BierTalk Spezial 30 – Interview mit Martin Seidl, dem Bierobelix vom Brauhaus Haselbach in Braunau am Inn, Österreich

Martin Seidl ist ein echtes Bierurgestein unseres Nachbarlandes Österreich. Als Self-Made-Brauer hat er es bis zum Verantwortlichen erst der Tölzer Mühlfeldbräu und dann vom Brauhaus Haselbach in seiner Heimatstadt Braunau gebracht. Außerdem engagierte sich der gelernte Mechaniker und Sozialpädagoge von Anfang an in der österreichischen Bierkonsumenten-Vereinigung BierIG, mit der er der Alpenrepublik die Lust auf gutes, handwerklich gebrautes Bier zurückbrachte – und auch einen eigenen Bierwettbewerb ins Leben rief, die „Austrian Beer Challenge“, bei der mittlerweile die Staatsmeister des Bierbrauens ermittelt werden. Also ein echtes Bier-Multitalent, noch dazu supersympathisch und Brauer-Hansdampf in allen Kesseln – freut Euch auf einen spannenden BierTalk mit einem guten Einblick in die österreichische Bierseele…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute mal wieder ein richtiges Spezial. Wir sind am Rande der Austrian Beer Challenge, sitzen in Baden bei Wien und haben einen ganz besonderen Gast, der auch etwas mit dem Wettbewerb zu tun hat, bei dem wir jetzt hier sind. Er ist so etwas wie ein Grenzgänger zwischen vielleicht Deutschland, vielleicht Bayern, vielleicht Österreich, vielleicht auch Frankreich. Schließlich sagen viele zu ihm, und er selber auch, er ist der Bier-Obelix. Also lieber Martin, schön, dass du bei uns bist. Stell dich doch bitte mal kurz selbst unseren Hörern vor.

Martin Seidl: Hallo! Ich bin der Martin Seidl aus dem schönen Innviertel, dem bayerischen Teil Österreichs. Ich bin wirklich Grenzgänger, fahre fast jeden Tag nach Simbach am Inn. Das ist ein Stadtteil von Braunau am Inn, das in Oberösterreich liegt. Und Simbach am Inn ist eine Stadt in Bayern, war aber bis 1779 bayerisch. Und meine Freundin hat dort drüben ein Haus und ich bin eigentlich fast jeden Tag drüben nach der Arbeit und arbeite jetzt als Braumeister im Brauhaus Haselbach, das ist auch direkt in Braunau. Und ich bin neun Jahre bis heuer im Frühling Präsident der BierIG, die die Austrian Beer Challenge veranstaltet, gewesen. Ich bin jetzt zwar noch im Vorstand, aber so ein bisschen als graue Eminenz im Hintergrund. Die Austrian Beer Challenge war mal eine Schnapsidee 2003 von mir und ist irgendwie gewachsen. Ich habe davor schon mehrere Jahre hobbygebraut und bin dann durch das irgendwie in die Bierszene reingeschlittert durch Axel Kiesbye halt auch und die BierIG. Und jetzt bin ich halt leidenschaftlicher Bierbrauer.

Markus: Genau! Also eine spannende Geschichte. Für alle, die noch nicht so ganz in diesem Kosmos drin sind, was muss ich mir unter der Austrian Beer Challenge vorstellen? Es ist ein Wettbewerb, ein Wettbewerb, wo sowohl Hobbybiere als auch professionelle Biere eingereicht werden können. Und dann gibt es eine Schar von um die 70 Juroren, die dann dafür da sind, diese Biere entsprechend zu benoten und zu beurteilen, und am Ende werden natürlich Medaillen vergeben. Wer ist die BierIG? Das vielleicht auch noch wichtig, werden wir sowieso noch drüber sprechen, aber so als Kurzinfo: Es gibt Vereinigungen der Bierkonsumenten in ganz Europa in jedem Land, auch in Deutschland, aber eben auch in Österreich, und dort heißt sie eben Bier.IG. Eine sehr spannende Geschichte, werden wir auch gleich noch drüber sprechen. Aber vielleicht vorher noch, ich hatte es ja schon erwähnt, dieser Name Bierobelix, also wo kommt das her und warum nicht vielleicht auch Biermiraculix oder, du heißt ja eigentlich Seidl, das ist ja auch sehr naheliegend für jemand, der mit Bier zu tun hat. Also wie kamst du zu dieser Namensfindung?

Martin Seidl: Eigentlich hat der Axel früher eine Facebook Seite gehabt mit Bierakulix. Und irgendwo hat mich dann immer wieder so ein bisschen, ja, der Axel ist der Bierakulix und mit deiner Körperstatur müsstest du der Bierobelix sein. Und irgendwie ist mir dieser Name hängengeblieben. Ich finde den auch nicht unnett, also ich kann mich sehr gut identifizieren damit, trage halt meistens Bierfässer statt Hinkelsteine.

Markus: Das ist ja auch sehr vernünftig und du bist auch wirklich ein, sage ich mal im positiven Sinne, ein absolutes Schwergewicht in der Bierszene, nicht zuletzt auch in Österreich. Wie müssen wir uns das überhaupt vorstellen? Ich denke, die meisten Hörer von uns sitzen in Deutschland. Wie würdest du die österreichische Bierszene beschreiben? Was ist da anders und was ist ähnlich? Und was geht da so ab?

Martin Seidl: Die Bierszene in Österreich unterscheidet sich wenig von der deutschen, weil wir eigentlich so ein Stammland des Bieres sind, genauso wie Deutschland. Natürlich das Hauptbier bei uns heißt, das ist ein Märzen, aber das ist eigentlich, unser Märzen ist sehr ähnlich dem bayerischen Hellen, weil ein bayerisches Märzen noch mal stärker und dunkler ist. Die Szene ist sehr ähnlich und natürlich die deutsche und österreichische Bierszene ist natürlich sehr vernetzt untereinander. Und das einzige, was halt ein Unterschied ist, der Deutsche geht gerne in den Getränkemarkt, um das Bier zu kaufen, und Getränkemärkte in diesem Sinn gibt es bei uns nicht, sondern bei uns ist das immer bei den Supermärkten angeschlossen. Und da wird halt das nicht so zelebriert wie in Deutschland, dass einfach der Papa am Samstagvormittag noch kurz in den Getränkemarkt fährt und einfach da die Getränke für die ganze Familie für die Woche einkauft. Und bei uns wird nebenbei einfach beim Einkaufen das Bier mitgenommen. Und das ist eigentlich so der gravierende Unterschied eigentlich. Biermäßig sind wir eigentlich sehr ähnlich.

Markus: Ihr habt aber auch kein Reinheitsgebot, oder?

Martin Seidl: Nein, wir haben den Codex Alimentaris Austriaticus. Das ist eigentlich das härteste Lebensmittelgesetz, weil bei uns nichts Künstliches zugelassen ist. Wir dürfen halt auch mit (unv. #00:04:56.9#), man dürfte auch (unv. #00:04:59.0#) nehmen, was bei uns keiner mehr macht. Bis vor ein paar Jahren hat das noch eine größere Brauerei gemacht, aber die machen das auch nicht mehr. Und wir dürfen auch mit Früchten oder Kräutern brauen, das muss alles natürlich sein.

Markus: Genau! Apropos, wenn ihr euch jetzt wundert, normalerweise trinken wir im BierTalk immer mindestens ein Bier, aber nachdem wir im Bierwettbewerb sind, hatten wir heute schon um die 40 und haben noch ungefähr 40 vor uns, und machen deswegen jetzt mal getränkemäßig etwas Pause während wir reden. Ist aber auch vielleicht gar nicht so schlecht. Vielleicht vorneweg: Wie kamst du denn überhaupt zum Thema Bier? Oder war das klar, als du aus dem Muttermund gefallen bist, bist du gleich in den Maßkrug gefallen? Wie muss man sich das vorstellen?

Martin Seidl: Nein, nein! Ich habe immer gerne Bier getrunken. Mit 16 war ich damals von der Jugendfeuerwehr zur aktiven Feuerwehr eingerückt oder übergegangen, und da hat man einfach Bier getrunken. Das war schon immer sowas, was ich einfach gerne getan habe. Das ist jetzt nicht, dass ich mich immer nur betrunken habe, sondern man hat einfach gerne Bier zelebriert und gelebt. Ich lebe auch im Inn-Viertel, was ja bis 1779 bayerisch war. Und bei uns im Bezirk, wo ich wohne, also in Deutschland heißt es ja Landkreis, haben wir noch zehn Brauereien. Natürlich ist man bei uns schon sehr bierlastig. Und da man direkt an der deutschen Grenze wohnt, hat man sowieso mehr Bierbezug. Aber bei mir hat das eigentlich begonnen, meine Ex-Schwiegermutter war bei so einem Buchclub und dann konnte man mitmachen und dann musste man Bücher bestellen. Da war immer relativ schlechte Ware dabei, und irgendwo war mal ein Buch, ein sehr schlechtes Buch, muss ich auch sagen, über Heimbrauen dabei. Und ich habe mir dann einen großen Kochtopf besorgt und habe Bierbrauen begonnen. In diesem Buch stand ein bis zwei Teelöffel Hopfen ohne Alphasäure-Gehalt oder irgendetwas. Ich habe dann mal gedacht, das ist viel zu wenig, dann mal dreimal so viel reingegeben. Die Flaschen sind dann explodiert, weil ich es (unv. #00:06:55.8# falsch?) abgefüllt habe. Und ich bin eigentlich ein relativ ungeduldiger Mensch, dass mir das geblieben ist, wundert mich. Aber es hat mir doch so gefallen, dass ich dann immer wieder mehr Bier produziert habe, weil am Anfang habe ich 20 Liter gebraut 1996, und meine Freunde haben mir zugesehen und haben gesagt „Puh! Das glauben wir nicht, dass der das zuhause macht.“ und haben mehr Bier getrunken als ich gebraut habe. Jetzt habe ich dann mal einen 60-Liter-Kessel gebaut, dann habe ich einen 120er gebaut. Und dann bin ich irgendwie über die Jahre in diese Szene reingeschlittert und konnte nicht mehr raus. Und das ist gut so.

Markus: Allerdings! Da kann man auch nur froh sein. Und was waren so dann Brauereien auf deinem Weg bis da, wo du jetzt bist?

Martin Seidl: Brauereien, das war dann eigentlich, ich habe dann relativ schnell begonnen, eine Eigenmarke, die (unv. #00:07:40.4# Trachiner?) zu gründen und habe dann von zu Hause aus einen Grund bekommen, also zwei Hektar, wo ich Braugerste anbauen konnte. Also jetzt bin ich rausgekommen.

Markus: Die Frage war: Welche Stationen für dich so auf dem Weg …

Martin Seidl: Auf dem Weg, ja, ja. Durch diese Eigenmarke haben wir dann schon immer Bierfestivals, auch auf Bierfestivals ausgeschenkt in (unv. #00:08:09.6#) und so weiter bei den ersten Bierfestivals in Mitteleuropa, die der Axel veranstaltet hat. Und durch das bin ich immer mehr in die Bierszene gekommen. Und irgendwann hat mich Frank Böer angerufen, hat gesagt „Ich brauche dich auf der Baukunst Live!“. Und dann habe ich gesagt: Ich mache 100 Hektoliter im Jahr, also das ist zu klein. „Nein“, er hat gesagt „Genau dich brauche ich, das ist super.“. Und dann bin ich dorthin gefahren mit einem Biertisch und einem Durchlaufkühler und einem Plakat, das selbstgemacht war, und habe dort ausgeschenkt. Und dann ist die Kirsten reingekommen und hat gesagt, die war damals bei der Tölzer Brauerei „Wir machen eine Collabs“. Da habe ich gesagt „Okay, machen wir“. Und irgendwie hatten wir da die schwarze Tinte, die ich schon in Kleinstmengen zu Hause gebraut habe bei uns, haben die Leute das schwarze Bier nicht gemocht. Also dieses Stout, das kannten die nicht. Und dann ist das aber explodiert, weil das Bier gut war, wir haben das miteinander gemacht und Sebastian Heuschneider, der war damals Braumeister, ist dann ausgeschieden aus der Brauerei, weil er nicht mehr wollte, und hat mich als Nachfolger eingestellt. Ich bin eigentlich kein Braumeister, sondern ich bin Mechaniker und Maschinenbaumeister und habe ein Bachelor Studium in Sozialpädagogik. Und bin aber irgendwie durch die Erfahrungen, ich habe über 600 Bierbücher zu Hause, die ich alle gelesen habe, und natürlich auch Kunz und Narziß. Und Freunde wie den Georg Tscheuschner oder den Axel Kiesbye, den Jens Luckert oder den Hubert Hanghofer, wenn die geredet haben, habe ich so Ohren wie ein Elefant bekommen und habe einfach mir das autodidaktisch selbst erlernt. Und bin dann eben in Tölz gewesen als Braumeister, habe dann einfach wieder aufgehört, weil 175 Kilometer jede Woche fahren war für mich zu weit. Und da ich zu Hause die Landwirtschaft noch im Kleinsten betreibe und auch mein Haus noch habe, konnte ich jetzt nicht meine Wurzeln in Tölz festlegen. Und bin ich eben dann über Tölz, dann haben wir, mit dem Hopfenkopf habe ich mich dann zusammengetan, da habe ich sehr viel im Bruckberg bei Landshut gebraut bei der Brauerei Wimmer. Und irgendwie habe ich dann zu Hause auch wieder, und das ist halt so mein Werdegang, und dann im Juni hat mich ein Headhunter angerufen, ob ich, bei uns in der Heimatstadt, da wurde die Brauerei verkauft, der Vorgänger war eigentlich nicht bekannt für gutes Bier, also eigentlich sogar für sehr schlechtes Bier, das darf ich wirklich so sagen, das kann mir auch die Szene so bezeugen, und habe jetzt begonnen, diese Brauerei wieder aufzubauen. Wir sind jetzt so an die knapp 1000 Hektoliter und haben 12 Hekto-Sude. Und da bin ich jetzt halt gelandet. Und schauen wir mal, was die Zukunft bringt. Und ich glaube, dass das noch sehr viel Bier bringen wird.

Markus: Oh ja! Das klingt auf jeden Fall sehr spannend und ist ja jetzt dann auch so eine kleine Lebensaufgabe vielleicht auch, wo du dich auch einbringen kannst. Und du hast gerade noch Landwirtschaft gesagt, das heißt, baust du auch Braurohstoffe an selber?

Martin Seidl: Ja, ja, ich baue Braugerste an. Was aber die letzten zwei Jahr sehr schwierig war. Letztes Jahr ist das noch gegangen, heuer war zuerst Hagel, dann die nächste (unv. #00:11:39.6#). Also heuer musste ich die Ernte, also fünf Tonnen von zwei Hektar Bioanbau, also bin nicht direkt Bier…, sondern biologisch nachhaltig, aber ich habe kein Biozertifikat wegen der Größe, musste ich leider wegwerfen. Weil das am Feld ausgewachsen ist und rote Körner und ich konnte sie nicht vermälzen lassen.

Markus: Schade! Also gar nicht so einfach dann letzten Endes im landwirtschaftlichen Bereich. Kommen wir vielleicht noch mal zurück auf dieses Thema BierIG. Also vielleicht auch, weil sich die Hörer da gar nicht so viel drunter vorstellen können. Was heißt denn für dich eine Bierkonsumenten-Vereinigung? Also wie kommt man da dazu und was treibt diese Menschen um?

Martin Seidl: Eine Bierkonsumenten-Vereinigung geht um das, dass man weg vom Einheitsbier geht, dass man wieder Biervielfalt schafft. Wir hatten so um das Jahr 2000 in Österreich eine Verödung Bierlandschaft. Es wurden viele Brauereien zugeschlossen, es ist dann eine Übernahme des größten Braukonzerns, also der größten Brauerei-Aktiengesellschaft durch einen holländischen Konzern geschehen. Und dann wurde die BierIG gegründet, um diese Wüste wieder blühend zu machen. Und es ist so weit gegangen, dass wir wirklich dann mit Bierfestivals die Leute wieder an gestartet haben, die BierIG hatte am Anfang so um die 100 Mitglieder, jetzt sind wir knapp unter 800. Und dieser Verein ist eben da, um diese Biervielfalt zu stützen. Also am Anfang haben wir es geschafft, die Biervielfalt wiederherzustellen, weil auch dieser Konzern gesehen hat, man kann eigentlich mit Biervielfalt und hat wieder alte Brauereien aufgemacht, alte Biermarken wieder aufleben lassen, alte Bierstile. Und auch die anderen Brauereien haben sich dann bemüht, mehr als nur Helles oder Weizen oder Pils zu brauen. Obwohl das Weizenbier bei uns sich eher auf Oberösterreich bezieht, in der Bayernnähe, und in Wien eher wenig Weizenbier getrunken wird. Aber so auf diese hellen Biere oder Pils, sie haben dann auch wieder Dunkles gemacht. Sie haben wieder begonnen, Wiener Lager zu machen und so weiter. Und das haben wir die ersten 10 Jahre des Vereinsbestehens ja geschafft. Und anfangs war die Austrian Beer Challenge eigentlich nur ein Hobbybrau-Wettbewerb, die ersten fünf Jahre. Und dann wurde das immer weiter ausgeweitet, bis dass alle Brauereien mitmachen durften. Weil wir gesagt haben: Wir haben jetzt die Biervielfalt geschaffen, jetzt müssen wir sie unterstützen, dass sie auch Qualität liefern können. Und dann musst du ihnen eine Bühne bitten und eine Möglichkeit bieten, das professionell von professionellen Juroren bewerten zu lassen. Nicht, dass ich irgendwo ein paar Promis zusammenhole und sage, ja, da, und die machen irgendwie so einen lustigen oberflächlichen Bewerb, sondern hier darf man ja nur als Juror mitarbeiten, wenn man entweder Diplom-Biersommelier ist als gelernte Brauer und Biersommelier oder Bierbotschafter oder Braumeister. Also man muss, oder da jahrelange Erfahrung auch als Juror hat. Also es gibt auch eine Bewerbungsliste. Es kommen natürlich internationale Juroren, die auch bei den größeren Bewerben wir European Beer Star, Brussels Beer Challenge und diese ganzen zertifizierten Bewerbe, wo wir auch, wir sind auch ein zertifizierter Bewerb, wo einfach die schon bewertet haben und die große Erfahrung haben. Und damit die Brauerei, die ihr Bier einreicht, auch wirklich von Spezialisten verkostet wird und nicht einfach mal einer sagt, Mann, ich will jetzt keine Marke nicht, aber sage mal, das (unv. #00:15:29.2# Überdrüber?) Märzen von der und der Brauerei sagt er, das ist das beste und das schmeckt und das bewerte ich, sondern da geht’s wirklich um Sorten typisch, um Qualität, um Bierfehler und so weiter. Und das sind natürlich dann sehr schwieriger Bewerbe natürlich für Brauereien. Und durch diese Juroren auch wissen, wo Bierfehler liegen können und auch feinste Nuancen davon schmecken können. Und dann hat man halt wirklich aber die objektivste Bewertung. Und diese Bühne braucht die Braulandschaft in Österreich, um zu wissen, wo stehe ich mit meinem Bier. Und das macht die BierIG, das ist unsere Verantwortung, dass wir nicht nur schauen, dass Biervielfalt geschaffen wird, wir klären auch Laien auf, wie man Bier verkostet, wie man bewusst Bier trinkt. Und wenn man einfach Bier auch wieder einen Stellenwert gibt, wie man es früher mal hatte, bevor es so industrialisiert wurde.

Markus: Also auf jeden Fall eine sehr, sehr spannende und interessante Geschichte, die auch dahintersteckt. Nochmal kurz als Informationen für die Hörer: Die Hintergrundgeräusche sind, weil wir hier in einem Raum sind, der vorbereitet wird für ein großes Bierkulinarium, was wir heute Abend genießen dürfen. Auch eine schöne Nebenerscheinung dieser ganzen Geschichte, freue ich mich schon drauf. Also deswegen stört euch nicht, wenn es zwischendurch mal klappert und klimpert. Wir waren gerade bei der BierIG und beim Bierwettbewerb. Wenn du so über diese Jahre schaust, kann man sagen, dass diese Medaillen, die vergeben werden, Brauereien oder Brauern dann auch geholfen haben? Also ist das was, was dann einen Effekt hat, wenn man gewinnt, zum Beispiel?

Martin Seidl: Ja schon, weil man sieht ja, dass die in die Medien gehen, wenn die einen Preis machen. Oder wenn man eine Brauerei, ich will jetzt hier auch wieder keine Namen und keine Werbung machen, aber vorbeifährt, man sieht dann schon, dass am Zaun der Brauerei steht „Wir sind Staatsmeister“, es sind ja die Staatsmeisterschaften in Österreich, „Wir sind Staatsmeister“ und das wirklich bewerben, sieht man schon, dass die Brauereien das wollen und dass die natürlich das auch in die Öffentlichkeit tragen, damit sie etwas erreicht haben. Was eigentlich außergewöhnlich ist, weil wir haben 660 Biere eingereicht. Und es wird nicht jeden wie bei anderen, es gibt ja Wettbewerbe, wo halt jeder dann, du bekommst Gold, du bekommst Silber oder irgendwas, sondern es bekommen wirklich nur die ersten drei pro Kategorie einen Preis. Und das bei so vielen Bieren ist das schon eine große Leistung. Und die sind dann auch stolz darauf und die tragen das auch nach außen. Und das finde ich auch gut so, weil der Konsument dann auch sieht: Aha, da gibt es was. Ich kann mich auch bei der BierIG dann informieren, bei was es um Bier überhaupt geht. Nicht nur, dass es einfach ein Dosengetränk ist, dass ich irgendwo beim Pornoschauen trinke und etwas so Schmuddel-Niveau hat, sondern dass Bier auch ein sehr hohes Niveau haben kann. Und eigentlich sehr hohes Niveau hat, nur ob die Bevölkerung das nicht weiß, und das ist auch unsere Aufgabe, das weiterzugeben.

Markus: Ich finde, das merkt man auch. Also ich habe ja jetzt auch schon einige Biere verkosten dürfen beim Wettbewerb, und das Spannende ist tatsächlich, dass man so eine große Bandbreite hat. Dass es natürlich auch ein, in Anführungsstrichen, „normales“ Helles oder Wiener Lager gibt, aber eben auch ein Fruchtbier, ein Kräuterbier, ein holzfassgelagertes Bier, irgendwelche Experimente mit Kräutern oder allen möglichen Dingen, wo man einfach merkt, da passiert auch ganz viel im Kopf, da leben sich Leute aus, die haben Ideen und versuchen dieses Medium Bier auch zu nutzen, um sich so ein bisschen zu verwirklichen und Menschen vielleicht auch ein bisschen eine Freude zu machen. Also das ist vielleicht auch so ein Teil dieser Philosophie, dass Bier auch diese Chance hat, viel mehr zu transportieren als einfach nur Durst zu löschen, sondern da geht’s eben um Kreativität, da geht’s um Geschmack, sich wohlfühlen, Überraschungen, eben interessante Momente, wo man sich auch daran erinnert, wo ich jetzt vielleicht noch weiß, was ich vor fünf Jahren in einer bestimmten Situation getrunken habe, weil das eben so was Besonderes war. Ich glaube, sowas ist schon mit Bier für viele noch was Neues, aber mittlerweile, glaube ich, kommen immer mehr Leute in diesen Genuss. Was mich noch interessieren würde, du hast gesagt, ihr habt das damals ins Leben gerufen. Wie muss ich mir das vorstellen? Sind dann irgendwann mal drei Leute vorm Fernseher beim Fußballgucken und sagen „Jetzt machen wir einen Wettbewerb“ oder wie läuft das?

Martin Seidl: Nein, das war so, bei uns im Dorf gibt es seit Menschengedenken einen Wettbewerb für Most, also den österreichischen Cider. Und da ich schon Bier gebraut hatte und mich immer mit Genuss beschäftigt habe, wurde ich da immer eingeladen als Juror. Und da sitzen dann zehn Männer aus dem Dorf und vielleicht ab und zu eine Frau, und die verkosten dann diesen hausgemachten Most oder wie man in Franken, nicht in Franken sagt, in Frankfurt sagen würden Äppelwoi, wenn ich es richtig sage.

Markus: Ja, Äppelwoi oder so ähnlich.

Martin Seidl: Und dann sage ich zu meinem Freund „Ich kenne jetzt nur zwei Hobbybrauer und man müsste eigentlich, wenn man zehn zusammenbringt, könnten wir einen Wettbewerb machen“. Und irgendwie bin ich dann über einen Arbeitskollegen auf die Homepage vom Dr. Höglinger, vom Herbert Höglinger, gekommen, der alle Kleinbrauer in Österreich besucht. Und den habe ich angeschrieben, und er hat mir dann den Kontakt zum Axel hergestellt. Und irgendwie hatten wir auf einmal auf den Schlag 47 Heimbrauer. Dann haben wir gesagt „Okay, das sind zu viele, machen wir eine Staatsmeisterschaft draus.“. Das war eigentlich eine Schnapsidee. Und dann hat aber der Axel gesagt „Martin, das ist toll, was du da machst. Komm bitte zu uns in die BierIG. Wir haben nächstes Jahr ein Festival, magst du nicht an diesem Festival die Staatsmeisterschaft dieser Haus- und Kleinbrauer ausrichten?“. Dann hatten wir dann gleich im nächsten Jahr Jörg (unv. #00:21:17.9# Drehauser?) ist dann auch noch dazugekommen, und wir hatten nächstes Jahr gleich 97. Und hat sich immer gesteigert. Und dann haben wir gesagt, wir müssen auch den Großen die Möglichkeit geben. Das hat sich eigentlich entwickelt, aber das war eigentlich eine Schnapsidee bei der Mostkost.

Markus: Also von der Schnapsidee zur Staatsmeisterschaft. Das vielleicht noch als Frage: Kann man das einfach so? Also kann man einfach sagen, wir machen jetzt hier einen nationalen Wettbewerb? Oder musste man da bei irgendeiner Autorität nachfragen, ob man da auch eine Medaille österreich-weit draufkleben darf?

Martin Seidl: Nein, also da gibt es eigentlich kein Gesetz dafür. Nur wir haben dann gesagt eben, durch das, dass Axel uns das auch angeboten hat, der ja damals die BierIG gegründet hat, hatten wir dann einen Verband dahinter. Und das ist schon etwas anderes, wenn du einen Verband dahinter hast, also den Verband, die Interessensgemeinschaft der Bierkonsumenten, ist das schon etwas anderes. Und durch das kannst du dich legitimieren, dass du das machst. Und irgendwann (unv. #00:22:19.6#) Brewer oder auch (unv. #00:22:20.6#) und sehr viele internationale Gäste waren da auch schon auf diesem Festival bei uns, und die haben natürlich dort schon als Juroren mitgewirkt. Und irgendwann haben wir dann diese Zertifizierung der (unv. #00:22:30.3#) bekommen und dann ist das eigentlich ein zertifizierter Bewerb von wenigen. Also das sind nur, glaube ich, jetzt Brussels Beer Challenge, Birra dell’anno, European Beer Star und der World Beer Cup zertifiziert. Und irgendein brasilianischer Bierbewerb glaube ich noch, aber ich weiß jetzt nicht genau. Und das ist halt schon, du hast dann schon eine Legitimation. Und jetzt natürlich haben wir auch das Bierland Österreich, also den Verband der österreichischen Brauereien hinter uns, der sagt, das unterstützen wir, wir sind dafür, dass das die Staatsmeisterschaft ist. Und natürlich ist das für mich dann genug Legitimation, dass ich das machen kann.

Markus: Ja, das ist ein gutes Stichwort. Wenn wir vielleicht zum Abschluss noch mal so ein bisschen in die Zukunft blicken, also du hast ja gesagt, das war eine Zeit, wo es schwierig war, wo viele Brauereien zugemacht haben, wo man wirklich Angst haben musste, dass das in so einem mehr oder weniger Einheitsbier endet. Dann habt ihr es geschafft, dieses Ruder praktisch rumzureißen und eben Leute wieder zu motivieren, eine Heimbrauer-Szene auch zu aktivieren und auch für Qualität so ein bisschen zu sorgen über den Wettbewerb. Und jetzt sind wir vielleicht an so einer Schwelle, wo das ja auch geschafft ist, also wo es eine rege Szene an kleinen Brauereien und Heimbrauern gibt. Wie siehst du denn die Entwicklung für die Zukunft? Was sind da für Chancen? Was glaubst du, wenn wir in zehn Jahren nochmal so eine Podcast-Folge machen, worüber sprechen wir dann?

Martin Seidl: Wir haben jetzt durch das, dass ich ja heuer nach neun Jahren einfach ein bisschen in den Hintergrund gerückt bin, in der BierIG ist der Harry Mittermaier, hat das übernommen. Und der ist irrsinnig (unv. #00:24:05.5#), wir haben die letzten Jahre ein irrsinnig tolles Team aufgebaut. Jetzt sind wir auch viel breiter aufgestellt. Und natürlich durch das, dass wir auch ein großes Netzwerk sind, können die Brauer sich vernetzen und damit einfach miteinander viel mehr schaffen und sich einfach austauschen und vielleicht auch eine leichte Konkurrenz sich zu machen, wo der eine sagt, der spricht mit (unv. #00:24:33.4#) beim Fest von uns oder bei einer Veranstaltung, der sagt „Das möchte ich auch machen“, ich mache jetzt auch ein Kräuterbier oder sowas. Ein blödes Beispiel, aber dass sie sich gegenseitig anspornen. Und das ist natürlich, ich glaube, dass das schon noch wächst. Und ich glaube, dass das schon extrem Zukunft hat und auch ein gut organisierter Bierwettbewerb mit tollen Juroren, natürlich auch mit dir und so weiter, und dieser internationalen Jury, kann man schon noch sehr viel machen. Und wir werden sicher noch sehr viele interessante Sachen im Bier sehen aufgrund dieser Bewerbe, die es auch gibt.

Markus: Ja. Also das glaube ich auch. Und ich muss wirklich sagen, das ist toll, was ihr hier auf die Beine stellt, auch wie viele ehrenamtliche Leute einfach da dabei sind und auf welchem wirklich professionellen Niveau das Ganze stattfindet. Und natürlich auch, dass man merkt, dass das, was ihr tut, tatsächlich in die Branche was hineingetragen hat und da auch was bewegt und ja auch die Großen davon überzeugt hat, dass es eine gute Idee ist, eine Biervielfalt auch zu haben, weil es letzten Endes allen nützt. Also insofern vielen, vielen Dank heute für deine Zeit, für dieses Gespräch, das mir sehr viel Spaß gemacht hat. Und jetzt freue mich auf die nächste Runde mit wieder 40 Bieren. Du dich hoffentlich auch.

Martin Seidl: Ja.

Markus: Und gerne bis zum nächsten Mal. Vielleicht müssen wir nicht zehn Jahre warten, mal schauen.

Martin Seidl: Ja, gerne. Danke für das, dass ich die Ehre hatte, mit einer Biergröße in deinem BierTalk zu sein. Da bedanke ich mich.

Markus: Danke auch!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 73 – Interview mit Oliver Klamminger aus Salzburg, Biersommelier und Gründer von Bier OK

Oliver Klamminger verbindet die beiden Lieblingswelten vieler seiner Geschlechtsgenossen: Bier und Sport. Dabei war für den gelernten Sportjournalisten das Bier anfangs noch die schönste Nebensache, hat sich aber immer mehr in den Vordergrund gedrängt und schließlich die Führung in seinem noch jungen Leben übernommen. Nach der Biersommelierausbildung betreute er erst die Braukurse im Obertrumer Bierkulturhaus, bis mit der Selbständigkeit als Biersommelier mit einer eigenen Veranstaltungsfirma der nächste Schritt auf der Evolutionsleiter folgte. Jetzt führt Oliver mit seinem Partner Bierinteressierte durch Salzburg und begeistert sie in den unterschiedlichsten Locations von der sprudelnden Bierkultur der Festspielstadt. Im BierTalk enthüllt er auch das Lieblingsgetränk seiner Frau und geht mit Markus und Holger der Frage nach, was Großereignisse im Sport und beim Bier gemeinsam haben…

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Holger: Herzlich willkommen zum BierTalk Nummer 73. Jetzt haben wir schon wieder einiges an Superlativen. Also nicht nur, dass wir einen österreichischen Gast haben und wir uns schon Gedanken gemacht haben, also machen wir jetzt ein Spezial oder nicht? Aber dann haben wir gedacht: Komm! Das ist ja so nah, da machen wir jetzt kein Spezial. Und dann müsst ihr euch vorstellen: Man ist ein männliches Wesen, interessiert sich für Fußball und Bier, wird dann Sportredakteur und Biersommelier. Also kann man sich das vorstellen? Und genau so einen Typen haben wir jetzt an der anderen Seite des Mikrofons, der heißt Oliver Klamminger und ist all das. Also Olli, wie schafft man das im Leben? Erzähl doch mal!

Oliver Klamminger: Erstmal herzlich Dank fürs Dabeisein, dass ich dabei sein darf. Keine Ahnung, wie man schafft, also ganz ehrlich, das ist, einen Fuß vor den anderen setzen und das machen, was man kann, was man will, was man mag. Ich glaube, Leidenschaft treibt einen am besten voran. Wenn man da die Zielsetzung richtig setzt, dann schafft man das auch. Alles, was man gerne macht, das macht man auch gut. Und dementsprechend war ich einfach lange Sportreporter und bin ein halbwegs erfolgreicher Biersommelier, sage ich jetzt mal.

Holger: Sehr gut! Dann gib doch mal so einen Überblick über deine Person. Was macht dich aus, wie alt, wie viele Frauen, wie viele Kinder? All sowas halt.

Oliver Klamminger: Einfache Zahlen, also sehr männlich, Daten, Zahlen, Fakten. Das geht, jugendliche 37, nur eine Frau und nur eine Tochter. Aber die fordern mich ganz gut. Ich wohne in Salzburg, obwohl ich eigentlich in der Steiermark, also vielleicht kennen das einige, da wo Arnold Schwarzenegger herkommt, das ist eigentlich mein Ursprung. Und ich bin 2004 fürs Kommunikationswissenschaftsstudium nach Salzburg gekommen und habe das auch sehr lang und unerfolgreich gemacht. Und wie alle unerfolgreichen Studenten, die mit der Theorie nichts anfangen konnten, habe ich schnell Fuß gefasst in der Praxis und war gleich beim Onlineportal und bei einem lokalen Radiosender. Ich bin dort untergekommen, habe dann dort die Live-Übertragungen gemacht für den Radiosender aus der Red Bull Arena, also Red Bull Salzburg kannte man in Deutschland damals noch nicht, mittlerweile durchaus bekannt, glaube ich, und wurde parallel zum Sportchef beim Onlineportal. Radio habe ich geskippt, blieb beim Onlineportal, habe das, glaube ich, auch ganz erfolgreich gemacht, denn es kam dann die größte Tageszeitung Österreichs und hat mir einen Job angeboten. Wo ich gesagt habe „Okay! Ich tue es für euch.“. Ich habe das so eineinhalb Jahre, gut eineinhalb Jahre gemacht, aber das Thema Bier war parallel immer schon sehr präsent. Und ich sehe mich da ein bisschen als Jäger und Sammler. Ich bin damals nach Salzburg gekommen mit Bayern in der Nähe, wo die Biervielfalt doch größer war als bei uns. Und das Thema Craftbier ist damals ein bisschen aufgepoppt. Ich habe dann weiter recherchiert, ging auf kleinere Bierfeste, sei es beim Gusswerk hier in Salzburg oder Stiegl, man hat eigentlich immer tolle Sachen gefunden, auch im Internet. Und dann bin ich irgendwann über dieses Thema Biersommelier gestolpert, habe mir eine Woche Urlaub genommen und habe mich zum Biersommelier ausbilden lassen. Wobei ich auch sagen muss, in Österreich teilt man das ja auf in Biersommelier und Diplom-Biersommelier, also das wäre dann quasi so das Upgrade. Und ich habe den Biersommelier gemacht im Bierkulturhaus in Obertrum beim Axel Kiesbye unter der tollen Leitung vom Jens Luckart. Und da habe ich sofort gemerkt, also diese Leidenschaft, das bin genau ich. Also das Thema Bier, das passt zu mir. Und ich war dann noch weiter bei der Zeitung und na ja, nicht mehr so glücklich, und beim Axel wurde ein Job frei. Und ich habe mir gedacht, damals war ich jugendliche (unv. #00:04:24.1#) 32: Wenn ich es jetzt nicht mache, dann machst du es nicht mehr. Dann habe ich mich da beworben und lustigerweise haben sie mich auch genommen. Weil da waren deutlich bessere Bewerber jetzt vom Fachlichen, da waren Brauer, Braumeister, die alle nicht drangekommen sind. Das war sehr spannend. Im Nachhinein ist mir klargeworden, die haben einen Entertainer gesucht für die Braukurse. Ich habe das dann vier Jahre lang gemacht, die Braukurse geleitet, war dann auch tätig in der Biersommelier-Fortbildung als Referent. Und ich bin auch Prüfer gewesen in der Mittelstufe bei den Biersommeliers in Österreich, was ich nach wie vor mache. Ich freue mich schon, am Freitag bin ich wieder im Bierkulturhaus für eine Prüfung. Und letztes Jahr war dann Ende, da war so irgendwie Endstation, irgendwie bin ich angekommen, es musste weitergehen. Und ich habe mit einem Kollegen, mit dem Klaus Bernkopf, eine Firma gegründet, die nennt sich BIER-OK. Da kann man jetzt sagen, ja, das ist irgendwie egoistisch, weil ich habe da meine Initialen hineingepflanzt, aber na ja, man könnte auch sagen, ich bin der Oliver und er ist der Klaus, also alles ist gut, doch nicht so egoistisch. Und seit einem Jahr machen wir sehr, sehr hochwertige und gute Bierverkostungen, Bierevents aller Art für Gruppen, für Firmen. Wir haben die erste Faistenauer BergBierWanderung vor wenigen Wochen veranstaltet, also wir sind da sehr motiviert, das Thema Bier in unserer Gegend, das schon sehr, sehr gut situiert ist, aber noch auf ein besseres Niveau zu setzen. Und mittlerweile ist das Feedback sehr, sehr gut. Wir sind eben ganz gut eingeteilt mit ein bis zwei Tastings momentan und hatten die erste Faistenauer BergBierWanderung auch vor kurzem, ein tolles Event, veranstaltet. Wo einfach, der Weg ist das Ziel, also da kommen zwei tolle Sachen zusammen, dem Markus brauche ich da nichts sagen als Bamberger, ihr macht’s ja da sowas ähnliches. Habe da jetzt momentan gut zu tun mit 30 Stunden wieder in meiner alten Online-Redaktion, plus Familie, plus die Firma BIER-Okay. Und macht aber durchaus Spaß und dementsprechend ist das alles auch stemmbar.

Holger: Mensch, super! Das hört sich wirklich spannend an. Jetzt würde ich sagen, Markus, du bist ja auch noch da, also melde dich mal kurz, damit die Leute überhaupt wissen, dass du auch an diesem BierTalk teilnimmst.

Markus: Ja, Bamberg ist da.

Holger: Wunderbar! Und dann sollten wir eigentlich schon zum ersten Bierchen kommen. Da hat der Gast natürlich ganz klar Vortritt. Olli, was hast du dir ausgesucht, und warum?

Oliver Klamminger: Warum? Ich habe bei mir das Stiegl Herbstgold, das ist ein saisonales Bier der Stiegl Brauerei hier direkt aus Salzburg. Du hast ja am Anfang gesagt, du willst kein Spezial machen, jetzt mache ich zumindest ein Spezial auf. Also 12,5 Stammwürze haben wir hier und 5,5 %, 5,2 %, 12,6 Stammwürde – Ei-ei-ei! Jetzt wird es, labere ich einen Blödsinn – und 5,2 % Alkohol. Das gibt’s eben nur im Herbst und ich habe es sehr gern in letzter Zeit. Und ich war ja vor, keine Ahnung, einer halben Stunde noch in der Stiegl Brauerei, und das war das letzte Bier, das ich da getrunken habe. Und ich habe mir gedacht: Ich mache jetzt einfach weiter, weil es ein sehr süffiges Bier ist, es ist kein süßes Herbstbier, sondern es ist gut gehopft, es ist schon würzig, es ist kräutrig und schön ausbalanciert. Und später haben wir ja noch Champions League und vielleicht einfach eine gute Einstimmung, habe ich mir gedacht.

Holger: Das ist wirklich unglaublich, weil ich war letzte Woche auch noch in der Stiegl Brauerei und habe es mir tatsächlich auch mitgenommen, es wäre hier in München vorhanden. Und habe mich auch für ein Salzburger Bier entschieden, aber das will ich jetzt noch gar nicht verraten. Aber das ist ein sehr schönes Bier, das finde ich auch ganz, ganz toll. Ganz toll ausgewogen und ist so ein richtig schönes herbstliches Bier. Und jetzt gerade so in dieser Stimmung wie jetzt die Natur auch gerade ist, passt das ganz hervorragend dazu. Markus, kennst du das auch, das Herbstgold?

Markus: Ich glaube, dass nicht, also zumindest nicht bewusst. Also ich war auch schon öfters bei Stiegl und habe auch diverseste Biere schon probiert und getrunken, aber nachdem grundsätzlich so die hellen Biere nicht so meine absoluten Favoriten sind, nehme ich mal an, ich hab‘s noch nicht probiert.

Holger: Nein, nein, also man kann wirklich sagen, so schmeckt der Herbst. Und es hat auch eine ganz tolle Farbe, finde ich. Also Olli, du kannst vielleicht auch nochmal was dazu sagen und auch zum Bierstil. Das muss man mal vorstellen hier so den BierTalk-Hörern, weil das ist wirklich ein ungewöhnliches Bier. Ich denke, das kennen nicht so viele Leute.

Oliver Klamminger: In Deutschland wahrscheinlich weniger, auch in Salzburg vielleicht gar nicht so viel. Es ist, wie gesagt, sehr limitiert und nur saisonal im Herbst erhältlich, und meistens gar nicht so lang. Und deshalb, so lange trinken, solange es da ist. Es ist auf jeden Fall oder sollte ein Spezial sein. Also Spezial kennen die Deutschen wahrscheinlich weniger, das ist ähnlich wie euer Export, mindestens eine Stammwürze von 12,5, in dem Fall haben wir eben die 12,6. Und es ist für diesen Bauernherbst, der in Salzburg ganz, ganz groß ist, eigentlich eingebraut. Da gibt’s in allen Dörfern immer wieder Veranstaltungen, wo einfach das bäuerliche oder traditionelle Leben hochgelebt wird. Und da wird das dann hauptsächlich ausgeschenkt. Und ganz wichtig, Holger, wie du sagst, die Farbe passt in den Herbst. Also man muss sich vorstellen, wie die Blätter vom Baum fallen in einem schönen Gold, ein leichter Rotton. Ich sage jetzt nicht das Biersommelier Bullshit-Bingo und sage Bernstein. Denn wir wissen ja, das kann alles sein. Aber es würde da hineinpassen. Es ist ganz fein, es hat einen ganz feinen Schaum, einfach ungetrübt, und lädt auf jeden Fall zum Trinken ein. Das ist das Schöne an dem Bier, da kann man durchaus auch das zweite oder dritte trinken und man wird nicht satt. Also es hat nicht diese Süße, die man oft von Herbstbieren kennt vielleicht, sondern es ist schön würzig ausgewogen.

Holger: Es hat auch so einen schlanken Charakter und macht eben aufgrund dieser angenehmen Trockenheit dann auch immer wieder Lust auf einen zweiten Schluck. Also das ist wirklich so. Das ist jetzt gar nicht so ein geschwängertes herbstlich orientiertes, weiß ich nicht, schon in Richtung Bockbier gehend, also von der Farbe her könnte man es vermuten, aber es ist schlanker. Das wäre jetzt wirklich sehr spannend, der Markus, weißt du, der ist ja so diese schwangeren Biere da gewohnt in Oberfranken. Ja, das würde ihm vielleicht sogar schmecken. Was meinst du, Markus?

Markus: Ach, das kann gut sein, dass es mir schmeckt, natürlich. Ich mag auch gerne mal sowas in diese Richtung. Und vor allem, wenn es eben dann nicht so ein klassisches, Richtung Export, sehr helles Bier ist, sondern eben auch ein bisschen so einen Braunrot-Ton hat. Das schmeckt man dann natürlich auch mit so ein bisschen vielleicht leichtem Karamell-Toffee, irgend so einen Hauch von Röst- und Vanille irgendwie sowas. Das kann so ein Bier natürlich dann extrem spannend machen. Und insofern, klar, also Farbe stelle ich mir ganz schön vor. Ich setze es auf jeden Fall mal auf meine Liste.

Holger: Unbedingt! Und das, was wir jetzt hier machen, ist ja so ein bieriges Infotainment. Man müsste jetzt eigentlich dann auch über die Speiseempfehlungen sprechen. Also Olli, was würdest du empfehlen zum Herbstgold von Stiegl?

Oliver Klamminger: Zum Herbst…, also was ich jetzt in der Brauerei gegessen habe, war ein Tafelspitz mit, ja, fast herbstlichem Gemüse. Das hat eigentlich sehr gut harmoniert, eben weil es doch durch die Hopfung sehr, sehr ausgewogen ist und nichts süß wird. Also der Klassiker ist natürlich, wenn man da sagt, man isst Wild dazu, weil es ja jetzt in die Saison passt. Aber da geht’s wahrscheinlich sogar unter, also da muss man aufpassen. Da darf man nichts zu Extremes, keine Eintöpfe und so, würde ich nicht empfehlen, eher nicht. Persönlich bin ich Fan von diesen Kastanien, von diesen Maroni, die man bei uns auch im Supermarkt kaufen kann. Die sind irgendwie so komisch glasiert und die passen da super dazu. Ich bin ein großer Fan von einfachem Food Pairing, ohne dass man seit zwei Stunden in der Küche steht, sondern einfach mal in die Schublade greifen und schauen, was so drinnen ist und was dazu passt. Und da passen die Maroni eben sehr, sehr gut dazu, finde ich.

Holger: Ja, also das kann ich mir auch sehr gut vorstellen, oder vielleicht ein herbstliches Kürbisgericht wäre auch eine Alternative. Mensch! Also das macht ja jetzt richtig Appetit, zum nächsten Bier zu wandern. Also Markus, was hast du dir denn ausgesucht?

Markus: Ich bin, glaube ich, gar nicht so weit weg vom Olli, muss ich sagen. Also zu meiner Schande quasi, aber im positiven Sinne. Ich habe mir auch ein ganz besonderes Bier ausgesucht, das hat mich erst vor ein paar Tagen erreicht, und da hatte ich einfach Glück, weil die Brauerei mir einfach mal zum Testen so die ersten paar Flaschen zugeschickt hat, die sie produziert haben. Und muss ich dazu sagen, natürlich unentgeltlich und so. Also das ist jetzt keine bezahlte Werbung, sondern einfach, passiert ja immer wieder mal, dass mir befreundete Brauereien was schicken und ich probiere das und ich sage auch, wenn ich es nicht so toll finde. Aber das fand ich sehr, sehr spannend und da habe mich heute schon drauf gefreut, weil ich musste heute schon sechs Biere trinken. Ich hatte nämlich schon ein Oktoberfest Bier Tasting und habe mich durch die Oktoberfest-Biere getrunken sozusagen und habe mich jetzt den ganzen Abend schon darauf gefreut. Ich mach‘s mal auf.

Holger: Wahrscheinlich mit der bayerischen Bierkönigin auf dem Schoß. Du hast wirklich ein hartes Leben. Absolut! Also das ist ja (unv. #00:14:00.2#)

Markus: Absolut, absolut! Ja, die Königin hat ein bisschen gefehlt, aber es war insgesamt natürlich eine nette Veranstaltung. Wir hatten übrigens auch gebrannte Mandeln, die könnte ich mir zum Herbstgold vielleicht auch ganz gut vorstellen. Aber jetzt legen wir hier mal los. So! Ich glaube, man hört schon ein bisschen, wie das so schön ins Glas hineinfließt. Und wir haben jetzt also so eine richtig schöne, wie soll man sagen, orangebraune Farbe, also relativ dunkel. Das ist ein klarfiltriertes Bier, der Schaum ist richtig schön fest und kompakt, ist so leicht getönt. Und wenn man dann so dran riecht, dann hat man so rote Beeren, dann ein bisschen, wie soll man sagen, na ja, so leichte Karamell-, Vanille-Töne, ein bisschen auch so Toffee-Noten. Also ganz spannend, aber auch eben was schönes Fruchtiges, wirklich so Richtung Erdbeere, Blaubeere. Ich probiere mal. Das ist ganz weich, ganz cremig und hat dann noch mehr von diesen beerigen Tönen. Und wenn man dann so runterschluckt, dann ist es richtig schön erfrischend und räumt dann auch so ein bisschen den Mund auf mit einer ordentlichen Bittere, sodass man dann auch wieder zugreifen möchte. Also wirklich ein sehr, sehr schönes Bier. Und was ist es für eins? In Bamberg ist es ja so, also da muss ich vielleicht auch noch sagen, ich bin richtig stolz eigentlich, weil, als ich die Homepage von BIER-OK mir angeschaut habe, dann sehe ich praktisch schon, wenn man ein kleines bisschen runterscrollt, ist schon ein Schlenkerla Bierdeckel zu sehen. Also das sieht man, Bamberg ist ja irgendwie überall. Und bei uns ist es so: Wenn wir unsere jährliche Kirchweih feiern, die Sandkerwa, das ist immer Ende August, dann sagen wir: Wenn die vorbei ist, dann ist eigentlich Weihnachten. Und was ich jetzt hier habe, ist das neue Christkindlesmarkt Bier aus Nürnberg von der Tucher Brauerei. Was eigentlich ein recht großer Laden ist, aber die machen seit einigen Jahren in ihrem alten Sudhaus so ein ganz spezielles Rotbier. Und dieses Jahr haben sie zum ersten Mal das Christkindlesmarkt auch in diesem kleinen alten Sudhaus gemacht. Und das Spannende ist eben, dass wir jetzt hier als Basis ein Rotbier haben, allerdings ein bisschen kräftiger mit 12,5 Stammwürze. Deswegen so ein bisschen auch in Richtung von dem Spezial, was der Olli hat. Und was sie gemacht haben, ist, sie haben im Whirlpool noch ein bisschen Cascade und Monroe Hopfen gegeben. Und das gibt dem diese schöne fruchtige Note und macht das zum ersten Mal, finde ich, ein richtig schönes Weihnachtsbier. Also ich hatte jetzt schon öfters welche und ich war immer enttäuscht, weil das eigentlich immer so eine Art helles Festbier ist und nicht wirklich was in Richtung Weihnachten zu sagen hat. Aber hier mit dieser Hopfung und mit dem Rotbier komme ich wirklich in weihnachtliche Stimmung. Das macht richtig Spaß und ist wirklich ein schönes Bier. Kann ich euch nur empfehlen, solltet ihr auch mal probieren. Prost!

Holger: Ich kann das auch wirklich nur als absoluten Tipp weitergeben. Ich finde das auch mega das Bier, und vor allen Dingen, wenn man den Prozess sich dahinter auch nochmal vor Augen führt, ist es ein Preis-Leistungs-Verhältnis, das darf man vielleicht auch nochmal an der Stelle erwähnen, das ist fast unschlagbar. Jetzt hast du gesagt, deine beiden Frauen fordern dich ganz schön. Trinkt denn deine bessere Hälfte auch gerne Bier?

Oliver Klamminger: Sehr gern sogar eigentlich. Und ihr Lieblingsbier, das immer vorweg, das Lieblingsbier ist die Duchesse de Bourgogne, ein Oud Bruin, also ein Sauerbier und gar nicht so einfach und jedermanns Sache. Da würden viele, viele männliche Biertrinker schon sagen, das ist eigentlich gar kein Bier und damit kann er nichts anfangen. Aber sie ist da doch schon ein, zwei Levels drüber und trinkt sehr gern. Das Schöne war, was diese Corona-Pandemie mitgebracht hat, waren diese Lockdown-Abende. Und wir haben irgendwann begonnen, jeden Freitag Käse- und Bierabende zu machen. Wo wir begannen, also meine Frau hat am Markt von einer lokalen Käserei, wo wir eigentlich durchgehend immer einkaufen, tolle Käsen gekauft. Und ich habe versucht, unseren Bierkeller endlich mal zu entrümpeln und alte Schätze auszupacken. Dann haben wir so vier, fünf sehr, sehr gute, starke, spannende Biere verkostet und die verschiedenen Käse dazu. Das war eigentlich, ja, das hat sie so durchgezogen und das ist mittlerweile schon Tradition bei uns.

Holger: Wenn ihr jetzt erlaubt, dann würde ich auch mal mein Bierchen aufmachen, weil sonst muss ich so lange dursten.

Markus: Hau rein!

Holger: Ich bin jetzt aber wirklich, also zu mindestens geografisch so nah am Olli dran, also da kann man fast nicht näher dran sein. Und zwar, und das muss ich jetzt einfach, ich glaube, das ist wirklich der erste BierTalk, wo ich es wirklich aufmache und ich oute mich jetzt absolut total, dass ich also Ruhrgebietler bin, weiß mittlerweile jeder, dass mein Bierstil einfach Pils ist, weiß auch jeder, aber ich glaube, ich habe noch gar nicht verraten, was wirklich mein absolutes Lieblingspils ist. Das steht jetzt hier vor mir und das kommt auch aus der Nähe von Salzburg, so ungefähr 20 Minuten mit dem Auto weg. Da gibt’s einen kleinen Ort, der heißt Obertrum. Und es handelt sich einfach um das Trumer Pils. Und das genieße ich jetzt.

Oliver Klamminger: Da kann man ja wenig falschmachen. Hoffentlich in der schlanken Stange.

Holger: Aber selbstverständlich. Aber drücke jetzt nicht den Knopf des Glasfetischisten, weil sonst reicht die Sendezeit dann nicht aus. Was habe ich im Glas? Das ist einfach ein Bier mit einem stabilen, schönen weißen Schaum, richtig schön goldgelb, klar. Es ist so unglaublich ausgewogen in diesen Aromen. Das ist alles, das ist reifes Gerstenfeld, das sind heuige Noten, das sind herbe Noten, das hat eine schöne Hopfennote. Also das ist alles einfach. Ich trinke das wirklich schon, also nicht mein ganzes Leben lang, weil ich habe ja mal mit Köpi angefangen damals da in Duisburg, wo es eben dann auch noch wirklich Köpi war, aber das hier trinke ich auch schon unglaublich lange. Ich möchte jetzt behaupten, auf jeden Fall 15 Jahre. Das ist outstanding. Das ist wirklich outstanding. Wenn irgendeiner mal ein perfekt gemachtes Pils trinken will, der soll bitte auf die Suche gehen, irgendwo wird es Trumer Pils geben. Und man kann es sogar auch noch online bestellen. Also das ist ein charaktervolles richtig gutes, unglaublich schönes Pils mit einem schönen Körper. Ich weiß gar nicht, ich kann gar nicht mehr aufhören, deshalb trinke ich jetzt lieber weiter.

Markus: Dann frag ich mal ganz kurz Olli: Neben diesem schönen Schlenkerla Bierdeckel sieht man auf eurer Homepage auch euer Verkostungsglas. Das finde ich ganz interessant, also wirkt jetzt auf mich ein bisschen kleiner, eher wie vielleicht ein Rumglas zum Beispiel oder so. Wie kamt ihr da dazu? Was ist das für ein Glas und was habt ihr euch dabei gedacht?

Oliver Klamminger: Da muss ich vorher auf die Glasfetischisten-Taste drücken oder irgendwie so war das, glaube ich.

Markus: Das hast du ja indirekt schon gemacht.

Oliver Klamminger: Das habe ich gemacht.

Markus: Wir nehmen uns da nichts.

Oliver Klamminger: Wir haben im Bierkulturhaus, (unv. #00:20:56.7# weiß) welche Glaskompetenz da auch war, also das ist ein großes Thema, das mir Spaß macht. Deshalb hat die Suche nach dem richtigen Glas auch ein bisschen gedauert. Von der Größe her jetzt vielleicht von dem Glas ist es so, dass knapp 0,3 hineinpasst. Also es wirkt nur klein auf dem Bild, aber es passt 0,3 hinein. Super für 0,2, aber funktioniert auch perfekt für 0,1. Das heißt, wenn du eine Verkostung machst und wir schenken so gut 0,1 ein, was eine perfekte Verkostungsmenge ist, dann wirkt das Glas nicht leer und es kommt gut rüber das Bier. Das ist ganz wichtig, dass das Bier auch, dass fast jeder Bierstil da gut wegkommt in diesem Glas. Und was mir persönlich wichtig ist, dass man aus dem Gas nicht nur nippen kann, sondern auch wirklich trinken. Ich habe es persönlich gerne auf der Couch zum guten Film, ich schenke da auch ein IPA ein, genauso wie ein Imperial Stout oder einem Bali-Wein. Pils nicht, da bin ich auch bei der schlanken Stange wieder, aber sonst ist es einfach sehr, sehr vielseitig und es macht mir Spaß. Ich bin kein Fan von den Stilgläsern, die sind mir etwas zu kompliziert. Also Dekopokal und so weiter funktionieren hervorragend, es stimmt alles, aber es passt nicht immer. Und ein Bier darf auch oder soll auch gemütlich sein und deshalb eher da der kürzere Stil und gemütlich vom Handling. Das war mir persönlich sehr, sehr wichtig. Ich hoffe, ich habe das jetzt richtig beantwortet und du verstehst meine Intention, warum wir da so lange gesucht haben und dann uns schlussendlich für dieses Glas auch entschieden haben.

Markus: Absolut! Kann ich völlig nachvollziehen. Und wir haben als BierAkademie da auch schon eine gewisse Reise hinter uns. Wir haben da mal angefangen mit einem großen (unv. #00:22:50.7#)-Pokal, wo ein halber Liter auch gut reinpasst. Der aber tatsächlich auch ganz gut mit 0,1 funktioniert hat. Und da haben wir eben damals gedacht: Wir brauchen ein Verkostungsglas, wenn wir schon in Franken sind, was die Leute mitnehmen, wo sie eben auch einen halben Liter reinkriegen. Da haben wir dann nach einiger Zeit festgestellt, das ist vielleicht dann doch ein bisschen too much und haben dann für uns das Barrel Aged Glas von Spiegelau entdeckt eigentlich als schönes Allround-Verkostungsglas. Und das ist relativ ähnlich. Ich glaube, das ist ein bisschen größer als eures, aber so von der Idee her ein kürzerer Stil, ein schönes Allround-Glas. Und das soll eben noch als Trinkglas auch funktionieren und es soll auch mit 0,1 gut funktionieren. Das sind ähnliche Gedanken. Nein, also mir gefällt es optisch sehr gut euer Glas. Ich freue mich drauf, das irgendwann mal auszuprobieren. Holger, hast du deins jetzt schon leer?

Holger: Ich wollte es gerade sagen, also wirklich, ich wollte es gerade sagen, es ist einfach weg. Und wisst ihr, was ich jetzt mache? Ich gehe jetzt nochmal an den Kühlschrank und hole mir jetzt nochmal ein Stiegl Bier, und zwar die Gmahde Wiesn. Ich bin sofort wieder da.

Markus: Bis gleich, wunderbar! Sehr witzig! Olli, dann nochmal ganz kurz vielleicht auf das Thema Sportreporter. Du hast gerade gesagt, die Champions League naht. Bist du da jetzt beruflich involviert oder bist du eher privat heute Abend involviert? Bist du Fan von irgendeinem Verein? Welches Sportherz schlägt in dir?

Oliver Klamminger: In mir schlägt eigentlich ein Basketballer-Herz. Das ist mal das erste. Ich komme eigentlich vom Basketball und bin irgendwie so in den Fußball hinein. Ich komme aus so einem Ort, wo Fußball einfach alles ist. Und irgendwie bin ich aus dem Ganzen entflohen, aber irgendwie hat es mich dann wieder eingeholt und ich finde Fußball auch sehr spannend. Und ich habe momentan nichts mit Fußball zu tun beruflich. Mein Kollege, sozusagen mein Nachfolger, mit dem wir jetzt wieder zusammenarbeiten, der will mir immer wieder einbauen irgendwo, aber ich habe eigentlich keine Lust mehr, das beruflich zu machen, sondern habe einfach den größten Spaß, Fußball gemütlich mit einem Bier auf der Couch oder gern auch wie neulich wieder im Stadion anzuschauen. Und das macht mir mehr Spaß so nebenbei, weil beim Arbeiten im Stadion kriegt man eh nichts mit, da geht’s dann wie beim Bier meistens eh nur um Politik die meiste Zeit. Und ich möchte mich dann gerne auch mal begeistern lassen und das nebenbei schauen oder dann doch wieder mal wegschalten. Mein Heiligtum ist eigentlich samstags um 15:30 Uhr, wenn in Deutschland die Bundesliga angepfiffen wird und ich mir gemütlich auf der Couch die Konferenz anschauen kann. Das ist so, diese zwei Stunden, die lasse ich mir eigentlich nicht nehmen. Das ist wie Urlaub unter der Woche, kann man sagen. Das ist so mein Ding.

Markus: Das hast du schön gesagt. Das freut mich auch sehr. Also die Basketballgeschichte, muss ich sagen, das ist für uns Bamberger schon auch ein Thema.

Oliver Klamminger: Natürlich!

Markus: Natürlich, ne! Leider sind wir jetzt gerade so ein bisschen auf dem absteigenden Ast, aber zehn Jahre lang hat Bamberg schon die Bundesliga ganz schön dominiert. Und das war eine coole Zeit, muss ich sagen. Ich war da auch immer hautnah dabei, weil ich eigentlich auch aus dem Journalismus komme und ein Online-Magazin habe beziehungsweise hatte und wir waren da natürlich dann immer, ich auch als Fotograf immer in der ersten Reihe. Das war wirklich spannend. Und Basketball ist eine tolle Sportart, die halt sehr schnell ist, wo ganz viel passiert, wo viele Emotionen sind und wo sich natürlich tolle Bilder machen lassen. Und das kann ich völlig nachvollziehen. Auch für mich ist es so, ich bin samstags sehr gerne bei der Konferenz dabei. Allerdings muss ich sagen, ich höre es mir fast lieber im Radio an, weil ich das so spannend finde, wie gute Radioreporter es schaffen, dieses Spiel im Kopf laufen zu lassen, auch wenn man die Bilder nicht sieht. Das ist wirklich für mich ganz großes Kino in Sachen Journalismus. Deswegen versuche ich, das eigentlich so oft wie möglich auf die Art und Weise zu machen.

Holger: Manni Breuckmann, Manni Breuckmann, kennt ihr den?

Markus: Ja!

Oliver Klamminger: Nö!

Holger: Nein? Also Olli, bitte. Dann gib das ein in Google und hör dir diese Reportagen an. Also vor allen Dingen, wenn er das Revierderby im Radio, meistens dann auf WDR 2 kommentiert hat.

Oliver Klamminger: Ja, aber das dauert ja wieder Monate oder Jahre bis das wieder stattfinden wird.

Holger: Ja. Es wird sowieso nie mehr so sein, weil Manni Breuckmann ist einzigartig gewesen. Es wird niemanden mehr geben, der im Radio so Fußball kommentieren kann. Das gibt’s einfach nicht mehr. Da bist du dann einfach zu jung, das ist also schade.

Oliver Klamminger: Ja, das kann sein.

Holger: Da hast du dann noch Hemd und Hose an einem Stück gehabt, wo das damals eben so gut war. Aber gut, jetzt der Markus hat ja keine Ahnung von Fußball. Also gehen wir wieder zurück zum Bier.

Markus: Ja, ja, ja, ja! Wir sind ja ein BierTalk und ich muss sagen, aber der Olli hat sich sehr clever darum gedrückt zu sagen, ob sein Herz für einen Verein schlägt. Hast du es absichtlich gemacht oder hast du einfach keinen Favoriten?

Oliver Klamminger: Ich sag’s ganz ehrlich, ich habe nicht wirklich so einen Herzensverein. Ich hätte ihn gerne. Also ich habe einen Freund und wir reden jedes Mal, wenn wir uns auf ein Bier treffen, und wir treffen uns öfter auf ein Bier, dass mir das total Spaß machen würde, ich liebe es, wenn ich in Deutschland bin, ob Hamburg, München, egal wo, und du weißt, es ist heute noch ein Fußballspiel und du merkst, in der Stadt passiert was, es brodelt, die Leute laufen im Schal herum, mit Kindern, sind unterwegs, im Lokal trifft man sich aufs erste Bier und geht dann ins Stadion. Und dieses Feeling, wo die ganze Stadt mitfiebert, das liebe ich. Also bei mir ist Bier und Fußball sehr ähnlich beieinander, nämlich es lebt über Emotionen. Und das muss mich dann auch irgendwie fesseln. Ich hatte damals ein bisschen einen Verein, da war ich aber noch im Journalismus tätig, der war mal kurz in der Bundesliga, der große SV Grödig. Adi Hütter war da übrigens mal Trainer, der jetzt bei Gladbach ist, mit dem ich viel zu tun hatte damals. Ein sehr, sehr cooler Typ, muss man sagen. Aber ich habe diesen Verein nicht, also ich finde keine Bindung, alle deutschen oder Barcelona oder Paris, das ist nett das mal anzuschauen und so weiter, aber diese Emotion ist nicht da. Ich würde gerne in Stadien gehen wollen, ich finde das in Salzburg nicht. Ich finde das Konzept gut von Salzburg wie die arbeiten und was da rauskommt und wie das alles funktioniert und wie die spielen, alles super. Ich kenne mich vielleicht da zu gut aus in dem Verein, um das wirklich sexy zu finden oder emotional zu finden. Ich habe nicht wirklich diesen Verein. Das ist fast wie beim Basketball, ich freue mich immer über enge Spiele, über gute Spieler, egal wer spielt. Und bin da eher Fan des Sports. So wie ich sage, ich habe keine eine Brauerei, wo ich sage, das ist die beste, sondern ich finde einfach Bier cool.

Holger: Als Duisburger kann ich das einfach nicht nachvollziehen, weil es ist auch so ein bisschen so, du suchst dir nicht den Verein, sondern der Verein sucht dich. Das ist ja wirklich traurig, dass noch kein Verein dich gefunden hat. Aber ich meine, Manni Breuckmann, der hat so tolle Sprüche rausgehauen wie zum Beispiel „Holt die Antidepressiva raus! Fortuna Düsseldorf spielt.“. Das ist doch ein großartiger Satz. Ich habe jetzt auch ein großartiges Bier hier vor mir stehen, das habe ich ja schon verraten: Wildshuter Gmahde Wiesn. Weil ihr ja euch beide 0,5er bezogen habt und ich hier nur bescheiden mit 0,33 mich zufriedengegeben habe, mache ich es jetzt auch auf. Und das ist jetzt also, ich weiß gar nicht, das ist, glaube ich, 0,7, sogar 0,75.

Markus: Ich wollte grad sagen, das ist jetzt ein großes.

Holger: Das ist jetzt richtig großes Kino. In meinen Augen passt das jetzt auch so in der Reihenfolge ganz toll, weil da kann man jetzt auch ganz viel dazu sagen, aber mehr an Kräuter und Zitrus in Verbindung mit Getreide geht in kein Bier rein. Ich weiß nicht, ihr kennt ja beide das Bier, oder?

Oliver Klamminger: Ja.

Holger: Ich trinke. Prost!

Markus: Jo!

Holger: Das ist eigentlich ein Wildshuter Klassiker. Man muss vielleicht dann auch noch mal erklären, also die Stiegl Brauerei hat das Stiegl-Gut Wildshut und das ist ein Ort, wo eben Biolandwirtschaft betrieben wird, wo eigenes Getreide angebaut wird, wo selbst vermälzt wird und selbst geröstet wird. Da kann dann der Kreativbrauer Markus Trinker, also der heißt mit Nachnamen wirklich so, dann unglaubliche Kreationen produzieren. Und ein anderes Bier aus dieser wunderbaren Bierwelt dort ist die Männerschokolade. Die hätte ich auch noch zu bieten, aber wir müssen dann irgendwann auch aufhören. Aber die Gmahde Wiesn ist auch für mich so ein tolles Feierabendbier, um den Abend perfekt einzuleiten. Aber Trumer Pils ist halt Trumer Pils. Also das ist ja auch noch mal klar. Was ist denn euer Lieblingsbier vielleicht aus dem Salzburger Land? Was hast du für Tipps, Olli? Und Markus, du genauso. Also du kennst ja da auch einiges.

Oliver Klamminger: Ich lasse mal dem Markus den Vortritt. Ich bin gespannt.

Markus: Oh! Das ist jetzt wirklich gar nicht so einfach. Ich überleg gerade. Sagen wir mal so, wenn man das Salzburger Land ein bisschen größer interpretiert, dann gehört natürlich auch Schönram dazu. Und da muss ich sagen, sind wirklich viele Biere ganz, ganz toll. Vor allem auch das Imperial Stout mag ich da sehr gerne, natürlich auch das Pils. Also da ist jetzt noch der Eric Toft, da bin ich mal gespannt, wie das wird, wenn er nicht mehr da ist, wie sich da die Brauerei verändert. Aber das ist auf jeden Fall eine, wo ich sehr, sehr gerne bin und wo ich auch die Biere wirklich gerne mag. Und bei Stiegl muss ich sagen, das Wildshut, die haben ja auch dieses Urbier gemacht. Das, muss ich sagen, das finde ich auch toll. Das hatte ich schon öfters in Verkostungen, auch gerade so in Bierkulinarien oder so. Das ist ja wirklich, also erstens in der Produktion abgefahren, mit allen möglichen Kräutern und Sachen gemacht. Das ist aber auch von der Sensorik her einfach ein ganz tolles Erlebnis. Und das verändert sich auch, wenn man es aufhebt. Also ich hab’s auch ganz bewusst ein bisschen älter. Also finde ich eine tolle Idee, so alte Biere wieder zu beleben, so nahe wie möglich an den Ursprung ranzugehen und den Leuten so ein bisschen die Augen zu öffnen, was Bier alles sein kann, wo Bier herkommt, was man da alles drunter verstehen kann und was für Aromen da auch so drinstecken können. Also insofern, ja, würde ich das damit so ein bisschen bewenden lassen, weil sonst muss ich sagen habe ich jetzt einfach gerade aktuell nicht mehr so viele im Kopf. Beziehungsweise es kommt drauf an, wie groß man den Kreis zieht. Man kommt natürlich dann irgendwann noch zur Camba an dem Chiemsee zum Beispiel, aber das ist vielleicht schon ein bisschen weit von Salzburg. Ich weiß es nicht. Wie definiert ihr das eigentlich, Olli? Kannst ja kurz in deiner Antwort noch sagen, wo hört Salzburg auf für dich?

Oliver Klamminger: In Salzburg auf jeden Fall Landesgrenze, also die Bayern würden da schon sagen, dass das kein Salzburger Land mehr ist. Von dem her will ich da jetzt keinen Streit anzetteln. Wobei du natürlich recht hast, dass alles, was aus der Schönramer Brauerei kommt, sensationell ist. Aber jetzt Salzburg hat biertechnisch sehr, sehr viel zu bieten. Auch die Stadt Salzburg hat eine eigene Arbeitsgemeinschaft, eine Arbeitsgruppe, wo alle Salzburger Brauereien zusammenarbeiten und auch die Bierkultur hochleben lassen. Also das ist sehr spannend. Auch ins Land hinein findet man da und dort sehr, sehr feine Brauereien, kleinere. Aber da muss man, wie jetzt in Franken oder so, wirklich da sein, um die auch dann zu kennen. Wobei ich jetzt sage, eines der unterschätztesten Biere, und ich habe geglaubt, der Holger packt da jetzt wirklich das Bier an, nach dem Trumer Pils. Das ist für mich auch so ein Go-To-Bier, das eigentlich immer geht und ein Modern Classic ist. Noch dazu auch das Hopfenspiel von Trumer, das leichte Pils, hopfengestopft.

Holger: Absolut! Und dann mit 2,9 % Alkohol und so viel Aromatik in so wenig Alkohol zu verpacken, ist auch absolute Braukunst. Gebe ich dir absolut recht.

Oliver Klamminger: Genau! Das auf jeden Fall. Aber eines der unterschätztesten Biere, weil es einfach nicht vermarktet wird, ist das Pils von Stiegl. Das ist wirklich richtig norddeutsch interpretiert und eigentlich immer so der Aperitif, wenn ich in der Brauerei bin oder so. Und das frisch gezapft macht richtig Spaß. Also das kennt kaum jemand, die Brauerei macht auch keine Werbung damit, weil sie natürlich für das österreichische Märzen, das Goldbräu stehen, und das würde einfach nicht zusammenpassen. Aber einfach ein Top-Bier. Und was es wirklich sonst noch gibt, sind ganz kleine Brauereien bei uns, so Gipsy Brewer. Eine davon braut sogar bei der Camba ihr Pale Ale und das ist die Brauerei, zwei Jungs, die nennen sich Brauton aus der Stadt Salzburg, der Peter und der Phil. Die brauen ein wunderbares West Coast Pale Ale, also wirklich, wie man es sich vorstellt, wunderbar gehopft, Mango, Maracuja, viel Grapefruit, schön trocken. Ein Top-Bier. Und das Schöne ist bei denen, die heißen nicht nur Brauton, sondern die brauen Bier mit Musikgeschmack. Was ist das? Sie lassen es beim Gären beschallen mit Musik von Vinyl, also von Platte. So wie ich das zu Hause auch mache beim Biertrinken, ich lasse mich selbst beschallen. Das ist recht witzig. Und wie kommen die auf die Idee, ein Bier zu brauen? Sie sind beide Musiker und trinken gern Bier und brauen gern Bier, und bevor sie ein Bier brauen, überlegen sie sich oder hören sie Musik und überlegen sich, wie könnte diese Musik schmecken, wenn es ein Bier wäre? Das ist mal absolut kurios und irgendwie lustig. Das trifft so ein bisschen meine dritte Emotion auch oder meine dritte Leidenschaft, das ist Musik. Und ist total cool. Und das Bier ist total gut gelungen. Und das vom Fass in Salzburg zu trinken, ist sehr, sehr cool. Die machen auch ein Milk Stout, das sie nicht bei der Camba brauen dürfen, sondern das brauen sie bei Loncium in Kärnten. Das ist auch sehr, sehr cool. Und da haben wir sonst noch verschiedenste kleine Brauereien, zum Beispiel im Pinzgau unten. Wo ist der Pinzgau? Zell am See oder Kaprun kennen die Deutschen vielleicht noch vom Urlaub machen. Da gibt’s das Pinzgau Bräu, die machen ein herrliches Rauchbier. Schöne Grüße nach Bamberg! Ist eher moderat und eher torfig unterwegs. Da kann der Markus vielleicht mehr dazu sagen dann später. Aber wir haben schon ganz coole Sachen da. Man muss einmal da sein und man kann durchaus eine Woche hier verbringen. Und da habe ich Gußwerk noch gar nicht genannt, die Biobrauerei, Craftbier und so weiter. Also wir haben viel zu bieten, es ist spannend. Kommt’s einmal vorbei!

Holger: Was ich auch so besonders toll finde, ist, und das muss ich jetzt auch einfach mal loswerden: Ich sitze ja jetzt hier gerade in München und hier darf man sich natürlich auch was auf seine Bierkultur einbilden, aber die Salzburger Bierkultur, auch wie die vermarktet wird vom Salzburg Tourismus, ist wirklich unglaublich toll. Die haben eben auch einen Führer über die Salzburger Brauereien und empfehlen auch ausgesuchte Bierlokale innerhalb der Stadt. Und auch da kann man gastronomisch eben doch auch einiges erleben und auch so typische Wirtshäuser noch kennenlernen. Also das ist wirklich auch ein Tipp. Man kann eintauchen in die belgische Bierwelt bei Alchimiste Belge zum Beispiel, aber eben dann auch ganz typisch dann beispielsweise im Braugasthof Sigl dann wiederum in Obertrum oder eben auch im Hofbräu Kaltenhausen. Also es gibt so viel Bierwelt da zu entdecken, dass ich das nur jedem empfehlen kann. Und das ist auch ein Ziel eigentlich für die ganze Familie. Die Stadt ist ja auch so schön und Genuss wird da wirklich großgeschrieben. Ich komme schon wieder so ins Schwärmen wie jetzt gerade bei dem Trumer Pils. Ihr müsst mich jetzt fast stoppen. Also weiß ich eigentlich gar nicht, wieviel Uhr haben wir jetzt eigentlich? Also wie lange sind wir jetzt schon dran? Ich trinke lieber am besten nochmal einen Schluck Bier. Prost!

Markus: Prost! Wir rauschen schon langsam Richtung Ende, aber ich habe mein Bier noch gar nicht ausgetrunken. Also wir können schon noch ein paar Minütchen reden.

Holger: Ja, ja, wenn du jetzt schon sechs Oktoberfest-Biere verkostet hast, …

Markus: Ja.

Holger: … das ist ja auch schon was. Was hat dir denn am besten geschmeckt, was ist denn dein Oktoberfest-Highlight-Bier 2021? Darf ich das fragen?

Markus: Also fragen darfst du das auf jeden Fall. Ich muss noch mal kurz drüber nachdenken, das ist gar nicht so einfach. Ich glaube, am rundesten fand ich das Löwenbräu, interessanterweise. Und am stimmigsten irgendwie das Spaten, auch interessanterweise.

Oliver Klamminger: Das habe ich schon probiert. Ja.

Markus: Genau! Am Besondersten ist tatsächlich das Hacker-Pschorr, weil das mal wieder noch ein bisschen dunkler ist und eher so in Richtung braunes Kellerbier, Märzen geht. Das heißt ja auch noch Oktoberfest-Märzen. Also Paulaner war nicht schlecht, aber war für mich nicht ganz rund. Und tja, Augustiner hat also einen typischen Augustiner-Geschmack, das mag man nicht immer. Also insofern, sie waren alle ganz gut. Ich meine, das ist halt auch wieder nicht mein Favorite Beer Style, muss ich sagen, aber grundsätzlich, sie tun das, was sie sollen. Das ist vielleicht auch was, was der Olli vorhin gesagt hat, wenn man an den Sport denkt und diese Stimmung, wenn die ganze Stadt brodelt und man auf dieses Spiel am Abend sich freut, so ist es natürlich auch zum Beispiel in München, wenn man ist, am Tag, wo das Oktoberfest losgeht. Also wo dann auch die ganze Stadt brodelt und sich alle freuen auf diesen Umzug und dass die Wiesn los geht. Oder ich kenne das auch bei uns in Franken, eben wenn bei uns in Bamberg unsere Sandkerwa ist oder in Erlangen die Bergkerwa oder in Forchheim das Annafest, wo man einfach weiß, okay, da ist jetzt wirklich, alle sind da dran und freuen sich und haben den Abend schon geplant, alle Freunde eingeladen und man geht da zusammen hin und freut sich auf dieses Bierfest. Da hat das vielleicht sogar was gemeinsam, diese Bierkultur und auch diese Begeisterung für Sport kann vielleicht auch was ähnliches haben, denke ich mal.

Oliver Klamminger: Ich muss dem Markus nicht widersprechen, Bierstile sind ja subjektiv, aber ich liebe Oktoberfestbiere und Festbiere und freue mich schon immer, wenn die Saison losgeht und decke mich auch jedes Jahr ein mit so vielen, wie ich nur irgendwie bekommen kann, immer zwei Stück, also zwei Flaschen pro Sorte. Weil zur Not kann man dann ein Maß einschenken zu Hause. Und ich liebe die absolut und ich liebe es auch, die immer durchzukosten und habe ungefähr eine ähnliche Einschätzung. Ich habe noch nicht alle durch, muss ich sagen, aber ich habe ganz andere noch, also nicht nur die klassischen Oktoberfestbiere von den Münchner Brauereien, sondern eben anderen bayerischen Brauereien. Und mein Favorite, muss ich sagen, ist das Festbier von der Karmeliten Brauerei aus Straubing. Das habe ich vom Fass kosten dürfen beim Oktoberfest vom Karl Zuser in Ried im Innkreis. Und habe das Glück gehabt, dass der Sepp von der Brauerei zufällig da war und wir uns natürlich gut verstehen. Und der hat mir im Vorbeifahren mal in Salzburg einen Karton mitgebracht. Also das ist sensationell und das erinnert mich auch ein bisschen an die fränkischen Biere, die einfach vom Malzprofil ein bisschen spannender sind als viele da bei uns. Und deshalb finde ich das, glaube ich, so lustig, das ist mit 5,5 % Alkohol absolut süffig, schön hell, aber trotzdem spannender und ein bisschen mehr als die meisten bieten können. Ich finde das absolut cool und auch das mit dem Brodeln, das verstehe ich, was der Markus gesagt hat, dass sich da was tut. Also immer gut, wir haben jetzt in Salzburg den Landes-(unv. #00:42:25.5#) gefeiert am Freitag und da gibt’s immer den großen Rupertikirtag für fünf Tage lang und da war das auch so. Also da tut sich was, die Menschen sind in Tracht unterwegs in der (unv. #00:42:37.1#), wer mag, und es macht auf jeden Fall Spaß und da tut sich was. Und da merkt man doch, dass Bier ein soziales Gleitmittel ist und dass da Leute doch zusammenkommen über diese schöne Thema Bier.

Holger: Absolut! Bier ist „Come together“ und jetzt gebe ich auch noch meinen Senf dazu zu den Oktoberfestbieren. Ich muss dir da vollkommen recht geben, Olli, ich mag sie auch sehr gern. Und vor allen Dingen, wenn man weiß, dass wirklich jeder Braumeister hier auch aus den großen Münchner Brauereien sich unglaublich viel Mühe gibt eben mit diesen Festbieren.

Oliver Klamminger: Das ist ein Prestige-Thema, oder?

Holger: Das ist so dann der umfassende Bierstil Lagerbiere, und da sind dann diese Biere in meinen Augen absolut sauber, erstklassig gebraut. Und mein Favorite dieses Jahr ist tatsächlich auch das Spaten. Im Übrigen auch mag ich dieses Retro-Design an Etikett und so, das mag ich einfach. Und da vielleicht jetzt auch noch mal ein bisschen abschweifend: Du bist jetzt quasi nach Niederbayern gegangen, nach Straubing, und ich gehe jetzt noch mal nach Oberbayern in die Stadt Rosenheim. Also mein Festbier-Tipp wäre das Wies’n-Märzen vom Flötzinger.

Oliver Klamminger: Auch sehr gut, auch sehr gut! Hatte ich schon, ja.

Holger: Das finde ich halt unglaublich gut, weil es so schön malzaromatisch ist und dann aber trotzdem eine interessante Hopfennote besitzt und mit seinen 5,8 % eben auch wirklich ein schönes Wiesn Bier ist. Es ist fast ein Schlusswort, also es ist fast ein Schlusswort. Aber das möchte ich gar nicht führen, sondern kann einer von euch machen. Also mir hat es wieder unglaublich Spaß gemacht. Vielen Dank, euch beiden! Mit meiner Gmahden Wiesn gehe ich weiter in den Abend.

Markus: Na gut, dann nehme ich mal über sozusagen und lass uns doch die Gmahde Wiesn ein bisschen für den Olli ausrollen. Und nutze doch die Gelegenheit, bei deinem Schlusswort ein bisschen Werbung zu machen, weil ihr ja viele schöne Veranstaltungen macht von BIER-OK. Und wir können allen nur empfehlen, wenn ihr mal nach Salzburg kommt, dann macht das natürlich besonders viel Spaß, dort die Bierwelt mit jemand zu entdecken, der sie kennt. Und das bist du. Vielleicht sagst du noch ganz kurz ein bisschen was, was man alles mit dir erleben kann oder mit euch und wie das funktioniert.

Oliver Klamminger: Das ist sehr nett. Danke, Markus! Also falls jemand mal in Salzburg unterwegs ist, schaut‘s vorher vorbei auf www.bier-ok.at, klickt euch durch, schreibt uns eine E-Mail. Wir führen euch gerne durch die Salzburger Bierwelt, machen exklusive Verkostungen mit euch. Oder ihr habt’s Lust, mit eurer Firma mal eine Bierverkostung zu machen, egal wo ihr seid. Wir hatten schon Firmen, die in Bamberg und gleichzeitig in Südtirol gesessen sind. Und die können wir mit den Online-Verkostungen alle gut bedienen. Wir haben da einen tollen Partner mit der Firma Kalea, die vielleicht viele kennen von dem Bieradventskalender. Bier ist vielschichtig und so ist auch BIER-OK. Wir richten uns gern nach den Kunden. Es gibt viele Leute, die setzen sich selbst gern in den Vordergrund, bei uns ist das Bier und der Kunde immer im Vordergrund, das ist uns das Wichtigste. Das Ganze lebt über Emotion, über Spaß. Und das Wort Infotainment wurde ja schon in den Mund genommen, das ist eigentlich genau mein Ansatz. Bier soll immer Spaß machen, wenn man ein bisschen was mitnehmen kann an Informationen für später mit allem, was man bei uns auch so hört, kann man durchaus einmal eine Runde Bier gewinnen am Stammtisch und sich erfreuen dann dabei. Also würde mich freuen, wenn der eine oder andere mal durchklickt, auf die Homepage schaut. Wo ich ein Bild aus Bamberg City übrigens selbst geknipst habe, die sind nicht aus dem Internet gestohlen, Markus, sondern war mein Foto, als wir damals da waren. Und der nächste Besuch sollte im Frühjahr spätestens sein. Also ich freue mich, ich bedanke mich, dass ich dabei sind durfte beim BierTalk. War sehr, sehr spannend, mal wieder über Fußball, Bier und alles, was es so gibt und vor allem über Salzburger Biere zu quatschen. Das mache ich ja sonst nie, sonst quatsche ich immer über andere Biere. Das finde ich sehr, sehr cool. Vielen Dank für die Einladung! Und Holger, was gibt’s noch zu sagen?

Holger: Ich würde jetzt einfach mit einem Zitat von Manni Breuckmann abschließen, der einmal gesagt hat: Wenn irgendwann die Eckfahne Nutellafahne heißt, höre ich auf. Jawoll!

Markus: Okay! Einen wunderschönen weiteren Abend euch beiden. Ciao!

Oliver Klamminger: Ciao!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 71 – Interview mit Dominik Eichhorn, Inhaber der Schlossbrauerei Reckendorf

In Reckendorf wird schon seit dem 16. Jahrhundert Bier gebraut, das Aushängeschild war dabei immer die Schlossbrauerei. Dort arbeitet seit drei Generationen die Familie von Dominik Eichhorn, der als Brauingenieur und Biersommelier Pate für viele klassische und innovative Biersorten steht. Seinen persönlichen Weg zum heimischen Sudkessel fand er unter anderem über ein Engagement im fernen Japan, wo er neben der Liebe zum Bier auch dieselbige seines Lebens fand. In Eichhorns Brauerei entstehen auch so genannte „Gypsy“-Biere – und dort steht auch eines der modernsten Sudhäuser der Welt. Im Podcast verkostet er mit Markus und Holger fünf der Schlossbräu-Biere und lüftet nebenbei das ein oder andere Geheimnis. Wir wünschen viel Spaß beim 100. BierTalk, ein echtes Erlebnis, ungeschminkt und ungeschnitten…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Herzlich willkommen! Also ihr werdet das kaum glauben, aber es ist der 100. BierTalk. Wie kommt der zustande? Also natürlich, 100 ist eine natürliche Zahl zwischen 99 und 101, und sie ist gerade, ist eine Quadratzahl, und ist natürlich was ganz Besonderes. Deshalb haben wir natürlich auch einen ganz, ganz besonderen Gast. Dominik, ich grüße dich! Und es ist uns eine Ehre, dass du dabei bist.

Dominik Eichhorn: Hallo, Holger und Markus! Es ist fast schon zu viel Ehre, ist mein erster Podcast überhaupt und dann gleich auch noch ein Jubiläums-Podcast, also der 100.. Danke, dass ich dabei sein darf.

Holger: Wir fühlen uns auf jeden Fall geehrt, dass du dabei bist. Markus, du bist auch dabei wie immer.

Markus: Jo!

Holger: Wie setzt sich die 100 zustande? Das muss ich vielleicht noch ganz kurz erklären. Wir haben ja Specials und wir haben die normalen BierTalks, und wenn man jetzt alles zusammennimmt, dann ist es wirklich der 100. BierTalk. Wenn man jetzt nur die BierTalks ohne die Specials nimmt, dann ist es der 71.. Jetzt starten wir aber. Dominik, magst du dich vielleicht kurz vorstellen den Hörern? Wer bist du …

Dominik Eichhorn: Wer bin ich.

Holger: … und was zeichnet dich aus?

Dominik Eichhorn: Gut! Meinen Namen hast du genannt, Dominik, und der Nachname ist Eichhorn. Ich habe eine kleine oder mittelständische sagen wir Brauerei in Reckendorf, das ist ein Dorf mit 2000 Einwohnern hier im Landkreis Bamberg, also in Oberfranken, da, wo es die meisten Brauereien gibt. Die Brauerei heißt Schlossbrauerei (unv. #00:01:52.0# Reckners?). Ich bin selbst Braumeister und Eigentümer dieser Brauerei und fungiere aber eigentlich als Geschäftsführer und Mädchen für alles eigentlich. Wir sind eine Sortimentsbrauerei, klassische Sorten, typisch fränkisch handwerklich geprägt, würde ich mal sagen. Über 50 bin ich auch schon, ein bisschen drüber, und sonst freue ich mich jetzt auf den weiteren Podcast.

Holger: Sehr gut! Wir müssen natürlich die Reihenfolge festlegen, weil ihr habt einiges im Sortiment. Jetzt ist es wieder so, dass ich mit zwei Oberfranken in einem Podcast stecke, schon wie so oft. Und der Markus wird sich natürlich aufs Kellerbier freuen. Aber vielleicht starten wir auch mit was anderem. Also Dominik, ich denke, du bist der beste Mann zu sagen, was ist jetzt unser Starter-Bier?

Dominik Eichhorn: Ich habe euch oder uns fünf Biere mitgebracht von unseren über zehn, die wir brauen. Wir fangen mit dem Hellen an, mit dem klassischen hellen Bier. Die anderen Biere verrate ich jetzt noch nicht, die kommen dann so nach und nach. Also es sind klassische Biere dabei, es ist aber auch die eine oder andere Besonderheit vielleicht dabei. Aber alles trotzdem typische fränkische Handwerksbiere. Unser Helles hat auch einen besonderen Namen, also das ist die „Helle Freude“. Das haben wir mal vor ein paar Jahren so genannt. Und jetzt unterscheidet es sich vielleicht ein bisschen von den normalen Hellen, bayerisch Hellen, dadurch, dass es nicht ein Plato 11 Bier ist, also nicht 11,x Stammwürze hat, sondern dass es schon knapp über 12 % Stammwürze hat. Das kann man auch schmecken, meine ich.

Holger: Dann sollten wir das tun. Auf jeden Fall! Markus, du musst dich leider noch ein bisschen gedulden, Kellerbier ist noch nicht dran. Aber es ist das absolute Trendbier eigentlich in der ganzen Bundesrepublik fast schon, Helles ist in aller Munde. Wir haben den frühen Feierabend und der Dominik konnte es jetzt im Vorgespräch sowieso nicht abwarten, endlich Bier zu trinken, und ich denke, da sollten wir jetzt auch Gas geben. Also machen wir alle uns mal das Helle auf.

Markus: Absolut! Dann machen wir es auf.

Holger: Ich schütte es mal ein, vielleicht hört man es sogar. Jawohl! Genau! So kommt‘s rein hier, goldgelb ist die Farbe. Man riecht schon so eine leichte Honignote und natürlich Malz kommt darüber. Aber ich will vielleicht gar nicht so viel erzählen, Dominik, also mach weiter. Du hast gerade so schön angefangen und „Helle Freude“ ist auch ein genialer Name. Blaues Etikett.

Dominik Eichhorn: Ein blaues Etikett, war schon immer blau. Es ist von der Stammwürze eben ein Exportbier, ist aber vielleicht nicht ganz so malzlastig voll wie manch andere Exportbiere, sondern ist ein bisschen schlanker und ist für mich so vielleicht ein Mittelding, würde ich mal sagen, zwischen einem Bayerisch Hell und einem Exportbier. Ist deswegen auch noch sehr leicht zu trinken, also hat eine hohe Drinkability, finde ich. Wie du schon gesagt hast, die Honignote schmecke ich auch immer raus. Die Malznoten sind da. Ist aber nicht zu mastig, finde ich. Also es ist sehr schön zu trinken.

Holger: Sehr schön! Dann steht sogar Exportbier drauf, und dann gibt es da noch so einen Kollegen, der unglaublich glücklich ist, dieses Bierglas vor sich zu haben. Wer ist das denn?

Dominik Eichhorn: Den Kollegen, den kenne ich selbst nicht. Den haben wir mal ausgesucht, mir hat das Bild so gut gefallen. Mir ist der Name einfach mal eingefallen und dann habe ich einfach ein Motiv sehr lange gesucht, bis ich das passende Motiv gefunden habe. Ich habe den Mann gesehen, wie er so einfach verträumt und glücklich irgendwie sein Glas anschaut, mit dem hellen Bier drin und der schönen Schaumkrone. Und dann habe ich gewusst, das ist das richtige Motiv einfach zu diesem Bier. So ist der aufs Etikett gekommen der Mann, der gute.

Holger: Markus, was sagst du denn zu dem Bierchen und auch zu dem Kollegen, der sich so sehr über das Bier freut? Freust du dich auch so sehr?

Markus: Ich freue mich absolut über dieses Bier. Ich muss auch den Hörern sagen, alles, was ihr jetzt so ein bisschen gehört habt, das ist ganz viel typisch klassisches oberfränkisches Understatement. Weil wir sind total nett und wir prahlen auch nicht und wir erzählen nicht, was wir alles können, was wir alles machen, was wir tun. Aber natürlich suchen wir uns zum 100. Podcast nicht irgendeinen Brauer aus, sondern das ist schon wirklich was Besonderes, und so sind eben auch die Biere. Ich persönlich bin gar kein so großer Freund des Hellen, das hast du schon gesagt, aber dieses ist wirklich eines, das mir richtig gut schmeckt. Weil es eben einen vollen Körper hat, weil es richtig schön harmonisch ist, weil es mir viel mehr erzählt als so manches klassisches typisch bayerisches helles Bier. Und das ist auch was, was ich sehr, sehr gerne zum Beispiel auch zum Essen, zur Brotzeit irgendwie oder auch mal an einem Grillabend oder sowas, das kann man immer schön trinken. Es ist absolut sauber, es ist ein wunderbarer Anblick auch schon, wenn man das so sieht mit diesem strahlenden Gelbgold, mit dem schönen weißen Schaum, der da so obendrauf thront. Und das ist einfach wirklich ein sehr, sehr gelungenes richtig gutes Bier. Und für mich auch wirklich so ein Benchmark in dem Thema, also wie mache ich ein Helles ein bisschen interessant. Das ist echt toll gelungen und da freue ich mich auch sehr und wir können gerne damit anfangen. Gar kein Thema!

Holger: Das ist jetzt wirklich spannend, weil ich bin jetzt hier in der bayerischen Hauptstadt und wenn jetzt schon die Oberbayern da so ins Spiel gebracht werden, so die mit ihren langweiligen Hellen und so, ich würde sie jetzt einfach mal verteidigen und würde sagen, na ja, lasst uns doch mal drüber streiten, ist das überhaupt ein Helles oder ist das wirklich ein schlankes Exportbier? Dann ist natürlich klar, dass dir das gut schmeckt.

Markus: Ja, ich meine, klar, den Streit kann man führen. Aber das ist sowieso so, dass sowohl in Bayern als auch in Franken Brauer einfach gerne was auf ihr Bier draufschreiben, ohne jetzt das ganz genau abzugleichen, wie das jetzt mit dem Bierstil ausschaut. Und die Grenze zwischen Hellen und Export ist ja auch fließend. Ich bin mir gar nicht sicher, ob es da wirklich jetzt so eine Art Bußgeldkatalog gibt für diese beiden Biere, wo man das eine oder das andere draufschreiben muss. Das weißt du wahrscheinlich besser, Dominik, oder gibt’s da irgendwie eine genaue Vorgabe, wo das eine aufhört und das andere anfängt?

Dominik Eichhorn: Eigentlich sind sie nur über die Stammwürze definiert beziehungsweise Hell ist ja keine, ist vielleicht eine Sortenbeschreibung, aber es ist jetzt nicht biersteuerrelevant sozusagen. Wohingegen der Begriff Export eine Klasse beschreibt, die einfach über 12 % haben muss. Und das ist ja das Schöne, dass wir Brauer das dann interpretieren können und da einen Spielraum haben. Jede Brauerei oder jeder Braumeister versucht natürlich, da auch einen eigenen Stil ein bisschen noch reinzubringen. Also es ist ein Riesling auch nicht gleich ein Riesling. Das ist das Schöne irgendwie, dass wir da einen Spielraum haben, auch für den Verbraucher ist das schön, dass er da wählen kann.

Markus: Vielleicht ist das auch eine Philosophiefrage. Ich kann mir vorstellen, das Helle an und für sich ist in Bayern erfunden worden zur Zeit der Industrialisierung, als es eben darum ging, diesem mehr oder weniger Pils-Pendant möglichst nahe zu kommen. In Franken gab‘s das erst mal überhaupt nicht, sondern da gab’s halt Kellerbiere und die waren eben eher dunkler oder eher hell. Und auf diesem hellen Kellerbier hat man dann eine Zeit lang Pils draufgeschrieben, weil das halt besser lief, und dann irgendwann wurden die einfach helles Kellerbier oder Helles. Halt unfiltriert logischerweise und dann erst sehr viel später kamen dann eben diese modernen Varianten auf. Ich kann mir vorstellen, dass da wirklich vielleicht auch im Kopf des Brauers in Bayern vielleicht tatsächlich eher die Idee ist: Ich muss diesem, im positiven Sinne, Mainstream möglichst nahekommen. Und im Kopf des fränkischen Brauers vielleicht eher ist: Na ja gut! Ich mache jetzt halt in meiner Range mit meiner Idee, mit meiner Bierphilosophie, auch mal so ein Bier. Und dann hat das vielleicht ein bisschen mehr noch dieses Persönliche aus der Brauerei als vielleicht viele von den bayerischen. Ist jetzt aber nur eine Theorie. Kann auch sein, dass es nicht stimmt.

Dominik Eichhorn: Ja gut, ich weiß nicht, also das ist mit dem Pils, denke ich, also im Pils ist schon noch einfach hier deutlich mehr Hopfen drin …

Markus: Ja!

Dominik Eichhorn: … als im Hellen oder Exportbier natürlich. Wobei, ich glaube, bei uns sind vielleicht auch sogar ein bisschen, ein paar Bittereinheiten mehr drin als im durchschnittlichen Hellen, weil natürlich das Prozent mehr Stammwürze auch ein bisschen mehr Bittere verträgt und die dann auch auffängt und einbettet sozusagen in dem Ganzen, dass es eben harmonisch wird der ganze Geschmack. Es ist natürlich auch, ich weiß nicht, ich könnte jetzt mal die Nachkriegsgeschichte unserer Brauerei, nach dem Dünnbier irgendwie, das im Krieg und kurz nach dem Krieg gebraut werden durfte, waren die Leute natürlich erstmal begierig auf stärkere Biere und mastigere Biere. Und das erste, das stärkste Bier vom Volumen her, also was wir verkauft haben nach dem Krieg dann, das waren Märzenbiere. Da wurden hier nur Märzenbiere getrunken, weil die Leute endlich mal starke Biere trinken wollten oder stärkere Biere trinken wollten. Und irgendwann ist dann der Trend gekommen zu den ein bisschen schlankeren Bieren, und dann war unser Exportbier auf einmal Nummer 1, vorher war es das Märzenbier. Das wurde dann Ende der 70er Jahre, Anfang der 80er Jahre abgelöst vom Pilsbier. Da kam aber der Trend so aus Nord- und Westdeutschland irgendwie, da war Pils einfach Mode und ein Benchmark irgendwie auch schon ein bisschen. Und dann war es das Kellerbier bei uns zum Beispiel, und mittlerweile ist wieder das helle Exportbier unsere Nummer 1. Also so ändern sich irgendwie auch die Moden und die Geschmäcker irgendwie.

Holger: Der sogenannte Kollektiv-Geschmack. Aber vielleicht gehen wir wirklich mal ein bisschen in die Geschichte zurück. Du sagst, nach dem Krieg und die Brauerei hat schon eine längere Tradition und du bist dann auch irgendwie aus der Familie, oder? Also so ist das (unv. #00:12:54.2#)

Dominik Eichhorn: Ja, ja, ich bin aus der Familie. Okay, wenn du nach der Brauerei fragst, ist es ja eine Schlossbrauerei, heißt das ja, …

Holger: Du hast die Prinzessin geheiratet?

Dominik Eichhorn: … ich habe die Prinzessin nicht geheiratet, ich habe eine andere Prinzessin geheiratet, aber nicht die von der Brauerei.

Holger: Oh, da hast du aber noch mal die Kurve gekriegt.

Dominik Eichhorn: Die Brauerei existiert seit 1597, also vielleicht auch schon, wahrscheinlich auch schon länger, aber da gibt’s halt eine Erwähnung in der Urkunde im Staatsarchiv Bamberg hier. Dann war das ein adliger Besitz, ein kleines Schlösslein da in Reckendorf, und der ging dann durch verschiedene Hände. Und irgendwann ist von den Gebäuden her durch einen Brand nur noch die Brauerei übriggeblieben, das Schloss und alles andere ist abgebrannt. So um die Jahrhundertwende vom 19. und 20. Jahrhundert ging diese Brauerei dann in den Besitz der katholischen Kirche über, also das Bistum Würzburg war dann Besitzer. Dem Bistum wurde die Brauerei vererbt. Das war eine kleine Landbrauerei dann so in den 20er Jahren, 1920er Jahren, mit 400 Hektoliter Ausstoß. Es wurde eigentlich nur für die eigene Gaststätte gebraut und für die Dorfbewohner, die Hausbrauer, die da gekommen sind, wie wir sagen. War eine sehr unrentable Geschichte eigentlich für die Kirche, diese Brauerei aufrechtzuerhalten. Es kam da einmal die Woche oder alle 14 Tage ein Pater aus Kreuzberg Rhön von diesem Kloster, von dieser Klosterbrauerei, nach Reckendorf runter und hat ein Sudbier gemacht, um da den Schornstein weiterrauchen zu lassen. Und dann gab‘s ein paar Brauburschen in Reckendorf, die dann die restliche Arbeit gemacht haben. Es wollte die Kirche das Ganze auch loswerden mehr oder weniger und mein Großvater war ein Reckendorfer, hat Brauer gelernt bei einer Reckendorfer Brauerei, die es nicht mehr gibt, Brauerei (unv. #00:15:08.9# Zeck?), und hat einen Braumeister gemacht und hat dann 1930 die Brauerei gepachtet. Anfang der 50er Jahre konnte er sie dann kaufen von der Kirche und so ist es Familienbesitz geworden. Später hat meine Mutter dann die Brauerei geheiratet, äh geführt, und ich bin dann jetzt hier die dritte Generation im Familienbesitz.

Holger: Ist auch toll! Ich finde auch, das ist auch so typisch oberfränkisch, eben diese unglaubliche Tradition. Da gibt’s so viele Betriebe, so viele Familienbetriebe, die eben schon in mehreren Generationen dann die Betriebe führen. Und das ist immer beeindruckend auch, absolut. Wie ich den Markus kenne, hat der natürlich schon wieder unglaublich Durst. Und jetzt sollten wir langsam unser zweites Bierchen festlegen.

Markus: Ja, machbar!

Dominik Eichhorn: Ich habe jetzt mal schnell ausgetrunken. Das zweite Bier, was ich jetzt vorschlage, ich habe es jetzt kurz erwähnt auch irgendwie in einem Nebensatz, ich habe gesagt, dass in den 20er Jahren in dieser Brauerei, also nur für die eigene Wirtschaft und für die Hausbrauer von Reckendorf gebraut wurde. Ich habe ein Bier mitgebracht, das ist unser Alt-Hausbrauerbier. Und zu dieser Sorte, ich weiß gar nicht, ob man es Sorte nennen kann, zu diesem Bier, da steckt schon ein bisschen Geschichte dahinter. Und das will ich mal erzählen, weil viele kennen das wahrscheinlich nicht. Ich weiß nicht, wie es bei euch ausschaut, Holger und Markus, ob ihr wisst, was ein Hausbrauerbier sozusagen ist.

Markus: Ich muss zugeben, ich weiß es, aber ich würde trotzdem die Geschichte natürlich lieber von dir hören. Ich weiß nicht, Holger, wie ist es bei dir?

Holger: Auf jeden Fall, Dominik! Du musst das erzählen, das ist doch klar.

Dominik Eichhorn: Ja, ich erzähle das jetzt auch. Ich wollte halt mal so rückfragen. Gut, ihr seid Experten, ihr kennt das, aber viele Leute kennen das nicht. Es war eben so früher, dass mehr oder weniger jeder Hof, jeder Bauernhof sein Bier zu Hause selbst gebraut hat. Die Leute waren mehr oder weniger Selbstversorger, auch beim Bier, und da wurde eben dann in den früheren Zeiten das Bier zu Hause gebraut. Diese Höfe, Bauernhöfe, Gutshöfe, die hatten eben ein von der Obrigkeit verliehenes Recht, zu Hause Bier zu brauen. Weil normalerweise durfte nicht jeder eine Brauerei aufmachen oder eigenes Bier brauen, auch früher wollte der Staat schon da seine Steuer haben. Dieses Braurecht wurde aber dann im Laufe der Zeit von den Leuten an die Brauerei abgegeben, weil es einfach immer schwieriger wurde oder komplizierter wurde, zu Hause das Bier zu brauen, oder die wollten das nicht mehr. Dafür mussten die Leute aber Gerste und Hopfen bei der Brauerei abgeben für dieses Bier. Und dieses Bier war biersteuerrechtlich begünstigt, also die Biersteuer auf dieses Bier war nicht so hoch. Es musste aber auch ein bisschen schwächer sein von der Stammwürze. Und das war dieses Hausbrauerrecht, das die Bevölkerung, die Landbevölkerung eben bei der hiesigen, bei der örtlichen Brauerei ausgeübt hat und dass die Brauerei für die Leute eben das Bier gebraut hat. Die Leute haben dann das Bier bei der Brauerei abgeholt in ihren eigenen Fässern, man sagt dazu, die fassen das Bier, die haben das Bier gefasst. So alle vier Wochen war Hausbrauertag, da kamen dann die Bauern mit ihren Traktoren, Anhängern und hatten ihre Fässer drauf und haben das Bier geholt. Es war aber kein ganz fertiges Bier, sondern es war Bottich-Bier, wie man gesagt hat, also es war aus dem Gärkeller, ein Jungbier, das sie in die Fässer gefüllt haben. Das Jungbier wurde dann bei den Bauern gelagert in Felsenkellern, die sie hatten, und wurde dann immer abends ein Krug Bier geholt zum Abendessen oder wie die Leute das eben gemacht haben. Und das ist so dieser Hausbrauer-Gedanke. Irgendwann ist der Hopfen weggefallen, weil keiner mehr Hopfen angebaut hat, aber die Gerste wurde noch bei der Brauerei abgeliefert. Und auch bei uns, wir haben früher selbst noch gemälzt, also Malz gemacht, und da haben die Bauern ein Kontingent an Gerste abgegeben und für diese Gerste haben sie dann ein Bier äquivalent übers Jahr bekommen. Das wurde dann immer abgeschrieben oder abgerechnet jedes Mal, wenn sie gekommen sind, und da haben die immer 100, 200 Liter auf einmal geholt und haben es nach Hause gebracht in ihre Felsenkeller. Dieses Braurecht oder diese Vergünstigung, diese steuerliche, wurde dann Anfang oder Mitte der 80er Jahre, glaube ich, aufgehoben vom Staat, also das war nicht mehr steuerlich begünstigt. Aber wir haben dieses Bier nach diesem Rezept immer weiter gebraut und haben das aber dann, um das zu vereinfachen für die Leute, filtriert, also selbst gelagert in Lagertanks, filtriert und abgefüllt wie ein normales Bier auch. Weil die meisten Leute keine Felsenkeller mehr hatten und das Bier nicht zu Hause lagern konnten. Der Vorteil war aber jetzt, dass jeder dieses Bier holen konnte, früher nur die Leute, die ein Braurecht auf dem Hof hatten. Das war jetzt natürlich weg. Und mittlerweile können die Leute das Bier, wir haben das Bier immer da, aber nur ab Hof, wir haben das Bier nicht im Handel. Und das werden wir auch nach wie vor weiterhin so machen, weil das einfach auch ein bisschen günstiger ist und die Leute kommen zu uns in die Brauerei, die holen fünf Kästen, die holen zehn Kästen, manche holen 20 Kästen auf einmal, die geben es ihren Nachbarn dann. Und das ist schon ein bisschen so eine ganz alte Tradition noch bei uns.

Markus: Das sind noch Kunden, Holger, oder, die 20 Kästen Bier kaufen. Wahnsinn!

Holger: Ja, also da hat sich einfach viel verändert in dem Thema Hektoliter pro Kopf. Aber damit müssen wir halt leben. Aber trotzdem ist es ja toll, so eine alte Tradition so auf diese Weise wieder aufleben zu lassen. Aber jetzt müssen wir auch wirklich mal aufmachen, oder?

Dominik Eichhorn: Ja, macht’s mal auf und probiert mal. Ich bin auf euer Urteil auch gespannt irgendwie. Vor allen Dingen, wie ihr das einordnen würdet. Wie gesagt, das ist keine Sortenbezeichnung, Alt-Hausbrauerbier oder Hausbrauerbier. Das ist ganz witzig, ich wollte mir den Namen, kann ich euch hier erzählen, mal schützen lassen. Und hatte dann einen recht lustigen, muss man fast sagen, Wortwechsel, Briefwechsel mit dem Patentamt in München oder dem Patent- & Markenamt. Weil sie haben gesagt, das können Sie nicht schützen, weil Altbier auch schon einfach eine Bierbezeichnung ist. Dann habe ich versucht, denen das zu erklären, dass das kein Altbier ist, das Altbier gibt’s in Düsseldorf. Aber das haben sie irgendwie nie begriffen, also sie haben das mir nicht geschützt, den Markennamen.

Markus: Lustig! Also na gut, ich kann mal anfangen, oder Holger? Oder möchtest du?

Holger: Nein, also wunderbar, bitte, also unbedingt.

Markus: Sagen wir so, mich begeistert auf jeden Fall schon mal die Farbe, weil das wirklich so einen Kupferton irgendwie hat, also so einen leichten Rotstich, und auch der Schaum so eine leichte bräunliche Färbung hat. Das ist trotzdem, bei mir zumindest, ganz klar. Ich weiß nicht, filtriert ihr das, Dominik?

Dominik Eichhorn: Wir filtrieren es. Ja.

Markus: Okay! Also das leuchtet richtig, strahlt richtig. In der Nase habe ich dann tatsächlich auch eine schöne hopfige Note. Darunter liegen dann so ein bisschen Röstaromen, ein bisschen brotig, ein bisschen Toffee, so in diese Richtung. Und wenn man es dann trinkt, das ist ein unglaublich cremiges Mundgefühl, ganz rund, ausgewogen. Es hat einen schönen Körper, also obwohl es „nur“ 4,4, in Anführungsstrichen, hat, trotzdem ein schönes volles Bier. Es ist sehr erfrischend, trinkt sich schön und ist dann hinten raus auch sehr ausgewogen. Ich würde mir schwertun, das jetzt wirklich genau einzuordnen in der deutschen Bierwelt. Aber mir fällt ein, wenn du jetzt in England in einem Pub bist und bestellst dort so ein klassisches Best Bitter, …

Dominik Eichhorn: Geht das in die Richtung?

Markus: Genau! Das ist (unv. #00:23:55.3#) obergärig, aber …

Dominik Eichhorn: Ich weiß nicht, wie stark die sind, diese Bitterbiere.

Markus: Auch so. Die haben ungefähr denselben Alkohol, so zwischen 4 und 4,5.

Dominik Eichhorn: Die sind obergärig, aber die sind jetzt nicht (unv. #00:24:05.5#) obergärig.

Markus: Nein.

Dominik Eichhorn: Genau!

Markus: Meistens zumindest nicht. Und Ziel ist halt auch da, einfach ein genial trinkbares Bier zu haben, was vom Alkohol eben nicht so overpaste ist. Da kann man also wirklich 3, 4, 5, 6, 7, 8 davon trinken in der Kneipe. Man sitzt dann ganz lange an Tischen, trifft Gott und die Welt, lernt neue Leute kennen, redet über alles Mögliche und hat einfach einen wunderschönen Abend und hat einen Begleiter für alles, was man da essen kann. Und so kommt mir das auch ein bisschen vor. Ich wüsste jetzt gar nicht, im deutschen Bierstil-Wesen würde man es wahrscheinlich im weitesten Sinne als ein bernsteinfarbenes Kellerbier irgendwie einordnen vielleicht.

Dominik Eichhorn: Sowas, ja!

Markus: Aber so von der Idee her finde ich, kommt‘s wirklich diesen britischen Pub-Bieren sehr nahe. Ich weiß nicht, Holger, wie siehst du das denn?

Holger: Absolut! So sehe ich es auch. Absolut! Das ist so ein Get-Together-Bier, würde jetzt vielleicht jemand sagen, der in England im Pub sitzt. Das ist so ein Bier, wo die Leute zusammensitzen. Es ist nicht schwierig, sondern einfach, geht so über die Zunge und fördert die Geselligkeit. Absolut! So sehe ich es auch. Also ein richtiges Pub-Bier oder ein Kneipenbier halt.

Dominik Eichhorn: Ich glaube auch. Ich finde es ganz interessant, was man auch mit so Nischen ein bisschen machen kann. Was heißt Nischen, also es ist ja eigentlich ein P10 Bier, wir machen ein P10 Bier eigentlich, also mit Plato 10,7 ungefähr, 10,6, 10,7, 10,8 manchmal, so genau ist es nicht. Aber man kann dann schon auch interessante Biere machen aus der normalen eingefahrenen Range raus. Und für ein Bier, das „nur“, in Anführungszeichen, 10 Plato hat, finde ich, ist das trotzdem ein volles, nicht schweres, aber ein schönes volles harmonisches Bier. Wie ihr sagt, eins, das man gut trinken kann. Und das macht auch vielleicht ein bisschen den Erfolg aus. Also viele Leute sagen zu uns, das Bier ist klasse irgendwie, da kann ich nachmittags, wenn ich meinen Garten umgrabe, schon zwei trinken irgendwie, auch im Sommer, und falle nicht gleich um, so ungefähr. Das ist ein bisschen das Geheimnis des Erfolgs. Also wir haben da einen richtig tollen Erfolg mit dem Bier.

Holger: Was man hier vielleicht auch noch mal erwähnen muss, weil die Hörer haben es ja nicht vor Augen: Das ist auch auf jeden Fall ein Bier, was in der Etiketten-Gestaltung vollkommen aus dem Rahmen fällt. Das ist auch ganz besonders. Also das ist ein völlig anderes Etikett als ihr das sonst habt.

Dominik Eichhorn: Genau! Es ist einfach bewusst viel schlichter gehalten, einfach gehalten, hat auch nur Bauch und Rücken, wo halt die ganzen Angaben drauf sind. Es hat kein Brustetikett. Es sind eigentlich nur zweifarbig, fast keine Farbe drauf. Es war schon immer irgendwie so mehr oder weniger fast kein Etikett drauf auf diesem Bier, weil die Leute haben es als Fassbier geholt, und dann kam es halt in die Flasche, weil die Leute keine ganzen Fässer mehr holen wollten. Aber da kam auch nur ein kleines Etikett mit wenig Infos drauf, wenig Werbung, die Leute haben das Bier gekannt. Die sind in die Brauerei gekommen, die musste man nicht irgendwie mit Farben locken oder mit viel Gold oder irgendwas, sondern die Leute wissen, das ist unser Hausbrauerbier, da braucht‘s nicht mehr. Das ist auch der Grund, wieso hier ein ganz schlichtes Etikett drauf ist. Mittlerweile ist es schon ein bisschen kultig, muss ich sagen, klar. Das ist halt jetzt in unserer Zeit so vielleicht.

Holger: Und das Wappen, seid ihr das oder ist diese …

Dominik Eichhorn: Das ist das Wappen von dem Schloss, von dieser Familie, von diesen Adligen, die früher dieses Schloss besessen haben.

Holger: Ah ja, okay! Aber die gibt’s eigentlich nicht mehr, also …

Dominik Eichhorn: Die gibt’s nicht mehr. Nein, Wiesenthau hießen die. Das ist so ein fränkisches kleines, das weiß der Markus besser als Historiker, Ritteradelsgeschlecht gewesen, also kein hoher Adel. Aber gut, bei uns war alles so kleinteilig in Franken und überall war einer gesessen, ein kleiner Baron oder Ritter und hat da sein eigenes Süppchen gekocht, und so war es da wahrscheinlich auch.

Markus: Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Also diese ganzen kleinen Barone, die haben alle eben ihr Süppchen, in dem Sinne ihr Bier gekocht. Das ist ja auch der Ursprung, weswegen wir so eine Biervielfalt haben, weil einfach überall es was Eigenes gab.

Dominik Eichhorn: Ja, und diese Kleinteiligkeit in Franken eben, also kein großes Staatswesen außen rum wie in Bayern oder in Baden oder irgendwas oder dass da in Württemberg ein König dann da war mit einer (unv. #00:28:42.8#). Das macht eben auch die Vielfalt aus. Und es ist bei uns in der Gegend dann auch vom Konfessionellen völlig durchmischt.

Markus: Richtig! Jeder Herrschaftsbereich, jedes kleine Dörfchen hatte dann eben seine eigene Religion, seine eigene Kirche, sein eigenes Brauhaus, seine Verwaltung, und so ist das eben.

Dominik Eichhorn: Genau! Das macht die Vielfalt aus.

Markus: Ich finde das sehr schön, wenn man so an diese anderen Lagerbier-Kulturen denkt, die so leichte Biere kennen, das ist vor allem Tschechien mit den leichten Bieren, mit 9 %, 10 % Stammwürze. Aber da ist es so, die machen das entweder richtig hell oder richtig dunkel. Und was man dort dann bestellen kann, ist eine Mischung. Das heißt, die haben dann zwei fertige Biere und mischen die dann auf Verlangen. Aber so jetzt hier, diese wunderschöne Bernstein- oder Kupferfarbe, die das hier hat, sowas gibt’s da eigentlich nicht. Deswegen ist das schon wirklich eine ganz besondere einzigartige Geschichte eigentlich.

Dominik Eichhorn: Das muss man einmischen in Tschechien dann wahrscheinlich.

Markus: Ja genau! Da kann man mal mit so einer Flasche hingehen und sagen „Macht mal genau das!“.

Dominik Eichhorn: Aber das ist ganz interessant, ich weiß nicht, da kennst du dich besser aus, in Tschechien waren es dann eher so die Arbeiterbiere, für so Schwerarbeiter, die den ganzen Tag Kraft brauchten. Oder wie war das da?

Markus: Ja, das war auch bei uns mal so. Also die deutsche Bierkultur ist dadurch wirklich etwas anders, weil wir diese Kriege hatten, die Inflationszeit, und das immer so ein großer Reset sozusagen war. Es ist überhaupt erst mal eine Art einheitliche deutsche Bierkultur entstanden mit der Gründung des Deutschen Reiches. Dann war erstmal Jubel, Trubel, Heiterkeit angesagt, da hat man dann sowieso ausprobiert, was ging. Und dann war eben mit dem Ersten Weltkrieg schon mal so eine Phase, wo sie dann wirklich nur noch sehr, sehr leichte Biere überhaupt machen durften oder auch konnten, weil die Rohstoffe einfach nicht verfügbar waren. Weil man hat, das vergessen viele Leute, vor dem Ersten Weltkrieg war das eine sehr globalisierte Gesellschaft. Also all die Herrscherhäuser in Russland, in England, in Deutschland, das waren alles Cousins, Cousinen, Brüder, Schwestern. Die ganze obere Society hat einheitlich französisch gesprochen, egal ob du jetzt in Portugal warst, in Griechenland oder in Russland. Das heißt, sie haben sich alle gekannt, die haben sich alle verstanden. Und da war auch von der Wirtschaft ein riesengroßer Austausch. Da hat man dann zum Beispiel in der deutschen Brauwirtschaft irgendwann gesagt: Na ja! Warum sollen wir groß noch Getreide anbauen, das passiert ja in Russland viel billiger. Da hat man dann Flächen freigegeben wieder für andere Sachen. Und das war dann plötzlich mit dem Ersten Weltkrieg wirklich ein Drama.

Dominik Eichhorn: Ja, war’s weg.

Markus: Weil dann auf einmal die Grenzen eine Bedeutung hatten. Vorher waren die relativ egal, aber …

Dominik Eichhorn: Ja, da konntest du von Moskau bis Lissabon fahren, ohne kontrolliert zu werden.

Markus: Genau! Richtig! Und jetzt mit dem Ersten Weltkrieg war das auf einmal Feindesland und man hat zum Beispiel Russland auch ab dem ersten Tag die Getreidelieferungen natürlich eingestellt, nach Österreich und nach Deutschland, was dann die Brauereien vor ein Riesenproblem gestellt hat. Na ja, und so ging das dann mit den Auswirkungen des Krieges erst mal nach unten. Und dann kamen die Reparationszahlungen nach dem Krieg, und da hat man als Staat versucht, Deutschland, möglichst viel Geld über Biersteuern reinzuholen, weswegen dann die Brauereien wieder die Melkkühe waren. Dann kam die Inflationszeit, was dann auch wieder ein Drama für sehr, sehr viele war. Weil man nicht vergessen darf, eine Brauerei muss die ganze Rohstoffe einkaufen und dann dauert der Prozess, bis das Bier verkaufsfertig ist, Wochen oder Monate, und dann kann man da wieder Geld erlösen. Und wenn dazwischen natürlich das Geld Tausende von Prozent Inflation hat, dann ist das kein Gegenwert mehr. Du musst deine Mitarbeiter jeden Tag bezahlen, weil sie am nächsten Tag schon wieder mehr für ihr Brötchen bezahlen müssen. Also Riesenkatastrophe. Das ist dann fast nahtlos in die Nazizeit übergegangen, die dann so zweigleisig gefahren sind. Offiziell waren die voll gegen Bier und gegen Alkohol, aber inoffiziell haben sie sich natürlich in ihren Bierkellern getroffen und ihre Festchen gefeiert und so. Aber dann kamen die Zerstörungen im Krieg, dann waren die Brauereien erst mal wieder kaputt. Und nach dem Krieg hat man dann erst mal nur ganz leichte Biere brauen dürfen.

Dominik Eichhorn: Genau! Da war dann so die Dünnbierzeit (unv. #00:32:45.7#)

Markus: Und dann hat man halt sofort gefeiert, jetzt geht’s wieder richtig los.

Dominik Eichhorn: Das war dann die Märzenbier-Zeit bei uns gewesen.

Markus: Genau! Dann kamen eben, also bei uns war es Märzenbier, und im Ruhrgebiet war es halt Export. Das waren dann die Biere, die kräftigen Biere, die die Leute wieder haben wollten. Und da hat man halt diese ursprüngliche Kultur, die es eben davor genauso wie in Tschechien oder in England bei uns gegeben hat mit leichteren Bieren, die ist dabei völlig verlorengegangen. Und deswegen fangen sie bei uns halt eigentlich erst mit 5 % an, wo man in anderen Ländern eben eine durchaus bemerkenswerte Range hat, irgendwo zwischen 3,5 und 5, wo natürlich die Leute in den Kneipen oder so viel mehr trinken können und wo das auch während der Arbeit viel normaler war Biere zu trinken. Auch außerhalb von Bayern war das in Deutschland ja völlig verpönt, außer vielleicht im Bauwesen oder so. Aber da war das in anderen Ländern völlig gang und gäbe. Und insofern ist das schon auch in dieser Hinsicht ein Riesenunterschied. Aber ich rede schon wieder viel zu viel, der Holger …

Holger: Ich wollte gerade sagen: Mensch, Männer! Mensch, Männer!

Dominik Eichhorn: Wir schaffen die Biere nicht, ne, Holger?

Holger: Ja, ganz genau! Die Moderation ist ja Nötigung und jetzt muss ich euch einfach, aber Dominik, du hast einfach einen Knopf gedrückt. Also der Satz „Mensch, Markus, du weißt es ja viel besser und du bist ja Historiker“, das ist sozusagen der Hauptknopf beim Markus.

Markus: Ja, ja, ja!

Holger: (unv. #00:34:03.4#)

Dominik Eichhorn: (unv. #00:34:02.9#) ein Überraschungsthema, das ist doch okay. Ich schenke mir jetzt einfach das Kellerbier ein, Markus?

Markus: Ich bitte darum.

Dominik Eichhorn: Und dann machen wir weiter, wir lassen vielleicht eine Sorte weg dann und gehen dann gleich zum Bockbier über.

Markus: Nein, nein, nein! Nix da!

Holger: Also das auf gar keinen Fall!

Dominik Eichhorn: Nein, nein! Dann müssen wir aber schnell trinken.

Markus: Im 100. Podcast, also das Gute ist, ich zeichne auf meinem Computer auf und ich habe ungefähr 4 Terabyte Speicherkapazität.

Dominik Eichhorn: Okay, gut!

Markus: Wir können bis morgen früh weitermachen. Kein Problem!

Dominik Eichhorn: Kellerbier ist bei mir schon im Glas.

Markus: Moment!

Holger: Dominik, dann mach doch direkt weiter und beschreibe es direkt, also die einfach durch.

Dominik Eichhorn: Oh, nein, das beschreiben kann der Markus am besten, ich bin der Brauer. Wir haben jetzt das Kellerbier von der Farbe, es ist, wenn man es beschreiben muss, und ich sitze jetzt hier an einer Schreibtischlampe, es geht Richtung Bernstein, es hat einen schönen cremigen Schaum. Es perlt, wie es bei uns beim Kellerbier in Franken ist. Also das geht so Richtung ungespunden, also es perlt ganz leicht. Die Kohlensäure ist ganz leicht feinverteilt da drin und dann müssen wir einfach mal riechen und dann schmecken. Also macht ihr das auch mal und dann reden wir weiter. Gut, es hat eine schöne leichte Trübung, muss ich auch noch sagen. Also es ist unfiltriert, es ist nicht hefedick oder sowas irgendwie wie ein Hefeweizen, sondern es hat so eine ganz leichte schöne opale Note, finde ich.

Holger: Man kann es nur ergänzen, weil wunderbar beschrieben. Für mich ist es unglaublich gut ausbalanciert, wenn ich das so sagen darf. Also es ist unglaublich toll in der Balance. Ganz typisch dann auch oberfränkisches Kellerbier mit so einer schönen cremigen, wenig kohlensäurehaltigen Rezenz, würde der Sommelier sagen. Dann natürlich, also diese malzigen Aromen, alles ganz geschmeidig so auf der Zunge. Jetzt haben wir den Raupach noch nicht gehört, aber da bin ich fast sicher, dass er jetzt wieder in seinem Oberfranken-Himmel rumschwebt.

Markus: Ja, ich hüpfe gerade von Wolke zu Wolke sozusagen. Nein, also wirklich, natürlich, es ist wunderbar. Ich meine, so muss ein Kellerbier sein. Ich kann ja ganz ehrlich sein, wir zeichnen jetzt abends um sieben Uhr auf und ich habe jetzt heute schon um vier Uhr ein Bier-Tasting gehabt mit acht Gästen aus den USA. Da haben wir sieben Biere verkostet, und unter anderem eben auch so ein schönes Kellerbier. Da sind wir einfach draufgekommen, dass dieses Bier einfach der Grund ist, warum so viele Leute aus der Brauwelt nach Franken kommen. Weil die eine Sache umtreibt: Warum schaffen es hier die Brauer einfach von so einem Bier mehr als eins oder zwei zu verkaufen? Weil wenn die zu Hause ihr Double IPA brauen, dann kriegen die halt eins verkauft und danach wollen die Gäste was anderes haben. Das ist eben genau das Gegenteil hier. Also so ein fränkisches Kellerbier, das ist einfach was zum Reinlegen, zum gemütlich Trinken, so ein Best Buddy sozusagen. Und wenn ich es schaffe, sowas so hinzubekommen, so ausgewogen, so angenehm zu trinken, so weich, so rund, was sich so toll mit den typischen Speisen, die wir hier bei uns auch eben haben, verbindet, dann habe ich einfach nur gewonnen. Das ist eben was, was man nicht an der Uni lernt, sondern das hat was mit Tradition zu tun, mit einem Selbstverständnis, mit Erfahrung. Das ist einfach in der DNA unserer Brauereien hier drin und das müssen andere erst mal lernen beziehungsweise überhaupt die Idee, das Gefühl dazu bekommen, so ein Bier zu machen.

Holger: Ganz klar, Können kommt ja von Üben, nicht von Wissen, und das kann man hier schmecken. Aber jetzt muss ich wirklich sagen, okay, 100. Sendung, Oberfranken-Spezial, können wir auch sagen. Ich möchte hiermit offiziell anmelden, zur 200. Sendung machen wir auf jeden Fall ein absolutes Ruhrgebiets-Spezial. Da lade ich mir dann auch zwei Ruhrgebietler ein. Das ist ja unglaublich mit euch heute.

Dominik Eichhorn: Nein, also ich glaube, wenn wir jetzt nochmal zum Kellerbier kommen, Kellerbier wurde vor ein paar Jahren auch irgendwie Mode. Es hat sich blitzartig von Oberfranken, muss man sagen, auf ganz Deutschland verteilt beziehungsweise erst mal …

Holger: In die ganze Welt.

Dominik Eichhorn: … haben die Münchner angefangen, Kellerbiere zu machen und so weiter. Meiner Meinung nach sind die meisten Kellerbiere, die außerhalb von Oberfranken, oder muss man fast schon sagen, Landkreis Bamberg gebraut werden, sind in unsere Augen als fränkische Brauer oder Bamberger Brauer keine richtigen Kellerbiere. Für uns ist ein Kellerbier doch ein ungespundetes oder ein (unv. #00:38:55.9#)-gespundetes Bier, das heißt, mit sehr wenig Kohlensäure. Wohingegen die nachgemachten Kellerbiere, sage ich jetzt mal, einfach Zwickelbiere, unfiltrierte Biere sind. Das müssen keine schlechten Biere sein deswegen, aber es ist nicht das, was wir unter einem Kellerbier verstehen. Und die Kunst ist es, glaube ich, Biere zu machen, die eben wenig Kohlensäure haben, dadurch sehr angenehm, weich, samtig zu trinken sind, aber trotzdem nicht irgendwie fad oder abgestanden schmecken. Also das ist die Kunst, die hier die Brauer beherrschen, denke ich. Die machen Biere, die weniger Kohlensäure haben, aber trotzdem nicht irgendwie (unv. #00:39:36.6#)

Markus: Das fängt für mich mit dem Verständnis an. Weil auch da muss ich gerade wieder aktuell, wir waren mit unseren Biersommeliers jetzt gerade auf Exkursion in der Hallertau und haben uns dem ganzen Hopfen genähert und waren dann abends im Hotel. Und die hatten dann ein Bier von einer Ingolstädter Brauerei, und da stand Kellerbier drauf. Und gut, ist prinzipiell schon mal eine Herausforderung, aber gut, habe ich gesagt, schauen wir uns das Ganze mal an. Dann versucht man das zu trinken und das schmeckt eigentlich wie ein dunkles Hefeweizen. Da habe ich mich schon sehr gewundert und habe dann auf die Flasche draufgeschaut, und dann tatsächlich gesehen, dass eben zwar Gerstenmalz an erster Stelle, aber dann schon Weizenmalz. Und dann hat man auch wirklich gemerkt, da hat jemand wirklich einfach, sicher obergärig, denke ich mal, weil Weizenmalz drin war …

Dominik Eichhorn: (unv. #00:40:24.2#) Weizenmalz.

Markus: Aber da hat man richtig gemerkt, es fehlt einfach das Verständnis. Wenn ich nicht wirklich begreife, worum es beim Kellerbier eigentlich geht, dann mache ich halt irgend sowas. Das ist vielleicht auch nett und es schmeckt vielleicht auch irgendjemand, aber es wird niemals den Kern treffen, um den es eigentlich geht. Das ist, glaube ich, der Punkt, das kann man auch nur wissen, wenn man es mal vor Ort erlebt hat, wenn man verschiedene dieser Biere probiert hat. Und wenn man eben das, was sich um dieses Kellerbier rankt, nämlich die Bierkellerkultur, wenn man die dann auch mal kennengelernt hat, dann versteht man das Bier, glaube ich, und dann kann man sich auch mal dem nähern. Aber na ja, egal.

Dominik Eichhorn: Ja, wie du sagst, man muss einmal hierherkommen …

Holger: (unv. #00:41:01.6#) sage ich dazu nur. Meine Güte! Also was müssen die Leute jetzt von euch beiden denken?

Dominik Eichhorn: Ach, ja!

Markus: Ah ja! Also was kratzt die Eiche, wenn … nein, okay.

Dominik Eichhorn: Wir sind in der Überzahl, Holger, das ist einfach so.

Holger: Nein, nein, also ihr seid in der Überzahl und das Schlimme ist ja, ihr habt recht. Ihr habt recht. Aber Ingolstadt ist halt Oberbayern, und deren Bierstil von Haus aus ist eben kein Kellerbier. Und da muss man dann auch, das muss man ja auch verzeihen.

Markus: Nein, ist ja okay, aber sie brauchen nicht Kellerbier draufschreiben, wenn keins drin ist.

Holger: Du hast natürlich recht. Du hast vollkommen recht. Ich will dir auch gar nicht widersprechen, ich will nur darauf hinweisen, dass wir auch schon wieder zum nächsten Bier kommen könnten.

Dominik Eichhorn: Kommen könnten.

Markus: Könnten. Ja.

Holger: Wir können natürlich auch weiter noch beim Kellerbier verweilen und man kann auch noch ein bisschen sich abfeiern so. Also quasi …

Markus: Was ich noch ganz interessant finde, wäre vielleicht an dieser Stelle, weil wir grad beim Kellerbier sind und weil das ganz viel mit Tradition zu tun hat, Dominik, dass du vielleicht noch kurz ein kleines bisschen unseren Hörern erzählst, wie du überhaupt dazu gekommen bist? Weil wir haben jetzt die Geschichte der Brauerei ein bisschen gehört und dass du da jetzt drin bist und die dritte Generation bist, aber das ist doch sicher gar nicht so einfach. Wenn ich jetzt da reingeboren, geworfen werde und dann damit konfrontiert bin, da gibt’s irgend so einen Betrieb heimatlich, muss ich das machen, will ich das machen? Wie ist das gekommen, dass du jetzt am Ende (unv. #00:42:25.5#)

Dominik Eichhorn: Wie ich dazu gekommen bin, dann jetzt hier zu sitzen sozusagen, also in meiner …

Markus: Sozusagen!

Dominik Eichhorn: … Vita? Ja gut, ich muss dazusagen, die Brauerei, habe ich vorhin schon erwähnt, habe ich von meiner Mutter übernommen, nicht von meinem Vater, mein Vater war nie in dieser Brauerei tätig oder in keiner, noch nie in der Brauerei tätig. Und ich wurde aber auch nicht irgendwie gedrängt von meiner Mutter oder von meinen Eltern, da in den Betrieb zu gehen, sondern ich habe erst mal was anderes gemacht. Eine andere Ausbildung, sprich, nach dem Abitur und nach der Bundeswehr war ich in Erlangen und habe Verfahrenstechnik, Chemieingenieurwesen studiert und bin ein Diplom-Ingenieur, Diplom-Chemieingenieur. Und habe aber dann schon im Laufe des Studiums gemerkt, dass ich als Verfahrensingenieur, Chemieingenieur nie arbeiten werde, weil dann habe ich schon dazu tendiert, in die Brauerei zu gehen und habe dann deswegen noch eine Ausbildung gemacht als Brauer und Mälzer und habe dann sozusagen im zweiten Bildungsweg dann bei Doemens noch einen Braumeister gemacht. Und bevor ich in die elterliche oder mütterliche Brauerei gegangen bin, war ich dann noch in Japan, habe ein halbes Jahr eine kleine Gasthausbrauerei eingefahren und da gearbeitet als Braumeister. Dort auch meine Frau kennengelernt und dann seit Ende 1999, 2000 bin ich dann in die Brauerei gegangen zu Hause und habe die dann auch übernommen ein paar Jahre später. Das ist so mein Werdegang, also zweiter Bildungsweg-Brauer, und ich habe es aber nie bereut.

Markus: Ja eben, du bist auch ganz glücklich damit sozusagen.

Dominik Eichhorn: Ja klar, man ärgert sich natürlich jeden Tag, wenn man ein Geschäft hat, aber das ist wahrscheinlich wie in jedem Geschäft so. Aber bereut habe ich es noch nicht, nein. Gar nicht!

Markus: Da gibt’s natürlich viele Herausforderungen, zum Beispiel unsere Pandemie, aber vorher sollten wir vielleicht tatsächlich dem Holger jetzt Tribut zollen und ein Lieblingsbier von ihm öffnen, glaube ich. Welches Bier (unv. #00:44:46.1#)

Dominik Eichhorn: (unv. #00:44:46.4#) weiß ich nicht. Holger, kennst du es?

Holger: Ja, Schlössla, oder?

Dominik Eichhorn: Schlössla, ja, Schlössla kommt jetzt. Ja genau!

Markus: He-he, das ist ganz schnell auf beim Holger.

Dominik Eichhorn: Das ist so ein Name, der jetzt keine Sortenbezeichnung ist. Es ist von der Stammwürze …

Holger: Aber auch wieder typisch fränkisch, oder?

Dominik Eichhorn: Von der Stammwürze her ist es …

Holger: (unv. #00:45:05.4#)

Dominik Eichhorn: … ein Märzenbier. Schlössla deswegen, weil das kleine Wasserschloss, das eben von unserer, das zu dem Anwesen gehört hatte, zur Brauerei, und das auch der Brauerei den Namen gegeben hat. Eine alte Federzeichnung war das, eine kolorierte, ist da auf dem Etikett drauf. Und deswegen heißt das Bier Schlössla. Und Schlössla auch deswegen, weil in Reckendorf die Leute, wenn sie zu uns gekommen sind zu uns in die Brauerei oder ins Gasthaus, haben sie gesagt, wir gehen in dein Schlössla. Deswegen steht da Schlössla auf dem Etikett. Und jetzt schenken wir es mal ein. Und dann, wenn das ein Lieblingsbier von dir sein könnte, Holger, dann kannst du ja mal anfangen.

Holger: Nein, unbedingt! Es ist in der Tat so. Aber was ich auf jeden Fall vorwegschicken muss, bevor ich meine Beschreibung folgen lasse: Was ist es auf jeden Fall? Es ist natürlich schon der Name, also alles mit …la ist auch dann so ein bisschen fränkisch. Aber hier, das ist auf jeden Fall auch wiederum ein ganz typisches fränkisches Märzenbier. Man hat sofort die Karamellnote im Vordergrund in der Nase, die ist also so absolut richtig präsent. Es ist so ein, ja, wie soll ich sagen, also so ein helles kastanien-farbenes Bier mit einer unglaublich tollen Farbe. Das haben wir heute schon ein paar Mal gehört, aber es ist auch tatsächlich so, dass alle Biere so richtig tolle schöne Farben haben für ihre jeweilige Ausprägung. Jetzt trinke ich es mal. Ja, da rinnt halt die rotgoldene Farbe die Kehle runter und der samtige Körper und die tollen Karamellnoten lassen mich schon sagen, es ist schon ein Lieblingsbier. Also auf jeden Fall! Das ist auch dann wiederum so ein schönes Mundgefühl, was dann auch wiederum ganz typisch fränkisch ist, eben mit so einer ganz geringen Rezenz. Und der Hopfen, der ist so gar nicht da in meinen Augen, also ist wahrscheinlich da und ist irgendwo versteckt, aber so dieses Karamellige, Samtige, Malzige und dann natürlich auch noch mal mit 13,2 % Stammwürze, das rinnt die Kehle runter und schreit nach mehr. So würde ich es beschreiben. Prost!

Markus: Prost!

Dominik Eichhorn: Prost!

Markus: Das ist ein richtiges Sonntagsbier eigentlich. So der Franke würde sechs Tage lang Kellerbier trinken und am Sonntag gibt’s dann …

Dominik Eichhorn: Genau! Das wäre ein bisschen die Steigerung. Genau, gut ausgedrückt.

Holger: Nein, und da fallen mir dann auch sofort wieder so unendlich viele Speisen dazu ein, die dann richtig passen. Da stelle ich mir jetzt, also gut, jetzt wieder Ruhrgebiet und Sauerland und so, da ist üblich, dann am Sonntag eine Hochzeitssuppe zu kredenzen. Und das wäre zum Beispiel sowas. Da würde ich jetzt beginnen mit der Hochzeitssuppe und danach eben so einen schönen Braten, so einen Sonntagsbraten dazu. Und zum Abschluss vielleicht eine Crème Brûlée, und das Bier passt immer.

Markus: Oder man tut den Pfannkuchen gar nicht erst in die Suppe, sondern macht Kaiserschmarrn draus, das würde hier auch gut dazu passen.

Holger: Nein, nein, aber die Hochzeitssuppe hat gar keinen Pfannkuchen, Markus, sondern die Hochzeitssuppe, die hat einen Eierstich. Und den hoffentlich dann auch selbstgemacht.

Markus: Ja, wie bei den Bieren auch, schreiben die Franken halt gern auch Sachen drauf. Und bei uns kriegt man zum Beispiel Hochzeitssuppe, da ist dann meistens drin Pfannkuchen, ein Leberknödel und ein Grießknödel. Das heißt dann auch Hochzeitssuppe, zum Beispiel.

Dominik Eichhorn: Fränkische Hochzeit. Genau!

Markus: Na ja! Auf jeden Fall nahrhaft. Und eine schöne, also ich mag die auch ganz gern, wenn es die mal gibt. Aber da muss ich eben auch mal die Ruhrpott-Sache probieren. Mal gucken!

Holger: Aber ihr könnt mich auch gerne nochmal ergänzen, also habe ich was Wesentliches vergessen? Jetzt habe ich den Hopfen so versteckt, vielleicht tue ich dem Bier unrecht, keine Ahnung?

Dominik Eichhorn: Du tust dem Bier nicht unrecht, würde ich sagen. Wobei jetzt nicht so wenig Hopfen drin sind, wir sind da, wenn ich es richtig im Kopf habe, so bei 24 EBC sogar, schon 24, 25 sogar schon fast. Aber gut, jedes Prozent Stammwürze bettet den Hopfen weiter ein. Also in einem schwächeren Bier merkst du jedes EBC einfach sehr deutlich. Und bei 13,2 %, 13,3 % Stammwürze, dann ist der natürlich schon, versteckt, möchte ich nicht sagen, aber halt einfach schön eingebunden (unv. #00:50:15.8#).

Markus: Ich finde, eins könnte man noch ergänzen, dass viele Leute, wenn man sagt, das ist ein malzbetontes Bier, dann haben viele Leute eben im Kopf, das ist jetzt ein Dunkles und das hat Schokolade und hat Kaffeearomen oder sowas. Aber es gibt auch eine Malzbetonung ohne Röstaromen. Und das ist das, das möchte ich eigentlich haben, dieses Toffee, Karamell.

Dominik Eichhorn: Genau!

Markus: Da ist Vanille so ein bisschen, das sind einfache schöne Aromen.

Dominik Eichhorn: Da geht nichts in Richtung irgendwie Kaffee oder röstig oder sowas, gar nicht.

Markus: Aber auch so ein bisschen Honig. Und wenn es jetzt ein bisschen wärmer wird, ich habe jetzt noch so ein (unv. #00:50:54.9# Nachla?), würde der Franke sagen, im Glas. Das ist jetzt schon ein bisschen wärmer und dann kriegt das auch so ein bisschen Trockenbeeren-Aromen.

Holger: Was bitte, was? Ein Nachla?

Markus: Ja. Oder ein Nachherla würde man sogar richtig sagen. Weil wir ja alles nochmal verkleinern.

Dominik Eichhorn: (unv. #00:51:08.6#)

Markus: Genau! Den Restschluck sozusagen. Ein Kölner würde Kölsch dazu sagen, aber nein, okay, lassen wir das.

Holger: Also jetzt wird es langsam, also …

Markus: Nein, das war jetzt ein platter Witz, ich gebe es ja zu. Aber jedenfalls, aber dann kommen schon so ein bisschen auch so Rosinen, Trockenbeeren mit rüber, die fast so in Richtung Bockbier gehen. Das finde ich wirklich eine sehr, sehr schöne Aromatik. Also ein tolles Bier.

Holger: Nein, stimmt ganz genau. Jetzt, wo du es sagst, ist das auch ganz präsent bei mir im Nachtrunk. Das ist toll. Also ich sag ja, Lieblingsbier.

Dominik Eichhorn: Hervorragend!

Markus: Vielleicht noch eine Frage von mir ganz kurz. Du hast gesagt, du hast aus Japan deine Frau mitgebracht. Wie macht man das? Ich überlege jetzt gerade, ich habe schon ein …

Dominik Eichhorn: Mitgebracht habe ich sie, nein, nein. Ich bin alleine nach Hause gekommen und …

Holger: Da sind wir wieder beim Thema, Raupach und die Frauen. Alles klar!

Dominik Eichhorn: (unv. #00:52:03.9#)

Markus: Ich habe schon eine Menge Japanerinnen kennengelernt, aber über ein Bier hinaus ging das nie, wegen dieser Sprachbarriere. Und ich stelle mir das echt total schwer vor, und sie dann auch davon zu …

Holger: Vielleicht ist es auch nicht nur die Sprachbarriere. Weißt du, könnte ja sein.

Markus: Wer weiß.

Dominik Eichhorn: Man fängt normalerweise auf Englisch an, wenn man irgendwo sich außerhalb von Deutschland befindet, wo keiner deutschspricht …

Markus: Hm!

Dominik Eichhorn: … und du sprichst die Landessprache nicht, dann fängt man mit Englisch an. Wir sind zwei Jahre oder zweieinhalb Jahre hin und her geflogen und dann haben wir gedacht …

Holger: Oh! Dann ist dein CO2-Footprint dann ganz schlecht.

Dominik Eichhorn: Der war schlecht damals. Aber damals hatte man auch noch nicht so ein schlechtes Gewissen. Man durfte sogar noch im Flieger rauchen, als ich nach Japan geflogen bin das erste Mal. Also das ist schon lange her, wollte ich sagen damit. Und gut, irgendwann hat man sich dann halt entschlossen oder gesagt, gut, jetzt probieren wir es. Und dann ist meine Frau rübergekommen, oder damals meine Lebensgefährtin, und dann haben wir geheiratet. Dann kamen die Kinder. Und jetzt ist das schon 20 Jahre her, über 20 Jahre. Ja, so schnell geht das.

Markus: Wahnsinn! Aber das ist schon ein krasser Kulturunterschied, oder?

Dominik Eichhorn: Ja ist es schon, klar. Also logisch! Wobei man natürlich sagen muss, es ist vielleicht, es ist ein Riesenkultur-Unterschied, aber Japan ist ein modernes westliches Land irgendwie. Das macht es vielleicht dann doch ein bisschen einfacher. Demokratie, westlich ausgerichtet sozusagen, ein ganz modernes Land, also mit einer sehr spezifischen und speziellen Kultur, aber wenn man will, dann geht das.

Holger: Na ja, also ich hatte mal einen Kollegen, der Auslandskundendienst gemacht hat, und der hat immer gesagt: Wenn du auf einen anderen Planeten reisen möchtest, dann ist Japan die kürzeste Entfernung. Hat der immer gesagt.

Dominik Eichhorn: Ja, es ist einfach schon krass der Unterschied. Der Unterschied ist krass und auch der Unterschied in Japan selbst ist auch so krass. Das macht‘s auch interessant irgendwie. Also der Unterschied in Japan zwischen dieser knallharten Moderne und alles das Neueste technologisch und so weiter, und auf der anderen Seite, da gehst du um die Ecke in Tokio und dann hast du ein uraltes Japan, wo du wirklich diese Geschichte, diese Kultur, diese Tradition fühlst und spürst. Das gibt’s nur in, ja, also das habe ich bis jetzt nur in Japan erlebt diesen Gegensatz auch im Land selbst, dieser kulturelle. Aber die schaffen das irgendwie, immer wieder Brücken zu schlagen, das geht.

Markus: Ich meine, dass du mit deiner Frau da klargekommen bist, das ist irgendwie verständlich, da sorgen auch die Hormone so ein bisschen dafür. Aber wie ist das denn, ich überlege, da gibt’s dann immer eine Schwiegermutter, einen Schwiegervater, deine Mutter, das ist doch für die alle auch bestimmt nicht so einfach, oder?

Holger: Ha-ha-ha-ha!

Dominik Eichhorn: Ja, okay!

Holger: (unv. #00:55:24.1#)

Dominik Eichhorn: Sind wir jetzt noch beim Bier, oder? Nein, okay. Ja, natürlich irgendwie sind die schon skeptisch am Anfang. Auch meine Eltern waren jetzt schon ein bisschen skeptisch, glaube ich. Also was macht der jetzt, so ungefähr, der Sohn. Aber ich war schon Ende 20 fast, als das passiert ist, da konnten die und wollten auch nicht mehr reinreden. Genauso bei meiner Frau. Der Opa zum Beispiel damals von meiner Frau hat noch gelebt, wurde schließlich 100 sogar, also die Japaner werden alle alt. Der hat am Anfang auch sehr, sehr skeptisch reagiert. Und auch so ungefähr, wie kannst du jetzt schon nach Deutschland fliegen, du bist ja gar nicht verheiratet, so. Aber eigentlich auch die gleichen Reaktionen, Reflexe wie auch deutsche Eltern, Großeltern haben, würde ich mal sagen. Diese Reflexe sind in Japan nicht anders gewesen als bei uns. Wahrscheinlich sind die auf der ganzen Welt fast gleich, also dass jede Kultur natürlich oder in jeder Kultur Eltern versuchen, ihre Kinder zu schützen oder die bestmögliche Zukunft zu ermöglichen oder den Weg zu zeigen für eine gute Zukunft für ihre Kinder. Also diesen Drang haben alle Eltern, glaube ich, und Großeltern.

Holger: Ich versuch mal, den Bogen wieder zurück zum Thema zu schaffen. Was ist denn ihr Lieblingsbier?

Dominik Eichhorn: Unterschiedlich, aber am liebsten ein Kellerbier ganz frisch vom Fass, bayerisch gezapft.

Holger: Okay! Also das haben wir jetzt schon gehabt, was uns jetzt noch fehlt, ist der Bock.

Dominik Eichhorn: Ist der Bock. Der Bock ist ein Bock, der jetzt schon ein paar Monate auf dem Buckel hat, denn es ist der Frühjahrsbock, den wir brauen. Das ist ein heller Bock. Gambrinus, ganz klassisch genannt nach dem Patron der Brauer. Ob es den gegeben hat, weiß keiner. Wir haben das nämlich ein bisschen falsch getimt, weil die Woche, morgen, nein, Mittwoch, Donnerstag, füllen wir unseren Henrici Bock ab, den Ritterbock, und auch den Weizenbock. Der kommt aber erst übermorgen, wie gesagt. Deswegen habe ich jetzt noch einen Gambrinus euch mitgebracht. Das sind die letzten Flaschen, die es gibt.

Markus: Aber Dominik, ganz kurz, das ist Programm, weil unter uns, es hört ja jetzt keiner zu, der Weizenbock ist ein absolut sensationelles Bier und da möchte ich einfach keine Flasche irgendwohin verlieren, sondern die muss dableiben und das möchte ich gerne haben und für unsere (unv. #00:58:38.2#)

Dominik Eichhorn: Ja, das (unv. #00:58:37.8#) deine Mitarbeiterin einen wegreservieren musste.

Markus: Ja genau!

Dominik Eichhorn: Ob dann für dich einer übrigbleibt, weiß ich nicht, Markus.

Markus: Oh, oh!

Dominik Eichhorn: Nein, nein.

Markus: Nein, aber deswegen reden wir jetzt hier auch gar nicht über diesen fantastischen Weizenbock, sondern wir sprechen über den nicht minder guten Gambrinus.

Dominik Eichhorn: Wir sprechen über den Gambrinus. Es ist ein Frühjahrsbock, also ein heller Bock, der einfach im April auf den Markt kommt, sozusagen manche sagen Maibock, Frühjahrsbock. Einfach ein bisschen leichter zu trinken, keine Ahnung, Imperial „Helle Freude“ oder sowas. Mit natürlich schon bei über 16% Stammwürze. Da wird es dann schon auch ein bisschen esteriger und fruchtiger auch teilweise. Aber probiert mal oder ich weiß nicht, ob ihr schon im Vorfeld mal getestet habt, ob ihr das Bier kennt, weiß ich nicht.

Markus: Nein, also ich mache ihn jetzt grad zum ersten Mal auf, muss ich sagen. Wunderbar!

Holger: Ich habe schon getrunken.

Markus: Na ja, gut! Wenn man dir ein Bier schickt, ist es quasi auf. Wenn der Postbote da über die Schwelle geht, so wie bei den englischen Pubs, wo dann das Bier, wenn das angeliefert wird in Fässern, sobald es über die Schwelle ist, gehört’s dem Besitzer, so ist es bei dir wahrscheinlich dann mit dem Bier, da wird es sofort aufgemacht. Nein, aber ich kann ja mal kurz sagen, wie das bei mir so ausschaut. Ich glaube, so dieser Ausdruck Imperial „Helle Freude“ finde ich eigentlich ganz witzig, weil es wirklich auch von der Farbe her daran erinnert. Das ist wieder richtig klar, schön filtriert, perfekter weißer Schaum, der richtig dick, schön fest sitzt. Und drunter dann dieses Goldgelb mit einem wirklich schönen Schein. Also das geht fast in so ein Rotgold, aber eben nur ganz dezent, also sehr, sehr schöne Farbe auch wieder, die wirklich so richtig animiert und Lust macht. Und wenn man da reinriecht, dann merkt man einerseits diese schöne ausgewogene Hopfen- und Malznote, die man von der „Hellen Freude“ her kennt. Aber drüber liegt dann das, was man auch von einem Bockbier erwartet. Du hast ja grad schon gesagt, der ist ein bisschen jetzt schon älter und dann kommen natürlich auch diese Aromen, eben Trockenbeeren, Rosinen, (unv. #01:00:41.2#)

Dominik Eichhorn: Genau! (unv. #01:00:41.8#) diese fruchtigen Sachen.

Markus: Ja, das kommt richtig schön rüber und lädt einen richtig ein, auch eine richtig schöne Honignote ist jetzt auch ganz schön ausgeprägt. Und wo das vorher vielleicht noch so ein Blütenhonig war, ist es jetzt eher ein Waldhonig. Also der ist schon ein bisschen intensiver, ein bisschen kräftiger. Jetzt probieren wir das mal.

Dominik Eichhorn: Du formulierst treffend, sowas fällt mir nicht ein immer gleich. Das ist, der Vergleich war gut.

Markus: Danke schön! Auch hier wieder dieses schöne cremige wunderschöne Mundgefühl. Das finde ich auch wieder ganz, ganz toll, weil das nämlich auch erfrischend ist. Und damit eben auch einen der Alkohol nicht erschlägt. Also beim Bockbier auch immer so ein Thema: Mache ich dann praktisch schon zu oder schaffe ich es trotzdem so zu bleiben, dass die Leute dann gerne auch noch einen Schluck nehmen? Und das habe ich hier wirklich wunderbar gelöst. Es spielt dann auch dieses schöne Cremige eben mit dem Mund, dann kommen so Toffee-Noten, dann kommt ein bisschen Malz, Karamell, brotige Töne. Und hintenraus dann trotzdem so eine leichte Bittere, die dann wieder ein bisschen stärker wird und den Mund austrocknet. Das ist wirklich ein sehr, sehr angenehmes Bier. Hintenraus dann noch mal ein bisschen diese Trockenbeer-Noten. Und auch schön, wenn man das im Glas hat und das Glas so ein bisschen dreht, dann bildet das Bier so einen richtigen Film am Glas. Da sieht man eben, dass es ein bisschen kräftiger ist, ein bisschen stärker ist und richtig selbstbewusst darauf wartet, dass man da einen Schluck nimmt. Also wunderbar! Tolles Bier! Holger, das müsste dir auch schmecken, oder?

Holger: Unbedingt! Das ist total, absolut klasse. Ich habe jetzt im Nachtrunk so fruchtige Aromen. Also für mich kommt so ein bisschen Apfel durch und sogar fast ein Hauch von Kirsche. Ich weiß nicht.

Markus: Mhm (bejahend). Ja!

Dominik Eichhorn: Bittermandeln im Hintergrund.

Markus: Genau! So ein bisschen, ja genau, so Bittermandel. Genau! (unv. #01:02:33.7#)

Dominik Eichhorn: Ich möchte nur kurz dazwischengehen, ich habe das Bier jetzt seit Mai nicht mehr getrunken, glaube ich, oder seit Juni nicht mehr getrunken. Es ist interessant, es hat sich schon, nicht krass verändert, aber es ist ein bisschen erwachsener geworden, für mich. Ihr kennt das ja nicht frisch. Seid ihr noch da?

Markus: Ja, ja.

Holger: Ja, wir sind noch da. Ja, ja, wir sind, wir denken nach und …

Dominik Eichhorn: Ihr denkt nach und …

Holger: … und …

Dominik Eichhorn: (unv. #01:02:57.0#)

Holger: … voll mit Malz und süßlich und mild und Abgang und Frucht und so. Das muss man erst mal im Kopf sortieren. Deshalb dauert‘s einen Moment, dass wir überhaupt reagieren.

Markus: Aber ich finde diese Metapher sehr schön, zu sagen, dass so ein Bockbier quasi in so einem jugendlichen Tatendrang ausgeschenkt wird. Was auch perfekt passt zu diesem ganzen Bockbieranstich-Thema. Und wenn man es eben dann noch ein bisschen liegenlässt, dann wird es reifer und dann wird es auch ein bisschen weiser und dann wird es ein bisschen abgeklärter und …

Dominik Eichhorn: Genau! (unv. #01:03:29.2#)

Markus: … hat dann eben noch mal eine ganz andere Qualität. Sehr schön!

Dominik Eichhorn: Ich habe zuletzt vor ein paar Wochen habe ich mit einem Freund ein Henrici Bock aufgemacht von 2013 oder 201. War auch gut. Interessant!

Markus: Das kann ich mir vorstellen. Eins der ältesten Biere, die ich mal getrunken habe, war ein amerikanischer Barley Wine. Den habe ich 2014 in Amerika gekauft, und da war er von 1999. Und war an sich schon absolut genial, er hatte ein bisschen so diesen Effekt, du hast ihn aufgemacht und dann war er super. Wenn man dann aber noch so ein paar Minuten gewartet hat, dann hat er ein bisschen verloren, also dann haben einfach die Reaktionen zugeschlagen. Aber ich fand einerseits das Bier toll und andererseits fand ich aber auch toll, dass jemand 1999 schon auf die Idee gekommen ist, …

Dominik Eichhorn: Einen Barley Wine zu machen.

Markus: … einen Barley Wine zu machen, und dass es eine gute Idee ist, was davon aufzuheben. Das ist auch so ein Punkt. Und das im Zusammenspiel war echt toll. Und ich glaube, das ist auch wirklich noch ein Potenzial, was in Deutschland noch nicht viele Brauer entdeckt haben, dass man aus den klassischen Bockbieren, die man so hat, tolle Jahrgangsbiere machen kann, die dann auch wirklich gewinnen über eine längere Zeit und wo man dann auch wirklich damit spielen kann und quer verkosten kann.

Dominik Eichhorn: Man sollte das vielleicht einfach mal von der Hefe nehmen und dann nochmal in andere Tanks und dann einfach bei null Grad nochmal drei Jahre liegenlassen in kleinen Tanks oder so.

Markus: Ja.

Holger: Ich finde, da darf man auf jeden Fall die Schneider Brauerei lobend erwähnen, Thema Aventinus Vintage. Und dann natürlich mein großes Vorbild Hans-Peter Drexler, natürlich auch schon im BierTalk.

Dominik Eichhorn: Der Braumeister dort, ne?

Holger: Ja, ja, absolut! Das muss man an der Stelle lobend erwähnen. Also die machen das.

Dominik Eichhorn: Nein, die waren schon eine der ersten in Deutschland, die da interessante Sachen gebracht haben. Ich weiß noch, ich kann mich erinnern, vor zehn Jahren oder noch länger, als ich die Hopfenweisse das erste Mal getrunken habe, das war ein ganz neues Geschmackserlebnis. Ich war da unten in der Gegend und bin dann bestimmt fünf oder zehn Getränkemärkte abgefahren, um eine Kiste Hopfenweisse zu bekommen, weil fast jeder Getränkemarktleiter gesagt hat: Den Schmarrn haben wir nicht, das wollen wir nicht. Die Leute kaufen das nicht. Das war so ungefähr die Aussage in den Getränkemärkten. Also es war da einfach in der Gegend auch nicht anerkannt.

Holger: Absolut! Also für die Hörer, es ist TAP5, also die Hopfenweisse ist TAP5. Und das muss man einfach betonen, das ist ja auch mutig, solche …

Dominik Eichhorn: Genau! Das wollte ich sagen, die haben das trotzdem gemacht und trotzdem durchgezogen.

Holger: So ist es! Allerdings war das Bier zuerst in den USA nur verfügbar und ist dann erst zu uns gekommen. Und ich weiß, es gab …

Dominik Eichhorn: Weil es doch so eine Zusammenarbeit mit der Brooklyn, oder?

Holger: Ja, mit dem Garrett Oliver. Ja. Absolut! Mit der Brooklyn Brewery. Genau! Aber auch, weißt du, also ich meine auch dann die TAPX, also dann Aventinus Barrique, da haben auch die Leute angerufen und haben gesagt, hey, das ist schlecht das Bier. Na ja, aber das nur am Rande erwähnt. Also, dass das eben schon auch hier Einzug erhält. Und wir haben das auch, glaube ich, im BierTalk immer wieder auch schon angesprochen, dass eben bestimmte lagerfähig sind, großes Potenzial haben und auch beim Altern durchaus noch besser werden. Also das Urbeispiel, um jetzt euch beiden wieder zu huldigen und wieder zurück nach Oberfranken zu gehen, und einen Bierstil haben wir noch nicht erwähnt, das ist ja das Rauchbier. Und da gibt’s dann halt die Schlenkerla Eiche, die der Markus wahrscheinlich in allen Jahrgängen, die es je gegeben hat, irgendwo in seinem Keller hat und die dann durch verkostet und nur dafür eine Verkostungskladde führt. Also das muss man halt auch sagen. Oder, Markus?

Markus: Absolut! Und ich muss eben, um diese patriotische Vollständigkeit auch ein bisschen noch zu haben, sie waren tatsächlich die ersten. Also Schlenkerla war die erste deutsche Brauerei, die wirklich so ein Jahrgangsbier gemacht hatten, noch vor Schneider. Also das war 2010 und der hat 2012 das erste gemacht in diese Richtung. Das ist schon erstaunlich. Und war ja damals auch wirklich eben insgesamt ein Umdenken in der Brauerlandschaft hier. Vorher war es ja so, dass ein Alterungsgeschmack grundsätzlich als Bierfehler gegolten hat und man alles getan hat, um sowas irgendwie zu vermeiden. Genauso wie mit der Hopfenweissen, wo man gesagt hat, ein Hopfen, ein Weißbier ist im Grunde ein Fehler. Das macht man einfach nicht. Das gehört da nicht rein. Und dann ganz bewusst zu sagen, wir verabschieden uns mal davon und schauen mal, wie ist es mit der Aromatik, wie ist es mit der Harmonie, mit all den kreativen Möglichkeiten, die wir haben innerhalb der Rohstoffe, die eben bei uns möglich sind? Das sind eigentlich so …

Holger: Also ich meine, das war so ein bisschen, also die Hopfenweisse ist ein klassischer Collaboration Brew. Und ich stelle mir das so vor, dass der Hans-Peter Drexler und der Garrett Oliver sich getroffen haben und haben einfach gegenseitig sich gefragt: Hey! Was ist das Geilste? Und dann hat natürlich der Hans-Peter Drexler gesagt: Na ja, also das Geilste ist natürlich ein Doppelbock-Weizen. Und der Garrett Oliver hat dann gesagt: Ja, das Geilste ist ein IPA. Und dann haben sie es halt einfach zusammengeschmissen und daraus ist dann die Hopfenweisse entstanden. So stelle ich mir das vor.

Markus: Ich denke, auch. Ja. Aber zurück zum Gambrinus. also wirklich ein ganz, ganz toller heller Bock. Das ist auch sowas, ein Bierstil, der wirklich sehr im Off oft steht. Weil die meisten Leute unter Bockbier eher so die dunklen Bock- und Doppelböcke verstehen, auch in der Tradition von Salvator. Und zugegebener Weise natürlich jetzt ein heller Bock oder Doppelbock auch aromatisch jetzt eben nicht so an die Wand spielt wie so ein dunkler, aber dafür lässt er eben auch Raum. Und das ist schön, weil das ist ein Raum, den man dann in der Gastronomie füllen kann oder den man dann eben auch nutzen kann, um halt nicht nur eins zu trinken. Da muss ich wirklich sagen, ist das echt ein tolles Bier. Also macht echt Spaß!

Dominik Eichhorn: (unv. #01:10:02.1#)

Holger: Jetzt haben wir so viele Hinkelsteine in den oberbayerischen Garten geworfen. Wir haben keine Biere mehr, also wir haben sie alle durch verkostet. Haben natürlich gnadenlos überzogen, aber so ist es. So ist es. Absolut, so ist es. Vielleicht hat der Moderator an der Stelle nicht gut funktioniert, aber ich konnte euch einfach nicht mehr stoppen.

Dominik Eichhorn: Du hast nicht gebremst.

Holger: Ja.

Markus: Wir fangen einfach nochmal von vorne an.

Holger: Auf jeden Fall verzeiht uns das Überziehen. Ich bin schon der Meinung es war ein würdiger 100. BierTalk. Das muss ich schon sagen. Was meinst du, Markus?

Dominik Eichhorn: Ich verspreche euch jetzt, ich fange jetzt mit der Folge 1 an. Ist sie noch online?

Markus: Natürlich!

Holger: Klaro! Überall verfügbar.

Dominik Eichhorn: Und werde sie nacheinander im Auto hören, wenn ich unterwegs bin. Da bin ich sowieso auf der Suche nach Abwechslung, weil Bayern 5 kannst du irgendwie nicht fünf Stunden, mal eine Viertelstunde hören, dann weißt du nicht mehr, was (unv. #01:11:03.5#)

Holger: Außerdem heißt Bayern 5 BR…

Dominik Eichhorn: BR24, Entschuldigung!

Holger: Nein, aber das ist ja, ich meine, Rauchbier gibt’s in Oberfranken nur, weil ihr schon die ganze Zeit so rückständig seid.

Dominik Eichhorn: Genau! Weil wir es nicht geschafft haben, einen anständigen (unv. #01:11:17.0#) zu bauen und einfach nur Holzscheite irgendwo reingeschmissen haben.

Holger: Genau! Genau!

Dominik Eichhorn: Das ist aber manchmal so. Dass die Rückständigkeit auch was Positives hat.

Markus: Dafür möchte ich auch nur sagen, dass wir auch vor 120 Jahren in unseren Brauereien alle Elektroautos gefahren sind. Also manchmal ist Rückständigkeit ja auch Fortschritt.

Dominik Eichhorn: Ja, gut gesprochen, Markus.

Holger: Nein, also unglaublich gut gesprochen. Zum Glück gehört ihr seit 1806 zu Bayern.

Dominik Eichhorn: Oh, das war (unv. #01:11:47.3#)

Markus: Zum Glück für die Bayern. Ha-ha-ha!

Holger: Ihr könnt jetzt nichts mehr vorwerfen, der Moderator glaube ich, hat alles getan, um doch noch einigermaßen zum Schluss zu kommen. Aber die Protagonisten aus Oberfranken verhindern es einfach.

Markus: Du musst einfach einen schönen Schlusspunkt machen.

Holger: Ja, also ich habe es ja mehrmals schon versucht. Versuch, du es doch mal.

Markus: Na gut, das ist ja ganz einfach. Dann sage ich vielen Dank an euch beide für diesen wunderschönen BierTalk. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht. Die Biere sind tatsächlich fast alle ausgetrunken, passiert mir relativ selten. Aber das wird heute noch ein schöner Restabend. Und danke, es war toll, hat mir sehr viel Spaß gemacht und wir haben, glaube ich, den 100. echt vernünftig gefeiert.

Holger: Jawoll!

Dominik Eichhorn: (unv. #01:12:29.5#) den Hörern.

Markus: Tschüss da draußen und probiert gerne auch mal unsere feinen Reckendorfer Biere. Ciao!

Holger: Bis die Tage! Ciao!

Dominik Eichhorn: (unv. #01:12:36.7#). Ciao!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 70 – Interview mit Erik Schnickers, Gründer von Bier-Deluxe, aus Xanten

Erik Schnickers erfüllte sich mit der Gründung des Online Biershops Bier-Deluxe einen Studientraum und entwickelte sich seitdem kontinuierlich weiter. Mittlerweile ist der sympathische Niederrheiner auch als Hobbybrauer und Biersommelier am Werkeln. Dabei begeistert er nicht nur seine besten Freunde vom Bier, sondern auch täglich neue Bier-Einsteiger, die er in neue Geschmacks- und Genusswelten entführt. Im BierTalk erzählt er von der Gründung von Bier-Deluxe und seinen Erfahrungen, unter anderem als Teilnehmer an einem Online Biersommelierkurs…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute reisen wir mal wieder in den Westen, in den Westen Deutschlands, zu einem Mann wie ein Schokoriegel, könnte man auch sagen. Was das genau bedeutet, werden wir gleich noch hören. Also wir gehen zu Erik Schnickers, der auch vieles schon in der BierWelt getan hat und tut. Er kommt aus Xanten. Erik erstmal danke, dass du da bist. Vielleicht stellst du dich ganz kurz den Hörern mal selber vor.

Erik Schnickers: Ich bin Erik Schnickers, wie du gerade schon gesagt hast, wie der Schokoriegel nur mit „S c h“ aus Xanten, 38 Jahre alt. Und bewege mich nunmehr seit 2012 in der BierWelt, habe da immer irgendwie den Anschluss noch gehabt, aber war da noch nicht so tief drin wie jetzt. Und ich glaube, wir kennen uns mittlerweile seit 2015, wenn ich das richtig in Erinnerung habe?

Markus: Auf jeden Fall! Aber vielleicht vorher noch ein kleines Geheimnis lüften. Vielleicht kann der eine oder die andere gar nichts mit Xanten anfangen. Also für alle, die irgendwann mal Latein in der Schule hatten, klingt der Name natürlich ganz besonders. Aber wenn du vielleicht ein bisschen was sagen könntest: Wo ist das? Was kann man damit verbinden, was erlebt man, wenn man da groß wird?

Erik Schnickers: Xanten ist kurz vor der holländischen Grenze hier am Niederrhein. Xanten ist eine alte Römerstadt, wir sind das zweitgrößte Freilichtmuseum nach Berlin, wenn ich das richtig habe. Also eine historische Stadt mit sehr viel Römerpark, der Archäologische Park Xanten ist hier, vielen Sehenswürdigkeiten. Ich glaube, der Archäologische Park macht mittlerweile ein Viertel der ganzen Stadt aus. Wie ich immer sage, leben, wo andere Urlaub machen. Es lohnt sich, hier hinzukommen.

Markus: Tja, das klingt auf jeden Fall spannend. Wenngleich die Römer selber gar nicht unbedingt so die Bierfans waren, also haben sie wahrscheinlich eher Wein hinterlassen. Wie ist das so, bist du eher groß geworden mit Wein oder auch schon mit Bier?

Erik Schnickers: Nein, tatsächlich mit Bier absolut. Und hier aus der Region damals noch Diebels-Trinker, also Alt-Trinker. Damit sind wir alle groß geworden, so meine Generation. Das hat sich aber leider stark gewandelt.

Markus: Ja, hat sich stark gewandelt. Insgesamt natürlich auch die Bierwelt. Da greifen wir vielleicht schon mal ein bisschen vor. Du hast dann unter anderem Bier-Deluxe gegründet. Wie ist das, wie kommt man auf die Idee zu einer Zeit, wo das Ganze wirklich der Anfang eines möglichen Hypes vielleicht war, sich da so weit aus dem Fenster zu lehnen? Also wie entwickelt sich das, wie kommt man auf die Idee und was ist da so passiert?

Erik Schnickers: Das ist tatsächlich eine sehr interessante Geschichte und eigentlich hat der erste Gedanke schon 2006 angefangen. Ich habe Automobilwirtschaft studiert und habe mit einem Freund von mir an der Theke gesessen, ich habe damals immer eigentlich Weizenbier getrunken. Dann haben wir an der Theke gesessen und haben gesagt, wir müssten irgendwas anderes machen als Autos, irgendwas zusätzlich. Und dieser Gedanke hat uns während des Studiums immer weiter verfolgt. Der Guido ist dann noch nach Nizza und nach Miami gezogen. Wir haben uns trotzdem nicht aus den Augen verloren, haben immer wieder uns ausgetauscht. Und eigentlich ging’s immer, wenn wir da saßen, immer um das Thema, wir müssen irgendwas anderes machen außer Autos. Dann ist der Guido 2012 mit seinem Studium dann auch endlich mal fertig gewesen, kam nach Hause und hat im Prinzip gesagt „Jetzt weiß ich, was wir machen“ und hat mir dann direkt einen Link geschickt von ZDF Zoom, der hieß „Hopfen und Malz verloren“. Damals war eigentlich die Kernaussage, dass wir Deutschen zwar das Bierland Nummer 1 sind und auch sehr gute Biere machen, aber definitiv nicht kreativ sind in unserer Vielfalt. Dann habe ich mir das angeschaut und habe gesagt „Das ist die Idee“. Na ja, man hätte schon früher drauf kommen können. Wenn man die ganze Zeit beim Bier bespricht, dass man was anderes außer Autos machen soll, dann hätte das auch so naheliegen können. So war der Grundstein für Bier-Deluxe gelegt. Und dann ging‘s eigentlich auch sehr schnell. Im Mai hat mir der Guido diesen Link geschickt, im Juli war die Firma gegründet und am 18.10.2012 waren wir online mit 40 Bieren, glaube ich, damals.

Markus: Was damals schon eine ganz schöne Auswahl war. Vielleicht noch ganz kurz, der Guido war ein Studienfreund von dir oder ein Schulfreund, oder?

Erik Schnickers: Genau, Studienfreund. Wir haben beide Automobilwirtschaft studiert. Er kam halt aus der Nähe von Berlin und ich dann hier aus dem anderen Ende der Welt. Ja, da haben wir uns kennengelernt und sind da halt in Kontakt getreten.

Markus: Die Idee, das gleich online zu machen, war auch klar, oder hattet ihr vielleicht auch überlegt, eine Brauerei zu machen oder einen Laden oder irgendwie sowas?

Erik Schnickers: Tatsächlich war der Gedanke gar nicht da, dass wir irgendwie einen Laden oder sonst was machen. Dieses Thema Laden kam natürlich im Nachgang immer wieder mal auf, aber eigentlich war klar, wir machen was online. Irgendwie war die Zeit dafür da, der Guido war technisch auch immer sehr aufgeschlossen und war da auch gut unterwegs und hatte da auch seine Stärke. Von daher hat sich nie die Frage gestellt, ob wir ein Ladenlokal machen und schon gar keine Brauerei. Denn mittlerweile braue ich zwar ein bisschen nebenbei, aber damals war ich ganz weit weg von einem Brauer. Und ich würde auch immer noch nicht sagen, dass ich mich Brauer schimpfe, sondern ich braue hobbymäßig.

Markus: Tja! Apropos, also spätestens jetzt würde der Holger Durst bekommen. Der ist leider aktuell noch im Urlaub, deswegen sind wir zu zweit. Aber wir können trotzdem ein Holger-Gedächtnis-Bierchen aufmachen. Ich habe mir natürlich was ausgesucht und du hast dir bestimmt auch was ausgesucht. Vielleicht magst du mal anfangen, also sagen, was du dir für ein Bier ausgesucht hast, und das gerne auch schon mal aufmachen und mit uns verkosten.

Erik Schnickers: Sehr gerne! Also ein Holger-Gedächtnis-Bier trinke ich selbstverständlich gerne. Schade, dass er nicht mit dabei ist. Ich glaube, es ist ein wirklich schönes Bier, und zwar das Sierra Nevada Pale Ale.

Markus: Ein schönes und ein ikonisches Bier, würde man sagen, wenn man das direkt übersetzt.

Erik Schnickers: Ja, definitiv! Als du mir gesagt hast, bring dir doch ruhig ein Bier mit, eins, womit du was verbindest, da war der Blick eigentlich durch den Kühlschrank – ich meine, es sind genug Biere da -, aber relativ schnell beim Sierra Nevada. Aber letzten Endes ist dieses Pale Ale für mich der Inbegriff von Craftbier, so kann man schon fast sagen. Also war eins der ersten Biere, die ich probiert habe. Und es ist halt immer noch in meinem Kühlschrank. Also nicht das erste natürlich, sondern mittlerweile Charge x hoch n, so würde ich mal fast sagen.

Markus: Okay! Aber nichtsdestotrotz sind wir jetzt mal gespannt, was du dazu sagst, wie du es beschreibst. Lass uns mal ein bisschen teilhaben.

Erik Schnickers: Erstmal macht’s schon Spaß die Dose zu öffnen. Und diese orangene Farbe, fast Kupfer, finde ich super. Der Schaum ist wie immer toll. Ich habe extra dieses Pale Ale Glas, weil das Sierra Nevada schmeckt mir da extrem gut draus. Ist dafür einfach wie gemacht und da schießt dir direkt der Hopfen in die Nase, ohne aber direkt den Fruchtkorb, wie man so schön sagt, bei den ganzen Napas, da zu öffnen, sondern das ist ein Pale Ale, was zwar hopfig riecht, aber nicht so extrem fruchtig. Das finde ich sehr schön. Und man merkt so, ich würde das immer beschreiben, die Mischung aus dem englischen, also der Basis quasi, und dem amerikanischen Pale Ale. Das finde ich gut getroffen. Also das hat eine leichte Fruchtigkeit, aber ohne übers Ziel hinauszuschießen. Ansonsten würde ich jetzt erstmal sagen „Cheers!“.

Markus: Ja, absolut! Prost! Schauen wir mal, was du dann im Mund von diesem Pale Ale hast. Aber ich sage auch immer, das ist auch ein schönes Bier, was man quasi jeden Tag trinken kann, von dem man auch mal zwei oder drei trinken kann. Das überfordert einen nicht, aber es ist eben interessant und spannend und hat immer wieder neue Facetten. Also jedes Mal, wenn ich das trinke, entdecke ich wieder irgendwas, was ich vorher nicht so hatte. Und das finde ich auch sehr, sehr schön an diesem Bier.

Erik Schnickers: Absolut! Kann ich nur wiedergeben. Und auch der Geschmack, es ist einfach immer wieder ein Fest. Du hast wirklich so eine Knackigkeit, eine schöne Bittere. Und auch der Hopfen, der spiegelt sich da sehr gut wider. Aber ohne, wie du es gerade gesagt hast, zu überfordern. Es ist einfach ein rundes Bier. Es gibt eigentlich beim Bier keine wirklichen Allrounder, aber es ist schon fast ein Allrounder, weil du einfach tatsächlich den als Durstlöscher nehmen kannst, aber auch zum Genießen. Es ist wirklich einfach ein schönes Bier, anders kann ich es nicht sagen.

Markus: Wunderbar! Dann wünsche ich dir mal viel, viel Spaß mit deinem Bier und stell dir vielleicht noch eine Frage, bevor ich dann meins auch aufmache. Dann können wir mal virtuell anstoßen. Aber ich habe vorhin, als du so geschildert hast, so Craftbier und du und deine Erlebnisse und du kommst da so rein, da ist mir ins Gedächtnis gerutscht, ihr habt mal einen Werbespot von Bier-Deluxe gemacht. Und das war damals wirklich auch eine Sensation eigentlich, denn ihr habt Leute gezeigt, also mehr oder weniger ganz normale Menschen, die waren nackt, also man hat sie natürlich nur Oberkörper gesehen, und die haben dann jeweils verschiedene Craftbierer probiert. Und es ging darum, wie die reagieren, also den Gesichtsausdruck zu sehen, wie sie überrascht sind, wie sie vielleicht die Mundwinkel zusammenziehen, was da eben so passiert, wenn man neue Aromen, neue Geschmäcker und sowas erlebt. Konntest du das irgendwie nachvollziehen? War das bei dir persönlich vielleicht auch so? Oder wie seid ihr überhaupt auf diese Idee gekommen sowas zu machen?

Erik Schnickers: Als ich die Idee von dem Clip gehört habe, fand ich die total super. Schade, dass ihr mich gerade nicht durchgehend habt schmunzeln sehen können. Ich finde den immer noch mega. Und das beschreibt das Ganze sehr gut. Letzten Endes sind wahrscheinlich die Hörer vom Podcast alle tief in der Craftbier-Szene drin, aber wir dürfen nicht vergessen, dass draußen so viele Menschen noch unterwegs sind, die schon, ich sag mal, in manchen Teilen Deutschlands ein Kellerbier als Craftbier bezeichnen. Also eigentlich für andere Teile Deutschlands ein ganz normales Standardbier. Wenn man die an so ein Pale Ale, auch ein Sauerbier oder ich weiß nicht was ran setzt, oder noch viel schlimmer, dann quasi ein IPA oder ein Napa, wie man heute so schön sagt, und deren Reaktionen sieht, dann spiegelt das das immer noch wider. Man hat ab und zu Begeisterung, man hat Leute, die sich schütteln. Und deswegen, der ist immer noch, auch wenn er schon wirklich alt ist, topaktuell. Ja klar, auf jeden Fall. Ich finde, was der Clip auch ausstrahlt, dieses Oberkörperfreie, ich find‘s einfach immer noch mega. Das ist einfach so beschreibend. Und ein Freund von mir, der behauptet immer noch, ich hätte auch einen Part in diesem Video, und zwar der etwas kräftigere Mann mit dem Bart. Aber ich bin es nicht, nein.

Markus: Aber du könntest es sein. Ich meine, der schüttet sich am Ende das Bier sogar über seinen Kopf. Muss man auch sagen, das ist eine sehr spannende Geschichte. Aber vielleicht an der Stelle mal kurz, das war dann wirklich eine bundesweite Fernsehwerbung. Das finde ich jetzt auch eigentlich eine ganz schön krasse Sache, wenn man überlegt, ihr sitzt da zusammen, überlegt euch, wir gründen mal eine Firma. Dann gründet ihr eine Firma innerhalb von ein paar Monaten und dann auf einmal seid ihr bundesweit im Fernsehen. Wie ist das denn gelaufen? Kann man das einfach so machen oder wie kommt man auf so eine Idee?

Erik Schnickers: Kann man das einfach so machen? Ja und Nein. Natürlich könnte man das einfach so machen, aber das hat natürlich auch a) alles mit Geld zu tun. Da erzähle ich gerade, glaube ich, keine Geheimnisse. Der Anstoß kam von einem unserer Gesellschaft, dem Aaron, der ein sehr, sehr guter Freund von mir war und ansonsten auch das eine oder andere Online-Unternehmen hat. Und der hatte da schon Erfahrungen mit und dann hatten wir die Chance, das zu machen, was über ihn kam. Und dann haben wir gesagt „Die Chance müssen wir nutzen“. So sind wir dann quasi zu dieser Fernsehwerbung gekommen. Am Anfang hatten wir so ein paar andere Clips, die zwar auch nicht schlecht waren, aber man merkte so richtig, zu der Zeit war der Craftbier-Markt noch gar nicht so richtig beschrieben. Dadurch waren die Videos auch schwierig zu drehen, weil du wusstest in der Zeit gar nicht, wen du ansprechen musst. Wir haben welche, die waren auf Fußball ausgelegt, wir haben welche, die waren auf einen gemütlichen Abend, einen Dinner-Abend zwischen Mann und Frau ausgelegt. Und so ganz verschiedene Richtungen, auf Frauen ausgelegt, die sicherlich auch ein absolut wichtiger Markt sind. Also nicht nur ein Markt, sondern einfach ein wichtiges Publikum. Dieser Clip mit den oberkörperfreien Menschen, der hat es einfach auf den Punkt gebracht. Der war nun auch, ich glaube, ein Jahr später, ein oder zwei Jahre später, nachdem wir die anderen Clips alle hatten. Ja, der ist natürlich auch super angekommen. Kommt auch heute noch gut an.

Markus: Wir werden den auch in den Shownotes verlinken. Jetzt habe ich wirklich richtig Durst bekommen, muss ich sagen. Gerade wenn du über Frauen redest, macht der Holger natürlich auch immer gerne, deswegen also auch von mir ein Holger-Gedächtnis-Bier. Ich mach‘s mal auf.

Erik Schnickers: Ist auf jeden Fall eine Dose.

Markus: Auf jeden Fall auch eine Dose. Ja.

Erik Schnickers: Das hört sich ja fernsehreif an.

Markus: Mittlerweile hat man ja Übung. Wir haben fast die 100. Folge BierTalk. Die Leute fragen immer, ob wir da irgendwelche Sounds reinschneiden oder sonst was. Nein, das ist alles wirklich authentisch. Man bemüht sich halt, da dann irgendwie auch akustisch rüberzukommen. Mal kurz zu dem Bier, vielleicht beschreibe ich es erst und sage dann, was ich da habe. Also im Glas habe ich eine richtig schöne ockerbraune Farbe. Es ist relativ trüb, es scheint so ein bisschen durch. Heute scheint auch die Sonne, und die kommt jetzt gerade hier noch so ein bisschen durch mein Fenster und kommt eben genau in das Glas. Dann schaut das ein bisschen so aus, als würde da die Sonne untergehen. Wunderbar! Obendrauf steht ein schöner, richtig fester weißer Schaum. Jetzt rieche ich da mal rein. Wir haben ganz viele fruchtige Noten, also wesentlich mehr sicherlich als bei dem Sierra Nevada Pale Ale. Da sind ganz viele so Papaya, Mango, Ananas, Litschi, also ziemlich viele verschiedene tropische Früchte. Ich probiere das mal. Ja, es geht los, man hat erstmal diesen fruchtigen Eindruck, dann kommt so ein bisschen brotig, karamellig, und das geht dann über in eine ziemlich intensive Bittere, die sehr, sehr lange anhält, aber nicht überbordend ist, also ganz angenehm ist. Also ein schönes Bier. Es handelt sich um ein IPA, und der Name heißt GranIPA. Das spielt so ein bisschen mit dem Namen der Brauerei. Die Brauerei ist nämlich Granizo, die kommt aus Chile. Da war ich vor zwei, drei Jahren mal bei einem Bierwettbewerb und habe dort unter anderem eben auch Biere bewertet. Wir sind ein bisschen rumgefahren, haben dann auch diese Brauerei besucht. Und ich habe sie damals kennengelernt wirklich als Spezialisten für holzfassgereifte Biere, für Sauerbiere. Also die machen ganz viele Biere eben in vorbelegten Fässern. Es gibt ja viel Wein auch in Chile zum Beispiel und Spirituosen. Und sie haben auch ein spannendes Projekt, wo sie mit dem Chicha Bier, das ist dieses einheimische Urbier dort, experimentieren. So waren die mir im Gedächtnis geblieben. Und vor ein paar Tagen hatte ich Besuch von Freunden aus Chile, die mir Biere mitgebracht haben. Da war jetzt eben unter anderem auch ein IPA von denen dabei. Und das hat mich jetzt wirklich sehr interessiert, wie eben Jungs, die eigentlich in einer völlig anderen Ecke unterwegs sind, nämlich bei sehr, sehr starken, sauren und Barrel Aged Bieren, was die machen, wenn man jetzt sagt „Macht doch mal ein IPA“. Das haben sie wirklich gut hinbekommen, also sehr extrem in der Aromatik, aber gut noch trinkbar. Es hat immerhin 7,5 % Alkohol, also da haben sie schon auch zugegriffen, sage ich mal. Aber wirklich eine sehr, sehr schöne angenehme Geschichte, sehr würdig für unseren BierTalk. Und ich sag doch einfach mal „Prost!“.

Erik Schnickers: Prost! Hört sich auf jeden Fall so an, als müsste man das trinken.

Markus: Oh ja! Auf jeden Fall! Wenn man es denn bekommt. Das ist auch nicht so einfach. Da sind wir vielleicht nochmal zurück bei eurem Shop. Also du hast gesagt, ihr habt mit 40 Biersorten angefangen. Das reicht wahrscheinlich nicht. Wenn man dann bundesweit in die Werbung geht, da bestellen dann doch vielleicht drei oder vier Leute und die wollen vielleicht auch mehr als 40 Biere haben. Gab‘s denn da nicht Herausforderungen, wo ihr am Anfang gar nicht damit gerechnet habt, was dann so auf euch zugekommen ist und wie löst man das dann?

Erik Schnickers: Es gab wirklich tausende von Herausforderungen, von anstrengenden bis schönen Geschichten. Als erstes ist natürlich die Frage, wie kriegst du es innerhalb von Deutschland überhaupt in dein Lager, was letzten Endes quasi, ich glaub, die Scheune von Guidos Oma war am Anfang. Und wie kriegst du es dahin? Der Logistiker fragte „Wo ist denn die Rampe, wo wir ranfahren können?“. Die ist natürlich nicht da, die hatten wir natürlich nicht. Du hast Menschen, die fragen, ob sie deine Betriebsstätte besichtigen können, weil sie denken, sie kriegen eine Brauereiführung. Also das sind so mal nur zwei kleinere, aber ganz lustige Sachen. Aber einfach, wie gesagt, der Transport macht das Ganze sehr, sehr kompliziert. Teilweise haben wir die Sachen selber eingesammelt, weil du natürlich Kleinstmengen bestellst bei den Brauereien. Das sind nur so anfängliche Themen, die man dann ganz einfach hat. Wir sind dann auch recht schnell sehr gewachsen, damals war der Markt oder beziehungsweise war die Konkurrenz einfach gar nicht so extrem groß. Es gab einfach gar nicht so viele. Von daher sind wir sehr, sehr schnell gewachsen, auch durch die Fernsehwerbung. Dann musst du einfach nachziehen. Das Schwierigste war, glaube ich, und die größten Fehler haben wir gemacht, weil es einfach gar keinen Markt gab. Aber dann ist die Frage, ist ein Fehler dann überhaupt ein Fehler oder einfach ein Feststellen von Themen, die da sind? Letzten Endes haben wir die einfach gemacht und auch gemeistert. Es gibt ganz viele spannende Themen, die da sind. Da können wir, glaube ich, mehrere Podcasts draus machen.

Markus: Okay! Das können wir durchaus. Vielleicht so dein Highlight-Thema, wo du dich immer dran erinnern wirst, wo du dir heute noch an die Birne fasst, was da so schiefgegangen ist?

Erik Schnickers: Was da schiefgegangen ist, ein Highlight-Thema?

Markus: Na ja, oder eine Erkenntnis oder so. Kann auch was Gutes sein.

Erik Schnickers: Was immer wieder wehtut, ist, wenn man hört, eine Palette ist umgekippt. Das tut immer weh, das zieht komplett durch den Körper und man leidet richtig mit. Das sind so Themen, die man dann halt mal hat. Oder mit der Staplergabel ins Tor reinfahren, weil man da eine Abkürzung kennt, die man eigentlich gar nicht fahren sollte. Das sind so Highlight-Themen. Ich glaube, die schönen Themen sind eher dann sowas wie, dass man einen Anruf kriegt und sagt so „Hey! Habt ihr Stella Artois da?“. Und dann heißt das so „Ja, wie viel denn?“, „Wieviel habt ihr?“, „Ja, 200.“, „Ja, dann alle. Fakt ist nur, die müssen morgen in Nürnberg sein.“, „Okay warum?“, „Wir sind für die und die Band unterwegs und wenn die kein Stella haben, spielen die keinen Ton.“. Das sind so ganz witzige Geschichten. Haben wir halt auch geschafft. Die Band hat heutzutage ein eigenes Bier, aber das sind so Highlights, die man dann halt auch zwischendurch hat und das macht das Ganze auch irgendwie spannend und witzig. Dass wir das damals schon mit zwei Mann geschafft haben, die einfach quer durch Deutschland verteilt sind dann auch noch, das war schon cool. Also das war wirklich schön.

Markus: Klingt super. Ihr habt dann also nicht nur was für die Bierwelt getan, sondern auch für die Musikwelt. Das ist natürlich auch schön.

Erik Schnickers: Wenn die nicht aufgetreten wären, dann hätten wir echt ein Thema gekriegt.

Markus: Das kann ich mir echt gut vorstellen. Das hat natürlich für dich auch bedeutet, denke ich mal, dass du auf einmal ganz, ganz viele Biere probieren musstest, konntest, wolltest, wie auch immer. Also wie erlebt man das denn, wenn man praktisch so einen unendlichen Zugriff hat? Und muss man sich da irgendwann auch mal ein bisschen am Riemen reißen? Wie geht das denn so?

Erik Schnickers: Völlige Überwältigung am Anfang. Ich hatte so ein Schlüsselerlebnis tatsächlich mit einer unserer ersten Brauereien, die auch immer noch eine meiner Lieblingsbrauereien ist, dem Brauhaus Faust. Wir haben damals mit dem Cornelius Faust eine Führung durch seine Brauerei gemacht und dann auch viele Biere verkostet. Und ich war total überwältigt und habe danach zu ihm gesagt „Boah! Cornelius, ihr habt so viele gute Biere und was trinkst du denn am liebsten?“. Dann sagt er so „Mein Pils“. Und ich so „Wie?“. Also passte gar nicht in meine Welt. Ich sage „Wieso?“. Und keine Ahnung, und dann hat er es mir erklärt. Das kann ich mittlerweile sehr gut nachvollziehen. Er sagte „Na ja, wenn du einen Abend hast und du trinkst ein Bier, dann willst du natürlich herumexperimentieren, dann probierst du. Aber wenn du auch auf einer Veranstaltung bist oder sonst wo oder halt auch mal drei, vier, fünf Biere trinkst, dann bist du mit einem Pils einfach besser aufgehoben. Weil ansonsten überwältigt dich irgendwann der Geschmack.“. Das kann ich nur wiedergeben. Dennoch kombiniere ich nach wie vor sehr gerne. Das macht mir immer noch extrem viel Spaß. Deswegen habe ich eigentlich meistens nie mehr als irgendwie vier oder fünf die gleichen Biere auf Lager und probiere einfach immer noch gerne durch. Am Anfang möchte man natürlich noch viel mehr, als man trinken sollte. So sagen wir das mal. Aber nach einer Zeit lässt das auch ein bisschen nach. Also immer noch, (unv. #00:18:56.9#) die Lust am Probieren definitiv nicht, aber man hat da nicht den Druck hinter, weil man weiß irgendwann, es kommt genügend nach, so dass man da keine Verknappung hat. Und deswegen, mir macht‘s immer noch Spaß. Du weißt das, ich glaube, ich bin immer für neue Sachen zu begeistern. Aber ich schätze auch die Tradition, deswegen halt so ein Sierra Nevada Pale Ale, denn das werde ich irgendwie nicht leid.

Markus: Da hat auch deine Umwelt davon profitiert, denke ich mal, oder? Gewinnt man neue Freunde, wenn man so einen Bierladen hat?

Erik Schnickers: Na ja, ob man neue Freunde gewinnt, weiß ich nicht. Aber da erzähle ich auch immer ganz gerne von meinem Freundeskreis. Die waren am Anfang sehr skeptisch, haben mir den Vogel gezeigt und auch gefragt „Wer bestellt denn Bier online?“. Und die größten Kritiker, die bestellen mittlerweile die verrücktesten Sachen und sind da auch immer wieder froh, wenn ich neue Sachen im Kühlschrank habe. Ich habe es aber auch echt durchgezogen und das spiegelt auch so ein Stück weit den Craftbier-Markt wider. Ich habe so einen Getränkekühlschrank, so einen 180 Kühlschrank immer im Wohnzimmer gehabt und habe dann einfach meine Freunde wild durchprobieren lassen, habe sie ein bisschen angeleitet. Aber am Anfang vor allem gar nicht viel, mittlerweile weiß man etwas mehr, was denen schmeckt. Die haben vieles getrunken, was denen nicht geschmeckt hat, was ich dann entweder zu Ende getrunken habe oder weggekippt wurde. Und dadurch haben die aber auch eine gewisse Offenheit gekriegt. Wie gesagt, man weiß mittlerweile, was denen auch gefällt. Der eine trinkt halt super gerne Pale Ale IPA, der nächste geht halt eher so in die malzige Richtung und Richtung Dunkel und Bockbiere. Und den nächsten kann ich wiederum mit Barrel Aged abholen. Das macht dann die Vielfalt aus. Die sind wirklich nicht böse, dass mein Kühlschrank immer noch gut gefüllt ist. Aber es war ein langer Weg.

Markus: Das würden Freunde von mir wahrscheinlich auch sagen. Ja.

Erik Schnickers: Und ein teurer übrigens.

Markus: Und ein teurer, das stimmt. Ohne jetzt zu viel Eigenwerbung machen zu wollen, aber du hast dann dich auch noch entschlossen, ein bisschen mehr Know-how drauf zu setzen und hast die Ausbildung zum Biersommelier gemacht. Wie hat dich das denn so ereilt und wie hast du das erlebt?

Erik Schnickers: Wie hat mich das ereilt? Einerseits, ich habe mich immer ein Stück weit gewehrt, den Biersommelier zu machen, weil man auch nicht immer mit dem einen oder anderen die positivste Begegnung hatte. Ich finde das immer schade, wenn jemand, der einen Biersommelier hat und dann einem Braumeister erzählt, wie sein Bier eigentlich zu schmecken hat. Das finde ich immer schwierig. Deswegen habe ich mich da einerseits ein bisschen gegen gewehrt und andererseits war es natürlich für mich in der Vergangenheit aufgrund meiner beruflichen Laufbahn nicht unbedingt möglich, zwei Wochen am Stück den Biersommelier zu machen. Da kamen mir zwei Sachen zugute, einerseits dann halt das Thema, dass es sehr stark auf online ging, und zweitens, dass ich mit der Deutschen BierAkademie halt letzten Endes auch jemanden gefunden habe, der im Prinzip so einen Großteil meiner Interessen am Biersommelier auch widerspiegelt einfach und nicht zu sehr technisch wird. Weil das ist auch schön, das ist auch schön, das zu wissen, aber ich finde, das ist für mich jetzt persönlich der zweite Step. Ich möchte halt nicht tiefer ins Brauen oder sonst wie reingehen, sondern die Biergeschichte, das interessiert mich sehr und wo es herkommt und wie da eigentlich die Themen sind. Das hat mich halt fasziniert. Dann kam eins zum anderen. Das eine, dass ich beruflich da ein bisschen weiter umgeschwenkt bin und jetzt natürlich auch noch mehr im Thema Bier drin bin. Dann war das für mich ein absolut logischer Schritt und ich habe mich tierisch drauf gefreut. Das ist, glaube ich, kein Geheimnis, dass ich immer noch sehr an der Gruppe hänge, genauso wie, glaube ich, das Miteinander in der Gruppe halt immer noch gegeben ist und ich mich immer tierisch freue, wenn ich die live treffe, so wie letzte Woche in Hamburg. Das hat mir echt viel Spaß gemacht. Ich kann das jedem nur empfehlen, und das war für mich eine tolle Erfahrung und einfach ein super Schritt. Ich fühle mich da total wohl mit und mir macht das echt Spaß und ich verstehe viele Sachen tatsächlich besser. Also ich sag nur Stichwort belgische Biere.

Markus: Wie gesagt, es soll keine große Eigenwerbung sein, aber ich finde es trotzdem ein spannendes Thema und würde die Fragen auch stellen, wenn du das woanders gemacht hättest. Was ich so interessant finde, ist halt auch dieses Erlebnis online. Das war vorher eigentlich gar nicht wirklich auf dem Schirm, glaube ich, und durch die Pandemie wurden wir mehr oder weniger dazu gezwungen, solche Formate zu entwickeln und auch offen zu sein, die wirklich anzugehen. Ich war am Anfang selber auch sehr skeptisch: Funktioniert das? Ist das dann für die Leute so, als würden sie ein Video anschauen? Lernen die sich überhaupt kennen? Oder ist das dann eher so, ja, ich mach da halt irgendwie mit, damit ich irgendwie einen Titel bekomme oder so? Und war dann wirklich auch extrem überrascht, wie intensiv die Beziehung gewachsen ist zwischen den Teilnehmern. Das ist wirklich was, was mich selber eben absolut und auch absolut positiv überrascht hat. Und das würde mich auch interessieren: Wie hast du das erlebt? Ist das was, was mit der Zeit wächst, oder ist das schon am Anfang da? Und wie ist das dann, wenn der Kurs aus ist? Also wie entstehen solche Bindungen, wenn man sich ein halbes Jahr lang trifft, aber nie wirklich gegenübersteht?

Erik Schnickers: Ich habe es mir am Anfang auch etwas schwieriger vorgestellt tatsächlich. Ich glaube, unsere Gruppe hat sehr gut auch schon am Anfang zueinander gefunden, jetzt unabhängig von den einzelnen Beziehungen, die sich natürlich irgendwann noch festigen. Man findet da immer dann irgendwie Leute, die gleicher ticken noch mal als sowieso schon tun. Also wo einfach die Beziehung noch mal ein bisschen intensiver wird. Ich hätte es mir gar nicht so vorgestellt, dass das so möglich ist online. Das ist wirklich gut geworden bei uns in der Gruppe. Wie gesagt, ich habe den Anspruch an mich selber, dann auch noch mal mindestens 90 % der Menschen kennen zu lernen. Ich bin sehr überrascht, dass mein Bild aus den Onlinekursen auch mit dem übereinstimmt, was sich dann tatsächlich im normalen Leben dann halt auch, wenn man die live tritt, auch widerspiegelt. Der eine oder andere ist enttäuscht, das musste ich dann auch schon am eigenen Leib kennenlernen und erfahren, wo die Regine einfach zu ihrem Freund sagt so „Also ich dachte immer, der Erik wäre größer. Die haben doch gesagt, der ist größer. Also das kann doch gar nicht sein.“ Ja, ich bin leider nicht größer als, ich bin keine zwei Meter. Das war halt ganz witzig auch, wir haben darüber gelacht. Aber das sind halt so Sachen, die man vielleicht dann nicht unbedingt so auf dem Schirm hat, die sich dann im Nachhinein rausstellen. Aber generell die Leute, die ich da kennengelernt habe, also online, und wenn ich sie jetzt im wirklichen Leben am Telefon habe oder mit denen spreche oder die halt auch in live treffe, das überschneidet sich. Also man kriegt doch mehr mit von den Menschen als man erwartet. Wenn man mich persönlich fragt „Was ist besser, online oder Präsenz?“, ich glaube, die Wahrheit liegt am Ende des Tages in der Mitte. Ich glaube einfach, dass dieses Online-Thema für viele auch die Chance gibt, überhaupt erst mal einen Biersommelier zu machen. Weil man darf nicht vergessen, zwei Wochen unterwegs zu sein, sich da auch noch eine Unterkunft zu suchen, das ist einerseits natürlich ein finanzielles Thema und andererseits auch ein Thema von Urlaub beziehungsweise, wenn man Familie da mit unterbringen muss. Da denke ich mal, dieser Mittelweg aus Online- und einem Präsenz-Teil, der eine angemessene Zeit hat, das fände ich, glaube ich, da liegt einfach die Zukunft. Das ist meine Meinung dazu.

Markus: Ja, ich finde auch. Also da hat sich einfach wirklich vieles verändert und auch den Blick der Gesellschaft auf so etwas verändert und auch die Akzeptanz vielleicht irgendwie geschaffen. Das ist doch auf jeden Fall cool. Was mich noch interessieren würde, so als letzter Punkt: Du bist auch selber Hobbybrauer, würdest du, glaube ich, sagen. Wobei du schon vom Equipment her fast schon ein bisschen professioneller unterwegs bist, mittlerweile. Wie hat sich das denn entwickelt? Und was hast du da schon so alles zusammengebraut?

Erik Schnickers: Das war tatsächlich auch das Thema Zeit einfach. Ich hätte gar nicht gewusst, wann ich es früher machen soll. Mir war klar, dass das wirklich eine schöne Sache ist, dass Brauen eine schöne Sache ist, man hat mit den Rohstoffen zu tun. Ich finde einfach dieses Riechen, Schmecken, das Erleben und dann halt auch selber was zu machen, finde ich superspannend. Mein allererstes war ein klassisches niederrheinische Alt. Allerdings muss ich dazusagen, ich habe das zusammen mit dem Zapfanlagendoktor gemacht, der auch hier in Xanten sitzt, und der mir das das erste Mal dann auch gezeigt hat. Wir haben den Nachguss vergessen, das heißt, das hatte ordentlich Power das Bier. Also für nicht so Geübte war das schon ein Brett. Aber es war unheimlich lecker. Dann IPAs habe ich gemacht, Roggen Pale Ale habe ich letztes Mal gemacht. Das ist natürlich schon ein bisschen tricky vom Läutern her. Und ansonsten habe ich halt sehr viel Alt da, weil ich das immer noch hier als Niederrheiner gerne sehe, und habe da ein relativ traditionelles gemacht. Das schmeckt den meisten Leuten, darf ich sagen. Ein Weizenbier, also so ein bisschen rumprobiert, aber noch mal mehr Basis. Also ich kann da definitiv noch tiefer rein, aber das war auch schön so bei unserem Onlinekurs, wir haben wirklich zwei, drei Hobbybrauer dabei, wo man schon die Frage stellen muss „Sind das noch Hobbybrauer oder sind das schon eher Brauer?“. Denn die Jungs sind wirklich fit und da kann man sich immer gute Tipps holen. Wie mein Freund Axel immer sagt „Na ja, Bier wird’s immer.“.

Markus: Das stimmt natürlich. Genau! Da schließt sich fast so ein bisschen der Kreis. Also da sind wir wieder in Xanten angekommen. Wie würdest du denn da die örtliche Bierwelt beschreiben? Was trinken Leute da gerne? Wann trinken die Bier? Was ist so das klassische Trinkverhalten? Wie muss man sich das vorstellen?

Erik Schnickers: Es kommen so langsam regionale Brauereien, und die machen ihren Job tatsächlich gut. Was schwierig ist, ist die Akzeptanz, dass es dann einfach nicht zum Preis für einen Kasten von 8,99 angeboten werden kann. Das ist hier noch ein richtiger Kampf. Das sehe ich in anderen Regionen, also bei euch in Franken finde ich das total super, dass die da sagen „Hier, der Kasten kostet 17,50 oder sonst was.“. Hier noch fast undenkbar. Es gibt so ein paar Liebhaber, also da gibt’s noch ganz viel Aufbauarbeit zu leisten. Ich sag das mal ganz ehrlich: Wir dürfen, glaube ich, in Marken sprechen ohne zu werten. Aber wenn man hier am Niederrhein ist, es gibt halt Diebels, was auch nicht mehr das klassische Alt ist, was es früher ist, und dann hat man halt Köpi, Bitburger, Warsteiner. Und wenn man gerne mit Bier rumexperimentiert, dann ist das hier sehr eintönig. Wenn ich da zwischen entscheiden muss, dann ist es einfach keine Vielfalt in dem Sinne. Jetzt unabhängig davon, ob man das vielleicht auch zwischendurch mal gerne trinkt. Da ist man schon froh, wenn anstelle von Erdinger mal ein Benediktiner halt da ist. Also da ist noch viel Arbeit und noch viel Luft nach oben. Aber da können wir dann jetzt mithelfen. Ich bin dabei.

Markus: Das ist doch eine gute Idee. Ich denke, der Holger hätte jetzt wahrscheinlich wieder eine Geschichte erzählt, wie er dann immer einfach rübergefahren ist nach Holland oder nach Belgien, um sich dort zu versorgen. Ist das bei euch auch an der Tagesordnung?

Erik Schnickers: Nach Holland und nach Belgien eher nicht, weil die Leute, wie gesagt, noch bei den Craftbieren, so nenne ich sie jetzt mal, oder bei den belgischen Bieren noch nicht so offen sind. Wer regelmäßig nach Holland rüberfährt und ein IPA kennt, der macht das sicherlich, der holt sich dann schon mal auch gerne mal ein Lagunitas rüber, wo ich auch ein Riesenfan von bin. Oder andere Sachen, die Holländer sind da definitiv ein bisschen weiter. Aber es ist noch sehr vereinzelt. So langsam kommen aber Trinkgut, Trink & Spar, und wie die Getränkemärkte alle heißen, so ein bisschen in die Craftbier-Welt. Das finde ich auch gut so. Dadurch schafft das auch ein bisschen Offenheit. Aber ich finde, wir sind hier noch ganz weit, weit, weit weg von anderen Regionen, wo es einfach schon wirklich viel mehr Vielfalt gibt. Also da müssen wir noch was tun. Und ich arbeite dran.

Markus: Wunderbar! Und der Anfang ist gemacht. Also immerhin, es gibt Bier und Leute, die trinken gerne Bier, und darauf kann man auf jeden Fall aufbauen. Also in diesem Sinne …

Erik Schnickers: Absolut!

Markus: … sage ich ganz, ganz herzlichen Dank für deine Zeit und für den Einblick in eben so die Welt eines Bier-Entrepreneurs, würde man wahrscheinlich heutzutage sagen. Ich wünsche dir noch ganz viel Erfolg natürlich auf deinen Bierwegen. Und wir werden sicherlich weiter in Kontakt bleiben und noch das ein oder andere Bierchen zusammen trinken. Bis dahin! Danke schön! Auf Wiederhören und auf Wiedersehen!

Erik Schnickers: Vielen Dank! Es hat Spaß gemacht. Ich freue mich aufs nächste Mal.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 29 – Interview mit Marcus Braun von Radio Primaton in dessen Sendung „Auf einen Kaffee mit…“

Am 14.8. war Markus Raupach Studiogast in der Sendung „Auf einen Kaffee mit…“ von Radio Primaton aus Schweinfurt. Moderator Marcus Braun entlockte ihm dabei zahlreiche Geheimnisse rund um das Bier, die BierAkademie und seinen Lebensweg. Wir wollen Euch dieses spannende Gespräch in Form eines BierTalk Spezial nicht vorenthalten und wünschen viel Hörvergnügen…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

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BierTalk Spezial 28 – Interview mit Alexander Maier von der Bock’s Corner Brewery in Vaasa, Finnland

Alexander Maier fand durch einen glücklichen Zufall zum Thema Bier und vertiefte seine neue Leidenschaft dann auch gleich mit dem Braumeisterstudium in Weihenstephan. Dort lockte nicht nur der Gerstensaft, sondern auch eine holde Maid aus dem hohen Norden, heute seine Ehefrau. Über mehrere Stationen in Deutschland gelang es Alex schließlich, bei einem neuen bzw. wiederbelebten Brauereiprojekt in Finnland anzuheuern und so die Bock’s Brauerei in Vaasa mit aufzubauen. Im BierTalk erzählt er von seinen umfangreichen Erfahrungen im Land des heißen Sauna-Gluthauches und die beste Überlebensstrategie für einen deutschen Einwanderer, Care-Pakete…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute mal wieder oder nochmal wieder ein Special. Wir sind viel unterwegs und jetzt tatsächlich nochmal in fernen Gefilden, nämlich im hohen Norden. Und haben da auch einen spannenden Gast. Wo wir sind und wer das ist und so, werden wir gleich noch erfahren. Vorher am Mikrofon wie immer der Markus und …

Holger: … der Holger.

Markus: Ganz genau! Unser Gast heißt Alexander Maier. Alex, vielleicht magst du zwei, drei Takte zu dir selber sagen und vielleicht das Geheimnis lüften, wo wir sind.

Alexander Maier: Geheimnisumwobenes Finnland, ich bin in Finnland. Ich selber bin in Vaasa, der Markus sitzt in Helsinki bei einem Bierfestival. Ich kann gerne ein paar Worte zu mir selber sagen. Mein Name ist Alexander Maier, ich bin Diplom-Ingenieur für Brauwesen und Getränketechnologie. Ich habe in Weihenstephan studiert, klassische Ausbildung zum Ingenieur. Habe dann ein bisschen bei Paulaner gearbeitet, meine Diplomarbeit da geschrieben. Danach war ich 3,5 Jahre bei Krombacher als Produktentwickler. Dann, wie es der Zufall so will oder auch nicht Zufall, bin ich nach Finnland gegangen. Aus dem einfachen Grund, weil meine Frau Finnin ist, und die ist hier aus der Gegend, heißt aus Kristinestad, was 100 Kilometer südlich von Vaasa ist. Da braue ich jetzt seit circa sechs Jahren fröhlich vor mich hin in einer kleinen Gasthausbrauerei sozusagen. Das ist eine 10-Hektoliter-Anlage. Ursprünglich aufgewachsen bin ich in Hann. Münden, das ist zwischen Göttingen und Kassel. Das heißt, jeder, der auf der A7 mal langgefahren ist, kennt das bestimmt. Das ist so die kurze Vorstellung meinerseits.

Markus: Ja, eine kurze, aber sehr spannende Vorstellung. Vielleicht nochmal zum Einordnen, Finnland ist ein sehr großes Land und vor allem auch ein sehr weit ausgedehntes Land und Vaasa ist so ungefähr in der Mitte, würde ich sagen, und liegt dann eben an der Küste, so gegenüber von der schwedischen Küste. Da werden wir bestimmt auch gleich noch ein bisschen erfahren, wie das da so ist. Vielleicht eine Frage, bevor wir dann so langsam zum ersten Bier kommen …

Holger: Markus, da muss ich jetzt direkt einschreiten, weil als alter Marinesoldat und Ostseefahrer, also muss doch jeder wissen, also ihr fahrt sozusagen auf die Ostsee und dann seht ihr so Schweden und Norwegen da so runterkommen und rechts ist so das Baltikum und dann kommt Finnland und dann kommt der Bottnische Meerbusen. Und da liegt dann Vaasa. So muss man das erklären.

Markus: Genau! Also am Busen …

Holger: (unv. #00:02:55.8#) so ein komischer Oberfranke, aber Busen ist ja wieder was für dich, wie man dich so kennt.

Markus: Da geht das Kopfkino doch gleich wieder an. Nein. Apropos, aber nichtsdestotrotz hattest du dann deine Freundin quasi vorher schon in Deutschland gefunden oder wie kam das?

Alexander Maier: Ja, ja, die war da schon in Deutschland. Die hat in Freising, wo ich grad noch studiert habe, hat die ihr Sprachpraktikum gemacht. Und wie du sicherlich weißt, gibt’s in Freising den ein oder anderen Dialekt.

Markus: Oh ja!

Alexander Maier: Und inmitten dieser Dialektfülle war ich einer der wenigen, der Hochdeutsch gesprochen hat und mich mit meiner damaligen oder beziehungsweise mit der jetzigen Frau verständigen konnte. Da wurde aus dem Hochdeutsch, einem ganz normalen Gespräch wurde dann eine Beziehung. Dann hat es erst ein bisschen Fernbeziehung gehabt. Sie ist gelernte Deutschlehrerin, arbeitet jetzt aber mit was komplett Anderem. Deswegen war sie dann in Freising bei IHS und hat da ihr Sprachpraktikum gemacht.

Markus: Hast du dann jetzt auch Finnisch gelernt?

Alexander Maier: Finnisch, muss ich sagen, ist eine recht komplizierte Sprache. Meine Frau ist zweisprachig aufgewachsen, das heißt, in Finnland gibt’s eine Minorität, 5 % der Finnen sind schwedisch-sprachig und sie spricht auch schwedisch. Also Schwedisch habe ich schon gelernt und hier in Vaasa gibt’s ungefähr gleich 30 % Schwedisch-Sprachige. Und alles, fast alles geht auch auf Schwedisch. Schwedisch habe ich schnell gelernt, das ist recht nah am Deutschen. Finnisch, muss ich sagen, ist schon sehr kompliziert. Brauche ich in meiner täglichen Arbeit auch nicht unbedingt, weil ich glaube ziemlich jeder Finne kann auch Englisch. Da hat sich das so ein bisschen erübrigt bis jetzt. Mal gucken, ob das noch klappt. Was wir gemacht haben, ist, unsere Tochter auf einen finnisch-sprachigen Kindergarten zu schicken, damit sie das lernt. Aber auch sie hat es noch nicht geschafft, mir das ordentlich beizubringen. Ja, wirklich schwere Sprache, muss ich sagen. Ein bisschen angefangen zu lernen. Wenn man seinen Alltag in Schwedisch und Englisch, teilweise auch Deutsch hier auch verbringen kann, erübrigt sich dann so ein bisschen das Finnische. Ich glaube, wenn ich weiter im Landesinneren wohnen würde, würde es noch viel, viel eher gehen, das zu lernen. In dem Fall bleibe ich erstmal beim Schwedischen.

Markus: Auf jeden Fall lustig, dass deine Tochter dann eine Sprache kann, die ihr beide nicht könnt. Finde ich auch sehr, sehr witzig. Holger, du alter Marinesoldat, bist du denn da schon mal angelegt und hast du da irgendwelche Bordsteinschwalben gefunden?

Holger: Nein, also ich kann sagen, wir waren öfter in Schweden und da habe ich auch nette Damen kennengelernt. Aber ich war auch schon mal in Helsinki, aber dann nicht als Marinesoldat, sondern später als Nutzfahrzeug-Mann. Aber Finnland kenne ich überhaupt nicht gut. Also ich kenne eigentlich nur Helsinki und sonst nichts. Aber den Teil eben dieses Meerbusens kenne ich nur von schwedischer Seite. Und das war immer sehr gut, weil bei uns war das so, wenn dann der Kommandant, wenn wir Landgang hatten, war immer die Frage, wird jetzt erste Geige weiß oder erste Geige blau befohlen? Erste Geige weiß, das war halt so, also da sah man schon ziemlich schnieke aus so. Na ja, und dann lief es halt besser, also wenn ihr versteht, was ich meine. Aber lasst uns da nicht weiter drauf eingehen, es ist auch schon so wahnsinnig lange her. War aber eine tolle Zeit.

Markus: Spannend, spannend, spannend! Vielleicht, Alex, noch eine Frage: Wie kamst du überhaupt zum Thema Bier? Also wenn man da im Norden in Deutschland aufwächst, ist nicht unbedingt sofort Bier die erste Wahl, oder doch? Wie war das bei?

Alexander Maier: Purer Zufall, muss ich sagen. Ich habe damals, wo ich fast fertig war mit dem Abi, man orientiert sich ein bisschen, was will man machen, dann geht man zu etlichen Unis und schaut, was es so alles gibt. Im Endeffekt hat mich dann aber doch nichts so doll angesprochen, dass ich sofort angesprungen bin. Da habe ich durch Zufall in der FAZ einen Artikel über eine Frau gelesen, die hat eine Ausbildung und danach das studieren wollte. Habe ich gesagt „Aha! Das kann man studieren.“. Das weiß ja auch nicht jeder, dass man Brauwesen studieren kann. Und dann habe ich mich da ein bisschen reingelesen. Das hat sich sehr gut angehört, ein bisschen Naturwissenschaften, also im Endeffekt ein bisschen von allem war in diesem Studiengang möglich. Und dann, bevor man anfängt zu studieren in Weihenstephan, muss man natürlich ein Praktikum absolvieren. Und dieses Praktikum habe ich in der Martini-Brauerei Kassel absolviert. Und da hat es mich halt sofort gepackt. So Bier getrunken hatte ich schon vorher gerne, sonst geht man, glaube ich, auch nicht in die Richtung. Aber dieses Praktikum in der Martini-Brauerei Kassel, das hat mich dann so beeindruckt, dass ich gesagt habe „Okay! Das will ich machen.“. Und dann habe ich mein Studium angefangen in Weihenstephan.

Markus: Und apropos anfangen, wir sollten auch mal anfangen, was zu trinken. Vielleicht lassen wir dir mal den Vortritt. Was hast du dir denn von deinen Bieren geholt?

Alexander Maier: Ich habe mir etwas geholt, was auf der einen Seite sehr bayerisch ist, aber auf der anderen Seite auch sehr finnisch. In Finnland gibt’s das sogenannte Sahti. Das Sahti ist im Endeffekt ein mit Brothefe, also mit Bäckereihefe vergorenes Getränk. Auf Englisch sage ich immer Finnish Super Drink. Ich dachte mir, Sahti ist immer relativ schwer zu trinken. Das heißt, ich habe sowas wie einen Wacholder-Weizenbock gebraut, also im Endeffekt einen klassischen Weizenbock, aber mit Wacholder-Einfluss, der dann im Sahti normalerweise zum Zuge kommt. Dadurch, dass die Weißbierhefe und die (unv. #00:08:36.9# Brei?)-Hefe aromatechnisch sehr nah beieinander sind, kommen wir da ein bisschen in die Sahti-Richtung. Aber vielleicht ein bisschen mehr trinkbar, auf Finnisch wird es dann (unv. #00:08:46.6# Katajan Vehna Boki?) heißen. Auf Deutsch würde ich es dann einfach als Wacholder-Weißbierbock nennen.

Markus: Das gibt’s so am Hahn bei euch in der Brauerei, oder wie?

Alexander Maier: Das gibt’s bei uns in der Brauerei am Hahn. Auch im Alko, im finnischen (unv. #00:09:03.0# Monopol?) erhältlich. Und seit zwei, drei Jahren dürfen wir das tatsächlich aus der Brauerei heraus verkaufen. Was früher nicht erlaubt war für Biere über 4,7. Von daher bei uns im Shop am Hahn und im Alko findet man das.

Markus: Okay! Vielleicht magst du uns kurz ein kleines bisschen beschreiben, wie du das jetzt im Glas hast, wie das riecht und wie das schmeckt. Weil vielleicht nicht jeder sich das so vorstellen kann. Vielleicht, solange du das einschenkst, ganz kurz dazu gesagt, du hast es schon erwähnt: Das Sahti ist praktisch so ein Urbier, was sich eben in der Ecke Finnland, Estland, Schweden so erhalten hat und was im Grunde eben, wie du schon sagst, mit Bäckerhefe gemacht wird und dann über Wacholderzweigen abgeläutert wird. Also im Grunde schon ein Bier, aber eben ein besonderes, kriegt einen ziemlich starken Bananengeschmack normalerweise durch die Bäckerhefe und kann vom Alkohol her auch mal deutlich zweistellig werden. Also schon ein durchaus kräftiges Gebräu. Wie ist es denn bei dir?

Alexander Maier: Ich wollte etwas machen, was vielleicht ein bisschen mehr Drinkability hat. Im Endeffekt ist es 7 %, das ist jetzt nicht das schwächste, aber wir sind hier noch nicht im richtigen Hardcore-Sahti-Bereich, wo du sagst, es können 9, 10, 11 % werden. Ich wollte aber diesen Geschmack haben, indem ich den vom Wacholder mit reinkriege und von der Banane und von der Nelke. Das wollte ich kombinieren mit einem schönen Körper. Also hier habe ich im Endeffekt nur ein bisschen (unv. #00:10:28.2# Cara Weed?) genommen, um das ein bisschen süßer zu machen. Ganz klassisch 50-50-Aufteilung, gehst du hoch auf 17 Plato, da ist ein bisschen Restkörper noch drin. Das ist, wenn man dran riecht, kommt natürlich erstmal ein bisschen das Weißbier in den Vordergrund. Und wenn man dann erstmal einen Schluck nimmt, das mache ich jetzt einfach mal, ist der Wacholder auch sofort da. Der Wachholder, in dem Fall habe ich Beeren, also Beeren habe ich zum Beispiel hier vor meiner Haustür gepflückt, ich habe einen Wacholderstrauch vor der Tür und die Äste, die man natürlich verwendet. Und die haben natürlich ätherische Öle immer drin und diesen Wacholdergeschmack. Wenn man zum Beispiel Wacholder zum Kochen benutzt, kennt man den vielleicht. Es gibt auch eine gewisse Schärfe. Also es ist ein leicht scharfes, aber dennoch süßliches hintenraus wärmendes, sehr leckeres Bier, würde ich sagen.

Markus: Holger, jetzt bekommst du bestimmt auch langsam Durst. Kannst du da mithalten mit diesem schönen 7 % Gebräu?

Holger: Unbedingt bekomme ich Lust und hört sich wahnsinnig gut an. Aber wir müssten vielleicht auch noch was auflösen, weil ihr zwei, ihr seid da in Finnland, also der eine in Vaasa und der andere in Helsinki. Und ich selbst bin gerade in Crailsheim. Also für die Leute, die das nicht wissen, das ist das hohenlohische Franken. Es kann immer noch sein, dass es bestimmte Leute nicht wissen. Also Crailsheim liegt so ganz im nordöstlichen Teil von Baden-Württemberg und ist zwischen Heilbronn und Nürnberg, also wenn man das so verorten darf. Und hier gibt es eben auch Brauereien und ich habe mich heute eben dann auch wirklich für ein Crailsheimer Bier entschieden, und zwar von der Engel Braumanufaktur. Das ist ein Kellerbier, und zwar ein dunkles naturtrübes Kellerbier. Das ist sehr schön.

Markus: Wunderbar! Da bin ich fast ein bisschen neidisch. Weil das gibt’s natürlich jetzt hier in Finnland nur bedingt. Wobei wir heute im Wettbewerb tatsächlich auch ein Kellerbier hatten, und das war gar nicht schlecht.

Holger: Auf jeden Fall, also kann ich euch natürlich, das ist jetzt schon im Glas, und das ist so ein richtig schönes opakes, wie soll ich sagen, so ein Kastanienbraun mit so einem ganz leicht beigen Schaum, wunderbare Schaumkrone, ganz toller fester Schaum. Und hat eben so eine ganz, ganz tolle Röstnote und auch eine Karamellnote und hat einen, wartet, lasst mich einen Moment trinken … ja, also ist genauso, also alles, was man sich erwartet, wenn man also die Flasche sieht, übrigens mit Schraubverschluss, auch noch mal was Besonderes, also weder ein Kronkorken noch ein Bügelverschluss, sondern ein Schraubverschluss. Aber die Etikettengestaltung und alles und wie man jetzt das Bier hier im Glas hat, dann erwartet man auch dieses Mundgefühl. Und das Mundgefühl ist in der Tat richtig cremig und so samtweich. Also diese malzigen Röstaromen umspielen diese karamellige Süße. Und jetzt, wenn ich es mir jetzt dann erlauben darf, würde ich dazu mir wahrscheinlich so einen schönen Eintopf bestellen und danach noch einen Nussbecher bestellen, also so ein Eis-Nussbecher. Das werde ich wahrscheinlich auch machen. Also unglaublich schönes rundes naturtrübes dunkles Kellerbier. Kann ich nur jedem empfehlen. Hat übrigens 5,3 % Alkohol und hat auch eine Vollmundigkeit, also macht was her. Also Engel Brauerei, wenn da noch nie einer was von gehört hat, dann sollte man sich zumindest mit dem Bier, das kann ich empfehlen, da kann man sich schon drin verlieben. Das Motto der Engel Brauerei ist übrigens „Prost, mein Engel!“.

Markus: Ja, kann ich auch nur zustimmen. Von der Engel Brauerei habe ich schon viele gute Bier getrunken. Kann man auf jeden Fall tun. Vielleicht an der Stelle, Alex, kriegst du da so ein bisschen Heimatgefühle? Gibt’s Dinge, die dir mal abgehen, wenn du da immer so in Vaasa rumhängst? Oder hast du dich da schon ganz akklimatisiert?

Alexander Maier: Natürlich gibt’s immer gewisse Sachen, die einem fehlen. Ich glaube, vor allem Wurstwaren, da können die Finnen nicht mithalten. Biermäßig, sage ich mal, mache ich mir einfach das, was mir fehlt. Das braue ich mir dann einfach, das funktioniert ganz gut. Aber auf der Essensseite würde ich sagen, ist vor allem alles, was mit Wurst zu tun hat, da haben wir schon in Deutschland eine Riesenauswahl. Das Gleiche mit Brot oder Brötchen. Aber inzwischen gibt’s hier auch eine schöne Bäckerei, die macht ein schönes Sauerteigbrot. Sozusagen wir haben schon was gefunden, was das so ein bisschen ersetzen kann. Aber Brezen zum Beispiel, die man immer in Bayern hat, die fehlen mir auch hier ein bisschen. Also da kann so eine Lidl-Brezel, die es auch hier gibt, nicht mit einer gescheiten Brezel mithalten. Aber ansonsten bin ich recht zufrieden hier, kann mich nicht beklagen. Und zur Not fragt mal halt zu Hause nach, dass man mal ein Carepaket zugeschickt bekommt.

Markus: Genau! Auch eine schöne Idee. Ich kann auch nur allen sagen, ich bin jetzt, glaube ich, zum dritten oder vierten Mal in Finnland auch bei dem Bierwettbewerb hier und bin auch schon ein bisschen rumgereist und kann das eigentlich auch nur empfehlen. Das ist ein wunderschönes Land mit sehr, sehr lieben Menschen. Der einzige Punkt ist: Man fühlt sich ein bisschen wie in China, weil man wirklich kein Schild lesen kann. Und es sind sehr viele Buchstaben drauf mit sehr vielen Punkten, aber man weiß wirklich selten, was man sich so drunter vorstellt. Ich habe mir auch ein Bierchen geholt und natürlich durfte ich jetzt auf dem Wettbewerb keines mitnehmen, weil wir da ja nicht wissen, was wir trinken. Aber ich bin jetzt mal eben schnell noch in den Laden um die Ecke vorbeigegangen und habe einfach mal geguckt, was da so rumsteht, und fand was ganz Spannendes. Das mache ich jetzt mal auf. Aber ihr habt schon gehört, das ist in einer Dose und fließt da raus, wunderschönes Glas, also eine ganz tolle, richtig schöne Bernsteinfarbe, oben drüber ein Schaum, der ist auch leicht getönt, sehr stabil. Und dem Ganzen entströmt eine ganz angenehme, so fruchtige Note, auch ein bisschen Heu, ein bisschen Gras. Und wenn man dann trinkt, ist es ein sehr weiches Mundgefühl, sehr rund und sehr hochvergoren, sehr angenehm zu trinken und eine ordentliche Bittere hintenraus. Also ein schönes Bier, es steckt in einer goldenen Dose mit einem grünen Etikett. Und die Brauerei heißt Olvi. Die kennst du bestimmt, Alex.

Alexander Maier: Ja.

Markus: Das ist die älteste noch existierende traditionelle finnische Brauerei. Also da gab‘s früher mal viele Brauereien, dann sind die natürlich auch ziemlich eingegangen, und dann blieb eben Olvi sozusagen übrig. Und mittlerweile gibt’s wieder viele Neugründungen, und so, dass es über 100 Brauereien sind, glaube ich, mittlerweile wieder in Finnland.

Alexander Maier: Mhm (bejahend). Wir sind bei circa 130 Kleinbrauereien inzwischen, plus die Großen. Olvi ist, glaube ich, die drittgrößte. Was natürlich in Finnland war, auch die Prohibition, die sehr, sehr, sehr viel Brauereien in die Knie gezwungen hat. Das hat, glaube ich, quasi die Bierkultur hier ein bisschen vernichtet. Wer überlebt hat nach der Prohibition, hat danach einfach ein Lager gemacht. War auch sehr oft begrenzt, was man brauen durfte, zwei Biere maximal. Man musste eine Extralizenz beantragen, wenn man ein drittes, stärkeres Bier brauen wollte. Also es war alles nicht so einfach. Es ist inzwischen natürlich etwas einfacher, aber immer noch kein Vergleich zu Deutschland.

Markus: Ja, da kommen wir bestimmt gleich noch dazu, weil das wirklich interessant ist, wie da so die Regelungen sind. Genau wie du sagst, Olvi war so eine von den Brauereien wie in den USA auch, die sich in der Prohibitionszeit dann mit Limonaden und sowas über Wasser gehalten haben. Ich habe die Dose vor allem deswegen genommen, weil ich den Bierstil auch spannend fand. Sie haben nämlich ein American Cream Ale gemacht. Das finde ich eigentlich ganz spannend, weil es ist, als das Pils-Bier aufkam in Mitteleuropa, haben alle Bierkulturen eine Antwort drauf gefunden. Also in Köln hat man das Kölsch gemacht, in England hat man das Golden Ale gemacht, und in den USA kam dann eben das Cream Ale auf. Das heißt, man hat die obergärige Hefe genommen, sie aber kalt vergoren beziehungsweise das Bier sehr lange gelagert, so dass dann sowas ähnliches wie ein Pils oder ein Helles am Ende dabei rausgekommen ist. Also superspannend und auch sehr, sehr schön umgesetzt. Das ist auch was, was mir heute bei dem Wettbewerb aufgefallen ist, dass gerade hopfenbetonte Biere hier in Finnland sehr, sehr gut sind, sehr klar in der Aromatik, obwohl es bestimmt gar nicht so einfach ist, frische Hopfen hier zu bekommen. Also insofern kann ich da nur ein Kompliment aussprechen. Ist mir auch bei deinen Bieren schon aufgefallen. Wie ist das, Alex, mit der Rohstoffversorgung? Kommt ihr da zurecht?

Alexander Maier: Ja, ja. Also es dauert halt einfach ein bisschen länger, bis alles hier ist, aber im Endeffekt funktioniert das schon ganz gut. Man muss halt einfach nur Geduld mitbringen und früh genug bestellen, dann klappt das auch mit den Zutaten. Hopfen vielleicht nicht so gut verfügbar, aber die Malze hier sind auch hervorragend. Es gibt Viking Malt, das ist, glaube ich, Nummer 7 in der Welt, Nummer 3 in Europa, und die haben hervorragende Malze. Hopfentechnisch, klar, wenn man das schön kalt angeliefert kriegt, funktioniert das auch schön verpackt.

Markus: Und kalt ist ja.

Alexander Maier: Kalt ist es ja. Einfach im Winter bestellen, dann funktioniert’s auch. Bei minus 20, das gefällt jedem Hopfen dort. Einfach in die Kühltruhe rein danach und dann ist gut.

Markus: Das ist wahrscheinlich das Geheimnis. Genau! Aber wir waren vorhin so ein bisschen stehengeblieben bei diesen ganzen Regelungen. Vielleicht, bevor wir da drauf eingehen, wie war das denn, als du da angekommen bist? Also war die Brauerei schon da und du bist dazugestoßen oder hast du die mit aufgebaut oder hast du dir erst eine gesucht? Wie war das?

Alexander Maier: Nein. Also die Brauerei hat noch nicht als Brauerei jetzt existiert. Aber wir sind an eine Stelle, wo es früher auch eine Brauerei gab, also die Original Bock-Brauerei. Die wurde 1892 gegründet und die hat bis 1986 existiert, wurde dann aufgelöst, war Teil des Hartwall Konzerns. Was ich ganz interessant finde, der letzte Braumeister, der zuständig war, war auch Weihenstephaner, aber ein Finne, (unv. #00:21:07.4# Johanni Valenius?). Und so schließt sich wieder der Kreis, dass der erste Baumeister dann nach 30 Jahren Trockenzeit in Vaasa auch wieder aus Weihenstephan kommt. Nein, wir haben 2015 komplett neu angefangen. Das war viel größer. Die Brauerei, die vorher dastand, war irgendwann mal, der Hartwall hat da sehr viel Limonade auch gemacht und Aura und ganz viele andere Produkte. Und die Produktion haben die dann irgendwann verlagert und dann wurde halt die dichtgemacht die Brauerei komplett. Die Anlagen wurden verkauft überall in die Welt hin. Und wir haben dann 2015 wieder komplett mit einer 10-Hektoliter-Anlage komplett von Grund auf wieder angefangen,

Markus: Heißt, wenn du von wir sprichst, bist du auch Teil der Inhabergruppe oder wie kam das? Wem gehört der Laden eigentlich?

Alexander Maier: Ich bin kein Teil der Inhabergruppe. Auch das war wieder ein Zufall, dass ich überhaupt rausgefunden habe, dass hier eine Brauerei aufmacht. Und zwar hat die Mutter von meiner Frau mir immer Artikel über Bier in Schwedisch geschickt, damit ich mein Schwedisch ein bisschen verbessere. Und einer dieser Artikel war dann, dass da eine Brauerei aufmacht in Vaasa. Wir waren sowieso ein bisschen auf dem Sprung nach Finnland und ich habe einfach mal hingeschrieben und gefragt „Hey! Habt ihr schon einen Braumeister?“. Haben gesagt „Nein. Schick mal deinen Lebenslauf.“. Lebenslauf geschickt, ein, zwei Stunden in Skype ein bisschen gequatscht, bin mal hier rüber geflogen, habe mir das Ganze mal angeguckt. Ja, da habe ich quasi den Job bekommen. Ich muss auch ehrlich dazu sagen, so viele Braumeister gibt’s in Finnland nicht. Es gibt einfach keine Ausbildung in dem Bereich in Finnland. Also die meisten, die dann in Finnland Braumeister sind, sind entweder aus Kopenhagen oder haben irgendwo in Schweden an einer Hochschule oder sowas mal ein bisschen was gelernt, aber so eine richtig klassische Braumeister-Ausbildung gibt’s nicht. Habe den Job dann bekommen, bin hierhergekommen, und ich bin angestellt, aber von Anfang an dabei. Brauerei war dann jedoch schon bestellt, war aber okay. Ist Flecks Brauhaus-Technik, ist ein kleiner Produzent aus Österreich. Ich kann mich nicht beschweren, das funktioniert gut. Aber ich war schon da, als die Brauerei aufgebaut wurde, so dass man jede Leitung kennt und jeden Winkel und alles so. Das war ganz nett. Ich weiß nicht, wie oft man da als Braumeister die Möglichkeit hat, von Anfang an dabei zu sein. Ich war dabei, konnte jeden Prozess aufbauen. Im Endeffekt musst du alles vom Wischmopp bis zur Automation irgendwie alles mitkriegen, wie das funktioniert, und alles bestellen. Das war ganz nett, das mal mit aufzubauen.

Markus: Und Ehefrau und Schwiegermutter glücklich. Das ist natürlich selten. Gell, Holger, das ist ja immer ein wichtiger Punkt mit den Schwiegermüttern.

Holger: (unv. #00:23:47.2#) das ist ja das Thema „happy wife happy life“. Aber da ist natürlich jetzt auch wirklich, ich meine, ihr habt ja ein sehr schönes Portfolio. Was ist denn euer Topseller und was mögen denn deine beiden Damen da besonders gern?

Alexander Maier: Topseller ist das Kultapukki, da wie ein klassisches finnisches Lager ist, hat 4,5 %, golden, (unv. #00:24:07.9#) ein bisschen malzig, nicht zu bitter. Das läuft am besten. Meine Frau ist da mehr so auf der hopfigen Seite, aber auch erst, seitdem sie mich kennengelernt hat. In Bayern hat sie ein bisschen gelernt Bier zu trinken, und danach ist sie auf ein IPA und inzwischen auf Session IPA, das ist, glaube ich, der Favorit im Moment. Das geht dann so ein bisschen Pale Ale, ein bisschen (unv. #00:24:29.8#), was ich habe, das ist das, was sie gerne trinkt. Ansonsten, die Mutter trinkt nicht so viel Alkohol, von daher, da nicht so viel biermäßig in der Richtung. Aber ich habe jetzt mit Limonade angefangen, da ist sie jetzt umso glücklicher, kann sie die trinken.

Holger: Wunderbar! Du gibst wirklich alles für die Frauen. Ich kann mich entsinnen, wo ich in Finnland war und wo wir dann auch immer wieder mal Kontakte hatten, nutzfahrzeugtechnisch, da haben die dann immer mir Lapin Kulta in der Dose gebracht. Das war halt so ein klassisches Lager und ganz eisgekühlt war das auch gut gegen Durst löschen.

Alexander Maier: Ja, ja. Du musst dir vorstellen, Sauna ist, glaube ich, …

Holger: Absolut, absolut! Da habe ich auch eine Erfahrung, also da habe ich auch eine Erfahrung. Das war hart. Also (unv. #00:25:17.3#), das war sehr hart.

Alexander Maier: Da brauchst du auf jeden Fall eiskaltes Bier.

Holger: Ja, unbedingt!

Alexander Maier: Was es dann im Endeffekt ist, in der Sauna funktionieren, glaube ich, am besten eiskalte Lager. Absolut! Sogar vielleicht Lapin Kulta. Aber ich persönlich bestimmt seit fünf Jahren kein Lapin Kulta mehr getrunken habe, weil ich davon doch nicht so überzeugt bin.

Markus: Das ist so ein bisschen das Gegenstück zu unseren Mainstream-Bieren sozusagen, die es eben bei uns ja auch gibt. Aber ich finde auch, also Sauna und Bier, habe ich ja auch meine Erlebnisse in Finnland schon gemacht, unter anderem mit der Rauch-Sauna. Das habe ich, glaube ich, in irgendeiner Podcast-Folge schon mal erzählt. Aber das Spannendste überhaupt fand ich, dass zum Beispiel, wenn man da am Frühstückstisch im Hotel sitzt und sowas, wenn dann nur finnische Familien sind, dann spricht da eigentlich niemand. Man sitzt da und die essen so in sich hinein, aber es gibt jetzt keine große Unterhaltung. Und das zieht sich so ein bisschen durch. Aber wenn die dann in der Sauna sitzen und ihr Bier haben, dann wird losgequatscht, und zwar die ganze Zeit, wo man bei uns normalerweise in der Sauna eher still ist. Also finde ich ganz interessant, dass das sich so komplett umdreht. Wie war denn das für dich, Alex, mit der Mentalität? Bist du da gleich zurechtgekommen oder hat dich deine Frau da entsprechend eingeführt? Wie war das?

Alexander Maier: Nein, ich finde das ganz angenehm. Ich muss sagen, ich bin persönlich auch nicht so, also man ist sehr viel am Labern im Beruf, auch gerade Biere erklären und sehr sozial und alles schön und gut. Wenn man dann mal ein bisschen Ruhe hat, ist das auch schön, mal ein bisschen ruhig zu sein. Ich habe mich da eigentlich recht sofort eingefühlt, ich habe auch kein Problem, da am Frühstückstisch mal still zu sein. Sauna ist natürlich ein sehr sozialer Punkt in Finnland sozusagen. Jeder hat im Endeffekt eine Sauna in Finnland, entweder in der Wohnung eine Gemeinschaftssauna, die man sich dann buchen kann. Oder wenn man ein Haus hat, hat man natürlich auch die Sauna normalerweise mit drin. Also ich habe mich da eigentlich recht sofort wohlgefühlt. Also kein unnötiges Gequatsche sozusagen, ein bisschen norddeutsch, wobei ich selber aus Mitteldeutschland bin. Aber nein, hatte ich überhaupt keine Probleme mich einzufügen.

Markus: Und die Häuschen, die man so in der Seenplatte hat, die heißen dann Mökki. Finde ich auch sehr süß. Da hat man dann eben so eine Art kleines Ferienhaus, auch wieder mit Sauna. Also wirklich eine ganz spannende und ganz liebenswerte Kultur auch. Also finde ich …

Alexander Maier: Absolut!

Markus: Auch, absolut! Was auch noch spannend ist in der Sauna, man lässt die Badebekleidung an, also zumindest bei den öffentlichen Saunen.

Alexander Maier: Ja.

Markus: Also bei uns ja immer alle alle Hüllen fallen lassen, ist das hier ganz anders. Auch spannend!

Alexander Maier: Ich finde das immer lustig, wenn man in Deutschland ist, und da gibt’s irgendwelche Saunaregeln. Das ist völliger Schmarrn. Kein Finne hat irgendwelche Saunaregeln. Das ist halt, du gehst da rein, wenn dir warm ist, gehst du wieder raus. Wenn du ein bisschen mehr Dampf brauchst, schmeißt du es drauf. Da gibt’s auch kein Handtuch-Rumgewedel und den ganzen Kram, den man in Deutschland hat. Ich weiß nicht, wo das herkommt. Anscheinend braucht man in Deutschland ein bisschen mehr Regeln, und wie auch immer. Hier ist das alles recht entspannt mit der Sauna.

Markus: Alles wild zelebriert, sagen wir mal so. Holger, was sagst du zum Handtuch-Wedeln und zum Löyly? Das ist dann der Aufguss, der Nachguss, wenn es heiß wird.

Holger: Das war das ja, ich sag mal, wir kennen nur Aufguss aus der Schöpfkelle und dann ein bisschen aromatisiert oder so. Aber ich weiß nicht, wie viel Mengen die da reingeschüttet haben bei dem Aufguss und es war eine Bullenhitze. Ich sag ja, es war hart, es war hart. Aber es war lustig und auch die finnische Mentalität, finde ich irgendwie, also habe ich sehr genossen. Es waren unglaublich lustige Leute, ich weiß nicht, vielleicht ist das nur in Helsinki so und im Norden des Landes wieder anders, keine Ahnung. Ich sag ja, ich kenne das gar nicht so gut. Aber mit denen ich da zu tun hatte, das war mega. Also das hat mir wahnsinnig viel Spaß gemacht damals. Ja, würde ich gerne auch wieder hin, also ehrlich gesagt. Muss man mal machen.

Alexander Maier: Auf jeden Fall, kommt vorbei, sobald wieder ein bisschen Reisefreiheit herrscht oder (unv. #00:29:23.1#), kommt auf jeden Fall rüber und schaut euch das Land mal an.

Markus: Genau! Ich packe dich nächstes Jahr dann einfach mit ein, wenn es wieder hier zum Bierwettbewerb geht. Weil das ist auch so ein Thema, ich schaue schon immer, zu welchen Wettbewerben ich wieder hinfahre, weil bei manchen ist es ja okay, dass man einmal da war. Aber das ist eben hier in Finnland wirklich so nett und so schön und so liebevoll auch, dass man es wirklich nicht missen mag. Das ist auch so, dass eben von den, es gibt ja nicht so fürchterlich viele Finnen, sagen wir mal so, das heißt, die kennen sich natürlich dann auch alle irgendwie und man ist dann ganz schnell auch so ein bisschen Teil der Familie. Und auch das finde ich total nett, diese Offenheit, diese Herzlichkeit und dieses wirklich füreinander da sein. Und insofern, kann ich auch allen Hörern nur empfehlen. Aber bevor wir hier endlos weiter über das Finnische an und für sich sprechen, müssen wir wieder ein bisschen zurück zum Bier. Der Holger hat schon gefragt, was so eure Lieblingssorten sind. Nur habe ich eure Biere auch auf dem Wettbewerb kennengelernt in den letzten Jahren und du hast auch schon mal den Wettbewerb gewonnen zum Beispiel mit deinem Doppelbock. Und andere Biere waren auch oft im Finale. Wie ist das denn, also gibt’s da dann auch so Leute, die dann stolz auf dich sind oder kommen dann Leute zur Brauerei und wollen diese Biere probieren? Wie ist das?

Alexander Maier: Also eine Medaille ist ganz nett, aber im Endeffekt geht’s darum, dass man die Kunden, die hier vor Ort sind, erreicht auch. Die Leute haben das Bier auch vorher getrunken und werden es auch hinterher trinken. Eine Medaille ist nur ein schöner Beweis dafür, dass das Bier eine gewisse Qualität hat. Im Endeffekt geht’s darum, was die Leute hier vor Ort mögen, und dann passt man sich auch ein bisschen an. Die Medaillen, die hängen da irgendwie an der Wand oder die Auszeichnungen. Das ist schön, mal gewonnen zu haben. Im Endeffekt geht’s mir darum, dass ich die Leute in Vaasa erreiche und dass die halt die Biere mögen. Wie gesagt, unser meistverkauftes Bier hat keine Medaille gewonnen und trotzdem mögen das die Leute. So ein schöner Doppelbock, mit dem ich 2019 den ersten Preis im „Dunklen Bier“-Bereich gewonnen habe, der läuft auch gut, klar, aber im Endeffekt geht’s mir persönlich darum, dann die Kunden hier vor Ort zu erreichen. Ob man dann eine Medaille gewinnt oder nicht, ist einfach nur eine Bestätigung der eigenen Arbeit, würde ich mal sagen so.

Markus: Ja, das stimmt! Aber vielleicht als Abschluss von diesem Themenblock vielleicht noch ganz kurz auf die Empfehlungen an unsere bieraffinen Hörer. Also man kann natürlich zu dem Wettbewerb kommen, aber das ist gar nicht so einfach, weil man da erstmal in die Jury muss. Aber damit verbunden ist ein Festival, und dieses Festival findet an sechs verschiedenen Wochenenden oder zu etwas längeren Zeiträumen in sechs verschiedenen Orten in Finnland statt. Da sind dann immer so um die 30, 40 Brauereien in einem abgesperrten Bereich und die haben dann eben die absolut bunteste und verrückteste Auswahl an Bieren von dem schon angesprochenen Sahti bis eben zu den verschiedenen Bieren, die auch der Alex zum Beispiel macht. Und das lohnt sich auf jeden Fall, dafür vielleicht dann auch mal herzufahren. Das findet man auch, wenn man nach „Bierfestival Finnland“ sucht, findet man das im Internet ganz einfach. Wir haben gerade schon vorhin das angesprochen, das wollte ich noch kurz mit dir besprechen. Diese Regelungen für den Bierverkauf, also was man darf und was man nicht darf, als ich das erste Mal hier war, war das noch in Kraft, da durften dann Biere bis 4,5 % glaube ich überhaupt nur außerhalb der Brauerei verkauft werden. Und dann gab‘s ganz viele verschiedene Regelungen. Wie hat sich das denn im Laufe der Zeit entwickelt und wie ist das momentan?

Alexander Maier: In der Zeit, da haben die auch schon angefangen, sechs Jahre her, war es noch so, dass man alles, was unter 4,7 war, im normalen Laden verkaufen durfte, aber nicht in der Brauerei. Heutzutage sind wir schon bei 5,5 im normalen Laden. Und kleine Brauereien unter 500.000 Liter dürfen malzbasierte Getränke, also Biere bis 12 % aus der Brauerei direkt rausverkaufen. Ich glaube, das hat auch sehr viele Brauereien während der Corona-Zeit gerettet. Die Regeländerung war jetzt um die 3 Jahre her, und das macht mir natürlich auch Spaß, weil ich dann auch Spezialchargen wie Eisböcke oder sonst was auch direkt aus dem eigenen Laden heraus verkaufen kann. Man braucht nicht unbedingt eine Bar zu haben, wo die dann auch natürlich eine Schnapslizenz und sowas hat, sondern man kann das direkt dann aus der Brauerei bis 12 % verkaufen. Wenn man alles andere zwischen 5,5 und höher, wenn man das irgendwo anders verkaufen will, geht’s eigentlich nur durch den Alko. Das ist ein Alkohol-Monopol, das dem Staat gehört. Der ballert dann relativ viel Gebühren obendrauf, sodass im Endeffekt der Staat zwar Gewinn macht, aber die Brauerei nicht so viel. Ja, das System funktioniert irgendwie, man kriegt da auch einen Service im Endeffekt und die Auswahl ist auch okay, aber man ist dann doch schon ein bisschen begrenzt, wie man denn sein Bier distribuieren kann. Gerade in der Zeit jetzt, wo die ganzen Bars geschlossen waren, haben viele Brauereien Probleme gehabt, irgendwie überhaupt ihre Biere loszuwerden. Weil wenn keiner dein (unv. #00:34:26.4#) bestellt und du hast keine Abfüllanlage, dann hast du wirklich richtig Probleme gehabt.

Markus: Was kostet denn so ein normales Bier bei euch, wenn man da einen trinken will?

Alexander Maier: Wenn du zu uns in die Brauerei kommst, haben wir vom klassischen Lager, das heißt, so um die 7 Euro für ein 0,4. Wenn du natürlich mit dem Alkohol ein bisschen höher gehst, ist es natürlich teurer. Und wir sind da noch relativ günstig. Ich glaube, wenn du in Helsinki ausgehst, bist du bei 8, 9 Euro locker.

Markus: Insofern auch ein bisschen was für die Genießer, dafür sind die Biere ja auch alle recht fein. Und als letzter Punkt, Holger, hast du schon mal so im Norden erlebt, was ich auch sehr faszinierend finde, ist so dieser Wechsel im Sommer im Winter, dass man praktisch zum Beispiel jetzt hier in der Sommerzeit, da kann man bis morgens um zwei, um drei draußen sitzen und es ist noch hell. Und ein paar Stunden später wird es schon wieder hell. Im Winter ist es andersrum, da ist es quasi den ganzen Tag und Nacht dunkel. Hast du das schon erlebt und was hat das so mit dir gemacht?

Holger: Ich habe das auch schon erlebt, und im Sommer ist das super, aber im Winter ist das natürlich auch schwierig. Für Leute, die dann so ein bisschen vielleicht sogar eine depressive Stimmung haben und so, das macht was. Ich habe das damals so erlebt, dass das für mich, also ich habe das gespürt. Das war nicht angenehm. Das kennt man von uns gar nicht. Also es wird manchmal dann auch gar nicht so richtig hell. Ja, das fand ich unangenehm, also absolut unangenehm.

Markus: Hm! Okay! Alex, wie ist das für dich? Hast du dich da schnell dran gewöhnt?

Alexander Maier: Ja. Dafür gibt’s auch sehr viel guten Kaffee hier. Ich glaube, wir haben den höchsten Kaffeeverbrauch. Also Kaffeeverbrauch pro Kopf in Finnland, ich habe da eigentlich nicht so die Probleme mit. Vor allem, im Winter hast du hier auch viel mehr Schnee als in Deutschland und das macht das Ganze dann ein bisschen heller. Ich glaube, wenn man noch ein bisschen weiter nördlich geht, also ungefähr nochmal drei, vier Stunden, ich glaube, dann ist es ein bisschen mehr dunkel. Aber bei uns ist es nicht so schlimm. Also ich habe es selber nicht als so schlimm bemerkt. Vielleicht verstecke ich mich auch zu viel im Sudhaus, wer weiß. Ich habe es selber als nicht so belastend empfunden, muss ich sagen. Aber den Sommer genieße ich natürlich sehr. Jetzt, wo es so schön lange hell ist, man kann draußen sitzenbleiben, ist schon sehr angenehm.

Holger: Mein Erlebnis war auch gar nicht in Finnland, sondern war wirklich im Norden von Schweden. Aber das ist dann schon so Polarkreis-Region. Und da ist es wirklich, also eigentlich gar nicht mehr richtig hell geworden.

Alexander Maier: Ja, das kann ich mir vorstellen. Wenn da komplett gar nicht mehr die Sonne rauskommt, kann ich mir schon vorstellen, dass es ein bisschen belastend sein könnte. Hier, wo ich jetzt noch bin, ist es zwar schon relativ hoch im Norden, aber im Endeffekt sieht man schon noch Licht.

Markus: Und deine Familie hat dich schon mal besucht, deine Eltern oder so?

Alexander Maier: Ja, ja, sicher! Also vor Corona waren die regelmäßig hier. Klar! Meine Schwester, Bruder, sind alle mal hier. Die waren mal im Winter hier auch, fanden die den Schnee super, und im Sommer natürlich, wenn es so schön lange hell ist, dann genießt man das, glaube ich, auch.

Markus: Du hast gerade noch ein letztes Stichwort gebracht und auch schon kurz darüber gesprochen, die Corona-Zeit. Wie war das für euch in Finnland? Gab‘s da auch so eine Art Lockdown und wie habt ihr das jetzt überstanden? Läuft’s jetzt wieder einigermaßen normal?

Alexander Maier: Letztes Jahr war der Lockdown ein bisschen länger, da haben wir zwei, zweieinhalb Monate komplett dicht gehabt, zumindest die Bar, die Brauerei lief ein bisschen weiter. Alles abgefüllt, was ging, auf Flasche und das dann raus in die Läden. So hat man halt einigermaßen überlebt. Dieses Jahr war es ein bisschen kürzer, da war die Bar sechs Wochen dicht. Aber jetzt im Sommer läuft‘s einigermaßen. Die inländischen Touristen, die kommen vorbei, die trinken, die kaufen. Und das gibt uns Hoffnung.

Markus: Gut! Das ist ja schön. Also insofern nochmal der Appell an alle, die jetzt zugehört haben und noch nicht in Finnland waren: Tut das bei Gelegenheit und schaut dann vor allem natürlich beim Alex in Vaasa vorbei. Vielen, vielen Dank für deine Zeit, für die spannenden Infos, für den Einblick in dein Leben und deine Brauerei. Und dann sehen wir uns hoffentlich bald wieder persönlich.

Alexander Maier: Ich bedanke mich auch. Ich hoffe, es war einigermaßen interessant. Und ich hoffe, man sieht sich mal wieder in Deutschland.

Holger: Super! Mach’s gut, Alex! Vielen Dank! Tschüss!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 27 – Interview mit Jonas Kohberger von der Nevada Cervecería aus Kolumbien

Oberhalb der ersten kolonialen Stadt Südamerikas, Santa Marta. Die Hafenstadt an der Karibik ist ein beliebtes Ausflugsziel für Kolumbianer und Touristen. Auf einer Anhöhe im Hinterland liegt Kolumbiens älteste Kaffeeplantage, wo im November 2014 der gebürtige Teisendorfer Jonas Kohberger ankam, um eine Brauerei aufzubauen. Als gelernter Brauer und Mälzer hatte der heute 32jährige damals schon einige Erfahrung in Kanada und Indien sammeln können, lebte sich schnell ein, lernte eine Frau kennen und beschloss, dass er auch nach den ursprünglich geplanten vier Monaten hier bleiben würde. Mittlerweile ist er Teilhaber der Brauerei und baut sich selbst mit einem nachhaltigen Konzept eine eigene Landwirtschaft auf. Aktuell braut er vier Biere, Happy Nebbi, Happy Tukán, Happy Coca und Happy Colibrí. Im BierTalk erzählt er seine Geschichte und verkostet eines seiner Biere mit uns. Leider war die Verbindungsqualität ins kolumbianische Hochland eher schlecht, deswegen müsst Ihr vielleicht bei manchen Sätzen zweimal hinhören, aber es lohnt sich…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute mal wieder mit einer weiten Reise, quasi fast um die halbe Welt, Richtung Südamerika. Und dort haben wir den Jonas Kohberger, der in letzter Zeit auch schon in der Zeitung ein paar Mal war hier in Deutschland, weil er eben in Kolumbien bei einer Brauerei arbeitet. Heute haben wir ihn hier bei uns. Erstmal hallo, lieber Jonas! Vielleicht stellst du dich noch mal kurz den Hörern vor, damit sie besser wissen, mit wem sie es zu tun haben.

Jonas Kohberger: Guten Morgen, Markus! Ja, ich bin der Jonas Kohberger, ich komme aus Teisendorf, gelernter Brauer und Mälzer. Ich bin seit 2014 hier in Kolumbien, habe die Nevada Cerveceria aufgebaut und bin hier quasi der Braumeister, Mitbesitzer von der Brauerei.

Markus: Quasi eben schon so eine kleine Karriere hingelegt. Vielleicht mal ganz kurz vorneweg: Wie kamst du überhaupt zum Thema Bier? Hast du schon als kleiner Junge gesagt, ich will das machen, oder wie ging das?

Jonas Kohberger: Mit 14 in der Schule habe ich ein Praktikum gemacht. Das habe ich bei Paulaner in München gemacht. Und dann war für mich klar, dass ich Brauer werde, weil ein Brauer macht halt viel, das ist ein sehr facettenreicher Beruf. Man hat Mechanik mit dabei, Mikrobiologie, die Physik, die Chemie, Elektrik, alles ist da mit dabei.

Markus: Das heißt, das hast du dann irgendwann deinen Eltern erzählt „Mein Beruf ist jetzt Brauer“ und hast dann losgelegt?

Jonas Kohberger: Meine Familie von der Mutter, die kommen von der Mosel, die Großeltern. Und die Großeltern, die hatten Weinberge und eine Winzerei, also war das kein Thema.

Markus: Ja, spannend! Dann hast du die Ausbildung gemacht und nach der Ausbildung ging’s dann gleich in eine Brauerei oder bist du dann schon in Richtung Ausland gegangen? Wie waren da so deine Gedanken?

Jonas Kohberger: Nach der Ausbildung habe ich bei Doemens die Braumeisterschule angefangen und nach drei Monaten, vier Monaten habe ich mir gesagt „Du bist noch jung, breche das ab und gehe ins Ausland, sehe die Welt, habe Spaß.“ und da bin ich nach Kanada und habe da in einer Brauerei gearbeitet, Craft-Brauerei mit 10.000 Hektoliter im Jahr Ausstoß. Haben wir eine Produktionsbrauerei gehabt und ein Sud-(unv. #00:02:16.0#), also (unv. #00:02:18.1#) in der Gasthausbrauerei zu brauen und dann auch in der Produktionsbrauerei brauen und abfüllen und alles. In Kanada war ich vier Jahre und dann habe ich eine E-Mail bekommen aus Indien, ob ich nicht interessiert wäre, in Indien auch eine Gasthausbrauerei aufzubauen.

Markus: Und der Ruf war da sehr verlockend, oder? Allein schon wegen des Klimas.

Jonas Kohberger: Genau. Und dann habe ich in Kanada gekündigt und bin nach Indien.

Markus: Und wie muss man sich das vorstellen, eine Brauerei in Indien? Also ja, vom Klima und von den Leuten und so? Da gibt’s ja auch noch Bundesstaaten mit Prohibition. Wie war das dort?

Jonas Kohberger: Die Brauerei war in Bangalore im Staat Karnataka. Und das war eine der ersten Provinzen, die Braulizenzen ausgegeben haben. Das war 2013. In Mumbai gab’s Lizenzen, dann in Goa gab‘s Lizenzen, in Karnataka und in einem anderen Bundesstaat noch. Also sehr limitiert. Und jetzt ist auch der Bierhub und Indien in Bangalore, weil 2013 gab’s mindestens 7 Gasthausbrauereien allein in Bangalore.

Markus: Und wie war das dort mit der Rohstoffversorgung und so? Musste man alles importieren, oder?

Jonas Kohberger: Musste man alles importieren, haben wir Weyermann Malze importiert und auch dann (unv. #00:03:38.5#) haben wir den Hopfen gekauft, das geht ja auch über Weyermann. Wir haben dann containerweise Malz gekauft.

Markus: Und dann kam irgendwann der Ruf, noch weiter weg, oder?

Jonas Kohberger: Ja. Über einen Bekannten wollte ich dann eigentlich auch nach China zu (unv. #00:03:55.0#). Und da hätte ich einen Job gehabt, aber in China, wenn die jedes Jahr die Sachen ändern. Ein Jahr braucht man das Papier, das andere Jahr braucht man das nicht, braucht man was anderes. Und das war halt sehr kompliziert, um ein Arbeitsvisum zu bekommen. Dann habe ich die Chance gehabt, hier nach (unv. #00:04:14.6#) zu gehen für vier Monate und diese Brauerei einzufahren, weil ich immer noch auf das Visum für China gewartet habe. Aber nach den vier Monaten bin ich einfach geblieben, bin als (unv. #00:04:25.9#) in die Brauerei eingestiegen und seitdem bin ich immer noch hier.

Markus: Und wie lange ist das jetzt her, dass du in Kolumbien angekommen bist?

Jonas Kohberger: Im November 2014.

Markus: Also doch schon eine ganz schön lange Zeit. Und hast mittlerweile dort auch eine Familie gegründet, oder?

Jonas Kohberger: Ja, ich habe eine Frau, habe mir jetzt auch ein kleines Stück Land gekauft, zehn Hektar, wo ich jetzt auch ein bisschen Landwirtschaft betreiben werde.

Markus: Wie müssen wir uns das vorstellen jetzt aus einer deutschen Sicht, was ist in Kolumbien anders, was sind da für Herausforderungen im Unterschied jetzt zu dem, was wir hier so kennen?

Jonas Kohberger: Das ist alles ein bisschen lockerer vom Leben her, aber vom Thema Getränkeproduktion ist es ein bisschen schwieriger. Das Gesundheitsamt (unv. #00:05:06.1#) und die wissen halt überhaupt nichts über Bier. Und die tun halt Vorschriften machen wie, eine Brauerei muss (unv. #00:05:13.5#)-Betrieb sein, (unv. #00:05:16.6#) und seit 2018 oder 2019 müssen wir, das heißt auf Spanisch, buenas practicas de manufactura haben. Ach, wie heißt denn das auf Deutsch?

Markus: Sag’s nochmal auf Spanisch, vielleicht verstehe ich es dann?

Jonas Kohberger: Buenas practicas de manufactura.

Markus: Ach so, einfach gute Handwerksverfahren oder so, würde ich sagen.

Jonas Kohberger: Ja genau, genau! So kann man das übersetzen. Und es ist halt eigentlich sehr viel passiert (unv. #00:05:42.8#), macht, aber die schreiben das halt vor, auch wie die Installation sein muss. Das muss alles leicht zu reinigen sein. Holz sollte man nicht benutzen, zum Beispiel für den Dachstuhl, was auch total absurd ist. Wo wir angefangen haben die Straße zu uns, das war quasi eine Schotterpiste und wurde das erste Mal (unv. #00:06:01.8#) 2015 meinten die „Ach, das geht nicht, ihr könnt doch hier die Brauerei nicht haben, weil die Straße ist doch nicht geteert.“. Und da wollten die, dass wir quasi sieben Kilometer die Straße teeren.

Markus: Das ist ja Wahnsinn! Das ist ja auch ein sehr, sehr großes Land. Ich glaube, so vier-, fünfmal so groß wie Deutschland. Wo bist du da so ungefähr, damit wir uns das vorstellen können?

Jonas Kohberger: An der Karibikküste, 20 Kilometer von Santa Marta ist die älteste Stadt von Südamerika, also die erste gegründete Stadt von Südamerika. Christoph Kolumbus ist quasi hier angekommen, weil wir sind hier in der Sierra Nevada de Santa Marta, das höchste Gebirge in der Nähe vom Meer.

Markus: Bist du auf den Spuren von Christoph Kolumbus ein bisschen unterwegs sozusagen. Als du da angekommen bist, war die Brauerei schon da oder hast du die komplett mit neu aufgebaut?

Jonas Kohberger: Komplett aufgebaut. Als ich gekommen bin, war noch nicht mal das (unv. #00:06:55.8#) und das Sudhaus da. Die Brauerei ist eine (unv. #00:06:58.0#) Kapelle. Also habe ich mitgeholfen quasi alles zu renovieren, dann alles zu installieren, Rezepte gemacht, Sude gemacht. Mein erster Flaschenfüller quasi mit (unv. #00:07:09.3#) Gegendruckfüllern auf einem Holzgestell gebaut.

Markus: Kann man von der Kapelle noch was erkennen, dass es mal eine Kapelle war?

Jonas Kohberger: Ja, wir haben immer noch den kleinen Glockenturm mit der Glocke und sogar noch die Jungfrau, Carmen heißt die hier, die Jungfrau Maria oder die Jungfrau Carmen, in der Brauerei.

Markus: Aber du steigst jetzt nicht auf die Kanzel, um das neue Rezept zu verkünden, oder so?

Jonas Kohberger: Nein. Also hier auch im Dorf, das war sehr umstritten, eine Brauerei in einer Kapelle. Und dann, wo man das den Leuten erklärt hat, nein, das hat Tradition, die Mönche haben Bier gemacht, Wein gemacht in der Fastenzeit. Die haben ja auch nur Bier getrunken und (unv. #00:07:49.2#). Und dann, wo man das ihnen erklärt hat, haben sie es dann schon verstanden.

Markus: Und wer war so die Zielgruppe? Also gibt’s da einfach viel Bevölkerung, wo du da jetzt bist, oder gibt’s da viel Tourismus? Oder für wen hat man dieses Bier erstmal, habt ihr dieses Bier überlegt?

Jonas Kohberger: Wir sind hier in einer sehr touristischen Zone, Touristen und auch Kolumbianer. Und vorm Coronavirus, unser Maß war 90 % Touristen, durch den Coronavirus haben wir das umgestellt, haben mehr an die Kolumbianer-Zielgruppe gedacht. Und jetzt verkaufen wir dasselbe, was wir nur den Touristen verkauft haben, (unv. #00:08:23.5#) Kolumbianer. Und der Tourismus, der ist langsam wieder am Kommen. Also erwarten wir da mindestens einen Sprung von 50 %. Haben auch schon während der Pandemie angebaut, um mindestens 10 neue Tanks zu installieren. Vor 2 Monaten haben wir endlich einen halbautomatischen Flaschenfüller bekommen. Ja, es läuft.

Markus: Apropos es läuft, ihr macht Bier und das wäre eigentlich auch ganz cool mal zu wissen, was ihr für Biere macht und vielleicht magst du mal eins mit uns aufmachen und uns ein bisschen beschreiben, was wir da haben?

Jonas Kohberger: Lass mich mal kurz, ich hoffe mal, dass das Internet bis dahin geht. (unv. #00:09:03.2#). Unsere Biere haben Namen von Vögeln und Tieren in der Region, haben eins, das heißt Happy Tukán. Das ist ein Tukan, der Vogel mit dem großen Schnabel. Das ist eigentlich (unv. #00:09:27.9# Red?) Ale, 12 % Plato, 25 Bittereinheiten, schön (unv. #00:09:33.2#) Farbe, schön karamellartig, aber auch sehr trocken. Weil ich habe diese Biere ein bisschen angepasst ans Klima. Weil rauchige Biere am Stand zu trinken bei 35 Grad ist halt nicht so toll. Alle Biere haben den Namen Happy, weil Bier macht dich ja glücklich.

Markus: Auf jeden Fall! In Deutschland dürfte man damit wahrscheinlich nicht werben, aber in Kolumbien geht das bestimmt.

Jonas Kohberger: Haben wir ein (unv. #00:09:58.1#) Pils, das heißt Happy Nebbi. Nebbi ist in der Sprache von den (unv. #00:10:03.3#), von den Eingeborenen hier, Jaguar, also wie die Katze Jaguar. Alle Biere sind unfiltriert, (unv. #00:10:11.3#) eine schöne gelbe Farbe, toller Schaum, aromagehopft mit (unv. #00:10:14.8#) und Spalt, also sehr klassisch.

Markus: Das hast du jetzt gerade im Glas das Pils, oder wie?

Jonas Kohberger: Nein, ich habe unser Pale Ale im Glas. Das ist ein Pale auch hopfengestopft mit (unv. #00:10:25.7#). Und in der (unv. #00:10:28.1#)

Markus: Also erstmal ganz spannend, dass wir zum ersten Mal akustisch live verfolgen konnten, wie so ein Bier aus dem Tank gezwickelt wird. Und das hast du jetzt, ist denn so ein Kokablatt, also das hat bestimmt so die klassischen Ingredienzen, die man so kennt, hat das Auswirkungen, wenn das im Bier drin ist?

Jonas Kohberger: Nein. Weil die Kokapflanze ist ein Tee, das ist wie ein Grüner Tee oder Schwarzer Tee. Das hat auch eigentlich gar nichts mit Kokain zu tun. Das ist zwar der Grundstoff, um Kokain herzustellen, aber die Pflanze an sich ist sehr, sehr weit entfernt von der Droge.

Markus: Und gibt’s in Kolumbien sowas ähnliches wie ein Reinheitsgebot?

Jonas Kohberger: Jain. (unv. #00:11:06.6#) die Gesundheitsbehörde schreibt vor, dass Gerstenmalz genommen werden muss, aber man kann auch verschiedene Additionen machen. Quasi mit Mais oder mit Reis, aber es soll mindestens 50 % Gerstenmalz enthalten sein.

Markus: Ich war schon in Brasilien und in Chile, und dort habe ich auch erlebt, wie gerade mit Früchten oder Kräutern oder sowas sehr viel experimentiert wird. Und es gibt dort auch dieses Chicha-Bier, dieses Urbier sozusagen. Wie ist das in Kolumbien, gab’s da eine Biertradition? Oder war die zwischendurch mal weg oder haben die Spanier eher den Wein dagelassen? Wie war das?

Jonas Kohberger: Die Chicha-Tradition in Kolumbien gibt’s immer noch, Chichas kannst du an jeder Ecke kaufen. 1890, um 1900, sagen wir mal so, hat die Familie Koch die Bavaria Brauerei hier in Kolumbien gegründet. Und die hatten eine ganz große Marketingaktion mit Plakaten und alles „Chicha macht dich krank. Es ist besser, ein gutes Bier zu trinken.“.

Markus: Das ist ja ganz schön krass. Aber wenn wir nochmal kurz bei dem Thema Chicha sind, da gibt’s die unterschiedlichsten Mythen, Sagen, Legenden, wie das hergestellt wird. Davon, dass es Leute eben kauen reihum und dann wieder ausspucken und sowas. Wie ist das in Kolumbien? Wird das auch noch so hergestellt?

Jonas Kohberger: Mit Reinspucken nicht, aber es wird halt einfach, da macht man einen Saft aus verschiedenen Früchten oder auch aus Mais, also nur gemahlener Mais, den tut man (unv. #00:12:27.8#) und dann hat man das Chicha.

Markus: Also auch alkoholisch durchaus eine ordentliche Portion?

Jonas Kohberger: Genau!

Markus: Wie kommen die Leute mit euren Bieren zurecht? Gibt’s da jetzt dann schon richtig Bierfans, die regelmäßig zu euch kommen?

Jonas Kohberger: Ja, seit 2014 hat der Craft-Boom hier in Kolumbien angefangen. Es gibt auch fast in jeder Stadt mindestens eine spezialisierte Craftbier-Bar. (unv. #00:12:49.7#) Leute, die suchen schon unsere Craftbiere oder auch andere Craftbiere, weil das kolumbianische Bier, es gibt eine große Brauerei, die Bavaria, die macht halt quasi alle Biersorten. Das heißt (unv. #00:13:02.9#), das ist sehr vertreten hier an der Küste, der Rest ist auch normal Lager, Lagerbier, 4,5 %. Ein bisschen wässrig und die Leute sind halt einfach gelangweilt von dem Einheitsbrei und die suchen schon was noch anderes.

Markus: Und wie ist es von der wirtschaftlichen Situation hier? Also Venezuela geht’s ja nun gar nicht gut und in anderen Ländern ist es in Südamerika auch gerade nicht so toll. Kriegst du da was mit? Wie ist das in Kolumbien, ist das da stabil?

Jonas Kohberger: Ja, das ist hier eigentlich sehr stabil. Das ist eher ein Aufschwung, weil die neue Generation, sagen wir mal die Millenniums, also quasi meine Generation, die haben schon studiert, haben bessere Jobs, verdienen ein bisschen mehr und gönnen sich halt mehr Sachen. Und das Bier kostet zweimal so viel oder fast dreimal so viel wie das normale nationale Bier, und die Leute doch kaufen schon viel.

Markus: Wie hast du dich mit der Sprache zurechtgefunden? Gleich am Anfang Spanisch gelernt oder kam das so mit der Zeit?

Jonas Kohberger: Als ich angekommen bin, wusste ich genau zwei Wörter, cerveza por favor, bitte ein Bier. Das war das Wichtigste. Ich habe mich mit (unv. #00:14:08.0#) ein bisschen verständigt und so Wörter und Sätze gelernt, und entsprechend fließend Spanisch.

Markus: Ihr seid zusammen mit einer Kaffeeplantage oder Kaffee-Finca oder so, ne?

Jonas Kohberger: Genau! Die Brauerei ist auf der Kaffee-Finca „La Victoria“. Das ist die noch älteste funktionierende Kaffeeplantage in Kolumbien. Die wurde gegründet 1892. Die aktuellen Besitzer sind auch Deutsche. Die haben es übernommen 1960 die Finca. Dadurch, dass wir auf einer Kaffeefinca sind, Kaffeeplantage, machen wir auch jedes Jahr den ersten Kaffee von der Ernte ein Coffee Stout. Das geht sehr gut, weil man hat den frischen und besten Kaffee. Und das (unv. #00:14:53.8#) halt Happy Colibrí. Und wurde von Ray Daniels, einer der besten 10 Biere zum Entdecken auf der Welt gekürt.

Markus: Den Ray kenne ich, der hat auch viele Bücher schon geschrieben. Das ist wirklich spannend, also muss ich unbedingt mal probieren. So ein ganz frisches Coffee Stout ist bestimmt eine ganz besonders spannende Angelegenheit. Ihr habt auch zusammen mit der Kaffeeplantage so ein bisschen das Management für die Überbleibsel vom Brauen, vom Treber. Da habe ich gelesen, es gibt eine große Grube mit Würmern, die das fressen. Stimmt das und wie kam das?

Jonas Kohberger: Ja, wir haben die große Wurmgrube, weil wenn man die Kaffeekirschen erntet, die haben eine rote Schale, und das muss man halt separieren von der Kaffeekirsche und die Schale. Und die Schale, da ist ein Kompost, auch wieder was in die Plantage eingetragen wird und die Würmer helfen halt, einen guten Kompost zu machen. Und deshalb tun wir auch den Treber mit rein, um das Volumen noch mal zu steigern. Und der Treber, der hat ja auch immer noch ein bisschen Restzucker, die Würmer, die sind glücklich.

Markus: Das kann ich mir vorstellen. Ich habe hier auch schon mal ein Bier getrunken, das jemand eben aus dem Fruchtfleisch vom Kaffee gebraut hat. Das fand ich auch spannend. Also hat jetzt nicht nach Kaffee geschmeckt, aber hatte einen sehr interessanten eigenen Geschmack. Hast du sowas auch schon probiert?

Jonas Kohberger: Im Bier noch nicht, aber mit der Schale. Zum Beispiel Starbucks hat vor zwei Jahren groß angefangen mit der Kaffeeschale Pils zu machen.

Markus: Ah, spannend! Das habe ich noch nicht probiert.

Jonas Kohberger: Vielleicht noch eine Frage zu deiner eigenen kleinen Landwirtschaft. Da habe ich gelesen, dass ihr da eine besondere Art von Wirtschaften macht, nämlich die Permakultur. Vielleicht kannst du das mal kurz erklären, was ihr da drunter versteht und wie das funktioniert?

Markus: Alles oder gar nicht. Und die Finca produziert für die Finca. Quasi ich baue Mais an, der Mais ist für die Hühner. Dann haben wir natürlich Eier und dann auch Fleisch, Hühnerfleisch. Und dann der Kot von den Hühnern ist natürlich wieder ein natürlicher Dünger, was dann wieder für die Bäume und Pflanzen und verschiedenen Früchte angebracht wird, quasi ein geschlossener Kreislauf.

Markus: Also ein unglaublich nachhaltiges Konzept. Das finde ich echt toll. Sehr, sehr spannend! Kommst du denn ab und zu mal nach Deutschland zurück? Oder war das jetzt wegen Corona überhaupt möglich?

Jonas Kohberger: Das letzte Mal war ich in Deutschland 2018, schon wieder drei Jahre her.

Markus: Wie habt ihr die Corona-Zeit erlebt bei euch?

Jonas Kohberger: Hier war auch, alles wurde dichtgemacht, alles abgeschottet. Man konnte nur raus, mit der letzten Nummer vom Personalausweis konnte man zweimal die Woche einkaufen gehen. Dadurch, dass wir eigentlich auf einem Berg oben sind, wir sind auf 600 Meter Meereshöhe, hatte man ein bisschen mehr Freiheit. Dadurch, dass ich jetzt das Bier mache, quasi unbeschränkte Freiheit, weil Bier ist quasi ein Lebensmittel. Also die Lebensmittelproduzenten konnten ganz normal arbeiten gehen und ausliefern ohne Restriktionen.

Markus: Okay! Und jetzt ist das Leben aber wieder mehr oder weniger normal?

Jonas Kohberger: Mehr oder weniger. Die Impfung auch wie in Deutschland, es wird halt im Moment sehr viel geimpft. Ich warte jetzt immer noch auf nächsten Monat zum Impfen, weil hier wird das mit dem Alter gemacht, zuerst die Älteren und dann die Jüngeren. Und mittlerweile von 35 Jahren und aufwärts wird geimpft, und ich bin 32 Jahre alt, also muss ich noch ein bisschen warten.

Markus: Ja, dann drücken wir dir ganz fest die Daumen, dass das gutgeht und dass es auch mit der Brauerei weiterhin gutgeht. Ich würde mich freuen, wenn wir ein bisschen in Kontakt bleiben und vielleicht, wenn du dann mal nach Deutschland kommst und ein Bierchen mitbringst, dass wir uns mal sehen. Also vielen Dank auf jeden Fall für deine Zeit, für die Infos. Und heute noch einen schönen weiteren Tag. Du bist ja schon um drei Uhr morgens aufgestanden, können wir uns gar nicht vorstellen wahrscheinlich.

Jonas Kohberger: Eine Sache habe ich auch noch. Wir sind auch mittlerweile mit dabei, eine Craft-Destillerie aufzubauen. Das ist auch ein tolles Projekt, weil Kolumbien hat halt sehr viele Früchte. Und da haben wir vor drei Wochen einen Mango-Schnaps gebrannt, haben auch Calvados mit dem (unv. #00:18:52.6#) von hier, der schmeckt fast wie Calvados, ein neues Abenteuer.

Markus: Das klingt auf jeden Fall nach einem alkoholischen, aber auch nach einem sensorischen aromatischen Abenteuer. Spannend!

Jonas Kohberger: Vielen Dank, Markus! Und wir bleiben in Kontakt. Und wenn ich nach Deutschland komme, treffen wir uns auf ein Bier.

Markus: Und auf ein Schnäpschen. Ha-ha-ha!

Jonas Kohberger: Genau!

Markus: Also bis dann! Danke schön! Ciao!

Jonas Kohberger: Okay! Ciao!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 26 – Interview mit Christian Fiedler, Bier-Autor und Bierflaschensammler aus Bamberg

Aufgewachsen in Bamberg hatte Christian Fiedler zwar naturgemäß eine innige Beziehung zum Gerstensaft, widmete sich allerdings erst einmal seinem Geographie-Studium. In Amt und Würden angekommen, meldete sich das Biergewissen wieder – und aus einer Geschenkidee heraus entstand das Standardwerk zur Bamberger Biergeschichte „Bamberg, die wahre Hauptstadt des Bieres“, das heute in der vierten Auflage schon wieder vergriffen ist. Zum Dank für diese Arbeit gab es den Bamberger Bierorden, der jedes Jahr am 23. April Freibier in der Stadt garantiert. 2020 folgte mit den „Bamberger Biergeschichten“ der nächste Klassiker, in dem Christian Fiedler mit allerlei Mythen und Legenden rund um das Bier der Oberfrankenmetropole aufräumt. Außerdem besitzt er noch die größte Sammlung historischer Bamberger Bierflaschen, um die zu bekommen er schon vierstellige Höchstgebote setzen musste. Ein spannender BierTalk mit vielen Geschichten und einem Einblick in ein wahrhaft bierverrücktes Leben…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute ein Special und so ein bisschen ein Special unter Bier Freaks oder Bier Geek oder wie man auch immer sagen will. Wir haben heute zu Gast den Christian Fiedler, der sich auch gleich selber ein bisschen vorstellt. Erstmal Christian, schön, dass du da bist. Erzähl doch mal den Hörern kurz, mit wem haben wir es denn heute zu tun?

Christian Fiedler: Vielen Dank, Markus! Mein Name ist, wie gesagt, Christian Fiedler. Ich bin der Bier-Community vielleicht dadurch bekannt geworden, dass ich zwei Bücher geschrieben habe. Das erste im Jahr 2004 mit dem Titel „Bamberg, die wahre Hauptstadt des Bieres“. Darin habe ich die Geschichte der Bamberger Braustätten, die es seit 1818 in Bamberg gegeben hat, nachgezeichnet. Dieses Buch hat sich, glaube ich, ein bisschen so als historisches Standardwerk für die Brauereien und Brauereibetriebe in Bamberg entwickelt. Und habe dann im letzten Jahr, 2020, noch ein weiteres Buch folgen lassen, „Die Bamberger Biergeschichten“, wo es eben, wie der Titel schon sagt, auch wieder um lokale Bezüge zum Bamberger Bier geht. Verbunden aber auch natürlich schon ein bisschen mit Historie und mit Geschichte und mit Geschichten. Vielleicht zu meinem Hintergrund ist zu sagen: Ich habe, klar, in Bamberg studiert, Geographie. Und dazu ist dann auch so ein bisschen der Bezug und das Interesse gekommen für die historischen Hintergründe mit dem Bier und dem Brauwesen in Bamberg.

Markus: „Bamberg, die wahre Hauptstadt des Bieres“, das streichelt natürlich meine Seele und ich glaube die von vielen anderen auch. Das sind jetzt schon über vier Auflagen, glaube ich, draußen und vergriffen. Fangen wir vorne an. Also du wächst in Bamberg auf und wie kommst du dann überhaupt zum Bier und wie hat dich das dann in deinem Studium so gepackt, dass du irgendwann gesagt hast „Mensch, das ist ein Thema, mit dem möchte ich mich auch beschäftigen“?

Christian Fiedler: Ja, ist ein guter Punkt gewesen. Ich habe mit Bier lange Zeit nicht so viel zu tun gehabt. Mein erster Kellerbesuch, das weiß ich noch ganz genau, war 1987 auf dem Keller der Brauerei Spezial. Damals hat das Bier 1,80 Mark gekostet und ich war dann meistens mit 3,60 Mark schon immer gut bedient und habe mich dann sozusagen dem Bier spielerisch genähert über die vielen Bierkeller-Besuche bei uns in Bamberg. Ich habe dann, wie gesagt, Geographie studiert, bin in Bamberg geblieben nach dem Abitur am Kaiser-Heinrich-Gymnasium und habe dort Diplom-Geographie gewählt. Als unser Professor am Lehrstuhl, der auch mein Doktorvater war, der Herr Professor Becker, 65 geworden ist, da ist die Idee entstanden, wir müssen unseren Doktorvater eine Festschrift oder irgendwie eine Publikation zukommen lassen. Er selber wollte aber keine richtige Festschrift haben, er wollte irgendwas anderes haben. Da haben wir, sozusagen die Dozenten am Lehrstuhl und seine ehemaligen Schüler, uns ausgedacht, wir machen einen Exkursionsführer durch Bamberg und durch das Umland. Da habe ich mich mit zwei Kolleginnen, Astrid Jahreiß und die Tanja Roppelt, die in Bamberg oder vielmehr auch hier in Buttenheim bekannt ist als Leiterin des Levi-Strauss-Museums, haben wir uns zusammengetan und haben einen Artikel geschrieben über den Einfluss des Brauwesens auf die Stadtgeschichte. Da habe ich mich zum ersten Mal historisch intensiver mit dieser Thematik beschäftigt. Und dabei ist einfach deutlich geworden, es gibt zwar viel Literatur über Bamberg, über das Bier und über das Brauwesen, aber es ist vor allem auch viel Unfug, was da geschrieben stand. Da ist dann so der Wunsch entstanden, das alles mal ein bisschen zu sammeln, zu sortieren und vielleicht das Ganze auch ein bisschen mehr auf wissenschaftlich fundierte Beine zu stellen. Und über diesen ersten Aufsatz kam ich dann auf die Idee, 2004 dieses Buch zu schreiben „Bamberg, die wahre Hauptstadt des Bieres“. Wo ich eben ein bisschen aufräumen wollte mit den Sagen und Mythen, die es gibt. Ob mir das gelungen ist, weiß ich nicht genau, vielleicht ein bisschen. Als es dann darum ging, das Buch irgendwie auch zu betiteln, habe ich mich entschieden für den Titel „Bamberg, die wahre Hauptstadt des Bieres“. Es gab damals immer noch die große Radiowerbung aus Kulmbach, da wurde Kulmbach als die heimliche Hauptstadt des Bieres bezeichnet. Das war natürlich auch ein bisschen aus lokalpatriotischer Sicht der Anreiz zu sagen „Gut, Kulmbach mag die heimliche Hauptstadt des Bieres sein, aber die wahre Hauptstadt ist natürlich Bamberg. Das war dann der Grund für diesen Titel und für dieses Buch.

Markus: Ja, absolut! Dem kann man natürlich als Mit-Bamberger auch nur zustimmen. Ich finde es aber überhaupt schon interessant, wie das emotionalisiert, also wie überhaupt, wenn man überhaupt von einer Hauptstadt des Bieres spricht, das ist schon mal was, wo man merkt, das muss den Leuten wirklich wichtig sein, das muss ein Thema sein, wo sie sagen, da ist es wert, sich drum zu streiten, ob man eine Hauptstadt ist sozusagen. Und dann eben noch diese Diskussionen zwischen heimlich und wahr und so. Aber ich denke mal, also mir ging es auch so, wenn man in Bamberg aufwächst, dann ist das alles ganz normal. Dann hat man vielleicht sogar zwischendurch mal eine gewisse Distanz zum Thema Bier. Wenn man dann zum Beispiel an der Uni ist und lernt oder erfährt, wie andere Leute da drauf gucken und wie begeistert die sind und wie da die Augen leuchten, wenn man in den Bierkeller geht oder in eine Brauereigaststätte, dann merkt man das, glaube ich, erst wirklich zu schätzen. Das sind so die Momente, wo ich heute immer noch sehr davon zehre und mich freue, wie begeistert die Leute sein können, die man hier einlädt. Aber dich hat es dann letzten Endes weg aus Bamberg verschlagen, oder?

Christian Fiedler: Genauso ist es. Ich bin beruflich bedingt seit 2002 im Rhein-Main-Gebiet ansässig, bin aber, ehrlich gesagt, noch nicht so richtig heimisch geworden hier. Ich fühle mich da noch so ein bisschen als Gastarbeiter, einfach weil ich durch die Familie, durch Freunde und eben auch über die Biergeschichte immer noch sehr, sehr eng mit Bamberg verbunden bin. Ich komme natürlich auch alle drei, vier Wochen in die Heimat. Natürlich nicht dann ohne den Kofferraum mit Bamberger Bier voll zu laden, um hier in der, ja, hessischen Bier-Diaspora entsprechend überleben zu können. Das Gute ist, von Frankfurt nach Bamberg ist man, na gut, je nach Verkehrssituation eigentlich auch in zwei Stunden hin und her gefahren. Das ist eigentlich ganz gut. Aber ich bin tatsächlich hier in Wiesbaden beschäftigt bei einem Forschungsinstitut. Das hat mit Bier jetzt mal gar nichts zu tun, aber das Bier als Leidenschaft und vor allem die Geschichte des Brauwesens hat mich bis heute nicht losgelassen und hat nach wie vor eine große Faszination, die es auf mich ausübt.

Markus: War das vielleicht auch ein bisschen Einstellungskriterium, als du dich um den Job beworben hast, dass die gesagt haben „Mensch, da holen wir uns endlich Bierkompetenz ins Haus“?

Christian Fiedler: Leider nein, damit konnte ich damals noch nicht punkten. Aber es war eine lustige Geschichte: Als nämlich ich 2007 beim jetzigen Arbeitgeber angefangen habe, habe ich gesagt im Vorstellungsgespräch, ich bräuchte in zwei Wochen schon einen Tag Urlaub, denn mir wurde im Jahr 2007 der Bierorden der Stadt Bamberg verliehen. Der wird einmal im Jahr an Leute verliehen, die sich für das Bier verdient gemacht haben. Das hat natürlich dann gleich für Lacher gesorgt, als ich beim Vorstellungsgespräch gesagt habe „ich bekomme den Bierorden der Stadt Bamberg überreicht und muss deswegen in zwei Wochen gleich schon mal den ersten Tag Urlaub nehmen“.

Markus: Das ist auch was, wo die Leute dann schon ein bisschen gucken und andererseits auch, wenn man dann die Umstände so ein bisschen erzählt, dass wir als Bierordensträger an dem Tag quasi Freibier in der Stadt haben, da kommt dann immer schon so ein bisschen der Neid auf.

Christian Fiedler: Absolut!

Markus: Apropos, im BierTalk trinken wir ja auch mal ein Bierchen. Ich habe dich gebeten, dir eins rauszusuchen, was du jetzt, wir haben Morgen, mit uns verkosten möchtest. Was hast du dir für eins ausgesucht? Warum? Und mach’s doch dann auch gerne mal auf.

Christian Fiedler: Dann bin ich jetzt schon mal in der Bredouille natürlich, weil wie gesagt, ich bin auch Bierordensträger der Stadt Bamberg und damit irgendwie auch gegenüber den Brauereien irgendwie zur Neutralität verpflichtet. Deswegen will ich hier keine Partei ergreifen für eine besondere Brauerei. Aber ich habe mich tatsächlich für ein Bamberger Bier natürlich entschieden, und zwar für ein Lagerbier der Brauerei Spezial. Aus verschiedenen Gründen, weil es mir natürlich erstens unglaublich gut schmeckt und weil ich der Meinung bin, dass dieses Rauchbier mit der handwerklich hergestellten Malzfabrikation so ein unglaublich aufwändiges Produkt ist. Wenn man einmal sieht, mit welchem Aufwand hier Malz noch in Handwerksarbeit hergestellt wird, dann weiß man dieses Bier auch noch mal ganz anders zu schätzen. Zumindest geht’s mir so. Und ich finde, dass dieses Bier, dieses Lagerbier der Brauerei Spezial, ja, das klingt fast schon ein bisschen poetisch, aber eine richtig tiefe Seele hat. Ich finde, das ist eines der Biere, die man unbedingt mal genießen sollte, wenn man in Bamberg ist. Und deswegen würde ich sagen, wenn wir hier drüber sprechen, dann machen wir es doch am besten gleich mal auf.

Markus: Ja, mach’s doch mal auf. Da bin ich gespannt, was du dazu sagst. Ich kann auch nur sagen, ich werde immer mal gefragt, welches Bier würdest du mit auf eine einsame Insel nehmen oder sowas, und da gehört das für mich auch absolut dazu. Und lustigerweise komme ich auch gerade aus der Spezial Brauerei, ich war jetzt da gerade mit ein paar Bekannten aus Italien dort und wir haben uns die Brauerei angeschaut und auch die Mälzerei. Das ist in der Tat absolut faszinierend, dass die quasi immer noch so arbeiten wie eben vor 200, 300, 400 Jahren. Es ist ganz viel Handarbeit immer noch da und überall, wo man da drin ist, da ist einfach dieses Aroma, dieser Rauch gegenwärtig. Und wenn man dann oben steht in diesem Silo, wo das Malz dann auch gelagert wird und dann probieren kann, das ist wirklich ein absoluter Traum. Und natürlich für Bamberger wie uns ein großes Kino sozusagen. Aber ich will dich gar nicht lang unterbrechen: Wie schmeckt‘s dir denn?

Christian Fiedler: Mir schmeckt‘s ausgezeichnet. Wenn du sagst, auf eine einsame Insel einen Kasten Spezial, dann bräuchten wir auch natürlich einen guten Kühlschrank, der das mit kühlt. Aber wenn das so kühl gelagert wird, es ist ein Genuss, es schmeckt einfach kräftig. Also ich bin leider kein Biersommelier, ich kann immer nur sagen, mir schmeckt‘s oder mir schmeckt’s nicht, aber dieses Bier schmeckt mir wirklich ganz, ganz ausgezeichnet.

Markus: Das ist auch das ultimative Kriterium am Ende, am Ende des Tages.

Christian Fiedler: Eigentlich ja!

Markus: Also egal, was man da irgendwie beschreibt oder erzählt, es muss den Leuten schmecken. Und letzten Endes ist es eben so, für alle, die jetzt nicht ganz so tief in der Bamberger Bierkultur drin sind, haben wir diese zwei Brauereien, Schlenkerla und Spezial, die eben beide nach wie vor Rauchbier machen und weltweit die Einzigen sind, die das eben immer gemacht haben, und auch die beiden einzigen sind, die ihr Malz selber herstellen. Beim Spezial kommt eben dazu, dass sie sogar alle Schritte des Malzes komplett selber machen noch, also sich auch die Gerste anliefern lassen und dann wirklich vom Weichen und Keimen bis zum Darren am Ende den Prozess wirklich komplett selber noch machen. Das macht das Ganze so ein bisschen besonders. Und ihr Lagerbier ist von der Intensität, wenn man es jetzt so ein bisschen einordnen würde, vielleicht so die Nummer 3 in Bamberg. Also das Intensivste ist wahrscheinlich das Schlenkerla Märzen, was die klassisch ausschenken. Und dann hat man auch von der Spezial Brauerei ein Märzen, und dann gibt’s eben das Lager, was ein bisschen weniger intensiv ist, aber trotzdem für die Leute immer noch sehr spannend, sehr rauchig, und hat dann eben wunderschön diesen Charakter, diese wunderbare Farbe schon, so ein Braun mit Rotstich und dann eben dieses schöne …

Christian Fiedler: Sieht superschön aus. Ja.

Markus: Ach Gott! Ganz, ganz toll, freut mich sehr. Und schön, dass du dieses Bier ausgewählt hast. Ich mach mir mal meins auch auf, weil dann können wir auch mal virtuell quasi anstoßen. Ich hatte dieselbe Bredouille wie du, ich wollte jetzt auch keine Bamberger Brauerei bevorzugen, und habe mir dann gedacht, na ja, nachdem der Tag heute für mich noch ein bisschen länger dauert und ich noch ein paar Termine habe, nehme ich mal ein alkoholfreies Bier. Da mache ich sehr viel, beschäftige mich auch damit, auch mit neuen Entwicklungen, und habe mir neulich mal so eine gemischte Kiste aus Belgien und Niederlanden kommen lassen mit verschiedenen neuen alkoholfreien Bieren, die ich auch noch nicht kenne. Und habe hier von Hertog Jan das alkoholfreie 0,0. Da steht drauf „(unv. #00:10:58.4# vol van smaak?), also mit vollem Geschmack und „(unv. #00:11:01.3# verfrisen mit en bitterne?)“, also erfrischend mit einer Bittere. Gucken wir mal, was das so zu bieten hat.

Christian Fiedler: Das klingt zumindest schon mal ganz gut.

Markus: Ja, also es fließt auf jeden Fall schon mal schön ins Glas, hat eine wunderbare goldene Farbe, also das ist auf jeden Fall auch sehr einladend. Oben schöner weißer Schaum. Passt! Riechen wir mal rein. Ja schön, so malzig, bisschen brotig, auch ein bisschen so Honigaromen. Probieren wir es mal. Mmh, also einen satten vollen Körper. Dann so ein bisschen eigentlich typische belgische Hefearomen. Und hintenraus kommt dann tatsächlich eine relativ kräftige Bittere, die auch lange bleibt. Es moussiert ein bisschen im Mund. Also ist, ich weiß nicht ganz genau, welchen Bierstil es repräsentieren soll, ich würde mal sagen wahrscheinlich ein Blonde. Also das Gegenstück vielleicht ein bisschen zu dem, was wir als Helles haben. Aber durch diese belgischen Hefearomen ist es eben fruchtiger und ein bisschen voller und ein bisschen frischer. Aber ein schönes Bier für diesen Morgen. Also Prost!

Christian Fiedler: Prost!

Markus: Wir haben darüber gesprochen, du hast die beiden Bücher verfasst. Und bei dem zweiten, neueren geht’s jetzt auch ganz viel so um die Geschichten hinter der Geschichte. Vielleicht können wir da so ein, zwei Highlights mal unseren Hörern erzählen. Ich erinnere mich, zum Beispiel gibt’s diese Geschichte rund um den Bamberger Bierkrieg, also dass es da sogar Soldaten und Hauptmänner und Bierlieferungen, die irgendwo gestoppt und beschlagnahmt wurden. Was weiß ich, was es alles für Geschichten gibt. Vielleicht können wir diesen Mythos mal als erstes aufräumen. Gab’s diesen Bierkrieg überhaupt und was hast du rausgefunden und was hat das für die Stadt bedeutet?

Christian Fiedler: Den Bierkrieg gab es tatsächlich, auch wenn man vielleicht heute mit Abstand sagen muss, das wurde natürlich immer wieder auch ein bisschen überhöht dargestellt, und man muss es immer auch vor dem damaligen Zeitgeist sehen. Dieser Bamberger Bierkrieg ereignete sich im Oktober 1907 und damit eigentlich schon relativ nahe auch am Ersten Weltkrieg orientiert. Ich glaube, das war damals auch ein bisschen so die Grundstimmung, die Bevölkerung war einfach kriegsbereit. Ich glaube, vor diesem Hintergrund, der politisch und auch in größerem Umfang gesehen werden muss, hat sich dann in Bamberg dieser kleine Bierkrieg entwickelt. Hintergrund war der, dass die Bamberger Brauereien, die damals übrigens das Bier zum gleichen Preis ausgeschenkt hatten, also sich abgesprochen hatten, wie teuer das Bier ist, die haben beschlossen, dass das Bier zu günstig ist, denn sie hatten steigende Kosten durch verteuerte Rohstoffe, durch verteuertes Heizmaterial, auch die Lohnkosten sind immer weiter gestiegen und die Preise für Maschineneinrichtungen sind höher geworden. Da haben die Bamberger Brauer sich zusammengetan, das war an sich schon mal schwierig, weil es erstens über 30 waren, die sich eben nicht immer einig waren. Aber sie haben dann beschlossen, den Preis für den halben Liter Bier, also für das Seidler Bier, von 11 auf 12 Pfennige zu erhöhen. Daraus hat sich dann ein Boykott der Bürger entwickelt, der letztendlich dann nach sieben Tagen dazu geführt hat, dass die Brauer ihren Bierpreis wieder zurückgenommen haben und dann wieder für 11 Pfennig das Bier ausgeschenkt haben. Das ist so in etwa die Story, die dahintersteckt. Es gibt aber nicht nur in Bamberg Bierkriege, sondern es gibt viele Städte, in denen es vergleichbare Boykotte oder Bierkrawalle, wie man sie auch genannt hat, gegeben hat. Beim Bamberger Bierkrieg habe ich mich, wie gesagt, ein bisschen eingelesen. Man muss sagen, dass dieser Bierkrieg sich schon Jahre vorher angedeutet hatte, einfach weil die Brauereien das Bier erhöhen wollten. Gleichzeitig haben sie dazu natürlich die Zustimmung der Gastwirte gebraucht, sie haben ja die Restaurants, die Gasthäuser mit Bier beliefert. Diese Gasthäuser wollten aber diese Bierpreiserhöhungen natürlich nicht mittragen, weil sie sonst den Unmut der Gäste zu spüren bekommen hätten. Die Gastwirte wollten viel lieber den Bierbezugspreis senken. Also sie wollten das Bier von der Brauerei billiger bekommen, die Brauereien aber wollten das Bier teurer verkaufen. Dadurch kam es dann sozusagen zum großen Interessenskonflikt zwischen den Brauern auf der einen Seite und den Gasthaus-Betreibern auf der anderen Seite. Dann haben sich einige skurrile Begegnungen ergeben, zum Beispiel die Tatsache, dass dann Bier aus Forchheim und aus Erlangen importiert worden ist, also mit dem Pferdewagen nach Bamberg geliefert ist. Die haben das dann zum alten Preis geliefert. Die Gastwirte haben selbst aufgerufen, verstärkt Apfelwein zu trinken oder eben gar kein Bier mehr zu trinken. Und damit wollte man eben den Widerstand gegen die Brauereien entsprechend größer machen. Was letztlich nach einer Woche dann auch gelungen ist. Es gibt da ein schönes Bild, weil nämlich diese Personen, die das maßgeblich angezettelt haben, das waren unter anderem zwei Gastwirtsbesitzer, die haben dann sogar eine eigene Postkarte von sich machen lassen zur Erinnerung an den Bierkrieg von 1907 und haben sich da entsprechend dann feiern lassen, dass sie die Brauereien mehr oder weniger in die Knie gezwungen haben.

Markus: Faszinierend, und auch wie du schon sagst, dieser Anklang, wo eben schon dieser beginnende Militarismus da so ein bisschen zu hören ist. Das merkt man auch daran, dass dann der Dritte auf der Postkarte eigentlich ein Buchhalter ist, der dann den Titel Feldmarschall bekommen hat, …

Christian Fiedler: Richtig, ja!

Markus: … Karl Panzer, also das finde ich schon auch eine ganz spannende Geschichte. Diese Postkarte geistert auch immer so ein bisschen durch viele Bamberger Bücher und sonst wo im Internet rum. Das ist sehr spannend. Was ich auch interessant finde, man sieht da unten die Erwähnung von dem § 11. Das sieht man auch immer wieder bei alten Speisekarten in Brauereien, wenn man das irgendwo sieht. Ich weiß nicht, weißt du, was es damit auf sich hat?

Christian Fiedler: Das ist ein guter Punkt, Markus, den du ansprichst. Ich hab‘s leider bis heute nicht herausgefunden, ich weiß es nicht. Aber es ist extrem, dass dieser § 11 auftaucht. Wenn es mir jemand sagen könnte, wäre ich sehr dankbar und vielleicht auch ein Stückchen schlauer, (unv. #00:16:39.6#)

Markus: Dann werde ich das Geheimnis lüften. Gut, also ganz so kompliziert ist es auch nicht. Aber was eben interessant ist, dass es diese Verbindung auch zu den Studentenverbindungen, die es damals noch in großer Zahl gab und die da auch ein großes Ansehen hatten. Die haben für ihre Kommerze, wenn die sich treffen, eine Ordnung sozusagen, wie man sich da verhalten hat, wann man aufstehen darf und wann man sich hinsetzen muss und wann man trinkt und so weiter. In dieser Bierordnung, die die da für ihre Veranstaltung haben, da gibt’s eben verschiedene Paragrafen. Der § 11 ist dann der, der heißt: Es wird weiter gesoffen. Also auf lateinisch: porro bibitur. Das ist praktisch so einerseits ein bisschen Trotz, wenn das so in den Gaststätten hängt und auf dieser Postkarte ist, und andererseits eben auch Verpflichtung, dass man eben dem Alkohol entsprechend zuspricht. Kennt man von Studentenverbindungen. Aber deswegen taucht es immer wieder auf und wird eben damit gleichgesetzt, dass man sagt „hier wird auf jeden Fall ordentlich konsumiert“ sozusagen. Daher kommt das.

Christian Fiedler: Sehr spannend! Siehst du. Vielen Dank!

Markus: Ach Gott, kein Thema! Ich bin froh, dass ich auch dir mal was erzählen kann. Es gibt da noch so mehr Dinge. Ich habe auch mal gelesen, dass die Bamberger Feuerwehr was mit Bier zu tun hat. Gibt’s da eine Geschichte dazu?

Christian Fiedler: Auch das ist ein sehr schöner Beleg dafür, wie eng die Entwicklung des Brauwesens mit der Stadtgeschichte verwoben ist. Früher hat man gerade in den Braubetrieben sehr viel mit offenem Feuer hantiert. Man denkt zum Beispiel jetzt nur an das Darren, worüber wir schon gesprochen haben. Das wurde über offenem Holz getrocknet. Das war eine ständige Feuerquelle oder ein Problem, dass eben Brände ausbrechen konnten. Zumal viele Häuser oder auch Dachböden natürlich aus Holz gebaut waren. Auch beim Bierbrauen selbst, beim Sieden, musste natürlich mit offenem Feuer hantiert werden. Oder auch beim Abdichten der Fässer, die hat man früher, um sie möglichst dicht zu halten, mit heißem Pech gepicht, also abgedichtet, damit es zwischen den Dauben wasserdicht oder in dem Fall eher bierdicht bleibt. Das heißt also, mit offenem Feuer wurde bei den Braubetrieben früher sehr, sehr viel hantiert. Es ist leider sehr oft vorgekommen, dass dieses Feuer eben unkontrolliert ausgebrochen ist. So gibt’s eigentlich fast keine Brauerei, in der es nicht irgendwann mal gebrannt hat. Die Leute hatten früher vor Bränden sehr viel mehr als heute natürlich extreme Angst, denn die Häuser waren gerade im Innenstadtbereich dicht bebaut, Haus an Haus. Wenn irgendwo mal in einer Brauerei ein Feuer ausgebrochen ist, dann bestand eben auch die große Gefahr, dass dieses Feuer auch auf andere Häuser übergreift. Damals waren natürlich die Feuerwehren noch nicht so ausgerüstet wie heute. Deswegen hat man versucht, diese Feuergefahr entsprechend zu reduzieren, indem man vorgeschrieben hat, dass die Türen zu den Malzhäusern nicht aus Holz sein dürfen, sondern die mussten aus Metall sein. Manchmal, das sieht man auch in Bamberg immer noch ganz gut, waren die Brauhäuser auch räumlich getrennt von der anderen Bebauung. Also vorne war das Gasthaus, dann kam ein Innenhof und dahinter war dann erst das Brauhaus. Einfach auch, um zu vermeiden, dass das Feuer direkt an die Häuser geht und übergreift. Trotzdem kam es auch immer wieder mal zu großen Feuersbrünsten. Auch in Bamberg sind leider einige Brauhäuser oder auch die Nachbarschaftshäuser in Flammen aufgegangen. Einer der einschneidenden Tage in der Bamberger Stadtgeschichte war sicherlich der 3. Januar 1860. Da ist nämlich auch wieder ein Feuer ausgebrannt oder ausgebrochen, und zwar in der Brauerei Jäck. Das ist für die, die sich in Bamberg ein bisschen auskennen, am Maxplatz gewesen. Innerhalb von wenigen Stunden ist die Brauerei dort komplett abgebrannt. Ein Problem war, und das haben auch die Zeitzeugen damals in den Zeitungen berichtet, es gab zwar viele Menschen, die helfen wollten, die Wasser herbeigebracht haben in Kübeln und versucht haben, irgendwie zu löschen, aber die Löschbemühungen waren einfach unkoordiniert und jeder hat irgendwas gemacht, aber einfach nicht kontrolliert. Man hat dann scheinbar hier mehr Unruhe entwickelt, als dass man den Brand gekämpft hat. Das hat dann in Bamberg die Diskussion befeuert, im wahrsten Sinne des Wortes, dass man doch unbedingt auch eine schlagkräftige Feuerwehrtruppe brauchen würde. So gab letztendlich dann dieser Brand in der Brauerei Jäck den Anlass, dass sich in Bamberg die Freiwillige Feuerwehr gegründet hat. Und zwar schon 13 Tage später am 16. Januar 1860 haben sich in Bamberg mehr als 70 Bürger zusammengetan und haben in der Gaststätte Pelikan, die es auch heute noch gibt, die Gründungsversammlung der Bamberger Feuerwehr abgehalten. Soviel ich weiß, wird auch heute noch einmal im Jahr dieser Tag dort gefeiert mit den Leuten der Freiwilligen Feuerwehr. Das ist eigentlich ein sehr schönes Beispiel, dass die Brauereien und letztlich auch die Biertrinker damit verantwortlich sind, dass sich damals die Feuerwehr gegründet hat, die nicht nur hilft, wenn es in den Brauereien brennt oder in den Mälzereien, sondern eben auch jedem Bürger zugutekommt, wenn irgendwo ein Feuer ausgebrochen ist. Ich glaube, das ist eine schöne Geschichte, wie sich so Brauereihistorie und Stadtgeschichte miteinander verzahnen.

Markus: Ja, auf jeden Fall! Natürlich helfen die Feuerwehrler auch, wenn sie ihren persönlichen Brand mit dem Bier löschen, …

Christian Fiedler: Definitiv!

Markus: … und unterstützen damit dann auch die Brauereien. Ich finde das auch ganz spannend, vor allem eben dieser Zusammenhang mit dem Thema Feuergefahr und Bier. Der bekannteste Brand, den ich so kenne, ist der große damals in Erlangen 1706. Das war zumindest von der Geschichte her wohl so, dass da auch bei einer Brauerei, die hatten auch eine Brennerei und wollten da wohl gerade eine Destillation ansetzen, und da muss wohl das Feuer aus gekommen sein, muss ein Fuhrwerk in Brand gesetzt haben. Das Pferd, was noch drangeschnallt war, ist dann durchgegangen und dann ist dieses brennende Fuhrwerk durch die halbe Stadt gefahren und am Ende ist Erlangen fast komplett abgebrannt. Das ist in der Tat damals natürlich wirklich ein großes Thema gewesen. Jetzt haben wir zwei spannende Geschichten gehört. Wollen wir vielleicht noch eine dritte machen? Hast du noch eine Lieblingsgeschichte?

Christian Fiedler: Ja, eigentlich sind alles Geschichten, meine Lieblingsgeschichten, aber vielleicht eine besondere, und zwar das Thema Flaschenbier. Ich weiß nicht, da denkt man eigentlich meistens nicht so richtig drüber nach, was es bedeutet, Bier aus der Flasche zu trinken, weil es für uns völlig normal ist, dass Bier in Flaschen gelagert und getrunken wird. Aber lange Zeit war es natürlich auch in Bamberg üblich, dass man das Bier in der Gaststätte trinkt. Also man ist in die Brauerei oder ins Gasthaus oder im Sommer eben auf den Bierkeller oder in den Biergarten und hat das Bier dort konsumiert. Eine andere Möglichkeit war natürlich, das war auch noch beliebt lange Zeit und hat, glaube ich, auch während der Corona-Phase noch mal so ein richtiges Revival erfahren, die Gassenschenke, dass man also mit dem offenen Bierkrug in die Brauerei geht, lässt sich das Bier dort einschenken, bezahlt und geht dann wieder. Hat auch meine Mutter noch immer lebhaft erzählt, dass sie von ihrem Großvater oder von ihrem Vater immer zum Bierholen geschickt worden ist in die Brauerei Kaiserwirt oder zum Einhorn und hat dann dort das Bier sich befüllen lassen und nach Hause gebracht. Aber die eigentliche Revolution ist durch dieses Flaschenbier dadurch entstanden, dass man das Bier sozusagen wirklich verschlossen mit nach Hause nehmen konnte. Deswegen war die Erfindung der Bierflasche eine Sache, die mich persönlich sehr interessiert hat und die ich auch in dem Buch unbedingt widerspiegeln wollte. Ich erzähl mal vielleicht so ein bisschen, wie es in Bamberg gewesen ist. Das mag in anderen Städten vielleicht ein bisschen anders, aber in der Tendenz wahrscheinlich ähnlich gewesen sein. Den ersten Hinweis, den ich gefunden habe, dass Bier aus Bamberg in Flaschen abgefüllt worden ist, der findet sich im Jahr 1836, als nämlich ein Brauer aus der Königstraße das Bier in Tonkrüge, also so in Tonflaschen abgefüllt hat. Hat sie dann mit einem Korken verschlossen und um den Druck bändigen zu können, nochmal mit einem Drahtgeflecht verstärkt, so wie wir es auch heute bei Champagnerflaschen kennen, und diese Sendung mit Bamberger Bier in Flaschen hat er dann nach Nordamerika geschickt, also wohlgemerkt 1836. Das waren so die ersten Anfänge, dass Bier in Flaschen abgefüllt worden ist. Hat sich aber bei den Einheimischen Verbrauchern erstmal nicht durchgesetzt und erst so in den 1870er Jahren, als dann auch so die großen Brauereien aus München, aus Erlangen, aus Kulmbach Bier in Flaschen nach Bamberg geschickt haben, haben sich die Bamberger Brauereien allmählich Gedanken gemacht, Bier in Flaschen zu füllen. Und ab 1875 gibt’s dann auch die ersten Bamberger Brauereien, die Bier in Flaschen gefüllt haben. Das wurde natürlich dadurch befeuert, dass damals auch dann sehr viele Menschen in Fabriken gearbeitet haben, auf dem Bau. Da war es natürlich sehr schön und sehr bequem, einfach sich einen Kasten Bier mitzunehmen oder die Flasche einzupacken. Man konnte die mit dem Bügelverschluss auch schön verschließen. Das hat eigentlich auch dann dem Flaschenbier-Verbrauch einen richtigen Schub gegeben, sodass es also nicht mehr notwendig war, zum Trinken in die Gaststätte zu gehen, sondern sozusagen das Bier „to go“, ganz moderner Ansatz, das Bier eben mit nach Hause zu nehmen oder auf Ausflüge mitzunehmen oder auf die Arbeit mitzunehmen. Das fand ich eine sehr schöne Geschichte, wie sich so ein Alltagsgegenstand wie die Bierflasche, was der auch wirklich eigentlich für eine Revolution im Konsumentenverhalten ausgelöst hat. Für mich persönlich hat das noch mal vielleicht eine besondere Bewandtnis: Diese Bierflaschen, die damals hergestellt worden sind, die waren ganz individuell gestaltet. Also nicht wie heute, wo es eine Einheitsbierflasche gibt mit einem Etikett, war es damals viel mehr so, dass jede Brauerei eigene Bierflaschen hergestellt hat, und zwar mit dem Namen der Brauerei, mit dem Schriftzug aufgeprägt auf das Glas. Also bei der Glasherstellung der Flasche hat man auch den Namen der Brauerei mit aufgeprägt. So gibt’s da wunderbare alte Flaschen, so beginnend ab 1880, wo dann eben draufsteht „Brauerei Mahr Bamberg“, „Brauerei Greifenklau Bamberg“. Das sind wunderbare Zeugnisse der Brauhistorie in Bamberg. Ich muss an dieser Stelle gestehen, dass ich seit vielen Jahren solche alten Bierflaschen sammele, und versuche, möglichst viele verschiedene Varianten von solchen Flaschen zusammen zu bekommen, um sie auch dokumentieren zu können. Dieser Werkstoff Glas hat so eine unheimliche Wirkung, wenn man die schön entsprechend beleuchtet, dann sieht man auch diese Aufschrift sehr schön. Also ich finde es einerseits sehr ästhetisch vom Ansehen, aber auch als Beleg für die lokale Braugeschichte sind das sehr schöne Stücke. Deswegen war es mir wichtig, dieses Thema Flaschenbier hier in dem Buch mit unterzukriegen. Zumal ich auch eine schöne Stelle in der Bamberger Tageszeitung gefunden habe, wie die Bamberger auf dieses Bier in Flaschen reagiert haben. Denn man muss sich, wie gesagt, vorstellen, es wurde jahrhundertelang immer nur aus Bierkrügen getrunken, und als dann diese modernen Flaschen kamen, waren die Bamberger, die eh immer ein bisschen, ja, traditionsbewusst sind in ihrem Umgang, waren sie erstmal ein bisschen skeptisch, ob Bier in Flaschen überhaupt schmeckt. Auch die Brauer haben behauptet, zumindest einige, wenn sie Bier in Flaschen abfüllen, dass das Bier dann sehr schnell schal werden würde. Da habe ich eine schöne Stelle gefunden in den Bamberger Tageszeitungen aus dem Jahr 1897. Da geht’s darum, dass jemand das Bamberger Kellerleben sozusagen beschreibt. Dann kommen sie auf einen Biergarten, das ist am Bundeshof gewesen, da sehen sie, dass Bier aus Flaschen ausgeschenkt wird. Sie wundern sich erstmal, ob natürlich Flaschenbier sich, und so heißt es wörtlich, „würdig erweist eines deutschen Männerdurstes“. Aber sie machen die Flasche auf, trinken das Bier und kommen zum Ergebnis: Der Stoff ist famos. Und so hat sich dann wahrscheinlich erst recht langsam, aber dann doch recht schnell das Bier in Flaschen durchgesetzt. Und schon ab 1900 haben alle Bamberger Brauereien einen Großteil ihres Bierausstoßes über den Flaschenversand verkauft.

Markus: Ja, ein absolut spannendes Thema. Das hat sich dann eben so Stück für Stück fortgesetzt. In Berlin hat man dann ein Kartell gebildet, um dann eben eine Einheitsflasche zu haben und daraus kommt dann unser Pfandsystem. Also sehr, sehr spannende Geschichte. Du hast ganz viele davon, also eine wunderbare Sammlung. Wahrscheinlich die größte, die es so gibt, oder?

Christian Fiedler: Ja. Ich könnte sagen, ich habe weltweit die größte Biersammlung von Bamberger Bierflaschen. Aber es ist natürlich übertrieben, weil ich wahrscheinlich auch der Einzige bin, der es überhaupt sammelt. Der Sammlerkreis ist recht überschaubar. Ich habe, wie gesagt, so 160, 170 verschiedene Flaschen von Bamberger Brauereien. Die unterscheiden sich hinsichtlich des Aufdrucks. Es gab auch lange Zeit bis zum Ersten Weltkrieg Literflaschen, also sehr schöne große Ein-Liter-Flaschen zu den (unv. #00:28:13.9# passenden?) 0,5-Liter-Flaschen. Es gibt die Flaschen in Grün, es gab sie mit braunem Glas, es gab sie aufgeprägt, es gibt sie mit unterschiedlichen Verschlusssystemen. Also ich versuch wirklich, alle Varianten dieser Bamberger Bierflaschen zusammen zu klauben und habe sie auch auf meiner Webseite www.bamberger-bierflaschen.de mal zusammengestellt. Vielleicht mal ganz interessant zu sehen, was es alles für Brauereien gegeben hat und welche Bierflaschen es gegeben hat. Und natürlich sammele ich auch die Flaschen aus dem Landkreis, das gehörte dann doch irgendwie zu Bamberg mit dazu, auch da habe ich dann nochmals ungefähr 130, 140 verschiedene Bierflaschen.

Markus: Falls da jetzt jemand auf deinen Spuren wandeln will und dieses Sammelgebiet für sich erschließen will, wo bekommt man solche Flaschen denn überhaupt her? Das stelle ich mir relativ schwierig vor.

Christian Fiedler: Ja, gar nicht so einfach. Es wird auch immer schwieriger, so Flaschen zu bekommen, muss ich selbst zugestehen. Ein Klassiker ist natürlich im Internet, also bei Ebay oder Ebay Kleinanzeigen einfach mal zu schauen, ob da was angeboten wird. Dankbar sind auch natürlich irgendwelche Flohmärkte, die veranstaltet werden, wo man ab und zu mal sowas findet. Diese Flaschen, das muss man sagen, die wurden früher nie allzu weit um die Brauerei herum verteilt. Also bei Bierdeckeln, bei Bierfilzchen, da kennt man das, das war ein Sammelobjekt, die haben sich sehr schnell weit verstreut. Bierflaschen sind aber meistens sehr lokal begrenzt geblieben. Das lag vor allem auch daran natürlich, dass die Leute die Flaschen, wenn sie leer waren, behalten haben, haben dann Gelee eingekocht und haben es darin aufbewahrt oder haben Saft eingekocht und haben es aufbewahrt. Manche haben auch Öl oder irgendwelche Lacke eingefüllt. Das heißt, man findet solche Flaschen auch tatsächlich öfters mal in alten Scheunen oder wenn Häuser abgerissen werden, irgendwo zwischen den Balken oder im Dachgeschoss. Da taucht sowas immer wieder mal auf. Es gibt natürlich dann auch noch Tauschtage, es gibt richtige Veranstaltungen von Brauereiartikel-Sammlern. Da werden dann Krüge getauscht oder verkauft, es werden Gläser getauscht oder verkauft, und es gibt auch einige Bierflaschen-Sammler, die dann natürlich auch Bierflaschen anbieten zum Verkauf oder zum Tauschen.

Markus: Hm! Unter uns Gebetsschwestern, was war so die teuerste Flasche, die du jemals erstanden hast?

Christian Fiedler: Das bleibt ja unter uns: Es gab in Bamberg die Franziskaner Bräu, das war die letzte Klosterbrauerei im Franziskanerkloster auf dem Jakobsberg, und die hat 1880 zugemacht, die Brauerei. Und zwar nach einem Beschluss des Ordens, dass nämlich in ganz Bayern alle Franziskanerklöster ihre Brauereien dichtmachen sollten, um sich wieder mehr der geistigen Einkehr zu widmen. Deswegen wurden alle Franziskaner Brauereien geschlossen, mit Ausnahme des Franziskaner Klosters in der Rhön, auf dem Kreuzberg, die Brauerei gibt’s ja noch. Aber alle anderen Brauereien wurden geschlossen, und eben auch die Bamberger Franziskaner Brauerei. Ich habe dann bei Ebay tatsächlich mal eine Bierflasche von dieser Franziskaner Bräu Bamberg gefunden. Ich war natürlich total angefixt, weil ich diese Flasche unbedingt haben musste. Und habe deswegen 1111 Euro und 11 Cent als Höchstgebot abgegeben, weil ich die Flasche unbedingt haben wollte. Jetzt wirst du fragen: Habe ich den Zuschlag bekommen?

Markus: Allerdings! Ich hänge gerade in den Seilen. Ich bin gespannt.

Christian Fiedler: Ich habe sie für 22 Euro bekommen. Wenn wir von Preisen sprechen, Bierflaschen sind eigentlich relativ günstig zu bekommen. Bei Bierkrügen werden da ganz andere Preise aufgerufen. Bei Flaschen, wie gesagt, da gibt’s nicht so viele Sammler, deswegen sind die Preise für Bierflaschen mit geprägter Aufschrift, die variieren. Klar, bei denen, die es häufiger gibt, bei 2, 3, 4, 5 Euro und bei den etwas selteneren 10, 15, 20 Euro. Ist selten, dass man wirklich mal eine Flasche für 50 Euro oder irgendwas bezahlen muss. Wie gesagt, diese von mir gebotenen Höchstpreise waren ein Mondpreis, aber ich wollte die Flasche unbedingt haben. Und 22 Euro war dann offensichtlich der Marktpreis, weil der zweithöchst Bietende eben nur 21 Euro geboten hatte.

Markus: Da hattest du dann Glück, dass es nicht auch so einer war wie du, der dann 2222 Euro eingibt oder so.

Christian Fiedler: Da hast du völlig recht. Vor allem, ich habe dann irgendwann mal später einen anderen Sammler kennengelernt, der seine Sammlung aufgelöst hat. Der hatte tatsächlich von genau der gleichen Flasche noch mal fünf Stück an mich abgegeben. Da habe ich sie dann für 3 Euro oder 4 Euro das Stück bekommen. Man muss da als Sammler ein bisschen aufpassen, man wird dann vielleicht oftmals zu schnell ein bisschen emotional und will dann unbedingt irgendwas haben. Das ist aber gar nicht notwendig, wie gesagt, weil solche Flaschen gibt’s dann doch relativ häufig und der Kreis der Sammler ist eher, ja, es ist ein kleiner Kreis. Das sind meistens ältere Männer, da bin ich dann mit meinen (unv. #00:32:34.0#) 50 der Jüngste. Man kommt also immer wieder mal an irgendwelche Flaschen ran, man braucht aber auch das Netzwerk in dieser Sammlerszene, um da ran zu kommen.

Markus: Also jetzt nicht unbedingt die perfekte Geldanlage fürs Alter oder so.

Christian Fiedler: Definitiv nein! Es muss ein Spaß bleiben. Man sollte nie bei sowas hoffen, dass sich die Preise so nach oben entwickeln, dass man dann davon seinen Ruhestand finanzieren kann.

Markus: Okay! Aber immerhin, du wirst auch im Ruhestand immer ein gutes Bier haben. Jetzt sind wir langsam am Ende unserer Zeit angelangt. Dank dir ganz, ganz herzlich für deine Geschichten, für deine Zeit und natürlich auch für das schöne Bier, das wir gemeinsam trinken konnten. Man kann den Hörern eigentlich nur ans Herz legen, es gibt die Bücher von Christian Fiedler, es gibt die Websites und es gibt natürlich auch Veranstaltungen. Das heißt, es wird demnächst eine Lesung in Bamberg geben, wo man dich live erleben kann. Bin ich auch schon sehr gespannt darauf. Wie werden es in den Shownotes verlinken, damit ihr das findet. Dann für heute erstmal vielen Dank, lieber Christian, und dir noch einen wunderschönen weiteren Tag.

Christian Fiedler: Ich danke dir, Markus. Mach‘s gut!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 69 – Interview mit Felix vom Endt, Gründer von orca brau aus Nürnberg

Eigentlich wollte er nur seine künftige Frau verführen – die Nürnbergerin hatte dem Gerstensaft quasi abgeschworen, was dem gebürtigen Hesse und späteren Oberbayern auch gelang, doch dabei entwickelte Felix vom Endt selbst eine so intensive Beziehung zum Bier, dass er erst seinen eigenen Bierblog „Lieblingsbier“ startete und dann in Berlin erst bei der Bierakademie in der Biervermittlung und dann bei Johannes Heidenpeter als Brauerlehrling durch. Am Ende zog es Felix und seine Frau Susa zurück in ihre Heimat nach Nürnberg, wo sie – erst mit der ausrangierten Brauanlage von Heidenpeters und jetzt mit einem nagelneuen Sudhaus von Kaspar Schulz aus Bamberg – als „orca brau“ die fränkische Bierwelt revolutionierten. In diesem XXXL-BierTalk erzählt Felix die ganze Geschichte, außerdem verkosten wir fünf feine orca-Biere vom Landbier bis zum Grape Ale. Und wie es sich für einen Kreativbrauer gehört, gibt es diese Folge ausnahmsweise uncut, also direkt vom Mikro in die Ohren…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Herzlich willkommen zu dem 69. BierTalk. Wir diskutieren immer, wer moderiert, und an der Stelle war das jetzt total klar, weil 69 ist mein Geburtsjahr. Deshalb mache ich die Moderation, also ich, der Holger, und wie immer ist auch dabei der …

Markus: Markus.

Holger: Sehr gut! Zu Gast haben wir den Felix von Orca Bräu oder Orca Brau in Nürnberg. Ihr wisst, Orcas sind Killerwale. Warum er jetzt seine Brauerei so nennt, soll der Felix jetzt mal selbst erklären. Felix, stell dich doch mal unseren Hörern vor. Herzlich willkommen!

Felix vom Endt: Hallo! Vielen Dank, dass ich dabei sein darf. Ich freue mich sehr. Wir sind Orca Brau, also tatsächlich ohne „ä“. Haben uns da auch wirklich lange Gedanken darüber gemacht, ob wir jetzt Orca Bräu oder Orca Brau heißen. Aber da können wir nochmal später zu kommen. Wir sind, also wir sind meine Frau und ich. Wir haben die Brauerei Orca Brau 2017 im März, also jetzt so vor doch schon fast viereinhalb Jahren hier in Nürnberg gegründet. Haben ziemlich klein angefangen in Form von meinem alten Arbeitgeber damals, vom Johannes Heidenpeter aus Berlin die alte Brauanlage übernommen und sind hier in so eine Gewerbehalle rein im äußersten nördlichen Zipfel von Nürnberg, eigentlich fast schon in Fürth, also an der Grenze zu Fürth und an der Grenze zu Erlangen auch noch, im schönen Knoblauchsland, und haben hier unsere kleine Brauerei aufgebaut und sind jetzt seit eineinhalb Jahren knapp auf einer neuen Brauanlage unterwegs, haben uns vergrößert und erweitert. Und probieren uns jetzt eigentlich so ein bisschen zu positionieren, ich sag mal so, im deutschen Biermarkt auf eine Art und Weise so zwischen klassischen Bieren, die aber nach unserer „Frei Schnauze“, in Anführungszeichen, interpretiert sind, aber modernen auch, also modernen Bieren, und auch so ein bisschen eben das Thema experimental und besondere Sachen, besondere Biere, wie man so schön sagt. Das ist ganz spannend gerade die Zeit, man weiß gar nicht, wo man steht, was es so gibt und was so kommt. Und ich freue mich, wie gesagt, mit euch das eine oder andere Bier zu trinken.

Holger: Sehr gut! Wir freuen uns auch. Aber was hat das jetzt alles mit Killerwalen zu tun?

Felix vom Endt: Ach ja, das war die Ausgangsfrage, ne. Also von der Geschichte her ist es so, dass wir Orca Brau heißen wie eben der Killerwal, weil wir, meine Frau und ich, also ich bin der typische Quereinsteiger, der typische vor allem, habe in Coburg studiert, in Oberfranken, bin eigentlich aus dem Süden von München, meine Frau Susa ist aus Nürnberg. Wir haben uns eigentlich so ungefähr am ersten Tag vom Studium kennengelernt im Wohnheim, und das ist jetzt, 2006 war das, also schon ein paar Jahre. Und wir sind nach dem Studium, also ich habe soziale Arbeit studiert und Sozialmanagement und Susa hat Innenarchitektur studiert, und wir wussten erstmal nicht, was wir machen wollen und sind erstmal ein Jahr ins Ausland gegangen nach Kanada, nach Vancouver, an die Westküste. Dort leben Orcas quasi vor der Haustür. Das sind faszinierende Tiere, es sind wirklich spannende, tolle Tiere, mit denen wir uns dann da auch so ein bisschen beschäftigt haben. Und irgendwie damals, also auch zu meiner Geschichte nochmal, ich hatte dann zu meiner Studienzeit, 2006, 2007, habe ich so einen Bierblog gegründet, also lieblingsbier.de hieß der, gibt’s mittlerweile nicht mehr, und habe das Ganze wirklich mitgezogen über die Jahre und habe tagtäglich eigentlich Beiträge veröffentlicht und dann Leute kennengelernt, unter anderem auch euch tatsächlich. Ich weiß gar nicht mehr, wann das war, erste Braukunst Live! oder irgendwie sowas. Und bin da so ein bisschen hängengeblieben nicht nur auf der Seite des Trinkers und Genießers und auch, was das Bierkulturelle angeht, sondern auch auf der Seite des Herstellers. Also auch mal zu Hause gebraut und dann lernt man so Persönlichkeiten wie Olli Wesseloh oder Fritz Wülfing kennen, und irgendwie hat mich das Brauen gepackt. In Kanada haben wir dann ein Jahr gelebt und ich habe dort bei einer kleinen Brauerei gearbeitet. Das hat mich eigentlich wirklich gekickt in die Richtung „Hey, warum nicht mal selbst eine Brauerei machen?“. Und meine Frau auch, also Susa ist aus Franken, ist aus Nürnberg, aber Bier war für sie nie Thema, weil es halt einfach damals auch nicht so ein Standing hatte tatsächlich, wie es heute auch hat, und sie hat dann eher andere Sachen konsumiert, in Anführungszeichen. Aber in Kanada hat sie es wirklich gepackt auch und auch durch meinen Blog natürlich habe ich sie so ein bisschen sensibilisieren können. Aber dort diese Bierkultur, diese Vielfalt und dieses Miteinander und dieses Unterstützende auch von allen Seiten war einfach großartig. Das hat uns so geprägt, dass wir so ein bisschen „Ja, was wollen wir machen in der Zukunft? Welche Richtung soll es gehen?“. Wir haben so ein bisschen auch aus Naivität und Spaß gesagt „Hey komm! Eine eigene Brauerei gründen wäre doch schön.“. Damals in Kanada, das war 2012 haben wir dort gelebt, haben wir gesagt „Wenn wir dann irgendwann mal eine aufmachen sollten, dann heißt diese Brauerei Orca oder irgendwas mit Orca.“. Auch von der Verbindung halt her wieder zu der Zeit in Kanada. Das hat uns schon sehr geprägt. Wir haben dann auch drei Jahre später dort geheiratet, haben immer noch Kontakte. Waren mit unserem älteren Sohn vor drei Jahren auch dort und sind da so ein bisschen hängengeblieben, haben da so unsere Heimat, unsere zweite Heimat vielleicht oder die erste irgendwann.

Holger: Nein, Wahnsinn! Der ganze Aufwand nur, um die Frau ans Trinken zu bringen, das ist ja Wahnsinn.

Felix vom Endt: Genau! Die viereinhalb Jahre später sind wir hier (unv. #00:06:01.3#) Orca.

Holger: Markus, jetzt, ja, wie ist denn das jetzt als Franke?

Felix vom Endt: Ja genau! Also ich hatte 2006 den Plan geschmiedet.

Markus: Wie ist das für mich als Franke? Ja, spannend auf jeden Fall. Ich muss sagen, der Felix hat es schon erzählt, wir kennen uns schon relativ lange. So richtig kennengelernt haben wir uns in deiner Zeit, als du in Berlin warst, witzigerweise. Aber so ist es ja oft, dass man sich ganz woanders kennenlernt, als man eigentlich irgendwie herkommt. Dann fand ich das wirklich superwitzig, dass du hier nach Nürnberg gekommen bist und dann warst du auch schon bei mir am Stand im Bierfest im Burggraben und so. Du bist halt so jemand, der auch polarisiert, jemand, der auch ein bisschen Grenzgänger ist, der auch Dinge mal so ein bisschen auslotet. Das fand ich schon immer sehr spannend und fand auch sehr gut, dass du einfach deinen Weg dann trotzdem einfach gehst. Wo andere dann irgendwann sagen „Jetzt ist die Nase so blutig, es reicht“, da scheinst du dann immer noch ein Zweitnase zu haben und schaffst es dann, da irgendwie doch durchzugehen. Das finde ich wirklich ganz spannend. Ich meine, das wäre für mich so eine Frage, bevor wir vielleicht das erste Bier aufmachen: Wie siehst du dich selber? Also bist du eher so ein Künstler wie vielleicht der Johannes Heidenpeter es sehen würde? Oder bist du eher ein sehr kreativer Handwerker wie vielleicht andere in der Nürnberger Ecke das sehen? Ich meine, was würdest du selber über dich sagen?

Felix vom Endt: Das mit der blutigen Nase finde ich einen schönen Vergleich. Die war noch nicht richtig blutig. Vielleicht liegt’s auch daran. Weil sie noch nicht getroffen wurde, weil ich immer bisher, glaube ich, mich ganz geschickt aus der Affäre ziehen konnte. Ja, aber gut, das ist jetzt ein bisschen Spaß gewesen. Im Endeffekt ist es eine schöne Frage, die du gerade formuliert hast. Also ich sehe mich so, das ist eine Mischung zwischen einer künstlerischen Art und Weise, wie wir mit Bier umgehen, eine kreative vor allem natürlich auch. Und auch das Handwerkliche, also Handwerk vor allen Dingen mehr im Kopf und mehr als Philosophie, weniger jetzt in der romantischen Vorstellung, ich habe hier mein Holzpaddel eben und schraube an meinen großen Kesseln rum und so weiter. Also wir haben eine sehr moderne Brauanlage eben auch seit eineinhalb Jahren mit auch einigen Automatisierungsschritten drin. Der ein oder andere hat auch schon das Wort Industrie gesagt, wir machen jetzt Industriebier, mit einem Augenzwinkern. Für mich spielt das eigentlich keine Rolle, mit was man braut, es geht wirklich mehr natürlich um die Einstellung zu den Dingen. Wir probieren Bier ein bisschen anders zu denken, ein bisschen moderner zu denken und eben vor allen Dingen auch vielfältiger zu denken. Also auch was Zutaten dann wiederum angeht, aber vor allen Dingen auch so diesen Geschmack, den man herausarbeiten will. Also ich will eigentlich mit jedem Bier, was wir brauen, den, der es trinkt, so ein bisschen auf so eine Reise schicken, auf so eine Geschmacksreise, und irgendwie diese Vielfalt rausarbeiten. Das kann man auch in einem ganz klassischen Lagerbier machen oder Landbier, wie wir es so probieren, aber halt natürlich auch mit verschiedensten anderen Zutaten. Das ist so ein Grenzgang natürlich aus verschiedensten Gründen. Aber wir fühlen uns da eigentlich ganz wohl und wir haben da auch Unterstützung und so, und wir sind jetzt auch, um es gleich mal vorwegzunehmen, niemand, der sagt so, Reinheitsgebotsthema, das ist ja ein großes Thema auch für uns, finden wir doof und finden wir blöd und wollen wir nicht. Ganz im Gegenteil, ich finde das sehr gut sogar, aber da können wir dann auch nochmal später drüber quatschen.

Holger: Super, super! Weil ich würde jetzt auch wirklich sagen „genug getalkt“, wir müssen jetzt bitte mal diskutieren, welche Biere wir uns denn jetzt auf die Leber tackern heute. Womit wollen wir beginnen? Also wir müssen jetzt mal was trinken.

Felix vom Endt: Ja, ich habe auch Durst. Hallo!

Markus: Wenn ihr euch nicht entscheidet, entscheide ich mich. Wenn da schon fränkisches Landbier draufsteht, dann würde ich doch gerne damit anfangen, oder?

Felix vom Endt: Ja, sehr gut! Sehr gute Wahl.

Markus: Also!

Holger: Also ich bin schon dabei.

Markus: Okay!

Holger: Rein damit, rein damit.

Markus: So! Schon ist es im Glas. Sehr schön!

Felix vom Endt: Unser fränkisches Landbier gebraut in der Stadt, also im Endeffekt nennen wir es tatsächlich Landbier und auch fränkisches Landbier, weil wir hier, so wie es hinten auch auf dem Etikett steht, mit 100 % historischem Malz arbeiten, und zwar mit der fränkischen Landgerste. Das ist halt ein altes Getreide, eine Urgetreide oder auch eben eine alte, eben Landgerstenart aus Franken, die in den 70er, 80er Jahren tatsächlich ausgestorben war oder wurde so ein bisschen. Und dann eben vor vier, fünf Jahren in so einem Projekt zusammen mit der Mälzerei Rhön oder Rhön Malz und der Landwirtschaftskammer aus NRW und einem Verein für Saatgut einfach nicht nur die fränkische Landgerste, sondern auch viele andere alte Getreidesorten wie Chevalier oder Spiegelhauer wieder neu angebaut worden sind. Und jetzt machen die so, es gibt zwei Landwirte, die die anbauen, der eine ist in der Rhön, der andere ist im Münsterland. Wir suchen gerade oder wir haben vielleicht sogar einen, der für uns unsere eigene fränkische Landgerste anbaut. In Bio ist das alles auch. Und damit brauen wir dieses Bier. Das ist total spannend, weil es halt einfach wirklich diesen ganz eigenen Charakter hat dadurch. Das ist ein untergäriges Lagerbier, ganz klassisch gebraut, wie man Lagerbiere braut, mit Temperaturführung und so weiter in der Gärung. Dann haben wir gleichzeitig noch so ein bisschen Hopfen am Ende vom Kochen mit drin, im Whirlpool, den Saphir, dann wiederum ein relativ moderner Nobelhopfen aus unserer Ecke auch hier. Das macht Spaß. Also das ist so Bier, wo wir halt sagen hier in Franken, klassisch, gibt’s ja eigentlich schon ein paar und auch ein paar geile, also ich bin da selber riesengroßer Fan von und habe auch meine zehn Lieblingsbrauereien, wo ich probiere, so oft wie es geht hinzufahren, oder auch mehrere Lieblingsbrauereien hinzufahren und die Biere zu holen und zu trinken. Wir haben halt probiert, wie können wir ein klassisches Bier brauen, aber halt ein bisschen anders. Und diese Gerste hat halt da wirklich so seinen eigenen Charakter und macht das Bier sehr spannend. Und in der Arbeit auch, im Brauprozess ist es halt auch nochmal was anderes. Also da fahren wir ganz andere Maisch-Temperaturen, da probieren wir länger zu kochen. Die Gärung, vielleicht, also wir sind da auch noch in so einer Rezeptfindung tatsächlich. Wir haben jetzt sechs, siebe Sude gemacht. Und es gibt halt wenig Erfahrungswerte auch, weil es relativ wenig Brauereien gibt, die damit arbeiten. Ich glaube tatsächlich, mittlerweile sind es vielleicht mehr, aber ich kenne eigentlich nur zwei, die mit dieser Gerste arbeiten. Was sehr schade ist eigentlich, weil unter anderem auch Rhön Malz hatte gedacht, dass es mehr Brauereien geben wird, die Lust haben auf historisches Braumalz. Aber ist nicht so der Fall. Wie schmeckt’s denn euch?

Holger: Mir schmeckt das super. Das hat so eine getreidige Note auch schon von Anfang an in der Nase. Hat eine sehr schöne Farbe, finde ich. Ist vielleicht mir ein ganz kleines bisschen fast schon zu süß, also es hätte schon noch ein ganz kleines bisschen mehr Bittere sein können. Aber dafür ist es ein fränkisches Landbier und dafür gibt’s ja so Menschen wie den Markus Raupach, die das eben unheimlich schätzen, dass eben so ein Bier einfach süffig ist und mundet und Lust macht auf den nächsten Schluck. Und so ist es auch. Also ein kleines bisschen vielleicht sogar noch eine Honignote drin, finde ich. Also mir schmeckt das gut. Das ist genau das, was draufsteht. Hier steht drauf „Für hier, für jetzt, für alle“. Und so ist es.

Markus: Genau! So könnte ich mir auch vorstellen, dass man auf einer großen fränkischen Kirchweih ist und dann haben alle dieses Bier und vorne steht dann die Band und hat gerade ihr neuestes Lied präsentiert und danach schreien sie „Für jetzt, für hier, für alle“. Und dann reißt jeder den Krug nach oben. Also dafür ist es wirklich perfekt. Ich muss sagen, ich bin, wie der Holger schon sagt, tatsächlich hier fast im Himmel angekommen. Also sehr, sehr schön, die Farbe alleine schon, wie du sagst, so ein richtig schönes Orangebraun, was so richtig Lust macht, das dann auch zu probieren. Was ich besonders spannend finde, ist wirklich der Nachgeschmack, weil das auch sowas Feines hat, so fast ein bisschen weinig, also sehr nobel irgendwie. Und das macht das Ganze wirklich ganz angenehm. Ich bin mal gespannt, was der Felix sagt. In meiner Empfindung ist die Bittere gar nicht so niedrig, aber sie ist halt schön eingefangen. Und deswegen, ich finde es wirklich ein ganz gelungenes Bier mit einem schönen Körper. Und wie der Holger schon sagt, das kann man einfach toll trinken. Ich weiß nicht, Felix, wie ist es mit der Bittere? Wie viel ist das ungefähr?

Felix vom Endt: Wir messen tatsächlich keine IBUs.

Markus: Ja, ja, aber so ungefähr.

Felix vom Endt: Aber wir sind so, wenn ich mich erinnere, wir sind schon eigentlich bei so, also wir haben eine relativ hohe Whirlpool-Gabe, unser Whirlpool ist noch heiß, also der zieht dann da auch nochmal einiges raus. Der Saphir ist jetzt kein großer Bitterhopfen, wird dann mit Perle auch, also sind da auch relativ mild. Ich glaube, wir sind aber trotzdem so bei an die 30 knapp, 25 bis 30. Aber das stimmt schon, also wir haben eigentlich keinen großen, auch keinen hohen Restextrakt von der Süße her, aber es ist so diese Getreidigkeit. Die macht das wirklich so ein bisschen kräftiger, kerniger auch und so. Das kannst du mit dieser Süße vielleicht so ein bisschen, das ist halt kein Pils.

Holger: Nein, nein.

Felix vom Endt: Aber …

Markus: Für Franken ist es quasi ein Imperial Pils.

Felix vom Endt: Ja, richtig. Eigentlich ein schöner, … aber wir sind halt, das Problem, was heißt Problem, aber die Whirlpool-Gabe, wir messen die IBUs da nicht so wirklich. Und probieren aber halt trotzdem so den Weg zu gehen, dass das auch ein bisschen hopfiger ist, aber auch irgendwie nicht. Aber ich muss sagen, wir sind halt weiterhin da so ein bisschen am Rezept-Schrauben, gerade was den Hopfen angeht. Wir hatten zum Beispiel auch bei den ersten Suden ein bisschen Wasseraufbereitung gemacht vom Brauwasser. Haben wir jetzt nicht, haben wir jetzt mal weggelassen, weil wir einfach mal gucken wollten, wie verhält sich denn dieses Urgetreide oder die alte Landgerste eben mit dem Wasser, was einfach in Franken oder hier in Nürnberg aus der Leitung kommt, in Anführungszeichen. Und finde das eigentlich auch ganz stimmig wiederum. Und so tasten wir uns da so ein bisschen ran. Also wir sind, wie gesagt, viereinhalb Jahre alt und haben halt eben noch keine große Rezepthistorie. Vielleicht kann man wirklich mal in 30 Jahren sagen, dieser Trinkspruch hier auf der Kirchweih im Knoblauchsland, das ist ja hier so eine Ecke, das sind eigentlich (unv. #00:17:19.4#) und wurde so 1970 oder sowas nach Nürnberg eingemeindet alles und jedes kleine Vorstadtdorf hat eigentlich so seine Kirchweih. Im Moment nicht, aber wenn es wieder alles da ist und dann sind halt verschiedenste fränkische Brauereien, die hier ausschenken. Wir natürlich nicht, wir sind auch viel zu klein und zu speziell, aber vielleicht in 20, 30 Jahren ist dieser Spruch hier „Für hier, für jetzt, für alle“ fränkisches Landbier von Orca Brau ein Standardding. Das wäre natürlich irgendwie auch ganz geil. Also das wäre Gänsehaut.

Markus: Klingt ja auch gut. Die Orca Kerwa.

Felix vom Endt: Genau!

Holger: Na ja, also auf jeden Fall, du bist aber eigentlich Oberbayern, oder? Und dann doch in Franken, oder? Du kommst doch vom Starnberger See, oder ist das falsch?

Felix vom Endt: Nein, absolut richtig! Ich bin geboren eigentlich in Gießen in Hessen tatsächlich, aber mit zwei, drei Jahren sind wir dann mit Vater und Mutter nach Oberbayern gezogen, nach Seeshaupt am Starnberger See, ganz im Süden. Das war damals noch relativ weit weg von München tatsächlich, also noch sehr urig tatsächlich so. Und mittlerweile hat es sich auch geändert. Aber ja, ja, da bin ich aufgewachsen, habe dann in München auch eine Zeit gelebt und bin dann halt zum Studieren nach Coburg. Das war dann so Neuland fast für mich in vielen Bereichen. Franken und Bayern ist ja dann doch nochmal ein Unterschied. Aber um es mal vorwegzunehmen, ich bin und fühle mich mittlerweile oder auch schon länger mehr als Franke innerlich als jetzt als Bayer in dem Sinne.

Holger: Oh Mann!

Markus: Hach!

Holger: Markus, das geht doch runter wie Öl, oder?

Markus: Absolut! Haha!

Holger: Da musst du ihm dann direkt die 10 Euro überweisen da für diese Aussage. Wahnsinn! Also aus oberbayerischer Sicht, weiß ich ja nicht, wie ich das finden soll hier.

Markus: Eigentlich ist es eine perfekte Überleitung zum nächsten Bier.

Holger: Nein, nein unbedingt.

Markus: Das heißt „Der Rebell“.

Felix vom Endt: Ja.

Holger: Ja genau! Dann gehen wir doch zum Rebellen und wissen schon, dass es ein Brotbier ist. Das gehört ja auch erklärt und da steht jetzt, also da ist jetzt sogar quasi, sind zwei Produzenten drauf auf dem Etikett. Da gibt’s den Bäcker Feihl und eben diese bissigen Orcas.

Markus: Machen wir es mal auf.

Holger: Machen wir es mal auf. Felix, und dann musst du noch, in der Anmoderation habe ich dich als Felix von Orca Brau vorgestellt, aber dann auch noch vom Endt. Also das ist auch noch was Besonderes. Sag mal, da gibt’s Menschen, die heißen Raupach oder Müller oder Schulze oder so, aber vom Endt, das ist doch auch was irgendwie. Jetzt trinken wir das Bierchen mal und dann musst du uns auch noch mal erklären, wie das gemeint ist mit dem Ende.

Felix vom Endt: Ja genau, mit dem Ende ist …, aber wir können erstmal Brotbier trinken. So spannend ist der Nachname auch nicht. Du hast es eigentlich schon kurz erklärt, es ist einfach eine Ortsbezeichnung vom Ende, am Ende. Genau!

Markus: Kann aber relativ final rüberkommen. Holger, wer mag’s denn beschreiben dieses schöne Bierchen? Hui-hui-hui-hui!

Holger: Ich muss es mir mal zu Gemüte führen. Ich habe es jetzt im Glas und es ist so ein helles Mahagoni, schöner weißer Schaum. Wenn ich so reinrieche, dann riecht man schon förmlich den vollmundigen Körper und auch so eine Malznote. Auch eine Süße rieche ich. Ich trinke es jetzt mal. Oh ja! Oh ja! Wahnsinnig schön karamellig, also so eine ganz tolle Karamellnote. Eine Hopfennote ist sozusagen nicht spürbar. Wie stellt man sich jetzt ein Brotbier vor? Es ist auf jeden Fall ein ganz ausgeprägter Malzkörper da, der eben diese Vollmundigkeit auch macht. Und es ist eine Süße da. Aber ich würde jetzt nicht sagen, Mensch, das ist jetzt auf jeden Fall ein Ofenbrot oder so, was ich da so rausschmecke oder irgendwie eine Kruste, die so Rauchmalzaromen vielleicht noch hervorbringt. Das ist jetzt eigentlich alles nicht so. Sondern das ist auch wahnsinnig gut trinkbar. So ein Märzen, also so ein Märzencharakter vom Bierstil her. Ich weiß nicht, ob ich da richtig liege. Aber da steht halt „Der Rebell und das Bier“, das Brotbier. Aber dann gut, okay, 5,6 % Alkohol, das jetzt würde wieder für die These des Märzens sprechen. Und dann ist wirklich auch Dinkelmehl, Roggenmehl und Salz und Sesam und auch Leinsaat da drin. Also spannend! Aber Felix, jetzt musst du mal da Licht ins Dunkle bringen.

Felix vom Endt: Du hast es tatsächlich sehr, sehr gut analysiert, vor allem was den Bierstil angeht. Wir haben hier tatsächlich eben probiert, ein klassisches Märzen einzubrauen. Aber dann mit eben einem gewissen Teil Brot, der einen gewissen Teil vom Malz ersetzen sollte oder soll oder auch das genau tut. Das ist eben eine Kooperation, wir bewegen uns im Märzen, haben auch tatsächlich untergärig gebraut und wollten eine Basis schaffen von einem Bier, die das Brot unterstützt beziehungsweise auch so ein bisschen begleitet. Man muss das Brot kennen natürlich. Zum Hintergrund: Der Bäcker Feihl ist ein Filialbäcker, stammt aus Neumarkt in der Oberpfalz, hat aber relativ viele Filialen hier in Nürnberg, es sind 35. Es gibt auch einen Ableger in Berlin, das ist irgendwie der Cousin von dem Andreas Feihl, der der Bäckermeister dort ist. Es ist ein Familienunternehmen. Ich weiß gar nicht, welche Generation das mittlerweile ist, aber vor drei Jahren haben die drei Brüder, das sind junge Leute, also mein Alter, Mitte 30, Anfang, Mitte 30, haben das übernommen vom Vater und haben wirklich angefangen, einfach geile Produkte herzustellen. Haben alle Backmischungen rausgeworfen, Enzyme et cetera pp und sich wirklich konzentriert auf geiles Brot, geile Backwaren. Und auch beim ersten Treffen, das wir hatten, hatten sie so ein bisschen was dabei. Also das erste, was ich gemacht habe, ich bin nach Hause gefahren, habe meinen Sauerteig weggeworfen, habe ich gesagt, ich brauche nie wieder selber Brot backen. Das ist das, wo ich hundertprozentig drauf stehe, und das ist wirklich gutes Zeug. Und der Rebell ist ein Brot von denen. Der heißt eigentlich der „Rebell 36“, 36, die Zahl, steht für 36 Stunden Teigführung. Ist ein sehr intensives Brot tatsächlich, wie du jetzt gerade meintest, Holger, dass du da nicht direkt jetzt so Kruste oder Dunkel oder sowas rausschmeckst. Aber das Brot ist absolut dunkel gebacken. Also es ist innen extrem weich, extrem teigig, fast schon fleischig, und hat dann eine richtig dunkle Kruste, was eher untypisch ist. Das Brot sieht auch nicht ganz geil aus eigentlich, sondern es sieht eher so ein bisschen, oh, das war wohl lange im Ofen oder so, aber ist halt knackig und gleichzeitig innen dann extrem weich. Also wirklich grandios. Und hat dann auf der Kruste eben noch Sesamsaat und Salz, und auch geschmacklich wirklich einen relativ hohen mineralischen Anteil so vom Brot her, der dann natürlich auch das Bier beeinflusst hat. Also gerade so von dieser Vollmundigkeit, das kommt sehr viel auch vom Salz, was auf dem Brot ist. Da haben wir auch kein Wasser behandelt. Und haben dann 30 … also das Projekt ist so entstanden, die sind auf uns zugekommen, haben uns angerufen und haben gesagt „Hi, ich bin der Johannes vom Bäcker Feihl. Ich habe gehört, ihr seid eine verrückte Brauerei. Habt ihr Lust, mit uns ein Brotbier zu machen?“. Ich habe gesagt „Ja, haben wir. Finde ich cool.“. Brauen mit Brot ist tatsächlich gar nicht so ungewöhnlich. Es gibt auch so Stile wie Kwas oder andere, wo man wirklich sagen kann, das hat auch eine gewisse Tradition. Dann ist natürlich auch Backen und Brauen sehr ähnlich, Hefefermentation und so weiter und so fort. Dann geht’s darum, natürlich ist es ein Bäcker, der auch um 17, 18 Uhr noch in seiner Filiale eine gewisse Auswahl haben muss. Also die haben Rückläufer, die spenden an die Tafel, die haben ein paar andere Projekte, also machen da schon ganz viel. Die haben sich als Ziel gesetzt: Kein Brot darf in die Tonne. Wir haben Lebensmittelverschwendung auf einem extrem hohen Niveau in Deutschland, gerade was Backwaren angeht. Dann kommt die ganze Industriekacke dazu in den ganzen Supermärkten und so weiter. Also da werden, ich weiß nicht wie viele, hunderttausende Tonnen sind es, glaube ich, oder so, also da wird extrem viel weggeschmissen. Das ist so ihr Ziel. Und trotzdem, die können gar nicht alles an die Tafel spenden. Die Tafel sagt dann an einem gewissen Punkt: Mehr Brot können wir gar nicht nehmen. Die setzen künstliche Intelligenz mittlerweile ein, die dann zum Beispiel das Wetter vorhersagt und sagt „Am Samstag wird es sehr schön, die Leute grillen sehr viel. Also Erfahrungswerte brauchen wir ein bisschen mehr so Sachen wie Baguette oder so für Grillsachen.“ „Es regnet, weniger Baguette.“ Dass dann weniger übrigbleibt einfach auch. Also machen da ganz, ganz viel. Da haben wir gesagt „Cool! Machen wir.“ Wir setzen jetzt quasi 30 % von der Malzschüttung, wir machen hier 10 Hekto Sude, 1000 Liter, wir haben knapp 50 Kilo Brot, die wir da beim Maischen mit einsetzen und tatsächlich auch beim Läutern. Und probieren eben, den Geschmack von dem Brot auch in dieses Bier zu transportieren, was auch gelingt. Das, was ihr jetzt, glaube ich, auch im Glas habt, ist unser zweiter Sud. Also wir haben schon eins gebraut. Der erste war noch so ein bisschen, also noch vollmundiger, noch intensiver, fast schon ölig. Da haben wir gesagt „Ein bisschen zu viel vielleicht.“ Ein bisschen runtergegangen mit dem Brot und haben das Rezept so ein bisschen angepasst, auch ein bisschen länger getrocknet. Also es wird so über eine Woche gesammelt. Es wurde sogar noch mal im Ofen getrocknet, weil das Brot so lange frisch ist, so lange haltbar. Dann geraspelt und dann eben dazugegeben beim Maischen. Das ist so unser kleiner Beitrag, den wir als Brauerei irgendwie leisten können gerade aktuell zum Thema Lebensmittelverschwendung im Bereich der Brote. Macht total viel Spaß mit denen zusammenzuarbeiten auch. Ich liebe solche Projekte tatsächlich. Das habe ich so in den letzten vier Jahren, immer mal wieder hier und da was gemacht, und das macht mir einfach unglaublich viel Freude. Man lernt sich kennen und man lernt auch noch mal ganz viel. Ich habe ganz viel gelernt zum Thema Backen und wie läuft eigentlich das Brot-Business so ab in Deutschland? Also das ist wirklich cool. Wenn ich mich jetzt nur auf meine Brauerei fokussieren würde, was ich ja tue in dem Fall auch, aber so sind wir halt so ein bisschen offen gegenüber anderen Handwerkern im Lebensmittelbereich. Lernt man auch noch mal ganz viel. Und merkt, dass man ganz viele Gemeinsamkeiten hat, aber auch natürlich Sachen, die ein bisschen anders sind. Das macht unglaublich viel Spaß. Das Brot gibt’s in jeder Bäckerfiliale beim Feihl. Und beim ersten Sud, also wir haben jetzt die doppelte Menge gemacht, war es dann auch so, dass die Damen und Herren, die da arbeiten, wo es rauskam, schon irgendwie um acht Uhr früh haben sie in der Zentrale angerufen und gefragt „Hallo Herr Feihl, ich habe ein bisschen eine komische Frage, aber gibt’s noch Bier?“. Das war halt wirklich auch total schön. Also die Leute haben das ziemlich schnell leer verkauft, nach drei Tagen haben wir das ausverkauft. Und haben jetzt nochmal nachgeschoben und schauen wir mal, wie es weitergeht.

Holger: Also auf jeden Fall eine absolut tolle Story. Ich finde das richtig toll. Und so steht‘s auch hinten auf dem Rückenetikett. Also auch, dass man in so einer Zusammenarbeit einfach dazu beitragen kann, dass insgesamt weniger weggeschmissen wird, finde ich einfach mega. Das passt auch übrigens ganz hervorragend, stelle ich mir jetzt vor, eben zu so einer klassischen Brotzeit. Ich gucke hier aus dem Fenster, in München ist wahnsinnig schönes Wetter, war ein ganz toller warmer Tag hier. Und jetzt so eine schöne Brotzeit zu haben mit einem Obazda oder so, und dann dazu eben das Brotbier, ich kann es nur jedem empfehlen. Das gibt’s online und bestellt euch das und macht euch da abends eine schöne Brotzeit. Denkt an München, meinetwegen auch an Franken. Also man muss ja nicht immer nur an Oberbayern denken. Aber in dem Fall sogar Oberpfalz, oder?

Felix vom Endt: Ja.

Holger: Der Feihl kommt aus Neumarkt an der Oberpfalz, oder?

Felix vom Endt: Genau, genau! Also es ist ein Oberpfälzer Bäcker.

Holger: Genau! Da dran muss man natürlich auch noch denken. Und dann das alles genießen und dann noch so ein gutes Gefühl zu produzieren, ich wirke da irgendwie aktiv mit der Nachhaltigkeit mit, also nochmal, toll, einfach toll. Markus, was sagst du?

Markus: Ja, ja, ich bin auf jeden Fall auch begeistert. Ich muss erstmal noch mal sagen, ich finde schon, dass man in der Nase wirklich viel von diesem Brotigen hat, also für mich jedenfalls ist viel da. Und meine erste Assoziation war so ein Sesambrötchen, was ich dann relativ lange auf dem Toaster nochmal erwärmt habe. Also wo das dann so ein bisschen anbrennt. Und so war mein erster Eindruck. Weil der Sesam auch tatsächlich relativ deutlich rüberkommt, das gefällt mir sehr gut, weil ich ein großer Freund des Sesams bin. Ich finde natürlich die Idee an sich grandios. Vor ein paar Jahren mal hat mich eine Brauerei gefragt „Kann man das machen?“. Dann habe ich damals auch mit dem Brauerbund ein bisschen Rücksprache gehalten. Dann war noch so ein bisschen das Thema, wenn man jetzt Brot nimmt, was eigentlich entsorgt werden soll und nicht mehr verkauft werden darf, darf man das als Rohstoff nehmen für ein Bier? Also war durchaus in der Diskussion. Damals haben wir uns dann auch dagegen entschieden. Letzten Endes kamen aber dann relativ bald andere, die das gemacht haben. Und auch im Ausland, in Belgien gibt’s zum Beispiel eine Brauerei, die das aus Prinzip so macht. Und das finde ich wirklich eine tolle Idee, da einfach zusammen zu arbeiten. Aber ich habe eine Frage da noch in dem Zusammenhang: Wie rechnet man das denn um? Also kann man einfach sagen, wenn ich 150 Kilo Malz normalerweise nehme, dann nehme ich jetzt halt 50 Kilo Brot? Oder muss man sagen „Das Brot hat so und so Bestandteile und so weiter, deswegen muss ich vielleicht statt 50 Kilo Malz eher 70 Kilo Brot nehmen.“? Oder wie macht man das? Ist das Trial & Error?

Felix vom Endt: Ja genau! Tatsächlich Ausprobieren, definitiv. Haben wir jetzt in dem Fall nicht wirklich gemacht, also wir haben das Brot gekannt und auch so ein bisschen analysiert natürlich, was ist es für ein Brot, was ist da mit dabei? Also das Thema Salz zum Beispiel, was macht das mit dem Bier dann noch? Sesam, Leinsaaten und so weiter, die Kruste und so. Aber trotz allem weiß man auch erstmal nicht so genau, wie viel Zucker zieht man dann noch raus oder welche Methodik kann man überhaupt anwenden im Brauprozess? Wir haben natürlich, und wie du schon sagtest, in Belgien, Brüssel, vielleicht die Brauerei. Eine hier und da auch mal in Hamburg gibt’s auch eine Wildwuchs zum Beispiel, die haben auch jetzt ein Brotbier. Also es gibt, im Moment ist das so ein bisschen Thema tatsächlich. Wir haben natürlich auch ein bisschen angefragt hier und da und im Internet recherchiert. Also das machen wir dann schon regelmäßig immer mal zu bestimmten Zutaten oder Brauprozessen. Und da ist dann ein bisschen so diese Hausnummer 25 bis 30 % von der Malzschüttung mit Brot zu ersetzen. So sind wir dann eigentlich auch vorgegangen. Haben dann, wie gesagt, beim ersten Sud tatsächlich gemerkt „Hui! Das war jetzt dann doch schon …“, also es war spannend und geil und auch lecker, aber im Vergleich zu dieser Variante war es wirklich noch vollmundiger, wie gesagt, fast ölig auch, und die Viskosität vom Bier war so intensiv. Der erste Kommentar, kann ich mich erinnern, auf Instagram beim Bäcker Feihl war, wo die gepostet haben: „Wir haben jetzt das Brotbier. Habe ich heute probiert, schmeckt eins zu eins wie das Brot.“ Das ist natürlich schon cool, also das ist auch so die Idee. Aber dann feilt man halt so ein bisschen am Rezept. Wir haben dann auch gesagt „Wir machen es jetzt mal und schauen, wie es ist und wie es wird und wie es ankommt.“. Dann kam es sehr gut an, dann haben wir es nochmal gemacht. Und dann haben wir uns da entschieden, ein Ticken runterzugehen von der Menge von Brot und es insgesamt so ein bisschen bieriger zu machen. Also Bier wirklich auch, das schmeckt wie ein Bier, aber dieser Brotcharakter ist halt wirklich gegeben. Und wie du jetzt auch grad gesagt hast, also wenn man es konzentriert trinkt oder bewusst trinkt, mit Riechen, mit den sensorischen Eigenschaften rangeht, dann schmeckt man oder riecht man auch das Brot raus. Ich finde auch so dieses Sauerteigige so ein bisschen. Und mit dem Sesam zum Beispiel und diesen Brötchen, wie du es auch gerade erwähnt hast, finde ich auch absolut, jetzt wo du es auch gesagt hast, es ist wirklich eine sehr dunkle Kruste, also sehr dunkel gebacken, und dadurch hat man wirklich so diesen Charakter dann so ein bisschen auch mit drin. Es ist halt ausprobieren. Also ich finde, da sollte man keine Angst vor haben, mal diese Dinge irgendwie sich ranzutasten und bestimmte Dinge auszuprobieren. Wenn es wirklich schiefgeht, dann macht man es halt nochmal neu.

Markus: Ja, das ist mir schon klar, aber was ich mich gefragt habe, ist: Wenn ich jetzt das Malz nehme, dann weiß ich, da ist so und so viel Stärke drin, da macht mir dann die Verzuckerung so und so viel Zucker und die Hefe macht mir dann so und so viel Alkohol und dann komme ich da irgendwie auf einen Wert am Ende, wo ich hinmöchte. Aber wie ist das denn mit dem Brot? Weiß ich da vorher auch, wieviel letzten Endes hier an Stärke, an Zucker drin ist, was dann am Ende zu Alkohol wird? Oder ist das dann tatsächlich so ein bisschen Versuch?

Felix vom Endt: Genau! Das ist tatsächlich Versuch. Also wir wussten es nicht. Ich glaube, man kann es vielleicht im Labor analysieren lassen oder irgendwie so, wie viel Zucker ist da noch drin. Und dann halt auch natürlich Zucker, den die Bierhefe vergären kann auch. Aber da haben wir einfach gesagt „Wir brauen, wir gehen den Weg“, sagen „Wir haben unsere Malzschüttung mit 150 Kilo, da kommen wir jetzt als Beispiel auf ein 13 oder 12,5 Plato Bier und haben am Ende 5,4 % Alkohol.“, als Beispiel jetzt. Dann sagen wir „Wir nehmen davon 30 % weg von diesen 150 Kilo und setzen jetzt einfach mal Brot dazu.“. Man hat natürlich auch Erfahrungswerte von anderen Brauereien dann so ein bisschen, wie war es denn bei euch? Wissen aber jetzt auch nicht genau, wie viel Zucker wir da noch rauskriegen oder auch nicht, aus diesem Brot jetzt speziell. Und dann haben wir halt gebraut und dann spindelt man irgendwann am Ende vom Kochen oder am Anfang vom Kochen und schaut, wie viel Zucker drin ist und wie hoch die Stammwürze ist. Und dann denkt man sich so „Doch ein bisschen mehr“ oder „Ist doch ein bisschen weniger“. Dann hat das Bier nicht wie vielleicht geplant 5,2 % Alkohol, sondern dann 5,6 %. Dann ist es, wie es ist. Und hätte es jetzt am Ende 6,5 gehabt Alkohol, dann würde da jetzt 6,5 draufstehen. Da gehen wir eigentlich erstmal mit einer Offenheit ran, wo wir einfach sagen „Uns ist es – in Anführungszeichen – erstmal „egal“, ob das Bier jetzt 5 % oder 6,5 % hat. Das sehen wir halt dann am Ende.“. Dann haben wir den Erfahrungswert und dann wissen wir ungefähr auch, wie viel Zucker wir rauskriegen, wie sich die Stammwürze erhöht, wie der Restextrakt ist, und dann kann man im zweiten Versuch zum Beispiel auch ein bisschen gezielter mit arbeiten.

Markus: Eine Frage habe ich noch. Da kam jetzt übrigens der Gedanke vom Brotbock. Hört sich irgendwie auch cool an. Aber das mal by the way. Aber bedeutet dann auch, wenn man jetzt bedenkt, man muss auf die Stammwürze auch irgendwie Steuern bezahlen und so: War das denn mit den Behörden dann einfach, sowas zu machen? Oder haben die da erstmal gesagt „Moment, da gibt’s keine Werte, keine Zahlen, da müssen wir erstmal eine Bremse reinhauen.“?

Felix vom Endt: Nein, wenn es jetzt um die Stammwürze geht, sind wir ja beim Zoll quasi, bei der Verzollung. Und bei uns ist es so, dass wir jedes Bier, was wir hier brauen, und wir machen verschiedenste Sorten, wird mit der Abfüllung versteuert. Wir hatten damals bei der Steuerlage-Anmeldung, also läuft dann so, eigentlich in der Brauerei hast du bestimmte Werte von Stammwürzen, sagen wir mal 10 bis 15, und du machst in dem Bereich deine Biere, in der klassischen. Und wir haben angegeben, 7 bis, ich glaube, 29 oder so. Da muss man also ein bisschen vorausplanen auch mal und sagen „Wieviel Grad Plato 12 macht man denn so ungefähr im Jahr?“. Und das ist aber alles kein Problem, weil wenn wir dieses Bier haben und wir rechnen natürlich den Zucker vom Brot natürlich mit rein, und das hat eben 14 Plato, dann ist das ein 14 Plato Bier, und dann wird es abgefüllt. Bei uns, wir versteuern wie gesagt mit der Abfüllung, und alles dann ganz normal über die Biersteuer findet es dann seinen Weg. Der andere Bereich, was Behörden angeht, ist natürlich das Thema die Lebensmittelüberwachung und Ordnungsamt und diese Thematik mit, ist das denn überhaupt rein rechtlich gesehen ein Bier oder eben nicht? Und wenn es das nicht ist, dann ist man so ein bisschen in dieser Grauzone unterwegs, würde ich jetzt einfach mal so behaupten. Und da bewegen wir uns auch mit. Wie man hinten so schön lesen kann, ist die offizielle Kennzeichnung von diesem Bier „Besonderes Bier“. Da gibt’s einen bestimmten Paragrafen im Biersteuer-Gesetz. Da steht drin, was ein besonderes Bier sein kann. Da steht allerdings auch drin, dass in Bayern das nicht möglich ist. Da geht’s um die Ausnahmegenehmigung, die man stellen kann bei den Behörden, wenn man jetzt ein Bier brauen will wie so ein typisches Witbier oder eben auch ein Brotbier, da meine Ausnahmegenehmigung zu stellen bei der zuständigen Behörde und dann nach einer bestimmten Zeit, kostet auch ein bisschen Geld, aber dann auch so seine entweder Zusage oder Absage zu bekommen. Wir sind da seit viereinhalb Jahren in einem regen Austausch mit unseren Behörden hier vor Ort und auch mit dem einen oder anderen Verband und bewegen uns da gefühlt eigentlich auf einer Ebene, wir wollen keinem was Böses und auch natürlich nicht mit diesem Produkt und wir wollen eine rechtliche Sicherheit haben, dass wir sowas herstellen dürfen. Das haben wir tatsächlich im Moment nicht. Ich will nicht sagen, wir legen es so ein bisschen drauf an, das wäre jetzt zu viel gesagt, aber natürlich ist das in Bayern so eine Gratwanderung. Und deswegen aber diese Betitelung auch, besonderes Bier, weil wir uns da ganz klar auch lebensmittelrechtlich an ein bestimmtes Gesetz halten, das jetzt im Bundesland Bayern zwar nicht gültig ist, aber da sind wir so ein bisschen, wo wir einfach sagen, schauen wir mal, was so kommen wird noch.

Markus: Also noch gibt’s das Bier sozusagen.

Felix vom Endt: Genau! Also noch kann man es kaufen, wer weiß, vielleicht in den nächsten Wochen nicht mehr. Aber es ist natürlich so, wir haben jetzt, vielleicht hat es der eine oder andere Zuhörer mitbekommen, über die Deutsche Presse Agentur auch da relativ Medienpräsenz bekommen und wurden tatsächlich landauf, landab in einem Artikel in Zeitungen veröffentlicht, teilweise auf den Titelseiten Berliner Morgenpost, Süddeutsche Zeitung, aber auch so regionale Blätter. Und das Ganze lief auch so, dass wir jetzt diese beiden Biere, also Sud 1 und Sud 2 wurden einmal bei uns eingezogen von der Lebensmittelaufsicht und einmal auch in Neumarkt in der Bäcker Feihl Filiale. Haben da aber keine Angst oder keine Bedenken, weil wir einfach hier ein Produkt haben, was lebensmittelrechtlich absolut sicher ist, absolut konform ist, absolut funktioniert und wir niemandem schaden damit. Deswegen sind wir da so ein bisschen in einem „Verfahren“, in Anführungszeichen, über jetzt auch schon, wie gesagt, seit viereinhalb Jahren tatsächlich, wo wir probieren, bestimmte Wege zu gehen und ein bisschen dafür kämpfen, das passiert jetzt nicht so direkt in der Öffentlichkeit, dass wir hier Biere herstellen dürfen, die rechtlich gesehen einfach oder lebensmittelrechtlich gesehen in Ordnung sind. Thema Reinheitsgebot ist die eine Sache, aber das ist ein Produkt, was hier in unserem Glas ist, was niemandem schadet. Ganz im Gegenteil, sogar auf eine Art und Weise Lebensmittel rettet. Darum geht’s uns jetzt nicht per se, mit so einem Argument quasi das auszuhebeln diese Gesetzgebung, wir machen ja auch ganz andere Biere noch mit anderen Zutaten. Aber es gibt einfach für uns da jetzt nicht wirklich ein Argument, was dagegenspricht, außer, es war halt schon immer so.

Holger: Mensch, Freunde der Nacht, wir talken jetzt schon ganz schön lange und wir haben uns noch einiges vorgenommen. Ich glaube, wir können zu jedem Bier so viel sprechen. Was machen wir als nächstes?

Markus: Könnt ihr euch wieder nicht entscheiden, oder was?

Felix vom Endt: Ich kenne alles.

Markus: Ich meine, man kann es den Hörern mal sagen, also erstens wegen der Länge, ich habe es auch schon befürchtet, aber deswegen machen wir die Folge einfach mal „uncut“, dann können wir das auch mal ein bisschen länger machen, überhaupt kein Thema. Also tut euch keinen Zwang an. Aber was wir noch an Bieren haben, was wir uns überlegt haben, ist: Wir haben noch eins, da ist eine Birne vorne drauf. Dann haben wir eins, da steht Riesling vorne drauf. Und eins, das schaut so ein bisschen japanisch aus. Wenn es jetzt an mir wäre zu entscheiden, dann würde ich die Birne als nächstes nehmen. Außer der Felix sagt, geht gar nicht, wir müssen irgendeine andere Richtung zuerst gehen?

Felix vom Endt: Nein, bin ich total dabei. Absolut gut!

Markus: Dann heißt das hier Ballade de Poires, wenn man das richtig ausspricht, oder?

Felix vom Endt: Ich glaube schon. Ich hatte nur Latein in der Schule, und Englisch, deswegen ja.

Markus: Nennen wir es mal so. Oder Holger, was sagst du?

Holger: Unbedingt! Ich bin immer glücklich, wenn du glücklich bist.

Markus: Na, dann mache ich es mal auf.

Felix vom Endt: Dann bin ich auch glücklich. Wenn ihr glücklich seid, bin ich das auch. Das muss man auch mal kurz …

Markus: Und ich erst.

Felix vom Endt: Aber genau, das ist, ich glaube tatsächlich, wir machen auch unsere Etiketten selber und die Namen und so weiter und so fort. Das heißt, so weit wie ich mich erinnere bei der Etikettengestaltung, ein Spaziergang oder ein Spaziergang, ein Birnen-Spaziergang oder irgendwie sowas. Ein Spaziergang mit der Birne, glaube ich. Kann das sein? Könnt ihr Französisch? Habt ihr das drauf?

Markus: Nicht wirklich, also ich kann es so ein bisschen aussprechen und ein bisschen mir vor Ort so ein Brötchen bestellen und ein Bier natürlich, aber Ballade? Ich hätte es jetzt mal übersetzt mit eben Ballade von der Birne. Würde auch irgendwie passen. Aber ich weiß nicht, der Holger ist immer schnell mit Wikipedia. Was sagst du?

Holger: Diesmal bin ich überhaupt nicht schnell, nein, ich …

Markus: Dann reden wir erstmal übers Bier und ich schau dann mal, was das denn heißt.

Felix vom Endt: Im Endeffekt haben wir hier probiert, so diese Stilistik eines Culinary Ales anzugehen. Ich glaube, es ist noch kein offizieller Bierstil. Aber die Idee ist eigentlich, bestimmte Zutaten zu kombinieren, in dem Fall Birne, Zitrone und roter Langpfeffer aus Kambodscha, und die eigentlich stimmig ins Bier zu bringen. Also inspiriert, wir hatten zwei, drei solche Arten Culinary Ales, also wir nennen es so, die einfach aus der Kulinarik, aus der Küche so ein bisschen inspiriert sind. Und alles dezent, ist immer so die Idee, aber trotzdem schmeckbar, trotzdem spürbar und natürlich auch dann immer hervorragend geeignet, um es mit bestimmtem Essen zu kombinieren oder auch alleine zu trinken. Das ist eigentlich so die Idee.

Markus: Dann sag ich doch mal: Prost!

Felix vom Endt: Prost!

Markus: Mmh! Ich habe übrigens nachgeschaut, also Ballade heißt tatsächlich sowas wie eben Spaziergang oder Reise oder sowas. Also irgendwie so eine birnige Reise. Aber das finde ich ganz toll, also ich mag Birnen sehr gerne in jeder Form, bis hin zum Williams-Brand. Aber jetzt sind wir hier beim Bier. Und fand ich schon von der Nase her sehr schön, weil es tatsächlich so die ganzen Aspekte, die so eine Birne auch mit sich bringt, einfach hat. Und dazu kommen dann noch diese Aromen, die auch noch mit draufstehen. Also da steht Zitrone- und Pfeffer-Aromatik. Das hat man tatsächlich sowohl in der Nase als auch dann im Geschmack. Der Pfeffer kommt so hinten raus tatsächlich so ein bisschen. Es wirkt auch erstmal ein bisschen säuerlich, aber sehr rund trotzdem. Und der Abgang hinten ist aber dann wieder schön neutral und harmonisch. Also wie du schon sagst, das ist wirklich was, was in der Kulinarik, glaube ich, sehr, sehr gut einsetzbar ist. Also könnte ich mir schön vorstellen zu einem Käseteller zum Beispiel oder vielleicht auch am Anfang, wenn man so eine gebundene Suppe hat, was weiß ich, es kann sogar eine ganz banale Kartoffelsuppe sein, kann ich mir sowas ganz schön vorstellen. Oder natürlich auch ein Fischgericht würde wahrscheinlich gut gehen. Also sehr, sehr spannend. Habe ich viele Dinge im Kopf. War mir jetzt tatsächlich auch noch nicht so richtig ein Begriff dieses Culinary Ale. Aber spannend!

Felix vom Endt: Ich weiß auch gar nicht, also tatsächlich, wenn man es googelt jetzt „Culinary Ale“, es ist auch gar nicht richtig so ein Begriff. Es gibt glaube ich so in den USA zwei, drei Brauereien, die das mal so ein bisschen zum Thema machen wollten oder auch gemacht haben, aber so richtig ist es das eigentlich nicht. Und für mich ist immer so ein bisschen, also man könnte so Spiced Ale sagen vielleicht. Aber das ist immer so eine Übersetzung dann auch ins Deutsche, gewürztes Bier, keine Ahnung. Spicy sehen wir auch oft als scharf an und so, und das ist es ja auch nicht. Und Culinary Ales, finde ich, ist irgendwie so stimmig. Dieses Wort kulinarisch gefällt mir persönlich auch ganz gut, und das soll es auch sein. Also das ist alles sehr überlegt, welche Zutaten wir da verwendet haben und wie wir sie auch eingesetzt haben. Wir haben jetzt die Zitrone, zum Beispiel den Zitronenabrieb, und mit dem roten Langpfeffer auch natürlich so diese Überlegung, nicht zu dominant, eher ein bisschen elegant und hintenraus leicht zu spüren, aber jetzt nicht ein Pfefferbier oder sowas, oder nicht ein Zitrus-Sauerbier oder auch kein Birnenshake oder irgendwie. Sondern eigentlich auch dieser Biercharakter, der soll auch immer so ein bisschen erhalten bleiben, aber trotzdem alles wahrnehmbar. Aber dann so dieses Gesamtbild, wenn man so den Mund voll hat mit dem Bier und dann, ah ja, da ist die Birne und da, dieses Säuerliche von der Zitrone und hinten dieser Langpfeffer, aber alles in allem irgendwie ein Mund voll Bier.

Markus: Das hast du aber schön beschrieben, oder Holger?

Holger: Unbedingt! Aber genauso ist es wirklich. Es ist so eine richtige Reise. Da muss man sich total öffnen und erstmal gar nicht an Bier denken, sondern erstmal das völlig auswischen und dann sich darauf einlassen und dann wahrnehmen, was ist da alles. Und sich dann wundern, was da alles ist. Und dann irgendwie dazu kommen zu sagen, aber irgendwie ist es auch wirklich bierig. Genauso ist es. Da kann man nicht viel ergänzen.

Felix vom Endt: Das wäre auch so, ich denke jetzt gerade, wie würde man das bei einem Wettbewerb beurteilen. Da wäre es wahrscheinlich im Herbal Spice Bereich, also eben Gewürz- und Kräuterecke wahrscheinlich. Weil als fruchtbar würde es vielleicht auch, je nachdem, aber dann würde man auch immer die Frage stellen: Ist es harmonisch? Also erkenne ich sowohl den Biercharakter als auch die Birne als auch den Pfeffer und die Zitrone? Ist der Biercharakter eben ausgewogen? Wenn jetzt nur Birne zu schmecken wäre oder nur Zitrone oder Pfeffer oder so, dann wäre es auf jeden Fall nicht ausgewogen. Und dann ist auch noch so die Frage: Wenn ich das dann getrunken habe, ist das was, wo ich weitertrinken würde, wo ich noch einen Schluck nehme, wo ich mir vielleicht noch die Flasche austrinke oder noch eine zweite bestelle? Das sind so Kriterien, die einfach da auch mit reinfließen. Das finde ich wirklich, ist hier sehr, sehr schön gelöst. Weil ich erkenne alles, also ich erkenne die Birne, ich erkenne den Pfeffer, ich erkenne die Zitrone, ich erkenne das Bier. Aber es ist eben ein schönes Zusammenspiel, eine schöne Harmonie, die mir auch wirklich Spaß macht und die am Ende auch bei mir sagt, das ist interessant, das ist eine Reise, aber eine, die ich gerne nochmal mache. Und das ist wirklich eine tolle Geschichte und ist, glaube ich, für mich mein erstes Bier mit Birnen. Finde ich echt toll. Also gut gelungen.

Felix vom Endt: Ja schön, danke, danke! Weil du es grad erwähnt hast, Wettbewerbe, habe ich jetzt vor ein, zwei, drei Wochen, European Beer Star hat auch dieses Jahr eine neue Kategorie. Die hast du, glaube ich, grad auch ganz gut beschrieben, so ein bisschen zwei, Herb & Spice Kategorie jetzt dieses Bier. Aber ich weiß nicht mehr genau, wie es heißt, Innovative Beer Styles oder irgendwie sowas? Weißt du das zufällig?

Markus: Oh, das ändert sich ja immer wieder ein bisschen, aber so in die Richtung. Ich meine, es gibt die Herb & Spice Kategorie schon lange, weil es einfach Gewürzbiere gibt schon aus anderen Bierkulturen. Aber man hat jetzt eben auch versucht, eine Heimat zu schaffen für eben sowas wie das. Aber das Schwierige ist natürlich, dass die Beschreibung dann, wie so eine Kategorie zu sein hat, unglaublich weit sein muss, weil da kann jemand ein Bier mit Tomaten und Chili einreichen und ein anderer halt eins mit Birne und wieder ein anderer mit Zitrone oder so, deswegen ist das ganz schwer, da den Judges eine Vorgabe zu geben. Aber im Grunde gilt immer das, wie ich es gerade schon beschrieben habe, es geht um Typizität und um Intensität, und letzten Endes um die Harmonie. Wenn ich jetzt eben sage, typisch, das heißt, ich muss hier merken, dass es sich hier um ein Bier mit Birnen und Pfeffer handelt, wenn ich das nicht merke, dann ist es auf jeden Fall zu wenig. Und das muss eben von der Intensität so sein, dass ich das auch alles schön mitbekomme und dass es eben lange bleibt. Und dann muss es insgesamt harmonisch sein, so dass ich danach sage, das war ein angenehmer Trunk und das kann ich unterschreiben. Wenn das bei mir dann am Tisch landet beim Beer Star, mal gucken, man weiß ja nicht, was man trinkt, aber das würde ich auf jeden Fall in die Finalrunde weiterreichen. Das ist echt ein tolles Bier.

Felix vom Endt: Wir werden es mal ausprobieren.

Markus: Ich drücke die Daumen.

Felix vom Endt: Ja, schön! Aber das ist auch so genau die Intention einfach, also was heißt einfach, aber von dieser Art Bier jetzt das, was du beschrieben hast. Also das trifft es wirklich gut. Und freut mich, wenn es so schmeckt und so gut ankommt auch. Super!

Markus: Also rennt bei mir offene Türen ein. Finde ich toll. Holger, hattest du schon mal ein Bier mit Birne?

Holger: Nein, also nicht, dass ich wüsste. Nein, ich glaube nicht. Vielleicht unbewusst irgendwann mal, irgendwie Experimental Style, irgendwas ganz Verrücktes, aber bewusst ist es, glaube ich, auch für mich das erste Mal, dass ich ein Bier mit Birne trinke.

Markus: Ich finde das auch gar nicht so einfach, weil es auch nicht die Birne gibt, sondern es gibt sehr, sehr viele verschiedene Birnen. Und das haben wir auch in der Edelbrand-Ecke oft, dass es da einfach einen Riesenunterschied macht, ob ich ein Williams-Birnen-Brand habe oder zum Beispiel eine „Gute Luise“ oder so, die dann wirklich eine ganz andere Aromatik hat. Und dann ist es eben nicht nur Birne, sondern eine Birne hat auch immer Noten zum Beispiel von Apfel oder Zitrusnoten zum Beispiel. Oder es kann in eine Quitte gehen. Dann kommt‘s auch drauf an, was habe ich von der Birne, habe ich die Schale zum Beispiel, die wieder eine andere Aromatik hat als zum Beispiel das Fruchtfleisch an und für sich, oder dann das Kernhaus und so. Und all das sind eben Aromen, die da so mit reinspielen. Das macht sowas dann auch spannend. Also insofern wirklich eine schöne runde Geschichte und auch mutig, das zu tun. Hast du noch mehr Obst, was du schon verbrutzelt was?

Felix vom Endt: Ja doch, einiges. Wir haben tatsächlich so Mango, Kirsche, auch schon mit Äpfeln gearbeitet. Also dann Äpfel zum Beispiel auch wirklich, das war im ersten Jahr vom Apfelbaum der Oma von meiner Frau aus der Oberpfalz, ein Riesenapfelbaum, geile Äpfel geerntet, 100 Liter Apfelsaft selbst rausgepresst und die dann einem Bier in den Tank noch mit dazugegeben für die Nachgärung. Und dann noch ein bisschen Zimt dazu, und dann war das so ein Apfelzimt-Bier, gab’s zur Weihnachtszeit. Also auch ganz spannend. Das sind schon, also gerade Obst sind spannende Zutaten, man kennt es ja auch aus Belgien mit Himbeeren und Kirschen, wo man wirklich nochmal tolle Geschmäcke auch erzielen kann im Bier. Das macht uns eigentlich wirklich viel Freude und viel Spaß. Und gerade auch hier in Nürnberg mit der Fränkischen Schweiz ist ein Riesen-Kirschanbaugebiet. Man tauscht sich dann aus, man tauscht sich mit den Obstbauern aus und unterhält sich mit denen. Und dann gibt’s irgendwelche alten Kirschsorten wiederum, die nochmal ganz anderen Geschmack irgendwie ins Bier bringen könnten oder auch generell einen anderen Geschmack haben. Das ist schon auch spannend. Das ist nochmal so ein Riesenfeld, was wirklich viel Freude macht eigentlich. Gleichzeitig kann natürlich auch über einen Hopfen heutzutage viel fruchtige Aromen ins Bier bringen. Finde ich auch teilweise wirklich spannend, wenn du da die verschiedensten Hopfensorten hast und die dann auch noch mal diesen fruchtigen Geschmack mit reinbringen können. Das und in Kombination nochmal eben mit Früchten finde ich super, also macht mir persönlich sehr viel Spaß.

Markus: Oder hat Spaß gemacht. Meins ist nämlich leer. Holger, wie ist es bei dir?

Holger: Also auf zum nächsten Bier. Kommt! Was machen wir denn? Ich möchte auch mal irgendwas hier zum Besten geben. Ich glaube ja, dass das Thema Riesling jetzt, Grape Ale, das müssen wir doch eigentlich fast hinterherschieben. Da haben wir jetzt dann schon wieder zwei Produzenten, also sehr spannend. Seid ihr einverstanden? Oder sollen wir erst nach Japan reisen?

Felix vom Endt: Erst nach Unterfranken oder erst nach Japan?

Markus: Wir bleiben erstmal zuhause, oder? Ich mach mal auf.

Holger: Jawoll!

Felix vom Endt: Ja.

Markus: Ei-ei-ei! Das geht ein bisschen schwerer auf.

Felix vom Endt: Das geht ein bisschen schwerer auf. Das ist ein großer Kronkorken, der ist, ich weiß gar nicht, 29 Millimeter sind das, glaube ich. Also auch die Flasche, so eine kleine Champagnerflasche, das Bier, das ist jetzt flaschenvergoren, also ansonsten eigentlich der Großteil unserer Biere aktuell. Früher war es noch ein bisschen anders, da haben wir mehr Flaschen vergoren, jetzt alles im Tank, in den Drucktanks. Und hier bewegen wir uns im Bereich so ein bisschen der wilden Biere auch. Ich will jetzt nicht unbedingt sagen Sauerbiere, aber vor allem so dieser wilden Biere. Wir haben hier eine Basis gebraut, erzähle ich mal ganz kurz, mit der wir dann gearbeitet haben. Also die Basis, das ist ein belgisches Saison, das war in einem drucklosen Edelstahltank, knapper Monat, eineinhalb Monate gelagert oder halt auch vergoren und dann zur Riesling-Ernte quasi, zur Lese, zur Weinlese haben wir direkt die Trauben geholt von unserem guten Freund Nico, Nico Olinger (unv. #00:58:12.5#) ein Winzer, ein junger Winzer, der auch gerne Bier trinkt, und ein guter Freund, wir machen diese Grape Ales seit auch schon vier Jahren tatsächlich. Und das Riesling Grape Ale ist so ein bisschen das Flagship, in Anführungszeichen, in diesem Bereich. Wir haben das mit Dornfelder schon gemacht, wir haben ein paar Verschnitte gemacht und auch schon in Holzfässern gelagert, Silvaner hatten wir schon. Und haben dann die Trauben geholt direkt vom Berg, die in die Brauerei gefahren, so ein bisschen, was heißt so ein bisschen, aber halt vom Gerüst entfernt, so ein bisschen gematscht, in Anführungszeichen, wie man das so macht mit den Trauben, und dann direkt ins Bier gegeben. Dann findet eine Nachgärung statt und man nimmt natürlich auch die Mikroflora, die auf den Trauben sitzt, vom Weinberg mit in seine Brauerei beziehungsweise vor allem mit in den Tank. Und das arbeitet dann halt nochmal. Und in dem Fall, auch Corona-bedingt, war es ein bisschen länger. Normalerweise machen wir das so drei Monate, und durch den Umbau, den wir dann noch hatten und Corona, haben wir dieses Bier dann in knapp, also es waren auch noch ein bisschen mehr wie sechs Monate, wie es auf dem Etikett steht, auf der Hefe gelassen, auf den Trauben gelassen, dann über so einen Schwerkraftfüller in Flaschen gefüllt und mit einer Weinhefe oder Champagnerhefe war es, glaube ich, weiß ich jetzt gar nicht so genau, nochmal Flaschen vergoren. Und dann haben wir dieses Riesling Grape Ale.

Holger: Wirklich auch wieder großartig. Und auf dem Etikett, ganz besonders toll, steht „Abenteuer beginnen, wo Pläne enden“. Wahnsinn! Ist das von irgendeinem berühmten Mann oder bist du der Kreator (unv. #00:59:56.5#)

Markus: Das ist von dir, Holger. Das ist von dir.

Felix vom Endt: Ich glaube, ja.

Holger: Viele, also ich bin ja ein großer Fan von Aphorismen, aber das ist wirklich was ganz Besonderes.

Felix vom Endt: Das ist, normalerweise, wenn wir solche Zitate auf Etiketten haben, steht auch der Urheber mit dabei. Meine Frau Susa hat hier dieses Etikett gemacht und sich auch um diesen Spruch gekümmert. Da muss ich sie mal fragen, wer das wirklich gesagt hat. Aber manchmal gibt’s auch Sprüche, wo der Verfasser unbekannt ist. Das könnte vielleicht hier der Fall gewesen sein. Aber so ein bisschen ist diese Reise halt dann auch wiederum. Also wir probieren dann mit den Grape Ales auf der einen Seite den Wein oder auch die Traube so ein bisschen ins Bier zu bringen, auf der anderen Seite wieder den Biercharakter. Und jeder Jahrgang ist auch anders, jede Mikroflora auf den Trauben ist anders. Und das ist auch immer ganz spannend, also das ist wirklich Natur pur dann in dem Sinne. Wir wissen auch manchmal nicht, in welche Richtung sich das Ganze entwickelt und lassen es dann laufen und schauen einfach mal nach einer Zeit, wie es sich entwickelt. In dem Fall haben wir das jetzt, glaube ich, im April abgefüllt, Flaschen vergoren für einen knappen Monat nochmal, und ich glaube jetzt auch seit drei, vier Wochen haben wir das im Angebot. Also auch spannend, das zu lagern über eine Zeit nochmal so ein bisschen, aber jedes Jahr war jetzt tatsächlich auch so ein bisschen anders. Das ist ganz interessant.

Holger: Ich bin auch richtig beeindruckt. Vor allen Dingen ist das jetzt auch so schön sommerlich eigentlich. Also das passt so schön zu der Stimmung jetzt hier zu einem lauen Sommernachmittag in München. Also natürlich auch das Brotbier mit, ihr erinnert euch, Rebell 36 und Obazda, aber hier wäre jetzt auch, also einfach so eine Überraschung auch. Also das jetzt in Sektflöten als Aperitivo serviert und dann Rebell 36 und Obazda. Das wäre was. Ich muss Gäste einladen.

Markus: Da muss ich vielleicht noch mal kurz Aufklärung betreiben. In Franken heißt das nicht Obazda, in Franken heißt das Gerupfter. Und in der Weingegend ist da sogar auch ein Schüsschen Wein drin. Das ist in der Tat so. Und von der Mischung her ist es so, dass da eben Limburger zum Beispiel mit drin ist, gereifter Camembert, das ist insgesamt wesentlich aromatischer, also wesentlich intensiver als die bayerische Variante. Deswegen aber auch weniger lange haltbar, weil der Käse so schnell dann auch reift in diesem Gerupften. Also durchaus eine spannende Geschichte. Das kann ich mir total gut vorstellen hier zu diesem Grape Ale.

Holger: Aber jetzt stelle ich mir gerade die ganzen armen Hörer vor, die diesen Podcast wahrscheinlich irgendwo im Auto hören und dann vielleicht noch im Stau stehen und jetzt aber, also man kriegt jetzt richtig Appetit. Man muss jetzt irgendwie was haben. Also Entschuldigung an alle Autofahrer, Podcast-Hörer: Das war nicht unsere Absicht. Aber ihr seid halt jetzt einfach arm dran.

Felix vom Endt: Ich auch, ich habe auch nichts hier. Ich hätte auch gern was, nicht nur die Zuhörer, auch ich leide gerade etwas nach deinen Ausführungen. Weil natürlich sofort das Kopfkino losgeht und wie gern hätte ich jetzt so ein … Ich habe auch gerade große Lust auf diesen eher extremeren Gerupften wie eben aus Unterfranken. Ah! Hm! Na ja!

Markus: Hm! Also ich gehe nachher noch auf den Bierkeller. Also insofern.

Felix vom Endt: Ah!

Markus: Aber ich werde für euch eins mitessen sozusagen.

Felix vom Endt: Da seid ihr in Bamberg dann wirklich etwas besser aufgehoben wie wir hier in Nürnberg. Das muss man echt sagen.

Markus: Das stimmt. Da hat die Hauptstadt noch ein bisschen was nachzuholen. Aber gut, es ist ja, man lebt in einer schönen Koexistenz, und das ist quasi so eine Linie von Bamberg nach Nürnberg, wo sich eben dann die Dinge so ein bisschen teilen. Also auf der einen Seite hier bei uns hat man halt eher Spaß und auf der anderen Seite eher die Arbeit. Aber gut, lassen wir das mal beiseite. Aber vielleicht insgesamt muss ich nochmal sagen, dieses Grape Ale finde ich wirklich eine tolle Geschichte. Da steckt auch ganz viel dahinter, weil die Idee eben so eine Mischung aus Wein und Bier, in Anführungsstrichen, also früher hat man das dann auch Wein-Bier-Hybrid genannt oder so, also da gibt’s so ein paar Leute, die das schon vor einigen Jahren gemacht haben. Und dann gibt’s ja die Italiener, die das so ein bisschen als ihren eigenen Bierstil erkoren haben. Weil es ist so, dass es die großen Bierkulturen gibt, die deutsche und die englische und die belgische und so, und dann gibt’s eben so kleinere Bierkulturen, die gar keine eigenen Bierstile haben. Und die Italiener wollten immer was Eigenes haben, und dann haben die Franzosen ihnen das Kastanienbier geklaut, und dann haben sie sich überlegt, dann haben wir das Grape Ale. Das heißt dann bei ihnen auch Italian Grape Ale. Da ist gerade auch große Diskussion, weil jetzt bei vielen Wettbewerben das nicht mehr als Italian Grape Ale bezeichnet wird, sondern eben nur noch als Grape Ale. Da sind sie jetzt grad ein bisschen sauer.

Felix vom Endt: Ah!

Markus: Aber man muss ihnen das trotzdem zugutehalten, also wenn man da in Italien ist, die haben da wirklich eine unglaubliche Bandbreite, also sowohl mit weißen als auch mit roten Trauben. Und dann gibt’s eben Biere, wo die Trauben mitvergoren werden oder wo mit Saft gearbeitet wird oder nur mit Trester. Und das jeweils insgesamt wirklich eine unglaubliche Facette ergibt, die echt Spaß macht. Also das kann ich auch nur allen empfehlen: Wenn ihr mal eben entweder ein schönes Orca Grape Ale findet oder eben in Italien seid und dort mal so verschiedene durchprobiert, das ist wirklich ein echtes Erlebnis.

Holger: So! Und weil wir jetzt so viel über die großen Biernationen der Welt gesprochen haben, ist das Finale jetzt Japan. Da steht jetzt hier drauf, Smoothie IPA mit grünem Tee und Lemon Grass. Wenn ich jetzt hier auf die Straße gehe und einen schönen Oberbayer, einen richtig typischen Münchner jetzt hier zu mir einlade und sage „Komm! Magst du halt mal ein gescheites Bier trinken? Das ist ein Smoothie IPA mit grünem Tee und Lemon Grass.“, dann haut der mir wahrscheinlich eine runter. Oder denkt sich „Scheiße! Die Preußen, jetzt spinnen sie vollkommen.“ Oder? Oder wie?

Felix vom Endt: Ja, ja, ich gebe dir da absolut recht.

Holger: Jemand, der in Gießen geboren ist, das ist auch Preußen.

Felix vom Endt: Ja, ja.

Holger: Oder ich habe mal so ein Erlebnis gehabt hier in der Münchner U-Bahn. Da hat eine Chinesin relativ laut telefoniert und wir haben uns da ein bisschen geärgert alle, die da mit in diesem U-Bahn-Waggon saßen. Dann ist halt irgendwann ein älterer Herr aufgestanden, also ein typischer Münchner und hat die übelst auf Bayerisch beschimpft, dass sie endlich aufhören soll hier so laut zu telefonieren und hat abgeschlossen mit den Worten „Du elender Saupreuß, du chinesischer!“. Da musste dann die ganze U-Bahn lachen. Für die Dame war das aber ganz schrecklich. Die hat dann an der nächste Station sofort den Waggon verlassen.

Felix vom Endt: Sehr schön!

Holger: Du elender Saußpreuß, du hessischer! Ja, ich gebe dir da recht, natürlich, das ist schon etwas auch wiederum, wo man sich von dem Gedanken, gerade hier in Deutschland eben, was ist Bier und was haben wir im Kopf, was Bier ist, und das ist doch relativ eng, der Begriff in Deutschland tatsächlich. Da muss man sich lösen, ganz klar. Und trotz allem aber auch hier, probieren wir halt den Charakter wiederum jetzt in der Form eines IPAs, was dann auch wieder ein Bierstil ist, so ein bisschen auch natürlich zu haben. Also Smoothie heutzutage, gerade in der Kreativ-, Craft Beer Szene sind das wirklich teilweise Biere, die so extrem fruchtpüreeig sind, dass das wirklich wie so ein echter Smoothie ist. Das haben wir jetzt hier probiert, nicht zu machen. Smoothie deswegen eigentlich, wir hatten diese Stilistik früher Milkshake IPA genannt. Milkshake wiederum deswegen, wir arbeiten hier mit Milchzucker, mit Laktose, und Laktose – also zur Information, ist Laktose drin – wird nicht vergoren von der Bierhefe und bleibt eben als eine Süße mit dem Bier. Und wir probieren dann immer mit einem Konterpart, also mit einer gewissen Säure eigentlich zu arbeiten, sei es jetzt Maracuja zum Beispiel, also eine Fruchtsäure auch, und das so ein bisschen abzurunden halt. Man hat dann halt diese Sämigkeit auch mit drin. Also Milchzucker macht das Bier nicht nur süß, sondern auch so ein bisschen oder sehr viel vollmundiger auch. Wir hatten auch mal ein Bier in der Lebensmittelkontrolle, was Milkshake IPA hieß, das war mit Mango, Limette und Minze, und unter anderem wurde uns, ja, wie soll man sagen, vorgeworfen, in Anführungszeichen, dass wir den Begriff Milch verwenden. Und Milch ist in Bayern auch geschützt, also Milch darf nur Milch heißen, wo auch Milch drin ist. Und deswegen dürfen wir sowas nicht mehr Milkshake nennen. Dann dachten wir uns „gut, dann halten wir uns halt auch daran und nennen es Smoothie“. Das sind jetzt so, also wir haben ein paar solche Milkshake IPAs gemacht, die auch hier und da Anklang gefunden haben und die heißen jetzt in Zukunft immer Smoothie IPAs, also mit Milchzucker gearbeitet, Weizenmalz ist mit drin auch, auch wieder für die Cremigkeit. Und auch eine gute Portion Hopfen in Form von Citra, Mosaic, auch hopfengestopft damit. Und dann haben wir eben noch mal im Tank mit dem sogenannten Genmaicha Grüntee gearbeitet. Ich weiß nicht, ob ihr das vielleicht kennt? Schon mal gehört?

Markus: Nein.

Holger: Nein, noch nie. Ich meine Genmaicha, weißt du, ich kenne Maische und ich kenne Gen, aber Genmaicha, ich meine, Wahnsinn, ich kann es ja nicht mal aussprechen, wie das Bier eigentlich wirklich heißt. Also ich glaube, Yoisho oder so? Oder wie sagt man dazu? Yoisho oder wie sagt man dazu?

Felix vom Endt: Genau! Ich hatte auch kein Japanisch in der Schule, aber Yoisho würde ich mal so sagen. Wir haben uns so ein bisschen angelehnt, das ist ein japanischer Ausruf eigentlich, den man – das steht hinten so ein bisschen auf Englisch drauf auf dem Etikett – eigentlich äußert, wenn man jetzt einen langen Arbeitstag hatte zum Beispiel, oder von mir aus auch den Rasen gemäht hat oder so oder irgendwie irgendwas erledigt hat, was anstrengend war. Dann lässt man sich so runter in seinen Sessel oder auf seine Couch und macht einfach so „Ah, geschafft! Puh, ah, endlich!“. Das ist im Japanischen dieser Ausdruck Yoisho. Man möge es mir verzeihen, vielleicht bekomme ich hier und da noch mal eine offizielle Aussprache von einem japanischen Muttersprachler. Aber genau, das ist so ein bisschen dieser Ausruf einfach, dieses „Jetzt habe ich es geschafft. Jetzt sitze ich hier und jetzt genieße ich einfach den Abend, der noch kommt, oder den Tag oder was auch immer.“. Angelehnt, das Bier war als erstes da, dann kam der Name, eben auch an das Bier, also grüner Tee, japanisch und Genmaicha ist einfach eine bestimmte Art eines Grünen Tees, der nochmal mit gepufftem und geröstetem Reis versetzt ist. Den kann man kaufen in einem Teeladen und kann sich den einfach aufbrühen. Da ist eben ein gewisser Anteil von Reis mit dabei. Der bringt dann noch mal eine ganz spannende eigene Note mit rein. Und dann noch mal, jetzt in dem Fall, haben wir noch mal mit Zitronengras gearbeitet, also frisches Zitronengras auch, haben den in so einem Aufguss quasi versetzt abkühlen lassen und zum Bier gegeben, was das Ganze halt auch mal so ein bisschen frischer macht. Wie gesagt, Citra, Mosaic spielt auch so ein bisschen eine Rolle, eine Süße spielt eine Rolle. Und so hat man eigentlich ein bisschen so, wir haben knapp 7 %, also auch nicht ganz so leicht, aber so ein „Ah! Puh, geschafft!“.

Holger: Aber Wahnsinn! Jetzt stellt euch bitte noch mal meinen Protagonisten vor, also wir gehen jetzt vor zur Leopoldstraße und ich hole ihn einfach mit hier dazu. Wir machen diese Anmoderation, erklären eben dieses Bier und sagen dann „Pass auf! Das ist eigentlich ein ganz normales Bier, nur eben ein bisschen Milchzucker drin. Ist kaltgehopft und da ist dann halt Genmaicha drin. Und dann Grüner Tee mit gepufftem und geröstetem Reis. Und dann haben wir noch frisches Zitronengras verwendet. Hey, Prost, Alter!“. Dann wird der auf jeden Fall sagen „Hey! Wo ist bitte mein August?“.

Markus: Ich glaube, du musst das einfach sehr bayerisch sehen. Und wenn du das dann so siehst, dann fragst du einfach „Magst a Bier?“. Dann sagt der „Yo i sho“. Und schon ist klar, dass er das Bier mag und dann muss er dadurch. So würde ich das, glaube ich, sehen.

Felix vom Endt: Sehr gut! Super!

Holger: Ich hätte trotzdem Angst, wenn ich das jetzt so mache, also ohne Anmoderation, ohne Händchenhalten, sondern ihm einfach nur das Bier halt hinhalte und sage „Komm! Prost!“, entweder geht der einfach nur und schüttelt den Kopf und denkt „Um Gottes Willen!“ oder er haut mir wirklich eine. Also 100 Prozent! Umgekehrt, wenn man jetzt dann wieder zur Leopoldstraße geht und hier halt irgend so eine Tussi dann aus dem Mini holt und einfach sagt „Pass auf! Ich habe ein ganz tolles trendiges Getränk quasi frisch aus Japan importiert, also Smoothie IPA. Was jetzt IPA weiß ich auch nicht, aber du musst das unbedingt probieren, weil das wird absolut das Trendgetränk der nächsten Monate hier in München.“, dann wird die wahrscheinlich sagen (unv. #01:14:20.9#), das wäre so toll.

Felix vom Endt: Ja.

Markus: Ja, absolut! Du bist jetzt auch ganz leise geworden, man hat sich das schon vorgestellt. Aber andererseits denke ich mir mal, wir sind auch Gott sei Dank nicht in Oberbayern. He-he! Ich muss sagen, das ist schon, wenn ich mir das vorstelle, …

Holger: Ja, schon!

Markus: Ja, du schon, klar, leider, aber ist halt so. Aber wenn man jetzt überlegt, dieses Bier würde ich jetzt zum Beispiel in Nürnberg auf dem Bierfest ausschenken oder so, ich glaube, das würde schon seine Fans finden. Ganz großartig finde ich die Nase, wo ganz viel Frucht, ganz viel Pfirsich, also wirklich, aber trotzdem sehr rund, sehr angenehm. Das hat auch einen bierigen Charakter. Ich find‘s auch im Mund wirklich toll. Also es ist sehr voll, das moussiert ein bisschen, das hat diesen fruchtigen schönen Abgang. Hintenraus kommt dann eben zu der Hopfenbittere auch dieser Tee dazu, was wirklich eine schöne Geschichte ist. Also ich muss sagen, ich bin echt Fan. Das ist großartig. Toll!

Holger: Nein, also ich muss auch sagen, es ist schon ein bisschen IPA. Wenn man jetzt dieses ganze Chichi da drum weglässt und einfach sagt „Komm! Das ist ein sehr kreatives IPA und verkoste es mal.“, dann gibt’s da Fans, die sagen „Hey super!“. Und eh, ich find‘s auch nicht schlecht, aber ich würde es auch nicht jetzt, es ist ja unser Finale und es ist auch wirklich ein Dessert. Da könnte ich mir jetzt zum Beispiel ein tolles Fruchteis dazu vorstellen, das einfach mit einer Kugel da rein ins Glas und das dann zusammen auslöffeln, stelle ich mir jetzt total genial vor.

Felix vom Endt: Absolut! Ich meine, da sprichst du gute Themen nochmal an. Das ist ganz wichtig, Thema Kommunikation auch von solchen Stilen jetzt hier, das ist nun mal was Spezielles, das ist nicht für jeden, das ist besonders. Und das muss man erklären, das ist auch ganz klar. Und dann halt eben auch wiederum diese Kombination Bier und Essen, das spiegelt sich bei uns also in dem Fall so Dessert oder irgendwie sowas, am Ende von einem schönen Mahl oder so. Das ist bei uns eigentlich so ein roter Faden, also wir alle hier, die hier arbeiten in der Brauerei, wir sind jetzt nicht so viel Leute, wir sind insgesamt zu viert mit meiner Frau zusammen, wir lieben Essen alle, wir sind alle irgendwie auf eine Art Kulinariker in Form von, wir sind offen für Geschmäcker, für scharf, für süß, für sauer, für bitter, für verschiedenste Sachen, und haben da ganz viel Freude dran Halt. Und Thema, ja, wir haben hier ein passendes Bier für bestimmte Gerichte, für bestimmte Gänge wie Dessert oder irgendwie sowas, das ist bei uns halt immer so ganz oft auch. Und ganz klar, wir haben auch hier, wir sitzen hier in Mittelfranken, in Nürnberg, Nürnberg ist im Vergleich zum Rest Frankens eine absolute Bierwüste tatsächlich. Aber wir haben natürlich auch ganz viele Leute, die hier vor Ort wohnen, die sich jetzt gar nicht mit Craft- und Kreativbier groß auskennen, die hierherkommen und einfach sagen „Ach! Was macht ihr hier eigentlich? Was ist denn das überhaupt? Und wieso schmeckt denn das so, wie es schmeckt?“. Wir erklären ganz viel und erzählen ganz viel, und ganz viele finden es eigentlich ganz klasse und sind begeistert. Bestimmt nicht jeder, aber wir sind halt auch in einer Nische unterwegs, und das passt für uns auch gut. Und ganz oft gibt’s immer so diese Aussage so „Ja, das schmeckt total spannend und interessant, aber ja, einen ganzen Abend könnte ich das jetzt halt nicht trinken.“ Und das soll man halt auch gar nicht. Unsere Biere soll man nicht unbedingt den ganzen Abend trinken, jedenfalls nicht, also man kann mal so sechs, sieben verschiedene, so wie wir das heute gemacht haben, aber halt eine Sorte, also dieses Yoisho, selbst ich, also ich will jetzt auch nicht da sechs Stück hintereinander. Vom Landbier sechs Stück hintereinander, ja, das mache ich gerne, also das ist kein Problem. Oder ein Augustiner, immer noch eines meiner Lieblingsbiere, nehme ich auch mit auf eine einsame Insel. Da habe ich auch kein Problem, mal eine Kiste zu trinken. Aber von einem Yoisho, das ist halt der Genuss, das ist der Moment, das ist die Reise, und dann ist es auch schon wieder gut. Und wenn man Bock drauf hat, es vielleicht eine Woche später nochmal zu trinken, kann man es machen. Und wenn man Bock drauf hat „Hey! Ich habe jetzt, keine Ahnung, bei mir gerade einen japanischen Abend vorbereitet“, kann man es auch nochmal trinken. So ist das dann so ein bisschen als Idee. Ich meine, wir sind klein und wir sind speziell und besonders, und da haben wir halt so unsere Nische eigentlich gefunden in dem deutschen Biermarkt. Also wir exportieren nicht zum Beispiel, also wir schicken unser Bier nicht ins Ausland, wir werden regional gerade immer stärker. Das dauert alles seine Zeit, aber die Leute sind da schon neugierig und offen für, bis zu einem gewissen Punkt vielleicht. Aber halt nicht jeder natürlich, das ist auch klar, wie du vorhin auch sagtest, Holger, man muss sich öffnen und von dem Biergedanken, den wir kennen, irgendwie distanzieren oder halt ausblenden. Das ist halt nicht ein Bier, so wie wir es kennen als helles Pils oder Weizen oder sowas, sondern das ist halt was anderes. Aber 99 %, sage ich jetzt mal so, wie man es herstellt, ist es halt immer noch ein Bier. Es ist gebraut mit Wasser, Malz, Hopfen, Hefe und dann sind halt diese Nuancen wie Grüner Tee, Zitronengras, Milchzucker drin, die es halt irgendwie speziell machen.

Holger: Wir haben es ja gerade schon gehabt mit den Aphorismen, wo wir jetzt nicht genau wissen, wer jetzt der Urheber ist. Aber bei einem, also ich kann jetzt mal noch was raushauen, da weiß ich, wer der Urheber ist, das ist nämlich Bertolt Brecht, und der hat mal gesagt: Dass ihr mich versteht, das verbiete ich.“ Das passt doch wie die Faust aufs Auge hier zu den ganzen Produkten, die wir heute verkosten durften. Felix, herzlichen Dank! Das war großartig. Ich würde jetzt vorschlagen, Markus, wir machen es wirklich unplugged. Also der erste BierTalk ungeschnitten unplugged.

Felix vom Endt: Oh, oh, oh!

Holger: Vielleicht gibt’s auch dann Menschen, die uns schreiben und sagen „Endlich nicht mehr diese harten Schnitte und so“. Das kann doch was werden, oder? Ich glaube, wir sind jetzt sowieso total überzogen und wir sind vollkommen gesprengt, was unsere eigentliche Zeitvorgabe und unsere Selbstverpflichtung anbelangt. Da können wir das doch erklären und können einfach sagen „Komm! BierTalk unplugged – Felix vom Endt.“ Und dann auch noch 69, ich meine, das war sowieso ein toller Jahrgang. So machen wir es, oder nicht, Markus?

Markus: Ja, absolut! Ich glaube, das passt auch zum Felix einfach zu sagen, das jetzt einfach mal so als Uncut-Variante wirklich so, so wie es halt im Lagertank ist, so kommt‘s in die Flasche und so kommt‘s dann auch ins Ohr. Das ist, glaube ich, eine gute Idee. Und was das Bier angeht, kann ich nur nochmal sagen „Yo i sho“. Also erstens fand ich sie alle wirklich gut und kann auch wirklich sagen, das Landbier ist eins, wo ich wirklich auch gerne mehr davon trinken würde. Und auch bei den anderen muss ich sagen, es sind doch viele dabei, wo ich mindestens die Flasche austrinke oder eben dann auch gerne noch eine, vor allem auch in der richtigen Kombination. Also das ist natürlich so, dass das jetzt kein Bier zum Fußballgucken ist, aber es ist eben was für ein schönes Menü, für eine besondere Idee. Wenn ich halt einfach auch Leuten mal was Besonderes zeigen will und sagen will „Ich habe mir jetzt eine besondere Gerichtidee überlegt, ein besonderes Menü“ und dann eben auch ein besonderes Getränk dazu, das ist doch richtig schön. Und wenn es dann noch ein Bier sein kann, das dann mit regionalen Zutaten so interessant und abwechslungsreich gebraut ist, dann sind wir doch genau da, wo wir eigentlich sein wollen. Also insofern, für mich war das auch eine ganz tolle Erfahrung, hat mir auch sehr, sehr viel Spaß gemacht, Felix. Und ich find auch, das ist toll, wie du dich da entwickelt und weiterentwickelt hast. Man erkennt eine schöne Linie in den Bieren. Und mir macht das immer wieder Spaß, welche von dir zu haben. Und die waren jetzt für mich alle neu. Also insofern: Ganz toll und weiter so! Ich freue mich schon auf den zweiten Teil, den wir irgendwann fünf Stunden lang dann aufnehmen.

Holger: Nur, jetzt muss ich doch noch mal was ergänzen. Jetzt will ich aber auch nicht noch eine halbe Stunde Schlussworte einleiten. Aber das ist eigentlich das, also wenn ich Verkostungen mache, dann sage ich ganz oft am Anfang, passt auf, mein Anspruch ist gar nicht, dass ihr jetzt sagt, Mensch, wir haben jetzt sieben Biere und die waren alle ganz großartig und ganz lecker und jedem hat das total gemundet, sondern letztlich mein Anspruch, wenn es so ist, dann freue ich mich darüber, aber ich will euch eigentlich heute zeigen, was kann Bier alles sein. Das haben wir doch heute wirklich erreicht, eben den Hörern vorzuführen, was Bier sein kann, also wie großartig das ist, und wie komplex das sein kann. Und mit unseren Rohstoffen, die wir sowieso schon haben und viel, viel hergeben auch innerhalb des Reinheitsgebotes und eben ergänzt mit diesen ganzen anderen Ingredienzien, die das Natürlichkeitsgebot ins Spiel bringen, das ist Wahnsinn, wirklich Wahnsinn. Ich kann das nur nochmal betonen, hier Orca Brau hat sogar einen Online-Shop.

Markus: Genau! Also das Natürlichkeitsgebot, das machen wir dann wirklich beim nächsten Mal. Vielleicht als kleiner Tipp am Rande, Felix: Es gibt diese Black and Tan Biere, vielleicht wäre sowas auch was für dich, um den Orca praktisch auch ins Glas zu bringen, vielleicht mal so ein zweifarbiges Bier zu machen. Aber schauen wir mal, für heute auf jeden Fall vielen, vielen Dank. Ich glaube, Holger, wir freuen uns sehr auf die Fortsetzung, oder?

Holger: Unbedingt, unbedingt! Felix, 1000 Dank dir und uns allen ein schönes Wochenende.

Felix vom Endt: Super! Danke auch an euch, es hat mir sehr viel Spaß gemacht. Und ich wünsche euch auch eine gute Zeit weiterhin. Und bis zum nächsten Mal!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 68 – Interview mit Frank Müller, Hefe-Banker und Braumeister der Riegele Brauerei in Augsburg

Die Augsburger Riegele-Brauerei gehört zu den „Klassikern“ im bundesdeutschen Bier-Kanon. Spätestens seitdem der damalige Juniorchef und heutige Inhaber Sebastian Priller 2011 zum zweiten Weltmeister der Biersommeliers wurde und zur Feier dieses Titels eine eigene Kreativbier-Serie auflegte, stehen die Schwaben auch in jedem Craftbier-Regal und erfreuen sich auch internationaler Beliebtheit. 2015 begann zudem eine neue Ära der amerikanisch-deutschen Bierfreundschaft: Gemeinsam mit den Gründern der kalifornischen Sierra Nevada Brauerei, Ken and Brian Grossman, entstanden verschiedene Gemeinschaftssude. Der große Mann hinter all diesen Projekten ist auf Augsburger Seite Braumeister Frank Müller, der in den letzten zwei Jahrzehnten die Entwicklung der Brauerei und ihrer Biere entscheidend geprägt hat. In unserem BierTalk verkosten wir vier Riegele-Spezialitäten und schauen hinter die Kulissen der Brauerei, nicht zuletzt in die Hefebank, die Frank einst quasi als Mitgift in diese äußerst fruchtbare Beziehung eingebracht hat…

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Holger: Hallo liebe BierTalk-Hörer! Wir haben die Folge 68. Jetzt kann man sich fragen: Was ist an 68 besonders? Weiß ich eigentlich gar nicht, auf jeden Fall ist es irgendwie ein Revolutionsjahr, also die 68er Generation. Unser Gast ist aber noch nicht so alt, dass er dazugehört. Aber er ist schon jemand, der den Biermarkt und die Bierbranche revolutioniert hat. Es geht heute nach Augsburg in die Riegele Brauerei zu Frank Stephan Müller. Frank, grüß dich, herzlich willkommen! Und am Mikrofon ist der Holger und wie immer …

Markus: … der Markus.

Holger: Prima! Frank, magst du vielleicht den Hörern Norddeutschlands sagen, wer du bist? Ich denke, die Süddeutschen wissen es alle.

Frank Müller: Grüß Gott in die Runde! Es freut mich, dabei zu sein. Ich bin der Frank und beschäftige mich seit gefühlt circa 40 Jahren mit dem Thema Bier und habe das auch irgendwann mal gelernt in Krombach und habe dann auch mal in Weihenstephan studiert. Ich war in diversen Brauereien, in der Eichbaum Brauerei in Mannheim, in Hannover in der Herrenhäuser Brauerei, war in Schweden eine Weile in der Krönleins Bryggeri in Halmstad, und bin jetzt seit fast 20 Jahren in Augsburg verantwortlicher Braumeister in der Brauerei Riegele.

Holger: Das ist spannend! Bist du Siegerländer?

Frank Müller: Ich bin Siegerländer (unv. #00:01:28.3# englisch ausgesprochen?), ganz genau.

Holger: Sehr gut! Okay.

Frank Müller: Ich bin original Siegerländer, richtig. Und habe auch im Siegerland mit meinem Vater zusammen unter Anleitung eines Herrn Pütz, Jean Pütz von der Hobbythek, das war meine Lieblingssendung, das erste Mal Bier gebraut.

Holger: Viele Hobbybrauer so in unserer Generation, wenn ich das so sagen darf, sind damals eben durch die Hobbythek auch wirklich angeregt worden, in diesem Beruf oder in dieses wunderschöne Hobby zu gehen. Wirklich aus dieser Tradition heraus hast du dich beworben in Brauereien, oder war das sofort klar, dass du dann bei Krombacher den Beruf des Brauers und Mälzers gelernt hast? Oder wie ist das gekommen?

Frank Müller: Ich habe mal diverse Praktiken gemacht und dann hat sich das angeboten, in der Krombacher Brauerei da eine Lehre zu machen, eine verkürzte Lehre. Mit Abi konnte man dann nach zwei Jahren, kann man heute auch noch eine Lehre machen, genau. Für mich stand das seit dem 12. Lebensjahr eigentlich fest, dass ich irgendwas in dieser Richtung betreiben wollte oder will.

Holger: Warum seit dem 12. Lebensjahr, was war da der Auslöser?

Frank Müller: Das war der Jean Pütz mit meinem Vater zusammen. Also diese Hobbythek Sendung hat in allen Bereichen Anregungen gebracht. Also ich habe Tiffany gemacht, ich habe selbst Salben gemacht, wir haben Brot gebacken, wir haben mit Holz gebastelt, wir haben mit Kupfer gebastelt, wir haben also alles gemacht, was der eigentlich präsentiert hat, weil er es gut aufbereitet hat. Wir haben Sauerkraut gemacht, das ist ja auch ein bisschen verwandt mit Fermentation und so weiter. Und dann war eine Sendung halt Bierbrauen, da haben wir uns sofort die Sachen besorgt, haben das Buch gekauft, man konnte immer ein Buch zur Sendung kaufen, haben uns in den Brauereien im Siegerland die Rohstoffe besorgt. Und haben dann zu Hause in der Küche mit einem Einmach-Pott den ersten Sud angesetzt.

Holger: Unglaublich! Markus, hast du das auch immer geschaut, die Hobbythek?

Markus: Ich hab’s total gerne angeschaut. Ich habe nicht alles nachgemacht, aber mir erschließt sich jetzt langsam einiges, weil ich jetzt auch verstehe, wie der Frank eben so viel Experimentierfreude und Lust an neuen und spannenden Sachen entwickelt hat. Klar, wenn einem das so im Blut steckt, dann kann sich eigentlich das nur so weiterentwickeln. Und das ist ein Glücksfall für die Bierwelt, dass du dich dann eben fürs Bier entschieden hast und nicht am Ende für Salben oder für irgendwas anderes. Und ich muss sagen, ich habe jetzt schon eine Menge Durst bekommen. Du hast uns vier tolle Biere geschickt. Ich glaube, Holger, wir müssten eigentlich eins aufmachen.

Holger: Ja, können wir gerne machen. Frank, magst du kurz auch noch was zur Riegele Brauerei sagen und was wir hier so vor dem Bildschirm stehen haben? Und dann müssen wir noch eine Reihenfolge festlegen.

Frank Müller: Genau! Die werde ich euch definitiv vorgeben die Reihenfolge. Aber zur Brauerei Riegele, es ist eine Familienbrauerei hier im Kern von Augsburg. Seit 1386 in der Stadt, bezahlt Steuern auch seit 1386. Und wie gesagt, ist inhabergeführt, eine total verwurzelte, verankerte Familienbrauerei, die mittlerweile die ganzen Traditionsbiere komplett braut, also bayerische Bierspezialitäten. Dann machen wir diese Brauspezialitäten halt auch, die Innovationsbiere. Wir machen drei alkoholfreie Biere, wir machen ein holzfassgelagertes Bier, wir machen ein Champagnerbier. Und wir machen, das muss man auch dazu sagen, natürlich auch relativ viel Mineralwasser, die MozartQuelle ist unsere eigene. Und wir machen auch relativ viel Spezi, also Original Spezi ist unsere Marke. Und wir machen eine Limonade, die ist mit Milchsäure gesäuert, das ist unser Chabeso.

Holger: Das ist Wahnsinn! Jetzt, was haben wir hier vor uns stehen?

Frank Müller: Wir haben vier Sorten, wir haben das Augsburger Herrenpils, wir haben unser Kellerbier, wir haben das Lauterbacher Hefeweizen, wir haben unser Simco 3. Ich möchte gerne mit dem Augsburger Herrnpils starten.

Holger: Sehr gut! Bei Pils bin ich sowieso immer dabei. Das machen wir auf. Also Markus, du weißt ja, wenn es dann wieder zu bitter wird für dich als Oberfranke, halte ich dir die Hand.

Markus: Ja, bitte! Das machen wir auf jeden Fall. Wobei ich sagen muss, Herrenpils ist etwas, was man auch in Bamberg kennt, und da ist es für fränkische Verhältnisse schon ordentlich bitter, aber immer noch für mich gut machbar. Insofern freue ich mich jetzt schon drauf. Es ist auch eine sehr edle Flasche mit diesem schönen silber, wie sagt man da, Stanniolpapier oder so ähnlich, was drüber ist. Also sehr, sehr schön. Ich mach auch mal auf.

Frank Müller: Das hört sich gut an.

Markus: Wunderbar! Wer mag’s denn verkosten?

Holger: Mach du es doch.

Markus: Ich? Also gut.

Holger: Ich meine, Pils ist nicht dein Bierstil und dann würde ich das Kellerbier machen. Das wäre doch nur gerecht.

Markus: Eigentlich eine Unverschämtheit, aber gut. Also gut, dann nehme ich mich gerne dieses wunderbaren Pilsbieres an. Also erstmal optisch schon mal ganz, ganz schön. Die Braut ist wirklich hübsch. Wir haben oben einen richtig festen, stabilen, weißen, feinporigen Schaum stehen, der wirklich, während wir jetzt geredet haben, noch keinen Millimeter verloren hat. Also ganz, ganz großartig. Drunter dann ein richtig schön sonnengelbes klares Bier, wo sich die Kohlensäurefäden so richtig schön da nach oben treiben lassen und man eben sieht, wie dieses Bier lebt und sich darauf freut, getrunken zu werden. Jetzt rieche ich doch mal rein. Ah ja! Und dann haben wir eine schöne Mischung, also man hat einerseits durchaus so kräutrig Zitrus-, Hopfen-Aromatik, aber eben drunter auch ein schönes Bett, wo Malz eben, Getreide, ein bisschen Honig vielleicht auch stattfindet, aber eher so typische Getreidenoten. Und insgesamt auch frisch, also das macht richtig auch Lust. Ich probiere jetzt mal. Ja, ein kleines bisschen brauche ich deine Hand, aber es ist sehr, sehr fein. Geht los sehr schön weich, ganz angenehm auf der Zunge, hat eine gewisse Süße am Anfang, und dann kommt aber schon diese kräftige Hopfennote, die dann richtig intensiv ausklingt, sehr, sehr lange auch dableibt. Aber eben in keinster Weise irgendwie unangenehm, sondern einfach richtig schön selbstbewusst da ist und den Mund auch wieder so ein bisschen austrocknet. Und dann natürlich sagt, trink mich nochmal. Und das ist natürlich auch sehr schön, also ein sehr rundes Pils, ein sehr weiches Pils und ein sehr angenehmes, sehr trinkfreudige Bier. Kann ich nur sagen, Frank, sehr gut gelungen. Prost auch aus Franken!

Frank Müller: Danke, vielen Dank! War eine sehr schöne Beschreibung.

Markus: Danke, das freut mich. Hast du das mit erfunden oder hast du es übernommen?

Frank Müller: Ja, das haben wir komplett neu auf die Beine gestellt, richtig. Wir haben es auch wieder, wie du schon beschrieben hast, in Richtung Pils getrimmt. Also unter dem Namen Pils kann man sehr viel tun, aus meiner Sicht werden heutzutage auch Pilsbiere verkauft, die eigentlich diesen Namen nicht tragen dürften. Ich möchte es mal so vorsichtig formulieren. Wir haben das wieder auf 45 Bittereinheiten gestellt, das ist ausschließlich mit Aromahopfen gehopft, da ist Opal drin, da ist Mittelfrüh drin, da ist ein Hersbrucker drin, da ist ein Saazer drin und auch ein Spalter Select ist da drin.

Markus: Sehr schön! Ich finde, den Saazer merkt man auch so ein bisschen.

Frank Müller: Den Saazer merkt man, durch auch diese späten Gaben, dass natürlich jetzt nicht nur diese Bitterstoffe umgewandelt werden, sondern ich möchte auch diese Aromakomponenten, also dieses Aromaprofil dieser verschiedenen Hopfen möchte ich auch mit reinbringen. Und der Saazer hat halt eine schöne, ich sage immer, minimal dieses Werther‘s Echte, dieses leichte Sahnige hinten raus, dieses Cremige, schöne leichte Holznoten bringt der rein. Eine leichte Kräutrigkeit. Also ich finde, der passt sehr gut dazu.

Markus: Ja, der macht das richtig schön weich.

Frank Müller: Genau!

Markus: Schauen wir mal, was der Holger dazu sagt, der ist ja unser alter Pilsspezialist.

Holger: Man kann fast nichts mehr ergänzen. Mir schmeckt‘s auch wahnsinnig gut und ich finde auch diese Trockene, was so im Abgang kommt und dann einfach Lust auf den zweiten Schluck macht, so muss auch ein Pils sein. Ich werde nicht müde immer wieder vorzuschwärmen, auch von der Lokalität. Also nicht nur von den Produkten, die sowieso ohne Fehl und Tadel sind, sondern ich finde das auch unheimlich schön bei euch und auch unheimlich lecker. Ich kann nur jedem raten und man muss wirklich gar nicht mit dem Auto anreisen, man kann wirklich aus dem Zug fallen, sein Bier trinken und wieder in den Zug hineinfallen und dann nach Hause fahren, egal wo man herkommt.

Frank Müller: Die Lokalität hier am Standort wird von den Augsburgern extrem viel und gut angenommen, muss man wirklich sagen. Also wir können uns da nicht beklagen.

Markus: Ich finde das auch ganz spannend, zumal es auch einfach so ein bisschen Wirtschaftsgeschichte zeigt, wie wichtig es eben war vor ungefähr so 130, 140 Jahren, dass man sich als Brauerei eben an die neuen Bahnlinien begibt, dort produziert, um dann eben auch gleich vertreiben zu können. Ich finde, man sieht das auch, wenn man die Brauerei an sich besichtigt, weil sie noch in diesem Zustand praktisch von damals auch ist, so als Baulichkeit. Das heißt, man hat im Keller noch wirklich die Schatzkammer und die alten Lagerkeller. Das ist wirklich ein sehr imposanter Bau. Man kann dann eben hochsteigen, bis man dann die alten Schrotmühlen unter dem Dach sozusagen hat. Und neuerdings kann man sogar über das Ganze rüber fliegen mit dem Bierflug. Ich finde das schon insgesamt ein echt spannendes Ensemble und auch etwas, wo sich wirklich viel Mühe gegeben wird, das zu erhalten. Wie erlebst du das so im Alltäglichen?

Frank Müller: Die Familie Priller legt hier wirklich unglaublich viel Wert auf Details und machen das auch selbst. Auch wie du gerade schon gesagt hast, das mit dem Bierflug und das Wirtshaus und das wird alles selbst ausgewählt, die Möbel, das Design. Das muss einfach passen, bis hin zur Kuchengabel muss das irgendwie ausgetüftelt sein und muss zum Konzept passen. Da legen sie wirklich sehr, sehr viel Wert drauf. Und auf der anderen Seite, ist klar, das Gebäude ist geprägt vom Jugendstil zu der Zeit, ist jetzt hier wunderschön wiederhergerichtet worden. Klar, für mich natürlich in der Technik, in der Produktion erschwerend, weil das Riesenproblem ist der Platz. Das heißt, wir können nicht in der Horizontalen wachsen, in der Vertikalen sind wir eigentlich jetzt auch fertig, die Logistik ist schon ausgesiedelt. Aber das ist eine Herausforderung, muss man wirklich sagen, hier am Standort das hinzubekommen.

Holger: Frank, wie ist das eigentlich, wenn man einen Biersommelier-Weltmeister als Chef hat? Ist das angenehm?

Frank Müller: Das ist sehr angenehm. Wir verstehen uns blendend und tauschen uns wunderbar aus. Und es ist schön und erfreulich, wenn man einen Chef hat, der auch bieraffin ist. Das heißt, der auch, wenn ich mal einen Hopfen geändert habe, dann kommt und sagt: Hast du was am Urhell, da hast du bestimmt was am Hopfen geändert. Ich sage, ja. Wunderbar, herzlichen Glückwunsch! Also er ist mit Leib und Seele dabei und verkostet die Biere und schmeckt, und das ist eine totale Bereicherung für mich.

Holger: Ich habe sowieso auch immer den Eindruck, wenn ich bei euch bin und der Markus hat vollkommen recht, dass es eben auch von den Räumlichkeiten und von der Architektur her was Besonderes ist. Für mich ist das immer wie ein Château. So muss es eigentlich sein, dass die Brauerei, also wie beim Winzer das Château ist. Das finde ich, spürt man bei euch so schön. Also das mag ich sehr.

Frank Müller: Genau! Das strahlt was aus. Richtig!

Holger: Jetzt weiß ich natürlich nicht, womit du weitermachen möchtest?

Frank Müller: Ich mache weiter mit dem Riegele Kellerbier bitte.

Holger: Okay! Dann bin ich dran.

Markus: Blasphemie!

Holger: Ja, ja! Das muss doch auch mal möglich sein. So! Dann schütte ich mir ein Glas schönes Kellerbier ein. Bei mir jetzt im Glas ist, wie soll ich sagen, so ein bisschen orangerot, ganz naturtrüb, sehr schöner Schaum. Ich rieche mal rein. Da kommen dann schon so die Malzaromen und fruchtige Noten raus. Ein bisschen Aprikose vielleicht oder Pfirsich. Ich bin mir nicht so richtig sicher, oder beides. Ich weiß eigentlich gar nicht. Ich trinke mal einen Schluck. Ja, sehr schön! Das ist so ein richtig schönes, rundes ausbalanciertes Kellerbier. Das wird dem Markus ganz hervorragend schmecken. Und so wie ich den kenne, hat der jetzt sowieso nicht abgewartet, bis ich jetzt hier meinen Verkostungsgesülze von mir gebe, sondern hat es schon probiert. Wenn ich jetzt bei euch sitzen würde und in Bayerisch Schwaben irgendwie ein schönes typisches Gericht mit Spätzle, das wäre mein Favorit hier zu diesem Kellerbier. Markus, hast du es auch schon verkostet?

Markus: Ja, natürlich! Da konnte ich nicht an mich halten. Sowieso, also wenn schon Kellerbier draufsteht. Aber ich muss auch wirklich sagen, es ist auch optisch schon eine Augenweide, auch der leicht getönte Schaum und untendrunter dann eben dieses schöne unfiltrierte Bier. Es ist unglaublich weich im Mund, und finde ich auch diese fruchtigen Noten spannend. Ich habe dann auch noch mal auf die Flasche geguckt und dabei ist mir dann tatsächlich aufgefallen, es ist doch ein bisschen was anderes als das, was wir jetzt hier in Franken als Kellerbier bezeichnen, weil es ein obergäriges Bier ist. Und das hat mich dann auch sehr erinnert an das, was ich zum Beispiel in England immer wieder erlebe: Wenn man da in den klassischen britischen Pubs ist und dann eben die typischen Real Ales trinkt, dann finde ich das unglaublich nahe an dem, was ich bei uns in Franken in so einer Brauereiwirtschaft erlebe. Und dementsprechend hat dieses Bier wirklich all das, was ich mir wünsche, mich dahin zu setzen, gemütlich ein paar Bierchen zu trinken, neue Leute kennen zu lernen, einfach einen Abend zu verbringen und Spaß zu haben. Das hat eben diesen leicht obergärigen Brown Ale Charakter, der mir auch wirklich sehr, sehr gut gefällt. Also echt spannend und vor allem auch wieder sehr weich, sehr samtig. Das ist ein ganz tolles Mundgefühl, was ich so jetzt noch nicht gekannt habe.

Holger: Und hinten auf der Flasche, Markus, hinten auf der Flasche steht das, was du beschreibst.

Markus: Hinten habe ich noch gar nicht draufgeschaut. Moment!

Holger: Hinten auf der Flasche steht: 3 Jura-Malzsorten – das lassen wir uns natürlich alles gleich erklären – und die besondere Riege Ale Hefe garantieren den Geschmack.

Markus: Ha! Da haben wir es doch. Da bin ich jetzt mal gespannt, was der Frank sagt.

Holger: Genau das, was du gesagt hast. Und da hat doch der Frank wahrscheinlich bei seinem letzten England-Besuch oder bei einem England-Besuch da einfach ein bisschen Hefe geklaut. Oder wie war das, Frank?

Frank Müller: Die Beschreibung war wirklich perfekt. Das mit der Aprikose, das ist wirklich auf den Punkt gebracht. Hier steht, wie ihr richtig bemerkt habt, natürlich die Hefe im Vordergrund. Meine Interpretation des Kellerbiers ist obergärig, mit der Riege Ale Hefe. Das ist eine Ale Hefe, die ich vor, das war noch zu meiner Schweden-Zeit, vor ungefähr 22, 23 Jahren von einem englischen Brauer bekommen habe. Ich habe damals angefangen, so ein bisschen mich mit verschiedenen Hefestämmen zu beschäftigen und sammle die auch. Ich habe jetzt ungefähr circa 200 verschiedene Hefestämme in der Riegele Hefebank. Und das ist eine davon und die hat wirklich dieses Aprikosenaroma. Also die macht wirklich diese Ester, die in die Aprikosenrichtung gehen, muss man ganz klar sagen. Das kommt auch schön rüber hier, mit einer dezenten Grundbittere dazu. Jura Malz, das ist aus Mittelfranken, aus Pappenheim vom Mälzer Wurm, unter anderem. Da ist das Pilsener Malz drin, da ist dann ein weiteres Pilsener Malz drin, das ist die Gerstensorte Steffi, das ist meine Lieblings-Gerstensorte. Und es ist ein Münchener Malz mit drin. Und deswegen auch ein bisschen dieser etwas leicht malzige Charakter, so ein bisschen eine Karamellnote. Die ist wunderbar in Kombination mit diesen feinen Aprikosennoten aus der Hefe und einer leichten Blumigkeit und einer leichten Bittere aus dem Opal-Hopfen.

Holger: Genial! Da kann man mal wieder sehen, wie vielseitig und toll Bier ist, weil eben die Rohstoffe so unheimlich kreativ miteinander verbunden werden können. Und hier sehe ich persönlich eigentlich auch dann einfach die Aufgabe des Biersommeliers, eben das, was der Brauer sich da überlegt hat, und wenn man sich damit dann verbindet und beschäftigt, das dann halt auch dem Genießer, dem Biertrinker so richtig schön rüber zu bringen, sich damit auszutauschen. Und gerade auch bei dem Bier könnte ich mir jetzt vorstellen, wenn man dann die Damenwelt sicher damit auch ansprechen kann, und die oft in der Sensorik viel besser sind als die Männer, dass man da eben über diese fruchtigen Noten so richtig schön philosophieren kann. Also das ist wirklich ein ganz tolles Bier. Und auch mal diese Interpretation als obergärige Variante gefällt mir hervorragend. Vielen Dank, Frank! Vielen Dank für den schönen Moment.

Markus: Na, er dauert auch noch ein bisschen an, also wirklich sehr, sehr, ich meine, es ist ja immerhin eine 0,5 Liter Flasche, ich meine, ich kann ja einiges, aber so schnell? Aber es ist wirklich, also ich muss auch sagen, tolle, tolle Idee. Und ich glaube, das ist auch eine sehr, sehr clevere Lösung für dieses Thema, wir machen jetzt auch ein Kellerbier. Weil es doch viele Brauereien, sagen wir mal, außerhalb von Franken gibt, die einfach sagen, sie wollen sich des Themas annehmen und dann immer wieder mehr oder weniger etwas machen, was so ähnlich ist wie das, was es hier gibt. Aber daran scheitern dann auch manche und dann ist es immer eher so ein Plan B. Und hier haben wir eine völlig eigene Geschichte, die die Grundidee aufnimmt, also süffig, rund, harmonisch, malzbetont, spannende Noten, cremig. Davon kann man viel trinken, das passt zu allem, was man so eben im Gasthaus bekommt. Aber eben in einer ganz eigenen Interpretation und dadurch auch für sich ein Outstanding, ein Stand Alone könnte man auch sagen, wenn man schon englische Begriffe bedienen will. Bier, was da wirklich für sich eine eigene Benchmark setzt. Also das find ich ganz, ganz toll und macht mir gerade deswegen so viel Spaß.

Holger: Jetzt müssen wir aber weitergehen, sonst werden wir gar nicht fertig.

Markus: Schade! Aber gut, machen wir.

Frank Müller: Also nächste Sorte möchte ich gerne das Simco 3 bitte verkosten.

Holger: Da könntest du selber mal loslegen und uns deine Eindrücke schildern.

Frank Müller: Gerne!

Holger: Oben auf dem Halsetikett zum Beispiel steht schon „hopfiges Lebensglück“.

Frank Müller: Genau! Wenn man sich die Farbe anschaut, dann ist die auch ähnlich dem Bier zuvor, also diesem Kellerbier, also schöne bräunliche Kastanienfarbe, also auch in Anlehnung an das Kellerbier. Das kommt auch nicht von ungefähr, weil die Basis dieses Bieres ist auch dieses Kellerbier, was wir zuvor verkostet haben. Und hier jetzt natürlich noch mal eine weitere Zugabe, das ist der Simco Hopfen, wie der Name es schon sagt. Aber nicht im Sudhaus, also im Heißbereich eingesetzt, sondern hier im Kellerbereich kalt eingesetzt, gestopft mit diesem Simco Hopfen. Das merkt man natürlich eindeutig auch schon am Geruch, diese Maracuja-Noten, ein bisschen Waldbeeren, eine leichte Grapefruit-Note, die aus diesem wunderbaren Simco Hopfen kommt. Und auch, wenn man es trinkt, merkt man es auch retronasal sofort, wie diese Aromen dann aufsteigen, schön mit diesem Körper, den das Bier hat. Wunderbare Kombination, das hat noch eine gewisse Restsüße. Und das mit diesen Fruchtaromen, finde ich, passt wunderbar zusammen.

Holger: Ich finde auch, es ist ein richtiger Obstkorb, kann man eigentlich fast sagen.

Frank Müller: Ist ein Obstkorb, ganz genau.

Markus: Wobei ich sagen muss, es ist auch eher ein britischer Obstkorb. Das finde ich ganz schön. Also es ist schon …

Frank Müller: Absolut!

Markus: … eher in der klassischen Richtung von einem India Pale Ale und damit also wirklich auch vom Alkoholgehalt mit 5 % so, dass man das noch schön trinken kann. Und hat eben auch einen schönen Malzkörper, schön rund harmonisch dadurch. Nicht so extrem bitter, dass man da jetzt dann gleich zumacht. Also insofern einfach ein tolles Erlebnis, weil ich in der Nase schon dann diese ganzen Früchte habe und dann kommen im Mund eben dazu die Malzaromen. Dann schlucke ich runter, dann habe ich diese Bittere. Die klingt aber auch mit fruchtigen Aromen, mit ein bisschen Honig, mit ein bisschen Malz, mit ein bisschen Biskuit aus. Und dann hat man wieder Lust. Also das ist wirklich ein spannendes Erlebnis. Und da kann ich sagen, da stimmt dann diese Überschrift „Lebensglück“ so ein bisschen, weil da wirklich alles drin ist, was ein Bier wirklich begeisternd macht. Finde ich echt eine schöne tolle Geschichte.

Frank Müller: Ja, erfreut sich auch sehr hoher Beliebtheit.

Holger: In dem Zusammenhang möchte ich erwähnen, das Simco 3 gibt’s schon länger. Das ist auf den Markt gekommen mit einem Verkostungspaket, also Selektion 1 und Selektion 2.

Frank Müller: Korrekt!

Holger: Da muss man unbedingt darauf hinweisen, weil ich damals, wo das rauskam, war ich total begeistert auch, wie ihr das quasi an den Endkunden bringt. Also dass ihr dann eben dieses Aromarad habt, dass ihr diese verschiedenen Bierstile habt, die jeweils in ihrer Art ganz typisch interpretiert sind. Und dann konnte man sich dann auch wiederfinden, jeder konnte dann sagen, ich bin eher süß und fruchtig oder ich bin eher hopfenbetont oder ich mag eher dunkle Biere. Und dann natürlich eines meiner absoluten Käse Food Pairing Favoriten, das Dulcis 12 dann als absolutes extremes Bier. Wer das nicht kennt, Selektion 1 und 2, dem sei es auf jeden Fall sehr empfohlen. Was ich mich schon immer frage, Frank, ist halt, warum eigentlich nicht Pale Ale? Das ist doch eigentlich ein Pale Ale, das ist doch gar kein India Pale Ale?

Frank Müller: Ja, das …

Markus: Da kann ich ganz kurz in die Bresche springen. Man muss das einfach anders verstehen. Wenn man das mit einer englischen Brille sieht, dann ist es durchaus ein India Pale Ale. Weil dort …

Frank Müller: Aber draufstehen tut übrigens Indian Pale Ale.

Markus: Ja, das kann ja mal passieren. Aber nichtsdestotrotz ist es wirklich, also für mich zumindest, sehr, sehr britisch. Ich bin normalerweise, wenn nicht gerade Corona ist, auch jedes Jahr beim Great British Beer Festival, und davor wird dann der große Bierwettbewerb, der CAMRA, fürs Real Ale ausgetragen, das Champion Beer of Britain heißt das.

Frank Müller: Champion Beer of Britain, genau.

Markus: Champion Beer of Britain. Und da wird eben mit den klassischen Kategorien verkostet. Da ist es zum Beispiel so, dass diese ganzen Biere, die wir so einzeln kennen, also Pale Ale und India Pale Ale und alles, was so dazugehört, das wird alles in einer Kategorie verkostet, und das ist einfach bitter. Also die heißen Bitters und da gehören die alle mit dazu. Und innerhalb dieser Familie gibt’s die mit ein bisschen mehr Alkohol oder Hopfenbittere oder weniger, aber es ist alles eine große Familie. Und letzten Endes geht’s wirklich um Drinkability, um den Spaß an dem Bier.

Frank Müller: Ja. Der Name ist eine Kategorie. Okay, die ist irgendwann mal festgelegt worden. Das ist mit Sicherheit irgendwo auch ein Hybrid. Also ich kann ja auch mal ein Bier außerhalb einer Kategorie machen, dann passt es halt da jetzt nicht rein.

Holger: Du hast gesagt, Simco steht drauf, aber dann steht Simco 3 drauf und das hat damit zu tun, dass es auch noch andere Hopfensorten in dem Bier gibt. Das können wir vielleicht auch noch ganz kurz erwähnen.

Frank Müller: Eine meiner Grundhopfen-Lieblingssorten ist bei mir der Opal Hopfen. Was bei vielen die Perle ist oder Magnum, weiß ich nicht, ist bei mir der Opal. Den mag ich, weil der hat eine leichte, eine ganz, ganz leichte Anis-Note, finde ich, und die ist angenehm. Immer in Kombination, also wenn ich jetzt sage, Anis oder wie eben mit dem Saazer, sage ich, das ist ein Sahnebonbon, dann ist das mal ein einzelnes Aroma. Aber entscheidend ist immer in der Gesamtkomposition, ich gebe Kräuter und Gewürze zu meiner Salatsoße, dann will ich aber nicht, dass die Salatsoße nur nach Pfeffer schmeckt oder nur nach Dill schmeckt oder nur nach Salz, sondern es ist immer die Gesamtkombination, die es ausmacht, wo nichts hervorschmecken soll. Und das ist hier bei mir wie gesagt der Opal. Dann ist es der Hersbrucker und als Kalthopfung ist es der Simco. Das sind die drei Sorten, die hier angewendet wurden, die für mich in der Kombination hervorragend sind.

Holger: Ganz am Anfang, also wo das das erste Mal präsentiert wurde, da hat es noch ganz anders geschmeckt, bin ich der Meinung. Und dann gab’s noch mal eine Veränderung. Also ist das so oder habe ich das nur so falsch in Erinnerung vielleicht?

Frank Müller: Veränderung ja, aber dann nichts, was die Rezeptur angeht, sondern dann wirklich, und da stimme ich dir zu, was das Aroma und die Qualität, insbesondere des Simco Hopfens angeht.

Holger: Ah ja, also dann. Ist schon lange her. Ich weiß gar nicht, wann kam Simco 3 raus? Das ist jetzt schon mehrere Jahre her.

Frank Müller: Oh! Wir haben mit den Brauspezialitäten begonnen unten in der kleinen Brauerei, in der Biermanufaktur, habe ich dann am Wochenende mal in diesem 100-Liter-Maßstab gebraut. Und hatten wir es rausgebracht 2000…

Markus: War das nicht, als der Sebastian Weltmeister wurde?

Frank Müller: Um die Ecke rum. Ja, genau! Wann war das? Das war?

Markus: 2011. Ich hab‘s grad mal kurz nachgeschaut.

Frank Müller: Ja, dann war das ungefähr um die Ecke, wo diese Brauspezialitäten kamen.

Holger: Ja, absolut! Ich kann es nur nochmal betonen, also alle Brauspezialitäten, die da in diesem Paket sind, das müsst ihr unbedingt mal ausprobieren, ihr lieben Hörer da draußen. Dulcis 12 habe ich jetzt schon gesagt, unbedingt mit Käsesorten verkosten oder auch Noctus 100, also so richtig tolle dunkle Biere, malzaromatische Biere, eben wirklich (unv. #00:24:07.6# taugen?) dann Noctus 100. Das ist dann auch so eine schöne Größe eben mit 0,66, da kann man dann abends den Fernseher auslassen, sich mit seiner lieben Frau in die Küche setzen und sich also diese Flasche teilen und darüber sprechen, wie interessant doch Bier sein kann.

Frank Müller: Oder ich empfehle jetzt wirklich, jetzt im Sommer, gut, wenn mal der Sommer kommt, momentan regnet es hier, in der Grillsaison, legt euch mal ein schönes, schönes T-Bone Steak oder ein Filetsteak auf den Grill drauf und trinkt dazu ein Robustus 6.

Markus: Oh, jetzt ist das Kopfkino aber an. Oder das Gaumenkino sozusagen. Wahnsinn!

Holger: Ja, also genau! Das Robustus 6 ist ein Porter. Das ist so cremig, da könnte man sogar dann auch als Nachtisch eine Vanilleeis-Kugel sozusagen mit diesem Robustus 6 kombinieren.

Frank Müller: Ja, hervorragend!

Holger: Also, um jetzt noch mehr Bilder zu erzeugen.

Markus: Aber man muss auch ein bisschen vorsichtig sein, weil diese Biere sind wirklich heimtückisch. Gerade das Dulcis 12, das ist so ein Bier, das trinkt sich …

Frank Müller: Oh ja! Oh ja! Oh ja!

Markus: … easy, easy, easy, und dann hat man die 0,66er weg und ist dann auch weg. Also das ist dann schon, geht in die zweistelligen Alkoholprozente. Da ist schon eine Aufgabe.

Frank Müller: Wobei die 0,66, ist die Intention dahinter, so ein bisschen Anlehnung an den Wein. Klar, ich setze mich abends mit meiner Frau hin, man teilt sich ja eine Flasche Wein. Und das ist auch so ein bisschen in Anlehnung daran, 0,66 zu zweit mit der Frau zusammen halt dann probieren.

Holger: Genauso, so mache ich es schon jahrelang und die Ehe hält.

Markus: Wunderbar! Das wäre fast schon ein Werbeslogan sozusagen. Aber vielleicht noch eine Frage, bevor wir sicherlich dann auch noch zum Weizen kommen. Bei dieser ganzen Hopfenstopf-Geschichte habe ich immer mehr gehört, dass es gar nicht so einfach ist, wenn man wirklich im Kaltbereich dann eben den Hopfen nochmal dazu gibt, weil es, gerade wenn man hier so ein Bier hat, was nur 5 % hat, eine gewisse Gefahr in sich birgt, dass man da wieder sich irgendwelche Infektionen holt. Habt ihr damit Erfahrungen? Wie geht ihr damit um? Was ist da für euch das Thema dabei?

Frank Müller: Damit haben wir sehr, sehr viel Erfahrung, muss ich sagen. Und ich lerne in allen Dingen täglich dazu. Also das ist das Schöne an diesem Beruf, ich lerne wirklich täglich dazu. Das ist richtig, was du gerade sagst, Markus. Das ist nicht ungefährlich. Insbesondere bei unserem alkoholfreien Liberis 2+3, das ist alkoholfrei, und das ist auch gestopft. Das ist eigentlich die größte Gefahr, die man da hat, dass man da noch eine entsprechende Infektion dazu bekommt, weil da noch sehr, sehr viel unvergärbarer Extrakt vorhanden ist. Da muss man sehr aufpassen, das ist richtig.

Markus: Ja, spannend! Aber jetzt lass uns doch vielleicht zum nächsten Bier kommen. Ich habe richtig Lust drauf.

Holger: Das Finale, ja.

Markus: Weil mich das Etikett schon so anlacht.

Frank Müller: Genau! Das ist das Lauterbacher Naturweizen. Lauterbacher, das war eine Brauerei hier im Umkreis Richtung Donauwörth. Die Brauerei hat dicht gemacht, wir haben die Marke gekauft vor 11, 12 Jahren. Und das haben wir jetzt neu aufgelegt. Also die Biere gab‘s schon, wir haben die selbst hier gemacht, das sind unsere Rezepte und unsere Sachen. Und das ist jetzt in der Euro-Flasche mit diesem Retro-Etikett rausgekommen.

Markus: Na, dann machen wir es doch mal auf.

Frank Müller: Ja, bitte!

Holger: Markus, jetzt bist du nochmal dran, weil der Typ, der auf dem Ding, der lacht auch so wie du immer lachst.

Markus: Du hast heute einen besonders kreativen Tag, merke ich gerade. Aber gut, ich sage natürlich nicht Nein. Also gerade bei so guten Bieren, wie wir sie heute mal wieder haben. Und ich muss sagen, wie zu erwarten ist, natürlich ein sehr, sehr schöner, stabiler Schaum, was für ein Weizen einfach ganz, ganz wichtig ist, und da einfach auch schon ein tolles Qualitätsmerkmal. Und drunter sehen wir wieder so eine ganz schöne orangebraune Farbe, opak, also durchgucken kann man da nicht. Aber so ein bisschen geheimnisvoller Schimmer auch, also wo man so wirklich sich auch freut, dann zu erkunden, wonach das Ganze dann am Ende wohl schmeckt. Der Schaum ist auch so ein bisschen getönt und hat sehr viele kleine feine Poren und steht immer noch. Ich rieche mich jetzt da mal so durch. Ja, und da hat man klassisch natürlich für ein Weizen sehr intensive bananige Noten. Ich finde, sogar eher eine grüne Banane, die auch sehr frisch rüberkommt, also so zwischen grün und gelb vielleicht. Und drunter hat man auch ein bisschen so getreidige Honig-, Biskuit-Noten. Jetzt probiere ich mal. Also auch wieder sehr weich, sehr sahnig, sehr cremig, sehr angenehm im Mund. Ein sehr volles, sehr präsentes Mundgefühl. Man hat eine Süße am Anfang. Man hat sehr viel Fruchtigkeit, auch wieder die Banane. Aber es geht durchaus auch ein bisschen rüber in so Steinfrüchte. Wie ein europäischer Obstkorb, könnte man sagen. Hintenraus hat man tatsächlich auch eine leichte kleine Bittere und dazwischen malzige Noten. Ich muss nochmal ein Schlückchen nehmen. Die mich so ein bisschen an Butterkeks erinnern. Also wirklich fein. Und insgesamt auch wieder sehr rund, sehr in sich geschlossen, und ein Bier, was einen so wirklich komplett glücklich macht. Da könnte ich mich jetzt hinsetzen, zwei, drei davon trinken und der Tag wäre einfach gelaufen. Sehr schön! Kann ich auch verstehen, warum der Typ auf dem Etikett mich so anstrahlt, kann ich völlig nachvollziehen. Und nun steht da auch Naturweizen drauf, also ein sehr, sehr urbelassenes, könnte man vielleicht auch sagen, sieht man ja auch schon, tolles Bier. Wir wissen, Frank, dass du auch so ein Hefespezialist und vielleicht auch so ein bisschen Hefedetektiv bist. War das da auch so ein bisschen ein Meisterstück von dir, da die perfekte Hefe zu suchen?

Frank Müller: Hefespezialist, weiß ich jetzt nicht, aber das Thema Hefe interessiert mich auf jeden Fall, sehr sogar. Weil ich der Meinung bin, dass man neben verschiedenen Malzen, neben verschiedenen Hopfensorten, die wir jetzt auch schon besprochen haben, auch unglaublich viel verschiedene Geschmäcker und Stile prägen kann mit verschiedenen Hefen. Und in diesem Bier setze ich zwei verschiedene Weizenhefen ein aus meiner Hefebank. Die eine, wie du es schon super beschrieben hast, Marcus, macht eine richtig schöne Banane, und die andere arbeitet überhaupt nicht in Richtung Banane, sondern arbeitet mehr in Richtung Steinobst und Steinfrüchte. Das ist genau richtig. Und das kann man bei diesem Bier, glaube ich, relativ schön nachvollziehen.

Markus: Ja, absolut! Und dadurch ist es auch sehr frisch und ist nicht so schwer wie, wenn man immer diese intensiven braunen Bananennoten hat, wo einen das Bier schon ziemlich fertig macht. Das ist dadurch wirklich eine sehr, sehr runde Geschichte. Wenn du schon sagst, meine Hefebank, das klingt schon mal spannend, das kann jetzt auch nicht jeder Brauer von sich behaupten, ist das auch etwas, was schon da war, als du kamst, oder hast du das eingeführt? Es ist so dein Baby, wie geht ihr damit um? Was muss man alles beachten als Hefebanker?

Frank Müller: Das klingt jetzt so ein bisschen, meine Hefebank, aber ich muss wirklich sagen, es ist meine Hefebank, weil ich habe die hierhingebracht, die hatte ich also vorher schon. Das Thema treibt mich eigentlich schon 30 Jahre richtig intensiv, dass ich denke, mit verschiedenen Hefen kann man verschiedene Biere oder verschiedene Geschmäcker produzieren. Und es gibt viele verschiedene Hefen. also sammle ich die eigentlich. Das heißt, wenn ich irgendwo hinkomme, ein befreundeter Brauer, dann hole ich mir die oder ich hole mir eine Flasche und sammle den Bodensatz und isoliere, wenn sie noch leben, dann isoliere ich mir die Hefe. Oder ich bin halt irgendwo und nehme mir dann einen Abstrich und dann tue ich das auch isolieren. Also ich tue die da wirklich vereinzeln und vermehre die dann und lege die mir auf Schrägagar. Jetzt wird es ein bisschen technisch, als ich versuchte, die irgendwie so ein bisschen auf Nährböden zu legen, dass sie dann auch längere Zeit überleben. Und wichtige Hefen als Redundanz lege ich mir dann auch in Weihenstephan in die Hefebank, dass ich da noch so ein Update habe, so ein Backup sozusagen.

Markus: Spannend! Also dass Banker auch Backups anlegen. Du hast schon so ein bisschen erwähnt, auch bei dem alkoholfreien Bier spielt auch das Thema Hefe eine große Rolle. Wie habt ihr euch da denn rangetastet und dann letzten Endes auch zu diesen speziellen Verfahren gefunden, du hast ja verschiedene Methoden kombiniert, wie man ein alkoholfreies Bier machen kann?

Frank Müller: Richtig! Da habe ich unglaublich viel rumprobiert und experimentiert. Also es hat wirklich ein paar Jahre gedauert, dass ich mit verschiedenen Hefen das ausprobiert habe, also eine sogenannte gestoppte Gärung zu machen oder eine partielle Gärung zu machen. Da war wichtig für mich auch, dass nicht diese Würze-Komponenten im Vordergrund stehen, dass da ein bisschen Stoffwechsel stattgefunden hat, dass die auch abgebaut werden. Und dann habe ich eine Hefe gefunden, die das schafft. Und das mache ich dann auch gerne in Kombination mit einer entalkoholisierten Variante. Das heißt, wir mischen praktisch eine Gärung, die mit mehreren Kulturen übrigens stattfindet, mischen wir mit einer Variante, die entalkoholisiert wurde. Ich will nicht zu viel diesen Körper haben, wo die meisten gestoppten Gärer haben, oder ich will auch nicht zu viel Leere haben, zu wenig Körper haben, sondern durch diesen Verschnitt möchte ich das eigentlich genau einstellen. Und dann kommt noch eine weitere Sache dazu, aber das möchte ich jetzt nicht unbedingt erwähnen, weil das was sehr Spezielles ist. Und das ist halt meine Philosophie.

Markus: Holger, beeindruckt, oder?

Holger: Ja sehr, ja absolut! Ich mache mir dann immer Gedanken, was man so richtig schön dazu essen kann, und das ist mit seinen 5,3 Volumen Alkoholprozent so vollmundig auch, sehr schönes vollmundiges Weizen. Ist ja klar, also schönes Pärchen Weißwürste und dann eine Breze und süßer Senf und dann ist die Welt einfach in Ordnung. Sehr schön! Wunderbar! Markus, du musst jetzt ein ganz tolles Schlusswort formulieren.

Markus: Du, ich bin eigentlich schon im Himmel. Aber gut, nein, muss ich wirklich nochmal sagen: Frank, vielen, vielen Dank! Vor allem finde ich, sind wir heute eure Biere nochmal anders angegangen als ich das zum Beispiel in meinen eigenen Tastings mit euren Bieren tue. Also du hast auch andere Biere ausgesucht als ich sie zum Beispiel ausgesucht hätte oder regelmäßig aussuche. Und das hat auch nochmal einen anderen Blick auf die ganze Sache gebracht. Und das finde ich ganz schön. Also zum Beispiel hat es das Simco 3 noch mal anders eingeordnet, weil man sonst aus so einem Impuls heraus das halt immer als IPA besonders oder am Schluss stellt oder wie auch immer. Und das hier so einfach mit dem Kellerbier zusammen in eine Reihe zu stellen, ist ganz toll. Und nochmal schöner, wenn man jetzt auch gehört hat, dass die im Grunde von der Idee her erstmal auf derselben Basis sind. Was mich auch total freut, weil ich vorhin schon gesagt habe, dass ich glaube, dass das eh sehr identische Bierideen sind, die da in England beziehungsweise in Deutschland entstanden sind. Und insofern kann ich nur Danke sagen, also Danke für die Biere, für die Infos, für deine Zeit. Und wirklich für einen ganz, ganz tollen Nachmittag, der mir heute wirklich den Tag auf jeden Fall enorm versüßt und bereichert hat. Danke schön!

Frank Müller: Ich bedanke mich auch recht herzlich bei euch. Es hat sehr viel Spaß gemacht. Das war eine sehr kurzweilige dreiviertel Stunde.

Holger: Prima! Und ich habe in der Zeit recherchiert, wann war es genau? Also wann war es genau? Was meine ich damit? Hobbythek – Bier selbst gebraut, Sendung Nummer 80, 1982. Da hat alles begonnen, Frank.

Frank Müller: Genau! Super!

Holger: Ich danke dir, war super.

Frank Müller: Danke euch, danke euch!

Markus: Ciao!

Frank Müller: Ciao!

Holger: Macht’s gut! Ciao! Tschüss!

Frank Müller: Ciao, ciao!

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