BierTalk 142 – Interview mit Wolfgang Bär, Hobbybrauer und Biersommelier aus München

Heute reisen wir gedanklich in den Süden Deutschlands – genauer gesagt, an den wunderschönen Chiemsee und nach München. Dort treffen wir Wolfgang Bär, einen leidenschaftlichen Hobbybrauer, der das Bierbrauen für sich entdeckt hat, nachdem er viele Jahre als Informatiker gearbeitet hat. Wolfgang bringt uns nicht nur seine Braukunst näher, sondern nimmt uns auch mit auf eine Reise durch seine bewegte Vergangenheit, die von Hopfenfeldern in der Hallertau bis hin zu spannenden Abenteuern in ganz Europa reicht…

Kommt in unsere Facebook-Gruppe und diskutiert mit: https://www.facebook.com/groups/bierakademie

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute nehmen wir eine kleine Reise in den Süden auf uns, nämlich Richtung Chiemsee, Richtung München und treffen dort meinen lieben Freund und Absolventen Wolfgang Bär, der seines Zeichens Hobbybrauer ist, aber auch viel gereist. Der Bierfreund, da werden wir drüber sprechen, bin ich schon ganz gespannt. Schön, dass du heute hier bist, Wolfgang und vielleicht stellst du dich ganz kurz unseren Hörern mal selber vor.

Wolfgang: Ja, hallo, Markus, freut mich auch sehr, dass ich beim BierTalk dabei sein darf. Ja, mein Name ist Wolfgang Bär, ich bin 61 Jahre alt. Ja, war Informatiker von Beruf und habe vor, ja, 4 Jahren das Hobbybrauen und das Thema Bier für mich entdeckt und habe zuerst mit dem Hobbybrauen begonnen und dann eben eine Ausbildung bei der Deutschen BierAkademie gemacht, die mir sehr viel Freude gemacht hat und auch sehr, sehr viel gebracht hat. Ja und jetzt freue ich mich auf einen schönen BierTalk mit dir.

Markus: Absolut, das mache ich auch. Also keine Angst, es wird kein Werbeblog, aber ist natürlich sehr schön, wenn Leute sagen, dass es ihnen gefallen hat, dass sie was mitnehmen können, weil genau dafür machen wir es ja. Und insofern, ist wunderbar, freut mich sehr, bin ich schon ein bisschen gerührt. Aber vielleicht mal Vorneweg, du sagst, du bist Informatiker, wie kommt der Informatiker zum Bier? Also ist das einfach so, dass du schon immer gern Bier getrunken hast oder war dann irgendwann so die Idee, wie kriegen wir das besser hin oder wie war das?

Wolfgang: Also ich muss sagen, ich habe ja meine Wurzeln in der Hallertau, genauer gesagt, fast im Zentrum der Hallertau. In der Nähe von Wolnzach bin ich in einem kleinen Dorf Namens Niederlauterbach bei meinen Großeltern aufgewachsen und da war natürlich das Thema Hopfen, Bier immer ein Thema, hat mich, ja, eigentlich mein ganzes Leben lang beschäftigt. Ich habe dann auch ab dem 10. Lebensjahr bei der Hopfenernte mitgeholfen. Da hat mir mein Opa immer, ja, Arbeitsplätze in den Ferien sozusagen bei irgendwelchen Bauern im Dorf verschafft und das habe ich mit größter Freude gemacht. Ja und so begann das, dass mich das Thema Hopfen und Bier mein ganzes Leben lang begleitet hat. Und als ich dann wusste, jetzt, ja, scheide ich langsam aus dem Berufsleben aus, habe ich mir überlegt, was machst du denn da und habe dann mir verschiedene Brauseminare angeschaut mit verschiedenen Brauanlagen, das war das Erste, um dann in das Thema Bierbrauen einzusteigen. Und das Zweite war dann, ich wollte eben mein Wissen über Bier grundsätzlich vertiefen und habe mir dann Möglichkeiten gesucht, wo kann ich das tun und bin eben dann, ja, bei der Deutschen BierAkademie hängengeblieben und habe die Ausbildung gemacht.

Markus: Ja und wenn wir hören, die Jugend in der Hallertau, also da muss ich ja sagen, ich finde das immer total spannend, wenn wir da sind, das ist natürlich meistens zur Hopfenerntezeit, aber das ist auch so Wahnsinn, wenn man da im Hotel ist und Früh die Fenster aufmacht, dann riecht wirklich alles nach Hopfen. Man hört von nah und fern die Erntemaschinen oder die Pflückmaschinen, wo dann der Hopfen eben gepflückt und dann auch gedarrt wird und so. Und vor allem dieser Geruch, also wenn man da durch die Hallertau fährt, das ist so einprägsam und überall, rechts und links sind die Hopfenfelder angelegt, überall fahren dann die LKWs rum, das ist wirklich ein tolles Setting einfach, wie man heutzutage sagen würde. Wenn du jetzt sagst, du hast das als kleiner Bub schon kennengelernt, wie würdest du denn so beschreiben, merkt man eine Veränderung, also was hat sich da so alles verändert seit dieser Zeit, wo du als Bub hinterhergelaufen bist, wenn man so die Hopfenreben eingesammelt hat?

Wolfgang: Ja, also ich denke mal, es ist alles wesentlich technischer zum einen geworden, wenn man sich die Traktoren anschaut und die Erntemöglichkeiten. Früher wurden ja die Hopfenreben wirklich mit der Hand runtergerissen. Ich bin als kleiner Bub mit dem Bulldog im Hopfengarten vorgefahren, hinten war ein Anhänger dran und da stand ein kräftiger Mann drauf und der hat die Hopfenreben runtergerissen mit der Hand. Muss man sich mal vorstellen, der hat das 14 bis 18 Tage lang getan. Und heute werden die eben vollautomatisch mit so einer Abreißvorrichtung am Bulldog geerntet, also da hat sich viel getan. Dann sieht man teilweise in der Hallertau noch diese Darrttürme, in denen der Hopfen gedarrt wurde. Heute haben viele große Hopfenbauern eine Trocknungsanlage, eine Bandtrocknungsanlage, also da hat sich sehr, sehr viel getan. Aber die Region an sich hat sich ihre Bodenständigkeit bewahrt, die Leute sind eng mit dem Hopfen verbunden. Und mir geht jedes Mal das Herz auf, wenn ich dann im Frühjahr, wenn der Hopfen so hochkommt, zum ersten Mal runterfahre, das Grab meiner Großeltern besuche und die hügeligen Landschaften sehe. Also es hat sich was geändert, aber es ist auch viel bewahrt geblieben, Gott sei Dank.

Markus: Ja, wie du sagst, da ist auch viel, also aus heutiger Sicht, viel Romantik dabei, viel Handarbeit, natürlich viel Arbeit mit der Natur, viele Tätigkeiten, die wir heutzutage wahrscheinlich uns gar nicht mehr vorstellen können. Was ich so krass finde zum Beispiel ist, es gab ja damals Personen, die dafür da waren, die getrockneten Hopfendolden in die Säcke zu pressen, in dem sie drauf rumgetreten sind, im wahrsten Sinne des Wortes. Hast du das noch miterlebt oder war das vor deiner Zeit?

Wolfgang: Das habe ich miterlebt, das hat mein Opa höchstpersönlich gemacht. Da wurde eben so ein Hopfensack am Hopfenboden oben in so einen Ring eingelegt, der hing dann nach unten durch die Decke durch, der war so 2,20 Meter, 2,50 Meter hoch. Und da wurde erst mal der getrocknete Hopfen randvoll in den Sack gefüllt und dann ist mein Opa da reingesprungen, hat den Hopfen niedergetreten. Dann bekam er ein Tuch über den Kopf und dann wurde die nächste Schippe an ihm vorbei reingetreten, bis er eben sich selbst aus diesem Sack sozusagen rausgetreten hatte. Und dann wurde der mit so einem Faden zugenäht, um dann eben verladen zu werden für den Hopfenmarkt in Wolnzach. Ja, ich habe das alles noch so miterlebt, ja.

Markus: Wahnsinn, also das ist schon unglaublich eigentlich, wenn man sich das aus heutiger Sicht vorstellt auch. Es ist ja so schon so, wenn wir da in den Hopfenböden oben sind, wo der gedarrte Hopfen liegt, dass man ja kaum atmen kann, weil ja alles von diesen ätherischen Ölen, von den Bestandteilen voll ist. Und wenn man dann in so einem Sack tritt, das kann ich mir ganz schwer vorstellen, da kriegt man bestimmt wenig Luft, Wahnsinn.

Wolfgang: Das war alles Knochenarbeit, das stimmt, ja.

Markus: Ja, aber eben auch ein bisschen romantisch. Wir waren ja gemeinsam auch schon auf einem Hof bei einer Absolventin von uns, wo dann die Kinder heutzutage noch hinterherlaufen und dann so Reben noch aufsammeln und so, das ist irgendwie schon noch ein bisschen heile Welt. Überhaupt dann auch die Verbindung mit Bier. Das heißt, kannst du dich noch erinnern an deinen ersten Schluck Bier, war das auch in der Hallertau?

Wolfgang: Das war in der Hallertau beim Opa, mein Opa trank traditionell entweder Graf Törring oder Müllerbräu aus Pfaffenhofen. Und da habe ich natürlich auch ab einem gewissen Alter mal einen Schluck bekommen, ja, doch.

Markus: Die gibt es auch beide noch, zumindest vom Namen her.

Wolfgang: Ja, zur damaligen Zeit gab es nur Helles, was anderes gab es noch nicht. Ja, das war so, die anderen Biersorten, die kamen erst nach und nach auf.

Markus: Das ist ja interessant, ah ja, okay. Das heißt, wo es bei uns immer nur Kellerbier gab, gab es dann eben da Helles.

Wolfgang: Das typische Helle aus der Region, genau.

Markus: Eigentlich auch erstaunlich, weil da ja gar nicht so viel Hopfen drin ist. Aber, ich glaube, man hat damals Hopfen ja vor allem als Bitterhopfen verwendet, ne?

Wolfgang: Ich denke ja, dass die traditionellen Hallertauer Bitterhopfensorten verwendet wurden, ja.

Markus: Apropos, das ist ja praktisch, also Niederlauterbach, wen ich mich richtig erinnere, ist ja ein bisschen oberhalb von Wolnzach und gar nicht so weit weg von Hüll, oder? Hat man damals von dem Forschungszentrum irgendwas mitbekommen schon, dass es das gibt?

Wolfgang: Ich wusste, dass es das gibt. Und mein Opa, dem war das auch wichtig, dass er mir immer wieder was zeigt rund um den Hopfen, welche Hopfensorten es gibt. In Niederlauterbach gibt es ja den Breitnerhof, der auch Schauplatz schon eines Spielfilms war und der ist ja der größte Hopfenbauer in der Hallertau. Und er war der Erste, der mit zwei Hopfenpflückmaschinen gepflückt hat und eine Bandtrockenanlage hatte. Und mein Opa ging dann auch eines Tages mal mit mir nach Hüll rüber, um mir das Hopfenforschungsinstitut dort drüben zu zeigen und, ja, mir zu erklären, was da eigentlich passiert, und das war schon in sehr jungen Jahren.

Markus: Und wo du es grade erwähnt hast, beim Breitnerhof war ich auch schon mal. Das ist ja mittlerweile ein richtiges Areal, mit Gasthof und so weiter, oder?

Wolfgang: Ja und der ist ja auch der Gründer der Hopfenverwertungsgesellschaft in Niederlauterbach. Die hatten auch einen Stand voriges Jahr auf der BrauBeviale. Die heißen, glaube ich, IWG, kann das sein?

Markus: Das kann sein, ja.

Wolfgang: Genau, genau, ja.

Markus: Apropos, wie ist es denn mit dem Hopfenspargel? Das können wir doch vielleicht jetzt noch mal klären, hatten wir, glaube ich, noch nie im BierTalk, dieses Thema. Also vom Prinzip her ist es so, Hopfenspargel sind die 5, 6 Triebe, die man eben von den ungefähr 9 Trieben, soweit ich weiß, die er Hopfen so austreibt, eben abschneidet, damit die 3, 4 verbleibenden sich dann hochranken können. Aber das wird immer gesagt, also einerseits ist das so wertvoll wie Gold und andererseits ist es 1.000-mal besser als normaler Spargel. Und ich jetzt hier als Franke bin natürlich mit unserem fränkischen Spargel als unser weißes Gold aufgewachsen. Klär uns doch mal ein bisschen auf, also was hat es denn damit auf sich? Und vielleicht kannst du auch mal beschreiben, wie das schmeckt.

Wolfgang: Da muss ich jetzt passen, das ist das Einzige, was ich bis zum heutigen Tage noch nicht mitbekommen habe. Ich habe es nur immer vom Hörensagen gehört, dass es so ähnlich ausschaut, ja, wie krummer Spargel und es eine Delikatesse ist, aber i9ch muss gestehen, ich habe es noch nie probiert und kann daher nichts dazu sagen.

Markus: Okay, dann haben wir jetzt eine gemeinsame Bucket List und versuchen das mal irgendwie in den nächsten Jahren auf die Reihe zu kriegen, wenn wir uns in der Hallertau wieder sehen. Also gesehen habe ich ihn schon als eingelegten Spargel in einem Einmachglas. Und das ist tatsächlich so, schaut aus wie normaler Spargel, ein bisschen dünner, aber verkostet habe ich es auch noch nicht. Also gut, das machen wir dann eben mal gemeinsam.

Wolfgang: Ja, genau, gerne.

Markus: Zurück zu dir, also nach München beziehungsweise, ja, doch, in die Landeshauptstadt. Du hast du dir dann deine eigene kleine Hobbybrauerei aufgebaut. Und du wohnst ja nicht alleine so, war da die Familie eher begeistert oder hat die Frau gesagt, oh Gott, oh Gott, was machen wir denn jetzt, wie lief das?

Wolfgang: Also das lief folgendermaßen ab, ich habe mich erst mal schlaugemacht, welche Brauanlagen gibt es überhaupt für Hobbybrauer. Und habe dann beim Stadlbräu in Unterhaching ein Brauseminar besucht mit einem Speidel-Braumeister, und das hat mir soweit gefallen und dann habe ich mir gedacht, ah, das dampft aber ganz schön ordentlich. Und im Einfamilienhaus gemeinsam mit meiner Frau, da wird es wohl schwierig werden. Und habe mich dann noch angemeldet zu einem Brauseminar bei dem Volker Rothbauer in Bayrischzell, das ist ja der Konstrukteur und Erbauer Brumas BrauEule, und die funktioniert ja mit einem sogenannten Dampfinfusionsverfahren. Und das hat mir sehr, sehr gut gefallen und da war ich total angefixt und begeistert. Und bin dann Heim und ein Freund hat mich dabei unterstützt und hat zu meiner Frau gesagt: „Die muss er unbedingt haben, die Brauanlage, die funktioniert super bei euch im Haus.“ Und so kam es, dass ich kurz vor Weihnachten 2020 die BrauEule bekommen habe und dann sofort meinen ersten Sud gebraut habe, ein Märzen. Und das hat alles wunderbar geklappt und bin nach wie vor total begeistert davon. Der Volker, das ist ein ganz netter Mensch, der ist immer da, wenn man Fragen hat und die BrauEule funktioniert hervorragend. Also ich bin total glücklich damit und habe da die richtige Entscheidung getroffen. Vor allem, sie hat wirklich den großen Vorteil, dass sie keine Dämpfe in dem Sinne nach außen entwickelt, weil sie eben so ein Dampfinfusionsverfahren hat, bei dem der Dampf in der Anlage umgewälzt wird und nix oder fast nichts nach außen dringt. Und insofern kann ich das gut im Haus machen und, ja, meine Frau ist auch zufrieden damit.

Markus: Das denke ich mir auch, also so ein geschlossenes System, wo am Ende nur Bier rauskommt, das ist ja wirklich sehr praktisch. Und auch grade in so einem Wohngebiet natürlich auch noch mal ein Thema, wenn man da ohne Ede Dampf verursacht, sind die Leute manchmal auch nicht so begeistert.

Wolfgang: Wir haben eine Nachbarin, die arbeitet bei Paulaner und die freut es immer, wenn sie so ein paar Duftwolken von mir doch rüber kriegt, wenn ich mal das Kellerfenster kurz aufmache, ja.

Markus: Sehr schön. Vielleicht beschreibst du für die Hörer, die jetzt sich noch gar nicht sowas drunter vorstellen können, was jetzt so eine BrauEule, also habe ich da 1 Topf oder 2 Töpfe und wie groß ist das? Und was brauche ich noch so dazu, wenn ich sage, ich will da insgesamt für mich in der Lage sein, keine Ahnung, 10, 20 Liter Bier mal herzustellen?

Wolfgang: Also von der BrauEule gibt es seit einiger Zeit jetzt zwei Versionen, eine kleinere BrauEule und eine größere. Und mit der Kleinen kann man ungefähr so, ja, hängt davon ab, wie hoch der Alkoholgehalt im Bier ist, zwischen 28 und 45 Liter Bier brauen und mit der großen BrauEule kann man bis zu 60 Liter Bier brauen. Und man muss sich das so vorstellen, die BrauEule an sich, dass sie eine, ja, Würzepfanne mit einem integrierten Braucomputer, in dem Rezepte vorfindet. Denn der Volker, der bietet auch schon fertige Braupacks an und die Rezepte sind dann auf seine Braupacks abgestimmt oder man kann auch eigene Rezepte kreieren. Und daneben gibt es noch einen Maischetopf und die BrauEule an sich, in die füllt man etwas Wasser ein und in den Maischetopf natürlich Wasser und das Malz und die sind dann miteinander verbunden über Silikonschläuche. Und die BrauEule in einem Rezept, führt dann mehr oder weniger den Brauvorgang selbstständig aus. Das heißt, sie hält die verschiedenen Rasten und Rastzeiten ein. Sie gibt dann immer wieder ein Signal, wenn irgendwas fertig ist, dass man zum Beispiel jetzt mit dem Abläutern beginnen darf und was man dafür tun muss. Dann, wie man das Würzekochen macht, wann man den Hopfen dazu gibt, wann man die Würze ausschlägt und so weiter. Und im Nachgang bietet sie auch noch ein Gärprogramm an. Und zwar gibt es gewisse Kühlschränke von der Firma Liebherr, die kann man direkt über eine Steckdose an der BrauEule anschließen und die steuert dann die Temperatur während des Gärens in offenen Gärbottichen im Kühlschrank.

Markus: Ah, das ist ja krass.

Wolfgang: Und das ist ganz toll und speziell für einen Anfänger wie mich war das toll. Ich habe mir wirklich auch die Braupacks vom Volker besorgt, Märzen, Weizen, Dunkles, Altbier und so weiter, um Erfahrung zu sammeln. Und seit einiger Zeit, und da hat er mich dann auch animiert, sagte er: „Mach doch auch mal deine eigenen Rezepte.“ Und die letzten beiden Sude, unter anderen jetzt das Fränkische Landbier, über das wir später noch sprechen und ganz aktuell ein Irish Caramell Stout, die habe ich nach völlig eigenen Rezepten kreiert und hat alles wunderbar funktioniert. Es ist eine tolle Maschine, die einen sehr unterstützt, aber einem auch jegliche Freiheit bietet, ein sehr innovatives Bier zu brauen.

Markus: Also faszinierend, das klingt wunderbar, da muss ich dich auch unbedingt mal besuchen, um mir das Ganze aus der Nähe anzuschauen sozusagen.

Wolfgang: Gerne, gerne.

Markus: Sehr, sehr schön. Und, ja, also ich finde, den Kühlschrank, den man anschließen kann, der hat dann praktisch so einen extra Anschluss noch mal, wo dann das verbunden ist und dann ist die Temperatursteuerung sozusagen über die BrauEule?

Wolfgang: Ja, die BrauEule, die hat eben hinten eine Steckdose dran, an der der Kühlschrank angeschlossen wird. Und in den Kühlschrank legt man einen Temperatursensor und die BrauEule bekommt dann eben mit, welche Temperaturen im Kühlschrank vorherrschen in der Würze im Jungbier und schaltet die Steckdose ein oder aus, damit eben die Temperatur im Kühlschrank entsprechend im Jungbier gesteuert wird.

Markus: Und Steckdose heißt wirklich klassische Stromzufuhr?

Wolfgang: Ganz normale Steckdose und die BrauEule schaltet für sich, je nach Temperatur, wie sie es braucht laut Gärkurve, den Kühlschrank ein oder aus. Und das Tolle ist, es ist ja ein offener Gärbottich, man kann wunderbar zuschauen, wie das hoch kräust, das Ganze und es macht einfach Spaß, ja.

Markus: Ja, also da habe ich jetzt auch ganz viele Bilder im Kopf, super schöne Sache. Und wenn du schon erwähnst, dass wir da ja ein Bier haben, dass du damit auch gemacht hast und dankenswerter Weise mir auch ein paar Flaschen geschickt hast, dann würde ich fast sagen, könnten wir das doch auch einfach mal probieren, oder?

Wolfgang: Gerne. Ich habe auch eine Flasche vor mir stehen, können wir gerne machen, ja.

Markus: Okay, also, da bin ich gespannt, Fränkisches Landbier.

Wolfgang: Plopp.

Markus: Genau, plopp, Moment, ich versuche mal mein Plopp. Oh, das war doch ein schöner Plopp.

Wolfgang: Ja, das war schön.

Markus: Wunderbar. OH, da kommt es dann auch schon ins Glas. Uih, sehr schön! Ah, ziemlich dunkel von der Farbe, ein schönes Rostbraun mit einem schönen Rotstich, finde ich. Schimmert so ein bisschen, hat auch, ja, ist ja unfiltriert logischerweise, kommt ja aus der Flasche, schöne Trübung, aber dadurch auch sehr geheimnisvoll, sage ich immer gern, das ist wirklich sehr schön. Ich habe ja auch Sonne heute hier grad, schöner Sonnentag, die scheint jetzt hier auch in dieses Glas, das macht es natürlich gleich noch mal schöner. Und oben drauf ein ordentlicher schöner Schaum, feinporig, fest, steht wie eine Eins.

Wolfgang: Ja.

Markus: Also das ist optisch schon mal eine echte Augenweide. Wie ist es bei dir?

Wolfgang: Ja, absolut identisch natürlich, es hat so, ja, dunkle Bernsteinfarbe, schöne Perlage, der Schaum ist wunderbar. Ja, es riecht malzig. Und ich muss ja dazu sagen, es ist ja eine Zutat mit drin, die ich von dir bekommen habe. Voriges Jahr auf der BrauBeviale, da hattest du ja einen Stand und hast die Holzspiralen vorgestellt in Amburana, in Smoke Oak, in French Oak und so weiter. Und nachdem ich ja keine geschlossene Vergärung machen kann bei mir zuhause, also da habe ich die Möglichkeit nicht, sondern es wird offen im Bottich vergoren, habe ich beim Ausschlagen bereits die Smoked-Oak-Spirale mit ins Bier getan und die blieb 14 Tage drin, bis ich das Bier abgefüllt habe. Und bisher die Leute, die es probiert haben, haben gesagt: „Es hat eine leichte Rauchnote dadurch bekommen.“

Markus: Also erst mal schon mal vielen Dank, dass du das überhaupt probiert hast. Und da bin ich jetzt auch mal sehr gespannt, weil ich jetzt zum ersten Mal dann auch ein Ergebnis aus diesem Holz schmecken und riechen kann. Und ich muss sagen, also von der Nase her ist es, wie du sagst, ganz viel so Karamell-, malziges Aroma. Geht auch so ein bisschen in Toffee, dieses schöne englische Toffee, was man so bekommt, Fudge. Und gut, ich meine, ist natürlich die Frage, ob das was mit dem Holz zu tun hat oder nicht, aber für mich habe ich auf jeden Fall auch so eine vanillige Note mit in der Nase, wo man eigentlich schon auch in Richtung Holz so ein bisschen denken kann. Die sich schön verbindet mit diesen Karamellaromen, das ist ja sensorisch sehr nah beieinander. Und, ja, dann probieren wir doch mal, prost!

Wolfgang: Ja, probieren wir doch mal.

Markus: Ja, also auf jeden Fall ein wunderbares Bier, Punkt.

Wolfgang: Schön, ja.

Markus: Das ist schon mal grandios gelungen. Was ich schön finde, ist diese Harmonie und Komplexität. Also auf der einen Seite hat man wirklich einfach diese schönen Malzaromen, die wirklich wunderbar miteinander spielen, wo es eben um Karamell, um Vanille, um ein bisschen Brotrinde vielleicht, ein bisschen nussige Aromen auch, das geht fast in so ein Nougat über. Dann hinten raus für mich auch tatsächlich noch mal viel von dieser Vanille. das hat fast so einen Touch Whisky, also sehr schöne tolle Holzaromen interessanter Weise. Und dann aber auch eine schöne deutliche Bittere, also da ist schon schön was da. Was dann wirklich am Ende das unheimlich rund und auch frisch macht, sodass man dann auch wirklich richtig Lust hat, den nächsten Schluck zu nehmen, einerseits auch ein bisschen wieder durstig ist, aber eben auch nicht satt wird von dem Bier, sondern da sich gerne wieder drauf einlässt. Und, ja, auch im Nachgang, das ist ein schönes Finale, wo die Bittere wirklich lange steht und das Malzaroma so nach und nach ein bisschen beiseiteschiebt. Rauchig, also einen Hauch von Rauch würde ich auch sagen.

Wolfgang: Einen Hauch, ja.

Markus: Einen Hauch. Aber das ist ja auch okay, muss ja nicht. Aber auf jeden Fall, finde ich, ist es sehr rund. Und es erinnert mich ein bisschen, es gibt ja von Tucher dieses Rotbier, dass sie mit im holzfassgelagerten Doppelbock mischen oder blenden, würde man professioneller sagen. Und das kriegt dann auch, also einen ganz kleinen, vielleicht 5 % oder so ist da drin, aber das gibt dem auch diese leichten Holznoten und das finde ich da auch sehr angenehm. Also bei dir ist es noch schöner eigentlich aufgefangen, weil hier mehr Bittere ist, das hat das Tucher jetzt nicht so. Also ich finde es trotzdem gut, aber halt anders gut. Das gefällt mir hier schön, weil das natürlich hier auch einfach knackig dadurch ein bisschen ist, so crisp, würde man sagen auf Englisch, das ist echt schön.

Wolfgang: Vielen Dank.

Markus: Also wie kamst du der Rezeptur? Wie geht es dir selber überhaupt, bevor ich hier ewig rumrede?

Wolfgang: Also ich bin wirklich begeistert, denn das war das allererste Bier, bei dem ich mir die Malzsorten und auch die Hopfensorten selbst zusammengestellt habe, auch die Hefe. Da ist drin zum Beispiel Münchner Malz, Caramünch und solche Sachen und vom Hopfen her Herkules und Spalter Select, also der Spalter auch ein schöner, edler Aromahopfen. Und ich bin vom Ergebnis wirklich, ja, begeistert, muss ich sagen, ich bin rundum zufrieden. habe das auch schon beim Barbecue ausprobiert, das Bier, vor Kurzem, zu einem schöne Stück Entrecôte. Ich finde es auch ein ganz tolles süffiges Bier, es ist rundum gelungen, es ist ausgewogen.

Markus: Jetzt machst du mir richtig den Mund wässrig, wenn wir hier noch von Entrecôte reden und so, wunderbar. Also ein ganz, ganz tolles Bier, also vor allem, mir gefällt wirklich dieser schöne Gegensatz von diesem richtig intensiven dichten Malzkörper auf der einen Seite und dieser klaren, gut strukturierten schönen Bittere auf der anderen Seite. Was ja in einem guten Bier einfach genau die beiden Gegenspieler sind und es trifft es wirklich auf den Punkt. Aber eben sehr modern auch, also das finde ich auch schön, eben nicht so ein breites klassisches Kellerbier, sondern wirklich eins, wo man gerne und einfach auch ein paar davon trinken kann und trotzdem aber eben nix Leeres, also man hat einfach einen tollen Körper, man hat ein tolles Mundgefühl, auch die Cremigkeit ist schön. Und für mich bleibt tatsächlich auch wirklich viel von diesem Vanille, Karamell. Und ich denke mal, dass es zumindest zum Teil auch dem Holz geschuldet ist. Insofern, also wahrscheinlich, ist einfach eine schöne Möglichkeit, noch mal so ein bisschen sowas runder zu machen, so zu ergänzen.

Wolfgang: Genau. Und man muss so einem Bier auch Zeit lassen, also ich lasse einem untergärigen Bier mindestens 6 Wochen in der Flasche Zeit zum Reifen. Am Anfang war ich immer neugierig und habe schon nach 14 Tagen, 3 Wochen mal probiert und gesagt, oh, bitter und ganz unrund. Ich muss sagen, ein gutes Bier braucht seine Zeit und einem untergärigen sollte man 6 Wochen Zeit lassen, mindestens.

Markus: Ja, also dem ist nichts hinzuzufügen, wunderbar.

Wolfgang: Und das Schöne ist, wir können es jederzeit nachbrauen, denn ich fertige für jedes Bier, dass ich braue, ein Brauprotokoll an.

Markus: Ja, das hast du mir ja dankenswerter Weise auch mitgeschickt. Und da muss ich jetzt wirklich sagen, da werden wahrscheinlich manche Profibrauer neidisch, wie detailliert und wie klar das hier strukturiert ist, sodass man wirklich jeden Schritt nachvollziehen kann. Und ist natürlich super, weil, ist reproduzierbar und kann sowas dann auch mal wieder herstellen.

Wolfgang: Genau.

Markus: Schön, also vielen Dank, tolles Bier. Freue ich mich sehr, ich habe insgesamt jetzt noch 5 Flaschen, die ich dann schön über die nächsten Tage dann auch genießen kann, werde ich vielleicht auch mal ein paar Leute probieren lassen, richtig fein. Tja, muss sich der Franke vom Bayern ein Kellerbier brauen lassen, soweit sind wir schon. Aber gut, jetzt haben wir ein schönes Bier, um unseren Talk noch ein bisschen weiterzuziehen, denn dich hat das Bier ja auch ein bisschen in die Welt gebracht. Also wenn du da mal ein bisschen erzählst, was hast du da schon so alles erlebt?

Wolfgang: Als das Erste, muss ich sagen, war ja die Entscheidung, bei wem mache ich meine Biersommelierausbildung und ich war da sehr unentschlossen, da gibt es ja verschiedene Anbieter. Und ich habe das dann meiner Frau vorgestellt und dann hat sie klar gesagt: „Mach es bei der Deutschen BierAkademie. Ich glaube, da findest du einen Kreis von Menschen, der dir gleichgesonnen ist.“ Die sind teilwiese hobbymäßig unterwegs oder wie wollen einen Bottle-Shop aufmachen und so, während andere Anbieter eben schon auf sehr professionelle Teilnehmer abzielen, wie Bierbrauer, Braumeister oder Sommeliers in großen Hotels und so weiter. Und ich muss sagen, diese Entscheidung war absolut die richtige. Wir haben ja immer noch einen ganz, ganz tollen Kreis an Biersommelierkollegen, die sich einmal im Monat beim Alumni-Stammtisch treffen. Wir machen das dann teilweise in der Münchner Biersommelierrunde bei der Liesl, in Liesls BierErlebnis in ihrem Shop, so wie vorigen Dienstag und freuen uns immer, wenn wir uns sehen. Das ist so wunderbar, dass diese Community weiterhin so besteht und so aktiv ist. Und das andere, wo es mich rausträgt in die Bierwelt, das ist ja zum einen eben auch wieder durch die Deutsche BierAkademie. Da muss ich sagen, du bist ja wirklich ein sehr aktiver Mensch und bietest so viel an. Und ein absolutes Highlight war ja voriges Jahr unsere Exkursion ins Black Country nach England, als wir in London beim Great British Beer Festival gestartet haben und dann, ja, in Birmingham waren, in Leeds waren, in Tadcaster waren, in Mount St. Bernard waren und da wunderbar durch local Camera Guids begleitet wurden, das war ein ganz, ganz tolles Erlebnis rund um das Thema Bier. Auch mit dem Besuch eben des Freilichtmuseums, um da mal zu sehen, wie war das früher, also herrlich. Und ansonsten gibt es ja auch immer viel, zum Beispiel voriges Jahr im Herbst war ja in Hüll ein sehr, sehr interessanter Vortrag rund um das Thema Hopfen, mit einem Besuch des benachbarten Hopfenbetriebes grade während der Erntezeit auch noch ganz interessant. Und jetzt freue ich mich ja schon, denn es soll ja bald wieder eine Exkursion geben in Richtung Frankreich, Elsass, da freue ich mich schon drauf. Und vor nicht allzu langer Zeit waren wir auch, ja, in Berlin bei Lemke mit Barrel-Aged-Bieren, das war auch eine tolle Veranstaltung. Also es ist laufend irgendwas los rund um das Thema Bier und das freut mich auch. Und, ja, in nicht allzu langer Zeit werden wir uns ja wieder in Bamberg sehen zum Tag der Rauchbierbewahrung.

Markus: Allerdings, das wird auch ein sehr spannender Tag wieder, da bin ich mal gespannt auch. Im Schlenkerla wird da schon wieder dran gearbeitet, uns irgendwas Neues vorzustellen, schauen wir mal. Genau, vielen Dank auch für das ganze Lob, also freut mich natürlich sehr. Und ich bemühe mich da oder wir bemühen uns da auch, eben immer wieder Sachen zu tun, die auch wirklich außergewöhnlich sind und wo man eben mal über Tellerränder gucken kann. Wobei ich sagen muss, du hast noch mal ganz besonders über den Tellerrand geschaut, finde ich, wenn man deine persönliche Reise angeht, ist ja dann die Tour de Chirurgie, hast du die genannt und die hat dich ja mit dem Fahrrad quasi einmal durch Europa geführt.

Wolfgang: Genau.

Markus: Und da warst du ja durchaus auch mal bei dem ein oder anderen Bier wahrscheinlich.

Wolfgang: Ja, genau. Also ich habe 2022 eine Fahrradtour gemacht und zwar quer durch Europa, vom Nordkap nach Tarif, also vom nördlichsten Festlandpunkt Europas zum südlichsten, über 6.694 Kilometer. Und die Tour habe ich als Dankeschön gemacht, um Spenden einzusammeln für die Stiftung Chirurgie des Klinikums rechts der Isar in München. Dort war ich 2015, ja, ich kann es ruhig sagen, todkrank als Patient und die Ärzte rund um der Professor Friess haben mir ein Leben gerettet und als Dankeschön habe ich dann diese Tour gemacht und Spenden eingesammelt für diese Stiftung. Und das war eben auch so geplant, dass ich zum einen den Spaß habe, diese Tour zu fahren und auf der anderen Seite eben was Gutes zu tun, nämlich die Spenden einzusammeln. Und der Spaß war eben, dass ich, ja, in Norwegen startend, über Finnland, Schweden, Dänemark, Deutschland, Österreich, Frankreich, Spanien und Gibraltar, wahnsinnig viele Landschaften, wahnsinnig viele Leute gesehen habe und Kulturen, aber auch Biere. Es war mal ein Arctic Ale auf einem Campingplatz nach hoch im Norden in Finnland oder auch lokale Brauereien, die ich besucht habe. Zum Beispiel war ich in Vimmerby, dem Geburtsort von Astrid Lindgren und da gibt es ja die berühmte Åbro Brewery. Das ist also eine große schwedische Privatbrauerei, die in jedem Supermarkt bis 3,5 % vertreten sind und in den Systembolagets, also in den speziellen Stores in Schweden, in denen man eben Alkohol über 3,5 % beziehen kann. Und da habe ich eine spezielle Führung mitmachen dürfen und das war sehr beeindruckend zu sehen, wie die das machen, dass sie mitten in einem Landschaftsschutzgebiet stehen, in dem zum Beispiel keine Landwirtschaft betrieben werden darf wegen dem Wasser, dass die zum Brauen verwenden, solche Dinge. Dann habe ich in Finnland ein Biermuseum, Brauereimuseum besuchen wollen, das war leider grade im Umbau begriffen. Ich bin dann, ja, war etwas ein Kulturschock, nach Dänemark gekommen, da ist ja eine große Brauerei allgegenwärtig mit ihren Bieren. Und in Schweden zum Beispiel oder generell in Skandinavien habe ich eben gesehen, speziell auch in diesen Systembolagets, in diesen staatlich kontrollierten Alkohol-Stores, dass es sehr, sehr viele kleine private Brauereien gibt, die eben Bier brauen, alle möglichen Sorten und das hat mir schon, ja, sehr imponiert, dass es da auch eine große Szene gibt. In Deutschland, das kennen wir mehr oder weniger, habe ich aber auch interessante Biere verkostet, wie zum Beispiel zufällig im Osten den Schwarzen Abt. Das ich ein wunderbares Bier finde, dieses dunkle relativ leichte Bier. Und, ja, dann ging es ja weiter nach Frankreich und Spanien und ich war überrascht, dass auch dort sehr, sehr viel Bier getrunken wird. Ich dachte eigentlich, dass dort der Wein allgegenwärtig wäre, aber es gibt dort auch viele kleine Hobbybrauer oder so Craftbier-Brauereien, lokale, auch im Baskenland. Und das Bier ist dann tatsächlich in den Supermärkten erhältlich und da habe ich auch das eine oder andere probiert und war durchaus angetan von der Qualität dieser Biere.

Markus: Ja, also es sind beides, wie du schon sagst, erstaunlich große Bierländer mittlerweile, sowohl Spanien als auch Frankreich. Und auch in Skandinavien tut sich ja unheimlich viel, das ist wirklich sehr interessant, überhaupt in ganz Europa. Sind dir denn so kulturelle Unterschiede aufgefallen, also einerseits, welche Leute trinken Bier oder wie trinken die Bier oder wann trinken die Bier oder wo? Also merkt man da irgendwie, wenn man so durch ganz Europa kommt, Unterschiede, wie man sich mit Bier beschäftigt?

Wolfgang: Im hohen Norden oben, das wurde mir auch teilweise gesagt, speziell im Winter ist Alkohol durchaus ein Problem durch diese ewige Dunkelheit. Also mir ist es sehr aufgefallen speziell in Schweden, ich glaube fast, dass es so eine psychologische Sache ist, dass es diese Systembolagets gibt. Früher war es ja in Schweden zum Beispiel so, dass man Bezugsmarken bekam, um eine gewisse Menge an Bier in diesem Systembolagets zu kaufen, die sind ja staatlich kontrolliert und monopoliert. Und heutzutage darf man rein, da steht zwar jemand an der Tür und schaut sich die Leute so an und wenn da einer torkelnd daherkommen würde, dann würde der abgewiesen werden, aber ansonsten darf da jeder rein. Und mir ist es aufgefallen speziell an Wochenenden, dass die Leute dann sehr, sehr viel an verschiedenen Alkohol kaufen, da gibt es ja nicht nur Bier, sondern Wein, Spirituosen und so weiter. Ich denke, in Teilen der Bevölkerung ist es durchaus ein Problem, aber ich würde es jetzt nicht als großes gesellschaftliches Massenproblem sehen das Ganze, sondern man genießt es auch durchaus und weiß das auch zu schätzen, dass es da ein gutes Bier gibt. Und so kam mir das auch in ganz Skandinavien vor. In Deutschland, unsere Bierszene, das kennen wir, der Deutsche trinkt eben auch gern ein Bier, auch mal zum guten Braten ein Dunkles und so weiter, wo wie wir es kennen auch im Osten. In Frankreich, muss ich sagen, habe ich das öfters auch gesehen im Lokal, dass man statt einem Wein tatsächlich ein helles Bier zum Essen trank, bevorzugt lokale IPAs. Das ist anscheinend so ein Trend, den die gerne haben. Und in Spanien ist mir oft aufgefallen, dass die Biergläser im Gefrierfach vorgehalten werden und dann schenken die das eiskalte Bier aus dem Kühlschrank in das Glas und man hat wirklich die ersten 2, 3 Minuten eine leichte Eisschicht oben auf dem Bier.

Markus: Das ist ja witzig. Aber kenne ich auch aus den spanischsprachigen Ländern in Südamerika oder auch Brasilien, da wird das ja auch so gemacht, Wahnsinn. Gibt es denn in Gibraltar eine Brauerei?

Wolfgang: Ich wüsste nicht, dass es eine Brauerei gibt, aber es gibt natürlich unendlich viele Biere auf Gibraltar aus aller Herren Länder. Es gibt da ein Casino-Schiff und tolle Gastronomie auf Gibraltar und die haben eine extreme Bandbreite an Bieren, von deutschen Weizen bis zum Guinness. Also auf Gibraltar, ja, gibt es eine unglaubliche Bandbreite an Bieren, aber eine eigene Brauerei wüsste ich jetzt nicht.

Markus: Was mich überhaupt mal interessieren würde, wie ist denn das, also Gibraltar ist ja praktisch so eine Halbinsel, Insel irgendwie, vorgelagert und da gibt es ja so eine kleine schmale Zufahrt. Vielleicht, wenn du uns mal so ein bisschen Kopfkino machst, wie ist das denn, wenn man da hinkommt? Also hat man da so ein kleines Sträßchen, wo man dann irgendwie dahinfährt und ist dann da so eine Grenzstation oder wie muss man sich das vorstellen?

Wolfgang: Das ist total witzig. Auf meiner Tour de Chirurgie, so nebenbei, es gibt ja auch eine Webseite, tourdechirurgie.de dazu und auch ein Buch. Ich kam da, ja, aus Andalusien runtergefahren in Richtung Gibraltar. Das ist alles relativ ärmlich, einfach, ein bisschen Schweinezucht, aber relativ einfach und dann kommt man auf einmal an diese Grenzstation von Spanien nach Gibraltar. Da bin ich erst mal bewundert worden mit meinem Gespann. Die Spanier wollten dann meinen Personalausweis sehen, auf der gibraltarischen Seite war nix. Und dann gibt es so einen, ja, nennen wir es mal so eine breitere kleine Landzunge, über die man fährt und man kreuzt dabei die Start- und Landebahn des Flughafens in Gibraltar. Da stehen also tatsächlich Ampeln auf beiden Seiten und wenn die grün sind, dann darf man als Fußgänger oder als Rollerfahrer und so weiter oder als Autofahrer rüber und wenn eben rot ist, muss man stehenbleiben, weil dann irgendwie das nächste Flugzeug gleich kommt. Und bei mir war grün, ich bin dann da rüber und habe mir gedacht, das ist ja mal ganz was Besonderes und bin unmittelbar auf der gibraltarischen Seite dann am Rand der Landebahn stehengeblieben, um ein Foto zu schießen, dass ich da jetzt tatsächlich grade drübergefahren bin. Und dann kam tatsächlich schon die ermahnende Ansprache aus dem Lautsprecher, you must not stay there with your bike, please go ahead! Und 5 Minuten später kam tatsächlich ein Flugzeug dann.

Markus: Ja, Wahnsinn. Aber gut, das sind beengte Verhältnisse, da muss man das irgendwie zusammenbringen, das stimmt.

Wolfgang: Ja, da kamen eben, ja, ich würde mal sagen, nur zwischen 3 und 5 Maschinen am Tag, gemischt. Mal eine Militärmaschine, weil Großbritannien auch eine Militärbasis auf Gibraltar hat, auch mit einem Schiff oder mit zwei Schiffen. Und ansonsten, ja, Urlauber, die mit British Airways eingeflogen werden.

Markus: Also da sind dann klassische Engländer sozusagen?

Wolfgang: Ja, also in dem Moment, wo man auf Gibraltar ist, ist man gefühlt in England, rote Telefonzellen, überall Pubs und lustige Engländer und Fish and Chips und so weiter, very Britisch das Ganze.

Markus: Und ein paar Affen auf Felsen, oder?

Wolfgang: Ganz oben auf dem Felsen gibt es eben diese berühmten Berberaffen, da war ich auch oben. Gibraltar hat ja im Krieg eine große Rolle gespielt, da gibt es auch viele unterirdische Gänge. Und man sagt auf Gibraltar, solange es diese Affen gibt, bleibt Gibraltar Britisch, erst wenn es keine Affen mehr gäbe, würde es wieder Spanisch werden. Und da gab es auch so eine Zeit, als man bemerkt hat, dass die Affen, ja, eine gewisse Inzucht haben, dann hat man neue Berberaffen aus Marokko eingeführt, dass sie das Blut wieder auffrischen. Und die werden da oben gehegt und gepflegt, die werden gefüttert von Park-Rangers und denen geht es gut.

Markus: Okay, also wenn man wiedergeboren wird, dann ist ein Berberaffe auf Gibraltar vielleicht keine schlechte Wahl.

Wolfgang: Ja, genau, genau.

Markus: Ja, wunderschön. Wie geht es weiter mit dir und deinen Reiseplänen, hast du schon irgendwas in Petto, was du demnächst noch gerne machen möchtest?

Wolfgang: Nun, ich bin ja dann voriges Jahr mit dem Motorrad von München aus zum Nordkap gefahren und habe da die Route gewählt über Schweden, Stockholm. Bin dann mit der Nachtfähre nach Turku gefahren, habe dann einige Tage in Helsinki verbracht, um dort Brauereien zu besuchen, die sehr interessant waren, auch so Craft-Beer-Brauereien. Und bin dann Richtung Kirkenes hochgefahren, also an die russische Grenze und dann vom Nordkap aus mehr oder weniger meine Fahrradtour wieder runter. Und dieses Jahr wollte ich das Gleiche in Richtung Süden machen, aber leider ist mir eine OP an der linken Hand dazwischengekommen, am Karpaltunnel. Und jetzt habe ich das abgeblasen, aber ich werde das nächstes Jahr dann in irgendeiner Form nachholen.

Markus: Na, da bin ich mal gespannt, da wirst du bestimmt auch wieder schöne Sachen zu erzählen haben.

Wolfgang: Bestimmt.

Markus: Also für die Hörerinnen und Hörer, wir werden, wie der Wolfgang ja grade gesagt hat, es gibt eine Website, es gibt ein Buch, das werden wir natürlich verlinken in den Shownotes und kann ich auch nur empfehlen, sich beides anzuschauen. Wolfgang signiert bestimmt auch gerne ein Buch, dass er dann verschickt. Und, ja, also finde ein ganz tolles Erlebnis, also auch von der Motivation her natürlich auch wichtig, dass man eben die Leute auch unterstützt, die einem so geholfen haben, das finde ich Wahnsinn und auf der anderen Seite eben dann auch so ein persönliches Erlebnis für sich draus zu machen mit so vielen Eindrücken. Und man muss natürlich auch sagen, du hast auch eine Familie, die das unterstützt, das macht vielleicht auch nicht jede Frau mit, also insofern wirklich großartig. ja, also von meiner Seite aus vielen, vielen Dank für diesen Einblick in deine Brauwelt und in dieses wunderbare Bier, dass ich jetzt auch schon fast ausgetrunken habe.

Wolfgang: Oh ja, schön.

Markus: Das geht manchmal schnell, ja. Und wünsche dir da wirklich noch alles, alles Gute. Wir bleiben ja in Verbindung, ich freue mich schon auf unser nächstes Treffen und dir heute auf jeden Fall noch einen schönen Tag. Was hast du heute noch vor?

Wolfgang: Ja, ich werde mich jetzt dann aufs Rennrad schwingen und eine Runde drehen, ein bisschen im Hinterland vom Chiemsee und mir dann einen gemütlichen Abend machen, auch mit einem schönen Bier. Ich habe mir bei Camba vorgestern ein Flandern Blonde geholt und da werde ich mir dann einen schönen Abend machen mit so einer Dose Flandern Blonde.

Markus: Ja, da wünsche ich dir auf jeden Fall auch viel Freude dabei. Und das vielleicht auch noch an die Hörerschaft, Hörerinnenschaft, weiß ich gar nicht, sagt man das so, egal, einfach der Chiemsee an sich, für mich eine Region, die ich auch in der Jugend schon kennengelernt habe, weil wir da immer im Urlaub waren, aber auch biermäßig sehr spannend. Es gibt eine Brauerei auf der Fraueninsel zum Beispiel, es gibt rund um den Chiemsee Brauereien, es gibt dann eben in Seeon, wo auch diese wunderbare schöne Klosteranlage ist, gibt es dann eben die Camba Bavaria mit allem, was es da so hat und in Traunstein Brauereien und so weiter. Also man hat wirklich rundum in jeder Hinsicht viel zu bieten, wunderbare Natur. Um den Chiemsee kann man auch einfach rumradeln, das finde ich auch sehr schön, gibt es so einen Rundweg, also generell das Bayrische Meer durchaus zu empfehlen, ja.

Wolfgang: Ja, tolle Locations, tolle Gaststätten, tolle Hofcafés, ist wirklich eine Empfehlung.

Markus: Wunderbar. Also vielen Dank noch mal, dir heute noch einen schönen Tag, inklusive einem guten Bierchen heute Abend und noch mal Danke für dieses wunderbare Bier.

Wolfgang: Ich sage auch herzlichen Dank, Markus, für das schöne Gespräch mit dir, herzlichen Dank.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 141 – Interview mit Braumeister & Biersommelier Friedrich Carl Richard Matthies, genannt Fiete, aus Hamburg

Heute geht’s ab an die Küste – nach Hamburg, wo unser Gastgeber Markus auf Fiete Matthies trifft. Fiete, ein Braumeister, der einst bei Oli Wesseloh in der Kehrwieder Brauerei startete und mittlerweile mit seiner eigenen Brauerei, Wildwuchs Brauwerk, die Szene rockt, hat einige Überraschungen im Gepäck. Wir sprechen über die Wiederbelebung des Hamburger Senatsbocks und wie Fiete mit einem Bier, das auf Amburana-Holz reifte, beim Senatsbockanstich für Begeisterung sorgte. Außerdem erwartet euch eine echte Geschmacksexplosion: Ein Bockbier, das mit Mandarina Bavaria gehopft wurde und als Bock Orange einen völlig neuen Twist in die traditionelle Bockbierwelt bringt…

Kommt in unsere Facebook-Gruppe und diskutiert mit: https://www.facebook.com/groups/bierakademie

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute macht es mir wieder ganz besonders viel Spaß, weil ich in eine meiner Lieblingsstädte reisen darf, nach Hamburg an die Küste. Ich war sogar grade erst da, weil ich auf einer Messe dort war und da bin ich immer sehr, sehr gerne und natürlich auch wegen des Bieres. Und vor einiger Zeit habe ich da, vor vielen Jahren, ehrlich gesagt, den Fiete Matthies kennengelernt, der war damals noch beim Oli Wesseloh in der Kehrwieder Brauerei und mittlerweile hat er seine eigene Brauerei seit über 10 Jahren. Und das ist natürlich durchaus ein Grund, da ein bisschen drüber zu sprechen. Also, Fiete, erst mal schön, dass du da bist und vielleicht sagst du noch mal zwei, drei Worte zu dir.

Fiete: Ja, moin! Danke für die Einladung, ich freue mich. Ja, ich bin Fiete, Braumeister, also ich habe Braumeister gelernt und dann, ja, wie du schon sagtest, vor gut 10 Jahren Wildwuchs Brauwerk gegründet. Genau und mit Wildwuchs Brauwerk sind wir seid jetzt 6 Jahren auf Wilhelmsburg beheimatet, auf der schönen Elbinsel Wilhelmsburg, wo man unsere Biere probieren kommen darf, wenn man möchte.

Markus: Ja, absolut, also da werden wir natürlich auch noch drüber sprechen, auch über die Hamburger Geographie, das ist ja nicht jedem so komplett geläufig. Und Wildwuchs natürlich vom Namen her auch spannend. Und ich muss sagen, also sowohl, als ich zum letzten Mal auf die Internetseite geschaut habe, da waren, glaube ich, 17 Biere, die ich dort gesehen habe, als auch in dem Karton, den du mir dankenswerter Weise geschickt hast, war wirklich ein ordentlicher Wildwuchs an Dingen. Deswegen könnte das heute ein rekordverdächtiger BierTalk werden, also ich habe satte 9 Biere hier auf dem Tisch stehen und wir haben Mittag! Also an die Hörer, das ist durchaus eine spannende Herausforderung, aber wir kriegen das heute bestimmt hin. Und, ja, vielleicht, bevor wir gleich einsteigen, können wir fast schon sagen, wir fangen vielleicht mit einem Bierchen an. Was denkst du, womit würdest du starten wollen in unserem Talk?

Fiete: Also starten wir grade, weil es ja so schön sonnig ist, vielleicht mit unserer Frau Knolle, mit dem Hellen mit Ingwer, weil, das ist so ein richtig schönes sommerliches Gebräu.

Markus: Ja, das ist ja wunderbar, eine sehr gute Koinzidenz, da habe ich mich schon richtig drauf gefreut, weil Ingwer ist wirklich was, was ich echt total gerne mag, was ich auch in viele Sachen, die ich mir koche oder selbst ins Müsli reintue. Und ich habe auch schon tolle Biere mit Ingwer getrunken, allerdings noch nicht so viele. Berliner Weisse zum Beispiel fand ich ganz spannend, aber ein Helles noch nie. Also da bin ich jetzt sehr gespannt, dann lass uns das mal aufmachen.

Fiete: Kann schon losgehen, ja.

Markus: Ja, ja.

Fiete: Das ist ja tatsächlich eine der schönsten Dinge an unserem Beruf, dass man auch mittags schon Bier trinken darf.

Markus: Ja und das völlig ohne schlechtes Gewissen, es ist ja quasi Arbeit.

Fiete: Richtig.

Markus: Und, ich meine, was man immer den Hörern natürlich sagen muss, wir müssen ja nicht alle gleich austrinken. Also ich werde jetzt sicherlich auch nicht jedes komplett austrinken, aber ich stelle es mir dann halt in den Kühlschrank und habe dann heute noch einen schönen Abend oder lass dann meine Freundin probieren oder wenn sonst jemand vorbeikommt. Das ist ja auch immer eine gute Möglichkeit, da noch mal ein bisschen auch die Werbetrommel zu rühren.

Fiete: Ja, genau.

Markus: Ja, also hier ein schönes Helles, hat ja auch die klassische Farbe. Ist unfiltriert oder?

Fiete: Ist unfiltriert, unsere Biere sind alle unfiltriert, ja. Ja, man riecht schon die Ingwernote und schmecken tut man sie natürlich auch. Wenn man so eine Falsche tatsächlich leermacht, kriegt man auch die Ingwerschärfe auf der Zunge, so wie man sie halt kennt vom Ingwertee oder Ähnlichen. Genau und wir haben hier, ja, im Grunde genommen ein klassisches Helles gebraut. Gar nicht so stark gehopft, als Bitterhopfen haben wir da Mandarina Bavaria drin, aber von dem man eigentlich nicht viel mitbekommt, weil es nur eine Hopfengabe ist. Genau und dann kommt da Ingwer mit rein. Also mit dem Thema Ingwer im Bier habe ich mich schon ein bisschen häufiger beschäftigt, weil ich es einfach gerne mag, so wie du eben auch sagtest, so Ingwer ist grundsätzlich ja was sehr Leckeres. Und wir machen ja mit Wildwuchs, machen wir Bio-Biere und regionale Produkte und so weiter und deswegen war Ingwer immer so ein Thema, was ich gerne gemacht hätte, aber was mit der Regionalität nicht so richtig zusammenpasste. Und dann sind über einen Partner in der Regionalwert AG an Ingwer gekommen, der eine Viertelstunde von unserer Brauerei entfernt wächst, auf dem Hof Wurzelreich. Da war ein Partnertreffen und er hat vorgestellt, was er so macht und meinte, ja, er baut Ingwer an. Und dann dachte ich erst, ich hätte mich verhört, aber dann habe ich ihn hinterher noch mal angerufen, habe gesagt, meintest du wirklich Ingwer? Und dann ja, ich habe hier einen Folientunnel voll mit Ingwer und den baut er an und mal gucken, was daraus wird. Und da habe ich gesagt, ja, wenn das fertig ist, dann sagt Bescheid, ich nehme alles.

Markus: Das ist ja sehr witzig, also finde ich total spannend, müssen wir auch gleich noch mal drüber sprechen, wie so ein Ingwer überhaupt ausschaut. Ich muss sagen, ich kenne ja nur die Knolle, die man letzten Endes dann irgendwo kauft. Noch mal kurz zurück zum Bier, ich finde es ganz faszinieren, wie schön frisch vor allem das in der Nase rüberkommt. Also das ist wirklich so, wie wenn man so ein frisches Stück Ingwer einfach abgeschnitten hat, dieses schönen citrusigen Aromen, die da rüberkommen und dann auch schon dieses typische Ingwer mit dieser leichten Schärfe. Und ich muss auch sagen, das hat man dann auch vom Trinken, ich habe jetzt nicht die ganze Flasche ausgetrunken, merke aber trotzdem, das ist tatsächlich dieses leichte, ja, scharf ist eigentlich ein blödes Wort, aber es ist wärmend, man hat im Grunde, es rinnt so den ganzen Gaumen runter und ist sehr anregend. Und es ergänzt auch das Helle sehr schön, also gibt dem halt einfach einen Charakter noch mit dazu, den man jetzt so nicht gleich erwartet hätte, der aber echt gut passt. Also ja, ich finde das eine sehr gelungene Mischung, auch von der Intensität her. Weil, ich finde, da muss man bei Ingwer ja immer ein bisschen gucken, zu viel ist dann eben zu viel, zu scharf, zu heftig, zu wenig ist dann einfach zu seicht und das gut hinzubekommen. Und ich glaube auch, dass der Mandarina Bavaria zumindest vom Namen her auf jeden Fall gut dazu passt.

Fiete: Ja, genau, ja.

Markus: Das ist sehr, sehr schön. Ja und ganz kurz zu dem Ingwer, also das finde ich toll, wächst der dann in Hamburg oder in Niedersachen oder wo ist?

Fiete: Genau, Niedersachsen, aber direkt an der Hamburger Grenze in Stelle und das ist, ja, eine Gärtnerei. Und das funktioniert so, der Ingwer wird da, ja, so Anfang Juni ungefähr gepflanzt und dann Anfang Oktober geerntet. Das heißt, der hat eine relativ kurze Vegetationszeit hier bei uns. Was dazu führt, dass die Knolle, also rein optisch sieht sie natürlich der Knolle, wie du sie aus dem Supermarkt kennst so, dieses Geflochtene, diese Knubbel, sehr ähnlich, aber die bildet keine Schale aus, das ist eher so eine Art Frühkartoffel, die da geerntet wird. Und diesen Ingwer, den müssen wir dann eben relativ zeitnah verarbeiten, weil er nicht lagerfähig ist, der wird direkt geschnibbelt und wird dann zu Bier gemacht.

Markus: Also kann man auch nicht einfrieren oder irgendwie so?

Fiete: Ja, einfrieren könntest du es schon, aber dann bräuchtest du eine extra Kühltruhe, wie haben wir jetzt nicht und direkt Bier draus machen, finden wir irgendwie sinnvoller.

Markus: Ja, auf jeden Fall, da bin ich absolut bei euch. Das heißt, das Bier gibt es dann auch nicht das ganze Jahr bei euch?

Fiete: Nein, das ist ein Saisonbier, wenn das alle ist, ist es ausgetrunken und dann müssen wir wieder warten bis zur nächsten Ernte.

Markus: Ja, Danke schön, da habe ich ja jetzt Glück gehabt, sehr cool. Also wie schaut denn jetzt so eine Ingwerpflanze aus, also hat das so einen Stamm oder Blütenblätter oder wie ist das?

Fiete: Also von der Optik her ist die Pflanze eigentlich, ja, wie soll man das vergleichen, also die wird so schulterhoch ungefähr. Also es ist ein richtig kleiner Urwald, der da entsteht. Und die Blätter, ja, vielleicht so ein bisschen wie Koriander, so in der Form, aber halt ein richtig hohes Gewächs. Also das erwartet man gar nicht dadurch, dass da nur so eine kleine Knolle dranhängt.

Markus: Und dann bildet der praktisch diese Knollen und dann, wenn man das geerntet hat, nimmt man dann wieder so Restknollen und lässt die im Boden oder so? Also wie machen die das dann, dass im nächsten Jahr wieder Ingwer kommt?

Fiete: Ja, genau, die behalten Saatgut zurück, was sie dann im nächsten Jahr wieder, also das wird dann vorgebrütet in einem Brutschrank, wenn du so willst und wenn das dann austreibt, dann kommt das in die Erde und, ja, dann wird wieder eine neue Ingwerpflanze draus.

Markus: Süß. Also das erklärt dann jetzt auch, warum ich mir Ingwer vielleicht doch nicht als Hauspflanze anschaffen kann, das ist dann doch ein bisschen kompliziert, aber schön, also toll. Und vielleicht noch eins gleich am Anfang geklärt, das ist ja auch ein Bio-Bier, sind alle eure Biere, oder?

Fiete: Genau, all unsere Biere sind Bio-Biere. das ist eigentlich so das, was wir uns von Anfang an vorgenommen haben. Als wir Wildwuchs gegründet haben 2014 haben wir halt gesagt so, ja, Bier gibt es ja schon sehr viel, aber Bio-Bier ist tatsächlich eine Nische. Und persönlich bin ich davon absolut überzeugt, dass das der richtige Weg ist, in der Landwirtschaft eben auf Bio zu setzen und das eben auch im Bierbereich. Also wir kriegen da zwar immer wieder so auf Veranstaltungen dann die Frage so, dann stehen wir da am Bierstand und die lesen, oh, Bio-Brauerei so. Und das Schönste war mal, eine blieb stehen, hat das gelesen und dann sagte sie, sagte, nee, also ich möchte was mit Alkohol und dann ist sie weitergegangen. Also das Bio-Bier durchaus auch Alkohol hat, ich glaube, das haben wir bewiesen in den letzten 10 Jahren. Und grundsätzlich geht es eben dabei um den Anbau, also in erster Linie bei Bio-Bier geht es um eben um den Anbau der Rohstoffe und davon bin ich überzeugt, wie das funktioniert und es funktioniert auch gut. Unsere Gerste kriegen wir inzwischen, also zumindest das Pilsner Malz hier, vom Hof Eggers, der sitzt hier in Hamburg, keine 20 Minuten von uns entfernt und baut da eben die Gerste für uns an. Und das funktioniert super, der Hof läuft gut und von daher ist das, glaube ich, der richtige Weg.

Markus: Auf jeden Fall, also das finde ich auch. Und vielleicht noch mal zur Erklärung zur alle Hörerinnen und Hörer, Bio-Bier heißt, ich habe einerseits also zum Beispiel das Malz, das Getreide in Bio-Qualität, ich habe den Hopfen in Bio-Qualität, ich habe zum Beispiel den Ingwer in Bio-Qualität. Ich muss, glaube ich, auch die Brauerei irgendwie zertifizieren lassen, oder?

Fiete: Ganz genau, ja, wir werden mindestens einmal im Jahr kontrolliert. Zwischendrin kommen die auch mal vorbei, gucken, ob wir auch die Dinge umgesetzt haben, die sie eventuell kritisiert haben oder sie machen einfach so Stichproben, ob das, was wir an Rohstoffen vorrätig haben, auch wirklich Bio-zertifiziert ist. Also das kommt immer Mal wieder vor, wie gesagt, mindestens einmal im Jahr und ein paar Stichproben dann, ob wir auch wirklich das ganze Jahr über mit Bio-Rohstoffen arbeiten.

Markus: Und hat das auch einen Einfluss auf die Hefe?

Fiete: Du meinst, ob die zertifiziert sein muss?

Markus: Ja, also ob man da besondere nehmen muss oder irgendwie so.

Fiete: Nee, das ist tatsächlich ja, die Hefe ist ja ein Mikroorganismus, also ein Lebewesen, wenn du willst. Und wenn du Lebewesen einfach mit Bio-Rohstoffen fütterst, dann werden sie automatisch Bio.

Markus: Okay, ja, das kann ich nachvollziehen.

Fiete: Also wir können nicht die Trockenhefe nehmen, zack in den Tank kippen oder so, sondern wir müssen die schon erst mal anzüchten. Und wenn wir sie dann aber mit unseren schönen Bio-Rohstoffen gefüttert haben, dann dürfen wie sie auch verwenden.

Markus: Ja, na klar, also das Bio-Huhn kommt ja auch nicht als Bio-Ei auf die Welt.

Fiete: Also inzwischen ja, aber anfangs nicht.

Markus: Oder so, genau.

Fiete: Ganz zu Anfang natürlich auch, aber dann wurde ja zwischendrin auch einiges anderes dazwischen gemogelt, unter das Futter.

Markus: Ja, aber das finde ich auf jeden Fall schon mal auch wichtig, dass ihr durchaus auch einfach Botschaften habt und auch Werte habt und die auch lebt und entsprechend auch vertretet. Das ist, glaube ich, auch unheimlich wichtig heutzutage, irgendwie seinen Platz da auch zu finden und seine Botschaften eben auch zu setzen. Vielleicht noch ganz kurz, Wildwuchs, wie kamt ihr auf den Namen?

Fiete: Ja, also Wildwuchs ist so eine, ja, wie soll man sagen, also die Idee kam daher, dass ich eben, als wir das gegründet haben, ich habe das ja mit meinen beiden älteren Geschwistern zusammen gegründet. Die wollten ursprünglich eine Saftschorle mit mir machen beziehungsweise eine Gurkenbrause und da haben wir da so ein bisschen rumexperimentiert. Und dann meinte ich irgendwann, ja, also das schmeckt zwar alles ganz gut, aber ich habe ja Brauer und Mälzer gelernt, Braumeister in Berlin gemacht, wollen wir nicht erst mal mit Bier starten, mit Bio-Bier? Und dann meinten sie, ja, okay, fangen wir damit erst mal an, die Gurkenbrause können wir dann ja später noch dazu machen. Und das war grad so der Hype so Gin Tonic, jeder hat Gin Tonic getrunken, aber man braucht ja zum Gin Tonic immer irgendwas zum Mixen. Also meistens war dann ja immer eine Gurke mit dabei und daher kam die Idee. Naja, auf jeden Fall habe ich gesagt, dann lasst uns lieber eine Bio-Brauerei erst mal gründen und später dann noch Gurkenbrause machen, da kenne ich mich schon ein bisschen besser mit aus, mit Bier. Und dann haben die gesagt, okay, sind sie einverstanden. Und dann habe ich gesagt, ja, das soll aber auch alles unfiltriert sein und es soll nicht unbedingt immer nur die klassischen Bierzutaten drin sein. Also unter anderen vielleicht mal Ingwer, wir haben ein Bier, wo Kaffee drin ist und, ja, so viele verschiedene, mit Holunderblüten haben wir auch ein Bier. Und da kam dann min Bruder auf die Idee und meinte, das, was du da vor hast, da klingt alles eher so nach Wildwuchs. Und weil Wildwuchs ja an sich was sehr Natürliches ist, sehr vielleicht klingt und wir von Anfang an Bio-Rohstoffe verwendet haben, aber nicht uns die Zertifizierung gegönnt haben, sondern die Bio-Zertifizierung, die kam dann erst deutlich später dazu. Deswegen haben wir dann gesagt, lass uns doch diesen Namen Wildwuchs wählen, damit das für alle Konsumenten klar ist, dass sie etwas Naturbelassenes, etwas, ja, ein bisschen Wildwuchs in der Großstadt konsumieren können.

Markus: Genau, also ich denke, das ist vielleicht auch ein Punkt, weil dieses Wort ja so viele verschiedene Facetten hat. Also einmal ganz konkret natürlich eben das, was wild wächst, aber eben auch die Vielfalt. Und auch in so einer Stadt wie Hamburg eben da auch so ein bisschen eine exotische Komponente zu sein, das finde ich eigentlich eine sehr, sehr schöne Idee. Müssen wir gleich noch ein bisschen drüber sprechen, wie das alles so gekommen ist. Aber ich bin mit meinem Hellen durch, was machen wir denn jetzt?

Fiete: Ja, so ein kleiner Schluck Helles war schnell weg, ne?

Markus: Ja, oh ja.

Fiete: Jetzt, ja, vielleicht mit dem Kein Weizen! jetzt weitermachen.

Markus: Da bin ich ja mal sehr gespannt. Auf den ersten Blick liest man ja erst mal Weizen und dann steht eben so ganz klein noch daneben so kein Weizen. Bin ich mal sehr gespannt, was uns da jetzt erwartet. Also es kommt ja optisch schon mal ziemlich weizig rüber, eigentlich. Also relativ hell, sehr trübe, richtig intensiver dichter Schaum, das auf jeden Fall.

Fiete: Und von der Nase?

Markus: Ist auch ein bisschen Banane da, also eher so grüne Banane, würde ich sagen, aber auf jeden Fall auch.

Fiete: Aber es erinnert schon ans Weizen, ne?

Markus: Ja.

Fiete: Genau und das ist tatsächlich auch die Idee bei dem Bier gewesen. Weil, also wenn du dir den Klappentext durchliest, dann steht da ganz schön geschrieben, im Weizen ist halt die Hefe der Star und das wissen ja die Allermeisten nicht. Also von den BierTalk-Hörern wissen das wahrscheinlich schon die Allermeisten, aber so in der breiten Biertrinkermasse denken ja die Allermeisten, ein Weizen können sie nur trinken, wenn da auch Weizenmalz drin ist, und daher kommen eben diese bananig-, nelkenartigen Aromen. Und das wollten wir sozusagen mal aufbrechen, dieses Mysterium, woher eigentlich die Aromen kommen und haben dann gesagt, wir brauen das Bier genauso wie unser Fastmoker, also unser Pilsner Bier. Wir haben gleiche Malze, gleiche Hopfengabe, gleiche Maischführung und so weiter und nur sozusagen im letzten Schritt tauschen wir einmal die Lagerhefe gegen eine Weizenhefe, eine, ja, obergärige Hefe. Und heraus kommt dann einfach so ein Bier, was einem Weizen ähnelt, aber wo der Körper einfach nicht so massiv ist. Also es ist ein Durstlöscher. Beim Weizen haben ja die Allermeisten eher so das Gefühl, eine Mahlzeit zu sich zu nehmen, hat man hier tatsächlich immer noch dieses Erfrischende von einem Lager, dieses Durstlöschende, aber eben mit den Aromen von einem Weizenbier.

Markus: Woah! Also das ist eine sehr, sehr coole Idee. Also ich lese mir immer bewusst die Dinge nicht vorher durch, damit wir möglichst unbedarft an den Podcast rangehen. Ich muss wirklich sagen, ja, also finde ich jetzt ganz spannend, weil auch, wie du es erklärt hast, dann geht man dann auch so ein bisschen durch. Das heißt also, in der Nase hat man dann tatsächlich erst mal die fruchtigen und Bananennoten. Wenn man dann anfängt zu trinken, ist es in der Tat erst mal mehr oder weniger wie ein Pils, also hat dann auch eine ordentliche Bittere. Aber dann kommt eben auch eine Süße und dann ist man wieder so ein bisschen bei dem Weizenthema Zuhause. Und es ist sehr weich, sehr cremig auch im Mund, das ist ganz angenehm vom Mundgefühl. Und es ist eben nicht so satt wie jetzt so ein klassisches Weizen, wie du schon gesagt hast, das macht einen nicht satt, sondern das ist echt ein schönes Getränk. Und ich finde wirklich diese Balance aus einerseits die Süße, die dann da ist und andererseits der Hopfen, der sich doch deutlich bemerkbar macht, das ist eine sehr schöne Kombination, also dass dann hintenraus auch so ein bisschen miteinander jeweils spielt oder gegeneinander ankämpft. Und dann ist es auch schön am Ende, dass der Mund wieder frisch ist für den nächsten Schluck. Also sehr angenehm, sehr spannende Idee, muss ich sagen.

Fiete: Schön.

Markus: Wahnsinn! Und du hast wirklich identisch das Pils-Rezept durchgebraut, nur die Hefe dazu sozusagen?

Fiete: Ganz genau, ja, also die Hefe tauschen wir aus. Beim Fastmoker, da stopfen wir dann noch ein bisschen Hopfen ins Jungbier mit rein. Das machen wir hier nicht, weil der Hopfen dann einfach die Weizenaromen überlagern würde, also das wäre dann zu viel. Aber ansonsten, wie gesagt, von der Malzschüttung und vom Maischen her identisch und auch von der Bitterhopfengabe.

Markus: Ja und ich finde, wie gesagt, es ist schön harmonisch. Also hätte ich jetzt, ehrlich gesagt, wenn mir das jetzt irgendjemand so erzählt hätte da draußen, ich hätte jetzt heute Nachmittag irgendeinen Brauer getroffen und der hätte gesagt, naja, ich habe mal eine Idee, ich mache mal mein Pils-Rezept und am Ende mache ich das mit Weizenhefe, hätte ich wahrscheinlich gesagt, ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist. Aber jetzt weiß ich, dass es eine ist, also sehr, sehr schön, coole Sache. Na, dann lass uns doch noch ein bisschen zu dir selber kommen. Wie kommt es denn, dass du überhaupt Braumeister geworden bist? Was waren denn vorher so deine Gedanken, hast du vielleicht ganz was anderes vorgehabt oder wie kamst du zum Bier?

Fiete: Ja, also eigentlich war das seit meinem 15. Lebensjahr eine ziemlich konstante Linie. Mit 15 habe ich hier in Hamburg ein Praktikum als Brauer und Mälzer gemacht, 6 Wochen Schulpraktikum war das. Und danach war ich eigentlich von dem Thema angetan und bin da drangeblieben, habe noch Abitur gemacht und mich danach direkt auf eine Ausbildungsstelle beworben. Und die habe ich dann auch gekriegt und dann meine Lehrer zum Brauer und Mälzer durchgezogen und im Anschluss dann gesagt, okay, in der Industrie weiß ich jetzt, wie es läuft, jetzt würde ich gern mal wissen, wie kleinere Handwerksbrauereien, ja, ihren Betrieb führen und wie das da abläuft. Weil man doch in der Industrie insgesamt ein bisschen desillusioniert wird, schweres Wort.

Markus: Illusioniert, glaube ich, irgendwie so.

Fiete: Genau. Was einfach mit dem Thema Reinheitsgebot und so weiter, was einem da in der Werbung doch alles mitgeteilt wird so unter anderem. Mein Vater oder beziehungsweise mein Patenonkel, der hat immer viel Bier getrunken, weil Bier ja so gut für die Haut sein soll. Und da meinte ich zu ihm, ja, aber das, was ja eigentlich gut für die haut sein soll, ist ja die Hefe im Bier und das Bier, was du trinkst, da ist ja überhaupt gar keine Hefe drin. Und er so, wie, da ist keine Hefe drin? Ich sage, ja, guck doch mal auf die Zutatenliste, die Hefe ist rausfiltriert. So und das als Beispiel, glaube ich, als bekanntestes Beispiel. Aber es wird eben viel in der Industrie gemacht, was wir mit unserem Bier nicht machen und was ich eben in der Ausbildung gesehen und gelernt habe, wo ich aber gesagt habe, also das ist nicht Bier für mich, sondern das ist ein Industrieprodukt.

Markus: Und dein Patenonkel spricht noch mit dir oder hat noch mit dir gesprochen danach?

Fiete: Ja, der trinkt jetzt unser Bier, also das hat gut funktioniert.

Markus: Perfekt. Also das heißt, im Grunde so die ganze Familie fand die Idee auch von Anfang an gut, auch deine Geschwister und so und freuen sich jetzt über dich?

Fiete: Ganz genau, doch, doch, doch. Also ich habe ja eine relativ große Familie, was den Einstieg dann gemacht hat, weil große Familie heißt ja auch, wenn es denen schmeckt natürlich nur, auch gleich eine große Kundschaft. Genau und das hat doch den Meisten gemundet und viele davon trinken eigentlich fast nur noch unser Bier. Natürlich ist man mal auf Festen irgendwie unterwegs, jetzt grade ist ja in Hamburg der Hafengeburtstag, wo es leider noch nicht überall Wildwuchs zu trinken gibt, aber dann greift der ein oder andere doch noch mal zu einer etwas größeren Brauerei, gezwungenermaßen, aber in der Regel so Zuhause steht bei den Meisten Wildwuchs im Kühlschrank, ja.

Markus: Ja, das ist doch sehr vorbildlich. Und, ja, ich muss auch sagen, wie gesagt, ich war grade erst in Hamburg, also Montag, Dienstag, deswegen konnte ich auch bei dir nicht vorbeikommen, weil du ja immer nur am Wochenende offen hast. Aber ich war da auf einer Messe der OMR, oder war das Dienstag, Mittwoch, also auf jeden Fall so und ich wäre gerne noch geblieben, weil den Hafengeburtstag hätte ich mir so gern mal angeschaut. Also müssen wir eh gleich noch ein bisschen über Hamburg sprechen, da hast du ja bestimmt auch viel zu erzählen. Vielleicht noch ganz kurz, weil, wie gesagt, kennengelernt hatten wir uns ja damals, weil du mit dem Oli zusammen das Kehrwieder aufgebaut hast. Wenn du magst, also nicht, dass du musst, aber wenn du magst, kannst du uns da noch ein bisschen was erzählen, wie das dazu kam und was du da mitgenommen hast aus der Zeit

Fiete: Ja, also wir waren ja im Nachhinein gar nicht so lange zusammen unterwegs. Genau, also wir haben uns ja getroffen und hatten quasi die ähnliche Idee. Ich war grad auf Menorca, habe da bei der Es Moli de Foc, war ich Braumeister und hatte eigentlich mein Ticket schon nach Chile gelöst. Aber ein Kommilitone von mir, der hat Oli auf den Cayman Island kennengelernt, also mein Kommilitone war inzwischen auf den Cayman Island Braumeister und Oli kam da vorbei, weil er da selber früher gearbeitet hat. Und dann erzählte mein Kommilitone ihm, ja, Fiete will eine Brauerei in Hamburg aufbauen. Und daraufhin meldete Oli sich dann bei mir und sagte, ja, ich habe gehört, du willst eine Brauerei in Hamburg machen, ich habe eine ähnliche Idee oder ich habe die gleiche Idee, wollen wir das nicht zusammen machen? Und dann haben wir gesagt, ja gut, dann lass uns doch mal gucken, was Hamburg kann. Und deswegen habe ich dann das Ticket nach Chile storniert. Also Chile war sozusagen so mein nächstes Ziel gewesen und dann tatsächlich, wenn ich da ein paar Jahre gemacht hätte, wäre ich dann wieder zurück nach Hamburg. Und so kam Oli dann quasi, hat er gesagt, lass uns das jetzt machen, ist jetzt eine gute Zeit dafür. Ja und dann haben wir eben, ja, zusammen hier gestartet, nach Flächen gesucht. Und nach zwei Jahren, also wir waren nicht so weit, dass wir eine Fläche gefunden hatten. Wir hatten ein Angebot auf Brauanlage vom Bleckeder Brauhaus zu brauen und ich war dafür, Oli nicht und deswegen habe ich dann hier losgelegt.

Markus: Und sozusagen dein eigenes Ding durchgezogen. Und ist ja auch wunderbar, was draus geworden ist, das finde ich ja am allerbesten, also das ist ja sehr schön, die ganze Vielfalt zu sehen. Und, ja, das war damals halt auch eine Zeit, wo eben so, ich weiß gar nicht, ob es eine Definition dafür gibt, aber es war so die erste Welle, in Anführungsstrichen, von Brauereigründungen im Zuge dieser aufkommenden Craft-Beer-Revolution, in Anführungsstrichen. Ist ja alles schwierig, diese Begriffe so zu verwenden, aber so ungefähr, wo halt dann einfach wirklich Leute versucht haben, mit dem Thema sich dann eben da wirklich was aufzubauen, was umzusetzen. Und was du auf jeden Fall natürlich gemacht hast ist, deinen Pflock da einzuschlagen und dadurch auch im Grunde schon die Duftmarke zu setzen, die ja dann letzten Endes zu dem geführt hat, was du heute tust. Also, ja, toll.

Fiete: Ja, vielleicht sagen wir am besten so, wir haben ja damals geschrieben, wir machen das wie die Hefezellen, wir teilen uns und dadurch wird einfach ein bisschen mehr Vielfalt noch in den Markt gespült so. Weil, wir hatten schon ein paar Differenzen und dann haben wir gesagt, ja, es ist besser, wir machen getrennte Wege so, deswegen.

Markus: Das ist doch auch ganz normal. Ich denke, das weiß auch jeder, der im Leben schon mal eine Beziehung hatte oder Freundschaften hatte oder wie auch immer, Menschen entwickeln sich halt. Und wenn man zu einem gewissen Zeitpunkt zusammenkommt, dann ist man vielleicht auf einer Linie, aber ab diesem Zeitpunkt entwickeln sich ja in der Regel auch nie beide parallel, sondern jeder entwickelt sich halt in seine Richtung weiter. Und das kann zusammenpassen, muss es aber nicht und dann ist es auch völlig in Ordnung, wenn man irgendwann sagt, okay, da ist jetzt halt ein Punkt, wo es sinnvoller ist, dass jeder so Seins macht. Und ich denke, also ist wirklich normal und auch gut so, ehrlich gesagt. Und wenn man die aktuellen Entwicklungen sieht, ist ja Oli mittlerweile nach Bayern, hat sich das ja noch mal in völlig andere Richtungen entwickelt. Also mein Gott, also wie gesagt, ich fand das nur einfach damals schön bei euch beiden, einfach diesen Enthusiasmus zu erleben und diese Freude an dem Thema unterm Strich und eben die Kreativität und diese Aufbruchstimmung rund ums Bier. Und aber auch diese Liebe zu Hamburg, weil das einfach auch ein wichtiger Punkt war, wie in Deutschland ja erst al so ein bisschen fremde Bierbewegung Heimat gefunden hat dadurch, dass sich Leute von vor Ort der Sache angenommen haben. Und ich denke mal, das bist du ja bis heute, ein Hamburger Botschafter für dieses Thema Bier und das ist einfach ganz großartig. Und, genau, deswegen will ich unbedingt auch noch ein bisschen über Hamburg mit dir sprechen. Aber ich muss sagen, ich bin schon wieder durch mit dem Bier. Es tut mir leid, aber die fränkische Trinkgeschwindigkeit ist dann immer so ein bisschen, ich bemühe mich ja zurückzuhalten, aber wir brauchen ein neues Bier.

Fiete: Ja und du bist auch größere Biere in der Regel gewohnt, ne?

Markus: Das stimmt allerdings, ja. Also zumal, das kann man ja hier auch noch mal lüften, dieses Geheimnis, wir haben heute den Tag nach Christi Himmelfahrt und wir haben ja bei uns in Bayern diese Tradition, dass man an Christi Himmelfehart doch unterwegs ist und mal das ein oder andere Bier genießt. Und es gibt hier in Bamberg eine Gesellschaft, eine Ritterschaft sogar, eine selbsternannte Ritterschaft, die jedes Jahr auf Tourt geht sozusagen zur Himmelfahrt. Und das ist aber eine einigermaßen vernünftige Veranstaltung, das heißt, man hat auch Kultur und ein bisschen Wanderung und ein bisschen Natur und so und natürlich auch das ein oder andere Bier. Also insofern habe ich da gestern schon ein bisschen mich durch Franken getrunken, aber freue mich total, jetzt hier mal den Wildwuchs zu haben und eben auch so ein bisschen die Kontraste und andere Ansätze. Und ich meine, hier ist es sehr gutes Bier, aber doch in gewisser Weise auch ein bisschen einheitlich und das ist da natürlich anders. Also, genau, so, lange Rede, nicht so viel Sinn, aber was trinken wir denn jetzt?

Fiete: Ja, vielleicht noch eine kurze Frage, wie lange wird das gehen? Wir haben ja jetzt noch eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs Biere vor uns und wenn du sagst so, eine Dreiviertelstunde, Stunde soll es sein, dann haben wir nicht mehr so viel Zeit.

Markus: Also ich bin ja immer flexibel, es kommt drauf an, ob du noch einen Termin im Anschluss hast.

Fiete: Nee, also geht. Die Hörer, wenn die sagen, oh.

Markus: Na, die müssen sich das dann aufteilen. Also normalerweise, liebe Hörer, hätten wir das jetzt rausgeschnitten, aber wir lassen das jetzt einfach mal drin, damit ihr eben seht, wie das so ist. Nein, also ich denke mal, meistens ist es so, grade bei den längeren BierTalks, das hören die Leute in der Regel sowieso nicht am Stück, sondern man hat vielleicht die 20 Minuten, wo man mal spazieren geht oder einkaufen geht oder sonst irgendwas macht und dann sind ja auch zwei Wochen Zeit, sich so eine Folge anzuhören, dann geht das so Stück für Stück. Oder wenn die sich eben die Biere auch besorgen, also wir werden natürlich in den Shownotes auch den Shop verlinken von Wildwuchs und so weiter, das heißt, ihr könnt euch all die Biere natürlich Nachhause bestellen oder persönlich abholen und dann eben auch mit uns mit verkosten. Und dann kann das vielleicht auch Sinn machen, dass eher Stück für Stück zu machen als alles auf einmal. Also wenn du kannst, ich kann.

Fiete: Ich kann auch.

Markus: Gut, na dann.

Fiete: Sutsche Witbier.

Markus: Okay, sehr schön, ein grünes Bier, also zumindest vom Etikett her, wunderbar. Uih! Also auch wieder ein Schaumwunder, sehr, sehr schöner, richtig fester, ganz feinporiger Schaum, der auch ganz lange hier stehenbleibt, oben auf meinem Glas hier, ganz toll ausschaut. Drunter ein ganz helles, leuchtendes, strahlendes hellgelbes Bier, wunderbar.

Fiete: Ja, schon ganz schön blank, also der Bodensatz bleibt in der Flasche, den müsste man ein bisschen aufschütteln.

Markus: Ja, bei mir ist es nicht so, weil ich sie vorhin, also zumindest bis auf die eingewickelte Flasche, hatte ich alle liegend gelagert, dementsprechend habe ich sie jetzt ja quasi grade erst hingestellt.

Fiete: Sehr gut.

Markus: Dadurch ist das hier in der Tat nicht, der Bodensatz. Aber es ist ja auch ein Qualitätsmerkmal, wenn du einen Bodensatz hast, weil das ja heißt, dass hier wirklich Hefe auch zu Boden sinkt. Für die Hörerinnen und Hörer da draußen natürlich, macht es genauso, dreht die Flasche entweder einmal ganz langsam um, bevor ihr sie aufmacht oder lagert sie eben auch liegend oder, da gibt es ja noch diesen Handgriff, dass ein bisschen zu schwanken, auf jeden Fall nehmt die Hefe mit rein bei diesem Bier.

Fiete: Genau, ein Witbier, ich denke, das ist auch vielen inzwischen geläufig. Also da kennst du dich, glaube ich, besser aus, in Belgien mit Bieren, eine ursprünglich belgische Brauart.

Markus: Ja, also im Grunde ein sehr komplexer Bierstil, wenn man ihn in sich komplett verstehen wollen würde, das müssen wir jetzt nicht. Aber nur so kurz abgekürzt, im Grunde fußt es auf der Basis halt eines Bieres, was man mit Weizen, sogar mit sehr viel Rohfrucht gebraut hat. Und ursprünglich, das war mit eins der ersten Biere überhaupt, die es in der belgischen Ecke gab. Weizen war deswegen so viel da, weil einfach das fruchtbare Rheindelta so viel Weizen auch geliefert hat, dass man da auch Bier draus brauen konnte, nicht nur Brot gemacht hat. Und was dann eben das Spannende ist, dass in den, genauen Jahre weiß ich nicht, 60er oder 70ern, hat dann Pierre Celice in Hoegaarden diesem Bier diese ganz besondere Wendung gegeben mit eben Koriander und Orangenschalen, das, was wir eben heute unter dem belgischen Witbier verstehen. Und das macht es so spannend, weil das einfach diese sehr frischen, schönen Orangennoten sind. Also er hat damals Curacao-Orangen verwendet von dieser niederländischen Karibikinsel und dann eben Koriander, der ja auch so ein bisschen was Blumiges hat und hinten raus aber auch dann die Bittere schön auffängt. Und ein relatives leichtes Bier, dadurch einen schöne Twist gibt so, dass man das als Sommerbier wunderbar verwenden kann. Ich bin ein großer Fan von Witbier, aber ich finde es immer sehr schwierig, dass gut zu balancieren, dass diese Frucht- und Koriandernote nicht alles überdeckt und man da nur so einen sehr seifigen Eindruck hat, dass es eben noch ein Bier bleibt. Aber, soweit ich bis jetzt schon gerochen habe, haben wir das auf jeden Fall hier.

Fiete: Nicht überdeckt, oder?

Markus: Ja, ja, also dass man alles hat. Also wenn ich hier reinrieche, geht es erst mal wirklich eher mit den floralen Noten vom Koriander los, der ist so das Erste, was bei mir ankommt, der bleibt auch relativ lang. Und dahinein drehen sich dann so ein bisschen diese Citrusaromen und ich habe da tatsächlich eine sehr reife, sonnige Orange vor meinen Augen und so ganz im Hintergrund bleibt aber dann trotzdem noch ein bisschen Platz auch für ein bisschen Malzcharakter, so ein bisschen so Weißbrot, ja, so ein helles Brötchen, irgendwie so eine leichte Kornnote und das passt aber auch ja schön. Also insofern, ja, also ich kann alles erkennen mit der Nase, was dazu gehört und das ist schön, dass es eben nicht nur, bum, Orange oder nur, bum, Koriander und das war es dann, oder sehr süß, was es ja oft auch ist, das ist hier sehr schön.

Fiete: Danke schön, das hätte ich nicht besser beschreiben können.

Markus: Danke!

Fiete: Genau, also das ist tatsächlich bei uns entstanden, weil ich einfach selber ein großer Fan bin von Witbieren und ich vielleicht keinen kenne, der das in Bio herstellt, zumindest aus unserer Ecke hier. Und es ist tatsächlich ein Bier, eins, von dem ich eigentlich immer was trinken kann. Ich werde ja viel gefragt, welches ist denn mein Lieblingsbier und ich sage immer, kann ich gar nicht so sagen, also von unseren jetzt oder überhaupt, weil es doch immer situationsabhängig ist. Und weil es immer, ob man nun mittags ein Bier trinkt oder abends ein Bier trinkt, ist ja auch ein großer Unterschied oder ob draußen 25 Grad sind oder nur 2 oder so. Und das hier ist aber tatsächlich eins, was ich das ganze Jahr über doch immer gerne mal so zur Erfrischung konsumiere.

Markus: Ja, also das kann ich voll nachvollziehen und ich finde, im Mund setzt sich das Ganze so ein bisschen fort. Was ich ganz spannend finde für mich, sind diese intensiven ätherischen Öle. Also da schwanke ich grade noch, ob die eher von der Orange kommen oder eher vom Koriander oder vielleicht auch beides, aber das finde ich auf jeden Fall ganz toll im Nachklang, wie lange das bleibt, wie lange man das noch auf der Zunge sozusagen hat, das finde ich sehr intensiv, muss ich sagen. Kannst du sagen, ob es eher Orange oder Koriander ist oder ist es beides?

Fiete: Also dadurch, dass ich weiß, dass wir beides zu gleichen Anteilen drin haben, also ein bisschen mehr Koriander tatsächlich als Orangenschale, aber nicht großartig, würde ich tatsächlich darauf tippen, dass es von beiden kommt. Ja, wir arbeiten hier mit Koriandersamen und die Orangenschale, also ich habe das erste Mal Witbier auch auf Menorca gebraut, sozusagen im Auftrag meines damaligen Chefs da und damals haben wir mit Orangenschalenstückchen gearbeitet. Also im Grunde genommen so, wie du sie von der Schale runterpullst, aber in getrockneter Weise. Und wir machen hier, weil ich das noch aromatischer finde, dass so, dass wir die Schale noch mal malen, also das wir wirklich richtig Pulver, also Orangenschalenpulver am Ende haben. Und auf die Weise, finde ich, ja, hat man am Ende mehr, wie du sagst, von diesem Floralen, von diesen ätherischen Ölen dann am Ende im Bier mit drin.

Markus: Und bleibt das dann letzten Endes auch im Bier oder wird das mit irgendeinen der natürlichen Filtrationsprozesse wieder mit rausgenommen?

Fiete: Die Schale und die Orange?

Markus: Ja, also wenn es das ein Pulver ist. Weil, wenn du es als Pulver zugibst, dann löst sich das ja wahrscheinlich ziemlich gut auf oder?

Fiete: Ja, genau, also es sinkt genauso wie die Hefe zu Boden. Und alles, was zu Boden sinkt, ziehen wir dann halt über den Bodensatz mit raus. Wir haben ja unsere Reifung des Bieres, also das Bier liegt 3 Wochen lang bei uns im Tank nach der Gärung und alles, was da zu Boden sinkt, ja, das kommt dann eben mit raus. Aber in dem Bodensatz, den wir hier unten in der Flasche haben, oder wie bei dir, du hast es ja ein bisschen trüber, da kann durchaus Orangenschale oder auch Koriander noch mit drin sein, ja.

Markus: Also es kann sich auch mit der Zeit vielleicht sogar noch ein bisschen weiterentwickeln, also finde ich cool. Und vielleicht auch als Hinweis, dass ist gar nicht so normal, dass jemand sagt, ich lagere mein Bier über 3 Wochen. Da gibt es viele Brauereien, die das so nicht machen und das dann auch so nicht funktionieren kann. Also insofern sehr, sehr gut und gibt dem Bier natürlich auch Zeit, sich zu harmonisieren und ein schönes Aroma auszubilden, was grade mit diesen ganzen verschiedenen Komponenten natürlich wichtig ist, dass die sich eben zusammenfinden und am Schluss da sind. Also was ich auch sehr gerne mag, es hat mit diesen 5,2% auch einen schönen alkoholischen Charakter, der auch gut ist, der sehr frisch das begleitet, diesen ganzen Aromen. Schönes Witbier, wirklich sehr gelungen. Und ich glaube, also ich habe zumindest noch kein anderes Bio-Witbier bewusst getrunken. Also vielleicht unbewusst, ich kann jetzt nicht sagen, das gibt es gar nicht, aber ich kann mich zumindest nicht an eins erinnern, sagen wir es mal so.

Fiete: Ja, genau, ich kenne auch keins so. Und zur Lagerung, also hier bei dem Witbier, genau, da machen wir 3 Wochen Lagerung bei den Bieren, aber hier wollen wir eben auch ein bisschen Bodensatz in der Flasche haben. Bei unseren Lagerbieren, beim Pils, zum Beispiel Fastmoker oder auch beim schlanken Lager, da haben wir eher Lagerzeiten von so, ja, 4 bis 5 Wochen. Also da sind wir noch ein bisschen länger im Tank.

Markus: Noch ein bisschen drüber, das ist ja auch gut so, also für untergärige Biere sowieso. Noch ganz kurz, es heißt ja eigentlich Sutsche, was heißt denn das?

Fiete: Sutsche, ach so, Sutsche ist so, ja, mach mal ein bisschen sutsche, mach mal ein bisschen gemütlich so, entspann dich einfach mal, so.

Markus: Chill die Basis, so ungefähr.

Fiete: Genau, ja. Heute mache ich mal sutsche, heute mache ich mal einen ganz gemütlichen Tag.

Markus: Wie machst du das denn mit den Behörden? Weil, wir hatten ja vorher schon das Thema Reinheitsgebot, das ist ja definitiv kein Reinheitsgebotsbier. Bist du da auch zu denen gegangen, hast gesagt, mach mal sutsche hier oder wie seid ihr da übereingekommen?

Fiete: Genau, ich habe denen geschrieben, hier, ich will ein Witbier machen, mach mal sutsche bei euch. Nein, wir haben ja hier in Hamburg ein relativ, ja, unkompliziertes Verfahren, sage ich mal so. Wenn wir besondere Biere brauen wollen, dann gibt es ein Formular, das müssen wir ausfüllen. Da schreiben wir rein, ja, also im Grunde genommen die Angaben der Rohstoffe in Gramm pro Liter, vom Malz angefangen, über den Hopfen, bis hin dann zu den besonderen Zutaten, muss alles aufgeführt werden. Das wird eingereicht, dann wird das geprüft, dann gibt es vielleicht noch mal eine Korrektur, in der Regel hatte ich das in letzter Zeit eher nicht. Und dann gibt es eine Rechnung und dann dürfen wir brauen.

Markus: Und Korrektur würde heißen, die korrigieren was am Rezept oder an dem, wie du das deklarieren sollst?

Fiete: Ja, also Deklaration, da kümmern die sich eigentlich weniger drum. Also es darf halt nur Bier draufstehen, wenn es auch eine Genehmigung hat, ansonsten muss ein Bier Mischgetränk eben sein, wenn es denn ein Biermischgetränk ist, das ist ja auch wieder definiert. Also ich kann halt nicht, hier in diesem Fall geben wir ja auch schon die Orangenschale und den Koriander, der landet zum einen im Whirlpool, zum anderen kommt der noch mal mit in die Gärung mit dazu beziehungsweise am Ende der Gärung und das ist dann per Definition kein Biermischgetränk mehr, weil es mit verbraut wird, die besondere Zutat und deswegen dürfte ich hier nicht Biermischgetränk draufschreiben. Und bei anderen Bieren schreiben wir eben Biermischgetränk drauf, dann brauche ich gar keinen Behördengang machen. Aber was war deine Frage?

Markus: Das weiß ich auch schon nicht mehr. Nein, Quatsch. Aber was mir grade einfällt, natürlich, also das Biermischgetränk macht das Leben natürlich auch immer etwas leichter. Aber das bedeutet, dass man eben ein fertig produziertes normales reinheitsgebotskonformes Bier mit irgendwas anderen danach mischt, da kann man ja alles Mögliche tun. Die Frage war halt einfach nur, wie entspannt oder wie sutsche die da in Hamburg mittlerweile sind? Aber offensichtlich habt ihr da einfach eine gute Lösung gefunden, das ist ja schön.

Fiete: Genau, also nach Nachfrage, hattest du gesagt, also wir haben gleich, werden wir gleich noch mal trinken, unser Broid. Da musste ich tatsächlich ein bisschen mehr mit denen, ja, hin- und herschreiben, ein paar Dinge klarstellen, weil wir da mit Brot arbeiten anstelle von Malz. Und was ich nicht wusste, wo es, glaube ich, auch keinen Hinweis in irgendwelchen Gesetzen zu gibt, ist, dass der Anteil des Brotes die Bierkategorie nicht verändern darf. Also ich darf aus einem Vollbier nicht ein Starkbier machen mithilfe der besonderen Zutat, in diesem Fall Brot. Und da musste ich dann eben die Rezeptur noch mal ein bisschen ändern, die Gesamtschüttung reduzieren, sodass ich entweder gleich beim Starkbier lande oder beim Vollbier bleibe.

Markus: Praktisch das man sagt, man darf durch die Zugabe von potenziell vergärbaren anderen Zuckerlieferanten, sagen wir mal so, jetzt nicht den steuerlichen Charakter des Bieres, das eben vorher als eben Vollbier oder Starkbier eingebraut wird, verändern. Das ist ja auch interessant. Ich habe mal gehört, dass es mit Brot gar nicht so einfach ist, weil es ja auch immer drum geht, also zumindest manche haben ja am Anfang die Überlegung gehabt, wir nehmen einfach Brot, was in der Bäckerei übrig ist, was die nicht mehr verkaufen können. Und dann war zumindest mal die Diskussion, dass man eben sagt, wenn dieses Lebensmittel praktisch, ich sage mal salopp gesagt, abgelaufen ist, also nicht mehr in den Verzehr gebracht werden soll, dass man damit dann eben eigentlich auch kein anderes herstellen darf, was dann wieder verzehrbar sein soll. Also irgendwie, das war auf jeden Fall ziemlich kompliziert. Das war, als hier der Erste mal auf die Idee kam, in Franken so ein Brotbier zu machen. Mittlerweile geht es ja, mittlerweile gibt es das auch, aber das war damals eben eine große Diskussion, ob man mit einem quasi nicht mehr verkaufsfähigen Brot ein verkaufsfähiges Bier herstellen kann. Naja, egal. Aber ihr merkt schon, liebe Hörerinnen und Hörer, es ist nicht so einfach.

Fiete: Ja, aber das Brot, was wir jetzt verwenden, das ist ja noch verkaufsfähig, es ist halt nicht mehr vom Kunden gewünscht. Also wenn ich zum Bäcker gehe oder die Meisten zum Bäcker gehen, dann wollen die ja ein frisches Brot kaufen und nicht eins, was schon 3 Tage alt ist so.

Markus: Ja, natürlich, nur das war eben damals der Gedanke. Also dieser Erste, der auf die Idee kam, hat halt gesagt, naja gut, wir schmeißen so viel Brot weg und eigentlich wäre es doch sinnvoll, wenn wir damit noch irgendwas Sinnvolles machen und dann lass uns doch Bier damit machen, das war die damalige Idee eben. Und dann haben die Behörden eben so als erste Reaktion gesagt, nee, also wenn das Brot ist, was ihr normalerweise wegwerfen würdet, sage ich jetzt mal so, dann könnt ihr daraus eben kein Bier brauen. Aber die Diskussion, wie gesagt, die ging dann weiter, ich habe die gar nicht weiterverfolgt und mittlerweile gibt es solche Biere ja auch bei uns. Also apropos, wollen wir es vielleicht auch gleich aufmachen, wenn wir schon drüber reden?

Fiete: Ja, wo wir grad dabei sind.

Markus: Es schadet ja nicht. So, Moment. So, also farblich passt es auf jeden Fall sehr gut zum Witbier, auch ein richtig schön Helles. Noch ein Ticken heller, würde ich fast sagen, sehr, sehr sonnig und auch wieder ein schöner Schaum.

Fiete: Und hier hast du hoffentlich auch den Bodensatz mit drin.

Markus: Ja, ja, ist komplett trüb oder geheimnisvoll, würde ich ja sagen, also es schimmert so, scheint, leuchtet. Und viele, viele fruchtige Aromen, so süße Tropenfrüchte, Pfirsich, aber auch ein bisschen so beerige Geschichten, also sehr harmonisch auf jeden Fall, schön von der Nase her. Ist es außer dem Brotanteil ganz normal oder habt ihr da noch irgendwelche anderen Tricks, Kniffe, besonderen Zutaten, sonst irgendwas verwendet?

Fiete: Also wir haben noch Haferflocken mit drin, also Wasser, Gerstenmalz, Brot, Haferflocken, ja und das ist eigentlich der Malzkörper, wenn du so willst. Und dann haben wir natürlich noch Hopfen, da eine ganze Menge drin und auch hopfengestopft.

Markus: Ja, also bei dem Hopfen, finde ich, es geht sehr in diese gelben Früchte so eben, also Pfirsich, Maracuja, ein bisschen, was weiß ich, Honigmelone, ein bisschen Citrus natürlich auch und so im Hintergrund hat man dann auch noch ein bisschen, ja, fast so eine erdbeerige Note vielleicht noch, aber auf jeden Fall sehr komplex und sehr rund, also finde ich sehr spannend. Was sind das für Hopfen, die da drin sind?

Fiete: Ariana, Cascade, Hüll Melon und Mandarina Bavaria, also im Grunde genommen alles, was du aufgezählt hast.

Markus: Cool. Also Mandarina magst du oder, als Hopfen?

Fiete: Ja, Mandarina mag ich, ja, den setzen wir viel ein. Zum einen, weil er wahnsinnig gut schmeckt, zum anderen, weil unser Hopfenlieferant, der Bio Friedrich, eben den auch viel anbaut. Also wir haben ja als Bio-Brauerei, müssen wir ja Bio-Hopfen verwenden und da ist es auch tatsächlich so, dass wir da schon ein paar Jahre ein bisschen Knappheit hatten am Hopfenmarkt. Und deswegen haben wir dann zwischendrin unsere Bitterhopfengabe auf Mandarina Bavaria umgestellt bei vielen Bieren, weil der eben verfügbar war. Aber, unser Bock Orange, kennst du ja auch, das ist ja eins unserer allerersten Biere, das habe ich tatsächlich bewusst mit Mandarina Bavaria gebraut, weil ich den Hopfen einfach auch wahnsinnig gerne mag.

Markus: Also ich finde den auch toll, sowohl von der Sensorik als auch als Pflanze so. Weil, also zumindest, soweit ich das gelernt habe oder erfahren habe, ist Mandarina Bavaria ein Hopfen, der sehr, sehr gut mit den ganzen klimatischen Schwankungen zurechtkommt und auch mit Trockenperioden zurechtkommt und auch verhältnismäßig resistent gegen alle möglichen Schädlinge und so weiter ist. Und eigentlich auch einer der Hopfen, den man als Hopfenbauer jetzt im Grunde anbauen sollte, weil der am besten wohl damit zurechtkommt, was grade eben die Trockenheit in Deutschland und so weiter angeht. Und da kann ich mir vorstellen, dass grade deswegen vielleicht auch viele Bio-Bauern auf Mandarina setzen, weil sie da wissen, okay, da habe ich einen gewissen Ertrag, der ist relativ stabil.

Fiete: Ja, ja, genau, ja, genau, wahrscheinlich. Also da haben wir eben, wie gesagt, eine gute Verfügbarkeit. Und, ja, das ist ja eine Züchtung aus, jetzt muss ich nachdenken, Cascade ist auf jeden Fall mit drin und war denn die zweite noch?

Markus: Also das müsste ich auch nachlesen, aber es ist auf jeden Fall, also Mandarina Bavaria hat auf jeden Fall auch eine spannende Geschichte. Und überhaupt, und das ist vielleicht was, wo sich alle mal damit beschäftigen können, wie Hopfenforschung an sich funktioniert, wie komplex das ist. Und allein in Deutschland, wie lange es gedauert hat, bis unser Hopfenforschungsinstitut wirklich mal richtig gute Ergebnisse hervorgebracht hat, aber Gott sei Dank tut es das ja jetzt. Und Ariana ist auch ein Beispiel dafür, finde ich. Und, ja, also hier ist es wirklich, die Mischung ist sehr, sehr gelungen. Ich finde auch hier wieder den Körper fast ein bisschen ähnlich zum Witbier. Also verhältnismäßig schlank, eine klare leicht alkoholische Note, die ja auch dazu gehört und das mischt sich dann sehr schön mit diesen ganzen fruchtigen Hopfenaromen, aber es ist eben nicht so schwer, sage ich mal, wie viele New England IPAs, die auch schon wieder so ein bisschen Richtung Mahlzeit gehen so. Und das trinkt sich hier doch sehr schön weg.

Fiete: Ja, hier finde ich tatsächlich allerdings im Gegensatz zum Witbier eben, dass man ein deutlich weicheres Mundgefühl hat, also das man eher so eine Samtigkeit, ja, vom Mundgefühl.

Markus: Stimmt, da hast du Recht, ja. Wie kamt ihr auf die Idee mit dem Brot?

Fiete: Da kam die Bäckerei zu uns oder auf uns zu, besser gesagt, wir arbeiten da mit der Bio-Bäckerei Bahde zusammen. Sie bekommen von uns Treber, backen daraus ihr Brauerlaib. Und irgendwann meinte er dann so, ej, wie wäre es denn, wenn ihr mit dem Brot, was bei uns liegenbleibt, dann, ja, wieder ein Bier macht? Also so eine Art Kreislaufwirtschaft, also wir machen Bier, die backen Brot, das Brot landet wieder bei uns, wir machen wieder Bier draus. Also so ein, ja, kein geschlossener Kreis natürlich, aber es ist auf jeden Fall ein bisschen was gegen die Lebensmittelverschwendung. Und, ja, das macht Spaß, das Bier. Und auch das Brauen ist natürlich eine ganz andere Geschichte, da würde ich jetzt übertreiben, wenn ich sage, das macht Spaß. Weil wir durch das Brot und natürlich auch durch die Haferflocken einen ziemlich geringen Schmelzenanteil im Läuterbottich haben, also dass ist das Bier, wo wir sprichwörtlich am Ende geläutert sind, wenn wir durch den Läuterbottich durch sind, weil es doch sehr, sehr langsam läuft.

Markus: Da muss viel gerührt werden und gemacht werden und getan.

Fiete: Genau.

Markus: Aber wie kann ich mir das überhaupt vorstellen oder überhaupt in der Entwicklung? Also sagt man dann, okay, ich habe hier eine Schüttung und da habe ich normalerweise soundso viel Kilo Malz und jetzt habe ich halt dieses Brot und da nehme ich vielleicht mal ungefähr genauso viel Brot oder wie auch immer? Rechnet man da und wie geht es dann weiter, nehme ich dann einfach meinen Kessel und schmeiße da ein paar Laibe Brot rein oder wie geht das?

Fiete: Ja, so haben wir das im Grunde genommen gemacht. Also wir haben so eine kleine Versuchsanlage, da gehen 30 Liter, kriegen wir daraus im Optimalfall, 30 Liter Heizwürze, also das ist die Braueule, mit der wir da arbeiten. Und da haben wir ein Brot von Bahde bekommen, haben mit der kleinen Anlage ein bisschen experimentiert, geguckt, wie hoch können wir bei der Anlage gehen, damit am Ende das Läutern überhaupt noch funktioniert? Und die hat dann relativ, ja, schnell, sind wir da an die Grenzen gestoßen. Und dann haben wir gesagt, okay, dann trauen wir uns aber auf der großen Anlage noch mal ein paar Prozent mehr zu und das hat auch funktioniert. Also wie gesagt, ist unser Bier, was wir am längsten läutern aktuell, also wir sind da so um die 4, 5 Stunden dabei. Wir haben ja eine Brauanlage, mit der wir 2.000 Liter Bier, also 20 Hektoliter Bier herstellen können pro Sud. Und während wir bei unserem Pils oder bei unserem schlanken Lager, so auch beim Sutsche, wo ja auch relativ viel Weizen drin ist, da haben wir so Läuterzeiten von um die 1 1/2 bis 2 Stunden, sind wir halt hier bei 4, 4 1/2 Stunden dabei.

Markus: Woah, das ist wirklich lang und jedes Mal ein kleines Stoßgebet, dass es überhaupt klappt wahrscheinlich.

Fiete: Ganz genau, ja.

Markus: Und warum grade ein New England IPA aus dem Brot? Also andere würden vielleicht sagen, ich mache, was weiß ich, ein Rotbier, ein Dunkles, irgendwas, wo diese Brotaromen auch rüberkommen. Wie kam da die Idee?

Fiete: Einfach, weil wir noch ein New England IPA machen wollten. Weil wir noch mal da alles aus unseren Hopfen, die uns zur Verfügung stehen, rauskitzeln wollten und deswegen wollten wir ein New England IPA machen. Und die Kombination aus dem Brot mit den fruchtigen Hopfennoten, also dadurch, dass Brot drin ist, haben wir das Salz, was wir noch mit eintragen und dazu dann eben diese fruchtigen Noten vom Hopfen, musste ich so ein bisschen ans Kuchenbacken denken, wo du dann, wenn du so eine Zitronentarte machst oder wie auch immer, ja auch immer deine Prise Salz mit reinschmeißt, dachte ich, das müsste hier ziemlich gut passen.

Markus: Ja, ich glaube auch, das ist wirklich eine sehr clevere Idee, ähnlich wie vorhin bei dem Kein Weizen!, weil, also das ist eher was Unerwartetes mit einem wirklich guten Ergebnis, also das ist ja keine Frage. Aber ich glaube auch jetzt zum Beispiel, wenn man jetzt an die Bäckerei denkt, jeder erwartet hätte, dass da halt dann ein malzlastiges oder brotaromenlastiges Bier dabei rauskommt, eher ein Dunkles und vielleicht eher ein süßes oder so. Und ich glaube, für die ist das auch dann völlig überraschend, auch für die Kunden, dass sie sagen, Mensch, so ein frisches, fruchtiges, fröhliches, leichtes, schönes Bierchen, was da rauskommt, das ist, glaube ich, da auch noch mal was, wo man, glaube ich, auch Kunden begeistern kann, die vielleicht eine ganz andere Erwartungshaltung von einem Brotbier erst mal haben. Gab es da Rückmeldungen von denen?

Fiete: Von den Kunden?

Markus: Ja und von der Bäckerei, ja.

Fiete: Ja, ja, klar, also durchweg positive Rückmeldungen, sage ich mal so. Weil viele kommen eben so und sagen, ja, wir haben hier ein Brotbier und dann denken die Leute als allererstes so an so einen Brottrunk. Ich weiß nicht, ob du sowas schon mal getrunken hast.

Markus: So ein Kwas oder sowas.

Fiete: Ja, ja, genau, eher was Säuerliches so und, ich sage mal, so ein Nahrungsergänzungsmittel, wenn du so willst. Und dann sind die tatsächlich sehr positiv überrascht, wenn sie doch so ein erfrischend fruchtiges Getränk serviert bekommen.

Markus: Also wirklich eine sehr schöne gelungene Geschichte. Eine Frage vielleicht noch, ist das dann vom Verhältnis her, wenn du sagst, du nimmst vorher, sagen wir mal 10 Kilo Malz, nimmt man dann auch 10 Kilo Brot oder sind das eher 20 Kilo oder eher 5 oder wie kann man sich das vorstellen?

Fiete: Wir haben nur einen Anteil von 15 Prozent Brot mit drin.

Markus: Ja, klar, ich meine, wenn ich jetzt Malz ersetze durch Brot, also ist das dann eher so 1:1?

Fiete: Das ist 1:1, ja.

Markus: Ah ja, okay, interessant. Schön, also vielen Dank, toll, wieder eine interessante, schöne Horizonterweiterung. Womit machen wir weiter?

Fiete: Ja, dann machen wir doch kurz, weil wir grade dabei sind, bei Malzersatzstoffen, machen wir doch mit dem Körbs, mit dem Pumpkin Ale weiter.

Markus: Sehr schön. Na, da bin ich gespannt, schon ewig kein Pumpkin Ale mehr getrunken, mache ich mich gleich mal ran. Sage ich ja immer scherzhaft in der Ausbildung, das ist der einzige echte amerikanische Bierstil und alles andere haben sie ja mehr oder weniger übernommen, aber der Kürbis, das ist ihrs auf jeden Fall. Wobei, das ist dann wieder ein bisschen desillusioniert worden neulich durch einen BierTalk, den ich mit dem amerikanischen ersten Erfinder sozusagen vom Pumpkin Ale gemacht habe und der mir dann erzählt hat, das erste Kürbis-Bier war eigentlich ziemlich grausam und bis er dann festgestellt hat, das Aroma kommt nicht vom Kürbis, sondern er muss einfach nur dieses Gewürz verwenden, was man eben für den Kürbis nimmt. Und dann kann man zwar trotzdem noch Kürbis ins Bier tun, aber das Aroma, was die Leute erwarten, ist dann eben eins, das oft durch Gewürze eher rauskommt als durch Kürbis. das hat mich dann damals etwas desillusioniert. Aber können wir gleich mal sprechen, wie ihr das macht, gucken wir mal. Auf jeden eine schöne richtig satte goldene Farbe habe ich jetzt hier.

Fiete: Ja, genau.

Markus: Und auch wieder einen sehr schönen Schaum.

Fiete: Fast schon so ein bisschen wie ein Kürbis, die Farbe.

Markus: Ja, stimmt, ja, so ein Hokkaido, aber der an der Schattenseite gelegen hat, aber so in etwa, genau, ja. Oh ja, also in der Nase tatsächlich, und erinnert mich aber auch ein bisschen an das Helle von vorhin mit dem Ingwer, hat eine schöne Orangennote irgendwie auch dabei, auch die typischen Kürbisgewürze, so ein bisschen was Nelkiges. Aber riecht auch wieder sehr frisch, finde ich und auch ein bisschen süß fast.

Fiete: Ja, auch leider darf man ja Bier nicht als erfrischend bewerben, aber es ist es, meiner Meinung nach.

Markus: Ja, auf jeden Fall. Also was ich hier auch ganz toll finde, ich habe jetzt grad den ersten Schluck hinter mir, im positiven Sinn, es fängt sehr süß an, ist dann aber sehr schlank und im Abgang hat man dann die Bittere, die da dem wirklich sehr gut tut. Also weil, dann ist man wieder ein bisschen abgeholt und ist wieder auf der Bierseite. Und dazwischen finden all die Kürbisaromen statt, die man sich da so vorstellt. Ja, aber es sind bestimmt auch Gewürze drin oder?

Fiete: Es sind auch Gewürze drin, genau. Wir haben Nelke mit drin, wir haben Anis mit drin, wir haben Kardamom mit drin und auch hier wieder unseren Ingwer vom Hof Wurzelreich.

Markus: Ah, okay, na, dann lag ich ja gar nicht so falsch. Spannend, schön! War das von vorneherein klar oder habt ihr gesagt, der Ingwer, der passt da bestimmt dazu, probieren wir mal?

Fiete: Ja, also als wir das gebraut haben, haben wir gesagt, den hauen wir da auf jeden Fall mit rein. Aber wir hatten, lass mich lügen, ich glaube, zuerst, genau, wir haben zuerst unser Ingwer Bier gemacht und haben dann gesagt, okay, jetzt, wo wir ein Kürbis machen, also ein bisschen Ingwer könnte da eben auch nicht schaden so und dann haben wir da noch eine Note Ingwer mit reingehauen.

Markus: So geht es mir ja beim Kochen, denke ich mir auch, ein bisschen Ingwer kann nicht schaden.

Fiete: Genau, in der Suppe.

Markus: Ein bisschen Ingwer, ein bisschen Zimt geht immer, ja.

Fiete: Kürbissuppe, hast du ja auch viele, die da mit Ingwer arbeiten.

Markus: Stimmt.

Fiete: Und ich glaube, das war unsere Idee dahinter, als wir das gemacht haben. Aber das ist halt auch ein Produkt, wo viele dann sagen, ja, hast du eben selber schon gesagt, also Kürbisgeschmack meintest du ja eben, können sich viele im Bier nicht so richtig vorstellen. Aber der liefert ja in erster Linie, liefert der ja Stärke und das war auch die Idee dahinter. Also damals, als wir das Erste gebraut haben hier, haben wir noch nicht unsere Gerte hier aus Hamburg bekommen, sondern überwiegend aus eurer Ecke oder beziehungsweise aus der Rhön. Mit der Rhöner Mälzerei arbeiten wir von Anfang zusammen, das ist ein guter Partner von uns und die beziehen halt ihre Gerste von sich quasi um den Pudding rum. Und wir haben halt gedacht, naja, wenn wir noch ein bisschen regionaler werden wollen, dann müssen wir einfach auch ein paar Rohstoffe aus unserer Ecke hier verwenden. Und was gab es da im wahrsten Sinne des Wortes naheliegender als Kürbis im Herbst zu verwenden.

Markus: Ja, stimmt. Also ich bin ein großer Freund des Kürbis-Biers, ich mag das sehr gerne. Spannend fand ich, wir haben ja hier bei uns den David Hertl, den du vielleicht auch schon mal gesehen und erlebt hast auf irgendeiner Bierveranstaltung und der hat da auch ganz am Anfang seiner Karriere mal ein Kürbis-Bier gemacht. Und das Spannende war, er hatte damals, glaube ich, noch nicht so wirklich unter Kontrolle, was dann in der Flasche so alles noch passiert. Und ich hatte das dann mal bei einem unserer Bier- und Whiskyseminare und da hatten wir eben einen schönen Kentucky Bourbon und ich wollte da eben das Kürbis-Bier dazu pairen und habe dann diese Flasche aufgemacht und die hatte so viel Druck, dass schon die komplette Flasche im Raum entleert hat. Da war dann der Whisky-Händler auch nur bedingt begeistert, aber auf jeden Fall eine sehr spannende Geschichte. Mittlerweile ist das natürlich beim David auch alles wunderbar. Und hier, muss ich sagen, was mir jetzt auch noch mal sehr auffällt, wo du es gesagt hast, man merkt im Nachtrunk natürlich auch den Ingwer noch mal schön, also diese wärmende Schärfe. Das passt ja auch, das ist ja ein Bier, was eigentlich so im Oktober vielleicht auch angesiedelt ist oder so im Herbst auf jeden Fall, da ist das auf jeden Fall sehr schön. Und der doch eher schlanke Körper, finde ich, wird dadurch noch mal ein bisschen runder.

Fiete: Ja, wird noch ein bisschen untermalt, ja.

Markus: Also macht sich echt gut.

Fiete: Genau, ja, das sind jetzt unsere letzten Flaschen und wird das erst im Oktober, brauen wir es dann wieder. Und dann haben wir wieder 6.000 Flaschen zur Verfügung und die gehen dann eben raus bis sie weg sind. Also ist auch ein saisonales Bier.

Markus: Ja, also wunderbar. Kann man auch den Hörerinnen und Hörern da draußen saßen, unbedingt dann auch mit in euren Warenkorb legen, sobald es wieder verfügbar ist oder wenn es verfügbar ist. Cool! Aber Apropos, ihr braut, man kann auch mit euch zusammen brauen oder?

Fiete: Ja, das definitiv. Also wir bieten zum einen Braukurse an, dass man tatsächlich mal mit uns quasi gemeinsam auf der kleinen Anlage braut. Aber was wir auch viel haben ist, dass Leute uns anschreiben und sagen, kann man mal einen Tag bei euch mitlaufen, so wirklich auf der großen Anlage dabei sein, wie wir dort arbeiten. Und, ja, auch das ist in der Regel kein Problem. Also das ist auch eine unserer Ideen gewesen, als wir die Brauerei hier gegründet haben, dass wir gesagt haben, wir wollen eine erlebbare Brauerei sein und nicht hinter verschlossenen Mauern machen, was wir da wollen so, sondern wirklich, die Leute sollen gucken können, was sie konsumieren.

Markus: Das heißt also, man kann mehr oder weniger einfach vorbeikommen und mal einen Blick hinter die Kulissen werfen und wenn man es vorher ausmacht, eben auch den Prozess miterleben sozusagen?

Fiete: Genau. Also wir produzieren halt immer Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und natürlich hat dann der Brauer oder die grad abfüllen, nicht jetzt ausführlich Zeit, da alles Mögliche zu erklären, aber man kann schon in die Anlage reingucken, gucken, was hier läuft und so weiter. Und wenn man wirklich so einen komplett informativen Tag haben möchte, dann muss man einfach einen Braukurs machen.

Markus: Ja, also das kann man ja nur empfehlen, also das unbedingt tun, generell. Weil, ich finde, man kann da immer viel dazulernen und kann einfach euch ein bisschen über die Schulter schauen und Ideen, Inspirationen mitnehmen. Wenn du von wir sprichst, wie groß ist der Betrieb mittlerweile?

Fiete: Aktuell sind wir 15 Leute.

Markus: Das ist ja auch eine Herausforderung oder, also auf einmal so Chef von so einem größeren Team, das ist doch eine Herausforderung oder?

Fiete: Ja, das ist auf jeden Fall was, was man nicht lernt, sondern was man dann lernt, aber was man nicht in der Ausbildung lernt, dass man sagt, okay, hier Teamführung. Aber, ich glaube, wir haben ein sehr gutes Team. Klar muss ich immer gucken, weil ich nun mal Gründer und Geschäftsführer bin, habe ich natürlich eine andere Brille als jemand, der hier seine Ausbildung macht oder der hier Angestellter ist, aber im Großen und Ganzen so, wenn wir unsere Teamausflüge machen, sind wir eigentlich ein sehr gutes Team und ich glaube, auch ein sehr stabiles Team. Also wir bleiben so in dem, wie wir sind, glaube ich, hoffentlich noch lange zusammen.

Markus: Und deine Geschwister sind auch noch mit im Boot teilweise oder so?

Fiete: Ja, die sind noch wobei. Wobei der eine, der kümmert sich überwiegend ums Design, also die sind nicht im täglichen Geschäft. Und der andere kümmert sich so um finanzielle Angelegenheiten, zum Beispiel um das Darlehen, was hier für die Brauanlage aufgenommen haben, da war er federführend. Oder, letztes Jahr konnten wir endlich unsere PV-Anlage auf dem Dach montieren und auch dafür brauchten wir dann wieder eine Finanzspritze und um solche Themen kümmert er sich hauptsächlich. Und ansonsten sind hier halt noch mein Cousin und meine Frau mit im Team, mein, wie heißt das, Schwippschwager, also der Freund von meiner Schwägerin. Also ziemlich familiärer Betrieb so. Unser einer Mitarbeiter, der macht tatsächlich grad Elternzeit, aber der meinte irgendwann Mal scherzhaft, er durfte hier anfangen zu arbeiten, ohne meine Schwester heiraten zu müssen.

Markus: Ja, das ist mal eine komplett neue Definition von Familienbetrieb, aber sehr gut. Ja und ich kann mir auch wirklich vorstellen, das ist ja was, ich rede ja eben durchaus häufiger mal mit Brauern, die eben dann schon so ein paar Jahre hinter sich haben und die dann einfach irgendwann sagen, Mensch, ich habe angefangen, ich wollte einfach gutes Bier machen und das war eben auch gut. Und das hat bedeutet, wir sind gewachsen und größer geworden und mittlerweile habe ich einfach 70, 80 Prozent meiner Zeit mit Bürokratie und Leuteführung und eben Finanzen und was weiß ich was für ein Zeug zu tun und Bierbrauen mache ich eigentlich nur noch ab und an Mal. Und da sind viele auch gar nicht so glücklich damit. Und ich glaube, das ist dann, wenn man dann so ein Team hat, wo man die Aufgaben so ein bisschen verteilen kann, vielleicht auch ganz gut, kannst du dich mehr dem widmen, was du am liebsten machst.

Fiete: Ja, also das, was du grade beschrieben hast, das trifft ich teilweise tatsächlich auch, also diese Bürokratie ist nun wirklich nicht mein Steckenpferd, aber sie muss gemacht werden und ich mache sie auch. Und das Brauen an sich kommt, aus meiner Sicht, tatsächlich auch etwas zu kurz. Aber, also grade diese Woche habe ich wieder einen Sud gemacht und wenn ich dann braue, dann macht es mir nach wie vor Spaß.

Markus: Er kann es noch, sehr gut, wunderbar. Ich bin mit dem Kürbis jetzt auch durch und wir haben immer noch 4. Es hört nicht auf, aber du bist selber schuld, also insofern bin ich da raus. Wir müssen natürlich auch nicht alle probieren.

Fiete: Du bist glücklich, wenn du mal ein paar Bierchen trinken kannst, aber ich verkoste sie gern auch mit dir.

Markus: Na klar.

Fiete: Lass uns mit dem Mucki Hop weitermachen.

Markus: Ja, da sind wir wieder zurück in der IPA-Ecke. Moment, so. Oh ja, von der Farbe ziemlich ähnlich zum Kürbis-Bier.

Fiete: Genau.

Markus: Hat auch viel Pfirsich für mich in der Nase. Ein bisschen weniger drum rum, dafür ein bisschen mehr auch Malzaromen mit dabei. Ein bisschen Tee auch, also so schwarzen Tee, sehr interessant. Ja und auch ein bisschen gelbe Früchte, ein bisschen Citrus, ein bisschen, ja, die Melone von vorhin ist vielleicht auch wieder ein bisschen da. Bin ich mal gespannt, was sind da für Hopfen drin?

Fiete: Also am Sonntag war ich auf dem Gottorfer Landmarkt und da hatte ich das Bier auch dabei, vom Fass. Und dann hat sich das einer bestellt und sagte, habt ihr da Erdbeeren mit verarbeitet? Also es ist der Hüll Melon da drin, also als dominierender Hopfen und auch also der Mandarina Bavaria als Bitterhopfen, aber der Hüll Melon dann als gestopfte Variante.

Markus: Schön. Also ich muss sagen, dieser Hauch Tee, so ein bisschen Earl-Grey-mäßig ist das, ganz spannend, fast so ein bisschen rauchig, also sehr interessant. Das macht sich gut, vermischt sich gut mit der Bittere auch.

Fiete: Ja, aber das, was du beschreibst, das kommt, glaube ich, durch die Malzschüttung.

Markus: Okay, umso besser, als Bamberger, muss man natürlich sagen, wunderbar. Das heißt, was habt ihr da drin?

Fiete: Malze?

Markus: Also wenn du sagst, es kommt daher, also was vermutest du?

Fiete: Ja, genau, also wir haben da drin Carared und wir haben Münchner Typ 2 da mit drin, wir haben auch ein bisschen Caraaroma mit drin. Aber dadurch, dass wir mit diesen handwerklichen Mälzereien arbeiten, haben wir dann doch manchmal ein bisschen mehr Raucharomen in den Malzen mit drin als sonst üblich für die Malzsorten.

Markus: Ja, also wirklich sehr schön. Also für mich vermischt sich das schön, dieser Touch von Rauch. Also da gab es ja früher diese russischen Tees, die auch so einen leichten Hauch von Rauch hatten, aber habe ich schon lange nicht mehr, aber daran erinnert es mich ein bisschen. Und eben mit diesen Citrusaromen, ja, auch wieder schön Orange, Pfirsich, Melone dazu dann, das hat was. Also man kann ja auch Orange smoken, habe ich neulich mal gelernt, geht auch, also insofern. Aber, ich meine, es ist jetzt nicht so intensiv, dass man sagen würde, das ist ein Rauchbier, aber es ist einfach sehr schön, wie es das begleitet und wie es vor allem diese Brücke zur Bittere schlägt, das gefällt mir sehr gut, weil man doch hier merkt, dass ist ein IPA, das hat ein bisschen mehr Körper, das wärmt auch ein bisschen dazu und hat dann eben hinten raus auch eine schöne selbstbewusste Bittere. Und die dann aber zusammen mit den fruchtigen Aromen und mit diesem Touch an Rauch echt sehr schön, sehr rund wird. Das ist so dazwischen oder, zwischen einem Britischen und einem Amerikanischen so.

Fiete: Ja, genau, ja, das ist so ein Mittelweg, wenn du willst.

Markus: Habt ihr denn viele Kunden aus England auch?

Fiete: Nee, so Touristen oder so, die Meisten sind tatsächlich die Hamburger, die bei uns Bier kaufen.

Markus: Ja, weil ich jetzt neulich gehört habe, dass viele Engländer eben rüberkommen nach Hamburg, um da entsprechend dem Bier zu frönen.

Fiete: Also wir haben natürlich Neu-Hamburger, wenn du so willst, die auch aus Großbritannien kommen, aber so nicht das breite Publikum, sondern eher vereinzelt welche. Oder aus den Niederlanden, viele kommen aus den Niederlanden, würde ich eher sagen. Das ist ja auch schon die Richtung.

Markus: Stimmt, ist ja fast. Naja, die Niederlande sind schon auch interessant, weil die so biermäßig so ganz eigen sind. Also die haben ja sich fast abgekoppelt eigentlich von der restlichen Entwicklung in Europa und haben eher so eine amerikanische Bierkultur, also was das Craft-Beer-Thema angeht, angenommen und haben da eine riesen große Palette. Und haben vielleicht auch deswegen einen großen Nachholbedarf, was so Klassiker eben aus England oder aus Deutschland angeht. Und ich habe viele Freunde von da und wir haben dieses Jahr auch einen Niederländer als Gastbrauer bei uns auf dem Fränkischen Bierfest. Bin ich mal gespannt, wie die Biere so ankommen, das ist durchaus interessant. Wir wollten ja noch über die Hamburger Geographie sprechen, ganz kurz zumindest. Also den meisten Leuten ist ja bewusst, okay, da gibt es die Elbe, die dann eben raus ins Meer fließt und da gibt es die Alster und, ja, da gibt es das Millerntor-Stadion und das andere Stadion und so, je nachdem, auf welcher Seite man da eben grade so steht. Wie muss man sich das so ein bisschen vorstellen, also wo ungefähr seid ihr und wie schaut es da aus?

Fiete: Also wir sind, ich glaube, geographisch gesehen, ziemlich in der Mitte von Hamburg beziehungsweise von dem, ja, neuen Hamburg ist auch übertrieben, es gibt ja seit den 30er-Jahren, ist Hamburg ja so Hamburg, wie wir es jetzt kennen. Und vorher gab es halt die Stadt Harburg und die Stadt Altona und dann die Stadt Hamburg, die alle sehr dicht beieinander sind. Und wenn man von Hamburg nach Harburg fährt, dann fährt man über die Elbinsel Wilhelmsburg, die größte Binneninsel Europas, also Binnengewässer und, ja, genau, da sind wir beheimatet. Und die Elbinsel Wilhelmsburg ist tatsächlich eine richtige Insel, also man kommt hier nur über Brücken rauf oder eben mit der Fähre. Also es gibt die Autobahn, es gibt eine Autobahnbrücke auf die Insel Wilhelmsburg und dann von der Elbinsel Wilhelmsburg wieder nach Hamburg rein, ja, da muss man rüber, wenn man nach Hamburg will, ja.

Markus: Und du bist selber auch gebürtiger Hamburger?

Fiete: Früher habe ich immer gesagt, ich komme aus Finkenwerder und bin auf der Lüneburger Siet von Finkenwerder geboren, aber auch die gehört schon seit den 1930er-Jahren mit zu Hamburg. Das ist die Nachbarinsel von Wilhelmsburg, die allerdings keine Insel mehr ist seit 1962. Da war ja die große Sturmflut hier und damals hat man dann die Süderelbe, die im Süden von Finkenwerder verläuft, die hat man vom Hauptstrom abgetrennt, sodass es sie zwar noch gibt, aber eigentlich nur noch als Binnensee, wenn man so will, also eingedeicht in die Elbe. Und da bin ich geboren und aufgewachsen und da wohne ich auch inzwischen wieder, also ich muss immer zweimal über die Elbe rüber, wenn ich zu uns in die Brauerei möchte.

Markus: Aber das machst du mit dem Auto oder mit einem Bootchen?

Fiete: Am liebsten mit einem Boot, aber doch sehr selten. Also in den 6 Jahren, in denen wir jetzt hier sind, bin ich tatsächlich nur ein einziges Mal mit dem Boot hergekommen.

Markus: Ja, aber immerhin. Und was ich neulich gehört habe, es gibt jetzt in Hamburg eine ziemlich schräge Nummer, ein Bus, der ein amphibischer Bus ist. Das heißt, man macht dann erst eine Stadtrundfahrt mit dem Bus und dann fährt der eben auch einmal ins Wasser und macht dann als Boot weiter, irgendwie so. Hast du davon schon gehört?

Fiete: Ja, ja, den gibt es auch, glaube ich, seit 4 Jahren oder so schon. Das Bescheuerte an dem Bus ist tatsächlich, dass er seine Qualitäten gar nicht ausnutzt. Also der fährt da in Billbrook, glaube ich, irgendwo, fährt der in die Elbe rein und dann fährt der auf der Elbe eine Tour und fährt auf der gleichen Ausfahrt wieder rum. Aber es ist nicht so, dass er als Verkehrsmittel funktioniert, weil das wäre ja tatsächlich, wir haben ja leider so ein bisschen Verkehrsprobleme, wir sind die staureichste Stadt Deutschlands. Was unter anderem daran liegt, dass wir eben nur zwei Elbquerungen haben und zwar einmal den Elbtunnel, also den neuen Elbtunnel und dann die Süderelb-Brücken. Und alles, was aus dem Süden kommt oder in den Süden möchte, muss eben diese beiden Passagen nutzen. Und das sorgt eben dafür, dass dann Leute aus Wilhelmsburg, wenn die nach Hamburg wollen, viel im Stau stehen, weil auf den Strecken immer irgendwas ist. Also vor, ich glaube, jetzt schon wieder fast 2 Jahren hat mal unter den Elbbrücken ein LKW gebrannt, deswegen war dann der S-Bahn-Verkehr eingeschränkt, dann ist mal ein Schiff gegen die Elbbrücken gefahren, dann konnten die Autos da nicht mehr rüber und solche Scherze gibt es halt am laufenden Band und das bringt dann den Verkehr doch zum Erliegen. Und deswegen ist so ein Amphibien-Bus, der in der Stadt unterwegs ist, dann ins Wasser kann und auf der anderen Seite wieder raus kann, eigentlich total die clevere Möglichkeit. Aber aus irgendwelchen Gründen, ich meine, die Dinger sind sau teuer in der Anschaffung und dann vielleicht wahrscheinlich wirtschaftlich nicht zu betreiben, aber grundsätzlich wäre das eigentlich eine super Alternative zur Bahn oder zum Auto.

Markus: Ja, also das ist auf jeden Fall eine gute Anregung, das stimmt. Also ich muss sagen, ich habe das letzte Mal, glaube ich, als ich über die Elbe musste, bin ich einfach über Glückstadt gefahren, da gibt es ja auch noch eine Fähre. das ist allerdings schon ein Umweg, ehrlicher Weise, aber es ist natürlich irgendwie auch schön, dass mal so rum zu machen. Also Hamburg finde ich überhaupt eine Stadt, die man von so vielen verschiedenen Facetten erleben kann. Ich habe auch mal, ich weiß nicht, ob ich das schon mal erzählt habe, aber ich habe auf jeden Fall mal bewusst gesagt, ich setze mich mal einen ganzen Tag lang dahin, wo es diese Schiffsbegrüßungsanlage gibt. Da habe ich mir ein schönes Buch mitgenommen und es war ein schöner Sommertag und da saß ich die ganze Zeit draußen. Und jedes Schiff, das vorbeikommt, wird die Hymne gespielt und ein Kapitän, mehr oder weniger Kapitän, erzählt dann ein bisschen was dazu. Und irgendwie, also dieses besondere Flair dieser Stadt kann man auf so viele verschiedene Art und Weisen erleben, das ist wirklich toll. Also kann ich jedem nur empfehlen, Hamburg ist immer eine Reise wert und da kann man natürlich dann auch euch besuchen, sowieso.

Fiete: Ja und man kann tatsächlich auch, wo wir bei dem Thema Schiff grade sind, aus Hamburg oder von der Alster bis zu uns, direkt hinter die Brauerei rudern, wenn man möchte, wenn man gut rudern kann oder eben mit einem Sportboot fahren. Gut, auf der Alster darf man nicht Sportboot fahren, aber wenn man eins hat, also wir haben hier unseren Jaffe-Davids-Kanal, der ist fußläufig 2 Minuten von unserem Eingangstor zu erreichen und von da aus kann man bis nach Hamburg mit dem Schiff oder eben nach Finkenwerder oder die Elbe rauf nach Niedersachsen, Schleswig-Holstein, wohin man auch will.

Markus: Cool! Also da habe ich schon wieder was für meine Bucket List, wunderbar. Apropos Bucket List, wir haben noch drei Biere, da müssen wir jetzt noch durch. Wobei, zwei davon, glaube ich, können wir ziemlich parallel verkosten, aber eins ist auf jeden Fall noch extra oder?

Fiete: Ja, genau, wir machen noch mal den Bock Orange vorweg, würde ich sagen.

Markus: Ja, ein sehr denkwürdiges Bier, also für mich zumindest, weil mich das an eine Zeit erinnert, die ja jetzt doch schon mittlerweile 3 1/2 Jahre her ist. Alle werden sich vielleicht so ein bisschen erinnern, die Pandemiezeit und wir haben damals ja alles Mögliche versucht, online zu machen und auch Online-Tastings und so weiter. Und da kam dann bei uns die Idee auf, einen Bierwettbewerb zu machen und den komplett online zu machen. Also dahinter steckt die Lieblingsbieridee von dem Bierwettbewerb. Das heißt, es durften Leute einfach ihre Lieblingsbiere einreichen, ohne dass die Brauereien wirklich was davon mitbekommen haben und dann ist das eben durch verschiedene Instanzen durchgelaufen bis zu einem Finale. Und da war dann eben das Bock Orange eins von den 3 topp Bieren am Ende vom Lieblingsbierwettbewerb, vom ersten. Und das fand ich total schön, also weil es damals auch so eine herzerwärmende Story einfach war, in einer Zeit, wo jeder gedacht hat, wie geht die Welt überhaupt noch weiter, gehen wir alle den Bach runter, was weiß ich, das war ja wirklich nicht so einfach und deswegen erinnere ich mich da immer wieder dran, wenn ich dieses Bier habe. Ja, aber können wir gleich noch drüber reden. Also auf jeden Fall natürlich ein tolles Bier, auch die Farbe hier, so schön karamellig.

Fiete: Weißt du, wer das eingereicht hat, das Bier?

Markus: Jetzt nicht mehr auswendig, nee.

Fiete: Boris.

Markus: Oh, dann ist es natürlich noch mal denkwürdiger, Wahnsinn. Also Boris Georgiev, der Herausgeber eigentlich von dem Biermagazin, dass wir hier mal hatten, Craftbeer-Magazin, es hieß ja auch das Craftbeer-Magazin und der leider dann verstorben ist zwischenzeitlich, ein guter Freund, umso mehr denkwürdig.

Fiete: Umso mehr, ne.

Markus: Dann kann man erst mal vielleicht einfach nur mal auf Boris anstoßen und einen Schluck nehmen, prost!

Fiete: Auf Boris.

Markus: Auf Boris. Also jeder, der da noch ein bisschen reinspüren will, es gibt mit Boris auch einen BierTalk, wo er erzählt und das ist ein Zeitdokument mittlerweile. Und schade, dass so ein lieber Mensch nicht mehr unter ist, aber auf jeden Fall können wir ihm auf diese Art und Weise noch mal gedenken. Und, ja, also zurück zum Bier, es ist wirklich also optisch schon eine Augenweide, dieses schöne Rotbraun, auch wieder schön strahlend. Und dann, der Name ist natürlich Programm, Bock Orange. Das heißt, auf der einen Seite habe ich die Orange und das geht tatsächlich so ein bisschen fast in so eine Blutorangennote über. Und auf der anderen Seite den Bock, das heißt, ich habe natürlich eine schöne wärmende intensive alkoholische Note da drin, ein bisschen Karamell, ein bisschen durchaus auch diesen Karamellmalzcharakter dabei. Und, ja, vielleicht auch ein bisschen rote Beeren, die da vielleicht noch mit eine Rolle spielen, was schön zu der Orange passt und insgesamt einen richtig schönen, ja, wie es auch draufsteht, ein Obstkorb, steht da drauf, auf der Flasche, stimmt auch, also alles so ein bisschen da. Tolles Bier, Gratulation mal wieder, das habe ich sehr gern.

Fiete: Danke schön. Ja, das ist tatsächlich das zweite Bier, was wir auf den Markt gebracht haben nach dem Fastmoker Pils. War für uns klar, wir brauchen einen weiteren traditionellen eigentlich deutschen Bierstil mit einem Bockbier, der ein bisschen eine neue Idee erleben soll. Und deswegen haben wir den mit 10 Kilo Mandarina Bavaria auf 2.000 Liter gestopft und, ja, das ist sozusagen das Ergebnis dahinter. Und du hast es grade gesagt, so dieses Alkoholische für ein Bockbier ist da, aber das sticht ja nicht raus. Also du hast natürlich die Schwere eines Bockbieres, aber nicht so diesen spritigen Geschmack. Und die Quittung, die kriegt man, wenn man die Flasche leer hat, dann merkt man die 7,9% doch sehr.

Markus: Dann dreht sich die Welt, ja, das auf jeden Fall. Ja und es ist ja von der Stammwürze her, ich habe jetzt grad mal hintendrauf doch geguckt, 18%, sind wir ja schon im Doppelbockbereich eigentlich, also da ist schon ordentlich was los hier im Programm. Und praktisch eine Hommage an Mandarina Bavaria so ein bisschen dann auch, ne?

Fiete: Genau, ganz genau, ja. Also das ist tatsächlich ein Single Hop Bock Orange, wie man auf Neudeutsch sagen würde.

Markus: Ich überlege grade, ob man da eine Abkürzung, die man aussprechen kann, hinbekommt, ich glaube nicht.

Fiete: Das ist schwierig, ja.

Markus: Nein, wir lassen das mal lieber bleiben. Nein, aber es ist also wirklich ein ganz, ganz tolles Bier, was einfach auch das Potenzial von so einem Bockbier noch mal zeigt, also wie viel man auf der Basis von so einem Bock machen kann, wenn man einfach dann entsprechend mit dem Hopfen spielt. Und dann eben ganz weit weg ist von dem, was jetzt, was weiß ich, ein sehr guter klassischer Bock wie ein Celebrator oder sowas natürlich auch liefert, aber hier eben mit dem ganzen Hopfen, mit der Fruchtigkeit, das ist einfach noch mal eine andere Nummer. Und das ist auch schön und passt vielleicht auch schön zu Hamburg und passt auch zu euch eben als Wildwuchs, das mal anders zu interpretieren, anders zu gehen, toll, ja. Du hast grade gesagt, dein Bruder macht das Design. Also das heißt auch die Etiketten, die ich jetzt hier alle so habe, sind aus der Familie sozusagen?

Fiete: Ja, genau, die Farben hat er ausgewählt. Also das Grundmotiv, dieser Zackenkreis mit einem Kopf, den hat ein Kumpel von uns entworfen, der eine Werbeagentur hatte. Und mein Bruder, der hat dann eben mit diesem Motiv gespielt. Also das Mucki Hop zum Beispiel hier, da ist ja so ein durchtrainierter Oberkörper mit drauf, den hat er entworfen.

Markus: Das ist auch schön, es ist ja quasi dein Kopf eigentlich, in der Urfassung so ein bisschen und mit dem Thema dann einfach zu spielen, finde ich witzig. Also grade bei dem Mucki Hop ist natürlich besonders witzig, dass man sagt, man setzt mal seinen Kopf eben auf so einen Muscle Buddy.

Fiete: Das ist nicht mein Körper.

Markus: Ja, wer weiß. Nein, aber man hat es ja dann auch beim Kürbis zum Beispiel, da ist dann eben ein klassischer Halloween-Fiete-Kürbis sozusagen, ist auch sehr schön geworden. Und, ja, beim nächsten Bier wird es dann zur Kuh oder, ich weiß es gar nicht, was ist es denn, schon oder?

Fiete: Ein Bock.

Markus: Ah der Bock, okay.

Fiete: Ein Ziegenbock. Ja, also zu dem Logo vielleicht mal noch ein kurz, ein Kumpel von uns, wie gesagt, der diese Werbeagentur hatte, Hund von Welt hieß die, der meinte, als wir mit der Idee eines eigenen Bieres, einer eigenen Brauerei, an ihn ran getragen haben, meinte er so, es ist wichtig, dass die Leute sehen, wer das Bier macht und wer dahintersteht. Und deswegen meinte er, man müsste da meinen Kopf irgendwie mit rauf bringen. Und dann meinte ich aber, nachdem dann mein Cousin dabei war und dann auch der Nächste dazu kam, meinte ich, naja, ich mache es ja im Grunde genommen nicht alleine, sondern wir sind ja hier ein Team und nur durch das Team haben wir eben den Erfolg und deswegen ist es nicht richtig, wenn da nur ein Foto von mir ist. Und da meinte er, ja, gut, was willst du denn dann haben? Und sein Hund ist sein Logo gewesen in stilisierter Variante. Und dann saßen wir da eben und mir fiel nix ein und dann meinte ich dann eben, na gut, ich will aussehen wie dein Hund, weil, so kann es tatsächlich jeder von uns sein. Und das funktioniert auch ganz gut. Unser jetziger Geselle, damals Azubi, der stand mal in Stade auf einem Bierfest und da kamen die Leute zu ihm, ej, Herr Wildwuchs, wir haben Sie gestern in der Zeitung gesehen. Oder mein Cousin, der mir auch schon ein paarmal beim Ausschank geholfen hat, der hat einen etwas dunkleren Teint, der ist in Venezuela geboren und aufgewachsen, also meine Mutter kommt da auch her und dem sieht man deutlich an, dass er eigentlich, ja, also keine deutschen Vorfahren hat, in dem Sinne. Und trotzdem kommen die Leute zu ihm, ej, Sie sind doch das da auf dem Logo. Weil, er hat auch einen Bart und die Wurzel ist gar nicht so wild dabei, sondern vor allen Dingen der Bart macht es, dass die Leute immer denken, dass derjenige, der hinterm Tresen steht, der ist automatisch auch der Mensch auf dem Bild vorne drauf.

Markus: Ja, das stimmt, das ist schon sehr clever gemacht. Und ist zumindest auch eine Arbeitsplatzbeschreibung, also egal wen ihr einstellt, es muss jemand sein, der irgendwie so eine Art Bart hat.

Fiete: Ja, nicht mal das ist bei allen der Fall, aber funktioniert irgendwie trotzdem. Also meine Frau zum Beispiel, die hat keinen Bart und die arbeitet hier ja auch.

Markus: Was macht die eigentlich?

Fiete: Die macht in erster Linie, organisiert sie hier die ganzen Veranstaltungen, die bei uns in der Brauerei sind. Also gestern zum Beispiel war ja hier Chillen und Grillen, nennen wir das. Da kommen dann die ganzen Radfahrer durch den Elbtunnel oder aus Niedersachsen hierher oder eben auch aus Wilhelmsburg und machen hier eine kleine Erfrischungspause, essen ein Würstchen, trinken ein Bierchen. Aber wir haben ja nicht nur Himmelsfahrt, sondern auch an den Wochenenden geöffnet, machen Song Slam hier und Bierquiz, das macht sie in erster Linie, macht die ganze Öffentlichkeitsarbeit. Also alles, was ihr bei Facebook und Instagram und so weiter seht, das geht durch ihre Feder sozusagen oder ihre Kamera, das ist ja das Meiste. Und in der Regel auch, wenn uns jemand über die Moin-Adresse schreibt, landet das auch bei ihr auf dem Schreibtisch.

Markus: Okay, also perfekt. An dieser Stelle schon mal einen ganz lieben Gruß an sie. Das ist wunderbar und auch toll, wenn sie dich da so unterstützen kann und wenn ihr gemeinsam dann an dem Wildwuchs-Team eben weiterarbeiten könnt. Und, ja, wir haben ja grade schon besprochen, es gibt eben ein letztes Bier oder ein Doppelbier, das wir jetzt quasi sozusagen haben, wo dann der Bock eine Rolle spielt. Jetzt überlege ich grade, ob wir jemals im BierTalk schon den Senatsbock erklärt haben, ich glaube nicht. Wollen wir es vielleicht so machen, dass wir den normalen Senatsbock erst mal aufmachen und du vielleicht noch zwei, drei Worte zum Senatsbock überhaupt machst, damit die Leute das verstehen und wir das dann vergleichen mit dem anderen?

Fiete: Ja gerne.

Markus: Wunderbar, dann machen wir doch mal. Also ein Senatsbock, was dahintersteht, werden wir gleich hören.

Fiete: Genau, der Senatsbock, solange du einschenkst und probierst, kann ich ja schon mal erzählen, der Senatsbock ist tatsächlich eine, ja, ziemlich Hamburger Tradition, wenn man so will. Die ist, ja, weiß ich nicht genau, 50er-, 60er-Jahren in Hamburg entstanden. Da haben die großen Brauereien in Hamburg sich zusammengetan und haben gesagt, wie können sie eigentlich das miese Biergeschäft im Januar, Februar ein bisschen ankurbeln? Sie haben gesagt, okay, sie läuten die 5. Jahreszeit ein, mit dem Senatsbock ist das dann die Senatsbockzeit und haben gemeinsam einen Doppelbock gebraut. Und diese Tradition, die hat, ja, relativ lange angehalten, ist dann aber eingeschlafen, nachdem die großen Brauereien nach und nach von der Bildfläche verschwunden sind, aufgekauft wurden, zusammengelegt wurden. Also Astra St. Pauli, Bavaria eben von der Holsten geschluckt früher, die Elbschloss Brauerei von der St. Pauli Bavaria geschluckt worden und dann die Bill, weiß ich gar nicht, wo die geblieben ist und die Winterhuder, das Winterhuder Brauhaus und so weiter, also die sind nach und nach alle hier aus Hamburg, ja, also die Braustätten sind aus Hamburg verschwunden, in einer aufgegangen. So und dann sind, ich glaube, das war auch 2014 oder 13, weiß ich nicht mehr genau, haben wir uns getroffen und haben gesagt so, eigentlich müssen wir diese Tradition wieder aufleben lassen und haben dann gesagt so, wir machen aber nicht einen gemeinsamen Bock, sondern alle, die in Hamburg brauen. Und bei dem ersten Treffen war ich noch dabei und dann haben wir ja eine Zeitlang in Bleckede gebraut. Und Bleckede ist ja nun nicht Hamburg, sondern 60 Kilometer elbaufwärts, also gehört zu Niedersachsen und deswegen durften wir die ersten 3 Jahre nicht mitmachen. Naja, auf jeden Fall haben wir gesagt, alle, die in Hamburg brauen und, ja, dabei sein wollen, die müssen das gleiche Rezept, was die Maischschüttung angeht, verwenden. Und dürfen aber darüber hinaus entscheiden, welche Hefe oder welchen Hopfen und so weiter sie verwenden. Also wir haben alle die gleichen Basismalze und so entstehen dann, inzwischen sind es, glaube ich, 8 verschiedene Bockbiere, die dann Ende Januar fertig sind, ausgeschenkt werden beim großen Senatsbockanstich und danach dann auch natürlich solange konsumiert werden können, bis sie ausgetrunken sind.

Markus: Ja und da sind wir ja froh, dass wir noch was davon haben. Also auf jeden Fall ein ganz interessantes Projekt einfach auch, dass man sagt so, man kann in dieser Stadt dann auch bei diesem Thema zusammenfinden.

Fiete: Ja, ich glaube, ist weltweit einmalig, dass sich so viele Brauereien zusammentun und sagen, wir machen eine gemeinsame Aktion.

Markus: Ja und es gibt auch diesen gemeinsamen Anstich mit diesem Fest dann dazu, genau.

Fiete: Also wir haben einen Verein gegründet, das ist der Hamburger Senatsbockverein und alle teilnehmenden Brauereien sind in diesem Verein organisiert. Es gibt, wie bei jedem Verein, einen Vereinsvorsitzenden, einen Stellvertreter und so weiter und die haben die meisten Aufgaben, was den Anstich angeht, das Ganze zu organisieren. Die machen das gut, also an dieser Stelle wunderbar, herzlichen Dank an die Leute. Philip Bollhorn, Julia Wesseloh und Tina Küster in diesem Jahr, die das wirklich gut gemacht haben. Nicht Philip Bollhorn, Philip Kreutzer heißt der.

Markus: Tja, Dinge ändern sich.

Fiete: Genau. Ja, genau und das macht Spaß, wenn wir dann zusammenkommen, ein paar Bierchen da trinken.

Markus: Und ich muss sagen, also dieser jetzt, den ich habe, der ist sehr, sehr dunkel, im wahrsten Sinne des Wortes, also sowohl optisch als auch von der Aromatik her. Also ganz viel Kaffee, Lakritz, Schokolade, viele, viele Röstaromen, die da mit dabei sind. Also kommt fast rüber wie so ein Stout, also sehr, sehr intensive Röstaromen. Im Glas natürlich wirklich sehr, sehr schwarzbraun, schöner Schaum. Bildet auch so ein bisschen Schlieren im Glas, also wir merken schon, der ist ein bisschen kräftiger, noch nicht ganz so viel, aber, ja, doch, hat schon ein bisschen was. Und ganz auffällig im Mund ist dieses sehr sämige Mundgefühl, dass ihr da hinbekommen habt, sehr cremig. Eine schöne Süße auch noch, also da ist offensichtlich noch Restzucker mit drin in einer sehr angenehmen Art und Weise. Was es dann sehr rund macht und auch diese Röstaromen ein bisschen abfängt und dann bugsiert es die so ein bisschen in eine Milchschokoladenrichtung. Was mir persönlich sehr gut gefällt, also das macht es dann also von dem doch sehr strengen Röstgeruch hinten raus wieder sehr rund, sehr weich. Und das ist jetzt eure Interpretation sozusagen, also wenn ich jetzt die von anderen hätte, wären die wieder anders?

Fiete: Die wären wieder anders, genau, das ist unsere Interpretation. Und wir haben da die letzten Jahre tatsächlich nicht so wahnsinnig viel variiert, weil wir uns tatsächlich immer wieder auf den Bock freuen. Also das ist ja auch eine limitierte Geschichte, die Ende Januar angefangen wird auszuschenken. Und genauso, wie du es grade gesagt hast, also wir haben diese Restsüße da drin, wir haben 18,3 % Stammwürze. Also 18 % Stammwürze ist bei allen das Minimum, was erreicht werden muss.

Markus: Also Doppelbock.

Fiete: Genau. Und wir haben hier ja nur 6 1/2 % Alkohol. Also wir haben ja vorher den Bock Orange getrunken, sind da bei 7,9 und hier sind wir bei 6 1/2 % Alkohol. Also anhand dessen kann man schon erkennen, wir haben hier eine Restsüße drin. Und wir sind dann auf der Veranstaltung immer das Bier, wo die Leute dann hinkommen und sagen, ja, ich brauche mal ein bisschen was, wo von ich nicht sofort so richtig duhn werde. Ja, jeder hat noch ein Zweitbier dabei, also wir haben meistens dann unser Lager noch dabei. Aber mit 6 1/2 % sind wir, glaube ich, immer der Bock, der am wenigsten Alkohol hat, aber dann eben diese Restsüße, oder wie ein Kollege von mir mal sagte, das ist ja ein richtiges Nährbier, was ihr da herstellt, so viel Gehalt, wie da noch mit drinsteckt. Und das finde ich persönlich an dem aber so wahnsinnig gut, dass es wirklich dieses Schokoladige, dieses Milchschokoladige, ich bin da ganz bei dir, also ich bin auch ein großer Schokoladenfan und genau das kommt bei dem Bier eigentlich so rüber.

Markus: Ja, also wirklich ganz großartig. Und das ist ja auch also ein Erfolgsrezept, glaube ich einfach, wenn man es schafft, eben bei so einem Doppelbockrezept zu versuchen, den Alkoholgehalt eher ein bisschen weiter unten zu halten, um dann halt diese schöne Restsüße, diesen schönen Körper, dieses Mundgefühl, das alles so ein bisschen zu kriegen, was das Bier dann unheimlich weich und sehr angenehm macht und die Leute eben nicht sofort umbrummt. Und was ich auch toll finde, diese Biere lassen sich in der Regel super schön lagern. Ich weiß ich gar nicht, habt ihr mal davon welche aufgehoben oder sind die eh immer alle ausgetrunken?

Fiete: Die sind in der Regel alle ausgetrunken, also es dauert schon so bis Ende Mai, aber dann ist eigentlich die letzte Flasche bei uns aus den Kellern verschwunden. Und wir haben natürlich unsere Rückstellproben, die wir zurückhalten, aber die stehen in der Regel warm so, wie sie halt gegebenenfalls im Supermarkt leider auch stehen. Und die entwickeln sich natürlich auf eine ganz andere Art und Weise, ja.

Markus: Genau, ja. Aber das kann man dann vielleicht einfach mal, also sowohl, wenn ihr Lust drauf habt, aber auf jeden Fall auch den Hörerinnen und Hörern mal empfehlen, nehmt mal ein paar von den Flaschen und stellt die mal für 2, 3, 4 Jahre in den Keller, schön kühl, dunkel lagern. Also ich habe damit wirklich sehr, sehr gute Erfahrungen gemacht und auch schon viele Leute überrascht. Also ein Bier mit ähnlichen Charakteristika, dass dann so, ja, ich glaube, so 3 Jahre alt war oder so, habe dann die Etiketten runter gemacht und habe das den Leuten zu einer Blindverkostung gegeben. Und die haben dann wirklich erstens in den höchsten Tönen geschwärmt und waren dann sensorisch auch wirklich bei so einem belgischen Dubbel oder Quadrupel oder so, weil die Alterungsaromen da halt noch ein bisschen was damit machen. Und auf jeden Fall spannend, aber auch so, auch frisch, ein wunderschönes Bier. Also mich holt ihr mit der Schokoladennote auf jeden Fall ab. Ich bin leider auch ein großer Freund der Schokolade, da konnte ich gar nicht umhin, das ist einfach so.

Fiete: Die Malzschüttungsidee, woran sich der Verein ja orientiert hat, die stammt ja tatsächlich aus, ich glaube, Ende der 50er- Jahre, Anfang 60er-Jahre, als die ersten Biere da gebraut wurden und wir hatten nur eine schriftliche Überlieferung von diesem Bier. So und dann haben wir, also wir dann das erste Jahr mitgemacht haben, also als wir dann nach Hamburg hier gezogen sind und dann auch hier gebraut haben, durften wir dann ja auch einen Senatsbock herstellen. Und ein Kunde von uns ist der Heimathafen in Kiel, das ist so, ja, ein kleiner Laden mit lauter Delikatessen, haben viele schöne Weine, haben tolle Schokoladen und eben auch unser Bier und die beliefern wir, seitdem es uns gibt. Und die machen, wenn ich das richtig verstanden habe, nebenbei auch so Entrümplungen, dass sie, wenn irgendjemand, ja, sein Haus aufgibt, seine Wohnung aufgibt, dann gehen sie dahin und gucken, was gibt es da noch für Schätze und nehmen ihm die ab. Und unter anderem, da haben sie dann zwei Falschen Hamburger Senatsbock ausgekramt und zwar welche, die noch von der Holsten Brauerei gebraut wurden, wo das Etikett noch drauf ist mit Bild und so weiter. Und eine von diesen Flaschen, also mutmaßlich, wir hatten hier neulich ein Treffen vom Deutschen Brau- und Malzmeisterbund, also von unserer Landesgruppe hier und da sind ja ältere Brauer dabei gewesen, die haben die Flasche gesehen und haben gesagt, boaw ej, das war vor meiner Zeit. Also diese Flaschen waren wahrscheinlich so 40, 50 Jahre alt, kommt das hin?

Markus: Das kann gut sein, ja, ja, bestimmt, ja.

Fiete: Ja, genau. Und wir haben eine davon aufgemacht, die andere steht bei uns noch unten voll. Und das CO2 ist raus, der Kronkorken, also dem sieht man auch an, dass er alt ist, der ist ein bisschen verrostet und dann entweicht natürlich das CO2, aber das Bier, was da drin ist, war wahnsinnig lecker. So schall, wenn man das so auf Deutsch sagen möchte, aber das Bier, Dörrobstaromen noch und nöcher, Trockenpflaume und so weiter, also ein richtig leckeres Bier.

Markus: Woah, also das kannte ich noch nicht, dass es so alte Flaschen überhaupt gibt von solchen Bieren. Ich habe für Berliner Weisse mal das gemacht und habe Berliner Weisse aus den 70ern gekauft, noch gefunden und die damals präsentiert, als ich mein erstes Berlin-Buch vorgestellt habe. Das war schon spannend, aber mit so einem dunklen Doppelbock ist das noch mal eine geilere Nummer. Also schön, freut mich, dass ihr dieses tolle Erlebnis haben konntet.

Fiete: Ja, eine volle Flasche steht da noch, ich weiß immer nicht, ich bin mir nie sicher, ob ich die aufmachen sollte oder ob ich sie geschlossen lasse.

Markus: Also zumindest wäre es extrem vermessen von mir zu behaupten, ich würde sie gern mit dir verkosten, aber es wird sich bestimmt eine tolle Gelegenheit dafür ergeben. Also ich glaube, ich würde sie nicht ewig aufheben. Oder, was du machen könntest, du könntest dich mal mit Basti von Lemke kurzschließen, ob man hefemäßig da noch irgendwas machen kann, aber das glaube ich fast nicht, bei einem untergärigen Bier.

Fiete: Ja, weiß ich auch nicht. Ich weiß auch nicht mehr, muss ich mal nachgucken, ob überhaupt ein Bodensatz drin ist oder ob die damals schon filtriert haben.

Markus: Zumal die Bockbiere damals ja auch wirklich 8, 10 Wochen gelagert worden sind, also wie auch immer. Aber das wäre noch eine Nummer, die ich vielleicht mal wählen würde, den Basti Oberwalder, der sich da echt gut auskennt, ob der vielleicht noch eine Idee hat, was man damit machen kann, bevor man sie aufmacht, aber wie auch immer. Gut, wir haben noch diese eingewickelte Flasche, da bin ich ja mal gespannt, die hat ja was mit dem Senatsbock zu tun oder?

Fiete: Ganz genau, ja. Das ist ja ein Senatsbock, den wir auf Amburana-Holz reifen lassen haben. Und zwar haben wir von unserem diesjährigen Senatsbock, den wir gebraut haben, ein paar Fässer abgezogen und diese Fässer, vorher Amburana-Holz da reingelegt und dann das Bier quasi draufgelassen haben. Also wir hatten Kirsche, Eiche, Amburana und was hatten wir noch, ich glaube, das waren die drei, ne?

Markus: Ich glaube ja, ja, also wenn ich mich richtig erinnere. Also es gäbe natürlich noch andere Hölzer, aber ich glaube, es war das, was ihr damals mitgenommen habt.

Fiete: Genau, die haben wir ja von dir bekommen auf der BrauBeviale und haben das ausprobiert. Und dieses Amburana, das hat mich wirklich umgehauen vom Aroma.

Markus: Also da bin ich jetzt mal gespannt. Ich wickle das jetzt hier mal aus, können die Hörer gleich live mitverfolgen, wie ich hier hoffentlich durch die Verpackung durchkomme. Es wird, es wird, so. Ah oder doch nicht? Moment, so, da sind wir. Und weil es ja vom Fass abgefüllt ist, also eine kleine Bügelflasche. Ich mache mal den Plopptest. Ja, war ein ordentliches Plopp, sehr schön. Uih, macht auch noch Schaum und, oh, macht tatsächlich krasses Amburana-Aroma. Das ist ja Wahnsinn, obwohl ich jetzt echt weit davon weg war. Oh, nicht schlecht Herr Specht, schön. Ja, kann ich mir vorstellen, dass das gut funktioniert hat. Das ist praktisch so ein Mon Cheri mit ein bisschen Zimt und Tonkabohne.

Fiete: Vanille.

Markus: Oh ja, sehr schön, woah.

Fiete: Wir hatten davon ein 20-Liter-Fass mit zum Senatsbockanstich, den wir bei uns an unserem Tresen sozusagen angeschlagen haben, nachdem der offizielle Anstich da war. Und dieses Fass, das war innerhalb von, ich glaube, 10 oder 15 Minuten leer. Also wir haben es aufgemacht, ein Glas nach dem anderen drunter gehalten und alle waren hellauf begeistert.

Markus: Es ist ja auch Wahnsinn, also muss ich wirklich sagen. Ich meine, also für die Hörer noch mal zur Aufklärung, es gibt eine Firma, die ich kennengelernt habe vor ein paar Jahren, ein amerikanisches Startup, die sich damit beschäftigen eben, wie man die ganze Holzaromatik in Bier oder andere Getränke bringen kann, ohne dass man gleich mit ganzen Fässern hantieren muss, einfach auch unter Nachhaltigkeitsaspekten und natürlich auch unter Vielfaltsaspekten, dass man verschiedene Hölzer verwenden kann. Und ich habe beschlossen, denen ein bisschen zu helfen, einfach Leute zu finden, die damit experimentieren, die mit ausprobieren. Und so sind wir dann eben auf der Brau zusammengekommen und ich habe euch ein paar von diesen Holzspiralen, die sind so eben in einer Art Spiralenschnitt gemacht, damit man maximale Oberfläche hat und schnell einen Übertrag von den Aromen, das habt ihr dann eben genommen. Und ich finde es total toll, dass jetzt so als Ergebnis zu haben, weil mir auch nicht bewusst war, ob das jetzt wirklich so toll ist, ich fand es jetzt einfach von den Eckdaten her ziemlich cool, aber im Ergebnis, wenn man dann was damit macht. Das ist schon, also diese Eigenschaft von Amburana-Holz, das ist eins der Hölzer, die man eben im Tropenwald findet. Wobei man ganz bewusst natürlich sagen muss, das sind zertifizierte Hölzer, die jetzt nicht einfach wild geschlagen werden, sondern da sind Plantagen und das ist alles natürlich ordentlich sauber dokumentiert.

Fiete: Ja, das ist auch relativ schnellwachsendes Holz, eher so wie eine Weide.

Markus: Genau, schnellwachsendes Holz, richtig, genau. Und das bildet halt unheimlich viele ätherische Öle, viele Aromen, ist es relativ leichtes Holz und hat eben dann die Möglichkeit, wenn man das mit Wein, mit Bier, mit Spirituosen verwendet, da eine tolle Aromatik reinzubringen. Und hier, finde ich, passt es fast perfekt wie Arsch auf Eimer zu diesem Bier, weil wir diese Restsüße haben. Also ich finde, die verbindet sich noch mal, dass wir fast zu einem Pasty Stout, könnte man fast sagen, also das ist großartig.

Fiete: Ja, da braucht man dann schon fast keine Schokolade mehr, wenn man so eine Flexibilität im Bier hat mit den ganzen Aromen.

Markus: Wunderbar! Aber auch sau gefährlich. Also ich fand vorhin auch schon den Bock Orange sehr gefährlich, weil man auch da den Alkohol nicht sofort gemerkt hat, aber hier erst recht. Also das ist schon, woah, krasse Sache. Also ganz wichtig, das soll natürlich kein Werbe-Podcast sein oder so, wir haben einfach nur gedacht, wir bauen das hier mit rein, um einfach die Erfahrung zu teilen. Und das finde ich auch sehr, sehr schön und ich finde auch gut, dass offensichtlich die Leute davon auch entsprechend begeistert waren. Und, ja, wer weiß, was sich daraus in Zukunft noch entwickelt. Also das heißt aber, dieses Senatsbock-Thema wird auf jeden Fall weitergespielt und weiterentwickelt? Und auch von allen Hamburger Brauereien letzten Endes oder gibt es da Tendenzen, dass in irgendeine Richtung zu verändern, nee, ne?

Fiete: Nee, bisher nicht, also alle, die dabei sind, wollen dabeibleiben und wir wollen das Thema auch weiter voranbringen. Also, wie gesagt, es ist, glaube ich, so einmalig und es macht Spaß, also ist ein schönes Event und, ja.

Markus: Also jetzt haben wir schon ganz viele Tipps für Leute, die mal nach Hamburg kommen wollen, also grundsätzlich, schaut auf jeden Fall bei Wildwuchs vorbei, sowieso. Und bei den Terminideen, Senatsbockanstich wäre natürlich wahrscheinlich ein toller Termin, das zu machen oder eben Hafengeburtstag oder eine der vielen anderen schönen Hamburg-Termine. Man kann sich auf jeden Fall bei euch melden, man kann bei euch einen Braukurs buchen und man kann einfach vorbeikommen und Bier abholen, denke ich mal.

Fiete: Braukurs, Bier-Tasting, Brauereiführung, eigentlich gibt es immer was zu erleben bei uns. Und wenn mich nicht alles täuscht, ist im nächsten Jahr am 24. Januar der Senatsbockanstich, 24. Januar 25.

Markus: Okay, also dann landet das jetzt schon mal in meinem Terminkalender und in ihrem hoffentlich auch. Und dann sind wir jetzt immerhin noch knapp unter 2 Stunden geblieben, das ist schon mal gut. Vielen Dank für deine Geduld und für deine Ausdauer und für diese wunderbaren Biere. Das hat sehr, sehr viel Spaß gemacht und war ein toller Einblick und ich glaube, es lässt einen auch richtig schön verstehen, was Wildwuchs eben heißt, also dass man diese Vielfalt hat und dass man dabei trotzdem eben dem Bio-Bier treu bleibt und dieser Idee dahinter. Und das ist wirklich sehr, sehr schön und ich freue mich, wenn alle oder möglichst viele Hörerinnen und Hörer das entsprechend nachvollziehen können. Vielen Dank für deine Zeit, vielen Dank für deine Biere und auf jeden Fall dir toi, toi, toi, alles Gute weiterhin mit Wildwuchs und mit deinem Team.

Fiete: Markus, vielen Dank dir, dass du dir die Zeit genommen hast. Also mir hat das auch großen Spaß gemacht, ich, ja, mache sowas gerne und mit dir erst recht.

Markus: Perfekt, Danke schön!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 140 – Interview mit Peter Hahn, der Guten Seele des Landbierparadieses aus Nürnberg

Heute reisen wir mal wieder in die fränkische Bierkultur. Unser Gastgeber Markus ist zurück in seiner Heimat Nürnberg und besucht das Landbierparadies, wo er mit Peter Hahn, einem echten Kenner der fränkischen Bierszene und International Beer Sommelier, über die Vielfalt der fränkischen Biere spricht. Peter, der seit über 30 Jahren im Landbierparadies tätig ist, erzählt uns, wie er durch Zufall in die Welt des Biers gelangte und wie er heute als „Bierfinder“ stets auf der Suche nach neuen, spannenden Biersorten ist. Gemeinsam erkunden wir die Geschichten hinter den Bieren, den Brauereien und den Menschen, die diese traditionelle Kultur am Leben halten. Ob ihr schon eingefleischte Bierliebhaber seid oder einfach nur neugierig auf fränkische Spezialitäten, diese Folge bietet euch einen Einblick in das, was das Bierland Franken so besonders und liebenswert macht…

Kommt in unsere Facebook-Gruppe und diskutiert mit: https://www.facebook.com/groups/bierakademie

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute bin ich ganz besonders glücklich, weil, ich bin in der Heimat. Und ich bin auch mit jemanden, der sich mit Bier noch viel länger beschäftigt als ich und den ich im Grunde auch schon vor Jahrzehnten kennenlernen hätte können oder vielleicht sogar habe, das weiß ich gar nicht, weil ich öfters auch die Läden durchaus frequentiert habe, um die es heute geht. Denn wir sind quasi in der Fränkischen Hauptstadt in Nürnberg und dort sind wir beim Landbierparadies, ein Name, der geht runter wie Öl, und da sind wir bei Peter Hahn. Peter, ich freue mich sehr, dass wir mal zusammenkommen. Und vielleicht stellst du dich ganz kurz unseren Hörern mal selber vor.

Peter: Ja, schönen guten Abend. Mein Name ist, wie gesagt, Peter Hahn und beim Landbierparadies bin ich jetzt seit 32 Jahren beschäftigt. Ich bin da mehr durch Zufall reingestolpert. Während meiner Zivildienstzeit, knapper Sold und muss man sich noch ein bisschen was dazuverdienen. Ja, so habe ich es eigentlich damals von der Pike auf kennenlernen dürfen, habe auch das Wachstum erleben dürfen, wie unsere Gaststätten dazugekommen sind und jetzt kümmere ich mich halt bei uns hauptsächlich um den Laden. Bin ein bisschen Bierfinder, immer gespannt auf was Neues, neue Biere, neue Brauereien, dass man halt diese unendliche Vielfalt, die wir in Franken haben, auch in irgendeiner Form komprimiert, für die Kunden darstellen und auch anbieten kann.

Markus: Ja und du hast alles praktisch ja auch schon mir in ein Paket gepackt, nämlich eben dieses ganze Landbierparadies, wie man so schön sagt. Es ist ja wirklich so, wir haben in Franken echt ein Paradies. Das Tolle ist halt, dass jemand wirklich vor über 30 Jahren schon die Idee hatte, daraus wirklich was zu machen, eine Geschäftsidee zu machen. Und dass es eben funktioniert hat und dass ihr daraus jetzt eben mehrere Läden, also Geschäfte und eben auch Gastronomien gefunden habt, die zusammen sind und die dann zusammen eben das Landbierparadies bilden. Und du hast mir sieben wunderbare Flaschen Bier geschickt. Das ist einerseits eine Ansage und eine Herausforderung, andererseits auch eine Freude, da bin ich schon sehr gespannt. Sind viele dabei, die ich auch selber noch nicht getrunken habe, wo ich vielleicht die Brauereien kenne, aber selbst das nicht alles, also wirklich auch für mich eine echte Entdeckungsreise. Und weil es so viele sind, denke ich, sollten wir vielleicht tatsächlich auch gleich eins aufmachen. Was denkst du denn, womit würdet du denn am liebsten anfangen?

Peter: Das ist eine gute Idee. Ich würde einfach mal ganz im Norden anfangen mit dem Raubritterpils von der Sonnenbräu aus Lichtenberg.

Markus: Wunderbar, also auch der Name natürlich schon sehr, sehr witzig. Und da steht eben auch Raubritterpils und man sieht auch zwei Ritter mit ihren Rössern. Und das Schöne ist, der eine ist blauweiß und der andere ist weißrot. Alle, die jetzt sich nicht so auskennen, das ist Franken gegen Bayern, der gute alte Gegensatz, den manchmal hier so kennt. Oder haben die das vielleicht gar nicht gemeint?

Peter: Das ist jetzt eine gute Frage. Weil der Besitzer, der Stefan ist ja eigentlich gar kein Franke, der kommt ja eigentlich aus dem Hessischen. Der war mal Broker an der Börse, hat da sein Geld verdient, hat dann irgendwann ziemlich die Nase voll gehabt, hat gesagt: „Du kannst da zwar Geld verdienen, aber die Belastung ist halt doch so hoch, dass du eigentlich jeden Tag kurz vor einem Herzinfarkt stehst.“ Und da hat er gesagt: „Nee, ich will jetzt ganz was anderes machen.“ Der hat dann in Frankfurt zwei Gastronomien aufgemacht, da hat er gesagt: „Ich brauche da noch irgendwie ein Bier dazu.“ Die Sonnenbräu in Lichtenberg ist so ein bisschen vor sich hingedümpelt und die hat er dann in 2018 quasi so ein bisschen aus dem Dornröschenschlaf geweckt. Und fasst da auch tatkräftig mit zur Malzschaufel, arbeitet mit, kümmert sich und der geht da richtig auf. Das ist eigentlich voll der krasse Gegensatz zu dem, was er vorher gemacht hat. Und ich finde es halt auch schön, weil dadurch auch irgendwo ein Stück Bierkultur und auch Kultur erhalten bleibt.

Markus: Auf jeden Fall. Und jetzt haben die Hörer auch gleich eine Aufgabe, könnt ihr dann mal selber nachforschen, ob er jetzt wirklich Franken gegen Bayern meint oder ob vielleicht dieses weißrot noch irgendeine andere Bedeutung hat, ist ja auch möglich. Aber auf jeden Fall für alle, die jetzt nicht wissen, wo es ist, also Lichtenberg eben in Bayern, ganz oben, die Hofer-Ecke, rechtsoben vielleicht könnte man auch sagen und da, wo man früher immer so Bayrisch Sibirien gesagt hat. Wobei man sagen muss, also wir denken ja immer, es kommt vom Wetter, weil es da kalt ist und weil es da nie warm wird, was irgendwie auch stimmt, aber in der Tat ist es ein Sprichwort, was wohl mal bayrische Beamte kurz nach den napoleonischen Zeiten erfunden haben. Weil es wurden dann viele strafversetzt offensichtlich, um die bayrische Region im Norden eben auch zu beleben. Und die haben dann eben gesagt: „Das ist so weit weg von München, vom Herz von Bayern, dass es so ist wie in Russland Sibirien“ und deswegen Bayrisch Sibirien. Wie auch immer, aber auf jeden Fall ist der Name natürlich auch schön, Sonnenbräu in Lichtenberg. Da muss ich jetzt auch mal schnell in mein Glas, du hast du schon, ne.

Peter: Schenken wir jetzt mal ein, ja.

Markus: Ah, na dann, hinein ins Glück. Uih! Sehr schön, da sieht man auch schon, Sonnenbräu ist Programm. Also es strahlt sonnig, richtig schönes goldenes Goldgelb.

Peter: Riecht auch klasse.

Markus: Ja, also man sagt ja immer, angeblich können die Franken ja kein Pils. Das stimmt überhaupt nicht! Also vor allem da oben nicht in der Ecke, weil da hatten sie ja schon immer sehr weiches Wasser und da war das auch möglich, solche Biere zu machen. Und ja, tatsächlich, wenn man reinriecht, viel Grünes, Grasiges, leichte Citrusnoten. Ein kleines bisschen auch so Getreidearomatik, also wie eben so ein Pils sein muss. Ich weiß nicht, wie geht es dir so?

Peter: An die norddeutschen Pilsner kommt es natürlich nicht ran. Also es ist ein schönes, wirklich handwerklich und mit Herz gemachtes Fränkisches Pils, sage ich jetzt so. Es ist schön fruchtig herb, nicht zu herb, mit einer schönen leichten Restsüße. Und die Farbe ist wunderbar. Schaum ist bei mir jetzt ein bisschen zusammengefallen, kann aber auch am Glas liegen, dass ich es nicht richtig gespült habe. Aber ein wirklich trinkbares Bier aus einer der nördlichsten Regionen Frankens. Doch, kann man weiterempfehlen.

Markus: Genau, kann man weiterempfehlen und hat einen wunderbaren Namen. Also nichts falschgemacht, im Gegenteil, alles richtig, also wunderbar. Insofern prost noch mal und schön, dass wir miteinander sprechen. Da sind wir schon dabei, also bevor wir da noch näher drauf eingehen, da würde ich wirklich noch gerne zwei, drei Takte zu der Brauerei sprechen. Aber vielleicht kurz, damit die Hörer: innen sich da auch noch mal ein bisschen einfühlen können, Landbierparadies, jetzt habe ich ja gesagt, das gibt es schon lange. Kannst du uns vielleicht ein bisschen aufklären, wir können das ja so in Häppchen machen, dass du uns jetzt vielleicht ein bisschen erzählst, soweit du das weißt, wie das überhaupt dazu kam. Also der Joschi hat das ja gegründet, aber wie lief das?

Peter: Ja, mein Chef, der Joschi, also richtiger Name Joachim Glawe, hat das Ganze 1987 gegründet in einem ganz kleinen Laden hinterm Bahnhof. Und er ist eigentlich auf die Idee damals gekommen durch das Klettern, er ist damals viel in der Fränkischen Schweiz unterwegs gewesen zum Klettern am Wochenende. Und wie es halt so ist nach dem Klettern, hat man Durst und geht in die nächste Wirtschaft, isst eine Brotzeit, trinkt natürlich ein gutes Bier dazu. Und da hat er sich gesagt, ja, warum gibt es in Nürnberg, in größeren Städten eigentlich bloß Biere von großen Brauereien? Warum können wir die Biere von den kleinen Brauereien, die waren ja damals auch völlig unbekannt in Nürnberg, wie können wir da was machen? Und das war seine Idee gewesen, wir bringen das Bier vom Land in die Stadt. Er hat an der FH Betriebswirtschaft studiert und seine Abschlussarbeit ging auch um das Thema, die wirtschaftliche Bedeutung der kleinen Brauereien im damaligen Landkreis Ebermannstadt. Also interessante Geschichte, ich habe es gelesen. Und das war sein Faible und, ja, so haben wir angefangen damals. Und ich bin dann halt fünf Jahre später, wie gesagt, durch einen glücklichen Zufall mit dazugestoßen.

Markus: Da sind wir ja quasi fast gleich alt. Und ich muss sagen, Freunde von mir, die haben dann in Nürnberg studiert und wir waren da dann öfters zu Besuch. Und ich weiß noch, dass das damals, waren die ganz stolz, weil sie gesagt haben: „Mensch, bei uns um die Ecke, da gibt es was ganz Besonderes, da gibt es ein Landbierparadies.“ Und da sind wir dann auch hin und da gab es dann so kleine Schüsselchen, da war dann Malz drin, so ein Knuspermalz irgendwie konnte man dann haben und dann eben wirklich diese ganzen besonderen Biere, die man so normalerweise nie bekommen hat. Und das hat dann wirklich so einen Kultcharakter bekommen, dass wir da regelmäßig deswegen nach Nürnberg gefahren sind, aus Bamberg wohlgemerkt. Also das finde ich schon eine großartige Sache. Ist das denn am Anfang auch gleich gut angekommen?

Peter: Die erste Wirtschaft haben wir in der Wodanstraße damals aufgemacht, das ist innerhalb von vier Wochen, ist das Ding gelaufen. Also schon mit ein bisschen Publicity-Arbeit. Wir sind damals abends, nach Feierabend sind wir durch und haben Gutscheine für ein Bier gratis quasi den Leuten in die Briefkästen gestopft, einfach dass die merken, da kommt was Neues. Und, ja, das war damals eigentlich auch eine ganz andere Zeit wie heute. Heute stellt man was auf Facebook, heute kann man mit Emails Werbung machen, damals, das war alles händisch. Ich weiß noch, ich bin da auch abendelang mit 500 Flyern los, habe am Haus geklingelt, dass ich reinkommen und dass da jeder einen Gutschein irgendwo in den Briefkasten bekommt und so haben wir die Leute gezogen. Und wahrscheinlich auch ein Stück weit durch unser Angebot, weil wir ja Wert draufgelegt haben, nicht brauereigebunden zu sein, also wir können verkaufen was wir wollen. Und unser Alleinstellungsmerkmal ist eigentlich, wir schenken Bier in Holzfässern aus, wir haben 600 eigene Holzfässer. Und wir schauen, dass wir wöchentlich eine andere Sorte Bier vom Hahn haben und haben dazu noch 15 oder 18, weiß ich jetzt gar nicht so genau, verschiedene Biere aus der Flasche, die wir dann natürlich auch saisonal immer ein bisschen anpassen. Also wir sind da unheimlich flexibel und gehen auch auf Kundenwünsche, Anregungen von Kunden ein. Also das ist ja auch wichtig, Feedback und das man was draus macht dann.

Markus: Ja, also kann man sagen, gar nicht die Amerikaner haben den Tape Room erfunden, sondern die Franken, könnte man ein bisschen so sagen. Also eigene Holzfässer heißt, ihr habt dann euer Holzfass, acht das entsprechend sauber und bereit und dann fährt man zur Brauerei XY und sagt, ich hätte da jetzt gerne dieses oder jenes Bier rein oder wie funktioniert das?

Peter: Ja, so ganz so einfach ist es heutzutage nicht mehr, früher war es ein bisschen einfach. Mittlerweile merkt man auch ein Stückweit die Personalknappheit bei den Brauereien. Also so ein Holzfass-Handling, das kann auch nicht mehr jeder. Selber haben wir 600 eigene Holzfässer, die hat uns damals die Büttnerei Weis in Weismain gemacht. Der Hans ist aber leider Gottes vor fünf oder sieben Jahren verstorben und wirklich müssen die jetzt doch recht pflegen. Und im Prinzip läuft es so ab, ich setze mich ans Telefon, nachdem ich die Wünsche von unseren Mitarbeitern aus der Gastronomie gehört habe, telefoniere die Brauereien an und frage: „Du, wie schaut es aus, kannst du mir fünf, sechs, zehn, zwölf Hekto Bier abfüllen?“ Und dann sagt der: „Ja, okay, ich habe Zeit.“ Wir packen die Fässer bei uns aufs Auto, der fährt es hin. Und in den Brauereien müssen sie dann halt gewaschen werden zur Not. Im Winter ist es nicht so unbedarft, mussten wir die Ringe nachschlagen, musste es noch mal weichen und die kümmern sich darum. Aber wie gesagt, das kann nicht mehr jeder, Erstens vom Handling her. Die Alten können es noch, die Jungen eher weniger. Und zum Teil sind die ja auch von der Technik her gar nicht mehr dafür ausgelegt, dass die noch mit einem Iso-Barometer abfüllen können. Viele haben auf Keg umgestellt und das geht natürlich mit Holzfässern nicht.

Markus: Ja, ich wollte grad sagen, also so ein Originalholzfass, das muss man schon auch als Füller können, damit dann das auch wirklich voll ist und eben nicht Luft drinbleibt oder zu viel Bier wegfließt. Also da stellt ihr schon die ein oder andere Brauerei vor Herausforderungen, das kann ich mir gut vorstellen.

Peter: Ja, ich meine, es geht ja auch schon an mit dem Waschen. Also unsere Fässer, die sind nicht gepicht, wir haben die ausgekleidet. Und ein Edelstahlfass kannst du viel heißer waschen als so ein Holzfass. Beim Holzfass dann lieber zweimal mit Lauge rein und mit geringerer Temperatur, also maximal 60 Grad, sonst fliegt dir die Beschichtung um die Ohren. Und wenn das Bier dann aber länger steht und nicht gleich innerhalb von fünf, sechs Tagen ausgeschenkt wird, es nimmt den Holzgeschmack an. Und das ist halt, wie gesagt, es kann nicht jeder also und da kann man wirklich sagen, ja, bei den Jüngeren ist es schwieriger. Einige trauen sich ran, die sehen es als Herausforderung. Da muss man reden und sagen: „Du, pass auf, ich weiß es selber nicht genau, wie es gemacht wird. Ruf doch mal bei der Brauerei Wagner in Mergendorf oder beim Hummel in Mergendorf an, die haben da Spezialisten, die haben auch selber Holzfässer, frag doch einfach mal.“ Das ist halt auch das Schöne in diesem fränkischen Mikrokosmos der Brauereien, dass da ein gewisser Zusammenhalt ist, da ist nicht so dieses Ellbogen, wie in anderen Branchen. Die kennen sich untereinander, sind zum Teil gemeinsam auf die Schule gegangen, haben ihren Meister gemeinsam gemacht und das ist einfach ein schönes Miteinander auch, aber jetzt schweife ich schon wieder ab.

Markus: Ja, aber das ist vielleicht durchaus auch ein Thema für später, weil das schon, glaube ich, nicht immer so war, dass die so miteinander waren. Aber da können wir dann ja nachher gleich noch ein bisschen weitersprechen, ich würde gerne noch kurz zu dem Raubritterpils zurückkommen. Also wir haben ja schon drüber gesprochen eben, Lichtenberg, Sonnenbräu, Raubritterpils, es hat sogar einen gelben sonnigen Bierdeckel oben drauf, also wirklich schön. Wie ist es denn, wenn du so Scout-mäßig unterwegs bist? Also nimm uns doch mal mit, wenn du jetzt diese Brauerei besuchst und eben nach einem geeigneten flüssigen Produkt suchst, was du ins Landbierparadies bringen willst, wie funktioniert das?

Peter: Ja, zuerst stelle ich erst einmal einen telefonischen Kontakt her und dann rede ich mit den Leuten. Also für uns ist auch wichtig, die menschliche Basis, also es muss passen, die Chemie muss stimmen natürlich, eh bei uns im Laden was verkauft wird. Ich bin halt ganz gern vor Ort, Erstens weil ich ein bisschen neugierig bin und zum anderen, ich möchte natürlich auch sehen, wie da gearbeitet wird und wie die Mitarbeiter auch untereinander umgehen und da so ein bisschen das drum rum eigentlich quasi. Weil, das ist immer eine schöne Sache auch, wenn die Kunden bei uns in den Laden kommen und fragen, ja, kennst du den, kennst du den und ich hätte da vielleicht eine Idee. Oder warum schmeckt das Bier jetzt mal anders als vor drei Wochen? Und wenn man dann vor Ort ist, sich dann ein bisschen schlaumacht, auch mit den Leuten redet, es ist authentisch dem Kunden gegenüber und es macht natürlich auch unheimlich viel Spaß und man lernt da unheimlich viele Leute kennen. Ich kenne von unseren, ich möchte nicht sagen Lieferanten, das klingt immer so ein bisschen abwertend, von unseren Brauereien 95 Prozent. Und ich bin mit allen per du, ich kenne von manchen die halbe Lebensgeschichte, wo wir jetzt schon länger zusammenarbeiten und das ist einfach ein schönes Miteinander. Und von denen kommt zum Teil auch manchmal ein Tipp, kennst du den oder was macht der oder die oder die fragen. Da ist man manchmal auch so ein Stück weit Mittler zwischen denen.

Markus: Ja und manchmal muss ja auch sagen, in über 30 Jahren, das ist ja mehr als eine Generation. Das heißt, da hast du wahrscheinlich bei dem ein oder anderen auch noch die Kinder erlebt, die jetzt die Inhaber sind oder so, ne?

Peter: Richtig, beziehungsweise die Alten, die leider nicht mehr da sind. Ja, das gehört auch mit dazu, muss man so sagen.

Markus: Das gehört auch mit dazu. Apropos nicht mehr da, um das nicht so traurig stehenzulassen, mein Pils ist nicht mehr da. Das heißt, also es kommt drauf an, wieweit du bist, aber wenn du schon so weit sein solltest, dann könnten wir uns eins der anderen vornehmen.

Peter: Natürlich, habe ich nichts dagegen.

Markus: Okay, also ich lasse dir gerne wieder die Auswahl, weil ich bin tatsächlich ein bisschen überfordert.

Peter: Dann bleiben wir einfach noch ein bisschen im Frankenwald und probieren mal das Rotbier vom Malzschmied.

Markus: Ah! Das ist zum Beispiel eine Brauerei, wo ich noch nicht war. Also das finde ich ganz spannend, auch vom Etikett her, also da sieht man ja tatsächlich eine Schmiede und einen tapferen Recken, der dann irgendwas in die Schmiede hält, man sieht nicht genau was, aber wenn er sich schon Malzschmied nennt, ist ja vielleicht auch was dahinter. Und das heißt Glasmacher Rotbier, das heißt, das spielt natürlich ein bisschen auf die Zeit an, in der eben dort Glas auch hergestellt worden ist. Das zieht sich ja so durch vom Bayrischen Wald ins Fichtelgebirge bis nach Sachsen rüber, wo es eben viel Holz gab. Das war einer der wichtigsten Rohstoffe für die Glasproduktion früher und da hat man dann eben auch diese Glashütten gehabt. Und, ja, jetzt bin ich mal gespannt, wie ein Glasmacher Rotbier schmeckt, schauen wir mal.

Peter: Ja, schenken wir uns mal ein.

Markus: Es könnte eine neue Disziplin werden, Synchron-Einschenking.

Peter: Ja, gute Idee.

Markus: Oh ja.

Peter: Schöner cremiger Schaum.

Markus: Das muss ich sagen, absolut, der begeistert mich.

Peter: Farbe spitze, wirklich richtig schön orange-kupferig. Riecht fruchtig, leicht zitronig, Röstaromen sind mit drin.

Markus: Woah, das hat er echt schön hinbekommen. Also auf den Punkt, in jeder Hinsicht, wie du sagst, Schaum perfekt, Farbe perfekt. Geruch, schöne Mischung aus so eben roten Beeren, auch ein bisschen Mandarine und Erdbeeren, aber auch Citrus und dann die Malzaromatik, die Röstaromatik, die noch mit dazukommen. Und was sich schön abwechselt, was sehr frisch ist auch in der Nase, also gefällt mir echt gut. Wie schmeckt es denn? Also auch wieder sehr cremig im Mund, schöne Kohlensäure. Da kommen auch wieder die Malzaromen, so eine leichte Säure auch irgendwie aus den Röstmalzen, spielt miteinander, sehr interessant. Erzähl uns doch mal ein bisschen was vom Malzschmied. Also nachdem ich ihn nicht kenne, behaupte ich jetzt mal, die meisten Hörer: innen werden ihn auch nicht kennen, also erzähl mal ein bisschen was.

Peter: Der Rob Smith, also mit dem machen wir jetzt seit anderthalb Jahren zusammen was. Da sind wir über Kunden drauf aufmerksam gemacht worden, die da mal im Urlaub waren und den durch Zufall entdeckt haben. Ich persönlich habe bis jetzt leider noch nicht das Vergnügen gehabt, ihn persönlich zu treffen, ich kenne ihn wirklich nur vom Telefon beziehungsweise per WhatsApp. Er sagt jedes Mal. „Ja, wenn du kommst, ich zeige dir das alles.“ Der hat da auch eine schöne Website, aber das ist dann meistens zwei, drei Stunden vorher. Ich meine, man muss dazu sagen, das ist eine kleine Brauerei, er kann davon nicht leben. Der arbeitet noch in Kronach bei einer Brauerei, drei Tage die Woche. Und ja, wenn er weg muss, muss er weg. Und dann, wie gesagt, meistens ist es so, er sagt da: „Ich stelle das Zeug vor die Tür, Lieferschein liegt oben drauf. Stell das Leergut hin oder schreibe es mit auf.“ Und ja, es hat bis jetzt nie funktioniert, also das ist so, wir haben uns immer knapp verpasst. Ist aber ein lieber netter Kerl, ist ein gebürtiger Engländer und ist über ein Blatt gekommen, in Oberfranken, in Kronach damals beim Brauen hängengeblieben und in Franken hängengeblieben und macht jetzt da sein kleines aber feines Ding Wallenfels, was auch Mitten im Frankenwald liegt. Da ist also in 20 Kilometer Umkreis, was ist denn das Nächste da, das ist Bad Steben, Naila in die andere Richtung, Kronach und, ja, einfach mitten drin. Und der ist halt auch ein bisschen ein Stück weit drauf angewiesen, dass man dann für ihn ein bisschen Werbung macht, Publicity macht. Und es ist, also ich meine, der Kerl, der kämpft sich da alleine durch, in einer alten Limonadenfabrik. Von außen sieht man gar nicht, dass das eine Brauerei ist. Wenn man durch das Fenster reinschaut, sieht man es, aber von außen denkt man es nicht.

Markus: Also faszinierend. Und ich muss sagen, da erschließen sich jetzt ja so ein paar Dinge, wenn der Smith heißt, dann ist das wahrscheinlich logischerweise die Verbindung eben zu dem Schmied. Also viele Deutsche würden ja sagen, ein Engländer, der Bier braut, hm und noch dazu bei uns und hm, aber er macht das ja offensichtlich sehr gut. Und man merkt auch, also viele Engländer, die ich kenne, die spielen gerne mit deutschen Sorten, weil die für die so lustig klingen also. Und das merkt man auch, wenn man hier seine Biernamen, ich habe mir mal kurz die Website aufgerufen und da steht jetzt also Flaschnermeister Festbier. Also das möchte ich mal hören, wie das ein Engländer ausspricht, also super witzig, oder ein Flossmeister Pilsner oder ein Holzmacher Helles und am besten, glaube ich, den Druiden, das Hanfbiermischgetränk und ein Wirt Weizen. Also, ja, da können wir gleich an der Stelle eben ein bisschen Werbung machen. Auch wenn wir beide noch nicht da waren, liebe Hörer, da könnt ihr ja mal schneller sein als wir, wäre ja auch cool, dann müsst ihr da unbedingt mal vorbeischauen. Ist wirklich eine tolle Gegend, die auch, also in beiden extremen Wettern besonders schön ist, finde ich. Also richtig tiefer Winter ist da Wahnsinn, also da kann man richtig Meterhohen Schnee erleben bei strahlendem Sonnenschein, wunderschön. Und andersrum, im Sommer hat man da auch ganz, ganz tolles Klima, weil es eben durch den vielen Wald nicht ganz so heiß ist. Also wirklich ganz tolle Gegend, kann man nur empfehlen, da mal hinzufahren. Ja und du hast ihn also über Freunde entdeckt. Und wie ist das jetzt, wenn ihr die, zum Beispiel so jemanden wie ihn, aufnehmt in euer Sortiment, nehmt ihr dann ein Bier oder alle oder probiert ihr erst mal aus oder wie macht ihr das?

Peter: Bei ihm, muss ich jetzt sagen, war es da ein Schuss ins Blaue, weil es halt einfach zu weit ist und es hat auch nicht funktioniert, jetzt da zu sagen, du, schick mir mal von jeder Sorte zwei Flaschen. Wie gesagt, ich habe mich mit einem Kumpel unterhalten und der hat gesagt: „Okay, das ist ein super Bier.“ Und dann habe ich gesagt: „Wenn ich schon da oben bin, dann nehme ich halt gleich einmal 10 Kisten mit“ und es hat funktioniert. Wobei man sagen muss, wie gesagt, er ist recht klein. Ich meine, die Sorten, die du jetzt bei ihm auf der Seite gefunden hast, die hat er auch nicht immer permanent alle vorrätig. Jetzt im Moment habe ich von ihm auch bloß das Rotbier da, das Holzmacher und das Flossmeister, die anderen, die kommen jetzt dann irgendwann Mal wieder. Das ist halt einfach von der Kapazität her, das kriegt er nicht hin.

Markus: Naja, ist ja klar, wenn er das nebenbei macht. Und schaut auch sehr sympathisch aus, also ich werde die Homepage auch heute in den Shownotes verlinken, dann können es sich die Leute vielleicht auch ein bisschen anschauen. Und wie haben denn dann eure Kunden reagiert, die kannten den ja wahrscheinlich auch alle noch nicht, oder?

Peter: Ja, bei uns, ist schwierig zu sagen, von der Kundschaft. Wir haben, sage ich mal, zu 75 Prozent haben wir Stammkunden. Es gibt Kunden, die kaufen aus unserem reichhaltigen Angebot ihre Sorte Bier und wenn die aus ist, dann stellen die den leeren Kasten hin, auch wenn sie noch 399 Alternativen hätten. Und dann haben wir die Crafties, die sind meistens bei uns so von Donnerstag bis Samstag unterwegs, die sind dann auch mit Untapped-App unterwegs, die fragen, was habt ihr Neues, die sind offen für sowas. Und das ist dann auch so eine Sache, man muss es auch so ein bisschen höherpreisig verkaufen wie ein, sage ich einmal in Anführungszeichen, normales Landbier. Da gibt es andere, die sagen, nein, das ist mir zu teuer, ich zahle nicht mehr wie einen Euro für die Flasche. Aber wie gesagt, es gibt, ja, wie gesagt, unsere Crafties, die machen dann die Kühlschränke leer und, ja, die sind offen für sowas. Und dann gibt es dann auch, ja, auf Facebook gibt es dann halt die Community, wo die Leute dann sagen, ich habe das getrunken, hast du das auch schon probiert? Und das schaukelt sich dann irgend so ein bisschen ein Stück weit hoch. Die Menschen sind verschieden, dass ist, ja.

Markus: Ja, ich überlege grade, wie wohl ein klassischer Nürnberger Biertrinker vor 35 Jahren auf dieses Bier reagier hätte. Der hätte sich wahrscheinlich schon an der Flasche gestoßen, weil es nur 03 ist und kein Seidel. Aber ich glaube, da hat sich doch auch einiges verändert oder, wie so normale Menschen auf Biere mittlerweile schauen.

Peter: Ja, also das muss man sagen, vor 35 Jahren hätte kein oder kein normaler Nürnberger Biertrinker damit groß was anfangen können. Erstens von der Menge her, der hätte gesagt, das sind drei Schluck, dann ist es leer. Mittlerweile, es hat sich ein bisschen geändert, auch das Konsumverhalten, die Leute kaufen bewusster ein. Was uns jetzt auch als Getränkefachhändler, muss man auch ganz deutlich sagen, ein bisschen das Leben schwermacht, sind die Billigangebote von den großen Brauereien. Da fehlt irgendwo auch ein Stück weit die Wertigkeit, auch die Wertschätzung dem Brauer gegenüber. Also da, das ist ein unheimlicher Prozess, unheimlich arbeitsintensiv, ein vernünftig wohlschmeckendes Bier zu machen, dann auch an den Mann zu bringen. Viele von den Kleinen tun sich da auch mit Marketing ziemlich hart. Und von daher finde ich es schön mit eurem Bierführer, den ihr macht, da kann man Leute schon mit der Nase auch mal draufstoßen, hopala, da gibt es noch mehr wie bloß Brauerei A, B, C, sondern es gibt noch mehr. Und Bierland Oberfranken kann man ja auch noch erwähnen, die da ein bisschen was machen, da hat sich schon was getan.

Markus: Ja, das stimmt. Ich überlege grade, wann wir damit angefangen haben, das war so 2005/06 rum oder so. Und das war ja in der Tat, war ja im Grunde eine Fortsetzung. Vorher gab es ja den Stefan Mack, der da zumindest die Biergärten oder Bierkeller sagen wir ja dazu, schon so ein bisschen beleuchtet hat und dann haben wir halt angefangen, dass auszudehnen auf ganz Franken. Und ich kann mich auch erinnern, eine meiner schönsten Pressekonferenzen war, als wir damals, ich glaube, das war der erste gesamtfränkische Brauereiführer, den haben wir bei euch im Landbierparadies in Nürnberg vorgestellt und das war ein ganz schöner Abend. Da war der David Hertl dabei, der war damals grade ganz frisch, hat der aufgehabt, hatte auch ein Fass von seinem Bier. Und es waren, glaube ich, über 90 Leute da, also Wahnsinn, auch viele Menschen und viele Brauer auch natürlich, auch viele Journalisten und das war wirklich so ein richtiges Bier-Happening. Und das hat natürlich zu eurem Laden auch super gepasst, das war wirklich ein ganz, ganz schönes Event. Ich weiß gar nicht, kannst du dich an das noch erinnern?

Peter: Wann war das, hast du gesagt?

Markus: Ich weiß es nicht mehr, 2010 vielleicht oder so. Kann ich aber verstehen, du hast ja viel um die Ohren und viel schon erlebt in deinem Laden. Aber das war wirklich, also fand ich wirklich schon denkwürdig, weil man da auch so ein bisschen gemerkt hat, wie so die klassischen Brauer natürlich gegeben hat und wie dann so die nächste Generation, so wie der Stefan vom Schanzenbräu und dann eben die ganz junge Generation wie der David Hertl, wie das so doch ineinandergreift und wie sie dann doch so ein bisschen auch miteinander dann doch gut können und immer besser können. Und wie auch eben bestimmte Bierstile wie so ein Revival erleben. Und das haben wir hier auch mit dem Rotbier, darf man ja auch nicht vergessen, das war ja ausgestorben, fast jedenfalls und ist eigentlich ja der fränkische Bierstil und insbesondere der Nürnberger Bierstil. Insofern schön, dass es da jetzt immer mehr Brauereien gibt, die den auch wiederbeleben. Und ich muss wirklich sagen, deine Aussage vorhin war richtig, das ist in der Tat eins, was echt gut läuft. Also ich wäre bereit für das Nächste, sagen wir mal so. Also wie gesagt, du musst mich gerne bremsen.

Peter: Nein, kein Problem, das ist völlig in Ordnung. Dann hätte ich gesagt, bleiben wir noch mal ein bisschen im Norden und gehen aber dafür ein bisschen weiter nach Osten, nach Selb und probieren einfach mal das Bier von der Kommunbräu Sechsämterland.

Markus: Ah, da haben wir ja, glaube ich, jetzt zwei verschiedene Biere, oder?

Peter: Richtig.

Markus: Also bei mir steht Helene Maria drauf, Irish Red Ale.

Peter: Ja, du hast das Red Ale. Das war aber innerhalb kürzester Zeit weg bei uns, ich habe leider keins mehr erwischt. Ich habe dafür von denen ein Haferl Stout, eine fränkische Interpretation eines Stouts.

Markus: Das klingt doch auch gut. Ja, wer soll anfangen? Virtuell Schnick, Schnack, Schnuck kann man ja, glaube ich, nicht spiele.

Peter: Wir können auch wieder synchron öffnen.

Markus: Oder wir öffnen synchron, also machen wir mal. Dass ist ja hier interessant, weil, das ist mal eine Flasche, die jetzt kein klassisches Etikett hat, sondern hier hat man einfach einen Streifen Papier, bei mir ist der rot und da ist dann halt draufgedruckt, was drin ist. Und der ist dann einmal über den Flaschenhals drüber geklebt sozusagen, sodass es auch den Kronkorken mit umfasst. Und um an den jetzt ranzukommen, muss ich dieses Papier erst mal da aufreißen.

Peter: Ja, das habe ich gemacht.

Markus: Ach, dass hast du gemacht?

Peter: Ja, ja.

Markus: Das heißt, die haben eigentlich gar kein Etikett oder wie?

Peter: Die haben Etiketten, das sind selbstklebende kleine Etiketten, sie sie draufmachen. Problem ist bei denen immer die Abfüllerei in die Flaschen. Also ich habe es bei denen jetzt einfach so gemacht, ich habe mir von denen zwei 50-Liter-Fässer geholt, wir haben einen kleinen Gegendruckhandfüller und da habe ich mich, ja, zwei Stunden mal bei uns in den Hof gestellt und habe das selber rausgezogen, weil die es einfach nicht geschafft haben, selber abzufüllen.

Markus: Also das ist ja auf der einen Seite ein unglaublicher Service, also dass man das macht, dann aber auch eine Wahnsinnsleistung für den Kunden, weil er so an Biere kommt, die er normalerweise nie hinkriegt. Und zeugt natürlich auch von deiner Leidenschaft, sowas überhaupt zu machen. Da ist natürlich cool, also vielen Dank, das ehrt mich jetzt sehr, ein handabgefülltes Bier von dir haben zu können. Und ich muss sagen, ich fange vielleicht mal an, weil es ganz witzig ist, das ist ja im Grunde ein bisschen die Parallele, wir hatten grade das Rotbier, was im Grunde ja eben ein untergäriges rötliches malzbetontes Bier ist und jetzt haben wir hier ein Red Ale, was das Gegenstück eigentlich ist. Im Grunde von der Geschichte her sehr ähnlich, von der Entwicklung und haben jetzt praktisch dann die irische Version obergärig und auch wieder eben so rotbraun, von der Farbe her ein Ticken dunkler. Und vom Geruch her, muss ich sagen, geht es noch ein bisschen mehr ins Fruchtige. Also wo wir vorhin so einen leichten Anklang von Erdbeeren haben, haben wir jetzt einen richtig kräftigen Anklang von Himbeeren. Das hatte ich so in einem Red Ale auch noch nicht, also wirklich sehr, sehr intensiv. Und ganz lustig, da drum rum kommen dann so Aromen in der Nase, die haben fast was von Vollmilchschokolade. Also da hat man die Assoziation von so einer Himbeere in Schokolade, das ist etwas, was ich auch gerne mag, muss ich sagen. Hätte ich jetzt mit einem Bier nicht sofort assoziiert, habe ich hier aber voll. Und aber auch sehr, also ist was, ja, wo man ein bisschen lächelt, wenn man das riecht, wo man sich freut auf das Bier. Jetzt bin ich mal gespannt. Ja, hält auch, was es verspricht. Also am Gaumen auch diese malzigen Noten, die wir vorhin auch beim Rotbier hatten, aber jetzt eben noch mehr das Fruchtige, geht tatsächlich in diese Himbeer-, Mandarine-Richtung auch, sehr interessant. Und hinten raus kommt dann ein bisschen schokoladig, ein bisschen nussig. Sehr interessant, also noch was, was ich so nicht kannte. Musst du uns auch gleich noch ein bisschen aufklären, was das genau ist. Aber vorher kannst du uns ja ein bisschen mitnehmen, was du denn da im Glas hast.

Peter: Ja, also ich habe ein Haferl Stout von den Jungs im Glas. Ein dunkles Bier mit 6,5% Alkohol. Es riecht röstmalzig, manchmal riecht das Obst raus. Wenn man es trinkt, überrascht einen doch die eigentlich etwas untypische Restsüße für ein Stout. Und der Maik hat damals zu mir gesagt, dass Bier ist noch nicht ganz durch, lass es noch vier Wochen stehen, bis du es abfüllst. Ich habe es fünf Wochen stehengelassen, kann sein, dass es noch nicht ganz durchvergoren ist, wie gesagt, die letzten vier Wochen durfte es bei uns im Kühlhaus reifen. Es ist wunderbar weich, mild, schön rund, also eigentlich nicht wie ein klassisches Stout, was eher nach Bitterschokolade und viele Röstmalzaromen hat, das hat man hier eher weniger. Also wie gesagt, ich finde es eine schöne fränkische Interpretation eines Stouts.

Markus: Und Haferl heißt, dass dann auch Hafer drin ist?

Peter: Das ist mit Hafermalz gebraut, Gerstenmalz und Hafermalz.

Markus: Ja, ist bei meinem auch drin, also haben die offensichtlich ein Faible für Hafer. Was ich aber gut verstehen kann, ich habe schon viele Biere mit Hafermalz getrunken, weil ich das prinzipiell sehr interessant finde und auch gerne mag. Wird oft eingesetzt, um einfach den Bieren noch richtig schönen Schaum zu geben und insgesamt eine schlanke Note zu geben. Also passt auch schön bei mir auf jeden Fall super und bei dir ja auch, so wie ich da rausgehört habe, sehr spannend. Ja, vielleicht kannst du uns noch ein bisschen aufklären, also Kommunbräu, okay, das sind jetzt viele Menschen, die teilen sich irgendwie ein Brauhaus, vielleicht sogar in historisches, weiß ich nicht, und Sechsämterland, das ist die Gegend da wahrscheinlich. Aber was steckt dahinter, wer ist das, was tun die da?

Peter: Die Kommunbräu Sechsämterland, das ist eigentlich eine kleine Kommunbräu, die hat, weiß ich jetzt gar nicht genau, zwischen 30 und 40 Mitglieder. Es ist halt wirklich bei vielen Genossenschaftsbrauereien, die ich kennenlernen konnte so, es gibt einige wenige, die machen die Arbeit, die anderen haben da Anteile reingesteckt. Ist ähnlich bei denen, das sind zwei Leute, die brauen. Interessant ist, die sind immer auf der Suche nach historischen Rezepten. Also da sind fünf Leute wirklich unterwegs, die schauen in alten Archiven, alten Hofhaltungen und fragen bei Brauereien an, Heimatkundemuseen, ob es alte Rezepte vom Bier gibt? Das älteste Rezept, was die haben, das ist meines Wissens nach aus dem 30-jährigen Krieg und das versuchen die dann halt nachzubrauen. Und wie gesagt, ich habe von denen letztes Jahr ein Weizenbier gehabt, also das war nach dem Rezept von der Jahrhundertwende 1900, das hat ganz anders geschmeckt als Weißbier zu heutigen Zeiten. Also das war null bananig, null Fruchtaroma, das war einfach nur eine Getreide-, Weizenbombe, hat was gehabt. Jetzt machen sie da wieder was mit Eichenrauchmalz. Das holen wir die Woche und wenn ich es schaffe, fülle ich es nächste Woche ab, dann gibt es das zum Tag des Bieres. Und, ja, die machen halt kleine aber feine Sachen. Die brauen in einem Keller von einem Einfamilienhaus, den die schon da ein bisschen ausgebaut haben auf einem 2-Hekto Braumeister. Einen Raum haben sie umgebaut, da stehen drei Lagertanks drin. Und wie gesagt, sind eigentlich immer die zwei oder drei Leute, die ich da treffe, die da am Arbeiten sind und die anderen forschen und schauen, dass sie immer wieder was Neues herkriegen.

Markus: Ja, die, die forschen und trinken wahrscheinlich dann so, passt es ja irgendwie dazu. Das klärt aber auch schon wieder viel auf. Also weil, das finde ich auch oft interessant, wenn man sich eben Gedanken macht um historische Biere. Und das ist zum Beispiel so, dass früher bei ganz, ganz vielen Bieren Hafer immer einen wichtigen Anteil hatte, weil das war einfach das billigste Getreide. Es war überall verfügbar, ist überall gewachsen und dementsprechend war in sehr, sehr vielen Bieren ein großer Anteil Hafer. Und auch jetzt, was du sagst über das Weizen, natürlich, ich meine, die Hefe ist nichts anderes als ein domestiziertes Haustier, heute zumindest und das war früher natürlich auch ein bisschen anders. Und diese Aromen, die wir heute bei den typischen Weißbieren haben, die sind natürlich entstanden über diese Zeit der Domestizierung. Das heißt, früher war das deutlich anders, also da hat man das sicherlich nicht so gehabt, wie wir das jetzt kennen. Und finde ich toll, dass sich jemand die Mühe macht und die Arbeit macht, noch dazu in dem kleinen Maßstab, das zu machen. Wie hast du die entdeckt?

Peter: Auch wieder über Kundschaft. Wir haben bei uns einen, der hat für sich selber eine Challenge aufgetan vor zwei Jahren, der hat gesagt: „Ich möchte von jeder fränkischen Brauerei ein Bier trinken.“ Und ab und zu kommt er auch bei uns da mal vorbei, kauft sich was und dann reden wir halt immer und da sagte er: „Bei denen war ich jetzt draußen gewesen. Da musst du über eine ganz enge Treppe in den Keller runter, da haben die so einen kleinen Raum. Und wenn du höflich fragst, kriegst du ein Bier.“ Und da habe ich gesagt: „Tolle Sache, wo sind denn die?“ Und der hat mir dann einen Kontakt hergestellt und, ja, so sind wir mit den Jungs dann ins Gespräch gekommen und es funktioniert ganz gut also. Ja, das war halt jetzt wirklich Kundeninformation, Kundentipp. Ich bin dann hin und wir haben uns unterhalten, es hat gepasst, das Bier schmeckt, alles gut.

Markus: Ja, wunderbar, perfekt. Aber das bedeutet schon auch, ich meine, da hat, glaube ich, jetzt ehrlich gesagt, auch deine Persönlichkeit viel damit zu tun, weil du offensichtlich dann ja einen Draht aufbaust auch sowohl zu den Brauern als auch zu euren Kunden. Und man dann eben zusammenkommt, miteinander spricht und sich dann solche Sachen erzählt und dann auch wieder weiß, es kommt an, da passiert dann irgendwas. Das führt uns ein bisschen zurück zu dir, da haben wir ja noch gar nicht so drüber gesprochen. Wie kamst du denn überhaupt also generell zu dem Thema Bier? Wahrscheinlich wie jeder, der hier irgendwie groß wird, aber weiß. Und wie hat sich das dann so ergeben, dass du gesagt hast, okay, das ist jetzt wirklich meine Lebensaufgabe, also das ist ja schon noch mal ein Sprung.

Peter: Ja, das war, wie gesagt, damals zu meiner Zivildienstzeit wenig Sold. Ich war Heimschläfer, war nicht in so einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht. Die haben mir damals 425 D-Mark, habe ich Sold bekommen, plus Essensgeld, plus die Miete. Aber wenn du irgendwohin willst, ich war damals bei der Diakonie in Neuendettelsau, in einer Werkstatt für geistig behinderte Menschen. Und, ja, die Zeitung durchgeschaut und gesagt, irgendwie musst du schauen, dass da noch ein paar Mark reinkommen. Und so bin ich halt über den Joschi gestolpert, der hatte damals inseriert, ja, ich suche einen Fahrer, der im Laden auch ein bisschen was macht. ein bisschen so ein Allrounder. Und dann habe ich gesagt: „Okay, mache ich.“ Und dann habe ich halt Freitagnachmittag, Samstag habe ich da gearbeitet. Habe dann noch nach meiner Zivildienstzeit, das war ich dann auch noch nicht so schlüssig, gehe ich jetzt zum Joschi oder mache ich im sozialen Bereich weiter. Habe dann eine Ausbildung als Heilerziehungspfleger angefangen, habe das Ganze zwei Jahre gemacht, habe dann aber feststellen müssen, dass das für mich zu anstrengend war auf Dauer, mit so, sage ich einmal, verhaltensauffälligen Menschen zu arbeiten und habe mich dann quasi entschieden, beim Joschi anzufangen. Das war eine interessante Zeit, muss man sagen, die Zivildienstzeit damals, auch das, was ich danach gemacht habe, dass man auch mal die andere Zeit sieht, wie leben so Leute, wie leben so Menschen und was ist nötig, um so Menschen im Leben zu begleiten. Von daher finde ich es halt irgendwo ein Stück weit schade, dass es die Wehrpflicht und damit auch die Zivildienstpflicht nicht mehr gibt. Aber ja, das war eigentlich so mein Einstieg. Und dann, ja, fahr mal dahin, fahr mal dahin, wie ich dann beim Joschi war, man kommt dann mit den Brauern ins Gespräch. Und wie gesagt, ich bin von Haus aus da auch immer ein bisschen neugierig, wissbegierig und habe mir das eine oder andere zeigen lassen und nachgefragt. Und dann, ja, irgendwann habe ich gesagt: „Ej, das schmeckt und wenn dich jemand fragt, das ist ein Produkt, da kann ich auch dahinterstehen, das kann ich auch guten Gewissens einem Menschen anbieten.“ Also ich würde mich wesentlich härter tun, jetzt Versicherungen zu verkaufen. Dass ist auch nötig, sicherlich, aber das, was ich jetzt mache, das macht einfach Spaß und, wie gesagt, wenn es einmal eine Stunde länger ist, habe ich eigentlich kein Problem damit. Dass ist bei uns im Laden, das ist wie mein zweites Wohnzimmer, da fühle ich mich wohl. Und die Kundschaft, ja, die Frauen schauen immer ein bisschen, das ist bei uns mehr so, ja, wie ein Schuhladen für Männer, sage ich manchmal, für begeisterte Männer. Und, ja, das ist einfach schön, das macht einfach Spaß.

Markus: Ihr habt jetzt keine kleine Bank mit so ein paar, was weiß ich, englischen Magazinen über irgendwelche Royals oder sowas, dass die Frauen sich da hinsetzen können, das habt jetzt nicht, ne?

Peter: Nein, nein, haben wir nicht, das haben wir nicht. Es gibt natürlich auch, muss man sagen, bei uns auch in der Kundschaft bierbegeisterte Frauen. Wir haben da ein chinesisches Ehepaar, was bei uns eigentlich ziemlich regelmäßig einkauft, ein- bis zweimal im Monat und da gibt sie also ganz bewusst den Ton an und der Mann läuft eigentlich quasi mit dem leeren Bierträger hinterher, sie sucht aus. Und es ist schön auch, wenn man sich mit denen unterhält, was die sich hier in den Jahren dann angeeignet haben. Da ist ja wirklich ein richtiges Interesse da, die wollen ausprobieren, Geschmäcker und wollen dann natürlich auch irgendwo ein Stück weit ein bisschen eine Geschichte hören über die Brauereien.

Markus: Ja, das macht ja auch Spaß und das kannst du ja auch, also insofern, das ist ja auch toll, dass du es eben entsprechend erfüllen kannst. Und ich muss auch sagen, ja, uns verbindet echt viel. Also ich habe auch Zivildienst gemacht und war damals bei den Matesern in Behindertenarbeit und Altenarbeit, also beides Pflege auch. Und muss auch sagen, also mir hat das auch viel gegeben und auch mein Leben und meinen Blick aufs Leben deutlich verändert, weil man halt auch merkt, wie viel man allein dadurch hat, dass man eben nicht in irgendeiner Form eingeschränkt ist. Also man hat einen anderen Blick auf den Wert von Leben und die Wertigkeit von Leben. Und dass man auch sieht, wie eben jetzt jemand, der verschiedene Einschränkungen hat, trotzdem ein glückliches Leben leben kann und total zufrieden ist, so wie es ist und sich freuen kann. Oder auch die alten Menschen, für die man dann teilweise die einzige Freude war, die da in der Woche zweimal gekommen ist. Und dass ist einfach, das muss ich auch sagen, finde ich auch schade, dass das nicht mehr der Fall ist, weil, ich glaube, dass würde vielen jungen Menschen einfach helfen in einer Phase, wo man schon eh schwertut, sich zu orientieren, einfach eine gewisse Erdung auch zu bekommen, was Leben alles sein kann, was das alles bedeutet und wie das sich eben entwickeln kann und wie man miteinander als Gesellschaft auch einfach sein muss und sollte und füreinander da sein sollte. Und das ist in der Tat was, wo ich auch schade finde. Wobei, könnte ja jetzt dann vielleicht ja kommen, schauen wir mal, wie sich das so entwickelt. Naja, wie sagst du so schön, wir schweifen schon wieder ab, aber ist ja auch okay. Apropos, also wir hätten ja jetzt immer noch vier und jetzt, wenn ich schätzen würde, würde ich sagen, du würdest jetzt noch mal sagen, wir bleiben da in der Ecke, oder?

Peter: Jetzt muss ich mal gucken, wir könnten noch im Fichtelgebirge bleiben. Dann gehen wir mal nach Weißenstadt zur Brauerei Michael.

Markus: Das ist ja auch eine sehr spannende Brauerei. Ich muss sagen, Weißenstadt ist mir in Erinnerung geblieben, weil, wenn man da reinfährt, dann hat man auf der rechten Seite die historischen Bierkeller. Also das hat ein bisschen so ausgeschaut wie Auenland oder so, also so ein Hügel. Damals gab es noch gar keine Verfilmung von Herr der Ringe, aber man hat sich wirklich an diesen Hügel mit den ganz vielen kleinen Türmchen und sowas erinnert. Und das sind alles Eingänge in Keller, wo man da eben vorbeifährt und weiß dann eben, okay, das war auf jeden Fall mal eine große Bierstadt. Und damals gab es, glaube ich, noch zwei Brauereien da, ich glaube, heute ist es nur noch die eine. Aber vielleicht auch nicht, weißt Du wahrscheinlich besser als ich, aber auf jeden Fall toll. Ich mache mal auf.

Peter: Welches hast denn du jetzt von Michal, das Helle, glaube ich, ne?

Markus: Ja. Hermann´s Hell steht bei mir drauf.

Peter: Ja und ich habe das Märzen, weil das Helle bei mir schon wieder weg ist. Der gute Mann ist auf Reha und haben nichts machen können. Aber das, glaube ich, wird jetzt keinen Abbruch tun.

Markus: Nein, das ist ja auch ganz schön, dann können wir uns ja gegenseitig so ein bisschen vorverkosten. Also mein Helles hier hat wirklich einen ganz wunderbaren Schaum, richtig schön stabil, steht immer noch, obwohl ich jetzt das Glas ja schon mehrmals benutzt habe. Normalerweise ist das sehr hinderlich für den Schaum, aber hier, steht immer noch wie eine Eins. Man hat eine schöne, ja, auch goldgelbe Farbe. Ganz leichte Trübung, aber ist klar, der wird es unfiltriert abfüllen, aber die Farbe ist großartig. Die Bläschen von der Kohlensäure steigen so ganz langsam nach oben, wollen da irgendwie raus und nehmen dann eben Aroma mit, was man dann auch, wenn man reinriecht, richtig schön hat. So ein bisschen Honig, ein bisschen, ja, ganz dezent, ein bisschen grasig, grün, kräutig, ein bisschen Citrus. Sehr zurückhaltend, wie das bei einem Hellen halt so ist. Und auch eine schöne süße Note mit dabei. Probiere ich mal. Also schönes cremiges, weiches Mundgefühl. es fängt eher tatsächlich wie ein Pils an, also mit einer Herbe, geht dann aber schnell, kommt diese leichte Süße, diese Honignoten, die dominieren dann. Und dann kommt aber noch mal die Bittere im Abgang, bleibt dann auch ein bisschen da, also kitzelt einen so ein bisschen, also wie ein klassisches Helles eigentlich. Also dafür auch verhältnismäßig viel Aroma, muss ich sagen. Also ein Bier, was einem doch auch was erzählt, das finde ich auch gut und hat eigentlich alles, was es haben muss. Also kann ich mir sehr gut auch vorstellen zu einem schönen Frankenwald-Gericht, also fein, schön. Wie ist es bei dir?

Peter: Ich habe das Märzen, das Weißenstädter Seezauber Märzen vom Hermann Michael. Das ist ein schönes goldgelbes, fast kupferiges Bier mit einem schönen, feinporigen, kompakten Schaum. Es riecht getreidig, nicht wie eine frische Sommerwiese, sondern wie eine richtige Sommerwiese, leicht süßlich im Geruch. Vom Geschmack wunderbar weich, süß, mit einer feinen Restbittere ist wunderbar ausbalanciert, finde ich. Schön breit, schön vollmundig im Mund und süffig, da kriegt man Lust auf ein Zweites.

Markus: Also das macht er gut. Also wie gesagt, damals, als ich da war, war das ja noch eine richtige, also in Anführungsstriche richtige, eine Brauerei mit einem größeren Ausstoß. Mittlerweile macht er, glaube ich, hauptsächlich seine Braukurse noch, ne?

Peter: Ja, der Hermann hat ein bisschen Pech gehabt vor ein paar Jahren. Ist eine kleine Brauerei, also er hat es damals mit einem Angestellten und seiner Frau gemacht. Und beim Bierausfahren ist er vom Laster gefallen, hat sich einen Oberschenkelhalsbruch zugezogen und da war das ganze Ding erst mal für ein Dreivierteljahr durch. Er hat das Bier dann zeitweise im Lohnbrauen herstellen lassen bei der Lang-Bräu in Schönbrunn und dann wollte er eigentlich Ende 22 seine Brauerei verkaufen, der Hermann ist jetzt auch 67. Der Verkauf hat dann, aus welchen Gründen auch immer, nicht funktioniert und dann hat er gesagt: „Okay, dann müssen wir halt ein bisschen weitermachen.“ Das große Sudhaus ist zu, das bleibt auch zu, er hat noch eine kleine Braumeisteranlage in seiner Bierwerkstatt. Und das hast du richtig gesagt, bietet er Braukurse an, macht auch Bier. Und der füllt halt mittlerweile minimalistisch genauso raus wie ich es mache, mit einem eigenständigen Gegendruckhandfüller. Da hat er ein Mädel aus dem Ort, die ihm hilft. Also der hat er das gezeigt, die füllt das raus aus dem Fass, etikettiert es mit der Hand, das Ganze. Und dass verkauft er jetzt in ganz, ganz kleinen Rahmen halt in seinem Getränkemarkt. Also der hat es halt wirklich zurückgefahren, weil, mit 67 Jahren, kann man verstehen, aber der Hermann ist so ein unheimlich umtriebiger, netter, warmherziger Mensch. Und der hatte damals im Corona-Lockdown wahrscheinlich doch ein bisschen Langeweile gehabt, also er ist der einzige Braumeister, denn ich kenne, der mittlerweile drei Krimis aus dem Fichtelgebirge geschrieben hat.

Markus: Ja, also das kann man auch nur, wollte ich grade noch sagen, das ist echt witzig, kann man den Hörern auch wirklich als Empfehlung geben, da mal sich das ein oder andere Buch zu bestellen. Und ich habe ihn damals auch kennengelernt, als ich da war, das ist wirklich ein ganz, ganz lieber Kerl und sehr zuvorkommend und einfach, ja, herzlich und das ist schön. Und ich muss sagen, bei dem Verkauf, da habe ich mich erinnert, das war das letzte Mal, wo ich mit denen so in Berührung gekommen bin, das war ja auch so in der Pandemie irgendwie, da hatte ja jemand eine ganz witzige Idee und hat gesagt, okay, da gibt es ja diese Crypto-Währungen und dann gibt es diese NFTs, also digitale Kunstwerke und dann hatten die eben die Idee, das kann man doch zusammenbringen. Also wir verkaufen jetzt eben so digitale Kunstwerke, so NFTs und jeder, der eins kauft, kann dann im Jahr soundso viel Bier dafür bekommen und hat zusätzlich noch den Wert von diesem digitalen Kunstwerk. Und das heißt, glaube ich, MetaBrew oder heißen sie jetzt, irgendwie so. Und dann wollte die ja da eben ursprünglich hin, nach Weißenstadt und sind da jetzt in Naila gelandet, in der ehemaligen Bürgerbräu. Und haben noch dazu, das war, glaube ich, jetzt neu, die Marke Mathäser aufgekauft aus München und machen jetzt ein Mathäser Bier in Franken. Also sehr interessant auch mit dieser ganzen Geschichte eben auch mit NFTs. Und es scheint ja irgendwie zu funktionieren, also sie haben alle Kunstwerke verkauft und dementsprechend gibt es da auch genügend Leute, die diese Bierdosen, tatsächlich Dosen, dann auch haben wollen. Hast du mit denen schon mal Kontakt gehabt?

Peter: Nein.

Markus: Nein, okay. Ich auch nur bedingt, also nur ein bisschen per E-Mail und so, sonst auch noch nicht, aber sehr spannend auf jeden Fall auch.

Peter: Hat aber auch einen gewissen Grund bei uns. Wobei jetzt, die Bierdose ist wieder am Kommen. Ich sage mal, wir verkaufen bei uns im Laden ausschließlich Mehrweg. Die einzige Ausnahme, die wir haben, ist eigentlich diese 5-Liter-Partydose, das ist Einweg und Wein natürlich, aber ansonsten haben wir gesagt damals konsequent, also kein Einweg und wozu ja die Dose, obwohl sie bepfandet ist, auch zählt. Von daher, es gibt da interessante Biere in Franken, die in Dosen abgefüllt werden, aber das ist bei uns, wollen wir eigentlich nicht. Wir sagen: „Wir setzen konsequent auf Mehrweg, das müssen wir unterstützen, sonst geht die Bude noch weiter zurück.“

Markus: Ja, ist ja auch aller Ehren wert. Wobei natürlich die Dose tatsächlich auch in Franken immer mehr wieder Fahrt aufnimmt und jetzt mit Rittmayer auch die erste Brauerei ja eine Dosenabfüllung hat. Also größere Brauerei, es gab schon vorher andere, aber im größeren Stil, vor allem bietet er eben auch für andere an, dass sie dann ihre Biere in die Dosen abfüllen können. Und das ist dann natürlich noch mal ein Punkt, wo sich das noch mal ein bisschen weiterdreht, aber muss man sehen, also da ist viel Entwicklung auch drin. Aber ich glaube, die ein oder andere Hörerin oder der ein oder andere Hörer ist jetzt ein bisschen aufgeschreckt, als du gesagt hast, es gibt Wein bei euch im Landbierparadies, na sowas.

Peter: Ja, wir haben vom Weingut Burrlein, verkaufen wir Wein, das ist ein kleines aber feines Weingut in der Mainschleife. Was aber noch ganz interessant ist, wir haben aus Ebermannstadt den Pomme Royale, also da wird dann Schaumwein aus Streuobstäpfeln gemacht in Bierzertifizierung. Und wir haben aus Kalchereuth einen Süßkirschsecco. Die fördern da ein Stück weit auch den Erhalt der Streuobstwiesen, was ja auch ein fränkisches Kulturgut ist. Und die arbeiten da mit dem Bund Naturschutz zusammen. Da ist die Flasche nicht ganz billig, aber da geht ein gewisser Prozentsatz vom Verkaufserlös direkt an den Bund Naturschutz.

Markus: Ja und das ist auch eine tolle Geschichte. Also zu dem Pomme Royal oder Chalmania, da gibt es ja auch eine riesen Geschichte, die müssen wir mal ein anders Mal breittreten, nicht hier und heute, das ist, glaube ich, zu viel. Ja, aber das ist auch so typisch Franken, weil, also eigentlich sind das alles ganz liebe Menschen, aber es sind auch doch die ein oder anderen Eigenbrötler dabei. Ab und zu kriegt man sich auch ein bisschen in die Haare und dann versöhnt man sich aber wieder, es ist durchaus spannend. Wie erlebst du denn so diesen Dreiklang, den wir so in Franken haben? Also so Nürnberg, Mittelfranken, wie es da so ist, dann eben so, wo wir jetzt grade sind, härtestes Oberfranken, eben so Weißenstadt, Wunsiedel, bis runter eben nach Bamberg und auf der anderen Seite dann eben die Unterfranken, Würzburg, bis Aschaffenburg, erlebst du da Unterschiede bei den Menschen, bei den Bieren, wie geht es dir da?

Peter: Das ist jetzt eine gute Frage. Es gibt sicherlich Unterschiede, habe ich aber, ehrlich gesagt, bis jetzt gar nicht so genau drauf geschaut. Ich sage, in der Fränkischen Schweiz haben wir die höchste Brauereidichte, geht man weiter nördlich, wird es ein bisschen weniger, geht man nach Unterfranken, wird es auch weniger geben. Geht man dann nach Mittelfranken, geht man ins südliche Mittelfranken, da wird es dann langsam traurig, weil es da eigentlich fast gar nichts mehr gibt. Die Menschen sind überall nett, die Menschen sind überall gleich. Sicherlich, die einen sind ein bisschen aufgeschlossener, die jetzt näher an der Stadt dran sind. Die ein bisschen weiter weg sind, die machen dann mehr so ihr eigenes Ding. Aber ist auch schon anders, wie vor 20 Jahren, aber im Großen und Ganzen sind es eigentlich alles liebe, nette Menschen, liebe, nette Zeitgenossen.

Markus: Das hast du schön gesagt, hast du schön gesagt.

Peter: Hat jeder so seine Eigenheiten, aber es passt eigentlich im Großen und Ganzen, doch, muss man sagen.

Markus: Nee, nee, da hast du schon Recht. Also ich meine, sowieso, der Franke an und für sich ist immer ein ganz, ganz lieber Mensch, natürlich, logisch, was sollten wir auch anderes sagen, aber es ist natürlich so. Wobei, ich finde schon, also ein bisschen Unterschiede gibt es schon, finde ich, also wenn man so …

Peter: Ja, ja, da kann ich dir ganz kurz eine interessante Geschichte erzählen. Vorletzte Woche war ich mit einer Praktikantin unterwegs gewesen, die bei uns vielleicht anfangen möchte, die hat Weinbau studiert und die wollte halt einmal auch die Brauereien kennenlernen. Da habe ich gesagt: „Okay, hockst du dich mit rein ins Auto, fahren wir halt mal einen Tag.“ Und da waren wir beim Markus Lippert in Lichtenfels, haben uns die Brauerei angeschaut, der hat ja erst vor ein paar Jahren sich da komplett neu aufgestellt. Und der Markus hat sich wirklich die Zeit genommen und hat ihr alles erklärt, also vom Einmaischen über das Brauen, bis zum Ablagern und, und, und, und da waren wir eine Dreiviertelstunde. Und dann hinterher waren wir in Mürsbach bei der SONNEN-BRÄU, bei der Familie Schmitt und da ist ja mittlerweile der Dany verantwortlich am Braukessel. Und den hatte ich vorher auch gebeten, ich sage: „Dany, wenn du ein bisschen Zeit hast, zeig doch unserer Lisa mal, wie du so arbeitest.“ Weil der arbeitet noch traditionell, mit offenem Holzfeuer, offenen Gärbottichen. Und ich habe gesagt: „Lisa, geh mit. Bei dem ist es eng, ich bleibe draußen, ich mache mein Zeug. Wenn du fertig bist, kommst du halt wieder.“ Die war nach 10 Minuten wieder da, da habe ich sie gefragt: „Du, das war aber jetzt kurz?“ Und sagt sie: „Ja, der Dany, der hat mir alles gezeigt, alles was ich wissen wollte, hat er mir erklärt.“ Aber das ist halt einer, der kommt auf den Punkt, der redet nicht viel drum rum. Und der Markus, ja, das war halt eine schöne Sache. Beim Dany ging es halt konkret, zielorientiert und da war das alles in 10 Minuten, alles, was an Wissen weiterzugeben war, an Fragen zu beantworten, war erledigt. Aber so sind die Menschen, beide nett, der eine ein bisschen ausführlicher und der andere konkret auf den Punkt.

Markus: Ja, nee, das stimmt. Also was mir ein bisschen aufgefallen ist, wenn man weiter südlich geht, eben dann so südliches Mittelfanken, da merkt man dann halt irgendwie einerseits die Nähe zu Bayern und andererseits die Nähe zu Schwaben. Da werden die Leute schon ein bisschen anders von der Mentalität her irgendwie, aber auch schön. Also ich finde, grad Weißenburg ist eine tolle Stadt, die so ein bisschen von allen drei ganz viel hat und dann hat sie noch ihre römische Vergangenheit. Also da kann man auch, besonders wenn da die Stadtfeste sind, immer hin und gibt immerhin ja auch also in der Stadt jetzt, glaube ich, noch eine Brauerei wieder. aber das stimmt schon, also da ist nicht so viel los in Sachen Bier. Warte mal, bevor wir weitermachen, ich glaube, ich habe schon wieder kein Bier mehr. Wie ist es denn bei dir?

Peter: Okay, ein bisschen haben wir ja noch, ne?

Markus: Ja, ja, immer noch drei, never ending.

Peter: Ja. Welches würdest du vorschlagen?

Markus: Also wir haben noch einen rauchigen Kupferbock. Den würde ich, glaube ich, an den Schluss setzen, einfach auch vom Namen her und so, dass ist, glaube ich, so das krönende Finale. Dann haben wir noch ein Rotbier aus Cadolzburg, da bin ich auch mal gespannt. Und dann haben wir die Canadian Goose oder Geuze, mal interessant, aber ich glaube, das ist für dich eine Gose, vom Felix aus Nürnberg. Ja, also kommt drauf an, wir könnten jetzt, um uns wieder so ein bisschen zu erfrischen, könnten wir die Gose nehmen oder um sanft rückwärtszugehen, könnten wir das Rotbier nehmen. Weiß nicht, was möchtest du?

Peter: Dann nehmen wir die Goose vom Felix.

Markus: Nehmen wir die Goose. Finde ich, glaube ich, ist die bessere Wahl, ja, weil dann können wir nachher über das Rotbier zum Bock, das passt dann, glaube ich, auch. Heidanei! Also warum ich so exaltiert bin, das ist ja rosa.

Peter: Ja, ja.

Markus: Nicht schlecht! Da ist auf jeden Fall, also könnte beides sein, Johannisbeeren oder Himbeeren, ich habe noch gar nicht auf das Etikett geschaut. Fruitetd Goose steht da, schwarze Johannisbeere. Ja, Wahnsinn, also die Farbe schon mal sensationell. Gose, jetzt für alle, die nicht so viel damit anfangen können, das ist ein ganz spannender, einer der ältesten noch gebrauten deutschen Bierstile. Hat im Grunde eine doppelte Heimat, also einmal Goslar, wo es ursprünglich herkommt. Da hatten wir auch schon BierTalk mit dem Brauer von dort aus dem Goslarer Brauhaus. Dort ist es vor allem ein leicht kräutriges durch den Koriander und auch ein leicht salziges Bier, aber ganz, ganz wenig. Und von da ist es dann früher exportiert worden Richtung Sachsen. Über den langen Landweg sauer geworden und war dann eben ein säuerliches, salziges Bier mit Koriander. Und die Sachsen haben dann später gesagt, nee, also wir wollen das importieren, wir wollen das selber machen und haben dann ihre eigenen großen Brauereien aufgemacht, von denen es heute jetzt in Leipzig, glaube ich, wieder drei gibt und die machen eben die säuerliche Version von der Gose. Aber Franken hatte das bisher wenig am Hut. Aber wir haben eben mit dem Felix vom Endt so einen kleinen Exoten oder, wie würdest du das beschreiben so für Franken?

Peter: Ja, der Felix ist nicht nur in Deutschland rumgekommen nach seiner Zeit in Berlin, der war ja auch eine Zeitlang in Amerika, war in Kanada. Ich denke mal, der hat in seinen doch relativ jungen Leben ziemlich viel von der Welt gesehen, ziemlich viele Brauereien gesehen, hat auch ziemlich viele Arbeitsweisen auf anderen Kontinenten, in anderen Ländern gesehen, wie die an eine Sache rangehen. Und ich finde es halt klasse, wie er das umsetzt. Also alle 4 Wochen ein, zwei neue Biere und wenn das Alte dann weg ist, dann kommt halt immer wieder was Neues. Also der ist halt vom Schöpferischen her, er ist umtriebig und, ja, probiert gern was Neues aus. Ich finde das ultra gut, also wirklich richtig klasse, was er da macht.

Markus: Genau, dem kann ich nur zustimmen. Also er ist halt witzig. Ich kenne ihn noch, er hat angefangen, da hat er einfach nur einen Bier-Blog gehabt, hat über Biere, Craft-Biere so ein bisschen geschrieben. Und dann ist er nach Berlin und hat dort bei der Sylvia Kopp, die hatte damals die Berlin Beer Academy, hat er bei ihr erst mal so ein bisschen mitgearbeitet, dann war er eigentlich hauptverantwortlich, mehr oder weniger. War beim Johannes Heidenpeter, glaube ich, auch irgendwie mal zugange und hat dann die Möglichkeit ergriffen, wieder zurück Nachhause, eben nach Franken zu kommen. Und ist da eben dann nach Nürnberg und hat dann glücklicherweise gefunden, der ihn ein bisschen auch unterstützt und konnte sich dadurch ein richtig schönes Kasper-Schulz-Sudhaus hinstellen. Und daraus wurde dann eben die Orca Brau. Also auch ein interessanter Name eigentlich, weil wir würden ja immer alles mit Bräu bezeichnen, aber das ist eben Orca Brau. Und war eben, wie du sagst, auch mal in Kanada, daher auch der Name, weil er dann ja immer mit, ich weiß nicht, ob sie damals schon seine Frau war, auf jeden Fall seiner Partnerin ja auch da und da haben sie wohl auch Orcas gesehen, wie sie da so im Meer rumschwimmen und waren dann so begeistert, dass man dann die ganze Brauerei danach benannt hat, also irgendwie eine schöne Geschichte. Und eine schöne Geschichte für mich ist auch dieses Bier, weil er hat es schön komponiert. Also das mag ich an Felix auch gern, dass er wirklich die Dinge komponiert, der macht sich Gedanken, was passt dazu. Und er hat jetzt eben hier auf der einen Seite die schwarze Johannisbeere und damit die eben nicht alleine so in dieser säuerlichen, auch leicht bitteren Ecke stehenbleibt, hat er noch anderes dazu, nämlich Tonka-Bohne. Was das dann weder total abrundet und was vor allem in der Nase auch das Ganze total rund macht. Also richtig schön, es hat sowas auch von Marzipan, ein bisschen Lakritz vielleicht auch. Und dann, ich weiß gar nicht, wie beschreibt man das typische Tonka-Bohnen-Aroma für jemand, der es nicht kennt? Schokolade, holzig, fällt dir noch was ein, wie könnte man das bezeichnen?

Peter: Wenn ich jetzt meine Nase ins Glas halte und dran rieche, also ich finde, das riecht auch schön fruchtig und irgendwie so ein ganz leichter Touch nach Rhabarber, wenn ich jetzt nicht, also probiert habe ich es jetzt noch nicht.

Markus: Ich auch nicht.

Peter: Also der Geruch ist total spannend.

Markus: Aber das heißt schon was oder, wenn man ein Bier hat, wo man erst mal lange dran riecht. Dann ist es ja wirklich interessant und da möchte man auch erst mal dieses Erlebnis nicht der Nase haben. Und, ja, es ist auch noch Ahornsirup drin, habe ich grad gelesen. Also da bin ich jetzt mal gespannt auf den Geschmack, prost. Also Rhabarber war ein sehr guter Hinweis von dir, ich finde, den hat man im Mund auch. Interessant, also Tonka-Bohne und schwarze Johannisbeere gibt Rhabarber, kann man sich schon mal merken, sehr interessant.

Peter: Die Malzigkeit kommt eigentlich, finde ich, ganz zum Schluss erst irgendwo. Das ist so richtig schön, wie ein schöner Frucht-Cocktail. Also bei so einem Wetter wie heute, mit 25, 26 Grad, die richtig passende Erfrischung zum Abend.

Markus: Ja und das, was mich auch so freut, ich habe schon so viele so schlimme Gosen getrunken in meinem Leben, also ohne jetzt jemanden was vorwerfen zu wollen, aber grade im Ausland, das ist halt oft so, dass die halt denken, okay, extrem ist gut. Und wenn sie dann eben Gose, dann lesen sie, okay, das ist sauer, das ist salzig, also machen wir, was weiß ich, eine Tonne Salz und 200 Kilo Zitronen da rein oder machen halt dann ganz verrückte Versionen, Mixed Pickles oder irgendwie so und dann ist das halt einfach unglaublich krass. Und da fragt man schon immer, braucht die Welt das? Und hier, muss ich wirklich sagen, das ist richtig schön, weil er halt auch mit diesem Salzigen dem ein schönes Finale gibt. Also man hat diesen Antrunk, man hat die ganze Fruchtigkeit, man hat die ganze Süße, das ist sehr voll, ein schöner voller Geschmack. Und dann nach dem Runterschlucken kommt dann so nach und nach das Salz und löst alles wieder auf und dann ist man wieder clean sozusagen und könnte den nächsten Schluck wieder nehmen und man wird nicht satt von dem Bier. Das ist ja grade für so ein Sommerbier auch richtig, richtig gut. Also da muss ich wirklich sagen, mal wieder eins von Felix, was mich echt sehr, sehr begeistert. Hast du den wahrscheinlich von Anfang miterlebt, oder?

Peter: Ja, seit er da draußen da am Steinacher Kreuz ist. Und den Felix haben wir jetzt seid, ja, seit er da in Nürnberg sein Bier macht, da ist er auf uns zugekommen, wollt ihr nicht? Und da haben wir gesagt: „Ja, probieren wir es.“ Also sein Bier läuft bei uns fantastisch, die Leute fragen: „Habt ihr die Neuen vom Felix schon?“ Die schauen dann immer auf die Website, weil bei ihm kann man es selber als Endverbraucher ganz schwer bekommen, er hat halt seine Läden, wo er es hin liefert. Und die rufen dann bei uns an, ja, war der Felix schon da, hat der schon ein Bier gebracht? Ich sage: „Der kommt Donnerstagnachmittag, wenn er es schafft. Und bis wir es dann ausgepackt haben und ausgezeichnet, also Freitagfrüh könnt ihr es haben, eher schaffen wir das auch nicht.“ Aber da sind die Leute eigentlich immer so richtig gierig drauf. Und er macht ja auch gute Sachen, also alles, was ich bis jetzt vom Felix getrunken habe, da war keins, wo ich sagen muss, also das passt überhaupt nicht oder das ist mir jetzt von der Zusammensetzung zu exotisch. Er ist geerdet und das ist jedes Bier, lass es einen ausgefallenen Namen haben, aber es schmackhaft, es ist bodenständig, vielleicht manchmal mit ein bisschen einem ausgefallenen Geschmack, aber er macht eigentlich alles richtig, finde ich.

Markus: Ja, also ich glaube auch. Er hat einfach sehr viel Erfahrung, ist viel rumgekommen und schöpft da jetzt einfach aus dem Vollen und kann halt dann, wenn er irgendeine lustige Idee hat. Also keine Ahnung, vielleicht hat er da gedacht, okay, ich will mal eine Goose machen, aber ich will es halt mal andersmachen, was kann ich denn so tun? Und dann hat er sich überlegt, okay, wir haben da was Salziges im Bier und was könnte man da dazu komponieren? Dann ist er vielleicht auf die Süße gekommen, auf den Ahornsirup, dann hat er sich gedacht, naja, fruchtig wäre vielleicht auch nicht schlecht. Aber gut, so Himbeere oder so, das gibt es schon 1.000-mal am Markt, aber schwarze Johannisbeere, das hat jetzt noch kaum einer gemacht. Und dann hat er da sich überlegt, na gut aber das geht vielleicht ein bisschen sehr in diese säuerliche und auch bittere Note und dann kam er vielleicht noch auf die Idee, Mensch, ich hatte doch mal diese Tonka-Nummer bei irgendeinem anderen Bier und dann probieren wir das mal in der Goose. Weil, also ich glaube, also ich hatte, glaube ich, noch nie eine Goose mit Tonka-Bohne, insofern ist das wirklich toll. Also das würde mir mal Spaß machen, ich haben mit ihm auch schon einen BierTalk gemacht und treffe ihn ab und zu, aber da habe ich noch nie gefragt, das muss ich mal machen, also wie er sowas komponiert, was da so in seinem Kopf vorgeht, bis er dann auf so eine Rezeptur kommt. Weil, ich meine, wenn er dann mal einen ganzen Sud macht, ist ja auch einiges, da kann man nicht so viel ausprobieren, das muss dann schon sitzen. Also toll, ja.

Peter: Und nebenher, er und seine Frau und seine Kinder, das sind halt auch ganz tolle Menschen, muss man wirklich sagen. Bei ihm, er macht mir immer meinen Füller sauber.

Markus: Echt? Ist ja witzig.

Peter: Ja, ich frage ihn dann: „Felix, wie schaut es aus, wenn ihr abgefüllt habt?“ Weil ich haben die Chemikalie nicht zum Reinigen und bei ihm weiß, das wird gemacht, ich sage: „Wenn du Zeit hast, mach es sauber.“ Und kriegt er eine Kiste Bier dafür, weil zum Einkaufen schafft er es meistens nicht bei uns, aber er möchte eben doch einmal was anderes trinken. Und ich nehme dann von ihm auch gleich wieder Nachschub mit für uns für den Laden. Ist halt eine Win-Win-Geschichte und, wie gesagt, die machen das halt für mich mit und dann passt das. Und wenn man dann da ist und er auch da ist, dann hat man dann doch noch die 10 Minuten, wo man mal wieder plaudern kann und das ist einfach schön.

Markus: Nee, also wirklich, ich muss wirklich sagen, ich mag ihn auch sehr, sehr gerne und er ist auch sehr gradlinig und das schätze ich auch sehr an ihm. Er ist auch früher öfters damit angeeckt, aber das gehört einfach auch dazu und finde ich auch gut. Also insofern, auch da wieder mal ein Tipp, also generell sind alle Biere, die wir bisher getrunken haben auf jeden Fall Tipps für unsere Hörer und Hörerinnen, da mal sich was kommen zu lassen. Aber das auf jeden Fall, auch wenn ihr mal in der Nürnberger Ecke seid, dann unbedingt auch mal den Felix aufs Korn nehmen. Es gibt auch ein schönes Video mit ihm von Kasper Schulz, die da mal ein bisschen zeigen, wie eben seine Brauerei ausschaut und so, ein bisschen die Geschichte auch erzählen. Das findet man, wenn man sucht, bei Google oder YouTube oder sowas und können wir auch verlinken vielleicht in den Shownotes, dass ist auf jeden Fall auch schön. Was mich noch interessieren würde, du hast vorhin erzählt, eure Mitarbeiter wünschen sich Bier und dann besorgt ihr die. Ist das so?

Peter: Unsere Mitarbeiter?

Markus: Ja, die wünschen sich die Biere und dann schaut ihr, ob ihr die bekommen könnt, als wir vorhin drüber gesprochen haben, wie ihr so zu eurem Sortiment kommt.

Peter: Nicht unsere Mitarbeiter, unsere Kundschaft.

Markus: Ach so, okay, dann habe das missverstanden.

Peter: Die Kundschaft, die Kundschaft. Also da, ich meine, man hat ja dann doch bei uns, ja, einen regen Austausch, also wenn einer was zurückbringt, hat es geschmeckt, war alles in Ordnung, halt das Übliche. Und dann, wie gesagt, dann im Gespräch, die kommen dann und sagen: „Du, ich war jetzt am Wochenende da gewesen, da habe ich ein super Bier getrunken“ und dann versucht man natürlich, auf die Wünsche einzugehen, alles kann man natürlich nicht erfüllen. Aber, wie gesagt, wir holen 95 Prozent unserer Biere, holen wir selber. Also da ist es bei uns einfacher, der ist 4 Tage die Woche unterwegs, straffes Programm, um die Brauereien abzufahren und da ist halt irgendwann auch entfernungsmäßig eine Grenze gesetzt, wo man sagen muss, also das schaffen wir jetzt nicht mehr. Also wir haben bei uns über 100 Brauereien mit so, das schwankt immer nach Verfügbarkeit, zwischen 430 und 450 Sorten Bier im Sortiment. Ich meine, man schaut schon, dass man dann, wenn wirklich mal wieder ein guter Tipp dabei ist, dass man das umsetzt, aber, wie gesagt, alles ist nicht möglich. Zum Teil liegt es an den Brauereien, die sagen: „Nee, schaffen wir nicht, können wir nicht, wollen wir nicht.“ Und wie gesagt, bei uns hängt es dann auch zum Teil auch an der Logistik, also das schaffen wir dann irgendwo ein Stück weit auch nicht mehr. Aber wir versuchen doch so viel wie möglich umzusetzen von dem, was an Input kommt.

Markus: Ja und das kriegt ihr ja auch gut hin, euer Sortiment ist ja ein Stolzes und auch eins, was sich immer wieder verändert und so. Da vielleicht en die Frage, also was ja jetzt so in aller Munde ist, ist grade dieses Thema alkoholfrei, merkt ihr da bei euch auch was? Also auf der einen Seite, gibt es da vielleicht mehr und vielleicht auch von mehr Brauereien und kleineren vielleicht auch und auf der anderen Seite, wollen das mehr Leute, also kann man das so ein bisschen nachvollziehen?

Peter: Also das muss man ganz klar sagen, die Nachfrage nach alkoholfreiem Bier steigt. Wir haben vor 20 Jahren, was hatten wir da in Franken als alkoholfreies Bier gekriegt, das war von der Maisel Bayreuth damals das Kritzenthaler, was es jetzt auch schon, ich glaube, seit 10 Jahren oder was, müsste es vom Markt sein, das gibt es nicht mehr. Und wie gesagt, wir sind jetzt auch immer auf der Suche nach Neuen. Es gibt mittlerweile auch gute, wirklich feine alkoholfreie Biere, auch von kleinen Brauereien. Da sind wir jetzt auch ein bisschen breiter aufgestellt, da haben wir mittlerweile auch 16 oder 17 Verschiedene. Morgen kommt noch ein bisschen was dazu, morgen bin ich auch mal wieder unterwegs, morgen bin ich in Unterfranken und in der Rhön und hole Bier und wird auch mal wieder spannend, in die Ecke zu kommen. Und da kommt von Strecks Brauhaus aus Ostheim, die machen jetzt so alkoholfreies Weizen. Und von der Spessart-Brauerei aus Kreuzwertheim, müsste das sein, unten da an der Mainschleife, das ist zwischen Würzburg und Aschaffenburg, im Spessart. Von denen bringe ich dann noch eins mit und dann haben wir über 20 verschiedene Alkoholfreie.

Markus: Genau, also das ist die Westgrenze von Franken, also sowas gibt es auch. Kreuzwertheim, also über den Main, also auf der anderen Seite ist dann Wertheim, das ist Baden-Württemberg und Kreuzwertheim ist eben grade noch so Franken. Und auch eine tolle Brauerei liegt da direkt eben am Main, hat dann so einen mini Biergarten auch noch da direkt am Fluss und machen auch ganz schöne Biere. Ein schönes Dunkles auch vor allem, ich bin ein großer Fan von dunklen Bieren, aber dann offensichtlich jetzt auch alkoholfrei, das finde ich schon toll. Und ich muss sagen, also früher, glaube ich, ja, gab es aus Franken vielleicht ein oder zwei alkoholfreie Biere und das hat sich doch mittlerweile massiv geändert. Und auch, das kann man ja ruhig mal sagen, du bist ja ganz aktuell jetzt, wenn wir es aufzeichnen, bist du noch im Biersommelierkurs bei uns, wenn der BierTalk ausgestrahlt wird, dann bist du es schon, also muss man in dem Hin und Her jetzt grade sein. Und da hast du dich ja auch sehr intensiv mit dem Thema glutenfreies Bier beschäftigt. Und das wusste ich gar nicht, dass wir da in Franken so eine Vorreiterbrauerei bei uns haben mit dem Schleicher, das finde ich auch toll. Und da sagst du ja auch, da habt ihr auch zunehmend Leute, die genau das suchen, ne?

Peter: Das ist richtig, also da, wo das herkommt mit dieser Glutenunverträglichkeit, ist vererbt, das sind Umwelteinflüsse. Kann auch sein, dass jetzt mehr darüber berichtet wird. Früher, wie gesagt, wenn man was gegessen hat und man hat dann Magengrummeln bekommen, dann haben die Leute gesagt: „Ja, dann iss halt einfach was anderes, wen dir das nicht bekommt“, aber jetzt geht man der Sache auf den Grund. Und wie gesagt, Medizin muss nicht immer bitter schmecken, Medizin kann auch schmecken. Und das, was der Oskar Döllinger da macht mit seinem glutenfreien Hellen, ist also wirklich ein super Bier, wo auch viel, viel Liebe, Schweiß und Fleiß zum Produkt von seiner Seite drinsteckt. Also er hat da jahrelang rumprobiert, bis er dann sagen konnte oder gesagt hat, so, jetzt ist es soweit, das schmeckt mir, ich habe es ein paar Leute probieren lassen, jetzt kann ich es verkaufen. Und das ist eigentlich wirklich, es ist eine feine Sache. Und wie er auch rangeht an das Ganze, ich finde es einfach gut. Und wie gesagt, in Nürnberg, das Schleicher glutenfrei, da sind wir die Einzigen, die es haben. Der ein oder andere Reformmarkt oder Biomarkt wird es vielleicht haben, da geht es aber dann bloß flaschenweise. Bei uns kommen die Leute aus 100 Kilometer Umkreis, die rufen vorher an, habt ihr was da, bitte 10 Kisten auf die Seite oder bitte 5 Kisten auf die Seite, wir kommen nächsten Samstag. Weil denen der Weg zu weit ist, wenn die jetzt südlich von Nürnberg kommen, sei es aus Roth oder Ingolstadt zum Teil.

Markus: Also ich glaube, auch da, ja, also mal sehen, ob das ein zukünftiger Trend ist, aber ich kriege es auf jeden Fall mit, dass die Nachfrage generell, global, nach glutenfreien Bieren deutlich steigt und halt in Italien zum Beispiel oder in England der Markt auch schon richtig groß ist. Also mal sehen, wie sich das so bei uns entwickelt. Also auf jeden Fall zeigt es, dass grade so kleine fränkische Brauer dann halt auch mal so Marktlücken entdecken und für sich dann auch so ein Erfolgsrezept draus ziehen. So ein anderes Beispiel ist ja der Pfister in Weigelshofen auch, tolle Brauerei, der dann relativ einer der Ersten war in diesem kleinen Format, der dann alkoholfreie Biere auch gemacht hat und das ja auch sehr gut macht, auch Bio noch dazu. Also mir ist grad die Idee gekommen, eigentlich müssten wir noch einen eigenen Podcast machen, wo wir in jeder Folge über irgendeine andere fränkische Brauerei reden, das wären auch 300 Folgen.

Peter: Ja, das ist ein unendlicher Kosmos, ja, also das ist, ja, es macht Spaß, ist einfach schön. Und es kommt immer wieder was dazu und sicherlich, der ein oder andere hört auf, aber, wie gesagt, es ist nie Stillstand, es ändert sich ständig was und das ist eigentlich auch das Schöne an der ganzen Geschichte. Und man lernt auch selber unheimlich dazu, ja.

Markus: Genau, also das finde ich man nimmt immer wieder was mit und lernt wieder neue Leute kennen und hat wieder neuen Input. Und man merkt eben auch, wie ich vorhin schon gesagt habe, über diese Generationen, die jetzt da auch gewechselt haben, wie auch die Jungen da jetzt auch experimentierfreudiger sind und natürlich auch mehr verschiedenen Input haben und sich auch differenzieren wollen und auch mehr zusammenarbeiten. Also da ist einfach auch viel Potenzial für Neues und für Innovation. Und das ist dann, glaube ich, was, wo dann eben diese alte Eigenschaft der Franken, dass es einfach sehr viele sind, die das schon sehr lange machen, die eine sehr hohe Handwerkskunst haben, zusammen mit diesem neuen Thema, dass eben so viele Player auch für viel Kreativität und für viel Innovation sorgen und dann erwachsen da eben auch so Hidden Champions, würde ich sagen im Neudeutsch, aus dieser ganzen Geschichte. Und apropos, bevor wir da jetzt noch zu Kupferbock kommen, hätten wir ja jetzt noch hier aus Cadolzburg, da nähern wir uns oder bleiben wir in der Nürnberger Ecke, ne?

Peter: Ja, Landkreis Fürth, Cadolzburg, das Rote von Michael Brandmeier. Wollen wir mal eingießen?

Markus: Ja und ich versuche mal, ob ich ein schönes Plopp hinbekomme. Das war nicht schlecht, oder?

Peter: Ja, besser wie meins, ich habe es nicht hingekriegt.

Markus: Du warst zu vorsichtig.

Peter: Ja, ich bin da irgendwie vorsichtig.

Markus: So, jetzt haben wir wieder dasselbe Bier mal ausnahmsweise. Sehr schön, Farbe wieder großartig, oder?

Peter: Ja, schön.

Markus: Also der Schaum auch.

Peter: Der Schaum ist schon cremig, auch leicht Richtung Kupfer gehend, also das ist schon mehr wie cremig, schön stabil.

Markus: Ja und schön gefärbt. Eben, also da passt wirklich alles zusammen. Also noch ein Rotbier übrigens, liebe Hörer und Hörerinnen. Also da merkt ihr mal, also da die Franken, mittlerweile besinnen die sich auch so ein bisschen auf ihre Wurzeln. Ah, das ist ja richtig also toll, wirklich wahr, also die Farbe ganz, ganz schön. Ein bisschen geheimnisvoll, so ganz leichte Trübung, schimmert einen so an, scheint einen so an. Ja und der Geruch erinnert ein bisschen, wir hatten jetzt quasi schon zwei, die in diese Kerbe schlagen, also auch wieder diese Röstaromen, ein bisschen was Fruchtiges, ja. Wie geht es dir?

Peter: Ja, stimme ich dir zu.

Markus: Ich finde, was ich hier noch ein bisschen mehr habe, es geht so auch in so eine nuss-nougat Richtung, also was Nussiges, irgendwie ein bisschen süßer als die anderen beiden.

Peter: Ja, wenn man ein Schluck trinkt, Toffee, Nuss, Haselnuss hat man ein bisschen auf der Zunge. Und es ist süßer als die anderen, die wir vorher hatten, jetzt gefühlt, finde ich.

Markus: Ja, nee, absolut, bin ich voll bei dir. Ja, ist süßer, viel mehr Restsüße, mehr Körper in dem Fall. Und das heißt einfach nur Rotes und da schaue ich grad mal, sonst kann man der Flasche nicht viel entnehmen. Aber generell vielleicht noch mal Cadolzburg, also auch ganz eindrucksvoll, das ist ja wirklich eine Burg, also nicht nur irgendeine Burg, sondern eine riesen Burg, die vor Kurzem auch renoviert worden ist. Und das ist einfach also an sich schon ein Erlebnis, dahinzufahren und sich das anzuschauen. Und die Brauerei, also ich weiß gar nicht, letztes Mal, als ich da war, der ist doch in so einem Wohngebiet, oder?

Peter: Ja, ja, das ist, wenn du durch Cadolzburg durchfährst, ganz den Berg rauf, oben an der Kurve neben einem Fahrradladen, das denkt kein Mensch. Der Michael, der hat vor Jahren, als die an Stadtgas oder Ferngas angeschlossen wurden, die Ölheizung rausgeschmissen und hat bei sich im Keller quasi eine kleine aber feine Brauerei installiert, bei sich auf dem Hof eine Kühlzelle und zwei Tanks hingestellt. Ja und dann back to the roots, gelernter, studierter Brauer ist er. Der Michael ist gebürtiger Kölner, den hat die Liebe nach Franken gezogen. Und nachdem er eine Zeitlang im Marketing gearbeitet hat und dann auch 15 Jahre in Firmenberatung, Betriebsberatung, hat er gesagt: „Nee, das ist mir eigentlich alles zu trocken, jetzt fange ich mit dem Bier wieder an, aber nicht mehr so wie früher.“ Eine Zeitlang war er, glaube ich, bei der Koblenzer Brauerei, die jetzt Insolvenz anmelden mussten, da war er da für das Marketing mit verantwortlich, also weniger mit dem Brauen, aber er wollte eigentlich das wieder machen, was er gelernt hat. Und da ist er glücklich, da geht er drin auf und, ja, jetzt ist er wieder da, wo er angefangen hat und wo er eigentlich wahrscheinlich auch irgendwo unterbewusst immer wieder hin wollte. Ich finde es schön.

Markus: Das glaube ich auch, ja. Ja, nee, ist ein ganz lieber Mensch. Ein bisschen mehr bei sich, würde ich mal so sagen, also ein bisschen eigenbrötlerisch, aber auf eine sehr sympathische Art und Weise. Und eben, was er sich da so zusammengezimmert hat faszinierend. Ich habe es damals auch erst mal gesucht, wo ist jetzt wirklich der Eingang und dann haben wir uns getroffen.

Peter: Ums Haus rum, in den Keller, dann die Treppe runter.

Markus: Ja, das war, also da hatte ich zwar schon ein Handy, aber da war das noch nicht so weit verbreitet, dass man alles mit diesem Ding löst. Das war schon Wahnsinn, ja, also schön. Da hat er eine Bügelflasche, wie ihr ja grade gehört habt, das ist natürlich auch immer eine schöne Geschichte. Also ich glaube, für das Nürnberger Umland auch ganz wichtig, er war ja auch einer der Ersten, die da wieder was gemacht haben. Und heute ist ja das wirklich, also Nürnberg ist wieder eine Bierstadt, ne?

Peter: Ja, der Michael war damals einer der Ersten. Der ist damals auch, ehe er angefangen hat, auf uns drauf zugekommen und hat gefragt, du, pass auf oder passt auf, ich habe vor, das und das zu machen, könntet ihr euch vorstellen, dieses Bier zu verkaufen? Und dann haben wir gesagt: „Okay, probieren wir aus, machen wir.“

Markus: Und hat offensichtlich funktioniert, also schön. Wie gesagt, also großer Tipp, fahrt da mal vorbei, schaut euch das mal an und fahrt dann eben im Landbierparadies vorbei und kauft euch ein paar Kästen davon logischerweise. Apropos, also wir haben jetzt geklärt, es gibt Wein bei euch und es gibt Bier und so ein bisschen andere Sachen, aber ihr habt ja auch diese Gastronomien. Was kann ich mir denn da vorstellen, was gibt es denn da bei euch?

Peter: In unseren Gaststätten, also wenn du da reinkommst, das ist also das typische Flair, wie eine Wirtschaft vor 100 Jahren ausgeschaut hat, also mit dunkelbraun getäfelten Holzwänden, Sitzbänken aus Holz, mit Buchenholztischen, ohne Schnickschnack, Bier aus dem Steinkrug. Bei uns wirst du keine Pommes bekommen, bei uns wirst du kein Spezi bekommen, keinen Ketchup. Wir versuchen fränkische Gastlichkeit rüberzubringen über fränkische Biere, fränkische Speisen und das alles bodenständig und zu vernünftigen Preisen.

Markus: Aber da gehört schon was dazu, um die Pommes rumzukommen, oder?

Peter: Ja, also man hat ab und zu, hat man dann schon mal eine negative Google-Bewertung, ja, warum gibt es kein Spezi und warum gibt es keine Pommes. Und da muss man einfach sagen, nein, gibt es bei uns nicht, weil ist halt so und fertig. Und wenn man es konsequent macht, dann schätzen das auch die Leute. Also bei uns wird auch nie irgendwo im Hintergrund Musik laufen, das gehört einfach nicht dazu. Bei uns sollen die Leute gesellig sein, bei uns sollen die Leute am Tisch sitzen, die sollen ins Gespräch kommen, die sollen sich unterhalten. Und das ist dann mitunter nicht immer förderlich, wenn dann Ablenkung in Form von Geräuschen da im Hintergrund läuft.

Markus: Ja, also es ist, wie du schon gesagt hast, es ist wirklich die Atmosphäre von einer fränkischen Brauerei eigentlich, also habt ihr quasi da eins zu eins da reintransportiert. Man sitzt einfach da schön und hat auch diese langen Tische, wo man sich dann automatisch auch zusammensetzen muss. Was ja auch gut ist, weil dadurch lernt man einfach immer neue Leute kennen und da sind schon tolle Freundschaften entstanden über eine zufällige Begegnung, weil halt an dem einen Tisch noch zwei Plätze frei waren und man sich dazusetzt. Das ist ein Erlebnis, was wirklich schön ist und was man sonst gar nicht mehr so oft hat. Also in vielen Orten in Deutschland ist es eher so, wenn da 10 Tische sind, da sitzen da jeweils einzelne Personen, aber die würden nie auf die Idee kommen, dass man sich auch zusammensetzen könnte, und das ist bei uns eben doch durchaus noch anders. Und dann hat, glaube ich, auch jede Gaststätte noch einen Biergarten, also von klein bis ziemlich groß, was ja auch wichtig ist grade im Sommer.

Peter: Bei uns ist halt wirklich noch richtig Biergarten. Das heißt, wer im Biergarten draußen sitzt, der kann sein Essen mitbringen. Also er ist nicht verpflichtet, bei uns Essen zu kaufen, im Biergarten wohlgemerkt, sitzt er innen, gilt die Speisekarte. Das hat auch ein Stück weit mit Tradition zu tun, weil wenn du in Franken auf den Keller gehst, kannst du auch deine Brotzeit mitnehmen.

Markus: Und dann hat an eben innen drin noch das Holzfass mit dem Bier und hat dann praktisch wirklich die Bierkultur von A bis Z, ja, mitten drin. Und ich glaube, das ist jetzt das richtige Stichwort, weil wir reden jetzt schon anderthalb Stunden, herrje, aber wir haben es auch fast geschafft, wir haben nur noch ein Bier.

Peter: Ja, du hast ein Bier, ich muss gestehen, Frühjahr am Kamin, ich habe es versaut, den habe ich vergessen, den habe ich überhaupt nicht mehr auf dem Schirm gehabt.

Markus: Dann kann ich dir jetzt was vortrinken, das ist auch schön. Also weil, eben, also da steht nämlich auch Landbierparadies drauf, also quasi euer Bier, dann heißt das Frühjahr am Kamin. Also kann ich mal schon überlegen, so eine Mischung einerseits ein bisschen warm, wärmend, andererseits eben Kamin. Und drunter klärt sich das dann auf, ein leicht rauchiger Kupferbock, also auch schön. Also der Germanist in mir hätte jetzt viel allein mit diesen vier Worten zu tun, wie die so angeordnet sind, passt perfekt. Lässt einen, glaube ich, auch diese Reise ein bisschen erleben, die wir hoffentlich auch gleich am Gaumen haben. Und wenn ich dann drunter gucke, auf dem Etikett steht dann als Brauerei Eppelein & Friends. Auch ein guter Freund von mir, da können wir auch gleich sprechen, über den Karsten. Und, genau, schenke ich mir doch das mal ein. So, ätsch! Du kannst ja weiter an deinem Cadolzburger nippen. Schön, also grade als Fortsetzung sehr schön. Wir haben also wieder einen bombastischen Schaum, dass muss man hier auch sagen, großartig, steht wie eine Eins, super feinporig, ein bisschen heller als der eben, so Karamellfarben vielleicht. Und das Bier an sich auch ein Ticken heller, geht in so eine orange-braune Richtung, dafür ist es ein kleines bisschen oacer oder opaler. Also das heißt, es ist nicht klar, es hat so einen schönen Schimmer, leuchtet einen, strahlt einen so an. Und nicht der Nase hat man dann richtig viel Malz, also das ist jetzt wirklich Schwerpunkt malzige Aromen. Also viel Karamell, ein bisschen Brot, Brotrinde, ja, schokoladige Aromen auch. Also es ist sehr interessant, gefällt mir gut, ich muss mal ein Schlückchen jetzt einfach mal davon nehmen. Ja, sehr weich, sehr cremig und, wie der Name schon sagt, Bock, Kamin, leicht rauchig, alles da. Also in der Nase hatte ich nicht so viel Rauch, aber jetzt ist er da. Uns schön wärmend, passt natürlich auch zum Bierstil. Doch, das hat er gut hinbekommen, also schönes Bier. Ja, da muss ich natürlich jetzt fragen, also wenn es schon so heißt wie ihr, wie kommt ihr drauf und welchen Anteil habt ihr dran, dass es so ist wie es ist?

Peter: Das ist immer so ein Wechselspiel, ich rede dann mit dem Karsten und frage: „Hast du eine Idee? Wollen wir nicht mal wieder ein Bier zusammen machen?“ Und das braut er dann in Buchenbühl draußen bei sich, da hat er 2-Hekto-Braumeister, hat er da. Und wir überlegen uns dann, wir gehen ein bisschen nach der Jahreszeit. Letztes Jahr haben wir eins gehabt, ein Sommerbier mit Cascade-Hopfen, das war ein Helles, das ist schön fruchtig-frisch rübergekommen, nicht zu herb. Und jetzt haben wir überlegt, ja, wollen wir im Winter eins machen? Der sollte eigentlich am 06. Januar kommen, da waren wir aber dann, wir haben zu lange überlegt. Also eigentlich wollten wir eine richtige Alkoholbombe, einen Doppelbock und dann haben wir gesagt: „Naja, das wird mit der Zeit zu knapp“ und dann ist halt jetzt dieser leicht rauchige Bock rausgekommen. Aber wie gesagt, wir reden dann miteinander, ja, hast du eine Idee oder hast du eine Idee und dann entscheiden wir halt quasi kameradschaftlich, welches die bessere Idee ist oder wenn wir selber beide nicht weiter wissen, zur Not fragen wir den Joschi und sagen, was meinst denn du dazu und dann, bei zwei zu eins, hast du immer einen Sieger. Aber bis jetzt, hat immer gut funktioniert und das macht auch Spaß. Also mit dem Karsten, ja, mit dem habe ich auch die ein oder andere Verkostung schon gemacht und ist immer wieder nett, mit ihm zusammenzuarbeiten.

Markus: Ja, also finde ich auch. Ich habe mit ihm viele Jahrelang beim Bierfest auch zusammengearbeitet, war öfters auch bei mir am Stand und später hatte wir dann zwei Stände nebeneinander. Und ist ja auch interessant, also er kommt ja eigentlich aus einer Ecke, dass er Glühwein gemacht hat oder macht er, glaube ich, immer noch, weiß ich gar nicht.

Peter: Das macht immer noch seine Lebensgefährtin, die ist bei Gerstacker.

Markus: Ah ja, richtig, genau. Also die Ecke und dann macht er irgendwie seit 2015 / 16 irgendwie, macht er jetzt auch Bier und hat da alles schon durchprobiert, was es alles gibt. Und hatte auch zwischendurch mal die Idee, dass ein bisschen größer aufzuziehen und jetzt ist es halt doch so wie es ist. Und macht aber wirklich einfach sein Ding und das auf eine sehr, sehr schöne und angenehme Art und Weise. Und, ja, also hier auch, das ist natürlich sehr schön, sich mal an so ein Rauchbier zu wagen, ist ja doch nicht immer mit Erfolg gekrönt, hier schon, also sehr schön, gefällt mir gut und, ja, damit habt ihr euer eigenes Bier. Und macht das dann immer der Karsten, wenn da Landbierparadies draufsteht?

Peter: In der Regel ja, also bis jetzt hat es immer der Karsten gemacht, muss man schon so sagen, ja.

Markus: Und das gibt es dann im Laden und auch in den Gastros oder nur im Laden?

Peter: Wir verkaufen das bei uns im Laden und ich habe es bei uns im Online-Shop dann immer noch mit drin für die, die nicht grad um die Ecke wohnen, die ein bisschen weiterweg sind. Und das sind auch einige Exil-Franken, ja, die schreiben dann mehr Mails. Also man steht da auch immer irgendwo ein Stück weit unter Zugzwang, hast du wieder was Neues, wann macht ihr denn wieder was und, und, und, da musst du dir halt auch immer wieder irgendwas einfallen lassen. In der Gastronomie, ja, aber dann nur in der Flasche, weil als Fass wäre es dann doch zu heftig für die breite Masse, das funktioniert nicht, aber in der Flasche, ja, bieten wir es durchaus an.

Markus: Und da hast du uns noch ein schönes Stichwort zum Schluss geliefert, der Online-Shop. Also Landbierparadies ist jetzt einerseits etwas, was ich in Nürnberg genießen kann, indem ich mich in die Gastronomie setze oder in den Biergarten, dann ist es was, wo ich vorbeigehen kann und mir im Laden einfach meine Biere mitnehmen kann, um sie dann eben entweder gleich zu trinken oder mit Nachhause zu nehmen oder klassisch, als das fränkische Wegbier zu nutzen. Und ich kann auch noch in den Online-Shop gehen und kann mir das Ganze bestellen.

Peter: Da haben wir ja damals die Zeit ein bisschen kreativ genutzt, die Lockdown-Zeit, wo quasi alles zu war und wir unseren Getränkemarkt als eine der wenigen Geschäfte haben offenhalten dürfen. Natürlich die ganze Belieferung Gastronomie, das war ja alles weggefallen, da haben wir ein bisschen Zeit gehabt, dann haben wir überlegt, was machen wir da? Und da sind wir damals auch diesen Schritt gegangen, okay, den großen Lastwagen weg, wir tun uns kleinere Autos her. Erstens findet man schneller einen Fahrer, als einen mit einem 2-Schein. Letztendlich war dann immer ich derjenige gewesen, der da mit dem großen Opel durchs Frankenland kutschiert ist. Und wirklich haben dann überlegt, was können wir machen? Und dann haben wir gesagt, okay, wir haben damals mit dem Landbier angefangen, hat mittlerweile jeder zweite Getränkemarkt, man muss sagen, neben den Bieren der großen Brauereien. Also wir sind dann immer auf der Suche nach dem Alleinstellungsmerkmal, du musst dich ja irgendwo ein Stück weit abheben vom Mitbewerber. Und dann haben wir halt gesagt: „Okay, wir gehen ein bisschen in die Breite, wir schauen, dass wir Biere herkriegen, die nicht jeder hat.“ Dann sind da draufgekommen, auf die Abfüllerei, dass man sagt, man geht zu Brauereien, welche nur Fassbier anbieten, dass man das dann selber in die Flasche füllt. Und mit dem Online-Shop, das war damals ein bisschen so ein Spleen von mir gewesen. Wir haben damals mit 200 oder 300 Produkten, haben wir angefangen und ich habe dann gesagt: „Okay, wir haben da ein bisschen Zeit, machst du was.“ Da habe ich da hunderte Stunden, habe ich da verbracht, ich habe quasi mehr oder weniger fast alle Produkte, also zu 90 Prozent, die du bei uns im Laden kaufen kannst, habe ich in diesen Online-Shop eingepflegt. Also da sind wir jetzt mittlerweile bei über 2.000 Artikeln, also vom Bier über einen Steinkrug dazu, bis zu diversen Schnäpsen, Zinndeckel für Flaschenverschlüsse. Und, ja, wie gesagt, das hat uns auch ein Stück weit geholfen. Und man muss auch sagen, andere geben irre viel Geld für Werbung, für Google-Platzierungen aus. Das haben wir eigentlich nicht gemacht, wir haben es mit Manpower geschafft. Okay, wirklich waren mal an 3. Stelle, mittlerweile sind wir an 4. oder 5. Stelle. Aber, wie gesagt, wo wir gestartet sind in 2017 und dann bei der Pandemie 2020 / 21, da gab es eigentlich drei oder vier Online-Shops mit fränkischen Bier, mittlerweile sind es sechs, sieben. Unsere Umsätze sind stabil geblieben, man hat halt kein exponentielles Wachstum, aber, ich sage mal, andere müssen sich dieses Wachstum teuer erkaufen und wir haben halt gesagt: „Nee, machen wir nicht, wir versuchen es mit einer vernünftigen Produktbeschreibung, mit einer vernünftigen Artikelbeschreibung und mit ein bisschen Werbung auf Facebook in Form von Posts, aber ohne jetzt da gro0ßartig Geld an Google zu bezahlen.“ Und ich denke mal, da, wo wir stehen, können wir auch ein Stück weit stolz drauf sein, wo wir jetzt sind.

Markus: Ja, also das könnt ihr auf jeden Fall. Und das ist jetzt auch noch ein guter Tipp vielleicht für die Hörerinnen und Hörer da draußen, die letzten drei, vier Minuten müsst ihr einfach nur euren besten Freunden vorspielen und dann wissen die, was sie euch beim nächsten Geburtstag schenken beziehungsweise wo sie es herbekommen, also eine sehr, sehr gute Möglichkeit. Insofern, also ja, das war ein toller Einblick, jetzt sind wir 1 3/4 Stunden unterwegs, ordentlich, aber waren ja auch 7 Biere, also insofern, die fränkische Geschwindigkeit ist noch gewahrt. Dann sage ich vielen, vielen Dank dafür, dass wir mal so einen Einblick machen konnten in dein Leben, ins Landbierparadies, auch mit diesen wunderbaren Bieren. Und kann ich ja auch nur einfach noch mal sagen, danke, dass du das machst, dass du dich so engagierst und wir alle, inklusive der Hörerschaft, sind froh, dass ihr das tut. Und, ja, heute dir noch einen weiteren schönen Abend.

Peter: Ja, vielen Dank. Also wir hätten da jetzt noch ewig weitermachen können, da gibt es noch so viele spannende Geschichten und man vergisst einfach de Zeit, aber es war kurzweilig, ich hoffe, auch für die Zuhörer und, ja, dass ihr vielleicht da einen kleinen Einblick mal in unser Leben von einem Bierverkäufer, von einem Bierspezialitätenladen bekommen habt. Vielen Dank, schönen Abend.

Markus: Eben, das ist ja auch mal interessant und insofern, vielleicht machen wir mal eine Fortsetzung. Also, bis dann.

Peter: Jawohl.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 139 – Interview mit Frank Christian, International BeerJudge und BJCP Ausbilder aus Aachen

Frank Christian ist passionierter Hobbybrauer, beruflich Biochemiker und damit natürlich prädestiniert für viele spannende Erlebnisse rund um das Bier, vor allem beim Thema Beer Judging, für das er wie kaum ein anderer in Deutschland steht. Hier gehört er zu den aktivsten Posten des us-amerikanischen BJCP, ausgeschrieben Beer Judge Certification Program, dessen Urgestein und Oberjudge Gordon Strong ja bereits Gast im BierTalk war. Vor allem die Style Guidelines haben dieses Hobbybrauerprofessionalisierungsprogramm mittlerweile zum internationalen Standard gemacht – und Frank hilft tatkräftig mit, BJCP auch in Europa voranzubringen. Sein zweites Steckenpferd sind die Kölner Bierhistoriker, mit denen er sich regelmäßig über die Historien und gelebte Kultur des karnevalistischen Goldschlückchens austauscht, viele Gründe also, sich mit dem Rheinländer einmal ausführlich zu unterhalten…

Kommt in unsere Facebook-Gruppe und diskutiert mit: https://www.facebook.com/groups/bierakademie

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute gehen wir in den deutschen Westen und beschäftigen uns natürlich mit dem Thema Bier, aber vor allem mit dem Thema Beer Judging. Und da haben wir jemanden da, der sich da ganz intensiv engagiert und der sich aber auch selber sehr, sehr gut auskennt, den ich als Kollegen in vielen Wettbewerben schon hatte und mich immer wieder freue, wenn wir uns treffen. Es ist der Frank Christian und vielleicht stellst du dich einfach mal ganz kurz unseren Hörern selber vor.

Frank: Ja, sehr gern! Hallo Markus, vielen Dank, dass ich hier sein darf in deinem ganz hervorragenden Podcast. Ich bin Frank Christian, hast du schon gesagt. Ich bin 45 Jahre alt, von Beruf bin ich Biochemiker, arbeite in der Pharmaforschung. Wie mein Auftritt hier schon vermuten lässt, interessiere ich mich auch sehr stark für das Thema Bier. Ich bin primär Hobbybrauer seit 2012, also auch schon eine ganze Weile. Ein Thema, dass es mir besonders angetan hat neben der ganzen Hobbybrauerei und Bier geissen und was man alles so macht, ist eben das Thema Beer Judging und da insbesondere das Thema BJCP, also das Beer Judge Certification Program. Da werden wir nachher wahrscheinlich noch mal intensiver drüber reden. Ich habe eine Frau und zwei Kinder, ja und bin auch als Hobbybrauer ansonsten gerne aktiv zum einen, hier in Aachen gibt es einen Hobbybrauerstammtisch, den ich mitgegründet habe, seit 2016, seitdem ich hierhingezogen bin und der auch nach wie vor sehr aktiv ist. Da treffen wir uns einmal im Monat mit zwischenzeitlich meistens über 20 Leuten und verkosten unsere selbstgebrauten Biere in lokaler Runde. Und außerdem bin ich auch aktiv in den Kölner Bierhistorikern. Das ist auch ein Hobbybrauerverein, der auch einen Stammtisch hat, zu dem ich es leider nicht jeden Monat schaffe, aber eben doch so oft wie kann. Und auch da findet jeden Monat eine Verkostungsrunde und eben verschiedene Aktivitäten statt, wie beispielsweise Besuche von Bierfestivals von Brauereien und dergleichen mehr.

Markus: Ja und überhaupt sind das ganz interessante, spannende Leute, die halt auch ganz viel über Bier auch wissen, also von der Bierhistorie auch, sich viel damit beschäftigen. Und ich hatte da schon öfters Kontakt auch im Zuge von Büchern, einfach um, ja, grade das Thema Kölsch ist ja was, wo ich jetzt hier aus Bamberg manchmal Schwierigkeiten habe, tiefer einzudringen, logischerweise. Und da ist es immer toll, wenn man Leute kennt, die dann da eben alte Bücher teilweise ausgraben oder da gibt es ja teilweise auch so Bücher, die unter der Hand gehandelt werden, weil man die ja so gar nicht bekommt. Also super spannende Geschichte, wie immer halt bei so nerdigen Sachen und insbesondere da ist das natürlich richtig cool. Ja und wie du schon sagst, also Beer Judging natürlich spannend. Aufgehorcht habe ich jetzt trotzdem auch bei deinem Beruf, weil ich mir überlege, so als Pharmakologe, also da weiß man wahrscheinlich ziemlich viel über die Wirkung und Nichtwirkung von Alkohol, je nachdem und auch über das, wie man damit umgeht und was es eben alles bewirkt. Was war denn bei dir zuerst da, die Liebe zum Bier oder die Liebe zur Pharmazie?

Frank: Also erst, ich bin ja Biochemiker, ich habe Biochemie studiert, das kam auf jeden Fall zuerst, also zumindest, sage ich mal, mit der Intensität der Beschäftigung damit. Bier getrunken habe ich natürlich durchaus auch schon als junger Mann. Ich komme ursprünglich aus dem Siegerland, das ist ja so ein bisschen das Bermuda Dreieck zwischen Krombacher, Veltins und Warsteiner, also urdeutsche Pils-Region sozusagen. Und da kommt man natürlich gar nicht drumherum, mit Bier aufzuwachsen, das geht gar nicht anders. Aber natürlich auf vielleicht eine andere Art der Beschäftigung, man trinkt halt einfach das nebenbei oder ohne jetzt besonders darauf zu achten, wonach es grade schmeckt, gelegentlich schon mal, aber meistens eher nicht. Ja und auch während des Studiums, ich habe in Berlin studiert. Das war aber zu einer Zeit bis 2009, da war Bier oder auch Craftbeer in dieser Tragweite, wie wir das heute kennen in Deutschland, noch nicht so richtig angekommen.

Markus: Ja, allerdings, da gab es bei Lemke noch Eisbein und die ganze Berliner Küche und Hell, Weizen, Dunkel und so, ne?

Frank: Korrekt, ja.

Markus: Was nicht schlecht war, aber anders halt.

Frank: Ja und dann, um die Geschichte ein bisschen weiterzuspinnen, hatte ich dann die Gelegenheit, nachdem ich in Berlin dann noch promoviert hatte, für ein Forschungsprojekt nach Glasgow zu wechseln, also nach Schottland, da gab es eine befreundete Arbeitsgruppe. Und da taten sich natürlich neue Welten auf, wenn man da in den Pub gegangen ist. Was mich da zunächst mal primär interessiert hatte war der Whisky, da ist Schottland ja auch sehr bekannt für. Und da habe ich mich da so ein bisschen reingesteigert und habe dann eben mit großer Freude die verschiedenen Whisky-Sorten probiert und dann so nach und nach entdeckt, dass es verschiedene Regionen gibt, aus denen die Whiskys kommen und dass die dementsprechend auch unterschiedlich schmecken können und wie das alles so zusammenhängt. Und natürlich trinkt man zum Whisky auch mal das ein oder andere Bier. Und da habe ich am Anfang die große Vielfalt, die in den schottischen Pubs durchaus auch herrscht, erst mal ein bisschen ignoriert, habe mich an das Lagerbier gehalten, das gute Tennent’s, was es in Schottland in jedem Pub gibt. Und später aber dann doch auch habe ich mich mehr und mehr an die Cask Ales rangetraut, wo natürlich auch eine große Vielfalt vorhanden ist, die verschiedenen britischen Bierstile, die man kennt, Bitter und Porter und Stout et cetera. Und auch da, muss ich sagen, das hat mich dann mehr und mehr fasziniert und abgeholt und dann habe ich da, eigentlich fast auch mehr als für Whisky, eine Leidenschaft für entwickelt. Und kurz darauf, also 2009 bin ich nach Glasgow gezogen, also 2012 bin ich dann mit einem Hobbybrauer in Kontakt gekommen auf einer Party, hatte mich ein Kollege eingeladen zu sich nachhause. Und da hieß es halt, also jeder kann zu Trinken mitbringen, was er möchte, habe ich im Supermarkt ein paar der besten Biere, die ich da finden konnte, mitgenommen. Zu der Zeit hieß das unter anderem Biere von BrewDog, die waren da grade im Aufstieg begriffen und ja auch eine der größten und einflussreichsten Brauereien sicherlich in dem Bereich in Großbritannien oder generell in Europa zu dieser frühen Zeit. Und, ja, dann habe ich BrewDog-Bier mitgenommen, habe das mitgebracht. Und da gab es noch einen anderen Gast auf der Party, der hatte auch BrewDog-Biere dabei und aber auch sein selbstgebrautes Bier. Und das hat er dann in so Glaskaraffen erst mal ausgeschenkt und hat es dann sehr freigiebig an alle verteilt zum Probieren. Das fand ich ja schon mal sehr faszinierend und war aber auch zugegebenermaßen etwas skeptisch, so nach dem Motto, kann das was sein, kann man Bier zuhause brauen? Das war mir völlig, hatte ich noch nie mich mit beschäftigt, mit dem Gedanken. Aber es kam halt wie es kommen musste, das Bier war genial! Es war absolut lecker und frisch und wirklich wie es sein sollte, das hat sogar noch BrewDog-Flaschen in den Schatten gestellt. Und natürlich war das Gesprächsthema des Abends damit geklärt. Und wie sich dann rausstellte, war der Typ total nett, Jack Griffin, und hat dann auch gleich gesagt: „Also wenn dich das interessiert, dann komm doch mal vorbei, ich zeige dir mal, wie ich braue zuhause, wie das funktioniert. Und wer weiß, vielleicht hast du ja selbst Spaß daran.“ Ja und dann kam das so wie es kommen musste, ich bin dann zu ihm mal hin, habe mir das angeschaut, war absolut fasziniert davon. Und natürlich, wie du schon sagtest, ist Brauen letzten Endes auch reine Biochemie, also hat mich das total abgeholt. Und das habe ich auch immer den Leuten, die danach fragen, das ist halt so schön, weil im Labor, da forscht man Tag und Nacht und denkt sich Experimente aus. Davon funktionieren 95 % nicht, also muss man sich wieder was Neues ausdenken. Im Unterschied dazu funktioniert Bierbrauen jedes Mal, ja, man hat jedes Mal ein schönes Ergebnis, das kann man sogar auch noch trinken. Also das ist wirklich ein tolles Hobby für einen Wissenschaftler.

Markus: Das stimmt und man hat eben jede Menge Bestätigung. Ich muss sagen, mir schwimmen so ein paar Bilder im Kopf jetzt rum, muss ich sagen. Also wir haben uns ja grade erst wieder getroffen in Romrod bei der HBCon, also beim Hobbybrauertreffen und da passiert ja auch genau das, wenn dann eben alle zusammenkommen, jeder, der nicht sowieso irgendwo Bier ausschenkt, hat eben selber ein kleines oder größeres Fässchen irgendeiner Bauart dabei. Und dann wird auch mehr oder weniger, ob man will oder nicht, jedem etwas eingeschenkt und natürlich auch entsprechend gefragt, wie es denn so schmeckt? Und natürlich sind alle stolz wie Bolle auf ihr jeweiliges Gebräu und es sind auch ganz, ganz tolle Biere dabei, also gar keine Frage, das ist wunderbar. Und jetzt, wo du das grade so gesagt hast, ist in mir so ein bisschen dieses andere Bild ausgekommen, es gibt ja durchaus andere Substanzen, die man dann irgendwo so erwerben kann. Wo man dann immer nie genau weiß, was denn da eigentlich drin ist und wo man dann sich überlegt, okay, macht es überhaupt Sinn, dass jetzt einfach mal so zu konsumieren, ohne dass ich da eine Klarheit habe, was da drin ist? Aber ich glaube, bei Bier würde sowas gar nicht passieren können, weil wir ja eigentlich durch den Prozess, durch den Brauprozess und sowas ziemlich safe sind, dass da Substanzen drin sind, die man so nicht drin haben will, oder? Gibt es sowas, gab es sowas schon mal?

Frank: Also ja, ist grundsätzlich natürlich völlig richtig, ja, Bier ist eins der sichersten Lebensmittel überhaupt, deswegen ja auch die viele 1.000 Jahre alte Geschichte, die das auf dem Buckel hat. Aber wenn jetzt keiner eine böse Absicht hat und da bewusst irgendwas Schädliches reinmischt, ist das eigentlich immer safe, absolut richtig, ja.

Markus: Ja, also auf jeden Fall super spannend. Und apropos, wir haben ja einen BierTalk und das Tolle ist, bevor wir dann gefahren sind oder uns getrennt haben, hast du mir tatsächlich noch eine Flasche in die Hand gedrückt mit einem kleinen runden, sehr kleingeschriebenen Etikett obendrauf. Wo ich sagen muss, Dank meines fortgeschrittenen Alters kann ich es gar nicht wirklich entziffern, aber es sieht auf jeden Fall total spannend aus. Und ich habe gesagt, wenn wir den BierTalk machen, dann könnten wir das doch zusammen probieren. Also weiß ich nicht, hast du auch sowas noch da und kannst du aufklären, um was es sich eigentlich handelt?

Frank: Ja, also zufällig habe ich auch eine Flasche davon hier und auch kühlgestellt. Und zwar handelt es sich dabei um ein Altbier ganz klassischer Brauart. Düsseldorf ist jetzt auch nicht so weit weg von Aachen und Aachen liegt ja durchaus in der rheinländischen Einflusssphäre zumindest, wenn es nicht sogar dazugehört. Und es ist ein Bierstil, den ich sehr gerne mag und gelegentlich auch braue, sicherlich einer der Stile, die ich bisher am häufigsten gebraut habe. Meistens braue ich immer wieder was Neues, aber das ist so ein Rezept, was mir am Herzen liegt und was ich gerne auch immer wieder mal braue.

Markus: Also das ist jetzt eins von dir sozusagen?

Frank: Genau, das ist von mir gebraut, richtig, ja.

Markus: Okay, cool. Na, dann würde ich doch fast sagen, machen wir mal auf, oder? Uih! Wunderbar, also Öffnung war schon mal perfekt. Ei, sehr schön! Also, Altbier ist einer meiner absoluten Lieblingsbierstile, muss ich sagen. Da bin ich immer etwas traurig, dass es davon in Franken so wenige davon gibt, wobei ein Paar sich trauen. Also die Kundmüller-Brauerei hat immer eins, da haben wir einfach das Glück, dass der eine von den beiden Brüdern Oswald heißt und ihm zu Ehren gibt es eben das OSw-Alt, also was dann eben Oswald so ein bisschen ausgesprochen wird. Das ist ein ganz schönes Altbier, was ich immer wieder mal trinke. Und dann haben wir in Memmelsdorf noch eine Brauerei, die auch ab und zu ein Altbier macht und das finde ich auch ganz, ganz gelungen. Ich mag einfach diese malzigen Komponenten, das Dunkle und trotzdem die schöne Drinkability. Und ich muss sagen, also bei mir im Glas hier wunderbar, es ist so rostbraun, schöner Rotstich dabei. Toller Schaum obendrauf, der wirklich steht wie eine Eins und, ja, also holt mich optisch auf jeden Fall total ab. Wie ist es bei dir?

Frank: Ja, sieht bei mir sehr ähnlich aus. Von der Farbe her ist es wahrscheinlich im Vergleich zu den bekannten Düsseldorfer Hausbrauerei-Altbieren sogar ein bisschen zu dunkel, aber das stört mich eigentlich weiter nicht. Ich mag eigentlich grade sehr gerne diese, wie du auch schon sagtest, diese malzige, teilweise schon fast ein bisschen karamellige Komponente, die dann idealerweise durch den Hopfen wieder ausbalanciert wird, das schätze ich sehr daran, an diesem Bierstil.

Markus: Genau und das setzt sich auch sofort fort, wenn man ein bisschen die Nase reinhält, also da habe ich eben ganz viel von diesen malzigen Komponenten. So Toffee, wenn man sich an diese Bonbons erinnert, die es früher so gab in dunkelbraun und hellbraun, die man da so lutschen konnte, so ungefähr ist das. Und dann haben wir noch so ein bisschen fruchtige Komponenten, das geht so in eine rote Beere, Erdbeeren vielleicht, Kirschen, Brombeeren, Waldbeeren. Also eine schöne fruchtige Ecke, eine Süße eben auch. Eine Frische auch, also man merkt wirklich, die Kohlensäure geht auch ein bisschen in die Nase. Also ein sehr angenehmes Nasengefühl, wie auch immer man das genau bezeichnen mag, sehr schön. Okay, dann, Prost!

Frank: Prost, Markus.

Markus: Ja, hätte ich ein paar Flaschen mehr mitnehmen sollen. Nein, also sehr schön, es ist genauso, wie du es eigentlich beschrieben hast, es fängt jetzt auch so an im Mund erst mal das Süße, das Malzige, das Karamellige, ein sehr dichtes Mundgefühl, extrem cremig, sehr schön auf der Zunge. Und dann kommt aber eben auch eine ordentliche Bittere, die sehr, sehr lange anhält, sehr selbstbewusst ist, dieses Bier wirklich schön abrundet und dann hintenraus zusammen mit diesen fruchtigen Noten schön ausklingt. Also dadurch habe einen wirklich sehr runden vollendeten Trunk. Ich würde jetzt nicht sagen, es ist komplett schlank, aber es ist ein tolles Bier, was einen schönen Anfang und ein schönes Ende hat und hintenraus wirklich wieder ein bisschen durch diese Bittere runder wird und wieder Lust macht auf den nächsten Schluck. Also ein wirklich schönes, angenehmes Altbier, sehr gut! Wie schmeckt es dir?

Frank: Das klingt sehr gut, Markus, du hast es grad hervorragend beschrieben, das sind auch gleich so ein paar Dinge, tauchen da auf, die ich auch wiedererkenne. Also ich mag halt Hopfen, grade auch im Altbier, die müssen für mich idealerweise gut gehopft sein, um halt eben diese Balance herzustellen. Ich mag auch gerne ordentlich Bitterkeit, das ist persönliche Präferenz einfach. Jetzt ist dieses Bier mit dem Spalter Select gehopft, was meiner Meinung nach sozusagen der Pflichthopfen im Altbier ist, im klassischen Altbier jedenfalls. Und von diesem Hopfen sind eben auch, was vielleicht der typischen Düsseldorfer Brauer nicht unbedingt machen würde, viele späte Gaben dabei, also gegen Ende des Kochvorgangs und auch im Whirlpool dann noch, also während das Bier schon fast abkühlt wieder, die Würze dann abkühlt nach dem Kochen. Und dadurch hat man eben eine relativ prägnante, meine ich jedenfalls, Hopfenaromatik auch, die so ein bisschen ins Kräutrige, manche sagen sogar Minzige fast schon reingeht und das finde ich sehr gelungen. Und dann sagtest du auch noch, es hat einen recht vollen Körper. Ja, das Problem hat man manchmal als Hobbybrauer, die Hefe wollte nicht ganz so weit, wie ich es gerne gehabt hätte, ich habe es auch immer gerne trocken, also trockenes Finish im Bier. Das hat hier nicht ganz geklappt, aber nichtsdestotrotz ist genug Hopfen drin, um die Ausgewogenheit zu bewahren.

Markus: Auf jeden Fall. Und ich muss sagen, also mich als Franke holt das absolut ab. Also diese ganz trockenen, schlanken Biere, also das kann man mal machen, aber so wirklich, also wenn es um den Biergenuss geht, finde ich, brauche ich eher ein bisschen Körper und brauche ich ein bisschen Restsüße. Einfach, weil dann einfach mehr Bier da ist, sonst ist es einfach so schnell weg. Und insofern, also wenn ich ein Bier bewusst trinken will, und das mache ich eigentlich immer, also ich habe aufgehört, Bier unbewusst zu trinken, meistens zumindest, dann ist dass das, was mir echt Spaß macht. Aber da sind wir ja so Mitten im Kern des Themas eigentlich. Also vielleicht mal für die Leute da, die jetzt zuhören und vielleicht nicht so ganz genau wissen, was ist denn der Unterschied, also wenn wir jetzt sagen, es gibt eine professionelle Brauerei, die zum Beispiel ein kommerzielles Altbier macht und man hat jetzt jemanden wie dich, der als Hobbybrauer sagt, er macht jetzt mal ein Altbier. Was wäre so der Unterschied, was darfst du zum Beispiel machen oder was kannst du machen oder was würdest du gerne mache, wie auch immer, was jetzt zum Beispiel so eine kommerzielle Brauerei nicht machen kann? Also wo sind Unterschiede beim Hobbybrauen, wo man eben ganz bewusst durch die kleine Charge und durch das Hobby ein bisschen andere Wege gehen kann?

Frank: Oh, das ist eine gute Frage. Also grundsätzlich darf man als Hobbybrauer, sage ich mal, brauen wie man will. Es gibt ja schon allein durch das Reinheitsgebot bestimmte Vorschriften, an die kommerzielle Brauereien einfach gebunden sind, wenn sie das Produkt denn Bier nennen möchten. Dem unterliegen Hobbybrauer jetzt nun nicht, ja, die können quasi jede Zutat benutzen. Da muss ich allerdings dazu sagen, dass jedenfalls ich persönlich relativ gerne oder bevorzugt relativ traditionell braue, also sprich, ausschließlich aus Grundzutaten, Hopfen, Malz, Wasser und Hefe. Was man als Hobbybrauer oftmals macht, wenn man Bier in Flaschen abfüllt, ist eben eine Flaschennachgärung, das machen kommerzielle Brauereien in Deutschland eher selten. Das heißt, da wird dann noch mal, und zwar im Hobbybereich, meistens einfach Zucker ins Bier gegeben, um einfach dann eine kleine Menge Kohlensäure in die Flasche zu bringen, die man ja auch haben möchte. Das ist einfach der einfachste und meiner Meinung nach wie vor genialste Weg, um das hinzubekommen, Alternative. Und das machen natürlich auch viele Hobbybrauer, die technisch ein bisschen besser ausgestattet sind, könnte man das Bier auch in Fässer befüllen und in Kegs, zwangskarbonisieren durch Überdruck und dann eben in Flaschen abfüllen. Das ist aber ein bisschen aufwendiger und im Endeffekt funktioniert beides gleich gut. Also ich meine, jedenfalls bei einem Bierstil wie ein Altbier, ist eine Flaschengärung fast zu bevorzugen. Bei anderen Bieren, insbesondere helle und hopfige Biere, funktioniert das meistens nicht so gut, weil die dann sehr anfällig sind für Oxidation. Das ist ein großes Problem im Hobbybereich, dass Biere bei der Abfüllung oftmals mit Sauerstoff durchmischt werden, wodurch sie dann eine sehr begrenzte Haltbarkeit nur haben. Und das kommt besonders schnell zum Tragen und merkt man eben auch beim Genuss des Bieres, wenn die Biere hell und hopfig sind. Ansonsten Unterschiede hobby und kommerziell, es ist einfach, ich meine, man kann als Hobbybrauer durch die kleinere Sudgröße, meistens sind das ja nur 20 Liter oder sogar noch weniger oder vielleicht bis zu 50, sage ich mal, im Hobbymaßstab, kann man halt einfach sehr viel mehr experimentieren. Und das ist auch eine Sache, die ich sehr gerne mag, ich braue oft 50-Liter-Sude und teile die aber dann auf, sodass ich die dann mit verschiedenen Hefen vergären kann oder auch dann zum Beispiel einen Teil noch mal kalthopfe mit bestimmten Hopfensorten und solche Sachen. Oder auch so ein kleines Hobby im Hobby, ich habe so ein kleines Sherry-Fass, also ein Holzfass, wo ich Biere nachreifen kann, sodass sie so ein bisschen von dem Holzcharakter annehmen oder auch eben sekundäre Nachgärungen machen kann mit speziellen Hefen wie Brettanomyces. Oder auch Bakterien, Pediococcus, eine Lactobacilles, um eine leichte Säure in das Bier zu bringen. Das sind alles so Sachen, die man als Hobbybrauer relativ leicht machen kann. Die kommerziellen Brauereien aber meistens aufs Äußerste bedacht sind, aus der Brauerei fernzuhalten, weil die dann einfach das Bier, nach allgemeinem Verständnis, ruinieren.

Markus: Naja oder zumindest halt verhindern, dass man immer gleiches klares Ergebnis hat, was man halt als professioneller Brauer einfach haben will und in gewisser Weise auch haben muss und wo ich eben so experimentieren kann. Und im Grunde ist es so wie ich früher, wenn ich mit Lego-Steinchen gespielt habe, so kann man halt als Hobbybrauer letzten Endes mit all den Zutaten und Parametern spielen, die es eben so gibt. Und das ist mittlerweile eben eine ganz große Menge, weil man eben bei all den Rohstoffen, ob jetzt Malz, Hopfen, Hefe oder auch Wasser, ja schon mittlerweile auch im Hobbymaßstab sehr viel variieren kann. Aber eben dann auch noch mit anderen Dingen wie zum Beispiel Zutaten eben außerhalb des Reinheitsgebots oder mit Holz, da einfach noch mal wieder experimentieren und das finde ich schon total spannend. Und ich finde auch, das ist dann ein Punkt, wo wiederum die Hobbybrauer oft die traditionellen Brauer auch ein bisschen inspirieren, weil halt unter diesen ganz vielen Versuchen oft welche dabei sind, wo man sagt, Mensch, das ist jetzt aber wirklich eine richtig geile Nummer und dann lohnt sich das vielleicht auch mal im großen Maßstab zu machen. Wir sehen es zumindest bei den Hobbybrauerwettbewerben, wo ja meistens das so ist, bei den Großen zumindest, dass die Siegerbiere dann immer auf einer großen Anlage auch eben mal im großen Maßstab professionell produziert werden und die haben oft ja einen unglaublichen Absatz. Also ich war grade eben erst in Hamburg und habe den Dennis Spahn besucht von Störtebeker und der hat mir erzählt, dass der aktuelle Gewinnersud, also der jetzt dann eben rauskommt, der war praktisch schon vor dem ersten Tag, wo er offiziell erhältlich war, war er eigentlich schon wieder ausverkauft, weil die Nachfrage so groß ist nach diesen Bieren. Und insofern, also glaube ich, da sind wir noch am Anfang von einer Entwicklung, sowohl was die Anzahl der Hobbybrauer angeht als auch, was den Impact angeht, den die irgendwie auf dem Biermarkt haben. Vielleicht, da sind wir ja auch so ein bisschen bei so einem Übergang, also du warst dann oder bist Hobbybrauer, ganz kurz, wie groß ist denn deine Anlage?

Frank: Ich habe eine Braumeister, das heißt, der kann maximal 50 Liter Würze produzieren.

Markus: Und 50 Liter reichen bei dir wie lange ungefähr?

Frank: In der Regel schon ziemlich lange, wie gesagt, das wird auch meistens noch mal aufgeteilt. Und, ja, das reicht schon Monate auf jeden Fall.

Markus: Schon ein paar Wochen?

Frank: Ja.

Markus: Ja, man hat ja auch noch Freunde und Bekannte und was weiß ich, wer da alles so gerne mittrinkt, genau. Also dann machst du das und auf der anderen Seite hast du dann aber auch beschlossen, und das ist ja auch wieder klar, mit deinem Hintergrund zu sagen, okay, du weißt viel über die Vorgänge, du weißt, was da passiert oder nicht passiert, wie es denn sein soll und hast dich dann auch damit beschäftigt, wie man denn so ein Bier dann auch bewertet. Wann hat dich das so gepackt und wie hat sich das entwickelt bei dir?

Frank: Ja, gute Frage. Das kam auch schon sehr früh ins Spiel und zwar auch gleich am Anfang in Glasgow, als ich dann losgelegt habe mit dem Brauen, selbst zu brauen. Da gab es eben auch so eine Art Hobbybrauerstammtisch, also wo sich einfach verschiedene Hobbybrauer aus Glasgow und Umgebung regelmäßig getroffen haben, um dann gemeinsam Biere zu verkosten und sich Feedback zu geben. Also das war eben 2012 auch tatsächlich noch, gab es Leute, die BJCP Judges waren beziehungsweise zumindest von der Idee schon mal gehört hatten und sich da schon ein bisschen reingearbeitet hatten. Und das ist ja so ein bisschen Selbststudium auf jeden Fall, da können wir gleich auch noch mal drüber sprechen, wie man das eigentlich wird. Die hatten jedenfalls schon Vorahnung und die waren auch in der Runde dabei und haben dann eben die Biere verkostet. Und ich fand das absolut faszinierend, wie sie an diese Sache rangegangen sind. Dass sie einfach vor allen Dingen sehr intensiv an den Bieren gerochen haben und dann sofort jede Menge Feedback schon geben konnten, was sie da alles riechen und wie sie das so eloquent beschreiben konnten, was da alles wahrzunehmen ist und durchaus auch, welche Fehler man da vielleicht schon rausriechen kann. Und dann sogar teilweise schon anfingen, schon bevor sie überhaupt einen Schluck von dem Bier in den Mund genommen hatten, anfingen, den Brauern da Feedback zu geben, was man da noch besser machen könnte und das fand ich absolut faszinierend. Und wahrscheinlich hat dazu auch beigetragen, dass sie mein Bier ganz besonders toll fanden, was ich mitgebracht hatte, was damals tatsächlich erst mein zweiter Sud war, das war ein American IPA. Also damals natürlich die absolute Hype-Phase dieses Bierstils, alle wollten IPA und zwar klassisch West Coast, bittere IPAs mit viel Hopfen, durchaus auch kaltgehopft oft. Und das ist, sagen zwar viele, ist trivial, aber es eigentlich auch gar nicht mal so einfach zu brauen, wenn man das richtig machen will. Und daran habe ich mich eben dann versucht gleich als zweites Bier und habe das dann mitgebracht und wusste echt nicht, was ich da jetzt zu erwarten habe, ob ich da jetzt in der Luft zerrissen werde oder ausgelacht werde. Aber nein, im Gegenteil, die fanden das Bier ganz wunderbar. Was sie natürlich noch umso sympathischer erscheinen lassen und haben mir sogar empfohlen, das Bier bei einem Wettbewerb einzureichen. Da dachte ich mir, ja gut, wenn die Beer Judges das sagen, dann mache ich das mal. Und da gab es einen Hobbybrauerverein, die Scottish Craft Brewers, gibt es auch heute noch, die haben die Zentrale in Edinburgh in Schottland. Und die hatten eben zu der Zeit einen jährlichen Wettbewerb am Laufen, wo auch einer der Bierstile, der da gefragt war im Wettbewerb, tatsächlich American IPA war, also habe ich es da eingereicht. Und, ja, was soll ich sagen, dann habe ich diesen Wettbewerb mit dem Bier gewonnen und das war, wie gesagt, mein zweiter Sud, also sehr früher Erfolg. Und das hat mir natürlich auch gezeigt, okay, die Jungs hatten offenbar Recht, hatten ein gutes Näschen bewiesen und hatten mich dazu ermutigt, also fand ich das richtig klasse. Und dann habe ich dieses Bier auch noch mal bei einem anderen Wettbewerb eingereicht, der Stil offen war, soweit ich mich erinnere. Und zwar war das ein deutlich größerer landesweiter Wettbewerb, also ganz Schottland sozusagen, der hieß Scottish Homebrew Competition und vom Institute of Brewing & Distilling ausgerichtet wurde. Also quasi die, ich sage mal, angelsächsische Entsprechung zu Weihenstephan sozusagen, da konnten sich die ganzen Studenten von Brewing and Distilling, was man in Schottland natürlich zusammenhängend studiert, eben unter Beweis stellen. Und auch diesen Wettbewerb habe ich dann mit diesem Bier gewonnen. Also hat mich das sehr beeindruckt, was die Beer Judges da prognostiziert hatten und mich dazu ermuntert hatten, da mitzumachen und fand das natürlich, wie gesagt, insbesondere diese Fähigkeit, einfach durch riechen, schmecken so viel beschreiben zu können, so viel Feedback geben zu können, das hat mich sehr, sehr beeindruckt. Ja und dann schnelles Vorspulen, mir ist das Thema natürlich nie aus dem Kopf gegangen, es gab aber zu der Zeit praktisch keine Möglichkeiten, BJCP-Prüfungen beispielsweise zu machen, deswegen habe ich das erst sozusagen 2019, als ich dann schon wieder 3 Jahre zurück in Deutschland war, da hatten wir in Köln mit den Kölner Bierhistorikern die erste BJCP-Prüfung in Deutschland organisiert. Jürgen Knobler hat das damals in die Hände genommen und vorbildlich durchgezogen. Und dann habe ich die Prüfung gemacht und habe da eben halt auch sehr gut abgeschnitten und das war richtig klasse, hat Spaß gemacht.

Markus: Ja, also das macht auch richtig Spaß, dir zuzuhören. Und ich finde es auch unglaublich, also mit seinem zweiten Wurf sozusagen gleich zweimal national abzuräumen in Schottland, das ist schon eine Nummer. Also da im Nachhinein noch mal Glückwunsch an dieser Stelle, das ist wirklich großes Kino. Wobei es natürlich auch immer die Frage ist, wenn ich mit meinem zweiten Bier schon gewinne, was mache ich dann eigentlich noch?

Frank: Ja, genau.

Markus: Aber du hast ja dann deinen Weg gefunden, dich weiterzuentwickeln, das ist auf jeden Fall schon mal cool. Vielleicht noch eine Frage, die mich auch letztes Jahr beschäftigt hat, oder war es vorletztes Jahr, ich weiß es gar nicht mehr genau, aber jedenfalls als ich das letzte Mal in Schottland war, war ich auch in Edinburgh und dann so ein bisschen nördlich, Loch Ness und einmal so rund rum und bin aber extra ein bisschen eher hingefahren, weil wir dann eben so eine Rundreise hatten auf den Spuren des Whiskys und waren ein paar Tage vorher eben in Edinburgh und war da viel unterwegs und bin rumgelaufen. Das Wetter war wunderbar und ich habe mich total erfreut also sowohl an Schottland an und für sich, ein wunderbares Land, ein sehr schönes Land auch, also wie alles gebaut ist, wie die Natur ist. Es ist sehr sauber, es sind ganz liebe Menschen, sehr herzliche Menschen, sehr hilfsbereite Menschen auch, also wo man wirklich überall mit ganz viel Wärme begrüßt wird und wo es auch wirklich Spaß macht auch, sich einfach mal in einen Pub zu setzen, auch mal alleine, man hat sofort, wenn man möchte, jedenfalls auch da Kontakte. Und das Einzige, was mir dann passiert ist, ich bin dann rumgelaufen und ich habe mir gedacht, Mensch, also jetzt so ein richtig schönes Eis und dann habe ich geguckt, okay, in ganz Edinburgh habe ich keine Eisdiele gefunden. Und das habe ich dann irgendjemanden auch gefragt, ich glaube, dann in einer BrewDog-Bar oder sowas, habe ich mich da mit einer Angestellten länger unterhalten und dann haben die gesagt, naja, du spinnst ja auch, die paar Tage, wo wir Sonnenschein haben, brauchen wir jetzt keine Eisdiele. Und da habe ich mir gedacht, ich muss mal jemanden fragen, der da länger war und jetzt habe ich dich grade da, ist das so, also gibt es da keine Eisdielen, hat man nur so wenig Sonnenschein?

Frank: Also wenig Sonnenschein hat man auf jeden Fall, das kann ich 100 Prozent bestätigen. Und Eisdielen, das stimmt, ist eine sehr gute Beobachtung, die du gemacht hast, das stimmt. Ich erinnere mich auch, in Glasgow gab es jedenfalls immer beziehungsweise nur das University Cafe, das ist in Westend von Glasgow, sehr traditionelles Café, wo man sehr gut mal schottisch frühstücken kann, ja, also Full Scottish Breakfast mit allem Drum und Dran, Haggis, Black Pudding und so weiter und so fort, was man alles gerne morgens isst, und die hatten eben auch Eis. Wahrscheinlich aus dem Grund, weil dieses Café mal irgendwann von italienischen Einwanderern gegründet wurde. Und das war einer der ganz, ganz wenigen Orte, wo man tatsächlich frisches selbstgemaches Eis kaufen konnte. Und dann gab es noch, weiß ich auch noch, den Ort Ayr an der Küste, das ist ein beliebtes Wochenendausflugsziel für die class vigents, da fährt man so eine knappe Stunde mit dem Zug hin. Und da gab es eine legendäre Eisdiele, die auch dann aussah wie ein Palast, ja. Also das muss eine absolute Goldmühle gewesen sein, auch direkt am Strand von Ayr. Und da kommen die ganzen Strandbesucher, die da einfach in den 60er-, 70er-Jahren noch zu 1.000en Urlaub gemacht haben einfach, als es noch keine großartigen Flüge und so weiter gab. Und da gab es auch wirklich, wie man das aus Deutschland auch kennt, sehr, sehr viele Eissorten und natürlich auch eine italienische Eisdiele von italienischen Einwanderern gestartet. Und irgendwann während unserer Zeit in Glasgow, haben die dann tatsächlich auch eine zweite Filiale in Glasgow aufgemacht und zwar ungefähr 5 Minuten Laufweite von uns weg, also hatten wir dann keinen Eismangel mehr.

Markus: Also gut, nächstes Mal muss ich mein Domizil eher in Glasgow aufschlagen, das weiß ich jetzt schon mal, werde ich tun. Aber, ich muss sagen, jetzt, wo wir drüber reden, fällt mir noch eine andere Anekdote in der Ecke ein. Nämlich als ich zum 3. oder 4. Mal in Finnland war und war da auch zum Bierwettbewerb eben und mache es dann meistens auch so, dass ich ein paar Tage vorher anreise oder eben länger bleibe und schaue, dass ich mir noch ein bisschen was anschauen kann. Und da habe ich dann damals beschlossen, okay, ich würde gern mal auf die Åland-Inseln fahren. Und das kann man tatsächlich mit einem Mietwagen sehr, sehr schön machen, weil zwischen diesen ganzen Inseln, die da sich aneinanderreihen bis zu den Åland-Inseln, sind überall so Fähren, die regelmäßig fahren und die man benutzen kann, wie man eine Straße benutzt. Und dann habe ich gedacht, okay, dann machen wir das, dann nehme ich mir eben also einen Mietwagen und habe dann die Mietwagengesellschaft angefragt, ob ich mir ein Cabrio mieten könnte? Und dann kam auch so eine Antwort zurück wie, ob ich denn noch alle Tassen im Schrank hab? Weil für die paar Tage, wo man in Finnland ein Cabrio fahren kann, werden sie garantiert keines anschaffen, weil sie es sonst nicht verleihen können. Und da ist mir auch so klar geworden, okay, das sind so Gewohnheiten, die man hier bei uns, obwohl wir ja vermeintlich gar nicht so weit südlich sind, aber es ist einfach doch was anderes und da hat man so die ein oder andere Gewohnheit. Ja, aber wir schweifen ab, ich merke, wir waren ja eigentlich beim BJCP, aber ein bisschen Leben zwischendurch muss natürlich auch immer sein beim Bier, das gehört ja auch dazu. Vielleicht noch ganz kurz, um die Hörer: innen da draußen auch ein bisschen abzuholen, also vielleicht hat die eine oder der andere den BierTalk auch gehört mit Gordon Strong, das ist ja einer der Urväter sozusagen dieser ganzen Geschichte. Aber grundsätzlich hat man also im Grunde die amerikanische Hobbybrauerbewegung, Homebrewer-Bewegung, die ja im Grunde auf genau dieses Problem auch gestoßen ist, dass sie gesagt haben, okay, wir machen jetzt irgendwie alle Bier und natürlich finden wir all unsere Bier gut, aber wir haben überhaupt kein objektives Korrektiv, wo wir irgendwie sagen können, okay, was machen wir da eigentlich und machen wir das eigentlich gut und richtig? Und dann hat sich eben aus diesem kleinen Pflänzchen, dass die Hobbybrauer für sich gemacht haben mit diesem gigantischen Wachstum der Craft-Beer-Szene, eben da etwas entwickelt, was mittlerweile eigentlich global geworden ist, also auf jeden Fall auf dem amerikanischen Doppelkontinent vorherrscht, also bei fast jedem Bierwettbewerb dort wird nach den Richtlinien des BJCP auch gejudgt, also bewertet. Und das ist eben eine Sache, die sich jetzt auch so ein bisschen ausgedehnt zum Beispiel in die gute alte Welt nach Europa. Und man merkt dann immer, es ist halt einfach, es kommt von der anderen Ecke, also das heißt, es kommt eben aus dem Homebrewer-Bereich. Weswegen es zum Beispiel auch selbstverständlich ist, dass man da sehr viel über die Biere schreibt und das man auch durchaus Ratschläge gibt, dass man sagt, okay, ich rieche oder schmecke das oder das und das soll vielleicht so nicht sein, mach es doch mal so. Und das ist eben genau anders als jetzt zum Beispiel ein altgedienter Wettbewerb, wie jetzt der European Beer Star oder so, wo man praktisch sagt, naja, die Judges können beschreiben bewerten, was sie halt in ihrem Glas haben, riechen, schmecken, sehen. Aber sie können natürlich nicht wissen, was da für eine Brauanlage im Spiel war und war da sonst alles passiert war, deswegen stellen sie keine Spekulationen an, warum irgendetwas so ist und was man vielleicht dagegen tun könnte, sondern beschreiben es eben nur. Und das auch oft in sehr kurzen, knappen und manchmal vielleicht sogar gar keinen Worten. Und spannend ist es dann eben, wenn diese beiden Kulturen aufeinandertreffen in einem Wettbewerb, wie es mir bei einem meiner ersten Wettbewerbe in Brasilien gegangen ist. Da war ich dann Table Captain und hatte 3 Brasilianer bei mir am Tisch, und ich habe halt meine Biere in 5 Minuten durchbewertet und die haben ungefähr eine Stunde gebracht. Und ich hatte den Vorteil, tatsächlich, das war Wahnsinn, wir hatten 3 Masseurinnen als professionelle Leute, die dann eben massiert haben und dann konnte man immer, wenn man grade nichts zu tun hatte, eben rausgehen und wenn eine frei war, sich dann den Rücken oder die Schultern oder irgendwas massieren lassen, und das war für mich dann eine durchaus angenehme Zeit.

Frank: Ja, verstehe ich, dass du so viel fährst.

Markus: Genau, das hat das eine und das andere vielleicht auch ein bisschen befeuert. Und, ich meine, also da war das noch irgendwie lustig, aber man hat dann eben auch gemerkt, dass natürlich die Erwartungshaltungen auch so sind. Also viele Wettbewerbe, grade in Südamerika, verkaufen auch den Brauereien die Einträge so, dass sie sagen, passt auf, auch wenn ihr nix gewinnt, ihr bekommt ein Feedback und mit diesem Feedback könnt ihr auch wirklich was anfangen. Und das ist dann natürlich immer so eine Geschichte, wo dann eben auch wieder Diskussionen auftauchen. Und das ist total spannend, also da gibt es, glaube ich, auch kein richtig und kein falsch, es sind einfach 2 andere Kulturen oder 2 Kulturen, die da aufeinanderstoßen. Und deswegen finde ich es auch ganz toll, dass grade diese BJCP-Idee und du ja auch jemand bist, der das voranbringt, also dass das jetzt hier bei uns auch ein bisschen Fuß fasst, weil es natürlich noch mal auch mehr auf die Produktionsseite eingeht. Und viele Judges sind ja gar nicht selber Brauer und ich ja auch nicht zum Beispiel und das ist dann durchaus toll, wenn man sich da entsprechend auch ergänzen kann am Judging-Table und eben der eine sagt, okay, ich rieche und schmecke das und das und der andere sagt, okay, das könnte vielleicht da und da herkommen, und wenn man da dann kombiniert, versteht man plötzlich dieses Bier. Und das hat natürlich dann auch wieder was, wo man dann wieder einen Lerneffekt hat. Also wie geht es dir denn da so und, ich meine, du bist ja auch in verschiedenen Wettbewerben zugange, die beide Seiten haben, wie erlebst du das?

Frank: Ja, ja, es ist ein sehr spannendes Thema auf jeden Fall. Es sind natürlich, wie du schon sagst, zwei, ja, Kulturen nicht, es sind natürlich auch sehr verschiedene Zielsetzungen vielleicht, die solche Wettbewerbe verfolgen. Und bei den großen kommerziellen Wettbewerben wie European Beer Star, World Beer Award etc., ist natürlich ganz klar, da kann man grade auch in Europa wahrscheinlich davon ausgehen, dass derjenige, der das Bier gebraut hat, absolut weiß, was er da tut und wie er das tut, ja und dass das professionell ausgebildete Brauer sind, die da zu Werke gehe, das ist völlig klar. Und beim Hobbybrauer ist es natürlich das Gegenteil, ja. Das sind alles Leute, die sich das selbst beigebracht haben oder von Freunden es gelernt haben oder aus einem Buch oder aus dem Internet, gelesen haben und die wollen oder sind in der Regel sehr froh, wenn sie Feedback zu dem Bier bekommen. Und das ist tatsächlich eine der tragenden Säulen bei BJCP, auch eine Sache, auf der in der Prüfung großer Wert gelegt wird, dass eben Feedback gegeben wird. Und das ist völlig klar, wenn jetzt ein lupenreiner BJCP-Judge sich in einen kommerziellen Wettbewerb setzt und da mit judgt, dann anfängt da, wie du das mal so schön sagtest, Romane zu schreiben und anfängt Feedback zu geben, das kann unpassend sein, wenn das nicht das Ziel des Wettbewerbs ist. Aber ich kenne es tatsächlich auch so aus Großbritannien, da gibt es sehr, sehr viele Leute, die ihr Bier gar nicht mit der Absicht bei einem Wettbewerb einreichen, gewinnen zu wollen, sondern sie wollen einfach nur Feedback haben von Leuten, die sich auskennen. Und das ist ein total legitimer Grund auch, meiner Meinung nach und deswegen ist es halt eben auch so wichtig, dass in einem BJCP-Wettbewerb darauf geachtet wird, dass die Score Sheets korrekt ausgefüllt sind und das sie auch vollständig ausgefüllt sind und das eben vor allen Dingen auch Feedback gegeben wird, weil viele Leute darauf Wert legen. Und ich habe da auch grade von der HBCon, wo ich als Table Captain Baltic Porters bewerten durfte, ein Bierstil, der mir auch sehr am Herzen liegt seit einigen Jahren, habe ich ganz tolles Feedback bekommen von jemand, der auch zugegebenermaßen gut abgeschnitten hat, aber der war so begeistert über das Feedback, was er bekommen hat, obwohl es schon so gut war und was er noch besser machen könnte, also der war total begeistert. Und das ist natürlich eine super Rückmeldung, die einen dann auch darin bestärkt, das so weiterzuverfolgen. Aber wie du schon sagst, das hängt immer von der Zielsetzung auch des Wettbewerbs ab, ja.

Markus: Ganz genau. Und ich glaube auch, also das Problem landet manchmal am Judging-Tisch, aber da gehört es ja eigentlich gar nicht hin. Also normalerweise müsste der Wettbewerb das einfach entsprechend kommunizieren und zwar in beide Richtungen, also sowohl den Brauern kommunizieren als auch eben den Judges kommunizieren, was da gemacht werden soll. Weil, ich muss sagen, also so richtig kumuliert ist das, ich glaube, vor 2 Jahren oder sowas, wo ich auch in Brasilien war bei einem Wettbewerb und da hat dann eben am zweiten Tag die Wettbewerbsleitung quasi an alle international Judges eine ziemlich heftige Nachricht geschickt, dass sie eben den Brauern versprochen hätten, dass sie alle entsprechendes Feedback bekommen und Verbesserungsvorschläge und was weiß ich was alles und wir sollen doch gefälligst jetzt pro Bier unsere 100 Worte oder irgend sowas schreiben, damit sie da was zusammenfassen können. Und das war natürlich auch schwierig, weil das dann aus ziemlich heiteren Himmel kam und zugegebenermaßen wir dann auch, also wir in Anführungsstrichen, aber die betroffenen international Jugdes auch gesagt haben, naja, das Problem an der Geschichte ist natürlich, ich kann zum Beispiel feststellen, habe ich da ein Fehlaroma oder nicht. Sagen wir mal Diacetyl oder so, als Beispiel, das kann ich, das kann ich sagen, das ist da drin, so. Aber ich kenne natürlich nicht die Anlage, ich kennen nicht die Hygieneverhältnisse, ich kenne nicht die Rezeptur, die Rohstoffe, geschweige denn, was mit dieser Flasche alles passiert ist, seitdem sie die Brauerei verlassen hat, wie sie eingeschenkt worden ist und so weiter, ich kann nur das bewerten, was bei mir letzten Endes an dem Tisch landet. Und dann ist es natürlich auch schwierig, wenn von mir erwartet wird, dass ich dann dem Brauer sagen kann, was er oder sie anders machen muss, damit ich dieses Diacetyl nicht mehr habe. Also ich kann irgendwas vorschlagen, natürlich, aber das ist ja ein völlig ins Blaue rein in diesem Moment. Und dann ist genau diese Diskussion eben aufgekommen, das ich sage, okay, wenn ein professioneller Brauer sowas einreicht, dann muss ich eigentlich erwarten können das, wenn er ein Feedback bekommt, du hast dieses Fehlaroma da drin, dass er dann seinen Prozess anschaut und eben guckt und entsprechend dann korrigiert.

Frank: Richtig, ja.

Markus: Oder, wenn er das nicht kann, dass er sich dann jemanden engagiert, der ihn da professionell berät und eben auch bezahlt. Weil, auch das ist natürlich eine Sache, wenn mich jemand für diese Dienstleistung anheuern würde, dann würde ich das vielleicht sogar machen, aber dann ist das was anderes, dann ist es keine Blindverkostung und dann ist es eben auch was, was entsprechend bezahlt wird. Aber, wie gesagt, der Fehler lag nicht bei der Sache an sich, sondern der lag einfach bei der Art und Weise, wie der Wettbewerb den Brauereien verkauft hat, dass sie Biere einreichen sollen, weil sie einfach den Brauereien sagen, macht mal, bezahlt euren Entry und dann kriegt ihr eben auch dieses Feedback und quasi eine Gratisberatung für euer Bier oben drauf. Und dass das ein Wettbewerb nicht leisten kann und zwar sowohl wir international Judges nicht, als auch die armen, fast alle waren ziemlich jung und unerfahren, die BJCP-Judges, die da waren. Für die ist es ja genauso schwer, weil die schreiben dann zwar ganz viel, aber ob die jetzt genau den Nagel treffen, ist auch die Frage. Und da wird halt ganz viel Druck aufgebaut und ganz viel Erwartungshaltung produziert und am Ende sind irgendwie alle enttäuscht. Und insofern, das muss man, glaube ich, nur vernünftig kommunizieren, dann passt das auch und dann macht es natürlich auch eine Menge Spaß.

Frank: Richtig, ja, das hilft immer. Genau, wenn die Bedingungen klar sind, dann kann man auch dementsprechend zielgerichtet das Bier bewerten, das auf jeden Fall.

Markus: Ja, vielleicht nehmen wir mal die Hörer: innen mit, also wenn du willst, kannst du ja dein Bier mal nehmen oder irgendeins als Beispiel mal, also wie würdest du jetzt da rangehen, also was ist so eine BJCP-Herangehensweise, wenn man jetzt so ein Bier hat, wie geht man da geistig durch und wo entspinnen sich dann zum Beispiel solche Sachen im Feedback, wo man sagt, hier an dieser Stelle könnte man noch das oder das tun? Also wie funktioniert das? Ich weiß nicht, ob das überhaupt geht, aber würde mich mal interessieren.

Frank: Klar geht das und du hast es ja eben schon selbst, Markus, sehr exemplarisch vorexerziert, als du diese tolle Beschreibung von meinem Bier zum Besten gegeben hast. Es ist natürlich, wie immer beim Beer-Judging, eine sehr strukturierte Vorgehensweise, dazu gibt es natürlich auch Hilfsmittel, die man da benutzen kann und auch sollte. Vor allen Dingen in einem Wettbewerb hat man eben beispielsweise die Score Sheets beziehungsweise Bewertungsbogen, wo eben diese verschiedenen Aspekte jemand bewerten sollte, und wo man auch keinen auslassen sollte, vorgegeben sind. Und auch quasi genau in der Reihenfolge, wie du es oder wie wir es eben gemacht haben mit dem Altbier, hat man zunächst Mal den Geruch, ja. Das ist eine Sache, die man zuerst mal prüfen sollte, weil eben bestimmte Aromen oder auch Fehlaromen sich sehr schnell nach dem Einschenken schon verflüchtigen können, dass man da direkt mal vorsichtig eine Nase nimmt. Und dann kommt man zunächst zum optischen Eindruck des Bieres. Das hast du ja auch sehr schön beschrieben gehabt, welche Farbe das Bier jetzt hat, wie der Schaum aussieht, ob das Bier klar ist oder trüb ist, ja. Dass man einfach diese verschiedenen Aspekte nach und nach abklopft und dann eben beschreibt. Und was dabei auch sehr spannend und wichtig ist, finde ich immer, ist halt das korrekte Vokabular, ja. Also das ist ja so eine spezielle Art und Weise, wie, ja, Biersommeliers aber halt auch eben Beer-Judges so ein Bier beschreiben. Beer-Judges wahrscheinlich eher noch so ein bisschen technischer orientiert als der Sommelier, der vielleicht eher ein bisschen darauf ausgerichtet ist, das Bier verkaufen zu wollen, während der Judges einfach eine, ja, möglichst neutrale einfach Bewertung abgeben soll. Ja und dann hat man eben sein Vokabular, verschiedene Farbabstufungen, sage ich mal, mit denen man das Bier dann im Geiste vergleicht und man sieht, okay, das ist jetzt hier dieses Kastanienbraun, das passt am besten auf die Beschreibung. Und so geht man dann eben Begriff für Begriff durch, wie gesagt, den Schaum, die Farbe, die Klarheit und dann kommt man zum Geruch. Und dabei gehe ich dann immer so vor, und so ist es auch durchaus auf dem BJCP-Bewertungsbogen vorgesehen, dass man die verschiedenen Zutaten des Bieres durchgeht. Denn das ist ja kein Zufall, dass ein Bier so riecht und schmeckt, wie es es tut, sondern geht das ja jeweils aus den verschiedenen Zutaten hervor, also sprich, Hopfen, Malz, Hefe und auch dem Wasser. Und so kann man eben diese verschiedenen Zutatenbereiche nach und nach durchgehen, kann da mal beschreiben, was nehme ich denn für Malznoten wahr. Das sind oftmals irgendwelche Getreide- oder Brotassoziationen, die man da wahrnehmen kann. Oder halt im Falle von dunkleren oder Röstmalzen sogar dann sowas in Richtung Keks oder Biskuit, Karamell, bis hin dann zu dunkleren Röstmalzen, die dann wirklich Kaffee- und Schokoladeassoziationen hervorrufen können. Also das wäre einmal die Malzpalette durch sozusagen. Danach kann man sich dann mit dem Hopfen beschäftigen, wenn er denn wahrnehmbar ist. Es gibt ja auch Bierstile, wo Hopfen absolut im Hintergrund steht. Aber wenn er denn da ist, dann schaut man halt eben, was kann ich denn jetzt hier wahrnehmen? Und auch da spielt jetzt natürlich schon eine Rolle, was habe ich jetzt hier für einen Bierstil vor mir, ist das jetzt ein klassisch europäischer Stil wie ein Altbier oder habe ich hier vielleicht ein amerikanisches IPA vor mir stehen oder ein irisches Stout und auch da werden natürlich schon bestimmte Erwartungen geweckt. Und dann prüft man halt eben ab, werden diese Erwartungen jetzt erfüllt? Und bei einem Altbier, denke ich zumindest, da sollte auf jeden Fall auch Hopfen wahrnehmbar sein und idealerweise klassisch deutsche Hopfensorten, die oftmals so Kräuter- und Gewürzassoziationen hervorrufen können. Wie das dieser Spalter Select ja eigentlich auch ganz schön macht in diesem Altbier. Also kann man den Hopfen beschreiben, den man dort gegebenenfalls wahrnimmt. Ja und dann die Hefe, um zum nächsten Punkt zu kommen, da kann man am Geruch schon auch was wahrnehmen. Insbesondere bei obergärigen Bieren hat man eine gewisse Fruchtigkeit, die hattest du ja auch beschrieben. Altbier ist ja auch ein obergäriger Bierstil, wenn auch vergleichsweise sauberer, weil das Bier noch mal kaltgelagert wird im Idealfall. Und dann kann man eben beschreiben, ob man jetzt hier verschiedene Ester, was das Hauptstoffwechselprodukt der Hefe während der Gärung ist neben dem Alkohol, ob man da was wahrnimmt und gegebenenfalls, ob das Fruchtassoziationen vorhanden sind, irgendwelche Beeren, Kirschen et cetera. Ja und dann halt eben auch immer irgendwelche anderen Aromen, die jemand vielleicht wahrnimmt, die vielleicht stören, die vielleicht Fehler sind, Diacetyl oder Jungbiercharakter wie grüner Apfel, also Acetaldehyde und solche Sachen. So, das wäre jetzt der Geruch und dann geht man eben weiter dann zum Geschmack. Würde man wieder sehr ähnlich vorgehen, die Grundzutaten durchgehen, dann hat man bestimmte Sachen, die man gar nicht riechen kann, die man aber schmecken muss sozusagen, also einfach die Grundgeschmacksrichtungen sozusagen, ist es süß, sauer, bitter, salzig. Und halt eben der berühmte Umami-Geschmack, also dieses Herzhafte, was man vielleicht aus Soja-Soße oder Fleischbrühe kennt, ist das vorhanden? Und halt eben auch natürlich beim Bier besonders wichtig die Bitterkeit, ja, auch die kann man nur auf der Zunge oder am Gaumen sozusagen schmecken tatsächlich. Ja und dann kommt man letzten Endes noch zum Mundgefühl. Da spielt dann der Körper eine Rolle, ist das Bier vollmundig, malzig, stark, kräftig oder ist es eher schlank? Das heißt, ist es gut durchvergoren, hat es wenig Restzucker? Wie ist es karbonisiert, hat es viel Kohlensäure, wenig Kohlensäure? Gegebenenfalls ob das Bier Wärme vom Alkohol ausstrahlt, das hat man insbesondere bei stärkeren Bieren wie Bockbieren oder halt auch starken Stouts oder sowas oft oder auch belgische Biere bringen das manchmal mit sich, die auch gerne mal ein bisschen stärker sind. Ja und dann vielleicht noch Cremigkeit, Adstringenz, die gegebenenfalls auch störend sein kann, also so ein Belag auf der Zunge sozusagen. Und am Schluss beschreibt man dann einfach noch mal den Gesamteindruck. Also war das Bier jetzt rund, war das ausgewogen oder eher nicht so? Hat das zum Stil gepasst, hat es die Erwartungen erfüllt oder eher nicht? Und wenn nicht, dann, wie hätte es sie dann besser erfüllen können, hätte es vielleicht vollmundiger sein sollen oder mehr Kohlensäure und so weiter und so fort.

Markus: Ja, also vielen Dank, das war jetzt mal ein richtig spannender Einblick eben, wie man sowas so durchgeht. Und wie du schon gesagt hast, das ist in der Tat sehr ähnlich, der Weg, egal aus welcher Judging-Schule oder ob man jetzt als Biersommelier damit schon mal Berührung hatte, aber so macht man das, genau. Und das ist ja auch faszinierend irgendwie, weil man seine eigene Sensorik ja auch noch mal ganz anders kennenlernt und auch eine Entwicklung natürlich im Laufe der Zeit hat, weil man sich ja auch im Zuge des Alters und der Erfahrung entsprechend eben weiterentwickelt. Und natürlich, auf der anderen Seite braucht sowas dann eben auch ein Regelwerk. Weil ich kann ja nur zum Beispiel, wenn ich messen will, wie schnell jemand läuft, dann muss ich ja sagen, okay, sie laufen alle zum Zeitpunkt X los und sie legen alle eine Strecke Y zurück. Und nur, wenn ich eben die gleiche Strecke habe und den gleichen Zeitpunkt, dann kann ich auch messen, wer ist am schnellsten. Und so ist es eben bei einem Bier auch, ich brauche ein Regelwerk zum Beispiel eben für einen Bierstil, sagen wir mal ein Pils und dann weiß ich eben, was am Ende dabei rauskommen soll. Und jeder, der in diese Kategorie etwas einreicht und sagt, ich habe ein Pils gemacht oder ich kann genau 100 Meter am schnellsten laufen, dann muss er sich eben auch entsprechend damit messen lassen und sich diesen Kategorien unterwerfen. Und das ist dann wieder etwas, was man auch ein bisschen lernen muss und das gehört zu dem Programm dazu. Vielleicht kannst du da die Leute noch ein ganz kleines bisschen mitnehmen, wenn jetzt jemand Lust bekommen hat und gesagt hat, Mensch, das würde mich interessieren, mich mal damit zu beschäftigen, wie steigt man denn in so ein BJCP-Ding ein?

Frank: Ja, sehr gute Frage. Also das Coole, meine ich immer, am BJCP ist, der Einstieg ist sehr niedrigschwellig. Das heißt, es kostet nicht viel Geld und alle Materialien, die man zum Training benötigt oder zum Üben, die sind frei verfügbar. Also der Website der Organisation bjcp.org kann man schauen und da findet man eben alle möglichen Materialien, die man zur Vorbereitung und zum Selbststudium braucht. Das ist ein entscheidender Faktor, das heißt, man muss schon Eigenmotivation mitbringen, es lernen zu wollen, ja, weil da ist kein Seminarleiter, der einem jetzt kleinteilig alles vorkaut, sondern das muss man sich schon selbst aneignen sozusagen. Aber die ganzen Materialien sind eben da, sind frei verfügbar und da kann man sich dann eben diese verschiedenen Dinge durchlesen. Auf der Website sind zum einen die berühmten Stilguidelines, also die Stilrichtlinien, wo jeder Bierstil oder fast oder sagen wir mal, sehr viele Bierstile, die auf der Welt existieren, im Detail beschrieben werden. Und dann eben Score Sheets, also Bewertungsbögen kann man sich da runterladen, mit denen man dann üben kann und sollte, wenn man die ausfüllt. Es gibt eben dann Anleitungen, wie man sowas ausfüllt und worauf zu achten ist. Was auch BJCP gerne möchte, wie es ausgefüllt sein sollte, damit man dann, falls man sich dann dazu entschließt, eine Prüfung zu machen, um sich zu qualifizieren offiziell als Judges, worauf da zu achten ist, wie das Score Sheet sozusagen korrekt ausgefüllt ist. Das sind lauter so Sachen, die man da eben finden kann. Und es gibt natürlich auch sehr, sehr viele weitere Quellen online, einfach mal bei Google oder anderen Suchmaschinen BJCP-Vorbereitung oder sowas eingeben, dann findet man sehr viele Materialien, auch YouTube-Videos und so weiter und so fort, wo Leute einfach auch teilweise über mehrere teils stundenlange Vorträge hinweg das Ganze durchgehen. Also es gibt da sehr, sehr viel, was man sich per Internet oder per Lesen von PDF-Dokumenten eben aneignen kann. Und, ja, das kann Spaß machen, wenn einem das liegt, ein bisschen Eigenmotivation ist auf jeden Fall hilfreich dabei. Ja und wenn man sich dann dazu entschließt, diese Prüfung machen zu möchten, dann ist das ein gestuftes Prüfungsprinzip, Ja, man hat 3 Hauptstufen sozusagen, das 1. wäre die Online-Prüfung, die man machen kann. Das sieht so aus, dass man dann auf der BJCP-Seite sich registriert und dann bekommt man da so einen Link zum Server, wo eben so eine Art Quiz platziert ist. Und da muss man dann eben 180 Fragen zu Bierstilen, zu Brauwissen, Brautechnik, Zutaten, Fehlaromen, kann man da beantworten. 180 Fragen, ja, als Nichtenglisch-Muttersprachler in 90 Minuten. Ist vielleicht auch noch ein wichtiges Thema, die meisten Materialien sind leider bisher nur auf Englisch, wir arbeiten daran, dass wir da mehr und mehr auf Deutsch übersetzt bekommen. Das wird aber auch noch eine Weile in Anspruch nehmen, das ist leider so. Andererseits ist natürlich die Beer-Judging-Welt, wie du auch schon oft gesagt hast, sehr international. Es macht dann halt auch Spaß, wenn man da ein bisschen das Vokabular auf Englisch vielleicht verfügbar hat, sich dann mit anderen Ländern austauschen zu können oder vielleicht sogar in andere Länder reisen zu können, um da Biere zu bewerten, das bringt auch Spaß. Das wäre eben dieser Einstieg, das Online-Examen. Und wenn man das geschafft hat, dann könnte man sich überlegen, dass man die Judging-Prüfung, das Verkostungsexamen machen möchte. Das ist eine Sache, wo ich stark engagiert bin, dass wir da möglichst zumindest mal ein, zwei pro Jahr in Deutschland auch haben, wo man teilnehmen kann. Das ist leider immer auf 12 Teilnehmer limitiert. Mehr akzeptiert BJCP nicht, weil da ein sehr großer Bewertungsaufwand nachher auch dranhängt und generell auch Organisationsaufwand, weil da immer 2 sogenannte Proktoren, das heißt Referenz-Judges dazukommen, in Deutschland heißt das immer aus dem Ausland. Also sehr erfahrene Judges, mit denen man sich dann in der Prüfung messen kann. Und die Prüfung sieht so aus, dass man da eben 6 verschiedene Biere aus verschiedenen Stilen in 90 Minuten serviert bekommt, alle 15 Minuten ein Neues und dann dazu jeweils diesen Bierbewertungsbogen beziehungsweise das Score Sheet ausfüllen kann. Und das kann man dann machen und kann sich dann da messen mit den Proktoren und mit den Vorgaben vom BJCP, wie so ein Score Sheet aussehen sollte und dann kann man mal schauen, wie man dabei abschneidet.

Markus: Also wirklich sehr, sehr interessant und auch Wahnsinn, wie das durchstrukturiert ist. Und natürlich auch interessant, weil es dann auch dazu anregt, natürlich dieses System weiterzumachen, also weil man Punkte sammelt. Und dann mit jedem Wettbewerb, wo man dann zum Beispiel schon mal als Judge ist, sammelt man wieder Punkte und kann dann eben innerhalb dieses Systems auch aufsteigen und neue Ränge bekommen. Und das finde ich eigentlich sehr cool, weil man da so eine Gamification eben auch dahinter hat. Und ich muss sagen, auf der anderen Seite, also in der Beer-Judge-Welt, aus der ich, in Anführungsstrichen, so ein bisschen komme, da haben wir uns genau diese Frage immer gestellt, wie schafft man es, quasi Nachwuchs zu produzieren? Also mittlerweile ist es nicht mehr ganz so schlimm, es gibt sogar her zu viele Leute, die sich aktuell dazu entschließen, da was zu tun. Aber das ist noch nicht lange her, also vielleicht bis vor anderthalb Jahren oder, ich sage mal, bis zur Pandemie war das eigentlich so, dass wir immer das Problem hatten, dass wir festgestellt haben, die Beer-Judging-Welt wird immer älter und es gibt auch immer mehr, die einfach aus Altersgründen nicht mehr mitmachen können oder wollen und man hat viel zu wenig jüngeren Nachwuchs, um dann das Ganze am Leben zu halten und eben zum Beispiel auch mehr Frauen da reinzubringen, insgesamt mehr Diversität. Das waren alles so Themen, wo wir uns viel auch Gedanken gemacht haben, was man da tun kann. Und das habe ich natürlich mit so einer Gamification ganz anders gelöst, weil natürlich Leute dann auch echt Lust haben, das zu machen. Wie war das, wann hast du denn da die Seiten gewechselt und hast gesagt, ich bin von dem, der in diesem System ist und selber da so sich hocharbeitet, wechsle ich auf die Seite derer, die dann praktisch dafür sorgen, dass wieder andere diese Prüfungen ablegen können? Und du engagierst dich da jetzt auch in diesem Bereich, also wie ist das gekommen?

Frank: Ja gut, also du hast es ja schon ganz richtig beschrieben, dass es zum einen dieses Punktesystem gibt, mit dem man eben Erfahrungen sammelt. Das bedeutet einfach, das jeder Wettbewerb, an dem man als Judge teilnimmt, sozusagen einen Erfahrungspunkt bringt, der wird einem dann in seinem Konto gutgeschrieben. Und dann ist es eben so, dass in Abhängigkeit davon, wie gut man jetzt diese Prüfung abgelegt hat, man eben noch in höhere Ränge in dem BJCP-System sozusagen aufsteigen kann. Also wenn man die Prüfung ablegt, dann muss man in der Regel, wenn man die schafft, das heißt, über 60 Prozent Bewertung kommt, was jetzt nicht dramatisch schwer ist, wenn man sich ein bisschen mit Bier auskennt, schafft man das in der Regel. Dann ist man Recognized-Judge, also anerkannt. Eine Stufe höher wäre dann Certified, dazu muss man dann aber schon 70 Prozent in der Prüfung geschafft haben. Und wenn man dann noch weiter aufsteigen möchte, dann wäre der nächste Rang eben der National-Judge, auf dem ich mich jetzt befinde. Dazu müsste man dann aber schon 80 Prozent in der Prüfung schaffen und zusätzlich aber dann noch die nächste Stufe der Prüfung machen und bestehen und zwar das schriftliche Examen. Das schriftliche Examen ist vom Inhalt her nicht unähnlich von dem Online-Examen, aber eben so ausgelegt, dass man da in 90 Minuten alles Mögliche zu Papier bringen muss. Auch diese ganzen Fragen, die da gestellt werden könnten potenziell, die sind alle online verfügbar. Da muss man sich aber sehr, sehr gut drauf vorbereiten, damit man es in dieser Zeit überhaupt schafft, das zu Papier zu bringen. Da dreht sich wieder sehr viel um Bierstile, um Vergleiche von Stilen, wie die sich unterscheiden, wo die Gemeinsamkeiten liegen, aber auch wieder Brauwissen, Brautechnik, welche Bierfehler gibt es, wie kann man die vermeiden et cetera. Und halt eben auch BJCP-System, wie ist die Organisation aufgebaut, welche Ränge gibt es, wie kann man Punkte verdienen sozusagen? Und auch, welche Ethik steckt dahinter, wie sollte sich ein Judge verhalten am Judging-Tisch? Wie sollte man Feedback geben, sollte das konstruktiv sein, natürlich ja, und lauter solche Sachen. Also das wäre dann die nächste Stufe als National Judge. Und als National Judge darf man dann eben auch Examen organisieren und bekommt auch dafür dann natürlich wieder Erfahrungspunkte. Aber es macht halt einfach auch sehr viel Spaß, das machen zu können, weil man dann natürlich die Gelegenheit hat, wieder andere Bierbegeisterte kennenzulernen, dass man die Möglichkeit hat, die Proktoren, also die Referenz-Judges, die man für die Prüfung braucht, einladen zu können, die dann aus anderen Ländern kommen. Das war der HBCon beispielsweise, hatten wir den Marek Kamiński aus Polen da und jemanden aus Rom. Also da hat man dann einfach sozusagen Bier-Nerds aus allen möglichen Ländern, die man da zusammenbringen kann und das macht einfach immer riesen Spaß. Und auch generell ist es bei den Examen so, ich bin da ja auch relativ viel unterwegs grade in letzter Zeit wieder, wenn man dann dahinreist auch als Proktor, was ich dann als National Judge auch machen darf, dann darf ich selbst sozusagen der Referenzverkoster sein in Examen, die andere organisieren. Dann lernt man vor Ort immer die größten Bier-Nerds kennen und die wollen einem natürlich die ganze Stadt zeigen und was es zu alles zu bieten hat. Und das macht einfach riesen Spaß, wie du das wahrscheinlich auch von deinen Reisen kennst, Markus.

Markus: Ja, auf jeden Fall. Also das ist ja überhaupt das Schönste daran, also andere Leute kennenzulernen, andere Kulturen kennenzulernen, andere Länder und da einfach durchaus auch immer wieder Themen jenseits des Bieres zu entdecken. Also Bier ist eine ganz tolle Gemeinsamkeit, aber es ist natürlich nicht alles und das ist einfach toll, dass man einfach über diese Gemeinsamkeit auf jeden Fall zueinanderfinden kann und damit auch einen guten Aufhänger hat, mal eine Beziehung zu starten, sage ich mal. Und dann gibt es eben die einen, bei denen geht es dann auch relativ schnell da drüber hinaus. Also ist der Marek zum Beispiel auch so ein Beispiel, wo wir einfach sehr schnell sehr viele andere persönliche Anknüpfungspunkte gefunden haben und mittlerweile auch wirklich befreundet sind. Und auch schon festgestellt haben, wo er herkommt aus Posen, da ja sogar eine Verbindung zu Bamberg besteht und da sogar eine Statur in der Stadt steht, die an die Bamberger Einwanderer erinnert, die da mal hin sind. Und wir haben dann in irgendeiner bierlaunigen Stunde mal beschlossen, eigentlich müssten wir die Rauchbiergeschichte neu schreiben, nämlich das eigentlich die Bamberger damals in Posen das Grodziskie kennengelernt haben und dann haben sie das nachhause gebracht, wie auch immer. Aber man merkt schon, also kann man sich vorstellen, wir hatten da das ein oder andere Bierchen und dann entspinnt sich sowas. Aber man sieht einfach, da entstehen wirklich tolle Geschichten, manchmal auch Blödeleien, aber einfach, ja, es ist eine ganz, ganz tolle Zeit. Und natürlich gehören da auch noch andere dazu, das wäre für mich vielleicht so eine abschließende Frage auch, du bist ja nicht alleine. Das heißt, wie ist das, wenn man so intensiv in dieses Thema einsteigt, wie ist es mit deiner Frau, mit deiner Familie, wie kriegst du das über einen Hut oder gibt es da mittlerweile auch schon Bewertungsbogen, was man da heute so richtig oder falsch gemacht hat, wie muss man sich das vorstellen?

Frank: Ja, ist natürlich auch so ein Thema, also ohne Verständnis von der Frau und Kinder geht sowas nicht. Da bin ich sehr glücklich, sehr dankbar, dass ich die habe, die erlauben mir das. Kann ich vielleicht auch eine kurze Anekdote erzählen, als wir da vorletzte Woche bei der HBCon waren, da hat meine Frau meiner Tochter eine Nachricht geschickt, dass sie unseren Sohn am Hbf abholt. Und da hat meine Tochter zurückgeschrieben, was ist denn Hbf, Hobbybrauerfreunde? Ja, also sowas kann dann passieren. aber ja, es gibt vermutlich Schlimmeres, ja. Also ich bin da sehr dankbar, sehr glücklich, habe es da sehr gut angetroffen, ohne das würde es nicht gehen.

Markus: Ja und andersrum natürlich auch, also ich glaube mal, deine Frau hat auch viel Spaß dran, ihr fahrt ja regelmäßig dann auch eben woandershin und seid auch immer wieder hier in Franken zu Gast und genießt dort die Zeit.

Frank: Richtig, ja.

Markus: Das kann man ja auch rund um das Bier, also insofern wirklich sehr schön. Und, ja, vielleicht abschließend, wir reden jetzt schon eine ganze Stunde und ich habe das Bier jetzt auch tatsächlich ausgetrunken, muss ich auch sagen, es passiert sehr selten, dass ich in einem BierTalk von einem Bier eine Flasche austrinke. Also insofern, das ist auch noch mal ein indirektes Lob an dieses Bier, das würde normalerweise so nicht passieren. Aber gibt es noch irgendwas, was dir noch wichtig wäre, was du gerne noch loswerden würdest rund um dich oder die BJCP-Geschichte?

Frank: Also ganz allgemein, falls sich jetzt jemand inspiriert fühlt oder Fragen dazu hat, kann sich jederzeit gerne an mich wenden. Auf sozialen Medien bin ich als humblebeer unterwegs oder auch einfach per Email an bjcp@gmx.de, das geht auch. Falls mir jemand gerne ein Bier zuschicken möchte zur Bewertung oder für Feedback, das geht auch jederzeit, einfach kurz anschreiben. ja, nee, ansonsten haben wir, glaube ich, sehr viele Punkte schon abgedeckt, ja. Und es hat ich sehr gefreut, bei dir zu Gast sein zu dürfen, Markus. Sehr toller Podcast, höre ich immer wieder gerne rein, sehr viele spannende Gäste. Und jetzt darf ich mich einreihen, ich bin stolz.

Markus: Ja, danke, also das freut mich natürlich auch. Und wir werden natürlich auch entsprechend alles verlinken, sodass die Leute dann auch leicht zu dir kommen. Und man merkt auch, wenn man früh genug damit anfängt, dann kann man sich auch so geniale Email-Adressen sichern, das ist natürlich eine sehr coole Geschichte. Aber das ist vielleicht noch meine Generation, weil ich bin ja in den 90ern so großgeworden, dass man so Domain-Hunting betrieben hat so, was gibt es noch, was hat noch keiner und was weiß ich was. Und es gab tatsächlich Domains, die habe ich für 5-stellige Summen verkauft, weil ich sie einfach zuerst hatte. Also es gab mal eine Zeit, da war das echt eine Goldgräberstimmung, aber ganz anderes Thema. Aber wir können ja das auch gerne mal fortsetzen, wenn wir einfach irgendeinen weiteren Wettbewerb oder ein anderes Erlebnis, können wir mal gucken, das freut mich auf jeden Fall.

Frank: Sehr gerne.

Markus: Und auch von meiner Seite aus vielen, vielen Dank, ich hoffe mal, das hat viele Leute auch ein bisschen inspiriert. Und vielen Dank auch, dass du diese ganze Zeit und Energie und Arbeit da reinsteckst, denn, ich meine, letzten Endes tut es uns allen in der Bierwelt gut, wenn es mehr Leute gibt, die sich da besser auskennen und sich profund damit beschäftigen und das muss eben jemand machen. Und das ist nicht so, dass man damit reich wird, sondern das ist eben wirklich ein Ehrenamt und dafür wirklich vielen Dank und vielen Dank für deine Zeit und für dieses wunderbare Altbier.

Frank: Danke, Markus, danke.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 138 – Interview mit Arthur Riedel, Biersommelier und Braumeister bei Bottroper Bier, Bottrop

Dieses Mal geht es tief ins Ruhrgebiet, genauer gesagt nach Bottrop. Begleite uns auf eine faszinierende Reise durch die Welt des Bieres mit unserem besonderen Gast, Arthur Riedel, dem ehemaligen Gesicht Deutschlands größter Biermarke und stolzen Gründer der Bottroper Bierbrauerei. Arthur war schon Teilnehmer bei den allerersten Seminaren der Deutschen BierAkademie und hat es bis zur Erfüllung seines Lebenstraums, der Gründung seiner eigenen Brauerei, geschafft. Im Talk teilt er seine inspirierende Geschichte – von den Anfängen in einer leerstehenden Kiosk-Immobilie bis zum Gewinn des Goldenen European Beer Star für das beste Kellerpils Deutschlands. Entdecke das authentische Ruhrpott-Feeling und wie Arthur mit Leidenschaft und Herzblut seine Brauerei zu einem regionalen Highlight gemacht hat. Also, schnapp dir ein kühles Bottroper Bier und genieße diese Episode…

Kommt in unsere Facebook-Gruppe und diskutiert mit: https://www.facebook.com/groups/bierakademie

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute geht es mal in den Pott, also ins Ruhrgebiet. Wer die alten Folgen noch kennt, früher war ja Holger meistens mit dabei, für den wäre das ein Hochfest gewesen und ich bin mir sicher, er hört diesen BierTalk bald mit ganz viel Spannung und Freude an und fühlt sich dann ein bisschen zurück in seiner alten Heimat. Und, ja, wir sind also, wie gesagt, im Pott, wir sind im Ruhrgebiet, wir sind in Bottrop, wir sind bei unserem lieben Arthur Riedel. Einer der ältesten Biergefährten, in Anführungsstrichen, den die BierAkademie hat. Du warst bei unsern allerersten Seminaren dabei, bei den Masterkursen, begeistert von Bier und Schokolade, das war ein tolles Seminar, also viele schöne Sachen, die wir zusammen erlebt haben. Und du hast es wirklich geschafft, zu dem Gesicht Deutschlands größter Biermarke zu werden, also auch das muss man erst mal hinbekommen. Und die Krone der Evolution dann natürlich deine eigene Brauerei in deiner Heimat. Dass ist bestimmt auch so ein bisschen so ein Lebenstraum, den sich viele gerne verwirklichen würden, du hast es gemacht. Aber jetzt habe ich schon viel gesagt, vielleicht stellst du dich ganz kurz noch selber vor, zwei, drei Worte, was ich vielleicht noch vergessen habe.

Arthur: Ja, hallo Markus, grüß dich. Ich freue mich natürlich, dass ich jetzt beim BierTalk dabei sein darf, vielen Dank für die Einladung. Ja, kurz zu mir, Arthur Riedel, 51 Jahre alt, Braumeister und seit 2021 selbstständig mit 9 Freunden, wir sind zu zehnt und wir haben zusammen die Bottroper Bierbrauerei gegründet. Das ist jetzt der Schnelldurchlauf, da kommt noch einiges dazu, denke ich, im Laufe des Talks, ja.

Markus: Das denke ich mir, auf jeden Fall. Und natürlich auch noch die wunderbaren Bierchen, die du mir geschickt hast, drei an der Zahl, die dann bei mir eben eingetroffen sind, ein helles, ein dunkles und ein Doppelbock. Also auch wieder etwas sehr Schönes, wo ich mich als Franke natürlich auch völlig Zuhause fühle, bin ich schon mal ganz gespannt. Und, ja, vielleicht trotzdem kurz als erste Frage, bei zehn Freunden kommen einem ja immer elf Freunde in den Sinn. Waren es mal elf, waren es nie elf oder habt ihr jemals an diese Analogie gedacht?

Arthur: Haben wir und wenn man es genau nehmen will, der elfte Mann ist bei uns der Niklas, Niklas ist, ja, ein Junge aus der Nachbarschaft, der bei uns immer wieder mithilft und den wir jetzt mittlerweile als Arbeitskraft mit angestellt haben. Er ist nicht mit dabei als Gesellschafter, aber volles Mitglied, so kommen wir auf 11, plus unseren Frauen, die im Hintergrund sind und da haben wir praktisch eine komplette Fußballmannschaft zusammen, ja.

Markus: Na, dann bin ich ja wieder beruhigt. Und dass ist ja auch was, was im Ruhrgebiet durchaus wichtig ist und da muss man vielleicht auch ein bisschen dieses Lebensgefühl noch mal kurz den Menschen erklären, die das nicht so kennen. Also Bottrop ja eine Stadt eben, wie gesagt, mitten im Pott, da war die letzte Steinkohlezeche, die noch aktiv war. Noch heute laufen rund um die Uhr Pumpen, die dafür sorgen, dass das Stadtzentrum nicht im Wasser versinkt, weil es eigentlich tiefer liegt als das Wasser drum rum, aufgrund der Bergbaugeschichte. Also wirklich ganz viel Tradition, di man heute auch noch spüren kann. Du bist da groß geworden, wie ist es da, beschreib doch mal das Ruhrpott-Feeling für Anfänger.

Arthur: Ja, Ruhrpott-Feeling für Anfänger, Ruhrpott ist was Eigenes, also da hast du erst mal schon mal die eigene Sprache, unser Ruhrpott-Platt, wenn man so will. Der Umgang ist recht derbe aber herzlich untereinander und so ein gesunde Lokalpatriotismus ist da. Und Fußball, wie du sagst, spielt schon eine sehr große Rolle. Also da wird man reingeboren in einen Verein und dem bleibst du dein Leben lang treu. Und wir haben ja auf einer Länge von Dortmund bis Duisburg auf diesen 40 Kilometern auf der A40, mit Drittligaverein kommen wir auf bestimmt 10, 15 namhafte Vereine. Und da gibt es schon eine gute Rivalität, aber auch alles so schön im Bereich, so würde man das sagen, das Gefrotzel an der Theke und so, das gehört bei uns alles dazu.

Markus: Ja und auch eine interessante Mischung an Menschen. Wenn man überlegt, vor 150 Jahren waren das alles irgendwelche Dörfer und dann kommt die Industrialisierung, dann kommen die Kohlereviere. Dann kommen ganz viele Arbeiter, grade aus den damaligen ostpreußischen Gebieten, die sogenannten Ruhr-Polen und auf einmal ist die einheimische Bevölkerung in der Minderheit und plötzlich sind es Großstädte, überall raucht es, dampft es und zischt es und ein Selbstbewusstsein kommt natürlich auch auf, diese Malocher-, Arbeitermentalität. Ist das noch was, was man heute spürt in der Stadt?

Arthur: Ja, also ein absoluter Schmelztiegel. Meine eigene Vergangenheit ist auch, du sagst Ostpreußen, Oberschlesien, auch Bergbaugebiet. Viele Oberschlesier sind nach dem zweiten Weltkrieg in den Ruhrpott gekommen und das ist halt der Schmelztiegel, die ganzen immer SKIs, Skibowski, Kwiatkowsky, Kaschinski und wie sie alle heißen, die haben halt die Vergangenheit. Dann kam diese Welle mit den Gastarbeitern aus Italien, Griechenland, Türkei. Also wir sind schon ziemlich multikulti und da funktioniert das unheimlich gut. Also da sind wir ganz froh, dass passt gut zusammen.

Markus: Und ist dann grade so ein klassisches Bier wie ein Helles und ein Dunkles was, was Leute dann auch zur Identifikation so ein bisschen wollen oder brauchen?

Arthur: Also das Helle und das Dunkle, die Namen bei uns, das ist der Einfachheit geschuldet. Der Ruhrpottler an sich ist eher einfach, da wird kein großes Geschiss drum gemacht. Unser Helles ist kein klassisches Helles, sondern das ist so ein Kellerpils. Für uns war ganz klar, wir sind eine Pilsener-Region, da war das Pils gesetzt. Und als ich zu meinen Kollegen sagte, ich will aber noch ein zweites Bier mit dabei haben, dann sagte, ich will ein Dunkles dabei haben, da sind die direkt zusammengezuckt. Die hatten Köstritzer Schwarzbier sofort vor Augen und, klar, ein tolles Bier, wir kennen es. Und das ist aber halt ein Bier, davon trinkt man ein oder zwei und dann ist die Aromatik so intensiv, dass dann der Reiz da zum Weitertrinken nicht gegeben ist, und unser Dunkles ist halt ein Bayrisch oder ein Fränkisch Dunkel. Und die beiden Biere haben sich bei uns gut etabliert, also da sind unsere beiden Brot- und Butterbiere. Das Helle, stellen wir fest, also das Pils läuft in der warmen Jahreszeit deutlich besser und in der dunklen Jahreszeit läuft das Dunkle besser. Das hat sich echt bei uns so ganz gut etabliert, ja.

Markus: Ja, passt ja auch gut. Und ich finde auch schön, diese handlichen Flaschen. Also zumindest bei mir kam es hier in wunderbaren 0,33er-Flaschen an. Ich habe jetzt einfach mal das Helle in der Hand, weil, nachdem du grade schon so drüber gesprochen hast, muss ich sagen, kriege ich auch richtig Lust, dass wir es zusammen aufmachen, mit deinem Einverständnis natürlich.

Arthur: Klar.

Markus: Und was ich auch ganz toll finde, da prangt ein European Beer Star drauf. Also ich glaube, das können nur ganz wenige Braumeister, vor allem von so kleinen Brauereien, von sich behaupten, dass sie den gewonnen haben, da werden wir auch gleich noch drüber sprechen. Und dann steht da drauf: … und dann fängs´e schnell am Singen. Mal schauen, ob wir dich noch zum Singen bringen, aber auf jeden Fall sollten wir es mal aufmachen. Ich mache mal und tue mal ins Glas. Ich glaube, du hast schon losgelegt, oder?

Arthur: Ja, ich bin jetzt auch grade dabei, es zischt, ja.

Markus: So, da ist es. Apropos Singen, wie hättest du es gern, willst du erst was dazu sagen, soll ich meine Eindrücke schildern, wie würdest du es?

Arthur: Also diese Zitate, die wir da drauf haben, ich weiß nicht, wie weit dir Adolf Tegtmeier oder Jürgen von Manger was sagt.

Markus: Ja.

Arthur: Das ist so ein Ruhrpott-Comedian und der hat das Lied „Griechischer Wein“ auch auf Bottroper Bier umgedichtet. Und in dem Lied „Bottroper Bier“ kommt genau dieses Zitat vor und dann fängs´e schnell am Singen, also ein absoluter Gassenhauer aus den 70er-Jahren. Wir Bottroper sind natürlich davon überzeugt, dass der Udo Jürgens das Lied geklaut hat und den Text auf „Griechischen Wein“ umgedichtet hat, aber so ganz geklärt ist das aus unserer Sicht noch nicht, ne.

Markus: Ja, aber den Comedian kenne ich natürlich auch aus meiner Jugend, der war ja früher auch viel im Fernsehen. An dieses konkrete Lied kann ich mich nicht erinnern, aber ich werde das gleich nachholen, wenn wir fertig sind, da freue Ihnen mich schon drauf, spannend.

Arthur: Also ist ein Original und passt wie die Faust auf´s Auge, da wird von einem Arthur gesungen und Kneipe und Ruhrpott-Milieu und so. Und Bier ist natürlich der Schlager und der Headliner in dem ganzen Lied, also das passt unheimlich gut zu uns, ja.

Markus: Wunderbar. Also ich fange mal ein bisschen das Singen an, du kannst ja dann mit einstimmen. Also auf jeden Fall haben wir ein wunderbares goldenes, hellgoldenes Bier im Glas, schöner weißer Schaum, eine schöne Trübung. Und was mich am meisten begeistert hat auf den ersten Riecher sozusagen, ist die Nase, weil das für mich sehr viele Erinnerungen weckt. Also als ich jung war, das ist ja mittlerweile auch schon vier Jahrzehnte her oder so, aber da war es noch üblich, dass wir in Bamberg zum Beispiel, wir haben in einem großen Haus gewohnt, da gab es dann zwei-, dreimal im Jahr so eine Hausparty. Und das waren dann insgesamt, war ein Hochhaus, waren 50 Leute oder 60 und da hat man dann immer ein großes Fass Bier von irgendeiner der Bamberger Brauereien geholt. Und es war natürlich dann immer ein großes Highlight, wenn man dann dieses Fass, also damals bestimmt ein 50er-Fass, also richtig groß, wen man das angestochen hat und dann dieses erste schöne geniale helle Kellerbier ins Glas geflossen ist. Und dann erinnert man sich grade als Kind natürlich an Gerüche und so, und das riecht wirklich genauso. Also eine richtig schöne Mischung aus einerseits karamelligen, malzigen, getreidigen Tönen und auf der anderen Seite aber schon kräftige Hopfennote, auch schöne kräutige, leichte Citrusnote, spritzig auch von der Hefe, so eine schöne Frische. Und insgesamt sehr, sehr einladend, also was, wo man richtig, ja, eben Lust drauf bekommt und erinnert mich total an diese Biere, die ich da in meiner Jugend kennengelernt habe. Und das waren natürlich auch die Biere, die dann auch gelaufen sind, sagt man bei uns ja so schön. Also kann ich mir vorstellen, dass das bei euch auch so ist.

Arthur: Ja, das ist unser Anspruch, genau. Wir wollen unbedingt ein Bier haben, klar, es muss handwerklich topp ausgebraut sein, aber es soll zum Weitertrinken einladen. Grade wenn man bei uns unterwegs ist oder in unserem Ausschankraum steht, da wird keiner nach dem ersten Bier gehen, das ist immer unser Ziel.

Markus: Ja und du sagst, ein Kellerpils. Also ich glaube, das ist auch eine moderne Geschichte, früher waren das einfach die hopfenbetonteren Kellerbiere, mehr oder weniger, würde ich mal so sagen. Oder wie würdest du sagen, weiß ich gar nicht.

Arthur: Also unser Bier, wir müssen kurz schauen, was bei uns so verbreitet ist. Also drum herum sind große Industriebrauer, wir haben auch den Mittelstand mit Stauder in Essen und dass sind die Biere, wo unsere Kundschaft mit vertraut ist. Ich mache ja auch viele Bier-Tastings bei uns in der Brauerei und der Kunde ist schnell überfordert bei uns, wenn es zu speziell wird. Also müssen wir ein Bier haben, dass den Kunden anspricht, aber ein bisschen anders ist noch als die, ich sage jetzt mal, die großen industriellen Biere, aber noch nicht dazu neigt, zu überfordern. Das unser Kunde halt Spaß hat und sagt, oh, das schmeckt aber gut, das schmeckt anders, schmeckt ein bisschen intensiver. Und ich glaube, damit haben wir, mit dem Bier, haben wir das schon ganz gut hinbekommen.

Markus: Ja, also dem kann ich nur zustimmen. Ich habe mittlerweile einen Schluck genommen und muss sagen, es hat auch eine schöne Honignote, ganz angenehme Süße, ist aber trotzdem richtig schlank, also fast trocken und hat eine ganz tolle Bittere, die dann hinten raus kommt und sehr nobel ist, sehr spitz ist, sehr lange bleibt. Und ich kann mir gut vorstellen, dass das deutlich anders rüberkommt als das, was die Leute da so kennen, aber eben auf eine sehr angenehme Art und Weise. Weil durch das Malzige eben irgendwie auch ein bisschen süß und durch diese kräftige Bittere aber auch ein bisschen Selbstbewusstsein, ein bisschen, ja, nobler ist vielleicht das falsche Wort, aber halt für viele vielleicht gefühlt, ja, besser, ist vielleicht ein falsches Wort, ich weiß es nicht, aber, wir sind ja kein politisch korrekter Podcast, also dass ist das, was, glaube ich, bei den Leuten im Kopf ankommt. Und wo man dann ja auch vergleicht mit dem, was man sonst so hat und sagt, okay, das ist ein Bier, da lächele ich einerseits mehr und andererseits habe ich ein bisschen mehr diesen Eindruck, Mensch, ich habe ein tolles Bier getrunken. Und das ist, glaube ich, dann was, was verhaftet bei den Leuten, ne?

Arthur: Also unser Stammpublikum ist irgendwo so zwischen 40 und 65 und das sind noch die alten Pils-Trinker und bei denen kommt ein intensiver gehopftes Pils oder ein Bier in der Art recht gut an. Die können sich noch an die Zeiten früher erinnern, als die Pilsbiere im Ruhrpott auch alle kräftiger gehopft waren und das finden die schon alle recht angenehm.

Markus: Sind da noch viele dabei, die auch unter Tage waren?

Arthur: Ach nee. Das war, also bei mir war 90, bin ich von der Realschule gegangen und die, die damals noch zur Zeche gegangen sind, das war schon mit dem Bewusstsein, wir machen da die Ausbildung, aber dann wird auch Schluss sein. Also so diese richtige Petrologengeneration, das sind Leute wie mein Papa, der ist jetzt um die 80, mit seinen Kollegen, die waren noch richtig unter Tage viel. Und alles, was so nach den 90ern kamen, die haben zwar noch ein paar Jahre unter Tage gearbeitet, aber das war auch nicht mehr die Arbeit von dem Anspruch her, von dem körperlichen Anspruch vergleichbar mit dem, was sie in den 60er-, 70er-Jahren hatten.

Markus: Ja, das stimmt. Da gibt es ja oft diese Bilder, die man manchmal sieht, wie sie da in diesen Aufzügen zusammengepfercht da runterfahren und alles ist schwarz, man sieht nur noch die Augen dazwischen. Dass ist schon irgendwie, also einerseits wird das ja oft so ein bisschen romantisch verklärt, auf der anderen Seite muss das eine unglaublich harte und grausame Arbeit und Arbeitsumgebung natürlich auch gewesen sein und natürlich auch nicht ungefährlich, insofern spannend. Und ich frage mich auch immer so ein bisschen, wie das ist, wenn du das so sagst, so eine Generation, die eine Ausbildung macht in die Arbeitslosigkeit, also das ist schon irgendwie krass oder, wenn man sich das überlegt. Das gibt es ja heute auch noch Brandenburg oder so, ne?

Arthur: Nee, also so ist das nicht gelaufen, in die Arbeitslosigkeit sind die gar nicht gegangen, weil der Bergbau, der hat seine Leute sehr gut ausgebildet und wer dann Elektriker oder Schlosser gelernt hat, das waren ja so diese Standardberufe, die sind auch alle irgendwo wieder untergekommen danach. Also viele sind dann auch abgewandert von den Bergmechanikern, die ausgebildet wurden, die haben sich dann im Tunnelbau, haben die sich dann weiterbeschäftigt. Und das, was so diese Basis gelernt hat, Schlosser oder Elektriker, die sind in vielen anderen Unternehmen untergekommen, also wir haben schon einen sehr guten Strukturwandel mittlerweile im Ruhrgebiet.

Markus: Ah, das ist interessant. Danke schön, gut zu wissen. Und heißt ja dann, dass diese ganzen eben Bergbauberufe ihren Widerhall auch an der Oberfläche sozusagen hatten, wo die Leute dann ja auch unterkommen können. Ja, also auf jeden Fall ein schönes Bierchen, du sagst, klassisch hergestellt, lange ausgelagert. Was macht das Bier für dich von der Braumeisterseite aus?

Arthur: Wir arbeiten, also grade für mich, der jetzt aus Großbrauereien kommt und das Handwerk vor ja über 30 Jahren kennengelernt hat, da kannte ich das noch mit offener Gärung und Lagerung in liegenden Lagertanks und da hat das Bier aber auch seine sechs Wochen kalt bei 0 Grad bekommen. Und das waren für mich so Qualitätsmerkmale, die wollte ich für uns wieder umsetzen. Also wir haben eine Hauptgärung, wir machen ein Eintankverfahren und haben eine Hauptgärung von circa 12 bis 14 Tagen bei 12 Grad Celsius, dann kühlen wir das Bier runter auf 0 Grad Celsius und lassen es noch mal 6 Wochen nachreifen, dadurch setzt die Hefe sich sehr gut ab. Und wir haben keinerlei Probleme mit, ja, Hefen, die in sehr unansehnlicher bröckliger Form ausfallen, aber dadurch hat das Bier auch eine schöne Reife und ein gutes Aroma, einen guten Geschmack, ja.

Markus: Ja, ich finde, das merkt man auch, also es ist halt sehr rund. Also die Einzelteile, die durchaus kantig sind, fügen sich schön zusammen und sind dadurch eben, geben ein schönes rundes Ergebnis und das macht dann dieses vermeintlich einfache Bier wieder zu einem sehr schönes Komplexen und gibt eben dadurch, genau wie du sagst, diese Lust auch, da gerne dabei zu bleiben und noch ein zweites oder drittes zu machen. Gehen wir doch vielleicht erst mal in die Bottroper Brauereigeschichte, was habt ihr denn da für eine Brauerei stehen? Also wie kam das, hast du die konzipiert oder ist die vom Himmel gefallen oder war die schon da, wie war das?

Arthur: Bei uns war es so, wir sind 10 Freunde, die sich zusammengetan haben, kennen uns teilweise schon seit über 40 Jahren, der Älteste ist jetzt 61, der Jüngste ist 48. Klar, die werden in der Jugend nicht zusammen in einer Mannschaft Fußball gespielt haben, aber so im großen Bekanntenkreis mehr oder weniger kannte man sich, die meisten von uns kommen auch aus demselben Stadtteil. Und wie das halt so ist bei Jungs, nach der Ausbildung, nach dem Studium hat sich das Ganze ein bisschen zerlaufen, wir haben uns da lange Zeit auch nicht gesehen. Und als der Letzte von uns vor 10, 12 Jahren geheiratet hat, waren mal wieder alle zusammen. Und wie das auf so einer Hochzeit ist, irgendwann stehen die Kungs draußen, Bierchen, Zigarette und dann steht dieser alter Trupp da so zusammen, ich gucke mir die Jungs an und dann sagte ich zu denen: „Ja, Männer, in der Konstellation haben wir uns schon ewig nicht mehr gesehen. Jetzt hat der Letzte von uns geheiratet, wie lange wollen wir jetzt mit dem nächsten Treffen warten, bis wir die erste Beerdigung haben oder wie habt ihr euch das gedacht?“ Ja gut, dann gab es wieder lange Gesichter, du und Beerdigung und so. Sage ich, aber ist doch wahr, welchen Anlass nehmen wir denn jetzt? Und dann hat ein Kollege das ganz aktiv angepackt und der hat das so organisiert, dass wir uns dann einmal im Jahr im Sauerland, in Winterberg getroffen haben. War so ein Männerwochenende, war eine schöne Geschichte. Zu der Zeit war ich schon Biersommelier, da haben ich immer zu diesen Anlässen auch verschiedene Bieren mitgebracht, die wir dann verkostet haben, war immer recht gesellig, hat Spaß gemacht. Und irgendwann, das war 2017, als wir uns getroffen haben, haben die Kollegen mich gefragt, ob wir uns nicht mal in Olpe treffen können? Dort lebe ich, weil ich ja zu der Zeit bei der Krombacher Brauerei gearbeitet habe. Ja, ob wir nicht mal die Brauerei besichtigen können? Ja, da sind die 2018 nach Olpe gekommen. Ich habe zu der Zeit ein kleines Sudwerk mit 20 Litern schon gehabt, habe dann für den Anlass einen dunklen Bock gebraut, den haben die verkostet, haben Spaß dran gehabt. Danach sind wir zur Krombacher Brauerei gefahren, haben die besichtigt. Ich glaube, der ein oder andere hatte das erste Mal in seinem Leben unfiltriertes Bier probiert, fanden sie auch gut. Ja, das war dann halt ein nettes Wochenende im Oktober und Anfang Dezember kriege ich einen Anruf, wir wollen eine Telefonkonferenz mit dir machen. Ich sage: „Was habt ihr denn, habe ich irgendwas ausgefressen?“ Nee, dann saßen auf der anderen Seite in Bottrop, saßen dann 8 oder 9 von den Kollegen und ich saß alleine in Olpe und dann ging das Thema los mit, wir wollen auch Bier brauen. Sage ich: „Wie stellt ihr euch das vor, das ist doch nicht mal eben?“ Pass auf, wenn du das kannst, dann können wir das auch, ne, Wertschätzung von Kollegen. Und Ende vom Lied war dann halt, wir haben zu zehnt einen 50-Liter-Sudwerk gekauft und haben dann am 01. Mai 2019 im Keller von einem Kollegen, haben wir das erste Bier gebraut, deshalb Bottroper Bier seit 2019. Und so ist das Ganze dann losgegangen. Du kannst dir ja vorstellen, wenn 10 Kerle zusammen Bier brauen, dann hat jeder noch mal mindestens 5 Freunde, das war natürlich für uns zu wenig. Es hat sich rumgesprochen, wir haben Spaß gehabt, unsere Freunde haben Spaß gehabt und dann kam der Gedanke auf, in jeder Stadt drum herum gibt es eine Brauerei, nur in Bottrop nicht, wollen wir nicht in Bottrop wieder eine Brauerei aufmachen und so ist das Ganze dann entstanden.

Markus: Wahnsinn! Also fast eine Bilderbuchgeschichte eigentlich. Ja und viele dieser Bausteine, kann ich mir sehr gut vorstellen, also Winterberg war ich auch des Öfteren schon, auch interessante Abende verbracht, durchaus auch mit Freunde. Und, ja und auch die Situation kenne ich gut, wenn man mit seinen alten Freunden zusammen sitzt. Also in meinem Freundeskreis gab es auch tatsächlich schon die ersten Beerdigungen und das ist dann tatsächlich so ein Thema, wo man sich dann zusammensetzt und sagt: „Okay, so Baum gepflanzt, Haus gebaut, Sohn gezeugt oder so, was machen wir denn jetzt noch?“ Und da ist Brauerei eigentlich eine ziemlich schöne Perspektive, die ja dann irgendwie auch Spaß macht und auch wieder zusammenführt offensichtlich. Und finde ich cool, also auch, dass die dann in dir auch den Kristallisationspunkt gesehen haben. Wie ging es dann weiter, also dass es dann zu einer professionellen Geschichte wurde?

Arthur: Ja, dann ging das Ganze los mit der Suche einer Immobilie, wo wir das machen können. Wir haben verschiedene Vorstellungen, Ideen gehabt. Mein Traumwunsch war eine große Industriehalle, Zeche oder halt einfach was Industrielles, große Halle, roter Backstein, viel Platz. Das war aber für uns nicht finanzierbar, das war schon alles weg und nicht machbar. Und in dem Stadtteil, in dem wir alle großgeworden sind, Bottrop-Fuhlenbrock heißt der, da haben wir einen Kiosk, an dem wir schon als, ja, Kröten sagt man bei uns, die Klümpchen geholt haben, dann später Zigaretten und alles, was man so brauchte, um erwachsen zu werden und dieser Kiosk stand zu dem Zeitpunkt seit 12 Jahren leer. Einer von unserer Truppe ist zu dem Inhaber marschiert, hat den dann gefragt: „Hör mal, was hast du mit dem Haus vor?“ Und das war ein alter Fuchs, der sagte sofort: „Was habt ihr denn damit vor? Ja, wir wollen eine Brauerei aufmachen. Da hat der sich erst mal weggeschmissen, wollte uns das Ganze nicht glauben, aber irgendwann hat der gemerkt, die Jungs meinen das wirklich ernst und dann konnten wir dieses damals 137 Jahre alte rote Ziegelbacksteinhaus, konnten wir Anfang 2020 kaufen. Haben das dann ein Jahr lang renoviert, bis wir einen Standard hatten, dass wir eine Brauerei, also einen Lebensmittelbetrieb darein machen können, dass wir einen Ausschankraum dabei. Und, ja, ich kann dich nur einladen, wenn du bei uns in der Ecke bist, komm vorbei, damit du siehst, wie wir die Gebäudestruktur erhalten haben, das Ganze hat so einen eigenen Charakter, einen eigenen Charme. Und da haben wir 2020 komplett ein Jahr lang renoviert, bis wir in der ersten Januarwoche 2021 anfangen konnten zu brauen. Ja und dann ist es losgegangen, mit 4 Lagertanks. Und es ist relativ bescheiden losgegangen. Das heißt, wir haben ein 10-Hektoliter-Sudwerk gekauft, 2 Geräte-Sudwerke und 4 Lagertanks dabei. Und dann war jeder Tank oder ist bei uns 8 Wochen belegt und dann haben wir praktisch alle 2 Wochen 1.000 Liter Bier gehabt, 10 Hektoliter. Und unser Anspruch war, regelmäßig den Kiosk aufzumachen. Und als wir losgelegt haben, war ein Andrang, das war der Hammer, also wir waren innerhalb von Stunden, waren wir ausverkauft. Wir haben das halt versucht, mit Wartelisten zu regeln, hat auch nicht funktioniert. Und als wir den Verkauf an einem Mittwoch vor dem Christi-Himmelfahrt-Donnerstag hatten, hatten wir vor unserem Kiosk eine Schlange, die war fast 300 Meter lang. Also da ist noch zufällig einer von der Bottroper-Online-Zeitung, der wollte mal eben Bier holen. Weil, wir haben einen 6-Träger fertiggemacht, es gab einen halben Liter Helles, ein halben Liter Dunkles, ein Glas von uns dabei, ein Glas mit Bismarck-Hering für den Tag danach und dann gab es noch ein Schnäpschen dabei. Das war halt so ein Paket, bei den Vätern unheimlich beliebt und da wollte jeder noch was haben. Und als der von der Online-Zeitung mal was holen wollte, der ist einmal bei uns vorbeigefahren, auf der anderen Seite ist ein Kreisverkehr, der hat gedreht, ist zurückgefahren, hat seine Kamera eingeschaltet., und dieses Video gibt es, glaube ich, noch bei YouTube, also der ist dann ganz langsam die Schlange abgefahren. Es sind neue Freundschaften entstanden, die Leute haben alle ein Bier gekriegt und, ja, war ein Wahnsinnsding, also hat schon mächtig Spaß gemacht.

Markus: Ja und ihr habt natürlich da auch durch den glücklichen Zufall, wie auch immer man das bezeichnen mag, mit der Pandemie, auch noch mal was, was natürlich eine Geschichte ist, die alle berührt hat, alle verbindet. Und wo genau solche Sachen dann eben, wo man da neue Freundschaften finden kann, wo es auch positive Storys gibt und so, das, glaube ich, verbinden viele Leute auch damit und dann bleibt es dann auch noch mal positiver in Erinnerung. Wie war das denn, also ich meine, auf der einen Seite habt ihr dann ja auch ein bisschen Glück, in Anführungsstrichen, gehabt, weil das heißt ja, eure Hauptrenovierungszeit fiel ja dann in dieses erste Lockdown-Jahr, wo wahrscheinlich eh alle ziemlich viel Zeit hatten oder, war das so?

Arthur: Ja, die Problematik war für uns, klar, viele hatten Homeoffice, aber wir durften nicht mit mehr, ich glaube, die Auflage war 2 oder 3 Leuten, auf der Baustelle sein. Das heißt, wir haben in Schichten gearbeitet, wir haben uns abgewechselt. Es gab ja auch unheimliche Auflagen, wie viele Personen zusammen sein dürfen und all so ein Zeug. Und das haben wir dadurch geregelt, dass wir dann halt in Schichten gearbeitet haben und viel auch in Eigenleistung machen konnten. Also das war Fluch und Segen zugleich. Und auf der anderen Seite das, was sich daraus entwickelt hat, das wurde von den, ja, Bürgern und von den Medien halt sehr positiv aufgenommen, weil es waren mal positive Nachrichten, die verkündet werden konnten, Bottroper Bier hat aufgemacht, es gibt Bottroper Bier und der Andrang und Party und, und, und. Also alles, was wir gemacht haben, wurde halt sehr wohlwollend aufgenommen und halt entsprechend auch kommuniziert und das tat uns unheimlich gut. Und eine Geschichte, die sich dann daraus entwickelt hat, im September 2021 war in Bottrop ein Musical, also relativ kleine Veranstaltung und die haben uns eingeladen und haben gebeten, dass wir unser Bier dort ausschenken, in Flaschen rausgeben. Dann gab es auch eine größere Firmenfeier, die wollten auch unser Bier haben. Und wir haben dann im September unser Bier mit so 2 Einarmfüllern also komplett immer abgefüllt und das, was abgefüllt war, ist in Kisten gegangen. Unsere Kunden konnten am Kiosk das Leergut zurückgeben, konnten aber nichts Frisches mitnehmen. Ja und das war für beide Seiten frustrierend. Also wir haben Leergut angenommen, wir haben Bier in der Brauerei gehabt, aber wir konnten nichts verkaufen, weil wir das Bier halt für die Events gebraucht haben. Und dann war für uns die Frage, wollen wir auf diesem kleinen Niveau weitermachen, dass alle Leute nur unglücklich macht oder packen wir es an und vergrößern uns? Und das war dann halt der Zeitpunkt, wir haben mit einem befreundeten Architekten gesprochen, der hat sich dann unser Grundstück angeguckt, was man da machen kann. Und dann haben wir 2022 eine Halle mit 160 Quadratmetern drangebaut, noch mal 6 Tanks dazu gekauft, einen Füller dazu gekauft und jetzt sind wir halt auf dem Weg, dass wir weiter ausbauen, zweimal die Woche öffnen können. Wir haben jetzt mittlerweile 15 oder 16 Handelspartner, die unser Bier auch mit vertreiben und wir haben uns in der Region, glaube ich, ganz gut etabliert, ja.

Markus: Ja, das ist doch eine wunderbare Geschichte, auch schön zu hören und auch schön zu hören, dass die Leute da eben auch eine Verbindung wieder zu ihrem Bier, zu ihrer Region finden. Und ich bin auch wirklich schon sehr gespannt, die Einladung wurde registriert, wenn ich mir das dann vor Ort anschaue. Also auch grade das finde ich immer toll, wenn man es eben hinbekommt, die lokale Architektur in Verbindung, in Einklang zu bringen eben mit einer neuen Nutzung. Wobei natürlich bei einem Kiosk irgendwie die Nutzung schon immer auch da war, dass man da offensichtlich auch was getrunken hat, insofern ist es ja nur eine Weiterführung, aber auf jeden Fall freue ich mich da schon drauf, dass zu sehen. Und ich kann mir auch vorstellen, ich meine, gut, wenn jemand von der Krombacher Brauerei kommt, also werden wir auch gleich noch ein bisschen drüber sprechen, aber dann hat man natürlich schon eine andere Sudgröße im Kopf. Das heißt also, für dich ist dann schon auch klargeworden, okay, an der ein oder anderen Stelle, da macht es dann eben Sinn, schrittweise zu erweitern, die Kapazitäten und so. Also das heißt, du hast dann auch eine Menge Erfahrung mitgebracht, die, glaube ich, diesem Projekt viel geholfen hat, ne?

Arthur: Ja, also die Erfahrung habe ich aus Großbrauereien mitgebracht. Ich habe ja gelernt, meine Ausbildung habe ich gemacht von 92 bis 95 in Duisburg bei der König Brauerei, dann bin ich nach Kulmbach und Bayreuth, um dort meinen Handwerksbraumeister zu machen, das war 98/99. Und dann war ich noch bis 2008 bei der König Brauerei und habe 2008 von der König Brauerei zur Krombacher Brauerei gewechselt und da war ich Braumeister, also Abteilungsleiter. Da hat man sich aber sehr spezialisiert, also bei Krombacher jetzt war ich verantwortlich für die Filtration, für die Herstellung der Biermischgetränke, für die Planung. Und bei 8 Abfüllanlagen und bei der Größendimension, die Krombacher hat als größte Brauerei in Deutschland, da musst du mit einem Drucktank da zusehen, dass die Biere entsprechend da sind, auch die Biermischgetränke und so, das war mein Hauptjob. Also von der Brauerei, von dem Handwerk des Brauens, von der Entwicklung der Biere, war ich von meinem Job her relativ weit entfernt. Dadurch, dass ich Biersommelier war, habe ich wieder einen guten Draht mit der Forschung und Entwicklung gehabt, da konnte man dann auch ein bisschen was machen. Aber für die Geschichte mit der Bottroper Bierbrauerei, da musste ich mich ganz wieder zurückdenken in die kleinen Bereiche. Also wir haben jetzt ein 10-Hektoliter-Sudwerk, wir haben 10- und 20-Hektoliter-Tanks, da arbeitest du mit ganz anderen Dimensionen. Und da habe ich unheimlich viel zulernen können, zulernen dürfen, auch ein bisschen die Erfahrung mit reinbringen können, aber war viel Umstellung. Also das war schon sehr spannend für mich, die Zeit, ja.

Markus: Ja und was du natürlich auf jeden Fall hast, ist ein sehr, sehr großes Netzwerk und das hat dir ja wahrscheinlich auch da gut geholfen.

Arthur: Absolut.

Markus: Bevor wir da noch weitersprechen, würde ich sagen, also dass ist jetzt ein bisschen falsch, allegorisch zu sagen, wir sind auf der dunklen Seite der Macht angekommen, aber wir haben ja jetzt einfach noch ein schönes dunkles Bier. Und nachdem mein Helles sich schon irgendwie ganz schnell verabschiedet hat, wollte ich mal fragen, wollen wir vielleicht mal das Dunkle zwischenrein angehen, bevor wir weitersprechen?

Arthur: Ja, sehr gern.

Markus: Na gut, dann machen wir.

Arthur: Ich hatte auch ein bisschen ein schlechtes Gewissen, dir nach Franken 1/3-Liter-Flaschen zu schicken, aber da habe mir gedacht, der soll sich mal an unsere Pott-Größe gewöhnen, der Franke, wir haben aber natürlich auch 1/2-Liter-Flaschen da, ja. Also wir haben 1/2-Liter-, 1/3-Liter-Flaschen und saisonal, so wie jetzt vor Ostern, haben wir auch 1-Liter-Flaschen im Angebot.

Markus: Na, wunderbar. Außerdem, muss ich sagen, du hast ja eben nicht nur eine geschickt, sonst wäre ich vielleicht wirklich ein bisschen traurig gewesen, aber so ist es doch wunderbar, dann greift man halt ein bisschen öfter zu, auch okay. Und ich meine, als Franke kann man ja sagen, so ein Schluck pro Flasche ist ja auch schön. Nein, also machen wir hier mal auf, so. Huih! Ja, also wie du schon angekündigt hast, also ein schönes Dunkles und zwar eher in dieser fränkischen Variante, also jetzt nicht pechschwarz, sondern kastanienbraun, aber richtig intensiv, mit einem schönen Leuchten, so ein orange-goldener Schimmer, der einem so ein bisschen entgegenspringt. dann ein richtig schöner brauner getönter fester Schaum, der da oben draufsitzt. Und von der Nase her ganz viel so Nuss, Nuss-Nougat, ein bisschen rote Beeren, Malz natürlich, Karamell und auch sowas Frisches wieder. Also das, finde ich auf jeden Fall, war beim Hellen ja auch schon so, eine richtig schöne angenehme frische Note. Ja, also ich muss mal einen Schluck nehmen, Moment.

Arthur: Gönn dir.

Markus: Ja, wunderbar. Also da sieht man, dass die beiden durchaus miteinander verwandt sind, aber halt die Parameter sich verschieben. Jetzt heißt es, ein bisschen mehr Süße, ein bisschen mehr Malzkörper. leichte schöne Röstaromen, aber jetzt nicht ganz intensiv Kaffee oder so, sondern eher so Nuss, nuss-nougatig.

Arthur: Es sollten ganz dezente Noten sein, was das Dunkelmalzige anging. Röstig wollte ich gar nicht drin haben, das kann ich bei meinen Spezialbieren gerne mit reinbringen. Aber auch das soll ein Bier sein, wir haben Gäste, die stehen auf das Dunkle, also die Biere polarisieren, die einen stehen absolut auf das Helle, die anderen auf das Dunkle. Und die sagen, das ist ein Dunkles, dass kannst du den ganzen Abend sehr gut trinken und so wird das auch wahrgenommen.

Markus: Ja und es hat auch wieder eine schöne kräftige Bittere und die hat hinten raus so, wie soll ich es beschreiben, fast was Mentholiges irgendwie, also so ein bisschen was Erfrischendes auch noch mal, was schön die Süße wieder abfängt, also ganz, ganz angenehm. Arbeitest du da mit besonderen Hopfen?

Arthur: Da nehme ich bei beiden Bieren, nehme ich Hallertau Perle.

Markus: Ah ja, schön.

Arthur: Also eher ein klassischer Hopfen, und die letzte Hopfengabe erfolgt bei mir im Whirlpool, damit noch ein bisschen die Aromen mitziehen kann. Beim Dunklen, denke ich, kommt ein bisschen Bittere auch über die Röstmalze mit rein.

Markus: Also auf jeden Fall ein sehr angenehmes Bier, auch wieder schön schlank. Ja, kann ich mir sehr gut vorstellen, dass die Leute da gerne ein bisschen länger dabei sitzen. Und es ist ein schöner Kontrast auch zu dem hellen, also kein extremer Kontrast, aber ich habe halt eine Wahl zwischen den beiden oder kann auch hin und her. Das ist wahrscheinlich das Beste, dass würde ich wahrscheinlich tun, einmal so und einmal so, dann wird einem auch nicht langweilig, das ist doch schon mal sehr schön. Aber, wie du schon sagst, das Dunkle an und für sich kannte man jetzt eher vom Köstritzer oder von einem Altbier oder so, oder?

Arthur: Bei uns ist es wirklich der Einfachheit geschuldet, weil wir im Pott, da macht sich keiner groß Gedanken über German Style Kellerpils oder bayrisch oder fränkisch Dunkle. Dass muss ein Dunkles ein oder ich nehme ein Helles, fertig und so gehen die Leute auch bei uns damit um.

Markus: Ja, also das verbindet die Franken mit den Ruhrpottlern, muss ich sagen, also.

Arthur: Ja, so habe ich mich in Franken immer so wohlgefühlt.

Markus: Ja, nee, absolut, also das gab es ja bei uns früher, also kenne ich auch noch von früher, eben Hell oder Dunkel, das war die Wahl. Und irgendwann kam dann mal noch Weißbier dazu, aber das war dann schon schwierig, aber da hatte man eine eindeutige Unterscheidung durch das Glas, aber ansonsten, das war es dann auch in Sachen Bierstil. Aber war ja auch okay, also es ging ja da auch einfach drum, was zu trinken zu haben, Punkt.

Arthur: Ja.

Markus: Und all das, was es mittlerweile so alles gibt, das war da ja noch nicht so also. Beziehungsweise ist die Frage, war früher mehr Lametta oder nicht, keine Ahnung. Aber vielleicht mal kurz reingefragt, du hast ja eben auch Biersommelier, glaube ich, 2012 oder sowas gemacht und warst ja dann einerseits bei der Krombacher, andererseits in dieser Biersommelierwelt unterwegs und parallel dazu hat sich ja dieses ganze Craft-Beer-Thema in Deutschland so ein bisschen entsponnen und war ja sehr präsent auch in den Medien bis vor wenigen Jahren. Wie hast du denn das so erlebt und, ja, hat dich dass dann irgendwie auch beeinflusst in gewisser Weise?

Arthur: Ja, absolut, also für mich war das eine totale Bereicherung. Ich habe kurz nach meiner Ausbildung, war man neugierig und einer meiner Vorgesetzten hat eine Zeitlang in Irland gearbeitet, dann habe ich den gefragt, wie braut man denn ein Stout? Also ich muss sagen, was haben wir gelernt in der Berufsschule, wie man Pils braut, wie man Alt braut, wie man Kölsch braut, ein bisschen Weizen war bei uns im Pott auch noch mit dabei in der Berufsschule in Dortmund. Dann hat man mal vielleicht über den ein oder anderen Bock gesprochen, aber dann war auch vorbei. Und ich wollte mal wissen, wie braut man ein Stout und ich wusste, dass er ein, zwei Semester auch in Irland war und dann war die Antwort für einen jungen Brauer, der es wirklich wissen will, war die Antwort, ach, alles kein Reinheitsgebot, alles scheiße. Und das war eine Aussage, von der war ich doch ziemlich enttäuscht, muss ich sagen, und auch in der Meisterschule haben wir noch nicht viel Licht ins Dunkel gebracht. Aber als ich das erste Mal bei Wolfgang Stempfl bei Doemens war und der Wolfgang die Palette der belgischen Biere aufgemacht hat, das war für mich eine totale Bewusstseinserweiterung, also das war total krass. Ich hatte ja den Splitt-Kurs, wir waren erst beim Wolfgang, also wirklich waren erst in München und dann in Obertrum, und was uns da vermittelt wurde, in dieser relativ kurzen Zeit, das war für mich so viel Neuland. Und wir haben das dann auch weiter sehr aktiv gepflegt mit meinem Biersommelierkurs, mit dem wir immer noch einen sehr engen Draht haben und das ist absolute Fortbildung und ich finde das auch für den Biermarkt unheimlich spannend. Also du sagtest ja schon, ich war bei Krombacher, wenn man die großen Biere verkostet oder sich die Entwicklung der großen Markenbiere angeschaut hat in den späten 90er-Jahren bis so 2005, 2006, die Pils-Biere waren sowieso alle vergleichbar. Die Bittere wurde ja immer weiter runter gefahren, da waren kaum noch Nuancen oder es waren nur Nuancen, wo man das noch unterscheiden konnte, und durch die Craft-Beer-Geschichte mussten die Großen sich auch ein bisschen bewegen. Und wenn man sich jetzt anschaut, wie viel Biere die Großbrauer, diese ehemaligen Monobrauerereien mit in ihrem Portfolio haben, das ist alles den Craft-Brauern geschuldet, also da haben die schon sehr gute Arbeit geleistet.

Markus: Das stimmt auf jeden Fall. Und du hast ja dann eben auch innerhalb der Krombacher es geschafft, so ein bisschen zu dem Gesicht zu werden, für diese neueren Biere oder Herangehensweise. Also einerseits finde ich das ziemlich geil, also ich könnte mir vorstellen, dass das schon ein tolles Gefühl ist, wenn man sagt, okay, Deutschlands größte Brauerei hat genau ein Gesicht, dass die Nase in die Kamera hält für diese Brauerei und dass bin ich. Auf der anderen Seite, wie entsteht sowas? Also haben die irgendwann Mal intern gefragt, wer hat Lust, dass zu machen oder wie hat sich das entwickelt?

Arthur: Also das war so eine Geschichte, als Biersommelier war ich sowieso immer begeistert, was so die Vielfalt der Biere anging. Und dann kam Krombacher mit der Geschichte Brautradition. Gut, das ist jetzt kein Geheimnis, wenn ich sage, das Kellerbier Krombacher ist ein unfiltriertes Pils. Dann gab es ein Kellerbier dunkel. ja, heutzutage weiß man, wie man bei Großbrauereien ein helles Bier dunkel machen kann und dass ist dann unfiltriert und dann heißt es Kellerbier dunkel. Und da habe ich ein bisschen als Braumeister gegen rebelliert und habe auch gesagt: „Leute, das kann doch so nicht sein, da muss doch mal irgendwo das Handwerkliche der Brauer auch mal rüberkommen.“ Und, ja, in so einem großen Laden, da gibt es verschiedene Hierarchien und als Braumeister stehst du jetzt grade nicht auf der oberster Leiter. Und dann, von oben wurde einiges geblockt, aber es gab auch Leute rechts und links davon, die hatten ein offenes Ohr und haben gesagt: „Eigentlich hat er ja Recht, warum machen wir nicht irgendwas mit einem neuen Rezept?“ Und dann war die Frage, ja, was willst du denn machen? Und dann habe ich direkt aus der Schublade vier Rezepte rausgeholt, die präsentiert und die sind dann irgendwann beim Inhaber gelandet und der sagt: „So, das setzen wir jetzt um“ und so kam es halt zu diesem Krombacher Landbier. Ja und als die Geschichte halt dann angelaufen ist und die Marketingleute fanden das auch unheimlich spannend und sympathisch, das Bier war aus meiner Sicht auch ganz ordentlich und dann habe ich gesagt: „Okay, dann mache ich beim Marketing dann mit.“ Weil die mich gefragt haben, ob ich bereit wäre, auch mein Gesicht dann halt vor die Kamera zu halten und dann haben wir halt diese Werbekampagne für Krombacher Landbier mitgemacht, ja.

Markus: Ja, also sagst du jetzt in Ruhrpottischer Bescheidenheit, aber das ist schon eine coole Nummer gewesen, muss ich sagen. Und, ich meine, es ging ja auch ein bisschen damit einher, dass man gesagt hat, okay, also das war ja da, als diese erste Craft-Welle, in Anführungsstrichen, so ein bisschen abgeebbt war und man irgendwie so ein bisschen Ernüchterung verspürt hat, dass eben jetzt nicht alle auf einmal IPA trinken. Und im Gegensatz dazu so eine Bewegung eben aufkam, zusammen mit Veltins zum Beispiel mit seinem Kellerbier, dass sie rausgebracht haben und anderen Ähnlichen dann auf den Markt, dass man gemerkt hat, okay, diese klassischen Bierstile, das ist doch eigentlich spannend, weil das verbindet beides. Also auf der einen Seite hat man viel Handwerk und viel Regionalität, auf der anderen Seite aber eben hohe Drinkability und einfach bewährte Bierstile, die Leute gerne trinken, wo ich jetzt nicht in eine Exegese und in eine Ausbildung gehen muss, bevor ich überhaupt mein Bier trinken kann. Und das, finde ich, hat diese Kampagne als eine der Ersten so richtig zelebriert, diese beiden Welten so ein bisschen zu feiern. Und da warst du auch ein gutes Gesicht dafür,

Arthur: Danke.

Markus: ja, weil du warst nicht so alt, aber auch nicht so jung und auch nicht irgendwie schon verbraucht in irgendeiner Hinsicht, sondern halt wirklich jemand, der das auch glaubwürdig rübergebracht hat. Und das war wirklich eine tolle Geschichte, also habe ich damals sehr bewundert. Und ich habe auch ein paar Verkostungen mit den Bieren gemacht, ich fand die auch gut, also das war schon eine coole Nummer. Gab es da eine eigener Brauerei dafür?

Arthur: Nein, das wurde in Krombach direkt mitgebraut, also das konnte man da so mit einfließen lassen, das passte, ja, das war okay.

Markus: Ja, spannend, okay. Also das auch gesehen und du kannst auch in der Rückschau sagen, das war für dich auch eine coole Zeit, oder?

Arthur: Ja klar, war aufregend, es hat Spaß gemacht. Ein Highlight war, ich saß Zuhause am PC und es lief auch teilweise Fernsehwerbung und meine Frau liegt auf dem Sofa und guckte Nachrichtensender und auf einmal fällt sie fast vom Sofa, weil mein Gesicht im Fernsehen war. Also das war schon ganz witzig, da haben wir viel drüber gelacht zuhause.

Markus: Hat sie was gesagt, nee?  Ah, doch, im Fernsehen, nicht schlecht.

Arthur: Ja, so ähnlich. Also ich fand diese Zeit, so 2012 den Biersommelier gemacht, die Craft-Beer-Welle, das ging hier so, glaube ich, ab 2010 in Deutschland los. Was jetzt ein bisschen in Vergessenheit geraten ist in letzter Zeit, das war das, was die Radebergers geleistet haben. Also die waren ja totaler Vorreiter und die haben ja eine unheimliche Qualität rübergebracht mit BraufactuM, aber das ist beim Verbraucher nicht angekommen, der Verbraucher war einfach noch nicht reif dafür.

Markus: Ja, insgesamt, ja und ich glaube, der ganze Markt war nicht reif dafür. Aber der Anspruch, den sie hatten, war großartig. Und sie waren auch die Ersten, die es überhaupt transportiert haben, dass man eine Kühlkette für Bier braucht. Und insofern, also da haben wir mit dem Marc Rauschmann schon, glaube ich, zwei BierTalks mittlerweile mal gehabt, wo wir da drüber gesprochen haben. Dass ist echt schade einfach, weil ganz viel von diesem sehr positiven Willen und Wirken einfach so ein bisschen verpufft ist und sich dann irgendwann Mal auch gezeigt hat, aber dann war eben BraufactuM schon quasi Geschichte. Beziehungsweise jetzt ist es ja wiederbelebt, also sind wir mal gespannt, wie es sich weiterentwickelt. Aber das stimmt, die werden oft so ein bisschen vergessen. Die haben zumindest auf diesem nationalen Level, waren die, glaube ich, die, die am meisten Reichweite dafür auch entwickelt haben.

Arthur: Ja, also die haben da richtig viel Arbeit reingesteckt und auch monetär viel gemacht, also da ziehe ich immer noch meinen Hut vor, ja.

Markus: Apropos, also der Marc war ja da auch viel international unterwegs und hat auch belgische, amerikanische Biere importiert. Warst du denn dann auch Bier-mäßig viel auf Reisen, jetzt mal jenseits von Irland? Oder vielleicht warst du da ja auch, weiß ich gar nicht.

Arthur: War ich noch gar nicht, in Irland. Klar, privat, wenn ich mit meiner Familie unterwegs bin, ich kann mich an eine Geschichte erinnern, also wir haben Urlaub in Kroatien gemacht und auf dem Hinweg habe ich 2 Brauereien besucht, auf dem Rückweg habe ich 1 Brauerei besucht. Und dann wurden wir von der A3 umgeleitet, dann ging es Richtung A70 und dann sage ich so zu meiner Familie: „Wir könnten auch in Memmelsdorf bei Hanno Straub, könnten wir jetzt Mittagessen gehen, auch eine tolle Brauerei.“ Und da kam nur von allen dreien nein! Und mein Sohn ganz diplomatisch, Papa, ganz ehrlich, wir wissen, dass das alles immer toll ist bei dir, aber wir können keine Brauerei mehr sehen. Also läuft das bei uns Zuhause. Mittlerweile ist mein Sohn 19, da läuft das auch ein bisschen anders. Aber eine ganz große Geschichte bei uns ist der Biersommelierkurs, den wir 2012 gemacht haben. Wir treffen uns immer noch einmal im Jahr und eine unserer ersten Reisen ging zum Beispiel nach Belgien. Wir haben uns in Trier getroffen bei der Kraft Bräu, beim Sebastian Nguyen und sind von da aus dann rüber nach Belgien, haben dann Orval besichtigt und Liefsmann, Timmermans, wir waren bei Duvel, Brasserie Caracole, eine ganz kleine Brauerei. Und das versuchen wir jedes Jahr einmal hinzukriegen, dass wir immer wieder verschiedene Brauereien besichtigen und uns da halt in der Richtung ein bisschen weiterbilden. Da ist ein ganz guter Input untereinander, jeder, der mal irgendwo war und was spannend findet, der bringt das Ganze zu uns. Und so bringe ich mich weiter, auch über die Biersommeliergeschichte. Jetzt war ich die letzten 3 Jahre leider nicht mehr auf Fortbildungen vom Verband. Oder aber auch in Bamberg, wenn ich an die Fortbildung bei dir denke, unheimliche Bereicherung für mich, da profitiere ich heute noch von, ja. Also noch mal vielen Dank, Markus, war echt tofte!

Markus: Danke schön. Ja, aber ich finde, das ist genau der Punkt, dass wir, sage ich mal, als Biersommelier-Community wirklich auch ein bisschen füreinander da sind und auch offen füreinander sind. Und das ist eigentlich ziemlich egal, wohin man irgendwie fährt, es sitzt immer irgendwo einer und da kann man dann eben vorher sich mal melden und man kriegt dann ein paar Insider-Tipps. Und je nachdem, wie intensiv man dann auf der Bierseite sein will, kann man das dann auch und man ist auf jeden Fall immer irgendwo ein bisschen vor Ort verwurzelt. Und dass ist schon eine tolle Möglichkeit, einfach auch zum Beispiel einen Landstrich kennenzulernen, eine neue Stadt kennenzulernen, wenn man eben von der Bierseite aus da rangeht und nicht so rein von der touristischen. Insofern, also da hast du Recht, das ist eine ganz große Bereicherung, was auch unheimlich viel Freude macht. Und dass ist eine fast arschlochfreie Zone, was auch schön ist, dass man wirklich überall liebe, nette Menschen hat, die einen auch aufnehmen, die einem auch helfen, wenn mal was ist. Also dass ist schon, ja, toll und da gebe ich den Dank zurück.

Arthur: Da kann ich dir nur beipflichten. Ist eine Erfahrung, die meine Kollegen jetzt vom Bottroper Bier neu kennengelernt haben, die auch meinen Sohn sehr faszinierend. Wenn wir unterwegs sind, wir machen auch immer allein, also Vater-, Sohn-Tour immer über Vatertag und dann gucke ich, welche Brauereien wir besichtigen können, kontaktiere die Kollegen kurz, relativ kurzfristig. Und ich habe es noch nie gehabt, dass irgendwo eine Tür zu geblieben ist. Oder wenn, dann kommt ein Feedback, hör mal, heute passt das nicht, wie sieht das denn morgen Nachmittag bei dir aus, kriegst du das noch anders hin? Und dann kommst du da rein und man wird meistens, eigentlich immer herzlich empfangen und jeder nimmt sich eine kurze Zeit und man kann über die Biere quatschen, ein bisschen Bier mitnehmen, dann abends verkosten und so. Also da halten wir Brauer und Biersommeliers wirklich einen unheimlich guten Draht und ich finde, wir haben eine geile Branche, ja.

Markus: Ja, also dem kann man nur zustimmen. Und apropos, das Dunkle hat sich schon wieder verabschiedet, da sollten wir jetzt vielleicht noch den Doppelbock angehen, wenn du noch kannst.

Arthur: Jaja, ich denke, ich kann noch, ja, kriegen wir hin.

Markus: Okay, also den Fuhlator. Wenn ich dir richtig zugehört habe, hat es was mit dem Stadtteil zu tun, aus dem kommst, oder?

Arthur: Genau, unser Stadtteil heißt Bottrop-Fuhlenbrock und wir lege jetzt viel Wert auf Regionalität und dann haben wir überlegt, unser Maibock oder generell, wir haben auch einen Winterbock, dann ist das unser Fuhlenbrock. Und dann, ja, die Story zum Fuhlator kann ich gleich erzählen, als wir dann überlegt haben, welchen Namen wir dafür nehmen, dann habe ich den Jungs noch erzählt, ein untergäriger Doppelbock hat die Endung -ator, der obergärige hat die Endung -us. Und ich habe nur den Fuhlator vorgeschlagen, da sagten sofort alle anderen: „Ja, das machen wir, das hört sich gut an, da lassen wir uns was einfallen, ja.“

Markus: Ja, also da ist auch ein schöner individueller Name mit Geschichte, das ist doch bestens, über die Entstehung bin ich dann auch noch gespannt. Ganz kurz zu dem, was ich hier im Glas habe, es ist so ein bisschen die Steigerung von dem Dunklen, was ich grade hatte.

Arthur: Ein bisschen rötlicher, ne.

Markus: Ein bisschen rötlicher, genau, leuchtet noch ein bisschen mehr. Ist natürlich ein bisschen fester am Glasrand, das merkt man, weil da ein bisschen mehr Alkohol ist. Und in der Nase haben wir jetzt noch mehr Karamell, noch mehr Rosinen, auch ein bisschen weinige, fast erdbeerige Noten. Das ist nämlich auch sehr schön, dass da was Fruchtiges dabei ist.

Arthur: Also ich finde, der Alkohol, den nimmt kaum wahr erst mal, also von der Nase her, den hohen Alkoholgehalt.

Markus: Ja, nee.

Arthur: Und dafür, dass der 21% Stammwürze hat.

Markus: Woah, da ist Dampf dahinter. Nee, also, genau, also vom Geruch her, finde ich, dominieren diese Malzaromen, aber auf eine sehr schöne Art und Weise. Es ist nicht einfach nur bäm, Röstmalz, sondern da ist wirklich eine sehr schöne Komplexität da, mit diesen ganzen fruchtigen Aromen, eben mit den Rosinen, weinigen, nussigen, Toffee so ein bisschen, Biskuit auch. Also eine ganz, ganz vielschichtige Aromatik. Gebrannte Mandel, also hat ganz viel zu erzählen, das gefällt mir richtig gut.

Arthur: Ja, ich habe aber bei der Kombination mit dem Malz nicht gespart, da kam einiges zusammen.

Markus: Woah! Und schön weich, also im Mund merkt man dann die Alkoholprozentchen schon. Aber gut, dafür sind sie da.

Arthur: Ja und wärm ein bisschen, ne.

Markus: Und erwärmt auch im Abtrunk, im Abgang sozusagen, kann man so ein bisschen nachverfolgen, wie er so die Speiseröhre runter rinnt und macht warm, das ist aber gut. Also ich war ja grad erst anderthalb Wochen im Bett gelegen, mir hilft das jetzt sehr, um wieder zu den Lebensgeistern zu kommen, also wunderbar, sehr schön. Und du sagst, du hast an der Malzecke nicht gespart. Haben wir auch noch gar nicht drüber gesprochen, ich glaube, die Malze kommen fast alle hier bei mir aus Franken, oder?

Arthur: Ja, ja. Also wir haben da einiges ausprobiert und ich bestelle eigentlich alle meine Malze in Bamberg, ja. A) Habe ich mit den Kollegen einen sehr guten Draht, man kennt sich schon sehr lange. Und da haben ich auch sehr gute Ansprechpartner, wenn es darum geht, ich brauche ein neues Rezept und ich habe die und die Idee von der Malzmischung her, da will ich in, was würdest du mir empfehlen? Glaubst du, ich sollte die nehmen oder würdest du mir lieber ein anderes empfehlen? Weil, weißt du, wenn du Karamünch eins, zwei, drei hast, die kann ich nicht alle auseinanderhalten, die kann ich auch nicht alle unterscheiden. Und dann will ich schon den Fachmann haben, der mir da ein vernünftiges Feedback gibt und das funktioniert sehr gut, ja.

Markus: Ja, dass, finde ich, ist auch ein ganz entscheidender Bestandteil, glaube ich, heutzutage in den Mälzereien, dass die eben auch quasi eine Rezeptberatung, im positiven Sinne, machen können. Weil, wie du schon sagst, man einfach nicht über die mittlerweile durchaus stattliche Palette an verschiedensten Malzen und verschiedensten Einsatzoptionen und Temperaturen und was weiß ich was allem, den Überblick behalten kann, ist ja klar und da ist natürlich gut, wenn einem Leute dann entsprechend unterstützen. Und das eben auch nicht nur Leute sind, die jetzt so hell, dunkel im Kopf haben, sondern die eben auch mindestens nationale, eher vielleicht sogar internationale Sichtweise haben und man damit halt viele Bierstile auch einfach umsetzen kann und die Klaviatur halt schön spielen kann und das merkt man hier auch toll. Und wieder auch eine ordentliche Bittere. Also das merkt man wirklich allen drei Bieren an, dass auch an der Seite nicht gespart worden ist, sondern dass es wirklich grade in Sachen Drinkability und ich glaube, auch wirklich für die Leute, die so einen Kern der Marke haben wollen, gehört das bestimmt dazu, oder, dieses Knackige am Ende.

Arthur: Ja und grade beim Bock. Also da muss ich an einen Kollegen, auch ein Franke, denken, der war zu meiner Zeit Leiter der Forschung und Entwicklung, der Andreas Bech in Krombach, mit dem habe ich auch viel gequatscht und ausgetauscht. Also ich glaube, der hat mehr über Bier vergessen, als ich jemals wissen werde, ein guter Mann. Und da habe ich den Spruch immer im Hinterkopf, also ein Bock, der braucht Hopfen, der braucht einen ordentlichen Hopfen dahinter, weil sonst ist der zu schwer, der ist zu mastig im Mund. Und das war jetzt so ein Spruch, den habe ich auch bei diesem Bier, habe ich das beherzigt. Und ich glaube, von der Gesamtkomposition her passt das auch alles.

Markus: Ja, also ist auf jeden Fall rund, es fällt nicht auseinander. Es fällt aber halt auf, obwohl wir diese 9 % haben, obwohl wir diese intensiven Malzaromen haben, trotzdem einen schönen Abgang haben, der dann schön mit der Bittere ausklingt und den Mund auch wieder saubermacht. Und man eben in keinster Weise jetzt satt und voll und eben nicht mehr kann, sondern da nimmt man gerne noch ein Schlückchen. Also spannend, cool, Glückwunsch zu diesem tollen Bier. Die Geschichte bist du uns noch schuldig, wie kam es da dazu?

Arthur: Da muss ich ein bisschen weiter ausholen, also wir haben ja, ich sage immer, unsere Brot- und Butterbiere sind das Helle und das Dunkle. Recht spannend ist, wir machen zweimal im Monat bei uns offenen Ausschank und wenn ich dann so durch die Gegend laufe, dann haben wir unsere eingefleischten Stammkunden da und da gibt es immer Diskussion, das Helle oder das Dunkle. Dann ist unser Anspruch, einmal im Quartal haben wir noch eine dritte Sorte dabei. Sobald die dritte Sorte dabei ist, redet keiner mehr über Hell oder Dunkel, sondern immer nur über die dritte Sorte und da zerreißen sie mich. Und angefangen hat das letztes Jahr mit dem Maibock. Ich habe einen Maibock eingebraut, der ein bisschen anders war, der hatte 16,5 % Stammwürze und von den Malzen her waren wir eher so ein bisschen intensiver, Rotgold fast. Und ich habe dann aber mit dem Hopfen gespielt, der hat dann in der Kaltreifung noch Bavaria Mandarina und Citra bekommen, sodass der dann schon fruchtige Noten hatte. Wir haben am 1. Mai Maibockanstich gemacht, war ein tolles Event und ein Bier, dass polarisiert hat. Die einen fanden das gut, die anderen fanden es nicht ganz so gut und so ist das halt, wenn man Spezialitäten mit dabei hat. Im Sommer haben wir ein Sommerlager rausgebracht. Das Sommerlager ist ein leichtes Bier mit 3,9 Vol.-%, 10,8, 10,9 % Stammwürze, das habe ich dann mit Citra kaltgehopft. Wir haben es nur auf 1/3-Liter-Flaschen abgefüllt, und das Ganze, haben wir letztes Jahr Glück gehabt, grade haben wir das abgefüllt auf 1/3-Liter-Flaschen, da hatten wir eine Hitzewelle im Juni, Ende Juni, Anfang Juli, innerhalb von 2 Wochen waren die 1.000 Liter weg, weil die Leute das als Durstlöscher so wahrgenommen haben. Die Meisten hatten die Citra-Noten in der Nase, die dachten, wir hätten einen Radler gemacht. Sage ich: „Das ist kein Radler, das ist alles nach dem Reinheitsgebot“ und das Bier ist echt gut gelaufen, ja. Dann haben wir zum Winter hin, haben wir einen Winterbock, ein dunkler Bock, auch so mit 7,5 % Alkohol. Und bei dem Winterbock, da mache ich die Kalthopfung mit Monroe. Monroe, finde ich, ist ein sehr interessanter Hopfen.

Markus: Stimmt.

Arthur: Von dem habe ich schon lange, ja, einen Gedanken gehabt, schon zig Jahre. Als ich das erste Mal Monroe in der Nase hatte, mit diesen dunklen roten Früchten, da habe ich immer gedacht, den kannst du irgendwann Mal mit einem dunklen Bock kombinieren, das dunkle Malzige mit den roten Früchten und das passt vorzüglich in die dunkle Jahreszeit. Unseren Winterbock, den stopfe ich halt damit. Der hat teilweise leichte Marzipannoten dadurch sogar, kam bei den Tastings unheimlich gut an, bei unserer Kundschaft kam das gut an. Ja und das waren so die Biere, die wir nebenbei gehabt haben. Und letztes Jahr im Oktober habe ich mit meiner Frau, mit unserem Van waren wir unterwegs, auf dem Rückweg aus Österreich haben wir dann am Chiemsee übernachtet, waren noch mal bei Schönram abends schön essen. Und dann habe ich überlegt, willst du jetzt vom Chiemsee bis Olpe durchfahren, auf dem Weg liegt noch Franken. Habe ich den Ossi Kundmüller angerufen von Weiher und habe den gefragt, wie das aussieht, das war ein Freitag, sage ich: „Können wir bei euch vorbeikommen, ein Bierchen trinken und dann auf dem Brauereihof übernachten?“ Ja, sagt er, komm vorbei. Wann willst du kommen, heute? Ich so, ja. Ja, wir haben Bockbieranstich. Ich so, ja, jetzt erst recht, und da sind wir dann da hoch. Wie das halt so ist, ja, da war noch ein Sommelierkollege aus Detmold da und wie das halt so ist, wir haben alle zusammengesessen, Spaß gehabt. Und dann gab es den Rolator, den Doppelbock von Weiher da, vom Roland. Und als ich dann Nachhause gekommen bin, stand ich bei uns in der Brauerei, meine Jungs standen in der anderen Ecke, haben abgefüllt, ich habe grade geschrottet. Und wenn du da alleine an dieser Schrottmühle stehst und die Säcke reinschmeißt, mit Kopfhörern oben drauf, dann wirst du irgendwann kreativ. Und irgendwann habe ich die Schrottmühle ausgemacht, bin zu den Jungs rüber und habe gesagt: „Männer, ich habe Bock, einen richtig kräftigen Doppelbock zu brauen.“ Da gucken sie mich an, wie stellst du dir das vor? Sage ich: „Ja, so einen ordentlichen Doppelbock, schön malzig, süffig, dass der gut runtergeht.“ Ja, dann mach das doch. Das war so grade im Oktober, ja und dann haben wir den Anfang November, habe ich den eingebraut, 4 Wochen bei 12 Grad gelagert und dann bis Februar noch mal bei 0 Grad reifen lassen. Ja und was ist jetzt das Endprodukt, haben wir im Glas. Wir haben den Anfang Februar dann abgefüllt, ja, Ende Februar hatten wir dann Bockbieranstich, richtig schön in so einer alten Mühle in Bottrop. Ja und das war ein tolles Event und ein guter Auftakt. Also da kommt der Doppelbock her.

Markus: Da war ganz Bottrop dann aber ganz schön benebelt, glaube ich.

Arthur: War eine gute Party, ja.

Markus: Das denke ich mir. Ja, also das ist schon, ich meine, also 9 %, das ist eine Herausforderung. Aber, mein Gott, also die Leute müssen ja wissen, wie man damit umgeht. Und das ist ein absolut tolles Bier. Also das ist auch ein echtes Genießerbier, nicht nur eins, was man mal so in sich reinkippt, sondern eben auch wirklich was, wo man auch Foodpairing-mäßig ganz viel damit anfangen kann. Also da hast du schon ein tolles Tool, glaube ich, gemacht. Machst du auch sowas, also so Seminare, wo dann Leute eben auch zum Beispiel Foodpairing ausprobieren können?

Arthur: Ja, also wir machen in der Brauerei 2 bis 3 Bier-Tastings im Monat, die führe ich dann auch alle durch. Und dann bin ich auch halt sehr aktiv als Biersommelier. Wir haben jetzt diese Woche, bin ich in der Bernadus-Kapelle in Oberhausen-Sterkrade. Der Tobias Fleckner, der Koch, hat in einer Kirche seine Event-Gastronomie, der hintere Bereich der Kirche ist immer noch Sakral. Und der Tobias, der war bei mir bei einem Bier-Tasting vor 2 Jahren, fand das ganz gut, hat sich erst mal gar nicht als Koch zu erkennen gegeben. Und ich finde das immer fantastisch und spannend, wenn ich mit einem Koch zusammenarbeiten kann. Und was ich dann erst im Nachhinein erfahren habe, der Knabe ist Olympiasieger der Köche, der ist Bundesverdienstkreuzträger und all so ein Zeug. Und er hat da noch einen Maître Wein von einem 5-Sterne-Hotel dazu eingeladen, und es gibt jetzt zu jedem Gang, gibt es ein Bier und einen Wein und das ist natürlich spannend. Also wir kriegen beide, der Weinsommelier und der Biersommelier, wir kriegen beide dann das Menü vorgegeben, das haben wir letzte Woche durchgesprochen und jeder von uns wählt dann entsprechend seine Begleitung aus. Und die Gäste haben dann die Möglichkeit, den direkten Vergleich zu haben, Bier oder Wein, was passt jetzt zu diesem gang besser? Das sind so Geschichten, da habe ich natürlich richtig Spaß dran. Und bin auch viel im Sauerland unterwegs als Biersommelier, auf der Burg Schnellenberg machen wir immer wieder Events und, ja, das macht wirklich Spaß, ja.

Markus: Ja, auf jeden Fall. Also wir werden das auch verlinken in den Shownotes, man kann dich buchen als dein Biersommelier sozusagen und da gibt es also die Möglichkeit, wirklich mit dir ganz viele Dinge rund um das Thema Bier zu erleben. Und das finde ich also eine sehr faszinierende Idee zu sagen hier, eine Bier- gegen Wein-Battle live vor Ort zu machen. Lasst ihr die Leute dann auch abstimmen, was ihnen am besten geschmeckt hat oder wie macht ihr das?

Arthur: Ja, also die entscheiden das selbst, bei jedem Gang, wo es besser gemundet hat. Und ganz witzig war es, wir haben es ja letztes Jahr schon mal gemacht, nach dem 3. Gang kam der Weinsommelier zu mir, sagte: „Meine Stammgäste sagen, ich hätte jetzt grade das 3. Mal gegen dein Bier verkackt.“ Sage ich: „Ast rein, nein, mach dir keinen Kopf.“ Ich meine, wir sind ja vom Fach, wir kennen das Ganze ja, wenn man die Aromenspektren ja zerlegt, wie viel Aromen hat ein Wein, da sind wir irgendwo bei knapp über 800 und beim Bier liegen wir bei über 2.000 verschiedenen Aromen. Wenn man das Spektrum kennt und man kennt seine Biere und man weiß, wie man das ein bisschen kombinieren kann, dann glaube ich schon, dass wir mit einem Bier ein bisschen weiter vorne sind als der Weinsommelier.

Markus: Ja klar und der hat halt auch immer noch das Limit, dass er oft keine Kohlesäure hat, dass halt der pH-Wert sehr ähnlich ist und so und da ist es dann natürlich schon schwierig, gegen diese Vielfalt anzukämpfen, die die Biere bieten. Und man trinkt natürlich auch, also Bier vielleicht noch mal ein bisschen anders, grade in Verbindung mit Essen. Also ich mag das auch gerne, dieses bisschen battlen, im positiven Sinne. Weil, ich meine, was es ja am Ende immer macht ist, dass Leute bewusster genießen, also sowohl ihr Essen, als auch das Bier, als auch den Wein. Und da wollen wir sie ja hinführen, dass man eben weggeht von einer Verrichtung einer Notwendigkeit, dass ich irgendwas trinken und essen muss, zu einem echt bewussten Genuss, weil ich dann eben auch die Dinge ganz anders wertschätzen kann und auch bereit bin, andere Preise dafür zu bezahlen und natürlich auch verantwortungsvoller mit dem Alkohol umgehe und all diese Dinge. Das hat ja was damit zu tun, das wirklich zu genießen und zu wertschätzen. Und das fängt mit so einer Veranstaltung auf jeden Fall an beziehungsweise, das ist schon auf einem sehr hohen Niveau. Aber, ich glaube, da gibst du vielen Leuten einfach viel mit und dafür ist es natürlich perfekt. Also auch da werde ich mich mal einladen, wenn ich in der Nähe bin, das klingt auf jeden Fall toll.

Arthur: Also der Einstieg bei uns, bei den Bier-Tastings, die wir in der Brauerei machen zum Beispiel oder die auch sonst extern mache, da geht es darum, die Biervielfalt vorzustellen. Es geht ja gar nicht darum, irgendwie eine Werbeveranstaltung für Bottroper Bier zu machen, sondern mit den ersten Bieren stelle ich die Rohstoffe vor. Und das Ganze wird halt kombiniert, warum habe ich bei dir Bier und Schokolade mitgemacht, solche Geschichten. Da gibt es dann eine Schokolade oder es gibt einen Käse oder es gibt mal eine Wurst dazu, dann wird das Ganze entsprechend kombiniert, dass man die Aromen noch mal rauskitzelt oder halt ein bisschen was rausnimmt, wenn irgendwas zu intensiv ist. Und vielen meiner Gäste geht es danach so, boah, hätte ich ja nie gedacht, hätte ich ja nie gedacht, dass das so schmecken kann. Oder in der Kombination, nehmen wir mal die Geschichte mit Schlenkerla, bei uns im Ruhrpott, wenn ich jemanden ein Schlenkerla vorsetze, das Schlenkerla Märzen, die sind alle überfordert. Gebe ich einen Schwarzwälder Schinken dazu, dann kommt der große Aha-Effekt, oah, wer hätte das gedacht, das kann man ja doch trinken. Sag ich: „Klar, das wird jetzt nicht euer Lieblingsfernsehbier beim Fußball, aber so kann man das Ganze kombinieren.“ Und dann führe ich die da auch noch ein bisschen weiter und erzähle denen was von, du grillst doch auch bestimmt Zuhause, hast du schon mal ein Pulled Pork gemacht? Ja, habe ich gemacht. Sage ich: „Jetzt stell dir mal vor, dein Schweinenacken liegt 18 Stunden im Smoker, dann holst du dazu noch so ein Schlenkerla. Was meinst du, wie begeistert deine Gäste sind.“ Und so gehen die dann bei mir aus den Tastings raus und sagen: „Ja.“ Und als Feedback habe ich auch schon bekommen von Teilnehmern, die bei mir waren, uns als Sommelier, wenn man das Glas so in der Hand hält, dann schwenkt man das halt immer wieder, man riecht da dran, wir haben ja Spaß an den Aromen. Und einer meiner Teilnehmer, der kam mal zu mir und sagte: „Hör mal, seit ich bei dir beim Tasting war, ich stehe jetzt jedes Mal so und schwenke das Glas und rieche da dran.“ Sage ich: „Ja und da kannst du noch einen draufpacken, wenn du das nächste Mal in der Kneipe bist und du kriegst das erste Bier, dann riechst du da dran. So mache ich das natürlich immer, man will ja die Wahrnehmung sofort haben, das frische Bier. Und dann guckst du den Wirt ganz ernst in die Augen.“ Und dann? Dann wird er dich sofort fragen, ob irgendwas nicht in Ordnung ist. Kam er beim nächsten Tasting dann zu und sagte: „Du hast Recht, das ist wirklich so, die werden alle nervös.“ Sage ich: „Genauso läuft das.“

Markus: Sehr schön, ja, wunderbar. Also da hast du schon mal ein Biersommeliergeheimnis verraten, ohje, ohje. Nein, alles gut, sehr, sehr schön. Ja, also langsam aber sicher müssen wir zum Schluss kommen, glaube ich, aber ich wollte noch ganz kurz zwei Sachen besprechen, also einerseits euer Logo. Ich glaube, das ist vielen auch nicht so bewusst, dass ja Bottrop dieses Wahrzeichen hat, den Tetraeder.

Arthur: Richtig.

Markus: Dass ist ja was Faszinierendes. Also andere haben eine Burg oder eine Kirche oder so und ihr habt eine große Metallkonstruktion. Kannst du uns mal aufklären, was ist denn dieser Tetraeder genau und wie kommt der auf euer Logo?

Arthur: Also wir haben in Bottrop oder im Ruhrpott ist es so, es gibt diese Abraumhalden. Unter Tage wurde die Kohle abgebaut, die Kohle konnte man gebrauchen, aber um an die Kohle dranzukommen, hat man ganz viel Abraum, sprich, Steine und so aus dem Berg geholt und die wurden auf Halden gebracht. Und auf einer der Bottroper Halden steht der Tetraeder, das ist so ein, ja, Wahrzeichen, man kann da draufklettern, hat einen wahnsinnigen Überblick über das ganze Ruhrgebiet. Und da haben wir überlegt, was können wir als Logo nehmen und da haben wir jetzt die vereinfachte Form des Tetraeders genommen. Und im Nachhinein wurde ich schon vereinzelt drauf angesprochen, ob wir irgendwas mit dem Templerorden zu hätten? Aber das ist totaler Quatsch, haben wir nix mit zu tun. Und der Name Bottroper Bier war für uns klar, dass wir Bottroper Bier heißen wollen, das war überhaupt keine Diskussion intern. Aber es gibt ja, wie gesagt, dieses Lied von Jürgen von Manger, Bottroper Bier. Das musst du dir unbedingt anhören, Markus, dann weißt du, wovon ich rede. Uns war erst nicht ganz bewusst, wie das mit den Namensrechten aussieht. Und der Jürgen von Manger, der ist vor 30 Jahren verstorben, seine Frau ist verstorben und die beiden hatten keine Erben. Und jetzt kommt der große Vorteil, wenn man eine Truppe hat mit 10 Leuten, das ist unter anderem ein Polizist dabei, dann haben wir den Beamten mal an die Arbeit gekriegt und haben gesagt: „Du siehst jetzt zu, dass wir die Erben vom Tegtmeier rauskriegen.“ Und dann sind wir auf die Moni von Manger gekommen, das ist seine Nichte. Die Moni selbst ist Sängerin und sie lebt in Hagen, die haben wir dann besucht, bevor wir mit der Brauerei losgelegt haben. Und sie hat dann den Carsten Bülow dazu geholt. Der Carsten Bülow ist auch ein Schauspieler, der die Stücke von Tegtmeier auf der Bühne aufführt. Und wir haben denen vorgestellt, was wir vorhaben und gefragt, ob wir den Namen Bottroper Bier verwenden dürfen? Und dann haben sie sich das Ganze angehört, sagten: „Ja, das passt.“ Dass Lied und so, dass ist alles geschützt und wir durften aber jetzt den Namen mitnehmen und so hat sich das Ganze dann entwickelt mit der Story. Deshalb, der Saft fürs Leben und so, alles so Zeilen aus dem Lied, ja.

Markus: Wahnsinn. Also mir kommt grad wirklich so eine Filmszene vor Augen, wie ihr da zu zehnt mit einem Kasten Bier auftaucht und an die Tür klopft, dann schaut die da aus der …

Arthur: Ja, wir waren nur zu viert und wir hatten auch kein Bier dabei, weil die Brauerei stand ja noch nicht, aber, ja, die haben uns verstanden.

Markus: Ja, ja, aber ich denke mir nur, wenn man das verfilmen würde, wäre das bestimmt eine geniale Szene, wer ist dann da draußen, 10 Jungs und ein Bier. Naja, egal, also auf jeden Fall sehr schön. Und zum Abschluss noch, der European Beer Star, das ist ja auch wirklich eine schöne Geschichte. Also ich glaube, die meisten Hörer kennen das, aber noch mal, um das kurz einzusortieren, also der European Beer Star ist einer der beiden großen und ältesten Bierwettbewerbe der Welt, wird jedes Jahr in Deutschland veranstaltet, mittlerweile in Nürnberg und dort, ja, sind 1.000e von Bieren aus der ganzen Welt, die gegeneinander antreten. Und so ein Bierstil, wie eben ein unfiltriertes Helles, ist jetzt kein seltener Bierstil. Das heißt, da sind viele, viele Brauer, eben von der Mongolei bis nach Chile oder so, die da um diesen Titel konkurrieren. Und dann gibt es eine Jury von so 120 Leuten, auch relativ erlesen  auch aus der ganzen Welt, die sehr erfahrene Beerjudges sind, die das dann eben auch bewerten, über 3 oder 4 Durchgänge, bis dann so ein Bier von der Vorrunde bis zum Finale durchkommt. Also am Ende den Goldenen Beer Star zu bekommen, das ist wirklich eine unglaubliche Leistung und noch mal eine unglaubliche Bestätigung. Wie hast du das erlebt und wie ging das so für dich und wie war es so, als du das erste Mal die Meldung bekommen hast, wie war das?

Arthur: Ja, also das war absolut geil, das war direkt bei uns im ersten Jahr. Wir haben im Sommer ein Voting gehabt vom Falstaff Magazin, dieses Genussmagazin, da ging es um die beliebtesten Kleinbrauereien in den einzelnen Bundesländern. Und da haben wir unsere Community aufgerufen, also viel über Facebook, Instagram und die konnten jeden Tag voten. Und wir haben da mit Abstand in Nordrhein-Westfalen die meisten Stimmen gehabt und bundesweit hatten wir dann auch die meisten Stimmen, da war wir schon die beliebteste Kleinbrauerei in Nordrhein-Westfalen, da war im Sommer. Und dann im November, ich bin von Bottrop, also ich lebe ja immer noch in Olpe, bin dann von Bottrop nach Olpe gekommen, ich saß abends auf dem Sofa und da gucke ich auf mein Handy, Nachricht vom Verband der Kleinbrauer oder mittelständischen Brauereien-Verband oder irgendwie sowas. Und Brille nicht aufgehabt und dann klicke ich das Ganze an und werden meine Augen immer größer, da sage ich zu meiner Frau: „Ich muss ja an den PC.“ Und dann kam die Nachricht mit, wir haben Gold geholt in der Kategorie German-Style Kellerpils. Und das ist natürlich, das war ein Hammer und für mich als Brauer sowieso. Bei unseren Verbrauchern oder Freunden und Bürgern in Bottrop kam das auch unheimlich gut an. Aber im Endeffekt, der Verbraucher draußen, der kann mit sowas nicht viel anfangen. Also für mich persönlich, das war eine Auszeichnung der Arbeit, der Leistung, die wir bisher gebracht haben. Und eine Geschichte war auch, als ich im Oktober in Weiher war bei Kundmüller, dann stand ich da, erst mal mit dem Ossi gequatscht und dann stand ich mit einem Gast zusammen. Und wer bei Weiher war, der kennt ja diese Trophäensammlung. Für mich ist das die beste oder die erfolgreichste Brauerei, die wir in Deutschland haben, Kundmüller. Und dann sagt einer von den Urfranken zu mir: „Hör mal, das mit den ganzen Pokalen, taugt das was, ist das schon was Besonderes?“ Sage ich: „Ej, das ist die Hammerbrauerei hier.“ Also bei den Bürgern selbst, bei den Biertrinkern selbst, glaube ich, da ist das gar nicht so, da fällt das gar nicht so schwer ins Gewicht.

Markus: Nee, da bin ich bei dir, das ist absolut so. Mir ging es vor allem eben um die Empfindung, die man so als Braumeister hat, weil, das hat man auch nicht so oft im Leben, dass man den Goldenen Beer Star gewinnt.

Arthur: Also für mich persönlich ist das schon ein absoluter Erfolg und auch eine Bestätigung der Arbeit. Und was so ein bisschen immer hinten runterfällt, weil das ja nirgendwo steht, mit unserem Dunklen waren wir zweimal im Finale. Also wir waren unter den besten Acht, haben es aber nicht unter die Top 3 geschafft. dass ist das, was mich noch mehr wurmt.

Markus: Naja, Gott, kann sich ja noch ändern. Aber auf jeden Fall, also das ist eine coole Sache und ist einfach auch noch mal eine schöne Bestätigung, wie du sagst, deiner Arbeit und dass ihr da eben durchaus was richtig macht und auch qualitativ, nicht nur emotional, wirklich da am Puls der Zeit seid und tolle Biere macht. Was sich ja jetzt hier im Tasting auch sehr schön bestätigt hat, also vielen Dank, das war ein toller Einblick in deine Biere, deine Brauerei, dein Leben sozusagen.

Arthur: Danke, Markus.

Markus: Und, ja, wünsche ich dir heute noch einen wunderschönen weiteren Tag, ganz, ganz viel Erfolg weiterhin mit dem Bottroper Bier und freue mich schon sehr, wenn ich dann mal live vor Ort bin, dann können wir vielleicht so einen zweiten Teil live aufnehmen.

Arthur: Ja, cool, immer wieder gern. Und, ja, ich freue mich immer wieder, wenn wir uns sehen, es gibt ja immer was zu quatschen bei uns.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 60 – Interview mit Jakob Hein, Psychiater, Schriftsteller, Drehbuchautor und Übersetzer aus Berlin

In der neuesten Folge von BierTalk wird es spannend und tiefgründig! Unser Markus hat sich einem besonderen Erlebnis gestellt: seiner ersten Sitzung bei einem Psychiater, und das auch noch öffentlich! ??️

Wir sprechen mit dem renommierten Psychiater und Schriftsteller Jakob Hein, der uns nicht nur Einblicke in seine vielseitige Karriere gibt, sondern auch brisante Themen anspricht, die unseren Podcast in Frage stellen könnten. Was bedeutet Alkohol in verschiedenen Kulturen? Wie beeinflusst er unser Verhalten wirklich? Und kann alkoholfreies Bier genauso genussvoll sein?

Erlebe eine packende Diskussion über Suchtprävention, kulturelle Unterschiede und persönliche Erkenntnisse rund um den Alkohol. Lass dir diese einzigartige Episode nicht entgehen – sie könnte deine Sicht auf Bier und Alkohol grundlegend verändern…

Kommt in unsere Facebook-Gruppe und diskutiert mit: https://www.facebook.com/groups/bierakademie

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Ja, wie immer eine besondere Folge, aber heute ist es soweit, meine erste Sitzung bei einem Psychiater. Noch dazu öffentlich und eine Episode, die vielleicht am Ende sogar diesen ganzen Podcast infrage stellen könnte, also ein heißes Eisen in jeder Hinsicht. Jakob Hein, ich freue mich sehr auf unser Gespräch und Danke, dass es mit unserem Termin geklappt hat. Vielleicht stellen Sie sich ganz kurz unseren Hörern mal selbst vor.

Jakob Hein: Sehr gern. Mein Name ist Jakob Hein, ich bin 1971 in Leipzig geboren und leben seit 1972 mit meiner Familie in Berlin. Ich bin Psychiater für Erwachsene, Kinder- und Jugendpsychiater und Psychotherapeut, Hypnotherapeut, Übersetzer, Schriftsteller und Drehbuchautor.

Markus: Ja, das ist ja ein ganzes Bündel von Tätigkeiten, die Sie tun. Normalerweise sagt man ja gerade Journalisten, Drehbuchautoren eine gewisse Nähe zum Alkohol nach. Geht das zusammen mit der Rolle in der Suchtprävention und als Psychiater?

Jakob Hein: Also ich glaube, jede Berufsgruppe hat so ein bisschen ihr Alkoholschema in Deutschland. Also ich denke jetzt nicht, dass man Leute in der Baubranche, dass man die für besonders wenig trinkend hält oder das man glaubt, dass Menschen jetzt in der Unterhaltungsindustrie, dass die wenig trinken. Also ich glaube, mir fällt da jetzt nicht so richtig eine Branche ein, wo wenig getrunken werden soll. Ja, die Hausfrauen trinken angeblich Prosecco und die Handwerker trinken vor allen Dingen Bier. Also natürlich, auch Ärztinnen und Ärzte trinken auch definitiv Alkohol. Das ist ja in Deutschland auch nicht verwunderlich, ich glaube, wir sind ja eins dieser typischen mitteleuropäischen Länder, wo Alkoholkonsum durch alle Schichten Normalität ist.

Markus: Ja, also wir liegen deutlich über dem Durchschnitt in der EU und gelten für die WHO als Entwicklungsland, was die Prävention angeht. Das ist schon eine krasse Sache eigentlich. Und, ja, wie ist es denn bei Ihnen mit dem Thema Alkohol und Bier? Haben Sie ein Lieblingsbier, trinken Sie ab und zu mal einen Schluck, wie machen Sie das?

Jakob Hein: Also ich trinke sehr gern Bier, ich trinke eigentlich auch am liebsten Bier, also es darf auch ab und zu mal ein guter Wein sein. Brände, also alles so, wo so der Alkoholgehalt deutlich über 20 % sind, interessiert mich überhaupt nicht. Davon wird mir direkt Übelkeit verursacht. Ja, vielleicht habe ich auch nicht die Richtigen gefunden, aber ich würde mich da auch grad nicht auf die Suche machen. Und, ja, also im Moment trinke ich am liebsten, das ändert sich ja auch immer nach Wind und Wellenschlag, also Paulaner Helles, alkoholfrei vom Fass, finde ich total klasse und großartig und schön süffig. Und von Störtebeker das Freibier Atlantik-Ale. Das finde ich auch so ein richtig schönes rundes Bieraroma, wo eben sowohl eben Hefen eindeutig da sind, mit dem, was Hefen ja noch mehr können. Also die können ja noch so diese Umami-Geschmackssorten ins Bier bringen, aber eben auch so ein wirklich runder schöner Biergeschmack. Also das ist ein sehr gelungenes Atlantik-Ale, das Freibier von Störtebeker. Das sind die zwei Biere, die ich im Moment am liebsten trinke.

Markus: Ja, also dem kann ich nur zustimmen, das sin beides wunderbare Beispiele. Und es ist auch ein gutes Beispiel dafür, dass die Bierbranche, die ja ganz lange eher so im Hintergrund war oder im Rückstand war gegenüber zum Beispiel der Weinbranche oder so, was das Thema alkoholfreie Biere hat, ziemlich weit vorne steht. Also der alkoholfreie Wein zum Beispiel, da ist noch ein ganz anderer Weg zu gehen und da gibt es mittlerweile wirklich ganz tolle Beispiele bei den Bieren, wie Sie es schon gesagt haben. Und es wird immer mehr und es gibt auch immer mehr Brauereien, die zum Beispiel ausschließlich alkoholfreie Biere machen. Und grade, wenn man im Ausland viel unterwegs ist, dann trifft man da auf noch bessere und sehr spannende Beispiele. Also insofern, ja, freut mich, dass Sie dann auch wenigstens Bier trinken, das ist doch schon mal schön.

Jakob Hein: Ich trinke natürlich auch und bin so zum Bier trinken gekommen über Biersorten mit Alkohol, aber ich stimme Ihnen da zu 100 % zu, also ich bin total begeistert, was die Braumeisterinnen und Braumeister in unserem Land in den letzten Jahren ins Fass gezaubert haben eben ohne Alkohol. Und deswegen kann ich das auch umso offensiver sagen, wie gern ich Bier trinke, weil ich eben auch diese alkoholfreien Spezialitäten einfach lecker und toll finde und auch sozusagen, klingt jetzt komisch, sehr bierig finde. Das war früher sicherlich nicht so. Also so die Konventionellen, ich will jetzt da keine Namen nennen, negative Kritik ist immer doof, aber so die konventionellen alkoholfreien Biersorten, die waren schon sehr gewöhnungsbedürftig.

Markus: Ja und das waren ja auch noch welche, die hauptsächlich eine Funktion hatten, nämlich einfach ein Ersatz für die armen Menschen zu sein, die jetzt nicht ein normales Bier trinken können, in Anführungsstrichen.

Jakob Hein: Genau.

Markus: Und das hat sich ja mittlerweile geändert. Also über den Umweg, ein Sportgetränk zu sein, eine Alternative für Sportler, ein alkoholfreies Weißbier zum Beispiel, bis hin eben zu der Zeit, dass wir jetzt im Grunde eine eigene Getränkekategorie haben. Und wenn man da jetzt mal nüchtern, also im wahrsten Sinne des Wortes, nüchtern drauf schaut, dann ist das ja ein alkoholfreies Getränk auf Fermentationsbasis, was also sehr gesund ist, wenig Kalorien hat, viele sinnvolle Inhaltstoffe hat und damit ja eigentlich viel besser als jeder Softdrink oder so. Und das wird tatsächlich auch von der jungen Zielgruppe angenommen und ist für Brauereien durchaus eine Chance, jetzt auch einen Markt für sich zu entdecken, weil das Thema Alkohol natürlich und zu Recht schwieriger wird. Wie war das denn jetzt bei Ihnen, also Sie machen ja jetzt auch sehr viel rund um das Thema Alkohol und wir kommen ja auch gleich auf das Buch zu sprechen, wann hat sich das bei Ihnen so in diese Richtung bewegt, dass Sie sich sehr damit beschäftigt haben und dann jetzt auch damit arbeiten?

Jakob Hein: Naja, ich war ja in der Charité, bis 2011 war ich ja der Oberarzt in der Suchtambulanz, also ich beschäftige mich da schon seit vielen Jahren damit. Und wenn man eben ehrlich zu sich ist, dann reflektiert man ja über diesem Umweg oder auf diese Weise immer auch sein eigenes Trinkverhalten, dass man dann so denkt, ja, wie ist das eigentlich bei mir? Und kann ich mir eigentlich vorstellen, dass ich auf einer Feier bin und so richtig Spaß habe, mich wohlfühle, freue, die ganzen zu Leute zu sehen, vielleicht sogar zu tanzen und all die Sachen zu machen, ohne zu trinken? Und da habe ich mich dann eben geprüft auch immer wieder. Und, ja, dann war, ehrlich gesagt, der jetzige Januar war so der erste Monat, wo ich sagen kann, da habe ich mal einen ganzen Monat lang nichts getrunken. Meine liebe gute Freundin Monika Trendelenburg, die ist Oberärztin in der Sucht in Neukölln und bei der müssen alle Ärztinnen und Ärzte, werden angehalten, wenn sie bei ihr arbeiten, ich glaube, acht Wochen lang keinen Tropfen zu trinken, ein ganz normales Leben weiterzuleben, um einfach mal so ein Gefühl dafür zu bekommen, wie ist das eigentlich, wie sind eigentlich diese Ratschläge, die man so wohlmeinend an Menschen auch mit Erkrankung dann gibt, dass man sagt, trink doch einfach nix. Nun ja, wer das mal probiert, einen Monat durchzuziehen, der wird sehen, so einfach ist das nicht. Wobei die gesellschaftliche Akzeptanz total nach oben gegangen ist, also für eben jetzt zum Beispiel das Trinken von alkoholfreiem Bier. Also ehrlich gesagt, im Nürnberger Paulaner Garten, als ich mir da das Paulaner Hell bestellt habe, braucht mir das der etwas leutselige Kellner auch mit dem Ausruf, hier, eine kastrierte Halbe. Aber davon abgesehen ist es eigentlich so in meinen persönlichen Kreisen völlig problemlos und akzeptiert und das ist alles gut.

Markus: Ja, ich glaube auch, die Entwicklung geht da absolut in eine richtige Richtung. Man merkt schon, das grad in Bayern doch die ein oder anderen noch ihre Probleme damit haben und einfach die Erwartungshaltung, die ist, dass man gefälligst Alkohol zu trinken hat. Also ich erinnere mich nur, letzte Woche war eine Talkshow im Fernsehen, wo der CSU-Generalsekretär sich quasi entschuldigt hat dafür, dass er ein Foto auf dem Oktoberfest gemacht hat und in seinem Glas war Bier und das war eben ein alkoholfreies Bier. Und es war ihm peinlich, das zu sagen. Und sowas, das darf eigentlich nicht sein. Aber man sieht, dass da einfach in der Gesellschaft noch viel ist, viel Gelegenheit, viel Erwartungshaltung.

Jakob Hein: Er musste da ja auch ganz schön zum ja getragen werden, er wollte das eigentlich nicht eingestehen. Aber selbstverständlich, wenn man sich die Programme anguckt auch im Wahlkampf, dann ist es einfach unwahrscheinlich, dass die Politiker jetzt, wenn die eben durchs Land ziehen, eben acht Mal am Tag einen halben Liter alkoholhaltiges Bier trinken. Also unsere Politiker wären ja alle Leber-transplantiert, das würde gar nicht gehen. Und insofern, ja, das war eine sehr lustige Szene, wo Herr Lanz ihn da so zum ja tragen musste, dass er dann zugeben konnte, dass da möglicherweise jetzt kein Alkohol drin war. Ich wollte da noch mal sagen so, also wenn ich jetzt zum Beispiel so ein Störtebeker Freibier Altantik-Ale, wenn ich das jetzt so mir so reinlaufen lasse an so einem Feierabend und ich sitze da mit meiner Familie so am Tisch und ich trinke das und diese ganze Aromenpalette zieht so an meinem Gaumen vorbei und ich finde das schön, ich genieße das Leben, es soll auch schön kalt sein und vielleicht auch aus einem guten Glas kommen. Wobei ich eben auch gern Bier aus der Flasche trinke, ist für mich auch ein Genuss. Jedenfalls denke ich mir dann manchmal, naja, das würde mir jetzt nicht besser schmecken, wenn da Äthanol drin wäre. Äthanol ist nicht so eine aufregende Substanz und nicht so interessant, ich kriege davon nur motorische Einschränkungen. Und deswegen wäre eben mein Plädoyer, oder was ich eigentlich will von einem Bier, ist der Biergenuss. Und ich kann sagen es gibt auf jeden Fall mittlerweile Biersorten, die mir das bieten und das finde ich schön. Und ich finde es eben so schlimm, wenn viele Diskussionen irgendwie aus dem Negativen heraus betrachtet werden. Ich glaube, dass ich mich mit jedem Generalsekretär auch darüber einigen kann, dass ein Biergenuss was Feines ist. Und jetzt ist dann eben die nächste Frage, ob da Alkohol drin sein muss?

Markus: Absolut, ja. Also ich habe letztes Jahr den Versuch selber gemacht, war auf dem Oktoberfest auf einer Veranstaltung und habe tatsächlich den ganzen Abend nur alkoholfreies Bier getrunken und das hat auch funktioniert. Und ich habe mich sehr wohlgefühlt und habe beschlossen, dass das durchaus Zukunft hat für mich, dieses Modell, also das ist auf jeden Fall gut. Aber wir wollen uns ja mit dem Buch beschäftigen und das der Aufhänger eigentlich für unser heutiges Treffen ist, es geht um „Betrunkenes Betragen“, dass Sie ins Deutsche übertragen haben, nach mehr als 50 Jahren. Auf dem Buch steht, wiederentdeckt von Jakob Hein. Also wiederentdeckt heißt ja, da ist ein Prozess gewesen. Wie kamen Sie denn zu dem Manuskript der beiden US-Forscher und wie kam dann die Idee, dass ins Deutsche zu übersetzen?

Jakob Hein: Mein alter Chef hat mir das in die Hand gedrückt, Professor Heinz, der hat gesagt: „Hier, das müssen Sie mal lesen.“ Und dann habe ich ihn groß angeguckt und habe es gar nicht verstanden. Weil, eigentlich ist ja die Aufgabe von einem Universitätsdirektor, dass er eben sagt, ja, lies mal die Papers der letzten zwei Jahre und nicht, hier, lies mal ein 40 Jahre altes Buch, also das war echt ein Überraschungsmoment. Und dann habe ich es eben zur Hand genommen und gelesen, weil es mich interessiert hat. Das war jetzt kein regelmäßiges Ereignis, dass er mir irgendwie Bücher in die Hand gedrückt hat. Und ich war wirklich echt begeistert von dem Projekt, als das die beiden da gemacht haben und von den Forschungsergebnissen. Die waren für mich auch, ja, da fiel es mir wirklich wie Schuppen von den Augen, wie man so sagt, also das war wirklich beeindruckend, die Ergebnisse zu sehen und auch sehr, also für mich zumindest, sehr überzeugend. Die beiden gucken sich ja wissenschaftliche Ergebnisse und Beobachtungstagebücher, Aufzeichnungen von den verschiedensten Kulturen, über die ganze Welt an und wie die auf Alkohol reagieren und können so ein bisschen eben objektiviert eigentlich sagen, wie Menschen oder wie die Psyche des Menschen auf Alkohol reagiert. Und das Ergebnis war wirklich auch alles andere als das, was ich erwartet habe. Als ich beobachtet habe, dass auch in den zehn darauf folgenden Jahren diese Erkenntnisse sich überhaupt nicht verbreiten, also weder in der wissenschaftlichen Community, da noch am ehesten, da gibt es so ein paar Erkenntnisse über die wir vielleicht noch sprechen können, aber schon gar nicht in der allgemeinen Gesellschaft, dachte ich, vielleicht kann ich das Buch übersetzen. Es ist noch nie ins Deutsche übersetzt worden und vielleicht setze ich mich einfach mal hin und übersetze das. Das einfach mal war der große Fehler, also es ist schwer zu übersetzen, es ist eine große Kunst. Und wenn man das nicht kann, so wie ich oder wenn man das noch lernt, so wie ich, dann dauert das wahnsinnig lange, so ein Buch zu übersetzen. Aber ich kann sagen, das hat mir viel Spaß gemacht und viel mehr gegeben als es mir abgefordert hat.

Markus: Ja, das haben Sie ja auch in der Einladung ja schon beschrieben, was das für Sie für ein Prozess war, sich diesem Buch oder der Aufgabe zu stellen. Damit wir unsere Hörerinnen und Hörer ein bisschen anholen, also Sie sagen, es geht drum, sie haben beobachtet in verschiedenen Kulturen, wie mit Alkohol umgegangen wird. Letzten Endes kann man ja sagen, es kommt zu einer Trennung zwischen der reinen physischen Wirkung von Alkohol. Wenn ich also die Substanz Äthanol trinke, was passiert bei mir im Körper? Was relativ überschaubar ist, über eine Ermüdung letzten Endes bis, wenn man zu viel nimmt, bis zum Tod. Aber die anderen Erscheinungen, die wir jetzt landläufig damit verbinden, also in unserem Kulturkreis, Leute werden irgendwie lustig und dann werden sie vielleicht irgendwie dumm oder fahrlässig oder so, diese Dinge haben ursächlich überhaupt nichts mit dem Alkohol zu tun, weil in anderen Kulturen wieder ganz andere Verhaltensweisen sind. Kann man das so in etwa sehen, oder?

Jakob Hein: Das haben Sie sehr gut beschrieben. Also die Kunst der Psychiatrie besteht ja immer darin, dass man die verschiedenen Teile der Psyche auseinanderbastelt. Also das man sich anguckt, wie ist das Bewusstsein? Ist das klar, ist das getrübt, ist das da, wie ist die Orientierung, also weiß der, wer er ist, wo er ist und unter welchen Umständen er sich befindet, also man klamüsert das so auseinander. Und die Autoren sagen eben, okay, lass uns mal die physiologischen Wirkungen des Alkoholeinflusses gucken. Also wenn wir im Westen Alkohol trinken, dann wird unser Grobmotorik schlechter, unsere Feinmotorik schlechter. Lass uns jetzt mal 200 Kulturen überprüfen, die auch alle Alkohol trinken. In Klammern, es ist ja schon auch eine beeindruckende Aussage, dass man schon merkt, dass in fast allen Weltteilen und durch all die Jahrhunderte getrunken wurde. Mit der großen Ausnahme vom Norden Amerikas, wo das dann definitiv weiße Siedler erst hinbrachten. Na gut und dann hat man gesagt, okay und jetzt lass uns auch mal die psychologischen Wirkungen abgucken. Lass uns mal gucken, wie verändert sich das Verhalten von verschiedenen Gesellschaften, die man beobachten konnte in den Jahrhunderten, also wie sich die verschiedenen Gesellschaften begegnen, also der Westen sozusagen, auch andere Gesellschaften, muss man natürlich dazu sagen, erforscht. Und da blättert sich plötzlich eine riesiges Spektrum an Verhaltensmöglichkeiten auf. Also es gibt Menschen in Bolivien, Gesellschaften in Bolivien, da ändert sich durch den Einfluss von Alkohol im Verhalten absolut gar nichts. Also alle sind der festen Überzeugung, dass sich nichts ändert und es ändert sich nichts. Die Leute trinken, bis sie total betrunken sind, also sie trinken ein 96%-Getränk, was Alkohol heißt, also das passt von der Beschreibung und sie trinken bis sie umfallen und gehen ins Bett und nichts ändert sich am Verhalten. Es gibt Völker, die werden unheimlich enthemmt, so wie wir das auch kennen. Also diese Völker und Gesellschaften gibt es in der ganzen Welt, aber es gibt auch genauso Gesellschaften, die eher gehemmt werden. Es gibt Gesellschaften, die in der höchsten Alkoholwirkung gemeinsam singen und sich in den Armen liegen, aber so fröhliche, friedvolle Lieder und wo es absolut unbekannt ist, das auch nur eine einzige Gemeinheit gesagt wird unter Alkoholeinfluss, geschweige denn, dass es da irgendwie zu Schlägereien kommt. Also es ist wirklich ein riesiges Spektrum, was sich da plötzlich öffnet und wo einem klar wird, die Wirkung des Alkohols auf die Motorik ist vorhersehbar, gesetzmäßig und immer wieder reproduzierbar. Die Wirkung des Alkohols auf die Psyche ist äußerst unvorhersehbar und offensichtlich ganz stark kulturell geprägt.

Markus: Das heißt, Kulturen vererben die vermeintliche Wirkung von Alkohol, wenn man bei uns gelernt hat, das macht irgendwie lustig? Also ist das dann in der DNA oder ist das was, was man als Kind lernt oder wie kann man sich das vorstellen?

Jakob Hein: Ja, das lernt man leider auch schon von Kindesbeinen an, also wenn man den Vater in den Biergarten begleitet. Im Übrigen ist es so, dass zum Beispiel Gewalt unter Alkoholeinfluss auch sehr stark abgenommen hat, sodass das auch weniger beobachtet wird und dadurch auch weniger reproduziert wird. Naja, also die Erklärung der Autoren ist, und die ist am naheliegendsten, also wir merken natürlich, dass wir Alkohol getrunken haben. Der Alkohol ist ganz klar eine neurotoxische Substanz, wir merken jetzt irgendwie, wir sind langsamer, die Zunge ist schwerer, wir reden verändert. Wenn wir aufstehen, um aufs Klo zu gehen, dann stoßen wir uns irgendwie schnell auch mal an der Tischkante oder so. Und wir haben die Beobachtung gemacht und machen immer wieder die Beobachtung, dass Menschen in diesem Zustand so und so sind. Und dann fangen wir auch an, diese Verhaltensweisen auszuprobieren beziehungsweise wir verhalten uns so. Ich sage mal auch ein klassisches Beispiel, zum Beispiel ist es ja interessant, also das Alkohol ja auch eine sexuelle Enthemmungswirkung nachgesagt wird. Das würde ja bedeuten, dass jetzt aber so im Männerkegelverein, dass da auch es ziemlich viel zu Homosexualität kommt. Ist aber überhaupt nicht was, was üblicher Weise passiert. Sondern eben bei der Betriebsfeier, wo männliche und weibliche Kolleginnen miteinander feiern, da plötzlich erwacht sozusagen der Tiger und die Leute fangen an, naja, sich komisch auch sexualisiert zu verhalten. Teilweise war ich schon auf so Empfängen, so ganz vornehmen Empfängen mit Frack und Smoking und ganz viel Dekorum und da haben die Leute auch sehr viel Alkohol getrunken, das war so die Tradition und da hat sich niemand auch nur ein bisschen auffällig verhalten, weil das eben so ein klares gesellschaftliches Korsett war, in dem man da miteinander steckte und auch gerne steckte, dass niemand auf den Gedanken gekommen wäre, auch nur ein Lied laut zu pfeifen, weil man ja da auch in diesen gesellschaftlichen Schranken steckt. Also wenn man darauf achtet, wie verschiedenen auch einzelne Menschen sich unter Alkoholeinfluss verhalten können, dann ist man ja noch mal erstaunter.

Markus: Kann man dann vielleicht sagen, dass man so eine Art Verhaltenskatalog für sich entwickelt, der mit Alkoholkonsum einhergeht und je nachdem, in welcher Situation ich bin, in welcher Stimmung ich vielleicht bin, was ich erreichen will, wird es, sage ich mal, unterbewusst ausgesucht, welches Verhalten ich dann zeige oder ist das was Bewusstes?

Jakob Hein: Ja, auf jeden Fall. Also wenn Sie im Stadion ein alkoholfreies Bier ausschenken von bester Qualität, also wo eben nicht sofort die Trinkenden merken, dass sie alkoholfreies Bier trinken, werden die sich ziemlich unpassend benehmen. Und wenn man sie hinterher fragt, na, sag mal, warum hast du denn hier diese ekelhaften Sprüche ins Rund gegrölt, dann werden sie sagen, naja, musst mir schon verzeihen, ich war betrunken. Und die gleiche Person, die sich da in der VIP-Lounge von der Allianz Arena gepflegt gehen hat lassen, wird die doppelte Menge Alkohol beim Vorstandsempfang trinken am Tag drauf und würde niemals auf den Gedanken kommen, ein falsches Wort zu sagen, weil sie sich ja da vielleicht auch beobachtet fühlt. Also das ist definitiv so, wir haben so ein paar Anlässe, wo wir uns zusammenfinden und wo wir dann eben gelernt haben, dass der Alkohol eine gute Entschuldigung für alles ist. Also das ist auch schon in den Gesellschaften, die da die beiden Autoren beschrieben haben, ist das schon bekannt und das ist ja auch in Deutschland, glaube ich, was ganz Bekanntes, dass eben zum Beispiel die schlauen Leute natürlich bei der Betriebsfeier dann eher zu den alkoholfreien Alternativen greifen, um dann bei den sich vielleicht ergebenden sexuellen Gelegenheitsbekanntschaften mehr Spaß und mehr Genuss zu haben, als sie dies hätten, wenn sie schon ziemlich fast betrunken wären, um dann gar nicht so sexuell so ein richtig schönes Erlebnis hinzukriegen.

Markus: Ja, so kann man das natürlich auch sehen und das kann ich durchaus auch nachvollziehen. Andersrum gefragt, wenn dem so ist, warum trinken die Gesellschaften überhaupt? Also wenn Sie jetzt sagen, da gibt es eine Gesellschaft, die sich im Grunde überhaupt nicht verändert, also die trinken, bis sie umfallen, trotzdem fühlen sie sich ja wahrscheinlich am nächsten Tag, also zumindest sowas wie Kopfweh oder sowas, wird man ja mindestens haben, also wäre das doch eigentlich gelernt, dass man das lieber lässt. Also warum machen die das?

Jakob Hein: Also diese Gesellschaft, die Aritama in Bolivien, sind die absolute Ausnahme. Die meisten Gesellschaften nutzen natürlich, so wie wir, den Alkoholgenuss oder den Konsum von Alkohol als Auszeit und jede Gesellschaft auf der ganzen Welt auch, die Gesellschaften Nordamerikas haben diese Auszeiten. Wir haben das immer, wir brauchen eine Zeit, so sieht man das überall auf der ganzen Welt, wo wir einfach mal sagen dürfen, wir steigen aus dem Anzug, wir dürfen jetzt mal nicht so sein, wie wir sonst immer sein müssen. Es gibt bei den Amish, die ja auch sehr vielen Regeln unterliegen, gibt es eben das Rumspringen, wo die Jugendlichen dann eben auch mal, wie wir in Deutschland sagen, die Hörner abstoßen dürfen und so weiter. Und diese Auszeiten sind sehr beliebt und auch Jahrtausende alt, überall bekannt und dafür nutzen wir den Alkohol oder nutzen wir im Moment alkoholische Getränke. das ist total normal und auch total zu verstehen, solange niemand anders dadurch zu Schaden kommt. Und das wäre meine ganz wichtige Einschränkung, also dass das schon okay ist, wenn man im Stadion grölt, also das macht wirklich total viel Spaß, wenn die eigene Mannschaft vielleicht sogar noch grad gewinnt. Obwohl, bei den sehr, sehr guten Fankulturen, muss man sagen, macht es eben auch Spaß, wenn die eigene Mannschaft grad nicht unbedingt gewinnt. Aber, was ich sagen will ist, aber wenn eben dann andere dadurch zu Schaden kommen, kann man schon sagen also, dann ist es eben nicht okay. Und man muss eben, wenn man ganz ehrlich ist, ist Alkohol dafür keine echte Entschuldigung. Es ist nicht so, dass wir uns so benehmen mussten, weil wir Alkohol getrunken haben und wir sollten auch als Gesellschaft nicht sagen, ah, okay, naja, kein Problem, wenn du betrunken warst, da fährt man schon mal ein Kind um oder da landet schon mal die Hand an Körperteilen von einer Frau, wo sie nicht hingehört. Also ich finde, das ist so ein ganz entscheidender Punkt. Und im Übrigen, wenn wir jetzt hier in der BierAkademie auch sprechen oder beim BierTalk sprechen, ist auch ein Punkt, wo ich denke, das ist eben auch nicht zu rechtfertigen und dass wird auch, also so eine schöne Zukunft für das Genussmittel Bier, wird es eben auch nur dann geben, wenn man nicht wilde und ekelhafte Alkoholexzesse verteidigt, sondern wenn man sagt, unser Thema ist definitiv Genuss und Braukunst und nicht Hektoliter Weise Besäufnisse, wo dann am Ende einfach gesellschaftliche und gesundheitliche Schäden zu konzertieren sind.

Markus: Ja, als kleiner Einschub, wenn Sie die Sendung mit dem Herrn Lanz auch gesehen haben, da war ja am Schluss noch auch das Thema Alkohol noch mal direkt präsent. Und was mich ein bisschen schockiert hat war, dass da letzten Endes die These aufgestellt worden ist und zwar sehr schlüssig, dass es dieses, sagen wir mal, Genusstrinken in der Form eigentlich gar nicht gibt, sondern dass wir im Grunde immer in einem fließenden Übergang sind, die einen mehr, die anderen weniger und Alkohol per se sehr schädlich ist, auch in kleineren Mengen, egal in welchen Mengen eigentlich und wir auf jeden Fall uns schädigen, wenn wir sehr viel davon oder wenn wir überhaupt davon konsumieren. Also wie geht man denn damit um?

Jakob Hein: Naja, Frau Graßnickel ist eben sehr streng und sie hat ja auch recht auf ihre Art, also ja, die hat Recht, Punkt! Also um Himmels Willen, ich will mich davon keinesfalls distanzieren. Genau, aber die Frage ist ja bei so großen gesellschaftlichen Themen, bei Alkohol in Deutschland, also da sind wir wirklich, das ist ein Ozeandampfer und die Frage ist so, wo wollen wir in 20 Jahren sein? Wollen wir in 20 Jahren genau da sein, wo wir jetzt sind, wollen wir in 20 Jahren bei dem Thema ein bisschen weniger konsumieren oder wollen wir in 20 Jahren bei dem Thema ein bisschen mehr konsumieren? Und das ist einfach realistisch. Und ich glaube, also dass wir wirklich sofort eine Revolution auslösen würden, wenn wir morgen den Alkohol in Deutschland verbieten würden. Also weil, wie gesagt, also das Thema Auszeit ist schon auch normal. Und natürlich, es ist auch so ein bisschen wie so eine Herausforderung. Also wir wissen zum Beispiel nicht, wie viele Leute in Deutschland eine Allergie gegen, ich überlege grade, eine Allergie gegen Safran haben. weil nur wirklich ein kleiner Teil von Menschen Safran in seinem Küchenschrank hat und dieser kleine Teil das auch immer nur in kleinen Dosen anwendet, also wissen wir nicht. Beim Alkohol, wissen wir schon ungefähr, wie viele Leute das Risiko haben, in einen riskanten problematischen Alkoholkonsum zu kommen, weil einfach jetzt der trinkt. Also es gibt nur ein ganz kleines Segment der Bevölkerung, die nie ein Glas Alkohol angerührt haben und dann noch mal ein etwas größeres Segment der Bevölkerung, die wirklich extrem wenig trinken und das nicht herausfinden würden, ob sie die Anlage zum Alkoholismus in sich haben. Der größte Teil der Bevölkerung probiert, dieses herauszufinden und dadurch ist das natürlich alles wirklich betrüblich und schlecht und ist auch ein gesellschaftliches Problem und so. Und ich denke eben auch, dass wir durch die Sanktionierung von Alkoholverhalten, sind wir, glaube ich, auf dem falschen Weg. Also wenn wir sagen, ja, es ist in Ordnung, dass diese Person diese strafwürdige Handlung begangen hat, weil sie war ja betrunken, ich glaube, dass das ein verlorener Posten ist, also ich glaube, dass das falsch ist und ich glaube, dass das auch nicht das sein wird, wie es gesellschaftlich weiter sein wird. Ich glaube, wir sollten alle bereit sein, die Verantwortung für uns zu übernehmen als erwachsene Menschen, unabhängig davon, ob wir nüchtern oder betrunken sind.

Markus: Ja und das würde ja auch bedeuten, dass wir sagen können, wie Sie es grade schon gesagt haben, was das Thema Gewalt angeht, wenn ich immer weniger diese Verhaltensweisen habe, dann wird immer weniger davon gelernt. Dementsprechend könnte man ja vielleicht da mittelfristig, wenn man daran auch arbeitet, dafür sorgen, dass die nächsten Generationen eben auch immer weniger nicht positive Verhaltensweisen zeigen beim Alkoholkonsum. Wobei die ja letzten Endes auch immer mehr abstinent werden. Also da gibt es ja auch Untersuchungen, das wir schon von einem Drittel der jüngeren Generationen sprechen, die eben ganz bewusst keinen Alkohol mehr trinken wollen, auch das ist ja durchaus ein Thema. Ja, ich wollte noch ganz kurz auf 1969 eingehen, also damals wurde dieses Buch veröffentlicht. Wissen Sie, wie die Rezeption damals war? Sie haben ja schon gesagt, das ist kaum irgendwie bekannt geworden, aber eigentlich ist das ja schon ein Hammer grundsätzlich, aber es ist offensichtlich so nicht rübergekommen.

Jakob Hein: Also es ist in der psychiatrischen Fachwelt und in der Suchtforschung, ist es ein absoluter Klassiker und ist auch zum Klassiker geworden. Es ist ja auch noch mal so vor 10 Jahren oder so, also nachdem mein Chef mir das schon gegeben hatte, hatte auch noch mal so Malcolm Gladwell, der ja ein sehr einflussreicher Autor ist, hatte auch noch mal gesagt, das ist eins der interessantesten Bücher, was er je gelesen hat. Also dieser Trend, also das wollte ich noch mal kurz sagen, dieser Trend so, dass man durch Anthropologie mal probiert, den Sachen auf den Grund zu kommen, der ist schon sehr, sehr interessant. Also dass man eben so sagt, okay, es gibt ja diesen Mythos, dass zum Beispiel das Geld eben genutzt wurde als Tauschmittel. Also dass es eben so schwer war, zwei Hühnern gegen zwei Lederschuhe zu tauschen und deswegen hat man Geld entwickelt, damit man eben ein Äquivalent hat, wie viele Hühner einem Paar Lederschuhe entsprechen, was weiß ich. Und wenn man das eben erforscht anthropologisch und zurückgeht zu den Ursprüngen des Geldes und den ersten Erwähnungen des Geldes, findet man raus, das ist Quatsch, dafür war Geld nie da, sondern Geld war immer dafür da, um Schulden abzubilden gegenüber dem Staat oder des Staates gegenüber den Individuen. Und wenn man jetzt beim Alkohol ist, also eine solche Studie wäre heute gar nicht mehr möglich, weil heute durch die kulturelle Angleichung, also dadurch, dass alle Barbie gucken, dadurch, dass alle , ich weiß es nicht, Der Pate geguckt haben, also ich habe jetzt überlegt, in welchem Film Alkohol eine große Rolle spielt, dadurch findet auch eine starke kulturelle Annäherung aller Gesellschaften und aller Völker statt. Und diese anthropologischen Beobachtungen sind eben ein einmaliges Beispiel, um sich das eben angucken zu können. Also weil im Grunde genommen beobachte, wenn ich jetzt trinke, verhalte ich mich ja so, wie ich beobachtet habe in den Jahrzehnten meines Lebens, wie Menschen sich verhalten, wenn sie Alkohol getrunken haben. Das heißt, ich bin nicht unabhängig und werde nie unabhängig von der Kultur sein, in der ich aufgewachsen bin. Und, jetzt und insofern ist an dieser Stelle sozusagen diese Art der Analyse sehr gut. Und das ist eben auch damals gut aufgenommen worden, 69. Und, sagen wir mal so, meine Übersetzung wird jetzt erst mal auch sehr gut aufgenommen. Inwieweit das was zu verändern mag, das weiß man ja vorher nie.

Markus: Naja, wir werden auf jeden Fall auch versuchen, dazu beizutragen, dass es ein bisschen in die Gesellschaft kommt. Sie haben ja auch gesagt, das war eine der Herausforderungen beim Übersetzen, dass man eben diese über 50 Jahre alte Quelle hat, die wiederum andere Quellen bedient, die eben sich mit indigenen Völkern beschäftigen, mit eben diesen anderen Kulturen, mit Namen, mit Ortschaften, die man kaum einfach übersetzen kann vom Englischen aufs Deutsche, weil es dann einfach nicht passt. Und weil natürlich auch die Haltung, also wenn man überlegt, 1969, da war Martin Luther King grade erschossen worden, der Vietnam-Krieg hat angefangen, all diese Dinge. Das war eine ganz andere Zeit, da hat man anders auch aufeinander geschaut, auch auf die Bevölkerung, auf indigene Völker zum Beispiel. Wie war das so bei der Übersetzung?

Jakob Hein: Das war die größte Herausforderung natürlich, dass ich eben probiert habe, eben das Buch in einer Sprache zu veröffentlichen oder zu schreiben, die gut ins Heute passt, ohne natürlich irgendwas zu verbiegen. Die Berichte der Kolonialisten und dieser, ja, Jesuiten oft, die da die anderen Gesellschaften beobachten, die sind oft natürlich von absolut extremen Rassismus geprägt. Also die gehen schon davon aus, dass es eben andere Menschen sind oder, ja, eine ganz andere Art ist, die sie da beobachten. Je länger die da sind, desto mehr stellen die fest, dass es einfach auch nur Menschen sind. Aber das ist natürlich etwas, was ich nicht verfälschen darf. Das ist Quatsch, also dann muss ich das streichen oder so, die Stelle, wenn ich sie zu unerträglich finde. Aber den Text zumindest, den Text des Buches, den Kerntext, da habe ich eben zum Beispiel darauf verzichtet, von Stämmen zu sprechen, das war damals was ganz Übliches, man sprach von Stämmen und Häuptlingen, aber eigentlich meinte man immer Gesellschaften. Und ich habe dann probiert zu überlegen, was will ich denn dann immer schreiben und dann habe ich mich für den Begriff Älteste entschieden. das gibt es ja auch in Gesellschaften, die in Westeuropa sind, wo man eben auch davon spricht. Weil der Stamm sind immer die anderen, also wir sind immer nicht der Stamm, wir sind eben eine ordentliche Gesellschaft und die anderen, die haben immer Stämme. Und diese Art von Abgrenzung halte ich für völlig falsch und in dem Kontext verfehlt, da musste ich echt einiges machen. Ich musste ja teilweise probieren, die Originalquellen zu finden, insbesondere wenn die auf Deutsch veröffentlicht war, dann konnte ich jetzt nicht einfach mir das Deutsche aus dem englischen Text erschließen. Und irgendwelche Sachen wie ChatGPT oder so, waren mir da auch überhaupt nicht hilfreich, weil die ja überhaupt kein Verständnis für diese Themen haben, an denen ich da gearbeitet habe.

Markus: Ja, das kenne ich durchaus auch von meiner Arbeit. Ich habe auch die ein oder anderen Bücher verfasst, zum Beispiel auch zur Biergeschichte und habe dann viel auch eben recherchiert bei den ganzen historischen Quellen, grade von den Überlieferungen der Konquistadoren und die ersten religiösen Eiferer, die dann mit rüber sind und die Leute eben christianisieren wollten oder haben und wie die dann über die Völker geschrieben haben. Auch zum Beispiel sowas wie den Kakaogenuss, also was mit Alkohol ja erst mal nicht so viel zu tun hat, aber auch da, das ist ja ähnlich. Und dass ist wirklich gar nicht so einfach, dass die Grenze eben zu ziehen, wo ist es was, wo die halt schreiben wie sie denken, dass es sein muss und das, was sie wirklich gesehen haben, das ist schon auf jeden Fall spannend.

Jakob Hein: Ja, ja, genau, das ist eine sehr gute Beobachtung. Also auch ich, ich habe mal eine Studie gemacht, wo ich eben alte Aufzeichnungen aus dem Krankenhaus von vor 50 Jahren mir angucken musste. Da ging es um Menschen mit Autismus, die dann gestorben waren, deren Gehirne hatten wir und da ging es eben darum sozusagen, Assoziationen zwischen Zellstrukturen und Verhalten zu machen. Und man muss wirklich sagen, die Berichte der Ärzte waren völlig nutzlos, weil die immer nur ihre Interpretation darein schrieben, die auch heute, also dann mit der heutigen Brille, also bizarr anmuteten, also es war völlig unempathisch und eben immer so abgrenzend herablassend pathologisierend. Und das Einzige, womit man was anfangen konnte, waren die Aufzeichnungen vom Pflegepersonal, weil die nämlich einfach schön beobachteten, schrieben, was ist passiert, wie war der Tag des Patienten, ja, wie hat das alles funktioniert, welche Schwierigkeiten hatte er, wie funktionierte die Nahrungsaufnahme, wie funktionierte die Kommunikation. Also man wirklich da an der Stelle sozusagen, so lange man beobachtet und probiert, neutral und rechtschaffend dass zu sagen, was ist, so lange muss man sich dann auch 20 oder 50 Jahre später nicht dafür schämen, was man da geschrieben hat.

Markus: Wir sind halt auch immer Kinder unserer Zeit. Und wenn man eben die gesellschaftlichen Entwicklungen sieht, dann ist es gar nicht so lange, wo wir sagen, wir haben sowas wie das, was wir als freiheitliche Gesellschaft bezeichnen, wo man eben neutrale Informationen hat und sich bemüht, auch neutral Dinge darzustellen, das ist noch nicht so alt. Also insofern ist alles, was davor war, eben immer irgendwie gefärbt und in gewisser Weise auch Propaganda gewesen. Von dem einen oder anderen, je nachdem, jeder hatte seine Interessen. Und das ist wirklich immer schwierig, diese verschiedenen Brillen und Hüte zu unterscheiden und das ein bisschen rauszufiltern. Und manchmal geht man dem auch auf den Leim, also das passiert.

Jakob Hein: Auf jeden Fall und das ist auch nicht schlimm. Ich dachte eben auch, als ich es dann gemacht habe, meine Übersetzung, dachte ich eben auch, ist alles nicht schlimm. Ich hoffe, dass das auch Leser und Leserinnen, die das in 50 Jahren lesen vielleicht, dass die auf jeden Fall ein Gefühl haben, dass ich das rechtschaffend gemacht habe. Dass sie denken, woah, das ist heute gar nicht mehr denkbar so, dass zu schreiben, aber er hat es gut gemeint oder es ist auf jeden Fall, wir verstehen, dass er nicht von Hass zerfressen war bei dieser Übersetzung, und solange ist das alles okay.

Markus: Ja und ich würde noch gerne auf einen Aspekt kurz eingehen, den Sie schon erwähnt haben, nämlich den Punkt, dass ja unser Strafrecht zum Teil darauf basiert, dass es eine Schuldminderung oder Schuldunfähigkeit gibt, wenn jemand entsprechend Alkohol konsumiert hat. Und dass ist ja tatsächlich was, was auch vor Gericht so gemacht wird, wo auch Gutachten erstellt werden und so. Ist das dann jetzt nicht etwas, wo das eigentlich nicht mehr haltbar ist? Also nach diesen Forschungsergebnissen müsste man doch dann eigentlich sagen, jede Art von Urteil, das darauf basiert, dass der Typ ja gar nicht anders konnte, weil er halt betrunken war, ist per se dann falsch?

Jakob Hein: Ich halte das für falsch, ja. Also ich denke, man sollte die Forschungsergebnisse dieses Buches, die ja doch also umfangreich sind, also wir sprechen ja jetzt nicht von der Beobachtung von einer Kultur auf einer japanischen Insel, sondern wir sprechen ja hier von einem riesigen Korpus von anthropologischer Forschung. Und letztendlich auch, wenn wir ehrlich  zu uns sind, auch von Ergebnissen, ja, die wir selber sehen. Also was ich vorhin sagte, der Vorstandsvorsitzende, der im Stadion grölt und dann eben bei der Sitzung ganz gesittet sich verhält, obwohl er vielleicht im Stadion sogar alkoholfreies Bier bekommen hat und bei der Sitzung jetzt Bier mit Alkohol trinkt. Also wir wissen ja, dass das alles gar nicht objektiv ist. Und eigentlich ist es so, wenn jemand zum Beispiel eine Gewalttat begeht unter Alkoholeinfluss, dann hat der sich eigentlich mehr Mühe gegeben. Er müsste eigentlich stärker bestraft werden, weil eigentlich seine Koordination überhaupt nicht verbessert war, seine Grob- und Feinmotorik gestört waren, eigentlich sine Fähigkeit, zum Beispiel jemanden hinterherzulaufen oder schnell den Arm zu bewegen, eingeschränkt waren, er eigentlich müde war und ins Bett wollte und musste und vielleicht sogar damit gekämpft hat, sich zu übergeben. Und trotz all dieser Schwierigkeiten, trotz einem Riesen Rucksack und Hindernissen, die er getragen hat, hat er sich die Mühe gemacht, noch jemand anderen zu verletzen, also eigentlich müsste das stärker bestraft werden. Und im Moment kann es einem passieren, dass man zu mindestens stark eingeschränkt bestraft wird oder nur dafür bestraft wird, dass man den Alkohol getrunken hat, ich halte das für sehr, sehr stark hinterfragbar. Und ich halte das auch für wichtig, das zu hinterfragen, weil wir ja sonst irgendwo an einer gesellschaftlichen Stelle hängen. Es ist ja im Moment problematisch, also es ist ja günstig, unter bestimmten Umständen betrunken gewesen zu sein. Es gibt eben, so wurde mir eben erzählt, es gibt eben Juristen, die ihren Mandanten eben unter der Hand sagen, wenn die nachts anrufen, oh Gott oh Gott, pass auf, geh Nachhause und trink dir so richtig einen rein, damit du dann Morgen bei der Blutuntersuchung einen ganz hohen Promillegehalt hast. Dann kriege ich dich irgendwie vom Haken, ansonsten sieht es ganz schlecht aus für dich.

Markus: Eben, also dann kann Alkohol ja sogar die Funktion bekommen, jemanden zu entschuldigen sozusagen. Und dass darf es, denke ich, auf gar keinen Fall sein.

Jakob Hein: Das macht überhaupt keinen Sinn, ja.

Markus: Ja, da gibt es viele Lehren, die wir als Gesellschaft und auch als Individuen da irgendwie draus ziehen sollten. Und das ist hoffentlich auch ein guter Anreiz für möglichst viele, die uns jetzt eben zu hören oder lesen, sich dann auch das Buch anzuschaffen und reinzulesen. Hat sich denn Ihre Selbstwahrnehmung verändert durch diese Arbeit?

Jakob Hein: Total, also ganz stark, also es hat mir sehr geholfen. Ich weiß, also ich habe eigentlich immer probiert, Verantwortung für mein Verhalten zu übernehmen. Und ich fand das immer so unangenehm, so Menschen zu treffen, die sich völlig anders verhalten unter Alkoholeinfluss, das war mir immer sehr unangenehm. Also Stichwort ist, es kann nichts rausrutschen, was nicht vorher da war. Dass ist für mich oft so, also es hat bei mir auch so ein, zwei Bekanntschaften, Freundschaften würde ich nicht mal sagen, beendet. Und außerdem, genau, hat es mich eigentlich auch sehr viel freier und fröhlicher gemacht. Und dachte eben auch immer, Mensch, guck mal, all die Sachen, die ich mache, von denen ich dachte, dass ich die nur machen kann, wenn ich betrunken bin, die kann ich einfach machen, dass ist, ich kann das einfach und ich muss dafür nicht betrunken sein. Ja, ich tanze seitdem lieber, ich erfreue mich viel mehr auch an alkoholfreien Getränken oder, ja, alkoholfreien Cocktails oder Bieren und, ja, mein Leben hat sich weiter verbessert.

Markus: Ja, dem kann man eigentlich nichts mehr hinzufügen. Vielen, vielen Dank, auch, dass Sie dadurch hoffentlich viele andere leben verbessert haben oder zumindest den Anreiz gegeben haben, dass man das tun kann.

Jakob Hein: Ich danke Ihnen.

Markus: Vielen Dank für diese wunderbare Arbeit und alles Gute weiterhin und viel Spaß und Freude beim alkoholfreien Bier.

Jakob Hein: Ja, vielen Dank für die Einladung.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 137 – Interview mit Iris Eickert, Biersommelière & Marketingbeauftragte der Astra St. Pauli Brauerei in Hamburg

Tauche mit uns ein in die bunte und lebendige Welt der Hamburger Braukunst! In unserer neuesten BierTalk-Folge begrüßen wir Iris Eickert, die sich selbst als „Remmi-Demmi-Managerin“ der ASTRA St. Pauli Brauerei bezeichnet. Markus und Iris nehmen Dich mit auf eine spannende Reise durch die reiche Biergeschichte Hamburgs, plaudern über die einzigartige Bierkultur und probieren sich durch eine beeindruckende Auswahl an ASTRA-Bieren. Erfahre mehr über die Biernamenskreationen wie „LUDEN LAGER“ und „INKASSO IPA“ und lass dich von Iris‘ Leidenschaft für die Braukunst und ihre faszinierenden Geschichten aus St. Pauli begeistern. Prost und viel Spaß beim Zuhören…

Kommt in unsere Facebook-Gruppe und diskutiert mit: https://www.facebook.com/groups/bierakademie

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute machen wir eine schöne Reise ans Meer, an die Küste, in den Norden, nach Hamburg. Da, wo nicht nur die Fische wohnen, sondern auch das Bier und schon sehr lange und eine Stadt mit einer großen, großen Biertradition und auch einer großen Tradition der Seefahrt und allem, was damit zusammenhängt. Und da sind wir dann irgendwie auch schon in St. Pauli und da sind wir dann auch schon bei der ASTRA Brauerei. Und da bin ich ganz glücklich, dass ich die Iris, Iris Eickert begrüßen kann. Schön dass du hier bist! Und vielleicht stellst du ganz kurz dich mal unseren Hörern selber vor.

Iris: Ja, moin, Markus, vielen Dank für die Einladung! Hast du ja schon gesagt, mein Name ist Iris, ich komme aus Hamburg, ich arbeite für die ASTRA St. Pauli Brauerei. Da muss ich dich kurz korrigieren, ist ein kleiner aber feiner Unterschied. Und ich bin Biersommelière, bin dort in der ASTRA St. Pauli Brauerei für das Marketing zuständig. Und freue mich auf ein schönes Gespräch und ein paar Bier mit dir.

Markus: Ja, wunderbar. Und vielen Dank für die Korrektur, das ist natürlich auch wichtig. Also wir haben in St. die ASTRA St. Pauli Brauerei, was ja ein echtes Kleinod mittlerweile ist, wo ich auch selber sehr, sehr gerne bin, die eben ihre Biere auch selbermacht und damit auch ein bisschen unabhängig ist von dem, was die große Astra Brauereien macht. da können wir vielleicht nachher noch ein bisschen drüber reden, aber lass uns doch vielleicht vorher dich mal ein bisschen kennenlernen. Und, du hast ja dankenswerter Weise gleich 7 Flaschen mitgeschickt, ich bin fast ein bisschen überfordert. Aber es sind wenigstens nur 0,3er, also insofern alles gut.

Iris: Ja gut, du musst auch nicht alle trinken. Also ich denke, lieber ein bisschen mehr Auswahl als zu wenig.

Markus: Ja, ach Gott, was da ist, ist da, sagt der Franke, also das könnten wir schon machen. Und vielleicht können wir am Anfang einfach mit einem ersten Bier schon mal einsteigen, dann ist das nicht so trocken. Und alle, die mitmachen wollen, können auch gleich mitmachen. Welches würdest du denn empfehlen zum Einstieg?

Iris: Also ich starte immer sehr gern mit dem LUDEN LAGER. Das ist das Rote, falls du das direkt siehst.

Markus: Ja, es steht vor mir. Also wunderschön auch, als sowieso, das ASTRA-Logo ist jetzt, glaube ich, seit, ja, ungefähr 20, 25 Jahren ist das jetzt so mit dem Herz und dem Anker, das gefällt mir ganz gut. Und auch das Etikett ist so, dass es praktisch um einen Umriss hat, wo dann auch dieser Anker noch mal schön zur Geltung kommt. Und oben drüber, über der Flasche, die klassische schöne kleine Steiniflasche, haben wir dann so einen schönen Papierstreifen, der da draufgeklebt ist und da ist dieser wunderbare Titel LUDEN LAGER. Da möchte ich auch mit dir sprechen, weil ich das so toll finde, das ihr eigentlich immer für eure Biere so tolle Namen findet, wo man schon vor dem Trinken lächeln muss, weil es einfach diesen schönen, leicht dreckigen Kiez-Anstrich hat, der aber trotzdem so richtig Lust macht, eben auf das, was drin ist. Und ich muss auch sagen, das ist auf jeden Fall für mich das Bier, was ich am allermeisten mit der St. Pauli ASTRA Brauerei verbinde, weil es mir eben vom Namen und vom Geschmack her am meisten in Erinnerung geblieben ist. Also mache ich das mal auf.

Iris: Ich auch, super.

Markus: Moment, jetzt, da ist es.

Iris: Ja, dann mal prost, oder?

Markus: Ja, prost erst mal, genau. Ich stoße mal mit dem Glase und der Flasche an, so.

Iris: Cheers!

Markus: Naja, konnte ich auch schon mal besser, aber jeder weiß, was gemeint ist. Also prost!

Iris: Also deine Introduktion hat mir schon sehr gut gefallen, es freut mich natürlich auch, dass du ein Fan vom LUDEN LAGER bist. Und du hast es schon ganz treffend formuliert, das wir halt immer so versuchen, unsere Biere auch mit so ein bisschen Reeperbahn- und Kiez-Bezug zu versehen, damit die einfach auch für alle interessant sind. Und das LUDEN LAGER hat ja schon im Namen so eine schöne Alliteration. Mir ist tatsächlich aufgefallen, das irgendwie Lude ein sehr norddeutsches Wort ist. Ich dachte immer, das wüssten alle, was Lude bedeutet, aber scheinbar ist es nicht deutschlandweit bekannt, das Lude Zuhälter heißt.

Markus: Nö, also wusste ich vorher so auch nicht, habe ich mich auch erst damit beschäftigt, als ich es dann zum ersten Mal hatte. Also ich hatte es vorher vielleicht so irgendwo in die Schaustellerecke verortet, aber nicht direkt zum Zuhälter, aber dann weiß man es.

Iris: Ja, also jedenfalls, weißt du ja auch, dass wir auf der Reeperbahn ein bisschen Zuhälterhistorie haben. hat sich natürlich mittlerweile so ein bisschen verändert, aber wir spielen natürlich gerne so mit der Historie des ganzen Ortes. Und, ja, beim LUDEN LAGER haben wir so ein Dry Hopped Lager. Ich finde das immer einen sehr schönen Einstieg, weil es halt ja jetzt nicht so richtig abgefahrenes Bier ist, aber trotzdem so ein kleines bisschen interessant. Also wir haben hier halt so, ja, ich würde sagen, so moderates Bier, was irgendwie jedem, ganz gut schmecken kann, auch Leuten, die sonst eher vielleicht ein bisschen konventionellere Biere trinken.

Markus: Ja, auf jeden Fall. Und ich finde, also es ist schon optisch was sehr Schönes, weil es so ein orange-braunen Touch hat, es leuchtet auch. Ist so ein kleines bisschen trüb, was so ein bisschen Geheimnisvoll das Ganze daherkommen lässt. Oben drauf dann so richtig schöner cremiger fester Schaum. Der steht hier immer noch wie eine eins, leicht getönt, also das ist auf jeden Fall toll. Und das mutet einem dann schon so ein bisschen in die Richtung Wiener Lager an.

Iris: ja, stimmt, du hast Recht.

Markus: Und ich finde, wenn man dann so reinriecht, finde ich, kommt mir so ein Eindruck auch ein bisschen. Also so ein bisschen rote Beeren, viel Karamell, ein bisschen was Nussiges. Und dazu dann die schönen Hopfennoten, also noch nicht übertrieben, schön dezent, aber auch da, ein bisschen das Fruchtige, ein bisschen Zitrusaromatik, noch ein bisschen was Tropisches dazu und alles drum rum, ja, also eben ein bisschen was Besonderes. Und durch diese für mich eher so Wiener-Lager-Charakteristik eben auch noch mal, wo auch eine gewisse Süße da ist, ein bisschen Körper da ist, nicht ganz so, wie jetzt ein Helles, dass dann irgendwie dann auch ein bisschen blass ist. da passt für mich das auch besser zum Kiez, finde ich, so ein bisschen. Aber hat das so eine Geschichte, also ist das irgendwie entstanden oder hat der Braumeister irgendwann einfach gesagt, ich mache das jetzt, oder?

Iris: Das war tatsächlich eins der ersten Biere, was wir hatten. Also uns gibt es ja erst seit Ende 2018, also noch gar nicht so lange. Und als wir da gestartet sind, gab es dann so ein Erstportfolio an Bieren, das sind 6 verschiedene gewesen und die Meisten davon gibt es heute auch noch. Und das LUDEN LAGER war halt eins der ersten, die wir da direkt am Start hatten.

Markus: Ja und können wir also jedem empfehlen, der vorbeikommt und sich da in der Brauerei reinsetzt, am besten auch mit sowas zu starten. Aber wir wollten ja eigentlich mit dir anfangen. Also wie kamst du überhaupt zum Thema Bier und wann hast du dann dich in diese ASTRA-Ecke wohlgefunden?

Iris: Boah, also ich habe schon eigentlich immer gerne Bier getrunken oder zumindest dachte ich immer, das ich gerne Bier getrunken hätte. Und dann hat irgendwann mein Partner, ich glaube, das war so 2011 oder 2010, hat er so ein gemischtes Bierpaket geschenkt bekommen aus einem Laden, den du bestimmt auch noch kennst, nämlich das Bierland in Hamburg, was Esther damals betrieben hat.

Markus: Genau, ja.

Iris: Ja, also er hat das Paket geschenkt bekommen, aber das hat er natürlich nicht alleine getrunken. Und dann haben wir an einem Abend so peu a peu dann so diese Flaschen halt nacheinander aufgerissen. Und da ist mir dann aufgefallen bei dieser Vielfalt, dass ich überhaupt nichts über Bier wusste. Also ich war so richtig schockiert, was es alles an unterschiedlichen Bieren gab, von denen ich vorher noch nie gehört hatte und was es da so für Geschmackserlebnisse gab. Und das hat mich gestört, deswegen habe ich mich dann ins Studium geworfen, in die Praxis vor allem und habe dann so alles Mögliche an Bieren eingekauft. Besonders doll, aus heutiger Sicht, finde ich, das in dem Bierpaket unter anderem, ich glaube, das XPA IPA von Schoppe drin war. Und ich weiß noch genau, wie wir dieses Bier geöffnet haben und es eingegossen haben und es roch irgendwie so anders, ja, wie die Biere, die ich sonst getrunken habe. Und dann habe ich so dran gerochen und dann meinte ich so zu meinem Partner so, Simon, also das Bier, das ist schlecht. Ich weiß nicht, was damit los ist, aber das riecht so eigenartig, das können wir nicht trinken. Und dann haben wir dieses Schoppe IPA in den Ausguss gekippt so. Und, ja, also wenn ich da so heute drüber nachdenke, dann war das natürlich schon so ein bisschen ketzerisch, aber wir wussten es nicht besser. Und deswegen bin ich auch froh, dass ich danach sehr viel Energie darauf verschwendet habe, so im Supermarkt alles Mögliche so einzukaufen, was ich so gefunden habe und dann ein bisschen auch gegogelt habe und ein bisschen drüber gelesen habe. Und das hat mich dann so an gefackelt, dass ich gemerkt habe so, boah, Bier ist irgendwie so ein tiefes Thema, man kann da so viel drüber lernen und man kann so viel drüber erfahren. Und das ist so viel vielfältiger also ich dachte. Und das war ja dann damals auch die Zeit, wo es so losging mit diesen ganzen Craft-Beer-Festivals. Also Ratsherren haben ja zu der Zeit dann auch so die Craft Beer Days in Hamburg häufiger veranstaltet. Da waren dann alle möglichen Brauereien da und dann konnte man überall mal was probieren. Und das hat mich, ja, einfach so doll interessiert und mir so viel Freude bereitet, dass ich dann irgendwann gedacht habe so, Mensch, das wäre auch gut als Job. Und glücklicherweise hat da Ratsherren grade auf Studienjobbasis Brauereiführungsleute gesucht. Da habe ich mich beworben und da habe ich dann angefangen und von da an ging das so ein bisschen seinen Lauf mit dem Bier.

Markus: Na, das ist aber sehr spannend. Und du bist eigentlich Ur-Hamburgerin, kann man das so sagen?

Iris: Ja, also das ist immer so ein Thema, wenn man halt mit Leuten aus Hamburg spricht, die sind da immer ganz empfindlich, weil dann sagen die so, ja, Hamburger oder Hamburgerin ist man erst ab dritter Generation. Und das kann ich leider nicht vorweisen. Ich bin tatsächlich erst, als ich acht Jahre alt war, mit meiner Familie nach Hamburg gezogen, aber ich fühle mich hier definitiv heimisch.

Markus: Ja, nee, das kann man auch nur so bestätigen. Ich habe dieselbe Thematik immer hier in Bamberg, da ist es genauso. Also wenn man die Ur-Bamberger hier fragt, die sagen auch, also drei Generationen mindestens, vorher zählt das nicht. Aber letzten Endes ist ja die Geschichte grade in den letzten 30, 50, 100 Jahren so gewesen, das die Fluktuation so war, das die wenigsten das noch so für sich sagen können. Und ich glaube, wir können das auf jeden Fall für uns vereinnahmen jeweils, sozusagen zu den Ureinwohnern unserer Heimatstädte zu zählen.

Iris: Bist du auch erste Generation Bamberger, oder?

Markus: Ja, ja. Also mein Vater ist Vertriebenenkind aus Schlesien, irgendwo mitten drin. Ich war neulich sogar da, als ich in Polen ein paar Brauereien besucht habe. Also was heißt da, ich war in der Nähe, ganz genau weiß ich es, ehrlich gesagt, gar nicht. Und meine Mutter ist aus dem Süden von Bayern, also im Grunde für Franken auch Ausland, also bin ich sozusagen ein mächtiger Migrationshintergrund sozusagen. Aber naja, so passiert das eben. Ja, hast du den Torsten Schoppe dann mal getroffen irgendwann später?

Iris: Ja, ich habe den mal getroffen und zwar beim Meininger Award, als es den noch gab, da haben wir gemeinsam Biere bewertet. Das war auch ein sehr schöner Abend, wir haben auch gut was getrunken. Vielleicht habe ich ihm die Geschichte erzählt, aber wir waren alle schon ein bisschen im Feierabendmodus, also ich weiß nicht, ob er das noch in Erinnerung hat.

Markus: Schade, das wäre jetzt witzig gewesen, aber gut, ich werde ihn auch mal fragen. Also ich kann mich erinnern, ich habe ja um die Zeit auch meinen Berliner Brauereiführer geschrieben und habe da ja auch viele Leute interviewt und mir haben tatsächlich ein paar Leute aus Berlin Ähnliches erzählt. Also nicht nur mit Schoppes Bieren, sondern auch mit anderen, das die wirklich bei ihren ersten IPAs gedacht haben irgendwie, das Bier ist sauer oder da ist irgendwas schiefgegangen oder irgendwie so.

Iris: Ja, aber es ist auch echt, also wenn man es halt nicht besser weiß, dann weiß man es nicht besser. Also ich finde das auch ganz interessant so manchmal, also ich nutze auch ganz gerne die Plattform Untappd, eher so als persönliches Tagebuch, damit ich mich erinnern kann, was irgendwie wann mal passiert ist. Aber da habe ich häufiger mal so die Momente, dass ich irgendwie so einen echten Bierklassiker, so ein richtig geiles Bier da noch mal einchecke und ich weiß, ich hatte das schon mal irgendwann vor 8 Jahren oder so. Und dann sehe ich manchmal sehr, sehr schlechte Wertungen, die ich verteilt habe einfach, weil ich es damals nicht besser wusste und keine Ahnung von Bier hatte. Also ich habe zum Beispiel dem Aventinus Eisbock, ich glaube, dem habe ich 0,5 gegeben.

Markus: Oh, das ist böse. Aber gut, das ist halt so.

Iris: Das ist definitiv böse und das würde mir heute auch nicht mehr passieren. Also ich meine, mittlerweile weiß ich natürlich, wie weh es tut, wenn man so ein schlechtes Rating kriegt von einer Person, die einfach keine Ahnung von Bier hat, das würde mir nicht mehr geschehen. Aber es ist interessant, also durch solche Kleinigkeiten dann irgendwie nachvollziehen zu können, wie die eigene Reise beim Bier war. Also natürlich schäme ich mich auf der einen Seite so ein bisschen, wenn ich sowas sehe, aber auf der anderen Seite denke ich auch so, woah, krass, also heftig. Aber damals konnte ich halt überhaupt nicht einordnen, was denn überhaupt so ein Weizendoppelbock ist und was ein Eisbock ist. Und ich habe wahrscheinlich nur einen Schluck genommen und habe gedacht so, Mensch, das ist aber gar nicht süffig, wie soll man davon denn irgendwie jetzt zwei große Bier trinken. Und heute kann ich das natürlich ganz anders einordnen.

Markus: Ja, ich glaube, da haben wir alle so unsere peinlichen Situationen im Leben gehabt. Also wenn ich überlege, ich habe vor vielen Jahren mal bei einer Gasthausbrauerei an der Schanktheke ausgeholfen und da kam dann jemand und hat mich gefragt bei dem Kellerbier, ob das ober- oder untergärig ist? Und ich im vollen Brustton der Überzeugung damals gesagt, naja, ist ein obergäriges Bier. Aber das sind so Sachen, also klar, man entwickelt sich, man lernt, man macht natürlich Fehler, das gehört auch dazu. Was ich allerdings finde ist, das grade so diese Plattformen, so wie Untappd oder sowas, die haben ja alle in der Zwischenzeit so in den letzten 10 Jahren so ein bisschen ihre Unschuld verloren, sage ich jetzt mal, in vielerlei Hinsicht. Und dann hat man halt auch mittlerweile Brauereien, denen das wirklich richtig wehtut. Also wenn ich überlege, wo wie die Ulrike von der Schneeeule, wenn halt jemand keinerlei Ahnung von Berliner Weisse hat, dieses Bier trinkt und dann halt reinschreibt, es ist halt sauer und bewertet es deswegen so schlecht, das ist einfach sehr schade. Aber es passiert und muss man auch irgendwie mit umgehen. Und ich finde, sie hat auch eine Größe, damit umzugehen, das finde ich auch gut und dann passt das ja irgendwie auch. Aber bevor wir da zu tief reingehen, finde ich, sollten wir uns ein neues Bier aufmachen. Also nicht, dass ich schon ganz fertig wäre mit dem LUDEN LAGER, das hebe ich mir jetzt auf dann für später. Aber wir haben ja ein ordentliches Programm und ich will dich ja auch nicht überstrapazieren und dementsprechend, ja, es sind jetzt immer noch sechs Schätzchen, die hier vor mir stehen. Was denkst du, wie machen wir weiter?

Iris: Ja, also normalerweise würde ich jetzt das Weizen trinken, aber ich muss sagen, ich persönlich bin nicht so der allergrößte Weizenfan, also ich würde das kippen. Wenn du das trinken möchtest, dann ist super, ich finde, es ist immer noch ein gutes Weizen, aber es ist halt nicht mein favorisierter Bierstil. Ich würde persönlich mit dem NACHTSCHICHT weitermachen, das wäre meine Wahl.

Markus: Na, dann machen wir doch gemeinsam die NACHTSCHICHT und ich kann dann ja mal irgendwann zwischenrein das Weizen noch machen und dann machen wir wieder ein Bier und dann bist du auch ein bisschen entlastet.

Iris: Sehr gut, okay. Dann gehe ich auch mal kurz, ich muss mal um die Ecke zum Bierkühlschrank und das mal rausholen.

Markus: Na klar, dann mache ich mal so lange hier auf, dann können ja all schon mal zuhören, wie ich diese Flasche hier öffne, wenn ich denn hinkriege. Und die ist natürlich auch wieder so schön wie die Letzte, also wieder so ein schönes Etikett mit Umriss und dann steht hier groß NACHTSCHICHT drauf. Und dann lasse ich das hier mal in mein Glas.

Iris: So, da bin ich wieder. Du bist schon am Einschenken.

Markus: Perfektes Timing, hier läuft es grade, richtig. Hah, wunderbar, also woah! Also farblich jetzt natürlich Wahnsinn. Jetzt sind wir hier bei Kastanienbraun, Haselnussbraun oder sogar noch ein bisschen dunkler, Richtung Ebenholz, also richtig schön schwarzbraun, Haselnuss, naja, wie auch immer. Und der Schaum auch schön getönt, also wirklich ein sehr stimmiges Gesamtkonzept. Und, naja, wenn es schon NACHTSCHICHT heißt, dann darf es auch dunkel sein, gehe ich mal davon aus. Und, ja, ist natürlich die Frage, was für eine Art von Dunkel sich dahinter verbirgt? Was gibt es denn zu dem Bier zu erzählen?

Iris: Ja, das ist unser NACHTSCHICHT, hast du ja schon gesagt. Was übrigens auch ganz interessant ist, bei uns in der ASTRA St. Pauli Brauerei, die Tape Handles unserer Zapfhähne, die sind alle thematisch den einzelnen Bieren zugeordnet. Und NACHTSCHICHT hat passenderweise eine Taschenlampe.

Markus: Die auch brennt?

Iris: Ja, leider brennt sie nicht, aber es ist immerhin ein ganz schönes Detail. Wir haben hier vom Stil ein Dark Ale. Also ich sage immer ganz gerne so Leuten, die jetzt nicht ganz so tief bei Bier drin sind, sage ich immer so, es ist so ähnlich wie ein Schwarzbier, nur mit einer anderen Hefe. Weil wir haben hier halt eine obergärige Hefe verwendet, deswegen können wir das schon mal nicht Schwarzbier nennen. Ich würde sagen, nimm einfach mal einen Schluck.

Markus: Ja, ich muss sagen, vorher nehme ich mal eine Nase. Weil, also nicht, um dich jetzt zu korrigieren, bitte nicht falsch verstehen, sondern weil mich das so überwältigt. Also ich wollte grad einen Schluck nehmen und habe aber dann zuerst was in die Nase bekommen und da muss ich sagen, ist so intensiv schokoladig, nougatig. Das ist so, wie wenn man, sage ich mal, ein gutes Nutella, also ist ja nun leider wie es ist, aber so in dieser Art. Also sehr nougatig, so eine Mischung aus Schokolade, Haselnuss hat man da in der Nase, das ist wirklich großes Kino. Also würde mich auch an ein Porter zum Beispiel erinnern oder so in die Richtung. Also von der Nase her ganz grandios. Ah ja und im Mund kommt dann tatsächlich diese Schwarzbier-Richtung ein bisschen mehr rüber. das heißt, es ist viel schlanker als man eigentlich denkt.

Iris: Ja, wir haben ja auch nur 5,2%, ich glaube, 5,2, ja.

Markus: Ja, steht drauf, ja.

Iris: Genau.

Markus: Und eine leichte Säure auch dabei, schon von den Röstmalzen natürlich. Ein bisschen so Kaffee, Lakritz, geht in so eine Aromatik. Schokolade ist auch noch da, aber im Hintergrund. Und auch eine Fruchtigkeit, so ein bisschen Kirsche. Also sehr schön, also vor allem, ich finde, das Gesamtpaket schön, weil hintenraus, finde ich, ist es dann auch wieder ein bisschen süß. Und da erinnert es dann ungemein an die Nase und dadurch wird es dann ein sehr rundes Bier und ein sehr versöhnliches Bier. Also ich kann mir vorstellen, NACHTSCHICHT ist ja vielleicht auch so dann das Bier, dass du trinkst, wenn der Tag o ein bisschen zu Ende ist und du dann irgendwie runterkommt und dich hinsetzt und dann dich zurücklehnst und dann mal was genießen willst und dann ist das eigentlich genau die richtige Geschichte.

Iris: Ja oder wenn die Nacht halt grade vorbei ist und die Nachtschicht endlich vorbei ist und du dann so quasi kurz vorm Frühstück stehst. Deswegen riecht das auch so ein bisschen nach Kaffee, damit man das ein ersetzen kann.

Markus: Ah, das ist eine gute Idee. Apropos, wie ist das denn, also auf dem Kiez, eigentlich schläft man da ja nie oder, wie ist das bei euch?

Iris: Ja, also ich schlafe schon, aber natürlich ist bei uns immer viel los. Also man muss sagen so, wir haben jetzt nicht 20 für 7 offen. Das war tatsächlich ganz am Anfang, als wir eröffnet haben, war dass das Konzept, das es ein Laden sein sollte, der immer für alle offen ist, wir nennen uns auch nicht umsonst das Wohnzimmer vom Kiez. Aber es hat sich relativ schnell rausgestellt, das 20 for 7 jetzt nicht so gut funktioniert bei so einer Ladengröße und deswegen haben wir mittlerweile ein bisschen reduzierte Öffnungszeiten. Und am Wochenende kann man bei uns aber schon ziemlich lange Party machen. Wenn wir dann aber irgendwann schließen, dann haben wir aber immer noch ein paar Tipps, wo man noch hin weiterziehen kann.

Markus: Und wann ist offiziell Schluss?

Iris: Das kommt drauf an, je nachdem, wie viel so grade los ist. Also auf unserer Webseite haben wir bei den Öffnungszeiten auch immer nur stehen ab soundso viel Uhr und keine Endzeit. Bei Google zum Beispiel muss man leider was angeben und ich glaube, wir haben aktuell angegeben auf einem Samstag 3 Uhr, auf einem Freitag 2 Uhr und die restlichen Tage bis 1.

Markus: Ich finde auf jeden Fall cool, das man auch den DJ da noch hat oder generell Musik dann auch noch hat in einer schönen Art und Weise, wo man auch gerne einfach da ist, wo es Spaß macht. Da finde ich auch den Begriff Wohnzimmer, finde ich eigentlich sehr schön. Auch von der Beleuchtung her fühlt man sich da sofort ein bisschen wie im Wohnzimmer. Auch von diesen Sitzgruppen, wie die so angeordnet sind, das es halt wirklich so ein bisschen auch immer so Bereiche sind, wo man so ein bisschen für sich sein kann. Und natürlich auch im Hintergrund natürlich die Brauerei, das ist ja was Besonderes, hat man nicht alle Tage. Ist das ein ganz spezielles Konzept oder hat sich das so entwickelt, wie kam es da dazu?

Iris: Also das Konzept ist auf jeden Fall schon vorher festgelegt worden. Dazu muss man allerdings sagen, dass ich erst seit 2020 für die ASTRA St. Pauli Brauerei arbeite. Das heißt, bevor eröffnet wurde, war ich nicht an der Konzepterstellung beteiligt, deswegen kann ich nicht 100-prozentig sagen, welche Teile sich vielleicht noch ein bisschen entwickelt haben und welche von Anfang an da standen. Aber die Idee vom Kiez-Wohnzimmer auf der Reeperbahn war gemacht durch ASTRA, die stand von Anfang an. Also es sollte halt immer so ein bequemer Space sein, wo alle willkommen sind, egal wer man so ist und wenn man Bock auf ein Bier hat und sich ein bisschen entspannt hinzusetzen und vielleicht auch was zu essen, dann ist unsere Tür offen.

Markus: Apropos, was gibt es denn da zu essen? Ich habe noch nie was gegessen, muss ich sagen.

Iris: Naja gut, also ich meine, so 3 Bier sind ja auch eine Mahlzeit, weißt du ja.

Markus: Okay, ich habe was gegessen, okay, okay, okay.

Iris: Ja, wir haben so klassische Sachen, die satt machen. Wir haben Burger, wir haben Schnitzel, du kannst auch eine Currywurst bei uns haben, wir haben aber auch ein paar vegane Optionen, also je nachdem, worauf man so Lust hat.

Markus: Ja, okay, also werde ich mir das mal aufschreiben, das nach dem flüssigen Essen oder zum flüssigen Essen nächstes Mal auch was Festes dazu kommt. Ist mir in der Tat noch nicht, irgendwie weiß ich gar nicht warum, wahrscheinlich, weil ich immer von irgendwelchen Veranstaltungen kam, wo es halt vorher ganz viel zu essen gab und dann ist man eher noch am Trinken, ist ja auch gut. Und die Brauerei an sich, vielleicht noch so zwei, drei Worte, wie groß ist die und was passiert da normalerweise so, wer ist da so zugange?

Iris: Also wir haben einen 10-Hekto-Sudwerk, jetzt 10 Tanks und brauen so ungefähr zweimal in der Woche im Schnitt. Wir haben einen Chefbrauer, das ist Merlin, auf Deutsch ausgesprochen Merlin. Er ist Neuseeländer und lebt aber seit einigen Jahren jetzt schon in Deutschland und der braut unsere wunderschönen Biere. Den Rest macht er auch, also er ist da eine One-Man-Show, was die Produktion angeht. Das heißt, auch jetzt die Flaschen, die du da bei dir hast, die wurden mit ganz viel Handarbeit, wie das auch typisch ist für die Reeperbahn, von Merlin mit ganz viel Liebe für dich hergestellt.

Markus: Ja, der Merlin ist ja auch ein sehr kreativer Kopf. Und wenn man so an Neuseeland denkt, dann denkt man ja vor allem mittlerweile auch an ganz, ganz tolle Hopfen mit ganz, ganz tollen Aromen. Hat er damit auch schon mal experimentiert?

Iris: Ja, da haben wir auch schon was gemacht. Also Merlin hat nämlich tatsächlich letztes Jahr von Januar bis März so eine Art Mini-Sabbatical gemacht. Der hat uns für drei Monate auf dem Trockenen sitzen lasse, das war eine sehr harte Zeit für uns alle in der Brauerei. Und in der Zeit, weil er halt vorher vier Jahre lang nicht Zuhause in Neuseeland war, ist er dann so rumgereist, hat seine Family und Friends endlich alle wiedergetroffen. Hat aber auf dem Weg die Arbeit nicht ganz vergessen können, sondern hat dann auch in Neuseeland ein paar Hopfen eingekauft, die er wieder mitgebracht hat. Wir haben dann auch, als er wiedergekommen ist, direkt ein Bier von ihm brauen lassen, um ihn zu ehren, also sehr uneigennützig auch. Das war Merlins Sauerstoff, das war ein Feijoa-Sour. Feijoa ist so eine Guaven-Frucht, die in Neuseeland sehr beliebt ist und da hat er dann auch neuseeländische Hopfensorten verwendet. Ich meine, das war Riwka und Rakau, die er da beide drin hatte.

Markus: Woah! Also jetzt bin ich neidisch, das hätte ich total gerne probiert, aus ganz vielerlei Gründen. Also ich mag auch diese Frucht sehr gerne und man bekommt sie ja hier so gut wie gar nicht und die Hopfen sind natürlich auch großartig. Habe ich zum ersten Mal, glaube ich, gehabt bei einem Bierwettbewerb in Brasilien oder so.

Iris: Das ist auch tatsächlich, die wird auch brasilianische Guave genannt. Also ich meine, dass die in Brasilien auch heimisch ist.

Markus: Das kann gut sein. Dort gibt es ja sogar Dinge, die es bei uns überhaupt nicht gibt, zum Beispiel Cashew-Saft. Das war was, das war mi vorher überhaupt nicht bewusst, ja.

Iris: Ich habe schon mal diese Frucht von der Cashewnuss gesehen, aber gegessen habe ich die noch nie. Wie hat die geschmeckt, also der Saft?

Markus: Ja, der Saft, das ist so, also es hat was von Pfirsich, von der Konsistenz her, hat aber auch so ein bisschen gewürzige Noten dabei. Ich überlege grad, was könnte man damit vergleichen. Also sehr reife Pflaumen vielleicht, die haben ja auch öfters mal so leicht zimtige Töne zum Beispiel. Also es hat wirklich was, also es ist einerseits sehr dicht von der Konsistenz und andererseits wirklich sehr vielfältig, sehr vielschichtig vom Aroma, also ein toller Saft. Und war ich total überrascht, weil man kennt ja bei uns eben nur die Nuss, die da obendrauf sitzt. Und das da drunter so eine tolle Frucht steckt, ja, also toll. Aber gut, das hat jetzt mit Guave nichts zu tun, aber ich fand das einfach interessant, wenn man in so anderen Ländern ist teilweise, dass es auf der Welt immer noch Sachen gibt, die es bei uns eben gar nicht gibt, die man überhaupt kennt und das ist dann natürlich besonders schön.

Iris: Definitiv. Also wir mussten unseren Gästen auch erst mal erklären, was Feijoa überhaupt ist. Das war ein Bier mit ein bisschen Erklärungsbedarf, aber hat sehr viel Spaß gemacht und war sehr lecker.

Markus: Wie ist es mir dir selber, reist du auch gerne?

Iris: Ja, ich bin sehr gerne unterwegs. Also jetzt nicht unbedingt in Neuseeland, aber so insgesamt gucke ich schon, dass ich so ein bisschen rumkomme. Diesen Sommer, da freue ich mich sehe drauf, fliege ich endlich wieder nach Japan. Das ist sehr, sehr lange bei mir her und da freue ich mich auch schon richtig auf die Biere, die es da vor Ort geben wird.

Markus: Woah! Na, das wird bestimmt sehr spannend. Also ich war letztes Jahr in Japan zu einem Bierwettbewerb eingeladen, konnte aber kurzfristig nicht und ich hoffe, sie laden mich heuer wieder ein, dann komme ich mal hin, weil ich war noch nie da. Aber mir haben ganz viele Leute schon erzählt, dass das einfach auch so ein ganz anderer Kulturkreis ist und man wirklich in eine andere Welt versetzt ist, wenn man da ist und da bin ich auch schon sehr gespannt drauf. Du warst schon öfters da?

Iris: Ich war tatsächlich nur einmal da, aber dann für ein ganzes Jahr. Ich habe als Teenager, habe ich so ein Auslandsjahr gemacht, da war ich 16 beziehungsweise 17 Jahre alt und deswegen habe ich sehr viele Erinnerungen, die ich jetzt gerne auffrischen möchte.

Markus: Kannst du auch ein bisschen Japanisch?

Iris: Ja, ich kann schon ein bisschen Japanisch, das ist natürlich ein bisschen eingerostet, aber so eine umgangssprachliche Konversation kann ich schon führen.

Markus: Woah! Das ist natürlich sehr cool. Vielleicht komme ich ja zur selben Zeit rüber dann.

Iris: Ja, wann ist denn dieser Wettbewerb? Da musst du mich auch mal empfehlen, da würde ich natürlich auch gerne teilnehmen.

Markus: Das mache ich sehr, sehr gerne. Also man muss ja mindestens einmal da gewesen sein, damit man da jemand empfehlen kann, aber dann kann ich das auf jeden Fall tun. Ich glaube, das wäre letztes Jahr im September gewesen und hat sich dann überlappt mit dem Beer Star oder so.

Iris: Ah, super Zweitpunkt auch.

Markus: Ja, also ich bleibe da auf jeden Fall mal dran.

Iris: Klasse.

Markus: Okay. Dann mache ich jetzt mal ganz kurz meine Weizen-Auszeit, damit wir es mal probiert haben und schaue mal. Naja, wie gesagt, da kommt er Franke in mir durch, was wir haben, haben wir.

Iris: Ja, du meinst das auch sehr ernst, also ich habe ja nicht alle Biere in dem Paket gedoppelt, wir haben ja morgen auch noch den Termin, sondern nur eine Auswahl und da musst du mal gucken, wie du da morgen hinkommst.

Markus: Ja, da muss ich dann wiederum durch, aber dann kann ich mich ja an die schöne Zeit mit dir heute erinnern, das ist ja auch gut.

Iris: Sehr gut.

Markus: Also vielleicht für alle Hörer, die sich jetzt wundern, wir zeichnen an einem Montag auf und morgen ist dann ein Dienstag. Und immer am ersten Dienstag im Monat machen unsere Alumni, also alle, die in der BierAkademie Sommelier gemacht haben oder Bierfachmann oder Ähnliches, gibt es einen Verkostungsabend, wo man sich eben einmal im Monat trifft und wir uns verschiedene Gäste einladen, dann eben morgen Abend die liebe Iris und dann gemeinsam Biere verkosten, drüber sprechen und uns austauschen. Und das wird morgen eben auch mit diesen Bieren sein. Natürlich verraten wir denen das natürlich noch nicht, sondern das werden die dann erst hören, wenn wir den Talk dann gemacht haben. Und irgendwann, das dauert ein bisschen, also Veröffentlichungstermin ist, glaube ich, im Mai, also wir sind jetzt grade Anfang März, aber egal. So ist das mit einem Podcast, der ist immer nicht ganz aktuell, aber das muss so sein, sonst schafft man das alles gar nicht mit dem Vorlauf. Ja, also ich habe hier den WEIZENBEISSER, der wahrscheinlich an den Wadenbeißer erinnern soll, oder?

Iris: Guter Punkt, da habe ich noch nicht drüber nachgedacht. Also bei den anderen Bieren ist die Assoziation ja irgendwie relativ klar und bei WEIZENBEISSER, weiß ich nicht, das habe ich einfach so hingenommen, dass der so heißt. Ja, wir haben hier ein klassisches Weizen und 5,7% glaube ich, also ein kleines bisschen stärker, aber passt ja auch immer ganz gut zum Kiez.

Markus: Absolut, ja. Und eigentlich, also die ursprünglichen Weizen, das ist ja, also sowieso, also ich als Franke darf ja dazu gar nicht so viel sagen, denken die meisten Bayern. Aber grundsätzlich, wenn man sich damit auseinandergesetzt hat, das eigentliche Weizen ist ja was Bernsteinfarbiges und eigentlich auch eher was etwas Kräftigeres. Also das war ja ähnlich wie mit den normalen Bieren, da gab es halt das Normale und da gab es auch so eine Art Märzen-Weizen, was man eben dann etwas kräftiger eingebraut hat. Natürlich nicht nach derselben Regel, weil es ja obergärig war, aber man hat eben auch eine etwas stärkere Version gemacht. Und das ist oft das, was sich heutzutage erhalten hat, was oft auf Festen auch noch ausgeschenkt wird und so eben als Fest-Weizen. Und die haben dann eben oft diese interessante Mischung aus so karamelligen, nussigen Aromen von den eben bräunlichen Malzen und dazu dann diese Fruchtigkeit aus der Banane. Und das ist was ganz anderes als die modernen Weizen, das helle und das dunkle Weizen, was man so kennt. Und jetzt fülle ich hier mal ins Glas und, hah und bin da auch ziemlich genau bei einem Bernstein-Weizen, das ist ja wunderbar, schön. Ja, wie es sich gehört, also trüb, schöner Schimmer, ein bisschen von der Farbe her heller als das LUDEN LAGER, aber nur einen Tick. Und auch schöner, ganz fester Schaum, der auch schön Cremefarbig ist. Also da merkt man, ihr arbeitet auf ganz viel auf der Malzseite, nicht nur auf der Hopfenseite, das ist ja durchaus auch ungewöhnlich. Ah ja und in der Nase ist dann tatsächlich so eine ziemlich frische Banane, muss ich sagen. Also oft ist sie ja eher braun, hier ist sie schon eher noch Richtung gelb. Und eben auch so ein bisschen karamellige, ein bisschen nussige Aromen. Das passt tatsächlich, habe ich es, ohne es zu wollen, ganz gut hin geschossen, mit meinem Versuch vorhin. Ja und wirklich ein voller Trunk, also ganz viel zu erzählen im Mund, viel Kohlensäure auch, karbonisiert, moussiert schön und hat dann noch mal diese schöne fruchtige Note. Ist allerdings etwas schlanker, etwas weniger süß, als man es jetzt in Bayern hätte. Was wahrscheinlich auch ganz gut ist, grade für den Hamburger Markt und vor allem, wenn man davon auch ein bisschen mehr verkaufen will. Also finde ich, ist ein schönes Weizen, kann man auf jeden Fall gut trinken. Vielleicht nicht zur dreifachen Portion Weißwurst, aber auf jeden Fall richtig schön, um einen Nachmittag zu genießen, also wunderbar. Das ist auch von Merlin?

Iris: Ja, vielen Dank für die lieben Worte. Ja sicher, die sind alle von Merlin, die Biere.

Markus: Das ist zum Beispiel was, was ich ganz interessant finde, wenn man so unterwegs ist, meistens trennt sich da so ein bisschen die Braumeisterspreu vom Weizen, in Anführungsstrichen, also ein richtig gutes Weizen kriegen wenige hin. Weil das von Anfang schon, also von der Rezeptur her, über die ganze Gärführung, was die Temperaturen angeht und so, da muss man beim Weizen tatsächlich ziemlich genau arbeiten, sonst kommt immer nicht das dabei raus, was man eigentlich will. Und das erlebt man wirklich oft, grade bei Bierwettbewerben in Italien zum Beispiel oder auch in Brasilien oder sonst wo, das sich viele an dem Bierstil versuchen, aber irgendwie dran scheitern, das dann eben so hinzubekommen, weil die Hefe dann halt doch ein bisschen macht was sie will, wenn man sie lässt.

Iris: Ja, das ist auch ein schönes Kompliment von dir. Das gebe ich auf jeden Fall Merlin weiter, da wird er sich freuen, dass du, ja, so überzeugt bist von seinem Können. Ich bin das übrigens auch, also ich bin total happy, mit so einem coolen Brauer zusammenarbeiten zu können, der auf der einen Seite sich wirklich Mühe gibt, die ganzen Klassiker in einer ordentlichen Qualität herzustellen, aber trotzdem auch Bock hat zu experimentieren. Also das ist das Schönste an unserer Zusammenarbeit, also wir sind ja auch in der Bierkonzeption, arbeiten wir eng zusammen. Also bei den seasoner Bieren, die wir dann immer mal wieder rausbringen, da hat er mal eine geile Idee, ich habe mal eine geile Idee oder wir konzipieren mal was gemeinsam. Und egal was es ist, also egal, wie abgefahren die Idee ist, Merlin setzt alles dran, dass irgendwie wahrzumachen. Und da kenne ich schon ein bisschen andere Brauer auch, die dann so sagen so, nee, das haben wir noch nie gemacht, das geht nicht.

Markus: Ja, also da habe ich ein ganz krasses Beispiel, interessanter Weise auch mit einem Weizen. Da habe ich über vier Jahre lang mit einer Gruppe von Brauern zwei Biere entwickelt und ein Bier war ein untergäriges Bier und eins war eben ein Weizenbock. Und das war richtig große Thematik und ganz viel Inhalt und wir haben da viel dran gearbeitet, um am Ende gemeinsam diese Rezepturen rauszuarbeiten. Und es sollte dann ein richtig schöner hopfengetopfter Weizenbock dabei rauskommen.

Iris: Ah, ja, lecker.

Markus: Was zu dieser Zeit auch noch relativ neu war, also Erscheinungstermin war dann um 2016 rum. Ja und dann läuft alles, also der Hopfen wird dahin gebracht, es wird gebraut und alles gut. Wir haben eine Beschreibung gemacht, ich habe die Etiketten dazu entworfen und eine Box dazu und alles Drum und Dran. Und dann haben wir den Tag, wo das Bier präsentiert wird, also diese ganze Box präsentiert wird und dann machen wir dieses Bier auf und verkosten es und es ist halt ein Weizenbock.

Iris: Oh nein.

Markus: Aber ohne Hopfen, also was heißt ohne, mit wenig. Und dann frage ich den Brauer, was ist denn da passiert und so? Ach, naja, weißt du, wir waren da im Sudhaus gestanden und dann haben wir uns gedacht, also können wir das wirklich machen, also Hopfen in den Weizenbock? Und da haben wir gedacht, nee, da lassen wir lieber bleiben.

Iris: Oh Gott, das tut mir richtig weh, das zu hören. Also oh, oh, du Armer.

Markus: Das war hart, ja. Vor allem, ich meine, da war die Presse da und was weiß ich was. Und es stand ja alles gedruckt, wir hatten eine fertige Bierbeschreibung, alles fertig. Und er auch mit dem Brustton, also ihm war das überhaupt nicht bewusst, dass das jetzt in irgendeiner Form ein Problem darstellt. Wahnsinn, aber so ist das manchmal und insofern ist es genau so, dass es eben auch Braumeister gibt, die da letzten Endes sich eher nicht so was sagen lassen. Also bist du da wirklich bestens aufgehoben bei Merlin. Wie ist denn überhaupt da deine Arbeitsplatzbeschreibung, das klingt ja ungeheuer vielschichtig, oder?

Iris: Meine Arbeitsplatzbeschreibung, ja, tatsächlich, die Stelle war damals noch ein bisschen anders ausgeschrieben als das, was ich heute mache. Also es hat vorher niemand auf meiner Stelle gearbeitet, also es war eine neugeschaffene Stelle. Und in der Stellenausschreibung stand so, grob gesagt, drin, wir suchen einen Brand Ambassador für die ASTRA St. Pauli Brauerei, der oder die auch Social Media kann und Ahnung von Craft Beer hat, das war so ein bisschen die Beschreibung. Und das hat sich dann aber tatsächlich über die Jahre und auch über die Pandemie, haben sich die Aufgabenfelder so ein bisschen hin und her geshiftet. Also ich glaube, am Anfang waren sich die Leute, die meine Stelle ausgeschrieben haben, noch nicht so ganz sicher, was sie eigentlich brauchen und das hat sich dann so ein bisschen verändert mit der Zeit. Kurz gesagt, mache ich das Marketing, aber es ist schon relativ vielseitig. Also ich bin auf der einen Seite mit Merlin da in der Bierkonzeption mit drin, was tatsächlich auch das Feld ist, was mir am meisten gefällt und, ja, wo ich denke, dass wir da coole Erfolge verbuchen konnten. Ich mache aber auch die Social-Media-Kommunikation, ich mache auch andere Werbemittel, also auch Flyer und so weiter, aber ich bin auch in er Event-Konzeption mit drin. Wir sorgen ja auch dafür, dass bei uns dann immer mal wieder was Neues passiert. Und grade zu so Veranstaltungen wie Hamburg Beerweek, dann überlege ich mir immer ein bisschen abgefahrene Sachen, mit denen wir die Leute bei uns in den Laden locken können. Ich habe zum Beispiel auch stark dafür gearbeitet, das wir ein Mitglied beim Senatsbock-Verein werden können und, ja, solche Sachen kommen dann alle zusammen.

Markus: Ja, auf diese wunderschöne Tatsache kommen wir ja gleich auch noch flüssiger Weise zu. Da bin ich am allermeisten gespannt drauf, muss ich sagen, na, schauen wir mal. Ja und an sich, also es gibt ja nicht so viele Traumarbeitsplätze in Deutschland für Biersommeliers, aber das klingt auf jeden Fall so. Und es klingt auch ein bisschen so, als hättest du das auch ein bisschen selber mit, ja, mitgemacht, also mit dafür gesorgt, dass du auch die Freiheiten hast und die Dinge eben machen kannst, die du auch gerne machst. Und das, finde ich, nötigt mir auch einigen Respekt ab. Jetzt weiß ich ja auch, dass du logischerweise auch engagiert bist auch in vielen Gruppen und eben auch grade als Frau sehr engagiert bist. Hast du denn da mal erlebt, dass es da mit diesem Geschlechterthema auch Hürden für dich gibt, die vielleicht für Männer nicht dagewesen wären?

Iris: Ja, definitiv. Also ich glaube, da könnte jede Frau ein Lied von singen, also generell sowieso, aber Frauen, die dann auch noch in Branchen arbeiten, die überdurchschnittlich männerdominiert sind, was ja einfach bei Bier der Fall ist, natürlich gibt es da häufiger dumme Situationen. Im Großen und Ganzen hat trotzdem am Ende immer alles geklappt. Also ich habe mittlerweile mir so ein paar Strategien erarbeitet, wie ich mit unangenehmen Männern umgehe. Aber, klar, das ist natürlich ein Thema und ich glaube, da haben wir alle noch sehr viel Arbeit vor uns, bis das Geschlecht kein Thema mehr ist.

Markus: Ja, das glaube ich auch. Und, also sagen wir mal so, dieses Spezies unangenehmer Mann, das hat man auf der Reeperbahn ja in ziemlich vielerlei Facetten. Also neulich waren wir da ja abends auch unterwegs, also das ist schon, ja.

Iris: Das stimmt schon, also natürlich ist ja auch einfach die Reeperbahn als Partymeile ein bisschen prädestiniert dafür, dass da sehr viele unangenehme Sachen passieren. Und das will ich auch jetzt gar so kleinreden, aber ich finde, es gibt schon noch einen elementaren Unterschied dazwischen, ob jetzt jemand einfach total hackedicht besoffen ist und dann drei Sprüche zu viel bringt, die irgendwie blöd sind oder ob jemand komplett nüchtern ist und dich als Frau in deinem Beruf nicht ernst nimmt, obwohl du alle möglichen Qualifikationen vorweisen kannst.

Markus: Absolut. Und ich glaube, das ist ja dann logischerweise die viel heftigere Sache, weil, also das eine ist, wenn sowas dann aus einem raus kommt, wenn er genug getrunken hat, schlimm genug, aber dann ist er sich zumindest normaler Weise was anderem bewusst. Aber eben, wenn das nicht so ist, dann ist das, ja, schon sehr bedenklich, sagen wir mal so.

Iris: Ja, das stimmt schon.

Markus: Wobei ich sagen muss, ich habe da auch einen Lernprozess hinter mir. Also jetzt nicht, dass ich der Ober-Macho gewesen wäre oder bin, aber wenn man halt so aufwächst in eine Gesellschaft rein in den 70ern, 80ern, da waren die Rollen noch klar verteilt. Also allein, wenn man heute so Fernsehserien oder Werbung aus der damaligen Zeit anschaut, das ist manchmal schon krass, wie stark sich das grade in dieser Hinsicht verändert hat. Und das ist auch ganz gut, also insofern, ja.

Iris: Das stimmt schon. Aber, ich meine, grade wenn einem Sachen aus der Vergangenheit peinlich sind, dann merkt man ja, dass man sich da weiterentwickelt hat. Und dementsprechend umso schöner, dass du das so empfinden kannst. Ich habe tatsächlich auch viele Situationen aus der Vergangenheit, wo ich mich selber auch sehr danebenbenommen habe und da denke ich so im Nachhinein, okay, gut, dass ich das heute nicht mehr so sehe.

Markus: Ja, also mir hat vor 30 Jahren, glaube ich oder sowas, hat mir mal jemand gesagt, blamiere dich jeden Tag mindestens einmal. Und es passiert vielleicht nicht mehr jeden Tag, aber es ist was, wo man sich einfach noch mal anders wahrnimmt, wo man sich reflektiert, wo man was draus lernen kann und wo man vor allem dann auch über sich selber ein bisschen lachen kann. Und das ist einfach auch wichtig, um sich weiterzuentwickeln. Und jeder macht Fehler und jeder ist manchmal einfach blöd.

Iris: Definitiv.

Markus: Das kann passieren und da muss man dann einfach miteinander umgehen und man muss sich auch entschuldigen können, man muss auch verzeihen können. Also all diese Dinge gehören halt irgendwie auch dazu und, naja. Apropos gehört dazu, wir sind jetzt bei Bier Nummer 3 und haben immer noch 4. Wobei, das Helle können wir vielleicht wirklich überspringen, aber die anderen sollten wir noch probieren. Ich habe jetzt hier noch ein INKASSO IPA und einen STIMULATOR und dann noch eine schwarze Flasche, womit machen wir weiter?

Iris: Ich würde sagen, wir machen mit dem INKASSO IPA weiter. Das hole ich mir auch mal, weil das ist tatsächlich aus der Corerange, also aus den Bieren, die wir immer am Start haben, ist das mein Lieblings-Astra.

Markus: All right, dann mache ich hier mal wieder auf, solange du holen gehst, ich mache auf. So, ihr habt gehört, es ist offen. Und weil ich immer wieder gefragt werde, das wird natürlich nicht eingespielt, sondern das sind immer original live O-Töne des Bieres, was grade eingeschenkt wird. Jetzt haben wir das INKASSO IPA mit einem Grünstich. Also das sei vielleicht auch noch gesagt, die Biere haben alle so ihre Farben. Beim LUDEN LAGER war es rot, bei der NACHTSCHICHT, okay, da war das schwarz, beim WEIZENBEISSER waren wir gelb, jetzt sind wir etwas so zu grün oder petrol.

Iris: Ja, so mintgrün, würde ich sagen.

Markus: Mintgrün, ja, siehst du, das ist so ein Farbton, da können sich, glaube ich, viele Leute drüber streiten, wie er genau richtig ist. Aber ich bin auf jeden Fall bei mintgrün sehr gerne mit dabei. Ist ja auch zum Beispiel pink oder rosa oder so, da gibt es das ja auch. Also vielleicht hast du klare Vorstellungen, für mich ist es manchmal immer so ein bisschen eine Sache, was richtig ist von der Bezeichnung, aber wir wissen ja alle, was gemeint ist.

Iris: Ja, außerdem beschäftigen wir uns ja mit Bier und die sind ja seltenst rosa. Also ich glaube, das ist okay, wenn du die Schattierungen nicht so genau benennen kannst.

Markus: Wobei, ich hatte immerhin schon mal ein blaues Bier. Also es gibt ja Algen, die das so entsprechen färben. Aber das haben wir jetzt natürlich nicht, also jetzt haben wir ein richtig schönes sattes, ja, das geht wieder in so einen schönen Braunton, aber einen hellen. Und meins ist fast komplett klar und hat etwas gröbere Poren, die aber auch wieder schön stehen. Bei so einem Bier mache ich es total gerne, also wenn keiner zuschaut, dass ich auch mal von unten reinschaue, weil dann sieht man diesen Schaumteppich, wie der oben auf dem Bierspiegel so ist und das ist auch ein faszinierender Anblick. Also auch wieder ein interessantes Bier schon mal optisch.

Iris: Ja, ganz neue Perspektive.

Markus: Und interessanter Weise sieht man das sogar, wenn der Schaum vermeintlich weg ist, also selbst dann sieht man diesen dünnen Teppich noch obendrauf, kann man eigentlich immer ganz gut gucken.

Iris: Ja, da muss ich mal drauf achten, das ist ein sehr guter Hinweis.

Markus: Jetzt habe ich dir noch eine neue Bierperspektive beigebraucht. Unglaublich, ich bin stolz.

Iris: Ja, siehst du, man lernt nie aus, ja.

Markus: Aber das stimmt, also das ist auch so ein Punkt, die Offenheit ist wichtig, man lernt nie aus und man lernt immer was dazu. Deswegen gehe ich auch so gern auf Bierwettbewerbe, weil man geht immer klüger Heim als man hingefahren ist.

Iris: Total.

Markus: Ja, was haben wir denn jetzt hier, ist das eher ein klassisches IPA oder eher ein moderneres?

Iris: Ja, wir haben hier unser Session IPA. Also das INKASSO IPA ist, ja, also wenn man das jetzt noch ein bisschen weiter runterbrechen würde, ich würde sagen, American Style Session IPA. Das heißt, wir haben hier schon wirklich so dieses sehr doll Hopfenbetonte. Haben hier mit Aromahopfen gearbeitet, die auch wirklich gut rauskommen. Ich finde, am stärksten kommt hier der Mosaic raus, mit dem Merlin auch sehr gerne arbeitet. Und, ja, Session, weil wir hier nur 4,5% Alkohol haben. Aber das ist natürlich für mich auch ein Feature, also das ist so ein Bier, das kann man die ganze Nacht lang durchtrinken und das gefällt mir auch daran. Wir haben mit diesem Bier tatsächlich auch schon ein paar Preise abgeräumt und das freut mich, das grade so mein Lieblingsbier da auch immer wieder bestätigt wird.

Markus: Ja, ist auf jeden Fall sehr eingängig, sehr fruchtig. Und wie du schon gesagt hast, der Mosaic ist sicherlich im Vordergrund. Ich finde auch der Mandarina Bavaria ergänzt das so ein bisschen mit so ein bisschen roten Beeren, Erdbeernoten und dazu eben dann das klassische Citrusaroma, ein bisschen was Tropisches, also sehr schön und wirklich eingängig. Also man merkt auch beim Trinken, dass das jetzt nicht so viel Volumen in Alkohol hat, es ist trotzdem ein vollmundiges Bier. Und es macht auch richtig Freude und man weiß, okay, davon kann ich eben auch mal wirklich ein bisschen mehr davon trinken, ohne das es mir gleich die Birne weghaut, wie man so schön sagt, das ist auf jeden Fall gut. Und die Bittere ist trotzdem schön da. Also das finde ich auch gut, dass man hintenraus, es trocknet schön wieder aus. Also ich glaube, das gehört vielleicht zum Norden eigentlich auch dazu, oder, Bittere ist doch grade an der Küste in.

Iris: Ja, also ich liebe das auch, also ich habe wirklich große Freude an so schlanken Bieren, die dann noch eine ordentliche Herbe haben am Ende. Und das Schöne ist, das Merlin das auch so sieht, also der ist auf jeden Fall immer dran, da noch so ein bisschen rumzutweaken. Das INKASSO IPA ist auch ein schönes Beispiel für eins unserer Biere, das sich seit unserem Start sehr doll verändert hat. ich war tatsächlich privat Ende 2018 in der ASTRA St. Pauli Brauerei, als sie so grade eben erst eröffnet hatte und da hat das INKASSO IPA noch ziemlich anders geschmeckt. Das war meiner Meinung nach damals eher noch so ein Pale Ale und über die Jahre ist es dann, ja, zu einem echten Session IPA geworden.

Markus: Ja, hat sich nach unten hochentwickelt sozusagen, nee, wirklich sehr schön. Wenn wir sagen, LUDEN LAGER und INKASSO IPA und Kiez und so, wie ist es denn, also gibt es wirklich noch diese Unterweltigkeit, die a in der Reeperbahn ist? Bekommt ihr davon irgendwas mit oder ist es nur noch ein Vergnügungsviertel, wie kann man sich das vorstellen?

Iris: Ja, also so ein bisschen merkt man es schon noch, grade so jetzt diese etwas größeren, ja, diese bekannteren Kiez-Gestalten wie jetzt zum Beispiel Kalle Schwensen oder der Schöne Klaus, als er noch gelebt hat, der ist ja leider vor Kurzem verstorben. Die waren tatsächlich auch hin und wieder mal auf unserer Terrasse zu finden, aber es wird natürlich immer weniger. Und so diese klassische Reeperbahn-Romantik von damals, die, ja, reduziert sich mit der Zeit von selber jetzt leider immer ein bisschen mehr.

Markus: Gibt es noch so Seeleute, die kommen?

Iris: Also Seeleute habe ich bei uns, glaube ich, so klassisch noch nie gesehen. Aber da müsste man Leute fragen, die häufiger mal auf einem Samstag da sind. Ich habe ja so klassische Arbeitszeiten, Montag bis Freitag, das heißt, ich bin gar nicht so oft auf einem Samstag da.

Markus: Ja, würde mich interessieren, also ob es das noch gibt, dieses frühere Publikum, wo man ja wirklich praktisch so von Hafen zu Hafen gefahren ist mit seinem Schiff und überall dann jeweils halt seine heuer verprasst hat sozusagen in jeder Hinsicht, als das eben noch so diese Hochzeiten waren aus der oft, ja, romantisierten alten Zeit. Ob die wirklich so gut und schön war, das weiß, glaube ich, keiner.

Iris: Ja, ich würde sagen, da müssen die ganzen Zuhörer :innen einfach mal bei uns vorbeikommen und das selber beurteilen, ob die da sind oder nicht, vielleicht habt ihr ja Glück und ihr seht so einen echten Seemann. Aber, was ich sagen kann, wir haben auch für die Seemänner mal so ein Bier gebraut und zwar unser Fichten Fichte, das ist ein Hazy IPA mit Fichtentrieben. Und tatsächlich wurde früher, als Seefahrt noch ein bisschen mehr so en vogue war, als es noch mehr Leute gemacht haben, wurde tatsächlich auch häufiger in Biere dann Fichtentriebe eingebraut, weil das gut gegen Skorbut ist.

Markus: Ah, siehst du, man lernst jedes Mal was dazu. Das wusste ich noch nicht, interessant. Aber irgendwie auch logisch, also, ja.

Iris: Also das hat man zumindest solange gemacht, bis dann irgendwann Sauerkraut ein großes Ding wurde, dann ist das irgendwie mit dem Fichtenbier so ein bisschen abgeklungen.

Markus: Ja und dann haben die Deutschen ihren Spitznamen weggehabt. Das Bier verdrängt durch Sauerkraut, hejeijei, das, wenn man mal erzählen würde, naja. Und St. Pauli ist natürlich auch mittlerweile republikweit bekannt durch den Fußballklub. Das schaut man bei euch auch, oder?

Iris: Ja , definitiv. Also wir haben ja sowieso eine enge Verbindung zum FC St. Pauli, schon alleine, weil natürlich ASTRA Sponsor ist beim FC St. Pauli. Und wir sind ja auch einfach von der Distanz super nah beieinander. Man kann easy vom Millerntor-Stadion einfach mal zu uns rüber in die ASTRA St. Pauli Brauerei laufen, das dauert, ja, 10 Minuten ungefähr und dann bist du halt bei uns. Und wir haben auch schon ein Bier mit dem FC St. Pauli zusammen gebraut. Da haben wir vorletztes Jahr den Heiliger Rasen rausgebracht. Das war ein Pils, wo wir den Fußballrasen aus dem Millerntor-Stadion mit der HopGun mit reingejagt haben.

Markus: Und das war unglaublich, das habe ich damals probiert, faszinierend, aber genau richtig, also so muss man das zelebrieren. Und ich finde überhaupt, dieser eigene Humor, der ja auch in diesem Fußballklub so ein bisschen herrscht, also man denke ja nur an dieses Pokalsieger-T-Shirt, also das ist einfach großartig und das zieht sich ja auch bei euch so ein bisschen durch. Du hast ja gesagt, du bist da viel für das Marketing zuständig, mit diesen klassischen ASTRA-Kampagnen, die man da immer so auf den Plakaten hat und so, hast du dann da auch was zu tun oder eher weniger?

Iris: Mit denen habe ich eigentlich fast gar nichts zu tun. Also wenn mal richtig Not am Mann oder an der Frau ist, unterstütze ich gerne mal mit einer kleinen Idee, aber eigentlich bin ich hauptsächlich in der ASTRA St. Pauli Brauerei und für die Biere zuständig, die wir auch bei uns vor Ort brauen.

Markus: Und wie ist es sonst mit der Mutter, also hast du ab und zu mal Kontakt oder warst du mal in Kopenhagen und hast dir das mal angeschaut oder so?

Iris: Ja, ich war Letztens erst in Kopenhagen, das war total geil, das hat richtig Spaß gemacht. Das, wie heißt das, Home of Carlsberg, diese neue Museums-Experience, wo es auch ganz viele alte Flaschen gibt und so. Die hat jetzt ja erst vor Kurzem eröffnet und da waren wir mit dem Marketingteam von Carlsberg Deutschland da. Und das war total großartig, also wir haben so eine private Führung durch den Keller gekriegt, wo wir dann so alle möglichen alten Carlsberg-Brews, einfach mal alle probieren konnten. Also da waren so teilweise Flaschen, die standen da schon so irgendwie 15 Jahren im Keller rum und wir konnten die alle mal aufreißen und alle mal probieren, das war der Hammer.

Markus: Woah, das ist eine tolle Sache. Ich habe es leider noch nicht geschafft, seitdem das Neue offen ist. Ich war vorher mal da und war überhaupt sehr beeindruckt, also in zweierlei Hinsicht. Also auf der einen Seite von diesem ganzen Stiftungsgedanken drum rum. Also da gibt es ja dieses Forschungsinstitut mit einer eigenen Forschungsbrauerei und auch einem sehr coolen Braumeister dort, der tolle Sachen macht. Und alles, was sie erforschen, das stellen sie ja tatsächlich der Welt zur Verfügung Also nicht wie bei anderen Brauereien oder überhaupt Unternehmen, die halt irgendwas erforschen und dann haben die ihr Patent und dann wird das gehegt und bewahrt und monetarisiert. Sondern da ist es ja wirklich einfach vom Grundgedanken von Carlsberg her so, dass man alles eben offenlegt und damit auch für alle verfügbar macht. Das fand ich sehr spannend und auch dieses Haus mal zu sehen, was da alles so passiert. Und auf der anderen Seite fand ich toll, wie doch dieser recht große Laden sich tatsächlich im Bereich Nachhaltigkeit engagiert und an ganz vielen kleinen Stellen schon ziemlich viel erreicht da. Also für mich zum Beispiel in Erinnerung geblieben ist, dass die ihren Sixpack mit Dosen, der wurde ja oft einfach in Folie komplett eingeschweißt. Dann gab es mal so eine Art Ringe, die man dann praktisch hatte, wo man dann die Dosen da eingebunden hat und dann hat eben noch eine neue Erfindung es dann soweit reduziert, dass es im Grunde nur noch eine kleine Klammer war, die diese 6 Dosen zusammengehalten hat und damit halt den Materialverbrauch auf ein Zehntel oder noch weniger reduziert hat. Und an ganz vielerlei Stellen eben wird da viel gemacht und gearbeitet und das eben auch wieder weitergetragen. Und da muss ich wirklich sagen, das hat mich auch beeindruckt. Und letzten Endes hat ja Carlsberg auch eine spannende Rolle, weil, wenn wir an die Gründerzeit so, also die deutsche Gründerzeit zurückdenken 1870er-Jahre, da war das alles ziemlich international und die Brauwelt war das eben auch. Und da war zum Beispiel jemand wie der Heineken oder eben Carlsberg, die waren alle mit im Brauerbund zum Beispiel engagiert und haben sich da auch für die deutsche Bierwelt, für die deutschen Brauer mit eingesetzt. Und das finde ich wirklich eine spannende Geschichte, wie ein Unternehmen über so eine lange Zeit sich da eben halten kann und nicht in diesen Konzerngedanken verfallen ist, wie das eben bei eben Heineken oder aber eben das letzten Endes der Fall ist. Also nicht, das Carlsberg immer die Guten sind, aber auf jeden Fall die Besseren, könnte man mal so sagen.

Iris: Das ist wie überall, es gibt immer Licht und Schatten. Aber ich muss tatsächlich auch sagen, also wir sind ja als ASTRA St. Pauli Brauerei, sind wir ja eine eigene GmbH und natürlich hält Carlsberg Deutschland da Anteile, aber wir sind so ein kleines bissen flexibler. Aber nichtsdestotrotz finde ich es auch schön, mit Carlsberg Deutschland und auch mit Carlsberg International zusammenzuarbeiten, weil man da auch wirklich eine große Passion spürt bei den Leuten, die da am Start sind. Du hast es ja grade auch schon gesagt, so zum Beispiel die Patente, die dann erforscht werden und dann weitergegeben werden. Ich finde es persönlich halt schon total großartig, in einem Konstrukt zu arbeiten, was zum Beispiel halt, ja, quasi für die erste Hefereinzucht verantwortlich war. Also das sind ja solche historischen Meilensteine, das macht wirklich Freude dann, an so einem Ort tätig zu sein und da halt selber was beitragen zu können.

Markus: Ja, also die Dimension, das kann man gar nicht überschätzen, glaube ich, weil nur dadurch war es ja möglich, wirklich reine Lager und Ales zu brauen. Also vorher waren das ja immer Mischgärungen und das war letzten Endes in Deutschland bis Mitte des 20. Jahrhunderts noch so, bis sich das überall durchgesetzt hat, das man eben mit Reinzuchthefe braut und dann wirklich, in Anführungsstrichen, nur den einen Stamm hat. Und letzten Endes geht das alles zurück eben auf die Anfänge der modernen Carlsberg Brauerei und das finde ich schon wirklich sehr, sehr interessant, wie sich das so entwickelt hat. Ja, darauf sollten wir noch mal anstoßen.

Iris: Ja, geht es schon wieder weiter bei dir.

Markus: Ja, ich bleibe dran, also so ist es ja nun nicht. Du kannst ja Morgen, kannst du ja ein bisschen langsamer angehen die Sache, aber wir müssen die Hörer ja bei der Stange halten. Und wir haben ja von dem STIMULATOR erzählt und von einer schwarzen Flasche, wie machen wir denn weiter?

Iris: Ja, als wenn du beide noch definitiv trinken willst, dann würde ich sagen, starten wir mit dem STIMULATOR.

Markus: Ja, also das machen wir jetzt schon. Also wie gesagt, dafür sind wir da. Also ich mache mal den STIMULATOR auf.

Iris: Guter Start in die Woche, auf einem Montag, ja, cool.

Markus: Naja, mein Gott, naja, okay. Es ist vielleicht hier in Franken tatsächlich normaler, sich am Montagnachmittag mal sieben oder acht Testbiere zu geben als bei euch, aber egal. Also, haben wir hier den STIMULATOR, von der Farbe her, das wäre jetzt wahrscheinlich auch wieder diskussionswürdig, man könnte bordeaux sagen, aber dann würde man ja in die Weinecke denken. Gibt es dafür einen unweinigen Ausdruck?

Iris: Also ich sage normalerweise, so ein bisschen kastanienbraun mit rubinroten Reflexen, das ist so.

Markus: Ach so, das Bier selber meinst du jetzt?

Iris: Ja.

Markus: Ja, nee, da bin ich dabei. Ich meinte jetzt das Etikett.

Iris: Ach, das Etikett meintest du, okay. Ja, also da sage ich einfach immer lila.

Markus: Perfekt, sehr gut, lila ist gut. das ist völlig unschuldig, da sind wir gut dabei sehr schön. Ja, beim Bier natürlich, also keine Angst, ich bin jetzt nicht völlig verwirrt, da hast du absolut Recht. Aber, wobei, der Rotstich ist grandios, also das gefällt mir richtig gut, man hat ein richtig sattes schönes Rotbraun, was leuchtet, was strahlt. Der Schaum auch wieder sehr fest, sehr dicht. Sehr gefärbt auch, da merkt man auch hier wieder, viele dunkle Malze im Einsatz. Man merkt auch, wenn man das ein bisschen im Glas hin- und herschwenkt, das da durchaus ein paar Prozentchen mehr sind. Also, ja, wie warst du da beteiligt, bei diesem Bier?

Iris: Bei dem war ich tatsächlich nur daran beteiligt, das zu verändern.

Markus: Wie war es vorher?

Iris: Der STIMULATOR war früher ein Weizen-Doppelbock und das war ein schönes Bier, das hat Freude gemacht, da hat sehr gut geschmeckt, aber es war, glaube ich, geschmacklich ein bisschen zu anspruchsvoll für unser Publikum. Wir müssen ja in der ASTRA St. Pauli Brauerei immer so ein bisschen gucken, dass wir auch die Leute abholen, die ein bisschen einseitiger trinken in ihrer Freizeit.

Markus: So Leute wie du, die eben sagen, ich möchte nicht so gern ein Weizen, ne?

Iris: Ja, zum Beispiel, genau, ja, ja. Tatsächlich, ich bin mir sicher, es gibt auch ein Bier, was du nicht so gerne trinkst.

Markus: Ja sicher, keine Frage, absolut, fängt beim Pils an.

Iris: Tatsächlich, du bist kein Pils-Fan, woah, krass.

Markus: Mittlerweile, muss ich sagen, so richtig knackige Pilsbiere mag ich, aber so dieses Wald- und Wiesen-Pils, das holt mich einfach nicht ab. Also ich kann es beurteilen und ich trinke es auch mal, aber wenn ich die Wahl habe, was anderes zu haben, nehme ich in der Regel lieber was anderes.

Iris: Aber das Heiliger Rasen ging für dich, ja? Weil, das hat ja schon sehr pilsig geschmeckt so.

Markus: Ja, aber das war ja eine ganze Geschichte, die man da getrunken hat. Das waren ja zig-1.000 Menschen, stolz auf diesen Verein, also Blut, Schweiß, Tränen, was weiß ich was alles.

Iris: Du glaubst nicht, was da im Rasen alles drin war, den mussten wir echt gut saubermachen vorher.

Markus: Eben, also ich meine, da schwamm ja so viel mit, also insofern, da ist es dann auch egal fast schon.

Iris: Ja, okay, ja, gut. Ja, also was ich halt sagen wollte ist, wir haben ja schon einfach dadurch, dass wir auf der Reeperbahn sind und auch ein relativ großer Laden, haben wir sehr viel Laufkundschaft und auch sehr viel Touri-Verkehr. Über die wir uns natürlich auch freuen, also wir sind stolz, dass die ASTRA als eine Location wahrnehmen, wo sie mal hin müssen, wenn sie in Hamburg sind. Und das Ding ist aber natürlich auch, dass diese Leute uns, weil ja die Hauptsorten im Supermarkt deutschlandweit verfügbar sind, hauptsächlich uns für unsere großen Biere kennen. Also die kennen uns für das ASTRA URTYP oder für die RAKETE oder für das ROTLICHT vielleicht und wenn die dann natürlich zu uns auf den Kiez kommen, dann möchten die auch gerne sowas wie das URTYP trinken und haben jetzt vielleicht nicht so die riesige Affinität, was die Bierstilvielfalt angeht. Das heißt, dass die Biere, die wir bei uns brauen, also die müssen so ein bisschen die Tür aufmachen. Also wir können nicht so richtig crazy Biere machen, wo man den allerersten Schluck nimmt und denkt so, ach du Scheiße, was ist das denn, hat das überhaupt noch was mit Bier zu tun, sondern müssen halt so ein bisschen gucken, dass wir die Leute zwar überraschen, aber nicht überfordern. Und das Ding mit dem STIMULATOR, so wie er früher war, der war einfach zu krass. Der war zu heftig, der war zu doll, der hatte so viel Säure und war zu fett gleichzeitig und zu weizig. Also ich persönlich fand, das war ein grandioses und sehr leckeres Bier, aber es war ein bisschen zu weit weg von dem, was man halt als Person, die sonst eher bei den konventionelleren Bierstilen unterwegs ist, von Bier erwarten würde. Und deswegen ist das Bier halt nicht so gut gelaufen. Also das war wirklich, in unseren Absätzen war der STIMULATOR immer ganz unten, ganz abgeschlagen. Und dann haben wir gedacht, Mensch, wir müssen da irgendwas beim STIMULATOR, damit der sich halt so ein bisschen angleicht. Weil das ist natürlich auch ätzend, wenn du halt so ein Bier hast, was sich dann im Vergleich zu den anderen fast gar nicht verkauft. Ja und dann haben wir den STIMULATOR ein bisschen angepasst, das ist jetzt kein Weizen-Doppelbock mehr, sondern das ist jetzt ein Gersten-Doppelbock und ein bisschen mehr an dem, was Leute, die … ja, habe ich schon erklärt, du weißt, was ich meine.

Markus: Ihr habt quasi den STIMULATOR stimuliert, so könnte man das sagen.

Iris: Ja, genau. Der STIMULATOR hat übrigens auch ein gutes Tape Handle bei uns, ist dir das schon manchmal aufgefallen?

Markus: Nein.

Iris: Das ist ein Massagestab.

Markus: Oh, ein Massagestab, okay, gut, sehr schön. Also da werde ich nächstes Mal noch genauer hinschauen, wird gemacht, versprochen.

Iris: Sehr gut.

Markus: Also sensorisch finde ich auf jeden Fall wahnsinnig schön das Mundgefühl, so richtig weich, cremig, rund. Es kommt auch erst mal ein bisschen unschuldig daher, wie so ein Malzbier fast, also im positiven Sinne, sehr süß, also nicht zu süß, aber halt einfach auf dieser süßen Seite. Dann ein bisschen Karamell, ein bisschen Lakritz, ein bisschen so, ja, fast melassig. Also wirklich eine tolle interessante Malznote dabei und dann auch ein bisschen was Fruchtiges, finde ich auch spannend, sehr rund. Und auch hinten die Bittere ist durchaus da, also es hat doch was, aber sehr schön eingebunden, fängt eben diesen wuchtigen süßen Körper auch gut ab. Und hat dann ja auch nur, in Anführungsstrichen, 7%, das finde ich auch ganz ordentlich. Ist das denn von der Stammwürze her, falls du das weißt, ein Doppelbock?

Iris: Ja, ja, ist 18 Grad.

Markus: Woah! Also dann hat man natürlich auch den Grund, warum wir hier die Süße haben, weil viel Restsüße drin ist. Da kann ich mir vorstellen, dass das wirklich die Leute ganz schön wegbeamt bei euch, weil sich das so schön trinkt, ne?

Iris: Ja, das geht auf jeden Fall gut runter. Und wir haben ja auch häufiger so Partyverkehr bei uns, mal so Gruppen aus England oder so, die bestellen sich gerne mal den 3-Liter-Tower davon, die haben dann auch genug nach einem.

Markus: Ja, das wollte ich sowieso noch fragen, in welchen Formen es das Bier bei euch gibt? Weil ich habe zum Beispiel letztes Mal auch einfach, weil es mich interessiert hat, mal den URTYP und den, muss ich auch sagen, also frisch gezapft vom Hahn ist das auch ein richtig geiles Bier. Also das ist halt auch einfach der Punkt, also oft hat es was damit einfach zu tun, wie frisch ist das Bier und wie weit ist der Weg praktisch von der Brauerei und vom Fass ins Glas und das hat mich da auch wirklich überzeugt. Auch, wie gesagt, wenn ich sonst kein Pils-Fan bin, aber das fand ich echt gut. Und was gibt es überhaupt so bei euch für Größen, also geht es bis zum Maßkrug? Du hast ja grade gesagt, bis zu 3 Liter, das ist dann schon ein Eimer, ne?

Iris: Ja, das ist halt dieser Tower, den kennst du vielleicht, wo man sich unten so selber was raus zapfen kann. Ich persönlich bin jetzt nicht der allergrößte Fan von diesen Towern, aber die haben schon eine gute Signalwirkung. Also wenn die an so einem Tisch stehen, dann sehen das andere Tische. Man merkt das grade im Sommer auf der Terrasse gut, also wenn ein Tower verkauft wurde, dann sind auf einmal 10 Tower verkauft.

Markus: Tut ihr da Eiswürfel rein?

Iris: Nee. Aber die haben so ein Inlay, also von oben steckt man dann quasi noch so eine Metallsäule rein, wo man die Eiswürfel rein tut. Also wir tun es nicht direkt ins Bier und da sind die dann.

Markus: Genau. Weil da war ich nämlich ganz schockiert, ich glaube, das war in Belgien oder in Italien, ich weiß gar nicht mehr genau, aber jedenfalls war in einer Kneipe, die hatten auch Tower und die haben tatsächlich in den Tower, also in das Bier dann tonnenweise Eiswürfel reingekippt. Das fand ich dann schon ein bisschen strainge.

Iris: Abgefahren. Ja, das habe ich in China häufiger erlebt. Aber in Belgien, hast du gesagt, war das?

Markus: Ich weiß nicht mehr genau, ob es Belgien oder Italien war, war halt so eine klassische Kneipe, wo man eher Standard-Lagerbier trinkt, also jetzt kein wirklicher Bier-Place. Und ich habe einfach nur die Tower gesehen und habe mich dafür interessiert und als ich dann näher hingeguckt habe, habe ich festgestellt, oh Gott, das ist ja alles voll mit Eis. Das fand ich dann echt, ja, war krass.

Iris: Ja, also das machen wir nicht. Wir machen da schon Eis rein, aber das ist dann eine indirekte abgeschlossene Kühlung. Also keine Angst, wir verwässern unser ASTRA nicht selber. Ja und neben den 3-Liter-Towern gibt es natürlich auch normale Gläser bei uns zu kaufen, also man kann entweder 0,25 kaufen oder eben 4. Und ansonsten gibt es auch noch ein paar Biere direkt aus der 0,33-Knolle, also aus der Steiniflasche, wir nennen die ja Knolle bei uns. Ja und das war es dann eigentlich auch an Optionen, aber reicht, denke ich.

Markus: Ja und alle, die jetzt nicht sofort zu euch kommen können, die können im Onlineshop zumindest zuschlagen, ne?

Iris: Genau, ja. Weil unsere Sorten, wir brauen ja nicht so viel davon, habe ja schon erzählt, das ist ja nur so ein 10-Hekto-Sudwerk und von daher gibt es das nicht im Supermarkt. Aber man kann unter astra-shop.de, kann man sich die Sorten Nachhause bestellen, entweder in der Knolle oder auch im 5-Liter-Fass.

Markus: Ja, also genügend Auswahl. Bleibt uns noch ein wichtiges Thema oder vielleicht sind es sogar zwei, ich weiß gar nicht so genau. Es bleibt uns auf jeden Fall diese schwarze Flasche, unetikettiert, die ganz geheimnisvoll auf meinem Schreibtisch rumsteht und dieses Thema SENATSBOCK. Hat das was miteinander zu tun?

Iris: Ja, das hat was miteinander zu tun. Also die unetikettierte Flasche, das ist unser diesjähriger SENATSBOCK. Die ist nicht etikettiert, weil unsere ganzen Flachen schon weg waren und ich wollte auch in der Runde aber trotzdem noch den SENATSBOCK mitschicken, deswegen habe ich Merlin gebeten, obwohl wir keine Etiketten mehr haben, dann noch mal so ein paar Flaschen abzufüllen und das hat er netter Weise für mich getan.

Markus: Ja und das ist auch unglaublich dankenswert! Weil, ich war vor Kurzem ja noch in Hamburg und habe da beim Christian Temme im Braustättchen einen Rauchbierabend gestaltet mit einem Freund aus Polen zusammen, wo wir dann alle möglichen Rauchbiere verkostet haben. Am Schluss waren es, glaube ich, 13 oder so, war eine Menge. Und da kamen wir an und er hat uns total vorgeschwärmt von diesem wunderbaren SENATSBOCK und dann hatte er keinen mehr. Und das ist ja das Schlimmste, was einem passieren kann, wenn Menschen über ein ganz tolles Bier reden und dann ist es nicht da. Und dann, als ich Heim kam, habe ich dann die Kiste von euch gesehen und habe die Flasche gesehen und habe mir gedacht, wenn ich Glück hab, dann ist es das. Und ich hatte dir ja zwischendurch noch eine SMS geschrieben, die mich auch hoffnungsvoll gestimmt hat. Insofern bin ich da jetzt wirklich sehr voller freudiger Erwartung und wenn du nichts dagegen hast, würde ich es mal aufmachen.

Iris: Ja, mach das mal auf, ich erzähle einfach mal, was das für eine Variante ist, solange. Also beim SENATSBOCK-Brauprojekt geht es darum, das mehrere Hamburger Brauereien gemeinschaftlich brauen. Jedes Jahr wird ein dunkler Doppelbock gebraut und theoretisch ist die Malzschüttung immer die gleiche. Das hat sich mittlerweile so ein bisschen aufgeweicht, aber die restlichen Zutaten, kann dann jede Brauerei selber kreativ werden und eine eigene Variante des Hamburger SENATSBOCK brauen. Das passiert dann, also releast werden die dann immer Ende Januar und da stellen dann alle Brauereien ihren diesjährigen Hamburger SENATSBOCK vor. Die Biere heißen auch alle gleich, das macht es auch so ein bisschen interessant. Und wir sind jetzt das 3. Mal dabei und haben dieses Jahr eine Variante mit, na, weißt du es schon oder soll ich es sagen?

Markus: Es ist unglaublich! Es ist wirklich unglaublich, weil ich bin persönlich ein ganz großer Fan, ich muss ja fast sagen, ich bin ein Fan von allen möglichen Süßigkeiten, aber insbesondere After Eight habe ich schon immer sehr, sehr gerne gemocht. Und auch dieser tollen Geruch und diese Mischung aus Minze und dunkler Schokolade hat mich immer total geflasht und total abgeholt. Und wenn man die erste Nase nimmt, ist das total präsent, also als würde man die Packung grade aufreißen und die Nase reinhalten, mitten rein und dann hat man das. Also wenn ich jetzt nicht ganz falsch liege, dann wäre das in diesem Fall Minze, oder?

Iris: Ja, genau, wir haben da mit Minze gearbeitet und noch mit Kakao in Nips und in Pulverform und haben dann quasi unser ASTRA-EIGHT gemacht.

Markus: Also ich habe es auch grade probiert, bestätigt sich auch im Mund. Also ein kleines bisschen anders, weil noch eine gewisse Säurenote mit dabei ist, die einfach vom Röstmalz kommt, aber an sich, also großartig, dieses Spiel aus dieser Minze, die ja auch sehr frisch ist. Das ätherische Öl, das bleibt einem ja im Mund an jeder Stelle irgendwo da. Auch nach dem Trunk ist das noch da und ist immer wieder präsent und dazwischen diese schokoladigen röstigen Noten von dem Bier, ja, also eine tolle Mischung. Also ich weiß gar nicht, wer das ursprünglich mal erfunden hat. Falls es die Engländer waren, bin ich ihnen auf jeden Fall sehr dankbar dafür. Und das ist toll und natürlich auch Hammeridee, sowas mit einem Bier zu machen.

Iris: Ja, danke.

Markus: Wie kam das an?

Iris: Das kam sehr gut an, also da war ich auch sehr happy. Wir versuchen ja jedes Jahr eine etwas ausgefallene Doppelbock-Variante zu machen, also wir geben uns nicht damit zufrieden, dann einfach einen ganz normalen dunklen Doppelbock zu brauen. Und haben aber dann trotzdem immer noch den Anspruch, dass wir dieses Bier in einem Wort oder einem Satz erklären können. Das ist dann am Ende so ein bisschen limitierend, aber, ich finde, das sorgt dann auch dafür, dass wir halt nicht nur ein Bier haben, was gut schmeckt, sondern auch noch so eine Story drum herum. Und ich bin der Meinung, das haben wir hier mit dem Hamburger SENATSBOCK ASTRA-EIGHT Edition auch wieder ganz gut geschafft.

Markus: Ja, also das Bild ist sofort im Kopf da, wenn du ASTRA EIGHT sagst, weiß man sofort, was gemeint ist. Gab es da keinen Ärger so mit den After-Eight-Jungs, von wegen Namensähnlichkeit oder so oder sind die da locker?

Iris: Ach, ich glaube, also wir haben nicht gefragt, aber wir haben ja auch nicht After Eight draufgeschrieben. Und am Ende, ich meine, wir haben von diesem Bier jetzt 10 Hekto gebraut, das ist ja auch quasi sofort wieder weg, da, glaube ich, passiert nix mehr.

Markus: Ja, das ist der ganz große Vorteil bei solchen Suden, weil die sind dann einfach Geschichte, bevor sich irgendjemand beschweren kann und dann ist das auch völlig okay. Und ich finde das auch total cool und das ist für mich wirklich, also mindestens 49 %, was euch auch ausmacht, in meinen Augen ist dieser wirklich sehr kreative Umgang mit den Namen, dieses Spiel mit den Bezeichnungen, auch mit eben dem Bezug immer wieder auf Hamburg und auch die Reeperbahn und all das und da natürlich auch die Kreativität in den Bieren, das entsprechend umzusetzen.

Iris: Ja, danke schön.

Markus: Und damit auch Akzente zu setzen, das ist ja auch so ein Punkt, das macht ja auch nicht jeder. Und da habt ihr vielleicht durch eure Stellung auch die Möglichkeit und die Freiheit, das auch ein bisschen zu machen. Und umso besser, also wir leben ja in einer Zeit, wo die deutschen Craft-Biere nicht die allerbeste Zeit haben und das ist es toll, dass es eben sowas gibt und das ihr die Möglichkeiten habt. Und das euer Laden wirklich brummt, auch das finde ich toll. Als ich da war, war ich richtig froh zu sehen, dass das einfach voll ist, dass da Leute Spaß haben, dass es lebendige Bierkultur ist, die gelebt wird. Das ist schön und wichtig und macht dann auch ein bisschen hoffnungsfroh. Und dieses Bier auch, also weil, das ist eine tolle Entwicklung. Habt ihr da echte Minze genommen oder wie lief das?

Iris: Nee, wir haben tatsächlich das erst mal mit echter Minze probiert, aber das hat nicht viel für die Sensorik getan. Das kam dann irgendwie so ein bisschen moderig raus und deswegen sind wir dann auf Pfefferminztee übergegangen, aber das hat dann sehr gut geklappt.

Markus: Ja, das hat sogar super gut geklappt. Erinnert mich ein bisschen an ein Gespräch, dass ich mit dem Basti von Lemke hatte auch hier im BierTalk, über den Waldmeister. Und da haben die auch vieles probiert, um eben die Waldmeister Weisse mit Waldmeister zu machen. Und ich glaube, am Ende war es dann eine Tiefkühlgeschichte, die das dann hingekriegt hat, aber nach vielen, vielen Versuchen. Und insofern, es ist tatsächlich nicht so leicht, das Bier mit solchen Sachen anzureichern. Aber hier auf jeden Fall, das Ergebnis gibt euch auf jeden Fall Recht. Und da gibt es wahrscheinlich hoffentlich in der Zukunft noch viele andere ähnliche kreative und spannende Ansätze.

Iris: Du, bestimmt. Also das ist auch das, was mir am meisten Spaß macht, was Merlin auch am meisten Spaß macht und wir haben für dieses Jahr schon ein paar richtig geile Sachen in der Pipeline. Also ich bin total excited, grade Richtung Sommer, da wird ein Bier rauskommen, was ich mir schon seit zwei Jahren, na, nicht zwei Jahre, was ich mir seit einem Jahr ungefähr wünsche und von dem ich vollends überzeugt bin. Also ich bin gespannt, was du dann dazu sagst, ich schicke dir dann eine Flasche, wenn du es nicht nach Hamburg schaffst.

Markus: Okay. Also ich werde es auf jeden Fall auch mal nach Hamburg schaffen, die Frage ist, ob ich es rechtzeitig schaffe, aber das können wir dann ja noch tun. Und euch auf jeden Fall. liebe Hörer :innen da draußen, der unbedingte Tipp, also Hamburg ist natürlich immer eine Reise wert, sowieso als Stadt. Also da bin ich auch sehr, sehr gerne und ich persönlich bin dann auch sehr gerne auf dem Wasser, mache dann einfach mal so eine Rundfahrt mit so einer kleinen Hafenschaluppe oder Barkasse oder wie immer man das nennt und fahre da einfach rum und genieße die Atmosphäre.

Iris: Ich habe an der Stelle so einen ganz kleinen Tipp als Hamburgerin und zwar, wenn man sich die Barkassenfahrt sparen möchte, dann kann man auch einfach die Fähre nehmen, die Fähre ist nämlich im hvv-Ticket mit drin. Also das heißt, wenn man ein Deutschlandticket hat oder eine Tageskarte oder so, kann man kostenlos mit dieser Fähre fahren. Und die Fähre ist das letzte öffentliche Verkehrsmittel in Hamburg, auf dem es erlaubt ist, Alkohol zu trinken. Das heißt, bei gutem Wetter kann man sich oben auf die Fähre setzen mit einem big Bier und das ist der schönste Ort der Stadt.

Markus: Woah, also das flasht mich jetzt. Von wo nach wo fährt die?

Iris: Ja, die fährt da von den Landungsbrücken nach Ovelgönne zum Beispiel. Also es gibt so, ich glaube, 3 verschiedene Routen. Und die fährt aber auch wieder zurück, also man kann sich einfach draufsetzen und dann fährt man hin, fährt man zurück. Dauert dann so, weiß nicht, 45 Minuten. Und man kann ein bisschen den Hafen angucken und dabei ganz entspannt das Bier vom Kiosk trinken, das sind die besten Momente.

Markus: Also das ist ein toller Tipp, vielen Dank, den nehme ich sehr, sehr gerne mit. Und ich gebe noch einen letzten von meiner Seite, was ich mal gemacht habe vor 2, 3 Jahren. Ich habe mich mal an einem schönen sonnigen Tag einfach, das ist etwas nördlich von Hamburg, da, wo die Schiffsbegrüßungsanlage steht, da rausgesetzt. Da gibt es dann so eine Terrasse, mehrere sogar, wo man sich hinsetzen kann und eben auch ein schönes Bierchen trinken kann und dann fahren eben die ganzen Schiffe so in die Elbe rein oder die Elbe entlang. Und dann gibt es da so ausgemusterte Kapitäne, die dann dastehen und wirklich jedes einzelne Schiff begrüßen mit Nationalhymne, ein bisschen was dazu erzählen, was es geladen hat und was es so macht und dazu noch einen Schwank aus ihrem Leben, wie auch immer. Also es hat auch manchmal etwas Zotiges, aber es ist auch wirklich sehr interessant und sehr international. Und auch noch mal eine Möglichkeit, wenn jemand einfach dieses ganz besondere Hamburg-Flair mal haben will, was man sonst eben in der ganzen Republik nicht hat, da kann man das vielleicht auch mal probieren. Also, ja, danke schön, liebe Iris, das war ein ganz, ganz toller Einblick in deine Welt und in deine Brauerei und alles, was dein Leben so ausmacht, vielen, vielen Dank. Ich freue mich, dass wir uns bald wieder sehen und dann auch gemeinsam das ein oder andere Bier genießen. Und dir auf jeden Fall heute noch einen schönen Tag.

Iris: Ja, dir auch noch einen schönen Abend. Und ich hoffe, dass du die Flaschen, die du jetzt alle aufgerissen hast, auch schön brav austrinkst.

Markus: Okay, wird gemacht. Wir Männer machen ja immer, was die Frauen sagen, also werde ich das auch tun.

Iris: Sehr gut.

Markus: Also bis dann, tschau.

Iris: Tschüss.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 136 – Interview mit Kerstin Gößl und Vladimir Kloz vom alkoholfreien Restaurant Sägemühle aus Hiltpoltstein

Im fränkischen Gasthof „Zur Sägemühle“ in Hiltpoltstein haben Kerstin Gößl und Vladimir Kloz eine bemerkenswerte Entscheidung getroffen: Seit dem 13. Januar 2024 ist ihr Lokal der erste in Bayern, der komplett auf Alkohol verzichtet. Diese radikale Umstellung folgte Vladimir Kloz‘ Kampf mit der Alkoholabhängigkeit und dem Wunsch, eine Umgebung zu schaffen, die seine Genesung unterstützt. Die Reaktion der Gäste? Überwältigend positiv. Der Gasthof, bekannt für seine Offenheit gegenüber vegetarischen, veganen sowie gluten- und laktosefreien Gerichten, erweitert sein Angebot nun um eine Vielzahl alkoholfreier Getränke – ein mutiger Schritt, der zeigt, wie ein persönlicher Kampf zu einer inspirierenden Geschäftsidee werden kann. Im BierTalk erzählen die beiden von Ihrer Geschichte und den verschiedenen Herausforderungen auf dem Weg dorthin…

Kommt in unsere Facebook-Gruppe und diskutiert mit: https://www.facebook.com/groups/bierakademie

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute machen wir eine kleine Reise, gar nicht weit weg von Bamberg, wir gehen in die Fränkische Schweiz und gehen dort zu Kerstin Gössel und ihrem Mann Vladimir Klotz, die dort einen Gasthof betreiben. Und es ist nicht nur irgendein Gasthof, es ist ein Gasthof, der in vielerlei Hinsicht sich Herausforderungen gestellt hat, neue Themen aufgenommen hat, glutenfrei zum Beispiel, aber auch alkoholfrei. Und dahinter steckt natürlich auch eine Geschichte und wir werden heute ein bisschen drüber sprechen. Und ich bin sehr froh, dass ihr beide da seid. Und vielleicht stellt ihr euch ganz kurz unseren Hörern mal selber vor.

Kerstin: Ja, hallo, ich bin die Kerstin Gössel. Ja, gebürtig hier aus Hildburgstein tatsächlich. Habe über 20 Jahre in Ebermannstadt gelebt, da haben mein Mann und ich zusammen ein kleines Café gehabt in Ebermannstadt selber und sind dann 2019 wieder, ja, zurück in meine Heimat quasi, nach Großenohe.

Vladimir: Ja, ich bin Vladimir Klotz, ja, was soll ich sagen?

Kerstin: Dass du auch Tschechien bist zum Beispiel.

Vladimir: Ach so, das stimmt. Ja, ich bin ein tschechischer Lump. Ich bin Koch hier, erst in der Konditorei. Sag du alles, du kannst das.

Kerstin: Ja und wir betreiben halt den Gasthof jetzt mittlerweile seit fünf Jahren. Haben immer wieder unsere, ja, Konzepte angepasst, verbessert. Man muss sich ja auch weiterentwickeln.

Markus: Ja, absolut. Und vielleicht nehmen wir unsere Hörer erst noch kurz ein bisschen mit auf die Reise, wo sind wir denn überhaupt? Also was heißt Fränkische Schweiz, wie schaut es da aus, was muss man sich da vorstellen?

Kerstin: Okay, also die Fränkische Schweiz, die hat also tatsächlich ihren Namen von dem Abgleich an die Schweiz an sich, weil wir sehr hügelig unterwegs sind, sage ich mal. Direkt oberhalb von uns, da sind die Franken 3 Zinnen, also das Original gibt es ja in den Dolomiten und wir hier in der Fränkischen Schweiz, wir haben eben ganz, ganz viele Kletterfelsen. Wir sind ein weltbekanntes Klettergebiet, Wanderregion, für Radfahrer ideal, Naturpark, der Felsensteiner Forst ist auch ein Naturschutzgebiet, der ist sehr weitläufig. Und wir sind hier quasi in der südlichen Fränkischen Schweiz, so nennt sich das. Wir sind am Rand vom Landkreis Bayreuth, am Rand vom Nürnberger Land, also Nürnberger Landkreis, Erlangen, Höchstadt, Fürth, also wir sitzen quasi mittendrin. Wir haben von uns bis nach Nürnberg zum Flughafen sind es 32 km, nach Forchheim sind es 25, nach Bamberg sind es 50 km, also wir sitzen schön mittendrin quasi im Zentrum. Wir haben ein sehr großes Einzugsgebiet hier in der Fränkischen.

Markus: Ja, also wirklich eben im Herzen Frankens und das ist ja schon seit vielen, vielen Jahrzehnten oder vielleicht sogar Jahrhunderten ein Erholungsgebiet, ein Tourismusgebiet, wie man heute auch sagt und man kann ganz viele, viele schöne Sachen. Und du bist da groß geworden, Kerstin. Bist du da auch schon unterwegs gewesen, gewandert als Junge oder wie bist du so, wie hast du das so gemacht?

Kerstin: Ja, also ich kann mich erinnern, so wie ich noch Kind war, so um die 10, 11 Jahre oder noch kleiner, da hat es bei uns in der Region tatsächlich auch immer so Wandertage gegeben, wo man dann so Wanderpokale gewinnen konnte, so Familienwandern und sowas, wo man dann einfach den Familien auch diese Wanderregion näher gebracht hat. Und ich muss ganz ehrlich sagen, in dieser Corona-Phase haben das ganz viele wieder für sich entdeckt, die Fränkische Schweiz, einfach als Wanderregion, Ausflüge zu machen. Wir sind hier eben in diesem Großenoher Tal, wir sind hier wirklich in einem der schönsten Täler der Fränkischen Schweiz, wo wirklich ganz viele Tagesausflügler unterwegs sind zum Klettern, Radfahren, Wandern. Motorrad fahren ist ja für die Fränkische auch sehr heiß begehrt, eben weil es kurvenreich ist, so wie in der Schweiz auch, daher eben der Name.

Markus: Ja, absolut. Und ich muss sagen, ich bin ja selber oft da, es ist wirklich einfach wunder, wunder, wunderschön und leicht zu erreichen auch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Also deswegen auch ein unbedingter Tipp an alle Hörer: innen da draußen, also unbedingt mal da vorbeischauen und da eignet sich natürlich euer Gasthof perfekt, kommen wir gleich dazu. Vorher vielleicht noch an den Vladimir, wo kommst du eigentlich her, wo ungefähr in Tschechien, wo und wie bist du da so groß geworden?

Vladimir: Na ich bin Nordtschechei oben, so zwischen Dresden und Prag. Zum Beispiel die historische Stadt, wie Theresien.

Kerstin: Theresienstadt.

Vladimir: Theresienstadt, das ist 2 km, das ist das Lager in …

Kerstin: Das ist das Konzentrationslager gewesen, das ist auch da ein Ausflugsziel, dass man auch das Lager anschauen kann. Theresienstadt heißt das, es ist 2 km von Leitmeritz oder Litomerice weg und das liegt genau zwischen Dresden und Prag, genau zwischendrin.

Vladimir: Da gibt es auch die Region oben Tschechei, die Region Tschechische Schweiz.

Kerstin: Genau. Das ist so ein Gebirgszug, quasi die Fränkische Schweiz, dann kommt die Sächsische Schweiz und die Böhmische Schweiz oder Tschechische Schweiz, das ist ein Gebirgszug, wie sagt man da, Gebirgs?

Vladimir: Eine geologische oder geologische einfach. Das ist so identisch, zu viele Steine, zu viel Burg, Naturpark, das ist circa identisch.

Kerstin: Identisch.

Markus: Ist auch sehr schön, habe ich auch tatsächlich von allen Seiten schon bereist, also sowohl von der Sächsischen als auch der Tschechischen, als auch natürlich der Fränkischen Seite und, ja, also sehr eindrucksvoll, sehr spannend, besonders im Sommer natürlich, wenn da dann entsprechend auch das Wetter zum Wandern passt. Wie habt ihr beide euch denn dann kennengelernt?

Kerstin: Wie haben wir uns kennengelernt? Wie wir uns das erste Mal gesehen haben, ja, das war wie so eine Story aus Rosamunde Pilcher irgendwie. Also er war Pferdepfleger in dem Stall, wo ich mein Pferd stehen hatte. Er war wirklich der Pferdepfleger.

Markus: Ja, Wahnsinn. Ja und dann hat es irgendwann gefunkt und dann habt ihr gesagt, jetzt machen wir zusammen weiter.

Kerstin: Ja, genau.

Vladimir: Und später diese Story, das ist wirklich, ich sage es immer, ist Rosamunde Pilcher und Danielle Steel sitzen im Café und sprechen und machen neuen Roman, diese zwei Frauen.

Markus: Ja, das kann ich mir gut vorstellen. Ja, ihr habt dann als erstes dieses Café zusammen aufgemacht. Wie kam es dazu, habt ihr beide Erfahrungen vorher gehabt in der Gastronomie?

Kerstin: Naja, das ist halt, wenn man so sein Leben einmal komplett resetet und neu startet, dann überlegt man sich, wie soll der gemeinsame Weg weitergehen. Und ich bin gelernte Konditorin, es war schon immer mein Traum, so ein eigenes Café oder Lokal zu haben und mein Mann, der Vladi, der hat in der Tschechei, Tschechien muss man ja sagen, Tschechei darf man ja nicht mehr sagen, Tschechien, ja oft im Service gearbeitet oder als Kellner oder in Lokalen ausgeholfen. Dann hat er mal so als Barkeeper gearbeitet in so einem Underground, wie hat das geheißen, Dynamo Hardrock Café.

Vladimir: Hardrock Café.

Kerstin: Ja, genau, Dynamo Hardrock Café, das ist so ein richtiges Underground Hardrock Café. Und, ja und dann hat man gesagt, okay warum probiert man es nicht einfach, warum versuchen wir es nicht einfach, das gemeinsam zu machen? Dass war einfach unser gemeinsamer Nenner, ja und dann haben wir das gemacht. Dann haben wir uns da in Ebermannstadt, war dann eben schon länger ein Café leer gestanden und haben uns da dann quasi dafür interessiert und auch dann gepachtet und ja, und dann haben wir das probiert. Und dann hat sich das hier in Großenohe ergeben und dann sind wir halt hier, ja, genau.

Markus: Ja und dann hast du viele, viele süße Sachen gemacht im Café und was hat sich dann, ja, da kommen wir gleich noch dazu, habt ihr natürlich immer noch.

Kerstin: Ich habe immer gesagt, das war unser Testobjekt, ob wir sowas überhaupt hinbekommen und ja, wie es scheint, hat es ja funktioniert.

Markus: Ja und dass ihr auch beide zusammen funktioniert. Und war es dann da schon so, dass bei dir dieses Thema Allergie, Unverträglichkeit aufgetaucht ist, Kerstin?

Kerstin: Also ich selber bin Allergikerin, ich reagiere auf Gewürze und Aromastoffe und musste auch deshalb meinen, ja, Konditorberuf an den Nagel hängen. Also ich hatte mich, das muss ich vielleicht noch kurz dazu sagen, ich hatte mich 2014 noch bei meinem Exmann zu Hause, hatte ich mich schon als Konditorin selbständig gemacht. Habe dann nur so Torten auf Bestellung gemacht, so Fondants, Modellagen gemacht und 3D-Torten und so, Motivtorten und so Zeugs. Nur auf Bestellung für Hochzeiten, Geburtstage, Taufen und was es alles gibt. Und dann haben aber wir uns kennengelernt und dann, ich war ja schon selbständig und daher war also diese Option auch mit diesem Café gegeben, wo wir gesagt haben, okay wir können das probieren, ich habe das Wissen und ich darf so was auch machen. Ja und dann einfach dieser Betriebswechsel, klar. Und diese Allergiegeschichten, das war also tatsächlich schon gegeben, schon von der Zeit, wo ich nur Torten gemacht habe, wurden auch bei mir schon öfter glutenfreie Torten oder laktosefreie Sachen bestellt und die Leute haben einfach gemerkt gehabt, okay, die arbeitet da vernünftig, arbeitet zuverlässig und auch sauber. Der Begriff klingt zwar immer ein bisschen blöd, sauber, was ist sauber? Aber gerade bei Gluten zum Beispiel oder Laktose muss einfach auch eine Kontamination ausgeschlossen sein, damit Leute mit Zöliakie, Glutenunverträglichkeiten, keine Probleme haben. Und da waren die Leute bei mir einfach sicher, dass ich das machen kann, dass das da eben ordnungsgemäß ist.

Vladimir: Kein Risiko, Kontamination.

Kerstin: Genau.

Markus: Ja und das ist ja auch ein ganz wichtiges Thema. Tatsächlich in Deutschland noch relativ stiefmütterlich.

Kerstin: Ja.

Markus: Aber ich bin ja sehr viel im Ausland unterwegs, also in Italien zum Beispiel ist das seit vielen Jahren absolut klar, es gibt in nahezu jeder Pizzeria auch die glutenfreie Alternative, in England zum Beispiel auch, also viele, viele andere Länder. Und ich erlebe es auch oft bei Touristen, die wir hier betreuen über die BierAkademie oder wir haben auch so Tastings auf Kreuzfahrtschiffen, auf diesen Flusskreuzfahrtschiffen, dass dann wirklich auch die Frage immer ist, haben sie eine glutenfreie Alternative? Und insofern, glaube ich, habt ihr da, also ohne das jetzt bewusst erstmal zu wollen, aber notgedrungen einen Nerv getroffen und es ist auf jeden Fall sicherlich eine gute Sache und eine sinnvolle Sache, dass auch so zu machen. Merkst du denn für dich dann auch, dass es dir gesundheitlich dadurch besser geht?

Kerstin: Ja, weil ich, das ist der nächste Punkt, wir haben also das Konzept hier in der Sägemühle dann 2019 im Herbst, also wir haben 2019 im April hier eröffnet, das Lokal und das Lokal war ungefähr acht oder zehn Jahre komplett geschlossen, da war gar nichts drauf. Und wir haben dann 2019, genau Karfreitag war unser erster Tag hier und haben, ja, einen wahnsinnigen Run erlebt. Da hatten wir aber noch nicht komplett glutenfreie Küche, da haben wir noch gemischt gearbeitet. Und haben dann im, ja, ich weiß gar nicht mehr, August, September, glaube ich, war es, also Richtung Herbst, Spätsommer, Herbst, haben wir dann komplett auf glutenfrei umgestellt. Und haben tatsächlich dadurch eine Alleinstellung in ganz Oberfranken erlangt, weil das ist Wahnsinn, was wir da für einen Zulauf bekommen haben aus ganz Deutschland. Und wir haben dann auch immer wieder das Konzept verbessert. Ich backe ja Brot, Brötchen, Laugenstangen und so, das verschicke ich in ganz Deutschland. Ich habe letzte Woche jetzt auch eine Anfrage aus Österreich bekommen, dass ich da glutenfreies Brot hinschicke, weil die, sie hat gesagt, sie sitzt irgendwo, sie wohnt auf meiner Berghütte da oben und sie kommt nirgendwo an glutenfreies Brot ran. Und das ist wirklich ein Thema, wo sehr aktuell ist. Und dann hat sich bei mir tatsächlich vor zwei Jahren selber eine Zöliakie bemerkbar gemacht. Also ich habe tatsächlich selber Zöliakie, wahrscheinlich schon seit meiner Kindheit und das wurde halt jetzt erst festgestellt, diagnostiziert. Und natürlich bekommt mir das dann viel, viel besser, klar, logisch. Ich muss ja jetzt glutenfrei leben.

Markus: Ja und ihr verschickt ja auch mittlerweile eure Sachen in die ganze Republik. Da kommen wir nachher sowieso noch dazu. Aber jetzt vielleicht mal kurz zu den neuesten Entwicklungen, ihr habt ja dann irgendwie festgestellt, dass es da bei euch beiden noch so was Drittes gibt, das Thema Alkohol. Wie ist das denn überhaupt aufgekommen?

Kerstin: Naja gut, das Thema Alkohol ist halt bei meinem Mann, ja, schon seit sieben Jahren ungefähr, ja, viel zu präsent, sage ich mal. Gut, das ist natürlich schon die Anfangszeit gewesen, wo wir uns kennengelernt haben, aber wenn man sich so neu kennenlernt, dann nimmt man das vielleicht dann noch nicht so wahr oder, ja, schaut da nicht so drauf und freilich trinkt man selber auch was und man merkt es vielleicht auch noch nicht so oder will es auch gar nicht merken. Aber dann, wie so der Alltag kam und halt auch der Stress in der Gastro und alles Mögliche, da, ja, ist halt dieses Thema leider immer mehr präsent geworden mit dem Alkohol.

Vladimir: Das ist für mich auch neu, machen Essen wirklich heute. Ich bin nur Hobbykoch. Und was ist die Phase, mache ins Wasser springen.

Kerstin: Ja, ins kalte Wasser geschmissen, ja, genau. Und dann ist halt diese Grenze zwischen, mal was trinken und man braucht es, zu sehr verschwommen. Und es hat sich einfach dann eine Alkoholkrankheit, ja, leider, leider eingeschlichen.

Vladimir: Die ersten zwei Jahre für mich ist wirklich schwer, diese psychische Problematik, zum Beispiel Rezension. Die ersten zwei Jahre, nun jetzt ich vielleicht drei, vier Jahre ich nicht gucken vor Rezension. Aber das macht mir wirklich Schmerzen, das macht mich …

Kerstin: Ja, Stress einfach.

Vladimir: Schreib, ich koche Fäkalien zum Beispiel in der Rezension. Aber das ist immer anonym. Aber jetzt, ich lange Zeit brauche akzeptieren, nicht akzeptieren das oder was ich sage, einfach ignorieren, Rezension.

Kerstin: Naja und dann ist halt schwierig dann, von dieser Alkoholkrankheit alleine wegzukommen, wenn es dann schon mal ein Stadium erreicht hat, wo jede Pore im Körper nach Alkohol schreit und du trinken musst, weil du sonst nicht funktionieren kannst. Und das war halt jetzt dann am 1. Januar soweit, dass er selber gesagt hat, okay ich kann nicht mehr, ich kann einfach nicht mehr. Entweder, das war wirklich, das ist jetzt ein Zitat von ihm, er saß wirklich in der Küche, hat geweint und hat zu mir gesagt, also entweder fahren die mich morgen auf den Friedhof oder ich schaffe ab morgen wirklich den Alkohol wegzulassen. Ja, gesagt, getan. Und dann habe ich ihn gefragt, ja und was willst du jetzt eigentlich? Willst du auf den Friedhof oder willst du weiter leben, willst du weitermachen, willst du aufhören zu trinken? Ja, er will aufhören. Und dann habe ich den Krankenwagen gerufen. So ist das dann gekommen mit dem alkoholfrei.

Vladimir: Problem andere ist, ich probiere lange Zeit, alleine mache ich das, mit keiner Hilfe. Aber ich mache das vielleicht, wenn ich nicht arbeite im Gasthof oder apropos, wir leben im Gasthof. Ich nur spazieren, ich nur gehe nach unten, die Treppe und hier ist immer das Schenk, hier ist immer Bier. Andere Person muss einkaufen, kaufen Bier oder kaufen die Flasche Alkohol. Ich, nein, ich nur gehe nach unten in Lokal und ich habe alles. Das ist schwer oder das ist für Alkoholiker nicht gut.

Markus: Ja, da hat man immer die Versuchung. Und ja, vielleicht noch ganz kurz zu dieser Zeit, wo sich das so entwickelt hat. Das heißt, es ging einerseits darum, der Stress, die Überforderung vielleicht auch, auch dieses Umgehen mit negativem Feedback, gerade weil soziale Medien da so gnadenlos sein können und mal Leute halt eben durch das Anonyme alles Mögliche schreiben. Und das heißt, das war für dich oder euch einfach eine Option, dass irgendwie zu bewältigen. Aber wie hast du das dann wahrgenommen, Kerstin, also hast du das bewusst wahrgenommen, dass das mehr wird, dass es schlimmer wird oder wie ging es dir?

Kerstin: Ja, also dieses exzessive Trinken, das wurde halt immer häufiger. Und was natürlich auch oft zu Streit geführt hat, weil immer gerade dann, wenn wir Freitags öffnen, dann hat er früh schon angefangen zu trinken und ich habe immer gesagt, unter der Woche ist mir das scheißegal, er muss nicht funktionieren, ja, wir haben dann zu. Ich habe dann auch die Öffnungszeiten angepasst, dass er einfach die Ruhe hat unter der Woche, den Stress abbauen kann. Wir haben nur noch Freitag, Samstag, Sonntag auf, was uns zwei auch reicht. Gut, in der ganzen Corona-blablabla hat sich das auch so ergeben, dass wir kein Personal mehr haben.

Vladimir: Das ist das andere Thema. Das ist nicht, ja, wir zwei arbeiten im Gasthof, hat zu viel Stress. Aber das erste Projekt, das Stadtcafé, zu viel Stress, später macht das Leben, startet ab null, neu, dieses Projekt. Okay, erste Jahre, bis heute habe keine Ahnung, hier ist neu offen, aber acht Jahre minimal ist das zu hier. Wir wandern, 20 Leute wandern, oh, hier ist offen, oh, ich bin letzte Zeit hier in fünf Jahren, das ist immer zu. Und später, andere Jahre kamen hier dieses Corona, zwei Jahre Corona-Zeit, anderer Stress. Später, wir haben kein Personal und lastet drei Jahre hier alleine. Nur zwei Leute. Ich bin alleine in Küche, Kerstin macht alleine Service und ich zu viel vorbereiten, Bäckerei, Konditorei, dieses. Das ist das ganz alles zusammen Stress. Nicht nur, wir arbeiten da so, aber diese fünf Jahre, das ist wirklich, oder sechs Jahre, das ist Hardcore. Das ist wirklich, das ist nicht normal vor Start des Business. Das ist Risiko jedes Business, diese Corona-Zeit, dieses alles zusammen, das ist wirklich schwer.

Kerstin: Ja und es kommt halt auch immer auf den Menschen selber drauf an. Ich habe auch nicht angefangen zu trinken, ja, ich bin aber ganz anders gestrickt wie mein Mann. Und er hat halt vorher schon getrunken und da war halt einfach, die Grenze ist zu schnell verschwommen zwischen mal was trinken und ich brauche den Alkohol. Das ist, vielleicht liegt es auch ein bisschen da dran, er ist halt auch aus Tschechien und da ist die Mentalität auch ein bisschen anders wie hier, das Trinkverhalten vielleicht auch wenig anders. Gut, kommt dem Bayrischen etwas nahe, aber ist trotzdem anders als hier in Deutschland. Und es ist auch, wenn wir zum Beispiel nach Tschechien gefahren sind, seinen Bruder zu besuchen, da war das immer, wir machen Tour de Bier.

Vladimir: Tour de Bier, ja.

Kerstin: Tour de Bier, weil da hat, da gibt es in jedem kleinen Dorf gibt es eine eigene Brauerei.

Vladimir: Hier ist neue Brauerei.

Kerstin: In der Garage. Und da war das auch schwer irgendwie zu sagen, nee, wir trinken jetzt nichts. Das wäre eine Beleidigung auch für seinen Bruder gewesen.

Vladimir: Ja, du musst probieren, das ist Neue, das ist mein Freund und wir machen gutes Bier.

Kerstin: Ja und wie soll man da irgendwie vom Alkohol wegkommen, wenn der immer präsent ist? Das ist immer normal zu trinken. Und es ist auch, das ist ja ein ganz gutes Beispiel, was ich dann auch oft anwende, egal welchen Film man im Fernsehen, Kino, egal wo anschaut, ist ein Problem zu bewältigen, wird Alkohol getrunken. Ob das schon beim Kochen ist, da wird schon der Wein halb leer gesoffen, bevor der überhaupt im Essen landet oder ist ein Problem, dann wird Whisky getrunken oder man sitzt an der Bar und trinkt. Da sitzt keiner mit einem Spezi da. Und das ist wirklich ein gesellschaftliches Problem, weil das zur Normalität geworden ist, das ist kein Genussmittel mehr. In Bayern heißt es ja auch, Bier ist ein Grundnahrungsmittel. Und das finde ich einfach falsch, weil das wirklich verharmlost wird, es wird runter gespielt und das ist nicht richtig.

Vladimir: Das ist der alte Joke, Spaß oder im Internet diese Memme. Das ist ein Foto von einer schönen Frau mit diesem typischen Gebräu, auf dem Oktoberfest, haben dieses Double Beer. Und kommen tschechische Leute, sagen, Oktoberfest, das ist ein Tag, wo deutsche Leute trinken an einem Tag, was normal, mittlere …

Kerstin: Durchschnittlich.

Vladimir: böhmische Person, tschechische Person.

Markus: Also ist da tatsächlich so, dass der Pro-Kopf-Verbrauch in Tschechien ungefähr doppelt so hoch ist wie in Deutschland. Wobei ich sagen muss, ich würde da das Deutsche sogar gar nicht so fürchterlich runter spielen, weil wir gerade in unserer Region, gerade in Franken, auch in Bayern, viele, viele Leute haben, die das ähnlich sehen und wo das Bier eigentlich oft gar nicht als alkoholisches Getränk in dem Sinne gesehen wird, sondern das ist halt einfach das, wo man jeden Tag zwei, drei, vier, wie auch immer, trinkt und viele Leute sich dessen überhaupt nicht bewusst sind, was sie da eigentlich tun. Und das ist durchaus auch für uns natürlich als BierAkademie immer wieder ein Thema, Leute drauf hinzuweisen, da sensibel zu sein. Da bin ich euch auch sehr dankbar, dass ihr das so offen und so klar schildert. Und ich hoffe, die Hörer und Hörerinnen haben da jetzt auch gut zugehört und achten auch auf ihren eigenen Konsum, auf ihr eigenes Verhalten, weil das einfach sehr wichtig ist. Die Grenze ist schnell erreicht, schnell überschritten und das Zurück ist fast nicht möglich. Und wie ihr schon gesagt habt, irgendwann ist eben der Punkt, wo man es dann einfach braucht.

Kerstin: Ja und da ist einfach auch das Problem, ich habe es halt wirklich jahrelang auch von meinem Mann gesehen, wenn dann immer wieder so dieser Druck da war, früh, ah, eigentlich will ich ja nichts trinken, eigentlich will ich aufhören, aber ich muss, sonst schaffe ich den Tag nicht. Und wenn jetzt auch diese ganzen Kommentare, was gerade über Facebook auch kommt, was das ist doch ein Schmarrn und da braucht man doch ein Bier dazu. Weiß du, jeder, der dieses gute Essen, dieses geile leckere Essen nur genießen kann, wenn das Bier mit Alkohol daneben steht, der hat wirklich ein Problem. Das hat dann nichts mehr damit zu tun, das Essen zu genießen, sondern ich kann das nur noch schön finden und genießen, wenn der Alkohol dabei ist. Und das ist, das finde ich nicht mehr richtig. Ich will Alkohol oder Bier, nicht Verteuflung, um Gottes Willen, mir schmeckt auch ein gutes Bier, glutenfrei natürlich, ja, für mich persönlich, ich will das auch überhaupt nicht verteufeln, aber wenn man einfach die Grenze nicht mehr selber wahrnimmt, wo ist es für mich einfach was Schönes, ein frisches Bier zu trinken oder wo ist es, ich kann das Essen nur dann genießen, wenn ich meinen Alkohol dabei habe, dann wird es problematisch. Und das wissen viele nicht mehr.

Markus: Ja, nee, absolut, also dem kann ich nichts hinzufügen, das hast du genau auf den Punkt gebracht. Wir kommen auch gleich zu dem, wie ihr euer Gasthaus dann umgestellt habt. Noch eine Frage dann, es gibt dann diesen Tag, wo das praktisch ein kompletter Zusammenbruch ist. Den Krankenwagen zu holen, finde ich dann schon auch einen krassen Schritt. Und wie haben die dann reagiert? Also du hast da angerufen und gesagt, ja, mein Mann ist hier und was passiert dann, wie ging das dann weiter?

Kerstin: Also, das war also tatsächlich so, ich habe erst einmal im Internet geguckt, Entzugsklinik, ja, was kann ich mich mit meinem Mann jetzt am besten machen? Weil, ich habe natürlich auch gewusst, wenn er jetzt heute in diesem Moment sagt, er will weg, dann muss er jetzt weg. Der will nicht erst in zwei Tagen, drei Wochen, sonst wann weg, sondern jetzt, das muss jetzt passieren. Ich musste quasi die Gelegenheit beim Schopf packen. Bin dann in Erlangen bei einer Klinik rausgekommen, in der Kopfklinik, habe dann dort in der Ambulanz angerufen und der Arzt hat mir dann gesagt, naja, das ist gar nicht so einfach, die machen da nur so einen systematischen Entzug, da geht es erst über mehrere Wochen mit Telefonaten und Gesprächen. Dann habe ich gesagt, ja, das ist aber schlecht, weil er will ja jetzt weg. Wir können uns das einfach nicht leisten, weil ich weiß nicht, ob er in drei Tagen auch noch weg will, er will ja jetzt weg. Dann hat der zu mir gesagt, na, da gibt es die andere Möglichkeit, ich rufe einfach die Ambulanz und dann müssen die den mitnehmen. Also gesagt, getan, ich habe dann meinen Mann nochmal gefragt, weil ich ja immer wollte, dass es wirklich von ihm ausgeht, was möchtest du, soll ich die Ambulanz anrufen? Ja. Also dann habe ich das gemacht und habe dann gleich die Tasche gepackt. Ich bin da etwas rigoros, habe dann gleich die Tasche gepackt, habe das denen hingestellt und habe zu denen gesagt, also es ist mir Wurst was ihr macht, der geht heute nicht mehr nach Hause, ich habe das denen also wirklich so gesagt. Dann hat er gesagt, okay, das ist nicht so einfach, weil, wenn er nach Hause will heute Abend, wenn der nüchtern ist, dann müssen wir den Heim lassen. Und dann hat er mich gefragt, ob er denn aggressiv wird oder sich selbst gefährdet oder mich gefährdet oder wie auch immer? Dann habe ich gesagt, naja, wenn er wirklich seinen Pegel hat, dann wird er sehr cholerisch und dann kann es auch schon mal sein, dass er die Gäste anschreit, weil ihm das grade jetzt nicht passt, dass der am Tresen steht. Und dann hat der das gleich reingeschrieben, Gefahr für andere, so blöd wie es klingt und dann mussten die den behalten, auch wenn der am Abend nach Hause gewollt hätte. Mir war es einfach wichtig, dass er da drinnen bleibt und behandelt wird. Es ging aber grundsätzlich wirklich von ihm aus, er wollte ja weg. Aber ich war mir in dem Moment einfach auch gar nicht sicher, wie er dann reagiert, wenn er nüchtern ist, weil er war ja schon sturzbetrunken, wie die ihn abgeholt haben und das um die Mittagszeit. Also wie hätten wir dann den 1. Januar bis abends durchhalten sollen, wenn er mittags, bevor wir aufmachen, schon sturzbesoffen war? Das hätten wir ja gar nicht schaffen können, geschweige denn, wie hätten wir die nächste Zeit überleben sollen, die nächste Saison, die nächsten Jahre? Das hätte überhaupt nicht funktioniert. Also musste es an dem Tag sein. Und ich muss ehrlich sagen, für mich war es der schönste Jahresbeginn, den ich mir hätte wünschen können.

Markus: Und dann fährt das Auto weg, du bist alleine.

Kerstin: Genau.

Markus: Was war dann?

Kerstin: Ja, dann war natürlich, ich habe natürlich dann schon Kuchen und alles vorbereitet gehabt, Sachen da, die halt ein neues zu Hause gesucht haben quasi, ich hatte ja schon Sachen vorbereitet und auch Reservierungen hatten wir für den Tag. So, habe ich mir gedacht, was machst du jetzt mit den Leuten? Habe dann, ja, aus meiner Not raus, habe ich erst einmal gelogen und habe gesagt, ja, mein Mann ist vom Krankenwagen geholt worden, der hatte zu hohen Blutdruck. Was in dem Fall auch gar nicht gelogen war, sondern ich habe nur die Hälfte davon nicht gesagt, was dann los war. Naja, der Tag, der ging dann auch vorbei und ich habe dann am nächsten Tag, habe ich dann einen Post gestartet auf Facebook, eben mit der Bekanntgabe, dass eben einmal zu ist jetzt erst einmal, weil eben der Koch, mein Mann, mit dem Krankenwagen abgeholt wurde, der ist im Krankenhaus und ich werde rechtzeitig bekanntgeben, wann denn wieder offen ist. So, das war mein Statement. Und dann kam also nur positiv, nur gute Besserung und alles Gute und wie es halt so ist. Und ich habe ihn dann, weiß ich gar nicht, an dem Dienstag gleich besucht, am 2. Januar oder 3. Januar habe ich ihn in der Klinik besucht.

Vladimir: Aber das ist auch diese Sekunde, sagst du gute Besserung.

Kerstin: Gute Besserung.

Vladimir: Ich habe Angst, meine Leute haben Info, ich bin Alkoholiker, ich bin in Klinik in Detox, die Leute wechseln.

Kerstin: Ja, die kehren uns den Rücken.

Vladimir: Ja. Aber nein, die Leute, unsere Kundschaft sagt diese positiv, ja, Vladi, du bist gut, du machst gut.

Kerstin: Naja, aber du musst sagen, du hast dann, ich habe ja in erster Linie noch gar nichts davon geschrieben gehabt, dass er wegen Alkoholentzug in der Klinik ist. Ich habe nur ganz neutral geschrieben, es ist jetzt einmal zu, weil eben er im Krankenhaus ist, gar nicht geschrieben warum, weshalb, sondern nur, dass er weg ist. Und da kamen schon   nur positive Reaktionen, ganz viele, mit alles Gute und wird schon wieder und erholt euch gut und blablabla. Und dann hat er das kommentiert, er hat dann meinen Post kommentiert und hat quasi geschrieben, dass er auf Entzug weg ist und dass er jetzt dem Dämon Alkohol den Rücken kehren möchte, dass er den los haben will. Er hat sich öffentlich auf der Sägemühlenseite in Facebook bei den Gästen und bei mir für die vielen cholerischen Momente entschuldigt und freut sich drauf, nach sieben Jahren seine Gäste und mich nüchtern zu sehen. Das war sein Kommentar dann zu meinem Post, was ich ganz neutral geschrieben habe. Und daraufhin ist das so explodiert, es kamen eigentlich nur positive Rückmeldungen, mich haben die Leute privat angeschrieben, angerufen, woah, sehr mutig. Also von Leuten, wo ich jahrelang nichts mehr gehört habe zum Beispiel, die haben mich angeschrieben und mich beglückwünscht oder uns beglückwünscht, dass wir diesen Schritt gehen. So und dann war die Katze aus dem Sack.

Markus: Ja und das ist, also muss ich auch nochmal sagen, unglaublich mutig und, ja, für mich eine große menschliche Größe, das schaffen ja viele, viele andere eben überhaupt nicht, auch so damit umzugehen und auch in die Öffentlichkeit zu gehen. Dann habt ihr also beschlossen, wir stellen das Lokal um, weil die Alternative, einfach weiterzumachen, würde ja bedeuten, dem Alkohol wieder Platz einzuräumen und genau das wolltet ihr ja nicht. Das heißt, du hast dann erstmal zu Hause alles weggeräumt, alles verändert und dann überlegt, wie kann ich ein Gasthaus ohne Alkohol weiterführen?

Kerstin: Naja, ich muss ganz ehrlich sagen, mit diesen Alkoholexzessen, was ich ja leider die letzten Jahre immer wieder erfahren musste ja, ist der Gedanke schon des Öfteren bei mir im Kopf rumgespukt, ich habe schon so oft zu mir selber gesagt, am liebsten würde ich den scheiß Alkohol, alles raushauen. Ja, mich regt das auf, weil wenn nichts da ist, kann er nichts trinken. So war das immer für mich und ich habe auch schon seit zwei Jahren, seit drei Jahren jetzt schon keinen Schnaps mehr da, weil, ja, das war zu mindestens dann schon mal, das der Schnaps nicht mehr mit im Spiel war, dann war es ja nur noch das Bier, ja. Dann hat es halt ein bisschen länger gedauert, bis er seinen Pegel drauf hatte. So blöd wie es klingt, ja, aber so war es auch. Und, ja, ich habe dann überlegt, was machen wir, wie geht es denn weiter? Wie machen wir das hier weiter, dass das weiterlaufen kann? Ich weiß auch, dass mein Mann in der Beziehung mit Alkohol vielleicht jetzt nicht so stabil ist so wie manch anderer. Das ist ja auch, jeder Alkoholkranke ist da ja anders gestrickt. Der eine, der schafft es von jetzt auf gleich und der andere braucht halt einfach seine Zeit. Und es ist halt doch eine lange Zeit gewesen, wo er wirklich exzessiv getrunken hat. Und, ja, wie war es dann? Ich habe so mir gedacht, am besten wäre es jetzt wirklich, den kompletten Alkohol zu verbannen, wegzutun und das Ganze auf alkoholfrei zu machen. Okay, was spricht dagegen, so Pro und Kontra für mich gemacht. Habe dann den Herrn Zier vom Landratsamt Forchheim und von der Lebensmittelüberwachung angerufen. Wir kennen uns sehr gut, das ist der zuständige Beamte, der für uns die Kontrollen durchführt und alles oder bei uns. Habe den angerufen und habe gesagt, du, was hältst denn du davon, so und so ist es, der Vladi ist gerade weg auf Entzug und ich würde gerne, ich habe da so eine Idee und eigentlich fast im gleichen Moment haben wir die gleiche Idee gesagt. Der sagt, Mensch, hau den Alkohol raus und ich so, ich möchte den Alkohol raushauen.

Vladimir: Paul.

Kerstin: Ja, der Paul. Ja und da hat der gesagt, das ist die beste Idee, mach das. Wenn ich es jemanden zutraue, dann traue ich das euch zu, das durchzuziehen und dass das auch funktioniert.

Vladimir: Der Mann, das ist keine Bürokraft. Der ist wirklich für Leute. Das ist nicht einer, ich habe diesen scheiß Job, nein.

Kerstin: Der kümmert sich auch um seine Gaststätten, für die er zuständig ist.

Vladimir: Das ist Fun, diese Gastro.

Kerstin: Ja. Naja und dann habe ich also gesagt, okay, was habe ich noch alles an Alkohol da, was muss ich wegbringen? Habe dann unser, naja, unsere Brauerei, ist jetzt vielleicht in Anführungsstrichen gesetzt, die Brauerei ist seit über 40 Jahren auf der Gaststätte, seitdem es das Lokal überhaupt gibt und haben ja eigentlich auch nur davon profitiert, dass wir die übernommen haben, weil sonst hätten sie hier weiterhin kein Bier verkaufen können. Aber da bestand nie irgendein Vertrag oder so was, also wir sind da nicht Brauerei gebunden gewesen. Ich habe das nur gemacht, weil es halt eben schon immer so war. Es steht auch auf den Gläsern Kleinbrauerei Friedmann drauf und draußen hängt noch eine Tafel mit Brauerei Friedman, Gasthof zur Sägemühle blabla, aber die haben hier eigentlich nichts zu sagen. Und habe dann dort angerufen und habe gesagt, Mensch, wie schaut es denn aus, so und so ist es, kann ich euch den Restbestand zurückbringen? Und dann haben die gesagt, naja, das ist kein Problem. Ich kann es nicht trinken, weil ich ja Zöliakie habe und was soll ich dann mit den fünf, sechs Kästen Bier noch machen was da rumstehen und den angestochenen Fässern? Weil, nehmen brauche ich das nach drei Wochen auch nicht mehr, das ist ja schlechtes das Bier. Das ist ja Quatsch, müsste ich eh wegschütten. Habe denen also alles zurückgebracht. Da war natürlich die Meinung dazu nicht so positiv, muss ich sagen. Naja, die finden das ein wenig für einen Quatsch was wir machen. Aber das sei mal dahingestellt, das können sie denken wie sie wollen. Das ist immer noch unser Lokal und wir können machen was wir wollen, ja. Für mich war es einfach wichtig, dass, wenn er nach Hause kommt, dass hier kein Tropfen Alkohol mehr ist. Das war für mich ganz, ganz wichtig, weil ich weiß, wie er ist. Er ist in der Beziehung, ich sage es jetzt mal wirklich salopp, wie ein Trüffelschwein, der hätte den überall gefunden, egal wo ich irgendwas versteckt hätte. Entweder riecht er das durch die Flaschen, ich weiß es nicht. Jedenfalls, ich wollte es auch für mich, einfach für die Sicherheit und auch ihn zu schützen, keinen Alkohol mehr da haben.

Markus: Na, das ist ja auch ganz wichtig, denke ich mal, eben als Schutz, aus Selbstschutz. Und das ist ja auch gar nicht so einfach, weil klar reden wir über Bier und Wein und gut, Schnaps gab es eh schon keinen mehr, aber man hat ja dann auch in der Küche zum Beispiel, denke ich mal, Alkohol, auch in der Konditorei wird ja immer wieder Alkohol verwendet. Also hast du da dann auch überall geschaut was weg muss sozusagen?

Kerstin: Also ich muss ganz ehrlich sagen, zum Beispiel, bestes Beispiel ist Schwarzwälder Kirsch. Da habe ich schon seit zwei Jahren, mache ich da keinen Alkohol mehr rein. Gehört ja normalerweise Kirschwasser rein. Aber das, was mir die letzten zwei Jahre aufgefallen ist, dass immer mehr Kinder ganz fixiert auf diese Schwarzwälder Kirschtorte waren und ich darf es nicht rausgeben. Was andere Konditoreien machen, weiß ich nicht, ja, oder Cafés, aber ich darf und hätte es auch nicht gemacht, weil, wie gesagt, Schnaps drin ist. Habe dann auch die eine oder andere Diskussion mit den Eltern gehabt. Äh, daheim essen die auch immer Schwarzwälder. Können sie machen wie sie wollen, aber bei mir gibt es das nicht, weil es einfach unter den Jugendschutz fällt. Und habe dann bloß noch mit dem Kirschsaft von den Schattenmorellen, was man für die Füllung ja braucht, mit dem Saft getränkt, fertig. Und das hat unterm Strich keiner gemerkt, ja. Die war immer schön brav aufgegessen, jeder hat es gegessen, es hat geschmeckt. Ich habe mein Geld, jeder ist zufrieden, Punkt. Apfelweintorte war halt bloß Apfelsaft drin, auch kein Wein mehr. Ich habe dann bloß noch so, ja, jetzt auch nicht mehr, vorher hatte ich dann immer in den Apfelwein noch diesen Restbestand vom Glühwein, von der Adventszeit mit aufgebraucht, aber den habe ich dieses Jahr tatsächlich weggeschüttet. Andererseits hätte er den wahrscheinlich gar nicht getrunken, weil das hat ihm eh nie geschmeckt, er ist eher Bier, es war halt immer nur Bier, schon gar nicht, Wein. Weiß ich nicht, hast du Wein manchmal getrunken?

Vladimir: Ich bleibe bei Bier.

Kerstin: Ja, da hättest du wahrscheinlich auch Desinfektionsmittel getrunken, keine Ahnung. Das war jetzt böse von mir, aber ich bin manchmal etwas sarkastisch. Ja, aber es braucht es auch nicht, ja. Zum Beispiel, klar, im Wildgulasch zum Beispiel, da war freilich Rotwein drin. Aber um den Geschmack abzurunden, kannst du auch einen Traubensaft nehmen. Im Gericht selber schmeckst du es nicht mehr, ob da jetzt richtig ein Wein drin ist oder ob da Traubensaft drin ist. Der Alkoholiker darf natürlich oder Ex-Alkoholiker oder trockener Alkoholiker, Alkoholkrank, wie immer man das formulieren mag, man will ja keinem auf die Füße treten, der soll natürlich keinen Wein drin haben. Aber um diesen süßlichen Geschmack, diesen weinähnlichen, kann man auch Traubensaft verwenden. Man muss aber auch gar nichts rein tun, das schmeckt deswegen genauso gut.

Markus: Ja, also da gibt es ja viele Alternativen, Gott sei Dank.

Kerstin: Genau.

Markus: Und das heißt, du hast dann dafür gesorgt, es ist nichts mehr da, kein Alkohol mehr. Und dann ist natürlich die Frage, es kommen Gäste und die haben natürlich auch Erwartungshaltungen, das heißt, sie wollen auch mal ein Bier trinken und dann habt ihr gesagt, okay, dann nehmen wir mal alkoholfreies Bier. Wie ging das dann und an wen habt ihr euch da gewendet und wie habt ihr das Sortiment zusammengestellt?

Kerstin: Das war ein Ding. Es war dann eben dieser Entschluss gefasst, wir machen alles alkoholfrei. Also das war noch in dieser Vorphase, bevor er wieder vom Krankenhaus Heim kam. Musste ich ja quasi aus dem Nichts raus dann alles umkrempeln, Speisekarten, Getränkekarten umkrempeln. So bloß, mit dem Thema alkoholfreies Bier, pah ich habe gewusst, es gibt viele, aber welche gut sind, welche fränkisch sind, hm. Also wen fragst du jetzt dann? Und dann ist mir in letzter Zeit immer, sind mir so kurze YouTube-Videos über die Füße gefallen, der hat auch eine Facebook-Seite, Frankens Bierwelt, der Thomas Hölzel. Und der geht quasi immer wieder mal in so Brauereien rein, wenn die irgendein neues Bier zum Vorstellen haben oder spricht über die Entstehungsgeschichte oder unterhält sich einfach. Das sind immer so kurze Videos, so von 5 bis 10 Minuten, sage ich mal. Und habe dann einfach den angeschrieben über Messenger und habe gesagt, Mensch, ich habe das schon öfter gesehen von dir und ich denke, du könntest mir da weiterhelfen, wir haben das und das vor, das und das ist eben gerade Fakt, ob er nicht mir eine Liste geben könnte von fränkischen Brauereien, die eben gutes alkoholfreies Bier machen. Und so ist dann eben ein Gespräch draus entstanden und der hat mir dann also auch eine Liste geschickt, was ihm spontan einfiel. Und dann kam plötzlich, weißt du was, wir machen ein Video. Ich so, Schmarrn, wir können jetzt kein Video machen, ja, ich muss erst einmal zum Friseur, zur Kosmetik, ich muss mich erstmal hübsch machen, so. Wir können jetzt da kein Video machen, so ein Blödsinn, das schaut doch keiner an. Ja, von wegen. Also dann haben wir das Video gemacht und das ist natürlich gleich eingeschlagen wie eine Bombe. Also das sind, da merkt man einfach, das sind immer nur 10 Prozent, die nörgeln, immer nur 10 Prozent. Das ist egal welches Thema, es sind immer 10 Prozent und die fallen mittlerweile gar nicht mehr ins Gewicht, weil die werden immer weniger. Diese 10 Prozent reduzieren sich auf immer weniger runter, weil es immer mehr positive Rückmeldungen gibt. Und daraufhin ist dann die Presse auf mich zugekommen, Fernsehsender und so ist eben diese ganze Ding ins Laufen gekommen. Was ja eigentlich gar nicht so beabsichtigt war von uns, sondern dieses Video mit dem Thomas Hölzel, das war ja eigentlich mehr gedacht, einfach nicht, um uns zu bewerben, sondern einfach nur die Alternative aufzuzeigen, dass es hier viele alkoholfreie leckere Biere gibt, mehr nicht.

Markus: Ja, aber irgendwie habt ihr dann einen Nerv getroffen anscheinend.

Kerstin: Aber einen richtigen Nerv, voll ins Schwarze.

Markus: Und ich meine, letzten Endes ist es ja, hoffe ich, und das ist für mich auch ein Punkt gewesen euch zu kontaktieren, hilft es euch ja, also sowohl in wirtschaftlicher Hinsicht aber eben auch in persönlicher Hinsicht, weil es ja auch eine Bestätigung ist, dass man da den richtigen Weg geht. Und es ist vielleicht auch was, was andere inspiriert oder ihnen hilft, auch diesen Schritt dann irgendwie zu gehen, den eigenen Konsum entsprechend anzuschauen und dann eben vielleicht auch nach Hilfe zu suchen und sich das einzugestehen. Und was ich auch ganz wichtig finde, also ohne jetzt eure Brauerei speziell zu nennen, aber generell, ich habe ja mit vielen Brauereien insbesondere auch in Franken Kontakt, und immer wieder merke ich da, dass da eine ganz große Hemmnis, ein ganz großes Problem noch besteht, sich mit dem Thema alkoholfreies Bier zu beschäftigen. Viele verweigern das überhaupt als Bier anzusehen und sehen überhaupt nicht, dass sie als Brauereien eigentlich alle Kompetenzen haben, Getränke herzustellen auch ohne Alkohol. Und dass bei vielen, gerade bei den Brauereien, die es schon über lange Zeit gibt, gab es vor dem 19. Jahrhundert lange Zeit, wo man viel Leichtbier hergestellt hat, wo das ganz normal war in Brauereien und das hat sich ja eigentlich erst so richtig nach dem 1. und 2. Weltkrieg verabschiedet, dass die dann alle auf die heutigen 5-Prozent-Biere gegangen sind. Und das ist vielen gar nicht bewusst und sind da eben völlig beratungsresistent. Und auch deswegen finde ich das sehr, sehr wichtig, dass euer Thema da entsprechend auch raus kommt. Wie habt ihr euer Sortiment zusammengestellt? Das sind ausschließlich fränkische Biere?

Kerstin: Also, warte mal, jetzt muss ich tatsächlich mal schnell eine Speisekarte holen, Moment.

Markus: Okay.

Kerstin: Also es sind an die 25 verschiedene Biere.

Markus: Ja, Wahnsinn.

Kerstin: Und zwar, oh Gott, soll ich mal kurz ein paar vorlesen?

Markus: Also ein paar, also wir sind ein werbefreier Podcast, das bedeutet, du kannst nennen was auch immer du möchtest. Aber du musst nicht, also wie du willst.

Kerstin: Also wir haben zum Beispiel, also was wirklich regional ist, vom Rittmayer haben wir das Weizen- und das Kellerbier, zum Beispiel. Dann haben wir Greifbräu in Forchheim, haben wir auch das Weizen, das Helle und das alkoholfreie Radler. Dann Staffelberg, haben wir drei verschiedene, Winkler Bräu aus Lengenfeld. Dann Wiethaler, das ist bei Lauf da drüben. Die sind zum Beispiel auf mich zugekommen und haben gesagt, Mensch, wir haben da auch drei ganz leckere alkoholfreie Alternativen, ob sie nicht den Bierfahrer mal vorbeischicken dürfen. Und die machen zum Beispiel dieses alkoholfreie Malzbier, der Wiethaler, machen die schon seit, jetzt müsste ich lügen, ich glaube, seit 1965 oder sowas und seither wirklich sehr gut. Dann vom Spalter aus Fürth haben wir was da, also das sind verschiedene. Das Einzige, was wir also wirklich nicht regional haben, das ist von Bitburger, das 0,0. Clausthaler haben wir noch mit drin. Aber, als fränkisch haben wir das Kulmbacher Edelherb, das ist auch 0,0. Weil das war mir auch wichtig, dass wir minimal 2 haben, die 0,0 Prozent haben, weil alle anderen haben ja doch 0,5.

Markus: Genau, das ist auch noch ein Unterschied, der vielen Leuten nicht bewusst ist, dass es eben dieses halbe Prozent ist. Wo jetzt einfach, sage ich mal, jemand der keine Schwierigkeiten mit dem Thema Alkohol hat, für den ist das, glaube ich, grundsätzlich mal egal, ob er 0,5 oder 0,0 trinkt. Auch aus gesundheitlichen Gründen normalerweise alles kein Thema, aber in dem Moment, wo es eben um eine Alkoholkrankheit geht, ist es durchaus wichtig. Da mal kurz gefragt, wie haltet ihr das selber? Also probiert Vladimir solche Biere auch oder lässt er da lieber die Finger davon?

Kerstin: Er hat, glaube ich, bis jetzt zweimal eins probiert. Aber er sagt, mal einen Schluck, das hat er bis jetzt, zweimal, hast du eins probiert, alkoholfreies Bier hier jetzt, seitdem du daheim bist, zweimal. Und es schmeckt ihm nicht. Also jetzt nicht an sich das Bier, sondern er hat einfach keinen Appetit auf Bier.

Markus: Ja, das ist ja dann eigentlich auch gut so. Und würdet ihr dann sagen, also jetzt haben wir Aufnahmezeitpunkt Ende Februar, hat sich da jetzt schon so ein bisschen ein neues Normal für euch eingestellt?

Kerstin: Ja, es ist so rappelvoll, das ist unglaublich, was wir für einen Run hier haben. Also das ist völlig ungewöhnlich für Februar, weil das ist normalerweise in der Gastronomie saure Gurkenzeit, Januar, Februar und wir sind auf Biergartenniveau. Also wir haben wirklich, das ist Tendenz steigend. Also wenn das so weiter geht, dann brauchen wir uns wirklich überhaupt keine Sorgen machen.

Markus: Perfekt, also da drücke ich natürlich alle Daumen, dass das auch so weitergeht. Eine Frage habe ich noch zum Abschluss, weil mir das auch sehr positiv aufgefallen ist, ihr habt ja auch diesen Lieferservice. Das heißt, wenn jetzt jemand sagt, er kann jetzt nicht unbedingt in die Fränkische Schweiz direkt fahren zu euch oder macht das vielleicht erst zum Urlaub oder so, aber man kann ja trotzdem sich von euch schon was schicken lassen.

Kerstin: Genau.

Markus: Wie ist das entstanden und was gibt es da und wie funktioniert das?

Kerstin: Also entstanden ist das, das ist eins der positiven Sachen, die wirklich in der Corona-Zeit entstanden sind, weil wir sind auf viele Sachen gekommen, da wären wir so wahrscheinlich nie drauf gekommen. Zum Beispiel uns draußen hinzustellen und den ganzen Winter über draußen zu grillen und unser Essen to Go draußen zu verkaufen und eben auch Essen ein zu vakuumieren. Das war mal zum einen eben auch gedacht, um so Reste, Portionen haltbar zu machen, die man dann vielleicht noch einmal ein paar Tage später nochmal anbieten kann. Das kann man ja durch vakuumieren eben länger haltbar machen. Und auch unseren Leuten, die eben auf Gluten verzichten müssen und auch auf Laktose zum Beispiel, die Möglichkeit zu bieten, leckeres gutes Essen daheim zu genießen, ohne eben selber kochen zu müssen. Und das wurde wirklich sehr, sehr gerne wahrgenommen, grade eben in dieser Corona-Zeit. Weil, mit diesem Homeschooling, mit Homeoffice und die haben einfach keinen Bock dann gehabt, daheim noch zu kochen, so haben die Kinder sich was warm machen können und es war einfach jedem geholfen. Wir haben dann da wirklich ein großes Repertoire aufgefahren, ob das mal Rouladen waren oder ob das Schweinsbraten war, vegane Geschichten, ja, unsere leckere vegane Küche eben mit dabei, wirklich verschiedenste Sachen. Dann die böhmischen Knödel portionsweise vakuumiert, dann mal Spätzle gemacht, ach weiß der Geier alles, das war so bis Gulasch, dann Rinderbraten, alles Mögliche. Ja und das hat sich dann eigentlich so weiter gehalten. Und jetzt ist es halt auch so, wir verschicken fertig gebratene Cordon Bleu oder Schnitzel. Die Leute, die wirklich Zöliakie haben, die haben fast alle zu Hause eine Heißluftfritteuse. Das ist also wirklich ein ganz geniales Teil, die hauen dann so Schnitzel, fertig gebraten von uns, vakuumiert bekommen, für ein paar Minuten in die Heißluftfritteuse und haben ein leckeres Schnitzel wie frisch aus der Pfanne, ja. Und, ja und halt hauptsächlich auch das Brot, Brötchen, Laugenstangen und solche Sachen werden halt auch von mir sonntags gebacken und das verschicke ich dann immer montags mit DHL und ist im Normalfall Dienstag oder Mittwoch, ist es dann beim Kunden.

Markus: Ja, wunderbar. Also ganz viele tolle Gelegenheiten, euch auch zu Hause zu erleben und zu genießen. Ich kann mir vorstellen, wenn da dann irgendjemand Fragen hat, dann stehst du da gerne zur Seite, wie man es genau dann richtig wieder zubereitet. Und es gibt auch die Sellerieschnitzel zum Beispiel, habe ich gelesen.

Kerstin: Genau.

Markus: Also wirklich auch für Leute, die jetzt kein Fleisch essen. Also eine sehr tolle vielfältige Küche, die ihr da anbietet. Dann von meiner Seite aus vielen, vielen, vielen Dank an euch beide, insbesondere natürlich auch an Vladimir, dass du da so offen damit umgehst und da auch ich drüber berichten kann. Aber ich hoffe, dass das viele andere auch aufweckt, beziehungsweise ermutigt, eben ihr eigenes Leben ein bisschen anzuschauen und all die anderen eben auch zum Nachdenken zu bringen, ob es denn unbedingt immer das Bier sein muss, das alkoholhaltige Bier zum Essen oder eben auch mal ein anderes. Also nochmal vielen Dank. Ich hoffe, ich kann demnächst selber mal bei euch vorbeischauen und viele, viele Hörer hoffentlich auch. Dann drücke ich euch ganz fest die Daumen und heute auf jeden Fall dann noch einen schönen und erholsamen Ruhetag euch beiden.

Kerstin: Vielen lieben Dank.

Vladimir: Danke.

 

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de.

BierTalk 135 – Interview mit den angehenden Braumeistern Jakub Leda (Polen) und Sani (Thailand)

In unserer neuesten Episode von BierTalk haben wir eine ganz besondere Aufnahme direkt aus Bamberg. Gastgeber Markus empfängt zwei spannende Gäste: Jakub Leder aus Polen und Sani aus Thailand. Jakub, Braumeister in der Familienbrauerei Jedlinka und Student an der TU München, teilt seine Reise vom Telekommunikationstechniker zum passionierten Brauer. Er gibt Einblicke in die polnische Craftbeer-Szene und die Tradition der Fasslagerung.

Sani, ebenfalls Student in Weihenstephan, erzählt von seinem Weg aus der konservativen thailändischen Gesellschaft ins deutsche Brauwesen und seine Pläne, die erste Craft-Brauerei in Thailand zu eröffnen. Zusammen mit Jakub plant er, einzigartige Biere für thailändische Restaurants in Europa zu kreieren.

Erlebt die Geschichten, die Leidenschaft und die Visionen dieser beiden angehenden internationalen Braumeister…

Kommt in unsere Facebook-Gruppe und diskutiert mit: https://www.facebook.com/groups/bierakademie

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute mal wieder etwas Besonderes, aber diesmal wirklich ganz speziell, weil ich Zuhause bin und Gäste habe. Das heißt, wir sind hier in Bamberg und haben aber die Welt zu Gast, nämlich Polen und Thailand, sehr spannend. Ihr seid beide zu mir ins Büro gekommen, sehr schön, dass ihr da seid. Fangen wir mit dem Jakub an, Jakub Leda, du kommst aus Polen ursprünglich und bist heute hier, vielleicht stellst du dich ganz kurz unseren Hörern mal selber vor.

Jakub: Also, ja, Servus, also ich bin Jakub, ich komme aus Polen. Also ich bin Braumeister in der Familienbrauerei in Niederschlesien und gleichzeitig, studiere an der TUM in Freising Brauwesen, also Diplombraumeister, genau, so, ja. Und ich heute ein bisschen erzähle über Bier mit Markus, also wir haben das Thema zusammen probiert, also ein paar Bierchen, also du warst schon vor ein paar Wochen bei uns in der Brauerei und vielleicht kannst du ein bisschen mehr sagen.

Markus: Auf jeden Fall. Und ich muss sagen, das wäre auch ein schöner Titel für den Podcast, Bier mit Markus. Muss ich mir mal überlegen, ist eigentlich eine schöne Idee. Ja, also auf jeden Fall schön, das du da bist und du hast auch schon das Stichwort gegeben, Freising, Weihenstephan, du studierst hier, ihr beide studiert hier. Sani, wir werden dich gleich noch vorstellen, wir reden erst kurz noch ein bisschen mit Jakub. Und das heißt also, du gehst dem Brauen auch mal so wissenschaftlich jetzt auf den Grund. Aber an sich, also wie kamst du überhaupt zum Thema Bier, war das wegen der Familie oder hattest du irgendwie immer schon Lust, das zu machen?

Jakub: Also das ist eigentlich gute Frage. Also vor ein paar Jahren, ich war gar nix in Bierindustrie also, sondern ich war mehr in Telekommunikation, also ich habe Technikerschule beendet. Und gleichzeitig, also mein Vater hatte die Idee, Brauerei aufzubauen, als ich 16 war, ja, genau. Und, ja, das erste Mal habe ich mit Brauwesen zu tun habe, als ich 16 war, aber kann ich eigentlich nicht so viel offiziell, weil das in Polen erst ab 18 legal ist. Nicht wie in Deutschland, leider, also. Ja und dann Schritt bei Schritt, also ich war mehr in das, das war sehr interessant, also ein bisschen anders als IT-Dinge und ich habe schon mein Interesse. Und, ja, das war schon am Anfang, ich habe ich auch sehr gute Braumeister, er hat mich viel be …

Markus: Viel beigebracht.

Jakub: Ja, beigebracht, ja, genau. Und dann habe ich schon meine Adventure mit Bier angefangen, aber meistens, also das wegen Familie da und ich mache das weiter.

Markus: Ja und also für alle, die mal hinfahren wollen, es ist die Brauerei Jedlinka. Und wie schon gesagt, ich war da vor einigen Wochen vor Ort, ein wunderschönes Anwesen, eine wunderschöne Gegend, ganz liebe Menschen natürlich. Und auch wirklich tolle Biere, das hat mich echt begeistert, weil ihr ja eigentlich eine relativ kleine Brauerei habt, aber sehr viele verschiedene Biere und die alle in sehr guter Qualität macht, da muss ich wirklich sagen, Hut ab, das muss man erstmal hinbekommen. Aber wie ging das denn für dich weiter? Also dein Vater hat gesagt, er macht da die Brauerei, hat dann angefangen, du warst dann irgendwie so mal mit dabei und ist dann irgendwann der Schalter bei der im Kopf, hat sich umgelegt oder hast du ein Bier getrunken und beschlossen, das muss ich machen?

Jakub: Eigentlich bis 18 Jahre alt, ich habe keinen Alkohol da getrunken, würde ich sagen, weil ich war halbprofessionell Fußballspieler.

Markus: Oh!

Jakub: Aber dann habe ich meine deutsche Sprache angefangen zu lernen also und dann, deutsche Sprache kommt immer mit Bier dazu. Ja und es war so, habe ich weitergemacht mit Brauerei, also nicht nur bei uns habe ich gearbeitet, aber danach habe ich auch Praktika gemacht in Deutschland, in Polen in anderen Brauereien, aber immer mit Hauptbraumeister. Hat mich viel, viel gelernt, also besonders noch mit traditionellen Bierstilen wie Pils oder Weizen. Das ist so speziell von ihm, ich bin mehr Richtung neue Welle, also Bier von neuer Welle, also Hazy IPA, IPA, diese Richtung. Aber wir müssen auch natürlich sowas Traditionelles und was Neues wagen und deswegen haben wir auch diese Barel-Aged-Produkte.

Markus: Genau, da sprichst du es an, also deswegen war ich auch dort, weil ihr ein neues Bier präsentiert habt, eben ein fassgelagertes Bier, ein Baltic Porter. Was ja eigentlich so ein bisschen das Aushängeschild in der polnischen Bierwelt ist oder eins der beiden Aushängeschilder, das andere ist das Grodzisky. Und ihr habt dann gleich verschiedene Versionen davon gemacht, also ein normales Baltic Porter, dann habt ihr es in zwei verschiedene Holzfässer eingelegt und dann habt ihr noch einen Eisbock draus gemacht. Also eine sehr große Vielfalt, durchaus alkoholisch und an einem sehr schönen Ort. Also vielleicht erzählst du uns noch ein bisschen, wo ist das denn, was ist das denn für ein Anwesen, wo die Brauerei ist, was erlebt man da, wenn dahin fährt?

Jakub: Also unsere Brauerei ist in Jedlina-Zdrój, also auf Deutsch ist es Charlottenbrunn, eine Stunde von Breslau, also Richtung Tschechien und 20 Minuten von Waldenburg. Und in Jedlinka Bräu, also wir haben eine ganze Komplex, das ist mit Brauerei, Hotel, Hostel, Schloss und zwei Restaurants. Das war schon Brauerei in Vergangenheit in diesem Ort, also vor Ersten Weltkrieg und danach haben sie die Geräte übernommen für Waffen und andere Dinge, also nicht so gut, diese Geschichte. Aber sicher in diesem Ort, das war Brauerei, Gasthaus und Brennerei auch. Ja und das ist schöne 5.000-Leute-Dorf, also mit Gebirge, Eule-Gebirge, ja also das ist sehr schön, ist es dort.

Markus: Ja, also wirklich wunderschön mit einem Wald, sehr idyllisch mit einem Flüsschen dazwischen. Und dann eben, es gibt ja viele Schlösser da auch in der Gegend, also wirklich was zum anschauen und eben auch die Brauerei mit dem Restaurant, wo man auch gut essen kann. Also wirklich, ja, eine faszinierende Geschichte. Ihr habt sogar Lamas dort, habe ich gesehen, ne?

Jakub: Lamas und Alpaccas auch, ja. Also es gibt eigentlich auch viel Singletrack-Strecke, also daneben, also über 500 Kilometer insgesamt in diesem Gebiet. Ja, als es ist, wie du warst, kannst du, also ein Wochenende ist zu wenig, also eine Woche auch. Also ich würde sagen, optimal wären zwei Wochen dort, alles zu sehen und alles zu machen und jedes Bier also zu probieren.

Markus: Perfekt! Also dann wissen die Hörer schon, was sie machen sollen, zwei Wochen Urlaub buchen und zu euch kommen. Vielleicht so ganz generell, viele haben ja noch gar keine so richtige Vorstellung, gibt es in Polen überhaupt einen Biermarkt, was für Biere trinken die Polen, wie muss man sich das vorstellen?

Jakub: Ja, also in Polen und besonders diese Craftbeer-Bühne ist auch ziemlich groß. Also ich würde sagen, also hast du mehr zum Auswählen im Supermarkt auch, besondere Bierstile, als in Deutschland. Also in Deutschland ist es mehr traditionell, wie zum Beispiel hast du immer Hefe oder so, dann hast du Pils, Helles und Weizen, dunkles Weizen und alkoholfreies Bier und in Polen hast du auch im kleinen Supermarkt, hast du IPA, New England IPA. Also es ist viel zu viel, weil es gibt in Polen viele Brauereien, welche brauen nur auf Vertrag. Also sie bestellen einfach Bierbrauer und sie verkaufen seine eigene Brend. Ja, aber diese Craft-Bühne ist nicht so groß, aber mit jedem Jahr, also Leute trinken mehr bessere Qualität, bessere Biere als auf die Menge. Also drei oder vier gute IPA-Biere oder Bockbiere, also etwas stärke oder Stout, sind auch so darunter. Also ich würde sagen, nicht nur Imperial Stout, aber auch normale traditionell und Baltic Porter auch. Also ich würde sagen, dass ist auch wegen Trick, weil diese Zeit in Barel-Aged-Produkte, das waren ja Russian Imperial Stout und grade es ist so ein bisschen komplizierter da und deswegen Baltic Porter kommt, also berühmter, also im Barel-Aged-Segment kommen die Biere. Also wir haben dann auch gemacht, ziemlich auch gute Bierstile, welche war nicht so gut gemarkt oder …

 

Markus: Ja, war nicht so vertreten auf dem Markt vorher. Aber das stimmt, also das finde ich auch ein schönes Beispiel für den Einfallsreichtum auch der Brauer, die dann sagen, okay mit Russian Imperial Stout ist es in der Tat problematisch, da finden wir einen anderen Weg. Und ich finde überhaupt, ich war ja schon öfters jetzt in Polen und auch bei den Bierwettbewerben, es ist eine sehr lebendige Bierszene, die sehr jung ist auch, es gibt viele Hobbybrauer auch in Polen. Und ist eins von zwei Ländern in Europa, finde ich, wo es eben nicht so einen traditionellen Einfluss gibt, sondern wo man tatsächlich erstmal über diese amerikanische Craftbeer-Szene viel Einfluss bekommen hat und sich dem erstmal gewidmet hat und jetzt so in einem zweiten Schritt auch die klassischen Biere für sich entdeckt. Das andere Land für mich sind die Niederlande und ein bisschen kann man vielleicht auch Skandinavien sehen, da ist es ja auch ein bisschen so. Aber wie ist es, habt ihr dann von Anfang gesagt, ihr wollt auch die untergärigen Lagerbierstile machen oder habt ihr erstmal auch angefangen mit den klassischen amerikanischen Craft-Bieren wie eben IPA und Pale Ale und so?

Jakub: Also, ja, dann in Polen, ich würde sagen, das fängt an also vor 13 Jahren bei Pinta Brauerei. Also ich glaube, sie waren einer von den Ersten, also was hat so IPA gebraut. Wie zum Beispiel Attachmelo aber war auch AleBrowar, also die beiden, hat das gebraut, also ihr Braumeister. Er arbeitet, ich glaube, grade im Fermentis, also mit Hefe, er war schon auch auf der Premiere. Ja, aber in Polen hat das gut funktioniert mit starkbitteren Bieren. Aber das ist wie bei scharfen Essen, würde ich sagen, das muss man ein bisschen trainieren, scharfes Essen zu essen und dann kann man mehr bittere Biere trinken. Aber das ist schon, so können wir ein bisschen mehr experimentieren, also das ist nicht so blockiert wie in Deutschland, aber andere Dinge in Polen sind schwieriger. Zum Beispiel mit Etiketten, aber da werde ich nicht erzählen, über das heute. Ja und ein bisschen Biersteuer ist auch fast dreimal teurer als in Polen, also in Deutschland ist es günstiger als in Polen mit Biersteuer. Deswegen musst du auch so von einer anderen Alternative als so Helles oder so und Leute würden deine Produkte auswählen vom Schrank. Musst du so auch mit Etikett spielen, also immer die IPA-Biere haben so voll mit Color, also viel Farbe drin. Und, ja, musst du dann erstmal vom Schrank auswählen und da trinken

Markus: Ja, das stimmt, also viele Leute kaufen Bier, ähnlich wie Wein auch, nach dem Aussehen, nach dem Etikett. Und da erinnere ich mich noch an eine schöne Geschichte mit eurem neuen Bier, ihr habt ja auch ein besonderes Etikett gemacht und dieses Etikett ist mit einer Künstlerin entstanden und hat praktisch eine Metaebene. Das heißt, man hat eine App auf dem Mobiltelefon und kann das dann einscannen und dann erweckt sich das Etikett zum Leben, also es fängt an, sich zu bewegen, es fängt an, dass da Musik entsteht über dem Bildschirm. Das ist eine ganz faszinierende Geschichte, wir seid ihr auf die Idee gekommen?

Jakub: Also diese Künstlerin ist unsere Bekannte und das erste Mal, wir haben gesehen diese Bilder, also diese Technologie heißt Reality Augment, haben das gesehen und dann das gleichzeitig, wir waren bei unserem ersten Projekt mit Barel-Aged-Bieren. Und deswegen, ja, wieso nicht so das nutzen gleich, also auf dem Etikett. Kannst du das auch auf T-Shirt nutzen, aber das ist ein bisschen schwieriger mit diesen Punkten, wenn das bewegt sich. Ja, aber bei Bieretikett, also Bier ist auch Kunst, würde ich sagen, deswegen kannst du das ein bisschen mischen, also diese Kunst. Weil, das ist nicht so typisches Bier so, dieses Barel Aged Baltic Porter. Weil du trinkst nicht einfach direkt von Flasche oder vom Glas, sondern das ist am besten, das schmeckt mit so Dessert so, mit Brownie oder Eis dazu. Und das dauert ein bisschen Zeit, dass es mehr so Richtung Whisky-Demonstration, also mit 150 Milliliter oder 100 Milliliter dazu, aber was dazu noch machen. Natürlich kannst du über Bier fokussieren auch mal Essen, aber in der heutigen Zeit ist es sehr wichtig auch, wir so viel Social Media haben, wie also TikTok, Instagram, Leute müssen immer ins Handy gucken, deswegen kannst du auch mit Bier gucken und dieses Etikette bewegt sich. Und vielleicht in der Zukunft können wir noch mehr diese Technologie nutzen und es würde noch besser, also vielleicht kannst du das ohne diese Art nutzen, sondern direkt von einer Kamera mit einem Handy, das würde noch besser. Aber schauen wir, wie das ist.

Markus: Ja, auf jeden Fall faszinierend. Und ich habe das vorher noch nie gesehen, muss ich sagen, also wirklich toll. Und ich finde ja auch schön, solche Innovationen live miterleben zu dürfen. Insofern, also vielen Dank dafür. Wie sieht dein weiterer Plan aus? Also du studierst jetzt erstmal in Weihenstephan, wie lang hast du noch und wie soll es dann weitergehen?

Jakub: Also ich habe, ich würde sagen, vielleicht noch eineinhalb Jahre und dann das zweite Diplom, aber schauen, das ist immer, das verstellt sich wegen Arbeit natürlich. Weil ich bin meistens, also bei jeder möglichen Pause in Jedlinka so zum Arbeiten. Weil ich bin an der Uni, das ist mehr Homeoffice-Arbeit, also mit Bierrezepte, also neue Technologie, wir vergrößern immer, also die ganze Zeit unsere Brauerei, deswegen also möchten wir auch ein paar neue Technologien, deswegen ich bin verantwortlich für das. Aber, ja und zur Uni dann, ich würde sagen, noch zwei Jahre maximal mit Diplomarbeit. Und, ja, dann, was werde ich machen? Natürlich weiter in Brauerei entwickeln, aber ich habe auch noch ein paar andere Projekte. Mein bester Kumpel von der Uni, wir haben uns kennengelernt im ersten Jahr und, ja, in der Zukunft möchten wir eine Brauerei in Thailand eröffnen, aber bis diese Zeit vielleicht was schon in Europa, bei Verträgen Bier brauen und verkaufen als so Thai-Produkt. Aber vielleicht, Sani kann inzwischen mehr erzählen.

Markus: Ja, spannend. Also jetzt kommt unser zweiter Gast mit ins Spiel und erstmal auch hallo an dich, schön das du hier bist. Und vielleicht stellst du dich auch ganz kurz unseren Hörern …

Sani: Hej, servus, also Hörer. Ja, also ich bin der Sani, ich komme aus Thailand und ich mache grade Braumeister hier …

Markus: Auch in Weihenstephan.

Sani: … auch in Weihenstephan

Markus: Und du kommst ausThailand. Wie kommt man auf die Idee, dass man sagt, ich bin jetzt in Thailand und ich gehe jetzt nach Deutschland und mache Braumeister?

Sani: Das ist eine lange Geschichte, aber war so total interessant, würdet ihr sagen. Also überlege mal vor da so, also ich bin von einer konservativen Familie, ja. Also heißt, also in Thailand meistens, Bier wird als Tabugetränk oder Alkohol wird als Tabuthema so gesehen. Und also einmal, also es war immer so, ich habe, bevor ich nach Thailand gekommen bin, habe ich erstmal so fünf oder sechs unterschiedliche Arbeit, bei Porsche gearbeitet in Thailand und dann am Ende, also ich habe herausgefunden, dass ich hier lieber, weil vorher mal so, weil ich studiert in Teilen. Also ich habe Biotechnologie studiert und habe ich eine Chance gehabt, also in einer großen Brauerei eine Chance, gearbeitet, also für vier Monate so, habe ich ein Praktikum gemacht, also vier Monate. Und danach habe ich fünf Jahre gearbeitet und dann hier war mein Lieber einfach so.

Markus: Und dann hast du gesagt, okay, das möchte ich beruflich machen.

Sani: Ja, genau, da will ich Beruf machen und da so, ich bin zu meinen Eltern gekommen, Papa, Mama, ich will Bier lernen. Und sie denken, bist du bescheuert? Ja wirklich, also ich meine das ernst und ich will das, also ich will Bier lernen. Überlege dir mal, ich werde in Zukunft, also in Thailand es gibt also keinen Braumeister, ich werde der erste Braumeister in Thailand.

Markus: Woah!

Sani: Und wie viele Chancen werde ich da bekommen? Danach haben die erstmal so gelassen, okay, mach was du willst, Sani.

Markus: Und dann bist du gleich nach Deutschland oder hast du überlegt?

Sani: Gleich nach Deutschland, genau. Also ich bin hier in Deutschland also nach Duisburg gekommen, habe da ein Praktikum gemacht. Nee, erstmal so Deutsch gelernt für ein Jahr. Und zum Glück habe ich dann meinen Lehrer, also deutsch Lehrer kennengelernt und der hat mir gesagt, okay, Sani, ich kenne schon so, mein Kumpel, der arbeitet in der Brauerei als Braumeister, willst du ein Praktikum dort machen? Ich habe sofort ja gesagt, ne, so eine Chance so gibt es nie auf der Straße. Und dann habe ich also bei Brauerei Königshof gearbeitet für ein Jahr und dann, habe hier also angefangen, also in Weihenstephan zu studieren, ja, genau.

Markus: Okay. Und dann auch schon die Idee gehabt, später mal in Thailand eine Brauerei aufzumachen?

Sani: Ja, genau, das wäre da so mein zukünftiger Plan. Aber davor müssen wir auch sowas arbeiten, ich meine, wir müssen erstmal unsere Bekanntheit grad erhöhen erstmal. Dabei machen wir dann ein Bier so für thailändische Ketten, Restaurants in Holland. Also bringen einfach so Esstische, auf die Tische, Genuss in die Brauerei, also mit thailändischen Essen. Weil wir so, wir sind da so Braumeister und wir wissen schon, okay, das Bier passt gut zu diesem Essen. Thailändisches Essen hat komplexe Eigenschaften, auch scharf, unser Bier muss besonders sein, ja.

Markus: Und hast du da einen Geheimtipp, was man machen muss bei einem Bier oder willst du das nicht verraten?

Sani: Ich kann es auch nicht verraten.

Markus: Okay. Aber was ich ganz spannend finde oder vielleicht vorher noch, wie habt ihr euch dann kennengelernt, einfach zufällig oder war …

Sani: Einfach zufällig. Ja, also wir haben vor der Bibliothek kennengelernt, einfach so.

Markus: Wahnsinn.

Sani: Ja.

Markus: Was ich total schön finde ist, dass man einfach ein anderes Denken offensichtlich mittlerweile hat, ihr trefft euch aus ganz unterschiedlichen Ländern und plant dann in wieder einem anderen Land mal loszulegen und so. Das ist schon ein sehr internationales, globales Denken, das finde ich ziemlich cool. Wie erlebt ihr sonst die anderen Studierenden, sind die auch so drauf wie ihr oder gibt es da Unterschiede?

Sani: Da ist schon ein Unterschied eigentlich. Ich meine also, wir kommen uns richtig klar, also wir klicken oder so, das ist einfach so besonders zwischen uns, deswegen. Also ich meine, ich sehe ihn als Bruder und er sieht mich auch als Bruder so. Ich meine, also wenn wir wirklich zusammenarbeiten möchten, also ich muss erstmal so ihm glauben oder jemand glauben, ja, hier. Also ich meine, wenn ich hier in Deutschland bin, ich suche auf jeden Fall so jemanden, also dem ich so glauben oder vertrauen so kann. Ich sehe schon so, ich habe wirklich so eine Vision, ich weiß schon, was ich machen möchte und in welche Richtung muss ich gehen, ja. Und Gott sei Dank habe ich jetzt gute Partner.

Markus: Ja, das ist schön, dass ihr euch gefunden habt.

Sani: Genau.

Markus: Warum ausgerechnet in Holland anfangen, gibt es da einen speziellen Grund?

Sani: Ah, okay. Also ich kenne da schon einen Besitzer, der hat sieben Niederlassungen, also thailändische Restaurants. Und ich habe mal gesagt, also okay, können wir vielleicht also bei dir unsere Bier so verkaufen? Und er hat ja gesagt, einfach so.

Markus: Okay, das ist ja perfekt.

Sani: Ja.

Markus: Und warst du auch schon mal in Polen?

Sani: Ja, öfter mal, ja, öfter mal. Wir haben auch sogar so ein Hopfengebiet zusammen, zusammen was aufgebaut.

Markus: Woah!

Sani: Das war in früherer Zeit, war super lustig. Ich musste dann, weißt du, in so einer Säule machen.

Jakub: Masten.

Sani: Masten, ja, ungefähr so neun Meter hoch und wir mussten einfach so mit einer Leiter hochklettern und dann so ein Seil, zusammen was verbinden. Ja, auch gefährlich, aber ist okay. Herausforderung.

Markus: Absolut, ja. Ist das ein neues Hopfengebiet, wo ihr das gemacht habt?

Jakub: Nee, also ich glaube, du hast das gesehen, aber das war im Januar, deswegen, es waren nur diese Masten. Aber Hopfensorte, also haben wir polnische, also eigentlich tschechoslowakischer Marynka.

Markus: Marynka, ja.

Jakub: Das ist irgendwie, also wir brauen mit grünem Hopfen einmal im Jahr, also Pils mit Marynka-Dolden. Also das ist immer auf unserem Oktoberfest, wir haben auch Oktoberfest, immer das vorletzte Septemberwochenende, also bei uns und dann immer acht Biersorten, also mit Anzapfen auch.

Markus: Perfekt. Also jetzt wissen die Hörer genau und die Hörerinnen, wann sie wo sein müssen, nämlich Anfang September bei euch in Polen in der Brauerei. Ich bin sehr gespannt dann, wenn ich dann das erste Bier aus eurer gemeinsamen Produktion verkosten darf. Vielen Dank, das ihr hier wart und ein bisschen erzählt habt. Und, ja, jetzt werden wir gemeinsam ein bisschen Bamberg erkunden und sind schon sehr gespannt, was die Stadt uns bieten wird. Also nochmal vielen Dank, dass ihr da wart.

Sani: Danke dir.

Jakub: Ja, vielen Dank.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 134 – Interview II mit Martin Knab, Altbraumeister der Brauerei Schlenkerla / Heller Bräu, Bamberg

Im zweiten Teil des Podcasts „BierTalk“ vertieft Markus das Gespräch mit Martin Knab, Altbraumeister von Schlenkerla. Martin beschreibt, wie er zur Idee kam, ein Weizenbier bei Schlenkerla einzuführen, trotz anfänglicher Skepsis und technischer Herausforderungen. Die Einführung des Weizenbiers führte zu Anpassungen in der Brauerei, um obergärige Biere herzustellen. Martin betont die harmonische Kombination von Rauch- und obergärigen Aromen im Weizenbier und erzählt von weiteren Entwicklungen, wie dem Fastenbier und einem Doppelbock, der besondere Aromen durch Eichenrauch erhielt. Markus und Martin diskutieren auch die Herausforderungen beim Fassverkauf von Weißbier und die erfolgreiche Einführung von Biervariationen wie dem „Kräusen“, einem leichteren Sommerbier. Martin teilt historische Einblicke in die Brauerei und die Entwicklung von Spezialitäten wie dem Hansla und Heinzlein, welche die traditionelle Braukunst Bambergers widerspiegeln. Die Diskussion beleuchtet die kreative Balance zwischen Tradition und Innovation in der Schlenkerla-Brauerei…

Kommt in unsere Facebook-Gruppe und diskutiert mit: https://www.facebook.com/groups/bierakademie

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute der zweite Teil unserer Doppelfolge mit Schlenkerla-Altbraumeister Martin Knab aus Bamberg. Wir haben in dem ersten Teil der Doppelfolge schon ein bisschen drüber gesprochen, wie sich sein Leben entwickelt hat, wie er zum Bier kam, wie er dann über das Allgäu und Niederbayern nach Franken gefunden hat und schließlich dann in Bamberg seine Zelte aufschlagen wollte und das auch gemacht hat. Ja und jetzt steigen wir ein und schauen mal, wie sich das hier dann vor Ort im Schlenkerla entwickelt hat.

Markus: Wie kam es denn überhaupt dazu, dass du dann gedacht hast, lass uns mal ein neues Bier machen oder hast du das überhaupt gesagt, kam das von woanders, wie lief das?

Martin: Also das war beim ersten Gespräch, hat mich der Seniorchef dann gefragt, was ich denn anders machen würde oder wo ich mir was vorstellen würde? Da habe ich gesagt: „Also was ich mir gut vorstellen könnte, wäre ein Weißbier zu machen, ja oder Weizen“. Ja, dann hat er, ja, hm, hm. Wie ich dann eben fest da war, dann habe ich das wieder ins Gespräch gebracht und dann hat er gemeint, ja, könnte man ja mal ausprobieren. Und, ja gut, dann haben wir es irgendwann mal in Angriff genommen. War dann auch ganz lustig, die Brauerei war natürlich für obergäriges Bier überhaupt nicht vorbereitet, ja. Die Gärgefäße müssen andere sein, ja, die müssen offen sein, wir haben geschlossene Gärtanks da oben, schon seit 1980. Und da habe ich dann gesagt: „Okay, wenn wir das anständig machen wollen, dann muss ich das woanders machen.“ Habe aber auch eine Brauerei gekannt, bei der ich während meiner LGA-Zeit schon das Weizen eingeführt hatte und die habe ich eben gefragt, ob sie es machen würden? Also ich bringe das Malz mit, ich bringe den Hopfen mit, bringe die Hefe mit, sie müssen nur brauen, vergären, abfüllen, etikettieren tun wir es dann selber wieder, ja. Also war ein bisschen umständlich, aber es ging nicht anders und das haben wir dann, ich glaube, im April 98, haben wir es dann eingeführt. Und haben dann, wie wir so gemerkt haben, ja, das kommt eigentlich nicht schlecht an, überlegt, was können wir denn in der Brauerei machen, damit wir die Obergärung auch in der Brauerei machen können? Dann haben wir eben vom Schulz einen der Gärtanks aufschneiden lassen, dass der offen ist und haben wir dann das da so rum gemacht. Und, ja, das ging eigentlich bis, ich glaube, 2010, haben wir dann einen richtigen Weißbier-Gärtank dann erst installiert. Aber das ging mit diesem Provisorium und nichts ist ja so dauerhaft wie ein Selbiges, ja, ging das eigentlich auch ganz gut. Wir waren in der Produktionsmenge ein bisschen beschränkt, weil da war die Sudgröße auf 43 Hektoliter einfach beschränkt, weil dann hat der Tank geendet, ja. Überlaufen lassen braucht man ihn ja auch nicht da. Und, ja, aber wie gesagt, das ist eigentlich dann ganz gut angekommen. Und ich finde auch dieses Raucharoma und das obergärige Aroma, die vertragen sich wunderbar so miteinander, ja. Und das war eigentlich die Vision, die ich dahinter hatte, weil ich ja gewusst habe, wie ein Obergäriges schmeckt, was auch da dahintersteckt, welche Substanzen und ich habe auch gewusst, was beim Rauchgeschmack, welche Substanzen da dahinterstecken. Und dann habe ich gesagt, die kann man eigentlich kombinieren, ja und das ist eigentlich auch ganz gut geworden, ne, ja.

Markus: Ja, also ich sage ja immer, so ein bisschen wie so eine Banane auf dem Grill. Wir können es ja mal ins Licht rücken, wenn du es mal kurz rüber reichst, also so schaut es dann eben heute aus, das Weizen. Und ich denke, es war damals aus mehrerlei Hinsicht was Besonderes, also weil ja an sich Weißbier keine fränkische Spezialität ist, das heißt, es gab nur ganz, ganz wenige fränkische Brauereien, die sich des Weißbieres angenommen haben. Natürlich, die ein oder andere Überregionale kennt man.

Martin: Die Meisten, ja.

Markus: Oder eine Zeitlang, als Gutmann noch zu Franken gehört hat, war das auch mal eine fränkische Weißbierbrauerei, aber an sich war Weizen jetzt kein klassischer fränkischer Bierstil. Das heißt, die Meisten haben es nicht selber gemacht oder gar nicht gemacht. Das ist das eine und das andere dann eben, wenn man es dann macht, auch noch mit dem Raucharoma, ist ja nochmal eine Nummer oben drauf. Wobei ich mich jetzt grade mal frage, wenn ich mich in die Lage dieser anderen Brauerei versetze, jetzt kommt da der Typ mit seinem Rauchmalz an und wenn ich mir jetzt überlege, dass euer Lager ja durchaus auch ein bisschen Rauchcharakter hat, obwohl da gar kein Rauch im Bier selber in der Rezeptur eine Rolle spielt, hatten die nicht Angst, dass du mit diesem Rauchmalz die ganze Brauerei verräucherst?

Martin: Nee, wir haben das so gemacht, dass das der letzte Sud in der Woche war und danach wird sowieso saubergemacht und dann ist auch das ganze Aroma draußen, ne. Also das kriegt man organisatorisch hin.

Markus: Und die Leute hier, wie haben die das so angenommen in der Wirtschaft und so?

Martin: Ach, das ging eigentlich ganz gut, s waren etliche experimentierfreudige Gäste dabei, die haben also das am Anfang, ging das relativ zack, zack, zack. Also es hat sich auch schnell ein bestimmter Produktionsrhythmus dann eingependelt, ja, also.

Markus: Es besteht ja zur Hälfte aus dem klassischen Gerstenrauchmalz und zur Hälfte aus einem ganz normalen Weizenmalz.

Martin: Ja, das Verhältnis ist 60:40.

Markus: Okay, 60:40.

Martin: Also 60 Prozent Weizenmalz, 40 Prozent Gerstenmalz, ja.

Markus: Genau. Und war da jemals der Gedanke, auch das Weizenmalz als Rauchmalz herzustellen?

Martin: Nein, überhaupt nicht. Weizen verhält sich ein bisschen anders, wenn man vermälzt, ja. Es wär auch dann, ich muss dann den Weizen irgendwo, also das Getreide in einem extra Silo haben, das Malz dann auch wieder in einem extra Silo und so viele Silos haben wir dann auch wieder nicht. Also das war eigentlich nie angedacht. Zumal es eigentlich gar nicht so verkehrt ist, weil die beiden, das Märzen und das Weizen, die haben die gleiche Stammwürze, ja. Und dadurch, dass da eben ein gewisser Weizenmalzanteil drin ist, ist das Raucharoma natürlich um ein ziemliches Level niedriger. Und dann haben wir die beiden Biere, die dann nicht gleich daherkommen, sondern auch gewisse Abstufungen im Rauchgeschmack haben, also von daher ist das gar nicht mal so unpassend gewesen.

Markus: Ja, ja und natürlich hat das Hefearoma dann auch Raum, wo es sich entfalten kann. Gab es das jemals im Fass?

Martin: Ich habe mal ein paar Fässer abgefüllt, vor allen Dingen für ausländische Kunden, ja. Das ist aber im Prinzip kein Problem, das Problem beim Fass-Weizen entsteht erst beim Ausschank.

Markus: Ja, eben, ja.

Martin: Da muss man halt drauf Obacht geben. Und da haben wir schon Ende der 80er-Jahre in Passau etwas Lehrgeld bezahlen müssen, dass man eben beim Ausschank nicht mit reiner CO² ausschenkt, ja. Weil, wenn so ein Fass dann zwei, drei Tage am Hahn hängt und du hast dauernd ein CO²-Polster da drauf und du musst da schon immer mal wieder einen Druck drauf geben, dann reichert sich das Bier auch wieder mit CO² an und du musst mit einem noch größeren Druck draufgehen, um das CO² im Bier zu halten und dann wird es irgendwann mal unmöglich, das dann auszuschenken, ja. Und wenn man aber mit Mischgas das macht, also mit der Mischung aus Stickstoff und Kohlendioxid, dann ist das Problem gelöst, ja.

Markus: Naja und hier hat man ja eh noch die Besonderheit, das ja alles aus dem Holzfass ausgeschenkt wird, also eben ohne überhaupt Gas und ohne klassische Schankanlage und ohne Kühlung und all das, also das heißt, die Fässer müssen auch entsprechend leer werden. Und ginge das überhaupt mit Weißbier?

Martin: Es ginge, man könnte es machen, ja, aber es ist nicht praktikabel einfach, ja, weil dann die Mengen doch zu gering sind, die am Tag dann ausgeschenkt werden, weil man weiß e dann auch nie so genau. Und bevor dann jetzt am Tag meinetwegen ein Fass Weizen ausschenkt und dann de Rest wieder aus der Flasche macht, dann kann man gleich alles aus der Flasche machen.

Markus: Genau. Und ihr macht da Flaschengärung?

Martin: Ja.

Markus: Ja, okay.

Martin: Ja, das ist eigentlich die klassische Art, Weißbier zu produzieren. Weil man lässt ja ein Weißbier im Gärbehälter abgären, das heißt also, es ist kein vergärbarer Extrakt mehr drin. Man gibt dann wieder vergärbaren Extrakt in Form Würze dazu. Den muss man natürlich genau ausrechnen, wie viel man braucht, ja. Und dann wird das abgefüllt und die Hefe, die noch im Bier drin ist, die vergärt das dann in der Flasche und das Kohlendioxid, das dabei entsteht, bei der Gärung, kann natürlich aus der verschlossenen Flasche nicht mehr entweichen und reichert sich so im Bier an. Und deswegen muss man es vorher genau ausrechnen, was man braucht.

Markus: Tja, also dein erster Streich sozusagen.

Martin: Mein erstes Kind hier, ja.

Markus: Waren dann auch alle zufrieden?

Martin: Ja.

Markus: Und dann hat man gesagt, okay, das hat er gut gemacht, jetzt darf er nochmal?

Martin: Ja, das ging dann also los, wie der Matthias drüben übernommen hatte dann. Dann hat er gemeint, ja, wir könnten ein Fastenbier machen. Ich sage: „Ja, können wir.“ Ein Fastenbier ist ja eigentlich ein Bockbier.

Markus: Also der Osterbock sozusagen.

Martin: Weil nach der alten mönchischen Tradition, Flüssiges bricht Fasten nicht, haben die Mönche natürlich das Bier, das sie in der Fastenzeit getrunken haben, stärker eingebraut. Also feste Nahrung durften sie ja nur einmal am Tag zu sich nehmen, den Rest haben sie flüssig gemacht. Und je höher die Stammwürze, umso höher der Nährwert, ja. Und dann haben wir da eben das Fastenbier gemacht, aber wir wollten jetzt keinen Urbock 2.0 machen, weil das wäre langweilig gewesen, ne. Und da ist jetzt eben auch eine Malzmischung drin, es ist nicht rein aus Rauchmalz gemacht, sondern wir geben noch ein bisschen Pilsner Malz dazu, um das eben von dem Urbock zu unterscheiden auch, ja. Und mit dem Hopfen habe ich da ein bisschen gespielt. Also da im Urbock und im Märzen ist nur Bitterhopfen drin. Der reicht auch dafür aus, weil der muss durch die Bittere ein Gegengewicht zum Rauchgeschmack herstellen. Hier ist jetzt der Rauchgeschmack nicht mehr so vorherrschend, da kriegt der Hopfen eine Chance, ja, mit Aromen. Und da haben wir dann Aromahopfen auch dazu genommen, vor allen Dingen den Mandarina Bavaria, ein wunderbarer Aromahopfen, einer meiner Lieblingshopfen inzwischen, und der Spalter Select, ja. Auch eine Weiterzüchtung der alten Spalter Landsorte, hat das Aromaprofil von der alten Spalter Landsorte, ist aber vom Ertrag her besser. Und der spielt da auch noch ein bisschen eine Rolle mit, ja, wie auch beim Lager.

Markus: Ja, was ich schön finde ist, grade diese Mandarina-Bavaria-Noten, die gehen da ja so in diese roten Beeren ein bisschen und das unterstützt natürlich auch das Raucharoma schön, also die beiden passen wirklich gut zusammen.

Martin: Sind gute Teamplayer, die zwei, ja.

Markus: Ja, also ein feines Bier. Heute ist es nicht mehr ganz im Bockbierbereich, ne, aber …

Martin: Doch. Doch, doch

Markus: Doch, ah ja, doch noch, okay.

Martin: Wir haben es am Anfang eben nicht als Bockbier gemacht.

Markus: Ach so.

Martin: Bis irgendwann, es hat dann einmal ein höchst richterliches Urteil gegeben, das also, was als Fastenbier bezeichnet wird, muss Bockbier sein, das heißt, es muss mindestens 16 Prozent Stammwürze haben. Wir haben es aber dann auch von der Stammwürze am unteren Ende angesiedelt, ja, während der Urbock bei 17,5 liegt, ist der so bei 16,2, 16,3, ja und hat dadurch auch etwas weniger Alkohol. Dadurch unterscheiden sich die Biere dann auch. Und du kannst ja nicht irgendwo dann immer wieder auf das Gleiche rauskommen, sondern du musst dann schon ein bisschen differenzieren auch, ja.

Markus: Und dann warst du schon im Starkbierbereich und hast gedacht, okay, jetzt setzen wir noch einen oben drauf.

Martin: Ja, das ist ein bisschen anders gegangen, ja,

Markus: Okay.

Martin: Unser zweites European-Beer-Star-Siegerbier, ja. Die Eiche ist eigentlich daraus entstanden, dass mein Chef irgendwann mal mich gefragt hat, ob wir denn unbedingt immer das Malz im Ofenfeuer herstellen müssen? Ich habe gesagt: „Ja, in Stein gemeißelt ist nix, ja, da können wir es auch so nehmen.“ Da hat er gemeint, ja, können wir ja auch mal Eiche probieren. Ja, dann haben wir das Holz besorgt und haben mal eine Darre mit Eiche gemacht, das war 2009 irgendwann mal, ja. Und, ja, dann haben wir das Malz natürlich in ein extra Silo gelegt, ja und dann habe ich im Labor mal so ein paar Maischversuche gemacht. Ich habe ja schon beim Darren gemerkt, also die Eiche brennt anders und sie riecht anders als die Buche beim Verbrennen, ja. Also vollkommen andere Aromen sind das, obwohl die beiden Bäume ja miteinander verwandt sind, aber trotzdem, vollkommen anders. Und dann habe ich das auch mit Maischversuchen im Labor bestätigt bekommen und dann haben wir da so mal ein bisschen rumgerätselt, was machen wir jetzt eigentlich damit? Und da habe ich gesagt: „Naja, wir haben ein Märzen, wir haben einen Bock, bleibt eigentlich nur noch ein Doppelbock übrig, ja.“

Markus: Logisch, ja.

Martin: Wenn, dann müssen wir ja in der Stammwürze nach oben gehen, ja. Mit so einem gehaltvollen Malz da ein Leichtbier zu machen, das ist irgendwo widersinnig, ja. Und, ja, dann hat er eben gemeint, ja, dann machen Sie mal. Und dadurch, dass das Eichenholzaroma viel feiner ziseliert ist gegenüber dem Buchenholzaroma, habe ich da auch dann Aromahopfen mit dazu genommen und zwar auch den Spalter Select. Und das ist eigentlich ganz gut eingeschlagen. Und das hat wirklich sehr, sehr differenzierte Aromen. Man muss es mal warm probieren, damit man so ein paar spezielle Aromen raus schmeckt. Und eins der speziellsten Aromen da drin ist Vanille. Und die Vanille kommt aus der Eiche. Jeder Whisky hat Vanille-Aromen und Whisky lagert in Eichenfässern, die innendrin angekockelt worden sind, ja. Und bei uns machen wir es genau umgekehrt, wir verbrennen das Eichenholz und jagen den Rauch durch die Grünmalzschicht durch. Aber die Chemie, die dahintersteckt, ist die gleiche, ja. Und das Ergebnis ist dann zwangsläufig natürlich auch ein Ähnliches, ja. Wobei natürlich hier die Vanille-Aromen viel geringer konzentriert sind als beim Whisky. Naja, ein Whisky hat eine Trinkstärke von 40% Alkohol, da haben wir ein Fünftel davon, ne, also insofern sind die Aromen natürlich auch anders verteilt. Aber so vom Grund her ist es das Gleiche.

Markus: Ja und man muss sagen, das war damals schon ein ganz besonderes Bier. Also einerseits vom Geschmacksprofil her hat man wirklich erstmal gedacht, das war vielleicht irgendwie im Holzfass, wie auch immer. Und es war auch überhaupt was Neues, was Spezielles, was man so noch nicht gekannt hat. Und dann gab es ja nur diesen einen Sud, den es dann ab 01. Dezember gab am Anfang. Und der war dann auch relativ bald weg und dann gab es das nicht mehr.

Martin: Der war schnell futsch, ja.

Markus: Und dann war das wirklich so ein Bier, da ist ja dann langsam so die Bierwelt ein bisschen erwacht und dann war das eins der seltensten Biere, die bei fast allen irgendwie auf der Liste standen. Und es war wirklich was Besonderes, überhaupt ein paar Flaschen davon zu haben. Das weiß ich noch, so in dieser Anfangszeit da, immer, wenn ich dann jemanden welche mitgebracht habe, die sind da auf die Knie gegangen, dass sie endlich dieses tolle Bier bekommen. Und dazu muss man ja auch nochmal sagen also für alle, die jetzt noch nicht das Glück hatten, im Schlenkerla in der Brauerei gewesen zu sein, es ist ja auch noch eine sehr historische Brau- oder, ja, doch Brauereianlage, die eben in die Tiefe geht. Und das heißt, wenn wir bei den Lagerkellern sind, dann sind wir wirklich im Keller, also ein paar Meter unter der Erde im über 600 Jahre alten Stollen, wo heute noch die Lagertanks liegen. Und ihr lasst diesem Bier auch wirklich Zeit und das merkt man dem auch an. Dieses Harmonische, Runde, die drinkability letzten Endes, das kommt daher. Und für mich ist das immer wieder ein Fest, wenn wir, was weiß ich, so im September, Oktober, wann auch immer, da oben sind und dann eben mal so eine Eiche verkosten vom Lagerkeller, die dann eben schon monatelang oder noch länger da drin liegt, das ist unglaublich und das kann man jedem nur empfehlen. Und ist das etwas, was du auch mitgenommen hast oder was du da neu entdeckt hast, diese langen Lagerzeiten?

Martin: Also die langen Lagerzeiten, die habe ich eigentlich schon immer postuliert, weil, Bier braucht auch ein bisschen Ruhe, ja. Und ich muss dem Zeit lassen zum Ausreifen. Das heißt ja nicht umsonst ausreifen. Und reifen ist ja kein Vorgang, der so mit einem Fingerschnipper geht, sondern es dauert halt, ja. Ist von Bier zu Bier verschieden. Das Lager Hell ist nach fünf, sechs Wochen fertig, das Märzen ist nach sechs, acht Wochen fertig, der Bock braucht 15 Wochen ungefähr und ein Doppelbock kriegt ein halbes Jahr oder länger. Also wir haben ihn auch manchmal ein Jahr lang liegen, also das kommt auch vor, ja. Aber der wird nicht schlechter, der wird eigentlich immer besser, je länger das er liegt.

Markus: Und damit einher geht ja eigentlich auch noch eine Geschichte, die damit verbunden ist, denn ihr wart, ich glaube, es war die erste deutsche Brauerei, die wirklich ein Jahrgangsbier gemacht hat. Also die dann gesagt hat, okay, ich lagere dieses Bier bewusst vier Jahre, bei mir, in der Brauerei, auf der Hefe, in der Flasche und gebe es erst dann raus als Jahrgangsedition.

Martin: Das ha wir hier, ja.

Markus: Genau, das haben wir hier. Jetzt modern mit diesem roten Wachssiegel. Wir haben auch noch ein altes Fastenbier, das auch diesen Prozess durchlaufen hat.

Martin: Das mit den Alukappen, ja.

Markus: Genau, früher hatten die diese schönen goldenen Alukappen, also beides natürlich sehr interessant. Und ich weiß auch noch, damals, als es das zum ersten Mal gab, war, glaube ich, 2012, da durfte jeder maximal zwei Flaschen kaufen. Eine Flasche hat 6,90 Euro, glaube ich, gekostet und es war damals sehr viel Geld für ein Bier. Und die meisten Leute hier haben überhaupt nicht verstanden, also weder die Begrenzung der Menge, noch das man für zwei Flaschen so viel zahlt wie sonst für einen Kasten, das war schon erstaunlich. Und damit hat die Brauerei auch Maßstäbe gesetzt, muss man sagen. Die Nächste, die nachgezogen ist, war dann Schneider mit dem Aventinus, den sie entsprechend lang gelagert, in Papier eingewickelt haben. Wobei, den gab es nur zwei Jahre. Also das ist ja gekommen um zu bleiben und das war auch toll. Wessen Idee war das?

Martin: Wir sind da von unserem amerikanischen Importeur ein bisschen angestoßen worden, weil der hat gesagt: „In Amerika gibt es das, ja, könnt ihr das nicht auch mal probieren?“ Und da haben wir gesagt: „Ja, probieren können wir das schon, kein Problem.“ Weil, wenn das Bier mit Hefe abgefüllt, also es wird ja abgefüllt in die Flasche mit Hefe, unfiltriert und dann lassen wir es im Keller stehen. Im Keller deswegen, weil da ist es schön kühl, da ist es dunkel, das sind die zwei Voraussetzungen, dass man Bier lang liegenlassen kann, ja. Und die dritte Voraussetzung ist, es muss auch eine gewisse Stammwürze haben. Also mit einem Lager Hell braucht man sowas nicht machen, ja, das funktioniert nicht, ja. Aber mit einem kräftigen Bier, also ab Bockstärke kann man es machen. Und diese Biere, die werden dann auch immer besser, die verändern sich nämlich auch noch im Laufe der Zeit und die kriegen eine Weichheit und ein Aromaprofil, dass das frisch abgefüllte Bier noch gar nicht so entfalten kann. Also das sind schon Sachen, die sind werden sehr bemerkenswert. Aber das sind Leibhabersachen, das ist nix für die breite Masse, ja. Da wirst du auch nie riesen Mengen verkaufen davon, ja aber für Liebhaber und die werden ja auch immer mehr …

Markus: Das stimmt.

Martin: … ist das schon so ein besonderes Stück, ja.

Markus: In der Zeit haben auch in Amerika ein paar Leute das Bier ins Fass gelegt, also soweit ich weiß.

Martin: Ja, ja.

Markus: Hast du da mal was probieren können?

Martin: Nee, habe ich nicht, nein.

Markus: Na, da geht es uns gleich. Aber interessiert hätte mich das auch, also was da wohl dabei rauskommt, wenn man das noch im Fass lagert. Also auch wieder eine ganz spannende schöne Facette an der Rauchbierbrauerei, in die Starkbiere eben zu gehen oder hier in die obergärigen Biere. Und man sieht schon, du hast dann angefangen, wirklich dieses Portfolio einfach auch sensorisch deutlich zu erweitern und einfach vielleicht auch neue Grenzen so ein bisschen auszuloten und auch der Brauerei damit ein bisschen Vorsprung zu geben.

Martin: Ja, das war aber natürlich auch immer in enger Absprache mit dem Chef und eng abgestimmt. Weil letztendlich, er ist ja der Bundeskanzler hier herinnen, er bestimmt die Richtlinien der Politik, ja.

Markus: Absolut. Also, ja, also so viel Mal dazu. Wir werden jetzt gleich mal auf die neusten Entwicklungen zurückkommen, also zurückkommen, dann da hinkommen und da geht es dann durchaus auch mal um ein bisschen weniger Alkohol. Prost!

Martin: Prost!

Markus: Ja, wir sind immer noch im wunderschönen Schlenkerla, haben uns jetzt grade schon über die ersten Biere unterhalten, die du dann selbst mit entwickelt oder entwickelt hast. Und da waren wir jetzt am Ende praktisch so bei der Krone der Schöpfung angelangt so ein bisschen, also beim Doppelbock, der dann noch als Jahrgangsbier ausgebaut wird. Und haben uns auch schon drüber unterhalten, wie besonders die Brauerei einfach ist, auch von ihrer Anlage, von ihrer Struktur und die wird ja auch immer noch so gelebt und am Leben erhalten und jetzt auch grade wieder weitergebaut. Also das ist schon faszinierend, überhaupt sowas in einer Stadt zu bewahren, wo man so räumlich beengt ist, in jeder Hinsicht. Andere hätten die ja schon längst auf die grüne Wiese gestellt wahrscheinlich, ne?

Martin: Ja, in Ermangelung einer grünen Wiese…

Markus: Okay, also man könnte natürlich sagen, also hinter der Brauerei gibt es ja noch das Gelände vom ehemaligen Biergarten, den könnte man ja vielleicht verwenden.

Martin: Ja, da hat die Sternwarte was dagegen.

Markus: Okay, ja, gut. Aber, also für alle, die mal nach Bamberg kommen, das ist auf jeden Fall auch einen Besuch wert, dann auf den Stephansberg hoch, dort ist dann auch ein anderer Bierkeller oder zwei sogar. Bei uns sind Bierkeller ja oben auf den Hügeln, weil man da eben auf dem Keller sitzt, wo das Bier drunter gelagert wurde. Und dann gibt es da sogar noch einen Fassaufzug, den man anschauen kann in einen von denen. Und das ist einfach von der ganzen Anlage her faszinierend. Und da steht sogar eine Sternwarte, eine der ersten modernen Sternwarten, die es damals überhaupt gegeben hat.

Martin: Richtig, ja.

Markus: Also Bamberg durchaus auch ein bisschen richtungsweisend damals in dieser Stadt.

Martin: Ja, Wissenschaftsstandard.

Markus: Und wie ich immer über Bamberg sage, unsere Stadt am bedeutesten, als sie gegründet worden ist und seitdem befinden wir uns, zumindest politisch, in einem ständigen Niedergang. Aber jetzt ist es vielleicht wieder ein bisschen aufgehoben, nachdem wir ja das Bier für uns entdeckt haben. Ja und nun hast du die Kurve gekriegt, sagen wir mal, du bist im Alkohol ganz oben angekommen und dann habt ihr euch überlegt, was können wir denn am anderen Ende der Fahnenstange machen oder wie kam es dazu?

Martin: Ja, das waren zwei Überlegungen, also einmal, es wurde von den Gästen immer wieder mal gewünscht, dass man für den Sommer ein etwas leichteres Bier haben. Weil das Märzen mit 5,1% Alkohol ist natürlich schon gut bestückt und dann war halt die Überlegung, können wir da was anderes machen? Ich hätte ja gern das Lager einfach unfiltriert in Fässer abgefüllt und hier ausgeschenkt, aber da steht natürlich die Philosophie des Hauses dagegen, das hier nur Rauchbiere zum Ausschenken kommen. Und dann sind wir halt auf den Trichter gekommen, dann machen wir halt eins, wir nehmen ein Lagerbier ab und kräusen das mit einem Märzen noch einmal auf. Also aufkräusen ist ein Vorgang, den man während der Bierproduktion machen kann, wenn man die Nachgärung nochmal ordentlich anschubsen möchte, ja. Da eben in ein Bier, das vielleicht nicht so gescheit vergoren ist, nochmal frisches Jungbier dazugegeben zu einem gewissen Prozentsatz, darf man nicht zu viel machen und dadurch wird die Nachgärung nochmal angeschubst und der Extrakt nochmal ordentlich vergoren. Und das haben wir halt gemacht und das ist eben das Kräusen dann rausgekommen. Das ist eigentlich aus zwei Grundbieren gemacht, aus dem Lager und aus dem Märzen.

Markus: Können wir eigentlich Mama und Papa noch dazustellen, ne, eigentlich so ungefähr.

Martin: Ja, hier, machen wir es da so, ja.

Markus: Und das ist ungefähr so zwei Drittel hier, ein Drittel da, oder?

Martin: Ja, das ist weiter auf dem Lager drüben, die genauen Prozentzahlen werde ich natürlich nicht verraten, ne.

Markus: Ja, wir haben natürlich Betriebsgeheimnisse, logisch.

Martin: Ja. Aber jeder, der das im Glas sieht, kann sich ungefähr vorstellen, wie viel Märzen, wie viel Lager da drin ist, ja.

Markus: Und wenn ich jetzt überlege, also selbst heute noch, wenn ich durch Franken fahren würde und würde so den gemeinen Biertrinker sagen, was hältst denn du davon, wenn ich zwei Biere miteinander mische, dann würden 98 Prozent, würden mir eine Ohrfeige geben.

Martin: Das ist eine Todsünde.

Markus: Und das heißt ja was, das zu machen. Also war das einfach kein Thema, nehmen das die Leute gar nicht wahr oder habt ihr einfach bewusst gesagt, letzten Endes ist es ja eine alte Methode. Und wenn man also ganz kurz noch ausgreift in ähnliche Bierkulturen, die tschechische Bierkultur, da ist es ja immer üblich, Biere zu mischen.

Martin: Das ist da eine Hausordnung, ja.

Markus: Also es ist gar kein Sakrileg, aber hier halt. Aber wie seid ihr damit zurechtgekommen?

Martin: Also ich bin da vollkommen schmerzfrei, weil so kannst du auch andere Bierstile kreieren und die kannst du dann notfalls wieder in einer eigenen Produktion machen oder du machst es halt immer so, ja. Man kann natürlich das nicht beliebig in allen Schattierungen machen, ja, es müssen da schon ein bisschen so die Gegensätze zusammenkommen, wie hier, Mama und Papa, ja und dann kommt da was raus, was auch lebensfähig ist. Und das eigentlich von Anfang an hingehauen. Das war übrigens bei allen Bieren, die wir gemacht haben hier, da hat immer der erste Schuss gesessen, ja.

Markus: Was vielleicht auch ein bisschen auf deine Kunst zurückzuführen ist.

Martin: Ja, es ist ein bisschen so die Erfahrung, die man halt sammelt im Laufe der Zeit. Was ich ganz zu Anfang ja schon gesagt habe, wenn du aus der Uni kommst, bist du vollgestopft mit Wissen, weißt es aber nicht direkt so anzuwenden, ja. Und du kriegst aber im Laufe der Zeit natürlich Erfahrungen und diese Erfahrungen, die kondensieren sich halt dann irgendwo in solchen Sachen, ja.

Markus: Und das Kräusen ist dann aber am Ende ein filtriertes Bier?

Martin: Nein, ist unfiltriert.

Markus: Ah, okay.

Martin: Und das ist ja halt auch nochmal was Besonderes, ja, die üblichen Kellerbiere hier in Franken sind ja eigentlich alle unfiltriert, ja. Und dem haben wir damit auch ein bisschen Rechnung getragen, ja.

Markus: Da können wir vielleicht noch kurz vorgreifen, ihr habt dann ja in der Pandemiezeit dieses Thema unfiltriert auch nochmal ein bisschen für euch entdeckt, da gab es ja dann die Biere teilweise in der unfiltrierten Form.

Martin: Ja, das war auch auf Kundenanforderung. Das Lager Hell haben wir als unfiltriertes gemacht, das wollten die Schweden unbedingt mal haben, ja. Und das haben wir dann auch hier in Deutschland als Sonderedition dann herausgegeben. Das Märzen kommt zum Tag der Rauchbierbewahrung, das ist der 23. Juli immer, auch als unfiltriertes Bier zum Ausschank. Der 23. Juli deswegen, weil am 23. Juli 1635 in England das erste Patent auf eine rauchfreie Dare erteilt wurde. Und das hat mein Chef irgendwann mal in den letzten Jahren entdeckt und hat dann natürlich gleich daraus wieder einen Festtag gemacht. Aber solche Events muss man machen, ne, die schreien danach, ja.

Markus: Ja, muss man machen, schreien danach. Also was ich ganz toll an Matthias finde ist, dass er sich halt wirklich um diese historischen Dinge bemüht und da auch sehr exakt ist. Also viele erfinden ja irgendwelche netten Storys und so, aber er ist ja wirklich jemand, der nimmt das ganz genau und ist da auch entsprechend gründlich und macht dann auch was draus. Und das, muss ich sagen, bewundere ich sehr. Und grade dieser Tag der Rauchbierbewahrung ist natürlich also für Bamberg nochmal ein Feiertag.

Martin: Mit Sicherheit, ja.

Markus: Ja und auch, dass man das offen macht und sagt, da gehören alle dazu, die eben das klassische Rauchbier produzieren, finde ich auch gut. Und damit bereichert das unseren Jahreskreislauf noch um ein spannendes Datum. Also da unbedingt auch mal vorbeikommen und da gibt es dann hier eben frisch vom Fass.

Martin: Mit speziellen Speisemöglichkeiten.

Markus: Ja, außerdem, richtig. Da kommen wir vielleicht ganz am Schluss noch dazu, auch da hat sich ja noch einiges getan. Aber, genau und dann warst du jetzt hier schon mal auf dem Weg, also Richtung eines 4%-Bieres, sagen wir mal und dann ging es noch weiter. Also vielleicht auch nochmal, was ich ganz toll finde, wie vorhin schon gesagt, eigentlich habe ich Schlenkerla immer mit sehr traditionell, sehr dem Alten verhaftet, so wahrgenommen und man nimmt ja eigentlich eher an, dass so eine Brauerei dann eben eher ein bisschen behäbig ist, was Innovationen und solche Dinge angeht. Aber dann habe ich jetzt eben erlebt, wie ihr es doch immer wieder schafft, also einerseits auch innovativ zu sein, neue Wege zu gehen, neue Trends auch zu entdecken, sich auch Herausforderungen zu stellen, die sich einfach am Markt ergeben und dabei aber der Schiene treu zu bleiben, also in diesem Setting, wie ein Schlenkerla ist, wie es funktioniert, zu bleiben. Und das, finde ich, ist auch eine gewisse Kunst, das hinzubekommen, ne.

Martin: Ja, Tradition heißt ja, nicht die Glut hüten, sondern die Flamme weitertragen. Und das ist eigentlich auch einer der Leitsprüche von Matthias Trum, dass wir natürlich auf Bewährten aufbauen, aber das natürlich auch zum Teil, ja, in die heutige Zeit umsetzen oder interpretieren muss, ja. Und so ist eben diese leichte Linie entstanden. Die hat eigentlich einen Hauptgrund, warum wir die gemacht haben, wir wurden immer wieder gefragt, ob es das Schlenkerla nicht als alkoholfreies Bier gäbe? Ich habe es probiert, also es gibt so bestimmte Gärverfahren, da kann man das hinkriegen, die waren alle unbefriedigend, also was da rausgekommen ist. Das habe ich im so fünf- bis zehn-Liter-Maßstab gemacht, ja, um mal die Orientierung zu haben, wo könnte es denn hinlaufen, ja. Und das hat mir alles nicht geschmeckt, da habe ich gesagt: „Das hat keinen Sinn, das geht nicht.“ Und dann hat er, und da kommen wir jetzt ein bisschen hier in die Familienchronik rein, etwas entdeckt von seinem Urururgroßvater, Konrad Graser war das, ja. Der Konrad Graser hatte 1840 die Brauerei am Michelsberg gepachtet, die hat er bis 1866 gehabt, also 26 Jahre lang.

Markus: Kleiner Einschub, das ist Bambergs wahrscheinlich älteste Brauerei, die wir haben oder hatten.

Martin: Ja, wir haben sie nicht mehr, da ist jetzt das Brauereimuseum drin.

Markus: Richtig, genau.

Martin: Und der Konrad Graser hat dann 1866 hier diese Brauerei und Gastwirtschaft gekauft, wo wir uns jetzt befinden, damals unter dem Namen Heller Bräu im Handelsregister gestanden, unter dem Namen stehen wir auch heute noch drin, ja. Und dem Konrad Graser sein Sohn, der Andreas Graser hat dann den Namen Schlenkerla auf die Brauerei gebracht. Wobei es nicht er war, sondern die Stammgäste hier, die ob seines Ganges den Namen Schlenkerla, weil er ein wenig geschlenkert hat immer mit den Armen, verpasst haben. Und unter dem Namen sind wir halt auch bekannt, unter dem Namen Heller Bräu nicht, aber das nur so nebenher. Ja und dieser Konrad Graser hat während der Zeit, während er am Michelsberg oben war, auch noch eine alte Bamberger Biersorte gebraut, nämlich das Heinzlein und Hansla, ja. Das war ein sogenanntes Nachgussbier. Wie das genau passiert, das müssen wir nicht jetzt groß erläutern und breittreten, vorstellen. Weil, das haben wir dann auch ein bisschen in dem automatischen Betriebsablauf, den wir haben, integrieren müssen, es waren ein paar Kunstgriffe notwendig. Auf alle Fälle ist das also, beim Abläutern hört man ein bisschen früher auf und dann fängt man das, was da noch drin ist, gesondert auf. Das hat natürlich eine sehr, sehr niedrige Stammwürze und die Stammwürze wird hauptsächlich dargestellt als nicht vergärbaren Anteil. Das heißt, es entsteht da sehr, sehr wenig Alkohol dabei. Und das ist ein Bier gewesen im 19. Jahrhundert hier in Bamberg, das auch an Kinder verfüttert wurde? Warum? Weil Bier bis Mitte des 19. Jahrhunderts in ganz Deutschland oder ganz Mitteleuropa das gesündeste Lebensmittel war, das es jemals gegeben hat. Weil Bier muss während seiner Herstellung gekocht werden und damit ist es steril. Und dadurch, dass auch Hopfen drin, haben auch krankheitserregende Bakterien keinerlei Chance, sich da zu vermehren. Und so haben wir also das Heinzlein und Hansla aus den alten Büchern von Konrad Graser eben entdeckt. Und ich habe dann in etlichen Versuchen dann, die haben dann großtechnisch erfolgen müssen, versucht, dieses relativ rudimentär beschriebene Verfahren natürlich, nachzuempfinden und auch was draus zu machen, dass man dann das auch in eine automatische Sudhaussteuerung mit reinbringt. Das sind ja zwei Sachen, die man da beachten muss. Und da ist dann eben das Hansla rausgekommen, das ist rauchige Variante und zweimal Heinzlein, das ist die nichtrauchige Variante, nämlich als Helles und als Dunkles, ja.

Markus: Genau, die kamen ein bisschen später. Also ich kann mich noch erinnern, vielleicht noch allgemein gesagt, Hansla war praktisch ein Gattungsbegriff, sage ich mal so. Also Brauereien haben eben aus ihrer Malzmischung einen ersten, manchmal sogar einen zweiten Aufguss gemacht, wo normales Bier dabei raus kam und dann war eben der letzte Aufguss meistens der Dritte, war dann so ein Nachgussbier, wo man halt nochmal das Malz ausgelaugt hat. Das hat dann zwar noch Geschmack gehabt und eben ein bisschen Stammwürze, aber nicht mehr viel und dabei kam dann eben das raus, was man landläufig überall hier bei uns in der Gegend das Heinzlein oder Hansla genannt hat. Und es war eben das Bier für, sagen wir mal, die ärmeren Leute, die kranken, die Kinder, wie auch immer, also je nachdem. Manche Kranke haben auch bewusst das starke Bier bekommen, um sie zu nähren, also je nachdem. Aber das war einfach so das Alltagsgetränk, weil es eben diesen Produktionsprozess unterlaufen war, der ein steriles Getränk erzeugt hat, wie wir heute wissen. Damals wusste man einfach, es ist gut, das zu trinken und auf jeden Fall besser als irgendwelches Wasser aus irgendeinem Reservoire, was man sonst wo hatte. Und damit war das eigentlich landläufig so üblich und ist dann verschwunden, als die modernen Technologien des Brauens aufkamen und dann auch die moderne Mälzerei und überhaupt die Industrialisierung dann dazu geführt hat, dass wir das haben, was wir heute haben an Wirtschaft, an Getränkewirtschaft. Und jetzt eben das wiederzuentdecken, finde ich ganz toll. Und ich kann mich noch erinnern, der Matthias hat mir das dann erzählt, ich war, glaube ich, sogar ziemlich genau hier zu dem Zeitpunkt und hat dann mir erzählt, er macht das jetzt oder ihr macht das jetzt und er hätte da auch mal was da. Und dann ist er hinter den Tresen, hat uns eine Flasche geholt, ohne Etikett war damals noch und hat mir das dann so eingeschenkt, was ich denn davon halte und ich war von vorneherein begeistert. Und es war dann auch so, dass von diesen Probeflaschen, die er so hatte, die waren innerhalb von wenigen Tagen weg, weil alle Leute begeistert waren. Und für mich, muss ich sagen, hat es einfach eine neue Möglichkeit geschaffen, weil ich kann so jetzt halt auch mittags zum Beispiel mit Gästen, mit Kunden, wie auch immer, hier reinkommen, kann zwei, drei, wenn ich Lust habe, sogar vier Bier trinken, die mir schmecken, die Rauchcharakter haben und ich bin eben danach nicht von dem Alkohol in irgendeiner Art und Weise beeinflusst. Und das ist natürlich eine schöne Geschichte und trifft auch genau einen Nerv der Zeit und das fand ich auch so toll, diese Vision damals schon zu haben, dass das ein großer neuer Trend wird. Und da wart ihr auch in Bamberg ziemlich vorne dran mit einem eigenen und noch dazu mit diesem eigenen Charakter. Wer kam denn auf die Idee, die Nichtrauchigen zu machen oder war das von Anfang an?

Martin: Das war eigentlich von Anfang an angedacht, wenn wir die rauchige Variante machen, dann sollten wir auch ausprobieren, ob wir nichtrauchige machen können, ja. Weil das ist, wie gesagt, der Rauchgeschmack, der kommt da auf Grund der sehr, sehr niedrigen Stammwürze, aber der Rauchgeschmack ist relativ kräftigt. Der kommt eigentlich deutlicher durch als beim Märzen, wo er bei der Stammwürze ein bisschen kaschiert wird mit, ja. Und das ist nicht jedermanns Sache, drum haben wir auch gleich gesagt, machen wir das als Helles. Und wenn es ein helles Bier ist, kannst du ein dunkles auch gleich machen, das ist dann eine sehr, sehr leichte Übung, ja. Aber das war eigentlich von Anfang an so gedacht. Versuchskarnickel war das, ja und wie das geklappt hat, waren die zwei relativ schnell entwickelt, also das ging dann ratz fatz, ja.

Markus: Also ich muss auch sagen, ich finde grade das Dunkle ganz toll, weil wir das auch bei uns in den Kursen einsetzen also als Beispielbier eben auch so für mittelalterliche Nachgussbiere, weil es eben etwa zumindest da hinkommt und sich Leute eben vorstellen können, wie damals Biere also in Ansätzen waren. Ganz genau nachvollziehen kann es sowieso nicht, aber zumindest sich dem so ein bisschen nähern. Und, ja, ist ganz toll, dass es das gibt. Und damit ist ja auch eine neue Marke wieder eingeführt oder eingeführt worden, mit dem Hansla.

Martin: Richtig, ja.

Markus: Mit eigenen Kästen sogar, also spannend. Ja und damit war eben auch noch ein anderer Trend eingeläutet, nämlich zu sagen, wir verlassen auch mal diese Schlenkerla-Pfade und nennen auch mal andere Dinge bei anderen Namen, Heinzlein. Und da kommt dann noch was aus dieser Konrad-Graser-Ecke, ne.

Martin: Das ist diese hier.

Markus: Genau. Also da muss man vielleicht noch eins dazu sagen, du hast ja grade so im Nebensatz erwähnt, dass du wir hier das Brauereimuseum in Bamberg haben. Tolle Einrichtung übrigens, vereinsgeführt in eben Bambergs ältester Brauerei, über 1.000 Jahre alt, die Braustruktur da unten, mit tollen Exponaten und an sich sehr, sehr schön. Ich bin da auch schon lange Mitglied, war auch eine Zeitlang im Vorstand. Und du bist seit einigen Jahren der erste Vorstand, für den Laden sozusagen verantwortlich.

Martin: Seit fünf Jahren, ja.

Markus: Genau. Und da kommt dann, weil Michelsberg, das ist da oben, da ist ein Kloster. Das Spannende an dem Kloster ist vor allem die Decke dieses Klosters, denn an die Decke der Kirche haben die Mönche ein Herbariums gemalt, also ihre damaligen …

Martin: Ja, den Himmelsgarten, ja.

Markus: … Kräuter, was man so kannte aus aller Herrenländer. Und das ist praktisch wie ein Buch zum angucken. Und sie hatten eben auch eine entsprechend große Terrasse, wo wahrscheinlich auch mal Hopfen angebaut worden ist, dann auch Wein angebaut worden ist. Und das Ganze ist auch so eine tolle Location, ein toller Ort, wo man eben sein kann. Und da hat man dann gesagt, jetzt wollen wir auch mal ein Bier.

Martin: Ja, das Bier ist entstanden eigentlich dadurch, dass im Jahr 2021 die Klosterkirche St. Michael ihr 1.000-jähriges Weihejubiläum hatte. Jetzt war 2021 ja eins der heftigsten Corona-Jahre, da war also mit einem Fest für 1.000 Jahre Kirchweihe nix möglich. Außerdem ist ja eh eine Baustelle grade am Michelsberg oben, da ist es eh schwierig, ja. Jetzt haben wir im Museumsverein ein knappes Jahr vorher 2.700-Liter-Bügelverschlussflaschen geschenkt bekommen, ja, von der Faust Brau in Miltenberg, die wollten sie wegschmeißen, haben sie uns gefragt, ob wir sie brauchen können? Haben wir gesagt: „Ja, die nehmen wir erst einmal. Wir wissen zwar noch nicht, was wir damit anstellen, aber wir nehmen sie mal.“

Markus: Da war der Eisbock drin normalerweise…

Martin: Ja, also 0,7 …

Markus: Ja, ja, genau, ja.

Martin: … das ist eine ungewöhnliche Flaschengröße, ja. Und wie dann eben das dann so in das Jahr 2021 hineingegangen ist, dann haben wir also gesehen, also mit Fest für 1.000-jährige Kirchweihe geht nix. Da haben wir gesagt: „Wir machen ein Festbier und das füllen wir in diese Flaschen ab. Und das verkaufen wir dann auch über die Stiftsläden und über das Museum.“ Und dann habe ich meinen Chef eben gefragt, ob er denn vom Konrad Graser was habe? Weil ich habe gewusst, er hat alle, sämtliche alten Sudbücher von ihm, die hütet er wie einen Schatz. Und dann hat er gesagt, ja, er sucht was raus. Und dann hat er mir den Sud Nummer 13 aus dem Jahr 1840 gegeben. 13, wir sind ja nicht abergläubisch. Und das waren natürlich relativ rudimentäre Angaben da drin, soundso viele Scheffel Malz hat soundso viele Eimer Bier gegeben. Das mussten wir also erst einmal umrechnen, wie viel Kilogramm Malz das waren, wie viel Hektoliter Bier rausgekommen sind. Gut, bei einem Hektoliter weiß man ungefähr, die Sudgröße war damals so um die 30 Hekto, also viel mehr kann es auch nicht gewesen sein, ja. Die einzig vernünftige Angabe in dem Rezept war, das 23 Kilogramm Hopfen drin waren. Gut, dann haben wir also aus diesen Angaben, die man dann umrechnen konnte, haben wir zurückgerechnet, was könnte es gewesen sein. Und was war es dann, es war ein Märzen und mit 13,4 Stammwürze. Und wir haben aber dann auch gesagt, wir machen da kein Schlenkerla 2.0 draus, ja, obwohl damals am Michelsberg oben wahrscheinlich auch Rauchbier gemacht wurde. Es gab zwar in Bamberg schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein paar Brauereien, die auch nicht Rauchbiere gemacht haben, aber in der Regel, die Meisten waren doch rauchig.

Markus: Hatten die dann eigene Mälzereien oder haben die es zugekauft?

Martin: Nee, das ist dann Kaufmalz gewesen, ja. Das ist auch so, das Berufsbild des Brauers und Mälzer, das hat sich ja so ab Beginn des 19. Jahrhunderts ein bisschen auseinanderentwickelt, weil eben die Industrialisierung natürlich auch mit sich gebracht hat, wenn man größere Produktionseinheiten hat, hat man natürlich einen Kostendegressionseffekt. Und den haben dann natürlich die Handelsmälzereien ausgenutzt, um ihr Malz den Brauern preiswerter anzubieten, als wenn sie die Rohstoffe kaufen, die selber vermälzen mit einem Haufen Aufwand. So ist das dann gewesen und die Handelsmälzereien haben schon etliche dann auch rauchfreie Malze herstellen können, schon vor Beginn des 20. Jahrhunderts. Und wir haben aber trotzdem bewusst uns entschieden, wir machen kein Rauchbier sondern ein Nichtrauchbier, aber wir machen auch nicht da ein beliebig einfaches Helles, sondern machen da so ein mittelfarbiges, bernsteinfarbiges Bier mit 13,4 Stammwürze und natürlich mit Spalter Hopfen. Den gibt es ja heute noch, die alte Spalter Landsorte gibt es heute noch. Und das haben wir dann abgefüllt in der Pax Bräu in Oberelsbach. Weil der kann Bügel abfüllen, das ist natürlich auch die Voraussetzung, dass man das machen kann. Und da haben wir auch gesagt: „Wir machen einen Sud und dann ist gut und dann sind wir fertig, ja.“ Und wie der eine Sud dann zum Verkauf gekommen ist, haben wir relativ schnell festgestellt, das reicht hinten und vorne nicht, was wir gemacht haben, da müssen wir noch einen machen. Da haben wir also noch einen gemacht, haben dann den auch wieder bei der Pax Bräu gemacht und ausreifen lassen und dann abgefüllt. Und wie wir den dann abgefüllt hatten, war es also ungefähr so, dass der erste Sud, die letzte Flasche weg war und da ist die Nächste dann in den Verkauf, hat gut zusammengepasst. Und mit dem Ende des Jahres 2021 war auch dann die letzte Flasche verkauft und dann haben mich die Stiftsläden gefragt, gibt es das nächstes Jahr wieder? Da sage ich: „Nee, also bei aller Liebe.“ Das haben wir ja alles ehrenamtlich gemacht, also nicht nur ich allein, meine Kollegen waren da alle mit dabei und da stecken ein Haufen Stunden drin. Und wir mussten auch immer zur Pax Bräu rauf fahren, die sind 120 Kilometer einfach von hier weg, also ja, da hat man schon ein bisschen einen Aufwand und das im Ehrenamt, das wollten wir dann auch nicht, uns dauernd da dran binden. Und dann habe ich meinen Chef gefragt, ob wir das nicht im Schlenkerla machen könnten und dann in Halbliterflaschen abfüllen? Und das hat er sofort begeistert aufgenommen, hat dann eben mit der Stiftsverwaltung die geschäftlichen Bedingungen dann ausgehandelt. Da sind sie sich auch relativ schnell handelseinig gewesen und dann haben wir das eben mit Beginn des Jahres 22 als Stiftsgartenbier hier rausgebracht. Und das sind eben jetzt diese vier Konrad-Graser-Biere, die dann heuer, nee, letztes Jahr 2023, wir haben ja schon 2024, ja, dann noch um zwei besondere Rauchbiere erweitert worden sind, auf die kommen wir jetzt zum Schluss.

Markus: Auf die kommen wir gleich noch zum Schluss. Und noch eine Frage, also Stiftgartenbier, das war ja dann für dich auch die Zeit, wo du dich langsam aus dem aktiven Dienst verabschiedet hast, oder?

Martin: Ich war da schon im Ruhestand. Also ich habe ja in 2015 begonnen, meine Arbeitszeit zu reduzieren, da hat der Michael ja schon die volle Verantwortung übernommen gehabt am 01. Februar 15. Ich war noch so ein bisschen im Hintergrund, habe aber versucht, ihm möglichst wenig reinzureden. Weil ich mag das bei mir auch nicht und dann kann ich es bei anderen auch nicht machen, ja. Außerdem verderben viele Köche den Brei, ja. Also das tut nicht gut, dass man da mehrere Schnäbel da drin hat, also hat er das alleine gemacht, ich habe andere Aufgaben gehabt. Das war auch genügend, wir haben da den Keller ausgebaut, da war ich auch gut beschäftigt und habe dann auch noch Führungen gemacht und habe meine Arbeitszeit immer weiter reduziert und bin dann am 1. August 21 in Ruhestand gegangen.

Markus: Ja und das finde ich auch faszinierend, wie gut und harmonisch das tatsächlich funktioniert hat und immer noch funktioniert. Und du bist ja immer noch da oben als Führer da und natürlich auch irgendwie als Repräsentant in gewisser Weise und Ansprechpartner und all das, was eben einfach auch dazu gehört, wenn man so lange für so viele Biere auch Mitverantwortung gezeichnet hat. Eine Frage noch zum Stiftgartenbier, da kam ja dann sogar Bamberg auch mit dazu, ne?

Martin: Ja, es gibt hier in Bamberg einen Gärtner, den Emmerling, der baut verschiedene Hopfen an. Da kommt pro Hopfensorte nicht übermäßig viel raus, aber er hat da eben verschiedene gehabt und er hat auch einen schönen Aromahopfen gehabt, einen Tettnanger. Den haben wir dann eben in dieses Bier mit rein als Doldenhopfen, normal nehmen wir ja Pellets hier. Und da konnten wir also auch nicht allzu viel davon verwenden, weil sonst haben wir mit den Produktionsanlagen ein bisschen Schwierigkeiten, ja, die sind nicht für Doldenhopfen ausgelegt, ja. Aber dass bisschen, was wir da verwendet haben als letzte Gabe, es ist eh nie viel in der letzten Gabe drin, das haben wir dann mit Bamberger Hopfen gemacht, drum ist das auch ausgelobt auf dem Etikett.

Markus: Also ein richtiges Stück Bamberg sozusagen. Und auch schon wieder etwas Richtungsweisendes, weil dieses Spiel mit den Aromen geht ja dann weiter, wir kommen aus einer Zeit, wo du ja vorher schon bei den Starkbieren mit dem Eichenholz ausprobiert hast, jetzt hier wieder andere Aromen probiert. Und dann entscheidet sich die Brauerei zu sagen, okay, lass uns mal diese Pfad noch ein bisschen weitergehen und wir haben es ausprobiert mit Buchenholz, wir haben es ausprobiert mit Eichenholz. Das sind die klassischen Hölzer, die man eigentlich aus der Geschichte auch so kennt. Aber jetzt kommt es dann zu zwei noch anderen ganz tollen Bieren, deren Malze jetzt eben mit anderen Holzsorten hergestellt worden sind. Da vielleicht mal eine generelle Frage vom Wording, wie man so schön sagt, ist es richtig, wenn ich sage, das Malz wird über in dem Fall jetzt Kirsch- oder Erlenholz geräuchert oder sagt man getrocknet oder im Rauch, was ist das richtige Wording, das man das so sagt, wie man …

Martin: Also ich würde immer sagen, es wird über einem offenen Buchenholzfeuer oder Eichenholzfeuer oder Erlenholzfeuer oder Weichselholzfeuer gedarrt, ja.

Markus: Gedarrt, okay, ja.

Martin: Weil der Vorgang heißt einfach Darren. Dem Räuchern haftet schon wieder irgendwie so Chemie an, ja. Wobei, es ist ja vollkommen wurscht, also es ist alles Chemie, was wir hier machen.

Markus: Richtig.

Martin: Ja, es ist angewandte Chemie letztendlich, ja. Ganz letztendlich ist es angewandte Physik, weil die Physik ist die Königin sämtlicher Naturwissenschaften, ja.

Markus: Das stimmt. Wobei man eben sagen muss, ich glaube, das ist vielleicht auch deswegen wichtig, weil es ja auch ein Unterschied in der Herstellung vom klassischen Rauchmalz gibt. Beziehungsweise eigentlich ist es ja die klassische mitteleuropäische Art und Weise …

Martin: Richtig, ja.

Markus: … Malz herzustellen, das man eben Holz als Feuerungsmittel verwendet. Und wo Holz ist, ist Rauch und der geht natürlich dann auch ins Getreide. Die moderne Rauchmalzherstellung macht das jetzt meistens so, dass man schon ein fertiges Malz hat, zum Beispiel ein Pilsner Malz oder so und das dann im Nachhinein dann eben wirklich bewusst räuchert, da kann man vielleicht vom Räuchern sprechen. Und das ist dann eben auch vom Geschmacksprofil her ein bisschen anders und von der Art und Weise. Deswegen hat es auch noch keiner geschafft, diesen Bieren hier nahe zu kommen in Sachen Malz. Wobei ich eine Sache sagen muss, das kann ich jetzt gleich schon mal vorwegnehmen, weil ich das ganz spannend finde, die Weichsel hat ja sehr viel Furore gemacht, also die Erle natürlich auch, aber die Weichsel kam ja zuerst und ich finde auch die Kombination hier besonders gelungen, kommen wir auch gleich noch dazu. Und ein Freund von mir, der in Berlin in einer Brauereien Braumeister ist, der hat sich überlegt, wie kann er dem denn irgendwie nahekommen? Und natürlich kriegt er Malz nicht, logisch, das heißt also, er hat kein Malz, was über Kirschholz gedarrt worden ist, aber er hat dann dem Bier, also er hat mit normalem Rauchmalz sozusagen ein Bier hergestellt und hat dem dann Kirschholz zugefügt. Und interessanter Weise, ich habe das neulich vor Ort in Berlin probiert, kommt es dem relativ nahe, also es ist nicht ganz da, aber es ist da. Das ist eigentlich das, was du vornhin gesagt hast, dass der Holzcharakter über das eine oder andere ins Bier kommt, dass das eben funktioniert. Aber vielleicht gehen wir zurück zum Anfang, wie hast du denn davon erfahren, warst du da noch involviert, wie war das?

Martin: Da war ich nicht mehr involviert, ich habe es aber natürlich mitbekommen, dass eben auch die beiden Konrad-Graser-Biere ähnlich sein sollen dann, ja. Und das zunächst einmal mit Kirschholz und zwar Sauerkirsche, die Sauerkirsche ist die Weichsel, ja, das probiert wurde und das Malz war gut, ja. Und da haben wir dann oder hat der Michael dann ein Rotbier draus gemacht. Und dann haben wir Erlenholz gehabt, die Erlen waren, glaube ich, sogar hier aus dem Hain. Da haben nämlich ein paar Bäume dran glauben müssen, weil sie aus Verkehrssicherungspflicht heraus gefällt werden mussten und da haben wir dann das Holz gekriegt davon, haben es zwei Jahre abgelagert.

Markus: Also Bamberger Holz, ja, krass, okay.

Martin: Und haben eben dann das Erlenbier gemacht. Und die Erle ist auch ganz bewusste als Schwarzbier, um auch hier die farblichen Nuancen zu zeigen, wie man spielen kann auch mit Farbe beim Bier. Und was natürlich auch bestimmte Geschmackseindrücke hat. Ich meine, ein Schwarzbier, das hat immer auch so Röstaromen mit drin, das ist klar, dass muss es haben, ja. Und die Weichsel, die hat so leicht süßliche Aromen drin. Das kommt aus dem Holz, das Holz schmeckt nämlich ähnlich wie die Frucht, ja und das ist eigentlich das Interessante da dran, ja.

Markus: Ja und das zahlt auch ein bisschen ein, ich habe es ja vorhin schon erwähnt, was ich so spannend finde, dass man sagt, wir sind innovativ und kreativ, bleiben in unserem Spektrum, aber toben uns trotzdem aus. Also wenn dich jetzt jemand gefragt hätte, sagen wir mal vor 20 Jahren, Schlenkerla macht ein neues Bier, dann hätte man sich vielleicht vorstellen können, wir machen ein Rotbier oder ein Schwarzbier oder vielleicht vorstellen können, wir machen ein Kirschrauchmalz oder ein Erlenrauchmalz. Aber diese Kombination, zu sagen, wir machen ein besonderes Malz und suchen uns dann auch dazu passend einen Bierstil, der mit den Aromen dann auch besonders gut kann, das, finde ich, ist ein Kniff, den fand ich wirklich, der setzt dem so ein bisschen die Krone auf und war für mich bei beiden Bieren eine Offenbarung. Also in der Weichsel hat man wirklich diese schöne fruchtigen Noten, die wirklich in so eine Kirscharomatik geht.

Martin: Ja, die so an rote Früchte erinnern, ja.

Markus: Ja, also ganz rund, ganz weich. Die drinkability, wie man so schön sagt …

Martin: Richtig, ja.

Markus: … ist auch nicht so stark vom Bier her, hat eine gewisse Süße, toll. Und bei der Erle eben dieses Röstige, Schokoladige, wo fast schon ein bisschen Tonkabohne, was weiß ich was. Also das ist wirklich total anders, hat aber trotzdem diese Rauchnote, das Holz kommt schön rüber. Und das ist wirklich, ja, toll. Und was hast du gesagt, als du die Ersten probiert hast?

Martin: Ja, woah! Ja, nee, das sind klasse Biere, da kann man nix sagen also. Und das ist ja auch das Tolle, wie ich angefangen habe, haben wir drei gemacht, wie ich aufgehört habe waren es 13, jetzt sind es 15. Und kein Sortenkannibalismus, ne, also da steckt echtes Wachstum dahinter, ja, also mengenmäßiges Wachstum. Es hat nicht eine Sorte die andere gefressen und das Volumen ist das gleiche geblieben, sondern das Volumen ist gewachsen. Die prozentuale Verteilung der Sorten hat sich natürlich geändert, das ist klar, aber das hätte sich so oder so geändert, ja oder wir hätten das Wachstum gar nicht so darstellen können, wenn wir bei den drei Sorten geblieben wären. Also da bin ich fest davon überzeugt, dass eben die neuen Sorten auch eine gewisse geschmackliche Bereicherung gebracht haben und dadurch auch ermöglicht haben, dass man mehr Publikum anspricht, ja.

Markus: Kann man da auch ein bisschen, wenn man zurückschaut, sowas wie Stolz empfinden oder eine gewisse Befriedigung oder wie auch immer? Stolz, finde ich, ist manchmal ein schwieriges Wort, aber das man so sagt, also du kannst ja wirklich auf eine Leistung zurückblicken, die Brauerei steht gut, sie hat ihr Sorten, das Wachstum war auch mengenmäßig da. Die Leute, die jetzt da sind, ihr seid alle im Reinen, das funktioniert, das ist wie eine Familie. Ist das schön?

Martin: Ja, also ich bin auch sehr zufrieden. Stolz empfinde ich keinen, das ist ein falsches Gefühl. Also ich kann das nie verstehen, wenn da die Rechten rumschreien, ich bin stolz, Deutscher zu sein. Da kann keiner was dafür, wir sind zufälligerweise hier geboren. Haben wir viel Glück gehabt, ja, mehr nicht, ja. Aber ich bin sehr zufrieden und ich bin auch froh, dass ich so viel machen durfte. Also das mir da nicht irgendwelche Fesseln angelegt worden sind, sondern dass ich da durchaus im Rahmen der Vorgaben natürlich, die wir gemeinsam erarbeitet hatten, dann eigentlich freie Hand hatte und es ist immer was Gutes rausgekommen und das ist eigentlich das Schöne da dran.

Markus: Ja, dem gibt es nichts mehr hinzuzufügen, zumindest von meiner Seite, ich weiß nicht, ob du noch was ergänzen möchtest.

Martin: Nein, eigentlich nicht.

Markus: Dann lass uns nochmal anstoßen, Prost! Genießt gerne auch die Biere, kann man ja überall bekommen.

Martin: Prost.

Markus: Prost und, ja.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de