesten hat mit einem eigenen Klientel, dann eben die anderen Stadtbezirke, die mehr trendig sind. So sind auch die Brauereien. Das heißt, du hast irgendwelche völlig abgedrehten Brauereien und du hast sehr bodenständige, du hast traditionelle Häuser und somit einfach eine riesengroße Vielfalt. Und was mich beim Sven so begeistert, ist, dass du ja eigentlich so dieses Bedürfnis nach Bodenständigkeit und nach Verlässlichkeit auch repräsentierst in deiner Bierauswahl. Das heißt, du bringst den Berlinern, gerade die aus dem Südwesten, was sie ja eigentlich seit 40, 50, 60, 70 Jahren gewohnt waren, als Verlässlichkeit nach Hause sozusagen. Du bringst ihnen fränkische und bayerische Biere.

Sven Förster: Genau.

Markus: Das ist das, was sie in ihrem Urlaub, wenn sie durch die DDR durchgefahren sind und dann direkt nach dem Grenzstreifen wieder in der Bundesrepublik angekommen waren, dann waren sie eben in Franken oder in Bayern und haben dann dort Urlaub gemacht. Und dieses Urlaubsfeeling, diese Biere, die sie gerne wollten, das letzten Endes bietest du ihnen. Und ich glaube, das ist auch so ein Punkt, der einfach total gut bei den Berlinern ankommt und ihnen da auch sehr viel Heimat gibt. Insofern bin ich da auch total begeistert und komme ja selber total gerne zu euch.

Holger: Unbedingt. Und ich kann nur sagen, der Sven betreibt auch einen wahnsinnigen Aufwand, diese Biervielfalt heranzuschaffen, eben auch als Fass-Ware und so. Und ich selbst habe also schon häufiger in meinem schönen Fahrzeug Bierfässer hier aus der Region nach Berlin gebracht und du hast die dann sofort abends angeschlagen und dann haben die Leute das genießen können. Das ist ja auch was Besonderes, das muss man ganz klar sagen.

Sven Förster: Ich erinnere mich gerne daran, wie vor vier oder fünf Jahren ich die Giesinger Fässer aus deinem Hinterhof eingeladen habe auf dem Weg in den Skiurlaub. Und genau das sind natürlich dann die Geschichten, die nachher wir auch den Gästen dann halt transportieren können. Weil das ist letzten Endes das Entscheidende, dass die Leute auch dann bereit sind, auch gerne mal neue Sachen zu probieren. Und wenn man das dann gleich aus dem Kofferraum auslädt und dann anschlägt, dann ist die Begeisterungsfähigkeit natürlich sofort entfacht und dann hat man eigentlich auch leichtes Spiel.

Holger: Die Geschichte erzähle ich gleich, Sven. Du bist der Gast, mach mal eins auf.

Sven Förster: Genau. Erst mal, es ist eine unglaubliche Ehre für mich, dass ich auch Teil dieses sensationellen Formats sein kann. Und es ist natürlich für mich schwer jetzt gewesen, wirklich so mit zwei Pferden des Südens, die da wirklich in der Bierlandschaft unterwegs sind und wirklich sehr, sehr viel Biere auch kennen, dass man da vielleicht jetzt auch was Neues mal, wo man nicht so alltäglich in den Genuss kommt, probiert. Und deswegen habe ich mir was ausgesucht, weil ich weiß, dass der Holger aus dem Westen kommt und wir auch eine Verbindung in den Westen haben, dass der Holger ja auch gern ein Pils trinkt und dass wir uns ein schönes, knackiges, ehrliches Pils, dass ich mir das jetzt mal hier verkoste mit euch, und dann können wir auch gleich was zu der Brauerei vielleicht erzählen. Und wir haben das natürlich auch bei uns im Ausschank vom Fass. Ich habe mir ein Pils aus Bochum, das Moritz Fiege Pils ausgesucht. Und das werde ich jetzt mal einschenken, erst mal die Flasche hier aufmachen und dann mit euch vielleicht zusammen verkosten.

Markus: Schöner Sound.

Holger: Ja, schöner Sound. In der Zeit erzähl ich ganz kurz die Geschichte. Es ist also sozusagen mit diesem Fasstransport, es ist nicht nur One-Way, sondern der Sven macht sehr gerne Urlaub in den Bergen. Und da war das dann so, da hatte ich dann Fässer besorgt und er ist dann quasi mit seinem Pkw hier zu mir gekommen, ich war dann aber unterwegs, war also gar nicht da. Da hatten wir dann quasi einen besonderen Ort hier bei uns in Schwabing im Hinterhof ausgemacht, wo dann die Fässer stehen, und er hat sie dann eingeladen und mit nach Berlin genommen. Also mehr Leidenschaft geht ja eigentlich gar nicht.

Sven Förster: Genau. Und dann noch im Salzburger Land aus dem Auto, also im Prinzip aus meinem Caddy rausgeladen, weil das Auto ja zwei Wochen nicht wegbewegt worden ist und es war ja nachts kalt. Also haben wir das bei der Vermieterin dann da zwei Wochen in den Skikeller gestellt und dann wieder eingeladen und dann zurück nach Berlin gefahren. Ich erinnere mich wirklich gerne daran, dass das so die Anfänge damals mit dem Giesinger Bräu waren und heute fährt unser Lieferant da vor und wir verkaufen das wirklich sehr, sehr gut bei uns in Berlin das Giesinger Bier.

Markus: Und das ist auch der Unterschied zwischen Bayern und Franken, weil wenn du in Franken irgendwo gewesen wärst und hättest da zwei Wochen lang Bierfässer irgendwo hingestellt, wären die danach bestimmt leer gewesen.

Sven Förster: Ja genau. Die Pension hätte das dann ausgetrunken, oder?

Markus: Irgendjemand hätte es entdeckt, auf jeden Fall.

Sven Förster: Also ich habe mir jetzt auf jeden Fall hier ein Pils von der Brauerei Moritz Fiege aus Bochum eingegossen. Und da vielleicht auch eine kleine, aber erst mal nehme ich, glaube ich, einen Schluck. Männer, Prost! Lieben Dank noch mal für die Einladung.

Markus: Prost!

Holger: Wir sind dankbar, dass du dabei bist.

Sven Förster: Also wirklich ein schön kerniges ehrliches Pils, Holger, so wie du es vielleicht auch kennst aus deinen Jugendtagen.

Holger: Ich kann es jetzt genau nachschmecken. Also ein Fiege Pils ist auf jeden Fall immer schon eines meiner Premium-Produkte gewesen und ist es auch immer noch. Aber hier in München kommt man wirklich eigentlich nicht dran.

Sven Förster: Nein, ne. Und das ist eigentlich wirklich das auch, was wir jetzt die letzten sieben Jahre, das ist eine ganz große Ehre für uns, dass wir dieses Bier ausschenken können auch vom Fass. Wir sind wirklich immer noch die einzigen in Berlin, die das vom Fass ausschenken. Es ist, wenn ich es mal hochrechne auf den Literpreis, eines der teuersten Biere, die ich auch ausschenke, weil die Logistik einfach unglaublich aufwändig ist. Aber das war mir halt immer wichtig, dass wir sagen, wir wollen ein Bier am Hahn haben, was wirklich von der Bitternote her als Pils charakterisiert wird, was einmalig ist. Und das ist das, was eigentlich die letzten sieben Jahre bei uns sukzessive dieses Bier zum Erfolgsbier Nummer 1 gemacht hatte. Das ist unser bestes Bier. Das ist wirklich ein kerniges, kräftiges, ehrliches Ruhrgebiets-Pilsener und mit 38 Bittereinheiten.

Holger: So soll es sein.

Sven Förster: Findet man selten.

Holger: Absolut, absolut. Und dann Perle und Tettnanger drin, so wie sich das gehört.

Sven Förster: Genau.

Holger: Und dann ist ja auch noch mal so toll irgendwie, dass die ja noch so einen, neudeutsch würde man sagen, Claim haben, und der heißt „Fiege von Herzen und von hier“. Dieses „von Herzen und von hier“ trifft ja auf dich auch total zu.

Sven Förster: Genau. Deswegen fühlen wir uns da ja auch so wohl. Und Saphir und Herkules ist auch noch mit drin, kann man noch ergänzen. Und das ist eigentlich das, was für mich diese Besonderheit dieses Pilsbieres ausmacht, dass wir wirklich auch einen Malzkörper haben, wo wir wirklich am Antrunk diesen leichten süßliche Ton auf der Vorderspitze haben. Und dieser Malzkörper ist unglaublich wichtig, dass man auch diese Bitternote, die man wirklich am Ende dann auch bei jedem Schluck spürt, dass diese Bitternote auch dauerhaft transportiert werden kann. Und das macht eigentlich für mich wirklich ein Spitzen-Pilsener aus, dass man wirklich in jedem Schluck auch diese Bitternote spürt, und auch im Nachhall, dass diese Bitternote eigentlich nie weggeht. Ja, das vermisst man doch immer wieder mal, gerade bei, sage ich mal, so Brauereien, die sich so in größeren Hektoliter-Bereichen bewegen. Und da sind wir unglaublich stolz, dass wir da so ein Spitzenprodukt vom Fass haben, auch ausgeschenkt in diesem „Moritz Fiege“ Pokal, extra Anfertigung für Fiege gewesen, und das kommt unglaublich gut an bei uns im Feierabendgeschäft.

Markus: Das ist ja auch ein Bier, was sehr emotionalisiert. Also das find ich auch total schön, weil das, glaube ich, nicht mehr bei vielen Brauereien im Ruhrgebiet so der Fall ist, aber Fiege ist wirklich so eine Brauerei, die ihre Fangemeinde hat und stolze Leute hat. Also ich habe das kennengelernt in Berlin tatsächlich beim Deutschen Brauertag, als der Norbert Lammert zum Bierbotschafter des deutschen Bieres ausgerufen wurde. Und da hat er eine Antrittsrede gehalten und hatte dann sich eben von Fiege eine alte Kappe ausgeliehen, und er ist dann aufgetreten praktisch als Fiege-Fan und hat da auch seine Geschichte mit dem Bier so ein bisschen erzählt. Und da hat man einfach auch so ein bisschen Gänsehaut-Feeling bekommen, weil man einfach merkt, wie so ein Bier Leute begleiten kann und wie es für ein ganzes Lebensgefühl und für eine ganze Region stehen kann. Und das kannte ich vorher eher nur so aus unserer Ecke, aber da ist es offensichtlich ja auch so. Und deswegen trinke ich es auch gerne, wenn ich bei dir bin, auf jeden Fall ein tolles Bier.

Sven Förster: Da sprichst du genau dieses richtige Thema an und das ist, glaube ich, auch das, was wir in unserem Ausschank halt transportieren wollen. Nämlich das habe ich selten kennengelernt, wirklich ganz, ganz, ganz wesentlich im Westen halt in den Ruhrgebietsstädten oder halt in Düsseldorf oder auch in Köln, diese Emotionalität der Menschen zu ihrer Brauerei. Also das ist wirklich Wahnsinn, wenn man sich in Bochum bewegt, wie diese Brauerei dort Gänsehaut-Feeling halt ausmacht und wie die Leute wirklich hinter ihrer Brauerei stehen. Und das ist Wahnsinn, wie wir das auch bei uns im Ausschank mitkriegen, wenn die Leute aus Bochum zu Besuch kommen, weil denen dort gesagt wird: Ja, wenn ihr in Berlin seid, geht zu Försters Feine Biere, da gibt’s auch euer Fiege. Und das sieht man dann schon. Wenn dann da irgendwie so ein Taxi ankommt und dann steigen fünf junge Männer aus und die Blickrichtung dann Richtung Fiege Ausleger, dann weißt du eigentlich schon, dass du jetzt mal fünf Fiege anzapfen kannst. Die sind dann echt auch so, dass die dann das Fiege trinken, obwohl ich 120 verschiedene andere Biere habe. Und das sind so Momente, wo ich dann immer frage, so diese Emotionalität der Menschen wirklich zu ihrer Brauerei, das begeistert mich. Das habe ich wirklich im Westen kennengelernt ganz stark und Köln, Düsseldorf sind da vielleicht auch noch mal ausschlaggebend. Das ist wie so eine DNA in deren Blut. Das ist vielleicht dadurch, dass ihr im Frankenland so viele verschiedene Brauereien auch habt, verteilt sich das vielleicht ein bisschen mehr und das geht dann wirklich eher so auf fränkisches Bier. Aber dort im Westen zielt das dann wirklich auf die Brauereien ganz explizit. Das ist das, was mich auch 20 Jahre lang wirklich begeistert hat auf meinen Reisen. Und dieses Gefühl so ein bisschen zu transportieren und dass die Menschen dann auch, wenn sie denn wirklich da den ersten Schluck nehmen von einem Frischgezapften, das posten, dann weißt du eigentlich, du hast alles richtiggemacht. Und das ist ja auch Teil unserer Aufgabe als Gastgeber, die Leute glücklich zu machen.

Markus: Bei uns war das so ein bisschen eine Entwicklung. Ich denke, früher war es tatsächlich so, dass die Leute sehr für ihre jeweilige Brauerei gestanden waren und es da dann auch innerhalb der Ortsteile oder Ortschaften echte Rivalitäten gab zwischen den Anhängern der verschiedenen Brauereien. Und das war vielleicht jetzt auch viel Arbeit, die man bei uns so mit dem Bierland Oberfranken Verein und sowas gemacht hat, die Leute mehr und mehr dazu zu bringen, das so ein bisschen auch als Einheit zu sehen. Aber was mich wirklich interessieren würde bei dir, Sven, du bist doch eigentlich so ein Finanzfritze, oder? Du kommst doch aus der Bankecke. Wie kommt man da überhaupt so zum Thema Bier und wie schafft man das, so eine emotionale Verbindung und so eine Begeisterung da aufzubauen? Wie ging das bei dir?

Sven Förster: Wenn ich jetzt wirklich mal meine letzten 20 Jahre so Revue passieren lasse, dann ist es so, ich habe ein ganz klassisches BWL-Studium hinter mir und 99 angefangen und habe das dann auch relativ zügig bis 2004 abgeschlossen. Ich habe nebenbei eigentlich immer dann auch als Student in Banken gearbeitet, in der Commerzbank, und war dann Ende 2004 fertig. Und ja, Bier habe ich schon immer gerne nebenbei getrunken, hat mich unglaublich interessiert, wie Holger vorhin auch schon gesagt hat, die Reisen in die Berge, immer irgendwo Stopp gemacht bei irgendeinem Brauereigasthof dein (unv. #00:14:53.4#) war, hat mich 20 Jahre lang begleitet, über fränkische Brauereien. Kam dann irgendwann zu diesem Punkt, 2004, als ich dann wirklich zum ersten Mal auch die Verantwortung in so einer Bank gespürt habe, was es dann heißt, Verantwortung zu tragen und nicht als Student irgendwie zwei-, dreimal die Woche rum zu turnen, dass das nichts für mich ist. Also das war eine grausame Zeit damals. Ich hatte eigentlich ein Studium hinter mich gebracht und wusste eigentlich gar nicht, was ich damit anfangen sollte, weil ich mich in diesem Verantwortungsbereich überhaupt nicht wohlgefühlt habe. Ich bin dann auch viel in Deutschland unterwegs gewesen, in Frankfurt, Köln. Und das habe ich so ein halbes Jahr lang durchgehalten und dann wusste ich eigentlich gar nicht, wohin die Reise gehen sollte, und bin durch einen ganz komischen Zufall dann durch einen ehemaligen Kommilitonen im KDW gelandet. Die haben da jemand am Warsteiner-Stand damals gesucht zum Bier zapfen. Und da, wenn ich wieder meine Vergangenheit so ein bisschen Revue passieren lasse, also ich habe unglaublich gerne Leute bewirtet. Ich habe damals Veranstaltungen organisiert in der Oberstufe, ich habe den Abiball organisiert und hatte da auch immer schon so dieses Steckenpferd auf dem Bier, dass wir da den Leuten besondere Biere irgendwie dann aus Franken mitgebracht haben. Also das sind so die Rahmenbedingungen gewesen, die ich dann, als ich dann da im KDW gearbeitet habe, merken ließen, Mensch, eigentlich hast du hier die letzten fünf, sechs Jahre das gemacht, was eigentlich gar nicht zu dir passt. Ich habe also eigentlich dann 2005 angefangen wirklich zu merken, was mir Spaß macht. Und das ist diese Beratung am Gast, Menschen bewirten und sich dann mit tollen Produkten und tollen Lebensmitteln auseinanderzusetzen, das habe ich dann wirklich gemerkt. Und ich habe relativ schnell dann auch meine Bankengeschichte eigentlich ad acta gelegt. Ich hatte dann dort die Möglichkeit, auf 8000 Quadratmetern Verkaufsfläche wirklich in die verschiedensten Bereiche rein zu riechen. Also ich konnte dann im Weinbereich arbeiten, im Spirituosenbereich, ich habe mit Sommeliers Kontakt gekriegt. Und nebenbei dann wirklich die tägliche Arbeit am Bierstand, also ich habe dann überwiegend an einem tschechischen Bierstand hinten im KDW gearbeitet, wo das legendäre Budweiser und das Pilsner Urquell dort wirklich auch auf zehn Quadratmetern ausgeschenkt wird, sich in einer unglaublichen Freude bei den Menschen dort installiert. Und da komme ich dann her, also das ist der Ursprung jetzt auch von Försters Feine Biere, dass ich da im KDW eigentlich dann über zehn Jahre gemerkt habe, was mir wirklich Spaß macht.

Markus: Ja, spannende Geschichte. Holger, da hast du bestimmt eine Menge Durst bekommen, oder?

Holger: Unbedingt. Ihr werdet es jetzt nicht glauben, also ich versuche ja immer Biere auszuwählen, die irgendwie zum BierTalk passen, aber diesmal habe ich es nicht so gemacht, auf keinen Fall. Ich habe mir was ausgesucht, das passt überhaupt nicht, also weder zum BierTalk jetzt heute noch zu meiner Pilsleidenschaft noch zur Tageszeit. Ich habe mir einfach ein Bier ausgesucht, was ich eigentlich hätte Sonntagabend trinken wollen, aber das ging nicht, also aus persönlichen Gründen ging das einfach nicht. Und weil ich da so traurig war, dass ich das nicht trinken konnte, war das jetzt einfach die nächste Gelegenheit. Und deshalb habe ich es einfach so gewählt. Und zwar gewählt habe ich Bush de Noel, also das Weihnachtsbier. Und das hat ja 12 % Alkohol, und da ist dann schon klar, dass das nicht so richtig jetzt heute zur Mittagszeit passt. Aber ich habe schon gegessen heute, insofern, das ist so ein richtig schönes Digestif-Bier. Man könnte es zu einem Dessert oder zu dunkler Schokolade natürlich gut trinken, aber es reicht auch so, also es ist auch solo einfach ein Dessert. Und ich mach das jetzt auch mal auf. Wahnsinn! Also schon, was da an Sensorik rüberkommt, wenn man nur den Kronkorken lüftet, ist Wahnsinn. Das reicht ja wahrscheinlich schon, weil 12 % sind ja 12 %. Hört ihr den Schaum?

Sven Förster: Ja.

Holger: Ja, Wahnsinn!

Markus: Ja, sehr schön.

Sven Förster: Ich rieche ihn sogar, Holger.

Holger: Wirklich klasse. Ich versuch‘s mal zu verkosten. Wahnsinn! Erst mal zur Farbe, das ist so ein Mahagoni-Farbton. Und dann hat man eine unglaublich schöne fruchtige karamellige Note in der Nase. Der Antrunk ist dann schon hopfig, also ist nicht nur süß, sondern es ist auch ein bisschen hopfig. Und ich habe da Grüner Apfel sogar. Also ich meine, Karamell und so getrocknete Früchte und vielleicht auch so ein bisschen Ananas und so, aber so im Nachtrunk kommt sogar ein Grüner Apfel. Also für mich eines der komplexesten Biere, die ich überhaupt kenne. Ich habe jetzt sogar mit einem Thermometer die Trinktemperatur gemessen, damit mache ich normalerweise den Milchschaum immer genau. Also wärme mit Milch auf 62 Grad, weil dann schäumt das am besten. Also nur mal so by the way. Aber jetzt habe ich genau dafür gesorgt, dass ich 12 Grad Trinktemperatur habe. Also ein Gedicht, ein Gedicht.

Markus: Da muss ich jetzt gleich noch erzählen, wir hatten das ja in unserer Live-Verkostung und ich hatte diesmal das Experiment gemacht, dass wir mal einen Bier-Cocktail ausprobieren. Und den kann ich jetzt hier auch noch mal sagen. Das war nämlich einer, der supergut angekommen ist, die Leute waren echt begeistert. Und zwar genau mit diesem Bier, also das Bush de Noel. Und dann kommt dazu 3 cl Cointreau, 4 cl Cranberry-Saft, 2 cl Zitronensaft und eine angeröstete Zimtstange. Und das dann mit ungefähr 10 cl von dem Bush de Noel in einem Glas, Eiswürfelchen dazu: Sensationell! Das hat den Leuten richtig Spaß gemacht und zeigt auch, wie flexibel Bier ist und wie kompatibel Bier ist. Sven, wir haben ja jetzt einen Teil deiner Lebensgeschichte schon nachverfolgt, aber jetzt waren wir so an der Schnittstelle. Du bist dann im KDW, willst dich mit Bier beschäftigen. Wie passiert dann dieser Übergang, also wie beschäftigst du dich mehr mit Bier? Du bist ja dann auch Biersommelier geworden. Und wie kommt‘s dann zur Kneipe?

Sven Förster: Die letzten 20 Jahre begleitet mich das Thema Bier und wirklich am Anfang nur privat. Durch das KDW habe ich dann gemerkt, was für ein Potenzial eigentlich auch in dem Bereich steckt, wie groß die Vielfalt ist und wie das Thema Bier eigentlich überhaupt gar nicht beachtet wird, ich rede so von 2010, 2011. Und ich habe mich dann halt 2013 dann für diese Biersommelier-Ausbildung angemeldet. Ja, da muss man echt schon sagen, diese zwei Wochen oder ich habe das in so einem Schrittkurs gemacht, danach war es dann eigentlich um mich geschehen. Ich wollte 2011 schon mal ein kleines Lokal in der Fasanenstraße in Berlin Charlottenburg aufmachen, damals noch mit einem eigentlich Split­-Konzept, also Bier und Wein, wirklich nur eine kleine Bierauswahl, so sechs, sieben verschiedene Biere mit einer kleinen Flaschenbierkarte. Diese Biersommelier-Ausbildung, die war dann eigentlich wegweisend für mich, weil ich dann, als ich da 2013, weiß ich noch, im Oktober dann nach Hause gekommen bin, da habe ich zu meiner Frau gesagt: Weißt du was? Wir machen nur Bier, nur Bier, nichts anderes. Wir schenken nur Bier aus. Es gibt keinen Kaffee, es gibt keine Limo, es gibt kein Wasser, kein WLAN, kein Telefon, keine Reservierung, einfach ganz spitz dieses Thema Bier. Und da kommst du natürlich mit deinem Selbstbewusstsein, wenn du da wirklich zwei Wochen mit Gleichgesinnten unterwegs bist, die auch wirklich 24 Stunden am Tag nur Bier denken, und da habe ich mich wirklich zum ersten Mal nicht als Bier-Depp gefühlt, sage ich mal einfach so salopp. Und dann kommst du mit so einer breiten Brust nach Berlin und dann gibst du einfach nur Gas. Und daraus ist das Thema Försters Feine Biere dann entstanden. Ich habe dann natürlich Glück gehabt, dass ich auch relativ kurzfristig dann die Möglichkeit hatte, da in Steglitz ein Gewerbe anzumieten, weil ich schon vier Jahre fast gesucht hatte, von 2011 bis 2013, und 2014 haben wir ja das aufgemacht, im Juni 2014. Und dann gibt’s für dich einfach natürlich nichts Schöneres als, wenn du jeden Tag dann deinem Getränk und mit dem, was du den Leuten mitteilen möchtest, was deine Gedankengänge sind, die Geschichten, die Bilder rund um die Biere, die Brauereien, dann kommst du beruflich auch an. Um da vielleicht auch noch mal die Brücke zu schlagen zu diesem Bankenfuzzi. Also ich könnte mir heute nichts anderes mehr vorstellen, als in diesem Bereich tätig zu sein. Das ist das, was uns wirklich unglaublich viel Spaß macht. Und ich glaube, das merken die Leute auch.

Holger: Markus, jetzt müssen wir dich auch noch mal erlösen, oder? Also du hast doch auch was mitgebracht.

Markus: Ja, wobei ich noch diesen schönen Satz einfach vom Sven jetzt gerade noch so im Kopf habe. Aber gut, okay, wir müssen natürlich auch weiter vorangehen. Und ich habe tatsächlich auch ein Bier ausgesucht. Ja, ich würde jetzt auch sagen, ich habe eins ausgewählt, was jetzt nicht direkt passt, aber auch eines, wo ich mir gedacht habe, das muss ich einfach jetzt bald mal verkosten und das ist eine gute Gelegenheit mit euch und ich auch weiß, dass der Sven für solche Biere durchaus ein offenes Ohr hat. Ich mach‘s jetzt erst mal auf.

Sven Förster: Holger, wir haben heute 30 Grad hier fast in Berlin, also ist superwarm. Wie ist das bei euch von der Temperatur, also mit dem Bier? Du musst ja jetzt innerlich schon so erhitzt sein mit diesen 12 % Alkohol.

Holger: Nein, ist kein Problem, ich liege in einer kalten Badewanne, ist doch klar. Nein, nein, 30 Grad haben wir zum Glück hier nicht. Ich glaube, im Moment sind es so 24 Grad. München liegt ja auf 550 Meter Meereshöhe, also insofern ist es dafür immer ganz gut. Mir ist es jetzt schon zu warm. Ich bin ja jemand, der liebt die Kälte. Also 30 Grad wäre nicht meins, um Gottes Willen. Aber das kommt ja unaufhaltsam.

Sven Förster: Das fängt jetzt an. Ja.

Markus: Das ist ja immer die größte Herausforderung, wenn der Holger und ich im Auto unterwegs sind. Ich bin ja immer jemand, ich habe es lieber gerne möglichst warm und er hat es immer möglichst kalt.

Sven Förster: Oh, die Klimaanlage.

Markus: Das ist wirklich immer eine Herausforderung, aber wir kriegen es meistens ganz gut hin. Also insofern alles gut.

Holger: Ja, weil ich immer Rücksicht nehme auf dich. Weil ich so ein netter Kerl bin, deshalb.

Markus: Ja, ja, ja. Ich habe dann immer noch einen Schal dabei und eine Jacke und dann geht das schon. Aber gut, zurück zum Bier. Was habe ich mir ausgesucht? Es ist ein wunderschönes strahlend helles Bier, also schaut im Grunde aus wie ein gutes Pils, hat einen richtig schönen, intensiven weißen Schaum, der auch ganz, ganz lange steht. Riecht auch schön getreidig, ein bisschen kräutrig, ein bisschen grasig, ein bisschen Zitrus. Auf der Flasche steht, es ist ein Landbier, allerdings rauschfrei. Also es handelt sich um ein alkoholfreies Bier, aber eben was Besonderes, weil das von der Bio-Brauerei Pfister in Weigelshofen kommt. Da sind wir im Landkreis Forchheim oder so ziemlich an der Schnittstelle zwischen den Landkreisen Bamberg und Forchheim. Der Stefan Pfister macht eben dort schon seit vielen Jahren seine eigenen Biere, alle in Bio-Qualität, und hat vor kurzem jetzt für sich selber so eine Entalkoholisierungs-Methode entwickelt, indem er seine Biere, wenn die fertig sind, erst mal kocht und damit eben dafür sorgt, dass der Alkohol rauskommt. Kocht ist vielleicht zu viel gesagt, erhitzt er halt, bis der Siedepunkt vom Alkohol erreicht ist, und versetzt sie dann noch mal mit Kohlensäure. Und damit haben wir doch einen sehr nahen Geschmack an einem normalen Bier. Eine supererfrischende Wirkung und so, aber eben kein Alkohol. Und das ist natürlich sehr, sehr schön, macht er dort in zwei Varianten, das Weizen und das Helle. Und ich habe jetzt eben hier das Helle. Jetzt muss ich aber mal einen Schluck nehmen. Sehr, sehr gut. Also hat natürlich so die klassischen Noten von einem Hellen, dazu kommt noch ein bisschen Honig, ein bisschen süße Aromen schon auch, also obwohl es ganz normal durchgegoren ist. Aber insgesamt sehr, sehr rund und sehr stimmig und sehr harmonisch und eben nicht so würzelastig wie viele Biere, die eben mit gestoppter Gärung hergestellt worden sind. Also Pfister überhaupt immer ein guter Tipp, da mal vorbeizuschauen, hat auch eine sehr, sehr gute Küche. Auch ein reiner Familienbetrieb. Ich weiß nicht, Sven, warst du da schon mal vor Ort?

Sven Förster: Nein, vor Ort noch nicht, aber ich habe die Biere auch schon ausgeschenkt. Ich habe damals mal über den Weiß-Blau, über Boris Priebe, der hat mir da immer mal wieder ein bisschen was mitgebracht, auch vom Fass, und blitzsauber Biere eigentlich immer gehabt. Die machen das auch aus so einer Bügelflasche, ne?

Markus: Genau. Ja. Der Boris ist ja auch so ein toller Typ in Berlin, der auch das Bayerische total lebt. Sehr schön.

Sven Förster: Kenne ich nicht. Also das Alkoholfreie jetzt, aber ich bin echt offen jetzt da auch, ich bin da gerade auch echt drinnen, viele verschiedene Biere zu probieren. Und man merkt ja schon, dass die Brauereien da gerade auch einen Markt sehen und da jeder auch sein Alkoholfreies jetzt auf diesem Markt platzieren will. Und da gibt’s echt gute Geschichten.

Markus: Ich sag mal so, Deutschland war ja da sowieso immer ein sehr stiefmütterlicher Markt. Und am Anfang haben sie versucht, mehr oder weniger ein Pils alkoholfrei herzustellen, das war so das erste, was es gab. Und dann kam die große Welle des alkoholfreien Weizens. Was ja dann zusammen mit überhaupt der ganzen Weizenwelle über alle Biergärten geschwappt ist sozusagen. Und jetzt sind aber auch die Weizenzeiten so ein bisschen durch und jetzt entwickeln sich eben nach und nach alle möglichen Bierstile in einer alkoholfreien Variante. Wir hatten jetzt erst das alkoholfreie Kellerbier vom Rittmayer zum Beispiel, was ein sehr, sehr schönes Bier ist und was dieser Idee eines Kellerbiers sehr nahekommt. Jetzt haben wir hier eben die beiden, die diese kleine Brauerei selber herstellt. In Berlin zum Beispiel auch, wenn man an BRLO zum Beispiel denkt, die ihre eigenen alkoholfreien Biere machen. Ich denke, das wird mehr und mehr so, dass Brauereien das für sich als eigenes Feld und Spielfeld auch entdecken. Und natürlich toll, wenn Gastronomen wie du auch sagen, da wollen wir ran. Ich meine, wie beobachtest du das denn von deinem Publikum? War überhaupt alkoholfrei mal ein Thema oder wird es jetzt eins? Oder wie siehst du das?

Sven Förster: Man muss eigentlich das auch so sehen, dass wir ein klassisches Feierabendpublikum haben und dass die Leute da schon gerne halt auch ihr Feierabendbier trinken. Dass das Thema alkoholfrei da natürlich schon eine untergeordnete Rolle spielt und ich das echt auch selber aus meinem eigenen Interesse anschieben muss. Aber das ist natürlich auch wieder die Arbeit, die mir Spaß macht, nämlich den Leuten auch in dem Bereich zu zeigen: Pass mal auf! Du kannst auch als Start mal ein gutes Alkoholfreies jetzt mal trinken, probiere das mal. Weil, wie gesagt, das ist jetzt nicht mehr so würzelastig und es ist nicht mehr so honigsüß. Vielleicht auch durch eine Kalthopfung hast du da echt schöne Bitternoten mit dann auch drin. Und das ist eigentlich mehr so die Challenge, die Herausforderung, die ich in mir spüre, auch diese Produkte in meinem kleinen Konzept zu platzieren. Und das macht dann natürlich wieder, das ist so wie am Anfang wieder so zurück, wenn die Leute dann beim nächsten Mal kommen und sagen, ach komm, ey, gib mir jetzt doch mal ein Riegele Alkoholfrei Helles so als Start, dann befriedigt mich das einfach, weil das dann Wirkung gezeigt hat. Letzten Endes aber gibt’s unglaublich viele, und das ist halt das dann auch in unserem Kiez, wo man dann auch merkt, dass die Leute immer älter werden. Steglitz-Zehlendorf ist der älteste Bezirk vom Durchschnittsalter in Berlin mit 46,2 Jahren, dass man schon merkt, dass die Leute, je älter sie werden, nicht mehr so viel trinken, wie sie vielleicht vor ein paar Jahren mal getrunken haben, weil diverse Krankheiten dazukommen. Und dann wird auch schon mal auf ein Alkoholfreies ausgewichen. Und was nicht zu unterschätzen ist, aber das ist wirklich das junge Publikum, und die sind dann halt nicht mehr so, dass da am Abend sechs, sieben, acht Halbe getrunken werden. Und das merke ich schon, dass da ein unglaublich neugieriges, junges Publikum, gerade auch Frauen kommen, die auch Ansprüche stellen. Und dann ist es toll, wenn man auch mal nicht mit diesem „0,0“-Thema kommt oder mit irgendwie einem alkoholfreien Radler, sondern probiere doch mal hier ein Störtebeker Atlantik-Ale alkoholfrei. Besser geht alkoholfreies Bier nicht. Das ist eigentlich die Herausforderung, die Challenge, die wir oder die ich spüre tagtäglich bei meiner Arbeit. Und das macht Spaß, das muss man echt sagen. Das ist das, was unglaublich viel Spaß macht, wenn die Leute das, was du ihnen erzählst, wenn sie das dann Tage später oder beim nächsten Besuch dann auch so annehmen und selber die Freude dann auch zeigen an dem Bier. Dass wir unsere Freude an diesen Bieren dann halt auch teilen können.

Holger: Apropos Herausforderung. Wie ist es denn jetzt im Moment unter den Auflagen im Zusammenhang mit COVID-19? Also wie ist es da für dich? Wie schätzt du das ein? Wie geht’s dir gerade damit?

Sven Förster: Ich muss echt sagen, dass das natürlich ein riesiger Schlag ins Gesicht war damals am 14.3, das in so einer Nacht- und Nebelaktion da über den Gesetzgeber im Prinzip unser Ausschank zugemacht worden ist. Ich habe eigentlich eine unglaublich harte Zeit jetzt hinter mir die letzten acht Wochen. Gar nicht mal so getrieben aus Existenzängsten, sondern einfach, weil mein Tagesablauf einfach daraus besteht, dass ich um 8 Uhr wach bin und dann meine drei, vier, fünf Stunden Büro mache und dann selber im Betrieb gestanden habe wieder. Also ich bin jetzt im Prinzip, gehe auf Anfang, auf 2014 zurück. Ich habe ein Business mit drei Festangestellten und vier 450-Euro-Kräften. Und da ist es natürlich die unglaubliche Herausforderung und Challenge, den Leuten da auch wieder ihre Verlässlichkeit, ihre Gewohnheit zu bieten, dass sie sich auf uns verlassen können. Und das ist eigentlich so die Herausforderung der letzten acht Wochen gewesen. Da bin ich aber auch sehr stolz darauf, dass wir da echt früh reagiert haben. Und wir fahren jetzt im Prinzip gerade so ein Kombi-Konzept. Wer vielleicht schon mal bei uns war, der weiß, dass wir mit unserem kleinen Ausschank mit 40 Quadratmeter drinnen, 30 Quadratmeter Terrasse, so wie ich es anfangs erwähnt habe, wirklich ein Konzept auf Nähe halt haben und das ist leider Gottes, Nähe nicht das richtige Wort in diesen Zeiten. Deswegen haben wir da so ein Alternativkonzept mit im Prinzip einem kleinen Handelsgeschäft und einem Stehausschank, wo man halt den Leuten unsere Fassbiere und so eine kleine Brotzeitkarte im Stehbereich anbieten können, wo wir auch diese Abstandsregelungen einhalten können. Und dann einen kleinen Handel, wo die Leute sich ihre Lieblingsbiere, ich meine, wir haben ein Portfolio wirklich von, ich würde jetzt mal sagen, wirklich 120 verschiedenen Bieren aus ganz Deutschland, gerade Helles, Pils, Bockbier, Märzen, Export, Rauchbier, Doppelbock, Sauerbiere, Gosebiere. Es wirklich eine unglaubliche Vielfalt ist, die wir da anbieten, und dass die Leute sich dann einfach diese Biere dann mit nach Hause nehmen. Manchmal schenke ich sogar Original-Gläser dazu. Wir haben wirklich in den letzten Wochen da unser Lager aufgeräumt. Ich habe über 1000 Original-Gläser in meinem Lager stehen, also das ist auch noch, was uns da auszeichnet, dass wir die meisten Biere auch noch in Original-Gläsern ausschenken. Dass wir den Leuten einfach so dann die Freude auch am Bier zu Hause vermitteln können, und das ist so unser Kombi-Konzept. Da bin ich eigentlich sehr zuversichtlich, dass wir das so die nächsten Wochen und Monate jetzt erst mal dieses Schiff in sichere Fahrwasser bekommen und dass die Leute dann auch wieder merken, dass ein bisschen Normalität einkehrt.

Markus: Du machst ja auch Ausbildungen und bietest auch Seminare und so weiter an. Was tust du da alles so und wie ist es angelaufen, als du damit angefangen hast? Und wie willst du das jetzt in die Zukunft weitertragen?

Sven Förster: Toll, dass du das jetzt auch ansprichst, das ist auch so ein Thema, was mich 2017 dann bewegt hat, wo wir so die ersten Jahre dann dieses Ausschanks hinter uns hatten, wo ich gedacht habe: Mensch, ich brauche auch wieder eine neue Spielwiese für mich und habe dann im Prinzip die Marke BIERMEISTER gegründet, was unser Seminar-, Verkostungsprogramm ist, wo die Leute Bierfreude dann in Gruppen bei uns teilen können, wo ich verschiedene Seminarinhalte anbiete und mich die Leute dann buchen können. Das habe ich eigentlich 2017 angefangen mit der Idee, um Gastronomen zu schulen. Ich habe da aber relativ schnell gemerkt, dass das ein unglaublich schwieriges Thema ist, da ein Ohr der Menschen zu bekommen. Das war damals eine Idee einfach, das, was wir tagtäglich machen, wirklich auf Ausschankpflege achten, auf: Wie zapft man richtig Bier? Wie kann eine Bierberatung am Tisch stattfinden? Wie wird ein kleines Bierportfolio zusammengestellt? Einfach unser Know-how, unsere Expertise den Gastronomen zur Verfügung zu stellen. Und das war doch sehr, sehr schwer. Da haben wir so zwei, drei Aufträge gehabt wirklich aus meinem Netzwerk heraus, nur dass wir das Thema jetzt dann wirklich breiter bespielen, nämlich dass wir da auch die Privatleute ins Boot holen, weil diese Nachfrage ist definitiv da. Und das ist heute aktuell der BIERMEISTER. Das läuft eigentlich relativ erfolgreich. Da habe ich vier bis fünf Veranstaltungen im Jahr, die ich selber initiiere, und werde dann ansonsten von kleinen Firmen, von Vereinen, wirklich so im kleinen Netzwerk gebucht, sodass wir da dann halt uns in verschiedenen Themenbereichen bewegen und den Leuten dann was über das Thema Bier erzählen, wirklich aus den unterschiedlichsten Bereichen. Das lief eigentlich jetzt bis zum Shutdown am 14.3. echt gut. Also ich hatte da echt gute Auftragsbücher bis zum August schon und das ist jetzt, ja, jetzt schauen wir mal, wie sich das so weiterentwickelt. Weil da natürlich auch Veranstaltungen dabei waren mit 40, 50 Leuten, und das natürlich grad alles auf Eis legt. Aber da muss ich dir ja nichts erzählen drüber, Markus.

Markus: Das stimmt, das geht uns ja genauso.

Holger: BIERMEISTER ist ja ein schönes Stichwort. Das kann man ja wirklich sagen, also auf der einen Seite Sven Försters Feine Biere. Und es ist ja so, er ist ein BIERMEISTER und das kann man hören in unserem BierTalk, aber man kann es noch besser spüren, wenn man eben zu ihm hinfährt und das alles mal vor Ort erlebt. Das kann ich jedem auch nur empfehlen, das mal zu tun und dann wirklich gepflegte Gastlichkeit, aber auch gepflegte Bierkultur in Verbindung mit einer eigentlich selbstverständlichen Bierhygiene, die aber leider eben nicht überall selbstverständlich ist. Und dann kann man mal sehen, was eine wirklich gut eingestellte und gewartete und gereinigte Zapfanlage mit der Bierqualität und mit dem Geschmack macht. Probiert das mal aus! Aber seid dann euren Stammgastronomen vor Ort zuhause nicht allzu böse.

Sven Förster: Noch mal danke da auch, dass du mir da auch noch mal so ein bisschen die Blumen dann reichst. Aber das ist wirklich die Geschichte, die uns wirklich am meisten auch am Herzen liegt, dass wir eigentlich probieren, dass das Bier, so wie es in der Brauerei hergestellt wird, dass wir diesen Genuss wirklich im Glas dann auch am Tisch präsentieren können. Und leider Gottes passieren da dann doch viele, viele Fehler und manchmal ist das Bier dann doch anders, als es sich der Brauer vielleicht gewünscht hat. Und ich glaube, dafür stehen wir und da haben wir uns auch den Namen erarbeitet. Die Leute wissen das, wenn sie zu uns kommen, dass sie das bekommen von uns und da vertrauen sie uns auch.

Holger: Wer jetzt noch keine Lust bekommen hat, nach Berlin zu reisen oder direkt zur nächsten Trinkhalle zu marschieren und sich ein schönes Bierchen zu holen, der ist selbst schuld. Ich kann nur sagen, Sven, toll, dass du uns die Ehre gegeben hast und dabei warst. Und ich denke, das war mal wieder so ein richtig schöner interessanter Ausflug auch in die gastronomische Welt. Und Markus, dir hat es doch auch Spaß gemacht, oder?

Markus: Absolut, wunderbar! Ich bin sowieso gastronomisch immer gerne unterwegs und auch besonders gerne in Berlin und besonders gerne beim Sven. Und insofern wunderbar.

Sven Förster: Auch von meiner Seite aus, und da noch mal vielen lieben Dank, dass ihr uns da auch ein bisschen die Plattform gebt deutschlandweit, dass man in Försters Feine Biere einen kleinen Einblick bekommen hat. Lieben Dank für die letzte Stunde.

Markus: Ciao!

Holger: Ciao! Tschüss!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de