BierTalk 14 – Interview mit Nina Anika Klotz vom Online-Magazin Hopfenhelden aus Berlin

Nina Anika Klotz startete als tapfere Journalistin in die Welt der großen Medien. Sie schaffte es, ihre meist vorurteilsbeladenen Auftraggeber davon zu überzeugen, dass das Thema Bier durchaus spannend sein kann. 2013 gründete sie mit „Hopfenhelden“ Deutschlands erstes Craft Beer Magazin und hat mittlerweile ein kleines Team um sich geschart, mit dem sie die deutsche Craftbier-Szene unter die Lupe nimmt. Hautnah hat sie vor allem auch Aufstieg und Fall von Stone Berlin erlebt – und sowieso alle Berliner Kleinbrauer ins Herz geschlossen. Lassen Sie sich von ihrer Energie anstecken und für eine gute halbe Stunde in die deutsche Bierhauptstadt entführen…

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Holger: Herzlich willkommen und guten Abend zum BierTalk Nummer 14 mit einem ganz besonderen Gast, der Nina Anika Klotz von dem wunderbaren Bierblog „Hopfenhelden“. Und am Mikrofon ist Holger und mit dabei ist wie immer auch der …

Markus: Markus.

Holger: Hallo Nina, toll, dass du da bist. Vielleicht sagst du ein bisschen was zu dir, was du so machst, was du treibst, warum nur einen Blog mit dem Thema Bier machst und was überhaupt Hopfenhelden ist. Stell dich doch einfach mal vor.

Nina Anika Klotz: Habt ihr ja schon zur Hälfte getan. Mein Name ist Nina Anika Klotz, ich bin eigentlich Journalistin, zweiteigentlich bin ich Biersommelier und ich habe vor sechs Jahren das Online-Magazin Hopfenhelden gegründet. Die Gründungsgeschichte ist so ein bisschen eine Bierwerdungsgeschichte, wie ich sie dann auch ganz oft von anderen gehört habe. Ich habe mein Leben lang immer ganz gerne Bier getrunken. Ich komme aus Bayern, ich bin fest davon ausgegangen, auch immer gutes Bier zu trinken, ganz automatisch, und habe dann mein erstes IPA probiert und festgestellt, dass der Bierhorizont einfach sehr viel weiter ist, als ich es erwartet hätte. Ich habe dann angefangen ein bisschen zu recherchieren, damals noch für ein Wirtschaftsmagazin, und habe dann auf der ersten Braukunst Live! in München festgestellt, dass es nicht nur die Biere sind, die wahnsinnig spannend sind, sondern auch die Menschen, die diese besonderen Bieren brauen. Und dann bin ich einfach drangeblieben an dem Thema, bin dann auch losgezogen und habe den Kunden, also den Magazinen und Zeitungen, für die ich damals vor allem geschrieben habe, immer meine Biergeschichten angepriesen, und dann saßen da oft so Männer an den entscheidenden Positionen und haben mir erzählt, dass sie keine Biergeschichten brauchen, weil da gibt’s überhaupt nichts zu erzählen, das sei alles gut wie es ist und da gibt es keine Trends und nichts Neues. Und dann habe ich gedacht, ich mag jetzt diese Geschichten aber, die ich so gut finde, nicht einfach aufgeben, ich bleib da dran, ich schreibe die trotzdem auf. Und das war dann eben der Beginn von Hopfenhelden, dem Online-Magazin, in dem es eben um die Helden hinter diesen guten und besonderen Bieren vor allen Dingen geht.

Holger: Und mit dem Untertitel, wer mehr weiß, trinkt besser.

Nina Anika Klotz: Ganz genau.

Holger: Habe ich das jetzt einfach falsch gesagt? Also ich habe ja nur von einem Blog gesprochen und du bezeichnest es jetzt als Online-Biermagazin. Darf ich gar nicht Blog sagen, oder?

Nina Anika Klotz: Ich bin da nicht eitel, du darfst gerne auch Blog dazu sagen. Ich selbst empfinde es mehr als ein Magazin als einen Blog, weil es tatsächlich nicht nur meine subjektiven Bierempfindungen sind, sondern es ist ja inzwischen schon auch ein kleines Team, das daran mitwirkt und das mit mir an Hopfenhelden schreibt. Und deshalb fände ich es immer so falsch auf einen bezogen, wenn ich es als Blog bezeichne. Ich empfinde halt Blogs immer noch so, weil ich alt bin und denke, als das anfing mit den Blogs, waren das ja die Online-Tagebücher, deshalb denke ich immer, dass ein Blog von einer Person kommen müsste. Und das ist eben bei Hopfenhelden nicht der Fall, ich fasse das damit ein bisschen weiter. Aber ich bin da auch völlig uneitel und hausiere auch gerne als Bierblog.

Holger: Markus, bist du noch da?

Markus: Absolut. Ich bin fasziniert, also ich habe die Nina kennengelernt, ich glaube 2014, als ich für meinen Berliner Brauereiführer recherchiert habe, oder 2013, kann ich mich noch gut erinnern, da waren wir glaube ich im Einstein oder sowas, in irgend so einem Kaffeehaus, und haben uns da unterhalten. Und eben, ja, du warst gerade in den Anfängen und ich habe mich grad so mit Berlin intensiv beschäftigt. Das fand ich dann doch eine ganz spannende Begegnung. Und ja, finde ich auch toll, was sich da mittlerweile daraus entwickelt hat. Und ich denke auch, ich meine, es hat halt als ein Blog angefangen, was eher so eine One Man oder in dem Fall One Woman Show ist, aber mittlerweile sind es doch durchaus mehr Leute, die daran beteiligt sind, und deswegen finde ich alleine deswegen schon, dass man das jetzt durchaus auch als Magazin bezeichnen kann. Und ist es ja auch, also ich lese da selber gerne und schlage mittlerweile auch Sachen nach. Also ich finde, das ist auch sowas, dass man Qualität dann merkt, wenn man sieht, dass Leute auch wieder zurückkommen und noch mal gucken und nachlesen. Und es sind viele spannende Interviews dabei, gerade wenn ich neue Biere in Verkostungen habe, schaue ich mal, ob du vielleicht schon die Leute interviewt hast oder drüber geschrieben hast. Und das ist für mich eine der Quellen rund ums Thema Bier, zu denen ich gerne gehe.

Holger: Ja, Wahnsinn. Das ist schon fast ein Ritterschlag.

Nina Anika Klotz: Mhm (bejahend).

Holger: Aber jetzt die ultimative Frage, Markus: Wer ist Clarissa Omiecienski? Da bist du sprachlos jetzt.

Markus: Ich bin völlig sprachlos. Zumal …

Holger: Jetzt ist für mich die absolute Frage, ob die Nina die Frage beantworten kann?

Nina Anika Klotz: Das ist eine meiner engagierten Mitarbeiterinnen.

Holger: Wunderbar. Und die ist Tänzerin.

Nina Anika Klotz: Richtig.

Holger: Das wäre übrigens die ideale Partnerin für dich, Markus, weil ich habe jetzt einfach mal bei Hopfenhelden Suchbegriff „Rauchbier“ eingegeben, weil wir haben es ja jetzt mit einem Franken zu tun. Da empfiehlt doch die Clarissa Rauchbier. Ich meine, die musst du doch kennenlernen. Da muss man doch mal was machen.

Markus: Da muss die Nina mal Kontakt herstellen, dann zeige ich ihr mal die Katakomben vom Schlenkerla und dann schauen wir mal.

Holger: Das ist auch das Bier, was sie empfiehlt. Unglaublich! Ihr passt zusammen.

Markus: Wobei ich sie ein bisschen enttäuschen muss, denn Schlenkerla hat jetzt was ganz Neues rausgebracht, ganz spannend und ganz aktuell. Die brauen jetzt zwei neue Biere, ein Helles und ein Dunkles, ohne Rauch, mit 0,9 % Alkohol: das Heinzlein. Völliger Wendepunkt für die Brauerei, mal was ohne Rauch zu tun, und dann eben auch noch mit einem neuen Label. Bin ich mal ganz gespannt. Aber können wir uns natürlich auch anschauen. Wenn die Clarissa möchte, zeige ich ihr das natürlich auch gerne.

Holger: Wunderbar. Also wir können da Verbindung schaffen. So. Jetzt, Nina, hast du dir ein Rauchbier ausgesucht oder hast du dir was anderes ausgesucht?

Nina Anika Klotz: Ich habe mir was anderes ausgesucht. Ich habe mir nämlich quasi mein Bier-Erweckungsbier rausgesucht: ein Punk IPA von BrewDog.

Holger: Sehr gut. Bier-Erweckungsbier heißt, da bist du dann so richtig auf den Geschmack gekommen?

Nina Anika Klotz: Genau. Die erste Geschichte, die ich geschrieben habe, war für Capital über den Markteintritt von Braufactum. Das waren schon ziemlich augenöffnende Biere. Und dann bin ich für die Effilee, das ist so ein Hamburger Food und Feinkost Magazin, nach Schottland zu BrewDog gefahren. Und ich war da am Tag davor angereist und abends allein in Aberdeen in einer der ersten BrewDog Bars oder vielleicht sogar der ersten BrewDog Bar gesessen und habe mir so ein Punk IPA da reingezogen. Das war so gut und so fantastisch, also ab da dachte ich, da bleibe ich auf jeden Fall dabei.

Holger: Das kann ich gut verstehen. Du darfst es gerne öffnen, auch ins Glas schütten, trinken und uns berichten.

Markus: Ist mal was Neues, dass wir nicht raten, sondern nachhören sozusagen. Spannend.

Holger: Ich meine, auch wir gehen mit der Zeit, Markus. Das muss man ganz klar sagen. Ich meine, beim 14. Podcast darf man ja auch mal was anderes machen.

Markus: Auf jeden Fall.

Nina Anika Klotz: Das heißt, ihr wollt jetzt von mir hören, was ich hier gerade rieche und schmecke und ihr leider nicht?

Holger: Oder erzähl einfach mal, was dich so fasziniert am Bier, wie du willst.

Nina Anika Klotz: Ich fand halt wirklich von Anfang an immer faszinierend bei IPAs von diesem Schlag, also es trifft jetzt nicht nur auf das Punk IPA zu, es gibt auch andere so aus der Liga, das ist einfach der Geruch, der so ganz anders ist als ich es bisher von den Hellen, von denen ich dachte, ich weiß, was gutes Bier ist, kannte. Ich mag auch, wenn man es trinkt, diese Vollmundigkeit. Das ist ein sehr abgegriffenes Wort, finde ich, beschreibt aber schon ganz gut, dass man einfach was im Mund hat dabei. Das hat Körper, das ist stämmig genug, da hat man was davon, und das bleibt eben auch danach. Und das mag ich bei solchen Bieren gerne, ohne dass es einen gleich so ganz überwältigt und zu sehr in Anspruch nimmt. Also ich finde, das ist ein Bier, das kann man auch gut noch zum Essen oder zum Gespräch trinken. Wohingegen ich gerade jetzt in den letzten zwei Jahren auch oft Biere probiert habe, da geht nichts anderes dabei, auf die muss ich mich voll konzentrieren. Die sind auch toll und spannend, aber die fordern einen dann auch schon sehr.

Holger: Das ist ja der absolute Klassiker. Und Markus, ich kann mich entsinnen, also ich weiß jetzt nicht mehr, in welcher Folge, aber du hast ja von diesem Bier die alkoholfreie Variante mal ausgewählt.

Markus: Richtig. Die ich auch sehr, sehr interessant und spannendfinde. Die ist verhältnismäßig neu, es gab vorher von BrewDog das Nanny State, was ich auch gut fand als Alkoholfreies, aber das Punk IPA ist noch ein bisschen kerniger. Ist ein gutes Pendant, wobei ich das Punk IPA ja auch sehr gerne trinke. Normalerweise mindestens einmal im Jahr, wenn ich in Nürnberg auf dem Bierfest meinen Stand habe, und da habe ich ja immer 100 verschiedene Biersorten, unter anderem auch immer das Punk IPA. Und das ist so traditionell mein Anfangs- und mein Endbier. Gibt’s ja dieses Jahr nicht, also habe ich es bei mir jetzt gerade im Keller stehen und werde es sicherlich bei einem der nächsten Podcasts auch noch mal rausholen.

Holger: Ich muss auch sagen, für mich ein totaler Klassiker. Und eigentlich ist es das perfekte IPA für Neueinsteiger und Wiederholungstäter.

Markus: Was viele nicht wissen: BrewDog macht über 90 % nur dieses Bier. Also die haben ja ganz, ganz viele verschiedene Biersorten und -varianten, aber weit über 90 % ist eben nur das Punk IPA. Das ist wirklich deren absolutes Flaggschiffbier.

Holger: Topseller würde man sagen hier in Oberbayern. So, Markus, jetzt bist du dran.

Markus: Jetzt bin ich dran? Bin ich mal gespannt, jetzt dürft ihr mal wieder raten.

Holger: Das ist jetzt schwierig, das könnte sogar eine Dose gewesen sein.

Nina Anika Klotz: Das war bestimmt eine Dose.

Markus: Absolut. Eine schöne Dose, eine fruchtige Dose.

Holger: Aber du musst uns schon noch ein bisschen mehr sagen.

Markus: Wenn ich das Bier jetzt anschaue, ist es ganz trüb, hat so eine …

Nina Anika Klotz: Ein Haze Craze?

Markus: Also der erste Anfang stimmt auf jeden Fall vom Bierstil her.

Holger: Hazy New England IPA?

Markus: Genau, also ein New England IPA. Und ja, ich kann es auch sagen, weil das wäre jetzt auch …

Nina Anika Klotz: Kommen denn die Gründer aus Berlin oder die Macher aus Berlin, ohne dass es in Berlin gebraut ist?

Markus: Das waren jetzt zu viele Fragen auf einmal. Das passiert mir öfters, wenn sich Frauen mit mir unterhalten, auf die ich unterschiedliche Antworten geben würde. Aber die letzte deiner Fragen würde ich mit Ja beantworten.

Nina Anika Klotz: Ah okay.

Markus: Es kommt aus Berlin, aber die sind dort nicht beheimatet.

Nina Anika Klotz: Ist es ein Fuerst Wiacek?

Markus: Nein.

Nina Anika Klotz: Okay.

Markus: Nein, es ist wirklich gemein. Muss man auflösen. Ich habe nämlich auch ein BrewDog Bier ausgesucht. Die Schleife zu drehen, wäre jetzt glaube ich ein bisschen kompliziert. Aber wir wissen ja vorher immer nicht, was die anderen aussuchen, deswegen ist es witzig. Aber ich fand eben gerade, wenn wir uns jetzt um Berlin kümmern, auch ein bisschen drüber sprechen, ist es natürlich naheliegend sich auch über BrewDog zu unterhalten. Ich habe mir das Obstkomplott ausgesucht, was ja so Fanbase-Rezept ist, was die von BrewDog gebraut haben, und ist ein unglaublich fruchtiges, frisches Bier, im Grunde wie ein Multivitaminsaft vom Geruch her. Ganz viel Pfirsich, Mango, Maracuja, unheimlich intensiv. Und vom Geschmack her kommt erst diese Frucht, aber dann schon ordentlich die Bittere, also für ein New England IPA auch kräftig bitter. Hat 7,2 % und ja, der Name Obstkomplott sagt eigentlich fast alles. Also richtig schön fruchtig, hatte ich mir jetzt für den Abend überlegt, sowas Geschmeidiges irgendwie, nicht ganz so krass, aber trotzdem ein bisschen was Angenehmes, Fruchtiges, so ein Obstsalat zum Trinken. Ganz schön.

Holger: Was hast du jetzt gesagt? Ein Fan…, was für ein Ding?

Markus: BrewDog hat doch immer so Rezepturen, die eben mit Fans zusammen auch entwickelt werden. Da kann man sich dann wünschen, welche Rezeptur gebraut werden soll und so. Und eines war jetzt eben dieses Obstkomplott, also ist so eine von diesen relativ seltenen Badges, die ab und zu mal gebraut werden.

Holger: Okay.

Markus: Vielleicht weiß die Nina mehr dazu, weiß ich nicht?

Nina Anika Klotz: Kannte ich tatsächlich auch nicht, kann ich mir aber gut vorstellen, dass die sowas machen, ihre Fans da mit ins Boot zu holen mit eigenen Ideen. So wie sie ja ihre eigenen Rezepte auch mit denen teilen, warum nicht auch umgekehrt?

Markus: Es gibt dann so BrewDog Kneipen, wo man dann abstimmen kann, welches Bier dann eben wieder gebraut werden soll oder im größeren Maßstab. Und ja, ganz spannend. Also wie gesagt, ein feines fruchtiges Bierchen. Ich denke mal, das ist schon auch was, was du ganz konkret miterlebt hast, dieser Aufstieg und Fall rund um die ganze Stone-Geschichte. Hast du das denn emotional auch so erlebt, also viele Fans waren erst völlig aus dem Häuschen, als der Greg da aufgetaucht ist und dann hat er erst mal ein paar Paletten Bier zerstört, dann hat er den Jesus gemacht und alles war gut. Dann war die Eröffnung, dann war er plötzlich als bayerischer Brauer dagestanden und hat ein Holzfassanstich gemacht. Und dann war er auf einmal wieder weg und die große Ernüchterung kam. Hast du dieses Auf und Ab auch mitgemacht oder wie ging dir das emotional dabei?

Nina Anika Klotz: Ich habe da schon einen gewissen professionellen Abstand und ich fand das unglaublich spannend zu beobachten, was die marketingtechnisch draufhaben. Also ich fand das alles großartig. Ich fand das auch total toll, wie er sich dann im Janker ins ZEITmagazin setzt und mit Georg Schneider über Bier spricht. Allein das zu schaffen, habe ich durchaus, das kann ich auch echt so sagen, habe ich bewundert. Die Sache mit dem Stein, da muss ich auch ganz ehrlich sagen, die fand ich nie so fürchterlich krass und verletzend. Ich verstehe, dass man es so empfinden kann, also ich persönlich auch wieder eher professionell betrachtet und weniger emotional. Ich weine dann nicht dem Bier nach, dass unter dem Stein irgendwie dahinfloss. Aber man konnte es ja auch verstehen, der Wumms, der sein musste, um da eben aufzutreten. Das Einzige, was ich dann schon tatsächlich auch emotional, ja, mehr oder weniger empfunden habe oder mitgemacht habe, war dann das plötzliche Aus. Weil das hat mich tatsächlich überrascht. Also klar, wusste man, das läuft nicht alles so toll, wie es laufen sollte, und klar, musste man nur einmal irgendwie unter der Woche da raus in die Gastronomie fahren, um festzustellen, hm, da würde schon noch mehr gehen, aber dass dann doch so ganz plötzlich ein doch mehr oder weniger totales Aus anstand, hat mich auch überrascht und fand ich auch echt schade. Ich fand‘s schade um Stone, ich fand’s auch schade für Greg Koch, aber ich fand‘s vor allem halt schade auch als Signal, dass halt die Idee vom neuen Bier ganz offenbar nicht so eingeschlagen hat.

Markus: Ich war ja mit dem Holger, noch vor einem Jahr waren wir dort, als es noch Stone war. Wir hatten interessante Gespräche und es war sogar die Idee, ob man dort Kurse und sowas veranstaltet. Ich hatte so ein bisschen den Eindruck, also ich habe mich mit ein paar Leuten dann noch im Nachhinein unterhalten, dass die einfach in Amerika viel Druck bekommen haben, weil dort hatten sie ja einen Prozess unter anderem geführt, der schwierig war und auch wirtschaftliche Schwierigkeiten, dass dann wahrscheinlich irgendwann so die Bereitschaft jeden Monat Geld nach Berlin zu überweisen, ein bisschen gelitten hat. Und auf der anderen Seite BrewDog kalt händeringend nach irgendeiner Braustätte in der EU gesucht hat, um dem Brexit-Chaos zu entgehen, und die hatten Collaboration Brew. Ich kann mir gut vorstellen, dass da die Stone Jungs und die BrewDog Jungs einfach zusammengesessen sind und sich dann überlegt haben, okay, das ist ja eigentlich eine absolute Win-Win-Situation, ihr habt eure Brauerei, wir sind raus aus der Nummer und können da schön unsere Wege gehen. Also hatte ich zumindest den Eindruck. Ich glaube, also ganz so dramatisch, wie er es dann später in dem Zeitungsartikel geschildert hat, fand ich es nicht, weil ja eigentlich klar gewesen sein muss von Anfang an, dass das nicht so ist, dass da jeden Tag die Bude brummt, allein von den logistischen und entfernungstechnischen Geschichten in Berlin, ohne S-Bahn-Anschluss ist das einfach schwierig.

Nina Anika Klotz: Wenn du als Unternehmer was schaffen willst, dann musst du halt verdammt groß träumen und dich trauen, dir was vorzustellen, was noch nicht da ist. Und ich glaube schon, dass die ernsthaft da geglaubt haben, 2014, als das anfing, dass du Craft Bier oder Stone Bier in Berlin zu einer richtig, richtig fetten Sache machen kannst. Sonst würdest du es ja nicht machen mit so einem Riesenprojekt zu starten.

Markus: Ich denke halt, sie wollten damals Europa erobern und haben sich Berlin als Hauptquartier ausgesucht, haben deswegen auch die große Brauerei hingestellt und dann halt gemerkt, es funktioniert nur so bedingt. Holger, wie hast denn du das aus der Münchner Perspektive erlebt? Kamen da jemals Stone Dosen aus Berlin an in den Getränkemärkten?

Holger: Nein, in den Getränkemärkten, also zumindest in den normalen eher nicht, im Biervana natürlich schon oder so in ein paar Spezialitätenläden. Aber das ist ja Wahnsinn, wenn sich zwei Journalisten da jetzt austauschen. Ich habe schon gedacht, wir reden gar nicht mehr über Bier. Und wisst ihr, was das Allertollste ist, also wirklich das Allerallertollste? Ich habe mir ein Stone Bier ausgesucht.

Markus: Ist ja unglaublich.

Holger: Und zwar, wer weiß eigentlich hier, was ein Gargoyle ist?

Nina Anika Klotz: Ich weiß, was ein Gargoyle ist. Ein wohlwollender guter Dämon. Man darf eben nicht Dämon dazu sagen. Man muss Gargoyle sagen, weil das die Guten sind. Die sehen nur so übel aus.

Holger: Die sehen nur so übel aus und wollen den Braumeister davor bewahren, wirklich Schlechtes zu produzieren. Und dann gibt es einen Text, den muss ich einfach vorlesen, weil es kann ja sein, dass das niemand kennt oder irgendwelche Leute noch nicht kennen. Du hast hier ein aggressives Bier vor dir. Es wird dir wahrscheinlich nicht schmecken, abgesehen davon ist es ziemlich fraglich, dass du genug Geschmack oder Erfahrung besitzt, ein Bier mit dieser Qualität und Intensität richtig genießen zu können. Wir raten dir also, in gewohnten Gefilden zu bleiben, vielleicht bei einem Bier aus einem dieser Hochglanz-Werbespots, die dich davon überzeugen sollen, dass es in einer kleinen Brauerei hergestellt wurde. Oder wie wäre es mit einem dieser geschmacklosen Dünnbiere, die dir Sexappeal vorgaukeln? Möglicherweise denkst du ja auch, dass Biere aus Werbekampagnen in Millionenhöhe besser schmecken. Und das ist auch Marketing. Also ich kann dir nur recht geben, mich hat das auch nicht zu 100 % nur fasziniert, aber auch sehr fasziniert. Und ich habe mir also schon das Bier ausgesucht, wo das normalerweise draufsteht, aber in einer besonderen Ausprägung, und zwar Bourbon Barrel Aged Arrogant Bastard Ale.

Markus: Mhm (bejahend). Das klingt richtig gut.

Holger: Wer weiß, was ein Kapselheber ist? Damit öffne ich es jetzt. Habt ihr es gehört?

Markus: Das klang fast wie eine Guillotine.

Holger: Die Farbe, ich sag euch, die Farbe, die Farbe ist unglaublich. Das ist für mich so unglaublich toll gemacht in diesen Eichenfässern, wo man die Eiche hat und alles Mögliche an Komplexität bis hin zum deutlichen Waldhonig und dann der Barrel Charakter macht das Bier nicht tot, weil das Bier ja selber so arrogant ist, dass es sich nur kaputtlachen kann wahrscheinlich über diese Bourbon Holzfässer. Prost!

Markus: Prost! Das war mal eine sehr schöne Erklärung. Ich muss aber auch sagen, das ist natürlich ein tolles Marketing, was die betrieben haben. Und ich fand auch den Greg, oder finde ihn auch eine ganz interessante, spannende Persönlichkeit. Ich kann mich erinnern, 2015 war die erste Berlin Beer Week, und da hatte ich eine Veranstaltung, die ich moderiert habe, wo es so rund um das Thema Berliner Weisse ging, und er war am Tag vorher mit dem Flugzeug gelandet und kam dann trotz Jetlag zu unserer Veranstaltungen mit zwei, drei Freunden noch. Und das war eine ganz angeregte Diskussion, wo man wirklich gemerkt hat, das ist echte Neugier, also der dann auch wirklich sich mit den Weisse Brauern unterhalten hat und gefragt hat. Und da kam ein toller Austausch zustande. Ich fand das auch toll, also kann auch nichts Negatives sagen, ganz im Gegenteil. Stone an sich hat mir auch viel Spaß gemacht. Mein Lieblingsbier ist das Xocoveza, da habe ich immer noch ungefähr 30 Dosen oder sowas bei mir in der Garage.

Holger: Und 20 Kästen Schlenkerla Eiche.

Markus: Und 20 Kästen Schlenkerla Eiche. Ja. Aber Xocoveza ist ein ganz, ganz großartiges Bier. Und endlich mal eins von Stone, was nicht totgehopft ist, aus der fränkischen Perspektive. Deswegen also durchaus sehr, sehr schön. Fand ich auch damals für Berlin einen ganz großen Gewinn, muss man sagen. Hat sicherlich auch die Szene noch mal angeschoben. Und ich fand es auch schön, dass Stone ja viel Raum auch gegeben hat den anderen Brauern. Da hast du ja sicherlich auch viel erlebt, Nina? Veranstaltungen dort mit anderen Brauern, mit Festen und so weiter.

Nina Anika Klotz: Absolut. Also der war von Anfang an bemüht da die Arme offen zu haben und ich glaube, das hat auch ganz gut funktioniert, dass er sich so in die Szene eingebracht hat.

Holger: Ich habe den auch immer als total sympathisch empfunden und fand jetzt auch die Stein-Aktion nicht so aufregend. Aber das hat halt provoziert und trotzdem hat es auch so ein Big Bang ausgelöst. Das war halt so, hoppla, hier komm ich jetzt und hier bin ich auch. Und das fand ich auch passend. Ich meine, wenn man da 30 Millionen in so einen Standort reininvestiert und auch mal zeigt, was Biergastronomie überhaupt sein kann in seiner höchsten Ausprägung, das hatte man ja in Deutschland so noch nie gesehen, das war schon sehr beeindruckend. Und er hat da sicher ein Zeichen gesetzt und für mich gibt’s da auch einen Nachhall. Und die Biere sind gut, also absolut. Ich meine, klar, die Amerikaner sind Hop Heads, man könnte sagen Hopfenhelden, Nina. Und so sind die. Ich finde das ja auch toll und so zu Tode gestopft, so wie du das jetzt beschrieben hast, das kommt auch oft vor, und das kommt auch bei Stone vor, aber eben auch nicht nur. Ich finde es schon sehr spannend, was die produziert haben. Und das Xocoveza, das ist ja der Wahnsinn. Da kannst du sogar einen Eiskaffee mit machen und die Schwiegermutter merkt’s nicht mal.

Markus: Die sind ja bis nach Mittelamerika gereist, haben sich dort den Kakao ausgesucht, waren auf den Farmen, haben dann die Kakaobohnen nach Deutschland transportiert, selber geröstet, selber daraus die Schokolade hergestellt und die dann ins Bier gegeben. Da ist ein ganzer Prozess dahinter. Und das fand ich wirklich auch eine großartige Sache.

Holger: Da gibt es ja einen Film dazu übers Xocoveza, das kann man auf YouTube sehen. Und der Markus macht das so ganz gern, wenn er Schulungen gibt und auch zeigt, was Bier sein kann, dass er einfach die Leute das Bier probieren lässt und dann wird sozusagen der Film geschaut und dann probiert man nochmal das Bier. Und dann schmeckt das total anders. Also du hast dann eine vollkommen andere Einstellung dazu. Das finde ich total spannend.

Markus: Das stimmt.

Nina Anika Klotz: Kann ich mir gut vorstellen.

Markus: Apropos Film, ein guter Freund von mir, der Matt Sweetwood, hat einen Film gedreht über den Greg Koch, und zwar den Beer Jesus. Also das kann man allen nur ans Herz legen, wenn ihr die Gelegenheit habt, schaut euch das an, gibt’s soweit ich weiß bei Amazon Prime, aber sicherlich auch in anderen Quellen. Da kann man die ganze Stone Geschichte noch mal anschauen mit tollen Bildern, tollen Interviews. Das macht auf jeden Fall spaß, solltet ihr beide auch mal tun. Generell, denke ich mal, hat sich die Berliner Brauer-Szene massiv entwickelt in der Zeit, seitdem du die Hopfenhelden machst. Gibt es denn Brauereien, wo du sagst, da hast du eine besondere Beziehung dazu oder die findest du besonders spannend in Berlin oder hast du sie alle gleich lieb?

Nina Anika Klotz: Natürlich alle gleich lieb.

Markus: Ja, das sage ich auch immer.

Holger: Nein, das sagst du nicht. Nein, du bist ziemlich offen mit deiner Vorliebe für Lemke.

Markus: Und Schneeeule.

Holger: Ja, das stimmt, und Schneeeule.

Markus: Aber lieb habe ich sie trotzdem. Aber jetzt lass uns mal die Nina zu Wort kommen.

Nina Anika Klotz: Wie gesagt, ich habe die tatsächlich alle gleich lieb und ich sehe auch bei allen, was die auf ihre Weise leisten. Das sind ja wirklich ganz unterschiedliche Unternehmensgrößen und ganz unterschiedliche Ziele vielleicht auch, die die Gründer und Gründerinnen so vor Augen haben. Ich finde bewundernswert, bei allem weiterzumachen. Ich weiß halt auch, wie anstrengend das ist kleine Unternehmen zu haben und wenig manchmal bei rumkommt und so weiter. Deshalb finde ich, haben alle da wahnsinnig viel Respekt verdient dafür, für das, was sie tun. Und das gilt auch nicht nur für die Berliner Brauer, sondern das gilt eigentlich für alle kleinen und mittleren Brauerinnen und Brauer. Natürlich gibt’s welche, wie zum Beispiel den Thorsten Schoppe, das war mein erster Berliner Craft Brauer, den ich interviewt habe. Den treffe ich auch immer wieder gerne, um mit ihm zu reden, weil das auch so eine Konstante ist in der Berliner Bierwelt, aber auch so in meiner Bierkarriere. Und es ist schön zu sehen, wie sich dann auch da die Dinge weiterentwickeln, also auch bei jemandem, der jetzt nicht irgendwie vor drei Jahren bei null angefangen hat, klar, tut sich bei dem ganz viel, sondern auch bei jemandem, der eben schon seit über zehn Jahren hier im Geschäft ist, was sich da noch so verändert und tut und wie die Leute weiterkommen. Ich habe da jetzt keine, die ich besonders gerne neu interviewe und treffe, sondern ich habe die tatsächlich alle gleich lieb und ich freue mich auch immer, wenn wieder neue dazukommen, die es noch mal auf eine ganz andere Art und Weise irgendwie machen und was Neues probieren. Jetzt zum Beispiel Motel, die finde ich auch spannend, die bringen ja Kaffee und Bier zusammen, selbst in den gleichen Räumlichkeiten. Gab’s davor auch nicht. Und die haben auch so eine erfrischende Offen- und Ehrlichkeit mit dem, was sie machen. Finde ich auch total spannend und interessant und gut.

Holger: Was ist eigentlich mit Heidenpeters jetzt gerade vor dem Hintergrund der Krise? Ich meine, Markthalle Neun ist zu und für den Johannes ist das doch sehr schwierig, oder?

Nina Anika Klotz: Die Markthalle Neun war sehr lange noch auf. Ich weiß nicht, ob sie nicht sogar immer noch auf ist, weil sie als Grundversorgung gilt. Meines Wissens nach tut er es auch immer noch weiter im Marktstand jetzt, also der Ausschank ist tatsächlich zu, aber er verkauft sein Bier in einem Marktstand, sowohl in der Markthalle als auch irgendwo am Paul-Lincke-Ufer. Er hat so einen Kiez-Liter eingeführt, das ist zum (unv. #00:22:38.8#) eigentlich für die Leute aus der Gegend. Ich weiß gar nicht, ob die nachweisen müssen, dass sie wirklich aus der Gegend sind oder nicht, wo die für einen sehr fairen Preis da auch Heidenpeters, also lokales Bier einkaufen können. Der macht damit, glaube ich, beides ganz gut. Der bedient auf der einen Seite seinen Hyperlokalmarkt Kreuzberg und dann noch eben so diesen kleinen Kiez innerhalb Kreuzbergs. Und auf der anderen Seite ist er natürlich auch so in der deutschen Craft-Szene bekannt und macht gutes Bier, das über Berlin hinaus, zumindest bei den Liebhabern, gern gekauft und genossen wird. Und er schafft dann, glaube ich, beides ganz gut zu bedienen. Aber das ist auch einer, wo man halt sieht, wie schwer das ist. Wenn man was neu gründet, das dann so irgendwie richtig, richtig groß zu machen, ist halt auch richtig, richtig schwer.

Markus: Ja, den fand ich auch total spannend, als ich ihn das erste Mal kennengelernt habe. Da war er ja unter der Markthalle in der ehemaligen Schlachterei, …

Nina Anika Klotz: Ist er immer noch. Ja.

Markus: … wo er seine Brauerei, oder ist er immer noch, genau, und hatte da ja seine Handabfüllung. Da war seine Schwester damals noch dabei und hat jedes Fläschchen selber abgefüllt und unheimlich viel Liebe und Kreativität. Wir haben uns dann rausgesetzt und dann hat er gesagt, jetzt braucht er aber mal einen Kaffee. Deswegen ist er auch der einzige in meinem Berlin Brauerei-Führer als Brauer, der kein Bier, sondern einen Kaffee in der Hand hat. Ist ja auch ein toller Typ und einfach auch ein Künstler, muss man sagen. Ist auch so einer, von denen, wo man sagt, das ist mal so ein Quereinsteiger, der wirklich mit einem ganz anderen Gedanken, einer ganz anderen Haltung an das Thema Bier rangegangen ist als so der klassische Brauer, den man so hat. Hast du den Brlo zum Beispiel auch verfolgt? Finde ich auch interessant, wie die sich so entwickelt haben. Gibt es da irgendwelche Neuigkeiten, jetzt gerade wegen der Krise oder so? Weißt du was?

Nina Anika Klotz: Brlo hat natürlich jetzt mit der Schließung der Gastronomie sehr zu kämpfen, weil das bei denen ja ein sehr wesentliches Standbein ist. Also nicht nur das Brwhouse, sondern auch die Gastronomie im KDW. Die betreiben da so einen Chicken & Beer Stand. Das ist mehr als ein Stand, da sind noch ein paar Sitzplätze dabei. Und es waren auch noch mehrere Gastro-Konzepte geplant, weil die halt festgestellt haben, mit ihrer hervorragenden Lage und auch mit einem extrem außergewöhnlichen und auch ansprechenden Gastro-Angebot hatten die halt viel Erfolg. Und dann liegt das natürlich nahe, dann machen wir das doch auch in anderen Städten, dann machen wir das auch noch anderswo. Und das hat für Brlo, glaube ich, gut funktioniert, bis dann eben jetzt Corona kam.

Holger: Dabei ist für mich Bier ja systemrelevant eigentlich.

Nina Anika Klotz: Ja, Gastronomie, irgendwie ja auch, also es ist ja auch ein wesentlicher Teil. Die machen jetzt auch wie viele, dass die Essen nach Hause liefern. Was sicherlich auch total wichtig ist, um einfach in Gedanken zu bleiben der Stammgäste und bestimmt auch ein bisschen was bringt, aber was sich natürlich nie so lohnen kann wie ein volles Lokal zu haben, wo die Leute dann noch das fünfte Bier bestellen, auch wenn sie eigentlich schon müde und besoffen sind. Also man kann eigentlich nur hoffen und wünschen, dass Restart Gastro bald tatsächlich passiert. Ich glaube, dass der Ben Pommer, der Küchenchef vom Brlo, da auch das mit unterstützt. Es gibt ja so eine Petition von, ich meine, Tim Mälzer und Tim Raue und noch so ein paar, dass sich da bald was bewegt in der Gastronomie, weil das eben verheerend ist für die solange zuzuhaben. Klar.

Markus: Wobei das Problem natürlich ein bisschen sein wird, auch wenn man die wieder aufmacht, dann werden sie es mit erheblich weniger Kapazitäten tun können und sie werden alle möglichen Sicherheitseinrichtungen zusätzlich einbauen müssen, und das müsste sich ja normalerweise in den Preisen niederschlagen. Ich glaube, da haben viele Angst davor und das wird sie dann nach einem halben, dreiviertel Jahr spätestens wieder einholen. Wie geht es dir eigentlich? Du hast ja jetzt praktisch dein Business auf dem Bierthema aufgebaut. Merkst du da jetzt was in den letzten vier, acht Wochen, dass sich was verändert für dich?

Nina Anika Klotz: Ja schon. Also noch gar nicht mal so konkret, beschäftigen kann ich mich gut und wir haben jetzt auch ganz früh angefangen, so eine Art Support-Kampagne zu starten. Also wer uns anschrieb und sagte, wir machen jetzt irgendwie Heimlieferung, wir machen einen speziellen Rabatt, wir machen versandkostenfrei und so weiter, da haben wir das immer gern geshared und gepostet, um quasi so unsere Protagonisten ein bisschen zu unterstützen mit dem, was halt im Rahmen unserer Mittel liegt, nämlich mit Reichweite und mit Pablo City. Aber natürlich merke ich schon, wie auch in allen anderen journalistischen Bereichen wird man wahrscheinlich mittelfristig von der Krise sehr betroffen sein. Das erste, was gekürzt wird bei vielen Unternehmen, sind halt die Marketing- und die PR-Budgets, und das schlägt sich dann eben so nieder, dass Anzeigen nicht geschaltet werden, was dann wiederum heißt, dass Magazine nicht erscheinen können. Und das ist schon ein Problem, das ich jetzt als freie Journalistin schon zu spüren bekomme und mit Hopfenhelden sicherlich auch noch zu spüren bekommen werde. Das ist halt nicht so unmittelbar, wie wenn man eine Bar direkt schließen muss oder eine Brauereiwirtschaft oder wenn einem 80 % des Bierabsatzes von heute auf morgen wegbrechen, weil man Fassware gemacht hat. Also wir Journalisten spüren es wahrscheinlich erst so über die nächsten ein bis zwei Jahre so richtig.

Holger: Das ist jetzt ein bisschen schwierig die Kurve zu kriegen, wieder in die Positivität zurückzukehren. Was machen wir denn da? Hat einer nicht noch ein Bier auf dem Tisch irgendwie?

Nina Anika Klotz: Ja, Positivität muss ja sein. Ich meine, ohne Hoffnung geht’s ja nicht. Also ein ernstgemeintes „Wird schon“, finde ich, muss man immer, wenn man über die Krise jammert, hinten nachschieben.

Holger: Ich schenke mir noch mal was ein.

Markus: Sollen wir das jetzt raten oder erzählst du es uns?

Holger: Ich meine, ich bin ja nicht aus Franken, Markus, weißt du. Und deshalb ist so ein Bourbon Barrel Aged Arrogant Bastard in deiner 0,33 Flasche, also da beschäftige ich mich eine Zeit damit. Verstehst du? Ich habe noch was zum Nachschenken.

Markus: Das trinkst du dann morgen beim nächsten Podcast weiter sozusagen. Was ich halt wichtig finde, ist, so eine Krise hat natürlich irgendwo auch was Positives, es hat auch einen gewissen reinigenden Effekt und es wird vieles geben, was Gastronomen vielleicht an dem, was sie jetzt in dieser Zeit erfinden oder machen oder tun und mitnehmen können, um dann eben, wenn das ganze rum ist, darauf ihr weiteres Geschäft so ein bisschen zu gründe. Und werden halt, was weiß ich, zum Beispiel dieses ganze Thema Lieferungen oder Mitnehmen oder überhaupt andere Gastro-Konzepte vielleicht auch sich verstetigen und so, dass man damit halt irgendwie überleben kann. Weil ich denke, was auf jeden Fall nicht geht, ist einfach wieder zurück zum alten. Es wird vielleicht auch neue Gastro-Konzepte geben, neue Ideen. Was passiert, ist, dass die Leute mehr regional trinken, sie kochen wieder mehr selber, man schaut wirklich vielleicht ein bisschen mehr auf die Zutaten, man empfindet vielleicht Gastronomie dann auch mehr als Luxus, den man sich leisten will, kann und auch muss. Und dann ist auch die Bereitschaft vielleicht ein bisschen mehr zu bezahlen höher. Also ich glaube, da wird sich sicherlich vieles auch in gewisser Weise positiv ändern. Allerdings ist es eine Veränderung und viele Leute haben grundsätzlich Probleme mit Veränderungen und für die wird das natürlich schwierig. Aber ich denke, wenn es eine Stadt schafft, dann ist es Berlin. Also da gibt es ja schon immer Veränderungen und bisher hat es immer irgendwie dann geklappt.

Holger: Was ist denn dein ultimativer Tipp, also wenn es jetzt wieder losgeht und alle dürfen wieder, wo muss man dann hin in Berlin? Was ist dein Tipp?

Nina Anika Klotz: Also der Brlo Biergarten ist schon auf jeden Fall eine gute Adresse für einen schönen sommerlichen Nachmittag in Berlin. Super gelegen, ganz zentral, trotzdem irgendwie frei und Luft zum Atmen. Das ist auf jeden Fall eine gute Wahl.

Holger: Okay, super. Dann wünsche ich dir noch einen schönen Abend und dass es bald wieder losgeht und dass Hopfenhelden weiter so eine Erfolgsgeschichte bleibt, wie es ist.

Nina Anika Klotz: Vielen herzlichen Dank.

Holger: Und herzlichen Dank, dass du die Zeit gefunden hast, mit uns über Bier zu plaudern und den Markt. Und natürlich auch an dich, Markus, bevor ich es vergesse, vielen Dank. Schönen Abend.

Nina Anika Klotz: Vielen Dank euch.

Markus: Wunderbar, dann schönen Abend.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 13 – Interview mit Jeff Maisel von der Brauerei Maisel aus Bayreuth

Jeff Maisel gilt als ein echter Pionier der Branche. Sein Vater erfand 1955 das „Champagnerweizen“ und machte die Brauerei zu einem der Marktführer im Weißbiersegment. Jeff sorgte für die Wiederentdeckung der untergärigen Biere im Unternehmen, startete ein Bio-Bier und anschließend das äußerst erfolgreiche Craft-Bier-Label „Maisel & Friends“. Mit dem „Liebesbier“ erschuf er Deutschlands schönsten Biertempel und setzte Maßstäbe in der Verbindung verschiedenster Genussbetrieb unter einem „craftigen“ Dach. Außerdem initiierte er die „Homebrew Bayreuth“ und engagiert sich leidenschaftlich für die Hobbybrauerszene. Grund genug für Markus Raupach und Holger Hahn, einen sehr ausführlichen Biertalk mit dem „fränkischen Burschen“ – wie er sich selbst bezeichnet – zu führen…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu unserem BierTalk Nummer 13. Eine spannende Zahl und sicherlich auch ein sehr spannender Gast. Dabei wie immer ich, der Markus, und …

Holger: … der Holger …

Markus: … und unser Gast Jeff Maisel. Wenn du dich vielleicht kurz selbst vorstellst?

Jeff Maisel: Hallo zusammen. Mein Name ist Jeff Maisel. Ich darf in vierter Generation die Brauerei Gebrüder Maisel führen, bin seit 1996 jetzt schon dabei. Bier ist einfach meine Leidenschaft, insofern freue ich mich, mit euch darüber reden zu dürfen und jetzt endlich eins aufmachen zu dürfen.

Markus: Genau, du hast uns eine ganz eindrucksvolle Palette vorher schon geschickt. Und ich muss sagen, uns geht’s da genauso wie du es schon im Vorgespräch gesagt hast, also man hat schon richtig Lust. Welches sollen wir denn zuerst aufmachen?

Jeff Maisel: Das ist natürlich die spannendste Frage. Ich denke, wir müssen uns von unten auch alkoholmäßig ein bisschen nach oben arbeiten und wahrscheinlich auch vom Aroma her. Insofern berichte ich vielleicht noch mal ganz kurz, warum ich jetzt nicht gleich eine Maisel’s Weisse aufmache, weil das wäre eigentlich genau das, was ich machen müsste, sondern erstmal ein Bier von Maisel & Friends, nämlich Hoppy Hell. Weil ich glaube, dass wir da jetzt so einen richtig schönen, angenehmen Charakter von Gerstenmalz reinbekommen und danach einfach noch eine schöne Hopfennote, fruchtig, sodass wir richtig Durst bekommen, bis es dann hin zu den doch hochprozentigen hingeht.

Markus: Das klingt doch nach einem guten Plan, oder Holger?

Holger: Unbedingt.

Markus: Na, dann machen wir es mal auf.

Holger: Das liebe ich doch. Also normalerweise, Jeff, reden wir immer eine halbe Stunde quasi, also gefühlt, bis man endlich mal was trinken darf.

Jeff Maisel: Der Sound war jetzt perfekt.

Holger: Du entwickelst dich sofort schon zu meinem Lieblingsgast. Prost!

Markus: Das geht schnell.

Jeff Maisel: (unv. #00:01:43.3#). Wenn es ums Trinken geht, sind wir stark.

Markus: Ein wunderschönes Helles im Glas, toll, die Farbe gefällt mir richtig toll schön, macht richtig Lust. Prost!

Jeff Maisel: Jetzt hast mich so mit dem Prost überrascht, konnte ich gar nicht zurückprosten. Also ich habe jetzt einfach schon mal das halbe Glas geleert in der Zeit.

Markus: Na, das spricht ja nur fürs Bier, wunderbar.

Jeff Maisel: Auf euer Wohl!

Markus: Genau. Nochmal auf deins!

Jeff Maisel: Danke.

Markus: Es ist ein bisschen auch eins eurer neuesten Kinder in eurem Sortiment?

Jeff Maisel: Ja, wir sind sicherlich mit dem Bier einfach ein bisschen auf die weitere Entwicklung im Craft Beer beziehungsweise Spezialitätenmarkt eingegangen. Wir haben ja das Glück mit unserer Partnerbrauerei, mit Bayreuther Bierbrauerei, auch das Bayreuther Hell machen zu dürfen, und merken, wie gut die hellen Biere gehen. Merken auf der anderen Seite aber auch, wie schwer sich dann trotzdem der deutsche Biertrinker tut, diese sehr hopfenbetonten Biere mit viel Alkohol jetzt gleich zu konsumieren. Also war es für uns immer so der Ansatz, eine Brücke zu bauen in diese Welt. Und das war dann so der Ansatz zu sagen, Mensch, dann müssten wir es doch schaffen, mal wenig Hopfenbittere zu produzieren und trotzdem diese neuen Themen, die aus USA rüber geschwappt sind, nämlich das Hopfenstopfen zu verwenden und einfach ein ganz sauberes Helles zu machen mit einer schönen fruchtigen Hopfennote drauf. Und deswegen muss ich jetzt euch natürlich erstmal fragen, kommt das denn im Glas an, was ich euch da erzählt habe?

Markus: Holger, dein Lieblingsbierstil, oder?

Holger: Eigentlich nicht, das weißt du ja, also ich bin ein klassischer Pilstrinker. Aber jetzt bei dem Bier finde ich das eben schon so, dass es ein bisschen eine herbe Bittere hat im Abgang, ist schön trocken und dadurch, dass es so trocken ist, auch Lust auf einen zweiten Schluck. Und ich finde es schön interpretiert, also weil ich meine, auf diesen Trend Helles springt im Moment fast jeder auf und da dann auch noch mal ein bisschen was anders zu machen, das finde ich eigentlich ganz schön. Und das ist, glaube ich, hier ganz gut gelungen. Und mir gefällt auch so das Design, das Etikett finde ich sehr schön, auch oben so diese Abrundung am Bauchetikett und so, das finde ich prima. Und Hoppy Hell ist das, was einen erwartet auch, also das ist jetzt keine Lüge, die da draufsteht, sondern die Wahrheit.

Markus: Also mich begeistert besonders der Geruch, muss ich sagen, weil ich kenne das von vielen Hellen, die jetzt nicht immer den angenehmsten Geruch haben, sind manchmal sehr hefig, manchmal ein bisschen schwefelig oder so, und hier kommt auch diese fruchtige Note wunderschön rüber. Und im Trinken hat es dann trotzdem diese sehr weiche, angenehme, sage ich mal Süffigkeit, dass man einfach sagt, Mensch, das trinkt sich wunderschön, ist ein schöner Durstlöscher und ist ein ganz, ganz schöner Begleiter für einen Einstieg in so einen Abend. Gefällt mir auch sehr gut und hält, was es verspricht. Das ist sehr schön.

Jeff Maisel: Das freut mich und vielleicht die Geschichte auch dahinter noch. Was mir besonders gut gefällt, ist in unserem Team, dass da dran wirklich alles handgemacht und selbergemacht ist. Also von der Idee, von der Namensgebung über das Design von unserem Valentin Bräunlein, der Markus Briemle, der das Bier dann auf unseren Wunsch hin kreiert hat, die Hopfen zusammengestellt hat. Also da hat wirklich jeder Hand angelegt, sodass wir wirklich sagen können, das ist ein komplett Home Made Brew, wie man es so schön sagen würde. Und das schreibt man uns manchmal nicht zu, aber das ist einfach die Leidenschaft. Und wenn man es dann aufmachen kann und von vielen hört, Mensch, das schmeckt richtig lecker, natürlich der Hardcore-Trinker sagt auch, mir ist es zu langweilig, das muss man nicht verschweigen, das ist ja auch so. Aber dafür ist es eben auch nicht gemacht, sondern es ist dafür gemacht, wirklich den Durst zu löschen und trotzdem etwas überraschend zu sein.

Markus: Wenn man so ein bisschen eure Geschichte anschaut, das finde ich schon immer sehr spannend, dass ihr ja so im Nachhinein betrachtet sehr viel, sehr früh die Weichen gut gestellt habt. Also es kommt aus einer Zeit, wo man praktisch hauptsächlich die Weißbier-Ecke bedient hat, dann kam das untergärige Bier dazu, das Bio-Bier dazu, ziemlich schnell eine Craft Beer Schiene, die aber eben mit sehr viel Drinkability, dann das große Tap Haus mit der Brauerei, aber auch dann jetzt mit den Erweiterungen, mit dem Café. Ist das alles was, was dir so einfällt, wenn du abends ins Bett gehst und früh aufstehst, oder wie passiert das so, wenn du die 20 Jahre zurückschaust, wie bist du auf diese einzelnen Schritte gekommen?

Jeff Maisel: Das Spannende ist, dass glaube ich immer auch irgendwo Krisen dazugehören, was neu zu erfinden. Und so war es sicherlich ganz am Anfang, als die Brauerei gegründet wurde, es gab einfach zu viele Brauereien, die aus Bäckereien kamen, die Bäcken Bräus, und dann hat man die eigenständige Brauerei gebaut. Sein Großvater, der im Weltkrieg rechtzeitig dran gedacht hat, Fensterscheiben zu kaufen, um die Brauerei wieder zuzumachen nach den Luftangriffen, und so konnten wir schnell wieder produzieren. Und ich denke, mein Vater und mein Onkel dann, als sie gesagt haben, Mensch, wenn wir jetzt nur Exportbier brauen, da kommen wir nicht weiter, und haben damals das Champagner-Weizen gemacht. Und als mein Cousin und ich einstiegen, war eigentlich aber die Zeit dann auch schon wieder ein bisschen abgelaufen, Paulaner, Franziskaner kamen mit Macht noch in den gleichen Markt, in dem wir auch waren, wir waren da vielleicht auch ein bisschen schläfrig. Ich dafür durfte in meiner Jugend unheimlich viel anschauen. Ich habe in den USA studiert, habe da die erste Craft Beer Welle und dann den Anfang der zweiten mitgemacht und hatte damit noch viel Kontakt nach USA. Und auf der anderen Seite bin ich ein richtiger fränkischer Bursch, deswegen wahnsinnig oft beim Conny In Breitenlesau gewesen und bei anderen Brauern, und fand das immer toll, diese Handwerklichkeit, diese Ehrlichkeit. Ich glaube, daraus wirklich und das mit dem Team zusammen, dass man das immer wieder lebt, ob das dann im Sportverein ist, selber Fußball spielen, danach Bierchen trinken, hören, was die anderen Kollegen, Kumpels und so weiter so gern trinken wollen, mit der Mischung aus den Erfahrungen USA, hat dann einfach dazu geführt, dass wir sehr offen geworden sind, auch mit dem Thema, dass es nicht so gut ging Ende 1990er, Anfang 2000er Jahren hatten wir auch unsere Krise. Das hat natürlich für mich die Möglichkeit gegeben, Dinge zu ändern. Und so können wir wirklich Gott danken, dass es immer wieder so puzzlestückartig eins zu eins dazugekommen ist und wir die richtigen Schritte gemacht haben. Und jetzt ist irgendwo, gebe ich dir recht, da haben sich so die Puzzleteile zusammengefügt, und wir sind gut geleitet worden. Und einfach glaube ich auch, weil wir es wirklich alle aus Herzblut und Leidenschaft machen und 24 Stunden an Bier denken.

Markus: Ja Holger, das konnten wir erleben, als wir das Liebesbier besucht haben, oder?

Holger: Ich gebe das auch immer an als absolut positives Beispiel, was man auch gastronomisch im Thema Bier auch umsetzen kann. Eigentlich ist das Liebesbier eine Bier-Erlebniswelt, so kann man das ja beschreiben. Und da geht es eigentlich auch noch weiter, also das ist gar nicht so begrenzt nur auf das Thema Bier, sondern jetzt zum Beispiel auch mit der Kaffeerösterei kommt auch noch mal was in den Fokus, wo man einfach sagt, da gibt es noch andere Produkte, die sind sensorisch total interessant und die kann man wie ein Craft Beer auch entwickeln. Da kommt das eine zum anderen, wenn man dann auch mit den Speisen sich das anschaut, dann der Dry Aged Schrank, der dann da steht, dann sicherlich auch der Michael König, der als Biersommelier da einfach sein Unwesen treibt sozusagen. Und das ist so ein Gesamtkonzept und ich habe jetzt oft auch schon Gastronomen empfohlen, Mensch, fahrt da einfach mal hin, oder wenn ihr irgendwie auf der A9 sowieso im Stau steht, fahrt ab, ist gar nicht so weit weg von der A9 und schaut euch das an, holt euch Ideen und zelebriert Bier. Und das passiert im Liebesbier und das finde ich großartig.

Jeff Maisel: Das macht aber eben auch Spaß und wir haben da auch noch Ideen dahinter, deswegen fanden wir das Thema Kaffee auch so spannend. Und Maisel & Friends ist eben nicht nur eine Marke, sondern das ist wirklich eine Philosophie. Ich habe ja das Glück, mit dem Thomas Wenk einen Gastronom an der Seite zu haben, der einfach brillant ist, der wahnsinnig viele Ideen hat, der eigentlich Koch ist und draußen viel kennt, in der Natur viel kennt, aber auf der anderen Seite ein begnadeter Designer ist, ein Immobilienmensch ist. Ohne solche Menschen an der Seite könntest du es nicht machen. Und ich habe grad den Michael König erwähnt, wir waren gemeinsam im Baubüro gesessen, er hat die Bierkarte geschrieben, haben uns grad kennengelernt, dann hat er ein paar Zettel rübergereicht, habe ich gesagt, ja, das hört sich gut an, so machen wir es. Da hat sich was entwickelt und das wollen wir einfach weiterentwickeln. Und wir hoffen natürlich, dass wir der Bierbranche da auch einiges mitgeben können, deswegen auch immer unsere verschiedenen Tastings, die wir mit fremden Bieren machen, also mit Freunden, mit Expertise machen, oder den 126 Bieren auf der Karte. Das macht einfach Spaß und tut manchmal weh, muss man zugeben, warum trinken die nicht mein Bier? Aber am Ende hat mich dann doch immer wieder überzeugt, dass es schön ist, dass die Leute sagen, toll, dass wir bei dir so viel gute Biere verkosten dürfen, dann glaube ich schon, dass es auch unserer Marke guttut. Und insofern bin ich auch manchmal im Liebesbier und trinke einfach mal ein richtig schönes Schlenkerla Eiche. Das macht einfach Spaß, auch mal anderes zu verkosten. Und dieses Gesamtuniversum, das scheint tatsächlich so zu funktionieren, wie wir uns das auch vorgestellt haben.

Markus: Was man auch gut sieht, finde ich, im Liebesbier, hat mich sehr positiv überrascht, wenn man da so reingeht, auf jedem Tisch hat mindestens einer auch einfach nur ein schönes Helles. Also es ist nicht nur so, dass da irgendwelche Nerds sitzen, die jetzt den letzten hopfengestopften Superduper-Irgendwas suchen, sondern das sind einfach Menschen, die gerne mal ein Bier trinken und die Vielfalt einfach genießen. Und das sollten wir vielleicht auch tun, oder?

Holger: Genau. Das ist doch ein super Stichwort, das wollte ich gerade sagen.

Jeff Maisel: Ja, das Glas ist leer, die Flasche ist leer. Wenn wir so weitermachen, wir das ein anstrengender Abend.

Markus: Ja. Wenn du uns das alles schickst.

Jeff Maisel: Also jetzt als Zweites muss ich natürlich, das geht gar nicht anders, einfach mal auf eine schöne Maisel’s Weisse übergehen. Es wird wahrscheinlich immer einfach das Getränk sein, mit dem ich aufgezogen wurde, wo ich die Etikettendesigns als Kind schon am Tisch stehen hatte, und damals war es ja noch Maisel‘s Weizen. Und ich weiß noch, dass ich meinem Vater gesagt habe, das finde ich blöd mit dem Maisel’s Weisse. Er hatte aber Gott sei Dank recht gehabt. Aber es ist so schön, solche Erinnerungen wirklich zu haben und dann das Bier aufzumachen und zu sagen, ich darf einen Teil dazu beitragen, das weiter zu entwickeln. Aber ich glaube, jetzt müssen wir es wirklich mal aufmachen, oder?

Holger: Unbedingt. Das Original.

Jeff Maisel: Genau, das man dazusagen. Bernsteinfarben, eine eigens kultivierte Hefe.

Holger: Man kann ja mal anstoßen.

Jeff Maisel: Das klingt nicht so gut, wenn ich das gegen den Laptop schmeiße, aber es schaut gut aus.

Markus: Bei mir klingt‘s leider auch nicht gut, weil es schon ganz voll ist. Aber es schaut wirklich ganz, ganz schön aus. Erinnert mich übrigens, ich war mal in Berlin vor zehn, 15 Jahren und habe ein dunkles Weizen bestellt, und dann haben sie mir ein Maisel’s Weisse Original gebracht. Und dann habe ich mich kurz unterhalten, (unv. #00:11:34.4#) gesagt, na, schauen Sie doch an, das ist doch ein dunkles Weizen. Also sieht man, wie unterschiedlich auch die Wahrnehmung oft ist. Also ganz schöne Farbe, richtig schön Bernstein, ja, sehr verführerisch.

Holger: Es kann aber auch sein, Markus, also gerade in Berlin ist ja das Kristallweizen immer noch sehr populär, als das Kristallweizen spielt eigentlich fast nirgendwo mehr eine Rolle, aber im Berliner Markt ist das noch ein Thema. Und wenn dann so eine Kellnerin eigentlich ein Kristallweizen als normales Weißbier oder Weizen ansieht, dann ist das ein Dunkles. Also daher kann es auch kommen.

Jeff Maisel: Du sprichst es zu 100 % an. Wir kommen ja vom Champagner-Weizen, danach Kristallweizen, das hat uns großgemacht, das war auch in Berlin die Marke. Dann kam irgendwann mal ein sogenannter Herr Brombach, der hat sehr viel richtiggemacht und hat Hefe ins Weißbier oder hat die drin gelassen. Ich weiß noch genau, wie mein Vater dann lange überlegt hat, sollen wir das auch tun und wie soll das ausschauen? Und erst dann hat er eben gesagt, wir müssen eine eigenständige Farbe im Bier haben, und dann haben die Braumeister da kreiert, auch da kann ich mich gut erinnern. Die Diskussion ist tatsächlich oft so, dass wir als dunkles Weißbier dann gesehen werden, weil unser Kristallweizen ja ganz hell ist. Aber ich glaube, heute kann man sagen, wir haben es geschafft, wirklich eine Eigenständigkeit reinzubringen. Und ich sehe doch in den letzten Jahren den ein oder anderen, der auch auf diese rötliche Bernsteinfarbe, die wir haben, dann umgestiegen ist, weil du einfach sowas Sattes in der Farbe drin hast. Und wenn dann noch du am Berg sitzt und das Licht dagegen leuchtet, dann hast du so eine rötliche Farbe. Allerdings genauso auch, wenn du im Festzelt bist und die Troglauer Buam spielen und du hast 2.000 Gläser so in die Höhe. Also ich könnte ins Schwärmen geraten.

Holger: Zum Glück haben wir jetzt eine 0,5er Flasche, weil das macht ja wahnsinnig Durst, wenn man dir zuhört.

Jeff Maisel: Genau, dann lasst uns doch mal verkosten, nochmal zum Wohl euch!

Markus: Zum Wohl!

Holger: Wir sind sprachlos.

Markus: Ja, einfach wunderschön dieses Mundgefühl, diese Cremigkeit. Das ist wirklich ein Bier, das dich voll in Beschlag nimmt, was sich voll ausbreitet, wo dieses bananige schöne fruchtige Aroma mit einer ganz leichten Säure, die so ein bisschen dagegen spielt. Also finde ich auch sehr, sehr schön. Ist jetzt vielleicht ein bisschen die falsche Uhrzeit, wobei letzten Endes ist es nie die falsche Uhrzeit. Sehr, sehr schön, ich mag das sehr gern. Und ich habe es sehr oft auch in meinen Verkostungen, weil es für mich auch immer wichtig ist, Biere zu haben, auf die man sich irgendwie verlassen kann. Und das ist eins, wo ich immer weiß, wenn ich das dabeihabe, das ist eine Bank, das kenne ich und da kann ich mit den Leuten gut arbeiten und sehr schön herausarbeiten, wie ein Weizen einfach sein muss.

Holger: Ein treuer Freund sozusagen.

Markus: Sozusagen, ja.

Jeff Maisel: In Franken würde man sagen, das ist doch die Feierabendhalbe oder Feierabendzeitler bei uns natürlich.

Markus: Stimmt.

Jeff Maisel: Insofern passt die Zeit eigentlich perfekt. Eigentlich ist schon alles gesagt, also unser Ziel war es nicht, und ich bin ja ein alter Weihenstephaner, aber ich habe mich manchmal ein bisschen geärgert, dass da zu eindimensional gelehrt wurde, wie ein Pils, wie ein Hell, wie ein Weißbier zu schmecken hat. Und dann ist entweder mal die Nelke ganz vorne gewesen oder mal die Banane, obwohl ich am Anfang sehr skeptisch war, was das Thema Biersommelier angeht, ich gedacht habe, das ist wieder so ein Mode-Schnickschnack, muss ich heute sagen, das hat dem Biermarkt unheimlich geholfen, dass es Menschen gibt, die mehr zum Bier erzählen, mehr erklären, mehr den Geruch, den Geschmack nach vorne bringen und vor allem die Vielfalt. Denn es gibt so viele richtig gute Weißbiere und für jeden ist was dabei. Unseres ist sicherlich keins für den, ach, ich möchte einfach nur ein Bier und runterschlucken. Das ist schon was, wo mehr Volumen dahintersteckt, nicht vom Alkohol, aber vom Geschmack, aber genau das wollten wir auch mit diesem Bier. Und dann gibt es aber wieder welche, die haben wieder ein bisschen mehr Ecken, ein bisschen mehr Kanten in der Richtung, die Drinkability steht hier voll im Vordergrund und deswegen ist mein Schluckmuskel dann auch immer total auf Durchzug, wenn ich noch mal anfange.

Markus: Ich muss da sagen, mein Lieblingsweizen stammt auch aus eurem Haus, aber das gibt’s nicht mehr. Das war die Bio-Weisse, die fand ich ja unglaublich gut, aber leider ist sie nicht mehr da. Haben wir da eine Chance, dass es sowas mal wieder gibt?

Jeff Maisel: Auf jeden Fall gibt es immer Chancen, weil das Thema war unheimlich spannend, hat richtig Spaß gemacht. 2007 haben wir sozusagen die Bayreuther Bio-Weisse gegründet, ist auch gut angekommen. Eins muss man aber sagen: Wenn man heute Bio macht, muss man sich auch mit mehr Sorten dem Bio-Bier widmen und nicht nur mit einer, das hat nicht so funktioniert. Und dann war eigentlich tatsächlich das Problem der Kapazität der Möglichkeiten das zu brauen nicht gegeben, weil sich andere Sorten dann noch besser entwickelt haben. Aber du sprichst mir aus der Seele, ich muss zugeben, das ist ganz interessant zu lernen, dass dadurch, dass das Malz nicht geschwefelt wird bei Bio, also es wird nicht bearbeitet in der Richtung, kriegst du einen deutlich höheren Nelken-Geschmack raus, als du das bei den konventionellen, was ja auch ganz sauber ist und ganz fein, aber es sind schon Unterschiede da und das finde ich immer wieder spannend, dass du nur mit dem Rohstoff und der Art, wie das bearbeitet wird, ein Bier, das mit der gleichen Hefe und mit dem gleichen Wasser gebraut wird, ganz anders geschmacklich auf die Reihe bekommst.

Markus: Jetzt hast du erzählt, ihr macht eure eigene Hefe, also habt eure eigene Hefebank, Hefezucht. Hast du das eingeführt oder gab es das vorher auch schon?

Jeff Maisel: Nein, das gab‘s vorher schon. Das war wirklich mein Vater mit dem Hans Holländer, dem Braumeister damals, die haben diese Hefe, ich weiß gar nicht mehr, wo sie die herhatten, auf jeden Fall gab’s die eben nicht in der Weihenstephaner Hefebank, also das ist eine eigenständige, die haben sie sich dann großgezogen  und haben da wahnsinnig viel Forschung reingesetzt, um die in den offenen Bottichen zu transportieren, dass es auch wirklich funktioniert. Heute ist es tatsächlich so, dass wir eine eigenständige Hefe-Vermehrungsanlage gebaut haben und die immer wieder am Leben erhalten. Das ist ganz witzig, in der Corona-Zeit, wäre es so gewesen, dass die Brauerei zugemacht hätte wegen Corona, dann gab‘s schon sechs Freiwillige, die in der Brauerei geblieben wären, die 14 Tage dort geschlafen und gelebt hätten, nur um die Hefe wirklich ständig am Leben zu halten und ihr immer was Neues zum Essen, also eine neue Würze zu geben. Ich darf durchaus sagen, dass alle meine Freunde sich auch angemeldet haben, 14 Tage in der Brauerei zu bleiben.

Markus: Ich wollt grad sagen, das klingt doch nach einem Traumjob für dich, Holger, oder?

Holger: Unbedingt. Mir ist noch mal wichtig, ich habe so drüber nachgedacht so, wie bin ich eigentlich mit Maisel & Friends in Kontakt gekommen und so. Also Maisel’s Weisse, klar, Evergreen, kennt jeder. Aber dann gab‘s irgendwann mal dieses schöne Paket mit dem Indian Ale und mit dem Bararian Ale und mit dem Chocolate Bock, und dann dazu gab’s dieses Glas. Das habe ich dann irgendwann wahrgenommen, ich weiß gar nicht mehr genau, ich glaube, für 6,99 oder so. Und habe das natürlich dann mitgenommen und getrunken, und habe mir gedacht, wow, also Preisleistungsverhältnis geht nicht besser, eigentlich viel zu billig, habe ich gedacht, aber war ich sehr, sehr angetan. Das war so der erste Kontakt zu Maisel & Friends, den ich damals hatte. Da auch nochmal, herzlichen Glückwunsch dazu. Und da hast du mir viele Freuden mit Freundin bereitet.

Jeff Maisel: Das freut mich auch für dieses Preisleistungsthema, sind wir oft mal kritisiert worden. Aber jetzt zeigt es sich auch trotzdem, wir wollten damals einfach eine Brücke zu dem traditionellen Biergeschehen und dem modernen bringen, und dann kannst du einfach nicht mit 20, 30 Euro anfangen. Das ist ein Bruchteil der Weintrinker, die sowas tun, selbst in meinem Freundeskreis sind die meisten, die mal einen Wein trinken, zwischen fünf und zehn Euro, ganz wenige in Richtung 20 Euro. Und deswegen war für uns der Ansatz, das zu suchen, und deswegen, glaube ich, sind wir auch heute noch da, weil es passt, weil Preisleistung in Ordnung ist. Ich glaube, wir da müssen (unv. weiter? #00:18:42.6#) trinken, sonst werden wir diese fünf Biere nicht schaffen.

Markus: Wir können bei dir ein bisschen Zeit dranhängen, das ist schon okay. Aber wir sollten trotzdem natürlich vorankommen.

Jeff Maisel: Macht auf jeden Fall richtig Spaß. Und genau das ist ja das Thema, dann immer wieder zu lernen und den Markt anzuschauen. Und sicherlich waren damals diese Stone Jünger dann auch noch auf dem Markt und haben eher propagiert, das ist alles, Bier muss viel teurer werden und nach oben. Ich glaube, wir dürfen niemals den Kunden vergessen, und dem vor allem auch nicht was vorgaukeln, was nicht da ist. Insofern ist es logisch irgendwo, dass jetzt eine zweite Welle entsteht von Bieren, die die Leute mehr abholen, die sie nach vorne bringen. Und Markus, du kennst das aus Bamberg und der Region, wir haben natürlich das Riesenglück, mit so vielen tollen Bieren aufgewachsen zu sein. Die meisten im Norden kennen eigentlich nur Pils und Weizen oder vielleicht mein Alt und Kölsch, aber nicht diese vielen tollen unterschiedlichen Biere, die man gar nicht in eine Kategorie packen kann. Also ob das ein Hübner ist, ob das ein Breitenlesauer ist oder was auch immer, das sind alles eigene Kategorien schon fast. Und jetzt kommen wir plötzlich mit so Hardcore-Bieren an und manchmal war ich ein bisschen enttäuscht, weil sie uns genau dafür dann kritisiert haben. Aber wenn wir uns dann kennengelernt haben, also der beste Spruch von einem Bierblogger war, ihr macht es einem verdammt schwer, euch nicht zu mögen.

Markus: Das macht ihr auch jedes Jahr beim Hobbybrauer Contest und bei der Home Brew. Da finde ich, das ist auch so viel Gemeinschaftsgefühl, Zusammengehörigkeit und auch dann eben ganz viel Dankbarkeit, weil ihr denen einen Raum gebt und eine Spielwiese und was, wo sie sich ernstgenommen fühlen und Informationen bekommen. Das ist sicherlich ein großes Verdienst, was ihr euch auf die Fahnen schreiben könnt.

Jeff Maisel: Sie geben uns auch zurück, dass Bier wieder gespielt wird, dass Bier eben nicht nur, ich sitze auf der Couch und saufe was, und Bier nicht nur 9,99 Euro ist, sondern Bier ist Leidenschaft. Und wenn du diese Menschen anschaust, die Hobbybrauer, und die Frau, ah, kann ich endlich die Garage mal wieder verwenden, da steht die ganze Brauanlage von meinem Mann drin, oder eben auch Frauen, die dann anfangen, selber zu brauen, da geht einem schon das Herz auf. Also ich glaube ganz, ganz arg dran an diese Hobbybrauer-Szene für die weitere Existenz der deutschen Bierszene.

Markus: Das glaube ich auch. Was machen wir denn jetzt auf?

Jeff Maisel: Ich schwanke ein bisschen. Also wir gehen jetzt mal wirklich in die fränkische Richtung. Ich glaube, wir machen erstmal das Smoky IPA auf. Das ist zwar jetzt ein bisschen härter, ich lasse mich auch überzeugen von dem Bamberger hier. Das nächste wäre nämlich ein Bayreuther Rauchmärzen, an das wir uns mal rangetraut haben.

Markus: Ich bin da völlig flexibel, also beides gerne. Und auf das Smoky IPA freue ich mich ehrlich schon die ganze Zeit, weil ich es noch nicht probiert habe und weil mir auch Freunde schon erzählt haben, dass es ganz toll ist, und das Etikett mich auch schon richtig heiß macht. Also von mir aus können wir damit gerne anfangen, ich kann dann auch wieder den Schalter umlegen zum normalen.

Jeff Maisel: Also heiß machen ist gut, weil das Etikett ist praktisch ein Feuer, auch das ist wieder von Valentin Bräunlein entwickelt worden. Und jetzt machen wir es einfach mal auf und dann reden wir drüber. Das duftet schon von weitem. Bevor ihr was zum Bier sagt, erzähle ich vielleicht ganz schnell noch was zu der Geschichte dazu. Wir versuchen mit Limited Bieren viel zu machen, auf der einen Seite diesem Hopfenreiter, den wir jedes Jahr so als Freundschaftssud machen, und haben dann auch verschiedene Hobbybrauer-Biere jetzt schon gemacht, die wir dann jedes Jahr rausbringen beziehungsweise die der Hobbybrauer, der den Wettbewerb gewinnt, mit uns entwickeln kann. Und hier haben wir jetzt eine Idee auch vom Michael König, nämlich ein Barbecue Bier eigentlich. Das ist das erste Brewbecue, das wir in dem Fall mit Don Caruso gemacht haben, den wir schon vor einem Jahr kennengelernt haben, weil wir halt gefragt haben, Mensch, Fleisch und Grillen und Bier, das passt doch gut zusammen. Der durfte sich jetzt mal an dieses Bier dann ranmachen. Und die Idee war, durch eine leichte fränkische Rauchnote und trotzdem auch diesen Fruchtaromen des Hopfenstopfens ein Bier zu bekommen, das dem Barbecue-Geruch sehr nahekommt. Und jetzt trinken wir mal einen Schluck und dann dürft ihr berichten, wie es euch schmeckt.

Markus: Okay. Das ist wirklich ein ganz schönes Zusammenspiel irgendwie. Also du hast die Rauchnote, du hast das schon in der Nase, aber da kommt dann auch gleich so ein bisschen Ananas und so fruchtige Noten mit. Ich finde auch die Farbe wunderschön, also das ist eine der schönsten Bierfarben, die ich überhaupt jemals gesehen habe. Also so ein richtig schönes Rot-, Braun-, Gold-Schimmern, ganz faszinierend.

Jeff Maisel: (unv. #00:22:53.4#), dass wir es jetzt nicht live zeigen können.

Markus: Schade, ja. Aber gut, jeder ist gerne angehalten sich sowas zu bestellen, ihr habt ja einen Online-Shop, dann kommt das auch. Stellt euch vielleicht so einen Waldhonig vor, der aber schon ein bisschen klar ist und das Glas dann gegen die Sonne, so ungefähr, glaube ich, kommen wir von der Farbe ganz gut hin. Und so leichte Honignoten habe ich dann auch im Mund. Und hintenraus vermischt sich dann dieses Rauchige mit einer leichten Bittere mit der Hopfenbittere und ergibt dann wirklich ein ganz interessantes und für mich sogar ziemlich neues Geschmacksprofil. Ich glaube, das ist wirklich ein Bierstil, den ihr jetzt erfunden habt, oder? Also ich habe noch kein Smoky IPA getrunken, egal wo ich war auf der Welt.

Jeff Maisel: Also ich habe auch noch keins getrunken und ich glaube auch da wieder, diese fränkische Heimat, das Rauch, das (unv. #00:23:34.3#) natürlich schon Spezielles, müssen wir alle zugeben. Aber das dann mit dem IPA verbunden, wir wussten ehrlichgesagt auch nicht, auf was wir uns einlassen. Und (unv. #00:23:42.1#) auf einen alten Spruch von meinem Großvater, der gesagt hat, wenn ihr es nicht verkaufen könnt, müsst ihr es halt selber saufen. Also da drin sind wir stark, habe ich schon mal gesagt. Aber es lässt sich wirklich sehr gut verkaufen, weil genau das Thema, es ist nicht zu rauchig, es ist jetzt eben, Entschuldigung Schlenkerla, es ist kein Schlenkerla. Ich liebe Schlenkerla, deswegen darf ich das so sagen. Sondern es ist einfach wirklich eine schöne Mischung, es hat Rauchnoten, aber es ist nicht übertrieben. Es hat Bitternoten, aber es übertreibt es nicht. Und es hat Fruchtnoten, die sich mit dieser Bittere und dem Rauch ganz gut verbinden. Also ich bin tatsächlich auch ein bisschen in love.

Markus: Holger, bist du noch da?

Holger: Unbedingt, also ich höre euch zu und darf das Bier genießen. Ich habe eigentlich darüber hinaus noch so Beerennoten. Ich meine, da wäre doch so ein bisschen Himbeere und Erdbeere im Spiel?

Jeff Maisel: (unv. #00:24:25.0#) gelesen oder hast du das selber gemerkt?

Holger: Nein, nein. Nein, ich bin hier ganz konzentriert mit meinem Bier. Und dann ist das auch so ein schöner Schaum, also ich habe so einen ganz tollen feinporigen Schaum im Glas. Und die Farbe, das hast du ja schon gesagt, die ist wirklich wunderbar. Ich bin jetzt ein absoluter Rauchbier-Freund, in den Verkostungen erlebe ich halt immer wieder, dass das für die Leute eine echte Herausforderung ist, dass das auch sehr polarisiert, aber bei dem hier könnte ich mir jetzt vorstellen, das ist so spannend und auch komplex eigentlich, dass man sich da richtig mit beschäftigen kann. Und lustigerweise, wie gesagt, ich wohne mitten in Schwabing, da ist jetzt so oft mit Barbecues und so, geht hier eigentlich gar nicht, aber ich habe Lust auf Käse und dieses Bier. Also bei mir kommt so verschiedener Käse in die Gedankenwelt hinein. Da kann ich es mir auch sehr gut vorstellen.

Markus: Ich denke an einen Taleggio, ich weiß nicht, ob ihr den kennt, das ist so ein italienischer käse, ist so ein ziemlich großes Rechteck, schaut ein bisschen aus wie ein Camembert, aber so Rotschmiere noch drauf. Der könnte da sicherlich gut dazu passen.

Jeff Maisel: Aber denke auch mal an so einen Spieß mit Ananas, Paprika und Fleisch dazu, auch das passt, finde ich, wirklich richtig gut.

Markus: Was ich sehr schön finde, das ist ja bei den Tastings oft so, dass man dann halt Leute dabei hat, die vielleicht eigentlich sagen, ich mag gar kein Bier oder die mit Bitteren nichts anfangen können oder, oder, oder. Und das ist mal so ein Bier, wo man eine neue Geschmacksdimension für die Leute hat. Denn auch der Wein zum Beispiel kennt ja normalerweise das Rauchige überhaupt nicht, außer wenn er in ganz speziellen Fässern gelagert worden ist. Und so kann man doch vielen Leuten noch mal so eine ganz neue Dimension an Geschmacksaromatik zeigen. Die ist hier jetzt nicht so krass wie jetzt bei dem Bamberger Rauchbier, aber sie ist schön da und ist schön eingebunden und ist vielleicht genauso, wie wenn ich eben eine Ananas auf den Grill lege. Natürlich nimmt die ein bisschen was von dem Rauch an, behält aber ihre Süße, und es hat dann eben einen schönen Zusammengeschmack.

Jeff Maisel: Ich muss da auch noch mal ein Riesenkompliment an Michael König und an Markus Briemle geben, die das wahnsinnig gut aufnehmen. Ich bin da, gebe ich auch wirklich zu, eher im Hintergrund und Ideengeber, und dann kam eben Don Caruso dazu und hat gesagt, Mensch, das muss schon irgendwie in die Richtung. Die haben das super aufgenommen und wenn du dann das Leuchten in den Augen siehst und die sagen, ich habe da mal was für dich gezwickelt, und da durften wir noch im Liebesbier sein, durfte ich den ersten Schluck nehmen und dann habe ich gesagt, boah geil, Leute, das habt ihr wieder richtig gut gemacht. Also so schön und trotzdem auch, es hat sich wahnsinnig entwickelt. Am Anfang waren diese Beerennoten noch deutlich intensiver, jetzt ist sogar das rauchige Etwas im Vordergrund, aber gibt für mich sogar noch eine schönere Mischung. Und ich habe auch eben dieses Ananas-Thema plötzlich da. Also man merkt auch, dass diese Biere kein eindimensionales Thema sind, sondern das entwickelt sich über die Wochen und Monate immer wieder zu anderen Geschmäckern.

Markus: Ist eben ein lebendiges Getränk irgendwie. Und ich finde, es ist auch ein Zeichen dafür, wie sich gerade auch in Franken was verändert hat, weil das, was du beschrieben hast, so diese ganzen einzelnen Biersorten und Stile und wie das jeder so gelebt hat, das war früher eine relativ geschlossene Geschichte. Also ein Brauer hat halt sein Zeug gemacht und hat die anderen Brauer, wenn überhaupt, so ein bisschen misstrauisch beäugt, aber miteinander gesprochen haben die eher selten. Jetzt so in den letzten zehn, 15 Jahren, hat sich da ja doch eine große Offenheit entwickelt. Dass es überhaupt sowas gibt, wie zum Beispiel Bierland Oberfranken, dass Brauer zusammenkommen, sich austauschen, auch ihre Mitarbeiter mal austauschen und dass sie sich auch in Sachen Bierstilen öffnen, also dass eben eine eigentliche Weißbierbrauerei jetzt auf einmal ein Rauch IPA präsentiert, dass ein Schlenkerla zum Beispiel jetzt auf einmal ein helles und ein dunkles Leichtbier rausbringt oder ein Spezialbier ungespundet das in die Flasche füllt auch ohne Rauch. Also ich finde, da hat man jetzt mittlerweile ganz viele fränkische Brauer, die gelernt haben, voneinander zu lernen, miteinander zu lernen und einfach auf den Markt mehr einzugehen und ihre Kompetenz viel mehr zu zeigen. Weil bisher haben sie ihr Bier perfektioniert, aber halt nur ihres, und jetzt zeigen sie, dass sie eben andere Stile auch können, andere Ideen auch können, mit den Rohstoffen kreativer umgehen können und eigentlich sehr viel mehr draufhaben, als man eigentlich so denkt. Das finde ich richtig cool.

Jeff Maisel: Der erste Hype des Craftbiers ist natürlich jetzt irgendwo vorbei und war vielleicht auch zu extrem, aber gerade wir in Franken leben ja von der Bierkultur und wenn dann ein Johnny Hacker in Bayreuth zum Beispiel sagt, ich fange jetzt auch mal an, Monatsbiere zu machen, dann finde ich das einfach nur toll, weil das heißt, dass bei den jungen Baumeistern auch in Franken angekommen ist, dass Bier viel mehr kann. Deswegen muss man den traditionellen Trinker ja nicht verscheuchen, deswegen gibt es ja immer noch eben das klassische Bier und unsere Kernkompetenz ist und bleibt Maisel’s Weisse, da bleibe ich auch dabei, und das machen wir richtig mit Inbrunst. Und trotzdem ist es doch für jeden schön, mal an den Rändern des Ganzen zu forschen und zu schauen, was gibt es da und einfach das Leuchten in den Augen zu sehen oder vielleicht auch mal die komplette Ablehnung von einem Bier. Auch das macht total Spaß, wenn einer sagt, boah, das geht ja gar nicht. Das gehört irgendwie dazu und das haben die Sommeliers, muss ich Hut ab sagen, und das haben auch die Amerikaner durch ihr Craftbier gelehrt, dass wir wieder zurückgehen und sagen, Bier ist nicht nur das, was wir standardmäßig seit 100 Jahren brauen, sondern die neuen Möglichkeiten. Und da sind wir einfach, und das muss unser Stolz sein in Deutschland, da sind wir durch Weihenstephan, durch die Forschung, durch das Image sind wir einfach in der Verpflichtung und auch in dem Wissen, dass wir das noch ein bisschen besser können als der Rest der Welt.

Markus: Das ist ein sehr schöner Satz, gefällt mir gut.

Holger: Ich höre euch ja wirklich gerne zu, also wirklich total gerne, höre ich euch zu.

Markus: Du willst schon wieder ein Bier, ne?

Holger: Aber jetzt habt über Heimat und Tradition und so gesprochen, und das ist doch genau das Richtige jetzt zum Rauchmärzen überzugehen, weil das ist doch der Bierstil der Heimatregion Franken, oder?

Jeff Maisel: Wir sind jetzt schon sehr, sehr frech und präsentieren als Bayreuther ein Rauchmärzen noch dazu, Schlenkerla und Spezial mögen es mir verzeihen, ich bin bekennender Rauchbierfan. Ich liebe es, und da kann alles auf den Tisch kommen, ein bisschen mehr, ein bisschen weniger. Wir haben in dem Fall mal gesagt, wir wollen ein bisschen weniger. Also es soll nicht zu dominant sein, es soll auch für die Frau, die gern mal ein Bier trinkt, aber eben nicht unbedingt ein Rauchbier, sie soll auch sagen, ach doch, das schmeckt mir ganz gut. Und so haben wir das jetzt mal gestaltet, ich bin gespannt, was ihr dazu sagt.

Markus: Nachdem sich das noch ein bisschen entwickeln wird im Glas, hätte ich noch ganz kurz die Frage: War es denn für dich immer klar, dass du die Brauerei übernimmst und übernehmen willst oder hat sich das ergeben oder wie war das für dich?

Jeff Maisel: Ich wurde nie gezwungen. Es war nie ein, du musst. Aber es war so, in den Ferien war klar, eine Woche der Ferien bist du irgendwo in der Brauerei. Als Häuser abgerissen worden sind bei uns auf dem Gelände, habe ich Backsteine geklopft, ich habe Flaschen sortiert, ich habe Bier ausgefahren, ich habe Zelte aufgestellt, ich durfte im Keller noch wirklich Tanks schlupfen, wie man so schön sagt. Also ich habe alles gemacht, was da drin war, und ich gebe ganz ehrlich zu, das Schlimmste war das frühe Aufstehen. Echt! Ich glaube, ich hätte es am liebsten abgebrochen, aber am Ende hat es mir dann doch so gut gefallen. Und dann habe ich noch die Möglichkeit gehabt, eben drei Semester in den USA zu studieren, wo meine Mutter herkommt, meine Mutter ist Amerikanerin. Und das war dann der letztendliche Punkt, dass ich so dankbar war dafür, dass ich gesagt habe, so, und jetzt ziehe ich das Studium durch und ich steige da ein. Ich habe nie bis zum Ende des Studiums überhaupt eine Sekunde dran gedacht, wie geht es denn eigentlich der Brauerei, wie ist das und so weiter. Ich habe da vollstes Vertrauen gehabt, habe dann gesagt, so, jetzt bin ich fertig und hier bin ich. Und mit einem Schlag war ich plötzlich in der Brauerei. Manchmal, muss ich zugeben, bin ich ein bisschen oberflächlich in der Richtungen und naiv, und das war so ein Schlag, plötzlich war ich in der Brauerei und das hat mir so Spaß gemacht, und so Gas gegeben. Das ist für mich heute Leidenschaft, Hobby, Beruf, ich möchte nichts anderes machen.

Markus: Das ist ein gutes Stichwort für dieses Bier. Prost!

Jeff Maisel: Zum Wohl!

Holger: Das ist jetzt ganz anders, oder? Also wenn man jetzt vorher das Smoky IPA getrunken hat, dann hat man jetzt so eine richtig schöne Malzbombe eigentlich.

Jeff Maisel: Genau. Malzbonbon, ne?

Holger: Ja, der Rauchcharakter ist wirklich dezent. Also das gefällt mir gut. Ich bin ja aus dem Ruhrgebiet und mag aber auch gerne Rauchbier, das muss ich wirklich sagen. Und die harten Sachen auch, also Schlenkerla finde ich auch großartig. Weil da ist auch so ein bisschen Atmosphäre da, also wenn man da in einen Schlenkerla reingeht, das wäre ja ein Frevel, da irgendwas anderes irgendwie zu bestellen. Obwohl jetzt natürlich, klar, Henssler und so, bevor der Markus das wieder sagt. Ja, ja, ja, aber lecker, lecker Rauchbier.

Jeff Maisel: Wir müssen in der Corona-Zeit jetzt wirklich mal ganz kurz einfach auf diese schöne alte Zeit, wir kommen rein, man gibt sich einen Clap, man liegt sich kurz in den Armen, man bestellt ein Bier, da müssen wir jetzt mal kurz darauf anstoßen. Wir hoffen wirklich alle inbrünstig, dass diese Zeit möglichst schnell wiederkommt.

Markus: Oh ja.

Jeff Maisel: Zum Wohl!

Markus: Ich find’s ganz spannend, dass wir das in dieser Reihenfolge getrunken haben. Weil ich habe dieses Bier in Bayreuth schon vor Ort probiert bei der Home Brew, da hat es mir auch geschmeckt, ich hab‘s aber anders in Erinnerung, und ich glaube, das ist jetzt wirklich dieser Effekt, dass wir vorher das Smoky IPA hatten, was ja auch die Rauchnote gespielt hat, aber eben dieses krasse hopfige Aroma, das fruchtige Aroma, und wieviel stärker jetzt die Malzkomponente rüberkommt.

Holger: Ja.

Markus: Diese Süße, das ist Wahnsinn. Das kann ich jedem auch nur empfehlen, wenn ihr eins der beiden Biere bestellt im Online-Shop, dann bestellt euch auch das andere und probiert das in dieser Reihenfolge. Weil das ist wirklich spannend, weil man auch mal sieht, wie so der Einfluss ist von dem einen auf das andere und wie sich die Aromen und die Geschmäcker verändern.

Jeff Maisel: Ich kann es nur zu 100 Prozent bestätigen. Ich war ja hin und her gerissen, was mache ich zuerst? Aber das war genau die richtige Reihenfolge, um bei dem einen das Fruchtige, Rauchige zu zeigen und bei dem anderen so ein bisschen unsere Heimat zu zeigen, nämlich so ein bisschen dieses Kernigere.

Holger: Jeff, ich habe auch noch mal eine Frage. Ich bin ja oft im Sauerland, eigentlich ist es ja so, wenn jetzt eine Veltins-Gaststätte bespielt wird und da gibt es dann eben auch ein Weizen, dann ist es ja meistens von euch. Gelingt das irgendwie auch vielleicht diese Biere mit in die Gastronomie zu bringen eben über diese Verbindung mit Veltins oder ist das undenkbar?

Jeff Maisel: Also undenkbar ist nichts. Man sagt natürlich, Veltins ist eine Großbrauerei und so weiter. Ich habe die anders kennengelernt, ich habe auch andere Großbrauereien anders kennengelernt, als das oft mal gesagt wird. Die sind mit wahnsinnig viel Herzblut dahinter und man kann ihnen einen Riesenkompliment machen, wie sie es geschafft haben, in den letzten Jahren immer wieder neue Akzente zu setzen mit V+, jetzt aber auch mit Grevensteiner. Die lernen schon in dem Fall jetzt tatsächlich auch mal von uns, aber das Thema in der Kleinteiligkeit wie wir es spielen, das ist für sie noch fremd und ist auch schwierig. Auf der anderen Seite haben wir genügend Außendienstmitarbeiter, die das uns dann einfach weitergeben und sagen, hey, da ist ein Gastwirt, der hätte ganz gerne hier mal ein Limited von euch oder würde ganz gern auf Maisel & Friends gehen. Also die kriegen das schon hin, aber in der Größe funktioniert es nicht. Was ich wirklich mal loswerden möchte, ist, es wird zu oft oder es wurde von außerhalb reingebracht, dass die deutschen Großbrauer Industriebrauer sind. Da kenne ich ganz, ganz wenige, die allerallermeisten machen das wirklich mit Herzblut. Und ob das jetzt ein Veltins, Bitburger oder Krombacher ist, die stehen hinter ihrem Bier. Und ich glaube, das ist auch der Riesenunterschied, wir haben einfach wirklich gute Biere, wir haben einfach sehr, sehr viele davon. Und wir sind schon sehr, sehr weit und wir können das noch weiterentwickeln. Und insofern ist meine Erwartungshaltung eigentlich eher die, dass die deutschen Brauer mit aufwachen und dass sie mit das Thema Spezialitäten spielen, weil der Konsument ist jetzt reif dafür, der Biertrinker möchte mehr als nur Pils, als nur Weißbier. Und wer schlau ist, springt auf den Zug auf. Und da muss ich Veltins ein Kompliment machen, das machen die richtig gut.

Holger: Ja. Beim Grevensteiner haben die sicher alles richtig gemacht, von der Story, vom Bier her, vom Etikett her, also von allem eigentlich. Ich weiß gar nicht, wo die jetzt Hektoliter-mäßig liegen, aber da kann man es glaube ich auch daran sehen, dass es eine echte Erfolgsstory ist.

Markus: Wir sind jetzt bei etwas über drei Millionen Hektoliter, das ist schon echt ordentlich.

Holger: Aber insgesamt, oder?

Markus: Ja, ja, insgesamt.

Holger: Beim Grevensteiner sind sie jetzt glaube ich bei 350.000.

Markus: Was immer noch mehr ist als fast jede fränkische Brauerei. Also insofern, das ist schon krass. Und ich war auch schon vor Ort. Was mich besonders begeistert hat, waren allein die Wasserreservoirs, die die haben. Also das sind gigantische unterirdische Anlagen, wo Millionen Liter drin sind. Das kann man sich anschauen, das ist unglaublich. Da sieht man auch, was die für eine Arbeit und für eine Logistik dahinter haben. Also Jeff, du musst jetzt nicht antworten, aber ich habe so ein bisschen den Eindruck, ihr hattet relativ lang auch eine, oder ihr habt ja immer noch eine gewisse Vertriebspartnerschaft, und ich habe so den Eindruck, die haben dann eure untergärigen Biere auch mit vertrieben und das war vielleicht so ein bisschen auch so Testfall, dass sie geschaut haben, okay, welches, das Dunkle, das Export, das Kellerbier, welches geht so. Dann glaube ich, kam das Gevensteiner einfach aus dieser Erfahrung heraus auf den Markt und jetzt vielleicht auch ihr Pülleken, was sie neu machen. Ich glaube, die schauen schon ziemlich clever, was machen andere richtig und wie können sie es dann für sich auch umsetzen.

Jeff Maisel: Ich antworte gerne drauf, weil ich denke, es ist smart von jemand, wirklich den Markt zu beobachten. Und ich bin irritiert manchmal von anderen größeren Brauereien, die einfach nur einem Trend folgen und ein anderes Etikett draufmachen und dann passt das schon. Ich weiß noch, wie Veltins damals gesagt hat, hey, bring mir mal ein paar Kasten von dem komischen Bier, damals war AKTIEN Zwick’l gemeint. Und natürlich haben die sich auch angeschaut, was geht am Markt, haben dann aber auch geschaut, ob es eine authentische Geschichte für sie gibt. Und ich muss echt sagen, Hut ab vor dem, was sie dann geschafft haben als größere Brauerei. Das zeigt für mich, es geht nicht um Größe, es gibt kleine, schlechte Brauereien und es gibt große, schlechte Brauereien und es gibt ganz viele richtig gute kleine Brauereien, von denen wir uns viel abschauen können. Und dann gibt’s wiederum etliche Großbrauereien, wo ich auch sagen muss, Hut ab, die machen das mit Herzblut. Am Ende bleibt’s dabei, wenn du Menschen hast in der Firma vom Kopf bis zu den Füßen, die Spaß daran haben, die natürlich auch Bier entwickeln wollen oder Geld verdienen wollen, aber auch eben das Thema Bier, ihr Geschäftsfeld, weiterbringen wollen, dann ist das wunderbar. Und davon sind wir in Deutschland schon gesegnet, das darf man nicht vergessen, auch wenn wir kleinere Brauer sind, möchte ich da eine Lanze brechen dafür. Das machen wir in Deutschland gut und lasst uns den Markt genauso zersplittert haben wie er jetzt ist, ist für uns alle gut. Das Schlimmste wäre, wenn so eine Situation wie in den USA entsteht, wo nur noch ein Einheitsbier ist und dann auf der anderen Seite nur noch die Craftbier-Richtung ist. Wir haben wirklich so viele Biere, das sieht man im Liebesbier, die wir mit Inbrunst verkaufen können, und das ist echt toll.

Markus: Holger, dieses Erlebnis hast du ja auch gehabt, auch in den großen Brauereien, wo man einfach sieht, dass jeder mit Herz und Leib und Seele dabei ist und eben auch in der Großbrauerei jemand ein begeisterter handwerklicher Brauer sein kann.

Holger: Ich habe ja die Ehre, eben öfter in großen Brauereien zu sein und auch für die dann zu arbeiten. Alles das, was so abfällig ist, Industriebier, Fernsehbier und so, das kann ich auch überhaupt nicht bestätigen. Also das, was ich da erlebe, ist ganz viel Tradition auch, es sind oft auch Familienunternehmen, Jahrhunderte schon, und jeder ist da mit jeder Faser seines Körpers Brauerei, vom Bierfahrer bis hin zum Brauer. Und der Jeff hat es auch richtig gesagt, also die Menschen machen’s, wenn ich etwas zu sagen hätte in den großen Brauereien, würde ich das auch öfter einfach auch in den Vordergrund stellen. Also auch in der kommunikativen Ebene und in der Werbeebene würde ich einfach auch mich mehr trauen, diesen persönlichen Charakter auch zu spielen. Ich glaube, das würde den guttun aus dieser Ecke Fernsehbier, Industriebier auch rauszukommen. Und die Qualität, die da produziert wird, ist ohne Fehl und Tadel. Also auch die Anlagen, das sind alles modernste Brauanlagen, da gibt es Bierlabore im Hintergrund, die sind so riesig, also da gibt es manche Brauereien, die haben nicht so viele Mitarbeiter wie da im Bierlabor da ist. Und da spielt sich die Braukompetenz ab und da wird auch Qualität sichergestellt. All das wird eigentlich nicht gewusst in der breiten Biertrinkerbevölkerung. Und das würde ich eigentlich alles mehr irgendwie kommunizieren. Ich weiß auch nicht genau, wie man das macht, aber mir ist das oft zu platt, dass man da sehr, sehr einfach Werbung macht und viel zu wenig Marke transportiert.

Jeff Maisel: Das wollen wir jetzt auch ganz leise sagen, weil ich kann dem allem zustimmen. Aber wir sind schon ganz froh, dass sie das noch nicht so richtig entdeckt haben.

Markus: Und wir haben eine ganz große Flasche vor uns.

Jeff Maisel: Oh ja.

Markus: Und die müssen wir eigentlich noch angreifen, sonst, ja, das wäre schade. Also die würde ich gerne noch (unv. #00:40:48.7#)

Jeff Maisel: Machen wir jetzt auf jeden Fall. Jetzt machen wir mal (unv. #00:40:50.3#)

Markus: So ein Rauchbier geht ja schnell.

Jeff Maisel: Also mein Glas ist leer.

Markus: Meins auch.

Jeff Maisel: Jetzt wird es richtig spannend, weil das auch wieder so ein Herzblutthema ist. Wir haben, als wir das Liebesbier eröffnet haben, gleich auch mehr Holzfasslagerung eingebaut. Wir haben das in den USA gesehen und da fand ich es wieder toll, wie das Leben spielt, in Weihenstephan wurde mir gesagt, Bier und Holz, das geht gar nicht. Und dann kostet man Sachen und sagt sich, boah, das geht ohne Ende. Und haben das eingebaut, allein schon, weil es optisch attraktiv ist, aber weil wir einfach auch daran geglaubt haben zu sagen, wir werden zum gegebenen Zeitpunkt dort was entwickeln. Und jetzt haben wir ein Bier da, das ist ein Bourbon Bock, ganz einfach. Wir haben schon ganz andere Freaky Biere gemacht, aber das ist ein Bier, wo ich tatsächlich sagen kann, da kann ich mich gerade im Winterhalbjahr wirklich reinlegen und es ist tatsächlich auch über sechs Monate in Eichenholz Fässern gereift. So, trinken wir es jetzt glaube ich auch mal.

Markus: Oh ja. Holger, kommst du mit so einer großen Flasche überhaupt klar?

Holger: Auf jeden Fall, Markus. Ich komme damit klar. Und ich habe es auch schon vorher rausgestellt, damit es nicht zu kalt ist. Die Hörer, die uns jetzt zuhören und natürlich Lust haben, all diese Biere auch zu bestellen, denen muss man auch noch mal zurufen, also das ist jetzt ein Bier, wo man jetzt nicht unbedingt das kühlschrankkalt trinken sollte. Also da muss man schon ein bisschen eine höhere Trinktemperatur haben, um wirklich wahrnehmen zu können, was da alles drinsteckt.

Markus: Genau. Wir müssen vielleicht noch sagen, wie es heißt. Es ist der Bourbon Bock Barrel Aged 2019 mit 7,7 %.

Jeff Maisel: Wir sind jetzt grad dabei, den neuen Jahrgang abzufüllen. Ich stimme dem zu, aber auch vielleicht sage ich nein, lieber doch kalt. Kommt immer darauf an, wie viel Zeit man hat. Wenn man die Zeit hat, dann ist es toll, dass Bier kalt erst mal zu probieren und dann zu sehen wie beim Rotwein, wie es sich entwickelt, wenn ein bisschen Wärme dazukommt. Die Idee ist eigentlich da jetzt entstanden zu sagen, lass uns mal versuchen, ein Bier wirklich zu kreieren, das wieder eine Stufe über dem ist, was wir damals mit Jeff’s Bavarian Ale, Stefans Indian Ale und Mikes Chocolate Bock entwickeln wollten und das trotzdem auch wieder in einem bezahlbaren Rahmen. Und jetzt schauen wir mal, was es kann, oder?

Markus: Mhm (bejahend). Ich hänge ja ehrlichgesagt am Geruch schon. Also ich habe noch gar nicht getrunken.

Holger: Hast du das gehört, wie ich jetzt …

Jeff Maisel: Ja, ich habe es gehört.

Markus: Und ich fand, also allein, wo du vorhin schon Rotwein gesagt hast, ich finde das auch ganz spannend, weil eigentlich, wenn ich mir jetzt so einen richtig dunklen schönen spanischen Rioja vorstelle und da reinrieche, bin ich ziemlich nahe an dem, was ich jetzt hier in der Nase habe. Und dazu dann noch diese Whiskeyaromen, die Vanille, das ist wirklich ganz schön.

Holger: Richtig Marzipan.

Jeff Maisel: Ja, also du hast Marzipan, diese Vanillenoten sind drin. Wir verwenden natürlich auch vorbelegtes Eichenholz, mit Bourbon vorbelegtes Eichenholz, aber eben auch komplett unbehandelt, also nur getoastetes. Und die Mischung macht es dann auch aus. Basis ist da ein typischer Bayreuther Bock, den wir auch in der Bayreuther Bierbrauerei nur einmal im Jahr machen zur Winterzeit, typische Bockbierzeit, nutzen aber diese Basis, weil es hat genügend Alkohol, es hat genügend Restsüße und es hat nicht zu viel Bittere. Denn Holzfassbier verträgt nicht ganz so viel Bittere, die kommt dann oftmals sehr stechend raus. Aber genau in dem Fall, dass die Süße da ist, die Bittere reduziert ist und der Alkohol ausreichend ist, nimmst du am meisten von diesem Holzgeschmack auf. Und deswegen ist tatsächlich der Bourbon Bock die einfachste, aber auch die geschmacklichste Variante, die wir bis jetzt verkostet haben.

Markus: Ich finde das Spiel auch sehr schön. Am Anfang, gleich am Anfang vom Trinken merkt man so eine leichte Säuere. Das ist dann auch schon was, was einen fast wirklich an einen Wein erinnert, was so eine Kirschnote irgendwie mit sich bringt. Dann geht’s über in dieses Malzige, Marzipanige, wenn man von der Kirsche, da wird die Kirsche erst rot und dann ist sie schwarz und dann kommen so diese Vanilletöne, Karamell und hinten raus dann der Whisky. Also wirklich sehr, sehr schön, sehr weich, sehr rund, tolles Bier. Der Bayreuther Bock, den fand ich schon immer gut. Ich habe noch Kästen im Keller, glaube ich, von 2010 und 2011.

Jeff Maisel: Oh.

Markus: Ist auch ein tolles Bier, was sich wirklich eignet gelagert zu werden. Und da sieht man auch, welches Potential da drinsteckt, wenn man das in so ein Holzfass gibt.

Jeff Maisel: Wir haben leider keine (unv. #00:44:57.3# Roben?) mehr, weil wir keinen Lagerraum hatten, aber ich dürste danach, mal eines aus diesen Jahrgängen zu probieren.

Markus: Dann bringe ich nächstes Mal eins mit, wenn ich wieder nach Bayreuth fahren darf.

Jeff Maisel: Freut mich, freut mich.

Holger: So wie ich vorhin bei einem Smoky IPA zum Thema Käse kam, muss man hier ganz zwangsläufig auch über Schokolade sprechen, oder?

Jeff Maisel: Ja, ganz klar. Ja.

Holger: Das ist ja so. Das ist doch ein Finale, oder? Das ist doch ein super Finale für so einen BierTalk. Und wer jetzt nicht wirklich Lust hat, das selber zu erleben und diese Biere in der Reihenfolge, wie wir sie jetzt hatten, auch zu verkosten, also der ist ja selber dran schuld. Also das kann man nicht anders sagen.

Jeff Maisel: Mir hat das unheimlich Spaß gemacht, das jetzt zu verkosten. Ich habe mich auch gefragt, und hoffentlich kann ich da genug erzählen, aber ich glaube, wir könnten noch Stunden erzählen.

Holger: Unbedingt.

Jeff Maisel: Das macht einfach Spaß zu sehen, was Bier alles kann und das schönste Kompliment war mal, wir haben einen Sommelier-Weltmeister beim Wein gefragt, mal die Maisel & Friends Biere zu verkosten und der hat vorher das noch nicht gemacht und hat danach gesagt, boah, er hätte nie gedacht, dass Bier so komplex ist. Es ist unmöglich so viel Biere zu verkosten, wie man Wein verkosten kann.

Holger: Ich muss dir sagen, hier in der Stadt, also in München, gibt es einige hauptberufliche Sommeliers. Und die kommen dann von Dallmayr, Feinkost Käfer, von (unv. #00:46:16.6# Werneck’s?) Weinbar oder Geisel’s Vinothek, Tantris und was es alles gibt. Ich habe dann die Ehre, ab und zu mal dabei zu sein. Da bin ich immer der einzige Biersommelier, der dabei sein darf. Ich sage dann immer, das Beste an jeder Weinverkostung ist das Bier danach, das wisst ihr ja. Dann darf ich da immer was mitbringen. Und dann bringe ich auch immer was mit und stelle das vor und die können das so unglaublich toll wertschätzen. Gerade die Komplexität, die begeistert die total. Wenn man jetzt zum Beispiel auch mit belgischen Sauerbieren dann um die Ecke kommt oder so, das ist Wahnsinn. Und dann, wenn dann der Abend vorbei ist und wir dann aufbrechen nach Hause, dann kommt immer, irgendwer kommt dann zu mir, sagt, ey Holger, bringst schon was vorbei, oder? Also unter der Theke, unter der Theke, da ist das genau das Richtige. Das finde ich, spricht total für Bier, und das muss man transportieren. Da glaube ich in der Tat, dass die Biersommeliers viel dazu beigetragen haben, dass diese Themen jetzt auch so breit gespielt werden.

Jeff Maisel: Es ist ein weiter Weg, den wir gehen müssen, und vielleicht haben wir einfach zwei, drei Jahrzehnte übersprungen, indem wir so richtig den amerikanischen Weg machen wollten. Ich habe es damals schon gesagt, wir müssen unseren Weg gehen, wir müssen den deutschen, den bayerischen, den fränkischen Bierkonsumenten mitnehmen. Und wenn wir das schaffen, dann hat Bier so viel Möglichkeiten, auf einem ganz anderen Niveau gespielt zu werden, als nur zu saufen. Es geht um wirkliche Wertschätzung, um das, was wir hier jetzt gemacht haben, und dann auch zu sehen, wir haben jetzt fünf Biere verkostet und da war keins nur annähernd so wie das andere. Ich glaube, es fällt wahrscheinlich jedem jetzt schwer zu sagen, was war das beste? Man kann nur sagen, welches hat mir am besten geschmeckt.

Markus: Ich noch eine Geschichte auch zum Thema Weinsommeliers erzählen. Wir haben jedes Jahr einmal eine Schulung für ein Institut, die haben hauptberufliche Sommeliers in Essen angestellt, die eigentlich normalerweise nur Wein verkosten und machen seit vier, fünf Jahren jetzt auch Bier. Und haben mich dann eben gefragt, ob ich sie schulen würde, damit sie mit dem Bier auch was anfangen können. Da ist es auch so, ich habe mit denen die englische Bierwelt gemacht, die belgische Bierwelt, die deutsche Bierwelt, und wirklich alles rauf und runter, kreuz und quer. Die können das alles viel besser beschreiben als wir, haben einen viel größeren Wortkasten, wie sie jetzt ein Aroma beschreiben, die fruchtigen Aromen und so weiter, aber das Ergebnis ist immer, wir können zehn Rieslings oder zehn Chardonnays und so, aber bei euch ist jedes Bier anders und jedes Bier hat eine eigene Geschichte, hat eine eigene Aromatik und ein eigenes Standing, und das begeistert die Leute unheimlich. Ich glaube, damit können wir auch wirklich mit Stolz zurückgehen in unsere Bierwelt und sagen, okay, wir haben da echt was anzubieten, was den Leuten viel Spaß macht, was bodenständiger ist und womit wir wirklich eine große Palette haben, wo wir jeden irgendwie abholen können.

Holger: Der Schlüssel ist eigentlich die Gastronomie. Wenn wir es da schaffen würden, dass eben die Servicekräfte da wirklich loslegen können, das wäre prima. Da ist dann Liebesbier auch wieder so ein gutes Beispiel. In so einer normalen Gastronomie ist das eben ein großes Problem. Es fehlt ja nicht an Ausbildungskonzepten oder an Schulungen, sondern auch schon alleine die hohe Fluktuation, die man in der Gastronomie hat, ist da eben nicht förderlich dafür wirklich da diesbezüglich Qualität reinzubringen. Aber ich kämpfe dafür, also für mich ist das ein ganz, ganz wichtiges Thema, die Gastronomie da mitzunehmen, zu begleiten und auch zu fördern, eben dieses Thema dem Gast zu vermitteln, zu transportieren. Da spielt natürlich Leidenschaft auch eine große Rolle.

Jeff Maisel: Da auch die Bitte noch mal an euch an die Sommeliers wirklich darauf einzuwirken, es ist nicht so kompliziert, man muss nicht unbedingt zwei Sommeliers beschäftigen, um Bier zu verkaufen. Es würde schon ausreichen, wenn man eine wirklich ausgefeilte Bierkarte hat. Ob das jetzt dann fünf oder zehn Biere sind und die ein bisschen beschrieben sind, das kriegt jede Aushilfe auch auf die Reihe. Die Erfahrung haben wir gemacht, jeder weiß ganz schnell, was eigentlich am besten ankommt. Und so war jetzt am Schluss bei uns, bevor jetzt Liebesbier zumachte, die klare Aussage, wenn einer kommt und sagt, ich möchte eigentlich normal Bier trinken aber ein bisschen mehr, dann haben die sofort gewusst, ich empfehle dem jetzt mal ein Hoppy Hell. Oder wenn eine Frau kommt, die sagt, ich trinke normalerweise kein Bier, dann hatten wir halt ein Fruchtbier aus Belgien empfohlen. Das haben die ganz, ganz schnell raus. Es geht durchaus, eine schöne Bierkarte zu machen und damit kommen mehr Leute ins Lokal. Und natürlich, Gastronomie, da wird Marke gemacht, die müssen wir irgendwie aktivieren. Es ist nicht so kompliziert wie es so oft mal gemacht wird.

Markus: Warum wollen wir das nicht machen, wenn alles wieder möglich ist und so weiter, dann treffen wir uns einfach mal im Liebesbier, machen Teil 2 sozusagen, einen Live Podcast und gucken mal, wie es sich dann vor Ort so anfühlt, was ihr dann wieder für neue Biere habt und was den Leuten so schmeckt?

Jeff Maisel: Würden wir sehr, sehr gerne machen, das hat mir unheimlich Spaß gemacht. War ein bisschen aufgeregt, muss ich zugeben, weil ich das auch noch nicht gemacht habe, aber wir sehen ja wie schnell die Zeit vergeht, Wahnsinn.

Markus: Dann vielen, vielen, vielen, vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast und wir freuen uns auf ein baldiges nächstes Mal, drücken natürlich die Daumen für die Brauerei, fürs Liebesbier, dass alles gut vorangeht, und auch diese Krise wie alle anderen mit Erfolg und Bravour meistern könnt.

Holger: Mir ist halt einfach jetzt noch mal wichtig, für alle, die uns zugehört haben, glaube ich, ist es jetzt einfach noch mal wichtig aufzuzählen. Wir haben erst das Hoppy Hell gehabt und dann ganz klassisch Maisel’s Weisse, das Original. Dann sind wir rübergegangen in die Barbecue Welt zum Smoky IPA, haben dann die Malzbombe Rauchmärzen, Bayreuther Rauchmärzen, genießen dürfen. Und als das absolute Finale, das perfekte Digestif sozusagen war dann Maisel & Friends Bourbon Bock, Barrel Aged 2019 dabei. Ich glaube, wir müssen es noch mal klarmachen, dass alle dann quasi auf der Bestellliste das auch richtig machen. Okay?

Markus: Und wir kriegen keinen Cent von Maisel, das sei mal ganz deutlich gesagt. Wenn wir solche Empfehlungen aussprechen, dann wirklich aus absolut freiem Willen und sehr gerne. So, jetzt aber tschüss und bis zum nächsten Podcast.

Jeff Maisel: Servus!

Holger: Tschüss!

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BierTalk 12 – Interview mit Matthias Thieme vom Biervana aus München

Der Ausstieg aus der Software-Branche fiel Matthias Thieme nicht schwer, schließlich hatte er seine Liebe zum außergewöhnlichen Gerstensaft entdeckt. Also kehrte er Bill Gates den Rücken und öffnete den Bierladen seiner Träume einfach selbst, das Biervana im Münchner Stadtteil Schwabing. Dort bietet er mit seiner Mannschaft aus Studierenden des Brauwesens über 600 verschiedene Biere aus aller Herren Länder an. Nicht selten begibt er sich selbst auf bierige Exkursion, um sich und seinen Kunden die neuesten Bierspezialitäten oder ganz seltene Schlucke zu sichern, die einfach nur persönlich zu ergattern sind. Anders gesagt: Hier sind Sie immer richtig, wenn es um die richtige Bierauswahl für den kommenden Abend geht…

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Holger: Herzlich willkommen zu unserem 12. BierTalk. Diesmal sind wir bei mir zu Hause quasi. Alle haben schon mal vom Biervana gehört, dem ultimativen Bierfachgeschäft Münchens und seinem Besitzer und Gründer Matthias Thieme. Und den begrüße ich recht herzlich.

Matthias Thieme: Moin!

Holger: Hallo, guten Morgen, Matthias! Und neben mir ist natürlich, also das heißt nicht wirklich neben mir, aber ihr wisst ja schon, ist natürlich auch wieder dabei …

Markus: Der Markus aus Bamberg.

Holger: Sehr gut. Also kann man sagen, wir haben eine bayerische Sitzung, obwohl ein Eingeborener und zwei Exilanten, oder wie sagt man?

Matthias Thieme: Zugereister.

Holger: Menschen, die im Exil sind, ich weiß nicht, Zugereiste, genau.

Markus: Du warst Preußenschwengel.

Holger: Matthias, also nur für die, die dich nicht intensiv kennen und schon erlebt haben, vielleicht magst du was zu dir sagen. Stell dich doch mal kurz vor.

Matthias Thieme: Ja, sehr gerne. Matthias Thieme, gebürtig aus Niedersachsen, aus Südniedersachsen, also der Gegend von Gose und Bockbier quasi, in dem Bierbereich geboren, aber eigentlich in meiner Jugend außer Konsum mit Bier gar nicht so intensiv was am Hut gehabt. Ich war über 20 Jahre in der IT-Industrie, für ein großes amerikanisches Softwareunternehmen tätig, war in der Zeit dann auch des Öfteren in Seattle und Umgebung unterwegs und habe dort schon sehr früh von dieser Craft-Beer-Bewegung was mitbekommen. Irgendwann war die IT-Zeit dann mal vorbei, vor sechs, sieben Jahren, da war meine Bierliebe und die Liebe zum Craft Beer sehr frisch entfacht. Und dann gab‘s in München, aus meiner ganz subjektiven Sicht, kein so tolles Bierangebot in den Läden, in den Shops, auch wenn es da schon die ein oder andere Pflanze gab. Und dann habe ich überlegt, ich mache in München den Bierladen auf, bei dem ich selber gerne einkaufen würde.

Markus: Das klingt doch schon mal wunderbar. Ich war auch schon in diesem wunderbaren Bierladen und habe auch schon ziemlich viele Euros dagelassen. Fällt einem aber auch nicht schwer. Und ich habe auch noch viele Schätze von dir bei mir im Bierkeller, die ich immer so nach und nach raushole, gerade besonders belgische Biere und so. Gibt es denn was, was du in den letzten Wochen, Monaten bekommen hast, wo du ganz besonders stolz darauf bist, dass du es hast?

Matthias Thieme: Ja, momentan ist es ja mit dem Nachschub hier und da ein bisschen schwierig. Mich freut aber, dass zumindest die ganzen deutschen Craft-Brauer da in den letzten, vielleicht nicht in den letzten Wochen, aber in den letzten Monaten, da durchaus qualitativ an vielen Stellen noch mal einen richtigen Sprung nach vorne gemacht haben, auch was das Thema Frische angeht. Das ist bei den IPAs und Pale Ales ja immer ein großes Thema. Dann gibt es so Sachen wie Flügge aus Frankfurt, plus noch ein paar andere. Es tut sich auch im Sauerbierbereich mehr, nicht nur bei uns im Laden, sondern auch bei den deutschen Brauereien, Biere, die ja auch ein gewisses Alterungspotential teilweise haben. Und das ist schon etwas, was uns auch sehr gefällt und sehr spannend ist.

Holger: Also das heißt, es gibt eine Riesenauswahl in deinem Laden, oder?

Matthias Thieme: So ist es. Wir haben immer ungefähr 600 Biere da, die Hälfte von unserem Sortiment ist ein Standardsortiment, was wir immer dahaben oder wo wir versuchen es immer dazuhaben. Also was weiß ich, ein Sierra Nevada Pale Ale, um so einen Klassiker zu nennen, oder ein BrewDog Punk IPA. Die wollen wir eigentlich immer im Sortiment haben, die sind auch kontinuierlich nachgefragt. Und die andere Hälfte, die anderen 300 Biere, wechseln. Das ergibt sich schon alleine so ein bisschen natürlich durch eine Saisonalität, also was weiß ich, ein Schlenkerla Eiche, die gibt’s halt nur im Winter, den Bock. Das heißt, die haben wir ein paar Wochen oder Monate im Sortiment, und dann ist auch mal wieder ein halbes oder ein dreiviertel Jahr Pause. Dadurch ergibt sich schon ganz automatisch eine gewisse Fluktuation. Und darüber hinaus versuchen wir natürlich auch immer, so jede Woche 20, 30 neue Biere ins Sortiment rein zu nehmen, die vielleicht dann auch wirklich nur einmalig da sind oder einmal im Jahr bei uns zu Gast sind.

Holger: Also sehr schön, dass du ausgerechnet die Schlenkerla Eiche ansprichst. Also der Stammhörer, der Stammhörer, der weiß ja, Markus Raupach hat 20 Kästen verschiedener Jahrgänge von diesem Bier in seinem Keller. Das weiß man ja, wenn man Stammhörer ist.

Matthias Thieme: Sensationell.

Holger: Ja, sensationell. Das ist so. Aber jetzt lass uns doch ein bisschen beim Laden bleiben vielleicht. Wenn ich jetzt jemand bin, der jetzt gerne vielleicht für meinen Partner ein Bier aussuchen möchte, bin aber überhaupt kein Biertrinker, komme jetzt also rein zu dir und sage also, ich habe da zu Hause jemand, der tringt sehr gerne ein Bier, was würdest du mir empfehlen? Wie geht das dann vor sich da bei euch?

Matthias Thieme: Wir gucken natürlich, weiß derjenige, der da was verschenken möchte, was der Beschenkte, die Beschenkte, gerne trinkt? Gibt’s da Vorlieben? Wie experimentierfreudig sind die Leute? Sowas versuchen wir mit Fragen natürlich herauszubekommen. Ein Teil der Kundschaft hat dann auch ein paar sagen wir mal Indizien für uns, ein paar aber auch nicht. Dann stellen wir dem Kunden oder der Kundin auch immer was zusammen und gucken, dass wir zum einen die Erwartungen an so ein Geschenk vielleicht nicht zu sehr enttäuschen, und auf der anderen Seite die Leute auch ein bisschen weiterführen und ein bisschen über den üblichen Tellerrand hinausführen. Am schwierigsten sind in solchen Fällen immer Kunden, die reinkommen und sagen, der oder die, die trinkt gern ein Helles. Das ist natürlich, ja, haben wir natürlich auch und ist ja auch ein toller Bierstil, aber dann würde ich immer gucken, dass wir in so ein Geschenkset oder in so eine Geschenkanordnung auch vielleicht ein Pale Ale, ein belgisches Bier oder auch mal, wenn es ganz Mutige sind, ein Sauerbier oder sowas mit rein zu schmuggeln.

Holger: Jetzt denke ich, wäre Zeit auch mal, also real über Bier zu sprechen. Markus, du hast doch bestimmt was vorbereitet?

Markus: Oh ja, natürlich. Also ich habe mir ein ganz schönes Bierchen ausgesucht. Ich bin mal gespannt, ob ihr das hört, mit zwei solchen Kennern sollte das vielleicht möglich sein. Ich mach‘s mal auf.

Matthias Thieme: Ist auf jeden Fall kein Dosenbier.

Holger: Nein, ist auf jeden Fall ein belgisches Bier, würde ich sagen.

Markus: Also eins war richtig, eins war falsch.

Holger: Das war kein Dosenbier, also kein belgisches Bier?

Markus: Richtig.

Matthias Thieme: Dann vielleicht was aus Franken?

Markus: Absolut. Muss ich bei euch beiden eingereisten Bayern ja tun.

Matthias Thieme: Musst die fränkische Flagge hochhalten, das stimmt. Ist es was mit Rauch?

Markus: Nein, ausnahmsweise nicht. Also ich gebe euch mal einen Tipp. Auf dem Hals oben steht drauf: unfiltriertes, gut gehopftes Landbier. Die Brauerei wurde 1811 gegründet.

Holger: Hm. Nicht einfach, nicht einfach.

Matthias Thieme: Wirklich eine echte Challenge.

Markus: Absolut. Nein, also ist es auch. Also noch einen Tipp, sonst löse ich auf. Es ist ein kleiner Ort mit vielen Ortsteilen und insgesamt sieben Brauereien.

Holger: Das ist Hallerndorf dann?

Matthias Thieme: Hallerndorf, ja, eindeutig. Rittmayer, ist das was von, nein, Rittmayer ist viel älter.

Markus: Wahrscheinlich die kleinste.

Matthias Thieme: Witzgall?

Markus: Genau, richtig. Die kleinste Brauerei.

Matthias Thieme: Da war ich schon so oft zum Einkaufen und bin am Anfang wirklich so kläglich gescheitert. Das ist ganz krass dort.

Markus: Ja, Witzgall Bier. Also gibt’s selten und auch der Laden hat nicht so oft auf, und ganz spannend. Und sie machen auch eigentlich nur zwei Biere, einmal dieses unfiltrierte, gut gehopfte Landbier, was eigentlich ein Kellerbier ist. Und dann gibt es noch etwas, wo ganz unspektakulär einfach Vollbier draufsteht. Ab und zu machen sie noch ein Festbier. Ist ein ganz, ganz kleiner Laden, wo es am meisten Spaß macht, das vor Ort …

Matthias Thieme: Winzig, winzig.

Markus: Winzig.

Matthias Thieme: Beim ersten Mal bin ich vorgefahren, dann hat der Typ rausgeguckt, hat mein Nummernschild gesehen, hat er gesagt, nee, du kriegst kein Bier, weil dann kriege ich mein Leergut nicht zurück. Wir verkaufen dir nichts. True Story. Bin ich unverrichteter Dinge wieder weitergefahren. Ist wirklich wahr.

Holger: Nee, wirklich? Der hat dir dann wirklich nichts gegeben?

Matthias Thieme: Nein, nichts. (unv. #00:06:54.1#) Sechserträger. Habe ich aber gelernt und inzwischen fahre ich dort immer mit Leergut hin. Ich bringe Flaschen mit, leere Flaschen und eine leere Kiste oder zwei oder drei, und dann packen wir das halt um, dann ist er happy, weil er hat Leergut, seine Kästen landen nicht in München und ich kriege das Bier.

Holger: (unv. #00:07:07.8#)

Matthias Thieme: Aber da musste ich mich so richtig ranschleichen. Da bin ich ein, zwei Mal am Anfang wirklich gegen eine fränkische Wand gelaufen.

Markus: Ist ein echter Geheimtipp und ist auch gar nicht so leicht zu finden. Es ist am Anfang eines kleinen Ortes, eben Schlammersdorf. Hat einen sehr schönen historischen Bierkeller, der leider nicht mehr genutzt wird und schon ziemlich verfällt, aber man kann es trotzdem noch sehr schön sehen, wie diese Gewölbe von außen, da stehen jetzt Bäume drauf, ausschauen. Ab und zu im Sommer ist da auch noch auf. Und vom Geschmack her kann ich euch nur sagen, so ist ein typisch fränkisches gut gehopftes Kellerbier. Also schon eine kräftige Bittere, das würde sogar dem Holger Spaß machen, aber eben auch schöne malzige Aromen und unglaublich süffig, wie man so auf Deutsch sagen würde. Also da habe ich jetzt schon, obwohl wir zehn Uhr am Morgen haben, die Stimmung im Kopf, man sitzt da draußen, nachmittags, schöner Sonnenschein, Kellerplatte vor sich, einen schönen Krug damit und dann einfach den Tag genießen. Also tolles Bier, was ganz viel Kopfkino macht.

Holger: Sehr gut, also du produzierst auf jeden Fall Bilder. Und im Biervana, kann ich dir nur sagen, also die Franken sind immer vertreten, immer.

Matthias Thieme: Das stimmt, wir haben immer eine gute fränkische Auswahl. Mönchsambacher versuche ich immer zu kriegen, da ist es aber ähnlich schwierig zu bekommen. Witzgall auch ab und zu. Und einige Kenner loben das dann auch, dass wir das haben. Und ich bin jetzt echt neidisch, dass du das Bier hast, Markus.

Markus: Das war das Ziel.

Holger: Wahnsinn, also Mann, Markus, da hast du ja wieder genau das richtige ausgesucht. Also bei meinem Bier, das machen wir gleich, aber da kann ich sagen, das ist auf jeden Fall oft im Laden und vielleicht sogar aktuell. Aber man wird sehen, wie gut ihr drauf seid. Aber jetzt, wenn man Kunde ist bei dir, Matthias, wie geht denn das im Moment? Online oder wie geht das?

Matthias Thieme: Genau. Also aktuell, wir haben unseren Laden offen, wir haben ein bisschen die Öffnungszeiten angepasst, kommen mehr Kunden tagsüber, es ist abends weniger los. Aber wir haben ganz normal offen gehabt. Wir hatten, glaube ich, mal einen Tag zu, aber das war mehr aus privaten Gründen, also trotz Corona. Wir sind Lebensmittelhandel, wir wollen und wir sollen vielleicht auch so ein bisschen offenhaben und haben nach wie vor Publikum im Laden, deutlich weniger als üblich. Dafür läuft Versand und auch per Kurier in München extrem viel. Und das gleicht nicht alles, aber doch einen größeren Teil des fehlenden Umsatzes im Laden aktuell aus.

Holger: Und dann habe ich aber auch gesehen, ihr beliefert auch. Also da gibt es die schönste Fahrradfahrerin oder Fahrradbotin der Welt, die dann Bier bringt, oder?

Matthias Thieme: Absolut. Kerry ist unsere radelnde Bierbotin. Ist so zwei-, dreimal die Woche unterwegs. Diese Woche und nächste Woche nicht, weil sie jetzt gerade für zwei Wochen in der Hallertau beim Hopfenbauern aushilft und den Hopfen pflegt, damit wir im nächsten Jahr auch Hopfen für gutes Bier haben. Aber in zwei Wochen ist sie dann wieder am Start und dann gibt es auch unseren CO2-neutralen Kurierdienst in München wieder.

Holger: Da kann ich dir nur sagen, also wenn man dann in Bamberg wohnt, hat man echt einen Nachteil, weil bis dahin kommt die nicht.

Matthias Thieme: Nee. Die ist zwar schon mal von der US-Ostküste bis nach Kalifornien mit dem Fahrrad gefahren, also sie hat durchaus Stain Power, aber ich glaube zu sagen, fahr mal Bier zum Markus oder zu irgendjemand nach Bamberg, das wird sie nicht machen.

Markus: Das ist aber schade. Also dann muss ich doch mal wieder nach München aufbrechen und dann mich irgendwo hinsetzen, wo sie dann mich beliefern kann, was weiß ich, am Viktualienmarkt oder so.

Matthias Thieme: Das kriegen wir hin. Genau. Dann schicke ich sie zu Holger, das ist dann auch nicht so weit und dann macht ihr da zu dritt ein Picknick in Holgers‘ berühmten Keller.

Holger: Unbedingt. Also da würde ich mich sehr darüber freuen. Das können wir festhalten.

Matthias Thieme: Ja, machen wir.

Markus: Eine Frage vielleicht noch, weil wir gerade so dieses Frankenthema hatten. Wie nimmst du das denn im Laden wahr? Also ist jetzt der normale Münchner, sag ich mal, sucht der gezielt nach einem fränkischen Bier oder ist das für den auch ein bayerisches Bier, oder? Gibt’s da irgendeine Unterscheidung oder sowas?

Matthias Thieme: Ja, also da wird schon unterschieden. Also vielleicht muss man so ein bisschen pauschal sagen, viele wissen natürlich nicht, was es da für Schätze in Franken gibt. Es gibt aber auch einen Teil der Kundschaft, die schon ganz genau wissen, was es dort gibt, und auch genaue Vorstellungen haben, was sie gern hätten. Oder auch die gelernt haben, dass es tolle Biere aus Franken gibt, auch jenseits vom nur Schlenkerla, was ja so ein bisschen fast schon ein Synonym ist, und die auch gezielt Sachen suchen oder auch Stammkunden, die sich freuen, wenn wir dann mal wieder irgendeine Brauerei oder irgendwas, was wir nicht so regelmäßig haben, am Start haben. Das hat sich in den letzten Jahren auch, das Wissen darüber, so bei den Stammkunden oder bei denen etwas mehr interessierten Leuten auch, meines Erachtens, etwas verbessert, dass es eben tolle Biere aus Franken gibt und dass es da tolle Entdeckungen zu machen gilt.

Markus: Cool! Na, das ist doch sehr, sehr schön, dass wir da ein bisschen wahrgenommen werden. Ist es auch so, dass man bei den Bierstilen einen Unterschied feststellt? Also ist das Bayerische wirklich eher das Helle und das Weißbier und das Fränkische eher das Keller- und das Rauchbier? Oder vermischt sich das?

Matthias Thieme: Eindeutig, eindeutig. Wir gucken natürlich auch, ein Helles, das ist halt für Oberbayern so ein bisschen das, was wir hier gut können. So aus Sicht der Kundschaft entsprechend sucht man bei den fränkischen Sachen tatsächlich nach einem Rauchbier, nach einem Zwickel, nach einem Kellerbier, Landbier, vielleicht auch mal einem Rotbier. Also da ist eher was gewünscht, was jetzt, oder Märzen vielleicht auch mal, ein fränkisches Weißbier haben wir ab und zu mal, oder von Weiherer haben wir ja auch mal experimentellere Sachen wie ein Stout oder wie ein IPA oder sowas. Aber da will man eher die Stile, die es in Oberbayern vielleicht nicht laufend gibt.

Holger: Also dann würde ich sagen, gehen wir zum zweiten Bier. Wer mag (unv. #00:11:47.1#)

Matthias Thieme: Ja, dann mag ich mal. Kamera ist ja aus, könnt ihr nicht spicken.

Markus: Dose.

Holger: Dose, auf jeden Fall Dose. Jawohl.

Matthias Thieme: Ja, das war jetzt zu einfach.

Holger: Bei dir würde ich jetzt tippen, was Amerikanisches?

Matthias Thieme: Habe ich mir tatsächlich auch rausgesucht. Als ich überlegt habe, welche Biere ich nehme, war ich so ein bisschen enttäuscht, weil der Florian Perschel mir neulich den Tilmans quasi weggeschnappt hat vor ein paar Wochen. Das wäre sonst für mich vielleicht die erste Wahl gewesen, weil e so das erste Biervana Bier war, wo wir sehr auch so ein bisschen über die Schwabinger Grenzen hinaus bekannt wurden. Wir sind da Tilmans Kunde der ersten Stunde, aber das wollte ich jetzt nicht schon wieder in diesen Podcast reinschmuggeln. Deswegen ist es was Amerikanisches geworden, korrekt.

Holger: Hm.

Markus: Hm. Westküste wahrscheinlich, oder?

Matthias Thieme: Richtig, richtig.

Markus: Klang auch ordentlich hopfig und vielleicht mit ein bisschen mehr Alkohol als normal?

Matthias Thieme: Ja. Hopfig ist es auf jeden Fall, richtig. Beim Alkohol musste ich jetzt ehrlicherweise spicken, aber 6,9 %.

Markus: Gut. Holger?

Holger: Nein, ich habe keine Ahnung. Ich weiß nicht.

Markus: Sagen wir mal, ein IPA, muss man ja mal sagen.

Matthias Thieme: Ja, musste man sagen. Hast du natürlich auch recht. Die Brauerei ist direkt an einem Küstenort am Pazifik. Ursprünglich mal fast schon eine Hippie-Gründung. Der Braumeister ist unfassbar populär gewesen, der jetzt kürzlich in den Ruhestand gegangen ist.

Markus: Anker (unv. #00:12:59.2#)?

Matthias Thieme: Nein, es ist Rogue. Rogue aus Oregon.

Markus: Ah Rogue.

Holger: Ah Rogue. Portland, also Nordwesten.

Matthias Thieme: Genau.

Holger: Mister Mayer.

Matthias Thieme: John Mayer, ganz genau.

Holger: Ja, absolut. Genialer Typ, habe ich mal kennengelernt. Brutal nett. Ich kann das gar nicht beschreiben, also das ist aber das einzige Wort, was wirklich passt. Also der ist einfach nett, also supernett.

Matthias Thieme: Ich war zweimal dort und einmal auch, als es schon das Biervana gab. Die haben da ein Programm aufgefahren, das war unfassbar. Also das war wirklich großartig. Supernett und superherzlich, ein liebevoller Mensch, genau, das trifft es eigentlich perfekt.

Markus: Das Spannende ist ja, das ist nicht nur eine Brauerei, das ist eine ganze Nation, sagen die, die Rogue Nation, also wo auch ganz viel Philosophie, Nachhaltigkeit, selbstproduzierte Rohstoffe, verschiedenste Betriebe, Destillerie und so weiter, zusammenspielen. Und jeder, der da Fan ist, der ist eben dann auch praktisch Bürger von dieser Rogue Nation.

Holger: Ich zum Beispiel, ich zum Beispiel.

Markus: Ja, ich auch.

Matthias Thieme: Wir sind alle Rogue Nation Bürger. Du wirst da vor Ort dann auch noch, du musst einen kleinen Eid leisten und dann bist du Mitglied bei der Rogue Nation. Und deswegen habe ich es auch ausgewählt, nicht nur, weil es aus dem pazifischen Nordwesten kommt und sozusagen da so ein bisschen meine ersten Craft Beer Berührungspunkte symbolisiert, sondern weil die wirklich versuchen, so viel wie möglich selber zu machen. Die haben ihre eigene Hopfenfarmen, haben eigene Hopfensorten, haben eine eigene Farm, wo sie Malz, Gerste und Getreide anbauen. Haben dort Bienenstöcke, der Honig wird dann auch wieder fürs Honey Kölsch benutzt. Also die sind unfassbar akribisch, was die Rohstoffe und was ihre Biere angeht.

Holger: Ja, wunderbar. Und wenn man dann in deinen Laden kommt, dann sieht man auch die Kategorien, also man findet sich gut zurecht, du hast die Regale beschriftet und alles ist geboten. Wir wissen jetzt schon, eine große amerikanische Auswahl und eine große fränkische Auswahl. Und das ist jetzt auch sehr schön, zu meinem Bier zu kommen. Ich bin jetzt mal sehr gespannt, also wirklich sehr gespannt. Also passt auf!

Markus: Ein Korken?

Matthias Thieme: Trinkst du vormittags schon Cantillon, Holger?

Holger: So ähnlich, also so ähnlich.

Matthias Thieme: So ähnlich.

Holger: Boah, Wahnsinn, der ganze Raum, der ganze Raum ist voll mit Duft. Ich muss gar nicht ans Glas.

Markus: Klingt aber nach Belgien dann auf jeden Fall.

Holger: Ja, ich habe so einen Lieblingsplatz im Biervana, und wenn ich denn da so stehe, dann ist hinter mir immer die belgische Wand. Das stimmt.

Markus: Kleine Geuze (unv. #00:15:15.5#)?

Holger: Nein, sehr bekannt, überall erhältlich. (unv. #00:15:19.8# Bohnen?)

Matthias Thieme: (unv. Bohnen?).

Holger: Wäre auch eine Möglichkeit gewesen, aber ist nicht so.

Matthias Thieme: Hast du jetzt eine Geuze oder hast du (unv. #00:15:25.8#) so fürs Frühstück?

Holger: Ich würde jetzt sagen, beides falsch.

Matthias Thieme: Was haben wir noch, Framboise mit Himbeeren?

Holger: Nein. Nein, nein, nein.

Markus: Ein (unv. #00:15:34.1# Maro?)

Holger: Nee, nee, also wirklich so, dass man jetzt denken würde, um Gottes willen, das kann man nicht vormittags trinken. Aber ihr kennt mich, also ich bin halt ein Genusstrinker und mir war danach.

Markus: Ein Oude Bruin?

Holger: Ich muss, glaube ich, auflösen.

Matthias Thieme: Ja.

Holger: Ich fange mal an mit Ro ….

Markus: … Rodenbach.

Holger: Genau, sehr schön. Entschieden habe ich mich fürs Vintage Oak Aged. Und das finde ich schon, ja, das ist großartig. Also in meinen Augen gibt es wenig, was so komplex ist und auch vom Preisleistungsverhältnis, da wisst ihr ja, da achte ich immer so schön drauf. Auch als Tipp für jetzt jemanden, der mal was ausprobieren möchte, da ist so eine richtig schöne, fruchtige, leichte Vanillenote drin, eine fruchtige Säure. Der Nachtrunk ist genial, man schmeckt die Eiche und dieses Bier wird aus Jungbier in Verbindung mit zwei Jahre gelagertem Bier, das in Eichenfässern gelagert wird und ausreift, eben verschnitten. Und das Vintage wird immer ausgewählt von den Brauern, die dann einfach sagen, das ist jetzt das absolute Fass, wo das Bier innerhalb der zwei Jahre am besten geworden ist. Und so ist es auch. Also jedes Mal, wenn ich da dieses Bier trinke, dann entdecke ich wieder neu. Man kann wirklich sagen, da ist so eine Apfelnote drin, da ist Karamell drin, da ist wilder Honig drin, Kirsche, Lakritz, also Wahnsinn. Grüne Äpfel, ein bisschen Schokolade sogar noch. Vor allen Dingen ist auch der Nachgeschmack, also der ist dann noch eine halbe Stunde da. Wenn wir Verkostungen machen im Biervana und ich mein Lieblingsthema Belgien machen darf, wenn es dann mit drin ist, dann spreche ich es sowieso an. Aber wenn es nicht mit drin ist, dann sind es immer so Klassiker, die ich auch dann nebenbei noch anspreche für die, die sich dann noch was mitnehmen wollen. Eine Duchesse de Bourgogne spreche ich zum Beispiel immer an, aber auch dieses Bier spreche ich eigentlich immer an. Dass man einfach da mal wirklich sehen kann, was ist Bier. Und bei dem Bier hier würde ich jetzt sagen, also so wie das ausbalanciert ist, ein Grand Cru Wein kommt nicht dran.

Markus: Da haben wir jetzt quasi in diesem Podcast nahezu die Extreme der Bierkulturen. Einmal das unglaublich süffige fränkische Kellerbier, dann das West Coast IPA mit reichlich Hopfen und so weiter, und dann das belgische Vintage, was dann noch mal die ganz andere Seite repräsentiert. Sehr, sehr spannend.

Matthias Thieme: Definitiv. Gut gewählt.

Holger: Sehr gut gewählt und unabgesprochen. Aber wenn ich das so sagen darf, das ist auch das, was das Biervana ausmacht. Du hast da wirklich immer so ungefähr 600 verschiedene Biere am Start und kannst alles erleben, was du erleben willst. Das ist jetzt schön, dass wir das so abgebildet haben, ohne dass wir voneinander wussten, wer was rausgesucht hat.

Matthias Thieme: Kein Skript. Kein Skript, keine Absprache.

Markus: Wahnsinn. Ich habe noch eine Nachfrage zu dem Rogue Bier vom Matthias, weil mein Lieblings-Rogue-Bier ist das Chocolate Stout. Das kriegt man aber mittlerweile in Europa so gut wie gar nicht mehr.

Matthias Thieme: Nein.

Markus: Aber meine faszinierendste Erfahrung war mal, ich habe vom Rogue Beard Bier, je nachdem wie man es ausspricht, also von dem Bart Bier damals zwei Flaschen bekommen. Und das war ein Bier, was der damalige Brauer mit Hefen aus seinem Bart vergoren hat. Und das haben wir dann mal in einer ganz skurrilen Verkostung gemacht. Ich habe nämlich für einen Schriftsteller eine Verkostung machen müssen oder machen dürfen, wo es darum ging, um ein Pairing zwischen Bier und seinen Büchern. Dann Horror-Schriftsteller und dann musste ich mir eben zu seinen verschiedenen Mordgeschichten immer Biere aussuchen und zu einem hatte ich eben dieses Bart Bier dazu. Und da haben wir es dann auch aufgemacht und wir waren alle überrascht, wie unglaublich gut das war. Also sehr floral und blumig und fruchtig, also ganz, ganz toll, wenn man ausgeschalten hat, wo es herkommt. Und da vielleicht auch die Frage: Hattest du das auch und hattest du es auch probiert?

Matthias Thieme: Ja, beides ja. Ich hab’s auch probiert und im ersten Moment muss man so ein kleines bisschen seinen Vorbehalt oder vielleicht auch seinen Ekel überwinden, aber es ist Open Beer, es ist richtig gut, könnte auch als Pale Ale oder als Blond Ale durchgeben. Und das gibt es leider nicht mehr beim Importeur, und ich weiß nicht, ob die es noch weiterproduzieren. Rogue hat sein Sortiment stark umgestellt, die waren auch so ein bisschen in einer Krise, und haben sich aber jetzt, glaube ich, wieder ganz gut gefangen. Machen zurzeit fast nur noch Dosenbier oder vorwiegend Dosenbier und von daher gibt es zurzeit kein Beard Bier. Ich würde mir aber wünschen, dass es vielleicht mal wiederkommt, weil ich denke, die Hefe haben sie in der Hefebank noch konserviert. Würde mir das sehr wünschen, dass das wiederkommt, weil es wirklich ein tolles Bier ist.

Markus: Ein letzter Nachsatz vielleicht noch dazu. Als Edelbrand-Somalier muss ich sagen, die von Rogue machen auch ganz tollen Whiskey und machen ganz tolle andere Destillate. Wenn man da mal rankommt, sei allen empfohlen. Aber jetzt Schluss mit dem Werbeblock. Matthias, du hast doch bestimmt noch ein Bierchen, oder?

Matthias Thieme: Genau. Ich habe noch ein zweites Bierchen am Start und würde das auch aufmachen. Und dann gucken wir mal.

Holger: Schon wieder eine Dose.

Matthias Thieme: Ja, ich konnte nicht anders. Ich bin ein Fan von Dosen als Verpackung und ich bin natürlich auch eher ein Hophead, auch wenn ich so ein Rodenbach oder so belgische Sachen natürlich auch sehr zu schätzen weiß, aber das würde ich mir am Vormittag dann auch noch nicht trauen. Von daher haben wir eine Dose. Ja. Ich schenke es mal ein. Das Bier ist extrem trüb.

Markus: Die Kombination Hophead und extrem trüb spricht dann für einen Hazy oder New England IPA?

Matthias Thieme: Völlig korrekt.

Markus: Hm. Auch wieder Westküste?

Matthias Thieme: Wir sind wieder in Bayern.

Markus: Oh.

Holger: Dann würde, ah, was würde ich tippen?

Markus: Dose?

Holger: FrauGruber?

Matthias Thieme: Es ist gebraut bei FrauGruber, aber es ist in dem Fall eher so eine Art Abkömmling von FrauGruber. So würde ich das vielleicht ganz salopp formulieren.

Markus: Da bin ich raus. Die Familiengeschichte von FrauGruber kenne ich nicht so gut.

Holger: Enzo?

Markus: Enzo ist ja FrauGruber, es ist nicht Enzo, es ist eher Andreas, wenn dir da was klingelt? Es ist von BrewHeart, ein noch recht junges bayerisches Projekt von zwei Spezln. Und der Andreas, einer der beiden Macher, war, ohne Scheiß und ohne Beeinflussung, Werkstudent bei mir, bei Microsoft, für mehrere Jahre und irgendwann haben wir uns ein bisschen aus den Augen verloren, und irgendwann fing er an, Bier zu machen. Und dann sind wir wieder in Kontakt gekommen und seitdem haben die BrewHeart Biere, die jetzt eigentlich ausschließlich bei FrauGruber in Gundelfingen gebraut werden oder bei FrauGruber & Friends, so heißt ja die Brauerei inzwischen, und dort macht der Andreas regelmäßig seine Sude, natürlich zusammen mit Enzo von FrauGruber. Macht sensationell gute Biere.

Markus: Vielleicht müsstet ihr jetzt noch kurz den Hörern erklären, wie das zusammenpasst mit Enzo und FrauGruber, und überhaupt, vielleicht kann man da etwas Aufklärungsarbeit leisten?

Matthias Thieme: Sehr gerne. Also der Enzo und der Matthias, das sind zwei Burschen, der Enzo heißt mit Nachnamen Frauenschuh, der Matthias heißt mit Nachnamen Gruber, zusammen heißt ihre Firma, ihre Brauerei, FrauGruber. Sind aus der Gegend von Augsburg und haben in Gundelfingen, wo die Campa jahrelang eine Brauerei, die Camba Old Factory betrieben hat, das haben sie übernommen jetzt zum Jahresbeginn 2020 und brauen dort unter dem Markennamen FrauGruber & Friends ihre Biere, also ihre FrauGruber Biere, und haben dort mehrere Kunden, sogenannte Gipsy Brewer oder eben Kuckucksbrauer oder Kundenbrauer, die dort ihre Biere machen. Dazu gehört Sudden Death zum Beispiel, dazu gehört beispielsweise Blechbrut aus der Bamberger Hood von Markus.

Markus: Genau.

Matthias Thieme: Und dazu gehören eben auch die beiden Kollegen von BrewHeart aus Otterfing, also so Richtung Aying. Da haben die ihren Firmensitz eigentlich.

Markus: Man sieht mal wieder deutlich, dass man zu dir wirklich kommen kann und eine unglaublich umfangreiche und kompetente Information bekommen kann.

Matthias Thieme: Absolut. Und mein Vorteil, vorhin hatten wir schon kurz die Kerry, schon in meinem Businessplan, den ich mal vor sieben Jahren geschrieben habe, hatte ich so ein bisschen ein Auge auf die Universität Weihenstephan geworfen, und alle meine Mitarbeiter sind eigentlich nahezu ausnahmslos Studenten in Weihenstephan. Irgendwann muss ich mich dann immer von ihnen trennen, wenn sie einen richtigen Job haben, aber die arbeiten bei mir und haben dort ihren Studentenjob. Und das sind alles Leute, die entweder an der TU München oder an der Fachhochschule oder jetzt an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf eben Brauwesen studieren. Und wir haben auch Hobbybrauer manchmal, die kommen, oder auch Leute, die es genau wissen wollen. Und meine Braustudentinnen und Braustudenten können auch Fragen beantworten, wo ich dann aussteige, wenn es dann um Brauprozesse geht und so weiter.

Holger: Sehr schön. Markus, hast du denn noch ein Bierchen?

Markus: Ich habe immer noch was von meinem schönen Schlammersdorfer Bier, das kann man ja auch langsam und gemütlich trinken. Aber unsere Zeit ist mittlerweile auch schon ganz schön rum. Ich denke mal, die Leute haben jetzt so richtig Lust bekommen, im Laden vorbeizuschauen, den Matthias und seine Studenten kennen zu lernen. Ich glaube, der Holger hat vielleicht noch eine kleine Empfehlung, was sie auf jeden Fall mitnehmen sollten.

Holger: Oh. Also das ist natürlich ein ganz, ganz schwieriges Terrain. Ich sag jetzt mal, ich weiß nicht, ob es gerade da ist, aber es gibt, wenn man jetzt hier in München gerne ein Helles trinkt, kann man auch mal was anderes trinken als die normalen hellen Biere. Und da wäre zum Beispiel bei Matthias ab und zu mal das Hohenthanner Hell, was ich empfehle. Das ist jetzt vielleicht ein bisschen schnöde zu der riesigen Auswahl, aber, glaube ich, mache ich ganz bewusst so, dass eben wirklich die normalen Biertrinker einfach mal zum Matthias gehen und da auch entdecken, was es zu entdecken gibt. Ohne jetzt jemanden zu missionieren oder rüber ziehen zu wollen in andere Welten. Nein, nein, also jeder soll seine Biere trinken, die er immer trinkt, aber auch ab und zu mal was ausprobieren. Und da ist Biervana einfach ein ganz idealer Ort.

Matthias Thieme: Vielen Dank!

Holger: Wir danken dir, Matthias. Wir danken dir für deine Zeit. Ich muss mich auch bei dir bedanken, Markus, es war wieder ein Vergnügen, dich an meiner Seite zu haben. Und ich wünsche euch allen einen schönen Tag noch.

Markus: Das Vergnügen war ganz auf meiner Seite, auch einen schönen Tag.

Matthias Thieme: Euch auch. Vielen Dank und bis bald!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 4 – Interview mit Rodolfo Rebelo von der Malteria Blumenau aus Brasilien

Der sympathische Brasilianer Rodolfo hat sich nicht nur die deutsche Sprache selbst beigebracht, er hat nach Ingenieurstudium und Braumeisterausbildung auch die erste Mikromälzerei in Südamerika gegründet. Dort stellt er mit einer Kaffeerösttrommel völlig neuartige Malze mit spannenden Aromen von Haselnuss bis Popcorn her und revolutioniert die Bierszene. So unterrichtete er unter anderem auch bei der Gräfelfinger Brauakademie Doemens und gehört zum Jurorenkreis des European Beerstar. Im Interview erzählt er seine Geschichte und berichtet auch von der aktuellen Lage im Corona-gebeutelten Brasilien…

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Markus: Hallo zusammen! Herzlich willkommen zu einem neuen BierTalk Spezial. Spezial deswegen, weil wir uns wieder ganz weit wegbewegt haben, 10.000 Kilometer, diesmal von Deutschland nach Südwesten über den Atlantik nach Süden, nach Brasilien, genauer gesagt nach Blumenau. Wir, das sind ich, der Markus und …

Holger: … und ich, der Holger.

Markus: Und wir haben einen Gast, nämlich den Rodolfo. Vielleicht Rodolfo, stellst du dich ein bisschen selber vor, damit die Leute wissen, mit wem sie es zu tun haben.

Rodolfo Rebelo: Hallo zusammen. Danke sehr für die Einladung. Ich bin der Rodolfo aus Blumenau, eine kleine deutsche Kolonie in Südbrasilien. Ich Ingenieur und habe auch bei Doemens Braumeister studiert. In vielen kleinen Brauereien gearbeitet, vor fünf Jahre habe ich eine Mälzerei gegründet, die erste Mikro-Mälzerei in Brasilien. Sie heißt Malteria Blumenau. Ich bin auch Biersommelier bei Doemens.

Markus: Und das ist ganz spannend, du bist mittlerweile auch bei den Juroren vom European Beer Star schon auch aufgestiegen dahin, dass du selbst Biere beurteilst und bewertest. Und eine Mikro-Mälzerei ist bei dir wirklich was ganz Besonderes, weil du praktisch jedes Malzkorn selber umdrehst, streichelst, behandelst. Du hast da praktisch so eine kleine Kaffeerösterei, die du umgebaut hast zu einer Mälzerei und hast ganz neue Aromen erfunden. Wie kommt das denn so an?

Rodolfo Rebelo: Als ich meine große Maschine gekauft habe und ich habe versucht mit Gerste, mit Weizen, mit Hafer, mit fettigem Malz und dessen viele andere Temperaturen, viele andere Zeiten, dann habe ich diese neue Rolle gefunden. Und dann, als ich das erste Mal das gemacht habe, ich habe gedacht, hey, ich habe ein große Welt hier. Und dann habe ich immer noch versucht, ein bisschen mehr feucht, ein bisschen mehr trocken, ein bisschen mehr Zeit. Und es ist wie eine Scientist.

Markus: Wie schmeckt dann dein Malz?

Rodolfo Rebelo: Mein liebstes Malz heißt (unv. #00:02:13.8# Barli Love?), du kennst es schon, ja? #00:02:15.7#

Markus: Mhm (bejahend). #00:02:16.4#

Rodolfo Rebelo: Barli Love ist so eine Gerstmalz und ist wie Erdnüsse und auch süß, auch ein bisschen geraucht, aber nur am Ende, und ein bisschen bitter, aber nur am Ende. (unv. #00:02:32.1#), das ist Zerealien, Erdnüsse. Und dann, wenn du es schmeckst, du wirst merken, das ist vielleicht süß, aber am Ende ist es dann ein bisschen bitter. Und das ist im Bier, dann kriegst du diese totale Malzaroma. Es ist unglaublich gut.

Markus: Und es gibt sogar ein Popcorn-Malz, gell? #00:02:51.3#

Rodolfo Rebelo: Ja genau. Das ist auch ein sehr interessantes Produkt. Als ich diese Barli Love angefangen habe, ich habe gelehrt, dass manchmal (unv. #00:03:01.6#) Malz, macht es Pop, Pop. Und dann habe ich gedacht, es popt sich, lustig wie Popcorn. Und dann habe ich versucht, noch ein-, zwei-, dreimal ein bisschen mehr Power geben, ich meine Heizung, als ich da gemacht habe, es war fast alle gepopt. Boah, was ist das? Erste Sache, gegessen, und wir hatten normal Gerste, es war kein Malz, es war nur Gerste, das war geil. Schmeckt unglaublich gut.

Markus: Ich habe das schon probiert und Holger, ich glaube, dir habe ich es auch mitgebracht, oder?

Holger: Ja genau. Also ich fand es auch total genial und habe da diese kleinen Tütchen immer in meinem Keller dekoriert, weil die auch so schön aussahen. Aber die waren natürlich ganz schnell leer.

Rodolfo Rebelo: Das ist gut.

Holger: Wie kommst du Doemens? Also wie ist das, bist du dann nach Deutschland gekommen und hast dann hier die Schule besucht bei Doemens? Oder war Doemens in Brasilien? Oder wie war das?

Rodolfo Rebelo: Ich war bei der Uni und ich wollte einen Uni-Austausch machen. Deutschland ist der beste Platz für Chemieingenieur oder Verfahrenstechnik. Und dann habe meinen ersten Austausch in Berlin gemacht. Aber damals wollte ich nur erneuerbare Energie studieren. Und dann hatte ich ein Jahr in Berlin gewohnt, dann einen Abschlusspraktikum in Gronau, so Westfalen, gemacht, und dann bin ich zurück nach Brasilien. Ich habe gewartet auf einen Job in den USA. Ich musste nur warten. Und dann hatte ich eine (unv. #00:04:30.3#) und dann, okay, was mache ich hier? Ich braue ein Bier. Wie braut man ein Bier? Und dann habe ich Zutaten gekauft und dann ersten Sud gemacht, war alles schlecht. Und der zweite Sud und boom, boom, boom, und dann habe ich viele, viele Biere gebraut. Und dann hat mein Vater gesagt, hey, warum machen wir nicht eine Brauerei hier in Blumenau? Ja, und was machen wir mit meinem Job da in den USA? Musst du zu viel warten, machen wir eine Brauerei. Okay, wie macht man eine Brauerei? Und dann habe ich viel, viel gesucht im Internet und dann habe ich Doemens-Schule gesehen. Das ist gut, dann kann nicht mehr lernen, wie man das brauen muss und die Technik. Und dann einfach so, okay, machen wir Brauerei. Ich habe meinen Job in den USA aufgehört und dann, okay, dann machen wir eine Brauerei, ich fliege nach Deutschland, studiere Bier und dann werde ich zurückkommen, dann machen wir unsere Brauerei. Leider ist es nicht passiert, unsere Brauerei, aber Geld, dann haben wir jetzt Mälzerei.

Markus: Das war vielleicht sogar die bessere Entscheidung, oder? Weil Brauereien gibt es viele, aber Mälzereien eigentlich nur dich, oder?

Rodolfo Rebelo: Als ich gegründet habe, dann war ich der erste. Aber jetzt gibt es schon vier oder fünf, kleiner als ich, aber gibt es schon andere Mikro-Mälzerei.

Markus: Die haben alle bei dir gelernt, oder?

Rodolfo Rebelo: Nur zwei.

Markus: Immerhin. Hast du dir denn ein Bier ausgesucht, das wir zusammen trinken können?

Rodolfo Rebelo: Ja, das Bier in meiner Hand jetzt.

Markus: Mach’s doch mal auf und erzähl uns, was es für eins ist.

Rodolfo Rebelo: Ich habe hier ein Hoop, ein Tripel, ein bisschen mehr gehopft. Es ist ein Collab, Kollaboration zwischen Malteria Blumenau und auch die (unv. #00:06:10.3#) Blumenau, so Brauerei Blumenau und die Mälzerei Blumenau. 100 Prozent (unv. #00:06:16.6#) Malz von meinem Malz und ein bisschen Barli Love.

Markus: Das macht richtig Lust.

Rodolfo Rebelo: Ja, soll ich verkosten und dann weitermachen?

Markus: Wenn du möchtest, gerne, wir hören gerne zu.

Rodolfo Rebelo: Sehr gehopft für ein Tripel. Aber es ist lustig, man kann die genaue Basis vom Tripel alle finden, Alkoholgehalt sehr hoch, 10,5.

Markus: Da müssen wir uns beeilen, dass du uns nicht umkippst.

Rodolfo Rebelo: Ich muss noch heute arbeiten.

Markus: Stimmt, bei dir ist es ja noch viel früher als bei uns. Also Holger, wir sind jetzt abends 19:30 Uhr. Was hast du dir denn für ein Bier ausgesucht?

Holger: Ich habe erste gedacht, Mensch, du musst doch da noch was haben. Du hast da was aus Brasilien, ich war mir ganz sicher. Und dann bin ich runter in meinen Keller und die beiden Brauereien, mi denen ich da schon zu tun hatte in Brasilien, ist einmal Eisenbahn, das ist ja auch in Blumenau, und Bierbaum. Naja, und dann habe ich es auch gefunden, Bierbaum, Bière De Garde, ganz tolle schöne Flasche, so Jugendstiletikett, also sieht ganz toll aus, aber leer. Ich hatte es schon getrunken. Weil die Flasche so schön ist, hatte ich sie aufgehoben. Und dann habe ich gedacht, das machst du jetzt in deiner großen Not und dann habe ich gedacht, ich mache jetzt einfach ein ganz typisches Münchner Bier auf, und zwar ein Augustiner Hell. Und das mache ich jetzt, also das habe ich noch nicht aufgemacht, mache ich jetzt aber auf. Ich mache es auf. Also ganz einfach, und ich hatte einen echt harten Tag, wirklich harter Tag heute, da ist so ein Helles einfach zum Durst löschen genau das Richtige. Also Prost nach Brasilien! Schön, dass du da bist.

Rodolfo Rebelo: Danke. Prost!

Markus: Prost! Ein schönes Münchner Helles ist natürlich auch ein tolles Bier. Und wir hatten schon viele Gäste aus Brasilien, die sind natürlich sehr gerne auch im Augustiner und probieren eben mal so ein typisch deutsches Lager, ein Helles, ein Export. Wie geht’s dir denn, Rodolfo, wenn du in Deutschland bist, was trinkst du am liebsten?

Rodolfo Rebelo: Alle. Aber ich bin großer Fan für Münchner Helles. Wenn ich in München bin, ist es einfach Augustiner. Ich sitze da in Neuhauser Straße oder Augustiner Keller oder Fabrik und einfach ich trinke, erste Maß ist wie Wasser, besser als Wasser. Und dann trinke ich vielleicht ein Pils oder ein Weißbier. Aber als erstes muss ein Münchner Helles sein, auf jeden Fall. Ich mag Bier von der Region so. Wenn ich in München bin, dann versuche ich immer, Helles, Dunkles oder Weißbier zu trinken. Wenn ich in Bamberg bin, trinke ich nur Rauchbier, klar.

Markus: Sehr gut.

Rodolfo Rebelo: Mache ich immer so.

Markus: Das ist eine sehr gute Einstellung. Dann mache ich jetzt mein Bier auch schnell auf.

Holger: Dann habe ich mich richtig entschieden und dir eine kleine Freude bereitet. Wenn du sagst, dann trinke ich noch mal ein Pils, dann meinst du auch das Augustiner Pils oder ist das ein anderes Pils, was du dann gerne trinkst?

Rodolfo Rebelo: Ich trinke auch gerne Augustiner Pils, ist sehr gut.

Holger: Ja, hat eine schöne Bittere und ist ganz schlank und trocken, oder?

Rodolfo Rebelo: Genau.

Holger: Und (unv. #00:09:15.3#) auch den zweiten Schluck. Ja, herrlich. So Markus, jetzt wollen wir dich nicht vergessen.

Markus: Wobei ich mir überlegt habe, bevor ich es aufmache, würde ich gerne noch eine Frage an den Rodolfo stellen. Jetzt haben wir gehört, du bist in Blumenau, außerdem sprichst du sehr gut Deutsch. Eine Brauerei heißt Eisenbahn, eine heißt Bierbaum, das sind alles deutsche Begriffe. Warum ist das denn so? Also warum sprichst du deutsch und warum sind da so viele deutsche Namen unterwegs?

Rodolfo Rebelo: Santa Catarina, mein Bundesstaat, das ist eine große deutsche Kolonie. Es waren Deutsche und Italiener hier, aber die Deutsche ist ein paar mehr diese Kultur, immer deutsche Kultur bei uns. Ich habe allein Deutsch gelernt, nicht zu Hause gelernt. Und die Leute in Brasilien, es war immer deutsches Bier bestes Bier, das es gibt. Früher andere Brauereien wollen Brauerei mit deutschem Namen und in Bumenau ist bis heute alles so. Eisenbahn, Oktobier, Bierland, Wunderbier, alles gut, alles blau, alle sind Brauereien.

Markus: Die habe ich auch schon vor Ort besucht, das ist schon toll. Und es gibt auch die Villa Germanica, also ein deutsches Dorf, was so ein bisschen touristisch ist, wo man aber sich ein bisschen fühlt wie in einer Mischung aus Rotenburg und Oktoberfest. Und es gibt natürlich jede Menge deutsches Essen und deutsches Bier, und das fand ich schon sehr erstaunlich, wie stark das gelebt wird. Aber jetzt komme ich mal schnell zu meinem Bier. Du hast ja gesagt. der Bundesstaat ist Santa Catarina, und als ich in Brasilien war die letzten beiden Male, habe ich auch einen Bierstil kennengelernt, den es nur in Santa Catarina gibt. Der nennt sich Catarina Sauer, und der geht auch auf die Deutschen zurück, und zwar auf die Berliner Weiße, also ein milchsaures Bier. Und daraus machen die Brasilianer in Santa Catarina mit frischen Früchten eben eine eigene Art Berliner Weiße, und das ist das Catharina Sauer. Ich habe das jetzt hier von der Brauerei Mistura Classica, und es ist ein Catharina Sauer mit Guave. Und das ist meine letzte Flasche, dann habe ich auch nur noch brasilianisches Starkbier. Da freue ich mich jetzt total drauf und das mache ich jetzt auf.

Holger: Aber so ging‘s mir auch, also war stolz darauf, brasilianisches Bier zu haben und dann habe ich es doch wohl direkt ausgetrunken. Aber schön, dass ich die Flasche noch wiedergefunden habe. Also das ist wirklich schön.

Markus: Was viele nicht wissen, Brasilien ist der drittgrößte Biermarkt der Welt. Also es ist nicht nur ein riesengroßes Land mit sehr vielen Einwohnern, sondern eben auch sehr vielen Brauereien und sehr vielen Biertrinkern. Über 1000 Brauereien mit einem sehr großen Bierwettbewerb auch dort, wo also wirklich alle brasilianischen Brauereien ihre Biere bringen und man dann wirklich ordentlich verkostet. Und es geht dort sehr, sehr gesittet zu, also ich habe noch nie einen Bierwettbewerb außerhalb von Deutschland erlebt, der so gut organisiert war und so gut durchgeführt wird. Und das ist wirklich total erstaunlich, wie gut und wie professionell das da in Brasilien abgeht. Also ich war da völlig begeistert. Dieses Jahr konnte ich ja nicht, du warst aber da. Und wie war das denn?

Rodolfo Rebelo: Das war wie die anderen Jahre, lustige Leute. Ich hatte wieder meine Barbecue Party gemacht, (unv. #00:12:10.1#) am Sonntag. Es war ganz okay, aber am Festival es war ein bisschen anders, weil Corona war ein bisschen (unv. #00:12:16.7#) wieder und es war nicht voll. #00:12:19.4#

Markus: Holger, nächstes Mal, wenn wir nach Brasilien fahren, dann musst du mitkommen. Ich habe noch nie ein besseres Barbecue gegessen als bei Rodolfo, also noch nie. So perfekt auf den Punkt gegrillt, die Atmosphäre, alles perfekt gepasst. Da können wir die Hörer jetzt nicht alle mitnehmen, aber das muss man einfach mal erlebt haben. Also vielleicht machen wir da mal einen extra BierTalk, wenn wir dann in Brasilien sind vor Ort live von Rodolfos‘ Barbecue.

Holger: Ja, das hört sich gut an, hört sich gut an. Da bin ich auf jeden Fall dabei. Und wir haben ja die Maisel‘s Brauerei. Die kennst du wahrscheinlich auch Rodolfo in Bayreuth?

Rodolfo Rebelo: Ja, kenne ich.

Holger: Und die haben ein ganz neues Bier und das heißt Smoked IPA. Und das ist ein perfektes Barbecue Bier. Also das ist wirklich sehr erstaunlich.

Rodolfo Rebelo: Sehr schön.

Markus: Das wird dir wahrscheinlich schmecken.

Holger: Das bringen wir dann mit.

Rodolfo Rebelo: Holger, bist du schon in Brasilien gewesen?

Holger: Ja, ich bin schon in Brasilien gewesen, das ist aber schon länger her. Ich glaube, das war 2010. Ich habe nämlich mal bei MAN gearbeitet in meinem Leben. MAN Truck & Bus ist eben auch in Brasilien vertreten durch die VW Nutzfahrzeuge, Produkte. Und diese VW Lkws in Brasilien, die haben wir damals vertriebstechnisch eben auch über die Truck & Bus AG betreut. In dem Zusammenhang habe ich mich damals ums Gebrauchtwagengeschäft gekümmert und habe da mal eine Reise gemacht nach Brasilien, um mich da mit dem Markt vertraut zu machen. Also das war eine ganz besonders tolle Reise auch, ein ganz besonders tolles Land. Und Brasilianer waren dann auch da, und alle haben immer gute Laune, alle lachen und sind fröhlich und so. Also das war sehr schön.

Markus: Es gibt ganz viel Caipirinha, richtig gute Caipirinha, das kriegen wir hier ja auch nicht. Da muss man auch sagen, der ganze schlechte Cachaça, der wird nach Deutschland exportiert oder nach Europa und den guten Cachaça, den kriegt man wirklich in Brasilien. Und da ist das wirklich ganz, ganz großartig.

Rodolfo Rebelo: Nicht nur Limetten, auch mit Ananas oder Erdbeere oder Traube oder so oder Kiwi oder sowas, mit vielen Früchte Caipirinha gemacht.

Markus: Das ist auch ganz toll, dass es bei euch eben diese ganzen frischen Früchte mit vollem Aroma gibt, alles ganz reif, und da kann man natürlich ganz anders arbeiten. Also hat man auch beim Wettbewerb immer wieder gemerkt, dass da viele Biere eingereicht werden, wo eben ganz viel mit Früchten gearbeitet wird, die wir teilweise gar nicht kennen. Das ist dann schon immer spannend, wenn man dann bei Wikipedia nachschauen muss, wie das überhaupt ausschaut und wie das dann schmecken soll und so, also total spannend. Ich habe noch eine Frage, du hast das erwähnt mit Corona, das war bei einem Wettbewerb gerade so am Anfang, denke ich mal. Wie geht es euch denn jetzt in Brasilien? Wie ist da die Situation? Ist bei euch auch alles geschlossen? Wie geht’s euch?

Rodolfo Rebelo: Unser Land war fast letzte Land, in das Corona gekommen ist. Ich denke, Santa Catarina zum Beispiel, wir waren der erste Bundesstaat zu schließen. Wir sind 100 Prozent zu schon 40 Tage. Supermärkte oder Apotheke oder so sind geöffnet, aber auch mit einer Grenze an Leute, Nummer zum Reingehen so. Alle Bars, Kneipen, Restaurants, alle zu. Jetzt im Moment von fünf Tagen, einer Woche, dann haben wir wieder ein bisschen die Restaurants geöffnet und die Kneipen, aber ganz wenig. Aber jetzt in Blumenau ist schon viel passiert. Neue Leute mit Corona, vielleicht nächste Woche müssen wir alle wieder 100 Prozent zu.

Markus: Und was bedeutet das für deine Mälzerei?

Rodolfo Rebelo: Ich bin klein und ich verkaufe auch für die kleinen Brauereien. Und die kleinen Brauereien haben meistens keine Flasche oder Dose. Sie verkaufen Bier nur im Fass. Das heißt, die Lokale, das müssten Bier vom Fass verkaufen, sind alle zu. Die Brauerei verkauft Bier nur vom Fass, sie haben keinen Kunden mehr, und dann verkaufen sie kein Bier, und die kaufen auch kein Malz. Das ist schlecht. Aber ich habe viel Malz für Brew Shops gekauft, das ist sehr gute, interessante Sache. Im März habe ich 2 Tonnen für Brew Shops in ganz Brasilien gekauft.

Markus: Brew Shops sind die Läden, wo jemand, der zu Hause Bier braut, sich das holt, oder?

Rodolfo Rebelo: Genau. (unv. #00:16:28.2#) April habe ich dann 4 Tonnen 4 Brew Shops verkauft. Das heißt, die Leute sind zu Hause und sie wollen brauen.

Markus: Und du hast das Zeug dafür, das ist doch schon mal gut.

Rodolfo Rebelo: Ja.

Markus: Holger, da würdest du jetzt auch gerne zuschlagen, oder?

Holger: Unbedingt. Also natürlich, das hört sich wirklich sehr spannend an. Aber da kann man mal wieder sehen, Bier ist auch was Verbindendes irgendwie, oder? Also wenn wir da jetzt draufschauen, mit wem wir schon alles gesprochen haben und die Leidenschaft und das ist alles weltweit so, und großartig ist das doch. Das ist wirklich großartig.

Markus: Mein Bier zum Beispiel erinnert mich auch, ich habe ja ein Catharina Sauer mit Guave und ich hatte mein Leben lang noch keine Guave als Frucht gegessen oder probiert. Und zum ersten Mal war das lustigerweise in Taiwan. Also da war ich in Taiwan und war dort bei einer Brauerei und wir haben da einen kleinen Ausflug gemacht, und dann war da auf einmal auf der Karte gestanden, frische Guave zum Nachtisch. Und da habe ich gedacht, okay, das muss ich jetzt wirklich mal probieren, habe ich noch nie gesehen. Und das war dann wirklich ganz spannend. Den Geschmack mochte ich total gerne vom Saft und so, aber eben mal die Frucht zu verkosten und zu probieren, das sind echt tolle Momente. Und in Brasilien zum Beispiel das erste, was ich gemacht habe, als ich zum ersten Mal da war, ich bin zu so einem Obstladen gegangen und habe mir, glaube ich, 15 verschiedene Sorten Mangos gekauft. Die waren alle reif und jede hat anders geschmeckt. Und am nächsten Tag beim Frühstück im Hotel habe ich meine 15 Mangos ausgepackt und habe die wirklich alle gegessen. Und das war echt großartig. Die sind etwas kleiner als bei uns. Das, finde ich, ist so ein ganz tolles Erlebnis, wenn man kulinarisch auch in die anderen Länder geht und ein bisschen einfach da auch reinschmeckt und so auch die Kultur und die Leute kennenlernt.

Rodolfo Rebelo: Den ganzen März (unv. #00:18:05.0#) Blumenau, dieser Mann, der heißt Norman Jung aus Leipzig. Kennst du Norman?

Markus: Ja, ja, kenne ich. Der war vorletztes Jahr auch schon dabei, glaube ich.

Rodolfo Rebelo: Ah genau, ja. Norman war bei mir zu Hause, wir sind Freunde, wir haben bei Doemens zusammen studiert. Er war bei mir, er war hier bei der Mälzerei, wir wollen was essen. Und dann habe ich mein Auto genommen und ein bisschen gefahren, und dann gefahren und dann habe ich einen Guave-Baum gesehen mit vielen Guave. Und dann habe ich gefragt, hey Norman, hast du schon ein Guave gesehen oder gegessen? Sagt, nein. Dann habe ich einfach mein Auto so gestoppt, mit meiner Hand eine Guave genommen und dann, hier, iss das. Nee. Ja, ja, hier meine Hand. Wo hast du das gefunden, hier in diesem Baum? Aber hier auf der Straße? Ja klar, Mann, esse das. Und der hat dann gegessen, der war so begeistert, weil wie konntest du eine Guave hier, keine Ahnung, auf der Straße finden? Es ist total anders hier in Deutschland, auch mit Guave und auch mit Früchten.

Markus: Das ist auch was, was ich in Brasilien wirklich total krass fand als Unterschied, das ist ein Land mit einer unglaublich kräftigen Natur. Und man merkt überall, wo freier Platz ist oder so, da wächst was. Und das heißt, es dauert ein paar Tage und sofort ist wieder ein neuer Baum, ein neues Gras, irgendwas. Die Natur ist ständig am Arbeiten und ständig am sich entwickeln. Das kennen wir von hier aus gar nicht. Wenn hier irgendwo mal eine Wiese braun ist, dann ist das Brachland und es dauert ewig, bis mal wieder was passiert. Und wie gesagt, in Brasilien überall, die Natur lebt und ist da überall präsent, auch wenn man Blumenau selber. das schaut aus wie eine Insel im Regenwald, also das ist wirklich faszinierend. Hast du das auch so erlebt, Holger, mit der Natur?

Holger: Ja, unbedingt. Wie in einem Treibhaus eigentlich. Also das ist anders als bei uns, ist viel üppiger und alles geht viel schneller auch mit der Natur. Aber das klar, bei dem Klima, also das ist einfach so. Und ich glaube auch, dass das auf die Mentalität abfärbt. Deshalb sind die Brasilianer auch so und die Brasilianerinnen vor allen Dingen auch.

Rodolfo Rebelo: Ja, zum Beispiel jetzt ist es Herbst bei uns und da draußen sind es 25 Grad.

Markus: Also richtig kalt wird es da nicht bei euch?

Rodolfo Rebelo: Ja, vielleicht zwei Monate oder so gibt es dann vielleicht 7 Uhr morgens 5, dann mittags sind es schon 15 oder mehr. Gibt es nur eine Stadt in Brasilien, da schneit’s. Das ist in Santa Catarina Bundesstaat, die Stadt heißt São Joaquim und da schneit es 3 Stunden pro Jahr oder so.

Markus: Und wenn du in Deutschland bist, was machst du am liebsten? Hast du da sowas, was du immer machst?

Rodolfo Rebelo: Wenn ich in München bin, dann ist es einfach eine Biertour. Mindestens eine Maß Hofbräuhaus trinken, dann Augustiner, dann muss ich unbedingt einen ganzen Nachmittag im Augustinerkeller Biergarten bleiben. Das muss ich machen, muss ich, weißt du. Und dieses Jahr, ich habe auch geplant wieder nach Deutschland zu fliegen. Wir gehen zum European Beer Star und auch zum Oktoberfest. Leider ist das Oktoberfest abgesagt. Jetzt weiß ich nicht, was mache ich, ob ich fliege oder nicht. Oktoberfest ist auch ein Ding für mich, ich konnte jedes Jahr gehen, ich liebe es.

Markus: Es gibt auch in Brasilien ein Oktoberfest, das ist das zweitgrößte Oktoberfest der Welt, und das ist auch in Blumenau. Findet das dieses Jahr statt?

Rodolfo Rebelo: Bis jetzt ist es eine Frage, das ist eine Frage. Der Bürgermeister hat gesagt, warten wir ein bisschen mehr, dann machen wir eine Entscheidung. Ich denke, das wird nicht laufen, aber mal sehen.

Markus: Aber du bist dort sehr gerne, oder?

Rodolfo Rebelo: Unser Oktoberfest dauert länger. Bei euch sind es 16 Tage, glaube ich, und bei uns sind es 20, 21 Tage. Und natürlich ist es warm, sehr warm, ist Oktober, sehr warm. In Deutschland kann man nur trinken, wenn man einen Platz hat. Bei uns ist es ganz frei, du nimmst kein Glas. Bei uns gibt es kein Glas, es ist ein Plastikbecher. Dann nimmst du einen und dann kannst du überall laufen. Das ist normal. Das ist ein großes Fest. Es ist wie beim Bier Festival, aber mit deutscher Musik. Deutsche Melodie, aber auf Portugiesisch gesungen.

Markus: Wie heißt denn ein Prosit der Gemütlichkeit auf Portugiesisch?

Rodolfo Rebelo: Prost, hier sagt man auch Prost, genau wie in Deutschland. Aber Gemütlichkeit sagen wir nicht, entweder sagen wir Gemütlichkeit auf Deutsch oder wir sagen einfach so, saúde.

Markus: Zum Wohl!

Rodolfo Rebelo: Saúde, zum Wohl oder so. Aber die genaue Übersetzung für saúde ist gesund.

Markus: Cool! Naja, dann hoffen wir mal, dass du es vielleicht dieses Jahr doch schaffst zum European Beer Star zu kommen, weil dann könnten wir uns mal in München treffen, vielleicht sogar im Augustiner Keller. Und wenn du da sowieso einen halben Tag bist, dann machen wir da einen BierTalk live. Oder Holger, was meinst du?

Holger: Ja, das wäre ganz großartig. Also der Augustiner Keller wäre genau der richtige Ort.

Markus: Dann Rodolfo, vielen, vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, dass du uns ein bisschen erzählt hast aus Brasilien, uns mitgenommen hast auf die Reise. Hoffentlich sehen wir uns bald und gesund wieder. Wir wünschen dir alles Gute und unseren Hörern draußen, bis bald.

Rodolfo Rebelo: Danke Holger, danke Markus. Ich hoffe, mein Deutsch ist nicht so gerostet, es läuft noch, und ich wünsche allen eine schöne Zeit.

Holger: Ganz toll, Rodolfo, vielen, vielen Dank. Dir auch eine schöne Zeit.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 11 – Interview mit Markus Hoppe von Hoppebräu aus Waakirchen

Markus Hoppe tingelte als Braumeister um die Welt, aber verlor dabei nie sein eigentliches Ziel aus den Augen – die eigene Brauerei. Was 2010 als „Markus Hoppes Garagenbräu“ begann, wurde 2018 mit dem eigenen Sudhaus erwachsen. Ein Jahr später öffnete der sympathische Oberbayer die Pforten seiner „Zapferei“, in der frisches Bier aus elf Hähnen in die Gläser der Gäste fließt. Gemeinsam mit seiner Familie hat Markus Hoppe ein echtes gastronomisches Juwel erschaffen, das immer einen Ausflug ins Tegernseer Land rechtfertigt…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Herzlich willkommen zum 11. BierTalk. In der Tat, wir haben eine Schnapszahl. Und weil wir uns sozusagen mit Schnaps beschäftigen, da ist es dann zum Whisky nicht weit. Dann gibt es noch Brauereien, die da auch eine gemeinsame Tätigkeit ausüben. Und so kommen wir in das Herz Oberbayerns in die Nähe von Tegernsee zu Hoppebräu. Herzlich willkommen Markus Hoppe, grüß dich, guten Abend.

Markus Hoppe: Hallo Holger, hallo Markus! Schön heute beim BierTalk dabei zu sein.

Holger: Das habe ich ja schon fast vergessen wieder. Ich habe heute zwei Markusse an meiner Seite, also Markus, melde dich auch noch mal ganz kurz.

Markus: Ja, ich überlege grad, wie der Plural ist, ob das Marken ist oder Marküsser oder wie auch immer. Also jedenfalls, ich bin der andere davon. Hallo!

Holger: Jetzt könnt ihr es also quasi an den Stimmen auseinanderhalten. Aber ich finde Marküsse gut, also das ist wunderbar. Und jetzt bin ich wieder bei dir Markus. Stell dich doch mal kurz vor, also den Hörern. Also es gibt ja durchaus Menschen vielleicht, die dich nicht kennen.

 

Der Anfang in der Biergarage

Markus Hoppe: Davon ist auszugehen. Also mein Name ist Markus Hoppe und ich bin Gründer und Betreiber der gleichnamigen Brauerei Hoppebräu. Ich bin 30 Jahre alt und habe mit 20 2010 Markus Hoppes Garagenbräu gegründet und das Ganze während meiner Ausbildung zum Brauer und Mälzer gemacht. Und es hat mir sehr viel Spaß bereitet, unterschiedlichste extravagante Biere zu brauen, aber auch klassische Bierstile selbst auszuprobieren und eine eigene Note hineinzubringen und dann zu merken, wow, was für eine Diversität ist denn überhaupt möglich beim Thema Bier. So hat sich quasi das Hobbybrauen und die Ausbildung gleichzeitig zum Brauer und Mälzer hervorragend ergänzt. Und bei mir war von Anfang an klar, ich will mehr mit diesem Beruf zu tun haben und mehr machen. Und bin dann nach meine Ausbildung nach Mauritius gegangen, war während der Ausbildung in Schottland bei BrewDog mal auf ein Praktikum. Auf Mauritius habe ich eine Gasthausbrauerei in Betrieb genommen und dann eineinhalb Jahre klassische bayerische Biere als auch sehr, sehr spannende internationale Bierstile gebraut. Dort ist dann diese Liebe für die große Vielfalt so fest in mir verwurzelt geworden, dass ich, als ich zurückkam, Markus Hoppes Garagenbräu kurzerhand umbenannt habe in Hoppelbräu und ein Gewerbe angemeldet habe und das Bier, das ich dann gebraut habe, auch veräußert. So ging alles los. Und jetzt 2020 sitze ich gerade in meinem Gasthaus in Hoppebräus‘ Zapferei an meinem Lieblingstisch an der Eckbank und schaue mir sehr viele leere Stühle und Tische an. Aber auch durch das Fenster in die Brauerei, da brennt noch Licht, wir brauen fleißig weiter und haben uns ein paar Sachen einfallen lassen jetzt, diese schwierige Zeit ganz positiv zu überbrücken. Und nicht selten ist ein Schaden, wo auch ein Nutzen ist.

Holger: Sehr schön gesagt. Also auf jeden Fall, das glauben wir auch, dass eben in so Krisen auch Chancen stecken. Und ein Thema, das wir uns heute überlegt haben, ist eben auch der BierTalk. Mensch, jetzt hast du schon einen weiten Bogen geschlagen, Markus, das hat doch stark beeindruckt, oder nicht?

Markus: Ja, ich bin ganz hin und weg. Und manchmal wünscht man sich, dass man nicht nur Namensvetter ist, sondern auch Schicksalsvetter, ich wäre gerne mal auf Mauritius gewesen. Gibt es denn die Brauerei überhaupt noch?

 

Ein Brauer auf Mauritius

Markus Hoppe: Die gibt es noch. Das ist die Flying Dodo Brewing Company in Bagatelle, das ist am Berg oben oberhalb von Port Louis eine Einkaufsmall. Das klingt erstmal nicht so schick, aber neben dieser Einkaufsmall, wo sich sehr, sehr viele Menschen treffen und eigentlich ganz Mauritius zum Einkaufen hinfährt, die Insel ist ja sehr klein, hat der Oscar Olson, mein damaliger Chef, ein Haus im Kolonialstil gebaut, eine Brauerei reingebaut, ein 5-Hektoliter-Sudhaus aus Glas mit zwei Restaurants, einem Biergarten und hat das als klassische Gasthausbrauerei aufgezogen. Und ich habe vier Mal die Woche gebraut und auch immer Live-Brauen gemacht und ganz viele Biere eben gebraut. Und mittlerweile sind sie etwas größer, sie beliefern ein paar Hotels, haben eine kleine Flaschenabfüllanlage und füllen so 1-Liter-Flaschen ab, experimentieren sehr viel und jedes Jahr ist ein neuer Brauer oder ein neuer Braumeister dort. Somit kommt immer wieder ein neuer Hausgeschmack quasi in das Ganze rein. Und das finde ich sehr schön und sehr spannend.

Markus: Und da hat sich nicht so Mauritianerin gefunden, die dein Herz erobert hat?

Markus Hoppe: Nein, meine Frau hat mich schon vorher gefunden oder ich sie und erobert. Und wir waren gemeinsam unten und hatten dort eine wirklich tolle Zeit.

Holger: Und ich kann nur sagen, also die Ehefrau von Herrn Hoppe muss sich nicht verstecken, vor niemandem auf der Welt sozusagen. So.

Markus: Hättest du gern geheiratet. Ja.

Holger: Ja, so ungefähr. Also jetzt geht es ja bei uns um Bier und das ist total spannend, aber ich glaube, wir haben einiges vor uns noch, und deshalb würde ich doch sagen, Markus, sag uns doch mal, was sollen wir zuerst aufmachen, was ist dir wichtig? Wir haben hier einiges an Auswahl vor uns.

 

Auch Hoppebräu hat ein Helles

Markus Hoppe: Genau. Ich habe versucht euch meine Bandbreite, was in vier Bieren schwierig ist, mitzubringen. Das erste Bier, das ich gerne aufmachen würde, ist unser Helles, also das Bier, das bei uns in der Brauerei von den Hektoliter-Zahlen das größte Volumen einnimmt, das uns lokal auch am meisten hilft, weil sich die Leute hier mittlerweile mit diesem Bier identifizieren, Gott sei Dank, und weil es quasi das erste Bier in der Klassik-Serie ist. Ich hole noch mal kurz etwas aus. Hoppebräu baut auf drei Säulen. Einmal auf die klassischen Biere, die allerdings erst im zweiten Gang kamen. Dann auf die Wuid Biere. Man könnte jetzt auch Craftbiere sagen, aber auch ein Helles ist ein Craftbier und das würde ich hier ungern weiter vertiefen. Wir nennen sie Wuid Biere. Es sind hopfengestopfte Biere, die für den klassischen Biertrinker oder für den Gaumen des klassischen Biertrinkers erst einmal ungewöhnlich sind. Deswegen heißen die Biere Wuider Hund, Wuide Hehna, Vogel Wuid et cetera pp. Dann gibt es noch eine dritte Säule und das sind fassgereifte Bierspezialitäten. Das sind immer Imperial Stouts in unterschiedlichsten Eichenfässern ausgebaut, zum Beispiel Sherry Fässern oder Whisky Fässer. Das sind quasi diese drei Säulen. Und mit dem Hellen würde ich gerne starten, das ist eben der Hauptvertreter der Klassikserie ist.

Holger: Super! Dann machen wir jetzt mal den Topseller auf.

Markus Hoppe: Ein schönes Geräusch.

Holger: Ein schönes Geräusch und jetzt kommt ins Glas. Also wer jetzt noch keinen Durst bekommen hat, der ist ja selbst schuld, oder?

Markus Hoppe: Absolut.

Holger: So.

Markus Hoppe: Jetzt müsste ich euch fragen, was für ein MHD bei euch hinten draufsteht?

Holger: Was für ein MHD? Ja, kann ich dir sagen, bei mir steht hinten drauf 28.10.20.

Markus: Bei mir auch.

Markus Hoppe: Ja, wunderbar.

Holger: Trinken wir alle dasselbe Bier?

Markus Hoppe: Genau.

Holger: Wunderbar. Ich habe hier auf jeden Fall ein schönes goldfarbenes typisches Helles mit einem feinporigen Schaum im Glas, das mich anlacht und ich möchte eigentlich trinken, aber ich …

Markus Hoppe: Dann trinke! Sehr zum Wohl!

Markus: Eben, mach doch! Also die Farbe ist traumhaft, kann man nur sagen.

Holger: Ja, absolut. Prost!

Markus: Prost!

Markus Hoppe: Prost!

Markus: Man kann auch ein bisschen anstoßen so virtuell.

Holger: Da habe ich mich ja schon den ganzen Tag drauf gefreut. Und ich hatte gedacht, um 18 Uhr würde ich es schon trinken können und jetzt musste ich noch zwei Stunden warten.

Markus Hoppe: Furchtbar.

Holger: Und jetzt endlich, endlich, endlich, also wunderbar. Ich kann nur sagen, mir ist jetzt gerade auch im Geruch und im Mund, im Gaumen ein ganz typisches Helles begegnet eben wirklich, wie du sagst, traditionell, so wie es der Oberländer mag.

 

Das Bier hat ein Geheimnis

Markus Hoppe: Ganz klassisches bayerisches Helles mit 11,5 % Stammwürze. Pilsener Malz, keine Karamellmalze drin. Es ist mit dem Hefestamm W3470, also mit dem klassischen Hefestamm vergoren. Mit 82 % Vergärungsgrad, also etwas schlanker, es ist wenig Restkörper, ein klassisches oberbayerisches Helles. Die Hopfensorten, die hier drin sind, ist der Hallertauer Tradition und der Hallertauer Hersbrucker. Die sind Aromahopfen, keine Bitterhopfen. Das heißt, man braucht, dass man auf die Bittereinheiten kommt, etwas mehr Hopfen. Die Bittere ist aber ausgewogener und somit weniger kratzig, und das Bier geht feiner runter. Das hat auch nicht zu viele Bittereinheiten, also es ist wirklich ein mildes süffiges, bekömmlich darf ich ja nicht sagen, aber ein sehr, sehr feines Bier.

Holger: Ja, das kann ich nur bestätigen. Markus, was sagst du dazu?

Markus: Ja, absolut. Also ich bin ganz hin und weg, wie schon immer in den BierTalks gesagt, das Helle ist ja nicht mein absoluter Lieblingsbierstil, aber das ist für mich das beste Helle, was ich bisher bei den BierTalks getrunken habe, also wirklich richtig, richtig gut. Und was auch toll ist, ist wirklich dieses Mehr an Hopfen. Und man merkt hier auch, finde ich, dass Hopfen eine Hanfpflanze ist. Also so diese grasigen, kräutrigen Aromen sind sehr intensiv, sehr frisch, könnte fast ein Grünhopfenbier sein. Also das gefällt mir richtig, richtig gut und macht richtig Lust, und hat auch sehr viel Eigenaroma. Also viele Helle sind fast ein bisschen langweilig, aber das ist echt ein spannendes Bier. Also Dankeschön, eine sehr schöne Eröffnung für diesen Abend.

Markus Hoppe: Da sage ich doch Danke.

Holger: Perfekt. Und ich kann vielleicht noch ergänzen, ich finde gerade, dass das so ein bisschen trockener ist, macht Lust auf einen zweiten Schluck. Den nehme ich jetzt auch.

 

Bier braucht Handschrift

Markus Hoppe: Mir ist auch immer ganz wichtig, alle meine Biere, egal in welchem Bierstil, das Bier muss eine Handschrift haben. Und meine Handschrift ist, ein Bier muss trinkbar und süffig sein. Von dem her ist mir der Vergärungsgrad bezogen auf den Bierstil sehr, sehr wichtig und da lege ich auch großen Wert darauf. Und wir verwenden viele unterschiedliche Hefen, um dann bierstilspezifisch immer den passenden Restkörper im Bier zu haben. Und wir haben hier keine Säuerung bei diesem Bier, dass man den pH-Wert noch extra runterbringt, dass das Bier dünner wird. Wir zielen auch nicht auf besonders viel Schwefel ab, wie das manche sehr gut laufenden Großbrauereien machen. Wir versuchen, das Bier so einfach wie möglich zu machen, also quasi ein gewisses Back to the Roots. Wir vergären sehr kalt, wir stellen sehr kalt an. Es dauert länger, es liegt dafür sechs Wochen im Tank, bei einem Grad, wird konstant von der Hefe genommen, geht dann in die Abfüllung. Und das war’s. Also ein großes Geheimnis gibt es nicht. Die Einfachheit macht dieses Bier aus.

Holger: Ich finde auch, dass man das so schmeckt. Also ich kann dem Markus nur beipflichten, also für mich ist das auch ein ganz hervorragendes Helles. Aber vielleicht erzählst du noch ein bisschen was auch zur Zapferei. Also du hast das gerade so ein bisschen angeschnitten, dass du da jetzt sitzt und so, das ist ja dann die Brauerei-Gastronomie. Und was macht die Zapferei aus? Erzähl doch mal!

 

Kommunikation ist das A und O

Markus Hoppe: Für mich war immer klar, keiner hat gewartet, dass der Markus Hoppe kommt und Bier braut, und dass man das endlich kaufen kann. Keiner hat auch auf Bier gewartet, dass noch mehr kostet als anderes Bier. Ich habe aber eine sehr große Leidenschaft fürs Bier und brenne dafür und die Wertschätzung fehlt in manchen Bierzelten oder auf manchen Bierfesten leider Gottes doch. Es heißt zwar immer, es dreht sich viel ums Bier, und dann sind Leute da, die sagen, sie kennen sich so gut aus mit Bier, weil sie trinken so viel davon. Und dann sage ich ganz gerne, ja, welches denn? Ja, nur das. Dann sage ich, dann kennst du das eine Bier, aber das war’s dann leider auch. Da kommt genau der Punkt: Kommunikation. Bier ist viel, viel komplexer und vielschichtiger, als man im ersten Moment denkt, und das will ich zeigen. Deswegen gibt es diese Zapferei. Mir ist enorm wichtig, Leute unaufdringlich für Bier zu begeistern. Wenn ich mich jetzt vor jemanden hinstelle, der einfach nur gerne gutes Bier trinkt, immer seine eigene Marke und kein Hoppebräu und sagt, ah, die ganzen Wuiden Biere, mit den Geschmäckern, das brauche ich alles nicht. Dann werde ich den nicht abholen, wenn ich ihm Geschichten erzähle. Den hole ich nur über eine Emotion ab. Und wenn ich jetzt, so wie hier in der Zapferei sitze, mir diesen Mann vorstelle oder diese Frau, die eigentlich nicht so viel Lust hat, aber mit dem befreundeten Pärchen hier ist, weil die gesagt haben, das ist ganz toll hier, dann stelle ich mir vor, was soll der hier erleben? Und man kann eben erleben, durch ein Fenster in die Brauerei schauen, man sieht einen Brauer in Gummistiefel und Schaber, der einen Tank wäscht oder eine Hopfengabel macht. Man hat elf Zapfhähne, aus denen Bier fließt. Man hat Gerichte, die auf die Biere abgestimmt sind. Und das Personal ist vogelwild, genauso wie wir alle. Meine Mama arbeitet hier, meine Tante arbeitet hier. Wir haben drei volltätowierte Leute, von denen oft die Gäste denken, die wären die Brauer, weil ich kein einziges Tattoo habe und ja so gar nicht in diese Branche passe, in diese Craftbier Branche. So sind wir eben, und man kann hier wirklich einen Genuss transparent und authentisch erleben. Und das war das Ziel. Vielleicht muss ich noch irgendwas zu dem ganzen Raum erwähnen. Also das Licht ist leicht dämmerig, gelblich, es ist eine Backsteinwand um das große Fenster in die Brauerei rund rum, eine Holzdecke, dass das Ganze gemütlich wirkt hier drin, ein dunkler Holzboden, lauter zusammengewürfelte Tische und Stühle, die ich teilweise in Maxlrain am Dachboden gefunden habe während meiner Ausbildung, andere, die ich einem Bauern abgekauft habe. Vom Schrottplatz ist einer hier, vom Wildbräu Grafing sind viele Wirtshaustische da, weil wir am Anfang mit der Einrichtung sehr sparen mussten, die aber dem Ganzen jetzt den Charme geben. Wir haben eine weißgeflieste Theke, die an eine New Yorker Craftbier Brauerei erinnert. Und so sind irgendwie alle Einflüsse und alle Ideen, die ich auf meinen Reisen und meiner Biergeschichte irgendwo erlebt habe, hier vereint, und das versuchen wir gemütlich und unaufgezwungen den Leuten nahe zu bringen.

Markus: Jetzt Holger, hast du mal erlebt, was Podcast und was Radio sein kann, nämlich Kino im Kopf.

Holger: Absolut.

Markus: Wir haben jetzt alle einen wunderschönen Eindruck, wie es bei dir ausschaut. Und ehrlich gesagt, das Helle ist weg und ich habe Durst.

Holger: Ja, unbedingt. Also ich muss auch noch mal sagen, ganz, ganz toll gesprochen. Man hat Lust, sofort hinzufahren, also sofort hinzufahren. Sich ins Auto zu setzen und sofort hinzufahren. Aber der Durst ist natürlich auch noch da. Was würdest du jetzt vorschlagen als zweites Bierchen?

Markus Hoppe: Es ist jetzt schwierig. Ich würde es euch überlassen. Also das New England Pale Ale ist weniger bitter, sehr, sehr fruchtig und leichter im Alkohol. Das Vogelwuid IPA ist ein klassisches Traditional IPA, etwas stärker und etwas herber. Also eigentlich würde ich doch euch das nicht überlassen und wir gehen aufs New England.

Holger: Okay, dann machen wir das so. Super.

Markus: Dankeschön! Auf das habe ich mich eh am meisten gefreut.

 

Ein New England IPA aus den Alpen

Markus Hoppe: Hervorragend. Dann macht es wieder Tsss! Was ich auch noch sagen muss, was natürlich bei dem schönen Wetter schmerzt, der Biergarten draußen ist jetzt richtig grün, die Bäume treiben aus. Wenn man da im Biergarten sitzt, hat man links so eine Endmoränen-Landschaft, die jetzt als Grünland bewirtschaftet wird, und da stehen Pferde drin. Im Hintergrund ist ein Alpenpanorama und nach vorne raus ist einfach nichts. Das fehlt mir momentan enorm. Also es ist so trostlos, normalerweise ist das so ein belebter und quirliger Ort, und so viele unterschiedliche Menschen kommen zusammen. Man darf hier so viel erfahren und erleben, und momentan ist einfach nichts da. Das ist schon irgendwie ein seltsames Gefühl.

Holger: Aber du bist da und die Biere sind da, und es wird weitergebraut.

Markus Hoppe: Genau.

Holger: Ich würde sagen, zum Wohl! Markus, ich lasse dir jetzt mal den Vortritt, also dem Bamberger Markus. Eröffne du doch mal, was hast du im Glas?

Markus: Ich habe auch wieder ein sehr, sehr schönes Bier im Glas. Von der Farbe ist es gar nicht so weit weg von dem Hellen, jetzt aber eben trüb, weil wir einen Hazy IPA haben, also ein Bier, wo Hopfen und Hefe und alles noch so richtig schön drin ist und dadurch das Bier eben auch trübe ist. Drüber steht auch wieder ein schöner weißer Schaum. Jetzt rieche ich mal da rein. Also sehr fruchtige Aromen Richtung Pfirsich, Richtung Maracuja, aber auch so typische hopfengrüne Aromen. Finde ich schön, weil oft hat man bei diesen New England IPAs nur noch Früchte und so ist doch noch ein bisschen was vom klassischen Hopfenaroma da, ist wirklich sehr, sehr schön. Nehme ich mal ein Schlückchen. Auch ein sehr, sehr schönes Mundgefühl, fand ich auch beim Hellen toll, die Cremigkeit, interessanterweise bei dem hier auch. Wieder die Fruchtaromen, dann kommt ein bisschen Honig und dann hinten raus so ganz leicht, aber trotzdem präsent, auch die Bittere. Sehr schönes Bier und vor allem so ein leichtes, frisches Bier, also wo ich mir jetzt, wie du gesagt hast, Biergarten, da könnte ich mich den ganzen Tag damit hinsetzen und eins nach dem anderen trinken. Toll!

Holger: Ja, so geht es mir auch. Und normalerweise sprichst du immer dann noch die Frauen an. Also hier könnte ich mir zum Beispiel auch wieder sehr gut vorstellen, dass die Damen dieses Bier auch sehr mögen, oder Markus?

Markus: Also bei den Damen war ich vorhin schon bei Markus Schilderungen, wie er da so erzählt hat mit Berge und Pferde und Idylle und überhaupt. Also das ist sicherlich der beste Ort, wo man hinfahren kann, wenn man so eine frische oder anbahnende Beziehung hat, eben sehr schön romantisch. Und da passt natürlich dann so ein Bier auch dazu. Bin ich völlig dabei.

Holger: Worauf bist du denn am meisten stolz bei dem Bier, Markus?

 

Balance und Drinkability

Markus Hoppe: Bei dem Bier? Das ist das erste New England Pale Ale, das wir bei uns gemacht haben. Und diese New England IPAs sind sehr, sehr stark im Trend. Mich stören aber zwei Sachen etwas an den Bieren. Dass es eben oft nur Frucht ist und dass es fast immer enorm viel Alkohol hat. Ich trinke gerne Bier. Wer gerne Bier trinkt und nur acht- oder neun-prozentige vor sich hat, hat relativ schnell ein Problem. Von dem her war der Anspruch hier, ein New England Pale Ale, also nicht IPA, sondern Pale Ale zu machen mit 12 Grad Plato, 5,5 % Alkohol, aber dennoch enorm viel Geschmack. Und der dritte Punkt, der mir sehr am Herzen liegt, deutsche Hopfensorten. Hier ist nur eine amerikanische Sorte mit drin von vier Hopfensorten und die anderen sind alle aus der Hallertau. Ich lege sehr großen Wert auf Regionalität und Nachhaltigkeit und denke mir sehr oft, wir haben so tolle Hopfen direkt vor der Haustüre, warum also ständig ausschließlich Hopfen aus den USA, aus Neuseeland zu kaufen? Natürlich, die haben andere Witterungsbedingungen, ein ganz anderes Klima, produzieren durch mehr Sonnenstunden natürlich mehr Öle und diese noch intensiveren Fruchtaromen. Aber ich habe hier versucht zu zeigen, dass man das wunderbar miteinander kombinieren kann und man das, was man vor der Haustüre hat, nicht unbedingt vergessen muss. Und das finde ich, ist mir hier ganz gut gelungen.

 

Ritt auf der Rasierklinge

Holger: Ja, das würde ich auch sagen, also das ist wirklich gut gelungen. So ein Bierchen, wo man einfach dranbleiben kann. Das ist auch nichts Besonderes, wir hatten schon ein Gespräch mit dem Werner Schuegraf, und da hatte ich das auch schon gesagt, und hier passt das, glaube ich, auch so ein bisschen. Also für mich ist, ich nenne das so den Ritt auf der Rasierklinge, also dass man einfach jetzt auch in dem Umfeld, auch wo du dich bewegst, Biere produzierst, die auf der einen Seite schon besonders sind und auf der anderen Seite aber gut trinkbar. So habe ich das gerade gemeint, wo ich das beschrieben habe. Und da ist eben derjenige, der jetzt ein kreatives Bier sucht, der ist damit gut bedient. Und derjenige, der jetzt normalerweise sein Helles trinkt, vielleicht auch dein Helles, und aber Lust mal hat, was auszuprobieren, der ist überhaupt nicht enttäuscht und den muss man auch das Bier nicht erklären, sondern der kann sich das selber erschließen und kann für sich da auch eine Entscheidung treffen. Und ich glaube, das ist hier sehr gut gelungen. Das ist so ein schönes Bier, wo man sagen kann, Mensch, das ist ein neuer Bierstil, der im Trend liegt jetzt vielleicht am Tegernsee und in der Umgebung, bei den meisten normalen Menschen vielleicht jetzt gar nicht, und haben es auch noch nie gehört, aber die probieren das dann mal und ich könnte mir vorstellen, die können sich damit auch verbinden. Und das finde ich, macht‘s auch aus, für die Leute auch wirklich Biere zu brauen, wo man sich als Brauer nicht nur selber beweihräuchert und zeigt, was alles möglich ist, sondern dass eben auch die meisten Leute sagen, passt schon.

Markus Hoppe: Und das ist ein Bier, da hätte ich mir nicht gedacht, das geht im örtlichen Getränkemarkt gut, das geht im örtlichen Edeka gut, die Leute kaufen das. Und wir haben hier auch teilweise den örtlichen Fußballverein sitzen, und die sagen, boah geil, ein New England Pale Ale, Wahnsinn, habe ich noch nie gehört, schmeckt super, kann ich aber auch richtig gut trinken. Du hast eigentlich den Nagel auf den Kopf getroffen, ich brauche nichts mehr dazu sagen.

 

Auf das Mutterland schauen

Markus: Was auch gut ist, es geht auch ein bisschen eben um das Thema, wie interpretiere ich diesen Bierstil. Und hinter dem New England IPA steckt eigentlich grundsätzlich mal New England, also die Ostküste der USA und eben die New England Staaten und damit eben auch die Tradition und auch die Verbindung zum ehemaligen Mutterland, zu England. Und wenn man da eben schaut, dann ist die Grenze zwischen IPA und Pale Ale sowieso relativ fließend. Also man kriegt da schon IPAs mit 4 % und Pale Ales, die gehen eben auf 4,5 oder 5. Dementsprechend ist das eh so ein bisschen gar nicht so genau definiert, aber auf der anderen Seite geht es eben um eine Sache immer, nämlich darum, dass es einfach Spaß macht, diese Biere zu trinken, weil in England die Tradition einfach die ist, ich gehe in mein Pub und habe da eine schöne Zeit und bin da über Stunden und trinke eins nach dem anderen und habe Freunde und neue Leute und wie auch immer und genieße einfach den Abend, schaue vielleicht ein bisschen Fußball oder was auch immer. Und ich denke, das ist hier eben sehr, sehr schön umgesetzt, im Gegensatz zu vielen gerade so Amerikanern dann wieder von der Westküste, die dann halt versuchen, das so zu interpretieren, dass ich halt ohne Ende Fruchtaromen habe und ganz viel Bittere vielleicht dann doch. Dann ist es zwar ein sehr beeindruckendes Bier, aber dann eben auch wieder langweilig und eben mit wenig Drinkability, also mit wenig Lust, davon mehr zu trinken. Und ich glaube, da hast du einfach den Punkt wirklich ziemlich genau getroffen, wo man sagt, okay, diese Idee, wir haben ein eher fruchtiges trotzdem sehr hopfiges Bier mit sehr viel Aroma, sehr viel Intensität, und in dem Fall von den deutschen Hopfen, wie wir es mir vorhin auch schon vorkam, so ein bisschen auch diese fast Eukalyptus-Noten, also gerade so nach dem Trunk merkt man, da ist fast so ein bisschen die Zunge auch betäubt. Also ganz, ganz schön, ganz spannend, ganz intensiv, aber eben so, dass man davon mehr trinken kann, dass es erfrischend bleibt und dass es einfach Spaß macht. Weil das ist ja auch sowas, wenn deine Jungs schon immer Helles trinken, schon immer Pils trinken oder Weizen, für die ist das eine neue Erfahrung, mit der sie aber so umgehen können wie sonst auch. Und das ist gut.

Markus Hoppe: Genau. Man kann die Leute abholen.

Holger: Jetzt würde ich sagen, werden wir noch ein bisschen wilder, oder?

Markus: Absolut.

Holger: Ich habe ja immer totale Probleme das richtig auszusprechen, deshalb sage ich es einfach hochdeutsch: vogelwild. Aber Marcus, du kannst es noch mal richtig aussprechen bitte.

 

Es wird vogelwild

Markus Hoppe: Das jetzige Bier ist das Vogelwuid IPA. Da erzähle ich vielleicht kurz was zur Namensfindung. Das erste Bier, das ich im Tank hatte, das hieß bei Markus Hoppes Garagenbräu noch „3 Amis Märzen“, weil drei amerikanische Hopfensorten drin waren in diesem Märzen. Und dann bin ich aber da schon auf deutsche Hopfen umgestiegen, dann ging der Name nicht mehr, und ich hatte keinen Namen. Das Bier war aber im Tank. Und dann sagt mein Papa auf der Heimfahrt zu mir, nenne es doch einfach wuider Hund. Alle sagen, du bist ein wuider Hund, weil du die ganzen wuiden Biere braust. Das passt doch. Gesagt, okay, passt. Bier Nummer zwei war dann das Vogelwuid. Bier war gebraut, kein Name da. Mein Opa hat es probiert und sagt leicht abfällig, boah, das schmeckt ja vogelwuid. Quasi, das kannst net saufen. Und damit war der Name geboren. Die ganzen anderen Wuid-Biere wurden dann der Reihe nach frei erfunden. Also es musste immer ein Wortspiel sein oder ein geflügeltes Wort, ein Tier und Wuid mit drin. Dann kam die Wuid Sau, dann die Wuide Hehna und danach das Fuchsteufelswuid. So hat sich das Ganze entwickelt. Was man auch sagen muss, mittlerweile hat sich mein Opa, der jetzt 84 Jahre alt ist, dieses Jahr 85 wird, sehr, sehr an diese Biere gewöhnt und sagt, das Vogelwuid ist eines seiner Lieblingsbiere.

Holger: Da kann man sehen, wie sich dann die Horizonte erweitern. Also rein ins Glas.

Markus Hoppe: Sodala.

Holger: Ist jetzt auch von der Farbe her fast das Helle, ne?

 

Silber beim European Beer Star

Markus Hoppe: Ja, es ist auch sehr hell. Also wo ich hier großen Wert drauf gelegt habe, war, es heißt IPA India Pale Ale, also Pale hell, es sollte auch hell sein. Dieses Bier hat viel mitgemacht mit mir. Das war nicht immer so, wie es jetzt ist. Also es war mal etwas dunkler, also da habe ich ziemlich viel feinjustiert. Und so wie es jetzt ist, bin ich enorm zufrieden. Es hat 6,5 %, es ist hell in der Farbe, es ist Weizenmalz und vermälzter Hafer zum Teil mit drin, aber sehr wenig. Es ist knackig bitter mit 48 Bittereinheiten. Intensiv hopfengestopft mit Hallertauer Mandarina Bavaria, Deutschen Cascade, Citra aus den USA, ein Amerikaner durfte noch mit drin sein, und mit Hallertauer Kalista, den ich sehr gern mag. Es ist ein Traditional Pale Ale, hat beim European Beer Star letztes Jahr Silbermedaille gewonnen, worüber ich mich sehr freue. Zum Wohl!

Holger: Zum Wohl! Prost! Markus, da saßt du dann am Jurytisch, oder? Also wenn man so eine Silbermedaille gewinnt beim European Beer Start Award, dann ist Markus Raupach dabei. Erzähl mal!

 

So läuft ein Bierwettbewerb ab

Markus: Ja, das ist schon absolut spannend, finde ich richtig cool, dass du da gewonnen hast. Ich bin eben auch schon seit vielen Jahren da dabei. Und auch als Table Captain, wo es eben drum geht, dass man verschiedenste Biere bekommt, immer derselbe Bierstil. Das Ganze geht über zwei Tage, und am Anfang geht es los, dass praktisch alle eingereichten IPAs nach und nach verschiedene Tische kriegen. Die suchen dann schon mal davon ungefähr ein Drittel oder ein Viertel raus, wo man sagt, die sind jetzt qualitativ in der Oberklasse sozusagen. Dann gehen die nochmal in eine Zwischenrunde, wo wir dann wieder an einem neuen Jurytisch schauen, okay, was ist davon jetzt finalwürdig? Das sind zwei oder drei solche Tische, und dann eben geht es an den Finaltisch, wo dann meistens acht Juroren aus aller Herren Länder gemeinsam die Biere verkosten und dann eben sagen, okay, welches kriegt jetzt eine Gold-, eine Silber-, eine Bronzemedaille. Insofern ist das eine ganz harte Auslese, gerade bei Bierstilen wie IPA, wo es einfach auch sehr, sehr viele Biere gibt, die eingereicht werden. Und das da dann zu schaffen, wirklich am Ende eine der Medaillen zu bekommen, ist mit die beste Leistung, die man im Grunde im Bierbereich machen kann. Also insofern da an dieser Stelle schon mal Gratulation.

Markus Hoppe: Vielen Dank!

Markus: Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich da jetzt beim IPA, vielleicht war ich in der Vorrunde, das kann gut sein, weil wir da immer durchgewürfelt werden, es gibt über 100 Bierstile, aber ich hätte es auch weitergewählt beziehungsweise eine Medaille gegeben, muss ich sagen. Was mir sehr gut gefällt, ist so dieser Antrunk. Also es kommt fast so ein bisschen süß, geschmeidig am Anfang und entwickelt sich dann richtig und dann kommt auch die Bittere, aber immer noch in einer Art und Weise, wie man einfach das schön trinken kann. Also es ist gut umgesetzt. Ich glaube, da spielt eben der Hafer auch eine Rolle, um das ein bisschen geschmeidiger zu machen, ein bisschen weicher, ein bisschen runder zu machen. Sehr angenehm das Vogelwuid. Und ich muss sagen, wir trinken deine Biere jetzt schon seit einigen Jahren und ich glaube, ich habe mit dem Vogelwuid auch schon das ein oder andere mitgemacht.

Markus Hoppe: Ja, bestimmt. Und du hast es mit Sicherheit auch schon anders kennengelernt, als es jetzt ist.

Markus: Mhm (bejahend). Es war auf jeden Fall deutlich dunkler, da kann ich mich erinnern.

 

Bier-Evolution

Markus Hoppe: Genau. Aber so, das finde ich, ist immer das Schöne, derjenige, der zwanghaft festhält an dem, was man immer schon gemacht hat, bloß weil man es immer schon so gemacht hat, das finde ich immer sehr, sehr schade und auch dämlich. Man muss sich konstant weiterentwickeln, und wenn sich das Wissen weiterentwickelt, dann muss man das auch anwenden.

Holger: Und jetzt gehen wir noch ein Bier weiter.

Markus: Bevor du das holst, würde ich gerne noch eine Sache sagen. Was ich sehr schön finde, ist, dass du da den Mandarina Bavaria nimmst, weil das ein Hopfen ist, der vor, was weiß ich, ungefähr zehn Jahren so richtig in Mode gekommen ist, ziemlich frisch also auf dem Markt war, und dann jetzt so ein bisschen aus der Mode gekommen ist und gerade jetzt in diesem Jahr ziemlich stark auch schon wieder verschwindet von der Bildfläche. Und das ist eigentlich sehr schade, weil er aromatisch, finde ich, ein sehr toller Hopfen ist, der sich auch oft über die Zeit verschieden entwickelt. Je nachdem, wie alt ein Bier quasi ist, kann der durchaus immer wieder interessante Nuancen haben. Und auf der anderen Seite ist es eine der wenigen neuen Hopfensorten, die sehr resistent sind für die Klimawandelprobleme. Das heißt, der kommt auch gut damit zurecht, wenn es eben mal länger trocken ist oder sehr heiß ist. Und das ist eigentlich dumm von den Hopfenbauern so einen Hopfen umzupflügen. Also insofern finde ich es gut, dass du an dem festhältst, weil dann ist zumindest ein bisschen was noch gesichert in der Produktion.

 

Mandarina Bavaria

Markus Hoppe: Den Hopfen kaufe ich direkt vom Hopfenbauern, da lege ich auch großen Wert drauf. Hinfahren, bonitieren. Und zum Beispiel der Mandarina Bavaria wächst beim Martin in Vohburg an der Donau auf fünf unterschiedlichen Böden mit fünf unterschiedlichen Hanglagen. Wenn man die dann Ende August alle bonitiert von Hand und sagt, was, das ist alles Mandarina Bavaria, dann sieht man wieder, wie vielschichtig der sein kann und wie enorm wichtig die Punkte sind, ist er bewässert oder nicht, ist es eine Süd- oder eine Nordlage vom Hang, steht er gerade, wie viel Sonne hat er bekommen. Auf einmal riecht er grasig, dann riecht er nach grüner Tomate der eine, der andere riecht dann tatsächlich nach Zitrusfrüchten, der andere riecht leicht nach Tee. Und so kann man dann wirklich auswählen, ich hätte nicht ganz gerne nur den Mandarina Bavaria aus der Hallertau, wo ich nicht weiß, von welchem Bauern und schon gar nicht von welchem Feld, sondern wir können auswählen, von dem Bauern, und zwar von diesem Feld genau den, den ich jetzt in der Hand habe und reinrieche.

Holger: Wirklich wunderbar. Ich kann nur sagen, wenn sich jetzt jemand beschwert, und das kommt vor, dass sich Leute beschweren, wenn wir ein bisschen überziehen und diese angepeilten 30 Minuten, 25 bis 30 Minuten überschreiten, dann … tja, heute ist es einfach so, damit müssen wir dann leben. Und trotzdem glaube ich, wir haben so viel Interessantes jetzt schon erfahren, dass wir weitermachen, egal wie lange es dauert, wir machen weiter.

Markus: Und vor allem machen wir auf, und zwar das Slyrs.

Holger: Ich kann noch gar nichts sagen, weil ich bin so andächtig noch.

Markus Hoppe: Hmm, wunderschön.

Holger: Wirklich Wahnsinn.

Markus: Dieser Schaum.

Holger: Bei mir auf der Flasche steht Nummer 4597.

 

Eine seltene Flasche

Markus Hoppe: Die sind durchnummeriert bis 10.000. Bei diesem Bier ist mir sehr, sehr wichtig, dass es auch eine gewisse Exklusivität mit sich bringt. Die gibt es nicht immer und die sind nicht endlos verfügbar. Das sind aber Biere, die man auch gut und gerne drei bis fünf Jahre oder noch länger im Keller reifen lassen kann. Auf dem Etikett findet man auch kein Mindesthaltbarkeitsdatum, sondern einen Jahrgang. Und zwar ist das jetzt wieder Jahrgang 2019. Dieses Bier wird gebraut wie ein Vierfachbock quasi. Wir schlagen aus unserem Sudhaus normalerweise 2.270 Liter Heißwürze aus mit im Durchschnitt 11,5 % Stammwürze. Bei diesem Bier schlagen wir bloß 1.200 Liter aus, also 1.000 Liter weniger, mit 24 % Stammwürze. Es ist ein enormer Kraftakt, dieses Bier zu brauen und zu produzieren und die Würze überhaupt durch den Läuterbottich zu bringen. 12 unterschiedliche Malze sind hier drin, sämtliche Röstmalze, die man sich vorstellen kann. Dann kommt das Bier über den Plattenkühler in den Tank, da kommt die Hefe dazu und das Bier vergärt ganz normal durch. Das dauert dann ungefähr 12 Tage, bis auf 6,5 bis 7 % Restextrakt runter. Also wieder vom Verhältnis her, vom Vergärungsgrad sehr gut, dass das Bier, obwohl es so stark ist, trinkbar ist, dass es nicht nur süß im Mund ist. Es muss auch in gewisser Art und Weise trocken daherkommen. Dann liegt das Bier weitere zwei Monate im Tank, dass sich die Hefe komplett absetzt, in zylindrokonischen Tanks, die man dann abschießt die Hefe, weil das Bier im Anschluss dann in Whiskyfässer kommt, und zwar in Whiskyfässer der Brennerei Slyrs am Schliersee, das ist keine 30 Minuten von uns weg. Und die produzieren Whisky, der in Eichenfässern aus amerikanischer Weißeiche gereift ist. Und die hatten eine Mountain Edition und haben diesen Whisky dann auf dem Berg am Stümpfling, am Spitzing oben gereift, haben die Fässer entleert und wir haben dann diese leeren Fässer frisch gekauft und unser fertiges Bier in diese Fässer gegeben und noch mal vier Monate nachreifen lassen. Haben da einen extra Reiferaum, wo wir die Luftfeuchtigkeit erhöhen können, dass die Fässer nicht mehr hydrophil sind und kein Wasser mehr ziehen, sondern den Alkohol aus dem Bier ziehen und somit die ganzen guten Aromen in das Bier holen. Wenn man jetzt hier reinriecht, riecht man den Whisky, Dörrobst, Holz, aber auch eine leichte Vanillin-Note vom Whisky, und ich finde, sogar fast was leicht Kokosartiges. Und nach diesen zwei Monaten kommt das Bier wieder aus den Fässern, ohne dass man die Fässer bewegt, wohlgemerkt mit einer Pumpe, in den Tank, dann kommt nochmal ein Teil Kräusen rein, also angegorenes Bier. Und der Tank wird unter Druck gesetzt, dann können der angeborene Teil fertig vergären und man hat dann Kohlensäure im Bier. Dann wird das Ganze abgefüllt. Also es ist ein enormer Kraftakt und Zeitaufwand dieses Bier zu brauen, aber wir machen jedes Jahr eine Edition und verlieben uns jedes Jahr neu in diese Biere. Zum Wohl!

Markus: Zum Wohl!

 

Slyrs Imperial Stout – das perfekte Nachtischbier

Holger: Zum Wohl! Ich bin auf jeden Fall auch schon verliebt und ich weiß nicht, ob wir es schon gesagt haben, es ist ein Imperial Stout als Bierstil. Das finde ich, ist auch noch wichtig, dass wir das erwähnen. Ich bin auf jeden Fall schon verliebt.

Markus: Für alle, die das nicht genau im Kopf haben, also wer schon mal ein Guinness getrunken hat, muss sich dann praktisch vorstellen, wenn man aus diesem Guinness ein Doppelbock macht, also das Ganze noch viel kräftiger einbraut, dann landet man irgendwann bei so einem Imperial Stout. Und das, was der Markus beschrieben hat mit dem Läuterbottich – ich muss eben sehr, sehr viel mehr Malz nehmen, wenn ich am Ende so viel Alkohol und Aroma haben möchte. Und dieses viel Mehr an Malz ist eben auch ein viel Mehr an Feststoff. Stellt euch vor, ihr braut einen Kaffee und nehmt dafür fünfmal so viel Pulver wie normal, das dauert dann einfach auch ewig bis das dann abfließt und so, und ihr habt auch viel weniger, was am Ende dabei rauskommt. Und das ist eigentlich das Spannende, dass es ein ganz edles, feines Produkt ist. Für mich vom Geruch her ist auch noch ganz viel so Schokolade mit drin. Also der Whisky ist nicht so, dass er dominiert, dass er das voll überbordet, sondern er ist schön eingebunden. Das macht das Bier so schön weich und samtig. Also es ist ein ganz, ganz großer Genuss, das auf der Zunge zu haben.

 

Foodpairing mit Schokolade

Holger: Ich muss auch gerade an Goldhelm Schokolade denken, das ist eine kleine Manufaktur aus Erfurt. Und das MaPiNu zum Beispiel ist eine Schokolade, das könnte ich mir gut dazu vorstellen zum Beispiel. Sehr, sehr lecker. Oh, da habe ich jetzt aber Lust drauf. Aber ich habe gar keine mehr, du hast ja wahrscheinlich welche.

Markus: Auch schon aufgegessen leider.

Holger: Um Gottes Willen. Ich bin oft hier in München, da gibt es einige hauptberufliche Sommeliers. Das sind dann in der Regel Weinsommeliers, die bei den großen Häusern arbeiten, also zum Beispiel im Tantris oder bei Dallmayr oder bei Feinkost Käfer. Und wir treffen uns ab und zu mal und da wird dann natürlich ausschließlich über Wein gesprochen. Aber ich habe dann immer die Aufgabe, wenn man dann fertig ist, ein Bier mitzubringen, was die anderen so ein bisschen auch noch mal überraschen soll. Und das wäre jetzt sowas, also das könnte ich denen mitbringen, das können die auch wertschätzen. Die äußern sich da auch nie abfällig irgendwie über Bier, sondern setzen sich damit auseinander. Und die würden jetzt sagen, also da bin ich fast sicher, dass die sagen würden, ein Wein mit dieser Komplexität, den muss man erst noch suchen. Das würden die sagen. Dann gibt es auch noch ein paar, die dann danach, wenn mir dann keiner mehr zuhört und der Abend eigentlich zu Ende ist, die kommen dann und sagen, ey Holgi, hast du noch ein paar Flaschen? Weil die nämlich eigentlich viel lieber Bier trinken. Das muss ich mitbringen das Zeug, nächstes Mal.

 

Besser als ein Rotwein

Markus: Auf jeden Fall. Also das hält locker mit jedem Rotwein mit. Man hat auch fast 12 %, muss man auch dazu sagen. Großartig. Sowas zum Beispiel, das ist, wenn wir jetzt zum Beispiel Weihnachten haben und man hat einen schönen Braten, dann ist so ein Bier natürlich ganz toll, weil das mit den Aromen schön mithalten kann und ein sehr, sehr schöner Begleiter ist. Und ich meine, auch die Zusammenarbeit mit Slyrs ist natürlich toll, ist immerhin eine der ersten Whisky-Destillerien in Deutschland gewesen. Bemühen sich auch sehr, die Whiskys zu veredeln, mit Fässern viel zu spielen, sind da sehr weit auch in dem Experimentieren schon. Da ist es für dich sicherlich auch eine kleine Ehre, dass du derjenige sein darfst, mit dem die da zusammenarbeiten?

Markus Hoppe: Definitiv, definitiv. Wir verstehen uns auch sehr gut und mein Bruder ist gelernter Destillateur und hat bei Lantenhammer gelernt, was der Mutterkonzern von Slyrs ist. Von dem her gibt’s da immer schon einen engen Kontakt und Austausch. Und wer gleich kreativ und anders denkt, findet sich. Und von dem her denke ich, passt das Ganze hier wie die Faust aufs Auge.

Holger: Und bei Slyrs auch tolle Location, tolle Gastronomie, man kann auch besichtigen, kann probieren und natürlich auch landschaftlich am Schliersee erste Sahne. Das ist vielleicht ein schönes Schlusswort, oder?

 

Mit dem Bus zur Zapferei

Markus: Ja, wobei eins müssen wir noch sagen, wenn wir schon bei erste Sahne und Erleben sind. Genau diese Kombination, also Slyrs und den Markus Hoppe mit seinen tollen Bieren, kann man auch über die Bierakademie erleben, nämlich mit unserem BusGenuss-Programm. Also sobald das wieder erlaubt ist, fährt der Holger mit seinem Oldtimerbus auch wieder los und da kann man dann von München aus in einer Tagestour das alles live erleben und sich auch noch mal erklären lassen und zeigen lassen und kann auch die tollen Speisen probieren, die der Markus zaubert. Also insofern ein kleiner Werbeblock sei an dieser Stelle mal erlaubt.

Holger: Und den Markus kennenlernen und die Mama kennenlernen und die Tante, und wenn man ganz viel Glück hat, sogar Markus‘ Frau.

Markus: Jetzt ist aber ein gutes Schlusswort.

Markus Hoppe: Herzlichen Dank! Sehr schön war’s.

Markus: Vielen Dank an dich.

Holger: Unbedingt. Ich möchte mich bei euch beiden bedanken. Das war wirklich sehr schön. Danke, danke. Und schönen Abend an alle.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 10 – Interview mit Mareike Hasenbeck vom Blog „Feiner Hopfen“ aus München

Es ist einem glücklichen Zufall zu verdanken, dass die angehende Journalistin Mareike Hasenbeck in der Bierwelt gelandet ist. Mittlerweile ist die umtriebige Bloggerin daraus nicht mehr wegzudenken und hat sich als eine der wenigen Journalistinnen und Journalisten ihr eigenes kleines Unternehmen mit dem Berichten über Bier und Bierkultur aufgebaut. Unter anderem im Playboy schreibt sie eine regelmäßige Kolumne, ist aber auch in vielen anderen Medien präsent. Zudem bereist sie als BeerJudge die Welt, teils mit ihrer Schwester Elena, die für Fotos und Marketing der sympatischen Münchnerin verantwortlich zeichnet. Im Gespräch mit Holger Hahn und Markus Raupach offenbart sie unter anderem das Geheimnis ihrer Geburtsstadt – und was ihr beim Bier besonders am Herzen liegt…

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Holger: Herzlich willkommen zum 10. BierTalk. Also das ist doch ein kleines Jubiläum. Und das Allertollste ist, dass wir auch noch heute den Tag des Bieres haben. Da haben wir uns natürlich was ganz Besonderes überlegt und haben die Mareike eingeladen. Man kennt sie von „Feiner Hopfen“. Hier ist wie immer der Holger und der …

Markus: Markus.

Holger: Mareike, hallo, grüß dich! Alle kennen dich, das glaube ich, aber trotzdem, vielleicht könntest du noch mal zwei, drei Worte zu dir und deinem tollen Blog sagen.

Mareike Hasenbeck: Hallo Holger, hallo Markus! Erstmal auch herzlichen Dank für die Einladung, ich freue mich sehr. Ich bin Mareike, ich schreibe seit über sieben Jahren den Craft-Beer Blog feinerhopfen.com, bin Bier-Sommelière, bin DLG-geprüfte Sachverständige in der Sensorik für Bier und Biermischgetränke. Das müsste man mal auf die Visitenkarte schreiben. Hauptberuflich bin ich freie Journalistin, schreibe überwiegend über das Thema Bier, aber auch über andere Getränke und bin zu dem auch noch International Beer Judge.

Holger: Da begegnet ihr euch ja regelmäßig, oder Markus?

 

Das Wiedersehen ist ein bisschen Heimat

Markus: Ja, das stimmt. Immer wieder und immer wieder auf verschiedenen Ecken der Welt. Lustigerweise sehen wir uns auf anderen Kontinenten öfters als in München. Aber es ist natürlich immer schön, weil es immer auch ein Stückchen Heimat ist, wenn wir uns sehen.

Holger: Was bewegt dich denn im Moment? Also ich habe gesehen, du stellst verschiedenen Menschen der Szene Fragen, wie es ihnen gerade so geht. Und was antworten die, was begegnet dir und wie geht es dir denn?

 

Corona und das Craft-Bier

Mareike Hasenbeck: Mich haben viele „Feine Hopfen“-Leser tatsächlich gefragt, ob ich denn wüsste, wie es der oder dem geht, wie sieht‘s bei denen in der Corona-Krise aus, was machen die, werden die das schaffen, wird es danach kein Craft-Bier mehr geben? Deswegen habe ich mir gedacht, okay, das wäre doch eigentlich ganz schön, den jungen Bauern eine kleine Plattform zu geben innerhalb so einer Interview-Serie, um sie zu fragen, wie sieht es denn eigentlich aus, wie läuft das Geschäft, was haben sie für Ideen und was sie denken, wie es quasi nach Corona weitergeht? Anfangs liest man das schon sehr traurig, sage ich mal, weil vielen ja doch viel Umsatz wegbricht, weil die Fässer auf den Höfen stehen und nicht verkauft werden, die Gastronomie ist zu. Aber andererseits geht der Optimismus nicht verloren und das finde ich eigentlich sehr schön. Und es entsteht so ein neuer Zusammenhalt, was meines Erachtens auch anfangs dieser Craft-Bier Bewegung irgendwie auch der Grundgedanke war so, gemeinsam sind wir stark. Ich finde, dass das jetzt gerade wieder so ein bisschen zurückkommt, und das finde ich sehr schön. Was ist bei mir so los? Klar, mir brechen auch die Aufträge weg, alle Veranstaltungen sind abgesagt, die Awards, die Reisen, alles bricht weg. Man darf nicht verzweifeln, man darf den Kopf nicht in den Sand stecken, also die Ideenschublade im Köpfchen, die wird gefüllt, mal gucken, was sich daraus ergibt. Und meine Meinung ist auch, dass aus jeder Krise auch irgendwas Gutes entstehen kann.

Holger: Also das glauben wir auch, oder Markus?

Markus: Absolut. Also das war gerade ein sehr schönes Bild mit der Ideenschublade, weil ich glaube, das ist auch so ein bisschen das, was vielleicht die Menschen ausmacht, die dann auch ganz gut mit sowas klarkommen, weil man halt einfach so eine Schublade hat, wo immer Sachen drin liegen oder auch schnell reinkommen und wo man dann relativ schnell einen Plan B oder C oder D oder E oder F hat und dann doch einfach neue Wege findet, mit sowas zurecht zu kommen. Was ich auch schön fand war, dass du gesagt hast, es ist so ein bisschen wie am Anfang. Fand ich auch, also da war diese Craft-Bier Szene wirklich ein Herz und eine Seele und das hat sich so ein bisschen verloren. Und jetzt, glaube ich, kommt einerseits das wieder ein bisschen zurück, und andererseits überhaupt die Brauerfamilie an sich wächst wieder ein bisschen mehr zusammen, weil es nicht nur den Craft-Brauern nicht besonders gutgeht, sondern den anderen natürlich auch.

 

Gute Ideen in der Krise

Mareike Hasenbeck: Ich finde es sehr schön zu sehen, dass auch die jungen Brauer sich jetzt untereinander auch unterstützen. Also wenn man jetzt bei uns in München mal guckt, da ist „Frisches Bier“ zum Beispiel, die fahren jetzt mit der Rikscha das Bier aus und nehmen aber immer mehr regionale kleine Brauereien auch mit rein und fahren deren Biere auch aus. Also nicht nur Tillmans Biere, sondern auch andere Biere, Fremdbiere. Das finde ich eigentlich ganz schön, dass da so eine Kreativität entsteht, so eine neue, und Zusammenhalt eben.

Holger: Ja, das ist auf jeden Fall eine tolle Sache, also erlebe ich auch so. Bei allem, was ja wirklich auch belastend ist und furchtbar ist, weil die Gastronomie mehr oder weniger tot ist. Es gibt aber immer dann Leute, die auch kreative Ideen haben und die auch umsetzen und sich eben auch nicht entmutigen lassen und auch fest daran glauben, dass es dann nach der Krise auch irgendwie weitergeht. Das muss ja auch so sein, also das wäre furchtbar, wenn es nicht so wäre. Pass auf! Jetzt sollten wir zum eigentlichen Grund unseres Gesprächs kommen, wir haben uns Biere mitgebracht und ich bin total gespannt, was hast du dir denn mitgebracht? Mach doch mal auf. Vielleicht erraten wir es sogar.

 

Hopfen in der Dose

Mareike Hasenbeck: Alles klar. Ich mache mal auf.

Holger: Ganz klar, Dose.

Markus: Absolut.

Mareike Hasenbeck: Ja, das ist schon mal richtig. Ich schenk mal was ein. Das läuft schon mal in einer richtig schönen goldgelben Farbe ins Glas mit einem wunderschönen schneeweißen, stabilen, feinporigen Schaum.

Markus: Viel Hopfen?

Mareike Hasenbeck: Ja.

Markus: Muss ja, bei „Feiner Hopfen“.

Mareike Hasenbeck: Genau.

Markus: Holger, ich würde sogar mal auf ein deutsches Bier tippen, was denkst du?

Holger: Ich glaube, nicht. Ich glaube, da ist kein deutsches Bier im Spiel.

Markus: Hm! Also Amerika?

 

True Brew aus München

Mareike Hasenbeck: Nein. Also es ist tatsächlich ein deutsches Bier und ich bin auch der Meinung, support your locals. Deswegen habe ich hier jetzt von True Brew aus München, das ist eine neue Marke, die im vergangenen Jahr aufgemacht haben mit einem eigenen Tab Brew. Die haben so eine sogenannte Lab Series und da habe ich jetzt gerade das Toxid Boombox, das ist ein New England Pale Ale mit 5,4 %. Ich glaube, es kommt jetzt sogar offiziell auf den Markt innerhalb dieser Lab Serie. Ich finde wie gesagt, support your locals, deswegen habe ich mir das hier ausgesucht.

Markus: Das ist ein tolles Frühstücksbier. Ja, schön.

Mareike Hasenbeck: Auf jeden Fall. Ich habe ein bisschen tendiert zwischen, weil ich wohne ja in dem wunderschönen Bierdorf Aying, südöstlich von München. Ich habe hier auch noch eine Ayinger Bräuweiße stehen, weil zum Frühschoppen so ein schönes Weißbier ist auch immer nicht schlecht. Aber ich habe jetzt, glaube ich, doch ein bisschen mehr Lust auf was Hopfiges.

Holger: Naja, dann Prost!

Mareike Hasenbeck: Zum Wohl!

Markus: Ja, Prost!

Mareike Hasenbeck: Was habt ihr denn im Glas?

Holger: Noch nichts, wir tasten uns Stück für Stück vor, aber sag doch mal was zu dieser neuen Initiative da in München.

Mareike Hasenbeck: Zu der Marke meinst du oder zu der Brauerei?

Holger: Ja, zu beidem vielleicht.

Mareike Hasenbeck: True Brew, wie gesagt, die haben im vergangenen Jahr im August ganz unscheinbar, also ich habe das gar nicht mitbekommen, viele aus München haben das nicht mitbekommen, dass einer Taproom aufmacht. Ich habe das zufällig bei Instagram gesehen, in zwei Tagen irgendwie Eröffnung, neuer Taproom in München. Und dachte mir dann so: Hä? Was ist das denn? Kenne ich gar nicht. Ich habe dann so recherchiert, habe aber auch wirklich nichts gefunden und dachte mir: Gut, dann gehe ich da mal hin zu der Eröffnung und ist ein Superladen, ist total schick. Hinter der Theke haben die vier glänzende Kupferkessel eingebaut, wo sie auch frisch draus zapfen. Brauen aber irgendwo in Franken, sind also sogenannte Gypsy Brauer. Das Schöne bei denen ist, dass die Biere alle sehr, sehr trinkbar sind. Also das ist nichts Extremes eigentlich, sondern das ist auch gut für Einsteiger. Und dieses Bier, was ich jetzt habe, wie gesagt, ein New England Pale Ale, das hat eine wunderschöne gelborange Farbe, es ist naturtrüb, es hat einen schönen Schaum, wie ich eingangs schon erwähnt habe. Und wenn man die Nase reinhält, es ist einfach ein wirklich schöner Fruchtcocktail, den man da hat. Das ist so eine Kombination aus Mango, aus Maracuja, ein bisschen Aprikose, also gelbe Steinfrüchte sind auch mit dabei. Und wenn man den ersten Schluck nimmt, das ist wirklich ziemlich erfrischend, gar nicht schwer, es ist schön schlank und kommt auch wieder eben dieser schöne Frucht-Cocktail durch. Und wenn man es runterschluckt, eine sanfte Herbe. Gefällt mir gut. Zum Frühstück einwandfrei.

 

New England IPA – Segen oder Fluch?

Markus: Wir hatten jetzt schon öfters diese New England Pale Ales, die jetzt gerade so ein bisschen in Mode kommen, habe ich den Eindruck, weil man eben diese schöne Fruchtigkeit mit etwas weniger Bittere und auch weniger Alkohol hat. Wann hast du denn überhaupt diese ganze New-England-Geschichte wahrgenommen und was sagst du denn dazu? Gefällt dir das?

Mareike Hasenbeck: Boah! Gute Frage. Ich weiß gar nicht, wann ich das wahrgenommen habe, keine Ahnung. Jedenfalls, ja, es gefällt mir, ich mag diese Aromaspiele von diesem New England oder auch Hazy Ips, mag ich eigentlich sehr gerne. Allerdings finde ich es ein bisschen schade, dass das gerade jeder macht. Also ich trinke es gerne, ich mag das Aroma, aber ich find‘s schade, dass es jeder macht. Und ich freue mich einfach, wenn ich mal wieder so ein richtig schönes West Coast IPA zum Beispiel im Glas habe, wo dann auch noch diese harzigen Noten mit im Spiel sind und so eine richtig schöne Herbe. Aber wie gesagt, die Vielfalt macht’s, ich finde es toll, mir schmeckt das, aber ab und zu brauche ich auch mal wieder was anderes.

Holger: Ich sage vielleicht auch noch mal was zu True Brew, das ist ja Dreimühlenviertel.

Mareike Hasenbeck: Genau.

Holger: Da hat vor kurzem eine Kneipe zugemacht, die ich immer ziemlich legendär fand und auch gerne hingegangen bin, dass Bavarese, also in meinen Augen beste Wiener Schnitzel Münchens, hat da das Viertel so ein bisschen gastronomisch gelitten, also Verluste hinnehmen müssen. Und da ist das jetzt wieder was Schönes, also ein schöner Akzent, wo wieder was Neues entsteht. Und mir ist das auch so gegangen, ich habe das überhaupt nicht mitgekriegt und plötzlich hat dann jemand davon gesprochen und ich sage, nee, kenne ich gar nicht. Und habe dann gedacht, um Gottes Willen. Aber ich freue mich, also ich freue mich, dass dann doch Leute Mut haben, hier auch in der Stadt sich zu positionieren. Und du weißt ja, wie das ist, in guten Lagen gute Läden zu bekommen, ist schwer. Es ist alles teuer und so. Es ist auch ein bisschen waghalsig sozusagen. Ich hoffe, dass das gut wird.

Mareike Hasenbeck: Ich hoffe auch. Und weil du gerade gesagt hast, Dreimühlenviertel, das wird jetzt in München, glaube ich, so der neue Craft-Bier Hotspot, weil eigentlich im Mai, ich weiß den aktuellen Stand jetzt nicht, aber wahrscheinlich wird es nichts im Mai, soll noch eine weitere Kneipe aufmachen. Also das „Frisches Bier“ ist auch dort im Dreimühlenviertel, Schlachthofviertel, das grenzt alles so ein bisschen aneinander.

Holger: Ja.

Mareike Hasenbeck: Und dann hat man quasi dort drei Kneipen, wo man dann eigentlich schönes Barhopping machen kann.

Holger: Na wunderbar, ja. Das wäre zu begrüßen.

Mareike Hasenbeck: Auf jeden Fall.

Holger: Markus, was hast du denn dir überlegt, was hast du vorbereitet?

 

Tag des Bieres und des Buches

Markus: Ja, natürlich auch ein Bierchen. Wir haben ja Tag des Bieres, Tag des Buches, für mich quasi ein doppelter Feiertag, und dann noch mit Mareike, großartig. Deswegen habe ich ein besonderes Bierchen. Ich sag gleich, es wird nicht leicht. Aber ich mach’s mal auf.

Mareike Hasenbeck: Kommt auf jeden Fall aus der Flasche.

Markus: Das ist richtig. Die Farbe ist ungefähr das Gegenteil von deinem.

Holger: Also schwarz.

Markus: Wie die Nacht.

Holger: Auweia! Also dann lässt das ja darauf hindeuten, dass es so in Richtung Stout geht?

Markus: Absolut. Allerdings Festtag, deswegen auch Festbier.

Mareike Hasenbeck: Also bei dir stelle ich mir auf jeden Fall irgendwie was Regionales vor.

 

Granizo-Bier aus Chile

Markus: Ja, da bist du normalerweise richtig, aber ich glaube, ich muss es auflösen, weil das könnt ihr nie im Leben rausfinden. Aber ich habe mir überlegt, gerade weil so ein schöner Tag ist und weil wir uns mit dir unterhalten und wir auch viel international unterwegs sind, habe ich mal in meinem Kühlschrank geschaut, was ich noch für ganz besondere Schmankerl habe. Und das ist jetzt ein Bier aus Chile, was ich letztes Jahr mitgebracht habe, als ich dort war beim Wettbewerb. Wir haben da eine ganz kleine Brauerei besucht, die schon 2011 angefangen hat, was für Südamerika echt relativ bald ist. In Olmué, das ist in der Nähe von Valparaíso. Die Brauerei heißt Granizo und das Bier ist ein Imperial Stout. Pechschwarz, sehr, sehr dunkler Schaum und aromatisch ganz, ganz spannend, weil dieses Imperial Stout in Pisco-Fässern gelagert worden ist. Pisco ist so eine Art Nationalschnaps der Chilenen, oder man könnte auch sagen, eine Art Weinbrand auf jeden Fall. Das gibt dem Ganzen dann natürlich richtig schöne, intensive, weinige Noten. Vielleicht noch ein Satz, es heißt Bomba Cuatro. Cuatro ist einfach nur die Nummer 4. Und Bomba kommt daher, dass es eine Zeitung gab, ähnlich wie bei uns die Bild-Zeitung, und die haben, genauso wie bei uns die Bild-Zeitung, immer eine relativ leicht bekleidete Dame auf die erste Seite drauf. Die hatte dann den Spitznamen die Bomba. Als das dann, genauso wie bei uns übrigens, abgeschafft worden ist, hat dann der Brauer, weil er so ein Fan davon war, eine Bierserie erfunden, die dann eben Bomba hieß. Das ist jetzt die Nummer 4, sehr, sehr spannend, vollaromatisch, 13 %, habe ich heute einen schönen Tag bestimmt.

Mareike Hasenbeck: Auf jeden Fall.

 

Mareike und der Playboy

Holger: Ja, wunderbar. Also ich meine, Mareike, nackte Frauen, also ich meine, du schreibst ja für den Playboy, ne?

Mareike Hasenbeck: Ja.

Holger: Das ist eine Kolumne, oder nicht?

Mareike Hasenbeck: Naja, das ist die Rubrik „Die Männerbar“, die ich dort regelmäßig bespiele. Deswegen, wie eingangs gesagt, leider ist es nicht nur Bier, sondern es geht bei mir tatsächlich auch um Tequila, um Rum, um Whisky, und um solche Themen.

Holger: Wie bist du dazugekommen? Wenn der Playboy anruft, dann kriegt man erstmal einen Schreck, oder?

Mareike Hasenbeck: Nein, es war andersrum, ich habe den Playboy angerufen, muss ich gestehen. Ich habe mein Volontariat beim Focus-Magazin gemacht und war auch auf der Burda Journalistenschule, und der Playboy gehörte bis vor ein paar Monaten auch noch zum Burda Verlag, sowie der Focus auch. Und hatte da auch schon ein paar Kontakte und als dann der Focus, die ganze Redaktion nach Berlin ging und ich für mich beschlossen habe, ich möchte nicht nach Berlin gehen, habe ich mitbekommen, dass jemand beim Playboy gegangen ist im Genussbereich und habe mich dann da beworben. Die haben mich auch gleich eingeladen und haben gesagt, ich kann gerne „Die Männerbar“ machen, aber es geht halt nur als freie, sie können mich nicht fest anstellen. Da habe ich mir gedacht, ja gut, nebenbei habe ich schon das mit dem Bier gemacht, wenn ich das alles noch ein bisschen hochfahre und mir da mehr Mühe gebe, dann könnte das eigentlich funktionieren, dass ich mich selbstständig mache. Das habe ich dann auch getan und es war auch wirklich so der beste Schritt, den ich bisher in meiner beruflichen Laufbahn gemacht habe.

Markus: Kann man sagen, du bist durch den Playboy selbstständig geworden?

Mareike Hasenbeck: Ja, mehr oder weniger. Kann man so sagen.

Markus: Spannend.

Holger: Kann nicht jeder von sich behaupten.

Markus: Das stimmt. Ich glaube, wir haben auch schon mal einen Artikel dann zusammen gemacht mit Edelbränden und so im Playboy.

Mareike Hasenbeck: Im Grill-Special haben wir doch zusammen mal Bier und Grillgut kombiniert, glaube ich, oder?

Markus: Stimmt, richtig, das war auch, dann konnte ich auch mal schreiben, ich war im Playboy. Nein, also sehr, sehr witzig. Aber ich finde überhaupt toll, also wir kennen uns schon wirklich relativ lange, und wenn man so verfolgt, wie du es tatsächlich als eine der ganz, ganz wenigen geschafft hast, eine journalistische Karriere auf der Basis von Bier aufzubauen, die mittlerweile sich auch aufgefächert hat in viele verschiedene andere Bereiche jenseits des Journalismus, das finde ich echt ganz toll. Das ist für mich immer wieder so ein Beispiel, was ich nenne, weil mich die Leute immer fragen, jetzt bist du Biersommelier und was kann man denn damit überhaupt machen? Ist das was, womit man Geld verdienen kann und so? Ich finde das einfach ein gutes Beispiel, wie man sagt, okay, ich habe gewisse Grundkompetenzen, das verbinde ich dann mit dem Thema Bier und mache daraus dann eine eigene Berufswelt.

Holger: Was ich auch total klasse finde, ist, du hast mir irgendwann mal erzählt, wie es zum Blog kam. Und das ist eine schöne Geschichte, die musst du jetzt auch noch mal erzählen.

 

Die Geschichte eines Blogs

Mareike Hasenbeck: Ja, das war tatsächlich auch, innerhalb der Journalistenschule wurde uns geraten, jeder soll sein eigenes Blog führen. Dann habe ich überlegt, lange überlegt, über was ich denn bloggen könnte? Und anfangs dachte ich mir, ich könnte so einen Satire-Blog aufsetzen, war mir dann aber doch nicht so sicher, ob ich jetzt jede Woche so witzig bin. Dann kam der Moment, dass ich eingeladen war auf einer Veranstaltung, einer amerikanischen Veranstaltung American Beer and American Beef, und habe mir da mit Bier ehrlich gesagt überhaupt gar keine Gedanken gemacht, weil ich komme zwar aus dem wunderschönen Bayern, da war Bier schon immer da, habe mir da aber nie Gedanken darüber gemacht, warum trinken die einen lieber Helles, die anderen lieber Weißbier, und was ist da überhaupt der Unterschied? Dann war ich auf dieser Veranstaltung und hatte dort ein amerikanisches Pale Ale im Glas, also das wusste ich zu dem Moment noch nicht, und nicht großartig darüber nachgedacht, und es war einfach wahnsinniger Wow-Effekt. Das war wirklich, als würde so die Welt im Moment stehenbleiben, weil ich so fasziniert davon war, von diesem Aroma-Spiel, weil es auch ganz anders war als das, was ich bisher kannte. So kam dann wieder der Gedanke, ah, ich habe doch damals ein cooles Bier getrunken, ich könnte doch einfach über Bier bloggen. Dann dachte mir gut, gut, ich gucke mal, was man im Internet so in dieser Richtung von dem Bier, was ich dort auf dieser amerikanischen Veranstaltung probiert habe, finden kann. Es gab nicht so viel vor siebeneinhalb Jahren ungefähr, aber alles, was möglich war, habe ich mir gekauft, und dachte mir, gut, ich probiere das einfach mal und stelle das mal auf diesem Blog dann vor. Und so kam das dann. Ich hatte aber trotzdem anfangs überhaupt noch gar keine Ahnung vom Thema Bier.

Holger: Da muss ja dein Professor total dankbar sein, oder?

Mareike Hasenbeck: Der fand das total witzig, ehrlich gesagt. Der dachte dann, ja okay, als Frau könnte eigentlich ganz lustig sein. Ja, so war es dann tatsächlich am Anfang auch.

Holger: Ja, klasse.

 

Mareike und Elena auf Tour

Markus: Du hattest ziemlich am Anfang auch schon deine Schwester mit dabei und mittlerweile reist die auch mit dir teilweise mit zu Wettbewerben. Ich glaube, in Brasilien haben wir uns da auch schon mal zusammen getroffen. Wie ist das so als zwei Schwestern rund ums Thema Bier mit Foto und Text und so?

Mareike Hasenbeck: Meine Schwester, die ist studierte Grafik- und Kommunikationsdesignerin, und die hat anfangs eben mein Design gemacht und auch meine Fotos gemacht und sowas. War aber anfangs gar nicht so begeistert, auch vom Bier, also ich musste sie immer ein bisschen dazu nötigen, dass sie das jetzt mal probiert. Fand es dann aber doch ganz toll. Wenn ich dann eben eingeladen bin zu solchen coolen Awards wie nach Brasilien, also in Chile war ich auch eingeladen, ich habe es auch sehr bereut, dass ich da nicht konnte, bin ich sehr neidisch, Markus, die Fotos, die du gepostet hast. Ich habe mir gedacht, wenn ich schon nach Brasilien so weit fliege, dann wäre es doch eigentlich ganz schön, dann noch einen Urlaub dranzuhängen. Das war eigentlich so der Grund, warum meine Schwester mitgekommen ist.

Holger: Ja, Wahnsinn. Ich meine, ich weiß gar nicht, warum nehmt ihr euch nicht zusammen einen Flieger und sitzt immer zusammen und so? Also das kann man doch organisieren, ich verstehe das gar nicht.

Markus: Meinst du jetzt uns beide?

Holger: Ja, wen sonst?

Markus: Ach so. Naja, dann müsste jemand den Pilotenschein machen, dann wäre es glaube ich kein Problem. Ansonsten ist es ziemlich teuer.

Mareike Hasenbeck: Ja, das stimmt, aber Holger du könntest einen Pilotenschein machen, das wäre doch gar nicht schlecht.

 

Busfahren statt Fliegen

Holger: Oh, ich habe jetzt erst mal einen Busschein gemacht oder vielmehr, den hatte ich ja schon, aber ein Busunternehmen, ein Verkehrsunternehmen gegründet und ich habe erst mal genug. Also ich habe sowieso das große Los gezogen. Also es gibt bestimmte Branchen, die sind besonders von Corona betroffen, also beispielsweise das Thema Gastronomie und Events und Messen und Verkostungen. Und dann gibt es noch eine Branche, das ist das ganze Thema Tourismus, Reisen und Busfahren, und ich bin halt immer dabei. Also das war richtig schön oder ist richtig schön grad. Und insofern Pilotenschein wäre wahrscheinlich auch finanziell gerade gar nicht drin, weil den stelle ich mir teuer vor. Hätte aber Bock drauf, also das muss ich schon sagen.

Mareike Hasenbeck: Ich glaube, das wäre auf jeden Fall sehr spaßig, wenn wir drei zusammen in so einem kleinen Flieger fliegen würden.

Holger: Also ich kann wirklich sagen, ich habe alle Führerscheine, die es gibt, außer einen Flugschein. Ich habe auch einen Segelschein, BR-Schein, Sportbootführerschein, Navigationsprüfung, alles was das Herz begehrt. Fahrzeuge sowieso alle, bis hin zum Gabelstapler, aber Flugschein fehlt mir. Ihr habt recht, also danke.

Markus: Wir würden dir sogar ein Oldtimer-Flugzeug besorgen.

Holger: Also wunderbar, das ist doch ein Anlass noch einmal erneut anzustoßen, oder?

Mareike Hasenbeck: Auf jeden Fall.

Markus: Ja.

Holger: Ich mache das auch mal auf.

Mareike Hasenbeck: Das klang nach einem Plop-Verschluss.

Markus: Da haben wir dann alle vereint, eine Dose, eine Flasche und ein Bügel.

Mareike Hasenbeck: Stimmt.

Holger: Genau. Ich habe mir natürlich auch Gedanken gemacht, Tag des Bieres, was passt da? Ich bin gespannt, also ihr könnt mal loslegen. Also warum soll ich jetzt schon Tipps geben?

Markus: Was ist denn normalerweise in einer Bügelflasche?

Mareike Hasenbeck: Auf jeden Fall was Traditionelles.

Markus: Genau. Kellerbiere, Weißbiere. Hm!

Mareike Hasenbeck: Ein Landbier vielleicht?

Holger: Ich sag mal was. Ich habe einfach gedacht, beim Tag des Bieres musst du einen Bierstil wählen, dem es einfach nicht mehr gutgeht und der trotzdem in den Fokus gerückt gehört.

Markus: Ein Export?

Holger: Eigentlich noch schlimmer als ein Export.

Markus: Ein Altbier?

 

Das Altbier als Exot

Holger: Sehr gut, Markus. Ich wollte gerade sagen, so nach dem Motto, es ist mal wieder typisch, wenn man mit so Bayerntypen telefoniert, die kommen natürlich auf sowas nicht, aber Markus, du bist einfach großartig.

Markus: Ein Schumacher Alt.

Holger: Du bist ganz nah dran, ganz nah dran.

Mareike Hasenbeck: Geografisch.

Holger: Ganz genau.

Markus: Ach so, okay, ja stimmt. Stimmt. Die waren mir jetzt so geläufig, dass ich gedacht habe, die sind es nicht, aber es stimmt, Uerige ist natürlich, ja.

 

Uerige aus Düsseldorf

Holger: Genau. Das ist für mich eines der absoluten traditionellen Altbier-Brauereien in der Düsseldorfer Altstadt. Hat eine schöne Bittere, du weißt ja, ich liebe bittere Biere. Also eine gewisse Bittereinheit darf da schon drin sein. Und wenn ich in Düsseldorf bin, was leider viel zu selten vorkommt, versuche ich auch einfach in die Brauereigaststätte zu gehen und mir mindestens ein Gläschen zu trinken. Ich bestelle mir dann eine halbe Mett dazu, so macht man das. Und die Brauerei hat auch noch ein Kühlschiff, also die brauen nach wie vor mit einem Kühlschiff. Uerige finde ich schon sehr besonders. Das, was ich jetzt hier im Glas habe, ist eine Sticke, also ein Altbierbock aus dem Jahre 2013.

Mareike Hasenbeck: Oh schön.

Markus: Boah, das ist auch eine coole Wahl. Sehr gut.

Holger: Da habe ich gedacht, so kann man den Tag des Bieres ehren und noch mal darauf hinweisen, probiert mal wieder schöne Altbiere.

Markus: Das kann man übrigens den Hörern auch nur empfehlen, wenn die Möglichkeit besteht und ihr nach Düsseldorf zu Uerige kommt, schaut, dass ihr die Brauerei besichtigen könnt. Das Kühlschiff ist sowieso spektakulär. Es wird aber noch so ein alter Berieselungskühler zum Beispiel eingesetzt, was ich in Deutschland sonst überhaupt nirgendwo mehr gesehen habe. Ganz, ganz traditionell, ganz hohe Handwerkskunst. Und natürlich der Fassaufzug, das ist auch etwas Begeisterndes. Hast du den schon gesehen, Mareike?

 

Mareikes Geheimnis

Mareike Hasenbeck: Ja, habe ich auch schon gesehen. Wer es vielleicht gar nicht weiß, ich bin in Düsseldorf geboren.

Markus: Oh!

Holger: Ach! Also das weiß man eigentlich nicht. Nein.

Mareike Hasenbeck: Genau. Ich bin in Meerbusch bei Düsseldorf geboren, war aber nicht mal ein Jahr alt, da sind wir hier schon nach München gezogen. Ich muss gestehen, dass ich zum ersten Mal richtig in Düsseldorf vor fünf oder sechs Jahren war, weil ich mir dachte, ich will einfach mal sehen, wo ich eigentlich herkomme. Und der erste Gang war eigentlich auch erst mal zum Uerige, erstmal ein Bierchen bestellt, ein schönes Mettbrötchen dazu. Und vielleicht noch als Tipp, ich glaube, die machen es immer noch, samstags machen die immer einen ganz großen Topf Erbsensuppe.

Holger: Stimmt.

Mareike Hasenbeck: Sowas Besonderes, und das lohnt sich wirklich, auch mal diese Erbsensuppe zu probieren.

 

Killepitsch

Holger: Für den Edelbrand-Sommelier unter uns, da kann man sagen, gegenüber vom Uerige, da gibt’s dann einen schönen Schnaps, der heißt Killepitsch. Das ist so ein Kräuterlikör.

Mareike Hasenbeck: Baah!

Holger: Den auch sehr gerne bitte dazu.

Mareike Hasenbeck: Da kriege ich gleich eine Gänsehaut.

Markus: Ich kann mich erinnern, dass ich mit einem mir bekannten Biersommelier mal einen Abend in nahezu allen Düsseldorfer Brauereien war, und danach hatten wir dann das Verlangen oder er hatte das Verlangen nach diesem Killepitsch. Wir haben lange gesucht, aber am Ende einen gefunden.

Holger: Ja, stimmt. Also die Altstadt, die hat da vieles zu bieten, und Füchschen hat ein ganz tolles alkoholfreies Altbier. Dann natürlich auch Schumacher, aber auch die sage ich mal Dinge, die, wo man jetzt vielleicht gar nicht daran denkt, beispielsweise Frankenheim Alt finde ich auch klasse, weil Frankenheim Alt hat so eine sehr ausgeprägte Röstmalz-Aromatik, die auch verlorengegangen ist. Also viele Altbiere sind dann auch in meinen Augen zu gefällig geworden. Wenn man mal so ein Altbier mit Charakter möchte, kann man auch gut und gerne mal einen Frankenheim trinken und so. Es gibt viele Brauereien, die immer noch diesem Bierstil auch treugeblieben sind, aber insgesamt natürlich ganz kleiner Markt, die Absatzzahlen gehen immer weiter zurück. Natürlich, Uerige wird da überleben und auch weiterhin existieren, aber der Bierstil als solches wird überhaupt nicht beachtet. Also auch von den Craft-Brauern überhaupt nicht beachtet, also verstehe ich überhaupt nicht.

Mareike Hasenbeck: Das kommt bestimmt noch.

 

Was ist ein gutes Altbier?

Markus: Ich habe den Eindruck, indirekt beachten sie den schon, aber sie checken es nicht. Also die machen dann halt ein Brown Ale oder ein Dark Ale oder sowas, und letzten Endes ist das ja auch nichts anderes, nur halt anders benannt. Meistens hauen sie halt viel mehr Hopfen rein und vor allem Aromahopfen, aber so von der Basis her ist ein schönes Alt letzten Endes ein schönes Ale.

Holger: Unbedingt. Und gerade auch jetzt hier so ein Altbierbock, da könnte man sich wirklich mal mit beschäftigen und kreativ sein.

Mareike Hasenbeck: Wie viel Prozent hat der Holger, da startest du ja auch schon ganz schön stark, oder?

Holger: Ja, da lass uns lieber nicht drüber reden, also …

Markus: Aber keine 13.

Holger: Nein, keine 13. Früher gab es das gar nicht in Deutschland, das war ein reines Exportbier. Das ist wirklich vorwiegend in die USA exportiert worden. Ich habe das lange gar nicht gekannt, und dann bin ich dann irgendwann damit konfrontiert worden. Ich glaube sogar, vom Wolfgang Stempfl, der hat mir die erste Flasche geschenkt und hat gesagt, hier, trink das mal. Das fand ich sofort absolut super. Auch die Farbe, also dieses ganz dunkle Kupfer und dann eben diese Karamell- und Röstmalzaromen und so. Und dann eben auch die 6 %, aber so schlimm ist es ja auch nicht.

 

Doppel-Sticke mit Olli Wesseloh

Markus: Es könnte auch ein Doppel-Sticke sein, da sind wir dann bei 7 oder 8 %. Außerdem, vielleicht das auch noch erwähnt, es gibt immerhin einen, der damit experimentiert, und zwar macht das, soweit ich weiß, der Oliver Wesseloh, der gemeinsam mit Uerige einen Doldenhopfen Alt oder Sticke macht. Und das gibt es einmal im Jahr. Also finde ich auch ganz spannend, kriegt man nur selten, aber sehr fein.

Mareike Hasenbeck: Lohnt sich auf jeden Fall, das mal zu probieren.

Holger: Ja, absolut, also finde ich auch. Das kommt eben daher, dass eben der erste Braumeister und der Oliver Wesseloh sich vom Studium her kennen.

 

Frauen und Bier – die „neue“ Normalität

Markus: Wenn du jetzt im Ausland unterwegs bist, haben die Leute da mit dem Thema Frau und Bier ähnliche Ressentiments, die es vielleicht bei uns in Deutschland gab oder gibt? Oder ist das dort normaler, selbstverständlicher? Wie gehen da die Brauer mit dir um, wenn du sagst, hallihallo, ich würde jetzt gerne mal die Brauerei anschauen und mit dir reden?

Mareike Hasenbeck: Also bisher hatte ich da tatsächlich überhaupt gar keine Probleme. Ich glaube, das ist auch nur so ein Vorteil. Also ihr wisst das genauso wie ich, dass die Frauen das Bierbrauen eigentlich erfunden haben und dass durch diese kreative Branche sage ich mal die Frauen auch endlich wieder zurückkommen zum Bier. Ich hatte bisher echt keine schlechten Erfahrungen, sowohl im Ausland als auch hier. Klar, hat man bei einem Tasting mal irgendwelche Klugscheißer mit dabei, ältere Herren, die denken, so, der jungen Frau, der fahre ich jetzt mal übern Mund, und dass da blöde Fragen gestellt werden, aber da muss man dann einfach cool genug sein und zeigen, dass man kompetenter ist wahrscheinlich als derjenige, der da jetzt ein Klugscheißer sein will. Ich hatte sowohl hier als im Ausland noch keine Probleme, dass mich da irgendjemand schief angeguckt hat oder so. Man muss halt als Frau, glaube ich, einfach zeigen, dass man kompetent ist und dann wird man auch ernst genommen.

Markus: Wir brauchen ab und zu Biere mit unseren Braukursen, wobei das dann meistens nicht vergoren wird, sondern einfach nur die Maische ist. Immer wenn ich selber versucht habe, Bier zu brauen, bin ich letzten Endes an dem ganzen Thema Hygiene in der Gärung gescheitert. Wie ist es denn mit dir, hast du schon selber gebraut, hattest du schon erfolgreiche Versuche und machst du es weiter?

 

Mareike braut ihr eigenes Bier

Mareike Hasenbeck: Ja, ich habe tatsächlich auch schon einige Male selber gebraut, aber ich muss gestehen, gut, ich habe zwei Sude gehabt, die sind echt gut geworden, die haben mir sehr gut geschmeckt und haben sogar auch anderen Menschen geschmeckt, aber die anderen Versuche, wer das probiert hätte, der hätte sich wahrscheinlich die Fußnägel hochgerollt. Die musste ich wegkippen, weil es so widerlich war. Thema Hygiene ist da echt ein guter Punkt, deswegen habe ich mir jetzt auch gedacht, ich bin auch von Haus aus ein sehr ungeduldiger Mensch, muss ich gestehen, dass ich mir lieber gute Biere kaufe, als dass ich selber einen ganzen Tag da stehe und nicht weiß, was dabei rauskommt. Meistens ist es dann doch nichts Tolles, da lasse ich lieber die, die es können, die sollen das lieber machen und ich kaufe mir das dann und weiß, ich habe was Gutes im Glas.

Markus: Genau. Das ist auch meine Quintessenz. Wie ist es bei dir Holger?

Holger: Ich braue ja, seitdem ich 16 Jahre alt bin, ab und zu ist es auch schon gelungen. Ich habe jetzt schon lange nicht mehr wirklich im Keller was gemacht, sondern bin dann immer nur irgendwie dabei, aber das Tolle am Hobbybrauen ist eben, kein Bier zweimal. Man überlegt sich halt immer was Neues und so. Das ist eben irgendwie total super.

Mareike Hasenbeck: Jeder sollte mal sein eigenes Bier gebraut haben, um einfach auch mal zu sehen, wie kompliziert das tatsächlich ist, ein gutes Bier herzustellen und wie aufwendig dieser Prozess ist.

Holger: Ja, absolut. Also das ist einfach auch ein Beruf und da muss man eben mehrere Jahre für lernen und das auch nicht ohne Grund. Das ist einfach so. Und wer das mal gemacht hat und sich da richtig mit auseinandersetzt, wie komplex das ist, der kann das auch besser wertschätzen. Wisst ihr was? Ich hänge aber immer jetzt noch der Düsseldorfer Altstadt nach so ein bisschen. Ich möchte da unbedingt mal einen Kneipentipp abgeben, und zwar gibt es so eine richtige 68er-Kneipe, die noch vollkommen unverändert ist. Vielleicht gibt es die bald nicht mehr. Also da ist sogar Joseph Beuys immer gewesen und hat da getrunken. Und das ist die KreuzherrenEcke. Wer diese Kneipe nicht kennt, das ist eine absolute Kultkneipe, die vollkommen authentisch unverändert immer noch so existiert. Irgendwann kommt mit Sicherheit einer um die Ecke und möchte jetzt mal das Haus sanieren oder sonst wie was tun. Wenn ihr da irgendwie die Möglichkeit habt da hinzukommen, dann ist das was ganz Besonderes. Also das muss man einfach erlebt haben, das ist so eine richtige schöne Kneipenkultur, die mich auch dazu gebracht hat, das Bier so zu leben und auch zu lieben. Unbedingt, also KreuzherrenEcke in der Düsseldorfer Altstadt. Also das ist ein echter Tipp.

Mareike Hasenbeck: Ist das innerhalb der längsten Theke der Welt?

Holger: Nee, nee, ist nicht innerhalb der längsten Theke der Welt. Alte Stadt 14 heißt die Adresse, das ist eher Richtung Kunstmuseum.

 

Geheimtipps für Düsseldorf

Markus: Jetzt steige ich langsam aus als nicht so oft in Düsseldorf Seiender, aber ich kann es mir immer noch einigermaßen vorstellen. Ich möchte vielleicht zum Schluss noch einen Tipp auch an die Leute geben, die nach Düsseldorf gehen, was ich vorher noch vergessen habe. Bei Uerige wird auch einen Schnaps gebrannt, also ein Destillat von dem Sticke Bier, das heißt Stickum. Interessanterweise darf man es in der Kneipe nicht trinken und kaufen, weil es dort schon immer verboten ist Schnaps zu konsumieren. Aber man kann sich eben ein Fläschchen kaufen und mit nach Hause nehmen und hat dann das konzentrierte Bier im Glas.

Holger: Das ist doch ein schönes Schlusswort. Dann wünsche ich euch noch einen schönen Tag des Bieres. Das Wetter passt ja, genießt es.

Markus: Habt noch einen schönen sonnigen Tag, genieße dein Bierchen, ich werde meines jetzt auch noch langsam austrinken.

Mareike Hasenbeck: Ich bedanke mich bei euch, ich hebe mein Glas auch noch mal auf euch und auf euren Podcast, tolle Sache. Prost! Habt auch einen schönen Tag. Und auf den Tag des Bieres.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 3 – Interview mit Uwe Kalms von UTHOKA aus ’s-Hertogenbosch

Das Leben führte Brauer und Biersommelier Uwe Kalms durch viele Länder, bis der gebürtige Heidelberger am Ende in den Niederlanden landete und sich dort mit einer eigenen Brauerei seinen Traum verwirklichte. Sein Erfolgsmodell als „Gypsy in der eigenen Brauerei“ ist beispielhaft für die niederländische Craft Beer Szene. Kreativität mit Köpfchen – so dass auch im Geldbeutel immer etwas hängen bleibt…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen BierTalk Spezial. Spezial deswegen, weil wir uns heute nicht in Deutschland bewegen, sondern mal ins Ausland schauen. Wir, das sind wie immer ich, der Markus, und …

Holger: … der Holger.

Markus: Unser Gast kommt eben, also zwar ursprünglich aus Deutschland, aber ist er jetzt gerade nicht. Uwe, vielleicht magst du dich schnell selber ein bisschen vorstellen.

 

Aus Deutschland nach Holland

Uwe Kalms: Mein Name ist Uwe Kalms. Ich bin geboren in Deutschland, allerdings lebe ich schon lange nicht mehr in Deutschland. Ich bin mit 19 nach Luxemburg gegangen, um dort zu studieren, dann 25 Jahre in Luxemburg gelebt, danach ein paar Jahre in Belgien, in Brüssel, ein paar Jahre in Frankreich und jetzt seit knapp zehn Jahren in Holland, wo ich auch meine eigene Brauerei habe und Biersommelier bin.

Markus: Wo du es gerade sagst, immer wenn ich in die Niederlande fahre und dann sage „in Holland“, dann kriege ich erst mal eine drauf. Weil die immer gar nicht wollen, dass man die Niederlande als Holland bezeichnet, sondern sagen, das ist ja bloß ein Stück.

Uwe Kalms: Naja, Holland ist effektiv eine Provinz vom Königreich der Niederlande. Wäre eigentlich so, wenn man sagen würde in Deutschland zu jedem Bayer. Andersrum, es ist zwar ein bisschen neckisch, weil Holland auch international als Begriff für die gesamte Niederlagen gebraucht wird. Und denkt mal an Fußball, was rufen die Holländer? Höp Holland höp! Also so schlimm ist es dann doch nicht.

Markus: Das stimmt. Ja. Ich musste gerade an diesen deutschen Slang „Ohne Holland fahren wir zur WM“ denken. Aber das verschieben wir auf später. Fühlst du dich denn als Holländer, Niederländer oder als Europäer oder wie fühlt man sich da so?

 

Uwe ist Proto-Europäer

Uwe Kalms: Ich fühle mich eigentlich, denke ich so, als Proto-Europäer. Ich sage immer, wenn mich jemand dann wirklich fragt, was bist du von Nationalität, dann sage ich immer, ich bin Passport-Deutscher, mein Reisepass ist halt noch deutsch, aber ansonsten fühle ich mich eigentlich als Europäer. Die Nationalität macht mir eigentlich sehr wenig aus, solange ich die Leute verstehen kann. Und da habe ich auch ein paar Sprachen in petto inzwischen, dass das eigentlich ganz gut geht.

Markus: Wir haben ja noch jemand unter uns, der ziemlich nah an Holland, an den Niederlanden aufgewachsen ist. Holger, wie hast du denn so deine europäische Nähe erlebt?

 

Holger und seine Jugend in Duisburg

Holger: Naja, also ich bin ja Duisburger, also das wissen ja mittlerweile wirklich alle, weil ich das gefühlt in jedem Podcast einmal erwähne. Aber jetzt hast du ja explizit danach gefragt und die nächstgrößere niederländische Stadt ist Venlo. Da kann man mit dem Auto sehr, sehr schnell hinfahren. Und wo ich Kind war, da war das halt so, dass wir immer ganz regelmäßig nach Venlo gefahren sind. Also das hatte bei uns verschiedene Gründe, also zum einen ist man zum Einkaufen hingefahren, also da gab‘s dann die zwei Brüder von Venlo, also da gab‘s dann halt so spezielle Sachen, die man gerne kaufen wollte, also Fritten und Käse und sowas. Und bei uns im Speziellen war das noch so, wir hatten, also so wie sich das für richtige Ruhrgebietler gehört, eben auch eine große Vogelzucht. Also wir haben Tauben gehabt und auch Ziervögel, also ungefähr 600 Tiere. Diese Szene, die gibt es eben auch in Holland und so Utrecht und Eindhoven und so und Nijmegen, da ist das also auch stark verbreitet. Und da gab es eben viel Handel, wir haben viel getauscht, wir haben Futter da gekauft. Wir haben getankt, das war damals auch viel, viel billiger als in Deutschland, also wir haben Propangas geholt und so. Also ich kann mich entsinnen, in (unv. #00:03:20.5# Well?), also das ist so ein Grenzübergang, kleiner Grenzübergang, da habe ich noch, also wo ich schon Führerschein hatte, für 35 Pfennig Diesel getankt, also pro Liter. Das waren eben Zeiten. Und natürlich dann auch so Freizeitaktivitäten, ich bin viel auch nach Holland reingefahren und habe dann auch die netten Niederländerinnen kennengelernt, die ich einfach ganz tollfinde, auch heute noch. Also immer, wenn ich irgendwie im Urlaub oder auch wenn ich jetzt in den Niederlanden bin und dann auch Frauen in meinem Alter dann treffe und wir sprechen, und dann habe ich immer noch den Eindruck, die sind noch so, wie ich die in Erinnerung habe. Also die sind irgendwie frisch und ungezwungen, nicht so steif. Ich finde auch, die machen immer was aus sich. Holländerinnen, die sehen gut aus einfach und sind nette Frauen. Also ihr merkt, es gibt viele, viele, viele Gründe, dieses kleine Land zu mögen, natürlich auch die Bierwelt. Also ich habe da damals, glaube ich, im Prinzip zum ersten Mal die belgische Bierwelt kennengelernt und war auch sofort verliebt. Das muss ich sagen. Und das hat mich dann dazu bewogen, eben auch öfter nach Belgien zu fahren. Also das kommt eigentlich alles aus dieser Zeit. War jetzt ein bisschen viel, oder? Tut mir leid.

Markus: Ganz spannend. Außerdem denke ich mal, Uwe, du hast ja auch die Holländerinnen an sich schätzen gelernt, oder?

 

Die Liebe und der Nestbau

Uwe Kalms: Genau. Ich hatte damals meine jetzige Frau auf der Arbeit kennengelernt und als dann irgendwann die Sprache kam, was machen wir mit unserer Zukunft, wo gehen wir hin, da fiel die Wahl eigentlich relativ schnell, dass wir in Holland unser Nestchen bauen werden. Das haben wir auch getan, deswegen leben wir jetzt in dieser kleinen Stadt mit dem unaussprechlichen Namen Vught, was Feuchtigkeit bedeutet, weil es hier ein Moorgebiet war. Wir sind also angebaut an die Stadt Herzogenbosch. Ich finde es schöner in Holländisch: Herzogenbosch (holländisch ausgesprochen). Superschöne Altstadt, die mich sehr an meine Heimatstadt Heidelberg erinnert. Weniger Berge, das ist klar, aber ansonsten schöne Altstadt mit vielen Cafés, Restaurants, wo man ausgehen kann. Im Moment leider nicht, aber das hat mich also sehr angesprochen, deswegen war die Wahl, um hierher zu gehen, instant.

Markus: Und wenn du schon von feucht sprichst, glaube ich, müssen wir langsam mal an die Getränke ran, weil die Leute wissen ja noch gar nicht, dass du auch eine Brauerei hast und da eine ganz große Geschichte mittlerweile aufgezogen hast. Hast du dir ein Bierchen schon mal ausgesucht, mit dem du heute starten möchtest?

Uwe Kalms: Sehr dunkles, schwarzes Bier, schwarz, swart, nicht ganz so dick wie ein Black Ale, etwas leichter, Richtung Schwarzbier. Trotzdem mit viel mehr Röstaromen und vor allem dry hopped und deswegen knalle bitter und super aromatisch. Und das würde ich mir jetzt zum Frühstück mal gerne gönnen. Das ist das Glas. Und dann schauen wir uns dieses tiefschwarze Bier mit einem Guinness-farbenen Schaumkragen an und mit einem wahnsinnigen Brombeere-Aroma. Das kommt von dem französischen Hopfen Barbe Rouge, der da drin ist. Ich sag mal, Prost!

Markus: Der arme Holger leidet.

Uwe Kalms: Der arme Holger leidet.

Holger: Ja, Wahnsinn!

Uwe Kalms: Jetzt genieße ich mal.

 

Was steckt hinter UTHOKA?

Markus: Und das ist natürlich aus deiner Feder. Deine Brauerei hat den wunderschönen Namen Uthoka oder Uthoka oder wie spricht man es eigentlich aus und was steckt da dahinter?

Uwe Kalms: Uthoka Brouwstudio, das ist eigentlich der offizielle Name, Uthoka ist eigentlich nichts anderes als eine Abkürzung von meinem Namen Uwe Thorsten Kalms, Uthoka. Ich glaube, das hatte ich schon, als ich in der Schule war, auf selbstgebaute Autos geschrieben, als Sort von Markennamen, und den habe ich immer irgendwie in meinem Kopf mitgetragen. Als ich dann diese Brauerei hochgezogen habe, habe ich gedacht, okay, jetzt werde ich das auch mal so verwenden. Und dann dazugefügt Brouwstudio, und das ist eigentlich ein bisschen, wenn man schaut im Lateinischen, Studio ist der Platz eines Künstlers. Und jetzt werdet ihr wohl zustimmen, dass Brauer Künstler sind und dass wir Kunstwerke machen. Deswegen halt das Studio. Studio ist auch, oder Studium dann im Lateinischen, Lernen und immer weiter verbessern, und darum geht es eigentlich auch in meiner Brauerei. Das Studio ist eigentlich gedacht als offener Werkplatz für einen Brauer, der probiert, immer weiter neue Dinge auszuprobieren, nicht experimentieren, um zu experimentieren, das tun auch viele, aber experimentieren, um Dinge besser zu machen. Darum geht es mir eigentlich. Und vor allem dieses Studioidee, die Türen sind offen. Wenn ich in der Brauerei bin, ist offen, da kann jeder reinlaufen, kann schauen, was wir machen.

Markus: Gibt es da auch Veranstaltungen, Verkostungen oder sowas, was du anbietest?

Holger: Naja, ich habe ein kleines Lokal oben, da kann man dann schon verkosten. Absolut, natürlich, wäre ja schlimm, wenn man in einer Brauerei auf dem Trockenen sitzt. Allerdings haben wir keine Kneipe, also du kannst nicht bei uns trinken kommen, das geht nicht. Da dürfen wir leider, wo wir jetzt die Brauerei stehen haben, dürfen wir das nicht. Da sind die rechtlichen Beschränkungen in Holland ziemlich strikt bei so Sachen. Wir sind zwar noch immer auf der Suche, um da ein geeignetes Objekt zu finden, hatten eigentlich schon was auf dem Auge, das ist aber jetzt durch die ganze Krise und so sowieso erst mal vom Tisch, aber hoffen, dass das in Zukunft noch kommt.

Markus: Ja, da hoffen wir doch mal mit. Holger, wie sieht‘s denn bei dir aus, du hast doch bestimmt jetzt mächtig Durst bekommen?

Holger: Unbedingt, mächtig. Also darf ich, ja?

Markus: Absolut.

Holger: Also dann hole ich es mal her. Auch mein Glas, also das können wir vielleicht mal zuerst machen.

Uwe Kalms: Ja, schön.

Holger: Hört sich auch sehr gut an. Also es geht los. So.

Markus: Auf jeden Fall eine Flasche, Kronkorken. Das Einschenken war jetzt sehr leise. Gar nicht so einfach. Was sucht sich der Holger an einem Freitagmorgen um 10 Uhr für ein Bier aus?

Holger: Ich finde es eigentlich total leicht. Wirklich total leicht.

Markus: Leicht?

Holger: Ja, total leicht. Als für den Markus ist das total einfach, müsste es total einfach sein. Der muss sofort Bescheid wissen eigentlich.

Markus: Naja, dann würde ich von einem Hellen ausgehen?

Holger: Absolut, also von der Farbe her ist es hell, aber vom Bierstil her ist es kein Helles.

Markus: Dann ein Pils?

 

La Trappe Puur

Holger: Es geht total in die Richtung, ist aber kein Pils. Also es hat, ja, das ist ganz schwierig vom Bierstil her, also wirklich sehr schwierig. Der Markus und ich, wir machen ja richtige Bierreisen, wir nehmen uns Zeit und beschäftigen uns vor Ort mit den Kulturen der Welt, den Bierkulturen der Welt. Das kann man auch gemeinsam mit uns machen, also auch das nur ein kleiner Werbeblock, also Busgenuss bei uns auf der Webseite, Busgenuss oder busgenuss.de. Also man könnte jetzt zum Beispiel mit uns im Bus nach Belgien reisen oder in die Niederlande reisen oder nach England reisen und da Bierkultur genießen. Und der Markus und ich, wir hatten letztes Jahr eine Reise nach Belgien und haben uns da eben beschäftigt und haben dann aber gemeint, also da gibt es eine Trappisten-Brauerei, die müssen wir auch besuchen, aber die ist eben nicht in Belgien.

Markus: Na gut, dann bist du bei La Trappe?

Holger: Genau, ich bin bei La Trappe, und die haben ein vergleichsweise neues Produkt, das nennen die Puur. Wenn der Markus sich da richtig dran erinnert, dann war ich total begeistert. Also ich kannte dieses Bier nicht und habe das da eben letztes Jahr zum ersten Mal getrunken und habe mir dann natürlich direkt auch was mitgenommen. Und das finde ich großartig, also gerade für jetzt so eine Situation, also eigentlich ein toller Sommertag, kann man fast sagen, obwohl Frühling ist, vormittags, also bei uns ist wirklich ein Kaiserwetter, und da jetzt so ein einigermaßen leichteres Bier, also 4,7 % hat es, und dann so blumige Zitrus-Aromen, die Malznote ist eigentlich so im Hintergrund, aber die Hefearomen spielen auch eine Rolle, und hat einen ganz festen Schaum, ist hellblond, ist so ein schönes, frisches hopfiges, angenehm trinkbares Bier. Jetzt kann man sagen, das ist ein Trappisten-Bier, weil es von La Trappe kommt, aus einer Trappisten-Brauerei, aber natürlich ist es eigentlich kein Trappisten-Bier in dem Sinne. Vielleicht ist es auch so eine Art Hybrid, vielleicht. Für mich geht das schon in Richtung Pils, so ein bisschen. Es ist eine Alternative auch zu traditionellen Pilsener Bieren, würde ich sagen. Und Pils ist ja mein Lieblings-Bierstil, das weiß auch mittlerweile jeder. Insofern ist das mein Bier des Morgens, des Tages.

 

Ein echtes Trappistenbier?

Uwe Kalms: Kenne ich ganz gut, steht nämlich auch bei mir in der Garage. Auch daher die Brauerei La Trappe oder De Koeningshoeven, die liegt hier gerade mal 12 Kilometer von mir weg. Das ist auch ein sehr schöner Ausflugsort, um da was zu trinken. Aber das Problem ist bei Trappisten-Bieren, dass wir alle die ursprünglichen schweren Biere kennen, aber Trappisten-Bier ist kein Stil, sondern eine Herkunftsbezeichnung. Und in dem Sinne trägt natürlich auch das Puur seinen Trappisten-Namen zu Recht.

Markus: Ich kann mich gut erinnern, der Holger hat jetzt gerade mein Kopfkino angeschaltet, als wir da waren. Das war ziemlich am Ende der Führung, wir waren mit dem Braumeister unterwegs und haben uns alles angeschaut, waren in der Brauerei und in jedem Winkel bis zum Dachboden, haben die alten Kabinen der Mönche uns angeschaut und sind dann am Schluss in so einem Mini-Kino gelandet, wo wir dann einen kleinen Film uns angeschaut haben über La Trappe und über die ganze Philosophie. Und dann hat er uns eine ganze Palette, also praktisch von jedem Bier ein Glas gebracht, und wir hatten dann insgesamt, glaube ich, 10 x 0,2 innerhalb von einer Viertelstunde am Tisch stehen. Natürlich auch das Puur, das war wirklich für mich eine relativ große Herausforderung das alles zu probieren, zumal der Holger mit dem Auto gefahren ist und ich deswegen seins auch noch trinken musste. Zum Dank dafür haben wir dann das komplette Auto mit Bier vollgeladen und ich habe mir ehrlich gesagt auch überlegt gehabt, ob ich ein La Trappe Bier heute verkoste, wo wir doch einen Niederländer oder einen Wahl-Niederländer zu Gast haben. Habe mich dann dagegen entschieden, ist ja sehr cool, Holger, dass du das dann gemacht hast.

Holger: Ich bin ja immer oder oft ausgleichend, ergänzend zu dir.

Markus: Oder in diesem Fall vorwegnehmend.

Uwe Kalms: Aber das macht neugierig auf deine Wahl, Markus.

 

Das Glas vom Kerstbierfestival Essen

Markus: Echt, wollt ihr das jetzt schon wissen? Na gut. Auch ich habe ein Glas, klingt vielleicht etwas unspektakulär, ist aber tatsächlich auch ein niederländisches Glas. Das habe ich letztes Jahr beim Kerstbierfestival mitgenommen, als wir in Essen waren. Habe mir gedacht, wenn, dann stimmen wir uns hier komplett ein. Und ich mache mal die Flasche auf, gieße das ein. So, es darf geraten werden.

Uwe Kalms: Naja, am Geräusch ist noch sehr wenig, klang aber auch irgendwie dicker.

Markus: Ja. Wenn ich eure beiden Biere sehe, würde ich sagen, ich bin eher beim Uwe.

Uwe Kalms: Also auch eher in der dunklen Ecke?

 

Bier aus Seeland

Markus: Auf jeden Fall. Ja, von der Intensität des Aromas habe ich gedacht, ich lege sogar noch einen drauf. Das ist, glaube ich, auch gar nicht so weit weg von dir. Ich weiß nicht, die Brauerei kommt aus Middelburg. Wie weit ist das weg von dir?

Uwe Kalms: Ja, dicke 90 Kilometer.

Markus: Ah ja, doch.

Uwe Kalms: Seeland, ist es ein Bier von Dutch Bargain?

Markus: Nein. Da steht Kees drauf.

 

Der Vater von Emelisse

Uwe Kalms: Kees? Brauerei Kees. Eigentlich mal der Vater von Emelisse, von den Bieren von Emelisse. Und nach Zerwürfnissen hatte er gesagt, ich mache mein eigenes Ding Kees. War auch der erste Brauer in Holland. Und das ist ganz witzig, dass du eine Flasche hast, weil der konsequent alles auf Dosen umgestellt hat.

Markus: Oh!

Uwe Kalms: Das heißt, dein Bier ist schon etwas älter, denke ich, gelagert bei dir?

Markus: Das kann gut sein. Ich müsste mal auf das MHD schauen, wenn ich das überhaupt finde.

Holger: Das macht er ja sehr gerne, also die Biere lagern und so.

 

Caramel Fudge Stout

Markus: Vielleicht kurz zum Bier, es handelt sich um ein Caramel Fudge Stout. Also ein Bier, wo eben auch andere Zutaten drin sind, Karamell, Schokolade, aber natürlich auch Hopfen und Hefe. Und hat ganz, ganz intensive Karamell- und Schokoladenaromen. Sehr geschmeidig, natürlich so gut wie kein Schaum, es hat 11,5 %. Und hat mich auch an Emelisse eben erinnert, weil deren Biere fast alle ähnlich ausschauen. Jetzt probiere ich mal einen Schluck. Ja, anspornendes Frühstücksbier, aber auf jeden Fall ein sehr, sehr gutes.

Uwe Kalms: Naja, der Tag kann dann eigentlich nicht mehr schiefgehen.

Markus: Nee. Wie ist denn das, jetzt hast du grad schon einiges über die Brauerei auch erzählt, gibt es denn in den Niederlanden so ein Zusammengehörigkeitsgefühl der Brauer oder eher auch Konkurrenz? Wie kann man das so sehen?

 

Craft Bier in den Niederlanden

Uwe Kalms: Naja, es gibt natürlich diese Zweiteilung, die du wahrscheinlich überall hast zwischen den Großen und den Kleinen. 1978 hatten wir hier 13 Brauereien noch in Holland. Die Niederlande waren eigentlich ein pures Pils- und Massenproduktland geworden, was Bier angeht, so effizient wie die Holländer halt sind. Und dementsprechend sind das auch noch Brauereien, wo von den 13 noch immer 12 aktiv sind. Und erst spät kam dann die, ich mag das Wort eigentlich nicht, aber jeder weiß dann, was gemeint ist, diese Craft-Beer-Szene. Die jungen Brauer, wo zum Beispiel Emelisse eine der ersten waren, aber auch Jopen, t’Ij, das sind so die ersten, die sich in diese, ich tue mal was anderes wie die große Szene, reingewagt haben. Als dann echt diese große Craft Beer Scene nach Holland geschwappt ist, dann hat man doch gleich gemerkt, dass Holland so ein echtes Unternehmervolk ist. Wo sich was im Business machen lässt, da machen wir das. Dementsprechend ist die Zahl von Brauereien hier rasant nach oben gegangen. Im Moment stehen wir auf 730 Brauereien, damit hat Holland im Moment, glaube ich, die höchste Brauereidichte pro Kopf der Welt. Mal schauen, was die Selbstbereinigung da noch machen wird. Aber im Großen und Ganzen ist es schon so, dass die kleinen Brauereien die Türen gegeneinander offenhalten, komme bei mir schauen, ich komme bei dir schauen. Es werden viele Collabs gemacht. Man ist also nicht unbedingt der Teufel des anderen. Da kommt seit ein paar Monaten etwas Veränderung rein, habe ich das Gefühl, dass da auch der Ton schärfer wird und dass man doch die Ellenbogen manchmal auch zwischen den Kleinen ausfährt. Das ist eigentlich schade. Ich bin mal gespannt, was jetzt nach dieser Krise ist, weil ich fürchte, dass da einige auf der Strecke bleiben werden, wie sich das dann irgendwie auswirkt. Was mich selber überrascht, sind auch die unterschiedlichen Haltungen der Großen gegenüber den Kleinen. Du hast dann Bavaria, die früher zum Beispiel alles so in den 70er Jahren, kleine Brauereien, aufgekauft haben, um sie zu schließen, um eigentlich einfach nur ihr eigenes Pils nach vorne zu pushen. Inzwischen machen sie es eher wie die anderen Großen. Wir kaufen Marken, um ein großes Portfolio zu haben und dadurch unsere eigenen Kneipen besser bevorraten zu können mit verschiedenen Spezialbieren. Dann haben die eine Spezialbier-Karte und die ist in Holland meistens viel größer als in Deutschland, weil eine normale Bierkarte schon mindestens 20 Biere hat. Und inzwischen nehmen die halt die kleinen Brauereien in ihr Sortiment dann auf. In Herzogenbosch steht eine der großen Fabriken von Heineken und der Hauptbraumeister, der wohnt bei uns im Dorf. Ganz witzig, wir lassen unsere Biere bei Heineken testen, haben aber keine irgendwie Relation mit Heineken. Aber die helfen uns, die haben eine sehr, sehr offene Firmenkultur, was mich sehr überrascht hat bei Heineken, weil ich kannte die vorher auch nicht. Und dementsprechend, der Markt wird enger. Ich denke, dass da Reibereien zwischen den Kleinen auch kommen werden, aber im Großen und Ganzen ist es eigentlich, wir machen es zusammen.

Markus: Wenn du immer von Wir sprichst, bist du nicht alleine in deiner Brauerei und wie geht es euch zurzeit überhaupt?

 

Gypsys in der eigenen Brauerei

Uwe Kalms: Nein, ich bin nicht allein. Die Brauerei ist eigentlich eine Zusammenarbeit aus zwei kleinen Brauereien, lass mal so sagen. Paul, mein Partner und ich, wir haben beschlossen, um die Brauerei zu kaufen, zu bauen und einzurichten und dadurch eigentlich sowohl die Idee zusammen zu verwirklichen als auch die finanziellen Lasten auf zwei verteilen zu können. Allerdings macht jeder sein eigenes Ding. Ich habe meine Brauerei, er hat seine Brauerei, und uns beiden gehört eigentlich nur die Installation. Wenn man jetzt eigentlich auf Papier das Ganze sieht, sind wir beide eigentlich Gypsy Brewers bei unserer eigenen Brauerei. Im Grunde sind wir drei Brauereien. Deswegen Wir. Also wir sorgen auch dafür, dass die 735 nach oben gedrückt werden hier in Holland. Das funktioniert ganz gut. Wie es uns geht? Naja, der Wegfall im Moment hier in Holland vom kompletten Horeca-Bereich sowie alle Events, der schlägt sich auch bei uns natürlich heftig nieder. Braukapazität haben wir jetzt im Moment stillgelegt, weil im Moment würden wir eigentlich nur für Halde produzieren, aber der Vorratskeller, der steht voll, also von daher macht es wenig Sinn. Wenn die Regierung die langsame Öffnung vom Horeca wieder zulässt, dann ist es sowieso ein Projekt, das sich über 5, 6 Wochen hinziehen wird bis die gesamte Öffnung kommt, und dann können wir die Brauerei wieder starten. Der Handel, der geht noch relativ gut. Online-Beer-Tastings und so Sachen probieren wir auch zu machen, aber das ist natürlich mehr Spaß, als es wirklich nützt. Ich glaube, unser Vorteil ist, dass wir von Beginn an gesagt haben, wir wollen alles selbst machen, das heißt, keine Banken mitnehmen, kein Crowdfunding, nichts. Das hat uns immer ein bisschen gebremst, dadurch waren wir nicht so schnell wie andere, kommt uns jetzt aber zugute. Weil wir haben auch niemand im Nacken sitzen, der sagt, hey, wo bleibt mein Geld? Von daher können wir diese Krise relativ gut meistern.

Markus: Das heißt, dir sitzt auch niemand im Nacken, auch nicht deine Frau oder so?

Uwe Kalms: Gott sei Dank nicht.

Markus: Holger, was sagst du denn, Gypsy Brauer in der eigenen Brauerei, das ist doch eine witzige Geschichte, oder?

 

Ein ganzes Volk auf Business getrimmt

Holger: So typisch eigentlich für die Niederländer. Also so wie der Uwe das gerade schon gesagt hat, ich habe ja in meinem Hauptberuf international mit gebrauchten Nutzfahrzeugen gehandelt, da sind eben die Niederländer auch besonders stark. Also da gibt es zwei große Händler, Buzz und Kleyn Trucks, die weltweit agieren. Und die Niederländer haben ja keine Rohstoffe, also im großen Sinne, sondern das ist ein Handelsvolk. Die können aus ihrem Land nicht viel herausziehen und müssen sich irgendwie geschäftstüchtig anders aufstellen und das haben die über Jahrhunderte getan. Und das, was der Uwe jetzt so erzählt, das passt genau zu dem, wie ich das kenne. Also das ist auch so eine Eigenart, die Deutschen sehen erst mal Probleme. Also wenn irgendwas Neues ist oder so, erstmal boah, was kommt da auf uns zu und wie müssen wir uns vorbereiten und so. Und die Niederländer, die denken immer, ey, was geht, was geht? Und ich habe das sehr genossen, da auch im internationalen Handel immer mit den Niederländern zusammenzuarbeiten. Und so wie der Uwe das berichtet, erinnert mich das total daran, und macht auch Lust. Also ich habe das überhaupt nicht gewusst, 730 Brauereien ist jetzt für mich echt eine Wahnsinnszahl, die hätte ich nie geschätzt. Also wenn mir irgendeiner gesagt hätte, hör mal, was glaubst du, was da gerade so zahlenmäßig abgeht, also ich wäre nie auf 730 Brauereien gekommen. Also ich kann nur sagen, los, lass uns dahinfahren. Uwe, du machst einen Plan für uns, einen Reiseplan, und dann eine Woche eben durchs Land mit allen möglichen Eindrücken, Leuten, Erfahrungen und schönen, tollen Bieren, die wir mitnehmen können, probieren können und so. Das müssen wir machen, also lasst uns das planen bitte, sobald es wieder geht.

Uwe Kalms: Auf jeden Fall.

 

Bier Medaillen in den Niederlanden

Markus: Machen wir, schreibe ich auf die Liste. Eine kleine Sache noch, es gibt ja auch einen niederländischen Bierwettbewerb, die Dutch Beer Challenge. Da war ich jetzt schon zweimal eingeladen und war jedes Mal verhindert hinzufahren, aber insgesamt glaube ich geht ihr auch da ziemlich voran. Und du Uwe, bist ja auch immer wieder bei Bierwettbewerben international, da haben wir uns ja auch schon getroffen. Gibt es da auch in den Niederlanden, schauen die Leute einander danach, wer eine Medaille gewinnt oder ist das eher so eine persönliche Beziehung zur Brauerei? Wie verhalten sich da so die Kunden?

Uwe Kalms: Natürlich wird danach geschaut, allerdings sind die Holländer sehr viel pragmatischer. Die werden jetzt eine Medaille nicht unbedingt als Hauptkaufgrund oder so ansehen. Wir haben ja Gott sei Dank in dem Sinne nur einen großen Wettbewerb, das ist die Dutch Beer Challenge. Daneben gibt es ein paar regionalere Sachen oder so, zum Beispiel Bock Beer, das ist ja in Holland ein absolutes Thema. Die Herbstbockbiere, die nichts mehr zu tun haben eigentlich mit deutschen Bockbieren, mit der traditionellen Brauweise, ganz eigener Bier-Style inzwischen fast schon geworden sind. Da gibt es dann auch das beste Bockbier von Holland als Wettbewerb. Das wird schon sehr beachtet, weil diese Bockbierzeit halt sehr komprimiert ist, sehr beliebt ist. Und da denke ich, machen die Biere dann schon was. Und bei der Dutch Beer Challenge, wenn man da mit einer goldenen Medaille rauskommt, das hat auf jeden Fall einen Impact. Du hast auch viele Brauereien aus Holland, die natürlich mitmachen bei internationalen Wettbewerben. Das erachte ich manchmal für eine kleine Brauerei als unsinnig, weil du bist dann nicht in dem Markt dann präsent, du hast da nicht wirklich was davon, außer vielleicht für dein eigenes Ego. Was auch gut ist, absolut. Dementsprechend, was in Holland ist, ist, denke ich auch wieder eine kleine Rückbesinnung auf lokal. Für uns ist der lokale Markt zum Beispiel sehr, sehr wichtig. Menschen möchten einfach wissen, wer macht mein Produkt? Die finden es schön durchs Dorf zu laufen und sagen, ey Uwe, hast du wieder ein neues Bier gebraut? Diese persönliche Beziehung, die ist sehr, sehr wichtig, denke ich. Deswegen ist der lokale Bereich für uns sehr wichtig und danach der Spezialbereich. Dass wir sagen, okay, wir gehen dahin, wo Spezialbier ist. Meine Vision ist zum Beispiel nicht, dass man die Biere überall kaufen kann. In meiner eigenen Philosophie, die ja am Anfang so in deinem Business Case, wenn du den schreibst, da war dann schon ein Ding, ich will nicht in Supermärkten sein. Und das ziehe ich auch konsequent durch. Es kommen Anfragen von Supermärkten manchmal, aber nein, mein Bier soll da nicht sein. Das ist nicht meine Ambition. Andere haben die schon, und die müssen natürlich ganz anders auch sorgen, dass ihr Bier dann vermarktet wird und für die ist es auch sehr wichtig, dass die dann vielleicht internationale Anerkennung bekommen bei Wettbewerben. Für mich ist es lokal viel wichtiger, dass die Leute die Brauerei kennen, die Menschen in der Brauerei kennen. Das ist für mich denke ich, viel, viel, viel wichtiger.

Markus: Ich habe ja auch schon deine Biere durchprobieren dürfen, dankenswerterweise. Also eins, was mir besonders in Erinnerung geblieben ist, allein schon wegen des Labels, war ein Pommes Frites Bier. Kannst du da noch mal dazu erzählen?

 

Ein Pommes Frites Bier?

Uwe Kalms: Du meinst den Belgian Buddy. Da sind auf dem Label Fritten drauf, das stimmt, aber das ist nicht, weil da Fritten drin sind. Das Bier hat einen ganz besonderen Grund. Ich habe ja gesagt, ich habe in Luxemburg studiert. Du musst dir vorstellen, da kommst du als junger Kerl aus Deutschland, aus Heidelberg, das heißt meine Bierwelt beschränkte sich ein bisschen auf Eichbaum, Wälder Bräu. Für mich war dann Weizenbier ja eigentlich schon ein Spezialbier. Dann kommst du als Student nach Luxemburg, die haben natürlich auch, die Luxemburger Brauereien sind eher deutsch gefärbt, also auch mit Pils vor allem, hatte dann da einen Belgier kennengelernt. Und der sagte, weißt du was, du musst mal richtig Bier trinken. Wie, richtig Bier trinken? Weißt du was, wir machen mal eine Biertour durch Belgien. Was Holger vorhin auch gesagt hat, erster Kontakt mit der belgischen Bierkultur. Und wir sind nach Belgien gefahren, haben da wirklich eine schöne Tour gemacht und er hat mir da sehr viel gezeigt. Und am Ende hatte ich zwei neue Freunde, einmal den Belgier und einmal das Tripel, weil das war für mich einfach ein fantastisches Bier. Mein Tripel habe ich deswegen so ein bisschen als Hommage an die beiden, an dem Bierstil und an Erik, meinen Freund, mit dem ich dann damals auch angefangen habe zu brauen, habe ich das Bier Belgian Buddy genannt. Und weil es einfach fantastisch zu belgischen, dick geschnittenen Fritten passt, stehen die auch auf dem Etikett.

Markus: Jetzt hat der Holger glaube ich auch Hunger bekommen, oder?

Holger: Ich habe das ja vorhin schon gesagt, wo wir eine kurze Vorbesprechung gemacht hatten, Frikandel Spezial und dann Pommes und Mayo, das sind für mich so unglaubliche Kindheitserinnerungen. Und gerade zum Thema Pommes sind die Belgier die Erfinder. Überhaupt ist kulinarisch einiges geboten. Also ich sage oft in den Verkostungen, wenn es dann so auch ums Thema Belgien geht, passt auf, ihr habt ja schon alle Städtereisen gemacht überallhin und kennt London und Madrid und Rom und New York und was weiß ich nicht alles, aber fahrt bitte mal nach Brüssel, fahrt da bitte mal hin und beschäftigt euch da eben mit typischen belgischen Sachen wie Pommes, wie Schokolade, wie Bier und so, macht das mal. Das ist einfach großartig. Da gucken die mich immer mit großen Augen an, weil so als normaler Deutscher hast du das ja überhaupt nicht auf dem Schirm. Also gerade jetzt hier in München, also über Belgien oder auch die Niederlande denkt keiner nach. Und ich finde das schön, dass wir das heute mit dem BierTalk hier auch vielleicht ein bisschen anregen können, das mal zu machen.

 

Die perfekte Bier-Reise

Uwe Kalms: Auf jeden Fall. Also gerade Belgien und Holland eignen sich auch eigentlich sehr gut, um zu kombinieren. Denn du hast in Belgien, wenn wir jetzt vom Bier ausgehen, diese traditionelle gewachsene Bierkultur mit schönen Bierstilen, die über Jahrhunderte herausgearbeitet sind, ganz viel Tradition hintendran steht, sehr viel Know-how, das Ganze oft diese etwas lässige belgische Art produziert, das hat einen tollen Charme. Und dann die knallharte andere Seite, nämlich die Holländer, die keine eigene Bierkultur haben, nur ganz wenige eigene Bierstile haben, die jetzt wieder aufgegriffen werden, aber halt durch die offene Denkweise, durch das Internationale, alle kleinen jungen Brauer, die haben hier eine Varietät von Bieren, die trauen sich so viel, das ist einfach toll zu sehen. Ich war in Frankreich im Urlaub, ganz viele kleine Brauereien, die auch ganz tolle Biere zum Teil machen, aber was mich da ein bisschen geschockt hat, war eigentlich, dass alle ein Blanche, eine Brune und eine Blond hatten. Und in Holland keine kleine Brauerei, mich inklusive, die da unter 12 Sorten rausgeht. Das macht dann diesen Kontrast zu Belgien so interessant. Wenn man das dann kombiniert mit einer Woche Reisen oder so, das ist einfach fantastisch.

Markus: Ein wunderwunderschönes Schlusswort für den BierTalk, weil wir jetzt auch ziemlich am Ende unserer Zeit angelangt sind. Ich denke mal, wir machen das, also wir setzen uns mal zusammen irgendwie in Bewegung. Vielleicht können wir ja noch ein paar Hörer oder Fans mitnehmen und machen dann mal Bierreise, wo wir ein bisschen Belgien, Niederlande, alles miteinander verbinden. Und dich natürlich auch besuchen, da freuen wir uns sehr darauf.

Uwe Kalms: Da würde ich mich auch freuen, absolut.

Holger: Also ich bin auf jeden Fall dabei und kann nur sagen, Tot ziens!

Uwe Kalms: Tot ziens!

Markus: Vielen lieben Dank, Uwe, und auf bald. Und euch draußen einen schönen Tag.

Uwe Kalms: Wünsche ich euch auch.

Holger: Tschüss, macht‘s gut.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 9 – Interview mit Gisela Meinel-Hansen von der Brauerei Meinel aus Hof

Drei Frauen – eine Brauerei. Das ist vielleicht sogar das Erfolgsgeheimnis der Brauerei Meinel in Hof. Vor kurzem übernahmen die beiden Schwestern Monika und Gisela Meinel-Hansen das Ruder und führen jetzt das Unternehmen mit viel Schwung durch das nicht immer ruhige Fahrwasser. Gisela ist aber nicht nur Braumeisterin, sondern auch Mutter, Vorsitzende von Bierland Oberfranken und Präsidentin des Bundes der Doemensianer. Und vor knapp zehn Jahren startete sie das Label „HolladieBierfee“ – ein Bier von Frauen für Frauen. Grund genug für Markus Raupach und Holger Hahn, mit ihr bei einem BierTalk die Meinel-Biere zu verkosten und über den spannenden Alltag in Hof zu sprechen…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu unserem BierTalk Nummer 9, wie immer mit mir, dem Markus und …

Holger: … mir, dem Holger.

Markus: Dieses Mal ganz besonders schön für uns, wir haben unsere erste Dame im BierTalk, und das ist die Gisi Meinel-Hansen, die sich jetzt vielleicht kurz ein bisschen selber vorstellt.

Gisela Meinel-Hansen: Hallo, liebe Biergenießer, vielen herzlichen Dank für die Einladung, lieber Holger, lieber Markus. Ich bin die Gisi Meinel-Hansen, Biersommelier und Braumeisterin hier bei uns in der Meinel Bräu im schönen Hof in Bayern ganz oben. 30 Jahre bin ich alt und braue schon ziemlich lange Bier. Wir hier in der Brauerei machen 80 verschiedene Biersorten, darunter 7 klassische, einfach, die es das ganze Jahr über gibt, solange sie nicht ausgetrunken sind, und dann sozusagen immer die restlichen wechselnd saisonal. Ich freue mich, 3 Sorten mit euch beiden verkosten zu können.

 

Familienbrauerei mit Geschichte

Markus: Klingt doch schon mal sehr verheißungsvoll. Man muss vielleicht noch dazusagen, das ist ja eine richtige Familienbrauerei mit einer ganz langen Geschichte. Wenn man jetzt so auf deinen Vater zum Beispiel mal guckt, in den reinfühlt, der hat sich wahrscheinlich gedacht, Mensch, zwei Töchter, wie geht das weiter mit der Brauerei? Und dann sind sie auf einmal beides Brauerinnen und sind jetzt auch beide in der Brauerei, das ist natürlich schon toll. Kann man bei euch schon von einer Erfolgsgeschichte sprechen, oder?

Gisela Meinel-Hansen: Unser Papa hat sich da glaube ich sehr gefreut und die Mama auch. Und zusammen ist es echt ganz schön, momentan in der Geschäftsbrauerei bin ich mit meiner Schwester und noch mit meiner Mutter, also wir sind so ein Drei-Mädel-Haus und haben damit auch 70 Prozent Frauenanteil. Das ist echt megaschön und die besten Beratungstipps kriegen wir von unserem Papa, den wir immer anrufen können, wenn wir irgendwelche Fragen haben. Ein toller Familienbetrieb und wir freuen uns Bier zu brauen jeden Tag und das Schöne ist, dass wir das natürlich auch in dieser Zeit dürfen.

Markus: Holger, bist du da beeindruckt? Könntest du dir deine Tochter auch als Brauerin vorstellen?

Holger: Also die Stella kann ich mir als Brauerin nicht vorstellen, aber beeindruckt bin ich trotzdem. Man weiß ja auch nie, was kommt. Auf jeden Fall hat Vater Meinel aus meiner Sicht alles richtiggemacht. Sie sind ja nicht nur Brauerinnen geworden, sondern sind auch sausympathisch.

Markus: Das hast du schön gesagt. Und Gisi – apropos: sollten wir einfach schon mal ein Bierchen zusammen trinken, mit welchem möchtest du denn gerne anfangen?

Gisela Meinel-Hansen: Ich würde heute gerne mit euch zusammen das Kellermärzen trinken, das ist ganz neu, gibt’s seit Anfang April, also genaugenommen seit dem 1. April. Ich mache mal auf.

Markus: Da machen wir doch mit.

Holger: Ich mach’s auch mal auf.

 

Ein Kellerbier aus Hof

Gisela Meinel-Hansen: Sehr gut. Und beim Einschenken merkt man schon, Kellermärzen, Keller lässt ja auch so ein bisschen immer darauf hinweisen, dass es vom Biertyp eigentlich ein naturtrübes Bier ist. Das war auch uns ganz wichtig, wir hatten auch immer ein naturtrübes Bier in der Range, und haben das jetzt aber sozusagen aus zwei naturtrüben Bieren eines gemacht und das ist unser Kellermärzen mit einem anderen Hopfen, dem Pure und der Perle. Ein Märzen ist ja ein Festbier, sehr malzbetont mit viel Wiener Malz, drei verschiedenen Karamell-Malzen, einem kleinen Anteil Pilsner Malz. Ja, ihr Lieben und jetzt haben wir es ja auch im Glas und wir sehen eine echt schöne Trübung, sehr samtig, Karamellbonbon von der Farbe her, sehr stabil im Schaum. Kann man dann mal so das Näschen da reinstecken, dann riecht man die malzigen leicht süßlichen Aromen, aber natürlich auch so diese Frische der Hefe. Das Bier ist lang abgelagert, 7 bis 8 Wochen. Wir lassen das lange auslagern, streben einen relativ hohen Endverklärungsgrad an, weil wir keine Kurzzeiterhitzung oder Pasteurisierung haben. Das heißt, dass die Hefe einmal gut absetzt, das tut sie auch sehr schön, dass sie eine schöne Vorklärung haben und der hohe Endverklärungsgrad ermöglicht uns dann trotzdem eine relative Stabilität, wenn wir das in die Flasche füllen, ohne das nochmal zu erhitzen. Vier Monate MHD geben wir auf das Produkt, aber jetzt sollten wir mal trinken, Jungs, glaube ich. Vom CO2-Gehalt liegen wir da so ein bisschen unter dem klassischen Pils oder dem klassischen Hellen, 4,9 / 5 Gramm pro Liter. Das ist nicht so wahnsinnig spritzig, aber das steht einem Kellerbier sehr gut. Die Rohstoffe sind alle aus ökologischem Anbau. Der Clou bei der Sache ist nämlich einfach, man kann es zu vielen Gelegenheiten trinken, ein rundes Bier und passt eigentlich so gut auch zu einer Brotzeit hervorragend.

Markus: Wahnsinn! Da sind wir jetzt ganz schön platt, oder Holger? Mir fehlen grad die Worte.

Holger: Also was kann man da noch hinzufügen? Also ich habe jetzt die ganze Zeit währenddessen die Flasche angeschaut, naturtrüb und nachhaltig, und damit meint sie ja dann wahrscheinlich, dass alles aus biologischem Anbau kommt und auch Bio-Aromahopfen drin ist und so. Oder was ist mit Nachhaltigkeit genau gemeint?

 

Nachhaltigkeit in der Brauerei

Gisela Meinel-Hansen: Einmal, weil wir ein Projekt schon seit fast 8 Jahren unterstützen, und zwar ist das hier im Hofer Land eine Muschel, die Flussperlmuschel, die vom Aussterben bedroht ist. Und der Bund Naturschutz kümmert sich seit sehr vielen Jahren um diese Flussperlmuschel, dass sie hier sich vermehrt, eine Vermehrungsstation. Und mit dem Bier unterstützen wir vor allem dieses Projekt, weil uns die Wasserqualität so sehr am Herzen liegt, die sehr gut hier in Oberfranken ist. Allerdings möchten wir natürlich diesen Schatz bewahren. Und wir haben uns dazu entschlossen, nicht nur die Flussperlmuschel zu unterstützten, sondern auch andere Projekte, wenn einfach Dinge an uns herangetragen werden. Da haben wir gesagt, können wir das mit dem Bier ganz gut machen und das ist für uns einfach diese Nachhaltigkeit, dass wir einfach mit dem Erlös ein bisschen was zurückgeben. Und du hast noch mal angesprochen, lieber Holger, Pure und Perle, die beiden Aromahopfen neben dem schönen Bier. Pure ist sozusagen eine Nachzüchtung von Hersbrucker Spät aus dem Anbaugebiet Hersbruck, das ja jetzt zur Hallertau gehört.

Markus: Genau, aber immer noch örtlich und überhaupt in Franken geblieben ist, …

Gisela Meinel-Hansen: Genau.

Markus: … aber da eben angegliedert ist. Das finde ich auch eine sehr witzige Geschichte eigentlich. Aber es ist beim Wein übrigens auch so, es gibt ein Weinanbaugebiet an der Donau und dieses Weinanbaugebiet gehört zum Frankenwein, also auch irgendwie ganz spannend.

Gisela Meinel-Hansen: Oh.

 

Mensch ärgere Dich nicht!

Markus: Das ist der Baierwein. Also was mir übrigens auffällt, das Logo finde ich ganz spannend, weil ihr habt ja vorher euer klassisches Logo gehabt mit dem M. Das muss man sich so vorstellen, wie so eine Spielfigur von „Mensch, ärgere dich nicht!“ kann man sich das glaube ich vorstellen, für jemand, der das nicht im Kopf hat. Und oben in dem Kopf ist eine Damen-Silhouette und unten der Teil war praktisch ein M und sah dann aus wie ein großer Rock. Und jetzt habt ihr praktisch den Körper weggelassen und wir sehen nur noch dieses Kopfteil mit der Dame, die ein Bier trinkt. Ist das Absicht, habt ihr euch da ein bisschen verändert bewusst?

Gisela Meinel-Hansen: Richtig, genau. Auch seit dem 1. April, und zwar war für uns immer ein bisschen die Problematik, dass wir ein einheitliches Erscheinungsbild hatten. Das war ja mal vor 30 Jahren nicht unglaublich wichtig für eine Brauerei, aber heutzutage ist der Wiedererkennungswert auch für uns kleine Brauereien unglaublich wichtig. Und wir hatten witzigerweise natürlich unglaublich viele Varianten unseres Firmenlogos und auch unglaublich viele verschiedene Farben. Und das war jetzt eigentlich fast eine 5-jährige Arbeit, dass sich alle Generationen auch einig sind, dass wir sozusagen uns auf einen Farbton und ein Logo einigen. Und das war gar nicht so einfach, weil wir uns entscheiden mussten, war ist für uns auf dem Etikett wichtiger, einmal das Logo und danach eine Brauerei, oder ist es die Biersorte? Und deswegen haben wir gesagt, den wichtigsten Teil von ihr, ihren Kopf, und dass sie Bier trinkt, also eine biertrinkende Frau, den erhalten wir. Die Dame, die das tut, die ist nämlich auch mit uns verwandt, das ist unsere Urururgroßmutter, das soll die zusagen darstellen. War Wirtin in unserer Brauereigaststätte und hatte zwei Söhne und einer davon war der erste gelernte oder hauptberufliche Bierbrauer.

Markus: Holger, du bist doch ein Fan von solchen grafischen Sachen, was sagst du dazu?

 

Die Urururgroßmutter als Logo

Holger: Ich find es super. Also das habe ich da auch direkt drauf angesprochen. Ich finde das schön, also das neue Logo. Ein bisschen abgewichen ist man ja dann beim Blümla, aber das finde ich eben auch einfach prima. Ist ja auch ein Bier, was nicht immer zur Verfügung steht, so wie ich das jetzt kapiert habe. Ich finde das gut. Was hast du gesagt, die Urururgroßmutter?

Gisela Meinel-Hansen: Genau.

Holger: Das ist was. Gibt es da ein Foto oder woher weiß man das mit der Dame?

Gisela Meinel-Hansen: Genau, ich glaube, es ist eher eine Zeichnung. Und da ist sie eben einmal als Wirtin gemalt, also sie war eine recht robuste stämmige Frau. Trug immer relativ weite Kleider, wahrscheinlich war das auch, warum der damalige Zeichner oder Illustrator auf diesem sehr voluminösen Körper kam. Und dann wollte der, glaube ich, die Initialen Georg Meinel, das war dann ihr Enkel, den wollte der einfach dann noch mit reinpacken. Das war glaube ich so die Idee davon. Denn können wir leider nicht mehr befragen, weil wir auch gar nicht leider wissen, wer es gemacht hat. Und deswegen wissen wir auch nicht, ob der Nachfahren hätte, aber so haben wir uns das hergeleitet. Da hatten wir eine echt ganz tolle Kalligrafin, die Andrea Wunderlich, auch Oberfränkin und Biertrinkerin, und die hat sich der Sache angenommen und das hat dann echt gut funktioniert.

Holger: Oben in dem Etikett ist dann immer auch noch beschrieben, was einen erwartet so ein bisschen.

Gisela Meinel-Hansen: Genau.

Holger: Und wenn man sich das Dunkle zum Beispiel anschaut, dann passt es ganz besonders zu der Ururoma, verführerisch und malzig.

Gisela Meinel-Hansen: Ja, sehr gut Holger, sehr gut erkannt!

 

Verführerisch – die Brauerei mit drei Damen

Markus: Apropos verführerisch und malzig, wenn man das so als zwei Schwestern so eine Brauerei übernimmt oder plant zu übernehmen und dann vielleicht jeder noch einen Anhang hat oder so, wie entwickelt sich das? Ich meine, du bist mittlerweile sogar Mutter geworden. Wie kann man sich das vorstellen, ist das so ein Familienkosmos oder wie habt ihr das so ein bisschen miteinander ausgemacht?

Gisela Meinel-Hansen: Ja, das ist wirklich ein Familienkosmos. Man versucht sich halt abzustimmen, was hat der eine oder andere in seinem beruflichen Leben noch vor, bevor er vielleicht nach Hause geht. Das eine sind die Pläne, wie das immer so schön ist, und das andere ist, was dann auch wirklich passiert. Wir beide durften auch etwas früher sozusagen in den elterlichen Betrieb dann einsteigen. War aber auch sehr gut, wenn zwei Generationen in einem Betrieb sind, natürlich war das sehr spannend und sehr aufregend teilweise. Derzeit ist es so, dass der Freund meiner Schwester seit einem guten Jahr bei uns ist. Das war natürlich auch so eine Sache, weil ich glaube, es ist einfach ganz einfach wie in jeder Beziehung, egal auf welcher Ebene, du brauchst einfach Spielregeln. Und es ist natürlich schon sehr schwierig, das eine ist der Job und das andere ist das Privatleben. Und das sagen wir immer ganz weise, sollte man gut voneinander trennen. Das ist in einem Familienunternehmen zeitweise herausforderungsvoll, aber man braucht da einfach einen guten Plan. Bis jetzt toi, toi toi.

Holger: Ich habe Durst.

Markus: Na dann.

Gisela Meinel-Hansen: Ja, okay, dann machen wir mal das nächste auf, oder Holger?

 

Holger hat Durst

Holger: Ja gerne.

Gisela Meinel-Hansen: Hervorragend. Und zwar ist das unser Hopfenzupfer.

Markus: Ein kleines Fläschchen.

Gisela Meinel-Hansen: Genau.

Holger: Und mit dem „Mensch, ärgere dich nicht“ Frauchen sozusagen.

 

Der Hofer Hopfenzupfer

Gisela Meinel-Hansen: Ja, stimmt, genau, die mit der Halsschleife und dann hat sie auch noch ein bisschen andere Haare. Unser Hopfenzupfer – wenn man ihn jetzt eingeschenkt hat, sieht man so eine leichte, ganz leichte Opaleszenz. Das kommt daher, weil das Bier an sich naturtrüb ist, aber sehr gut abgelagert. Von der Farbe her ist es weizenfarben, würde ich sagen. Es hat auch einen stabilen Schaum, zu 100 Prozent gehopft aus frischen grünen Doldenhopfen. Wir haben hier keinen Hopfengarten um die Ecke, und vor sieben Jahren hatten wir einfach die Idee zu sagen, wie bringen wir den Hopfen unter den Biergenießern irgendwie näher. Da ist uns eben eingefallen, wir könnten doch ein Hopfenzupfer-Fest veranstalten und ein Großteil unseres Hopfens bekommen wir aus dem Anbaugebiet Spalt, nicht sehr weit von uns entfernt und mit dem LKW sind es circa eineinhalb Stunden. Und da fahren wir in der Früh zu unserem Hopfenbauer und holen uns da den frischesten Hopfen, bevor er auf die Darre kommt. Und dann nehmen wir den Hopfen mit, der hat dann circa einen Wassergehalt von 70 bis 80 Prozent. Und dann muss der natürlich schnell verarbeitet werden innerhalb von acht bis zehn Stunden. Daheim warten dann schon die vielen Helfer auf uns. Wenn man eine Metze, das ist bei uns ein kleiner 5-Liter-Eimer Hopfen von den Ranken gezupft hat, dann gibt es einen Hopfenlohn und das ist dann sozusagen auch Freibier oder eine Freilimo, je nachdem. Das ist eigentlich ein sehr buntgemischter Tag, meistens sind wir um 14 Uhr mit dem Zupfen fertig. An dem Tag brauen wir natürlich dann den Hopfenzupfer ein. Dann kommt das Bier auch wirklich erst zu Nikolaus raus, im Dezember. Meist reichen die zwei Sude, die wir einbrauen, bis Juli. Aber damit wir jetzt nicht verdursten, lieber Holger, einfach mal das Näschen reinstecken und das ist total schön, weil das so genau Gegenteil ist vom Kellermärzen, man riecht einfach ganz schön wirklich den Hopfen. Man kann es sich, glaube ich, sehr gut vorstellen, wenn man die Augen zumacht, dass man da in so einem Hopfengarten steht oder direkt in der Hopfendarre, wenn man das schon mal konnte. Oder wenn man jetzt zum Beispiel über eine Bergwiese geht und da ist frisch gemäht, also man hat einfach diese grünen grasigen Aromen von leicht getrockneten Bergblüten oder Gras oder Heu oder eben Hopfen im Aroma schon in der Nase. Das ist eigentlich das, was uns an dem Bier total fasziniert. Und jetzt zum Wohle, ihr zwei Hübschen!

Markus: Zum Wohle!

 

Das volle Hopfenaroma

Gisela Meinel-Hansen: Da merkt man jetzt natürlich auch, es ist gleich mit dem ersten Schluck auf der Zunge tonangebend natürlich der Hopfen. Es wirkt wunderbar herb. Ich finde, es ist sehr schön ausgeglichen, es bleibt im Mundraum, es bleibt auf der Zunge, aber es ist nicht so, dass es bin die Mundwinkel saust und da irgendwie jetzt so hängenbleibt und da jetzt ganz bitter wirken würde wie vielleicht eine herbe Medizin. Es ist da und wir schmecken die Fülle des Hopfens, wenn wir wieder ausatmen. Dann haben wir diesen retronasalen Effekt und das finde ich total schön. Und das Witzige ist, es ist natürlich jedes Jahr anders. Klar, weil jedes Jahr ist es auch so, dass wir zum Erntezeitpunkt andere Sorten bekommen. Das macht uns aber gar nichts. Und es ist einfach spannend, wenn der am 6. Dezember jedes Jahr rauskommt, wie wird der denn ein bisschen schmecken? Und viele haben natürlich einfach mitgezupft und wir wissen, der Hopfen ist ein Naturprodukt, oftmals sind die Dolden viel kleiner oder dann viel größer, je nachdem wie das Hopfenjahr wettertechnisch war. Und das ist einfach das, was uns so auch begeistert, und was der Mensch dann auch versteht zu lernen, dass es was ganz Natürliches ist und dass es die Kunst des Bierbrauens eigentlich ist, auch für die wunderbaren Rohstoffe, die ja immer unterschiedlich qualitätsbedingt sind, die gleichbleibende Qualität zu halten. Zu was passt der Hopfenzupfer? Wir finden, natürlich zu sehr würzigen oder einen gut gereiften Bergkäse, zu allen Wildgerichten, aber auch zu einer schönen Gans. Hunger!

Markus: Ja jetzt, wo du es sagst, merke ich es auch langsam.

Gisela Meinel-Hansen: Ok.

 

Grünhopfenbiere als Spezialität

Markus: Ich bin ein ganz großer Fan von diesen Frischhopfen- oder Grünhopfen-Bieren, die jetzt in den letzten Jahren immer mehr wieder gemacht werden, weil es einfach aromatisch was ganz Besonderes ist und weil man sehr schön die eigentlichen pflanzlichen Aromen merkt, die eben in den normalen Hopfenprodukten von den Pellets bis zum Extrakt relativ stark schon rausgenommen worden sind, wo man da einfach noch sehr, sehr nahe am eigentlichen Produkt ist. Das finde ich auch toll, dass ihr das macht und das auch wiederbelebt. Und ich kann mir auch vorstellen, dass es dem Holger mit dem Pils als Bierstil oder Imperial Pils gut geht, oder? Das magst du doch.

Holger: Ich mag das, wenn die Biere halt so eine Bittere haben und dass das auch so trocken ist. Also das Getränk ist dann so trocken und schlank und macht auch sowieso dann Lust auf einen zweiten Schluck. Und was ich auch noch tollfinde, ist eben das gemeinsame Erlebnis. Also wirklich bei so einem Hopfenzupfer-Fest da kann man wirklich die Leute so richtig mit dem Rohstoff auch mal in Verbindung bringen und dann erleben die auch, wie unglaublich intensiv so eine Dolde ist, also wenn man die halt so aufreißt und daran riecht. Und dann ist so der ganze Raum, auch wenn es draußen ist eigentlich, füllt sich ja voll mit diesem Hopfenaromen und so. Und das finde ich schon einfach prima. Und Saisonbiere finde ich sowieso klasse. Und Imperial Pils, also immer, wenn einer zu mir sagt so, du musst auf eine einsame Insel und du hast nur ein einziges Bier, was du mitnimmst, dann ist es immer ein Imperial Pils, und zwar das Trumer Imperial Pils, was ich so besonders tollfinde, aber das schmeckt mir auch sehr gut hier.

 

Erlebnis Hopfenanbaugebiet

Markus: Das ist doch schön. Ich meine, an der Stelle sollten wir vielleicht auch wirklich den Hören und Hörerinnen empfehlen: Wenn ihr mal die Gelegenheit habt zur Hopfenerntezeit rund um September, Anfang September bis Ende September ungefähr, in die Hopfenanbaugebiete zu gehen, übernachtet dort vielleicht mal. Das ist total faszinierend, wenn man da früh die Fenster aufmacht und der ganze Ort riecht nach Hopfen. Als das ist ganz intensiv, ganz eigener Geruch, dann auch mal in so einen Hopfengarten zu gehen, da eben die Aromen wahrzunehmen und dann auch in die Betriebe, wo der Hopfen dann gezupft wird. Das ist ein tolles Erlebnis, und wenn man da so richtig drin war, dann riecht man selber auch noch zwei, drei Tage lang danach. Also ganz spannend und toll, dass ihr euch um sowas auch verdient macht. Das ist schon großartig. Du bist auch engagiert bei Doemens zum Beispiel oder auch im Bierland Oberfranken. Wie ist das so, wenn man neben der Familie und der Familienbrauerei und dem ganzen Drumherum dann eben noch solche Ehrenamtsjobs hat? Wie empfindest du das?

 

Immaterielles Welterbe Genussregion Oberfranken

Holger: Die Jobs sind auf jeden Fall Leidenschaft und das ist einfach wunderbar zu sehen wie das ist, weil alleine aus meiner Vita, wenn man so will, ich bin aufgewachsen mit über sieben Brauereien bei uns in der Stadt Hof. Meine Mama war immer engagiert, für Bier was zu tun. Egal ob das jetzt aus der Nachbarbrauerei kam oder nicht, und ich glaube einfach, das wurde uns ein bisschen überliefert wie das Engagement für Bier auf der Ausbildungsschiene wie jetzt bei Doemens oder für Bierland Oberfranken einfach, um zu sagen, das macht unsere Region einfach so aus, das ist unsere Stärke, das ist ja UNESCO Weltkulturerbe. Und das ist einfach was unglaublich Wichtiges und das muss einfach viel mehr noch in die Köpfe. Das wird viel so gerne einfach von vielen einfach so wahrgenommen und ich glaube jetzt so langsam seit rund 15, 20 Jahren, glaube ich, versteht der Endverbraucher oder der Biergenießer immer mehr, was das eigentlich wirklich Wichtiges für unsere Region bedeutet und dass das einfach einzigartig in der Welt ist. Und dass wir einfach Bierland Oberfranken brauchen, dafür sorgt, dass es so weitergeht und dass das erhalten wird, weil leider Gottes von den ehemals zwölf Brauereien, und ich kannte halt sieben davon noch, nur noch vier bestehen als Familienbetrieb und dann halt noch unsere Nachbarbrauerei, die aber dem großen Konzern angehört. Einfach zu sagen, das ist eigentlich nicht unser Vorhaben, das weiterhin so zu forcieren. Weil der Wettbewerb war einfach angenehmer, wie es viele kleine „Zaunlatten“, sagt meine Mama, immer gab, als ein kleiner und viele große, das ist dann der Hai im Becken. Und es ist einfach ein anderes Miteinander und ich finde das total schön, und Bierland Oberfranken ist eigentlich wie eine Familie. Und generell ist unsere Branche einfach eher familiär, finde ich. Ich hoffe, ich kann da auch noch ein bisschen mehr bewegen. Aber der liebe Markus ist da auch voll dabei und ich glaube, wir sind grad ein sehr gutes Team und ich denke, da können wir noch sehr viel reißen.

Markus: Das glaube ich auch, zusammen kriegen wir da schon was auf die Reihe. Holger, warst du schon mal in Hof, hast du schon mal vor Ort verkostet?

Holger: Unbedingt, also ich war schon da. Und wir haben noch gar nicht über Kleinsibirien gesprochen, oder?

Gisela Meinel-Hansen: Ja stimmt. Aber du weißt auch, warum es so heißt, gell?

Holger: Erzähl!

 

Hof, das bayerische Sibirien

Gisela Meinel-Hansen: Hof wird wirklich das bayerische Sibirien genannt. Das stimmt gar nicht, dass das bei uns so wahnsinnig kalt ist, weil sonst würde die Braugerste auch nicht so gut wachsen. Durchschnittlich haben wir trotzdem Jahrestemperatur 16 Grad. Der Wind ist halt ein bisschen vielleicht auch das, was kälter sich anfühlen lässt, wir haben nämlich den böhmischen, deswegen drehen sich auch hervorragend hier die Windräder. Aber Bayerisch Sibirien kommt daher, dass 1815 hier sozusagen die Bayern gekommen, die Franken, da war das.

Markus: Genau.

Gisela Meinel-Hansen: Genau. Danke. Da war das so, dass die bayerischen Beamten, die jetzt nicht so dolle Arbeit geleistet haben, die wurden dann hier hochversetzt. Und weil das von München oder Oberbayern, wenn da halt mal einer so ein bisschen einen Schmu oder ein Schindluder getrieben hat, der dann strafversetzt wurde hier nach Oberfranken, da war das für die einfach unglaublich weit weg. Witzigerweise gab es eine Parallele zu Russland, das hat wohl der Zar auch mit Dienern gemacht, die auch nicht artig gewesen sind, und hat die sozusagen nach Sibirien geschickt. Und deswegen kommt das eigentlich daher, dass Beamte des königlichen Hofes, die nicht artig waren, nach Oberfranken oder Franken versetzt worden sind, also nach Hof, ganz an die Landesgrenze. Daher kommt das eigentlich. Nicht mal wegen dem Wetter oder dem Klima, sondern einfach nur, weil das ganz weit weg war vom bayerischen Nabel der Welt. Von München aus gesehen war es natürlich unglaublich weit weg.

 

Bayerische Beamte im Exil

Markus: Das hast du schön gesagt mit dem bayerischen Nabel der Welt. Weil die meisten Bayern, für die ist das schon, wenn sie die Donau überschreiten, ist praktisch schon Ausland. Insofern sind wir da in so einem Zwischenbereich. Aber Holger, du bist sowieso gänzlich aus dem Ausland eigentlich, wie lebt man sich da so ein in München?

Holger: Absolut, ich bin Preuße. Genau, das muss auch mal gesagt werden, jetzt haben wir schon so viele Podcasts gemacht, und ja, ich bin Preuße. Also das ist ganz furchtbar, aber so ist es. Ja.

Gisela Meinel-Hansen: Ach nee, das finde ich nicht furchtbar, das ist super.

Markus: Du kannst ja nichts dafür.

Gisela Meinel-Hansen: Außerdem haben die auch wunderbare Bierstile.

Holger: Ganz genau. Und irgendwann, da habe ich mich dann entschieden, ins Exil zu gehen, und bin dann im Nabel von Bayern gelandet. Ihr habt so einen schönen alten LKW auch.

Gisela Meinel-Hansen: Richtig, genau.

Holger: Habt ihr den noch?

 

Der alte LKW als Wahrzeichen

Gisela Meinel-Hansen: Mhm (bejahend). Genau, der ist Baujahr 1962 und der fährt immer noch zu den Wiesenfesten, die es bei uns sehr, sehr häufig gibt ab Ende Juni, jedes Wochenende feiert sozusagen eine andere Gemeinde oder Stadt ihr Volkswiesen- oder Heimatfest. Und da fährt er dann immer im Umzug geschmückt mit. Und ansonsten darf er dann auch mal ein Zelt transportieren oder Damen und Herren. Er hat schon eine Hopfenkönigin transportiert. Ja, das ist sozusagen unser großes Baby. Er muss mit Zwischengas gefahren werden, das kann ich leider nicht. Das ist so ein bisschen schade, aber wir haben da einen wunderbaren Mann, der das kann und der ist sozusagen auch derjenige, der den pflegt, flickt und Bewegungsfahrten,  wie man so schön sagt, mit ihm macht.

Holger: Ich habe selber so historische Fahrzeuge, da vielleicht ein kleiner Exkurs zum Thema Busgenuss, musst du dir mal angucken: www.busgenuss.de.

Gisela Meinel-Hansen: Oh.

Holger: Da bieten wir Genusstouren mit historischen Fahrzeugen an, also in erster Linie dann eben mit historischen Bussen. Und das ist so ein bisschen artverwandt, deshalb habe ich das jetzt angesprochen. Aber jetzt steht noch ein Bier aus, also obwohl wir zeitlich natürlich schon vollkommen überzogen haben.

 

Ein Wheat Pale Ale aus Hof

Gisela Meinel-Hansen: Oh nein, oh nein. Wir haben ein Weißbier, das Blümla, mit mehr Karamellmalz. Das sehen wir dann auch so ein bisschen an der Farbe. Und die Geschichte war einfach die, wir hatten vor doch wieder acht Jahren, die Zeit vergeht so schnell beim Bierbrauen, haben wir uns einfach überlegt, Weißbier ist schön und gut, aber wir hätten gerne irgendwas Fruchtiges. Zumal da vor sieben bis acht Jahren der Bierstil Pale Ale so ziemlich in Bayern oder generell so ein bisschen hier ankam. Wir wollen jetzt keine Pale Ale machen oder kein Pale Ale machen oder kein IPA, aber wir könnten es mal mit einem Weizen probieren und wir übersetzen, wie wir so ein Pale Ale hier machen würden. Deswegen heißt es auch Bayerisch Pale Ale bei uns. Und wir haben jetzt hier ein Bier, das in der Fruchtigkeit einem Weizen sozusagen ähnelt, auch ein bisschen im Geruch. Und dann haben wir aber zwei wunderbare Hopfensorten, wie ich finde, Mandarina Bavaria und Citra. Citra hatten wir die letzten drei Jahre aus Übersee und jetzt wird er auch Gottseidank in Bayern angebaut. Also wir haben einen bayerischen Citra und einen bayerischen Mandarina Bavaria. Da ist es wieder so, dass dieses Bier wahnsinnig von der Hopfennote lebt. Wir machen das mit dem Verfahren der Kalthopfer, der Hopfenzupfer war auch mit Doldenhopfen noch mal kaltgehopft. Und da heben wir immer einen Teil davon auf und geben den dann sozusagen noch mal rein. Und beim Blümla ist es genau ähnlich, wir geben den da schon in der Gärungsphase hinein und dann noch mal in der Lagerphase. Und jetzt würde ich sagen: Zum Wohl ihr Lieben!

Markus: Zum Wohl!

Holger: Hm, ja, riecht super. Ein Wheat Pale Ale, oder? So müsste man es sagen, oder?

Gisela Meinel-Hansen: Ja, es stimmt, hast Recht. Genau. Stimmt. Ja, sehr gut. Gibt es immer vor Ostern, ihr Lieben, kommt es immer raus. Und ist auch ungefähr auch so bis Juni, also bis Sommersonnenwende gibt’s das. Passt halt jetzt supergut zu Spargel oder auch zu einem Curry oder zu Fischgerichten oder zu Ziegenkäse oder zu grünem Spargel. Es ist echt supergut. Also so als Aperitif hier oder alles, was mit Rhabarber so süßsauer, süßlich ist, echt supergut.

Markus: Also da muss ich auch sagen, wenn man auf das Etikett schaut, bekommt man schon richtig Lust. Da merkt man vielleicht auch ein bisschen so den weiblichen Touch in der Brauerei, also richtig bunt, richtig spritzig, jung, frisch. Also das macht allein schon von daher richtig Lust, das in die Hand zu nehmen. Toll!

Holger: Das finde ich auch besonders gelungen. Also das finde ich irgendwie total schön. Und mir gefällt das auch, dass man am Etikett eigentlich sofort erkennen kann, was einen erwartet. Also das ist halt einfach eine Fruchtbombe.

 

Der weibliche Touch

Markus: Ja, und macht auch richtig Lust und Laune an so einem schönen Sommertag, wie wir den heute haben, so ein Bier zu genießen. Also ich glaube, ich nehme mir jetzt dann gleich den Rest und setze mich raus in den Garten und lass es mir richtig gutgehen.

Gisela Meinel-Hansen: Sehr gute Idee.

Holger: Perfekt. Da kann man nur sagen: Holla, die Bierfee.

Markus: Ach so, stimmt, darüber haben wir noch gar nicht gesprochen, Gisy, sag doch noch zwei Sätze zur Bierfee, das muss noch gesagt werden, glaube ich.

Gisela Meinel-Hansen: Gemeinsam seit acht Jahren machen wir mit einer guten Freundin und Braumeisterin, der Isabella Mereien von der Brauerei Drei Kronen, das Projekt HolladieBierfee. Und zwar brauen wir zwei verschiedene Biere, einmal ein Dinkel Ale und ein Lady Parker, beides mittlerweile gleichzeitig so erhalten. Es sind starke Biere immer mit wechselnder Hopfung, meistens mit zweifacher beziehungsweise dreifacher Gärung. Sind immer Starkbiere in kleinen Flaschen für die Damen dieser Welt gebraut. Die zwei Biere sind einfach wahnsinnig intensiv und bevor man sich mit einem Cocktail begnügt, kann man sich auch gerne sozusagen mit einer Bierfee begnügen.

Markus: Ja. Also ich glaube, das ist für uns als Nichtfrauen auch endlich mal ein authentisches Frauenbier, weil es einfach von euch, von Frauen gemacht wird und eben auch entsprechend ankommt. Also das Projekt begleite ich schon sehr lange und das ist immer gerade beim echten Zielpublikum ein echter Hit. Also vielen, vielen Dank, liebe Gisy, dass du die Zeit für uns hattest und dass wir uns über eure Biere unterhalten konnten und über eure Brauerei. War sehr schön. Wir wünschen euch natürlich weiterhin alles Gute für die Brauerei, alles Gute nach Hof und eine schöne Zeit und bis bald.

Gisela Meinel-Hansen: Vielen Dank. Alles Gute, ihr zwei, bleibt gesund!

Holger: Ebenso. Mach’s gut. Tschüss!

Gisela Meinel-Hansen: Ciao!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 8 – Interview mit Christian „Blacky“ Schwarz von Radio Primaton aus Schweinfurt

Christian „Blacky“ Schwarz arbeitet jeden Tag als beliebter Morning-Show Moderator bei Radio Primaton in Schweinfurt. Schon zweimal war Biersommelier Markus Raupach dort zu Gast zum zweistündigen Sonntagsgespräch – jetzt haben er und sein Partner Holger Hahn den Spieß umgedreht und den sympathischen Unterfranken in ihren BierTalk eingeladen. Heraus kam ein spannendes und sehr persönliches Gespräch über Bier und Bierkultur – und wie jeder Mensch damit aufwächst…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo zusammen! Herzlich willkommen zu unserem BierTalk Nummer acht, natürlich wie immer mit mir, dem Markus und…

Holger: …und dem Holger.

Markus: Ja, und natürlich auch einem besonderen Gast, dieses Mal dem Blacky Schwarz, der sich aber gleich noch mal selbst ein bisschen vorstellen wird.

 

Wie die Jungfrau zum Kinde

Christian Schwarz: Ja, einen wunderschönen guten Morgen, ich komm ein bisschen wie die Jungfrau zum Kinde zu einem Bierpodcast auch das erste Mal in meinem Leben. Ich bin Radiomoderator eigentlich, Journalist, mache nebenbei relativ viele Veranstaltungen, im Moment gar keine und hab jetzt einfach dadurch auch Zeit zum Biertrinken und zum Bierpodcastmachen.

Markus: Jeder von uns hat sich natürlich auch ein paar Bierchen rausgesucht, die wir nebenbei aufmachen können. Vielleicht vorne weg die Frage: Du hast ja gerade gesagt, du machst viele Veranstaltungen, das heißt dein Terminkalender war auch relativ voll und ist jetzt leer, oder wie kann man sich das vorstellen?

 

Unfreiwillig auf Balkonien

Christian Schwarz: Mein Terminkalender war richtig voll. Also ich habe normalerweise sagen wir mal so ab Ende April bis Anfang, Mitte September kein freies Wochenende, und jetzt ist erst mal auf lange Sicht alles frei. Das heißt, ich entdecke gerade so Dinge, wie das Spazierengehen, das Wandern, das auf dem Balkon Sitzen, was ich eigentlich so überhaupt nicht kenne. Es hat so einen… ja, auf eine perverse Art, Urlaubscharakter, im Moment zumindest noch.

Markus: Ja, die Welt steht so ein bisschen still. Holger, du hast dir bestimmt auch ein schönes Bierchen ausgesucht.

Holger: Unbedingt. Ich habe mich inspirieren lassen von dir, wie so oft in meinem Leben schon, und bin nach Großbritannien gereist. Also natürlich nicht wirklich, aber du weißt, wie ich es meine und habe mir da ein unglaublich tolles Bierchen herausgeholt. Jetzt bist du wieder dran.

Markus: Beziehungsweise wir beide. Der Blacky kann natürlich gerne mitraten.

Christian Schwarz: Ein Bier aus Großbritannien! Unglaublich toll! Ehrlich gesagt, britisches Bier ist für mich immer so gefüllt bis zum Glasrand, dann den Schaum weggestrichen, Handtuch drunter und es ist zu warm.

 

Holger: Na ja, wunderbar, das ist ja prima, dass wir so einen typischen deutschen Biertrinker unter uns haben.

 

Warmes Bier im feuchten Land

Christian Schwarz: Das ist gar nicht der Punkt, aber ich war mal längere Zeit in Cambridge zum Englischlernen, und ich kann mich an diverse Pubs, also „The Anchor“ beispielsweise erinnern, da war es genauso. Ich bin dann, muss ich jetzt gestehen, ich weiß nicht, ob man das im Bierpodcast sagen darf, auf Cider umgestiegen, und es gab eine ganz fiese Diskothek für alle Sprachschüler, die hieß „Cindarella’s Rockefeller“ und auch da war das Bier eben eine eher tragische Erfahrung.

Holger: Ja gut, also Bier ist ja Heimat und damit auch Kultur, und ich kenne genügend Engländer, die zu uns rüber kommen und mich jedes mal fragen: Holger, warum macht er eigentlich das Glas nicht voll? Warum? Warum macht er das Glas nicht voll? Wir verstehen es nicht. Ich erzähle dann immer: Schaumkrone und Bild, und Auge isst mit und so, aber die schütteln dann immer nur ihren Kopf. Trotzdem: Was habe ich mir ausgesucht? Also ich geb noch einen Tipp mehr, ich hab ja gesagt, ich hab mich inspirieren lassen und Markus hat Bulldog ausgewählt, und in dem Land befinde ich mich jetzt auch biertechnisch.

Markus: Genau, aber du musst es doch noch aufmachen, dass wir hören können.

Holger: Ja unbedingt.

Markus: Ok das klingt wieder ziemlich nach Dose, wenn ich ehrlich bin, und in dem Land – meintest du damit auch Schottland?

Holger: Genau.

Markus: Hm. Belhaven vielleicht?

Holger: Belhaven ist richtig, Dose ist falsch.

Markus: Oh. Na immerhin.

 

Röstaromen aus Schottland

Holger: Ne, unbedingt. Ich bin schon wieder beeindruckt von dir, wie jedes Mal. Also ich habe mich entschieden für einen Scottish Oat Stout. Ein absoluter Klassiker der Belhaven Brauerei, und es ist so schön karamellig und malzig und es kommt so smoothie-mäßig eigentlich in den Mund. Das ist fast cremig, und das finde ich unglaublich toll, und für mich muss eigentlich ein Stout, mit Hafer gebraut, eigentlich genauso sein. Das ist, finde ich, ein exzellenter Vertreter seiner Klasse.

Christian Schwarz: Ok, ich bin absolut beeindruckt. Ich wusste nicht mal, dass es schottisches Bier gibt, also ich lerne heute lauter neue Sachen.

Holger: Was da auch unbedingt erwähnenswert ist, wir beide, also Markus und ich auch, wir sind immer total begeistert von Bierhistorie, aber auch Historie allgemein. Man kann ja beim Bier so viele Geschichten erzählen und kann die dann mit der damaligen Zeit auch verbinden. Und ich wusste gar nicht, aber vielleicht wusstest du das ja, Markus, dass also Kaiser Ferdinand I. hat eben das Bier der Belhaven Brewery damals als den „Burgunder Schottlands“ bezeichnet.

Markus: Herrje, das ist ja fast so gut wie der Champagner des Nordens in Berlin.

Holger: Absolut, und das ist schon ein Ritterschlag, oder? Also das muss man schon sagen.

 

Bier statt Whisky

Markus: Auf jeden Fall. Die Brauerei macht natürlich tolle Biere und die Schotten eben nicht nur Whisky, und du hast jetzt quasi ein Frühstücksbier, das ist doch auch mal schön. Ich muss aber noch mal auf den Blacky zurückkommen, das ist natürlich in England, wenn man da im Pub sitzt, wenn man eben diese zugegeben relativ warme Bier serviert bekommt, trotzdem einfach eine wunderschöne Atmosphäre. Für mich ist es ein bisschen so, wie wenn ich hier in Franken in der Brauereigaststätte bin, da sitzen auch alle möglichen Leute an Tischen zusammen, lernen sich kennen, unterhalten sich, es wird über Gott und die Welt geredet, ist einfach eine schöne, gemütliche Atmosphäre. So erlebe ich es in England letzten Endes in den Pubs auch.

Christian Schwarz: Das Großartige ist ja auch, dass die Abende da gar nicht so lang werden, weil die letzte Runde ist, glaube ich, schon immer so gegen 11, halb 12 oder so was, und dann wieder nach Hause.

Markus: Ja, die Engländer haben da etwas Besonderes erfunden, und zwar wenn die dann zu Hause sind um 11, haben ja fast alle Engländer einen Hund. Und wenn der dann noch mal in die Kneipe gehen will, dann sagt er zu seiner Frau: Ich gehe noch mal mit dem Hund raus, I’m going to walk the dog. Und „I’m going to walk the dog“ meint eigentlich: „Ich gehe noch mal in die Kneipe.“

Christian Schwarz: Wieder was gelernt.

Holger: Ah, deshalb hast du einen Hund, jetzt weiß ich’s!

Markus: Jetzt weißt du’s, ja!

Christian Schwarz: Ja, Wahnsinn, der war ja vorher auch schon zu hören, glaube ich, so im Hintergrund so ein bisschen.

Markus: Ja, der hat mal kurz Laut gegeben, wahrscheinlich war’s der Postbote. Also England – das heißt, da hast du auf jeden Fall auch schon Bier konsumiert. Wie ist denn überhaupt so deine Bierhistorie – oder vielleicht magst du vorher ein Bier aufmachen? Du sollst ja nicht zu lange auf dem Trockenen sitzen.

 

Ein Helles aus der Stadt der Rauchbiere

Christian Schwarz: Ich kann auch mal ein Bier aufmachen. Ich meine, mein Bier ist jetzt nicht ganz so weit gereist, aber du hattest vorhin das Thema Bierdose angesprochen. Die Brauerei, um die es bei mir geht, hat vor einiger Zeit ihr Bier jetzt auch in Dosen rausgebracht und hat dafür teilweise einen ganz schönen Shitstorm kassiert. Ich würde alles auch wetten, dass ihr beide dieses Bier auch kennt. Also, machen wir’s mal auf. Ist ein bisschen ruhig.

Markus: Holger, darf ich?

Holger: Natürlich darfst du.

Markus: Also, weil der Sound, das klingt eindeutig nach Mahrs Bräu.

Christian Schwarz: Das ist ziemlich gut, hast du vollkommen recht. Was meinst du, was für eines…

Markus: Das U vielleicht, das Kellerbier?

Christian Schwarz: Nee, ich hab mir gedacht: Kellerbier ist noch zu hart jetzt so früh, ich trinke ein Helles.

Markus: Ah, schön! Das wird den Holger wiederum freuen, der ist ein großer Fan des Hellen.

Holger: Ja, also überhaupt der Mahrs Brauerei. Also ich bin ein großer Fan auch der Mahrs Brauerei und das U ist ja auch ein Bier, was ich auch schon in einem früheren BierTalk mir ausgesucht hatte. Also insofern Blacky, wir sind da sehr seelenverwandt, merke ich.

 

Bierdosen aus Bamberg

Christian Schwarz: Ich muss natürlich zugeben, ich hab natürlich auch von Markus gelernt. Ich durfte ihn ja auch schon diverse Male als Studiogast begrüßen. Er hat mich natürlich biertechnisch dann auch so ein bisschen noch weiter nach vorne gebracht.

Markus: Das adelt mich jetzt aber. Und wie kommst du an eine Mahrs-Bräu-Dose?

Christian Schwarz: Es ist gar keine Dose, ich habe tatsächlich eine Flasche. Mir ist aufgefallen, dass die mit den Dosen ein bisschen Ärger hatten, weil die haben erst vor kurzem – also, was heißt vor kurzem, ist auch schon wieder eine Weile her – ihr Bier auch in Dosen lanciert, und da gab’s auf Facebook zumindest ordentlich Feuer dafür von paar Menschen, die das, glaube ich nicht so gut fanden, wobei ich ja von dir gelernt habe, dass die Dose eigentlich das Perfekte ist, um ein Bier zu verpacken.

Markus: Das stimmt, ja.

Christian Schwarz: Wahnsinn.

Markus: Wie ist es mit deiner Biergeschichte, wann hast du denn dein erstes Bier getrunken? Kannst du dich noch erinnern?

 

Blackys erstes Bier

Christian Schwarz: Absolut, ich hab mein erstes Bier getrunken bei meinem Onkel, also beim Bruder meines Vaters, der war Elektrikermeiste, hatte eine kleine Werkstatt und hatte in Würzburg in Grombühl unten in seiner kleinen Werkstatt immer ein Fass Bier mit so einer selbst gebauten Zapfanlage stehen, und da war ich so – darf man das jetzt sagen? – 13, 14 Jahre alt und durfte zum ersten Mal probieren und mal selber versuchen zu zapfen, was völlig gescheitert ist, und mein erstes Bier war, als Würzburger, ein Würzburger Hofbräu, aber noch vor der Übernahme der Brauerei durch eine Großbrauerei.

Markus: So ähnlich ging es bei mir damals auch. Ich kann mich erinnern, es war im Biergarten von der Mahrs Bräu, wo ich mit meinen Eltern war und immer Bier holen musste von der Theke, und dann nippt man halt mal und… Alles Dinge, die man heute gar nicht mehr darf, aber wenn wir über die Vergangenheit reden, glaube ich, darf man das schon noch erzählen.

Christian Schwarz: Du, das war im letzten Jahrtausend, das ist völlig okay. Da kann man heute darüber hinwegsehen, wahrscheinlich. Das stimmt, außerdem hat der Holger noch ganz andere Geschichten auf Lager, denke ich.

Holger: Ich weiß nicht, ob ich mich das trauen soll jetzt.

Christian Schwarz: Jetzt bin ich neugierig, erzähl!

Holger: Ich wollte eigentlich noch mal auf das Thema Cider zurückkommen, wenn ich darf.

Markus: Das Outing muss jetzt schon irgendwie sein.

Holger: Ich trau mich aber nicht.

Markus: Na gut, Cider.

Christian Schwarz: Dann trinkt dir doch ein bisschen Mut an. Was willst du zu Cider erzählen?

 

Thema Cider

Holger: Es gibt also verschiedene Cider. Da gibt es einmal den Apple Cider, und dann gibt es ja auch mit so einem Brombeergeschmack, der heißt eigentlich Blackberry Cider, aber das finde ich schön, den könnte man ja dann Blacky Barry Cider nennen, für so Süßschnäbel wie dich. Also, Cider trinkt ja nur die Leute in den Pubs, die, sag ich mal… Also für die richtigen Biere, da sind sie zu schwach dafür, oder?

Christian Schwarz: Ja, genau so kannst du mich vorstellen: Ich bin so der Zierliche, Schüchterne, Schwache, genau das ist das Bild, das ich gerne von mir zeichne, gerade bei einem Podcast, der kein Bildmaterial bietet.

Markus: Wobei man natürlich eine kleine Lanze für den Cider schon brechen muss. Es stimmt, bis vor kurzem war das, gerade in England, so. Allerdings hat sich ähnlich wie beim Bier oder auch bei der Schokolade, beim Kaffee rund um die Cidergeschichte eine Craftkultur gebildet, es gibt jetzt richtig hochwertige Cider, teilweise werden sogar nur die Äpfel von einem Apfelbaum oder einem Birnbaum verarbeitet. Es gibt mit wilder Hefe bestimmte Gärungen, es gibt Cuvées… Einmal im Jahr ist in England immer das Great British Beer Festival, und da ist normalerweise nur Bier angesagt, so wie wir es vorhin schon beschrieben haben, aber seit ein paar Jahren gibt’s da auch einen Ciderstand, und da kann man dann um die 50, 60 verschiedene Ciders probieren, das macht wirklich Spaß, ist sehr interessant, allerdings in der Regel auch sehr alkoholisch.

Holger: Stimmt! Also, man darf es nicht vergleichen mit den französischen Apfelweinen, die in der Regel wesentlich weniger Alkohol haben.

Christian Schwarz: Ja, der Cidre hat so knapp zwei, zweieinhalb Prozent, und ein Cider ist wie ein normales Bier, oder?

Holger: Ja, genau, so fünf, fünfeinhalb haben die meistens, genau.

Markus: Ja, aber da fangen sie an. Ich hab in London durchaus auch welche mit 9, 10, 11 % getrunken. Dort ist der höhere Alkohol die Regel.

Holger: Na ja, weil du danach suchst.

Christian Schwarz: Ich wollt’s grad sagen! Ich kann mich erinnern, als Markus bei mir in der Sendung war, hat er auch Biere dabei gehabt, die hatten Alkoholgehalte, das kenn ich eigentlich nur von einem guten Schnaps oder einem Wein.

Markus: Ach, jetzt stehe ich wieder in dieser Ecke. Aber passt auf, ich mach jetzt auch mal mein Bier auf und ihr dürft raten, was es ist. Oder willst du noch was sagen, Holger?

Holger: Nein, du hast vollkommen recht, du darfst auch nicht verdursten.

Markus: Eben, also. Moment…

Holger: Eindeutig keine Dose.

 

Ein neues Bier

Christian Schwarz: Naja, es könnte aber auch ein Bügelverschluss gewesen sein.

Holger: Ich glaub nicht. Also eine 0.33er Flasche.

Christian Schwarz: Kann mir einer von euch sagen, wie ihr eine Flaschengröße hören könnt?

Markus: Das ist Betriebsgeheimnis.

Holger: Und außerdem, du kennst doch die Sendung „Wetten, dass…?“, oder? Und da haben der Markus und ich uns bestimmt zehnmal beworben, dass wir also beim Hören des Öffnens der Flasche immer Brauerei und Bierstil festlegen können, aber die haben uns jedes Mal abgelehnt. Ist doch komisch?

Christian Schwarz: Ja, aber ich glaube, Thomas Gottschalk macht doch jetzt auf seine alten Tage aus lauter Verzweiflung nochmal eine Folge im nächsten Jahr oder so. Ihr könnt euch noch bewerben.

Markus: Glaub sogar, Ende dieses Jahres! Müssen wir uns mal schlau machen, Holger. Also, 0.33 war falsch, Flasche war richtig, Bügelverschluss war auch falsch.

Christian Schwarz: Okay, das engt es jetzt noch nicht wirklich ein.

Holger: Ne, das stimmt.

Markus: Es kommt auch aus Franken, und es kommt auch von einer Brauerei, die mitunter in der Diskussion steht.

Holger: Da bin ich wirklich draußen, weil…

 

Die Wernecker Brauerei

Christian Schwarz: Kann es ein Wernecker sein, weil die ja Riesenprobleme im Moment haben und die Türen zusperren müssen?

Markus: Also wenn ich noch eins hätte, hätte ich das auf jeden Fall jetzt in unsere Sendung mit reingenommen, gerade weil wir dich auch mit dabei haben. Leider hatte ich keins mehr. Nein, wir sind in der fränkischen Hauptstadt.

Holger: Ich oute mich nicht. Also für mich… Also, keine Ahnung. Ich weiß nur, dass seit 1806 Franken erst zu Bayern gehört, aber mehr…

Christan Schwarz: Ja, zwangsweise.

 

Ein neues altes Rotbier aus Nürnberg

Markus: Also, es handelt sich um ein Bier der Tucher Brauerei, und zwar das neue Rotbier. Und das machen sie wirklich ganz, ganz spannend, denn sie haben dafür das alte Sudhaus umgebaut, es gibt es alte Tucher Sudhaus, das aus den 1920er Jahren ist, ein richtiger Biertempel mit ganz viel Kupfer und schönen Kacheln und wunderbar. Sogar ein Braumeistersofa, der dann von oben gethront hat und sich das Ganze anschauen konnte. Und im Keller haben sie jetzt eine kleine Brauerei installiert und ganz, ganz viele Holzfässer. Was die da jetzt machen, ist, dass sie ein Bockbier einbrauen, ein sehr starkes Rotbier, das kommt dann in diese Holzfässer, lagert ungefähr ein halbes, dreiviertel Jahr, dann verschneiden die aus diesen verschiedenen Holzfässern das Bockbier, bis es dann einen perfekten Geschmack für den Braumeister hat, und das wird dann noch mal gemischt mit frisch gebrauten normalen Rotbier. Also die Idee dahinter ist, ein bisschen die ursprünglichen Rotbiere von vor 300, 400 Jahren zu reproduzieren, weil die eben auch immer verschnitten waren, in Holzfässer waren und gerne auch mit stärkeren Bieren gemischt waren. Der Geschmack ist wirklich fantastisch. Karamell, Vanille, sehr schöne Röstaromen, natürlich auch so brotig, getreidig, und sehr rund einfach. Also ein ganz angenehmes, spannendes, schönes Brotzeitbier mit einer Riesengeschichte.

Holger: Also, kann ich nur bestätigen. Ich kenn das Bier auch und bin auch absolut begeistert, ich hab das ja schon so oft angesprochen. Das Thema Preis-Leistungs-Verhältnis, das ist auch wieder so ein Bier, wo ich einfach… Im Prinzip muss man sagen: Viel zu billig, einfach viel zu billig.

Markus: Ist auch so, also muss man ehrlicherweise sagen, die Brauerei legt bei jeder Flasche, die sie verkauft, drauf. Machen sie aber bewusst, weil es ihnen da wirklich einerseits natürlich ein bisschen um das Marketing geht, aber eben auch darum, dieses ursprüngliche Nürnberger Rotbier wieder zu beleben. Und in der Diskussion sind sie ein bisschen, weil eine andere Brauerei, die in Nürnberg schon länger Rotbier macht, da jetzt so ein bisschen sich dran gestoßen hat, weil Tucher ja seine große Brauerei genau zwischen Nürnberg und Fürth stehen hat, also, das steht praktisch das Sudhaus auf der Fürther Seite, und direkt im selben Gebäude geht praktisch die Grenze durch die beiden Städte. Damit steht der Läuterbottich in Nürnberg. Und da war eben die Frage: Ist das denn überhaupt noch ein Nürnberger Rotbier, wenn ein Teil dieses verschnittenen Bieres dort gebraut worden ist? Deswegen große Diskussion. Ich mag auf jeden Fall dieses Bier und habe in den letzten Jahren auch wirklich die Tucher Brauerei mal von einer anderen Seite kennengelernt, vorher war das wirklich auch in der Kommunikation mit mir eher so eine Großbrauerei, relativ steril, relativ zurückhaltend, aber eben seit ein paar Jahren hat da die Sache wirklich geändert und sind jetzt sehr offen, sehr nett, und haben schon viele verrückte Sachen auch mit uns gemacht. Mit vielen Gruppen auch waren wir schon dort, haben das angeschaut. Kann man jedem nur empfehlen, sobald es wieder möglich ist, das alte Sudhaus in Nürnberg mal zu besichtigen.

Holger: Es gibt ja so ein paar Braumeister, finde ich, die auch kreativ sein wollen und dann ist es schön, wenn die das auch dürfen. Dass eben nicht nur Output und ökonomische Gesichtspunkte eine Rolle spielen, sondern dass man die auch kreativ sein lässt, weil so ein Bier zu entwickeln auch in der Produktentwicklung, des machst du nicht mal eben nebenbei am Wochenende, sondern da braucht es wirklich Zeit, sich so was zu überlegen. Mit den Eichenfässern, dann die Rezeptur festzulegen und so, bis man es wirklich so hat, dass man es gut stabil reproduzieren kann und so, also da gehört was dazu. Das ist Kunst, das ist echte Braukunst.

Christian Schwarz: Ihr kriegt mich wirklich dazu, dass ich heute noch in den Getränkemarkt muss. Mundschutz auf und los.

 

Bier und Rundfunk?

Markus: Auf jeden Fall. Wie ist es denn bei dir? Welche Rolle spielt Bier denn in deinem normalen täglichen Job?

Christian Schwarz: In meinem normalen Job?

Markus: Naja, also wenn du jetzt Veranstaltungen machst zum Beispiel oder so..

Christian Schwarz: Ah, okay, ich habe gedacht, weil ich mache eine Morgenshow im Radio, wenn ich da mit Bier anfangen würde, dann würde mein Arbeitgeber respektive Kunde irgendwann mal sagen: Nun ja… Grundsätzlich ist es auf Veranstaltungen so, dass ich den Leuten eher beim Biertrinken zuschaue. Ich arbeite als DJ, ich mache Moderationen, und da ist es halt einfach so, das so wirklich den sprichwörtlichen klaren Kopf brauchst, sonst hältst du das nicht durch, weil du ja grundsätzlich der Letzte bist, der nach Hause geht. Das heißt, da ist eigentlich Alkoholverbot, aber alkoholfreies Weizen ist immer drin, gerade im Sommer, und am Ende des Abends schmeckt es um so besser, dann noch ein Bier zu trinken.

Markus: Die alkoholfreien Biere werden immer wichtiger. Das könnte man sogar zur Morningshow machen. Also wenn ich mal wieder bei euch bin, sein darf, je nachdem, dann bringe ich dir mal welche mit. Dann kannst du früh auch mal so einen Milk Stout zum Frühstück trinken.

Christian Schwarz: Du, sobald wir wieder im Studio sind – wir machen ja seit fast fünf Wochen mittlerweile Home Office, also ich sitz jetzt auch hier zu Hause am Tisch – bin ich da sofort dabei, keine Frage. Hast du einen guten Tipp für ein alkoholfreies Bier? Ich bin immer noch auf alkoholfreiem Schneider Hefe, aber vielleicht gibt es ja noch was, was noch besser wäre.

Markus: Ich würde sagen, die bringe ich dir dann mit. Aktuell ist es so, dass die für mich besten alkoholfreien Bieren nicht aus Deutschland kommen, sondern aus England, wobei es jetzt gerade in den letzten Wochen und Monaten ein paar neue Entwicklungen aus Deutschland gab, die ich noch nicht verkostet habe. Da nehme ich mich mal als Testperson, verkoste das mal vor und bringe dir dann eine Range mit, und eine, die du dann auch vielleicht auch erstehen kannst.

Christian Schwarz: Du bist ja wirklich selbstlos, das find ich gut.

 

Alkoholfrei ist im Trend, Frauen auch

Holger: Was ich empfehlen könnte, wirklich dann auch als deutsches Bier, wäre das Nittenauer Le Chauffeur. Das ist ein wirklich sehr schönes, alkoholfreies IPA.

Markus: Schön fruchtig, schön hopfig, sehr angenehm, toll.

Holger: Mögen auch die Frauen, das ist ja bei Markus immer besonders wichtig, dass die Biere auch den Frauen schmecken. Das mögen die.

Christian Schwarz: Wir haben jetzt festgehalten, Markus mag alkoholstarke Biere und sie müssen Frauen schmecken, nur um jetzt alle Vorurteile nochmal hier öffentlich…

Holger: So ist es, und er hat nur einen Hund, weil:

Christian Schwarz: Genau, ich hab diesen Film gesehen, 101 Dalmatiner, den alten Zeichentrickfilm. Da wurde ja schon damals gezeigt, dass Hunde eine wunderbare Flirthilfe sind.

Markus: Das stimmt, das kann ich als Hundebesitzer nur sagen: Auf jeden Fall! Du begegnest ganz vielen verschiedenen Menschen auch des anderen Geschlechts, und wenn man einen entsprechend niedlichen Hund hat, was meiner auch wirklich ist, dann ist es ganz schnell so, dass man da ins Gespräch kommt.

Christian Schwarz: Und er fährt ein Cabrio. Das auch noch.

Holger: So ist es!

Markus: Die kleine Freude des kleinen Mannes. Ja, vielleicht nur ganz kurz: Wie habe ich mir den einen Radiomoderator im Home Office vorzustellen?

 

Home Office als Radiomoderator

Christian Schwarz: Das ist eine relativ strange Geschichte! Ich hab die erste Woche so verbracht, dass ich wirklich so aus dem Schlafzimmer rausgewankt bin, kurz zur Espressomaschine, dann quasi so, wie Gott mich schuf, mehr oder weniger in Jogginghose vor einem Mikrofon saß, und da Radio gemacht habe, hab dann aber relativ schnell gelernt, dass das nicht funktioniert, weil du dann einfach noch so im Schlafmodus bist. Jetzt stehe ich wirklich früh auf, dusche, ziehe mich an, ganz normal, setze mich an den Tisch und ja, wir machen Radio halt jetzt wirklich komplett von zu Hause aus, weil wir im Studio eben diese ganzen Abstandshygienedinge nicht hinbekommen und auch zu Anfang im näheren Umfeld des Senders jemanden hatten, der coronapositiv war, und dann alle nach Hause gegangen sind. Ja, ist mal ganz anders, also man muss halt nicht mehr ins Auto steigen, man muss nicht vor die Tür, aber es ist auch ein bisschen strange so ohne Studioatmosphäre.

Markus: Und das Equipment hast du zu Hause?

Christian Schwarz: Ich habe hier ganz lokal an dem Tag, an dem ich nach Hause kam, erst mal nur mit dem iPhone gearbeitet, dann festgestellt, das hat nicht viel Zukunft, und dann gedacht: Was machst du, rufst du bei Thomann an, in Treppendorf, bei euch um die Ecke. Ich rief da an mit dem Brustton der Überzeugung: Ich habe eine ganz seltsame Frage, und zwar arbeite ich beim Radio als Journalist, und ich bräuchte da Technik, um von zu Hause aus… Dann hat der gegrinst am Telefon und nur gesagt: 90 % unserer Anrufe sind nichts anderes. Kaufen Sie das, das und das, und dann habe ich gesagt: Ok, ich bräuchte es aber relativ schnell und dann haben die gesagt: Ja, wir kümmern uns drum, und am nächsten Morgen war alles da, was man braucht, das war sehr cool.

Markus: Das ist eine ganz tolle fränkische Erfolgsgeschichte, muss man sagen, Thomann. Ich hab ja auch mal beim Radio angefangen von mittlerweile 30 Jahren, damals war es noch eine ganz kleine Klitsche im Dorf, wo man trotzdem hingefahren ist, wenn man sein Kassettenbandaufnahmegerät, weil die Geschwindigkeit nicht gepasst hat oder so, vorbeigebracht hat, die hatten auch damals schon den tollen Service, das man hingehen kann, und halbe Stunde später war das dann schon wieder erledigt, weil sie eben wussten, die Journalisten brauchen das schnell für ihre Arbeit, und das ist für mich Wahnsinn, zu beobachten, was daraus geworden ist.

Christian Schwarz: Wenn du jetzt in diesen Ort rein fährst, und ich war letzten Sommer dort, als es noch ging – im Moment haben sie auch zu, machen nur noch Onlinehandel – das ist ja auch wie am Flughafen. Du hast jetzt eine Kneipe mit so einer Art Flughafenterminal drin, wo dann so ein Schriftband aufleuchtet, wenn deine Bestellung abholbereit ist. Unfassbar, was die alles gerissen haben mittlerweile.

Markus: Und sind die einzigen eigentlich in dem Business, die Amazon wirklich die Stirn bieten, und immer noch gute Umsätze auch online haben, weil sie halt sehr viel Beratung haben und immer Fachleute am Telefon.

Christian Schwarz: Klar, du rufst da an, und du kriegst sofort, was du willst, und du kannst hin, und du kannst alles, und ich meine alles, ausprobieren und kannst dir noch zum 10. Mal die Boxen anhören, ohne dass du die Leute nervst, ist schon grandios.

 

Holgers Coming Out oder unser letzter Rausch

Markus: Ja Holger, wie weit bist du da mit deinem Bierchen, und wie weit bist du mit deinem Coming Out?

Holger: Ich hab noch ein bisschen im Glas, weil du hast ja schon bemerkt, es ist noch nicht Mittag, mein Bier hat auch 7 %. Ich bin dann vorsichtig, auch, also bisschen und genieße natürlich. Ich bin ja sowieso kein Wirkungstrinker, sondern ein ausgesprochener Genusstrinker.

Christian Schwarz: Jetzt müssen wir aber trotzdem noch mal investigativ nachfragen, auch jetzt rein als Journalist. Es ist quasi eine Pflicht. Du wolltest uns ja noch erzählen, wie das in seiner Jugend war, und aufgrund deiner Zurückhaltung könnte ich mir vorstellen, dass du vielleicht als Wirkungstrinker begonnen hast, um dann zum Genießer zu werden?

Holger: Nee, überhaupt nicht, ich bin ein Kneipenkind aus dem Ruhrgebiet, meine Eltern haben eine Gaststätte gehabt auf der Rückseite vom Duisburger Hauptbahnhof, und meine Großeltern auch schon. Damals, wo ich Junge war, war Duisburg ein brummender, lebender Industriestandort mit 600.000 Einwohnern, Kohle und Stahl, war da Programm. Da war bei uns auch immer was los. Aber vielleicht ist es auch schon ein Thema der Verklärung ein Stück weit, aber ich habe das immer so erlebt, also dieses Feierabendbierchen, diese Feierabendbierkultur, die war bei uns ganz groß geschrieben, und die Männer, die kamen halt von der Schicht und haben dann einfach auch ein oder zwei Feierabendbierchen getrunken, haben in den Sparklub eingezahlt und sind dann nach Hause gegangen, und sind dann am Wochenende mit ihren Frauen wieder gekommen und so. Dann haben wir schöne Feste gehabt mit Musik und mit Tanz, Sparklubauszahlungen waren immer unglaublich begehrt. Da habe ich sehr positive Erinnerungen daran. Das Einzige, was ich sagen kann, wo es immer mal echt ein bisschen übertrieben wurde, war dann Karneval. Das ist vielleicht auch ein Grund, warum ich den Karneval überhaupt nicht mag, weil für mich als Kind war das immer ganz furchtbar. Meine Eltern waren total… Absolute Anspannung und so, und die Gäste, die waren unerträglich, und das ist, glaube ich, auch ein Grund, warum ich das letzte Mal mit 21 Jahren betrunken war. So ist es wirklich, es glaubt man nicht, aber so ist es wirklich. Ich lehne das total ab und betone auch immer in den Verkostungen und auch bei unseren Veranstaltungen: Wir haben es mit Alkohol zu tun, und Alkohol ist ein Nervengift.

Christian Schwarz: Eine Erfahrung, die ich so 1:1 unterschreiben kann, da ich auch an Karneval beziehungsweise, wie es bei uns heißt, Fasching, Musik mache und lange auch in Kneipen und Diskotheken gearbeitet habe hinter der Bar, und die Erfahrung, die ich auch gemacht habe, die ist wirklich, wie du siehst, wie sich Leute verändern über den Abend, gerade, wenn du selber nüchtern bleibst, und willst diesen Kontrollverlust in deinem eigenen Leben partout nicht mehr haben. Deswegen, glaube ich, geht es uns wahrscheinlich, ich glaube, Markus geht es genauso. Ich kann mich nicht erinnern, so ganz genau, wann ich das letzte Mal wirklich regelrecht betrunken gewesen wäre.

Markus: Ich glaube, das war an meinem 30. oder 35. Geburtstag, den weiß ich jetzt nicht mehr ganz genau, da ist das irgendwie so passiert, aber normalerweise ist es bei mir tatsächlich auch so. Also natürlich hat man seine Jugendzeiten und stößt sich ein bisschen die Hörner ab und probiert mal hier und mal da. Und sicherlich haben wir an irgendeinem 17., 18. Geburtstag von einem Freund mal die Bar der Eltern ausgeleert und sämtliche Schnäpse ausgetrunken und danach die entsprechenden Erscheinungen gehabt. Aber ich habe ja dann auch lange als DJ gearbeitet und so, und wenn du dann eben professionell Leuten Spaß machst, die sich Stück für Stück betrinken, dann kriegt man auch so eine gewisse Distanz dazu, und finde ich auch wichtig, gerade auch in unserem Bereich. Also wir wissen viel über Bier, wir mögen Bier, wir können die Aromen beschreiben und die Herstellung und sind auch sehr begeistert von der Bierkultur. Aber deswegen muss man noch lange nicht jeden Tag zehn Stück in sich rein kippen. Das finde ich schon auch eine wichtige Botschaft, die man immer wieder unter die Leute bringen muss.

 

Sparklub

Christian Schwarz: Ich würde noch mal ganz gerne auf dieses Thema Sparklub zurückkommen, weil ich das so cool finde. Ich hab das ewig nicht mehr gehört. Ich weiß, es gibt in Schweinfurt einen Menschen, der allerdings eine Kaffeebar hat, der Mike Mangold von der Fleischerei, der hat das nochmal eingeführt, der hat einen Sparklub bei sich, hat also da dementsprechend so Fächer an der Wand hängen, aber ansonsten ist dieser Brauch irgendwie Geschichte, oder gibt es das in eurem Umfeld noch?

Holger: Also ich finde, in Oberfranken gibt es das relativ häufig noch. Also wenn ich mit Markus ab und zu da mal Brauereigaststätten oder normale Gaststätten besuche, dann hängt da oft noch ein Sparklubkasten. Ich weiß natürlich nicht, ob die noch aktiv sind oder da nur hängen oder so. Dann bin ich oft im Sauerland und in Ostwestfalen unterwegs, da ist es auch ein Brauch, der nach wie vor vollkommen existiert und im Ruhrgebiet sowieso. Da wird vielleicht nicht mehr so eine richtige Sparklubauszahlungen dann gemacht mit einem Fest, sondern das funktioniert dann so ein bisschen anders. Aber für uns war das also, das war richtig klasse. Also, die Leute sind, wie gesagt, sehr regelmäßig gekommen, haben ihr Kleingeld dann da reingesteckt, man hat dann immer einmal in der Woche geleert, hat dann ja diese Kästchen gehabt, jedes Kästchen hatte so eine Nummer, dann hat man so Tütchen von der Sparkasse bekommen, hat dann die Nummern da eingetragen, hat dann die ganzen Tütchen einfach zur Sparkasse gebracht und die haben dann tatsächlich einzeln gebucht. Ich weiß gar nicht, ob das heute alles noch genauso ist, aber so war das damals bei uns. Dann hatten sich manche wirklich richtig passabel was angespart, also teilweise sogar einen Jahresurlaub. Die Sparklubauszahlung, die war dann im Januar und dann hat halt jeder sein Erspartes über die zwölf Monate bekommen. Wir haben dann ein Buffet und alles mögliche sozusagen kostenlos zur Verfügung gestellt, und die Getränke mussten eben bezahlt werden, und das waren immer wirklich tolle tolle Feste.

Christian Schwarz: Grandios! Also aus Würzburg kenne ich das jetzt gar nicht, aber es ist echt eine coole Geschichte.

Markus: Aus Bamberg direkt kenne ich es auch nicht. Ich weiß auch, dass diese Kästen, wenn man so durch’s Land fährt, überall so ein bisschen rumhängen, aber so wirklich in Action habe ich es zum ersten Mal auch gesehen, als wir da im Sauerland waren und das ein oder andere Lokal besucht haben, wo man auch wirklich gesehen hat, dass da was drin steckt, und dass Leute sich damit beschäftigen.

Holger: Kleingeld ist ja gar kein Problem, das hast du dann so durch durch den Schlitz geschoben, aber an so einem richtigen Sparklubkasten ist dann immer noch so ein Schieber, so ein flacher Schieber, der dann sozusagen dafür sorgt, dass die gefalteten Scheine auch wirklich komplett durch den Schlitz gehen, also großartig ist das!

Christian Schwarz: Muss man fast bei Ebay schauen, ob es so Dinger noch gibt, könnte man sich auch in die Wohnung hängen.

Markus: Muss ein Wahnsinnsvertrauen auch zu dem Wirt gewesen sein, oder? Der hätte sich ja sonst am Ende des Jahres ganz schön bereichern können.

 

Der Wirt als Seelsorger

Holger: Ich denke, es macht wirklich meine Verbindungen zum Thema Bier auch aus und überhaupt zu Gastronomie auch, das war richtig schön. Also ich würde jetzt behaupten, meine Mutter, die kannte bei uns im Stadtteil, also hab ich ja gesagt, Rückseite Duisburger Hauptbahnhof ist dann der Stadtteil Neudorf, jedes Eheproblem, jedes! Also wirklich jedes! Und war verschwiegen wie ein Grab, und da sind die Frauen gekommen und haben sich ausgeheult, und die Männer gekommen, haben sich ausgeheult, und es war quasi die Mutter der Nation, und das hat alles zu dieser Bierkultur dazu gehört. Es war ein – heute würde man sagen „Come Together“. Und damals war das einfach eine schöne Kneipengemütlichkeit, eine Begegnung also, wo man lieber einer Kneipe saß, als irgendwo vor dem Fernsehen, oder vor einem Handy oder von einem PC, sondern man hat sich echt noch was zu sagen gehabt.

Christian Schwarz: Das ist es ja auch das, was man wirklich sagen kann, dass früher oder auch heute noch… Ein guter Wirt ist ja auch von Freund, Seelsorger bis zu Therapeut alles in einer Person vermutlich. Beichtvater, wie man es nennen will, und da bricht ja im Moment auch grad echt eine ganze Kultur weg, das ist ja erschreckend in den letzten Wochen.

 

Corona und die Gastronomie

Holger: Ja, also auch das, was wir jetzt erleben mit den Beschränkungen der Begegnung, das weiß ich gar nicht, was das ausmacht. Also für die Gastronomie kann es schwierig werden. Es kann einmal so sein, dass wir nie wieder so richtig dahin zurückkehren und man immer mehr auch auf Distanz bleibt und das auch hält, weil wir wissen jetzt alle ganz genau, was anderthalb Meter sind. Also das lernen ja gerade alle oder es kann auch so sein, hoffentlich, dass alle eben auch wieder ein Bedürfnis danach haben, dann so ein „Jetzt erst recht“ entsteht. Ich weiß es nicht, wie es sich entwickeln wird.

Markus: Ja, ist grad echte krasse Situation. Wir zeichnen ja an dem Tag auf, wo am Tag davor die Verlängerung der Maßnahme wieder angekündigt worden ist, und viele Wirte hatten, glaube ich, ganz große Hoffnungen darauf, dass sie irgendwie noch in Sommergeschäft hinbekommen, dass sie bei den großen Bierfesten und Volksfesten und sowas richtig viel verkaufen können, und das ist ja seit gestern klar, dass das nicht sein wird, und ich glaube jetzt ist auch in der Gastronomie endgültig das angekommen, und es wird bei sehr vielen ein großes Fragezeichen dahinter machen, ob sie wieder aufmachen, wie sie wieder aufmachen, und vor allem wenn man davon ausgeht, dass ja, auch wenn die wieder aufmachen dürfen, sehr viel weniger Menschen gleichzeitig im Lokal sein dürfen, wird der Umsatz auf jeden Fall drastisch sinken, und das macht es sicherlich schwierig, eine Gaststätte so nach dem alten Modell in Zukunft zu betreiben.

Christian Schwarz: Ein einziger Lichtblick ist, glaube ich, im Moment noch für Brauer, die regional durchaus noch eine Chance haben, was zu reißen, wenn sie Ideen haben. Ich weiß, ein bei uns ganz bekannter Mensch, der Ulrich Martin, der euch sicherlich was sagen wird mit dem wunderbaren Spezial, unter anderem bei seinen Bieren, der ja wirklich wie ein Weltmeister jetzt noch Abholungen möglich macht und hin und her, der aber zum Beispiel ein Problem mit Hamsterkäufen hat, weil neben Toilettenpapier außerdem auch Bierkisten gehamstert werden, und der einfach jetzt das Problem hat, dass da nicht genug Leergut zurück kommt.

Markus: Es gibt einige Brauereien, die jetzt zum Beispiel sagen: Mir läuft das Bier ab, aber bevor ich das verschenke oder vielleicht zu einer Brennerei gibt, dass sie daraus irgendwie Bierbrand macht, schütte ich es lieber weg, weil ich das Leergut brauche, und das ist schon krass, als dass mittlerweile die leere Flasche mehr wert ist als die volle. Das ist schon echt bedenklich, aber gut, wir werden sehen. Vielleicht kriegen wir ein positives Schlusswort hin. Also, worauf freust du dich denn, Blacky, wenn du endlich wieder weggehen darfst?

Christian Schwarz: Ich freue mich einfach drauf, mal wieder mit Leuten zusammen irgendwie zu sitzen, ich erlebte das im Moment ganz stark, ich bin so ein bisschen sportlich aktiv geworden, weil mir sonst die Decke auf den Kopf fällt, bin viel am Spazierengehen, Herumwandern und denk mir dann ganz oft hier bei uns in der Region: Wie schön wäre es jetzt, einfach in einen Biergarten zu gehen, dann steht bei mir im Regal auch noch der von dir verhasste Biergartenführer, das heißt, ich hätte auch noch immer die besten Ideen, was ich tun könnte, nur leider ist es alles zu. Und sobald das wieder geht, sitze ich im Biergarten und sorge für Umsatz, damit die Gastronomie sich erholt. Da tue ich, was ich kann, verspreche ich jetzt schon.

Markus: Ja Holger, da bist du bestimmt dabei, oder?

Holger: Unbedingt! Also das ist auch das, was mir total abgeht. Wir haben ja gerade ein unglaubliches Wetter. Hier in München nicht dann den Biergarten zu nutzen, ist eine Quälerei. Also das ist einfach, das geht überhaupt nicht! Das mache ich sofort, also sofort bin im Biergarten.

Markus: Okay, dann machen wir doch aus, sobald es wieder geht, treffen wir uns mal im Biergarten, hören uns vielleicht noch mal diese schöne Podcastfolge an und trinken eins zusammen.

Holger: Wunderbar!

Christian Schwarz: Perfekt, bin ich sofort dabei!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 7 – Interview mit Werner Schuegraf, dem Hopfenhäcker aus München

Werner Schuegraf ist als Brauer schon lange in der Szene unterwegs und verwirklichte sich 2013 den lange gehegten Traum von der eigenen Brauerei. Der Hopfenhäcker war geboren – ganz bewusst im Spannungsfeld der traditionellen „Häcker“, den Hopfenbauern auf den Feldern, und der modernen „Hacker“, die tüfteln und an der Technik feilen, bis das gewünschte Ergebnis erzielt ist – freut Euch auf ein spannendes Gespräch mit dem Münchner Hinterhof-Brauer…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Hallo und herzlich willkommen zum BierTalk. Die siebte Folge, natürlich wieder mit mir, dem Holger, und dem…

Markus: … Markus.

Holger: Wir haben bei uns einen ganz wunderbaren Braumeister, Werner Schuegraf aus München von der Brauerei Hopfenhäcker. Aber Werner, ich würd sagen, stell dich doch mal vor.

 

Ein U trotz UE

Werner Schuegraf: Hallo in die Runde. Ich stell mich erstmal richtig, mit meinem richtigen Namen vor: Werner Schuegraf, ganz kompliziert, weil da ein E hinter dem U ist, und es dient zur Dehnung des Us. Das gibt’s ja auch mit H, aber wir haben uns das E behalten. Also Schuegraf. Mein Weg vom Gymnasium geht eigentlich direkt in eine Lehre, weil’s bei uns zu Hause immer geheißen hat, was man studieren will, das soll man auch lernen, damit man auch handwerklich weiß, von was man spricht. Darum habe ich beim Spaten meine Lehre gemacht, ganz normale Brauer- und Mälzerlehre, um im Anschluss dann zu studieren – was ich auch getan habe, meinen Diplomingenieur in Weihenstephan. Beruflich aufgewachsen in der Situation, wo grad diese kleinen Brauereien wieder entstanden sind, 1984 Caspary, die erste gebaut in Deutschland. Bin dann auch nach dem Studium gleich in München in so eine kleine Brauerei gekommen, wo wir dann auch drei weitere gebaut haben, Gasthausbrauereien. Ich sag immer, das ist die Entwicklung 1.0. Wo wir jetzt sind mit dem Craft, das ist 2.0, weil wir da ganz andere Voraussetzungen haben, wie man denn unseren Kunden das Bier nahe bringt. Nach der Zeit Gasthausbrauerei ging’s dann ab in den Anlagenbau, also weltweit Brauereien bauen, konstruieren, in Betrieb nehmen, verkaufen. Bei einem namhaften Hersteller habe ich angefangen, eine Vertriebsabteilung aufzubauen, bin aber dann über zwei Stationen zu einer Firma gekommen, die ich dann übernommen habe, wo wir dann alles gemacht haben, wo wir konstruiert, gebaut, installiert, in Betrieb genommen haben. Da gab’s dann auch mal schwere Zeiten, da bin ich dann branchenfremd in die Gesundheitsbranche, also Milchsäurefermentation, Immunsystemstärkung. War ich dann ein paar Jahre unterwegs und bin ich auch immer noch. Brauerei und Milchsäurefermentation, also Gesundheitsprodukte, sind meine Parallelgeschäfte.

Holger: Und jetzt im Moment ist es ja so, dass du ja wirklich einer Garage braust, im Hinterhof braust in Haidhausen. Wie es ist eigentlich dazu gekommen?

 

Die Brauerei in der Garage

Werner Schuegraf: Ganz klassisch. Diese Gesundheitsprodukte, da haben wir 2013 damit angefangen und haben eine Firma gebaut, wo wir nach dem amerikanischen Traum in der Garage angefangen haben, um dort die Fermentation zu testen, einfach das Produkt zu entwickeln. Und diese Garage, die war dann frei, und da kam ein äußerer Anstoß, der gesagt hat: Lass uns ein bisschen Bier zusammen brauen, 2014. Und dann haben wir dort zusammen Bier gebraut, beziehungsweise ich hab’s gebraut, und es gab dann noch einen Amerikaner, den ich kennengelernt habe, der seinen Braumeister bei Doemens gemacht hat. Er hat eine sehr erfolgreiche Brauerei in den USA, alles richtig gemacht, alles gut, toller Brauer, der, muss sagen, fast deutscher als ich sein Bier braut. Und da haben wir einfach Samstag, Sonntag, Bier gebraut und haben so 60 Sude zusammen gemacht in eineinhalb Jahren, um einfach die Biere zu entwickeln, zu sehen, was ist möglich, was ist nicht möglich. Wir haben jeweils gesplittet auf drei verschiedene Gärbehälter, um Hefen auszutesten und so. Also eigentlich ganz klassische Produktentwicklung. Der Weg von der Garage noch mal kurz, das war 2016, wo die Leute dann immer vor der Garage gestanden sind und gesagt haben: Wann krieg ich jetzt endlich mal das Bier? Und ich habe gesagt: Alles schon wieder weg! Es war dann klar, wir müssen irgendwann einmal größer werden, und dieses Größerwerden, da kam dann der nächste Zufall. Wie es so ist, wurde uns das Gebäude angeboten in der Weißenburger Straße, und dann haben wir gesagt: Ja klar, machen wir, gehen wir da rein. Und dann kam das, was du sagst: Tja, jetzt brauchen wir natürlich auch eine Anlage. Da war das Erste so, dass man sagt, man hat Pläne, man weiß, wie man Anlagen baut, haben wir selber gemacht, also brauchen wir bloß noch einen Edelstahlverbieger, der die Dinge zusammenschweißt. Habe ich mit jemandem gesprochen, der dann gesagt hat: Passt mal auf, das kannst du zwar bauen, aber da hinten in der Garage, da schau doch mal, da steht ein Haufen Blech, vielleicht kannst du aus dem Blech was machen – und das ist unser jetziges Sudhaus.

Holger: Markus, wie ich dich so kenne, wirst du jetzt schon langsam mit den Füßen scharren und wirst sagen: Mensch, sehr interessant, aber irgendwann will ich auch mal probieren, oder?

Markus: Ja, also dieses Reden über Bier ist ganz nett, aber wenn ich fünf Flaschen vor mir habe und heute noch keines getrunken, dann wird es langsam Zeit.

Holger: Ja, Werner, dann würde ich sagen: Wie sollen wir einsteigen?

Werner Schuegraf: Klassisch würde ich natürlich sagen, gehen wir von leicht nach schwer. Was jetzt leider da nicht dabei ist, weil’s noch nicht fertig war zu dem Zeitpunkt, wo wir euch die Biere geschickt haben, das ist unser Alkoholfreies. Das wäre jetzt natürlich das Ideale schon mal für den Vormittag. Aber hätte, wenn, dann… Täte ich sagen, fangen wir mit einem Kill Bill an. Belgisch Wit, schön leicht und fruchtig zum Einstieg.

Holger: Hört sich doch total super an. Also Kill Bill macht ein bisschen Angst, aber wir testen es mal. Dann los.

 

Ein Anfang mit Kill Bill

Werner Schuegraf: Ich mach dann mal mit, weil sonst krieg ich auch zu viel Durst.

Holger: Also „Kill Bill“ ist ja schon wilder Name. Und wenn man jetzt so das Etikett anschaut, dann gibt es da so eine rothaarige vollbusige Tante, die so ein Schwert schwingt…

Werner Schuegraf: Gut, unser Thema bei den Hopfenhäckern ist ja, dass wir Kreativbiere auch international in unserer Art interpretieren. Kill Bill ist ein Belgisch Wit, oder das Vorbild ist ein Belgisch Wit, wir haben da ein Bier, was mit viereinhalb Alkohol kommt, etwas Weizen hat, Pale Ale, Malze, vom Hopfen her eine ordentliche Portion Mosaic, das heißt, relativ fruchtig wird, und, eine Besonderheit, was die Belgier machen: Bitterorange und Koriander ins Bier zu geben, da bin ich auch mit dabei.

Holger: Also dann Prost!

Werner Schuegraf: Prost!

Markus: Prost!

Holger: Schon in der Nase, nicht, so ein bisschen die Bitterorange und das Koriander, sehr erfrischend. Jetzt haben wir heute ein bisschen abgekühlt. Aber gestern war es ja ziemlich heiß, sogar hier in München. Da wäre es das absolute Bier gewesen in meinen Augen. Was meinst du, Markus?

Markus: Für mich hat es sehr weinige Noten auch in der Nase, finde ich ganz spannend, und man merkt auch, dass es sehr trocken ist, hinten raus eine Bittere durchaus da ist, viel Kohlensäure. Eine spannende Interpretation von einem Wit, weil’s einfach noch ein bisschen mehr die anspruchsvollere Seite ist, die mich jetzt auch umschmeichelt, aber eben auch ein bisschen fordert, weil’s doch schon seinen Charakter hat. Schön, sehr schön!

Holger: Aber dieser trockene Charakter, also zumindest ist es jetzt bei mir so, macht Lust auf einen zweiten Schluck, und so soll es ja eigentlich sein, oder?

 

Craft Bier als Durstlöscher

Werner Schuegraf: Ist eigentlich generell so meine Idee. Ich fange mal ganz vorne wieder an. Ich war in den 90er Jahren in den USA unterwegs mit dem Anlagenbau und habe gesehen, wie die angefangen haben in Amerika, ihre Craftbiere zu machen. Das war natürlich schon spannend. Anstrengende Biere, aber es war wahnsinnig spannend, dort zu sehen, wie Leute, die – das ist jetzt nicht überheblich, aber – erstmal nichts gelernt haben, aber einen Wahnsinnsenthusiasmus mitgebracht haben. Also nichts gelernt im Sinne des Brauers. Der Brauer, der da rüber geht, der bis unter die Schädeldecke ausgebildet ist, und da drüben kommen Leute, die einfach in die Garage gehen und ihr Bier machen, ja und dann den ganzen Abend erzählen, was sie alles machen und man sitzt daneben und sagt: Habe ich noch nicht gehört, weiß ich nicht, keine Ahnung. Diese Geschichte, dieses Craft, das hat mich fasziniert, und jetzt haben wir natürlich auch bei uns in Deutschland das Craft, dann heißt es wieder: Ja, das ist alles so wahnsinnig schwierig und anstrengend. Also unsere Idee von Craft oder Kreativ ist dann schon, dass man sagt, wir wollen auch Biere machen, die zwar anders sind, aber die beim Trinken Durst machen. Weil Bier ist ja eigentlich ein Mittel, was nicht Durst löscht, sondern erst Durst macht. Das ist eigentlich das, was ich so vertrete, und das möchte ich gerne durchziehen mit allen Bieren.

Markus: Endlich mal ein ehrlicher Brauer! Sehr schön!

 

Der Ritt auf der Rasierklinge

Holger: Wenn ich das so sagen darf, was ich wirklich unglaublich toll finde, ist: Bei allen Bieren, egal wie kreativ sie auch interpretiert sind, schaffst du immer – ich nenne es den Ritt auf der Rasierklinge. Du bist kreativ, aber du bist auch für jeden, der bierinteressiert ist, absolut trinkbar. Also auch jemand, der vielleicht jetzt nicht total abgefahrene Craftbier-Kreationen immer wieder auch trinkt und da zu Hause ist, sondern jemand, der einfach normales Helles trinkt hier in München, und jetzt mal Lust hat, was Neues auszuprobieren, die kommen auch immer klar. Und in meinen Augen schaffst du es immer, diesen Mittelweg zu gehen zwischen dieser manchmal verrückten Craft-Bierszene und unserer schönen kulturell wichtigen Brauerkultur oder Bierkultur, die wir hier besonders in Oberbayern natürlich haben. Und das fasziniert mich immer an allen Bieren, die du machst.

Werner Schuegraf: Man muss ja wissen, was man kann und nicht kann. Diese ganz extravaganten Craftbiere kann ich gar nicht, wahrscheinlich. Ich habe mal vor zwei Jahren ein Session IP gemacht, was ich dann gar nicht in den Verkauf gegeben habe, weil es so war, dass es mir die die Zehennägel aufgezogen hat. Im Grunde muss man sagen: Ja, jeder muss wissen, was er kann. Meine Seite der Rasierklinge ist dann hier die Trinkbare. Schon ein bisschen, manche Extravaganzen, ja klar, immer wieder mal, wir sind auch dafür jetzt mittlerweile schon ein bisschen bekannt, dass wir eben auf der trinkbaren Seite unterwegs sind.

Markus: Apropos Rasierklinge. Wenn ich jetzt das Etikett sehe und den Namen sehe, das ist ja schon ein bisschen martialisch. Wo kommt denn das Kill Bill her, und was wollt ihr dem Käufer damit sagen?

 

Echte Kunst muss nicht verstanden werden

Werner Schuegraf: Da haben wir natürlich ein bisschen ein Verständnis. Thema Kill Bill, wenn das jemand liest, dann meint er, das bringt einen um, also das ist mindestens 10 % Alkohol und so viel Hopfen, dass es zu den Ohren rauswächst, das haben wir nicht. Dieser ganze Entstehungsprozess mit den Etiketten, wo dann plötzlich der Karlheinz Drechsel aufgetaucht ist, der diese Motive macht. Da gab’s die Motive, und dann sitzt man davor, und dann heißt es: Das ist Kill Bill, so, fertig. Damit war das geboren, also gar nicht so viel dahinter, wie man sich vielleicht denken könnte. Klar hätten wir jetzt vielleicht noch ein Bier draus machen können, was ganz, ganz viel Alkohol hat und was ein wirklich umbringt, aber vielleicht genügt auch die Geschichte schon, das man sagt: Das ist ein Bier außerhalb unseres Biergesetzes, vielleicht ist das schon genug „Kill Bill“.

Markus: Das kann ich mir vorstellen, vor allem wenn man in München sitzt.

Holger: Unbedingt, und ich meine, hier ist alles Mögliche drin. Da ist Kreuzkümmel drin. Bergamotte ist da drin, Koriander, Bitterorange, das ist das volle Programm, wie sich’s auch für ein richtig schönes Belgisches Wit eben auch gehört, und das Etikett ist doch super! Oder nicht, Markus? Das gefällt dir doch, also sei doch nicht so!

Markus: Grafisch finde ich die hervorragend. Sensationell! Mich hat es nur interessiert. Ich finde es, ehrlich gesagt, auch mal schön, wenn jemand sagt: Ok, ich hab da einfach einen spontanen kreativen Prozess, sehe das, ordne das zu und finde es einfach gut, ohne jetzt eine endlose Story drumherum zu bauen. Es ist auch richtig schön, das Etikett. Also überhaupt die Etiketten. Wir haben sie ja alle vor uns, und ich kenne sie ja auch schon lange. Das ist wirklich was, was mich auch sehr bei euch begeistert.

Holger: Werner hätte natürlich auch sagen können: In der ersten Etage bei uns, da ist die Marketingabteilung und die Marktforschung hat da auf jeden Fall zwei Jahre erst mal geforscht, und dann sind wir zu einem Etikett und zum Namen gekommen, weil es unsere Zielgruppe besonders anspricht, hat die Marktforschung angeben.

 

Das Marketing im Souterrain

Werner Schuegraf: Holger, du weißt ja, wo bei uns das Marketing sitzt bei uns im Souterrain. Wir haben keines. Also ja, wir sind da tatsächlich ein bisschen anders unterwegs, was gar nicht vorstellbar ist. Wir sind da Biernerds. Natürlich geht die Welt nicht mehr ohne Marketing, deswegen haben wir da auch begrenzte Aktionen, aber das steht bei uns sicher nicht vorne dran. Wir brauen unser Bier, und wir schauen, dass wir es möglichst gut hinkriegen und dann über den persönlichen Kontakt an den Mann, die Frau, das ist unser Weg. Und ich mein, wir sind halt nicht mehr die Jüngsten, drum muss man irgendwann mal einsehen, was man kann und was man nicht kann.

Holger: Aber das ist ja das, was euch auch sympathisch macht, und ich habe extra ein bisschen überzogen, und du brauchst das auch noch gar nicht. Also das passt doch. Alle sprechen darüber, und ich glaube, du hast dich etabliert hier in München, und das muss man auch erst mal schaffen. Gehen wir doch mal zum nächsten Bierchen, damit wir noch was kennenlernen.

 

Handgehopftes Lager

Werner Schuegraf: Unseren Handgehopften, also ein Münchner Lager sag ich immer gern dazu, es ist eigentlich ein Helles. Aber um zu signalisieren, dass etwas ein bisschen etwas anderes ist als ein Helles, was es in München ja traditionell gibt, ist für mich der Begriff Lager immer eine Sache. Also ein helles Vollbier, zwölf Stammwürze, fünf Alkohol, aber kalt gehopft mit schönen amerikanischen Hopfen, also das ist eigentlich immer unsere Sache. Wir haben so um ein Drittel deutsche Hopfen, eine schöne Perle, einen Taurus, eigentlich das Programm. Wir haben jetzt auch ein Pils als Monatsbier momentan. Da gibt es Tettnanger oder einen Hersbrucker, dann auf der anderen Seite haben die Amerikaner natürlich schöne fruchtige Hopfensorten, und da kann ich mich nicht zurückhalten, also da bin ich nicht traditionell genug, dass ich sage: Nein, wir beschränken uns auf deutsche Hopfensorten, sondern ich liebe die Amerikaner, und das ist dann eigentlich immer so in der Mischung zwei Drittel amerikanisch, ein Drittel deutsch in unserem Handgehopften. Da haben wir einen Simcoe drin, da haben wir einen Centennial mit dabei, dann mittlerweile deutsche Cascade, in Deutschland angebaut. Sowas würde uns da erwarten.

Markus: Jetzt hast du mir so den Mund wässrig gemacht…

Holger: Absolut! Also, das muss ich auch sagen! Jetzt muss ich aber… Also ich habe auch in Wirklichkeit… Ich hab schon die Flasche aufgemacht…

Werner Schuegraf: Das ist ja gemein!

Markus: Sie liegt ja auch schon mal super in der Hand!

Werner Schuegraf: Der Klassiker. Euroflaschen 0,5 Liter.

Holger: Ab zur Isar runter, oder? Und da unten machen wir dann weiter. Aber leider, Markus, bist du zu weit weg. Wir müssen am Mikrofon bleiben, schade, schade.

Markus: Wäre wahrscheinlich heute auch gar nicht so einfach an der Isar.

Holger: Ach, mit Abstand.

Markus: Okay.

Holger: Ich war heute schon da und da war natürlich noch niemand so früh morgens. Aber man geht schon raus hier. Also der englische Garten ist auch voll.

 

Die Polizei im Englischen Garten

Werner Schuegraf: Und es kann nichts passieren, die Polizei ist immer dabei, hab es vorgestern wieder gesehen, wie ich in die Brauerei geradelt bin. Mit Mannschaftswagen und Streife wird patrouilliert. Also da kann einem nichts passieren an der Isar zurzeit.

Holger: Nee, absolut nicht. Im englischen Garten auch nicht. Jetzt zum Handgestopften. Markus, ich lass dir gern wieder den Vortritt.

Markus: Immer ich und das Helle! Nein, also sehr schön auf jeden Fall schon mal im Glas. Also bei mir steigen auch ganz schön die Perlen auf, macht mir da auch schon richtig viel Lust. Wenn man reinriecht, hat man eben als Basis natürlich das, was man vom Hellen kennt, so diese typischen deutschen Hopfennoten, aber oben drauf sind dann eben die fruchtigen amerikanischen Hopfen und die sind schon sehr präsent, grad viel Zitrusaroma auch, das macht mir jetzt auch richtig Lust. Ich nehme mal einen Schluck! Also wieder gut karbonisiert, das machst du anscheinend gerne. Trinkt sich gut, ist auch frisch, sehr erfrischend, leicht vom Körper her, so dass man es auch gut trinken kann. Klassisches Helles. Hinten raus machen sich die Hopfen wieder ein bisschen bemerkbar, winken noch mal. Finde ich sehr schön, also gefällt mir gut, als schönes Trinkbier. Könnte ich mir jetzt gut vorstellen, mit euch an der Isar zu sitzen.

Holger: So sehe ich es auch. Der Handgestopfte ist für mich so das Brot-und-Butter-Bier. Feierabend und jetzt ein schönes Helles. Zwischen und eben nicht einfach nur ein schnödes Helles, sondern schon auch was ein bisschen spannend ist und Centennial ist auch für mich so ein Hopfen mit so einer schönen, fruchtigen Note, den liebe ich eh. Den finde ich richtig klasse. Schmeckt’s dir auch, Werner?

 

Durchblick ohne Filtration

Werner Schuegraf: Mir schmeckt’s auch. Was mich immer noch fasziniert, jedes Mal wieder, das ist, wenn ihr durch das Bier schaut, es ist eigentlich klar. Das ist mir wichtig, ich filtriere das Bier nicht, sondern ich lagere es einfach entsprechend lang. Die Biere sind alle ab sechs Wochen oder acht Wochen im Lagerkeller und komplett ausgelagert, damit man halt einfach auch die Hefe rauskriegt. Weil ich denke, diese feinen Hopfennoten, die werden durch diese Hefetrübe oftmals sauber untergebuttert, und bei so einem Bier, was ja dann doch relativ feine Nuancen hat, würde mich die Hefe dann einfach stören, wenn die das übertüncht. Darum wird einfach gelagert, auch wenn es Platz kostet, aber das ist so mein Spleen, das sollte so sein, das macht mir immer wieder Spaß, wenn man es dann sieht.

Markus: Dadurch sind sie ja auch sehr bekömmlich, die Biere, das ist ja auch sehr schön.

Holger: Wenn wir jetzt weitergehen in unserem Weg, den Hopfenhäcker kennenzulernen, was würden wir dann verkosten?

 

Ein Münchner in rot

Werner Schuegraf: Ja, da hätten wir mal das erste Bier, was ich glaube, dass es gemacht werden muss, der Rote Münchner, was als Bezeichnung „Märzen“ trägt, wobei das nicht ganz richtig ist. Es ist kein Märzen, ist es auch ein 12er Stammwürze, auch 5 Alkohol, auch da Philosophie. Auch wenn es schwierig ist, man kann den Geschmack auch ohne Alkohol erzeugen, also mit weniger Alkohol. Die Challenge haben wir mal angefangen und der Rote Münchner, da gibt es wirklich Fans, muss man sagen. Die kaufen bei uns nix anderes.

Holger: Also ich würde mich auch als solcher bezeichnen. Also der Rote Münchner ist schon auch ein Lieblingsbier von mir, weil es eben auch so einfach so typisch malzaromatisch ist. Also ich finde es richtig großartig. Dann machen wir es jetzt mal auf, und auch dazu sagen wir mal was. So. Habt ihr das Einschütten gehört?

Markus: Wunderbar!

Holger: Ja, jetzt haben wir ein ganz anderes Bier, also wirklich ein ganz anderes. Sehr schöne Farbe, finde ich, eine unglaublich schöne Farbe, und eben auch so eine fruchtige Note habe ich in der Nase, Zitrusnoten, leichte Zitrusnoten, aber so… Moment, ich trink jetzt mal… Sehr schöner Malzkörper. Nicht so ein typisches Märzen, aber es geht doch in die Richtung, finde ich. Also auch wenn es nur so auf der Flasche 4,9 % hat, aber es geht trotzdem so in die Richtung, finde ich.

Werner Schuegraf: Es ist ja eigentlich ein klassisches Münchner Bier, ein Märzen, das es eigentlich nicht mehr gibt. Darum war das das erste. Oder die Frage: Was brauchen wir als Erstes? Das war klar, wir machen ein Märzen. Da haben wir auch wirklich lang daran gearbeitet, weil die Idee dann schon war, ein richtig rotes Bier zu machen und haben da viel mit amerikanischen Malzen gearbeitet, obwohl immer untergärig, war es nie erkennbar ein Märzen, bis ich dann gesagt habe, wir müssen einfach das Malz tauschen und ein bisschen mit der Farbe einen Kompromiss eingehen. Nach wie vor hat es diese rötliche Färbung, aber am Anfang war es wirklich ganz kirschrot, aber eben, wie gesagt, nicht erkennbar untergäriges Märzen, sondern eher ein Red Ale, dann das Malz getauscht, Münchner Malz genommen und vom ersten Sud an war es erkennbar in diesem Märzenrichtung. Malzkörper, schön malzaromatisch eben, dann die Hopfen dazu, das hat natürlich auch schon ein bisschen mehr Hopfen wie unser Handgehopfter, also mehr wie das helle Citra, hat da sicher einen Anteil an dem zitrusaartigen. Aber auch der deutsche Taurus, der ein bisschen dieses grüne Kräuterige mitbringt, das mag ich immer ganz gern, diese Mischung zwischen den Amerikanern fruchtig und deutsch bisschen grün, grasig, kräuterig. Finde ich immer ganz spannend.

Holger: Rotbier ist ja eigentlich ein fränkischer Bierstil. Und jetzt haben wir auch einen Franken mit in der Leitung. Markus, was sagst du denn?

 

Mit der fränkischen Brille

Markus: Ja, also aus fränkischer Perspektive würde ich sagen, es ist halt ein Münchner Rotbier. Weil bei uns würde man gerade bei einem Rotbier versuchen, Röstaromen nach Möglichkeit nicht zu haben, also vor allem nicht dieses kernige Röstaroma, was hier schon durchaus eine Rolle spielt. Auf der anderen Seite ist ein Rotbier vom Prinzip her einfach so ein sehr süffiges Bier, ein Bier, was man wunderbar im Biergarten, Bierkeller zu allen möglichen Speisen trinken und kombinieren kann, und ist auch so ein bisschen der Urbegriff eines sehr ausbalancierten, untergärigen Bieres, und schön ausgelagert natürlich auch, und da triffst du natürlich wieder voll ins Schwarze. Gefällt mir auch gut. Ich finde auch gut, dass du… Was das Märzen normalerweise angeht, ist ja vor allem die höhere Stammwürze, damit auch der höhere Alkohol, da finde ich es ganz gut, dass du dich entschieden hast, das eher beim Normalen zu belassen, weil’s halt dann noch mal ein bisschen mehr darauf einzahlt, dass ich davon auch in Ruhe zwei, drei, vier trinken kann und trotzdem schaffst du es, durch deine Hopfen- und Malzmischung ein sehr volles Aroma und sehr, sehr stimmiges und harmonisches hinzubekommen. Als insofern sicher kein Fränkisches Rotbier, muss es und will es aber auch nicht sein. Mir gefällt’s sehr gut, und ganz toll finde ich natürlich, also das Schöne ist… Bei uns ist jetzt grad strahlender Sonnenschein, ich hab das Glas genommen und habe es so richtig gegen die Sonne gehalten, und da sieht man, wie die Farbe richtig schön leuchtet, und das ist natürlich toll, also dieser schöne satte Rotton. Insgesamt ein eher dunkelbraunes Bier, und das mit diesem schönen Rot ganz schön und verlockend. Macht Spaß!

Holger: Also das ist nochmal so ein Bier, wo sich das bestätigt, finde ich, was ich vorhin schon gesagt habe mit dem Thema „Ritt auf der Rasierklinge“. Also du hast ja auch einige gastronomische Betriebe hier, die du belieferst, und der Rote Münchner kommt einfach an! Also das ist einfach auch ein Bier, was auch gerne getrunken wird, und eben auch ganz normal getrunken wird. Also da muss man auch so ein bisschen drauf achten, dass die Gastronomen auch ein Bier bekommen, was sie einfach verkaufen und auch jeder irgendwie schön findet.

 

Kräftig ohne mehr Alkohol

Werner Schuegraf: Genau, man muss sich nicht mit dem, was uns Craftlern immer wieder entgegenschlägt: Ihr macht ja nur Alkohol, muss man sich bei dem Bier nicht damit rumschlagen, es hat normalen Alkoholgehalt, es hat einen besonderen Geschmack, geht in eine besondere Richtung und viele sind einfach da, die sagen: Wow, genau das ist es! Passt zu schweren Dingen, also schwerem bis bisschen ausdrucksvollerem Essen, hat da Bestand dabei, und das kann man einfach so, wie du es sagst, trinken.

Markus: Was mir auch sehr gut gefällt, ist das Etikett. Da sieht man ja so das, was wir uns auch unter einem typischen Münchner vorstellen, in der typischen Pose, so ein kerniger, kräftiger Bajuvare mit dem Maßkrug in der Hand, und oben drüber so die Wolken, hat ein bisschen Anklang zum Münchner im Himmel, auch das macht richtig Lust auf das Bier.

 

Kunterbunte Etiketten

Holger: Stimmt genau, die Etiketten, die sind einfach wirklich outstanding. Finde ich richtig super. Die hängen ja auch als Bilder in der Brauerei, und das macht es auch noch mal so besonders, wenn man die so richtig als ganzes Motiv und groß und so sieht. Das ist sehr schön. So, weil wir ja jetzt schon bei den Franken waren, und uns belasten die ja immer so ein bisschen aus oberbayerischer Sicht, aber auf der anderen Seite haben sie dann auch spannende Biere, zum Beispiel die Rauchbiere, und in die Richtung gibt es ja auch von euch noch so ein Bier, und das wäre dann ein Smoked Baltic Porter, und der heißt Smokey Sten. Und da würde ich jetzt sagen, da gehen wir jetzt ins Finale und nehmen uns den mal vor, und da freue ich mich ja schon eigentlich den ganzen Morgen drauf, also absolut. Das ist aber schwarz!

Werner Schuegraf: Wir haben ja unsere drei Basis Crafts, wie ich immer sage, also die anders interpretierten bayrischen Bierstile, Münchner Bierstile, wir auch immer: Hell, Weiß und Rot. Hell und Rot hatten wir ja schon, dann kommen, so in der Mittelrange die Internationalen, wo wir das Kill Bill am Anfang hatten, also Belgisch Wit, dann gibt es unsere Imperial Red Ale, was der große Bruder zum Roten Münchner ist, und dann natürlich den Klassiker, ein IP, India Pale, bei uns als Lager untergärig ausgeführt und das ist so die Mittelrange. Da drüber ist dann das Smokey Sten als schon Freak-Stoff würde ich mal sagen, das ist so ein bisschen das Bier, was von unseren Bieren am meisten die Geister scheidet, weil halt eben Rauch, weil so schwarz, da auch schon siebeneinhalb Alkohol, also da ist schon ein bisschen was drin. Schwarz, stark, bisschen Rauch, ist immer so, wenn ich Verkostungen habe, oder Leute dahabe, wenn man das dann kombiniert, zum einem schönen Schokokuchen oder so etwas, dann lassen sich viele doch darauf ein. Und auch ganz spannend mit so einem Bier: Ich hatte letztens ein Erlebnis, wo eine Gruppe da war, lauter junge Mädels, wo ich mir  gedacht habe, auweia, das wird schwierig, denen das Bier nahe zu bringen, und am Ende ist eine aufgestanden, die gesagt hat: Ich trinke nie Bier, aber ich habe hier drei Biere verkostet, die alle ganz anders waren, und jetzt habe ich plötzlich Lust auf Bier, und die hat auch den Smokey Sten getrunken. Wunderbar, ganz anderer Geschmack, anderes Spektrum mal, und so kann man Bier trinken, das finde ich dann immer spannend, was einem da entgegenschlägt.

Holger: Ja, das ist auch meine Erfahrung. Also wenn Leute dabei sind, die eigentlich gar keine Biertrinker sind, die sind meistens auch offener, also, die haben kein Bild im Kopf, wie es jetzt zu schmecken hat oder keine Erwartung, sondern die lassen sich da sehr schön darauf ein, und dann können die das auch noch mal ganz anders erleben. So, Markus, jetzt hast du lange genug Zeit gehabt, sich mit dem Rauchbier – aus deiner Sicht ganz normales Rauchbier, oder? – auseinanderzusetzen, dann sag uns doch mal. Also du hast ja quasi das Rauchbier mit der Muttermilch aufgesogen, und wie es ist für dich?

 

Ein ganz normales Rauchbier?

Markus: Ich hab mich ein bisschen verliebt, es ist, glaube ich, mein neues Lieblingsbier von euch, wobei ich es mit Sicherheit schon mal getrunken hatte, aber noch nicht unter so guten Umständen wie jetzt hier. Natürlich ist es, wenn ich jetzt aus der Bamberger Sicht sehe, ist es jetzt kein sehr intensiv rauchiges Bier, muss es aber auch nicht sein, denn es ist ja sehr stark geprägt von den Röstaromen, von den Malzen und da finde ich, ist dieser leichte Rauch ein richtig schöner Unterton, der sich damit mischt, es kommt sehr viel Schokolade, sehr viel Kaffee, hinten raus auch so Espressonoten, also wo man wirklich sagt, dass ist ein sehr schönes Porter, Baltic Porter auf jeden Fall. Zum Baltic Porter muss man noch sagen, dass das einfach ein Bier war, was in den Hansestädten an der Ostsee gebraut worden ist, und dann wurde es einfach untergärig, weil es viel zu kalt war, um mit der warmen Hefe zu arbeiten, wie das die Londoner und die Dubliner gemacht haben. Ich muss noch mal einen Schluck nehmen.

Holger: Naja, und siebeneinhalb Prozent, also nur mal so nebenbei gemerkt.

Markus: Aber die sind gut versteckt, also das ist ja auch ein Punkt. Es gibt Biere mit siebeneinhalb Prozent, wo der Alkohol dir sozusagen sofort ins Gesicht springt, und das ist ein Bier mit siebeneinhalb Prozent, wo manche Leute vielleicht gar nicht merken, dass siebeneinhalb drin sind, sondern eher denken, das ist normales Bier. Ist natürlich auch ein bisschen gefährlich, aber zeigt auch, dass es gut gemacht ist, dass der Alkohol gut eingebunden ist, dass er seinen Job einfach gut macht als Aromenverstärker, also wo man einfach die klassischen malzigen schönen Porteraromen sehr intensiv wahrnimmt, und es ist auch sehr lang. Also wenn ich das getrunken hab, bleibt mir dieses Aroma sehr lange im Mund.

Holger: Ja, ist in meinen Augen auch so, der Nachtrunk ist wirklich prima, also richtig komplex, da kann man sich mit auseinandersetzen und immer noch darüber nachdenken. Muss man auch noch mal sagen, das ist ja ein Bier einfach mit Wasser, Malz, Hopfen, Hefe und sonst nix, also total reinheitsgebotskonform, und da kann man mal sehen, wieviel Kreativität das Reinheitsgebot auch zulässt.

 

Das Reinheitsgebot

Werner Schuegraf: Es gibt innerhalb des Reinheitsgebots viele Möglichkeiten, kreativ zu sein. Ich finde es immer ein bisschen schade, dass man andere natürliche Zutaten oder Bierstile, die einfach bekannt sind, die eingeführt sind, nicht brauen kann und darf, weil es gibt viele Kräuter, es gibt Grutbiere, es gibt alles Mögliche, was man machen kann, aber trotzdem, wir haben auch innerhalb der Vorschrift Dinge, die ich, richtig eingesetzt, einfach zu einem tollen Ganzen bringen kann. Da sollten wir immer daran arbeiten.

Holger: Ja, und das hast du hier auch gemacht. Also gar keine Frage. Mensch, das war doch richtig toll jetzt, diese kleine Bierreise durch die Hopfenhäckerwelt! Es gibt noch mehr zu entdecken – wir haben die Hanfblüte nicht entdeckt, haben IP-Brothers nicht entdeckt, wir haben den Wilderer nicht entdeckt. Also da fordere ich die Hörer dazu auf, das noch nachzuholen. Mir hat’s wahnsinnig viel Spaß gemacht. Ich wünsche euch noch einen schönen schönen Feiertag im Rahmen der Familie, genießt das Wetter und die freie Zeit! Ja, machts gut!

Markus: Ich träume immer noch von diesem wunderschönen Bier. Wunderbar, vielen Dank, damit hast du mir meinen Ostermontagmorgen wunderbar versüßt. Ich drück euch auch ganz fest die Daumen, dass es weiterhin gut läuft und freu mich schon drauf.

Werner Schuegraf: Hat mir auch sehr viel Spaß gemacht, war für mich neu und dementsprechend mit bisschen Anfangsaufregung, aber wunderbar, hat Spaß gemacht, schönen Ostermontag!

Holger: Perfekt, super! Also macht’s gut!

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