BierTalk 134 – Interview II mit Martin Knab, Altbraumeister der Brauerei Schlenkerla / Heller Bräu, Bamberg

Im zweiten Teil des Podcasts „BierTalk“ vertieft Markus das Gespräch mit Martin Knab, Altbraumeister von Schlenkerla. Martin beschreibt, wie er zur Idee kam, ein Weizenbier bei Schlenkerla einzuführen, trotz anfänglicher Skepsis und technischer Herausforderungen. Die Einführung des Weizenbiers führte zu Anpassungen in der Brauerei, um obergärige Biere herzustellen. Martin betont die harmonische Kombination von Rauch- und obergärigen Aromen im Weizenbier und erzählt von weiteren Entwicklungen, wie dem Fastenbier und einem Doppelbock, der besondere Aromen durch Eichenrauch erhielt. Markus und Martin diskutieren auch die Herausforderungen beim Fassverkauf von Weißbier und die erfolgreiche Einführung von Biervariationen wie dem „Kräusen“, einem leichteren Sommerbier. Martin teilt historische Einblicke in die Brauerei und die Entwicklung von Spezialitäten wie dem Hansla und Heinzlein, welche die traditionelle Braukunst Bambergers widerspiegeln. Die Diskussion beleuchtet die kreative Balance zwischen Tradition und Innovation in der Schlenkerla-Brauerei…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute der zweite Teil unserer Doppelfolge mit Schlenkerla-Altbraumeister Martin Knab aus Bamberg. Wir haben in dem ersten Teil der Doppelfolge schon ein bisschen drüber gesprochen, wie sich sein Leben entwickelt hat, wie er zum Bier kam, wie er dann über das Allgäu und Niederbayern nach Franken gefunden hat und schließlich dann in Bamberg seine Zelte aufschlagen wollte und das auch gemacht hat. Ja und jetzt steigen wir ein und schauen mal, wie sich das hier dann vor Ort im Schlenkerla entwickelt hat.

Markus: Wie kam es denn überhaupt dazu, dass du dann gedacht hast, lass uns mal ein neues Bier machen oder hast du das überhaupt gesagt, kam das von woanders, wie lief das?

Martin: Also das war beim ersten Gespräch, hat mich der Seniorchef dann gefragt, was ich denn anders machen würde oder wo ich mir was vorstellen würde? Da habe ich gesagt: „Also was ich mir gut vorstellen könnte, wäre ein Weißbier zu machen, ja oder Weizen“. Ja, dann hat er, ja, hm, hm. Wie ich dann eben fest da war, dann habe ich das wieder ins Gespräch gebracht und dann hat er gemeint, ja, könnte man ja mal ausprobieren. Und, ja gut, dann haben wir es irgendwann mal in Angriff genommen. War dann auch ganz lustig, die Brauerei war natürlich für obergäriges Bier überhaupt nicht vorbereitet, ja. Die Gärgefäße müssen andere sein, ja, die müssen offen sein, wir haben geschlossene Gärtanks da oben, schon seit 1980. Und da habe ich dann gesagt: „Okay, wenn wir das anständig machen wollen, dann muss ich das woanders machen.“ Habe aber auch eine Brauerei gekannt, bei der ich während meiner LGA-Zeit schon das Weizen eingeführt hatte und die habe ich eben gefragt, ob sie es machen würden? Also ich bringe das Malz mit, ich bringe den Hopfen mit, bringe die Hefe mit, sie müssen nur brauen, vergären, abfüllen, etikettieren tun wir es dann selber wieder, ja. Also war ein bisschen umständlich, aber es ging nicht anders und das haben wir dann, ich glaube, im April 98, haben wir es dann eingeführt. Und haben dann, wie wir so gemerkt haben, ja, das kommt eigentlich nicht schlecht an, überlegt, was können wir denn in der Brauerei machen, damit wir die Obergärung auch in der Brauerei machen können? Dann haben wir eben vom Schulz einen der Gärtanks aufschneiden lassen, dass der offen ist und haben wir dann das da so rum gemacht. Und, ja, das ging eigentlich bis, ich glaube, 2010, haben wir dann einen richtigen Weißbier-Gärtank dann erst installiert. Aber das ging mit diesem Provisorium und nichts ist ja so dauerhaft wie ein Selbiges, ja, ging das eigentlich auch ganz gut. Wir waren in der Produktionsmenge ein bisschen beschränkt, weil da war die Sudgröße auf 43 Hektoliter einfach beschränkt, weil dann hat der Tank geendet, ja. Überlaufen lassen braucht man ihn ja auch nicht da. Und, ja, aber wie gesagt, das ist eigentlich dann ganz gut angekommen. Und ich finde auch dieses Raucharoma und das obergärige Aroma, die vertragen sich wunderbar so miteinander, ja. Und das war eigentlich die Vision, die ich dahinter hatte, weil ich ja gewusst habe, wie ein Obergäriges schmeckt, was auch da dahintersteckt, welche Substanzen und ich habe auch gewusst, was beim Rauchgeschmack, welche Substanzen da dahinterstecken. Und dann habe ich gesagt, die kann man eigentlich kombinieren, ja und das ist eigentlich auch ganz gut geworden, ne, ja.

Markus: Ja, also ich sage ja immer, so ein bisschen wie so eine Banane auf dem Grill. Wir können es ja mal ins Licht rücken, wenn du es mal kurz rüber reichst, also so schaut es dann eben heute aus, das Weizen. Und ich denke, es war damals aus mehrerlei Hinsicht was Besonderes, also weil ja an sich Weißbier keine fränkische Spezialität ist, das heißt, es gab nur ganz, ganz wenige fränkische Brauereien, die sich des Weißbieres angenommen haben. Natürlich, die ein oder andere Überregionale kennt man.

Martin: Die Meisten, ja.

Markus: Oder eine Zeitlang, als Gutmann noch zu Franken gehört hat, war das auch mal eine fränkische Weißbierbrauerei, aber an sich war Weizen jetzt kein klassischer fränkischer Bierstil. Das heißt, die Meisten haben es nicht selber gemacht oder gar nicht gemacht. Das ist das eine und das andere dann eben, wenn man es dann macht, auch noch mit dem Raucharoma, ist ja nochmal eine Nummer oben drauf. Wobei ich mich jetzt grade mal frage, wenn ich mich in die Lage dieser anderen Brauerei versetze, jetzt kommt da der Typ mit seinem Rauchmalz an und wenn ich mir jetzt überlege, dass euer Lager ja durchaus auch ein bisschen Rauchcharakter hat, obwohl da gar kein Rauch im Bier selber in der Rezeptur eine Rolle spielt, hatten die nicht Angst, dass du mit diesem Rauchmalz die ganze Brauerei verräucherst?

Martin: Nee, wir haben das so gemacht, dass das der letzte Sud in der Woche war und danach wird sowieso saubergemacht und dann ist auch das ganze Aroma draußen, ne. Also das kriegt man organisatorisch hin.

Markus: Und die Leute hier, wie haben die das so angenommen in der Wirtschaft und so?

Martin: Ach, das ging eigentlich ganz gut, s waren etliche experimentierfreudige Gäste dabei, die haben also das am Anfang, ging das relativ zack, zack, zack. Also es hat sich auch schnell ein bestimmter Produktionsrhythmus dann eingependelt, ja, also.

Markus: Es besteht ja zur Hälfte aus dem klassischen Gerstenrauchmalz und zur Hälfte aus einem ganz normalen Weizenmalz.

Martin: Ja, das Verhältnis ist 60:40.

Markus: Okay, 60:40.

Martin: Also 60 Prozent Weizenmalz, 40 Prozent Gerstenmalz, ja.

Markus: Genau. Und war da jemals der Gedanke, auch das Weizenmalz als Rauchmalz herzustellen?

Martin: Nein, überhaupt nicht. Weizen verhält sich ein bisschen anders, wenn man vermälzt, ja. Es wär auch dann, ich muss dann den Weizen irgendwo, also das Getreide in einem extra Silo haben, das Malz dann auch wieder in einem extra Silo und so viele Silos haben wir dann auch wieder nicht. Also das war eigentlich nie angedacht. Zumal es eigentlich gar nicht so verkehrt ist, weil die beiden, das Märzen und das Weizen, die haben die gleiche Stammwürze, ja. Und dadurch, dass da eben ein gewisser Weizenmalzanteil drin ist, ist das Raucharoma natürlich um ein ziemliches Level niedriger. Und dann haben wir die beiden Biere, die dann nicht gleich daherkommen, sondern auch gewisse Abstufungen im Rauchgeschmack haben, also von daher ist das gar nicht mal so unpassend gewesen.

Markus: Ja, ja und natürlich hat das Hefearoma dann auch Raum, wo es sich entfalten kann. Gab es das jemals im Fass?

Martin: Ich habe mal ein paar Fässer abgefüllt, vor allen Dingen für ausländische Kunden, ja. Das ist aber im Prinzip kein Problem, das Problem beim Fass-Weizen entsteht erst beim Ausschank.

Markus: Ja, eben, ja.

Martin: Da muss man halt drauf Obacht geben. Und da haben wir schon Ende der 80er-Jahre in Passau etwas Lehrgeld bezahlen müssen, dass man eben beim Ausschank nicht mit reiner CO² ausschenkt, ja. Weil, wenn so ein Fass dann zwei, drei Tage am Hahn hängt und du hast dauernd ein CO²-Polster da drauf und du musst da schon immer mal wieder einen Druck drauf geben, dann reichert sich das Bier auch wieder mit CO² an und du musst mit einem noch größeren Druck draufgehen, um das CO² im Bier zu halten und dann wird es irgendwann mal unmöglich, das dann auszuschenken, ja. Und wenn man aber mit Mischgas das macht, also mit der Mischung aus Stickstoff und Kohlendioxid, dann ist das Problem gelöst, ja.

Markus: Naja und hier hat man ja eh noch die Besonderheit, das ja alles aus dem Holzfass ausgeschenkt wird, also eben ohne überhaupt Gas und ohne klassische Schankanlage und ohne Kühlung und all das, also das heißt, die Fässer müssen auch entsprechend leer werden. Und ginge das überhaupt mit Weißbier?

Martin: Es ginge, man könnte es machen, ja, aber es ist nicht praktikabel einfach, ja, weil dann die Mengen doch zu gering sind, die am Tag dann ausgeschenkt werden, weil man weiß e dann auch nie so genau. Und bevor dann jetzt am Tag meinetwegen ein Fass Weizen ausschenkt und dann de Rest wieder aus der Flasche macht, dann kann man gleich alles aus der Flasche machen.

Markus: Genau. Und ihr macht da Flaschengärung?

Martin: Ja.

Markus: Ja, okay.

Martin: Ja, das ist eigentlich die klassische Art, Weißbier zu produzieren. Weil man lässt ja ein Weißbier im Gärbehälter abgären, das heißt also, es ist kein vergärbarer Extrakt mehr drin. Man gibt dann wieder vergärbaren Extrakt in Form Würze dazu. Den muss man natürlich genau ausrechnen, wie viel man braucht, ja. Und dann wird das abgefüllt und die Hefe, die noch im Bier drin ist, die vergärt das dann in der Flasche und das Kohlendioxid, das dabei entsteht, bei der Gärung, kann natürlich aus der verschlossenen Flasche nicht mehr entweichen und reichert sich so im Bier an. Und deswegen muss man es vorher genau ausrechnen, was man braucht.

Markus: Tja, also dein erster Streich sozusagen.

Martin: Mein erstes Kind hier, ja.

Markus: Waren dann auch alle zufrieden?

Martin: Ja.

Markus: Und dann hat man gesagt, okay, das hat er gut gemacht, jetzt darf er nochmal?

Martin: Ja, das ging dann also los, wie der Matthias drüben übernommen hatte dann. Dann hat er gemeint, ja, wir könnten ein Fastenbier machen. Ich sage: „Ja, können wir.“ Ein Fastenbier ist ja eigentlich ein Bockbier.

Markus: Also der Osterbock sozusagen.

Martin: Weil nach der alten mönchischen Tradition, Flüssiges bricht Fasten nicht, haben die Mönche natürlich das Bier, das sie in der Fastenzeit getrunken haben, stärker eingebraut. Also feste Nahrung durften sie ja nur einmal am Tag zu sich nehmen, den Rest haben sie flüssig gemacht. Und je höher die Stammwürze, umso höher der Nährwert, ja. Und dann haben wir da eben das Fastenbier gemacht, aber wir wollten jetzt keinen Urbock 2.0 machen, weil das wäre langweilig gewesen, ne. Und da ist jetzt eben auch eine Malzmischung drin, es ist nicht rein aus Rauchmalz gemacht, sondern wir geben noch ein bisschen Pilsner Malz dazu, um das eben von dem Urbock zu unterscheiden auch, ja. Und mit dem Hopfen habe ich da ein bisschen gespielt. Also da im Urbock und im Märzen ist nur Bitterhopfen drin. Der reicht auch dafür aus, weil der muss durch die Bittere ein Gegengewicht zum Rauchgeschmack herstellen. Hier ist jetzt der Rauchgeschmack nicht mehr so vorherrschend, da kriegt der Hopfen eine Chance, ja, mit Aromen. Und da haben wir dann Aromahopfen auch dazu genommen, vor allen Dingen den Mandarina Bavaria, ein wunderbarer Aromahopfen, einer meiner Lieblingshopfen inzwischen, und der Spalter Select, ja. Auch eine Weiterzüchtung der alten Spalter Landsorte, hat das Aromaprofil von der alten Spalter Landsorte, ist aber vom Ertrag her besser. Und der spielt da auch noch ein bisschen eine Rolle mit, ja, wie auch beim Lager.

Markus: Ja, was ich schön finde ist, grade diese Mandarina-Bavaria-Noten, die gehen da ja so in diese roten Beeren ein bisschen und das unterstützt natürlich auch das Raucharoma schön, also die beiden passen wirklich gut zusammen.

Martin: Sind gute Teamplayer, die zwei, ja.

Markus: Ja, also ein feines Bier. Heute ist es nicht mehr ganz im Bockbierbereich, ne, aber …

Martin: Doch. Doch, doch

Markus: Doch, ah ja, doch noch, okay.

Martin: Wir haben es am Anfang eben nicht als Bockbier gemacht.

Markus: Ach so.

Martin: Bis irgendwann, es hat dann einmal ein höchst richterliches Urteil gegeben, das also, was als Fastenbier bezeichnet wird, muss Bockbier sein, das heißt, es muss mindestens 16 Prozent Stammwürze haben. Wir haben es aber dann auch von der Stammwürze am unteren Ende angesiedelt, ja, während der Urbock bei 17,5 liegt, ist der so bei 16,2, 16,3, ja und hat dadurch auch etwas weniger Alkohol. Dadurch unterscheiden sich die Biere dann auch. Und du kannst ja nicht irgendwo dann immer wieder auf das Gleiche rauskommen, sondern du musst dann schon ein bisschen differenzieren auch, ja.

Markus: Und dann warst du schon im Starkbierbereich und hast gedacht, okay, jetzt setzen wir noch einen oben drauf.

Martin: Ja, das ist ein bisschen anders gegangen, ja,

Markus: Okay.

Martin: Unser zweites European-Beer-Star-Siegerbier, ja. Die Eiche ist eigentlich daraus entstanden, dass mein Chef irgendwann mal mich gefragt hat, ob wir denn unbedingt immer das Malz im Ofenfeuer herstellen müssen? Ich habe gesagt: „Ja, in Stein gemeißelt ist nix, ja, da können wir es auch so nehmen.“ Da hat er gemeint, ja, können wir ja auch mal Eiche probieren. Ja, dann haben wir das Holz besorgt und haben mal eine Darre mit Eiche gemacht, das war 2009 irgendwann mal, ja. Und, ja, dann haben wir das Malz natürlich in ein extra Silo gelegt, ja und dann habe ich im Labor mal so ein paar Maischversuche gemacht. Ich habe ja schon beim Darren gemerkt, also die Eiche brennt anders und sie riecht anders als die Buche beim Verbrennen, ja. Also vollkommen andere Aromen sind das, obwohl die beiden Bäume ja miteinander verwandt sind, aber trotzdem, vollkommen anders. Und dann habe ich das auch mit Maischversuchen im Labor bestätigt bekommen und dann haben wir da so mal ein bisschen rumgerätselt, was machen wir jetzt eigentlich damit? Und da habe ich gesagt: „Naja, wir haben ein Märzen, wir haben einen Bock, bleibt eigentlich nur noch ein Doppelbock übrig, ja.“

Markus: Logisch, ja.

Martin: Wenn, dann müssen wir ja in der Stammwürze nach oben gehen, ja. Mit so einem gehaltvollen Malz da ein Leichtbier zu machen, das ist irgendwo widersinnig, ja. Und, ja, dann hat er eben gemeint, ja, dann machen Sie mal. Und dadurch, dass das Eichenholzaroma viel feiner ziseliert ist gegenüber dem Buchenholzaroma, habe ich da auch dann Aromahopfen mit dazu genommen und zwar auch den Spalter Select. Und das ist eigentlich ganz gut eingeschlagen. Und das hat wirklich sehr, sehr differenzierte Aromen. Man muss es mal warm probieren, damit man so ein paar spezielle Aromen raus schmeckt. Und eins der speziellsten Aromen da drin ist Vanille. Und die Vanille kommt aus der Eiche. Jeder Whisky hat Vanille-Aromen und Whisky lagert in Eichenfässern, die innendrin angekockelt worden sind, ja. Und bei uns machen wir es genau umgekehrt, wir verbrennen das Eichenholz und jagen den Rauch durch die Grünmalzschicht durch. Aber die Chemie, die dahintersteckt, ist die gleiche, ja. Und das Ergebnis ist dann zwangsläufig natürlich auch ein Ähnliches, ja. Wobei natürlich hier die Vanille-Aromen viel geringer konzentriert sind als beim Whisky. Naja, ein Whisky hat eine Trinkstärke von 40% Alkohol, da haben wir ein Fünftel davon, ne, also insofern sind die Aromen natürlich auch anders verteilt. Aber so vom Grund her ist es das Gleiche.

Markus: Ja und man muss sagen, das war damals schon ein ganz besonderes Bier. Also einerseits vom Geschmacksprofil her hat man wirklich erstmal gedacht, das war vielleicht irgendwie im Holzfass, wie auch immer. Und es war auch überhaupt was Neues, was Spezielles, was man so noch nicht gekannt hat. Und dann gab es ja nur diesen einen Sud, den es dann ab 01. Dezember gab am Anfang. Und der war dann auch relativ bald weg und dann gab es das nicht mehr.

Martin: Der war schnell futsch, ja.

Markus: Und dann war das wirklich so ein Bier, da ist ja dann langsam so die Bierwelt ein bisschen erwacht und dann war das eins der seltensten Biere, die bei fast allen irgendwie auf der Liste standen. Und es war wirklich was Besonderes, überhaupt ein paar Flaschen davon zu haben. Das weiß ich noch, so in dieser Anfangszeit da, immer, wenn ich dann jemanden welche mitgebracht habe, die sind da auf die Knie gegangen, dass sie endlich dieses tolle Bier bekommen. Und dazu muss man ja auch nochmal sagen also für alle, die jetzt noch nicht das Glück hatten, im Schlenkerla in der Brauerei gewesen zu sein, es ist ja auch noch eine sehr historische Brau- oder, ja, doch Brauereianlage, die eben in die Tiefe geht. Und das heißt, wenn wir bei den Lagerkellern sind, dann sind wir wirklich im Keller, also ein paar Meter unter der Erde im über 600 Jahre alten Stollen, wo heute noch die Lagertanks liegen. Und ihr lasst diesem Bier auch wirklich Zeit und das merkt man dem auch an. Dieses Harmonische, Runde, die drinkability letzten Endes, das kommt daher. Und für mich ist das immer wieder ein Fest, wenn wir, was weiß ich, so im September, Oktober, wann auch immer, da oben sind und dann eben mal so eine Eiche verkosten vom Lagerkeller, die dann eben schon monatelang oder noch länger da drin liegt, das ist unglaublich und das kann man jedem nur empfehlen. Und ist das etwas, was du auch mitgenommen hast oder was du da neu entdeckt hast, diese langen Lagerzeiten?

Martin: Also die langen Lagerzeiten, die habe ich eigentlich schon immer postuliert, weil, Bier braucht auch ein bisschen Ruhe, ja. Und ich muss dem Zeit lassen zum Ausreifen. Das heißt ja nicht umsonst ausreifen. Und reifen ist ja kein Vorgang, der so mit einem Fingerschnipper geht, sondern es dauert halt, ja. Ist von Bier zu Bier verschieden. Das Lager Hell ist nach fünf, sechs Wochen fertig, das Märzen ist nach sechs, acht Wochen fertig, der Bock braucht 15 Wochen ungefähr und ein Doppelbock kriegt ein halbes Jahr oder länger. Also wir haben ihn auch manchmal ein Jahr lang liegen, also das kommt auch vor, ja. Aber der wird nicht schlechter, der wird eigentlich immer besser, je länger das er liegt.

Markus: Und damit einher geht ja eigentlich auch noch eine Geschichte, die damit verbunden ist, denn ihr wart, ich glaube, es war die erste deutsche Brauerei, die wirklich ein Jahrgangsbier gemacht hat. Also die dann gesagt hat, okay, ich lagere dieses Bier bewusst vier Jahre, bei mir, in der Brauerei, auf der Hefe, in der Flasche und gebe es erst dann raus als Jahrgangsedition.

Martin: Das ha wir hier, ja.

Markus: Genau, das haben wir hier. Jetzt modern mit diesem roten Wachssiegel. Wir haben auch noch ein altes Fastenbier, das auch diesen Prozess durchlaufen hat.

Martin: Das mit den Alukappen, ja.

Markus: Genau, früher hatten die diese schönen goldenen Alukappen, also beides natürlich sehr interessant. Und ich weiß auch noch, damals, als es das zum ersten Mal gab, war, glaube ich, 2012, da durfte jeder maximal zwei Flaschen kaufen. Eine Flasche hat 6,90 Euro, glaube ich, gekostet und es war damals sehr viel Geld für ein Bier. Und die meisten Leute hier haben überhaupt nicht verstanden, also weder die Begrenzung der Menge, noch das man für zwei Flaschen so viel zahlt wie sonst für einen Kasten, das war schon erstaunlich. Und damit hat die Brauerei auch Maßstäbe gesetzt, muss man sagen. Die Nächste, die nachgezogen ist, war dann Schneider mit dem Aventinus, den sie entsprechend lang gelagert, in Papier eingewickelt haben. Wobei, den gab es nur zwei Jahre. Also das ist ja gekommen um zu bleiben und das war auch toll. Wessen Idee war das?

Martin: Wir sind da von unserem amerikanischen Importeur ein bisschen angestoßen worden, weil der hat gesagt: „In Amerika gibt es das, ja, könnt ihr das nicht auch mal probieren?“ Und da haben wir gesagt: „Ja, probieren können wir das schon, kein Problem.“ Weil, wenn das Bier mit Hefe abgefüllt, also es wird ja abgefüllt in die Flasche mit Hefe, unfiltriert und dann lassen wir es im Keller stehen. Im Keller deswegen, weil da ist es schön kühl, da ist es dunkel, das sind die zwei Voraussetzungen, dass man Bier lang liegenlassen kann, ja. Und die dritte Voraussetzung ist, es muss auch eine gewisse Stammwürze haben. Also mit einem Lager Hell braucht man sowas nicht machen, ja, das funktioniert nicht, ja. Aber mit einem kräftigen Bier, also ab Bockstärke kann man es machen. Und diese Biere, die werden dann auch immer besser, die verändern sich nämlich auch noch im Laufe der Zeit und die kriegen eine Weichheit und ein Aromaprofil, dass das frisch abgefüllte Bier noch gar nicht so entfalten kann. Also das sind schon Sachen, die sind werden sehr bemerkenswert. Aber das sind Leibhabersachen, das ist nix für die breite Masse, ja. Da wirst du auch nie riesen Mengen verkaufen davon, ja aber für Liebhaber und die werden ja auch immer mehr …

Markus: Das stimmt.

Martin: … ist das schon so ein besonderes Stück, ja.

Markus: In der Zeit haben auch in Amerika ein paar Leute das Bier ins Fass gelegt, also soweit ich weiß.

Martin: Ja, ja.

Markus: Hast du da mal was probieren können?

Martin: Nee, habe ich nicht, nein.

Markus: Na, da geht es uns gleich. Aber interessiert hätte mich das auch, also was da wohl dabei rauskommt, wenn man das noch im Fass lagert. Also auch wieder eine ganz spannende schöne Facette an der Rauchbierbrauerei, in die Starkbiere eben zu gehen oder hier in die obergärigen Biere. Und man sieht schon, du hast dann angefangen, wirklich dieses Portfolio einfach auch sensorisch deutlich zu erweitern und einfach vielleicht auch neue Grenzen so ein bisschen auszuloten und auch der Brauerei damit ein bisschen Vorsprung zu geben.

Martin: Ja, das war aber natürlich auch immer in enger Absprache mit dem Chef und eng abgestimmt. Weil letztendlich, er ist ja der Bundeskanzler hier herinnen, er bestimmt die Richtlinien der Politik, ja.

Markus: Absolut. Also, ja, also so viel Mal dazu. Wir werden jetzt gleich mal auf die neusten Entwicklungen zurückkommen, also zurückkommen, dann da hinkommen und da geht es dann durchaus auch mal um ein bisschen weniger Alkohol. Prost!

Martin: Prost!

Markus: Ja, wir sind immer noch im wunderschönen Schlenkerla, haben uns jetzt grade schon über die ersten Biere unterhalten, die du dann selbst mit entwickelt oder entwickelt hast. Und da waren wir jetzt am Ende praktisch so bei der Krone der Schöpfung angelangt so ein bisschen, also beim Doppelbock, der dann noch als Jahrgangsbier ausgebaut wird. Und haben uns auch schon drüber unterhalten, wie besonders die Brauerei einfach ist, auch von ihrer Anlage, von ihrer Struktur und die wird ja auch immer noch so gelebt und am Leben erhalten und jetzt auch grade wieder weitergebaut. Also das ist schon faszinierend, überhaupt sowas in einer Stadt zu bewahren, wo man so räumlich beengt ist, in jeder Hinsicht. Andere hätten die ja schon längst auf die grüne Wiese gestellt wahrscheinlich, ne?

Martin: Ja, in Ermangelung einer grünen Wiese…

Markus: Okay, also man könnte natürlich sagen, also hinter der Brauerei gibt es ja noch das Gelände vom ehemaligen Biergarten, den könnte man ja vielleicht verwenden.

Martin: Ja, da hat die Sternwarte was dagegen.

Markus: Okay, ja, gut. Aber, also für alle, die mal nach Bamberg kommen, das ist auf jeden Fall auch einen Besuch wert, dann auf den Stephansberg hoch, dort ist dann auch ein anderer Bierkeller oder zwei sogar. Bei uns sind Bierkeller ja oben auf den Hügeln, weil man da eben auf dem Keller sitzt, wo das Bier drunter gelagert wurde. Und dann gibt es da sogar noch einen Fassaufzug, den man anschauen kann in einen von denen. Und das ist einfach von der ganzen Anlage her faszinierend. Und da steht sogar eine Sternwarte, eine der ersten modernen Sternwarten, die es damals überhaupt gegeben hat.

Martin: Richtig, ja.

Markus: Also Bamberg durchaus auch ein bisschen richtungsweisend damals in dieser Stadt.

Martin: Ja, Wissenschaftsstandard.

Markus: Und wie ich immer über Bamberg sage, unsere Stadt am bedeutesten, als sie gegründet worden ist und seitdem befinden wir uns, zumindest politisch, in einem ständigen Niedergang. Aber jetzt ist es vielleicht wieder ein bisschen aufgehoben, nachdem wir ja das Bier für uns entdeckt haben. Ja und nun hast du die Kurve gekriegt, sagen wir mal, du bist im Alkohol ganz oben angekommen und dann habt ihr euch überlegt, was können wir denn am anderen Ende der Fahnenstange machen oder wie kam es dazu?

Martin: Ja, das waren zwei Überlegungen, also einmal, es wurde von den Gästen immer wieder mal gewünscht, dass man für den Sommer ein etwas leichteres Bier haben. Weil das Märzen mit 5,1% Alkohol ist natürlich schon gut bestückt und dann war halt die Überlegung, können wir da was anderes machen? Ich hätte ja gern das Lager einfach unfiltriert in Fässer abgefüllt und hier ausgeschenkt, aber da steht natürlich die Philosophie des Hauses dagegen, das hier nur Rauchbiere zum Ausschenken kommen. Und dann sind wir halt auf den Trichter gekommen, dann machen wir halt eins, wir nehmen ein Lagerbier ab und kräusen das mit einem Märzen noch einmal auf. Also aufkräusen ist ein Vorgang, den man während der Bierproduktion machen kann, wenn man die Nachgärung nochmal ordentlich anschubsen möchte, ja. Da eben in ein Bier, das vielleicht nicht so gescheit vergoren ist, nochmal frisches Jungbier dazugegeben zu einem gewissen Prozentsatz, darf man nicht zu viel machen und dadurch wird die Nachgärung nochmal angeschubst und der Extrakt nochmal ordentlich vergoren. Und das haben wir halt gemacht und das ist eben das Kräusen dann rausgekommen. Das ist eigentlich aus zwei Grundbieren gemacht, aus dem Lager und aus dem Märzen.

Markus: Können wir eigentlich Mama und Papa noch dazustellen, ne, eigentlich so ungefähr.

Martin: Ja, hier, machen wir es da so, ja.

Markus: Und das ist ungefähr so zwei Drittel hier, ein Drittel da, oder?

Martin: Ja, das ist weiter auf dem Lager drüben, die genauen Prozentzahlen werde ich natürlich nicht verraten, ne.

Markus: Ja, wir haben natürlich Betriebsgeheimnisse, logisch.

Martin: Ja. Aber jeder, der das im Glas sieht, kann sich ungefähr vorstellen, wie viel Märzen, wie viel Lager da drin ist, ja.

Markus: Und wenn ich jetzt überlege, also selbst heute noch, wenn ich durch Franken fahren würde und würde so den gemeinen Biertrinker sagen, was hältst denn du davon, wenn ich zwei Biere miteinander mische, dann würden 98 Prozent, würden mir eine Ohrfeige geben.

Martin: Das ist eine Todsünde.

Markus: Und das heißt ja was, das zu machen. Also war das einfach kein Thema, nehmen das die Leute gar nicht wahr oder habt ihr einfach bewusst gesagt, letzten Endes ist es ja eine alte Methode. Und wenn man also ganz kurz noch ausgreift in ähnliche Bierkulturen, die tschechische Bierkultur, da ist es ja immer üblich, Biere zu mischen.

Martin: Das ist da eine Hausordnung, ja.

Markus: Also es ist gar kein Sakrileg, aber hier halt. Aber wie seid ihr damit zurechtgekommen?

Martin: Also ich bin da vollkommen schmerzfrei, weil so kannst du auch andere Bierstile kreieren und die kannst du dann notfalls wieder in einer eigenen Produktion machen oder du machst es halt immer so, ja. Man kann natürlich das nicht beliebig in allen Schattierungen machen, ja, es müssen da schon ein bisschen so die Gegensätze zusammenkommen, wie hier, Mama und Papa, ja und dann kommt da was raus, was auch lebensfähig ist. Und das eigentlich von Anfang an hingehauen. Das war übrigens bei allen Bieren, die wir gemacht haben hier, da hat immer der erste Schuss gesessen, ja.

Markus: Was vielleicht auch ein bisschen auf deine Kunst zurückzuführen ist.

Martin: Ja, es ist ein bisschen so die Erfahrung, die man halt sammelt im Laufe der Zeit. Was ich ganz zu Anfang ja schon gesagt habe, wenn du aus der Uni kommst, bist du vollgestopft mit Wissen, weißt es aber nicht direkt so anzuwenden, ja. Und du kriegst aber im Laufe der Zeit natürlich Erfahrungen und diese Erfahrungen, die kondensieren sich halt dann irgendwo in solchen Sachen, ja.

Markus: Und das Kräusen ist dann aber am Ende ein filtriertes Bier?

Martin: Nein, ist unfiltriert.

Markus: Ah, okay.

Martin: Und das ist ja halt auch nochmal was Besonderes, ja, die üblichen Kellerbiere hier in Franken sind ja eigentlich alle unfiltriert, ja. Und dem haben wir damit auch ein bisschen Rechnung getragen, ja.

Markus: Da können wir vielleicht noch kurz vorgreifen, ihr habt dann ja in der Pandemiezeit dieses Thema unfiltriert auch nochmal ein bisschen für euch entdeckt, da gab es ja dann die Biere teilweise in der unfiltrierten Form.

Martin: Ja, das war auch auf Kundenanforderung. Das Lager Hell haben wir als unfiltriertes gemacht, das wollten die Schweden unbedingt mal haben, ja. Und das haben wir dann auch hier in Deutschland als Sonderedition dann herausgegeben. Das Märzen kommt zum Tag der Rauchbierbewahrung, das ist der 23. Juli immer, auch als unfiltriertes Bier zum Ausschank. Der 23. Juli deswegen, weil am 23. Juli 1635 in England das erste Patent auf eine rauchfreie Dare erteilt wurde. Und das hat mein Chef irgendwann mal in den letzten Jahren entdeckt und hat dann natürlich gleich daraus wieder einen Festtag gemacht. Aber solche Events muss man machen, ne, die schreien danach, ja.

Markus: Ja, muss man machen, schreien danach. Also was ich ganz toll an Matthias finde ist, dass er sich halt wirklich um diese historischen Dinge bemüht und da auch sehr exakt ist. Also viele erfinden ja irgendwelche netten Storys und so, aber er ist ja wirklich jemand, der nimmt das ganz genau und ist da auch entsprechend gründlich und macht dann auch was draus. Und das, muss ich sagen, bewundere ich sehr. Und grade dieser Tag der Rauchbierbewahrung ist natürlich also für Bamberg nochmal ein Feiertag.

Martin: Mit Sicherheit, ja.

Markus: Ja und auch, dass man das offen macht und sagt, da gehören alle dazu, die eben das klassische Rauchbier produzieren, finde ich auch gut. Und damit bereichert das unseren Jahreskreislauf noch um ein spannendes Datum. Also da unbedingt auch mal vorbeikommen und da gibt es dann hier eben frisch vom Fass.

Martin: Mit speziellen Speisemöglichkeiten.

Markus: Ja, außerdem, richtig. Da kommen wir vielleicht ganz am Schluss noch dazu, auch da hat sich ja noch einiges getan. Aber, genau und dann warst du jetzt hier schon mal auf dem Weg, also Richtung eines 4%-Bieres, sagen wir mal und dann ging es noch weiter. Also vielleicht auch nochmal, was ich ganz toll finde, wie vorhin schon gesagt, eigentlich habe ich Schlenkerla immer mit sehr traditionell, sehr dem Alten verhaftet, so wahrgenommen und man nimmt ja eigentlich eher an, dass so eine Brauerei dann eben eher ein bisschen behäbig ist, was Innovationen und solche Dinge angeht. Aber dann habe ich jetzt eben erlebt, wie ihr es doch immer wieder schafft, also einerseits auch innovativ zu sein, neue Wege zu gehen, neue Trends auch zu entdecken, sich auch Herausforderungen zu stellen, die sich einfach am Markt ergeben und dabei aber der Schiene treu zu bleiben, also in diesem Setting, wie ein Schlenkerla ist, wie es funktioniert, zu bleiben. Und das, finde ich, ist auch eine gewisse Kunst, das hinzubekommen, ne.

Martin: Ja, Tradition heißt ja, nicht die Glut hüten, sondern die Flamme weitertragen. Und das ist eigentlich auch einer der Leitsprüche von Matthias Trum, dass wir natürlich auf Bewährten aufbauen, aber das natürlich auch zum Teil, ja, in die heutige Zeit umsetzen oder interpretieren muss, ja. Und so ist eben diese leichte Linie entstanden. Die hat eigentlich einen Hauptgrund, warum wir die gemacht haben, wir wurden immer wieder gefragt, ob es das Schlenkerla nicht als alkoholfreies Bier gäbe? Ich habe es probiert, also es gibt so bestimmte Gärverfahren, da kann man das hinkriegen, die waren alle unbefriedigend, also was da rausgekommen ist. Das habe ich im so fünf- bis zehn-Liter-Maßstab gemacht, ja, um mal die Orientierung zu haben, wo könnte es denn hinlaufen, ja. Und das hat mir alles nicht geschmeckt, da habe ich gesagt: „Das hat keinen Sinn, das geht nicht.“ Und dann hat er, und da kommen wir jetzt ein bisschen hier in die Familienchronik rein, etwas entdeckt von seinem Urururgroßvater, Konrad Graser war das, ja. Der Konrad Graser hatte 1840 die Brauerei am Michelsberg gepachtet, die hat er bis 1866 gehabt, also 26 Jahre lang.

Markus: Kleiner Einschub, das ist Bambergs wahrscheinlich älteste Brauerei, die wir haben oder hatten.

Martin: Ja, wir haben sie nicht mehr, da ist jetzt das Brauereimuseum drin.

Markus: Richtig, genau.

Martin: Und der Konrad Graser hat dann 1866 hier diese Brauerei und Gastwirtschaft gekauft, wo wir uns jetzt befinden, damals unter dem Namen Heller Bräu im Handelsregister gestanden, unter dem Namen stehen wir auch heute noch drin, ja. Und dem Konrad Graser sein Sohn, der Andreas Graser hat dann den Namen Schlenkerla auf die Brauerei gebracht. Wobei es nicht er war, sondern die Stammgäste hier, die ob seines Ganges den Namen Schlenkerla, weil er ein wenig geschlenkert hat immer mit den Armen, verpasst haben. Und unter dem Namen sind wir halt auch bekannt, unter dem Namen Heller Bräu nicht, aber das nur so nebenher. Ja und dieser Konrad Graser hat während der Zeit, während er am Michelsberg oben war, auch noch eine alte Bamberger Biersorte gebraut, nämlich das Heinzlein und Hansla, ja. Das war ein sogenanntes Nachgussbier. Wie das genau passiert, das müssen wir nicht jetzt groß erläutern und breittreten, vorstellen. Weil, das haben wir dann auch ein bisschen in dem automatischen Betriebsablauf, den wir haben, integrieren müssen, es waren ein paar Kunstgriffe notwendig. Auf alle Fälle ist das also, beim Abläutern hört man ein bisschen früher auf und dann fängt man das, was da noch drin ist, gesondert auf. Das hat natürlich eine sehr, sehr niedrige Stammwürze und die Stammwürze wird hauptsächlich dargestellt als nicht vergärbaren Anteil. Das heißt, es entsteht da sehr, sehr wenig Alkohol dabei. Und das ist ein Bier gewesen im 19. Jahrhundert hier in Bamberg, das auch an Kinder verfüttert wurde? Warum? Weil Bier bis Mitte des 19. Jahrhunderts in ganz Deutschland oder ganz Mitteleuropa das gesündeste Lebensmittel war, das es jemals gegeben hat. Weil Bier muss während seiner Herstellung gekocht werden und damit ist es steril. Und dadurch, dass auch Hopfen drin, haben auch krankheitserregende Bakterien keinerlei Chance, sich da zu vermehren. Und so haben wir also das Heinzlein und Hansla aus den alten Büchern von Konrad Graser eben entdeckt. Und ich habe dann in etlichen Versuchen dann, die haben dann großtechnisch erfolgen müssen, versucht, dieses relativ rudimentär beschriebene Verfahren natürlich, nachzuempfinden und auch was draus zu machen, dass man dann das auch in eine automatische Sudhaussteuerung mit reinbringt. Das sind ja zwei Sachen, die man da beachten muss. Und da ist dann eben das Hansla rausgekommen, das ist rauchige Variante und zweimal Heinzlein, das ist die nichtrauchige Variante, nämlich als Helles und als Dunkles, ja.

Markus: Genau, die kamen ein bisschen später. Also ich kann mich noch erinnern, vielleicht noch allgemein gesagt, Hansla war praktisch ein Gattungsbegriff, sage ich mal so. Also Brauereien haben eben aus ihrer Malzmischung einen ersten, manchmal sogar einen zweiten Aufguss gemacht, wo normales Bier dabei raus kam und dann war eben der letzte Aufguss meistens der Dritte, war dann so ein Nachgussbier, wo man halt nochmal das Malz ausgelaugt hat. Das hat dann zwar noch Geschmack gehabt und eben ein bisschen Stammwürze, aber nicht mehr viel und dabei kam dann eben das raus, was man landläufig überall hier bei uns in der Gegend das Heinzlein oder Hansla genannt hat. Und es war eben das Bier für, sagen wir mal, die ärmeren Leute, die kranken, die Kinder, wie auch immer, also je nachdem. Manche Kranke haben auch bewusst das starke Bier bekommen, um sie zu nähren, also je nachdem. Aber das war einfach so das Alltagsgetränk, weil es eben diesen Produktionsprozess unterlaufen war, der ein steriles Getränk erzeugt hat, wie wir heute wissen. Damals wusste man einfach, es ist gut, das zu trinken und auf jeden Fall besser als irgendwelches Wasser aus irgendeinem Reservoire, was man sonst wo hatte. Und damit war das eigentlich landläufig so üblich und ist dann verschwunden, als die modernen Technologien des Brauens aufkamen und dann auch die moderne Mälzerei und überhaupt die Industrialisierung dann dazu geführt hat, dass wir das haben, was wir heute haben an Wirtschaft, an Getränkewirtschaft. Und jetzt eben das wiederzuentdecken, finde ich ganz toll. Und ich kann mich noch erinnern, der Matthias hat mir das dann erzählt, ich war, glaube ich, sogar ziemlich genau hier zu dem Zeitpunkt und hat dann mir erzählt, er macht das jetzt oder ihr macht das jetzt und er hätte da auch mal was da. Und dann ist er hinter den Tresen, hat uns eine Flasche geholt, ohne Etikett war damals noch und hat mir das dann so eingeschenkt, was ich denn davon halte und ich war von vorneherein begeistert. Und es war dann auch so, dass von diesen Probeflaschen, die er so hatte, die waren innerhalb von wenigen Tagen weg, weil alle Leute begeistert waren. Und für mich, muss ich sagen, hat es einfach eine neue Möglichkeit geschaffen, weil ich kann so jetzt halt auch mittags zum Beispiel mit Gästen, mit Kunden, wie auch immer, hier reinkommen, kann zwei, drei, wenn ich Lust habe, sogar vier Bier trinken, die mir schmecken, die Rauchcharakter haben und ich bin eben danach nicht von dem Alkohol in irgendeiner Art und Weise beeinflusst. Und das ist natürlich eine schöne Geschichte und trifft auch genau einen Nerv der Zeit und das fand ich auch so toll, diese Vision damals schon zu haben, dass das ein großer neuer Trend wird. Und da wart ihr auch in Bamberg ziemlich vorne dran mit einem eigenen und noch dazu mit diesem eigenen Charakter. Wer kam denn auf die Idee, die Nichtrauchigen zu machen oder war das von Anfang an?

Martin: Das war eigentlich von Anfang an angedacht, wenn wir die rauchige Variante machen, dann sollten wir auch ausprobieren, ob wir nichtrauchige machen können, ja. Weil das ist, wie gesagt, der Rauchgeschmack, der kommt da auf Grund der sehr, sehr niedrigen Stammwürze, aber der Rauchgeschmack ist relativ kräftigt. Der kommt eigentlich deutlicher durch als beim Märzen, wo er bei der Stammwürze ein bisschen kaschiert wird mit, ja. Und das ist nicht jedermanns Sache, drum haben wir auch gleich gesagt, machen wir das als Helles. Und wenn es ein helles Bier ist, kannst du ein dunkles auch gleich machen, das ist dann eine sehr, sehr leichte Übung, ja. Aber das war eigentlich von Anfang an so gedacht. Versuchskarnickel war das, ja und wie das geklappt hat, waren die zwei relativ schnell entwickelt, also das ging dann ratz fatz, ja.

Markus: Also ich muss auch sagen, ich finde grade das Dunkle ganz toll, weil wir das auch bei uns in den Kursen einsetzen also als Beispielbier eben auch so für mittelalterliche Nachgussbiere, weil es eben etwa zumindest da hinkommt und sich Leute eben vorstellen können, wie damals Biere also in Ansätzen waren. Ganz genau nachvollziehen kann es sowieso nicht, aber zumindest sich dem so ein bisschen nähern. Und, ja, ist ganz toll, dass es das gibt. Und damit ist ja auch eine neue Marke wieder eingeführt oder eingeführt worden, mit dem Hansla.

Martin: Richtig, ja.

Markus: Mit eigenen Kästen sogar, also spannend. Ja und damit war eben auch noch ein anderer Trend eingeläutet, nämlich zu sagen, wir verlassen auch mal diese Schlenkerla-Pfade und nennen auch mal andere Dinge bei anderen Namen, Heinzlein. Und da kommt dann noch was aus dieser Konrad-Graser-Ecke, ne.

Martin: Das ist diese hier.

Markus: Genau. Also da muss man vielleicht noch eins dazu sagen, du hast ja grade so im Nebensatz erwähnt, dass du wir hier das Brauereimuseum in Bamberg haben. Tolle Einrichtung übrigens, vereinsgeführt in eben Bambergs ältester Brauerei, über 1.000 Jahre alt, die Braustruktur da unten, mit tollen Exponaten und an sich sehr, sehr schön. Ich bin da auch schon lange Mitglied, war auch eine Zeitlang im Vorstand. Und du bist seit einigen Jahren der erste Vorstand, für den Laden sozusagen verantwortlich.

Martin: Seit fünf Jahren, ja.

Markus: Genau. Und da kommt dann, weil Michelsberg, das ist da oben, da ist ein Kloster. Das Spannende an dem Kloster ist vor allem die Decke dieses Klosters, denn an die Decke der Kirche haben die Mönche ein Herbariums gemalt, also ihre damaligen …

Martin: Ja, den Himmelsgarten, ja.

Markus: … Kräuter, was man so kannte aus aller Herrenländer. Und das ist praktisch wie ein Buch zum angucken. Und sie hatten eben auch eine entsprechend große Terrasse, wo wahrscheinlich auch mal Hopfen angebaut worden ist, dann auch Wein angebaut worden ist. Und das Ganze ist auch so eine tolle Location, ein toller Ort, wo man eben sein kann. Und da hat man dann gesagt, jetzt wollen wir auch mal ein Bier.

Martin: Ja, das Bier ist entstanden eigentlich dadurch, dass im Jahr 2021 die Klosterkirche St. Michael ihr 1.000-jähriges Weihejubiläum hatte. Jetzt war 2021 ja eins der heftigsten Corona-Jahre, da war also mit einem Fest für 1.000 Jahre Kirchweihe nix möglich. Außerdem ist ja eh eine Baustelle grade am Michelsberg oben, da ist es eh schwierig, ja. Jetzt haben wir im Museumsverein ein knappes Jahr vorher 2.700-Liter-Bügelverschlussflaschen geschenkt bekommen, ja, von der Faust Brau in Miltenberg, die wollten sie wegschmeißen, haben sie uns gefragt, ob wir sie brauchen können? Haben wir gesagt: „Ja, die nehmen wir erst einmal. Wir wissen zwar noch nicht, was wir damit anstellen, aber wir nehmen sie mal.“

Markus: Da war der Eisbock drin normalerweise…

Martin: Ja, also 0,7 …

Markus: Ja, ja, genau, ja.

Martin: … das ist eine ungewöhnliche Flaschengröße, ja. Und wie dann eben das dann so in das Jahr 2021 hineingegangen ist, dann haben wir also gesehen, also mit Fest für 1.000-jährige Kirchweihe geht nix. Da haben wir gesagt: „Wir machen ein Festbier und das füllen wir in diese Flaschen ab. Und das verkaufen wir dann auch über die Stiftsläden und über das Museum.“ Und dann habe ich meinen Chef eben gefragt, ob er denn vom Konrad Graser was habe? Weil ich habe gewusst, er hat alle, sämtliche alten Sudbücher von ihm, die hütet er wie einen Schatz. Und dann hat er gesagt, ja, er sucht was raus. Und dann hat er mir den Sud Nummer 13 aus dem Jahr 1840 gegeben. 13, wir sind ja nicht abergläubisch. Und das waren natürlich relativ rudimentäre Angaben da drin, soundso viele Scheffel Malz hat soundso viele Eimer Bier gegeben. Das mussten wir also erst einmal umrechnen, wie viel Kilogramm Malz das waren, wie viel Hektoliter Bier rausgekommen sind. Gut, bei einem Hektoliter weiß man ungefähr, die Sudgröße war damals so um die 30 Hekto, also viel mehr kann es auch nicht gewesen sein, ja. Die einzig vernünftige Angabe in dem Rezept war, das 23 Kilogramm Hopfen drin waren. Gut, dann haben wir also aus diesen Angaben, die man dann umrechnen konnte, haben wir zurückgerechnet, was könnte es gewesen sein. Und was war es dann, es war ein Märzen und mit 13,4 Stammwürze. Und wir haben aber dann auch gesagt, wir machen da kein Schlenkerla 2.0 draus, ja, obwohl damals am Michelsberg oben wahrscheinlich auch Rauchbier gemacht wurde. Es gab zwar in Bamberg schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein paar Brauereien, die auch nicht Rauchbiere gemacht haben, aber in der Regel, die Meisten waren doch rauchig.

Markus: Hatten die dann eigene Mälzereien oder haben die es zugekauft?

Martin: Nee, das ist dann Kaufmalz gewesen, ja. Das ist auch so, das Berufsbild des Brauers und Mälzer, das hat sich ja so ab Beginn des 19. Jahrhunderts ein bisschen auseinanderentwickelt, weil eben die Industrialisierung natürlich auch mit sich gebracht hat, wenn man größere Produktionseinheiten hat, hat man natürlich einen Kostendegressionseffekt. Und den haben dann natürlich die Handelsmälzereien ausgenutzt, um ihr Malz den Brauern preiswerter anzubieten, als wenn sie die Rohstoffe kaufen, die selber vermälzen mit einem Haufen Aufwand. So ist das dann gewesen und die Handelsmälzereien haben schon etliche dann auch rauchfreie Malze herstellen können, schon vor Beginn des 20. Jahrhunderts. Und wir haben aber trotzdem bewusst uns entschieden, wir machen kein Rauchbier sondern ein Nichtrauchbier, aber wir machen auch nicht da ein beliebig einfaches Helles, sondern machen da so ein mittelfarbiges, bernsteinfarbiges Bier mit 13,4 Stammwürze und natürlich mit Spalter Hopfen. Den gibt es ja heute noch, die alte Spalter Landsorte gibt es heute noch. Und das haben wir dann abgefüllt in der Pax Bräu in Oberelsbach. Weil der kann Bügel abfüllen, das ist natürlich auch die Voraussetzung, dass man das machen kann. Und da haben wir auch gesagt: „Wir machen einen Sud und dann ist gut und dann sind wir fertig, ja.“ Und wie der eine Sud dann zum Verkauf gekommen ist, haben wir relativ schnell festgestellt, das reicht hinten und vorne nicht, was wir gemacht haben, da müssen wir noch einen machen. Da haben wir also noch einen gemacht, haben dann den auch wieder bei der Pax Bräu gemacht und ausreifen lassen und dann abgefüllt. Und wie wir den dann abgefüllt hatten, war es also ungefähr so, dass der erste Sud, die letzte Flasche weg war und da ist die Nächste dann in den Verkauf, hat gut zusammengepasst. Und mit dem Ende des Jahres 2021 war auch dann die letzte Flasche verkauft und dann haben mich die Stiftsläden gefragt, gibt es das nächstes Jahr wieder? Da sage ich: „Nee, also bei aller Liebe.“ Das haben wir ja alles ehrenamtlich gemacht, also nicht nur ich allein, meine Kollegen waren da alle mit dabei und da stecken ein Haufen Stunden drin. Und wir mussten auch immer zur Pax Bräu rauf fahren, die sind 120 Kilometer einfach von hier weg, also ja, da hat man schon ein bisschen einen Aufwand und das im Ehrenamt, das wollten wir dann auch nicht, uns dauernd da dran binden. Und dann habe ich meinen Chef gefragt, ob wir das nicht im Schlenkerla machen könnten und dann in Halbliterflaschen abfüllen? Und das hat er sofort begeistert aufgenommen, hat dann eben mit der Stiftsverwaltung die geschäftlichen Bedingungen dann ausgehandelt. Da sind sie sich auch relativ schnell handelseinig gewesen und dann haben wir das eben mit Beginn des Jahres 22 als Stiftsgartenbier hier rausgebracht. Und das sind eben jetzt diese vier Konrad-Graser-Biere, die dann heuer, nee, letztes Jahr 2023, wir haben ja schon 2024, ja, dann noch um zwei besondere Rauchbiere erweitert worden sind, auf die kommen wir jetzt zum Schluss.

Markus: Auf die kommen wir gleich noch zum Schluss. Und noch eine Frage, also Stiftgartenbier, das war ja dann für dich auch die Zeit, wo du dich langsam aus dem aktiven Dienst verabschiedet hast, oder?

Martin: Ich war da schon im Ruhestand. Also ich habe ja in 2015 begonnen, meine Arbeitszeit zu reduzieren, da hat der Michael ja schon die volle Verantwortung übernommen gehabt am 01. Februar 15. Ich war noch so ein bisschen im Hintergrund, habe aber versucht, ihm möglichst wenig reinzureden. Weil ich mag das bei mir auch nicht und dann kann ich es bei anderen auch nicht machen, ja. Außerdem verderben viele Köche den Brei, ja. Also das tut nicht gut, dass man da mehrere Schnäbel da drin hat, also hat er das alleine gemacht, ich habe andere Aufgaben gehabt. Das war auch genügend, wir haben da den Keller ausgebaut, da war ich auch gut beschäftigt und habe dann auch noch Führungen gemacht und habe meine Arbeitszeit immer weiter reduziert und bin dann am 1. August 21 in Ruhestand gegangen.

Markus: Ja und das finde ich auch faszinierend, wie gut und harmonisch das tatsächlich funktioniert hat und immer noch funktioniert. Und du bist ja immer noch da oben als Führer da und natürlich auch irgendwie als Repräsentant in gewisser Weise und Ansprechpartner und all das, was eben einfach auch dazu gehört, wenn man so lange für so viele Biere auch Mitverantwortung gezeichnet hat. Eine Frage noch zum Stiftgartenbier, da kam ja dann sogar Bamberg auch mit dazu, ne?

Martin: Ja, es gibt hier in Bamberg einen Gärtner, den Emmerling, der baut verschiedene Hopfen an. Da kommt pro Hopfensorte nicht übermäßig viel raus, aber er hat da eben verschiedene gehabt und er hat auch einen schönen Aromahopfen gehabt, einen Tettnanger. Den haben wir dann eben in dieses Bier mit rein als Doldenhopfen, normal nehmen wir ja Pellets hier. Und da konnten wir also auch nicht allzu viel davon verwenden, weil sonst haben wir mit den Produktionsanlagen ein bisschen Schwierigkeiten, ja, die sind nicht für Doldenhopfen ausgelegt, ja. Aber dass bisschen, was wir da verwendet haben als letzte Gabe, es ist eh nie viel in der letzten Gabe drin, das haben wir dann mit Bamberger Hopfen gemacht, drum ist das auch ausgelobt auf dem Etikett.

Markus: Also ein richtiges Stück Bamberg sozusagen. Und auch schon wieder etwas Richtungsweisendes, weil dieses Spiel mit den Aromen geht ja dann weiter, wir kommen aus einer Zeit, wo du ja vorher schon bei den Starkbieren mit dem Eichenholz ausprobiert hast, jetzt hier wieder andere Aromen probiert. Und dann entscheidet sich die Brauerei zu sagen, okay, lass uns mal diese Pfad noch ein bisschen weitergehen und wir haben es ausprobiert mit Buchenholz, wir haben es ausprobiert mit Eichenholz. Das sind die klassischen Hölzer, die man eigentlich aus der Geschichte auch so kennt. Aber jetzt kommt es dann zu zwei noch anderen ganz tollen Bieren, deren Malze jetzt eben mit anderen Holzsorten hergestellt worden sind. Da vielleicht mal eine generelle Frage vom Wording, wie man so schön sagt, ist es richtig, wenn ich sage, das Malz wird über in dem Fall jetzt Kirsch- oder Erlenholz geräuchert oder sagt man getrocknet oder im Rauch, was ist das richtige Wording, das man das so sagt, wie man …

Martin: Also ich würde immer sagen, es wird über einem offenen Buchenholzfeuer oder Eichenholzfeuer oder Erlenholzfeuer oder Weichselholzfeuer gedarrt, ja.

Markus: Gedarrt, okay, ja.

Martin: Weil der Vorgang heißt einfach Darren. Dem Räuchern haftet schon wieder irgendwie so Chemie an, ja. Wobei, es ist ja vollkommen wurscht, also es ist alles Chemie, was wir hier machen.

Markus: Richtig.

Martin: Ja, es ist angewandte Chemie letztendlich, ja. Ganz letztendlich ist es angewandte Physik, weil die Physik ist die Königin sämtlicher Naturwissenschaften, ja.

Markus: Das stimmt. Wobei man eben sagen muss, ich glaube, das ist vielleicht auch deswegen wichtig, weil es ja auch ein Unterschied in der Herstellung vom klassischen Rauchmalz gibt. Beziehungsweise eigentlich ist es ja die klassische mitteleuropäische Art und Weise …

Martin: Richtig, ja.

Markus: … Malz herzustellen, das man eben Holz als Feuerungsmittel verwendet. Und wo Holz ist, ist Rauch und der geht natürlich dann auch ins Getreide. Die moderne Rauchmalzherstellung macht das jetzt meistens so, dass man schon ein fertiges Malz hat, zum Beispiel ein Pilsner Malz oder so und das dann im Nachhinein dann eben wirklich bewusst räuchert, da kann man vielleicht vom Räuchern sprechen. Und das ist dann eben auch vom Geschmacksprofil her ein bisschen anders und von der Art und Weise. Deswegen hat es auch noch keiner geschafft, diesen Bieren hier nahe zu kommen in Sachen Malz. Wobei ich eine Sache sagen muss, das kann ich jetzt gleich schon mal vorwegnehmen, weil ich das ganz spannend finde, die Weichsel hat ja sehr viel Furore gemacht, also die Erle natürlich auch, aber die Weichsel kam ja zuerst und ich finde auch die Kombination hier besonders gelungen, kommen wir auch gleich noch dazu. Und ein Freund von mir, der in Berlin in einer Brauereien Braumeister ist, der hat sich überlegt, wie kann er dem denn irgendwie nahekommen? Und natürlich kriegt er Malz nicht, logisch, das heißt also, er hat kein Malz, was über Kirschholz gedarrt worden ist, aber er hat dann dem Bier, also er hat mit normalem Rauchmalz sozusagen ein Bier hergestellt und hat dem dann Kirschholz zugefügt. Und interessanter Weise, ich habe das neulich vor Ort in Berlin probiert, kommt es dem relativ nahe, also es ist nicht ganz da, aber es ist da. Das ist eigentlich das, was du vornhin gesagt hast, dass der Holzcharakter über das eine oder andere ins Bier kommt, dass das eben funktioniert. Aber vielleicht gehen wir zurück zum Anfang, wie hast du denn davon erfahren, warst du da noch involviert, wie war das?

Martin: Da war ich nicht mehr involviert, ich habe es aber natürlich mitbekommen, dass eben auch die beiden Konrad-Graser-Biere ähnlich sein sollen dann, ja. Und das zunächst einmal mit Kirschholz und zwar Sauerkirsche, die Sauerkirsche ist die Weichsel, ja, das probiert wurde und das Malz war gut, ja. Und da haben wir dann oder hat der Michael dann ein Rotbier draus gemacht. Und dann haben wir Erlenholz gehabt, die Erlen waren, glaube ich, sogar hier aus dem Hain. Da haben nämlich ein paar Bäume dran glauben müssen, weil sie aus Verkehrssicherungspflicht heraus gefällt werden mussten und da haben wir dann das Holz gekriegt davon, haben es zwei Jahre abgelagert.

Markus: Also Bamberger Holz, ja, krass, okay.

Martin: Und haben eben dann das Erlenbier gemacht. Und die Erle ist auch ganz bewusste als Schwarzbier, um auch hier die farblichen Nuancen zu zeigen, wie man spielen kann auch mit Farbe beim Bier. Und was natürlich auch bestimmte Geschmackseindrücke hat. Ich meine, ein Schwarzbier, das hat immer auch so Röstaromen mit drin, das ist klar, dass muss es haben, ja. Und die Weichsel, die hat so leicht süßliche Aromen drin. Das kommt aus dem Holz, das Holz schmeckt nämlich ähnlich wie die Frucht, ja und das ist eigentlich das Interessante da dran, ja.

Markus: Ja und das zahlt auch ein bisschen ein, ich habe es ja vorhin schon erwähnt, was ich so spannend finde, dass man sagt, wir sind innovativ und kreativ, bleiben in unserem Spektrum, aber toben uns trotzdem aus. Also wenn dich jetzt jemand gefragt hätte, sagen wir mal vor 20 Jahren, Schlenkerla macht ein neues Bier, dann hätte man sich vielleicht vorstellen können, wir machen ein Rotbier oder ein Schwarzbier oder vielleicht vorstellen können, wir machen ein Kirschrauchmalz oder ein Erlenrauchmalz. Aber diese Kombination, zu sagen, wir machen ein besonderes Malz und suchen uns dann auch dazu passend einen Bierstil, der mit den Aromen dann auch besonders gut kann, das, finde ich, ist ein Kniff, den fand ich wirklich, der setzt dem so ein bisschen die Krone auf und war für mich bei beiden Bieren eine Offenbarung. Also in der Weichsel hat man wirklich diese schöne fruchtigen Noten, die wirklich in so eine Kirscharomatik geht.

Martin: Ja, die so an rote Früchte erinnern, ja.

Markus: Ja, also ganz rund, ganz weich. Die drinkability, wie man so schön sagt …

Martin: Richtig, ja.

Markus: … ist auch nicht so stark vom Bier her, hat eine gewisse Süße, toll. Und bei der Erle eben dieses Röstige, Schokoladige, wo fast schon ein bisschen Tonkabohne, was weiß ich was. Also das ist wirklich total anders, hat aber trotzdem diese Rauchnote, das Holz kommt schön rüber. Und das ist wirklich, ja, toll. Und was hast du gesagt, als du die Ersten probiert hast?

Martin: Ja, woah! Ja, nee, das sind klasse Biere, da kann man nix sagen also. Und das ist ja auch das Tolle, wie ich angefangen habe, haben wir drei gemacht, wie ich aufgehört habe waren es 13, jetzt sind es 15. Und kein Sortenkannibalismus, ne, also da steckt echtes Wachstum dahinter, ja, also mengenmäßiges Wachstum. Es hat nicht eine Sorte die andere gefressen und das Volumen ist das gleiche geblieben, sondern das Volumen ist gewachsen. Die prozentuale Verteilung der Sorten hat sich natürlich geändert, das ist klar, aber das hätte sich so oder so geändert, ja oder wir hätten das Wachstum gar nicht so darstellen können, wenn wir bei den drei Sorten geblieben wären. Also da bin ich fest davon überzeugt, dass eben die neuen Sorten auch eine gewisse geschmackliche Bereicherung gebracht haben und dadurch auch ermöglicht haben, dass man mehr Publikum anspricht, ja.

Markus: Kann man da auch ein bisschen, wenn man zurückschaut, sowas wie Stolz empfinden oder eine gewisse Befriedigung oder wie auch immer? Stolz, finde ich, ist manchmal ein schwieriges Wort, aber das man so sagt, also du kannst ja wirklich auf eine Leistung zurückblicken, die Brauerei steht gut, sie hat ihr Sorten, das Wachstum war auch mengenmäßig da. Die Leute, die jetzt da sind, ihr seid alle im Reinen, das funktioniert, das ist wie eine Familie. Ist das schön?

Martin: Ja, also ich bin auch sehr zufrieden. Stolz empfinde ich keinen, das ist ein falsches Gefühl. Also ich kann das nie verstehen, wenn da die Rechten rumschreien, ich bin stolz, Deutscher zu sein. Da kann keiner was dafür, wir sind zufälligerweise hier geboren. Haben wir viel Glück gehabt, ja, mehr nicht, ja. Aber ich bin sehr zufrieden und ich bin auch froh, dass ich so viel machen durfte. Also das mir da nicht irgendwelche Fesseln angelegt worden sind, sondern dass ich da durchaus im Rahmen der Vorgaben natürlich, die wir gemeinsam erarbeitet hatten, dann eigentlich freie Hand hatte und es ist immer was Gutes rausgekommen und das ist eigentlich das Schöne da dran.

Markus: Ja, dem gibt es nichts mehr hinzuzufügen, zumindest von meiner Seite, ich weiß nicht, ob du noch was ergänzen möchtest.

Martin: Nein, eigentlich nicht.

Markus: Dann lass uns nochmal anstoßen, Prost! Genießt gerne auch die Biere, kann man ja überall bekommen.

Martin: Prost.

Markus: Prost und, ja.

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