BierTalk Spezial 26 – Interview mit Christian Fiedler, Bier-Autor und Bierflaschensammler aus Bamberg

Aufgewachsen in Bamberg hatte Christian Fiedler zwar naturgemäß eine innige Beziehung zum Gerstensaft, widmete sich allerdings erst einmal seinem Geographie-Studium. In Amt und Würden angekommen, meldete sich das Biergewissen wieder – und aus einer Geschenkidee heraus entstand das Standardwerk zur Bamberger Biergeschichte „Bamberg, die wahre Hauptstadt des Bieres“, das heute in der vierten Auflage schon wieder vergriffen ist. Zum Dank für diese Arbeit gab es den Bamberger Bierorden, der jedes Jahr am 23. April Freibier in der Stadt garantiert. 2020 folgte mit den „Bamberger Biergeschichten“ der nächste Klassiker, in dem Christian Fiedler mit allerlei Mythen und Legenden rund um das Bier der Oberfrankenmetropole aufräumt. Außerdem besitzt er noch die größte Sammlung historischer Bamberger Bierflaschen, um die zu bekommen er schon vierstellige Höchstgebote setzen musste. Ein spannender BierTalk mit vielen Geschichten und einem Einblick in ein wahrhaft bierverrücktes Leben…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute ein Special und so ein bisschen ein Special unter Bier Freaks oder Bier Geek oder wie man auch immer sagen will. Wir haben heute zu Gast den Christian Fiedler, der sich auch gleich selber ein bisschen vorstellt. Erstmal Christian, schön, dass du da bist. Erzähl doch mal den Hörern kurz, mit wem haben wir es denn heute zu tun?

Christian Fiedler: Vielen Dank, Markus! Mein Name ist, wie gesagt, Christian Fiedler. Ich bin der Bier-Community vielleicht dadurch bekannt geworden, dass ich zwei Bücher geschrieben habe. Das erste im Jahr 2004 mit dem Titel „Bamberg, die wahre Hauptstadt des Bieres“. Darin habe ich die Geschichte der Bamberger Braustätten, die es seit 1818 in Bamberg gegeben hat, nachgezeichnet. Dieses Buch hat sich, glaube ich, ein bisschen so als historisches Standardwerk für die Brauereien und Brauereibetriebe in Bamberg entwickelt. Und habe dann im letzten Jahr, 2020, noch ein weiteres Buch folgen lassen, „Die Bamberger Biergeschichten“, wo es eben, wie der Titel schon sagt, auch wieder um lokale Bezüge zum Bamberger Bier geht. Verbunden aber auch natürlich schon ein bisschen mit Historie und mit Geschichte und mit Geschichten. Vielleicht zu meinem Hintergrund ist zu sagen: Ich habe, klar, in Bamberg studiert, Geographie. Und dazu ist dann auch so ein bisschen der Bezug und das Interesse gekommen für die historischen Hintergründe mit dem Bier und dem Brauwesen in Bamberg.

Markus: „Bamberg, die wahre Hauptstadt des Bieres“, das streichelt natürlich meine Seele und ich glaube die von vielen anderen auch. Das sind jetzt schon über vier Auflagen, glaube ich, draußen und vergriffen. Fangen wir vorne an. Also du wächst in Bamberg auf und wie kommst du dann überhaupt zum Bier und wie hat dich das dann in deinem Studium so gepackt, dass du irgendwann gesagt hast „Mensch, das ist ein Thema, mit dem möchte ich mich auch beschäftigen“?

Christian Fiedler: Ja, ist ein guter Punkt gewesen. Ich habe mit Bier lange Zeit nicht so viel zu tun gehabt. Mein erster Kellerbesuch, das weiß ich noch ganz genau, war 1987 auf dem Keller der Brauerei Spezial. Damals hat das Bier 1,80 Mark gekostet und ich war dann meistens mit 3,60 Mark schon immer gut bedient und habe mich dann sozusagen dem Bier spielerisch genähert über die vielen Bierkeller-Besuche bei uns in Bamberg. Ich habe dann, wie gesagt, Geographie studiert, bin in Bamberg geblieben nach dem Abitur am Kaiser-Heinrich-Gymnasium und habe dort Diplom-Geographie gewählt. Als unser Professor am Lehrstuhl, der auch mein Doktorvater war, der Herr Professor Becker, 65 geworden ist, da ist die Idee entstanden, wir müssen unseren Doktorvater eine Festschrift oder irgendwie eine Publikation zukommen lassen. Er selber wollte aber keine richtige Festschrift haben, er wollte irgendwas anderes haben. Da haben wir, sozusagen die Dozenten am Lehrstuhl und seine ehemaligen Schüler, uns ausgedacht, wir machen einen Exkursionsführer durch Bamberg und durch das Umland. Da habe ich mich mit zwei Kolleginnen, Astrid Jahreiß und die Tanja Roppelt, die in Bamberg oder vielmehr auch hier in Buttenheim bekannt ist als Leiterin des Levi-Strauss-Museums, haben wir uns zusammengetan und haben einen Artikel geschrieben über den Einfluss des Brauwesens auf die Stadtgeschichte. Da habe ich mich zum ersten Mal historisch intensiver mit dieser Thematik beschäftigt. Und dabei ist einfach deutlich geworden, es gibt zwar viel Literatur über Bamberg, über das Bier und über das Brauwesen, aber es ist vor allem auch viel Unfug, was da geschrieben stand. Da ist dann so der Wunsch entstanden, das alles mal ein bisschen zu sammeln, zu sortieren und vielleicht das Ganze auch ein bisschen mehr auf wissenschaftlich fundierte Beine zu stellen. Und über diesen ersten Aufsatz kam ich dann auf die Idee, 2004 dieses Buch zu schreiben „Bamberg, die wahre Hauptstadt des Bieres“. Wo ich eben ein bisschen aufräumen wollte mit den Sagen und Mythen, die es gibt. Ob mir das gelungen ist, weiß ich nicht genau, vielleicht ein bisschen. Als es dann darum ging, das Buch irgendwie auch zu betiteln, habe ich mich entschieden für den Titel „Bamberg, die wahre Hauptstadt des Bieres“. Es gab damals immer noch die große Radiowerbung aus Kulmbach, da wurde Kulmbach als die heimliche Hauptstadt des Bieres bezeichnet. Das war natürlich auch ein bisschen aus lokalpatriotischer Sicht der Anreiz zu sagen „Gut, Kulmbach mag die heimliche Hauptstadt des Bieres sein, aber die wahre Hauptstadt ist natürlich Bamberg. Das war dann der Grund für diesen Titel und für dieses Buch.

Markus: Ja, absolut! Dem kann man natürlich als Mit-Bamberger auch nur zustimmen. Ich finde es aber überhaupt schon interessant, wie das emotionalisiert, also wie überhaupt, wenn man überhaupt von einer Hauptstadt des Bieres spricht, das ist schon mal was, wo man merkt, das muss den Leuten wirklich wichtig sein, das muss ein Thema sein, wo sie sagen, da ist es wert, sich drum zu streiten, ob man eine Hauptstadt ist sozusagen. Und dann eben noch diese Diskussionen zwischen heimlich und wahr und so. Aber ich denke mal, also mir ging es auch so, wenn man in Bamberg aufwächst, dann ist das alles ganz normal. Dann hat man vielleicht sogar zwischendurch mal eine gewisse Distanz zum Thema Bier. Wenn man dann zum Beispiel an der Uni ist und lernt oder erfährt, wie andere Leute da drauf gucken und wie begeistert die sind und wie da die Augen leuchten, wenn man in den Bierkeller geht oder in eine Brauereigaststätte, dann merkt man das, glaube ich, erst wirklich zu schätzen. Das sind so die Momente, wo ich heute immer noch sehr davon zehre und mich freue, wie begeistert die Leute sein können, die man hier einlädt. Aber dich hat es dann letzten Endes weg aus Bamberg verschlagen, oder?

Christian Fiedler: Genauso ist es. Ich bin beruflich bedingt seit 2002 im Rhein-Main-Gebiet ansässig, bin aber, ehrlich gesagt, noch nicht so richtig heimisch geworden hier. Ich fühle mich da noch so ein bisschen als Gastarbeiter, einfach weil ich durch die Familie, durch Freunde und eben auch über die Biergeschichte immer noch sehr, sehr eng mit Bamberg verbunden bin. Ich komme natürlich auch alle drei, vier Wochen in die Heimat. Natürlich nicht dann ohne den Kofferraum mit Bamberger Bier voll zu laden, um hier in der, ja, hessischen Bier-Diaspora entsprechend überleben zu können. Das Gute ist, von Frankfurt nach Bamberg ist man, na gut, je nach Verkehrssituation eigentlich auch in zwei Stunden hin und her gefahren. Das ist eigentlich ganz gut. Aber ich bin tatsächlich hier in Wiesbaden beschäftigt bei einem Forschungsinstitut. Das hat mit Bier jetzt mal gar nichts zu tun, aber das Bier als Leidenschaft und vor allem die Geschichte des Brauwesens hat mich bis heute nicht losgelassen und hat nach wie vor eine große Faszination, die es auf mich ausübt.

Markus: War das vielleicht auch ein bisschen Einstellungskriterium, als du dich um den Job beworben hast, dass die gesagt haben „Mensch, da holen wir uns endlich Bierkompetenz ins Haus“?

Christian Fiedler: Leider nein, damit konnte ich damals noch nicht punkten. Aber es war eine lustige Geschichte: Als nämlich ich 2007 beim jetzigen Arbeitgeber angefangen habe, habe ich gesagt im Vorstellungsgespräch, ich bräuchte in zwei Wochen schon einen Tag Urlaub, denn mir wurde im Jahr 2007 der Bierorden der Stadt Bamberg verliehen. Der wird einmal im Jahr an Leute verliehen, die sich für das Bier verdient gemacht haben. Das hat natürlich dann gleich für Lacher gesorgt, als ich beim Vorstellungsgespräch gesagt habe „ich bekomme den Bierorden der Stadt Bamberg überreicht und muss deswegen in zwei Wochen gleich schon mal den ersten Tag Urlaub nehmen“.

Markus: Das ist auch was, wo die Leute dann schon ein bisschen gucken und andererseits auch, wenn man dann die Umstände so ein bisschen erzählt, dass wir als Bierordensträger an dem Tag quasi Freibier in der Stadt haben, da kommt dann immer schon so ein bisschen der Neid auf.

Christian Fiedler: Absolut!

Markus: Apropos, im BierTalk trinken wir ja auch mal ein Bierchen. Ich habe dich gebeten, dir eins rauszusuchen, was du jetzt, wir haben Morgen, mit uns verkosten möchtest. Was hast du dir für eins ausgesucht? Warum? Und mach’s doch dann auch gerne mal auf.

Christian Fiedler: Dann bin ich jetzt schon mal in der Bredouille natürlich, weil wie gesagt, ich bin auch Bierordensträger der Stadt Bamberg und damit irgendwie auch gegenüber den Brauereien irgendwie zur Neutralität verpflichtet. Deswegen will ich hier keine Partei ergreifen für eine besondere Brauerei. Aber ich habe mich tatsächlich für ein Bamberger Bier natürlich entschieden, und zwar für ein Lagerbier der Brauerei Spezial. Aus verschiedenen Gründen, weil es mir natürlich erstens unglaublich gut schmeckt und weil ich der Meinung bin, dass dieses Rauchbier mit der handwerklich hergestellten Malzfabrikation so ein unglaublich aufwändiges Produkt ist. Wenn man einmal sieht, mit welchem Aufwand hier Malz noch in Handwerksarbeit hergestellt wird, dann weiß man dieses Bier auch noch mal ganz anders zu schätzen. Zumindest geht’s mir so. Und ich finde, dass dieses Bier, dieses Lagerbier der Brauerei Spezial, ja, das klingt fast schon ein bisschen poetisch, aber eine richtig tiefe Seele hat. Ich finde, das ist eines der Biere, die man unbedingt mal genießen sollte, wenn man in Bamberg ist. Und deswegen würde ich sagen, wenn wir hier drüber sprechen, dann machen wir es doch am besten gleich mal auf.

Markus: Ja, mach’s doch mal auf. Da bin ich gespannt, was du dazu sagst. Ich kann auch nur sagen, ich werde immer mal gefragt, welches Bier würdest du mit auf eine einsame Insel nehmen oder sowas, und da gehört das für mich auch absolut dazu. Und lustigerweise komme ich auch gerade aus der Spezial Brauerei, ich war jetzt da gerade mit ein paar Bekannten aus Italien dort und wir haben uns die Brauerei angeschaut und auch die Mälzerei. Das ist in der Tat absolut faszinierend, dass die quasi immer noch so arbeiten wie eben vor 200, 300, 400 Jahren. Es ist ganz viel Handarbeit immer noch da und überall, wo man da drin ist, da ist einfach dieses Aroma, dieser Rauch gegenwärtig. Und wenn man dann oben steht in diesem Silo, wo das Malz dann auch gelagert wird und dann probieren kann, das ist wirklich ein absoluter Traum. Und natürlich für Bamberger wie uns ein großes Kino sozusagen. Aber ich will dich gar nicht lang unterbrechen: Wie schmeckt‘s dir denn?

Christian Fiedler: Mir schmeckt‘s ausgezeichnet. Wenn du sagst, auf eine einsame Insel einen Kasten Spezial, dann bräuchten wir auch natürlich einen guten Kühlschrank, der das mit kühlt. Aber wenn das so kühl gelagert wird, es ist ein Genuss, es schmeckt einfach kräftig. Also ich bin leider kein Biersommelier, ich kann immer nur sagen, mir schmeckt‘s oder mir schmeckt’s nicht, aber dieses Bier schmeckt mir wirklich ganz, ganz ausgezeichnet.

Markus: Das ist auch das ultimative Kriterium am Ende, am Ende des Tages.

Christian Fiedler: Eigentlich ja!

Markus: Also egal, was man da irgendwie beschreibt oder erzählt, es muss den Leuten schmecken. Und letzten Endes ist es eben so, für alle, die jetzt nicht ganz so tief in der Bamberger Bierkultur drin sind, haben wir diese zwei Brauereien, Schlenkerla und Spezial, die eben beide nach wie vor Rauchbier machen und weltweit die Einzigen sind, die das eben immer gemacht haben, und auch die beiden einzigen sind, die ihr Malz selber herstellen. Beim Spezial kommt eben dazu, dass sie sogar alle Schritte des Malzes komplett selber machen noch, also sich auch die Gerste anliefern lassen und dann wirklich vom Weichen und Keimen bis zum Darren am Ende den Prozess wirklich komplett selber noch machen. Das macht das Ganze so ein bisschen besonders. Und ihr Lagerbier ist von der Intensität, wenn man es jetzt so ein bisschen einordnen würde, vielleicht so die Nummer 3 in Bamberg. Also das Intensivste ist wahrscheinlich das Schlenkerla Märzen, was die klassisch ausschenken. Und dann hat man auch von der Spezial Brauerei ein Märzen, und dann gibt’s eben das Lager, was ein bisschen weniger intensiv ist, aber trotzdem für die Leute immer noch sehr spannend, sehr rauchig, und hat dann eben wunderschön diesen Charakter, diese wunderbare Farbe schon, so ein Braun mit Rotstich und dann eben dieses schöne …

Christian Fiedler: Sieht superschön aus. Ja.

Markus: Ach Gott! Ganz, ganz toll, freut mich sehr. Und schön, dass du dieses Bier ausgewählt hast. Ich mach mir mal meins auch auf, weil dann können wir auch mal virtuell quasi anstoßen. Ich hatte dieselbe Bredouille wie du, ich wollte jetzt auch keine Bamberger Brauerei bevorzugen, und habe mir dann gedacht, na ja, nachdem der Tag heute für mich noch ein bisschen länger dauert und ich noch ein paar Termine habe, nehme ich mal ein alkoholfreies Bier. Da mache ich sehr viel, beschäftige mich auch damit, auch mit neuen Entwicklungen, und habe mir neulich mal so eine gemischte Kiste aus Belgien und Niederlanden kommen lassen mit verschiedenen neuen alkoholfreien Bieren, die ich auch noch nicht kenne. Und habe hier von Hertog Jan das alkoholfreie 0,0. Da steht drauf „(unv. #00:10:58.4# vol van smaak?), also mit vollem Geschmack und „(unv. #00:11:01.3# verfrisen mit en bitterne?)“, also erfrischend mit einer Bittere. Gucken wir mal, was das so zu bieten hat.

Christian Fiedler: Das klingt zumindest schon mal ganz gut.

Markus: Ja, also es fließt auf jeden Fall schon mal schön ins Glas, hat eine wunderbare goldene Farbe, also das ist auf jeden Fall auch sehr einladend. Oben schöner weißer Schaum. Passt! Riechen wir mal rein. Ja schön, so malzig, bisschen brotig, auch ein bisschen so Honigaromen. Probieren wir es mal. Mmh, also einen satten vollen Körper. Dann so ein bisschen eigentlich typische belgische Hefearomen. Und hintenraus kommt dann tatsächlich eine relativ kräftige Bittere, die auch lange bleibt. Es moussiert ein bisschen im Mund. Also ist, ich weiß nicht ganz genau, welchen Bierstil es repräsentieren soll, ich würde mal sagen wahrscheinlich ein Blonde. Also das Gegenstück vielleicht ein bisschen zu dem, was wir als Helles haben. Aber durch diese belgischen Hefearomen ist es eben fruchtiger und ein bisschen voller und ein bisschen frischer. Aber ein schönes Bier für diesen Morgen. Also Prost!

Christian Fiedler: Prost!

Markus: Wir haben darüber gesprochen, du hast die beiden Bücher verfasst. Und bei dem zweiten, neueren geht’s jetzt auch ganz viel so um die Geschichten hinter der Geschichte. Vielleicht können wir da so ein, zwei Highlights mal unseren Hörern erzählen. Ich erinnere mich, zum Beispiel gibt’s diese Geschichte rund um den Bamberger Bierkrieg, also dass es da sogar Soldaten und Hauptmänner und Bierlieferungen, die irgendwo gestoppt und beschlagnahmt wurden. Was weiß ich, was es alles für Geschichten gibt. Vielleicht können wir diesen Mythos mal als erstes aufräumen. Gab’s diesen Bierkrieg überhaupt und was hast du rausgefunden und was hat das für die Stadt bedeutet?

Christian Fiedler: Den Bierkrieg gab es tatsächlich, auch wenn man vielleicht heute mit Abstand sagen muss, das wurde natürlich immer wieder auch ein bisschen überhöht dargestellt, und man muss es immer auch vor dem damaligen Zeitgeist sehen. Dieser Bamberger Bierkrieg ereignete sich im Oktober 1907 und damit eigentlich schon relativ nahe auch am Ersten Weltkrieg orientiert. Ich glaube, das war damals auch ein bisschen so die Grundstimmung, die Bevölkerung war einfach kriegsbereit. Ich glaube, vor diesem Hintergrund, der politisch und auch in größerem Umfang gesehen werden muss, hat sich dann in Bamberg dieser kleine Bierkrieg entwickelt. Hintergrund war der, dass die Bamberger Brauereien, die damals übrigens das Bier zum gleichen Preis ausgeschenkt hatten, also sich abgesprochen hatten, wie teuer das Bier ist, die haben beschlossen, dass das Bier zu günstig ist, denn sie hatten steigende Kosten durch verteuerte Rohstoffe, durch verteuertes Heizmaterial, auch die Lohnkosten sind immer weiter gestiegen und die Preise für Maschineneinrichtungen sind höher geworden. Da haben die Bamberger Brauer sich zusammengetan, das war an sich schon mal schwierig, weil es erstens über 30 waren, die sich eben nicht immer einig waren. Aber sie haben dann beschlossen, den Preis für den halben Liter Bier, also für das Seidler Bier, von 11 auf 12 Pfennige zu erhöhen. Daraus hat sich dann ein Boykott der Bürger entwickelt, der letztendlich dann nach sieben Tagen dazu geführt hat, dass die Brauer ihren Bierpreis wieder zurückgenommen haben und dann wieder für 11 Pfennig das Bier ausgeschenkt haben. Das ist so in etwa die Story, die dahintersteckt. Es gibt aber nicht nur in Bamberg Bierkriege, sondern es gibt viele Städte, in denen es vergleichbare Boykotte oder Bierkrawalle, wie man sie auch genannt hat, gegeben hat. Beim Bamberger Bierkrieg habe ich mich, wie gesagt, ein bisschen eingelesen. Man muss sagen, dass dieser Bierkrieg sich schon Jahre vorher angedeutet hatte, einfach weil die Brauereien das Bier erhöhen wollten. Gleichzeitig haben sie dazu natürlich die Zustimmung der Gastwirte gebraucht, sie haben ja die Restaurants, die Gasthäuser mit Bier beliefert. Diese Gasthäuser wollten aber diese Bierpreiserhöhungen natürlich nicht mittragen, weil sie sonst den Unmut der Gäste zu spüren bekommen hätten. Die Gastwirte wollten viel lieber den Bierbezugspreis senken. Also sie wollten das Bier von der Brauerei billiger bekommen, die Brauereien aber wollten das Bier teurer verkaufen. Dadurch kam es dann sozusagen zum großen Interessenskonflikt zwischen den Brauern auf der einen Seite und den Gasthaus-Betreibern auf der anderen Seite. Dann haben sich einige skurrile Begegnungen ergeben, zum Beispiel die Tatsache, dass dann Bier aus Forchheim und aus Erlangen importiert worden ist, also mit dem Pferdewagen nach Bamberg geliefert ist. Die haben das dann zum alten Preis geliefert. Die Gastwirte haben selbst aufgerufen, verstärkt Apfelwein zu trinken oder eben gar kein Bier mehr zu trinken. Und damit wollte man eben den Widerstand gegen die Brauereien entsprechend größer machen. Was letztlich nach einer Woche dann auch gelungen ist. Es gibt da ein schönes Bild, weil nämlich diese Personen, die das maßgeblich angezettelt haben, das waren unter anderem zwei Gastwirtsbesitzer, die haben dann sogar eine eigene Postkarte von sich machen lassen zur Erinnerung an den Bierkrieg von 1907 und haben sich da entsprechend dann feiern lassen, dass sie die Brauereien mehr oder weniger in die Knie gezwungen haben.

Markus: Faszinierend, und auch wie du schon sagst, dieser Anklang, wo eben schon dieser beginnende Militarismus da so ein bisschen zu hören ist. Das merkt man auch daran, dass dann der Dritte auf der Postkarte eigentlich ein Buchhalter ist, der dann den Titel Feldmarschall bekommen hat, …

Christian Fiedler: Richtig, ja!

Markus: … Karl Panzer, also das finde ich schon auch eine ganz spannende Geschichte. Diese Postkarte geistert auch immer so ein bisschen durch viele Bamberger Bücher und sonst wo im Internet rum. Das ist sehr spannend. Was ich auch interessant finde, man sieht da unten die Erwähnung von dem § 11. Das sieht man auch immer wieder bei alten Speisekarten in Brauereien, wenn man das irgendwo sieht. Ich weiß nicht, weißt du, was es damit auf sich hat?

Christian Fiedler: Das ist ein guter Punkt, Markus, den du ansprichst. Ich hab‘s leider bis heute nicht herausgefunden, ich weiß es nicht. Aber es ist extrem, dass dieser § 11 auftaucht. Wenn es mir jemand sagen könnte, wäre ich sehr dankbar und vielleicht auch ein Stückchen schlauer, (unv. #00:16:39.6#)

Markus: Dann werde ich das Geheimnis lüften. Gut, also ganz so kompliziert ist es auch nicht. Aber was eben interessant ist, dass es diese Verbindung auch zu den Studentenverbindungen, die es damals noch in großer Zahl gab und die da auch ein großes Ansehen hatten. Die haben für ihre Kommerze, wenn die sich treffen, eine Ordnung sozusagen, wie man sich da verhalten hat, wann man aufstehen darf und wann man sich hinsetzen muss und wann man trinkt und so weiter. In dieser Bierordnung, die die da für ihre Veranstaltung haben, da gibt’s eben verschiedene Paragrafen. Der § 11 ist dann der, der heißt: Es wird weiter gesoffen. Also auf lateinisch: porro bibitur. Das ist praktisch so einerseits ein bisschen Trotz, wenn das so in den Gaststätten hängt und auf dieser Postkarte ist, und andererseits eben auch Verpflichtung, dass man eben dem Alkohol entsprechend zuspricht. Kennt man von Studentenverbindungen. Aber deswegen taucht es immer wieder auf und wird eben damit gleichgesetzt, dass man sagt „hier wird auf jeden Fall ordentlich konsumiert“ sozusagen. Daher kommt das.

Christian Fiedler: Sehr spannend! Siehst du. Vielen Dank!

Markus: Ach Gott, kein Thema! Ich bin froh, dass ich auch dir mal was erzählen kann. Es gibt da noch so mehr Dinge. Ich habe auch mal gelesen, dass die Bamberger Feuerwehr was mit Bier zu tun hat. Gibt’s da eine Geschichte dazu?

Christian Fiedler: Auch das ist ein sehr schöner Beleg dafür, wie eng die Entwicklung des Brauwesens mit der Stadtgeschichte verwoben ist. Früher hat man gerade in den Braubetrieben sehr viel mit offenem Feuer hantiert. Man denkt zum Beispiel jetzt nur an das Darren, worüber wir schon gesprochen haben. Das wurde über offenem Holz getrocknet. Das war eine ständige Feuerquelle oder ein Problem, dass eben Brände ausbrechen konnten. Zumal viele Häuser oder auch Dachböden natürlich aus Holz gebaut waren. Auch beim Bierbrauen selbst, beim Sieden, musste natürlich mit offenem Feuer hantiert werden. Oder auch beim Abdichten der Fässer, die hat man früher, um sie möglichst dicht zu halten, mit heißem Pech gepicht, also abgedichtet, damit es zwischen den Dauben wasserdicht oder in dem Fall eher bierdicht bleibt. Das heißt also, mit offenem Feuer wurde bei den Braubetrieben früher sehr, sehr viel hantiert. Es ist leider sehr oft vorgekommen, dass dieses Feuer eben unkontrolliert ausgebrochen ist. So gibt’s eigentlich fast keine Brauerei, in der es nicht irgendwann mal gebrannt hat. Die Leute hatten früher vor Bränden sehr viel mehr als heute natürlich extreme Angst, denn die Häuser waren gerade im Innenstadtbereich dicht bebaut, Haus an Haus. Wenn irgendwo mal in einer Brauerei ein Feuer ausgebrochen ist, dann bestand eben auch die große Gefahr, dass dieses Feuer auch auf andere Häuser übergreift. Damals waren natürlich die Feuerwehren noch nicht so ausgerüstet wie heute. Deswegen hat man versucht, diese Feuergefahr entsprechend zu reduzieren, indem man vorgeschrieben hat, dass die Türen zu den Malzhäusern nicht aus Holz sein dürfen, sondern die mussten aus Metall sein. Manchmal, das sieht man auch in Bamberg immer noch ganz gut, waren die Brauhäuser auch räumlich getrennt von der anderen Bebauung. Also vorne war das Gasthaus, dann kam ein Innenhof und dahinter war dann erst das Brauhaus. Einfach auch, um zu vermeiden, dass das Feuer direkt an die Häuser geht und übergreift. Trotzdem kam es auch immer wieder mal zu großen Feuersbrünsten. Auch in Bamberg sind leider einige Brauhäuser oder auch die Nachbarschaftshäuser in Flammen aufgegangen. Einer der einschneidenden Tage in der Bamberger Stadtgeschichte war sicherlich der 3. Januar 1860. Da ist nämlich auch wieder ein Feuer ausgebrannt oder ausgebrochen, und zwar in der Brauerei Jäck. Das ist für die, die sich in Bamberg ein bisschen auskennen, am Maxplatz gewesen. Innerhalb von wenigen Stunden ist die Brauerei dort komplett abgebrannt. Ein Problem war, und das haben auch die Zeitzeugen damals in den Zeitungen berichtet, es gab zwar viele Menschen, die helfen wollten, die Wasser herbeigebracht haben in Kübeln und versucht haben, irgendwie zu löschen, aber die Löschbemühungen waren einfach unkoordiniert und jeder hat irgendwas gemacht, aber einfach nicht kontrolliert. Man hat dann scheinbar hier mehr Unruhe entwickelt, als dass man den Brand gekämpft hat. Das hat dann in Bamberg die Diskussion befeuert, im wahrsten Sinne des Wortes, dass man doch unbedingt auch eine schlagkräftige Feuerwehrtruppe brauchen würde. So gab letztendlich dann dieser Brand in der Brauerei Jäck den Anlass, dass sich in Bamberg die Freiwillige Feuerwehr gegründet hat. Und zwar schon 13 Tage später am 16. Januar 1860 haben sich in Bamberg mehr als 70 Bürger zusammengetan und haben in der Gaststätte Pelikan, die es auch heute noch gibt, die Gründungsversammlung der Bamberger Feuerwehr abgehalten. Soviel ich weiß, wird auch heute noch einmal im Jahr dieser Tag dort gefeiert mit den Leuten der Freiwilligen Feuerwehr. Das ist eigentlich ein sehr schönes Beispiel, dass die Brauereien und letztlich auch die Biertrinker damit verantwortlich sind, dass sich damals die Feuerwehr gegründet hat, die nicht nur hilft, wenn es in den Brauereien brennt oder in den Mälzereien, sondern eben auch jedem Bürger zugutekommt, wenn irgendwo ein Feuer ausgebrochen ist. Ich glaube, das ist eine schöne Geschichte, wie sich so Brauereihistorie und Stadtgeschichte miteinander verzahnen.

Markus: Ja, auf jeden Fall! Natürlich helfen die Feuerwehrler auch, wenn sie ihren persönlichen Brand mit dem Bier löschen, …

Christian Fiedler: Definitiv!

Markus: … und unterstützen damit dann auch die Brauereien. Ich finde das auch ganz spannend, vor allem eben dieser Zusammenhang mit dem Thema Feuergefahr und Bier. Der bekannteste Brand, den ich so kenne, ist der große damals in Erlangen 1706. Das war zumindest von der Geschichte her wohl so, dass da auch bei einer Brauerei, die hatten auch eine Brennerei und wollten da wohl gerade eine Destillation ansetzen, und da muss wohl das Feuer aus gekommen sein, muss ein Fuhrwerk in Brand gesetzt haben. Das Pferd, was noch drangeschnallt war, ist dann durchgegangen und dann ist dieses brennende Fuhrwerk durch die halbe Stadt gefahren und am Ende ist Erlangen fast komplett abgebrannt. Das ist in der Tat damals natürlich wirklich ein großes Thema gewesen. Jetzt haben wir zwei spannende Geschichten gehört. Wollen wir vielleicht noch eine dritte machen? Hast du noch eine Lieblingsgeschichte?

Christian Fiedler: Ja, eigentlich sind alles Geschichten, meine Lieblingsgeschichten, aber vielleicht eine besondere, und zwar das Thema Flaschenbier. Ich weiß nicht, da denkt man eigentlich meistens nicht so richtig drüber nach, was es bedeutet, Bier aus der Flasche zu trinken, weil es für uns völlig normal ist, dass Bier in Flaschen gelagert und getrunken wird. Aber lange Zeit war es natürlich auch in Bamberg üblich, dass man das Bier in der Gaststätte trinkt. Also man ist in die Brauerei oder ins Gasthaus oder im Sommer eben auf den Bierkeller oder in den Biergarten und hat das Bier dort konsumiert. Eine andere Möglichkeit war natürlich, das war auch noch beliebt lange Zeit und hat, glaube ich, auch während der Corona-Phase noch mal so ein richtiges Revival erfahren, die Gassenschenke, dass man also mit dem offenen Bierkrug in die Brauerei geht, lässt sich das Bier dort einschenken, bezahlt und geht dann wieder. Hat auch meine Mutter noch immer lebhaft erzählt, dass sie von ihrem Großvater oder von ihrem Vater immer zum Bierholen geschickt worden ist in die Brauerei Kaiserwirt oder zum Einhorn und hat dann dort das Bier sich befüllen lassen und nach Hause gebracht. Aber die eigentliche Revolution ist durch dieses Flaschenbier dadurch entstanden, dass man das Bier sozusagen wirklich verschlossen mit nach Hause nehmen konnte. Deswegen war die Erfindung der Bierflasche eine Sache, die mich persönlich sehr interessiert hat und die ich auch in dem Buch unbedingt widerspiegeln wollte. Ich erzähl mal vielleicht so ein bisschen, wie es in Bamberg gewesen ist. Das mag in anderen Städten vielleicht ein bisschen anders, aber in der Tendenz wahrscheinlich ähnlich gewesen sein. Den ersten Hinweis, den ich gefunden habe, dass Bier aus Bamberg in Flaschen abgefüllt worden ist, der findet sich im Jahr 1836, als nämlich ein Brauer aus der Königstraße das Bier in Tonkrüge, also so in Tonflaschen abgefüllt hat. Hat sie dann mit einem Korken verschlossen und um den Druck bändigen zu können, nochmal mit einem Drahtgeflecht verstärkt, so wie wir es auch heute bei Champagnerflaschen kennen, und diese Sendung mit Bamberger Bier in Flaschen hat er dann nach Nordamerika geschickt, also wohlgemerkt 1836. Das waren so die ersten Anfänge, dass Bier in Flaschen abgefüllt worden ist. Hat sich aber bei den Einheimischen Verbrauchern erstmal nicht durchgesetzt und erst so in den 1870er Jahren, als dann auch so die großen Brauereien aus München, aus Erlangen, aus Kulmbach Bier in Flaschen nach Bamberg geschickt haben, haben sich die Bamberger Brauereien allmählich Gedanken gemacht, Bier in Flaschen zu füllen. Und ab 1875 gibt’s dann auch die ersten Bamberger Brauereien, die Bier in Flaschen gefüllt haben. Das wurde natürlich dadurch befeuert, dass damals auch dann sehr viele Menschen in Fabriken gearbeitet haben, auf dem Bau. Da war es natürlich sehr schön und sehr bequem, einfach sich einen Kasten Bier mitzunehmen oder die Flasche einzupacken. Man konnte die mit dem Bügelverschluss auch schön verschließen. Das hat eigentlich auch dann dem Flaschenbier-Verbrauch einen richtigen Schub gegeben, sodass es also nicht mehr notwendig war, zum Trinken in die Gaststätte zu gehen, sondern sozusagen das Bier „to go“, ganz moderner Ansatz, das Bier eben mit nach Hause zu nehmen oder auf Ausflüge mitzunehmen oder auf die Arbeit mitzunehmen. Das fand ich eine sehr schöne Geschichte, wie sich so ein Alltagsgegenstand wie die Bierflasche, was der auch wirklich eigentlich für eine Revolution im Konsumentenverhalten ausgelöst hat. Für mich persönlich hat das noch mal vielleicht eine besondere Bewandtnis: Diese Bierflaschen, die damals hergestellt worden sind, die waren ganz individuell gestaltet. Also nicht wie heute, wo es eine Einheitsbierflasche gibt mit einem Etikett, war es damals viel mehr so, dass jede Brauerei eigene Bierflaschen hergestellt hat, und zwar mit dem Namen der Brauerei, mit dem Schriftzug aufgeprägt auf das Glas. Also bei der Glasherstellung der Flasche hat man auch den Namen der Brauerei mit aufgeprägt. So gibt’s da wunderbare alte Flaschen, so beginnend ab 1880, wo dann eben draufsteht „Brauerei Mahr Bamberg“, „Brauerei Greifenklau Bamberg“. Das sind wunderbare Zeugnisse der Brauhistorie in Bamberg. Ich muss an dieser Stelle gestehen, dass ich seit vielen Jahren solche alten Bierflaschen sammele, und versuche, möglichst viele verschiedene Varianten von solchen Flaschen zusammen zu bekommen, um sie auch dokumentieren zu können. Dieser Werkstoff Glas hat so eine unheimliche Wirkung, wenn man die schön entsprechend beleuchtet, dann sieht man auch diese Aufschrift sehr schön. Also ich finde es einerseits sehr ästhetisch vom Ansehen, aber auch als Beleg für die lokale Braugeschichte sind das sehr schöne Stücke. Deswegen war es mir wichtig, dieses Thema Flaschenbier hier in dem Buch mit unterzukriegen. Zumal ich auch eine schöne Stelle in der Bamberger Tageszeitung gefunden habe, wie die Bamberger auf dieses Bier in Flaschen reagiert haben. Denn man muss sich, wie gesagt, vorstellen, es wurde jahrhundertelang immer nur aus Bierkrügen getrunken, und als dann diese modernen Flaschen kamen, waren die Bamberger, die eh immer ein bisschen, ja, traditionsbewusst sind in ihrem Umgang, waren sie erstmal ein bisschen skeptisch, ob Bier in Flaschen überhaupt schmeckt. Auch die Brauer haben behauptet, zumindest einige, wenn sie Bier in Flaschen abfüllen, dass das Bier dann sehr schnell schal werden würde. Da habe ich eine schöne Stelle gefunden in den Bamberger Tageszeitungen aus dem Jahr 1897. Da geht’s darum, dass jemand das Bamberger Kellerleben sozusagen beschreibt. Dann kommen sie auf einen Biergarten, das ist am Bundeshof gewesen, da sehen sie, dass Bier aus Flaschen ausgeschenkt wird. Sie wundern sich erstmal, ob natürlich Flaschenbier sich, und so heißt es wörtlich, „würdig erweist eines deutschen Männerdurstes“. Aber sie machen die Flasche auf, trinken das Bier und kommen zum Ergebnis: Der Stoff ist famos. Und so hat sich dann wahrscheinlich erst recht langsam, aber dann doch recht schnell das Bier in Flaschen durchgesetzt. Und schon ab 1900 haben alle Bamberger Brauereien einen Großteil ihres Bierausstoßes über den Flaschenversand verkauft.

Markus: Ja, ein absolut spannendes Thema. Das hat sich dann eben so Stück für Stück fortgesetzt. In Berlin hat man dann ein Kartell gebildet, um dann eben eine Einheitsflasche zu haben und daraus kommt dann unser Pfandsystem. Also sehr, sehr spannende Geschichte. Du hast ganz viele davon, also eine wunderbare Sammlung. Wahrscheinlich die größte, die es so gibt, oder?

Christian Fiedler: Ja. Ich könnte sagen, ich habe weltweit die größte Biersammlung von Bamberger Bierflaschen. Aber es ist natürlich übertrieben, weil ich wahrscheinlich auch der Einzige bin, der es überhaupt sammelt. Der Sammlerkreis ist recht überschaubar. Ich habe, wie gesagt, so 160, 170 verschiedene Flaschen von Bamberger Brauereien. Die unterscheiden sich hinsichtlich des Aufdrucks. Es gab auch lange Zeit bis zum Ersten Weltkrieg Literflaschen, also sehr schöne große Ein-Liter-Flaschen zu den (unv. #00:28:13.9# passenden?) 0,5-Liter-Flaschen. Es gibt die Flaschen in Grün, es gab sie mit braunem Glas, es gab sie aufgeprägt, es gibt sie mit unterschiedlichen Verschlusssystemen. Also ich versuch wirklich, alle Varianten dieser Bamberger Bierflaschen zusammen zu klauben und habe sie auch auf meiner Webseite www.bamberger-bierflaschen.de mal zusammengestellt. Vielleicht mal ganz interessant zu sehen, was es alles für Brauereien gegeben hat und welche Bierflaschen es gegeben hat. Und natürlich sammele ich auch die Flaschen aus dem Landkreis, das gehörte dann doch irgendwie zu Bamberg mit dazu, auch da habe ich dann nochmals ungefähr 130, 140 verschiedene Bierflaschen.

Markus: Falls da jetzt jemand auf deinen Spuren wandeln will und dieses Sammelgebiet für sich erschließen will, wo bekommt man solche Flaschen denn überhaupt her? Das stelle ich mir relativ schwierig vor.

Christian Fiedler: Ja, gar nicht so einfach. Es wird auch immer schwieriger, so Flaschen zu bekommen, muss ich selbst zugestehen. Ein Klassiker ist natürlich im Internet, also bei Ebay oder Ebay Kleinanzeigen einfach mal zu schauen, ob da was angeboten wird. Dankbar sind auch natürlich irgendwelche Flohmärkte, die veranstaltet werden, wo man ab und zu mal sowas findet. Diese Flaschen, das muss man sagen, die wurden früher nie allzu weit um die Brauerei herum verteilt. Also bei Bierdeckeln, bei Bierfilzchen, da kennt man das, das war ein Sammelobjekt, die haben sich sehr schnell weit verstreut. Bierflaschen sind aber meistens sehr lokal begrenzt geblieben. Das lag vor allem auch daran natürlich, dass die Leute die Flaschen, wenn sie leer waren, behalten haben, haben dann Gelee eingekocht und haben es darin aufbewahrt oder haben Saft eingekocht und haben es aufbewahrt. Manche haben auch Öl oder irgendwelche Lacke eingefüllt. Das heißt, man findet solche Flaschen auch tatsächlich öfters mal in alten Scheunen oder wenn Häuser abgerissen werden, irgendwo zwischen den Balken oder im Dachgeschoss. Da taucht sowas immer wieder mal auf. Es gibt natürlich dann auch noch Tauschtage, es gibt richtige Veranstaltungen von Brauereiartikel-Sammlern. Da werden dann Krüge getauscht oder verkauft, es werden Gläser getauscht oder verkauft, und es gibt auch einige Bierflaschen-Sammler, die dann natürlich auch Bierflaschen anbieten zum Verkauf oder zum Tauschen.

Markus: Hm! Unter uns Gebetsschwestern, was war so die teuerste Flasche, die du jemals erstanden hast?

Christian Fiedler: Das bleibt ja unter uns: Es gab in Bamberg die Franziskaner Bräu, das war die letzte Klosterbrauerei im Franziskanerkloster auf dem Jakobsberg, und die hat 1880 zugemacht, die Brauerei. Und zwar nach einem Beschluss des Ordens, dass nämlich in ganz Bayern alle Franziskanerklöster ihre Brauereien dichtmachen sollten, um sich wieder mehr der geistigen Einkehr zu widmen. Deswegen wurden alle Franziskaner Brauereien geschlossen, mit Ausnahme des Franziskaner Klosters in der Rhön, auf dem Kreuzberg, die Brauerei gibt’s ja noch. Aber alle anderen Brauereien wurden geschlossen, und eben auch die Bamberger Franziskaner Brauerei. Ich habe dann bei Ebay tatsächlich mal eine Bierflasche von dieser Franziskaner Bräu Bamberg gefunden. Ich war natürlich total angefixt, weil ich diese Flasche unbedingt haben musste. Und habe deswegen 1111 Euro und 11 Cent als Höchstgebot abgegeben, weil ich die Flasche unbedingt haben wollte. Jetzt wirst du fragen: Habe ich den Zuschlag bekommen?

Markus: Allerdings! Ich hänge gerade in den Seilen. Ich bin gespannt.

Christian Fiedler: Ich habe sie für 22 Euro bekommen. Wenn wir von Preisen sprechen, Bierflaschen sind eigentlich relativ günstig zu bekommen. Bei Bierkrügen werden da ganz andere Preise aufgerufen. Bei Flaschen, wie gesagt, da gibt’s nicht so viele Sammler, deswegen sind die Preise für Bierflaschen mit geprägter Aufschrift, die variieren. Klar, bei denen, die es häufiger gibt, bei 2, 3, 4, 5 Euro und bei den etwas selteneren 10, 15, 20 Euro. Ist selten, dass man wirklich mal eine Flasche für 50 Euro oder irgendwas bezahlen muss. Wie gesagt, diese von mir gebotenen Höchstpreise waren ein Mondpreis, aber ich wollte die Flasche unbedingt haben. Und 22 Euro war dann offensichtlich der Marktpreis, weil der zweithöchst Bietende eben nur 21 Euro geboten hatte.

Markus: Da hattest du dann Glück, dass es nicht auch so einer war wie du, der dann 2222 Euro eingibt oder so.

Christian Fiedler: Da hast du völlig recht. Vor allem, ich habe dann irgendwann mal später einen anderen Sammler kennengelernt, der seine Sammlung aufgelöst hat. Der hatte tatsächlich von genau der gleichen Flasche noch mal fünf Stück an mich abgegeben. Da habe ich sie dann für 3 Euro oder 4 Euro das Stück bekommen. Man muss da als Sammler ein bisschen aufpassen, man wird dann vielleicht oftmals zu schnell ein bisschen emotional und will dann unbedingt irgendwas haben. Das ist aber gar nicht notwendig, wie gesagt, weil solche Flaschen gibt’s dann doch relativ häufig und der Kreis der Sammler ist eher, ja, es ist ein kleiner Kreis. Das sind meistens ältere Männer, da bin ich dann mit meinen (unv. #00:32:34.0#) 50 der Jüngste. Man kommt also immer wieder mal an irgendwelche Flaschen ran, man braucht aber auch das Netzwerk in dieser Sammlerszene, um da ran zu kommen.

Markus: Also jetzt nicht unbedingt die perfekte Geldanlage fürs Alter oder so.

Christian Fiedler: Definitiv nein! Es muss ein Spaß bleiben. Man sollte nie bei sowas hoffen, dass sich die Preise so nach oben entwickeln, dass man dann davon seinen Ruhestand finanzieren kann.

Markus: Okay! Aber immerhin, du wirst auch im Ruhestand immer ein gutes Bier haben. Jetzt sind wir langsam am Ende unserer Zeit angelangt. Dank dir ganz, ganz herzlich für deine Geschichten, für deine Zeit und natürlich auch für das schöne Bier, das wir gemeinsam trinken konnten. Man kann den Hörern eigentlich nur ans Herz legen, es gibt die Bücher von Christian Fiedler, es gibt die Websites und es gibt natürlich auch Veranstaltungen. Das heißt, es wird demnächst eine Lesung in Bamberg geben, wo man dich live erleben kann. Bin ich auch schon sehr gespannt darauf. Wie werden es in den Shownotes verlinken, damit ihr das findet. Dann für heute erstmal vielen Dank, lieber Christian, und dir noch einen wunderschönen weiteren Tag.

Christian Fiedler: Ich danke dir, Markus. Mach‘s gut!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 69 – Interview mit Felix vom Endt, Gründer von orca brau aus Nürnberg

Eigentlich wollte er nur seine künftige Frau verführen – die Nürnbergerin hatte dem Gerstensaft quasi abgeschworen, was dem gebürtigen Hesse und späteren Oberbayern auch gelang, doch dabei entwickelte Felix vom Endt selbst eine so intensive Beziehung zum Bier, dass er erst seinen eigenen Bierblog „Lieblingsbier“ startete und dann in Berlin erst bei der Bierakademie in der Biervermittlung und dann bei Johannes Heidenpeter als Brauerlehrling durch. Am Ende zog es Felix und seine Frau Susa zurück in ihre Heimat nach Nürnberg, wo sie – erst mit der ausrangierten Brauanlage von Heidenpeters und jetzt mit einem nagelneuen Sudhaus von Kaspar Schulz aus Bamberg – als „orca brau“ die fränkische Bierwelt revolutionierten. In diesem XXXL-BierTalk erzählt Felix die ganze Geschichte, außerdem verkosten wir fünf feine orca-Biere vom Landbier bis zum Grape Ale. Und wie es sich für einen Kreativbrauer gehört, gibt es diese Folge ausnahmsweise uncut, also direkt vom Mikro in die Ohren…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Herzlich willkommen zu dem 69. BierTalk. Wir diskutieren immer, wer moderiert, und an der Stelle war das jetzt total klar, weil 69 ist mein Geburtsjahr. Deshalb mache ich die Moderation, also ich, der Holger, und wie immer ist auch dabei der …

Markus: Markus.

Holger: Sehr gut! Zu Gast haben wir den Felix von Orca Bräu oder Orca Brau in Nürnberg. Ihr wisst, Orcas sind Killerwale. Warum er jetzt seine Brauerei so nennt, soll der Felix jetzt mal selbst erklären. Felix, stell dich doch mal unseren Hörern vor. Herzlich willkommen!

Felix vom Endt: Hallo! Vielen Dank, dass ich dabei sein darf. Ich freue mich sehr. Wir sind Orca Brau, also tatsächlich ohne „ä“. Haben uns da auch wirklich lange Gedanken darüber gemacht, ob wir jetzt Orca Bräu oder Orca Brau heißen. Aber da können wir nochmal später zu kommen. Wir sind, also wir sind meine Frau und ich. Wir haben die Brauerei Orca Brau 2017 im März, also jetzt so vor doch schon fast viereinhalb Jahren hier in Nürnberg gegründet. Haben ziemlich klein angefangen in Form von meinem alten Arbeitgeber damals, vom Johannes Heidenpeter aus Berlin die alte Brauanlage übernommen und sind hier in so eine Gewerbehalle rein im äußersten nördlichen Zipfel von Nürnberg, eigentlich fast schon in Fürth, also an der Grenze zu Fürth und an der Grenze zu Erlangen auch noch, im schönen Knoblauchsland, und haben hier unsere kleine Brauerei aufgebaut und sind jetzt seit eineinhalb Jahren knapp auf einer neuen Brauanlage unterwegs, haben uns vergrößert und erweitert. Und probieren uns jetzt eigentlich so ein bisschen zu positionieren, ich sag mal so, im deutschen Biermarkt auf eine Art und Weise so zwischen klassischen Bieren, die aber nach unserer „Frei Schnauze“, in Anführungszeichen, interpretiert sind, aber modernen auch, also modernen Bieren, und auch so ein bisschen eben das Thema experimental und besondere Sachen, besondere Biere, wie man so schön sagt. Das ist ganz spannend gerade die Zeit, man weiß gar nicht, wo man steht, was es so gibt und was so kommt. Und ich freue mich, wie gesagt, mit euch das eine oder andere Bier zu trinken.

Holger: Sehr gut! Wir freuen uns auch. Aber was hat das jetzt alles mit Killerwalen zu tun?

Felix vom Endt: Ach ja, das war die Ausgangsfrage, ne. Also von der Geschichte her ist es so, dass wir Orca Brau heißen wie eben der Killerwal, weil wir, meine Frau und ich, also ich bin der typische Quereinsteiger, der typische vor allem, habe in Coburg studiert, in Oberfranken, bin eigentlich aus dem Süden von München, meine Frau Susa ist aus Nürnberg. Wir haben uns eigentlich so ungefähr am ersten Tag vom Studium kennengelernt im Wohnheim, und das ist jetzt, 2006 war das, also schon ein paar Jahre. Und wir sind nach dem Studium, also ich habe soziale Arbeit studiert und Sozialmanagement und Susa hat Innenarchitektur studiert, und wir wussten erstmal nicht, was wir machen wollen und sind erstmal ein Jahr ins Ausland gegangen nach Kanada, nach Vancouver, an die Westküste. Dort leben Orcas quasi vor der Haustür. Das sind faszinierende Tiere, es sind wirklich spannende, tolle Tiere, mit denen wir uns dann da auch so ein bisschen beschäftigt haben. Und irgendwie damals, also auch zu meiner Geschichte nochmal, ich hatte dann zu meiner Studienzeit, 2006, 2007, habe ich so einen Bierblog gegründet, also lieblingsbier.de hieß der, gibt’s mittlerweile nicht mehr, und habe das Ganze wirklich mitgezogen über die Jahre und habe tagtäglich eigentlich Beiträge veröffentlicht und dann Leute kennengelernt, unter anderem auch euch tatsächlich. Ich weiß gar nicht mehr, wann das war, erste Braukunst Live! oder irgendwie sowas. Und bin da so ein bisschen hängengeblieben nicht nur auf der Seite des Trinkers und Genießers und auch, was das Bierkulturelle angeht, sondern auch auf der Seite des Herstellers. Also auch mal zu Hause gebraut und dann lernt man so Persönlichkeiten wie Olli Wesseloh oder Fritz Wülfing kennen, und irgendwie hat mich das Brauen gepackt. In Kanada haben wir dann ein Jahr gelebt und ich habe dort bei einer kleinen Brauerei gearbeitet. Das hat mich eigentlich wirklich gekickt in die Richtung „Hey, warum nicht mal selbst eine Brauerei machen?“. Und meine Frau auch, also Susa ist aus Franken, ist aus Nürnberg, aber Bier war für sie nie Thema, weil es halt einfach damals auch nicht so ein Standing hatte tatsächlich, wie es heute auch hat, und sie hat dann eher andere Sachen konsumiert, in Anführungszeichen. Aber in Kanada hat sie es wirklich gepackt auch und auch durch meinen Blog natürlich habe ich sie so ein bisschen sensibilisieren können. Aber dort diese Bierkultur, diese Vielfalt und dieses Miteinander und dieses Unterstützende auch von allen Seiten war einfach großartig. Das hat uns so geprägt, dass wir so ein bisschen „Ja, was wollen wir machen in der Zukunft? Welche Richtung soll es gehen?“. Wir haben so ein bisschen auch aus Naivität und Spaß gesagt „Hey komm! Eine eigene Brauerei gründen wäre doch schön.“. Damals in Kanada, das war 2012 haben wir dort gelebt, haben wir gesagt „Wenn wir dann irgendwann mal eine aufmachen sollten, dann heißt diese Brauerei Orca oder irgendwas mit Orca.“. Auch von der Verbindung halt her wieder zu der Zeit in Kanada. Das hat uns schon sehr geprägt. Wir haben dann auch drei Jahre später dort geheiratet, haben immer noch Kontakte. Waren mit unserem älteren Sohn vor drei Jahren auch dort und sind da so ein bisschen hängengeblieben, haben da so unsere Heimat, unsere zweite Heimat vielleicht oder die erste irgendwann.

Holger: Nein, Wahnsinn! Der ganze Aufwand nur, um die Frau ans Trinken zu bringen, das ist ja Wahnsinn.

Felix vom Endt: Genau! Die viereinhalb Jahre später sind wir hier (unv. #00:06:01.3#) Orca.

Holger: Markus, jetzt, ja, wie ist denn das jetzt als Franke?

Felix vom Endt: Ja genau! Also ich hatte 2006 den Plan geschmiedet.

Markus: Wie ist das für mich als Franke? Ja, spannend auf jeden Fall. Ich muss sagen, der Felix hat es schon erzählt, wir kennen uns schon relativ lange. So richtig kennengelernt haben wir uns in deiner Zeit, als du in Berlin warst, witzigerweise. Aber so ist es ja oft, dass man sich ganz woanders kennenlernt, als man eigentlich irgendwie herkommt. Dann fand ich das wirklich superwitzig, dass du hier nach Nürnberg gekommen bist und dann warst du auch schon bei mir am Stand im Bierfest im Burggraben und so. Du bist halt so jemand, der auch polarisiert, jemand, der auch ein bisschen Grenzgänger ist, der auch Dinge mal so ein bisschen auslotet. Das fand ich schon immer sehr spannend und fand auch sehr gut, dass du einfach deinen Weg dann trotzdem einfach gehst. Wo andere dann irgendwann sagen „Jetzt ist die Nase so blutig, es reicht“, da scheinst du dann immer noch ein Zweitnase zu haben und schaffst es dann, da irgendwie doch durchzugehen. Das finde ich wirklich ganz spannend. Ich meine, das wäre für mich so eine Frage, bevor wir vielleicht das erste Bier aufmachen: Wie siehst du dich selber? Also bist du eher so ein Künstler wie vielleicht der Johannes Heidenpeter es sehen würde? Oder bist du eher ein sehr kreativer Handwerker wie vielleicht andere in der Nürnberger Ecke das sehen? Ich meine, was würdest du selber über dich sagen?

Felix vom Endt: Das mit der blutigen Nase finde ich einen schönen Vergleich. Die war noch nicht richtig blutig. Vielleicht liegt’s auch daran. Weil sie noch nicht getroffen wurde, weil ich immer bisher, glaube ich, mich ganz geschickt aus der Affäre ziehen konnte. Ja, aber gut, das ist jetzt ein bisschen Spaß gewesen. Im Endeffekt ist es eine schöne Frage, die du gerade formuliert hast. Also ich sehe mich so, das ist eine Mischung zwischen einer künstlerischen Art und Weise, wie wir mit Bier umgehen, eine kreative vor allem natürlich auch. Und auch das Handwerkliche, also Handwerk vor allen Dingen mehr im Kopf und mehr als Philosophie, weniger jetzt in der romantischen Vorstellung, ich habe hier mein Holzpaddel eben und schraube an meinen großen Kesseln rum und so weiter. Also wir haben eine sehr moderne Brauanlage eben auch seit eineinhalb Jahren mit auch einigen Automatisierungsschritten drin. Der ein oder andere hat auch schon das Wort Industrie gesagt, wir machen jetzt Industriebier, mit einem Augenzwinkern. Für mich spielt das eigentlich keine Rolle, mit was man braut, es geht wirklich mehr natürlich um die Einstellung zu den Dingen. Wir probieren Bier ein bisschen anders zu denken, ein bisschen moderner zu denken und eben vor allen Dingen auch vielfältiger zu denken. Also auch was Zutaten dann wiederum angeht, aber vor allen Dingen auch so diesen Geschmack, den man herausarbeiten will. Also ich will eigentlich mit jedem Bier, was wir brauen, den, der es trinkt, so ein bisschen auf so eine Reise schicken, auf so eine Geschmacksreise, und irgendwie diese Vielfalt rausarbeiten. Das kann man auch in einem ganz klassischen Lagerbier machen oder Landbier, wie wir es so probieren, aber halt natürlich auch mit verschiedensten anderen Zutaten. Das ist so ein Grenzgang natürlich aus verschiedensten Gründen. Aber wir fühlen uns da eigentlich ganz wohl und wir haben da auch Unterstützung und so, und wir sind jetzt auch, um es gleich mal vorwegzunehmen, niemand, der sagt so, Reinheitsgebotsthema, das ist ja ein großes Thema auch für uns, finden wir doof und finden wir blöd und wollen wir nicht. Ganz im Gegenteil, ich finde das sehr gut sogar, aber da können wir dann auch nochmal später drüber quatschen.

Holger: Super, super! Weil ich würde jetzt auch wirklich sagen „genug getalkt“, wir müssen jetzt bitte mal diskutieren, welche Biere wir uns denn jetzt auf die Leber tackern heute. Womit wollen wir beginnen? Also wir müssen jetzt mal was trinken.

Felix vom Endt: Ja, ich habe auch Durst. Hallo!

Markus: Wenn ihr euch nicht entscheidet, entscheide ich mich. Wenn da schon fränkisches Landbier draufsteht, dann würde ich doch gerne damit anfangen, oder?

Felix vom Endt: Ja, sehr gut! Sehr gute Wahl.

Markus: Also!

Holger: Also ich bin schon dabei.

Markus: Okay!

Holger: Rein damit, rein damit.

Markus: So! Schon ist es im Glas. Sehr schön!

Felix vom Endt: Unser fränkisches Landbier gebraut in der Stadt, also im Endeffekt nennen wir es tatsächlich Landbier und auch fränkisches Landbier, weil wir hier, so wie es hinten auch auf dem Etikett steht, mit 100 % historischem Malz arbeiten, und zwar mit der fränkischen Landgerste. Das ist halt ein altes Getreide, eine Urgetreide oder auch eben eine alte, eben Landgerstenart aus Franken, die in den 70er, 80er Jahren tatsächlich ausgestorben war oder wurde so ein bisschen. Und dann eben vor vier, fünf Jahren in so einem Projekt zusammen mit der Mälzerei Rhön oder Rhön Malz und der Landwirtschaftskammer aus NRW und einem Verein für Saatgut einfach nicht nur die fränkische Landgerste, sondern auch viele andere alte Getreidesorten wie Chevalier oder Spiegelhauer wieder neu angebaut worden sind. Und jetzt machen die so, es gibt zwei Landwirte, die die anbauen, der eine ist in der Rhön, der andere ist im Münsterland. Wir suchen gerade oder wir haben vielleicht sogar einen, der für uns unsere eigene fränkische Landgerste anbaut. In Bio ist das alles auch. Und damit brauen wir dieses Bier. Das ist total spannend, weil es halt einfach wirklich diesen ganz eigenen Charakter hat dadurch. Das ist ein untergäriges Lagerbier, ganz klassisch gebraut, wie man Lagerbiere braut, mit Temperaturführung und so weiter in der Gärung. Dann haben wir gleichzeitig noch so ein bisschen Hopfen am Ende vom Kochen mit drin, im Whirlpool, den Saphir, dann wiederum ein relativ moderner Nobelhopfen aus unserer Ecke auch hier. Das macht Spaß. Also das ist so Bier, wo wir halt sagen hier in Franken, klassisch, gibt’s ja eigentlich schon ein paar und auch ein paar geile, also ich bin da selber riesengroßer Fan von und habe auch meine zehn Lieblingsbrauereien, wo ich probiere, so oft wie es geht hinzufahren, oder auch mehrere Lieblingsbrauereien hinzufahren und die Biere zu holen und zu trinken. Wir haben halt probiert, wie können wir ein klassisches Bier brauen, aber halt ein bisschen anders. Und diese Gerste hat halt da wirklich so seinen eigenen Charakter und macht das Bier sehr spannend. Und in der Arbeit auch, im Brauprozess ist es halt auch nochmal was anderes. Also da fahren wir ganz andere Maisch-Temperaturen, da probieren wir länger zu kochen. Die Gärung, vielleicht, also wir sind da auch noch in so einer Rezeptfindung tatsächlich. Wir haben jetzt sechs, siebe Sude gemacht. Und es gibt halt wenig Erfahrungswerte auch, weil es relativ wenig Brauereien gibt, die damit arbeiten. Ich glaube tatsächlich, mittlerweile sind es vielleicht mehr, aber ich kenne eigentlich nur zwei, die mit dieser Gerste arbeiten. Was sehr schade ist eigentlich, weil unter anderem auch Rhön Malz hatte gedacht, dass es mehr Brauereien geben wird, die Lust haben auf historisches Braumalz. Aber ist nicht so der Fall. Wie schmeckt’s denn euch?

Holger: Mir schmeckt das super. Das hat so eine getreidige Note auch schon von Anfang an in der Nase. Hat eine sehr schöne Farbe, finde ich. Ist vielleicht mir ein ganz kleines bisschen fast schon zu süß, also es hätte schon noch ein ganz kleines bisschen mehr Bittere sein können. Aber dafür ist es ein fränkisches Landbier und dafür gibt’s ja so Menschen wie den Markus Raupach, die das eben unheimlich schätzen, dass eben so ein Bier einfach süffig ist und mundet und Lust macht auf den nächsten Schluck. Und so ist es auch. Also ein kleines bisschen vielleicht sogar noch eine Honignote drin, finde ich. Also mir schmeckt das gut. Das ist genau das, was draufsteht. Hier steht drauf „Für hier, für jetzt, für alle“. Und so ist es.

Markus: Genau! So könnte ich mir auch vorstellen, dass man auf einer großen fränkischen Kirchweih ist und dann haben alle dieses Bier und vorne steht dann die Band und hat gerade ihr neuestes Lied präsentiert und danach schreien sie „Für jetzt, für hier, für alle“. Und dann reißt jeder den Krug nach oben. Also dafür ist es wirklich perfekt. Ich muss sagen, ich bin, wie der Holger schon sagt, tatsächlich hier fast im Himmel angekommen. Also sehr, sehr schön, die Farbe alleine schon, wie du sagst, so ein richtig schönes Orangebraun, was so richtig Lust macht, das dann auch zu probieren. Was ich besonders spannend finde, ist wirklich der Nachgeschmack, weil das auch sowas Feines hat, so fast ein bisschen weinig, also sehr nobel irgendwie. Und das macht das Ganze wirklich ganz angenehm. Ich bin mal gespannt, was der Felix sagt. In meiner Empfindung ist die Bittere gar nicht so niedrig, aber sie ist halt schön eingefangen. Und deswegen, ich finde es wirklich ein ganz gelungenes Bier mit einem schönen Körper. Und wie der Holger schon sagt, das kann man einfach toll trinken. Ich weiß nicht, Felix, wie ist es mit der Bittere? Wie viel ist das ungefähr?

Felix vom Endt: Wir messen tatsächlich keine IBUs.

Markus: Ja, ja, aber so ungefähr.

Felix vom Endt: Aber wir sind so, wenn ich mich erinnere, wir sind schon eigentlich bei so, also wir haben eine relativ hohe Whirlpool-Gabe, unser Whirlpool ist noch heiß, also der zieht dann da auch nochmal einiges raus. Der Saphir ist jetzt kein großer Bitterhopfen, wird dann mit Perle auch, also sind da auch relativ mild. Ich glaube, wir sind aber trotzdem so bei an die 30 knapp, 25 bis 30. Aber das stimmt schon, also wir haben eigentlich keinen großen, auch keinen hohen Restextrakt von der Süße her, aber es ist so diese Getreidigkeit. Die macht das wirklich so ein bisschen kräftiger, kerniger auch und so. Das kannst du mit dieser Süße vielleicht so ein bisschen, das ist halt kein Pils.

Holger: Nein, nein.

Felix vom Endt: Aber …

Markus: Für Franken ist es quasi ein Imperial Pils.

Felix vom Endt: Ja, richtig. Eigentlich ein schöner, … aber wir sind halt, das Problem, was heißt Problem, aber die Whirlpool-Gabe, wir messen die IBUs da nicht so wirklich. Und probieren aber halt trotzdem so den Weg zu gehen, dass das auch ein bisschen hopfiger ist, aber auch irgendwie nicht. Aber ich muss sagen, wir sind halt weiterhin da so ein bisschen am Rezept-Schrauben, gerade was den Hopfen angeht. Wir hatten zum Beispiel auch bei den ersten Suden ein bisschen Wasseraufbereitung gemacht vom Brauwasser. Haben wir jetzt nicht, haben wir jetzt mal weggelassen, weil wir einfach mal gucken wollten, wie verhält sich denn dieses Urgetreide oder die alte Landgerste eben mit dem Wasser, was einfach in Franken oder hier in Nürnberg aus der Leitung kommt, in Anführungszeichen. Und finde das eigentlich auch ganz stimmig wiederum. Und so tasten wir uns da so ein bisschen ran. Also wir sind, wie gesagt, viereinhalb Jahre alt und haben halt eben noch keine große Rezepthistorie. Vielleicht kann man wirklich mal in 30 Jahren sagen, dieser Trinkspruch hier auf der Kirchweih im Knoblauchsland, das ist ja hier so eine Ecke, das sind eigentlich (unv. #00:17:19.4#) und wurde so 1970 oder sowas nach Nürnberg eingemeindet alles und jedes kleine Vorstadtdorf hat eigentlich so seine Kirchweih. Im Moment nicht, aber wenn es wieder alles da ist und dann sind halt verschiedenste fränkische Brauereien, die hier ausschenken. Wir natürlich nicht, wir sind auch viel zu klein und zu speziell, aber vielleicht in 20, 30 Jahren ist dieser Spruch hier „Für hier, für jetzt, für alle“ fränkisches Landbier von Orca Brau ein Standardding. Das wäre natürlich irgendwie auch ganz geil. Also das wäre Gänsehaut.

Markus: Klingt ja auch gut. Die Orca Kerwa.

Felix vom Endt: Genau!

Holger: Na ja, also auf jeden Fall, du bist aber eigentlich Oberbayern, oder? Und dann doch in Franken, oder? Du kommst doch vom Starnberger See, oder ist das falsch?

Felix vom Endt: Nein, absolut richtig! Ich bin geboren eigentlich in Gießen in Hessen tatsächlich, aber mit zwei, drei Jahren sind wir dann mit Vater und Mutter nach Oberbayern gezogen, nach Seeshaupt am Starnberger See, ganz im Süden. Das war damals noch relativ weit weg von München tatsächlich, also noch sehr urig tatsächlich so. Und mittlerweile hat es sich auch geändert. Aber ja, ja, da bin ich aufgewachsen, habe dann in München auch eine Zeit gelebt und bin dann halt zum Studieren nach Coburg. Das war dann so Neuland fast für mich in vielen Bereichen. Franken und Bayern ist ja dann doch nochmal ein Unterschied. Aber um es mal vorwegzunehmen, ich bin und fühle mich mittlerweile oder auch schon länger mehr als Franke innerlich als jetzt als Bayer in dem Sinne.

Holger: Oh Mann!

Markus: Hach!

Holger: Markus, das geht doch runter wie Öl, oder?

Markus: Absolut! Haha!

Holger: Da musst du ihm dann direkt die 10 Euro überweisen da für diese Aussage. Wahnsinn! Also aus oberbayerischer Sicht, weiß ich ja nicht, wie ich das finden soll hier.

Markus: Eigentlich ist es eine perfekte Überleitung zum nächsten Bier.

Holger: Nein, nein unbedingt.

Markus: Das heißt „Der Rebell“.

Felix vom Endt: Ja.

Holger: Ja genau! Dann gehen wir doch zum Rebellen und wissen schon, dass es ein Brotbier ist. Das gehört ja auch erklärt und da steht jetzt, also da ist jetzt sogar quasi, sind zwei Produzenten drauf auf dem Etikett. Da gibt’s den Bäcker Feihl und eben diese bissigen Orcas.

Markus: Machen wir es mal auf.

Holger: Machen wir es mal auf. Felix, und dann musst du noch, in der Anmoderation habe ich dich als Felix von Orca Brau vorgestellt, aber dann auch noch vom Endt. Also das ist auch noch was Besonderes. Sag mal, da gibt’s Menschen, die heißen Raupach oder Müller oder Schulze oder so, aber vom Endt, das ist doch auch was irgendwie. Jetzt trinken wir das Bierchen mal und dann musst du uns auch noch mal erklären, wie das gemeint ist mit dem Ende.

Felix vom Endt: Ja genau, mit dem Ende ist …, aber wir können erstmal Brotbier trinken. So spannend ist der Nachname auch nicht. Du hast es eigentlich schon kurz erklärt, es ist einfach eine Ortsbezeichnung vom Ende, am Ende. Genau!

Markus: Kann aber relativ final rüberkommen. Holger, wer mag’s denn beschreiben dieses schöne Bierchen? Hui-hui-hui-hui!

Holger: Ich muss es mir mal zu Gemüte führen. Ich habe es jetzt im Glas und es ist so ein helles Mahagoni, schöner weißer Schaum. Wenn ich so reinrieche, dann riecht man schon förmlich den vollmundigen Körper und auch so eine Malznote. Auch eine Süße rieche ich. Ich trinke es jetzt mal. Oh ja! Oh ja! Wahnsinnig schön karamellig, also so eine ganz tolle Karamellnote. Eine Hopfennote ist sozusagen nicht spürbar. Wie stellt man sich jetzt ein Brotbier vor? Es ist auf jeden Fall ein ganz ausgeprägter Malzkörper da, der eben diese Vollmundigkeit auch macht. Und es ist eine Süße da. Aber ich würde jetzt nicht sagen, Mensch, das ist jetzt auf jeden Fall ein Ofenbrot oder so, was ich da so rausschmecke oder irgendwie eine Kruste, die so Rauchmalzaromen vielleicht noch hervorbringt. Das ist jetzt eigentlich alles nicht so. Sondern das ist auch wahnsinnig gut trinkbar. So ein Märzen, also so ein Märzencharakter vom Bierstil her. Ich weiß nicht, ob ich da richtig liege. Aber da steht halt „Der Rebell und das Bier“, das Brotbier. Aber dann gut, okay, 5,6 % Alkohol, das jetzt würde wieder für die These des Märzens sprechen. Und dann ist wirklich auch Dinkelmehl, Roggenmehl und Salz und Sesam und auch Leinsaat da drin. Also spannend! Aber Felix, jetzt musst du mal da Licht ins Dunkle bringen.

Felix vom Endt: Du hast es tatsächlich sehr, sehr gut analysiert, vor allem was den Bierstil angeht. Wir haben hier tatsächlich eben probiert, ein klassisches Märzen einzubrauen. Aber dann mit eben einem gewissen Teil Brot, der einen gewissen Teil vom Malz ersetzen sollte oder soll oder auch das genau tut. Das ist eben eine Kooperation, wir bewegen uns im Märzen, haben auch tatsächlich untergärig gebraut und wollten eine Basis schaffen von einem Bier, die das Brot unterstützt beziehungsweise auch so ein bisschen begleitet. Man muss das Brot kennen natürlich. Zum Hintergrund: Der Bäcker Feihl ist ein Filialbäcker, stammt aus Neumarkt in der Oberpfalz, hat aber relativ viele Filialen hier in Nürnberg, es sind 35. Es gibt auch einen Ableger in Berlin, das ist irgendwie der Cousin von dem Andreas Feihl, der der Bäckermeister dort ist. Es ist ein Familienunternehmen. Ich weiß gar nicht, welche Generation das mittlerweile ist, aber vor drei Jahren haben die drei Brüder, das sind junge Leute, also mein Alter, Mitte 30, Anfang, Mitte 30, haben das übernommen vom Vater und haben wirklich angefangen, einfach geile Produkte herzustellen. Haben alle Backmischungen rausgeworfen, Enzyme et cetera pp und sich wirklich konzentriert auf geiles Brot, geile Backwaren. Und auch beim ersten Treffen, das wir hatten, hatten sie so ein bisschen was dabei. Also das erste, was ich gemacht habe, ich bin nach Hause gefahren, habe meinen Sauerteig weggeworfen, habe ich gesagt, ich brauche nie wieder selber Brot backen. Das ist das, wo ich hundertprozentig drauf stehe, und das ist wirklich gutes Zeug. Und der Rebell ist ein Brot von denen. Der heißt eigentlich der „Rebell 36“, 36, die Zahl, steht für 36 Stunden Teigführung. Ist ein sehr intensives Brot tatsächlich, wie du jetzt gerade meintest, Holger, dass du da nicht direkt jetzt so Kruste oder Dunkel oder sowas rausschmeckst. Aber das Brot ist absolut dunkel gebacken. Also es ist innen extrem weich, extrem teigig, fast schon fleischig, und hat dann eine richtig dunkle Kruste, was eher untypisch ist. Das Brot sieht auch nicht ganz geil aus eigentlich, sondern es sieht eher so ein bisschen, oh, das war wohl lange im Ofen oder so, aber ist halt knackig und gleichzeitig innen dann extrem weich. Also wirklich grandios. Und hat dann auf der Kruste eben noch Sesamsaat und Salz, und auch geschmacklich wirklich einen relativ hohen mineralischen Anteil so vom Brot her, der dann natürlich auch das Bier beeinflusst hat. Also gerade so von dieser Vollmundigkeit, das kommt sehr viel auch vom Salz, was auf dem Brot ist. Da haben wir auch kein Wasser behandelt. Und haben dann 30 … also das Projekt ist so entstanden, die sind auf uns zugekommen, haben uns angerufen und haben gesagt „Hi, ich bin der Johannes vom Bäcker Feihl. Ich habe gehört, ihr seid eine verrückte Brauerei. Habt ihr Lust, mit uns ein Brotbier zu machen?“. Ich habe gesagt „Ja, haben wir. Finde ich cool.“. Brauen mit Brot ist tatsächlich gar nicht so ungewöhnlich. Es gibt auch so Stile wie Kwas oder andere, wo man wirklich sagen kann, das hat auch eine gewisse Tradition. Dann ist natürlich auch Backen und Brauen sehr ähnlich, Hefefermentation und so weiter und so fort. Dann geht’s darum, natürlich ist es ein Bäcker, der auch um 17, 18 Uhr noch in seiner Filiale eine gewisse Auswahl haben muss. Also die haben Rückläufer, die spenden an die Tafel, die haben ein paar andere Projekte, also machen da schon ganz viel. Die haben sich als Ziel gesetzt: Kein Brot darf in die Tonne. Wir haben Lebensmittelverschwendung auf einem extrem hohen Niveau in Deutschland, gerade was Backwaren angeht. Dann kommt die ganze Industriekacke dazu in den ganzen Supermärkten und so weiter. Also da werden, ich weiß nicht wie viele, hunderttausende Tonnen sind es, glaube ich, oder so, also da wird extrem viel weggeschmissen. Das ist so ihr Ziel. Und trotzdem, die können gar nicht alles an die Tafel spenden. Die Tafel sagt dann an einem gewissen Punkt: Mehr Brot können wir gar nicht nehmen. Die setzen künstliche Intelligenz mittlerweile ein, die dann zum Beispiel das Wetter vorhersagt und sagt „Am Samstag wird es sehr schön, die Leute grillen sehr viel. Also Erfahrungswerte brauchen wir ein bisschen mehr so Sachen wie Baguette oder so für Grillsachen.“ „Es regnet, weniger Baguette.“ Dass dann weniger übrigbleibt einfach auch. Also machen da ganz, ganz viel. Da haben wir gesagt „Cool! Machen wir.“ Wir setzen jetzt quasi 30 % von der Malzschüttung, wir machen hier 10 Hekto Sude, 1000 Liter, wir haben knapp 50 Kilo Brot, die wir da beim Maischen mit einsetzen und tatsächlich auch beim Läutern. Und probieren eben, den Geschmack von dem Brot auch in dieses Bier zu transportieren, was auch gelingt. Das, was ihr jetzt, glaube ich, auch im Glas habt, ist unser zweiter Sud. Also wir haben schon eins gebraut. Der erste war noch so ein bisschen, also noch vollmundiger, noch intensiver, fast schon ölig. Da haben wir gesagt „Ein bisschen zu viel vielleicht.“ Ein bisschen runtergegangen mit dem Brot und haben das Rezept so ein bisschen angepasst, auch ein bisschen länger getrocknet. Also es wird so über eine Woche gesammelt. Es wurde sogar noch mal im Ofen getrocknet, weil das Brot so lange frisch ist, so lange haltbar. Dann geraspelt und dann eben dazugegeben beim Maischen. Das ist so unser kleiner Beitrag, den wir als Brauerei irgendwie leisten können gerade aktuell zum Thema Lebensmittelverschwendung im Bereich der Brote. Macht total viel Spaß mit denen zusammenzuarbeiten auch. Ich liebe solche Projekte tatsächlich. Das habe ich so in den letzten vier Jahren, immer mal wieder hier und da was gemacht, und das macht mir einfach unglaublich viel Freude. Man lernt sich kennen und man lernt auch noch mal ganz viel. Ich habe ganz viel gelernt zum Thema Backen und wie läuft eigentlich das Brot-Business so ab in Deutschland? Also das ist wirklich cool. Wenn ich mich jetzt nur auf meine Brauerei fokussieren würde, was ich ja tue in dem Fall auch, aber so sind wir halt so ein bisschen offen gegenüber anderen Handwerkern im Lebensmittelbereich. Lernt man auch noch mal ganz viel. Und merkt, dass man ganz viele Gemeinsamkeiten hat, aber auch natürlich Sachen, die ein bisschen anders sind. Das macht unglaublich viel Spaß. Das Brot gibt’s in jeder Bäckerfiliale beim Feihl. Und beim ersten Sud, also wir haben jetzt die doppelte Menge gemacht, war es dann auch so, dass die Damen und Herren, die da arbeiten, wo es rauskam, schon irgendwie um acht Uhr früh haben sie in der Zentrale angerufen und gefragt „Hallo Herr Feihl, ich habe ein bisschen eine komische Frage, aber gibt’s noch Bier?“. Das war halt wirklich auch total schön. Also die Leute haben das ziemlich schnell leer verkauft, nach drei Tagen haben wir das ausverkauft. Und haben jetzt nochmal nachgeschoben und schauen wir mal, wie es weitergeht.

Holger: Also auf jeden Fall eine absolut tolle Story. Ich finde das richtig toll. Und so steht‘s auch hinten auf dem Rückenetikett. Also auch, dass man in so einer Zusammenarbeit einfach dazu beitragen kann, dass insgesamt weniger weggeschmissen wird, finde ich einfach mega. Das passt auch übrigens ganz hervorragend, stelle ich mir jetzt vor, eben zu so einer klassischen Brotzeit. Ich gucke hier aus dem Fenster, in München ist wahnsinnig schönes Wetter, war ein ganz toller warmer Tag hier. Und jetzt so eine schöne Brotzeit zu haben mit einem Obazda oder so, und dann dazu eben das Brotbier, ich kann es nur jedem empfehlen. Das gibt’s online und bestellt euch das und macht euch da abends eine schöne Brotzeit. Denkt an München, meinetwegen auch an Franken. Also man muss ja nicht immer nur an Oberbayern denken. Aber in dem Fall sogar Oberpfalz, oder?

Felix vom Endt: Ja.

Holger: Der Feihl kommt aus Neumarkt an der Oberpfalz, oder?

Felix vom Endt: Genau, genau! Also es ist ein Oberpfälzer Bäcker.

Holger: Genau! Da dran muss man natürlich auch noch denken. Und dann das alles genießen und dann noch so ein gutes Gefühl zu produzieren, ich wirke da irgendwie aktiv mit der Nachhaltigkeit mit, also nochmal, toll, einfach toll. Markus, was sagst du?

Markus: Ja, ja, ich bin auf jeden Fall auch begeistert. Ich muss erstmal noch mal sagen, ich finde schon, dass man in der Nase wirklich viel von diesem Brotigen hat, also für mich jedenfalls ist viel da. Und meine erste Assoziation war so ein Sesambrötchen, was ich dann relativ lange auf dem Toaster nochmal erwärmt habe. Also wo das dann so ein bisschen anbrennt. Und so war mein erster Eindruck. Weil der Sesam auch tatsächlich relativ deutlich rüberkommt, das gefällt mir sehr gut, weil ich ein großer Freund des Sesams bin. Ich finde natürlich die Idee an sich grandios. Vor ein paar Jahren mal hat mich eine Brauerei gefragt „Kann man das machen?“. Dann habe ich damals auch mit dem Brauerbund ein bisschen Rücksprache gehalten. Dann war noch so ein bisschen das Thema, wenn man jetzt Brot nimmt, was eigentlich entsorgt werden soll und nicht mehr verkauft werden darf, darf man das als Rohstoff nehmen für ein Bier? Also war durchaus in der Diskussion. Damals haben wir uns dann auch dagegen entschieden. Letzten Endes kamen aber dann relativ bald andere, die das gemacht haben. Und auch im Ausland, in Belgien gibt’s zum Beispiel eine Brauerei, die das aus Prinzip so macht. Und das finde ich wirklich eine tolle Idee, da einfach zusammen zu arbeiten. Aber ich habe eine Frage da noch in dem Zusammenhang: Wie rechnet man das denn um? Also kann man einfach sagen, wenn ich 150 Kilo Malz normalerweise nehme, dann nehme ich jetzt halt 50 Kilo Brot? Oder muss man sagen „Das Brot hat so und so Bestandteile und so weiter, deswegen muss ich vielleicht statt 50 Kilo Malz eher 70 Kilo Brot nehmen.“? Oder wie macht man das? Ist das Trial & Error?

Felix vom Endt: Ja genau! Tatsächlich Ausprobieren, definitiv. Haben wir jetzt in dem Fall nicht wirklich gemacht, also wir haben das Brot gekannt und auch so ein bisschen analysiert natürlich, was ist es für ein Brot, was ist da mit dabei? Also das Thema Salz zum Beispiel, was macht das mit dem Bier dann noch? Sesam, Leinsaaten und so weiter, die Kruste und so. Aber trotz allem weiß man auch erstmal nicht so genau, wie viel Zucker zieht man dann noch raus oder welche Methodik kann man überhaupt anwenden im Brauprozess? Wir haben natürlich, und wie du schon sagtest, in Belgien, Brüssel, vielleicht die Brauerei. Eine hier und da auch mal in Hamburg gibt’s auch eine Wildwuchs zum Beispiel, die haben auch jetzt ein Brotbier. Also es gibt, im Moment ist das so ein bisschen Thema tatsächlich. Wir haben natürlich auch ein bisschen angefragt hier und da und im Internet recherchiert. Also das machen wir dann schon regelmäßig immer mal zu bestimmten Zutaten oder Brauprozessen. Und da ist dann ein bisschen so diese Hausnummer 25 bis 30 % von der Malzschüttung mit Brot zu ersetzen. So sind wir dann eigentlich auch vorgegangen. Haben dann, wie gesagt, beim ersten Sud tatsächlich gemerkt „Hui! Das war jetzt dann doch schon …“, also es war spannend und geil und auch lecker, aber im Vergleich zu dieser Variante war es wirklich noch vollmundiger, wie gesagt, fast ölig auch, und die Viskosität vom Bier war so intensiv. Der erste Kommentar, kann ich mich erinnern, auf Instagram beim Bäcker Feihl war, wo die gepostet haben: „Wir haben jetzt das Brotbier. Habe ich heute probiert, schmeckt eins zu eins wie das Brot.“ Das ist natürlich schon cool, also das ist auch so die Idee. Aber dann feilt man halt so ein bisschen am Rezept. Wir haben dann auch gesagt „Wir machen es jetzt mal und schauen, wie es ist und wie es wird und wie es ankommt.“. Dann kam es sehr gut an, dann haben wir es nochmal gemacht. Und dann haben wir uns da entschieden, ein Ticken runterzugehen von der Menge von Brot und es insgesamt so ein bisschen bieriger zu machen. Also Bier wirklich auch, das schmeckt wie ein Bier, aber dieser Brotcharakter ist halt wirklich gegeben. Und wie du jetzt auch grad gesagt hast, also wenn man es konzentriert trinkt oder bewusst trinkt, mit Riechen, mit den sensorischen Eigenschaften rangeht, dann schmeckt man oder riecht man auch das Brot raus. Ich finde auch so dieses Sauerteigige so ein bisschen. Und mit dem Sesam zum Beispiel und diesen Brötchen, wie du es auch gerade erwähnt hast, finde ich auch absolut, jetzt wo du es auch gesagt hast, es ist wirklich eine sehr dunkle Kruste, also sehr dunkel gebacken, und dadurch hat man wirklich so diesen Charakter dann so ein bisschen auch mit drin. Es ist halt ausprobieren. Also ich finde, da sollte man keine Angst vor haben, mal diese Dinge irgendwie sich ranzutasten und bestimmte Dinge auszuprobieren. Wenn es wirklich schiefgeht, dann macht man es halt nochmal neu.

Markus: Ja, das ist mir schon klar, aber was ich mich gefragt habe, ist: Wenn ich jetzt das Malz nehme, dann weiß ich, da ist so und so viel Stärke drin, da macht mir dann die Verzuckerung so und so viel Zucker und die Hefe macht mir dann so und so viel Alkohol und dann komme ich da irgendwie auf einen Wert am Ende, wo ich hinmöchte. Aber wie ist das denn mit dem Brot? Weiß ich da vorher auch, wieviel letzten Endes hier an Stärke, an Zucker drin ist, was dann am Ende zu Alkohol wird? Oder ist das dann tatsächlich so ein bisschen Versuch?

Felix vom Endt: Genau! Das ist tatsächlich Versuch. Also wir wussten es nicht. Ich glaube, man kann es vielleicht im Labor analysieren lassen oder irgendwie so, wie viel Zucker ist da noch drin. Und dann halt auch natürlich Zucker, den die Bierhefe vergären kann auch. Aber da haben wir einfach gesagt „Wir brauen, wir gehen den Weg“, sagen „Wir haben unsere Malzschüttung mit 150 Kilo, da kommen wir jetzt als Beispiel auf ein 13 oder 12,5 Plato Bier und haben am Ende 5,4 % Alkohol.“, als Beispiel jetzt. Dann sagen wir „Wir nehmen davon 30 % weg von diesen 150 Kilo und setzen jetzt einfach mal Brot dazu.“. Man hat natürlich auch Erfahrungswerte von anderen Brauereien dann so ein bisschen, wie war es denn bei euch? Wissen aber jetzt auch nicht genau, wie viel Zucker wir da noch rauskriegen oder auch nicht, aus diesem Brot jetzt speziell. Und dann haben wir halt gebraut und dann spindelt man irgendwann am Ende vom Kochen oder am Anfang vom Kochen und schaut, wie viel Zucker drin ist und wie hoch die Stammwürze ist. Und dann denkt man sich so „Doch ein bisschen mehr“ oder „Ist doch ein bisschen weniger“. Dann hat das Bier nicht wie vielleicht geplant 5,2 % Alkohol, sondern dann 5,6 %. Dann ist es, wie es ist. Und hätte es jetzt am Ende 6,5 gehabt Alkohol, dann würde da jetzt 6,5 draufstehen. Da gehen wir eigentlich erstmal mit einer Offenheit ran, wo wir einfach sagen „Uns ist es – in Anführungszeichen – erstmal „egal“, ob das Bier jetzt 5 % oder 6,5 % hat. Das sehen wir halt dann am Ende.“. Dann haben wir den Erfahrungswert und dann wissen wir ungefähr auch, wie viel Zucker wir rauskriegen, wie sich die Stammwürze erhöht, wie der Restextrakt ist, und dann kann man im zweiten Versuch zum Beispiel auch ein bisschen gezielter mit arbeiten.

Markus: Eine Frage habe ich noch. Da kam jetzt übrigens der Gedanke vom Brotbock. Hört sich irgendwie auch cool an. Aber das mal by the way. Aber bedeutet dann auch, wenn man jetzt bedenkt, man muss auf die Stammwürze auch irgendwie Steuern bezahlen und so: War das denn mit den Behörden dann einfach, sowas zu machen? Oder haben die da erstmal gesagt „Moment, da gibt’s keine Werte, keine Zahlen, da müssen wir erstmal eine Bremse reinhauen.“?

Felix vom Endt: Nein, wenn es jetzt um die Stammwürze geht, sind wir ja beim Zoll quasi, bei der Verzollung. Und bei uns ist es so, dass wir jedes Bier, was wir hier brauen, und wir machen verschiedenste Sorten, wird mit der Abfüllung versteuert. Wir hatten damals bei der Steuerlage-Anmeldung, also läuft dann so, eigentlich in der Brauerei hast du bestimmte Werte von Stammwürzen, sagen wir mal 10 bis 15, und du machst in dem Bereich deine Biere, in der klassischen. Und wir haben angegeben, 7 bis, ich glaube, 29 oder so. Da muss man also ein bisschen vorausplanen auch mal und sagen „Wieviel Grad Plato 12 macht man denn so ungefähr im Jahr?“. Und das ist aber alles kein Problem, weil wenn wir dieses Bier haben und wir rechnen natürlich den Zucker vom Brot natürlich mit rein, und das hat eben 14 Plato, dann ist das ein 14 Plato Bier, und dann wird es abgefüllt. Bei uns, wir versteuern wie gesagt mit der Abfüllung, und alles dann ganz normal über die Biersteuer findet es dann seinen Weg. Der andere Bereich, was Behörden angeht, ist natürlich das Thema die Lebensmittelüberwachung und Ordnungsamt und diese Thematik mit, ist das denn überhaupt rein rechtlich gesehen ein Bier oder eben nicht? Und wenn es das nicht ist, dann ist man so ein bisschen in dieser Grauzone unterwegs, würde ich jetzt einfach mal so behaupten. Und da bewegen wir uns auch mit. Wie man hinten so schön lesen kann, ist die offizielle Kennzeichnung von diesem Bier „Besonderes Bier“. Da gibt’s einen bestimmten Paragrafen im Biersteuer-Gesetz. Da steht drin, was ein besonderes Bier sein kann. Da steht allerdings auch drin, dass in Bayern das nicht möglich ist. Da geht’s um die Ausnahmegenehmigung, die man stellen kann bei den Behörden, wenn man jetzt ein Bier brauen will wie so ein typisches Witbier oder eben auch ein Brotbier, da meine Ausnahmegenehmigung zu stellen bei der zuständigen Behörde und dann nach einer bestimmten Zeit, kostet auch ein bisschen Geld, aber dann auch so seine entweder Zusage oder Absage zu bekommen. Wir sind da seit viereinhalb Jahren in einem regen Austausch mit unseren Behörden hier vor Ort und auch mit dem einen oder anderen Verband und bewegen uns da gefühlt eigentlich auf einer Ebene, wir wollen keinem was Böses und auch natürlich nicht mit diesem Produkt und wir wollen eine rechtliche Sicherheit haben, dass wir sowas herstellen dürfen. Das haben wir tatsächlich im Moment nicht. Ich will nicht sagen, wir legen es so ein bisschen drauf an, das wäre jetzt zu viel gesagt, aber natürlich ist das in Bayern so eine Gratwanderung. Und deswegen aber diese Betitelung auch, besonderes Bier, weil wir uns da ganz klar auch lebensmittelrechtlich an ein bestimmtes Gesetz halten, das jetzt im Bundesland Bayern zwar nicht gültig ist, aber da sind wir so ein bisschen, wo wir einfach sagen, schauen wir mal, was so kommen wird noch.

Markus: Also noch gibt’s das Bier sozusagen.

Felix vom Endt: Genau! Also noch kann man es kaufen, wer weiß, vielleicht in den nächsten Wochen nicht mehr. Aber es ist natürlich so, wir haben jetzt, vielleicht hat es der eine oder andere Zuhörer mitbekommen, über die Deutsche Presse Agentur auch da relativ Medienpräsenz bekommen und wurden tatsächlich landauf, landab in einem Artikel in Zeitungen veröffentlicht, teilweise auf den Titelseiten Berliner Morgenpost, Süddeutsche Zeitung, aber auch so regionale Blätter. Und das Ganze lief auch so, dass wir jetzt diese beiden Biere, also Sud 1 und Sud 2 wurden einmal bei uns eingezogen von der Lebensmittelaufsicht und einmal auch in Neumarkt in der Bäcker Feihl Filiale. Haben da aber keine Angst oder keine Bedenken, weil wir einfach hier ein Produkt haben, was lebensmittelrechtlich absolut sicher ist, absolut konform ist, absolut funktioniert und wir niemandem schaden damit. Deswegen sind wir da so ein bisschen in einem „Verfahren“, in Anführungszeichen, über jetzt auch schon, wie gesagt, seit viereinhalb Jahren tatsächlich, wo wir probieren, bestimmte Wege zu gehen und ein bisschen dafür kämpfen, das passiert jetzt nicht so direkt in der Öffentlichkeit, dass wir hier Biere herstellen dürfen, die rechtlich gesehen einfach oder lebensmittelrechtlich gesehen in Ordnung sind. Thema Reinheitsgebot ist die eine Sache, aber das ist ein Produkt, was hier in unserem Glas ist, was niemandem schadet. Ganz im Gegenteil, sogar auf eine Art und Weise Lebensmittel rettet. Darum geht’s uns jetzt nicht per se, mit so einem Argument quasi das auszuhebeln diese Gesetzgebung, wir machen ja auch ganz andere Biere noch mit anderen Zutaten. Aber es gibt einfach für uns da jetzt nicht wirklich ein Argument, was dagegenspricht, außer, es war halt schon immer so.

Holger: Mensch, Freunde der Nacht, wir talken jetzt schon ganz schön lange und wir haben uns noch einiges vorgenommen. Ich glaube, wir können zu jedem Bier so viel sprechen. Was machen wir als nächstes?

Markus: Könnt ihr euch wieder nicht entscheiden, oder was?

Felix vom Endt: Ich kenne alles.

Markus: Ich meine, man kann es den Hörern mal sagen, also erstens wegen der Länge, ich habe es auch schon befürchtet, aber deswegen machen wir die Folge einfach mal „uncut“, dann können wir das auch mal ein bisschen länger machen, überhaupt kein Thema. Also tut euch keinen Zwang an. Aber was wir noch an Bieren haben, was wir uns überlegt haben, ist: Wir haben noch eins, da ist eine Birne vorne drauf. Dann haben wir eins, da steht Riesling vorne drauf. Und eins, das schaut so ein bisschen japanisch aus. Wenn es jetzt an mir wäre zu entscheiden, dann würde ich die Birne als nächstes nehmen. Außer der Felix sagt, geht gar nicht, wir müssen irgendeine andere Richtung zuerst gehen?

Felix vom Endt: Nein, bin ich total dabei. Absolut gut!

Markus: Dann heißt das hier Ballade de Poires, wenn man das richtig ausspricht, oder?

Felix vom Endt: Ich glaube schon. Ich hatte nur Latein in der Schule, und Englisch, deswegen ja.

Markus: Nennen wir es mal so. Oder Holger, was sagst du?

Holger: Unbedingt! Ich bin immer glücklich, wenn du glücklich bist.

Markus: Na, dann mache ich es mal auf.

Felix vom Endt: Dann bin ich auch glücklich. Wenn ihr glücklich seid, bin ich das auch. Das muss man auch mal kurz …

Markus: Und ich erst.

Felix vom Endt: Aber genau, das ist, ich glaube tatsächlich, wir machen auch unsere Etiketten selber und die Namen und so weiter und so fort. Das heißt, so weit wie ich mich erinnere bei der Etikettengestaltung, ein Spaziergang oder ein Spaziergang, ein Birnen-Spaziergang oder irgendwie sowas. Ein Spaziergang mit der Birne, glaube ich. Kann das sein? Könnt ihr Französisch? Habt ihr das drauf?

Markus: Nicht wirklich, also ich kann es so ein bisschen aussprechen und ein bisschen mir vor Ort so ein Brötchen bestellen und ein Bier natürlich, aber Ballade? Ich hätte es jetzt mal übersetzt mit eben Ballade von der Birne. Würde auch irgendwie passen. Aber ich weiß nicht, der Holger ist immer schnell mit Wikipedia. Was sagst du?

Holger: Diesmal bin ich überhaupt nicht schnell, nein, ich …

Markus: Dann reden wir erstmal übers Bier und ich schau dann mal, was das denn heißt.

Felix vom Endt: Im Endeffekt haben wir hier probiert, so diese Stilistik eines Culinary Ales anzugehen. Ich glaube, es ist noch kein offizieller Bierstil. Aber die Idee ist eigentlich, bestimmte Zutaten zu kombinieren, in dem Fall Birne, Zitrone und roter Langpfeffer aus Kambodscha, und die eigentlich stimmig ins Bier zu bringen. Also inspiriert, wir hatten zwei, drei solche Arten Culinary Ales, also wir nennen es so, die einfach aus der Kulinarik, aus der Küche so ein bisschen inspiriert sind. Und alles dezent, ist immer so die Idee, aber trotzdem schmeckbar, trotzdem spürbar und natürlich auch dann immer hervorragend geeignet, um es mit bestimmtem Essen zu kombinieren oder auch alleine zu trinken. Das ist eigentlich so die Idee.

Markus: Dann sag ich doch mal: Prost!

Felix vom Endt: Prost!

Markus: Mmh! Ich habe übrigens nachgeschaut, also Ballade heißt tatsächlich sowas wie eben Spaziergang oder Reise oder sowas. Also irgendwie so eine birnige Reise. Aber das finde ich ganz toll, also ich mag Birnen sehr gerne in jeder Form, bis hin zum Williams-Brand. Aber jetzt sind wir hier beim Bier. Und fand ich schon von der Nase her sehr schön, weil es tatsächlich so die ganzen Aspekte, die so eine Birne auch mit sich bringt, einfach hat. Und dazu kommen dann noch diese Aromen, die auch noch mit draufstehen. Also da steht Zitrone- und Pfeffer-Aromatik. Das hat man tatsächlich sowohl in der Nase als auch dann im Geschmack. Der Pfeffer kommt so hinten raus tatsächlich so ein bisschen. Es wirkt auch erstmal ein bisschen säuerlich, aber sehr rund trotzdem. Und der Abgang hinten ist aber dann wieder schön neutral und harmonisch. Also wie du schon sagst, das ist wirklich was, was in der Kulinarik, glaube ich, sehr, sehr gut einsetzbar ist. Also könnte ich mir schön vorstellen zu einem Käseteller zum Beispiel oder vielleicht auch am Anfang, wenn man so eine gebundene Suppe hat, was weiß ich, es kann sogar eine ganz banale Kartoffelsuppe sein, kann ich mir sowas ganz schön vorstellen. Oder natürlich auch ein Fischgericht würde wahrscheinlich gut gehen. Also sehr, sehr spannend. Habe ich viele Dinge im Kopf. War mir jetzt tatsächlich auch noch nicht so richtig ein Begriff dieses Culinary Ale. Aber spannend!

Felix vom Endt: Ich weiß auch gar nicht, also tatsächlich, wenn man es googelt jetzt „Culinary Ale“, es ist auch gar nicht richtig so ein Begriff. Es gibt glaube ich so in den USA zwei, drei Brauereien, die das mal so ein bisschen zum Thema machen wollten oder auch gemacht haben, aber so richtig ist es das eigentlich nicht. Und für mich ist immer so ein bisschen, also man könnte so Spiced Ale sagen vielleicht. Aber das ist immer so eine Übersetzung dann auch ins Deutsche, gewürztes Bier, keine Ahnung. Spicy sehen wir auch oft als scharf an und so, und das ist es ja auch nicht. Und Culinary Ales, finde ich, ist irgendwie so stimmig. Dieses Wort kulinarisch gefällt mir persönlich auch ganz gut, und das soll es auch sein. Also das ist alles sehr überlegt, welche Zutaten wir da verwendet haben und wie wir sie auch eingesetzt haben. Wir haben jetzt die Zitrone, zum Beispiel den Zitronenabrieb, und mit dem roten Langpfeffer auch natürlich so diese Überlegung, nicht zu dominant, eher ein bisschen elegant und hintenraus leicht zu spüren, aber jetzt nicht ein Pfefferbier oder sowas, oder nicht ein Zitrus-Sauerbier oder auch kein Birnenshake oder irgendwie. Sondern eigentlich auch dieser Biercharakter, der soll auch immer so ein bisschen erhalten bleiben, aber trotzdem alles wahrnehmbar. Aber dann so dieses Gesamtbild, wenn man so den Mund voll hat mit dem Bier und dann, ah ja, da ist die Birne und da, dieses Säuerliche von der Zitrone und hinten dieser Langpfeffer, aber alles in allem irgendwie ein Mund voll Bier.

Markus: Das hast du aber schön beschrieben, oder Holger?

Holger: Unbedingt! Aber genauso ist es wirklich. Es ist so eine richtige Reise. Da muss man sich total öffnen und erstmal gar nicht an Bier denken, sondern erstmal das völlig auswischen und dann sich darauf einlassen und dann wahrnehmen, was ist da alles. Und sich dann wundern, was da alles ist. Und dann irgendwie dazu kommen zu sagen, aber irgendwie ist es auch wirklich bierig. Genauso ist es. Da kann man nicht viel ergänzen.

Felix vom Endt: Das wäre auch so, ich denke jetzt gerade, wie würde man das bei einem Wettbewerb beurteilen. Da wäre es wahrscheinlich im Herbal Spice Bereich, also eben Gewürz- und Kräuterecke wahrscheinlich. Weil als fruchtbar würde es vielleicht auch, je nachdem, aber dann würde man auch immer die Frage stellen: Ist es harmonisch? Also erkenne ich sowohl den Biercharakter als auch die Birne als auch den Pfeffer und die Zitrone? Ist der Biercharakter eben ausgewogen? Wenn jetzt nur Birne zu schmecken wäre oder nur Zitrone oder Pfeffer oder so, dann wäre es auf jeden Fall nicht ausgewogen. Und dann ist auch noch so die Frage: Wenn ich das dann getrunken habe, ist das was, wo ich weitertrinken würde, wo ich noch einen Schluck nehme, wo ich mir vielleicht noch die Flasche austrinke oder noch eine zweite bestelle? Das sind so Kriterien, die einfach da auch mit reinfließen. Das finde ich wirklich, ist hier sehr, sehr schön gelöst. Weil ich erkenne alles, also ich erkenne die Birne, ich erkenne den Pfeffer, ich erkenne die Zitrone, ich erkenne das Bier. Aber es ist eben ein schönes Zusammenspiel, eine schöne Harmonie, die mir auch wirklich Spaß macht und die am Ende auch bei mir sagt, das ist interessant, das ist eine Reise, aber eine, die ich gerne nochmal mache. Und das ist wirklich eine tolle Geschichte und ist, glaube ich, für mich mein erstes Bier mit Birnen. Finde ich echt toll. Also gut gelungen.

Felix vom Endt: Ja schön, danke, danke! Weil du es grad erwähnt hast, Wettbewerbe, habe ich jetzt vor ein, zwei, drei Wochen, European Beer Star hat auch dieses Jahr eine neue Kategorie. Die hast du, glaube ich, grad auch ganz gut beschrieben, so ein bisschen zwei, Herb & Spice Kategorie jetzt dieses Bier. Aber ich weiß nicht mehr genau, wie es heißt, Innovative Beer Styles oder irgendwie sowas? Weißt du das zufällig?

Markus: Oh, das ändert sich ja immer wieder ein bisschen, aber so in die Richtung. Ich meine, es gibt die Herb & Spice Kategorie schon lange, weil es einfach Gewürzbiere gibt schon aus anderen Bierkulturen. Aber man hat jetzt eben auch versucht, eine Heimat zu schaffen für eben sowas wie das. Aber das Schwierige ist natürlich, dass die Beschreibung dann, wie so eine Kategorie zu sein hat, unglaublich weit sein muss, weil da kann jemand ein Bier mit Tomaten und Chili einreichen und ein anderer halt eins mit Birne und wieder ein anderer mit Zitrone oder so, deswegen ist das ganz schwer, da den Judges eine Vorgabe zu geben. Aber im Grunde gilt immer das, wie ich es gerade schon beschrieben habe, es geht um Typizität und um Intensität, und letzten Endes um die Harmonie. Wenn ich jetzt eben sage, typisch, das heißt, ich muss hier merken, dass es sich hier um ein Bier mit Birnen und Pfeffer handelt, wenn ich das nicht merke, dann ist es auf jeden Fall zu wenig. Und das muss eben von der Intensität so sein, dass ich das auch alles schön mitbekomme und dass es eben lange bleibt. Und dann muss es insgesamt harmonisch sein, so dass ich danach sage, das war ein angenehmer Trunk und das kann ich unterschreiben. Wenn das bei mir dann am Tisch landet beim Beer Star, mal gucken, man weiß ja nicht, was man trinkt, aber das würde ich auf jeden Fall in die Finalrunde weiterreichen. Das ist echt ein tolles Bier.

Felix vom Endt: Wir werden es mal ausprobieren.

Markus: Ich drücke die Daumen.

Felix vom Endt: Ja, schön! Aber das ist auch so genau die Intention einfach, also was heißt einfach, aber von dieser Art Bier jetzt das, was du beschrieben hast. Also das trifft es wirklich gut. Und freut mich, wenn es so schmeckt und so gut ankommt auch. Super!

Markus: Also rennt bei mir offene Türen ein. Finde ich toll. Holger, hattest du schon mal ein Bier mit Birne?

Holger: Nein, also nicht, dass ich wüsste. Nein, ich glaube nicht. Vielleicht unbewusst irgendwann mal, irgendwie Experimental Style, irgendwas ganz Verrücktes, aber bewusst ist es, glaube ich, auch für mich das erste Mal, dass ich ein Bier mit Birne trinke.

Markus: Ich finde das auch gar nicht so einfach, weil es auch nicht die Birne gibt, sondern es gibt sehr, sehr viele verschiedene Birnen. Und das haben wir auch in der Edelbrand-Ecke oft, dass es da einfach einen Riesenunterschied macht, ob ich ein Williams-Birnen-Brand habe oder zum Beispiel eine „Gute Luise“ oder so, die dann wirklich eine ganz andere Aromatik hat. Und dann ist es eben nicht nur Birne, sondern eine Birne hat auch immer Noten zum Beispiel von Apfel oder Zitrusnoten zum Beispiel. Oder es kann in eine Quitte gehen. Dann kommt‘s auch drauf an, was habe ich von der Birne, habe ich die Schale zum Beispiel, die wieder eine andere Aromatik hat als zum Beispiel das Fruchtfleisch an und für sich, oder dann das Kernhaus und so. Und all das sind eben Aromen, die da so mit reinspielen. Das macht sowas dann auch spannend. Also insofern wirklich eine schöne runde Geschichte und auch mutig, das zu tun. Hast du noch mehr Obst, was du schon verbrutzelt was?

Felix vom Endt: Ja doch, einiges. Wir haben tatsächlich so Mango, Kirsche, auch schon mit Äpfeln gearbeitet. Also dann Äpfel zum Beispiel auch wirklich, das war im ersten Jahr vom Apfelbaum der Oma von meiner Frau aus der Oberpfalz, ein Riesenapfelbaum, geile Äpfel geerntet, 100 Liter Apfelsaft selbst rausgepresst und die dann einem Bier in den Tank noch mit dazugegeben für die Nachgärung. Und dann noch ein bisschen Zimt dazu, und dann war das so ein Apfelzimt-Bier, gab’s zur Weihnachtszeit. Also auch ganz spannend. Das sind schon, also gerade Obst sind spannende Zutaten, man kennt es ja auch aus Belgien mit Himbeeren und Kirschen, wo man wirklich nochmal tolle Geschmäcke auch erzielen kann im Bier. Das macht uns eigentlich wirklich viel Freude und viel Spaß. Und gerade auch hier in Nürnberg mit der Fränkischen Schweiz ist ein Riesen-Kirschanbaugebiet. Man tauscht sich dann aus, man tauscht sich mit den Obstbauern aus und unterhält sich mit denen. Und dann gibt’s irgendwelche alten Kirschsorten wiederum, die nochmal ganz anderen Geschmack irgendwie ins Bier bringen könnten oder auch generell einen anderen Geschmack haben. Das ist schon auch spannend. Das ist nochmal so ein Riesenfeld, was wirklich viel Freude macht eigentlich. Gleichzeitig kann natürlich auch über einen Hopfen heutzutage viel fruchtige Aromen ins Bier bringen. Finde ich auch teilweise wirklich spannend, wenn du da die verschiedensten Hopfensorten hast und die dann auch noch mal diesen fruchtigen Geschmack mit reinbringen können. Das und in Kombination nochmal eben mit Früchten finde ich super, also macht mir persönlich sehr viel Spaß.

Markus: Oder hat Spaß gemacht. Meins ist nämlich leer. Holger, wie ist es bei dir?

Holger: Also auf zum nächsten Bier. Kommt! Was machen wir denn? Ich möchte auch mal irgendwas hier zum Besten geben. Ich glaube ja, dass das Thema Riesling jetzt, Grape Ale, das müssen wir doch eigentlich fast hinterherschieben. Da haben wir jetzt dann schon wieder zwei Produzenten, also sehr spannend. Seid ihr einverstanden? Oder sollen wir erst nach Japan reisen?

Felix vom Endt: Erst nach Unterfranken oder erst nach Japan?

Markus: Wir bleiben erstmal zuhause, oder? Ich mach mal auf.

Holger: Jawoll!

Felix vom Endt: Ja.

Markus: Ei-ei-ei! Das geht ein bisschen schwerer auf.

Felix vom Endt: Das geht ein bisschen schwerer auf. Das ist ein großer Kronkorken, der ist, ich weiß gar nicht, 29 Millimeter sind das, glaube ich. Also auch die Flasche, so eine kleine Champagnerflasche, das Bier, das ist jetzt flaschenvergoren, also ansonsten eigentlich der Großteil unserer Biere aktuell. Früher war es noch ein bisschen anders, da haben wir mehr Flaschen vergoren, jetzt alles im Tank, in den Drucktanks. Und hier bewegen wir uns im Bereich so ein bisschen der wilden Biere auch. Ich will jetzt nicht unbedingt sagen Sauerbiere, aber vor allem so dieser wilden Biere. Wir haben hier eine Basis gebraut, erzähle ich mal ganz kurz, mit der wir dann gearbeitet haben. Also die Basis, das ist ein belgisches Saison, das war in einem drucklosen Edelstahltank, knapper Monat, eineinhalb Monate gelagert oder halt auch vergoren und dann zur Riesling-Ernte quasi, zur Lese, zur Weinlese haben wir direkt die Trauben geholt von unserem guten Freund Nico, Nico Olinger (unv. #00:58:12.5#) ein Winzer, ein junger Winzer, der auch gerne Bier trinkt, und ein guter Freund, wir machen diese Grape Ales seit auch schon vier Jahren tatsächlich. Und das Riesling Grape Ale ist so ein bisschen das Flagship, in Anführungszeichen, in diesem Bereich. Wir haben das mit Dornfelder schon gemacht, wir haben ein paar Verschnitte gemacht und auch schon in Holzfässern gelagert, Silvaner hatten wir schon. Und haben dann die Trauben geholt direkt vom Berg, die in die Brauerei gefahren, so ein bisschen, was heißt so ein bisschen, aber halt vom Gerüst entfernt, so ein bisschen gematscht, in Anführungszeichen, wie man das so macht mit den Trauben, und dann direkt ins Bier gegeben. Dann findet eine Nachgärung statt und man nimmt natürlich auch die Mikroflora, die auf den Trauben sitzt, vom Weinberg mit in seine Brauerei beziehungsweise vor allem mit in den Tank. Und das arbeitet dann halt nochmal. Und in dem Fall, auch Corona-bedingt, war es ein bisschen länger. Normalerweise machen wir das so drei Monate, und durch den Umbau, den wir dann noch hatten und Corona, haben wir dieses Bier dann in knapp, also es waren auch noch ein bisschen mehr wie sechs Monate, wie es auf dem Etikett steht, auf der Hefe gelassen, auf den Trauben gelassen, dann über so einen Schwerkraftfüller in Flaschen gefüllt und mit einer Weinhefe oder Champagnerhefe war es, glaube ich, weiß ich jetzt gar nicht so genau, nochmal Flaschen vergoren. Und dann haben wir dieses Riesling Grape Ale.

Holger: Wirklich auch wieder großartig. Und auf dem Etikett, ganz besonders toll, steht „Abenteuer beginnen, wo Pläne enden“. Wahnsinn! Ist das von irgendeinem berühmten Mann oder bist du der Kreator (unv. #00:59:56.5#)

Markus: Das ist von dir, Holger. Das ist von dir.

Felix vom Endt: Ich glaube, ja.

Holger: Viele, also ich bin ja ein großer Fan von Aphorismen, aber das ist wirklich was ganz Besonderes.

Felix vom Endt: Das ist, normalerweise, wenn wir solche Zitate auf Etiketten haben, steht auch der Urheber mit dabei. Meine Frau Susa hat hier dieses Etikett gemacht und sich auch um diesen Spruch gekümmert. Da muss ich sie mal fragen, wer das wirklich gesagt hat. Aber manchmal gibt’s auch Sprüche, wo der Verfasser unbekannt ist. Das könnte vielleicht hier der Fall gewesen sein. Aber so ein bisschen ist diese Reise halt dann auch wiederum. Also wir probieren dann mit den Grape Ales auf der einen Seite den Wein oder auch die Traube so ein bisschen ins Bier zu bringen, auf der anderen Seite wieder den Biercharakter. Und jeder Jahrgang ist auch anders, jede Mikroflora auf den Trauben ist anders. Und das ist auch immer ganz spannend, also das ist wirklich Natur pur dann in dem Sinne. Wir wissen auch manchmal nicht, in welche Richtung sich das Ganze entwickelt und lassen es dann laufen und schauen einfach mal nach einer Zeit, wie es sich entwickelt. In dem Fall haben wir das jetzt, glaube ich, im April abgefüllt, Flaschen vergoren für einen knappen Monat nochmal, und ich glaube jetzt auch seit drei, vier Wochen haben wir das im Angebot. Also auch spannend, das zu lagern über eine Zeit nochmal so ein bisschen, aber jedes Jahr war jetzt tatsächlich auch so ein bisschen anders. Das ist ganz interessant.

Holger: Ich bin auch richtig beeindruckt. Vor allen Dingen ist das jetzt auch so schön sommerlich eigentlich. Also das passt so schön zu der Stimmung jetzt hier zu einem lauen Sommernachmittag in München. Also natürlich auch das Brotbier mit, ihr erinnert euch, Rebell 36 und Obazda, aber hier wäre jetzt auch, also einfach so eine Überraschung auch. Also das jetzt in Sektflöten als Aperitivo serviert und dann Rebell 36 und Obazda. Das wäre was. Ich muss Gäste einladen.

Markus: Da muss ich vielleicht noch mal kurz Aufklärung betreiben. In Franken heißt das nicht Obazda, in Franken heißt das Gerupfter. Und in der Weingegend ist da sogar auch ein Schüsschen Wein drin. Das ist in der Tat so. Und von der Mischung her ist es so, dass da eben Limburger zum Beispiel mit drin ist, gereifter Camembert, das ist insgesamt wesentlich aromatischer, also wesentlich intensiver als die bayerische Variante. Deswegen aber auch weniger lange haltbar, weil der Käse so schnell dann auch reift in diesem Gerupften. Also durchaus eine spannende Geschichte. Das kann ich mir total gut vorstellen hier zu diesem Grape Ale.

Holger: Aber jetzt stelle ich mir gerade die ganzen armen Hörer vor, die diesen Podcast wahrscheinlich irgendwo im Auto hören und dann vielleicht noch im Stau stehen und jetzt aber, also man kriegt jetzt richtig Appetit. Man muss jetzt irgendwie was haben. Also Entschuldigung an alle Autofahrer, Podcast-Hörer: Das war nicht unsere Absicht. Aber ihr seid halt jetzt einfach arm dran.

Felix vom Endt: Ich auch, ich habe auch nichts hier. Ich hätte auch gern was, nicht nur die Zuhörer, auch ich leide gerade etwas nach deinen Ausführungen. Weil natürlich sofort das Kopfkino losgeht und wie gern hätte ich jetzt so ein … Ich habe auch gerade große Lust auf diesen eher extremeren Gerupften wie eben aus Unterfranken. Ah! Hm! Na ja!

Markus: Hm! Also ich gehe nachher noch auf den Bierkeller. Also insofern.

Felix vom Endt: Ah!

Markus: Aber ich werde für euch eins mitessen sozusagen.

Felix vom Endt: Da seid ihr in Bamberg dann wirklich etwas besser aufgehoben wie wir hier in Nürnberg. Das muss man echt sagen.

Markus: Das stimmt. Da hat die Hauptstadt noch ein bisschen was nachzuholen. Aber gut, es ist ja, man lebt in einer schönen Koexistenz, und das ist quasi so eine Linie von Bamberg nach Nürnberg, wo sich eben dann die Dinge so ein bisschen teilen. Also auf der einen Seite hier bei uns hat man halt eher Spaß und auf der anderen Seite eher die Arbeit. Aber gut, lassen wir das mal beiseite. Aber vielleicht insgesamt muss ich nochmal sagen, dieses Grape Ale finde ich wirklich eine tolle Geschichte. Da steckt auch ganz viel dahinter, weil die Idee eben so eine Mischung aus Wein und Bier, in Anführungsstrichen, also früher hat man das dann auch Wein-Bier-Hybrid genannt oder so, also da gibt’s so ein paar Leute, die das schon vor einigen Jahren gemacht haben. Und dann gibt’s ja die Italiener, die das so ein bisschen als ihren eigenen Bierstil erkoren haben. Weil es ist so, dass es die großen Bierkulturen gibt, die deutsche und die englische und die belgische und so, und dann gibt’s eben so kleinere Bierkulturen, die gar keine eigenen Bierstile haben. Und die Italiener wollten immer was Eigenes haben, und dann haben die Franzosen ihnen das Kastanienbier geklaut, und dann haben sie sich überlegt, dann haben wir das Grape Ale. Das heißt dann bei ihnen auch Italian Grape Ale. Da ist gerade auch große Diskussion, weil jetzt bei vielen Wettbewerben das nicht mehr als Italian Grape Ale bezeichnet wird, sondern eben nur noch als Grape Ale. Da sind sie jetzt grad ein bisschen sauer.

Felix vom Endt: Ah!

Markus: Aber man muss ihnen das trotzdem zugutehalten, also wenn man da in Italien ist, die haben da wirklich eine unglaubliche Bandbreite, also sowohl mit weißen als auch mit roten Trauben. Und dann gibt’s eben Biere, wo die Trauben mitvergoren werden oder wo mit Saft gearbeitet wird oder nur mit Trester. Und das jeweils insgesamt wirklich eine unglaubliche Facette ergibt, die echt Spaß macht. Also das kann ich auch nur allen empfehlen: Wenn ihr mal eben entweder ein schönes Orca Grape Ale findet oder eben in Italien seid und dort mal so verschiedene durchprobiert, das ist wirklich ein echtes Erlebnis.

Holger: So! Und weil wir jetzt so viel über die großen Biernationen der Welt gesprochen haben, ist das Finale jetzt Japan. Da steht jetzt hier drauf, Smoothie IPA mit grünem Tee und Lemon Grass. Wenn ich jetzt hier auf die Straße gehe und einen schönen Oberbayer, einen richtig typischen Münchner jetzt hier zu mir einlade und sage „Komm! Magst du halt mal ein gescheites Bier trinken? Das ist ein Smoothie IPA mit grünem Tee und Lemon Grass.“, dann haut der mir wahrscheinlich eine runter. Oder denkt sich „Scheiße! Die Preußen, jetzt spinnen sie vollkommen.“ Oder? Oder wie?

Felix vom Endt: Ja, ja, ich gebe dir da absolut recht.

Holger: Jemand, der in Gießen geboren ist, das ist auch Preußen.

Felix vom Endt: Ja, ja.

Holger: Oder ich habe mal so ein Erlebnis gehabt hier in der Münchner U-Bahn. Da hat eine Chinesin relativ laut telefoniert und wir haben uns da ein bisschen geärgert alle, die da mit in diesem U-Bahn-Waggon saßen. Dann ist halt irgendwann ein älterer Herr aufgestanden, also ein typischer Münchner und hat die übelst auf Bayerisch beschimpft, dass sie endlich aufhören soll hier so laut zu telefonieren und hat abgeschlossen mit den Worten „Du elender Saupreuß, du chinesischer!“. Da musste dann die ganze U-Bahn lachen. Für die Dame war das aber ganz schrecklich. Die hat dann an der nächste Station sofort den Waggon verlassen.

Felix vom Endt: Sehr schön!

Holger: Du elender Saußpreuß, du hessischer! Ja, ich gebe dir da recht, natürlich, das ist schon etwas auch wiederum, wo man sich von dem Gedanken, gerade hier in Deutschland eben, was ist Bier und was haben wir im Kopf, was Bier ist, und das ist doch relativ eng, der Begriff in Deutschland tatsächlich. Da muss man sich lösen, ganz klar. Und trotz allem aber auch hier, probieren wir halt den Charakter wiederum jetzt in der Form eines IPAs, was dann auch wieder ein Bierstil ist, so ein bisschen auch natürlich zu haben. Also Smoothie heutzutage, gerade in der Kreativ-, Craft Beer Szene sind das wirklich teilweise Biere, die so extrem fruchtpüreeig sind, dass das wirklich wie so ein echter Smoothie ist. Das haben wir jetzt hier probiert, nicht zu machen. Smoothie deswegen eigentlich, wir hatten diese Stilistik früher Milkshake IPA genannt. Milkshake wiederum deswegen, wir arbeiten hier mit Milchzucker, mit Laktose, und Laktose – also zur Information, ist Laktose drin – wird nicht vergoren von der Bierhefe und bleibt eben als eine Süße mit dem Bier. Und wir probieren dann immer mit einem Konterpart, also mit einer gewissen Säure eigentlich zu arbeiten, sei es jetzt Maracuja zum Beispiel, also eine Fruchtsäure auch, und das so ein bisschen abzurunden halt. Man hat dann halt diese Sämigkeit auch mit drin. Also Milchzucker macht das Bier nicht nur süß, sondern auch so ein bisschen oder sehr viel vollmundiger auch. Wir hatten auch mal ein Bier in der Lebensmittelkontrolle, was Milkshake IPA hieß, das war mit Mango, Limette und Minze, und unter anderem wurde uns, ja, wie soll man sagen, vorgeworfen, in Anführungszeichen, dass wir den Begriff Milch verwenden. Und Milch ist in Bayern auch geschützt, also Milch darf nur Milch heißen, wo auch Milch drin ist. Und deswegen dürfen wir sowas nicht mehr Milkshake nennen. Dann dachten wir uns „gut, dann halten wir uns halt auch daran und nennen es Smoothie“. Das sind jetzt so, also wir haben ein paar solche Milkshake IPAs gemacht, die auch hier und da Anklang gefunden haben und die heißen jetzt in Zukunft immer Smoothie IPAs, also mit Milchzucker gearbeitet, Weizenmalz ist mit drin auch, auch wieder für die Cremigkeit. Und auch eine gute Portion Hopfen in Form von Citra, Mosaic, auch hopfengestopft damit. Und dann haben wir eben noch mal im Tank mit dem sogenannten Genmaicha Grüntee gearbeitet. Ich weiß nicht, ob ihr das vielleicht kennt? Schon mal gehört?

Markus: Nein.

Holger: Nein, noch nie. Ich meine Genmaicha, weißt du, ich kenne Maische und ich kenne Gen, aber Genmaicha, ich meine, Wahnsinn, ich kann es ja nicht mal aussprechen, wie das Bier eigentlich wirklich heißt. Also ich glaube, Yoisho oder so? Oder wie sagt man dazu? Yoisho oder wie sagt man dazu?

Felix vom Endt: Genau! Ich hatte auch kein Japanisch in der Schule, aber Yoisho würde ich mal so sagen. Wir haben uns so ein bisschen angelehnt, das ist ein japanischer Ausruf eigentlich, den man – das steht hinten so ein bisschen auf Englisch drauf auf dem Etikett – eigentlich äußert, wenn man jetzt einen langen Arbeitstag hatte zum Beispiel, oder von mir aus auch den Rasen gemäht hat oder so oder irgendwie irgendwas erledigt hat, was anstrengend war. Dann lässt man sich so runter in seinen Sessel oder auf seine Couch und macht einfach so „Ah, geschafft! Puh, ah, endlich!“. Das ist im Japanischen dieser Ausdruck Yoisho. Man möge es mir verzeihen, vielleicht bekomme ich hier und da noch mal eine offizielle Aussprache von einem japanischen Muttersprachler. Aber genau, das ist so ein bisschen dieser Ausruf einfach, dieses „Jetzt habe ich es geschafft. Jetzt sitze ich hier und jetzt genieße ich einfach den Abend, der noch kommt, oder den Tag oder was auch immer.“. Angelehnt, das Bier war als erstes da, dann kam der Name, eben auch an das Bier, also grüner Tee, japanisch und Genmaicha ist einfach eine bestimmte Art eines Grünen Tees, der nochmal mit gepufftem und geröstetem Reis versetzt ist. Den kann man kaufen in einem Teeladen und kann sich den einfach aufbrühen. Da ist eben ein gewisser Anteil von Reis mit dabei. Der bringt dann noch mal eine ganz spannende eigene Note mit rein. Und dann noch mal, jetzt in dem Fall, haben wir noch mal mit Zitronengras gearbeitet, also frisches Zitronengras auch, haben den in so einem Aufguss quasi versetzt abkühlen lassen und zum Bier gegeben, was das Ganze halt auch mal so ein bisschen frischer macht. Wie gesagt, Citra, Mosaic spielt auch so ein bisschen eine Rolle, eine Süße spielt eine Rolle. Und so hat man eigentlich ein bisschen so, wir haben knapp 7 %, also auch nicht ganz so leicht, aber so ein „Ah! Puh, geschafft!“.

Holger: Aber Wahnsinn! Jetzt stellt euch bitte noch mal meinen Protagonisten vor, also wir gehen jetzt vor zur Leopoldstraße und ich hole ihn einfach mit hier dazu. Wir machen diese Anmoderation, erklären eben dieses Bier und sagen dann „Pass auf! Das ist eigentlich ein ganz normales Bier, nur eben ein bisschen Milchzucker drin. Ist kaltgehopft und da ist dann halt Genmaicha drin. Und dann Grüner Tee mit gepufftem und geröstetem Reis. Und dann haben wir noch frisches Zitronengras verwendet. Hey, Prost, Alter!“. Dann wird der auf jeden Fall sagen „Hey! Wo ist bitte mein August?“.

Markus: Ich glaube, du musst das einfach sehr bayerisch sehen. Und wenn du das dann so siehst, dann fragst du einfach „Magst a Bier?“. Dann sagt der „Yo i sho“. Und schon ist klar, dass er das Bier mag und dann muss er dadurch. So würde ich das, glaube ich, sehen.

Felix vom Endt: Sehr gut! Super!

Holger: Ich hätte trotzdem Angst, wenn ich das jetzt so mache, also ohne Anmoderation, ohne Händchenhalten, sondern ihm einfach nur das Bier halt hinhalte und sage „Komm! Prost!“, entweder geht der einfach nur und schüttelt den Kopf und denkt „Um Gottes Willen!“ oder er haut mir wirklich eine. Also 100 Prozent! Umgekehrt, wenn man jetzt dann wieder zur Leopoldstraße geht und hier halt irgend so eine Tussi dann aus dem Mini holt und einfach sagt „Pass auf! Ich habe ein ganz tolles trendiges Getränk quasi frisch aus Japan importiert, also Smoothie IPA. Was jetzt IPA weiß ich auch nicht, aber du musst das unbedingt probieren, weil das wird absolut das Trendgetränk der nächsten Monate hier in München.“, dann wird die wahrscheinlich sagen (unv. #01:14:20.9#), das wäre so toll.

Felix vom Endt: Ja.

Markus: Ja, absolut! Du bist jetzt auch ganz leise geworden, man hat sich das schon vorgestellt. Aber andererseits denke ich mir mal, wir sind auch Gott sei Dank nicht in Oberbayern. He-he! Ich muss sagen, das ist schon, wenn ich mir das vorstelle, …

Holger: Ja, schon!

Markus: Ja, du schon, klar, leider, aber ist halt so. Aber wenn man jetzt überlegt, dieses Bier würde ich jetzt zum Beispiel in Nürnberg auf dem Bierfest ausschenken oder so, ich glaube, das würde schon seine Fans finden. Ganz großartig finde ich die Nase, wo ganz viel Frucht, ganz viel Pfirsich, also wirklich, aber trotzdem sehr rund, sehr angenehm. Das hat auch einen bierigen Charakter. Ich find‘s auch im Mund wirklich toll. Also es ist sehr voll, das moussiert ein bisschen, das hat diesen fruchtigen schönen Abgang. Hintenraus kommt dann eben zu der Hopfenbittere auch dieser Tee dazu, was wirklich eine schöne Geschichte ist. Also ich muss sagen, ich bin echt Fan. Das ist großartig. Toll!

Holger: Nein, also ich muss auch sagen, es ist schon ein bisschen IPA. Wenn man jetzt dieses ganze Chichi da drum weglässt und einfach sagt „Komm! Das ist ein sehr kreatives IPA und verkoste es mal.“, dann gibt’s da Fans, die sagen „Hey super!“. Und eh, ich find‘s auch nicht schlecht, aber ich würde es auch nicht jetzt, es ist ja unser Finale und es ist auch wirklich ein Dessert. Da könnte ich mir jetzt zum Beispiel ein tolles Fruchteis dazu vorstellen, das einfach mit einer Kugel da rein ins Glas und das dann zusammen auslöffeln, stelle ich mir jetzt total genial vor.

Felix vom Endt: Absolut! Ich meine, da sprichst du gute Themen nochmal an. Das ist ganz wichtig, Thema Kommunikation auch von solchen Stilen jetzt hier, das ist nun mal was Spezielles, das ist nicht für jeden, das ist besonders. Und das muss man erklären, das ist auch ganz klar. Und dann halt eben auch wiederum diese Kombination Bier und Essen, das spiegelt sich bei uns also in dem Fall so Dessert oder irgendwie sowas, am Ende von einem schönen Mahl oder so. Das ist bei uns eigentlich so ein roter Faden, also wir alle hier, die hier arbeiten in der Brauerei, wir sind jetzt nicht so viel Leute, wir sind insgesamt zu viert mit meiner Frau zusammen, wir lieben Essen alle, wir sind alle irgendwie auf eine Art Kulinariker in Form von, wir sind offen für Geschmäcker, für scharf, für süß, für sauer, für bitter, für verschiedenste Sachen, und haben da ganz viel Freude dran Halt. Und Thema, ja, wir haben hier ein passendes Bier für bestimmte Gerichte, für bestimmte Gänge wie Dessert oder irgendwie sowas, das ist bei uns halt immer so ganz oft auch. Und ganz klar, wir haben auch hier, wir sitzen hier in Mittelfranken, in Nürnberg, Nürnberg ist im Vergleich zum Rest Frankens eine absolute Bierwüste tatsächlich. Aber wir haben natürlich auch ganz viele Leute, die hier vor Ort wohnen, die sich jetzt gar nicht mit Craft- und Kreativbier groß auskennen, die hierherkommen und einfach sagen „Ach! Was macht ihr hier eigentlich? Was ist denn das überhaupt? Und wieso schmeckt denn das so, wie es schmeckt?“. Wir erklären ganz viel und erzählen ganz viel, und ganz viele finden es eigentlich ganz klasse und sind begeistert. Bestimmt nicht jeder, aber wir sind halt auch in einer Nische unterwegs, und das passt für uns auch gut. Und ganz oft gibt’s immer so diese Aussage so „Ja, das schmeckt total spannend und interessant, aber ja, einen ganzen Abend könnte ich das jetzt halt nicht trinken.“ Und das soll man halt auch gar nicht. Unsere Biere soll man nicht unbedingt den ganzen Abend trinken, jedenfalls nicht, also man kann mal so sechs, sieben verschiedene, so wie wir das heute gemacht haben, aber halt eine Sorte, also dieses Yoisho, selbst ich, also ich will jetzt auch nicht da sechs Stück hintereinander. Vom Landbier sechs Stück hintereinander, ja, das mache ich gerne, also das ist kein Problem. Oder ein Augustiner, immer noch eines meiner Lieblingsbiere, nehme ich auch mit auf eine einsame Insel. Da habe ich auch kein Problem, mal eine Kiste zu trinken. Aber von einem Yoisho, das ist halt der Genuss, das ist der Moment, das ist die Reise, und dann ist es auch schon wieder gut. Und wenn man Bock drauf hat, es vielleicht eine Woche später nochmal zu trinken, kann man es machen. Und wenn man Bock drauf hat „Hey! Ich habe jetzt, keine Ahnung, bei mir gerade einen japanischen Abend vorbereitet“, kann man es auch nochmal trinken. So ist das dann so ein bisschen als Idee. Ich meine, wir sind klein und wir sind speziell und besonders, und da haben wir halt so unsere Nische eigentlich gefunden in dem deutschen Biermarkt. Also wir exportieren nicht zum Beispiel, also wir schicken unser Bier nicht ins Ausland, wir werden regional gerade immer stärker. Das dauert alles seine Zeit, aber die Leute sind da schon neugierig und offen für, bis zu einem gewissen Punkt vielleicht. Aber halt nicht jeder natürlich, das ist auch klar, wie du vorhin auch sagtest, Holger, man muss sich öffnen und von dem Biergedanken, den wir kennen, irgendwie distanzieren oder halt ausblenden. Das ist halt nicht ein Bier, so wie wir es kennen als helles Pils oder Weizen oder sowas, sondern das ist halt was anderes. Aber 99 %, sage ich jetzt mal so, wie man es herstellt, ist es halt immer noch ein Bier. Es ist gebraut mit Wasser, Malz, Hopfen, Hefe und dann sind halt diese Nuancen wie Grüner Tee, Zitronengras, Milchzucker drin, die es halt irgendwie speziell machen.

Holger: Wir haben es ja gerade schon gehabt mit den Aphorismen, wo wir jetzt nicht genau wissen, wer jetzt der Urheber ist. Aber bei einem, also ich kann jetzt mal noch was raushauen, da weiß ich, wer der Urheber ist, das ist nämlich Bertolt Brecht, und der hat mal gesagt: Dass ihr mich versteht, das verbiete ich.“ Das passt doch wie die Faust aufs Auge hier zu den ganzen Produkten, die wir heute verkosten durften. Felix, herzlichen Dank! Das war großartig. Ich würde jetzt vorschlagen, Markus, wir machen es wirklich unplugged. Also der erste BierTalk ungeschnitten unplugged.

Felix vom Endt: Oh, oh, oh!

Holger: Vielleicht gibt’s auch dann Menschen, die uns schreiben und sagen „Endlich nicht mehr diese harten Schnitte und so“. Das kann doch was werden, oder? Ich glaube, wir sind jetzt sowieso total überzogen und wir sind vollkommen gesprengt, was unsere eigentliche Zeitvorgabe und unsere Selbstverpflichtung anbelangt. Da können wir das doch erklären und können einfach sagen „Komm! BierTalk unplugged – Felix vom Endt.“ Und dann auch noch 69, ich meine, das war sowieso ein toller Jahrgang. So machen wir es, oder nicht, Markus?

Markus: Ja, absolut! Ich glaube, das passt auch zum Felix einfach zu sagen, das jetzt einfach mal so als Uncut-Variante wirklich so, so wie es halt im Lagertank ist, so kommt‘s in die Flasche und so kommt‘s dann auch ins Ohr. Das ist, glaube ich, eine gute Idee. Und was das Bier angeht, kann ich nur nochmal sagen „Yo i sho“. Also erstens fand ich sie alle wirklich gut und kann auch wirklich sagen, das Landbier ist eins, wo ich wirklich auch gerne mehr davon trinken würde. Und auch bei den anderen muss ich sagen, es sind doch viele dabei, wo ich mindestens die Flasche austrinke oder eben dann auch gerne noch eine, vor allem auch in der richtigen Kombination. Also das ist natürlich so, dass das jetzt kein Bier zum Fußballgucken ist, aber es ist eben was für ein schönes Menü, für eine besondere Idee. Wenn ich halt einfach auch Leuten mal was Besonderes zeigen will und sagen will „Ich habe mir jetzt eine besondere Gerichtidee überlegt, ein besonderes Menü“ und dann eben auch ein besonderes Getränk dazu, das ist doch richtig schön. Und wenn es dann noch ein Bier sein kann, das dann mit regionalen Zutaten so interessant und abwechslungsreich gebraut ist, dann sind wir doch genau da, wo wir eigentlich sein wollen. Also insofern, für mich war das auch eine ganz tolle Erfahrung, hat mir auch sehr, sehr viel Spaß gemacht, Felix. Und ich find auch, das ist toll, wie du dich da entwickelt und weiterentwickelt hast. Man erkennt eine schöne Linie in den Bieren. Und mir macht das immer wieder Spaß, welche von dir zu haben. Und die waren jetzt für mich alle neu. Also insofern: Ganz toll und weiter so! Ich freue mich schon auf den zweiten Teil, den wir irgendwann fünf Stunden lang dann aufnehmen.

Holger: Nur, jetzt muss ich doch noch mal was ergänzen. Jetzt will ich aber auch nicht noch eine halbe Stunde Schlussworte einleiten. Aber das ist eigentlich das, also wenn ich Verkostungen mache, dann sage ich ganz oft am Anfang, passt auf, mein Anspruch ist gar nicht, dass ihr jetzt sagt, Mensch, wir haben jetzt sieben Biere und die waren alle ganz großartig und ganz lecker und jedem hat das total gemundet, sondern letztlich mein Anspruch, wenn es so ist, dann freue ich mich darüber, aber ich will euch eigentlich heute zeigen, was kann Bier alles sein. Das haben wir doch heute wirklich erreicht, eben den Hörern vorzuführen, was Bier sein kann, also wie großartig das ist, und wie komplex das sein kann. Und mit unseren Rohstoffen, die wir sowieso schon haben und viel, viel hergeben auch innerhalb des Reinheitsgebotes und eben ergänzt mit diesen ganzen anderen Ingredienzien, die das Natürlichkeitsgebot ins Spiel bringen, das ist Wahnsinn, wirklich Wahnsinn. Ich kann das nur nochmal betonen, hier Orca Brau hat sogar einen Online-Shop.

Markus: Genau! Also das Natürlichkeitsgebot, das machen wir dann wirklich beim nächsten Mal. Vielleicht als kleiner Tipp am Rande, Felix: Es gibt diese Black and Tan Biere, vielleicht wäre sowas auch was für dich, um den Orca praktisch auch ins Glas zu bringen, vielleicht mal so ein zweifarbiges Bier zu machen. Aber schauen wir mal, für heute auf jeden Fall vielen, vielen Dank. Ich glaube, Holger, wir freuen uns sehr auf die Fortsetzung, oder?

Holger: Unbedingt, unbedingt! Felix, 1000 Dank dir und uns allen ein schönes Wochenende.

Felix vom Endt: Super! Danke auch an euch, es hat mir sehr viel Spaß gemacht. Und ich wünsche euch auch eine gute Zeit weiterhin. Und bis zum nächsten Mal!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 68 – Interview mit Frank Müller, Hefe-Banker und Braumeister der Riegele Brauerei in Augsburg

Die Augsburger Riegele-Brauerei gehört zu den „Klassikern“ im bundesdeutschen Bier-Kanon. Spätestens seitdem der damalige Juniorchef und heutige Inhaber Sebastian Priller 2011 zum zweiten Weltmeister der Biersommeliers wurde und zur Feier dieses Titels eine eigene Kreativbier-Serie auflegte, stehen die Schwaben auch in jedem Craftbier-Regal und erfreuen sich auch internationaler Beliebtheit. 2015 begann zudem eine neue Ära der amerikanisch-deutschen Bierfreundschaft: Gemeinsam mit den Gründern der kalifornischen Sierra Nevada Brauerei, Ken and Brian Grossman, entstanden verschiedene Gemeinschaftssude. Der große Mann hinter all diesen Projekten ist auf Augsburger Seite Braumeister Frank Müller, der in den letzten zwei Jahrzehnten die Entwicklung der Brauerei und ihrer Biere entscheidend geprägt hat. In unserem BierTalk verkosten wir vier Riegele-Spezialitäten und schauen hinter die Kulissen der Brauerei, nicht zuletzt in die Hefebank, die Frank einst quasi als Mitgift in diese äußerst fruchtbare Beziehung eingebracht hat…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Hallo liebe BierTalk-Hörer! Wir haben die Folge 68. Jetzt kann man sich fragen: Was ist an 68 besonders? Weiß ich eigentlich gar nicht, auf jeden Fall ist es irgendwie ein Revolutionsjahr, also die 68er Generation. Unser Gast ist aber noch nicht so alt, dass er dazugehört. Aber er ist schon jemand, der den Biermarkt und die Bierbranche revolutioniert hat. Es geht heute nach Augsburg in die Riegele Brauerei zu Frank Stephan Müller. Frank, grüß dich, herzlich willkommen! Und am Mikrofon ist der Holger und wie immer …

Markus: … der Markus.

Holger: Prima! Frank, magst du vielleicht den Hörern Norddeutschlands sagen, wer du bist? Ich denke, die Süddeutschen wissen es alle.

Frank Müller: Grüß Gott in die Runde! Es freut mich, dabei zu sein. Ich bin der Frank und beschäftige mich seit gefühlt circa 40 Jahren mit dem Thema Bier und habe das auch irgendwann mal gelernt in Krombach und habe dann auch mal in Weihenstephan studiert. Ich war in diversen Brauereien, in der Eichbaum Brauerei in Mannheim, in Hannover in der Herrenhäuser Brauerei, war in Schweden eine Weile in der Krönleins Bryggeri in Halmstad, und bin jetzt seit fast 20 Jahren in Augsburg verantwortlicher Braumeister in der Brauerei Riegele.

Holger: Das ist spannend! Bist du Siegerländer?

Frank Müller: Ich bin Siegerländer (unv. #00:01:28.3# englisch ausgesprochen?), ganz genau.

Holger: Sehr gut! Okay.

Frank Müller: Ich bin original Siegerländer, richtig. Und habe auch im Siegerland mit meinem Vater zusammen unter Anleitung eines Herrn Pütz, Jean Pütz von der Hobbythek, das war meine Lieblingssendung, das erste Mal Bier gebraut.

Holger: Viele Hobbybrauer so in unserer Generation, wenn ich das so sagen darf, sind damals eben durch die Hobbythek auch wirklich angeregt worden, in diesem Beruf oder in dieses wunderschöne Hobby zu gehen. Wirklich aus dieser Tradition heraus hast du dich beworben in Brauereien, oder war das sofort klar, dass du dann bei Krombacher den Beruf des Brauers und Mälzers gelernt hast? Oder wie ist das gekommen?

Frank Müller: Ich habe mal diverse Praktiken gemacht und dann hat sich das angeboten, in der Krombacher Brauerei da eine Lehre zu machen, eine verkürzte Lehre. Mit Abi konnte man dann nach zwei Jahren, kann man heute auch noch eine Lehre machen, genau. Für mich stand das seit dem 12. Lebensjahr eigentlich fest, dass ich irgendwas in dieser Richtung betreiben wollte oder will.

Holger: Warum seit dem 12. Lebensjahr, was war da der Auslöser?

Frank Müller: Das war der Jean Pütz mit meinem Vater zusammen. Also diese Hobbythek Sendung hat in allen Bereichen Anregungen gebracht. Also ich habe Tiffany gemacht, ich habe selbst Salben gemacht, wir haben Brot gebacken, wir haben mit Holz gebastelt, wir haben mit Kupfer gebastelt, wir haben also alles gemacht, was der eigentlich präsentiert hat, weil er es gut aufbereitet hat. Wir haben Sauerkraut gemacht, das ist ja auch ein bisschen verwandt mit Fermentation und so weiter. Und dann war eine Sendung halt Bierbrauen, da haben wir uns sofort die Sachen besorgt, haben das Buch gekauft, man konnte immer ein Buch zur Sendung kaufen, haben uns in den Brauereien im Siegerland die Rohstoffe besorgt. Und haben dann zu Hause in der Küche mit einem Einmach-Pott den ersten Sud angesetzt.

Holger: Unglaublich! Markus, hast du das auch immer geschaut, die Hobbythek?

Markus: Ich hab’s total gerne angeschaut. Ich habe nicht alles nachgemacht, aber mir erschließt sich jetzt langsam einiges, weil ich jetzt auch verstehe, wie der Frank eben so viel Experimentierfreude und Lust an neuen und spannenden Sachen entwickelt hat. Klar, wenn einem das so im Blut steckt, dann kann sich eigentlich das nur so weiterentwickeln. Und das ist ein Glücksfall für die Bierwelt, dass du dich dann eben fürs Bier entschieden hast und nicht am Ende für Salben oder für irgendwas anderes. Und ich muss sagen, ich habe jetzt schon eine Menge Durst bekommen. Du hast uns vier tolle Biere geschickt. Ich glaube, Holger, wir müssten eigentlich eins aufmachen.

Holger: Ja, können wir gerne machen. Frank, magst du kurz auch noch was zur Riegele Brauerei sagen und was wir hier so vor dem Bildschirm stehen haben? Und dann müssen wir noch eine Reihenfolge festlegen.

Frank Müller: Genau! Die werde ich euch definitiv vorgeben die Reihenfolge. Aber zur Brauerei Riegele, es ist eine Familienbrauerei hier im Kern von Augsburg. Seit 1386 in der Stadt, bezahlt Steuern auch seit 1386. Und wie gesagt, ist inhabergeführt, eine total verwurzelte, verankerte Familienbrauerei, die mittlerweile die ganzen Traditionsbiere komplett braut, also bayerische Bierspezialitäten. Dann machen wir diese Brauspezialitäten halt auch, die Innovationsbiere. Wir machen drei alkoholfreie Biere, wir machen ein holzfassgelagertes Bier, wir machen ein Champagnerbier. Und wir machen, das muss man auch dazu sagen, natürlich auch relativ viel Mineralwasser, die MozartQuelle ist unsere eigene. Und wir machen auch relativ viel Spezi, also Original Spezi ist unsere Marke. Und wir machen eine Limonade, die ist mit Milchsäure gesäuert, das ist unser Chabeso.

Holger: Das ist Wahnsinn! Jetzt, was haben wir hier vor uns stehen?

Frank Müller: Wir haben vier Sorten, wir haben das Augsburger Herrenpils, wir haben unser Kellerbier, wir haben das Lauterbacher Hefeweizen, wir haben unser Simco 3. Ich möchte gerne mit dem Augsburger Herrnpils starten.

Holger: Sehr gut! Bei Pils bin ich sowieso immer dabei. Das machen wir auf. Also Markus, du weißt ja, wenn es dann wieder zu bitter wird für dich als Oberfranke, halte ich dir die Hand.

Markus: Ja, bitte! Das machen wir auf jeden Fall. Wobei ich sagen muss, Herrenpils ist etwas, was man auch in Bamberg kennt, und da ist es für fränkische Verhältnisse schon ordentlich bitter, aber immer noch für mich gut machbar. Insofern freue ich mich jetzt schon drauf. Es ist auch eine sehr edle Flasche mit diesem schönen silber, wie sagt man da, Stanniolpapier oder so ähnlich, was drüber ist. Also sehr, sehr schön. Ich mach auch mal auf.

Frank Müller: Das hört sich gut an.

Markus: Wunderbar! Wer mag’s denn verkosten?

Holger: Mach du es doch.

Markus: Ich? Also gut.

Holger: Ich meine, Pils ist nicht dein Bierstil und dann würde ich das Kellerbier machen. Das wäre doch nur gerecht.

Markus: Eigentlich eine Unverschämtheit, aber gut. Also gut, dann nehme ich mich gerne dieses wunderbaren Pilsbieres an. Also erstmal optisch schon mal ganz, ganz schön. Die Braut ist wirklich hübsch. Wir haben oben einen richtig festen, stabilen, weißen, feinporigen Schaum stehen, der wirklich, während wir jetzt geredet haben, noch keinen Millimeter verloren hat. Also ganz, ganz großartig. Drunter dann ein richtig schön sonnengelbes klares Bier, wo sich die Kohlensäurefäden so richtig schön da nach oben treiben lassen und man eben sieht, wie dieses Bier lebt und sich darauf freut, getrunken zu werden. Jetzt rieche ich doch mal rein. Ah ja! Und dann haben wir eine schöne Mischung, also man hat einerseits durchaus so kräutrig Zitrus-, Hopfen-Aromatik, aber eben drunter auch ein schönes Bett, wo Malz eben, Getreide, ein bisschen Honig vielleicht auch stattfindet, aber eher so typische Getreidenoten. Und insgesamt auch frisch, also das macht richtig auch Lust. Ich probiere jetzt mal. Ja, ein kleines bisschen brauche ich deine Hand, aber es ist sehr, sehr fein. Geht los sehr schön weich, ganz angenehm auf der Zunge, hat eine gewisse Süße am Anfang, und dann kommt aber schon diese kräftige Hopfennote, die dann richtig intensiv ausklingt, sehr, sehr lange auch dableibt. Aber eben in keinster Weise irgendwie unangenehm, sondern einfach richtig schön selbstbewusst da ist und den Mund auch wieder so ein bisschen austrocknet. Und dann natürlich sagt, trink mich nochmal. Und das ist natürlich auch sehr schön, also ein sehr rundes Pils, ein sehr weiches Pils und ein sehr angenehmes, sehr trinkfreudige Bier. Kann ich nur sagen, Frank, sehr gut gelungen. Prost auch aus Franken!

Frank Müller: Danke, vielen Dank! War eine sehr schöne Beschreibung.

Markus: Danke, das freut mich. Hast du das mit erfunden oder hast du es übernommen?

Frank Müller: Ja, das haben wir komplett neu auf die Beine gestellt, richtig. Wir haben es auch wieder, wie du schon beschrieben hast, in Richtung Pils getrimmt. Also unter dem Namen Pils kann man sehr viel tun, aus meiner Sicht werden heutzutage auch Pilsbiere verkauft, die eigentlich diesen Namen nicht tragen dürften. Ich möchte es mal so vorsichtig formulieren. Wir haben das wieder auf 45 Bittereinheiten gestellt, das ist ausschließlich mit Aromahopfen gehopft, da ist Opal drin, da ist Mittelfrüh drin, da ist ein Hersbrucker drin, da ist ein Saazer drin und auch ein Spalter Select ist da drin.

Markus: Sehr schön! Ich finde, den Saazer merkt man auch so ein bisschen.

Frank Müller: Den Saazer merkt man, durch auch diese späten Gaben, dass natürlich jetzt nicht nur diese Bitterstoffe umgewandelt werden, sondern ich möchte auch diese Aromakomponenten, also dieses Aromaprofil dieser verschiedenen Hopfen möchte ich auch mit reinbringen. Und der Saazer hat halt eine schöne, ich sage immer, minimal dieses Werther‘s Echte, dieses leichte Sahnige hinten raus, dieses Cremige, schöne leichte Holznoten bringt der rein. Eine leichte Kräutrigkeit. Also ich finde, der passt sehr gut dazu.

Markus: Ja, der macht das richtig schön weich.

Frank Müller: Genau!

Markus: Schauen wir mal, was der Holger dazu sagt, der ist ja unser alter Pilsspezialist.

Holger: Man kann fast nichts mehr ergänzen. Mir schmeckt‘s auch wahnsinnig gut und ich finde auch diese Trockene, was so im Abgang kommt und dann einfach Lust auf den zweiten Schluck macht, so muss auch ein Pils sein. Ich werde nicht müde immer wieder vorzuschwärmen, auch von der Lokalität. Also nicht nur von den Produkten, die sowieso ohne Fehl und Tadel sind, sondern ich finde das auch unheimlich schön bei euch und auch unheimlich lecker. Ich kann nur jedem raten und man muss wirklich gar nicht mit dem Auto anreisen, man kann wirklich aus dem Zug fallen, sein Bier trinken und wieder in den Zug hineinfallen und dann nach Hause fahren, egal wo man herkommt.

Frank Müller: Die Lokalität hier am Standort wird von den Augsburgern extrem viel und gut angenommen, muss man wirklich sagen. Also wir können uns da nicht beklagen.

Markus: Ich finde das auch ganz spannend, zumal es auch einfach so ein bisschen Wirtschaftsgeschichte zeigt, wie wichtig es eben war vor ungefähr so 130, 140 Jahren, dass man sich als Brauerei eben an die neuen Bahnlinien begibt, dort produziert, um dann eben auch gleich vertreiben zu können. Ich finde, man sieht das auch, wenn man die Brauerei an sich besichtigt, weil sie noch in diesem Zustand praktisch von damals auch ist, so als Baulichkeit. Das heißt, man hat im Keller noch wirklich die Schatzkammer und die alten Lagerkeller. Das ist wirklich ein sehr imposanter Bau. Man kann dann eben hochsteigen, bis man dann die alten Schrotmühlen unter dem Dach sozusagen hat. Und neuerdings kann man sogar über das Ganze rüber fliegen mit dem Bierflug. Ich finde das schon insgesamt ein echt spannendes Ensemble und auch etwas, wo sich wirklich viel Mühe gegeben wird, das zu erhalten. Wie erlebst du das so im Alltäglichen?

Frank Müller: Die Familie Priller legt hier wirklich unglaublich viel Wert auf Details und machen das auch selbst. Auch wie du gerade schon gesagt hast, das mit dem Bierflug und das Wirtshaus und das wird alles selbst ausgewählt, die Möbel, das Design. Das muss einfach passen, bis hin zur Kuchengabel muss das irgendwie ausgetüftelt sein und muss zum Konzept passen. Da legen sie wirklich sehr, sehr viel Wert drauf. Und auf der anderen Seite, ist klar, das Gebäude ist geprägt vom Jugendstil zu der Zeit, ist jetzt hier wunderschön wiederhergerichtet worden. Klar, für mich natürlich in der Technik, in der Produktion erschwerend, weil das Riesenproblem ist der Platz. Das heißt, wir können nicht in der Horizontalen wachsen, in der Vertikalen sind wir eigentlich jetzt auch fertig, die Logistik ist schon ausgesiedelt. Aber das ist eine Herausforderung, muss man wirklich sagen, hier am Standort das hinzubekommen.

Holger: Frank, wie ist das eigentlich, wenn man einen Biersommelier-Weltmeister als Chef hat? Ist das angenehm?

Frank Müller: Das ist sehr angenehm. Wir verstehen uns blendend und tauschen uns wunderbar aus. Und es ist schön und erfreulich, wenn man einen Chef hat, der auch bieraffin ist. Das heißt, der auch, wenn ich mal einen Hopfen geändert habe, dann kommt und sagt: Hast du was am Urhell, da hast du bestimmt was am Hopfen geändert. Ich sage, ja. Wunderbar, herzlichen Glückwunsch! Also er ist mit Leib und Seele dabei und verkostet die Biere und schmeckt, und das ist eine totale Bereicherung für mich.

Holger: Ich habe sowieso auch immer den Eindruck, wenn ich bei euch bin und der Markus hat vollkommen recht, dass es eben auch von den Räumlichkeiten und von der Architektur her was Besonderes ist. Für mich ist das immer wie ein Château. So muss es eigentlich sein, dass die Brauerei, also wie beim Winzer das Château ist. Das finde ich, spürt man bei euch so schön. Also das mag ich sehr.

Frank Müller: Genau! Das strahlt was aus. Richtig!

Holger: Jetzt weiß ich natürlich nicht, womit du weitermachen möchtest?

Frank Müller: Ich mache weiter mit dem Riegele Kellerbier bitte.

Holger: Okay! Dann bin ich dran.

Markus: Blasphemie!

Holger: Ja, ja! Das muss doch auch mal möglich sein. So! Dann schütte ich mir ein Glas schönes Kellerbier ein. Bei mir jetzt im Glas ist, wie soll ich sagen, so ein bisschen orangerot, ganz naturtrüb, sehr schöner Schaum. Ich rieche mal rein. Da kommen dann schon so die Malzaromen und fruchtige Noten raus. Ein bisschen Aprikose vielleicht oder Pfirsich. Ich bin mir nicht so richtig sicher, oder beides. Ich weiß eigentlich gar nicht. Ich trinke mal einen Schluck. Ja, sehr schön! Das ist so ein richtig schönes, rundes ausbalanciertes Kellerbier. Das wird dem Markus ganz hervorragend schmecken. Und so wie ich den kenne, hat der jetzt sowieso nicht abgewartet, bis ich jetzt hier meinen Verkostungsgesülze von mir gebe, sondern hat es schon probiert. Wenn ich jetzt bei euch sitzen würde und in Bayerisch Schwaben irgendwie ein schönes typisches Gericht mit Spätzle, das wäre mein Favorit hier zu diesem Kellerbier. Markus, hast du es auch schon verkostet?

Markus: Ja, natürlich! Da konnte ich nicht an mich halten. Sowieso, also wenn schon Kellerbier draufsteht. Aber ich muss auch wirklich sagen, es ist auch optisch schon eine Augenweide, auch der leicht getönte Schaum und untendrunter dann eben dieses schöne unfiltrierte Bier. Es ist unglaublich weich im Mund, und finde ich auch diese fruchtigen Noten spannend. Ich habe dann auch noch mal auf die Flasche geguckt und dabei ist mir dann tatsächlich aufgefallen, es ist doch ein bisschen was anderes als das, was wir jetzt hier in Franken als Kellerbier bezeichnen, weil es ein obergäriges Bier ist. Und das hat mich dann auch sehr erinnert an das, was ich zum Beispiel in England immer wieder erlebe: Wenn man da in den klassischen britischen Pubs ist und dann eben die typischen Real Ales trinkt, dann finde ich das unglaublich nahe an dem, was ich bei uns in Franken in so einer Brauereiwirtschaft erlebe. Und dementsprechend hat dieses Bier wirklich all das, was ich mir wünsche, mich dahin zu setzen, gemütlich ein paar Bierchen zu trinken, neue Leute kennen zu lernen, einfach einen Abend zu verbringen und Spaß zu haben. Das hat eben diesen leicht obergärigen Brown Ale Charakter, der mir auch wirklich sehr, sehr gut gefällt. Also echt spannend und vor allem auch wieder sehr weich, sehr samtig. Das ist ein ganz tolles Mundgefühl, was ich so jetzt noch nicht gekannt habe.

Holger: Und hinten auf der Flasche, Markus, hinten auf der Flasche steht das, was du beschreibst.

Markus: Hinten habe ich noch gar nicht draufgeschaut. Moment!

Holger: Hinten auf der Flasche steht: 3 Jura-Malzsorten – das lassen wir uns natürlich alles gleich erklären – und die besondere Riege Ale Hefe garantieren den Geschmack.

Markus: Ha! Da haben wir es doch. Da bin ich jetzt mal gespannt, was der Frank sagt.

Holger: Genau das, was du gesagt hast. Und da hat doch der Frank wahrscheinlich bei seinem letzten England-Besuch oder bei einem England-Besuch da einfach ein bisschen Hefe geklaut. Oder wie war das, Frank?

Frank Müller: Die Beschreibung war wirklich perfekt. Das mit der Aprikose, das ist wirklich auf den Punkt gebracht. Hier steht, wie ihr richtig bemerkt habt, natürlich die Hefe im Vordergrund. Meine Interpretation des Kellerbiers ist obergärig, mit der Riege Ale Hefe. Das ist eine Ale Hefe, die ich vor, das war noch zu meiner Schweden-Zeit, vor ungefähr 22, 23 Jahren von einem englischen Brauer bekommen habe. Ich habe damals angefangen, so ein bisschen mich mit verschiedenen Hefestämmen zu beschäftigen und sammle die auch. Ich habe jetzt ungefähr circa 200 verschiedene Hefestämme in der Riegele Hefebank. Und das ist eine davon und die hat wirklich dieses Aprikosenaroma. Also die macht wirklich diese Ester, die in die Aprikosenrichtung gehen, muss man ganz klar sagen. Das kommt auch schön rüber hier, mit einer dezenten Grundbittere dazu. Jura Malz, das ist aus Mittelfranken, aus Pappenheim vom Mälzer Wurm, unter anderem. Da ist das Pilsener Malz drin, da ist dann ein weiteres Pilsener Malz drin, das ist die Gerstensorte Steffi, das ist meine Lieblings-Gerstensorte. Und es ist ein Münchener Malz mit drin. Und deswegen auch ein bisschen dieser etwas leicht malzige Charakter, so ein bisschen eine Karamellnote. Die ist wunderbar in Kombination mit diesen feinen Aprikosennoten aus der Hefe und einer leichten Blumigkeit und einer leichten Bittere aus dem Opal-Hopfen.

Holger: Genial! Da kann man mal wieder sehen, wie vielseitig und toll Bier ist, weil eben die Rohstoffe so unheimlich kreativ miteinander verbunden werden können. Und hier sehe ich persönlich eigentlich auch dann einfach die Aufgabe des Biersommeliers, eben das, was der Brauer sich da überlegt hat, und wenn man sich damit dann verbindet und beschäftigt, das dann halt auch dem Genießer, dem Biertrinker so richtig schön rüber zu bringen, sich damit auszutauschen. Und gerade auch bei dem Bier könnte ich mir jetzt vorstellen, wenn man dann die Damenwelt sicher damit auch ansprechen kann, und die oft in der Sensorik viel besser sind als die Männer, dass man da eben über diese fruchtigen Noten so richtig schön philosophieren kann. Also das ist wirklich ein ganz tolles Bier. Und auch mal diese Interpretation als obergärige Variante gefällt mir hervorragend. Vielen Dank, Frank! Vielen Dank für den schönen Moment.

Markus: Na, er dauert auch noch ein bisschen an, also wirklich sehr, sehr, ich meine, es ist ja immerhin eine 0,5 Liter Flasche, ich meine, ich kann ja einiges, aber so schnell? Aber es ist wirklich, also ich muss auch sagen, tolle, tolle Idee. Und ich glaube, das ist auch eine sehr, sehr clevere Lösung für dieses Thema, wir machen jetzt auch ein Kellerbier. Weil es doch viele Brauereien, sagen wir mal, außerhalb von Franken gibt, die einfach sagen, sie wollen sich des Themas annehmen und dann immer wieder mehr oder weniger etwas machen, was so ähnlich ist wie das, was es hier gibt. Aber daran scheitern dann auch manche und dann ist es immer eher so ein Plan B. Und hier haben wir eine völlig eigene Geschichte, die die Grundidee aufnimmt, also süffig, rund, harmonisch, malzbetont, spannende Noten, cremig. Davon kann man viel trinken, das passt zu allem, was man so eben im Gasthaus bekommt. Aber eben in einer ganz eigenen Interpretation und dadurch auch für sich ein Outstanding, ein Stand Alone könnte man auch sagen, wenn man schon englische Begriffe bedienen will. Bier, was da wirklich für sich eine eigene Benchmark setzt. Also das find ich ganz, ganz toll und macht mir gerade deswegen so viel Spaß.

Holger: Jetzt müssen wir aber weitergehen, sonst werden wir gar nicht fertig.

Markus: Schade! Aber gut, machen wir.

Frank Müller: Also nächste Sorte möchte ich gerne das Simco 3 bitte verkosten.

Holger: Da könntest du selber mal loslegen und uns deine Eindrücke schildern.

Frank Müller: Gerne!

Holger: Oben auf dem Halsetikett zum Beispiel steht schon „hopfiges Lebensglück“.

Frank Müller: Genau! Wenn man sich die Farbe anschaut, dann ist die auch ähnlich dem Bier zuvor, also diesem Kellerbier, also schöne bräunliche Kastanienfarbe, also auch in Anlehnung an das Kellerbier. Das kommt auch nicht von ungefähr, weil die Basis dieses Bieres ist auch dieses Kellerbier, was wir zuvor verkostet haben. Und hier jetzt natürlich noch mal eine weitere Zugabe, das ist der Simco Hopfen, wie der Name es schon sagt. Aber nicht im Sudhaus, also im Heißbereich eingesetzt, sondern hier im Kellerbereich kalt eingesetzt, gestopft mit diesem Simco Hopfen. Das merkt man natürlich eindeutig auch schon am Geruch, diese Maracuja-Noten, ein bisschen Waldbeeren, eine leichte Grapefruit-Note, die aus diesem wunderbaren Simco Hopfen kommt. Und auch, wenn man es trinkt, merkt man es auch retronasal sofort, wie diese Aromen dann aufsteigen, schön mit diesem Körper, den das Bier hat. Wunderbare Kombination, das hat noch eine gewisse Restsüße. Und das mit diesen Fruchtaromen, finde ich, passt wunderbar zusammen.

Holger: Ich finde auch, es ist ein richtiger Obstkorb, kann man eigentlich fast sagen.

Frank Müller: Ist ein Obstkorb, ganz genau.

Markus: Wobei ich sagen muss, es ist auch eher ein britischer Obstkorb. Das finde ich ganz schön. Also es ist schon …

Frank Müller: Absolut!

Markus: … eher in der klassischen Richtung von einem India Pale Ale und damit also wirklich auch vom Alkoholgehalt mit 5 % so, dass man das noch schön trinken kann. Und hat eben auch einen schönen Malzkörper, schön rund harmonisch dadurch. Nicht so extrem bitter, dass man da jetzt dann gleich zumacht. Also insofern einfach ein tolles Erlebnis, weil ich in der Nase schon dann diese ganzen Früchte habe und dann kommen im Mund eben dazu die Malzaromen. Dann schlucke ich runter, dann habe ich diese Bittere. Die klingt aber auch mit fruchtigen Aromen, mit ein bisschen Honig, mit ein bisschen Malz, mit ein bisschen Biskuit aus. Und dann hat man wieder Lust. Also das ist wirklich ein spannendes Erlebnis. Und da kann ich sagen, da stimmt dann diese Überschrift „Lebensglück“ so ein bisschen, weil da wirklich alles drin ist, was ein Bier wirklich begeisternd macht. Finde ich echt eine schöne tolle Geschichte.

Frank Müller: Ja, erfreut sich auch sehr hoher Beliebtheit.

Holger: In dem Zusammenhang möchte ich erwähnen, das Simco 3 gibt’s schon länger. Das ist auf den Markt gekommen mit einem Verkostungspaket, also Selektion 1 und Selektion 2.

Frank Müller: Korrekt!

Holger: Da muss man unbedingt darauf hinweisen, weil ich damals, wo das rauskam, war ich total begeistert auch, wie ihr das quasi an den Endkunden bringt. Also dass ihr dann eben dieses Aromarad habt, dass ihr diese verschiedenen Bierstile habt, die jeweils in ihrer Art ganz typisch interpretiert sind. Und dann konnte man sich dann auch wiederfinden, jeder konnte dann sagen, ich bin eher süß und fruchtig oder ich bin eher hopfenbetont oder ich mag eher dunkle Biere. Und dann natürlich eines meiner absoluten Käse Food Pairing Favoriten, das Dulcis 12 dann als absolutes extremes Bier. Wer das nicht kennt, Selektion 1 und 2, dem sei es auf jeden Fall sehr empfohlen. Was ich mich schon immer frage, Frank, ist halt, warum eigentlich nicht Pale Ale? Das ist doch eigentlich ein Pale Ale, das ist doch gar kein India Pale Ale?

Frank Müller: Ja, das …

Markus: Da kann ich ganz kurz in die Bresche springen. Man muss das einfach anders verstehen. Wenn man das mit einer englischen Brille sieht, dann ist es durchaus ein India Pale Ale. Weil dort …

Frank Müller: Aber draufstehen tut übrigens Indian Pale Ale.

Markus: Ja, das kann ja mal passieren. Aber nichtsdestotrotz ist es wirklich, also für mich zumindest, sehr, sehr britisch. Ich bin normalerweise, wenn nicht gerade Corona ist, auch jedes Jahr beim Great British Beer Festival, und davor wird dann der große Bierwettbewerb, der CAMRA, fürs Real Ale ausgetragen, das Champion Beer of Britain heißt das.

Frank Müller: Champion Beer of Britain, genau.

Markus: Champion Beer of Britain. Und da wird eben mit den klassischen Kategorien verkostet. Da ist es zum Beispiel so, dass diese ganzen Biere, die wir so einzeln kennen, also Pale Ale und India Pale Ale und alles, was so dazugehört, das wird alles in einer Kategorie verkostet, und das ist einfach bitter. Also die heißen Bitters und da gehören die alle mit dazu. Und innerhalb dieser Familie gibt’s die mit ein bisschen mehr Alkohol oder Hopfenbittere oder weniger, aber es ist alles eine große Familie. Und letzten Endes geht’s wirklich um Drinkability, um den Spaß an dem Bier.

Frank Müller: Ja. Der Name ist eine Kategorie. Okay, die ist irgendwann mal festgelegt worden. Das ist mit Sicherheit irgendwo auch ein Hybrid. Also ich kann ja auch mal ein Bier außerhalb einer Kategorie machen, dann passt es halt da jetzt nicht rein.

Holger: Du hast gesagt, Simco steht drauf, aber dann steht Simco 3 drauf und das hat damit zu tun, dass es auch noch andere Hopfensorten in dem Bier gibt. Das können wir vielleicht auch noch ganz kurz erwähnen.

Frank Müller: Eine meiner Grundhopfen-Lieblingssorten ist bei mir der Opal Hopfen. Was bei vielen die Perle ist oder Magnum, weiß ich nicht, ist bei mir der Opal. Den mag ich, weil der hat eine leichte, eine ganz, ganz leichte Anis-Note, finde ich, und die ist angenehm. Immer in Kombination, also wenn ich jetzt sage, Anis oder wie eben mit dem Saazer, sage ich, das ist ein Sahnebonbon, dann ist das mal ein einzelnes Aroma. Aber entscheidend ist immer in der Gesamtkomposition, ich gebe Kräuter und Gewürze zu meiner Salatsoße, dann will ich aber nicht, dass die Salatsoße nur nach Pfeffer schmeckt oder nur nach Dill schmeckt oder nur nach Salz, sondern es ist immer die Gesamtkombination, die es ausmacht, wo nichts hervorschmecken soll. Und das ist hier bei mir wie gesagt der Opal. Dann ist es der Hersbrucker und als Kalthopfung ist es der Simco. Das sind die drei Sorten, die hier angewendet wurden, die für mich in der Kombination hervorragend sind.

Holger: Ganz am Anfang, also wo das das erste Mal präsentiert wurde, da hat es noch ganz anders geschmeckt, bin ich der Meinung. Und dann gab’s noch mal eine Veränderung. Also ist das so oder habe ich das nur so falsch in Erinnerung vielleicht?

Frank Müller: Veränderung ja, aber dann nichts, was die Rezeptur angeht, sondern dann wirklich, und da stimme ich dir zu, was das Aroma und die Qualität, insbesondere des Simco Hopfens angeht.

Holger: Ah ja, also dann. Ist schon lange her. Ich weiß gar nicht, wann kam Simco 3 raus? Das ist jetzt schon mehrere Jahre her.

Frank Müller: Oh! Wir haben mit den Brauspezialitäten begonnen unten in der kleinen Brauerei, in der Biermanufaktur, habe ich dann am Wochenende mal in diesem 100-Liter-Maßstab gebraut. Und hatten wir es rausgebracht 2000…

Markus: War das nicht, als der Sebastian Weltmeister wurde?

Frank Müller: Um die Ecke rum. Ja, genau! Wann war das? Das war?

Markus: 2011. Ich hab‘s grad mal kurz nachgeschaut.

Frank Müller: Ja, dann war das ungefähr um die Ecke, wo diese Brauspezialitäten kamen.

Holger: Ja, absolut! Ich kann es nur nochmal betonen, also alle Brauspezialitäten, die da in diesem Paket sind, das müsst ihr unbedingt mal ausprobieren, ihr lieben Hörer da draußen. Dulcis 12 habe ich jetzt schon gesagt, unbedingt mit Käsesorten verkosten oder auch Noctus 100, also so richtig tolle dunkle Biere, malzaromatische Biere, eben wirklich (unv. #00:24:07.6# taugen?) dann Noctus 100. Das ist dann auch so eine schöne Größe eben mit 0,66, da kann man dann abends den Fernseher auslassen, sich mit seiner lieben Frau in die Küche setzen und sich also diese Flasche teilen und darüber sprechen, wie interessant doch Bier sein kann.

Frank Müller: Oder ich empfehle jetzt wirklich, jetzt im Sommer, gut, wenn mal der Sommer kommt, momentan regnet es hier, in der Grillsaison, legt euch mal ein schönes, schönes T-Bone Steak oder ein Filetsteak auf den Grill drauf und trinkt dazu ein Robustus 6.

Markus: Oh, jetzt ist das Kopfkino aber an. Oder das Gaumenkino sozusagen. Wahnsinn!

Holger: Ja, also genau! Das Robustus 6 ist ein Porter. Das ist so cremig, da könnte man sogar dann auch als Nachtisch eine Vanilleeis-Kugel sozusagen mit diesem Robustus 6 kombinieren.

Frank Müller: Ja, hervorragend!

Holger: Also, um jetzt noch mehr Bilder zu erzeugen.

Markus: Aber man muss auch ein bisschen vorsichtig sein, weil diese Biere sind wirklich heimtückisch. Gerade das Dulcis 12, das ist so ein Bier, das trinkt sich …

Frank Müller: Oh ja! Oh ja! Oh ja!

Markus: … easy, easy, easy, und dann hat man die 0,66er weg und ist dann auch weg. Also das ist dann schon, geht in die zweistelligen Alkoholprozente. Da ist schon eine Aufgabe.

Frank Müller: Wobei die 0,66, ist die Intention dahinter, so ein bisschen Anlehnung an den Wein. Klar, ich setze mich abends mit meiner Frau hin, man teilt sich ja eine Flasche Wein. Und das ist auch so ein bisschen in Anlehnung daran, 0,66 zu zweit mit der Frau zusammen halt dann probieren.

Holger: Genauso, so mache ich es schon jahrelang und die Ehe hält.

Markus: Wunderbar! Das wäre fast schon ein Werbeslogan sozusagen. Aber vielleicht noch eine Frage, bevor wir sicherlich dann auch noch zum Weizen kommen. Bei dieser ganzen Hopfenstopf-Geschichte habe ich immer mehr gehört, dass es gar nicht so einfach ist, wenn man wirklich im Kaltbereich dann eben den Hopfen nochmal dazu gibt, weil es, gerade wenn man hier so ein Bier hat, was nur 5 % hat, eine gewisse Gefahr in sich birgt, dass man da wieder sich irgendwelche Infektionen holt. Habt ihr damit Erfahrungen? Wie geht ihr damit um? Was ist da für euch das Thema dabei?

Frank Müller: Damit haben wir sehr, sehr viel Erfahrung, muss ich sagen. Und ich lerne in allen Dingen täglich dazu. Also das ist das Schöne an diesem Beruf, ich lerne wirklich täglich dazu. Das ist richtig, was du gerade sagst, Markus. Das ist nicht ungefährlich. Insbesondere bei unserem alkoholfreien Liberis 2+3, das ist alkoholfrei, und das ist auch gestopft. Das ist eigentlich die größte Gefahr, die man da hat, dass man da noch eine entsprechende Infektion dazu bekommt, weil da noch sehr, sehr viel unvergärbarer Extrakt vorhanden ist. Da muss man sehr aufpassen, das ist richtig.

Markus: Ja, spannend! Aber jetzt lass uns doch vielleicht zum nächsten Bier kommen. Ich habe richtig Lust drauf.

Holger: Das Finale, ja.

Markus: Weil mich das Etikett schon so anlacht.

Frank Müller: Genau! Das ist das Lauterbacher Naturweizen. Lauterbacher, das war eine Brauerei hier im Umkreis Richtung Donauwörth. Die Brauerei hat dicht gemacht, wir haben die Marke gekauft vor 11, 12 Jahren. Und das haben wir jetzt neu aufgelegt. Also die Biere gab‘s schon, wir haben die selbst hier gemacht, das sind unsere Rezepte und unsere Sachen. Und das ist jetzt in der Euro-Flasche mit diesem Retro-Etikett rausgekommen.

Markus: Na, dann machen wir es doch mal auf.

Frank Müller: Ja, bitte!

Holger: Markus, jetzt bist du nochmal dran, weil der Typ, der auf dem Ding, der lacht auch so wie du immer lachst.

Markus: Du hast heute einen besonders kreativen Tag, merke ich gerade. Aber gut, ich sage natürlich nicht Nein. Also gerade bei so guten Bieren, wie wir sie heute mal wieder haben. Und ich muss sagen, wie zu erwarten ist, natürlich ein sehr, sehr schöner, stabiler Schaum, was für ein Weizen einfach ganz, ganz wichtig ist, und da einfach auch schon ein tolles Qualitätsmerkmal. Und drunter sehen wir wieder so eine ganz schöne orangebraune Farbe, opak, also durchgucken kann man da nicht. Aber so ein bisschen geheimnisvoller Schimmer auch, also wo man so wirklich sich auch freut, dann zu erkunden, wonach das Ganze dann am Ende wohl schmeckt. Der Schaum ist auch so ein bisschen getönt und hat sehr viele kleine feine Poren und steht immer noch. Ich rieche mich jetzt da mal so durch. Ja, und da hat man klassisch natürlich für ein Weizen sehr intensive bananige Noten. Ich finde, sogar eher eine grüne Banane, die auch sehr frisch rüberkommt, also so zwischen grün und gelb vielleicht. Und drunter hat man auch ein bisschen so getreidige Honig-, Biskuit-Noten. Jetzt probiere ich mal. Also auch wieder sehr weich, sehr sahnig, sehr cremig, sehr angenehm im Mund. Ein sehr volles, sehr präsentes Mundgefühl. Man hat eine Süße am Anfang. Man hat sehr viel Fruchtigkeit, auch wieder die Banane. Aber es geht durchaus auch ein bisschen rüber in so Steinfrüchte. Wie ein europäischer Obstkorb, könnte man sagen. Hintenraus hat man tatsächlich auch eine leichte kleine Bittere und dazwischen malzige Noten. Ich muss nochmal ein Schlückchen nehmen. Die mich so ein bisschen an Butterkeks erinnern. Also wirklich fein. Und insgesamt auch wieder sehr rund, sehr in sich geschlossen, und ein Bier, was einen so wirklich komplett glücklich macht. Da könnte ich mich jetzt hinsetzen, zwei, drei davon trinken und der Tag wäre einfach gelaufen. Sehr schön! Kann ich auch verstehen, warum der Typ auf dem Etikett mich so anstrahlt, kann ich völlig nachvollziehen. Und nun steht da auch Naturweizen drauf, also ein sehr, sehr urbelassenes, könnte man vielleicht auch sagen, sieht man ja auch schon, tolles Bier. Wir wissen, Frank, dass du auch so ein Hefespezialist und vielleicht auch so ein bisschen Hefedetektiv bist. War das da auch so ein bisschen ein Meisterstück von dir, da die perfekte Hefe zu suchen?

Frank Müller: Hefespezialist, weiß ich jetzt nicht, aber das Thema Hefe interessiert mich auf jeden Fall, sehr sogar. Weil ich der Meinung bin, dass man neben verschiedenen Malzen, neben verschiedenen Hopfensorten, die wir jetzt auch schon besprochen haben, auch unglaublich viel verschiedene Geschmäcker und Stile prägen kann mit verschiedenen Hefen. Und in diesem Bier setze ich zwei verschiedene Weizenhefen ein aus meiner Hefebank. Die eine, wie du es schon super beschrieben hast, Marcus, macht eine richtig schöne Banane, und die andere arbeitet überhaupt nicht in Richtung Banane, sondern arbeitet mehr in Richtung Steinobst und Steinfrüchte. Das ist genau richtig. Und das kann man bei diesem Bier, glaube ich, relativ schön nachvollziehen.

Markus: Ja, absolut! Und dadurch ist es auch sehr frisch und ist nicht so schwer wie, wenn man immer diese intensiven braunen Bananennoten hat, wo einen das Bier schon ziemlich fertig macht. Das ist dadurch wirklich eine sehr, sehr runde Geschichte. Wenn du schon sagst, meine Hefebank, das klingt schon mal spannend, das kann jetzt auch nicht jeder Brauer von sich behaupten, ist das auch etwas, was schon da war, als du kamst, oder hast du das eingeführt? Es ist so dein Baby, wie geht ihr damit um? Was muss man alles beachten als Hefebanker?

Frank Müller: Das klingt jetzt so ein bisschen, meine Hefebank, aber ich muss wirklich sagen, es ist meine Hefebank, weil ich habe die hierhingebracht, die hatte ich also vorher schon. Das Thema treibt mich eigentlich schon 30 Jahre richtig intensiv, dass ich denke, mit verschiedenen Hefen kann man verschiedene Biere oder verschiedene Geschmäcker produzieren. Und es gibt viele verschiedene Hefen. also sammle ich die eigentlich. Das heißt, wenn ich irgendwo hinkomme, ein befreundeter Brauer, dann hole ich mir die oder ich hole mir eine Flasche und sammle den Bodensatz und isoliere, wenn sie noch leben, dann isoliere ich mir die Hefe. Oder ich bin halt irgendwo und nehme mir dann einen Abstrich und dann tue ich das auch isolieren. Also ich tue die da wirklich vereinzeln und vermehre die dann und lege die mir auf Schrägagar. Jetzt wird es ein bisschen technisch, als ich versuchte, die irgendwie so ein bisschen auf Nährböden zu legen, dass sie dann auch längere Zeit überleben. Und wichtige Hefen als Redundanz lege ich mir dann auch in Weihenstephan in die Hefebank, dass ich da noch so ein Update habe, so ein Backup sozusagen.

Markus: Spannend! Also dass Banker auch Backups anlegen. Du hast schon so ein bisschen erwähnt, auch bei dem alkoholfreien Bier spielt auch das Thema Hefe eine große Rolle. Wie habt ihr euch da denn rangetastet und dann letzten Endes auch zu diesen speziellen Verfahren gefunden, du hast ja verschiedene Methoden kombiniert, wie man ein alkoholfreies Bier machen kann?

Frank Müller: Richtig! Da habe ich unglaublich viel rumprobiert und experimentiert. Also es hat wirklich ein paar Jahre gedauert, dass ich mit verschiedenen Hefen das ausprobiert habe, also eine sogenannte gestoppte Gärung zu machen oder eine partielle Gärung zu machen. Da war wichtig für mich auch, dass nicht diese Würze-Komponenten im Vordergrund stehen, dass da ein bisschen Stoffwechsel stattgefunden hat, dass die auch abgebaut werden. Und dann habe ich eine Hefe gefunden, die das schafft. Und das mache ich dann auch gerne in Kombination mit einer entalkoholisierten Variante. Das heißt, wir mischen praktisch eine Gärung, die mit mehreren Kulturen übrigens stattfindet, mischen wir mit einer Variante, die entalkoholisiert wurde. Ich will nicht zu viel diesen Körper haben, wo die meisten gestoppten Gärer haben, oder ich will auch nicht zu viel Leere haben, zu wenig Körper haben, sondern durch diesen Verschnitt möchte ich das eigentlich genau einstellen. Und dann kommt noch eine weitere Sache dazu, aber das möchte ich jetzt nicht unbedingt erwähnen, weil das was sehr Spezielles ist. Und das ist halt meine Philosophie.

Markus: Holger, beeindruckt, oder?

Holger: Ja sehr, ja absolut! Ich mache mir dann immer Gedanken, was man so richtig schön dazu essen kann, und das ist mit seinen 5,3 Volumen Alkoholprozent so vollmundig auch, sehr schönes vollmundiges Weizen. Ist ja klar, also schönes Pärchen Weißwürste und dann eine Breze und süßer Senf und dann ist die Welt einfach in Ordnung. Sehr schön! Wunderbar! Markus, du musst jetzt ein ganz tolles Schlusswort formulieren.

Markus: Du, ich bin eigentlich schon im Himmel. Aber gut, nein, muss ich wirklich nochmal sagen: Frank, vielen, vielen Dank! Vor allem finde ich, sind wir heute eure Biere nochmal anders angegangen als ich das zum Beispiel in meinen eigenen Tastings mit euren Bieren tue. Also du hast auch andere Biere ausgesucht als ich sie zum Beispiel ausgesucht hätte oder regelmäßig aussuche. Und das hat auch nochmal einen anderen Blick auf die ganze Sache gebracht. Und das finde ich ganz schön. Also zum Beispiel hat es das Simco 3 noch mal anders eingeordnet, weil man sonst aus so einem Impuls heraus das halt immer als IPA besonders oder am Schluss stellt oder wie auch immer. Und das hier so einfach mit dem Kellerbier zusammen in eine Reihe zu stellen, ist ganz toll. Und nochmal schöner, wenn man jetzt auch gehört hat, dass die im Grunde von der Idee her erstmal auf derselben Basis sind. Was mich auch total freut, weil ich vorhin schon gesagt habe, dass ich glaube, dass das eh sehr identische Bierideen sind, die da in England beziehungsweise in Deutschland entstanden sind. Und insofern kann ich nur Danke sagen, also Danke für die Biere, für die Infos, für deine Zeit. Und wirklich für einen ganz, ganz tollen Nachmittag, der mir heute wirklich den Tag auf jeden Fall enorm versüßt und bereichert hat. Danke schön!

Frank Müller: Ich bedanke mich auch recht herzlich bei euch. Es hat sehr viel Spaß gemacht. Das war eine sehr kurzweilige dreiviertel Stunde.

Holger: Prima! Und ich habe in der Zeit recherchiert, wann war es genau? Also wann war es genau? Was meine ich damit? Hobbythek – Bier selbst gebraut, Sendung Nummer 80, 1982. Da hat alles begonnen, Frank.

Frank Müller: Genau! Super!

Holger: Ich danke dir, war super.

Frank Müller: Danke euch, danke euch!

Markus: Ciao!

Frank Müller: Ciao!

Holger: Macht’s gut! Ciao! Tschüss!

Frank Müller: Ciao, ciao!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 67 – Interview mit Thorsten Schwämmle, Gründer und Geschäftsführer von Kraftpaule in Stuttgart

Thorsten Schwämmle hat eine erstaunliche Bier-Karriere hinter sich. Quasi aus einer Bierlaune heraus stand auf einmal die Idee der Eröffnung eines Bierladens, die immer konkreter und nach der „Erfindung“ des Stuttgarter Craft Beer Festivals auch Realität wurde. Auch Vermieter-Querelen und daraus resultierende Ortswechsel konnten den Schwaben nicht davon abhalten, seinen Traum zu verwirklichen. Heute steht er für seinen „Kraftpaule“ und kann auf fünf sehr erfolgreiche Jahre zurückblicken, inklusive der Herausforderungen während der Pandemie. Kurzum: Ein BierTalk, den man gehört haben sollte…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute geht es mal wieder ins Ländle, zum Thorsten Schwämmle. Also man sieht schon, richtig schöne Wortspiele möglich. Und gefühlt sind wir zum achten Mal, glaube ich, in den letzten zehn Folgen in Baden-Württemberg. Aber das hat natürlich auch einen Grund, es gibt dort tolle Biere und tolle Menschen, wie eben den Thorsten. Vielleicht stellst du dich einfach mal kurz unseren Hörern selbst vor.

Thorsten Schwämmle: Dann sage ich mal Grüß Gottle aus dem Schwabenland. Ich heiße tatsächlich auch Thorsten Schwämmle, wie der Schwamm, nur auf Schwäbisch, sage ich immer. Ich mache seit 2015 den Kraftpaule hier in Stuttgart. Der erste Ansprechpartner für das Thema Bierspezialitäten und Craftbier wollen wir hier sein. Also spannende Geschichte, wie wir gleich hören werden. Aber vorher müssen wir natürlich noch den Dritten im Bunde begrüßen. Hallihallo Holger!

Holger: Hallo ihr beiden. Und heute bei mir auch ganz besonders, ich melde mich auch aus Baden-Württemberg, und zwar aus dem nordöstlichen Zipfel Baden-Württembergs, nämlich ich bin in Kirchberg an der Jagst.

Markus: Okay! Na, sehr schön, dann bist du auch da. Kennst du den Ort, Thorsten?

Thorsten Schwämmle: Nein, tatsächlich nicht.

Markus: Dann haben wir heute was gemeinsam.

Thorsten Schwämmle: Aber tut mir leid, dass du da sein musst, Holger.

Holger: Nein, nein, nein, nein, nein! Das ist das Hohenloher Land. Also da kann ich nur sagen, das ist eine sehr schöne Region, auch eine schöne Genussregion, und ist in der Nähe von Crailsheim. Und Crailsheim wiederum, also für die, die sich jetzt überhaupt nicht auskennen, liegt zwischen Nürnberg und Heilbronn.

Markus: Okay! Also bist du irgendwie auch ein bisschen in Franken. Dann ist ja die Welt wieder in Ordnung. Sehr schön! Bevor wir zum ersten Bier kommen, vielleicht noch mal kurz die Frage: Kraftpaule, Thorsten, wie passt das zusammen? Warst du schon als Kind der Paule, oder hast du dir das irgendwann überlegt? Wie kamst du überhaupt zum Thema Bier? Das fände ich mal interessant.

Thorsten Schwämmle: Erstmal zum Namen, damit habe ich gar nichts zu tun. Also natürlich mit der Namensfindung schon, aber ich war nicht der Paule, sondern unsere erste Location, die wir uns angeschaut haben, die wäre in der Paulinen Straße gewesen. Und die Location haben wir leider nicht bekommen, der Name ist aber geblieben, vor allem, weil die zweite Location dann die Nikolausstraße gewesen wäre und das natürlich nicht so geil gewesen wäre, den Laden dann Kraft-Nikolaus zu nennen. Von dem her blieb das mit dem Paule von der Paulinenstraße bestehen. Und wie ich zum Bier gekommen bin? Klassiker: Ein Kumpel von mir schreibt mir über Facebook „Hey, hast du Lust, was mit Bier zu machen?“ Und ich natürlich sofort „Ja“. Wir haben uns am nächsten Tag getroffen und es hat sich rausgestellt, dass Freunde von mir Interesse hatten, das Franchise einer Bierothek zu machen. Die ja bekannt ist und die auch mittlerweile in Stuttgart ist. Wir haben tatsächlich uns sehr intensiv damit auseinandergesetzt, da ein Franchise aufzumachen, haben dann aber irgendwann mal festgestellt, dass wir eigentlich gerne was Eigenes machen wollen, dass wir da unsere Kreativität auch nicht an einem Franchise-Konzept unterwerfen wollen, und haben dann eben zusammen mit dieser Gruppe aus insgesamt zehn Leuten den Kraftpaule gegründet und da gemeinsam investiert. Also besser gesagt, neun haben Geld gegeben, ich mache die Arbeit, so ist der Kraftpaule entstanden. Und tatsächlich hatte ich auch ganz am Anfang mit dir Markus da Kontakt, nämlich als das Thema Franchise der Bierothek noch anstand, habe ich bei dir meine allererste Weiterbildung zum Thema Bier gemacht. Wir haben uns dann zwei Tage getroffen in der Nähe von Bamberg und das war mein erster Kontakt mit dem Thema Craftbier.

Markus: Ja, coole Sache! Kann ich mich noch daran erinnern, war sehr spannend. Wir haben live Bier gebraut und das Fernsehen war irgendwie auch noch da zufällig. Das war jedenfalls eine faszinierende Zeit. Ja, das ist sehr, sehr spannend und die Idee gefällt mir, sich einfach neun Leute mit Geld zu suchen. Holger, wir bräuchten dann insgesamt 18. Hast du da jemand schon auf der Liste?

Holger: Ich glaube, Markus, wir können mal einen Aufruf starten über den BierTalk und können sagen: Mensch, gebt uns doch mal Geld und dann machen wir irgendwas Cooles.

Markus: Ihr habt’s gehört da draußen, wir brauchen jetzt noch 18 Leute, die uns ein bisschen Geld geben. Nein, aber cool, ich muss wirklich sagen, auch zum ersten Mal, als ich dann in Stuttgart war, ich habe dann vor Ort auch eine Schulung für euch gemacht, fand ich das toll, sowohl das Team, dein Engagement, die Location und die Idee. Und damals auch wirklich noch was Neues in Stuttgart, also sehr, sehr spannende Geschichte. Nur jetzt haben wir ein Problem, ich glaube, der Holger bekommt Durst, weil wir sind schon mindestens bei Minute 5 oder 6. Dementsprechend sollten wir jetzt mal anfangen, etwas zu trinken. Holger, wie groß ist dein Durst? Willst du anfangen?

Holger: Ja, weil wirklich, ich komme jetzt gerade von der Autobahn, wie immer (unv. #00:04:34.2#) gewesen. Jetzt bin ich hier rein ins Hotel und habe gesagt „Hey! Was habt ihr für besondere Sachen an Bier?“ Dann habe ich mir doch ein dunkles Hefeweizen hier aussuchen dürfen und das möchte ich wirklich gerne trinken. Also wenn ich starten darf, da wäre ich euch sehr dankbar, also sehr.

Markus: Ausnahmsweise, oder Thorsten?

Thorsten Schwämmle: Auf jeden Fall!

Holger: Normalerweise hat natürlich der Gast Vorrang, aber ich mach mal hier so ein schönes dunkles Hefeweizen auf. Dann habe ich natürlich nach einem Weißweinglas gefragt. Das war dann schon auch eine kleine Überraschung, so nach dem Motto, Sie haben doch jetzt ein Hefeweizen, wieso Weißweinglas? Ich sage „Ja, ich möchte es gerne aus einem Weißweinglas trinken, weil da schmeckt’s mir besser“. Und gesagt „Na ja, also irgendwie wegen Fußball, oder was?“ hatte sie gesagt. Und dann sage ich „Nein, nein. Einfach nur wegen des Geschmacks“. Und dann hat sie gemeint „Okay, ach, der ist sowieso total daneben der Typ“. Was habe ich jetzt hier im Glas? Eigentlich ganz toll auch von der Farbe her und auch vom Schaum, so richtig toll, ein sehr, sehr fester steifer Schaum, wie es sich halt für ein Hefeweizen dann auch gehört. Ich habe hier ein Paulaner Hefeweißbier dunkel. Die Farbe ist wirklich so richtig ein schönes naturtrübes Kastanienbraun. Ich rieche mal rein. Ja, Mhm (bejahend). Man hat halt so eine fruchtige Note, also da ist jetzt vielleicht nicht total die Banane im Vordergrund wie es typisch wäre für ein Weißbier, aber schon eine Fruchtigkeit. Ich würde sagen, wirklich fast süß. Man hat so Waldbeerennote, kann ich herausschmecken, und auch eine Karamellnote. Ich glaube, für Biertrinker, die jetzt nicht so gerne herbe Biere trinken, ist das ein richtig tolles Bier, was man jetzt natürlich hier mit zum Beispiel Maultauschen mit Kartoffelsalat oder so, würde ich mir jetzt vorstellen, kann man ganz wunderbar kombinieren. Wenn wir mit dem BierTalk fertig sind, dann gehe ich runter und werde mir das wahrscheinlich auch bestellen oder Maultaschen geschmelzt oder sowas. Oh Mann, da läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Aber jetzt wieder zurück zur Sendung quasi.

Markus: Ja, okay! Zurück zur Sendung.

Thorsten Schwämmle: Hat sich aber lecker angehört, du.

Holger: Nein, ist auch lecker. Also nichts gegen Paulaner.

Markus: Zurück zum dunklen Weizen, das ist für mich immer so der Geheimtipp oder die Geheimwaffe, wenn es ums Thema Food Pairing geht. Weil es eigentlich ganz wenige Speisen nur gibt, die man nicht mit einem dunklen Weizen kombinieren kann. Maultaschen natürlich ganz, ganz großartig. Aber da vielleicht an dich, Thorsten, die Frage: Wenn du jetzt hier hörst, dunkles Hefeweizen, Paulaner, wäre das etwas, was es bei euch im Laden auch gibt? Oder gibt’s da irgendwie so Grenzen?

Thorsten Schwämmle: Tatsächlich gibt’s das gerade im Kraftpaule in der Bar nicht, weil wir da natürlich eine klare Grenze ziehen und vorwiegend natürlich kleinere Brauereien supporten. Wobei da bei vielen natürlich auch das Thema kleine Brauerei in Frage gestellt werden kann. Es gibt natürlich auch internationale Craftbier-Sorten wie Sierra Nevada, die es bei uns gibt, oder BrewDog, die natürlich viel größer sind als Paulaner, würde ich jetzt mal tippen, aber da vielleicht einfach ein anderer Grundgedanke dahintersteckt. Und in der Kraftpaule Bar, wie gesagt, versuchen wir einfach die Vielfalt an Craftbier darzustellen. Wir sind aber gerade dabei, tatsächlich auf der anderen Straßenseite einen Bierkiosk oder einen Bier-Späti aufzubauen. Und da soll‘s dann auch ganz viele, sage ich jetzt mal, Trinkbiere geben, die gut laufen. Da verschließen wir uns auch nicht gegenüber, ja gut, Paulaner, das ist bei uns natürlich die Sache, vielleicht eher ein regionales Beispiel, Schönbuch Bräu, dann vielleicht ein Jäger Spezial oder ein Weizen dazu haben, was jetzt nicht den Titel Craftbier oder Bierspezialität auf dem Etikett hat. Wir wollen da auf gar keinen Fall elitär sein, wir suchen eigentlich schon immer den Schulterschluss zum traditionellen Biertrinker und versuchen, den dann immer einen Tick weiter in Richtung Bierspezialitäten zu bringen.

Markus: Kann ich mir grad vorstellen, dass das in Baden-Württemberg vielleicht auch besonders schwierig ist, weil natürlich schon der Hang zum Konservativen da durchaus da ist auch beim Thema Bier. Nichtsdestotrotz sind es auch natürlich Genussmenschen, und zu denen gehörst du auch und so habe ich dich auch kennengelernt. Bevor du mit deinem Bier einsteigst, vielleicht noch kurz eine Frage: Wie ging‘s denn dann weiter? Also wir haben uns kennengelernt, du hast die Weiterbildung gemacht, du bist in das ganze Thema Bier eingestiegen, du hast neue Leute gefunden, die Geld übrighatten. Wie kam es dann? War das dann so ein Selbstläufer oder musstest du ein bisschen kämpfen? Wie hat sich das weiterentwickelt?

Thorsten Schwämmle: Die erste große Aktion, die wir gemacht haben, war das Craftbier Festival. Das war tatsächlich ein Selbstläufer. Wir haben in einer Nacht quasi eine Facebook Veranstaltung erstellt, ohne groß Infos, einfach nur Craftbier Festival Stuttgart, Beer, Food & Music mit irgendeinem Stock Foto. Das hatte innerhalb von vier, fünf Tagen 4000 Zusagen. Wir haben dann gemerkt, oh, das Thema ist heiß in Stuttgart. Die Leute wollen Bierkultur haben. Das war dann so ein schönes Zeichen. Ich glaube, ohne das hätten wir es auch nicht so leidenschaftlich weitergemacht. Weil wir natürlich sehr schnell gemerkt haben, auf der anderen Seite eine Bar zu finden, ist ein riesiges Problem. Das war tatsächlich jetzt ein drei- bis vierjähriger Kampf, um die richtige Location zu finden. In der ersten wurden wir rausgeklagt, dann haben wir in Böblingen was aufgemacht, wo wir dann ziemlich viel versteckte Kosten hatten und es dann schließen mussten nach neun Monaten. Jetzt haben wir quasi die dritte Location aufgebaut und sind hier in der Neckarstraße sehr zufrieden. Das war auf jeden Fall ein Kampf, der sich aber gelohnt hat. Seit einem Jahr oder seit zwei Jahren läuft es ganz gut und wir kamen auch ganz gut durch die Corona-Zeit. Also alles gut.

Markus: Also angekommen, kann man sagen?

Thorsten Schwämmle: Genau! Auf jeden Fall!

Markus: Noch ganz kurz, das Festival hat dann mit 4000 Leuten stattgefunden oder musste da die Polizei kommen? Oder wie kann man sich das vorstellen?

Thorsten Schwämmle: Im ersten Jahr war das ausverkauft mit 2000. Da waren wir quasi schon weit vor Veranstaltungsbeginn einfach ausverkauft. Und wir haben es dann im zweiten Jahr erweitert auf zwei Tage und im dritten Jahr dann auf drei Tage. Also mittlerweile kommen da pro Tag dann 2500 Leute ungefähr.

Markus: Also schon mal ein Veranstaltungstipp, wenn es dann wieder stattfinden kann: Craft Beer Fest in Stuttgart. Großartig! Jetzt schauen wir mal, was du uns für ein Bier oder du dir für ein Bier mitgebracht hast. Da bin ich mal gespannt.

Thorsten Schwämmle: Was für ein Bier hat sich der Thorsten vom Kraftpaule ausgesucht? Tatsächlich habe ich hier das Tilmans Mit Ohne, also ein alkoholfreies Weizenbier. Warum habe ich das? Zum einen, weil ich da auch ganz offen darüber sprechen will. Ich mache jetzt seit fast sechs Jahren den Kraftpaule, bedeutet auch, dass ich eigentlich so ziemlich jeden Tag in den sechs Jahren ein Bier getrunken habe und meistens nicht nur eins, und zuletzt bei mir quasi eine Fettleber festgestellt wurde. Ich muss jetzt da ein bisschen aufpassen und entgiften und auch mal alkoholfrei trinken. Deswegen würde ich das Bier gern vorstellen, um zu zeigen, dass es auch bei alkoholfreiem Bier richtig tolle Alternativen mittlerweile gibt. Die Craftbier-Bewegung, also das ist gerade auch ein Trend alkoholfreie Biere zu machen oder Biere mit geringerem Alkohol. Da finde ich eigentlich, wenn man jetzt mal quasi nicht über den großen Teich schaut oder in andere Länder, das Tilmans Mit Ohne ein sehr gelungenes deutsches Beispiel, was auch wieder Tradition mit so ein bisschen was Modernem vereint. Ich schenke das jetzt gerade mal ein. Tilmans Mit Ohne, ein Weizen, wo erstmal auffällt, es ist sehr, sehr hell. Wenn man sonst ein Weizen einschenkt, dann kann das so bis bernsteinfarben auch mal sein oder ein bisschen dunkler. Das hier ist tatsächlich so, dass man erstmal denkt: Ah, ist da Sprudel mit reingemischt? Also sehr hell wirklich, auch nicht allzu trüb, was auch untypisch ist. Hat sehr viel Schaum, sehr viel weißen Schaum. Und wenn man jetzt hier dran riecht, dann merkt man gleich, dass es so ganz dezente Malz- und Bananennoten hat, also gar nicht so schwer riecht wie ein anderes Weißbier, aber auch schöne fruchtige kräuterige Noten hat vom Hopfen, die hier mitkommen. Dann probiere ich es mal. Ja, es ist einfach ein richtig schön schlankes spritziges, auch herbes Weißbier, was überhaupt nicht diese Mastigkeit hat von diesen typischen schweren Weißbieren. Also man kann da auch mal drei, vier, fünf am Abend trinken. Und auch nicht dieses Störende, was sonst so alkoholfreie Weißbiere haben, wo dann die Süße so ein bisschen störend wirkt.

Markus: Das klingt doch sehr, sehr fein. Ich muss sagen, ich bin auch ein großer Freund und Verfechter der alkoholfreien Biere, da hat sich auch in den letzten zwei, drei Jahren wirklich was am deutschen Markt getan. Lange Zeit waren schon eher die anderen Europäer und teilweise auch außerhalb von Europa da eher führend, aber mittlerweile muss ich wirklich sagen gibt’s ganz, ganz tolle Beispiele, unter anderem eben auch das Tilmans. Freut mich, dass du ein gutes Bier für dich gefunden hast. Und ich drücke die Daumen, dass es mit der Gesundheit auch wieder aufwärtsgeht. Wunderbar!

Thorsten Schwämmle: Auf jeden Fall!

Holger: Ich würde gerne mal wissen, ihr habt auch einige Biere on tap bei euch im Bottleshop. Das ist doch eine ganz schön tolle Auswahl. Wie kommt die zustande? Also wie wählt ihr aus? Lohnt sich das wirklich in heutigen Zeiten, 12 Biere am Zapfhahn zu haben? Und wie geht ihr damit um? Und wie managt ihr das?

Thorsten Schwämmle: Die Bierauswahl, die treffe ich im Kraftpaule. Wir haben 12 Biere am Fass bei uns in der Bar und meistens auch bis zu 100, 150 im Kühlschrank. Wir hatten bisher zum Glück noch keine Probleme. Also, dass jetzt ein Bier so lange drangehangen ist, dass man es nicht mehr zapfen konnte oder so, weil wir eigentlich einen recht guten Durchlauf haben. Das liegt natürlich auch so ein bisschen an unserer Sonderstellung, dass wir einfach die einzige Craftbier-Bar sind in Stuttgart, sagen wir immer, aber eigentlich auch in der Region. Also ich wüsste jetzt niemand, der hier in der Region Stuttgart 12 verschiedene Craftbier am Fass hätte, als auch mal natürlich so fassgereifte Stouts oder Sour-Biere, Geuzen et cetera. Das kommt uns da natürlich zugute, und wir hatten da eigentlich nie Probleme, haben sogar eher manchmal darüber nachgedacht, ob wir nicht noch erweitern sollen. Weil wir jetzt tatsächlich diese Trennung zwischen Bar und Bottleshop noch mal auch genauer machen, also da eine Grenze ziehen, und in der Bar eben wirklich nur das Fassbier im Vordergrund stehen soll in Zukunft. Und im Bottleshop, den ich vorhin erwähnt habe, den wir jetzt aufbauen, wir auch eine Konzession gerade beantragen, um hier dann das Flaschen- und Dosenbier auszuschenken.

Holger: Ihr habt auch eigene Produkte, ein helles Lager, ein Kraftpaule Bier zum Beispiel. Braut ihr das selbst? Lasst ihr das brauen? Wie läuft das?

Thorsten Schwämmle: Wir haben sieben eigene Bierstile mittlerweile. Wie ist es zustande gekommen, dass wir eigenes Bier haben? Eigentlich, weil ich mal mit einem Bruder von einer Mitarbeiterin von uns, der Heiner, und mit dem stand ich zusammen, es hat sich rausgestellt, er ist Brauer. Dann haben wir gesagt, hey, lasst uns doch eigenes Bier brauen von Kraftpaule. Und hatten da völlig Elan, haben angefangen, das zu machen. Ich beschreibe unsere Beziehung immer gern so: Ich sage ihm genau, was ich will, er macht genau das Gegenteil und dann suchen wir gemeinsam nach einem Etikett. Mit ihm habe ich quasi unsere ersten beiden Biere entwickelt. Also ich bin kein Bierbrauer, ich kann das auch nicht und werde es wahrscheinlich auch nicht mehr lernen in meinem Leben. Aber ich bilde mir ein, gut beurteilen zu können, was ich zumindest mag und was ich für unsere Bar gut finde. Deswegen haben wir als erstes zwei Biere einfach so ein schönes Trinkbier gemacht, wo man immer zwischendurch trinken kann, das ist unser Helles. Was überhaupt nicht mit Aromahopfen spielt, sondern eher mit verschiedenen Malzen. Da haben wir drei Spezialitäten-Malze reingemacht und eben das Malz in den Vordergrund geholt auch durch das Zweimaischverfahren. Das zweite war dann das Pale Ale, wo wir dann eben mit drei verschiedenen Aromahopfen experimentiert haben. Und mittlerweile ist das so erfolgreich bei uns gewesen, dass die Nachfrage so groß war, dass wir eben sieben Bierstile entwickelt haben. Der Heiner ist nicht mehr bei uns, wir machen das mittlerweile im Lohnbrau-Verfahren mit der Camba Bavaria. Und haben da den Michael Stange als Ansprechpartner. Mit dem telefoniere ich dann immer, wenn ich ein neues Bier haben will, beschreibe ihm, was ich mir vorstelle, gebe Vorschläge zum Hopfen, zum Malz, er schickt mir dann das Rezept. Dann versuche ich, irgendwas dazu zu sagen, und meistens entscheiden wir uns einfach dann das so auszuprobieren, wie wir es ausbaldowert haben und tasten uns dann Sud für Sud an den Geschmack ran, und ich gebe dann quasi immer Feedback, wie meine Wünsche sind.

Holger: Toll!

Thorsten Schwämmle: Also eigentlich eine totale Luxussituation.

Markus: Apropos Wünsche, ich bin noch bierfrei, sozusagen. Das Gute ist: Ich habe tatsächlich zwei von diesen Kraftpaule Bieren hier. Unglaublich! Deswegen kann ich jetzt auch dann live was dazu sagen. Toll, ne! Und zwar habe ich das Weizen und das Pils. Nachdem ihr jetzt beide auch ein Weizen habt, habe ich gedacht, dann fangen wir mal mit dem Weizen an. Das ist ganz spannend, also vorne steht erstmal Weizen drauf, ist ein grünes Etikett. Dann hat man ein Pferd, was so ein bisschen ausschaut wie so ein halbes trojanisches Pferd. Und obendrauf sind dann aber statt den Haaren von der Mähne eben Ähren. Also da sieht man dann schon Weizen. Sehr, sehr schön! Und dann ist auch sehr viel Grün und drunter steht dann auch noch ein bisschen versteckt Hopfenweizen. Also da wird es dann wahrscheinlich auch was mit Hopfen zu tun haben. Bin ich mal gespannt, 5,2 % hat es, also klassisch vom Alkohol. Ich mach mal auf. So! Wie man hört, einiges an Kohlensäure. Es hat einen richtig intensiven, starken, schönen, festen Schaum. Das Bier selber hat so eine schöne Honigfarbe, ist auch trüb, wie es sich für ein Weizen gehört. Jetzt rieche ich mal rein. Spannend! Also man hat tatsächlich die klassischen Weizenaromen, so ein bisschen Banane, eher grüne Banane hier, aber dann kommen so weitere fruchtige, tropisch-fruchtige Aromen drum rum, also ein bisschen Ananas, ein bisschen Litschi, ja, auch Mango. Also wirklich schön weich, rund. Jetzt probiere ich das mal. Also ganz schönes Mundgefühl, sehr weich, sehr cremig. Geht klassisch los, wie man sich so ein Weizen vorstellt. Und dann kommen auch diese ganzen Fruchtaromen. Dann kommt ein bisschen Honig und hinten raus kommt dann tatsächlich auch etwas Bittere. Also ein sehr spannendes Bier. Wenn ich das jetzt bekommen hätte ohne zu wissen, dass es sich offiziell um ein Weizen handelt, hätte ich es tatsächlich wahrscheinlich eher in die moderne Craftbier-Welt als Wheat Ale oder sowas verortet. was es letzten Endes auch ist. Aber es ist sehr schön trinkbar, sehr weich, sehr rund. Spannend! Ist das die siebte Kreation, Thorsten, oder die fünfte oder sechste?

Thorsten Schwämmle: Nein, das war die dritte Kreation.

Markus: Ah!

Thorsten Schwämmle: Also nach dem Hellen und nach dem Pale Ale dachten wir dann: Wir wollen wieder diese traditionelle Schiene weiter ausbauen, aber dem Ganzen noch so ein bisschen Twist mitgeben. Ich bin ein großer Fan zu der Zeit gewesen von der Hopfenweisse von Schneider Weisse. Aber die hat natürlich immer so reingeballert, dass man da eigentlich nur zwei, drei trinken konnte. Deswegen war eigentlich so ein bisschen die Idee: Es gibt nicht so viele Hopfenweißbiere, lass uns doch sowas machen, nur eben in einer bisschen abgespeckteren Version, schlanker, süffiger vielleicht.

Markus: Schön! Ehrlich gesagt, wenn du zwei, drei trinken kannst von dem Schneider Doppel-Weizenbock, bist du schon ziemlich vorne dabei. Oder, Holger? Also ich schaffe in der Regel nur eins.

Holger: Na ja, du bist ja auch Franke halt.

Markus: Vorsicht! Vorsicht!

Thorsten Schwämmle: Musst da ein bisschen üben mit.

Holger: Ja, ganz genau. Du hast ja wieder nur, ich meine, das war ja auch wieder so schön, da steht da ein Pils vor dir und ein Weißbier, weißt du, und dann versuchst du das irgendwie herzuleiten. Na ja, ihr habt auch schon ein Weißbier und so, dann nehme ich auch ein Weißbier. Nur, dass er kein Pils trinken muss. Du bist halt doch eine …, ich sage lieber nichts.

Markus: Ich mache das schon noch auf, weil ich will da auch noch was übers Etikett erzählen. Aber ich wollte mich eben erstmal über die Weizenschiene der ganzen Nummer nähern.

Thorsten Schwämmle: Vielleicht auch noch was zum Etikett vom Weizenbier. Du hast jetzt beschrieben, so ein bisschen wie ein trojanisches Pferd. Aber was so der Hintergrundgedanke war, also bei unseren Etiketten dreht sich alles ums Thema Zirkus und Rummelplatz. Aber wir kommen natürlich auch aus Stuttgart, was gegründet ist auf dem Stutengarten am Schillerplatz, und von dem her ist das so eine Anlehnung an diese Stuttgarter Stute, die man da sehen soll.

Markus: Ja, jetzt sehe ich sie auch.

Holger: Warum Zirkus? Gibt’s da irgendwie eine Verbindung?

Thorsten Schwämmle: Wegen dem Kraftpaule. Vielleicht muss ich da noch mal eine Sache dazu erklären. Wir hätten in der Paulinenstraße ein Kraftpaule haben sollen, dann hatte ich am Anfang so ein paar Namen vorgeschlagen an die Mitgesellschafter, da war auch Kraftpaule drauf. Kraftpaule fand ich am Anfang ziemlich blöd, weil ich dachte, das könnte auch ein Fitnessstudio sein oder so. Bis ich dann eines Nachts tatsächlich geträumt habe von einem Kraftpaule in so einem Starken-Mann-Outfit auf einem Rummelplatz. Das kann man sich so vorstellen wie einen Monty Python Film mit so einem Ansager „Hier, der Kraftpaule“. Dann bin ich aufgewacht, dachte mir, hey, das ist es, wir müssen so einen Style machen, Kraftpaule, starker Mann, dann macht’s für mich irgendwie Sinn. Deswegen das Zirkus- und Rummelplatz-Thema.

Holger: Nein, sehr gut. Weil das gefällt mir irgendwie, schön. Damit kann man auch so schön spielen. Mein Gott, da kann man Etiketten entwickeln ohne Ende. Da gibt’s gar keine Grenze.

Thorsten Schwämmle: Genau!

Holger: Schön wäre natürlich auch irgendwie, weiß ich nicht, ich meine, den Zirkusleuten geht’s gerade nicht so gut, auch wegen Corona. Das wäre doch auch eine schöne Idee, ihr sucht euch irgendwie einen Zirkus vor Ort und sagt jetzt, alle, die unsere Biere bestellen, was weiß ich, 1 Euro pro Kiste geht als Spende an den Zirkus XYZ. Das wäre doch irgendwie toll.

Thorsten Schwämmle: Das wäre richtig toll, aber ich kann hier noch exklusiv was spoilern, wenn ihr da Lust drauf habt?

Holger: Unbedingt!

Markus: Oh ja!

Holger: Prima! Da sind wir ganz interessiert dran, also was die Welt nicht weiß und nur durch den BierTalk erfährt, das ist natürlich was ganz (unv. #00:21:40.3#)

Thorsten Schwämmle: Das machen wir seit, wie viele Jahre sind es jetzt, es wäre das fünfte Mal gewesen, glaube ich, nächstes Jahr dann zum sechsten Mal, das Craft Beer Festival. Und wir merken schon, dass wir da in so eine bestimmte Richtung wollen. Wir haben aber noch so ein bisschen vor, ein bisschen was Verrückteres zu machen. Deswegen werden wir nächstes Jahr den Bierzirkus machen, Kraftpaules Bierzirkus. Wo wir tatsächlich ein 30-MeterZirkuszelt aufstellen werden in Stuttgart mit Artisten, mit Live-Musik und natürlich mit dem Thema Bier, also eine ganz verrückte Sache, so ein bisschen Mischung aus Freakshow und Bier-Unterhaltung.

Markus: Holger und ich, wir gehen in einen Käfig und sind dann Live BierTalk.

Thorsten Schwämmle: Ja, genau!

Holger: Da müssen wir für dich noch ein schönes Kostümchen überlegen, Markus. Dann werden wir dir noch die Beine rasieren und dann geht’s los. Hahaha!

Markus: Ein Kostümle sozusagen. Ja, Wahnsinn!

Holger: Ein Kostümle, ganz genau.

Thorsten Schwämmle: Die Frau mit dem Bart sein.

Holger: Du könntest auch diese Wahrsagerin sein, wo die Leute hinkommen, und du guckst dann in die Hände und sagst dann, welche Biere denn da so passen würden.

Markus: Mit Tarotkarten kann ich das. Das können wir machen. Falls du noch jemanden brauchst, sag Bescheid, Thorsten.

Thorsten Schwämmle: (unv. #00:22:53.0#)

Markus: Apropos, vielleicht können wir auch noch das Geheimnis lüften, warum habe ich diese beiden Biere hier? Das hat was damit zu tun, dass ihr vor kurzem ein großes Jubiläum hattet, das ihr auch ganz, ganz toll und vorbildlich gefeiert habt. Da durfte ich auch ein Bier mit verkosten. Und im Zuge des Pakets, was man eben da bestellt hat, habe ich diese beiden Biere bekommen. Vielleicht magst du noch kurz was zu dem Jubiläum sagen, was der Anlass genau war und wie du das erlebt hast. Und dann kann ich noch ein bisschen aus der Zuschauersicht was dazu sagen, weil das fand ich wirklich ein ganz, ganz tolles Erlebnis.

Thorsten Schwämmle: Ja, gerne! Wir haben 5 Jahre Kraftpaule gehabt, Jubiläum, und hatten eigentlich ein Jahr davor auch schon gedacht, wir machen unser vierjähriges Jubiläum mit dem Titel „The Future ist now“. Konnten es dann Corona-bedingt nicht feiern und haben dann eben dieses Jahr gesagt, drauf geschissen, wir machen es trotzdem, trotz Corona, und haben dann unsere 5-Jahres-Feier online veranstaltet, haben eine Bierauswahl getroffen von unseren Bieren und eben von Partnern, die wir jetzt schon seit Jahren auch begleiten, und haben dann quasi das gefeiert. Wir haben dann noch mal eben einen Tag gemacht, wo wir gesagt haben, lasst mal weggehen von dem ganzen Craftbier, was wir sonst haben, und lasst mal schauen, was es denn in Deutschland für traditionelle Biere gibt und traditionelle Brauereien, die wir hervorheben können. Und wollten da eben schauen, so eine schöne Auswahl finden von eben traditionellen deutschen Bierstilen. Genau da ist natürlich der Markus als die Bierbibel aus Bamberg der beste Mann dafür gewesen. Da hast du dann auch ein Bier vorgestellt.

Markus: Das stimmt, absolut! Besonders begeistert war ich auch von der kleinen Band, die ihr dabeihattet. Also wirklich, ich habe jetzt ganz viele Online-Events mitgemacht, aber das war mit Abstand das, das am besten rüberkam, als am authentischsten rüberkam, die Musik auch qualitativ wirklich am besten. Da hat es wirklich Spaß gemacht, man war den ganzen Abend vorm Bildschirm gesessen und viele Leute würden denken, das ist total langweilig. Aber das war wirklich richtig schön, die Zeit war schnell vorbei. Und man hatte auch wirklich Lust, gemeinsam diese Biere zu trinken, auch das hat man nicht immer. Das bleibt mir wirklich als absolut tolles und gelungenes Event in Erinnerung. Was man da auch gemerkt hat, vielleicht noch, ist der Punkt, dass du auch als Person unheimlich dafür stehst und auch wirklich sehr herausragst im positiven Sinn. Also wie ist das denn, wenn man so die Gallionsfigur geben muss? War das für dich okay? Warst du schon immer so oder bist du da reingewachsen? Wie lebt’s sich denn damit?

Thorsten Schwämmle: Danke erstmal, dass du das so wahrnimmst. Ich bin da eher immer ein bisschen überreflektiert manchmal. Man mag sich natürlich nicht immer so gerne da sehen und sprechen hören und alles, und deswegen, für mich ist das immer zwiegespalten. Also mir macht das natürlich Spaß, ich komme natürlich auch aus der Musik, also habe auch mal ein paar Jahre professionell Musik gemacht, stand schon immer auf Bühnen, und habe dann natürlich auch Spaß dran. Allerdings jetzt mit einer Gitarre und so auf der Bühne, da fühle ich mich sicherer, als wenn ich jetzt nur sprechen muss. Und mache das aber natürlich gerne und finde es natürlich auch eine spannende Zeit, also fand es eine spannende Zeit, die Corona-Zeit, um einfach dieses Medium Online-Talk, Online-Tasting, mal völlig auszureizen. Also wir haben tatsächlich fast täglich Online-Tastings gemacht, an manchen Tagen auch drei, vier, fünf hintereinander und parallel, weil wir natürlich ganz schnell umgeswitcht sind zu Online-Firmen-Tasting und Weihnachtsfeiern. Und hatten dann auch Gruppen für Fujitsu mit 1200 Leuten et cetera. Also das war schon echt spannend, diese ganzen Sachen zu machen. Ich muss auch sagen, Tag des deutschen Bieres und unser 5-jähriges Jubiläum waren meine zwei absoluten Lieblings-Events.

Markus: Jetzt habe ich noch eine gute Nachricht für den Holger. Ich mache jetzt das Pils auf. Weil das Weizen ist nämlich leer und deswegen machen wir das jetzt. Ich wollte vor allem auch für das Etikett oder von dem Etikett noch ein bisschen erzählen. Da haben wir also eine Figur, die schaut für mich ein bisschen aus wie Eddie The Eagle, wenn das jemand kennt. Steckt aber nicht auf einer Ski-Schanze, sondern in einer Kanone, und die Lunte brennt. Das heißt also, er wird gleich da rausgeschossen. Und vom Gesicht her weiß er, glaube ich, nicht so recht, ob er sich freuen soll oder Angst haben soll. Aber auf jeden Fall steht drunter „Sensationelles Pils“. Bin ich mal gespannt, machen wir es mal auf. Also auf jeden Fall wieder ein Etikett, was echt Lust macht.

Holger: Solange du das aufmachst und einschenkst kann ich nur sagen, also das Logo zum Kraftpaule, da stehts ja dann, auf Facebook steht zum Beispiel, es ist ein Hybrid aus Popeye und Freddy Mercury.

Thorsten Schwämmle: Ja!

Holger: So sieht’s auch wirklich aus. Dann mit dem Motto „Das Leben ist bunt und granatenstark“. Das ist doch wunderbar, wirklich ganz toll. So! Wie schmeckt das Pils? (unv. #00:27:23.9#) genug oder muss ich dir wieder die Hand halten?

Markus: Na ja, ein bisschen. Nein Quatsch! Zum Geschmack bin ich noch gar nicht vorgedrungen, weil ich gerade im Kopf deine Bilder noch verarbeitet habe und mit meinen zusammengebracht habe. Ich glaube, so im Vierergespann mit Freddy Mercury und den anderen ist das wirklich eine sehr, sehr gute Beschreibung. Wobei der Eddie The Eagle mir auch nicht aus dem Kopf geht. Aber jetzt rieche ich nochmal dran. Und da finde ich, ist es jetzt tatsächlich, wie du gesagt hast, Thorsten, das ist jetzt ein eher klassisches Pils, also schöne hopfige und getreidige Noten, wobei das Hopfige natürlich überwiegt. Grasig, leichte Zitrusaromen, und hinten raus kommt dann auch so ein bisschen, ja, Blumenwiese, würde man sagen, aber das ist vielleicht ein bisschen übertrieben, wir haben jetzt 20 Uhr abends oder sowas, kurz vorm Deutschlandspiel, da geht wahrscheinlich ein bisschen die Fantasie mit mir durch. Aber es ist auf jeden Fall eine sehr schön spannende Hopfen-Aromatik für ein Pils, aber es riecht eben sehr klassisch trotz alledem. Jetzt probiere ich mal. Ach Holger, du kannst die Hand wieder loslassen. Das trinkt sich schön. Also sehr weich, sehr rund, von der Bittere präsent, aber nicht überbordend, also wirklich angenehm, auch für einen Franken sehr gut trinkbar. Es hat eine orangige Note hinten raus, finde ich, das ist auch sehr angenehm. Von der Farbe her ist es übrigens so schön, richtig schön sonnengelb, weißer fester Schaum oben drüber. Also ein Bier, was mir sehr viel Freude macht und sehr angenehm zu trinken ist und wirklich auch ein sensationelles Pils. Schön! Wie war eure Idee dahinter, Thorsten?

Thorsten Schwämmle: Die Idee dahinter war, dass nach fünf Jahren Kraftpaule wir im Team irgendwie gesagt haben: Hey! Wir haben richtig Bock auf Pils. Also so richtig, richtig, richtig Lust auf Pils. Das war einfach der Wunsch, dass wir ein gescheites Pils immer dahaben. Deswegen haben wir es gemacht. Also mein Lieblingspils ist oder war immer das Schönramer Pils. Wir mögen auch diese Pilse … sagt man da Pilse, Pilsata, diese Pilsen?

Markus: (unv. #00:29:13.6#)

Holger: Pilsener Biere, würde ich sagen.

Thorsten Schwämmle: … diese Pilsener Biere, die auch sehr bitter sind. Jetzt kommen wir gleich zu wieder Vorstellung und Realität. Ich wollte hier ein Bier machen, was eigentlich ein Single Hop Pils ist. Haben wir auch gemacht, also Hopfenzugabe ist hier viermal Saphir Hopfen gegeben worden, also einmal während dem Brauen, dann bei ein bisschen geringerer Temperatur, dann im Whirlpool und im Lagertank. Und zum Bittern haben wir noch zusätzlich US Warrior Hopfen reingeschoben, weil wir fanden, der passte ganz gut zu dieser Figur, die vorne drauf ist, der Stuntman Pete, der eigentlich angelegt ist an den Evel Knievel, auch so von den Farben und so. Dieses Bier hat tatsächlich 48 Bittereinheiten, also fast 50. Aber das schmeckt man an dem Bier überhaupt nicht. Als es gekommen ist, war ich mir gar nicht sicher, ob ich das weiterhin so haben will, weil für das, wie ich mir das Bier vorgestellt habe, dachte ich eigentlich, ich muss ihm sagen, es muss noch schlanker werden, es muss noch trockener, weniger süß sein, dass diese Bitterkeit noch extremer rauskommt. Aber dieses Bier kam so gut an, also ich habe, glaube ich, an dem Tag, wo es gekommen ist, saß ich mit dem Mitarbeiter Sebastian da und wir wollten eigentlich beide kein Bier trinken und haben dann zusammen eine ganze Kiste getrunken, muss ich ehrlich zugeben, weil es so gut gelaufen ist. Und dann haben wir gesagt: Hey! Dann lassen wir es halt so. Dann ist es halt ein süßliches Pils, aber mit 48 Bittereinheiten.

Markus: Ja, Wahnsinn! Da bin ich jetzt auch überrascht. Gut, ich meine, wenn man jetzt mal eine Zeit lang nicht getrunken hat, dann merkt man schon, dass die Bittere schon intensiv ist und lange nachhängt und auch schön austrocknet.

Thorsten Schwämmle: (unv. #00:30:42.3# trocken?)

Markus: Ja. Aber trotzdem, und ich finde aber, es erklärt sich auch mit dem Hopfen, wenn du das sagst. Weil der Saphir bringt einerseits dieses Kräutrige, Blumige mit, aber eben auch schöne Zitrus- und so Mandarinen-, Orangen-Noten. Und der Warrior geht auch noch mal in die Zitrusecke rein. Also das ist echt eine tolle Kombi. Ja, also Holger, das ist was, was du unbedingt auch probieren solltest.

Holger: Ja, ja, ich bin wirklich schon dabei, hier im Online Store mich kundig zu machen, und da gibt’s ja 12er Bierbox Kraftpaule. Da ist es mit drin. Ich glaube, ich bestelle mir das gleich, wenn wir fertig sind.

Markus: Na, das ist doch eine sehr, sehr gute Idee. Jetzt sind wir sowieso ein bisschen in der Gegenwart angekommen. Schauen wir doch noch ein bisschen nach vorne. Thorsten, wie denn jetzt eure Pläne? Also jetzt mal raus aus der Corona-Geschichte, du hast gesagt, ihr habt schon gegenüber praktisch einen Laden, wo ihr dann einen Bottleshop reinmacht und auch dann aus den Flaschen und Dosen ausschenkt. Wie soll es überhaupt so weitergehen? Was erwartest du dir jetzt auch von den Kunden letzten Endes nach dieser oder am Ende dieser Corona-Zeit, hoffentlich jedenfalls? Wie denkst du, wird es weitergehen? Was plant ihr?

Thorsten Schwämmle: Unsere Pläne sind natürlich wieder vielfältig. Ich weiß eigentlich gar nicht, wo ich anfangen soll. Ich versuche einfach mal, das zu überreißen. Natürlich steht an erster Stelle, das Bargeschäft und auch die Speisekarte wieder voranzutreiben, da nicht müde zu werden, immer eine wechselnde schöne Auswahl zu haben an Bierspezialitäten. Dann wollen wir natürlich hier in unserem neuen Shop, der auch gleichzeitig Tasting-Room wird, weiter vorankommen. Da steht jetzt an quasi, die Konzession zu beantragen für den Ausschank auch. Dann sind wir tatsächlich, das kann ich aber noch nicht verraten, nochmal an einer weiteren Location dran in der Stadtmitte. Da sind wir gespannt, ob da was draus wird. Und dann planen wir natürlich ganz viele Veranstaltungen wie den Bierzirkus im nächsten Jahr und haben also alle Hände voll zu tun, da was zu machen. Was natürlich auch noch wichtig ist, unser Online-Shop, den tun wir auch gerade neu gestalten. Falls Holger da drauf ist, er kann es bestätigen, da gibt’s nicht nur Kraftpaule Bier, sondern auch ganz viele internationale Bierspezialitäten. Wir haben viele tolle Packages, neue Releases von Frau Gruber, von Mikela, Sudden Death. Wir versuchen da wirklich, unsere Wegbegleiter auch in den Online-Shop mitzunehmen und in den Bottleshop dann und da weiter voranzukommen einfach.

Holger: Ich bin oft in Karlsruhe, nicht so häufig in Stuttgart, aber wenn ich in Stuttgart bin, komme ich vorbei und dann gucke ich es mir an.

Thorsten Schwämmle: Sehr gerne!

Markus: Dann sagen wir dir auf jeden Fall vielen, vielen Dank für diesen spannenden Talk und für die tollen Bier, drücken dir die Daumen, dass das alles gut läuft und gut funktioniert, und hoffen, dass wir uns dann bald mal in Stuttgart sehen im Kraftpaule und gemeinsam anstoßen können.

Thorsten Schwämmle: Ich danke euch, dass ich dabei sein durfte. Es freut mich auch, wenn die Biere gemundet haben und die auch ein bisschen mehr so in den Mittelpunkt rücken. Man nimmt uns oft nur als Bar wahr, aber ich finde, unsere Biere kann man mittlerweile auch ruhig einem größeren Publikum bekannt machen. Da freue ich mich drauf, immer auch Feedback zu bekommen, wie es denn geschmeckt hat.

Holger: Und ich freue mich auf mein Paket, das ich gerade bestellt habe. Da werde ich noch mal an diesen schönen BierTalk zurückdenken und freue mich schon auf den Besuch bei dir vor Ort. Danke sehr!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 25 – Interview mit Jörn Gutowski, dem Gründer von Try Foods aus Berlin, im Podcast „Geschmackssache“

2016 stellte Jörn Gutowski seine Idee der Foodverkostungen in der Fernsehsendung „Die Höhle der Löwen“ vor und erhielt gleich drei Angebote für ein Investment in seine Firma. Am Ende entschied er sich, doch lieber ohne Partner auf seine Reise in die Genusswelt zu gehen und bietet seitdem nun verschiedenste Verkostungspaket zum Entdecken von Geschmack und Genuss an. In einem eigenen Podcast mit dem schönen Namen „Geschmackssache“ spricht Jörn regelmäßig mit Interviewpartnern über verschiedenste Gaumenfreuden – und hatte im Mai 2021 auch Markus Raupach zu Gast. Diese Folge bieten wir Euch hier als Special zum Nachhören an, wir wünschen viel Spaß und bierige Erbauuung!

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Special unseres Podcasts BierTalk. Heute präsentieren wir euch eine Podcast-Folge, die ursprünglich im Podcast „Geschmackssache“ von Jörn Gutowski ausgestrahlt worden ist. Darin hat sich der Gründer von TRY FOODS mit unserem Gründer Markus Raupach unterhalten und vor allem noch mal über die Hintergründe von Bier und über die Wirkung der einzelnen Rohstoffe im Gersten- oder Weizensaft gesprochen. Vielleicht ist euch Jörn auch noch ein Begriff aus der Sendung „Die Höhle der Löwen“. Dort nämlich konnte er gleich drei von den Sponsoren überzeugen, in sein Unternehmen zu investieren. Jetzt wünschen wir euch viel Spaß mit dieser spannenden Podcast-im-Podcast-Folge und freuen uns dann bald wieder auf euch im BierTalk.

Jörn Gutowski: Ihr seid bei Geschmackssache, dem neuen Podcast von TRY FOODS. Willkommen zur neuesten Ausgabe von Geschmacksache, dem Podcast von TRY FOODS. Zugegebenermaßen habe ich mir für diese 22. Folge etwas mehr Zeit genommen, aber dafür gehe ich auch ein großes Thema an, und zwar das urdeutsche Getränk Bier. Über Bier spreche ich mit Markus Raupach, einer der deutschen Bierexperten. Er wurde unter anderem zu den 50 bedeutendsten Bierpersönlichkeiten Deutschlands gewählt. Markus versteht es wirklich, sehr fundiert, verständlich und sympathisch über das Getränk Bier zu sprechen. In den ersten knapp 30 Minuten sprechen wir beide vor allem über die Bierszene, die Bierlandschaft in Deutschland. Und dabei räumt Markus auch mit einigen Klischees, die auch in meinem Kopf waren, auf. Ab Minute 28 geht es dann wirklich um das Getränk Bier. Wir sprechen über Hefe, wir sprechen über Hopfen und wir sprechen über Malz. Ich finde, in einer Art und Weise, wie man einfach das Getränk besser verstehen kann, wie entsteht Geschmack. Alles das erfahrt ihr wie gesagt ab Minute 28. Jetzt aber erstmal viel Spaß beim Zuhören und macht euch doch einfach ein kühles Bier dazu auf.

Ich freue mich jetzt riesig, hier mit Markus Raupach virtuell zu sitzen und gemeinsam über Bier zu sprechen. Markus, vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast.

Markus: Wunderbar, auch vielen Dank! Ich bin schon ganz gespannt auf deine Fragen.

Jörn Gutowski: Wunderbar! Ich habe auch viele Fragen und wir wollen heute dieses wunderbare Thema Bier mal komplett umreißen und das für alle Leute erklären. Ein kleines Ziel, was ich mir gesetzt habe hier.

Markus: Ambitioniert, aber wird schon gehen.

Jörn Gutowski: Na, wir schauen mal. Wie gesagt, ich freue mich. Markus, erstmal zu dir, ich habe natürlich ein bisschen recherchiert auch und man findet da eine riesige Liste von Dingen, die du machst. Ich habe da unter anderem gefunden, du bist Dozent, du bist Autor, du bist Verleger, du bist Berater, Historiker, Sommelier, Sommelier-Ausbilder. Ach, was habe ich vergessen? Du machst so viel.

Markus: Ach Gott, da kommt im Leben einfach viel zusammen. Aber es dreht sich einfach alles rund um Genuss und im Großteil natürlich rund ums Thema Bier. Ich denke, für mich sind es so drei entscheidende Bereiche. Das eine ist einfach, mit Leuten Spaß beim Bier haben. Das können eben Veranstaltungen sein, Verkostungen, Biermenüs, Food Pairings oder so. Dann natürlich die Leute ausbilden, weiterbilden, also das heißt eben, Sommeliers ausbilden oder auch selber zum Beispiel Podcasts machen, Bücher schreiben, alles was da dazugehört. Und als drittes dann halt die professionelle Schiene, das heißt als International Beer Judge auf der ganzen Welt unterwegs zu sein, um eben Biere zu bewerten und andere auch zu beraten, Brauereien auch zu beraten. Also so im Grunde dieser ganze Kontext. Das Business ist ja nicht so groß.

Jörn Gutowski: Okay, aber sehr viele Sachen. Und wie du auch schon gerade angesprochen hast, wir sprechen natürlich heute über Bier. Aber du kümmerst dich nicht nur um Bier, sondern eben, du bist auch Käsesommelier, Spirituosensommelier. Das finde ich superspannend, dass du nicht nur auf ein Thema dich beziehst, sondern auch noch in andere Bereiche reinschnupperst und dort arbeitest. Aber da vielleicht mal, weil es scheint auf jeden Fall Bier den Fokus zu haben. Was vielleicht an Bier fasziniert dich so sehr, dass das sozusagen dein Fokus ist gegenüber vielleicht auch anderen Produkten?

Markus: Es ist halt so, Bier war letzten Endes die Wurzel des Übels sozusagen. Das ist natürlich auch das, wo die Faszination herkommt, weil wenn man hier in Bamberg groß wird, das ist praktisch so einer der zentralen Punkte des Themas Biers auf der Welt. Also hier in Franken gibt’s einfach unheimlich viele Brauereien, die unheimlich viele Biere machen, die seit 400, 500, 600, 700 Jahren existieren. Hier ist die Heimat des untergärigen Bieres, hier wird einfach die Kultur noch entsprechend gelebt. Die Menschen gehen am Nachmittag im Sommer in den Biergarten, auf den Bierkeller sagen wir, und verbringen dort ihre Zeit bei einem frischen, kühlen Bier. Das ist ganz normal, und so bin ich natürlich aufgewachsen. Und dann kommt man gar nicht umhin, als mit dieser Genusskultur irgendwie dann in Berührung zu kommen. Ich habe dann meine eigene Werbeagentur gegründet in den 90ern, und natürlich waren da viele Brauereien und Gastronomen Kunden, und so kam da natürlich das Private irgendwie zum Geschäftlichen. Dann haben wir halt gesagt, dann machen wir auch mal Bücher und dann ist eben so der erste Kneipenführer entstanden. Und dann war die erste Leserzuschrift: Das mit den Kneipen ist ja ganz schön, aber euer letztes Kapitel mit den Brauereien und mit den Biergärten, das ist toll. Macht doch da mehr. Und daraus wurden dann eben Brauereiführer, Bierkellerführer für Franken und später dann für andere Regionen. So hat sich das dann weiter entsponnen. Natürlich war es dann auch so mit dem Thema Genuss, es ist eben nicht nur das Bier, und um mich da weiter zu entwickeln, habe ich ganz bewusst gesagt, dann möchte ich andere Bereiche auch kennenlernen. Und so kamen dann die anderen Gebiete quasi automatisch dazu.

Jörn Gutowski: Wir wollen über Thema Bier sprechen und da meine erste Frage wäre einfach mal so ganz allgemein: Was zeichnet für dich ein gutes Bier aus? Was macht ein Bier zu einem guten?

Markus: Das ist im Grunde ganz einfach: Das ist das Bier, das derjenige, der es trinkt, in dem Moment, wo er es trinkt, an dem Ort, wo er gerade ist, am liebsten hat. Also ganz einfach im Grunde, da kann man auch gar nicht groß mit Qualität und so weiter rummachen, sondern im Grunde ist Bier ein Getränk, das einfach schmecken soll, das passen soll. Man sieht auch an den Bieren, die letzten Endes am besten verkauft werden, dass die genau in diese Kerbe schlagen. Also das ist auf jeden Fall ein gutes Bier. Und natürlich gibt es dann für Leute, die darüber hinaus besondere Ansprüche haben ans Aroma, an den Alkoholgehalt, an die Exklusivität oder sonst irgendwas, für die gibt’s dann natürlich noch andere Qualitätsmerkmale. Aber im Prinzip, wie gesagt, ist ein gutes Bier das, was ich gerne trinke.

Jörn Gutowski: Also in the Eye of the Beholder sozusagen.

Markus: Absolut!

Jörn Gutowski: Kannst du das für dich sagen, hast du denn irgendwie was, wenn du jetzt ein Bier trinkst, dass du dann sagst, was macht das, dass du sagst, ah, das ist ein gutes Bier für mich in dem Moment?

Markus: Wie gesagt, das kommt ein bisschen auf die Situation an. Aber wenn ich jetzt ganz normal eben bei uns im Biergarten sitze, dann muss es einfach ein Bier sein, das die schöne englische Eigenschaft, die Drinkability hat. Dafür gibt’s noch kein deutsches Wort, einfach, dass es …, doch, ein fränkisches Wort gibt’s schon, man sagt einfach, das Bier läuft. Also ein schönes Bier, was schön ausgewogen ist zwischen Malz und Hopfen. Ich persönlich bin natürlich als Bamberger eher so ein Freund der malzbetonten Biere, natürlich auch der Rauchbiere, das ist ja bei uns Zuhause. Und dementsprechend wären das so die Biere, wo ich jetzt aus dem Bauch raus sagen würde, gut, da wird man mich immer damit abholen können, mit einem schönen Rauchbier, mit einem schönen Dunklen, mit einem Rotbier, weil das einfach so ein Wohlfühlbier ist, wo ich auf jeden Fall eigentlich immer gut zuhause bin.

Jörn Gutowski: Wir werden nachher auch noch drüber sprechen über diese Themen: Was macht eigentlich Malz? Was macht eigentlich Hopfen? Was ist denn Rauchmalz? Da gehen wir gleich noch darauf ein. Weil mir war das früher auch nicht so klar. Ist es denn bei dir so, dass du Bier unterschiedlich trinkst, je nachdem, ob du es privat trinkst, oder, wie du schon sagtest, du bist auch Judge bei internationalen Bierwettbewerben, trinkst du da denn anders?

Markus: Absolut! Man muss auch das für sich ganz klar ziehen. Also erstens hat sich mein privates Trinkverhalten enorm verändert. Einmal in der Hinsicht, dass ich privat fast nichts mehr trinke oder wenig zumindest, weil ich beruflich relativ oft trinken muss. Und man muss einfach beim Thema Bier genauso wie beim Thema Spirituosen oder so einfach mit dem Alkohol aufpassen. Das ist für uns ein ganz, ganz wichtiges Thema auch in der Ausbildung zum Beispiel, in der Beratung, und dementsprechend versuche ich da für mich selber wirklich jetzt auch ganz klare Grenzen zu setzen und jetzt nicht zu sagen, ich setze mich jeden Abend hin und haue mir meine zwei, drei Bierchen rein. Das hat sich auf jeden Fall verändert. Ist aber auch gut so. Und was sich vielleicht auch ein bisschen zum Schlechten verändert hat, je mehr man natürlich über Bier weiß und je mehr man weiß, wo zum Beispiel dann auch wirklich ein Produktionsfehler oder sowas liegt, umso weniger will man so ein Bier dann austrinken. Also das passiert mir dann schon auch mal, dass ich in der Gastronomie bin und merke, na ja, das ist jetzt ein nicht ganz so gelungenes Exemplar. Das hätte ich früher wahrscheinlich ausgetrunken, heutzutage lasse ich es dann einfach zurückgehen. Ohne irgendwie arrogant zu sein, also ich halte denen dann keinen Vortrag oder so, sondern ich bestelle halt einfach was anderes. Das ist etwas, wo ich einfach bewusster auch trinke und bewusst sage, gut, etwas, was ich jetzt nicht mag oder wo halt einfach was schiefgegangen ist, das muss ich dann nicht nur austrinken, weil ich es bezahlt habe, sondern das trinke ich halt dann eben nicht.

Jörn Gutowski: Wie ist denn das bei dir im Freundeskreis? Ist es denn so, oh mein Gott, jetzt kommt der Markus, jetzt können wir nicht das normale Bier aus dem Supermarkt kaufen? Oder, wenn man sich sonst trifft, dann, oh, jetzt, der Markus wird aber ein anderes Bier erwarten? Kann das auch schwieriger sein?

Markus: In gewisser Weise schon, wobei es sich einfach eingebürgert hat, nachdem ich relativ viel Bier einfach zu Hause habe, von Veranstaltungen oder von Brauereien, die mir irgendwas zuschicken oder so, dass ich meistens bei dem Treffen mit Freunden das Bier einfach selber mitbringe und wir dann immer irgendwelche Sachen probieren, die die in der Regel auch noch nicht kennen. Das ist dann oft einfach sehr spannend. Aber auch nicht das abendfüllende Thema, sondern da wird einfach mal ganz kurz gesagt, heute habe ich das und das mitgebracht und das ist so ein bisschen besonders und dann trinken wir das. Aber wir machen natürlich unseren ganz normalen, schönen Abend und machen da keinen Biervortrag draus. Aber das ist in der Tat so. Und ansonsten, natürlich wissen meine guten Freunde schon auch, was ich gerne trinke, und dann haben die im Zweifelsfall, wenn ich das Bier mal nicht selber mitbringe, ein schönes Kellerbier oder ein Rauchbier auch zu Hause und wissen, dass ich mich da wohlfühle.

Jörn Gutowski: Das sind schon ein bisschen Stichworte in Richtung, was ich gerade so schon angesprochen habe, so diese Themen, oder du sagtest auch besondere Biere, und die Bierindustrie, da hat sich einiges getan in Deutschland in den letzten vielleicht 5, 10 Jahren, dass die Vielfalt wieder größer geworden ist. Es scheint da auch so ein bisschen unterschiedliche, was heißt, Lager, aber es gibt diese großen Industrie- oder Fernsehbiere, die man nennt, es gibt diese kleineren Brauereien, die eher die Spezialitätenbiere machen und lange Tradition oft haben und regional sind. Und dann diese Strömung, vielleicht dieser jungen innovativen Biere, die oft mit dem Begriff Craftbiere bezeichnet werden, da passiert ja einiges. Wie würdest du vielleicht so kurz den aktuellen Stand, also jetzt mal ohne Corona vielleicht, weil das natürlich noch mal was Besonderes ist, aber vielleicht kurz vor Corona, wie siehst du so den Stand der Bierindustrie in Deutschland, der Bierlandschaft?

Markus: Kurz ist gar nicht so einfach, aber ich versuch‘s mal so kurz wie möglich. Also ganz grundsätzlich sage ich immer, es ist ein bisschen wie beim Fußball. Wir haben 80 Millionen Bundestrainer in Deutschland und wir haben natürlich auch 80 Millionen Biersommeliers. Dementsprechend hat da auch jeder seine privaten Ideen und Einstellungen und Meinungen und Voreingenommenheiten gegenüber bestimmten Bieren oder Brauereien. Man merkt das immer, wenn man mit den Leuten dann mal blind Biere verkostet, ohne dass sie wissen, was da im Glas ist. Dann sind die Erkenntnisse oft sehr erstaunlich, was ihnen dann doch schmeckt, wo sie früher gedacht haben, das würden sie im Leben nie trinken. Insofern muss man da sehr aufpassen zwischen Meinungen und Vorurteilen und wirklichen Fakten zu unterscheiden. Fakt ist jedenfalls, es gab schon immer eine große Vielfalt an Bieren in Deutschland und es gibt sie natürlich immer noch. Wir haben so um die 7000, 8000 verschiedene Biere, die man bei uns im Land trinken kann. Das ist wirklich international mit an der Spitze. Das sind natürlich mehrheitlich klassische Bierstile, die es auch vor 20, 30 Jahren schon gab, aber die werden jetzt insgesamt von mehr Brauereien gemacht und werden ein bisschen experimenteller auch mit neueren Rohstoffen, anderen Rezepturen, ein bisschen anderen Verfahrensweisen und so hergestellt und bieten dann insgesamt eine größere Bandbreite. Wenn man die Brauereien so ein bisschen auffächert, dann ist es in der Tat so, es gibt schon die ganz großen Brummer, das sind so, was weiß ich, 10, 20 Brauereien in Deutschland, die zwar in der Regel immer noch Familienbetriebe sind, aber halt Ausstoß siebenstellig in Hektolitern haben. Das ist dann schon richtig viel. Und dann gibt’s …

Jörn Gutowski: Wahrscheinlich auch so – sorry – so zwei Drittel des Marktes schon auch?

Markus: Ja natürlich, die machen einen sehr großen Teil des Marktes aus. Ist jetzt aber auch nicht schlimm. Ich muss immer ehrlich gesagt sagen, man kann doch niemandem einen wirtschaftlichen Erfolg vorwerfen. Jeder kleine Brauer in Deutschland wer heilfroh, wenn er 4 Millionen Hektoliter verkaufen würde. Würden die sofort machen. Wenn ich sage, hier, wünsch dir was, du darfst ab morgen solche Umsätze haben, würden die sofort sagen, mach ich. Also dementsprechend, es gibt auch einen Grund, also die Leute kaufen das. Das ist nicht so, dass die Leute bewusst sagen, ich will mir jetzt ein Bier kaufen, was ich gar nicht kaufen will. Sondern sie gehen mit unterschiedlichen Gründen eben in die Läden und kaufen das. Insofern kann man das weder der Brauerei vorwerfen noch dem Konsumenten. Solange alle damit glücklich sind, ist das völlig okay. Letzten Endes ist es so, es gibt auch einen Anteil eben von kleineren mittelständischen Brauereien, die irgendwo, sagen wir mal, zwischen 20.000 und 50.000 Hektoliter im Jahr produzieren. Das ist dann eben so eine kleine Brauerei wie sie in Bayern oder in Franken eigentlich üblich ist. Die haben aber auch bodenständig ihre Kundschaft und bodenständig ihre Sorten, die sie seit Jahrhunderten bedienen. Und die sind auch völlig okay, machen tolle Biere. Qualitativ gibt’s da natürlich Schwankungen, logisch, aber das muss deswegen nicht heißen, dass die Brauerei schlecht ist, sondern ist halt einfach anders. Dann gibt’s noch die, sagen wir mal, Jungen, wie du sie jetzt genannt hast, wobei jung ist da vor allem das Gründungsdatum. Die Altersstruktur ist da mittlerweile auch schon so ein bisschen durcheinander gewürfelt. Weil los ging das eigentlich so in den 90ern mit den ersten Gasthausbrauereien, und dann hat 99 der Oli Lemke in Berlin zum ersten Mal so diese Craftbiere, wie man das heute so sehen würde, gebraut, und hat dann aber erstmal Schiffbruch erlitten. Und 2007 ging es dann eigentlich erst so richtig in Deutschland los. Der Marktanteil ist in Deutschland vielleicht bei einem halben Prozent, maximal einem Prozent, und stagniert auch, insofern. Es ist auch die Frage: Was macht diese Biere besonders? Eigentlich ist es die Herkunft aus relativ jungen Unternehmen und vielleicht auch eine etwas kreativere Rezeptur. In der Regel ist es aber trotzdem zum Beispiel nach dem Reinheitsgebot und in der Regel sind das auch gelernte gestandene Braumeister, die also schon wissen, was sie tun. Da merkt man auch, dass gerade die dann auch entsprechenden Erfolg haben.

Jörn Gutowski: Ich kann natürlich immer nur aus der Berliner Blase ein bisschen sprechen. Ich kann mir vorstellen, dass Berliner auch noch anders ist als der Rest Deutschlands, als viele andere jetzt auch kleinere Städte. Hier ist und war das Thema Craftbier sehr groß, auf jeden Fall seit den letzten fünf Jahren. Ich hatte aber das Gefühl, dass am Anfang sehr viel Dynamik da war und gefühlt war, jetzt passiert hier richtig was, hier ist richtig eine Entwicklung, die nehmen wirklich auch ein Stück vom Markt ein. Und aus meiner Sicht, ich bin mal gespannt, was du sagst, ist das Gefühl, dass da auch eine Stagnation ist oder dass diese Entwicklung oder diese Dynamik, die am Anfang da war, nicht mehr so da ist.

Markus: Ja, sagen wir so, es ist also auch da wieder, man muss unterscheiden zwischen der persönlichen Wahrnehmung und der Realität.

Jörn Gutowski: Ja genau! (unv. #00:16:20.6#)

Markus: De facto ist es so, dass die Craft-Brauer gerade in Berlin einfach relativ laut sind und auch die Medienszene das sehr, sehr gerne aufgenommen hat und deswegen die natürlich in der Wahrnehmung 80, 90 % der Kommunikation ausgemacht haben. Was aber nicht bedeutet, dass sie das beim Umsatz gemacht haben. Sondern das ist genauso das Thema, ich meine, ich habe die Berliner Brauereien von Anfang an begleitet, der Oliver Lemke ist zum Beispiel ein sehr guter Freund von mir, und ich mache heute auch immer noch sehr, sehr viel gerne mit der Brauerei zusammen. Und habe 2010, war das glaube ich, den ersten Brauereiführer für Berlin überhaupt geschrieben, wo alle Brauereien mal zusammen waren. Damals waren es immerhin schon 25, davon gab es dann eine zweite Auflage vor ein paar Jahren, da waren es, glaube ich, 30. Also auch da ist es für eine Stadt an sich eine große Zahl, wenn man es aber mit den Einwohnern natürlich teilt, dann ist es gar nicht so viel. Es sind sehr, sehr viele kleine Läden, die vor allem so ihre kleine Blase wieder haben. Und dementsprechend funktioniert das immer ganz gut, wenn der Brauer seine 20 Freunde hat, die seine Biere immer trinken und die geben ihm natürlich immer die beste Rückmeldung und danach wollen sie aber wieder was anderes. Und das ist genau der Punkt, weswegen der Brauer nicht wirklich auf die Beine kommt, weil er keine Konstanz reinbekommt, also irgendeine Cashcow hat, wo er sagt, von dem Bier verkaufe ich mal eine gewisse Menge und damit kann ich meinen Laden finanzieren und dann kann ich noch mit anderen Bieren vielleicht ein bisschen für mein Image, für Spaß, für andere Dinge sorgen. Dementsprechend ist das dann auch immer so ein bisschen an der Grenze zwischen Hobby und wirklichem Wirtschaftsunternehmen. Das haben jetzt gerade in der Corona-Zeit viele auch ein bisschen zu spüren bekommen. Aber nichtsdestotrotz, es gibt in Berlin wirklich ganz, ganz tolle neue Brauereien, also auch da wieder, ich habe sie alle interviewt, ich kenne sie alle, mag die auch wirklich alle gerne. Da ist keiner dabei, wo ich sagen würde, das sind irgendwie komische Menschen. Insofern, es macht total Spaß, diesen Enthusiasmus auch zu erleben, die Freude zu erleben, den Pioniergeist, den die auch oft haben. Ich meine, was mir auch ein bisschen aufgefallen ist, vielleicht an der Stelle, es gibt da natürlich auch schon so einen Generationenwechsel. Also es gibt die ersten, wie eben den Oliver Lemke oder den Thorsten Schoppe oder den Philipp vom Hops & Barley oder so, die waren am Anfang und die sind für die Craftbier-Nerds, die jetzt aktuell unterwegs sind, eigentlich schon wieder ein ganz alter Hut, also interessiert eigentlich keinen mehr, sondern die gehen jetzt, was weiß ich, zum Motel Beer oder zu anderen neuen Brauereien.

Jörn Gutowski: (unv. #00:18:39.3#)

Markus: Genau! Das bedauern die anderen auch ein bisschen, weil sie sagen, Mensch, wir haben doch das Thema eigentlich etabliert, wir sind doch die Pioniere, wir machen natürlich tolle Biere, wir sind immer noch da. Und ihr nehmt uns gar nicht wahr. Das sind auch so Punkte, ist alles relativ und deswegen habe ich eben so eine sehr enge Beziehung zu Oliver Lemke, weil ich glaube, dass der einer der wenigen ist, die das wirklich gut machen. Also die einerseits wirklich eine tolle Bierheimat für Leute geben, die einfach ein schönes Berliner Bier wollen, und zwar ohne massiven Alkohol und Riesenhopfen und sonst irgendwas. Aber er hat eben auch eine super Palette an tollen Bieren, die dieses ganze Craftbier-Klavier spielen, bis hin eben zu Berliner Weissen, wo er sehr experimentierfreudig ist. Und man kann da immer hingehen, man bekommt immer Topqualität und man kann immer wieder neue Gebiete erkunden und erforschen. So würde ich es mir eigentlich bei den meisten anderen auch wünschen. Ich glaube, dann hat es auch wirklich einen Erfolg. Das sieht man auch an anderen Beispielen, die es so in Deutschland außerhalb von Berlin gibt.

Jörn Gutowski: Vielleicht so als letztes für mich, ich weiß nicht, ob du da zustimmst, aber für mich war diese Entwicklung in den letzten Jahren ein Stück weit so, dass es Leute gab, die Einflüsse aus dem Ausland hatten, wo viel passiert ist, wo sowohl wieder eben Biere, dieses ganze Thema mehr Geschmack ins Bier, Kreativität, mit neuen Bierstilen experimentieren, und dass es vielen Leuten hier in Deutschland gefehlt hat. Weil gefühlt deutschlandweit große Marken, vor allen Dingen der Pils-Stil eigentlich alles beherrscht hat, und die großen Marken natürlich große Wirtschaftsunternehmen sind, die gutes Bier machen, aber natürlich sehr genau schauen, wieviel Hopfen benutzen wir et cetera, also eher schlankere Biere vielleicht machen, vielleicht ein bisschen weniger Geschmack drin. Und dass es dann eben einmal auf der einen Seite diese Craftbier-Entwicklung gab, wie gesagt, wir wollen wieder mehr Geschmack in den Bieren haben, vielleicht auch in den bekannten Bierstilen, aber gleichzeitig auch noch innovative kreative Bierstile, internationale Bierstile, wie sowas wie Indian Pale Ales, Stouts et cetera nach Deutschland bringen. Also im Endeffekt so ein bisschen das Gefühl, dass sie gleich zwei Ziele hatten. Und die Frage ist, ob die vielleicht damit auch zu viel gewollt haben? Während man sagen könnte, es gibt diese kleinen regionalen Brauereien, die vielleicht immer schon eher die traditionellen Bierstile der Deutschen gemacht haben, aber eben auch mit mehr Geschmack, wo mehr drin war, handwerklicher gemacht. War das vielleicht auch zu viel gewollt von der Craftbier-Szene da zu viel zu wollen?

Markus: Kommt drauf an. Ich finde, wenn du dir vielleicht das dann beim Podcast-Anhören nochmal anhörst, was du gerade gesagt hast, dann merkt man natürlich, dass das Marketing der Craft-Brauer da einen guten Job gemacht hat. Weil im Grunde hast du die Geschichte, die sie gerne erzählen, auch gut wiedergegeben. Aber das ist eben auch nur die eine Hälfte von der Wahrheit.

Jörn Gutowski: Nein, super, deswegen sitze ich mit dir hier. Ich habe natürlich, ich bin sehr viel in Berlin mit meiner Firma natürlich eher auch in Kontakt, klar, mit kleineren, auch mit (unv. #00:21:43.2#) Brauern. Das ist natürlich eher die Szene, wo ich unterwegs bin. Deswegen ist das sehr gut, genau die andere Seite.

Markus: Klar! Wobei ich absolut natürlich nochmal betonen will, ich bin jetzt bestimmt nicht der Anwalt der Großbrauereien. Also das garantiert nicht, ich lebe hier unsere Vielfalt in Franken und bin da heilfroh und hatte mal einen ganz schlimmen Geburtstag im Sauerland, wo ich da eine große Brauerei beraten habe, und musste an diesem Tag dort sein und wollte einfach nur an meinem Geburtstag abends ein gutes Bier trinken und bin leider erfolglos geblieben. Insofern, natürlich ist das etwas, was mir am Herzen liegt. Aber trotzdem muss man natürlich bei der Wahrheit bleiben. Und Fakt ist, es ist nicht so, dass die deutschen Biere vorher geschmacklos waren. Das nicht, sondern sie haben sich nach dem ausgerichtet, was die Leute gerne wollten. Ich glaube auch nicht, dass es so war, dass hier Millionen von Menschen waren, die nur danach geschrien haben, jetzt plötzlich superaromatische Biere zu bekommen, sondern sie haben mit an der Weltspitze Bier konsumiert und tun das heute auch noch und sind auch nicht alle umgestiegen auf die anderen Biere. Sondern es ist einfach so, dass diese Entwicklung von der Craftbier-Idee aus Amerika, wo es tatsächlich so war, dass es eine Gegenbewegung war gegen das Mainstream-Bier, sage ich mal, aber vor allem war es eine Hobbybrauer-Bewegung. Das wissen die meisten Leute auch nicht, das Hobbybrauen war einfach verboten bis 1979 und wurde dann erst wieder erlaubt. Das hat dann diese Welle an neuen Brauereien überhaupt erst ermöglicht. Und die haben natürlich alle experimentiert. Da hat sich keiner jetzt einen Spaß draus gemacht, ein Budweiser genau nach zu brauen, sondern die wollten natürlich bewusst was anderes machen. Deswegen kam da natürlich dann entsprechend dieser Enthusiasmus und der Erfolg bei der ganzen Geschichte. Man muss auch sagen, wenn wir jetzt von einem India Pale Ale oder von einem Stout oder von sowas sprechen, man muss nur mal nach England reisen, in einen ganz normalen britischen Pub gehen, da merkt man, das sind eigentlich auch ganz normale Biere. Also ein Pale Ale oder ein India Pale Ale in einem Pub in England als Real Ale unterscheidet sich kaum von dem, was wir hier in Franken als Kellerbier oder Pils irgendwie in einer Brauereigaststätte serviert bekommen. Sondern dieses Extreme, was jetzt Hopfen-Aromatik oder was zum Beispiel den Alkoholgehalt angeht, das ist auch etwas, was erst diese Craft-Brauer in Amerika dann bewusst gemacht haben, um diese Bierstile zu intensivieren, besonders zu machen, sich natürlich gegenseitig auch so ein bisschen zu kitzeln, an der Ehre zu packen, wie kriege ich denn so viel Aroma und so viel Unterschied wie möglich in mein Bier. Und das ist dann rüber geschwappt und ist dann auch zuerst in Europa mal da angekommen, wo Leute für sowas am sensibelsten sind, nämlich in Italien. Das weiß auch fast niemand. Und das ist auch spannend, also die Italiener haben das aufgegriffen und haben dann damit selber experimentiert, dabei zum Beispiel das Glas entwickelt, das jeder in Deutschland mittlerweile kennt. Dieses Teku Glas haben zwei Italiener entwickelt für ein belgisches Klosterbier, für das Orval. Daher kommt auch der Name. Das sind einfach so Punkte und dann hat das den Rest Europas erfasst, auch erstmal England zum Beispiel, und ist dann erst so nach und nach in Deutschland reingetröpfelt. Und war hier dann auch keine Gegenbewegung, also vielleicht manchmal eine selbsternannte Gegenbewegung. Aber man ist doch auf einen Biermarkt gestoßen, der eigentlich solide war und wo 99,9 % der Leute mit dem Bier, was da war, grundsätzlich mal zufrieden waren. Man musste natürlich ein bisschen Überzeugungsarbeit leisten, das hat man auch gemacht. Und man merkt auch dann an der Entwicklung, wenn man das so sieht, also ich übertreibe jetzt ein bisschen, aber es war so, man ist dann erstmal rausgegangen als Craft-Brauer und hat den Leuten erzählt: Vergesst euer Pils, vergesst euer Helles, das ist alles irgendwie Mist, ihr müsst ein IPA trinken, das ist der neue geile Scheiß und das muss jetzt getrunken werden. Dann hat man das den Leuten eingebläut, viele haben das probiert, haben dann festgestellt, das ist mir vielleicht zu intensiv. Wenn man überlegt, Lieschen Müller hat für ihren Mann samstagnachmittags zur Bundesliga normalerweise vielleicht eine Flasche Pils gekauft, jetzt hat sie eine Flasche IPA gekauft, gießt das dem dann in sein Glas rein, reicht es ihm hier zum Fußball gucken und dann trinkt er einen Schluck und spuckt‘s sofort wieder aus.

Jörn Gutowski: Genau, weil man es nicht erwartet.

Markus: Und sagt, mit dem Kraftbier brauchst du mir nicht mehr kommen und so. Also da ist einfach viel Porzellan auch kaputtgemacht worden. Das Interessante finde ich, das ist jetzt eigentlich das, wohin ich eigentlich will, wenn man dann sieht, wie die Craft-Brauer darauf jetzt reagiert haben, als sie gemerkt haben, mit diesen extremen IPAs und was weiß ich, Stouts, kommt man nur bedingt weiter, dann haben sie plötzlich selber angefangen, jetzt eben ein Craft-Pils, ein Craft-Helles, ein Craft-Dunkles zu brauen, was sich oft gar nicht so sehr unterscheidet von dem, was es sonst im Land gibt, außer vor allem im Preis. Und da kommen die natürlich auch in deutliche Erklärungsnöte. Wobei ich jetzt nicht sagen würde, dass die zu viel verlangen, mit den kleinen Strukturen produzieren sie einfach teurer, aber es ist natürlich schwierig, wenn so ein Augustiner Hell im Regal steht und ist einfach das Benchmark-Bier für den Bierstil und dann stelle ich halt meins daneben und es kostet 5-mal so viel. Das muss ich dann Leuten überhaupt erstmal erklären. Das sind alles so Sachen, in denen sich das Ganze bewegt. Insofern wie gesagt, ich habe die jungen Brauer alle ins Herz geschlossen und unterstütze sie, wo es geht, aber es ist eben kein leichter Markt und es ist auch nicht wirklich eine Revolution, die man sich vielleicht gewünscht hätte.

Jörn Gutowski: Ich finde es ja richtig, also ich bin auch nicht so ein Typ schwarz-weiß, und diese Verteufelung jetzt zu sagen, also was soundso viel Hektoliter ausstößt, ist automatisch schlecht und die sind nur die Guten und die sind die Bösen. Das finde ich auch richtig. Ich habe tatsächlich auch mit Oli Lemke, du hast ja vorhin auch viel über ihn geredet, ich weiß gar nicht, ob ich es gesagt habe, aber tatsächlich, ich plane auch eine Zusammenarbeit mit ihm. Deswegen nur, um das auch hier deutlich zu sagen, dass man nicht denkt, das ist jetzt hier irgendwelche Werbung nur für Oli Lemke.

Markus: Nein, absolut nicht. Also wie gesagt, ich habe die alle in Berlin total gerne. Ich habe auch eine sehr gute Beziehung zur Ulrike Genz von der Schneeeule zum Beispiel. Und wie gesagt, ich kenne die anderen alle gut und die sind alle lieb und nett. Ich sag nur, wenn man sagt, man will einen mal rausgreifen, der exemplarisch für einen guten Umsatz dieser ganzen Geschichte steht, dann ist Lemke halt eigentlich der Einzige, der das wirklich erfüllt.

Jörn Gutowski: Was ich nur sagen wollte, ich hatte mit ihm auch gesprochen und er ist auch ein Typ, der eben auch sagt, er hat großen Respekt vor den Brauern, auch in den großen Brauereien, die da einen guten Job machen. Und das ist natürlich einfach ein anderer Ansatz, wie sie rangehen. Und das Schöne ist ja, wenn es die Vielfalt gibt, kann es der Konsument selber entscheiden, bin ich bereit, mehr Geld auszugeben für das, was ich bekomme, verstehe ich das, aber dass man die Entscheidung selber hat. Und das finde ich gut (unv. #00:28:03.8#)

Markus: Absolut, absolut! Und man muss überlegen, wenn ausländische Gäste, also gerade so Bierfans und sowas, nach Deutschland kommen, das erlebe ich sehr oft, dann fühlen die sich im Himmel. Weil die sagen, das Geile ist nicht, dass wir hier nochmal 20 IPAs bekommen, das haben wir zu Hause auch, aber das Geile ist, dass die Grundqualität der Biere so gut ist. Also eigentlich ist es völlig egal, von welcher Brauerei sie jetzt ein Helles oder ein Pils oder ein Dunkles oder ein Weizen nehmen, es ist immer um Meilen besser als alles, was sie zu Hause haben. Und das ist einfach das, was ja auch so ist, also dass wir einfach innerhalb der großen Brauereien, da arbeiten genauso ausgebildete Braumeister, die Handwerker sind, die wissen, was sie da tun, die ihren Beruf gelernt haben, die das lieben, was sie tun. Und die produzieren einfach eine unheimlich gute Qualität. Und das ist das, wo sich einfach viele im Ausland schwertun, dieses Grundrauschen an Bier überhaupt so herzustellen.

Jörn Gutowski: Ja, super! Da kann man auch noch lange darüber sprechen. Ich möchte aber tatsächlich, wir haben ja schon ein bisschen über Vielfalt von Bier jetzt gesprochen. Und ich möchte tatsächlich jetzt, wir haben ein bisschen jetzt über die Industrie gesprochen, und über das Bier an sich reden. Bier ist ja eigentlich ganz einfach, es ist Hopfen, Hefe, Malz und Wasser. Aber auf der anderen Seite ist es halt sehr vielfältig. Du sagtest, wieviel waren das, man kann 8000 verschiedene Biere kaufen?

Markus: Ungefähr. Ja.

Jörn Gutowski: Biersorten, also es ist dann, was hinten rauskommt, ist schon vielfältig und hat eine gewisse Komplexität. Wenn ich jetzt ein Biereinsteiger bin, vielleicht trinke eben normalerweise immer nur das eine Pils, was ich immer getrunken habe, wie führst du Leute so ein bisschen an die Vielfalt der Biersorten ran? Also was sind für dich so die wichtigsten Unterscheidungsmerkmale?

Markus: Da haben wir tatsächlich ein völlig eigenes Schema entwickelt für unsere Ausbildungen. Wir gehen ganz klar einfach nach den Aromen der Rohstoffe. Bedeutet also, wir haben zum Beispiel das Malz. Und das Malst sorgt für eine gewisse Süße natürlich im Bier. Da kommt letzten Endes die Stärke, der Zucker, der Alkohol her. Malz ist in der Regel eben zum Beispiel auch geröstet oder zumindest bei Hitze getrocknet, das macht auch etwas Aromatisches. Bedeutet also, wenn das eben intensiver temperaturmäßig behandelt worden ist, dann wird es sehr dunkel, entwickelt dann ähnliche Aromen wie zum Beispiel Schokolade und Kaffee. Wenn es nicht so intensiv ist, dann sind wir vielleicht bei sowas wie Honig oder Karamell oder so keksige Aromen. Oder natürlich einfach brotige getreidige Aromen. Also da kann Malz sehr, sehr viel bieten. Bis hin eben zu speziellen Sachen wie zum Beispiel Rauch, Raucharoma, ist natürlich auch ein Malzaroma. Also da kann man Leuten schon mal sagen, es gibt eine ganz große Welt von malzaromatischen Bieren. Das ist auch ganz praktisch später dann fürs Food Pairing, da kommen wir vielleicht nachher noch dazu. Und dann hat man den Hopfen als zweiten Rohstoff, wo ich einerseits immer die Bittere habe. Natürlich, deswegen ist der Hopfen ja im Bier, weil hinter der Bittere letzten Endes die Substanzen stecken, die das Bier haltbar machen. Deswegen verwendet man das auch. Und dann hat der Hopfen eben als zweiten Bestandteil noch ätherische Öle. Das ist das, was man gerade so bei den Craftbieren oft wahrnimmt, eben als fruchtige, als florale, als Noten, die nach irgendwelchen Obstsorten oder Gemüsesorten oder sonst irgendwie riechen und schmecken. Da kann man natürlich auch sehr, sehr viel spielen, ein breites Spektrum haben und auch von der Intensität der Bittere natürlich sehr, sehr nach oben gehen. Und dann gibt’s als Drittes eben noch die Hefe, die jetzt bei einem klassischen untergärigen Bier wie einem Hellen oder einem Pils keine große Rolle spielt. Aber eben zum Beispiel beim Weizen ist sie hauptverantwortlich fürs Aroma, dieses Fruchtige, Bananige, Frische, das ist eine reine Hefe-Aromatik. Und dann gibt’s, wenn man aus Deutschland rausgeht, natürlich viele Bierstile auf der Welt, die auch von bestimmten Hefearomen dominiert sind. Und wenn man diese drei Welten mal so hat, dann gibt’s halt Biere, die jeweils nur in einer Welt spielen und dann gibt’s halt Biere, die in zwei Welten spielen. Nehmen wir zum Beispiel ein dunkles Weizen, da haben wir dann halt sehr viel Malz-Aromatik aus dem dunkeln Malz und diese Hefe-Aromatik, und dann kann das am Ende schmecken wie eine Schokobanane. Und das ist natürlich sehr spannend. Und so kann man eigentlich Biere gut einteilen und man kann sie auch relativ leicht dann unterscheiden.

Jörn Gutowski: Das fand ich tatsächlich für mich selber auch spannend und einen Aha-Moment, muss ich wirklich sagen. Ich war vor zwei oder drei Jahren habe ich mit Birlo getroffen oder BRLO in Berlin, und da mich mit einer Braumeisterin unterhalten. Und da tatsächlich in der Brauerei das zum ersten Mal verstanden, dass man eigentlich diese drei hauptsächlichen Geschmackstreiber hat oder die drei Punkte, die vor allem für den Geschmack im Bier verantwortlich sind. Und das war mir vorher tatsächlich überhaupt nicht klar, obwohl ich auch wie der normale Deutsche schon seit offiziell mit 16 Jahren Bier trinke, wahrscheinlich schon früher. Aber dass mir das gar nicht so bewusst war. Und natürlich, irgendwie hat man gesehen, Mensch, es gibt Alt, es gibt irgendwie dunkle Biere, es gibt die klaren Biere, es gibt irgendwie Hefebiere, Weizen, und man hört Gerste, man hört irgendwie Hopfen, aber was die jeweils tun, das war mir auch nicht klar, und dass das eigentlich wunderbare Punkte sind, die Aromatik von Bieren sehr gut aufzuschlüsseln und sehr gut eben einfach zu unterscheiden. Da vielleicht noch mal kurz erstmal zum Malz. Also Malz in Deutschland wird normalerweise fast, also das meiste ist Gerste und dann das zweite ist noch Weizen, was genommen wird. Also Malz ist im Endeffekt, man hat Getreide, was man ein Stück weit ich sag mal auf gut Deutsch verarscht. Also man bringt es zum Keimen, das Getreide denkt, ich keime jetzt, um eine neue Pflanze zu machen und das wird dann gestoppt, um halt dieser Stärke dann, um die Enzyme zu haben, um Stärke in Zucker zu verwandeln, die man halt braucht. Aber warum eigentlich, warum dominiert Gerste? Warum machen wir nicht viel mehr, klar, es gibt auch Roggenbiere und manchmal wird mit Hafer oder sowas experimentiert, aber Gerste dominiert. Warum eigentlich?

M: Na ja, sagen wir so, Gerste hat einen entscheidenden Vorteil gegenüber dem Weizen. Sie bringt die Spelzen mit, also das ist praktisch dieses Schutzblatt, was um das Korn drum rum ist. Und das ist das, was man während des Brauprozesses zumindest in der Regel braucht fürs Läutern, also wo dann letzten Endes das Feste vom Flüssigen wieder getrennt wird. Deswegen kann man zum Beispiel nicht nur aus Weizen ein Bier brauen, weil Weizen das nicht hat. Also Weizen hat nur ein nacktes Korn und dementsprechend ist das schon mal ein Punkt, was bei der Gerste einfach für den Prozess sehr sinnvoll ist. Deswegen ist zum Beispiel auch in der Regel bei einem Weizen in Deutschland 30, 40, 45 % Gerstenmalz mit drin, weil man das einfach für den Prozess braucht. Außerdem ist Gerste natürlich etwas, was man in den letzten Jahren einfach entsprechend, oder Jahrzehnten oder vielleicht sogar Jahrhunderten entsprechend optimiert hat vom Ertrag her, vom Anbau her. Es kollidiert dann eben auch nicht mit dem Weizen, weil der Weizen ist ja ein Brotgetreide, den braucht man zur Ernährung, hat man schon immer gebraucht. Und kann natürlich auf anderen Feldern dann die Gerste anbauen. Man hat dann noch eine Wintergerste und eine Sommergerste, kann also mehrere Ernten einfahren und hat halt einfach mit der Zeit wirklich das aufeinander abgestimmt. Also sowohl die Brauanlagen und die Mälzerei-Anlagen als auch die Rohstoffe sind so aufeinander abgestimmt, dass man da eben perfekt zusammenarbeiten kann. Das merkt man auch immer, wenn es zum Beispiel darum geht, mal mit historischen Getreidesorten Biere zu brauen, da gibt’s viele Brauereien, die kommen von der Anlagentechnik damit gar nicht mehr zurecht, weil sie eben auf die modernen Gerstensorten ausgelegt sind, was eben zum Beispiel den Eiweißgehalt angeht oder andere Bestandteile. Also insofern ist Gerste einfach etwas, was sich so nach und nach eingebürgert hat, so ab, na ja, was weiß ich, 1500 nach Christus ungefähr sich immer mehr durchgesetzt hat und letzten Endes das praktische Braugetreide geworden ist.

Jörn Gutowski: Ja, also genau! Gerste dominiert und Weizen, das ist ja interessant, was es so ein bisschen reinbringt, ist eine leicht andere Textur der Konsistenz.

Markus: Mhm (bejahend).

Jörn Gutowski: Dass es dann so ein bisschen cremiger wird, was man vom Weizenbier her kennt. Ansonsten sind dann vor allem die Unterscheidungen, du sprachst es am Anfang auch schon an, wie doll das erhitzt wird das Malz oder erwärmt wird, so dass man dann eben unterschiedlich, man kann von der Farbe her gehen, also eben sehr helle Biere hat, die wenig Röstnoten haben, bis hin zu sehr dunklen, wo dann sehr viele Röstnoten da sind, weil dieses Malz dann eben erwärmt wird. Was sind da vielleicht so, kann man sagen, die zwei, drei wichtigsten Malztypen oder wie man das da wirklich in so ein, zwei, drei Kategorien unterteilen kann?

Markus: Ja, also kann man heutzutage auf jeden Fall tun. Wie gesagt, man könnte auch einen langen Podcast über historische Malzsorten machen, aber das macht jetzt relativ wenig Sinn. Also in der modernen Bierbereitung ist es so, es gibt im Grunde drei Hauptsorten Malz, die im Grunde so die Schwerlast tragen, in Anführungsstrichen. Das ist einmal das Pilsener Malz, in der englischen Welt ist es das Pale Ale Malz. Also das sind praktisch die Malze, die relativ wenig Färbung bekommen haben oder gar keine, wodurch man dann eben sehr helle Biere machen kann, wie eben ein Helles, ein Pils oder ein Pale Ale oder ähnliche Biere, ein Golden Ale zum Beispiel in England oder auch ein Kölsch. Also da wird dann ein Großteil der Schüttung, sagt man, also der Malzmenge, die man insgesamt nimmt, aus diesem Malz genommen. Dann gibt es als Gegenstück dazu das Münchner Malz. Das ist dann ein Bier, aus dem zum Beispiel ein Münchner Dunkel oder ein Braunbier, ein Rotbier entsteht. Also richtig deutlich geröstete Malze, die dann eben diese Färbung mitbekommen und natürlich auch entsprechende Geschmacksaromen. Und dann gibt’s so ein Mittelding dazwischen, das Wiener Malz, wo wir dann im Grunde als Bierstil das Wiener Lager haben. Das ist bei uns relativ unbekannt, aber es wird eben auch so ein bernsteinfarbenes Bier ungefähr dabei rauskommen. Und wie gesagt, das ist auch nicht so, dass ein Brauer jetzt nur ein Malz nimmt für sein Bier, sondern meistens ist es eine Mischung. Man nimmt dann zum Beispiel noch etwas Karamellmalz dazu, das sind Malze, die so thermisch behandelt worden sind, dass der Zucker, also die Stärke, direkt karamellisiert. Das frisst die Hefe dann nicht und deswegen habe ich dann am Ende in meinem Bier auch noch diesen süßen karamelligen Touch zum Beispiel. Man kann richtig intensive Röstmalze nehmen, die sind dann noch viel stärker geröstet als jetzt zum Beispiel ein Münchner Malz. Das bedeutet auch, dass zum Beispiel die eigentlichen Inhaltsstoffe, die Stärke, großenteils schon zerstört sind durch die intensive Hitze. Aber die sind natürlich dann von der Färbewirkung sehr, sehr intensiv und auch von der Aromawirkung. Da kann ich dann richtig Kaffeearomen, ganz intensive Röstmalzaromen eben in mein Bier hineinbringen. Und davon nehme ich dann vielleicht nur 1 % in meine ganz Schüttung, das reicht aber, um dem Bier dann diese entsprechende Geschmacksrichtung zu geben.

Jörn Gutowski: Und das ist genau das Spannende, wenn man von sich aus weiß, ich mag gerne solche Röstaromen, ich mag gern, wenn es in die Richtung Kaffee oder so geht, dass man dann sagen kann: Tendenziell dunklere Biere oder sehr dunkle Biere sind vielleicht genau das, was für dich passt. Oder wenn man über Food Pairing dann spricht, wenn man solche Sachen haben möchte. Oder wenn man es eher heller hat, dann ist es halt eben schlanker, dann sind da weniger diese malzigen, diese Röstaromen et cetera im Bier drin. Und dass man eben schon allein von der Farbe des Bieres dann da Rückschlüsse ziehen kann, fand ich persönlich sehr interessant. Was irgendwie so unbewusst auch da war bei mir, irgendwie unbewusst wusste man das vielleicht auch, aber wirklich das mal, okay, das verstehe ich jetzt, das liegt sehr stark eben am Malz.

Markus: Genau! Das ist auch was, was man den Leuten immer sehr schön sagen kann, dass das Malz eben natürlich auch fürs Aroma verantwortlich ist, aber eben auch für die Farbe des Biers. Und da kann man eigentlich schon viel ablesen, bevor man überhaupt trinkt, kann man schon Aussagen machen, was man wahrscheinlich erwarten wird an Aromen, und manchmal sogar auch schon am Alkoholgehalt. Also selbst das kann man in gewisser Weise sogar sehen, jetzt nicht an der Art der Färbung, aber zum Beispiel an der Art, wie sich das Bier im Glas verhält, merkt man eben, ob da mehr oder weniger Alkohol drin ist. Und insofern, also man kann vieles feststellen, ohne überhaupt zu trinken. Das ist spannend.

Jörn Gutowski: Ist denn das Feststellen, ist es so, dass je höher der Alkoholgehalt, desto dickflüssiger wird auch das Bier?

Markus: Genau! Also es wird so ein bisschen viskos, so ab 6,5 % Alkohol fängt das an. Man merkt das, wenn man das Bier im Glas hat und das Glas so ein bisschen seitlich dreht, dann merkt man, wie sich dann auf einmal so ein Film auf dem Glas (unv. #00:40:09.6#)

Jörn Gutowski: So ein bisschen, was die Weinkenner auch machen. (unv. #00:40:11.8#)

Markus: Genau! Die Weinkenner nennen das Fenster, genau, oder Legs sagen die Whisky-Kenner dazu. Das ist halt beim Bier, weil es eben nicht ganz so hoch geht vom Alkoholgehalt, normalerweise zumindest, sind es dann eben diese Schlieren. Aber daran sieht man das dann schon ganz schön.

Jörn Gutowski: Für mich ist so ein bisschen, für Malz auch erstmal, woraus dann auch die Maische genommen wird, also dass man eben das Malz mit Wasser vermischt, ist es so ein bisschen, wenn ich das mit Kochen vergleiche, wenn ich jetzt eine Suppe habe, erstmal die Brühe. Und für mich ist dann jetzt, kommt ja der Hopfen dazu, und Hopfen sind jetzt die Gewürze, die dazukommen. Und Hopfen ist ja eben das Gewürz für Bier. Vielleicht kann man da, sag mal so für dich, was sind bei Hopfen so die wichtigsten Unterschiede?

Markus: Na ja, also vielleicht, um noch ganz kurz das zu sagen, also im Grunde, also du hast es schon völlig perfekt beschrieben, aber ich möchte es noch ein bisschen ins Licht rücken: Das Maischen ist ein Prozess, der hat mit Kochen nichts zu tun, sondern das ist ein Prozess, wo das Bier einfach erwärmt wird auf die Temperaturen, bei denen die Enzyme aus dem Malz die Stärke in Zucker umwandeln. Und wenn dieser Prozess abgeschlossen ist, dann wird das Ganze filtriert und am Ende habe ich dann praktisch ein Wasser mit aus dem Malz gelösten Inhaltsstoffen. Das ist auch das, was man dann später als Stammwürze bezeichnet, wenn man so Begrifflichkeiten nimmt. Da sagt man eben, wie viel Anteil in diesem ganzen Gemisch ist jetzt aus dem Malz gelöst und was ist Wasser. Und aus dem Malz kommt eben der Zucker, aber da kommen auch Mineralien und Spurenelemente und Eiweiß.

Jörn Gutowski: Ich wusste auch, der Vergleich hinkt ein bisschen, für mich war nur so ein bisschen das erstmal die Grundlage so ein bisschen, das ist wie eine Brühe sozusagen, es ist erstmal Malz und jetzt mache ich sozusagen erstmal die Grundlage, wo ich dann jetzt die Gewürze zutue so in dem Sinne.

Markus: Genau! Absolut, ist klar. Nur, weil dann haben wir nochmal diese Mischung, das nennt man dann auch Würze, und das wird dann eben gekocht und dann kommt der Hopfen dazu. Und dann ist es eben so, dass man beim Hopfen auch wieder nicht nur einen hat, sondern natürlich hunderte verschiedener Hopfen. Und da ist es dann auch noch ähnliche wie beim Wein, dass derselbe Hopfen an unterschiedlichen Orten auf der Welt angebaut natürlich auch nochmal eine unterschiedliche Aromatik ergibt und man dementsprechend als Brauer wirklich einen Riesenstrauß hat, aus dem man auswählen kann. Es gibt so zwei Hauptkategorien, wo man so unterscheidet, offiziell, Bitterhopfen und Aromahopfen. Wobei das sehr relativ ist, denn ein Hopfen hat im Grunde immer alle Inhaltsstoffe, bei den Bitterstoffhopfen kommt es eben darauf an, wie viel von diesen Alpha- und Betasäuren, das sind eben die Stoffe, die das Bier bitter und haltbar machen, letzten Endes sind das Harze. Also wie viel ist davon drin. Und darauf legt man ganz besonders viel Wert. Das kann man nur lösen, indem man das möglichst lange in dem Wasser kocht. Deswegen kommt eben so ein Bitterstoffhopfen eher am Anfang vom Kochprozess ins Bier. Und das zweite sind dann die Aromahopfen, das sind Hopfen, die zwar auch diese Bitterstoffe haben, aber eben vor allem schöne ätherische Öle, die man gerne möchte. Und wie das bei ätherischen Ölen eben ist, wenn man die in heißes Wasser gibt, dann verdampfen die. Und deswegen muss ich die also so spät wie möglich in meinen Kochprozess eingeben oder eventuell sogar später, wenn das Bier dann gärt oder lagert, um möglichst wenig Verlust zu haben an ätherischen Ölen, dadurch dass es eben an die Luft geht. Und aus diesen Hopfen kann man dann halt auch wieder Mischungen zusammenstellen mit verschiedensten Hopfen, man kann die zu bestimmten Zeiten in sein Bier geben, man kann das mit bestimmten Gerätschaften noch machen, um das entsprechend zu intensivieren. Und dementsprechend auch da wieder eine Riesenmöglichkeit, verschiedene Biere herzustellen.

Jörn Gutowski: Ich habe auch dein Buch gelesen, das „Biergeschichte und Genuss“. Das ist superspannend, weil du auch da sehr viel eben über die Geschichte, über die Historie von Bier schreibst. Und ich habe da eben auch gelesen, dass früher es im Mittelalter üblich war, dass eben nicht nur mit Hopfen, sondern auch mit unterschiedlichen Gewürzen gearbeitet wurde im Bier. Dass man nämlich tatsächlich, ich nehme nicht nur Hopfen, um das zu aromatisieren, sondern auch andere. Aber der Hopfen hat sich durchgesetzt und ist mittlerweile in Deutschland Reinheitsgebot. Das ist natürlich auch noch mal ein Thema, über das man sprechen könnte. Aber das ist eigentlich erstmal, es wird nur Hopfen genommen. Warum hat sich der Hopfen erstmal vielleicht so durchgesetzt? Also warum ist das jetzt sozusagen das Gewürz fürs Bier geworden?

Markus: Im Grunde gibt’s zwei Punkte. Also das eine ist einfach die Wirkung des Hopfens. Und das geht grundsätzlich gesehen, zumindest wenn wir in die Geschichte gehen, in das Mittelalter gehen, geht’s um die Haltbarkeit des Bieres. Und da war eben, Hopfen hat diesen großen Vorteil gehabt, dass durch seine Inhaltsstoffe eben das Bier sich länger gehalten hat und man deswegen also ganz bewusst gesagt hat, das ist auf jeden Fall ein Biergewürz oder ein wichtiges Biergewürz. Dazu kam noch, dass zum Beispiel Hildegard von Bingen da sehr, sehr viel drüber geschrieben hat. Eines ihrer Lieblingskräuter war der Hopfen und dementsprechend hat sie da auch viel Propaganda gemacht. Das war natürlich in der Wissenschaftswelt damals auch entsprechend bekannt. Also dementsprechend war allein von dieser Seite her Hopfen natürlich auf jeden Fall als gute Zutat klar. Bei vielen anderen Zutaten war es so, dass man wusste, dass die durchaus auch negative Wirkungen haben oder ins Halluzinogene gehen oder eben zumindest irgendwie problematisch sind. Da war man also vorsichtig. Und auf der anderen Seite war es eben so, dass der Hopfen auch etwas war, was man relativ leicht besteuern konnte. Denn vorher hat man Biere auch gerne mit Kräutermischungen gebraut, wo man die Kräuter halt irgendwo im Wald gesammelt hat. Und das Problem war, dass das nicht kontrollierbar war. Das heißt, die Leute sind in die Wälder gegangen und haben ihre Kräuter gesammelt und haben dann ihre Mischungen hergestellt und fertig. Und das konnte man nicht besteuern und früher waren das wesentliche Einnahmequellen. Und wenn ich von einem Hopfengarten ausgehe, dann hat der einen festen Ort und da kann ich den Ertrag kontrollieren und kann das alles schön besteuern. Auch das war natürlich ein Grund, weswegen die Herrscher dann auch dafür gesorgt haben, dass der Hopfen zum Biergewürz geworden ist, weil er eben auch auf dieser Seite, auf der rein finanziellen Seite das wesentlich Spannendere ist, als wenn ich halt so einen Wildwuchs im wahrsten Sinne des Wortes habe, wo ich nichts davon habe.

Jörn Gutowski: Spannend! Ich sag mal, bei uns wiederum jetzt in der jüngeren Geschichte, das ist meine Wahrnehmung, war das vor allen Dingen so, dass Hopfen bei uns, dass die Bitterhopfen präsent waren in deutschen Bierstilen. Das heißt, wenn ich jetzt zum Beispiel eher so ein nordisches Pils hatte, ein Flensburger oder Jever oder wie auch immer, so gefühlt auf jeden Fall die herberen Biere, wo einfach mehr Hopfen drin war, so dass das Bier, das Pils bitterer wurde, während vielleicht ein Helles, in einem Hellen weniger Bitterhopfen benutzt wurde und dass es eben nicht ganz so bitter ist. Aber das Thema eben, das du ja schon ansprachst, Aromahopfen mit den ätherischen Ölen, das scheint für mich gerade in Deutschland eher ein neues Thema zu sein und eher genau das Thema, was mit dieser Craftbier-Entwicklung nach Deutschland kam mit diesem IPA-Bierstilen, wo halt diese Aromahopfen da sind, die mit diesen ätherischen Ölen Aromatiken, die eben an exotische Früchte erinnern, bis hin zu harzigen Noten, also dass das gerade total neu war für den deutschen Konsument. Ist das richtig oder gab es auch in der Vergangenheit Aromahopfen in Deutschland, der viel benutzt wurde?

Markus: Wie schon gesagt, diese Unterscheidung kann man nicht klar trennen, also zwischen Aroma- und Bitterhopfen. Das ist wirklich, also wenn man das versucht als Trennlinie zu nehmen, dann ist es Quatsch. Es gibt Hopfen, die sind eher wichtig in Bezug auf ihren Bitterstoffgehalt, und Hopfen, die sind eher wichtig in Bezug auf ihre ätherischen Öle. Aber es ist nicht so, dass es nur die einen oder anderen gibt. Letzten Endes liegt’s am Brauverfahren, weil es eben so war, dass man im Mittelalter sehr gerne die Biere, auch wenn sie fertig waren, noch mit Stoffen versetzt hat, um sie zu aromatisieren. Weil eben damals Biere relativ schnell sauer geworden sind, und um das noch ein bisschen raus zu zögern, dass diese Säure sich sehr nach vorne entwickelt hat, hat man zum Beispiel Gewürze oder auch nochmal Hopfen oder auch Obst oder andere Dinge dem fertigen Bier beigegeben, um das dann entsprechend zu aromatisieren. Und je besser die Braukunst wurde, umso mehr konnte man das sein lassen und dementsprechend hat sich eben das moderne Brauverfahren entwickelt, wo der Hopfen eben während der Kochung dazugegeben wird und dementsprechend waren auch die heute als Aromahopfen bezeichneten Hopfensorten schon im Einsatz, aber von ihren ätherischen Ölen war eben relativ wenig im Bier. Also wir hatten in Deutschland schon viele Pilsbiere, die zum Beispiel so eine leichte Zitrusnote hatten, aber das war es dann auch letzten Endes. Und was passiert ist, ist eben, dass diese amerikanischen Craft-Brauer erstmal natürlich die Bierstile genommen haben, deren sie sich erinnert haben. Das waren eben die klassischen deutschen Bierstile und die englischen Bierstile. Und dann aber beschlossen haben, jetzt experimentieren wir mit den Rohstoffen noch mal anders, und vor allem mit dem Hopfen. Und kamen dann auf die Idee: Warum nicht dieses alte Verfahren aus dem Mittelalter wieder machen und dem Bier, wenn es quasi fertig ist, nochmal eine Hopfen-Dosage zu geben. Man nennt das Hopfenstopfen, auf Englisch Dry-Hopping. Die haben sich dann sogar eigene Gerätschaften entwickelt, Sierra Nevada zum Beispiel, ein Hop Torpedo. Das ist dann wirklich ein liegendes Teil, das schaut aus wie ein Torpedo, wird gefüllt mit Hopfen und dann ist vorne und hinten ein Anschluss, wenn das Bier im Lagertank ist, dann wird das vorne und hinten angeschlossen und wird dann da einfach durchgepumpt durch diesen Torpedo und laugt den Hopfen richtig aus, nimmt ganz viel von diesen ätherischen Ölen an. Dadurch habe ich dann eben diese Aromatisierung durch den Hopfen. Das hat man natürlich dann bei uns auch probiert, am Anfang auch ganz banal den Hopfen im Damenstrumpf nochmal in den Lagertank gehängt zum Beispiel oder so. Und dann gab’s auch bei uns entsprechende Entwicklungen, also Kaspar Schulz hier in Bamberg waren, glaube ich, die ersten und dann später kam auch BrauKon mit der Hop Rocket hieß die glaube ich oder Hop Gun und so weiter. Also haben die auch verschiedene Gerätschaften entwickelt, um das möglich zu machen. Heute gehört das Hopfenstopfen einfach dazu. Damit haben auch diese Aromahopfen eine immer größere Bedeutung erlangt. Aber nochmal, um das zu sagen, also der Kern des Aromahopfen-Anbaus lag auch bis vor wenigen Jahren ganz eindeutig hier bei uns in der Hallertau und in den USA wurde hauptsächlich Bitterhopfen angebaut. Das hat sich jetzt so ein bisschen gedreht, aber nicht wirklich komplett umgedreht, vielleicht eher so Fifty-Fifty. Das sind auch die beiden großen Hopfenanbaugebiete der Welt. Der Hauptunterschied ist, dass es in Amerika eben möglich ist für eine Firma sich einen Hopfen patentmäßig zu sichern, so dass dann eben zum Beispiel eine Hopfensorte wirklich nur einer Hopfenfirma gehört und die nur ihre Vertragsanbauleute entsprechend damit ausrüsten kann und damit eine Exklusivität auf den Hopfen hat. Das kennen wir hier so in Deutschland in der Form nicht oder noch nicht. Und das ist vielleicht auch noch so ein Unterschied. Also die bei uns bekannten Hopfensorten, die kann man überall anbauen, und haben dann dadurch auch ein ganz interessantes Namenskonstrukt. Aber das ist nochmal ein anderes Thema.

Jörn Gutowski: Aber es scheint gerade dieses Thema Hopfen mit diesen amerikanischen Bierstilen oder auch, das ist wiederum meine Wahrnehmung, gefühlt, dass gerade am Anfang dieser Craftbier-Szene, dass das so das Thema war, mit Hopfen zu experimentieren und dass sehr viele von diesen ersten Craftbieren auch in Deutschland extrem hopfenlastig dadurch dann auch waren. Würdest du das auch so sagen?

Markus: Na doch, das ist schon so. Jetzt etwas blasphemisch gesagt, muss man sagen, das ist auch die etwas leichtere Lösung. Weil wie gesagt, im Mittelalter hat man das gemacht, um eben Fehlaromen im Hopfen zu überdecken. Und genauso hat das natürlich dann auch bei uns funktioniert. Das heißt, wenn ich entsprechenden ein Pale Ale oder IPA habe, was vielleicht nicht ganz so hundertprozentig ist und ich gebe dann entsprechend eine Tonne Hopfen da obendrauf, dann ist das Hopfenaroma so intensiv, dass ich von dem anderen gar nichts mehr merke. Das war natürlich durchaus, also ich sage nicht, dass das das Ziel war, aber das war eines der Ergebnisse der ganzen Geschichte. Und natürlich waren das Biere, die die Leute erstmal begeistert haben, weil sie das nicht kannten. Also so ein intensives Aroma, noch dazu eben dann zum Beispiel fruchtig oder so, das war toll, das war faszinierend, das war neu. Und dementsprechend hat das natürlich nicht nur in Amerika, auch bei uns, die Leute entsprechend begeistert und wurde dann entsprechend auch nachgeahmt, auch zum Beispiel bei Pilsbieren oder anderen, die wir kennen. Und später ist man dann auf andere Varianten auch noch aufgesprungen. Also zum Beispiel haben die Amerikaner dann das ganze Thema Sauerbier für sich entdeckt, was eigentlich in Belgien beheimatet ist, haben da unheimlich damit experimentiert. Bis hin zu Bierstilen, die wir auch kennen, wie Berliner Weisse und Gose zum Beispiel. Dann ist natürlich auch mit dem Malz viel experimentiert worden, die sind unheimlich abgefahren zum Beispiel auf Rauchbier. Also bis nach Alaska haben sie dann das Rauchmalz exportiert, um da endlich mal so ein Bier brauen zu können. Also auch das hat die Leute natürlich begeistert. Im Grunde ging es also vor allem dort darum, dass schon aromatisch eine relative Einöde geherrscht hat, nicht nur beim Bier, aber eben auch, und man da halt mit diesen ganzen neuen Rezepturen unglaublich die Leute begeistern konnte.

Jörn Gutowski: Ich glaube, also mein Gefühl auch am Anfang, als ich auch Leuten mal ein IPA gezeigt habe, die normalerweise immer Pilstrinker sind, die dann gedacht haben: Oh, ist das jetzt so ein belgisches Fruchtbier? Das ist doch bestimmt nicht im Reinheitsgebot. Das ist doch kein Bier. Wie du sagst, diese Überraschung, dass man eben aus Hopfen so viel Fruchtigkeit auch gewinnen kann.

Markus: Ja. Also das absolut. Da muss man vielleicht auch noch eines sagen, was immer noch ein Problem ist. Es ist ganz was anderes, wenn man in Amerika ist, zum Beispiel im Yakima Valley, da wo eben der ganze Hopfen angebaut wird im pazifischen Nordwesten, und dort dann so ein ganz frisches IPA trinkt, das ist noch mal eine ganz andere Hopfen-Aromatik als das, was man hier bei uns bekommt, weil halt einfach wirklich dieses Thema praktisch vom Feld direkt ins Bier dort noch mal anders gelebt wird und deswegen die ganze Hopfen-Aromatik da auch noch mal anders rüberkommt. Also gibt’s mittlerweile schon bei uns auch gute Exemplare, aber es hat lange gedauert. Vorher waren das bei uns oft Biere, die deutlich hinter denen zurückgestanden sind, was jetzt die Patenbiere, sagen wir mal, aus den USA gekonnt haben. Aber wie du sagst, trotzdem war das auch für die Leute hier eine völlig neue Welt. Ich bin selber auch davon begeistert, also ich mag das auch total gerne und finde das faszinierend. Man spielt mit diesem Bierstil IPA jetzt auch in ganz viel Art und Weise rum. Jetzt gerade sind die New England IPAs ziemlich heiß, sagen wir mal, also wo es einfach darum geht, sehr fruchtige und nicht so bittere Biere zu haben. Und da gibt’s auch tolle alkoholfreie Varianten zum Beispiel davon. Das ist wirklich eine tolle Welt, also wo ich mich auch total glücklich fühle, dass ich das haben kann. Und ich finde das super.

Jörn Gutowski: Beim Malz haben wir schon gesagt, das ist relativ einfach, ich kann das schon sehr stark eben an der Farbe unterscheiden, was für ein Malz dort drin ist. Wie kann ich denn Biere nach Hopfen unterscheiden? Welche Möglichkeiten habe ich da? Oder wenn ich sage, ich mag es sehr gerne hopfenlastig, worauf kann ich achten als Konsument?

Markus: Na ja, wenn ich das praktisch nur von der Flasche her beurteilen kann, dann kommt es drauf an, wenn mir die Bittere wichtig ist, dann kann ich schauen, ob auf der Flasche eine Bittere angegeben ist. Da gibt’s eine Einheit, nämlich Bittereinheiten. Das wird in der Regel Englisch abgekürzt in International Bitter Units, IBU. Das geht eben, also ein deutsches Pils geht, sagen wir, so bis 30, maximal 35 IBU, und dann kann man eben, wenn man gerne viel Bittere haben möchte, dann schaut man eben, dass das auf 50, 60 vielleicht 70 nach oben geht. Dann habe ich also schon mal eine klare Erwartungshaltung, dass da eine ordentliche Bittere dabei ist. Meistens ist es dann auch mit einer entsprechenden Aromatik, was jetzt die ätherischen Öle angeht, verbunden. Das andere ist, wenn das Bier schon möglich ist zu probieren, zum Beispiel in einer Kneipe, wenn ich sage, ich will mal einen Probierschluck, dann sollte man einfach mal die Nase benutzen. Das merkt man dann sofort, also ein sehr hopfenaromatisches Bier, da schlägt‘s einem entgegen, was eben entweder so fruchtige Mango, was weiß ich, Papaya, Litschi, solche Aromen sind, oder eben Richtung so harzig Pinie oder auch Zitrus einfach, so Grapefruitaromen, in diese Richtung, bis hin zu floralen, sowas wie Jasmintee oder so. Also da gibt’s eine ganz große Bandbreite, die kriegt man dann natürlich auch mit, und dann kann ich auch erwarten, dass ich, wenn ich das schon rieche in der Nase und nicht draufsteht, dass da irgendwelche künstlichen Aromen drin sind, dann werde ich auch ein entsprechend hopfenbetontes Bier haben.

Jörn Gutowski: Wir hatten es schon auch angesprochen, das Thema IPA, für diejenigen, die es noch nicht ausprobiert haben, wenn man das einfach mal ausprobieren will, sehr stark gehopfte Biere, dass man auf jeden Fall in die Richtung IPA mal schaut. Wie du sagst, innerhalb des IPAs dann wiederum es unterschiedliche aromatische Stilistiken gibt, aber dass das schon sehr stark gehopfte Biere dann sind.

Markus: Genau! In der Regel, also aus unserer Sicht, sagen wir mal so, ein India Pale Ale. Man darf aber eben nicht vergessen, es ist ein großer Unterschied, ob wir uns hier mit einem India Pale Ale aus England beschäftigen, was traditionell gebraut ist, das ist ganz anders, das hat einen ordentlichen Malzcharakter, das ist natürlich schon ein bisschen bitter, aber ist bei weitem nicht das, was man aus Amerika kennt, und es hat vor allem in der Regel gar nicht diese Aromatisierung, weil da nicht Hopfen gestopft wird. Also da würde ich auch nochmal unterscheiden, es gibt ein traditionelles Pale Ale und India Pale Ale aus England, das oft als Real Ale dort auch entsprechend ausgeschenkt wird. Und es gibt eben das, was die Craft-Brauer machen auf der ganzen Welt, ausgehend von Amerika, aber mittlerweile auch bei uns oder auch in England, die dann eben diese Bierstile benutzen als Leinwand sozusagen, um dann mit ihren intensiven Hopfen-Aromatiken da nochmal was obendrauf zu zaubern und praktisch diesen Bierstil IPA nur als ihre Bühne benutzen, um dann eben mit ihren Rohstoffen entsprechend zu arbeiten.

Jörn Gutowski: Klang schon durch, es gibt verschiedene Hopfensorten. Hast du einen Lieblingshopfen?

Markus: Das ist gar nicht so einfach, weil nicht jeder Hopfen immer gleich ist und weil auch nicht jeder Jahrgang immer gleich ist. Aber ich habe so ein paar Hopfen, an die ich mich einfach gern erinnere. Zum Beispiel haben wir mit unserem ersten Biersommelier-Kurs damals ein Bier gebraut, das war ein Weizen-Doppelbock. Damals gab‘s relativ neu einen Hopfen aus der Hallertau, der hieß Hallertauer Blanc. Der hat, wie der Name schon sagt, so Sauvignon-Blanc-Aromen, so weinige Aromen, gewürzige Aromen, so ein bisschen Muskateller auch. Und das im Zusammenspiel mit diesen intensiven Weizenbock-Aromen, sehr bananig, sehr fruchtig, sehr intensiv, das war wirklich ein ganz tolles Erlebnis. Also an das Bier erinnere ich mich heute noch. Wir hatten das damals auch auf der Consumenta, glaube ich, in Nürnberg dabei und haben das dort ausgeschenkt. Die Leute haben uns das wirklich aus den Händen gerissen. Da hat man mal gemerkt, was ein Hopfen machen kann, wenn man den so ganz gezielt einsetzt, um so einem Bier noch so einen Twist zu geben. Also das zum Beispiel. Aber wie gesagt, es gibt viele tolle andere Hopfensorten, die Klassiker aus Amerika kennt man ja, Amarillo, Simcoe, Cascade, das sind so diese typischen, die auch dann diese Tropenfrucht-Aromen ergeben. Oder eben bei uns gibt’s zum Beispiel Mandarina Bavaria, ein ganz toller Hopfen, der in letzter Zeit ein bisschen verkannt wird. Der eigentlich, eben wie der Name schon sagt, so Mandarine, Orange bringt und der eine ganz tolle Eigenschaft hat auf der Anbauseite, der ist nämlich sehr tolerant gegenüber dem Klimawandel. Und deswegen ist es fast schade, dass der jetzt gerade großflächig wieder rausgerupft wird, weil das nämlich wirklich für die Zukunft ein großes Thema sein wird, gerade beim Hopfenanbau, wo der überhaupt noch möglich sein wird und in welchem Maße.

Jörn Gutowski: Spannend! Also Hopfen, ein spannendes Thema. Aber lass uns noch mal zur Hefe kommen. Hefe, muss sich auch wiederum gestehen, für mich war lange Zeit Hefe einfach nur Mittel zum Zweck, Hefe ist irgendwie ein Katalysator, der einfach Zucker in Alkohol und CO2 umwandelt und das war’s. Ich fand es halt interessant, weil ich mich auch mit unterschiedlichen Themen beschäftige, mit dem Thema Wein und Whisky. Und wenn man sich mit den Themen beschäftigt, da auch, dass man eben merkt, nein, nein, Hefe macht noch so viel mehr, Hefe ist auch so verantwortlich für die Aromatik. Was macht denn die Hefe im Bier und welche Unterschiede gibt’s da bei den Hefen?

Markus: Es gibt natürlich auch da riesengroße Unterschiede. Wobei man auf der einen Seite natürlich sagen muss, das, was wir jetzt in Deutschland als normales Bier kennen, das sind die untergärigen Biersorten, das ist eine Hefe, die bei kalten Temperaturen vergärt. Deswegen heißt sie auch untergärig. Die gibt’s erst so richtig seit dem 13., 14. Jahrhundert, hat sich dann so von Bayern aus ausgebreitet in den Rest der Welt. Dominiert heute international alle Biere. Und diese Hefe hat eben die Eigenschaft, weil sie bei kalten Temperaturen vergärt, dass sie neben ihrem normalen Job, nämlich einfach nur den Zucker umzuwandeln in Kohlendioxid und Alkohol, sonst eigentlich kaum eigene Aromen produziert. Das heißt, diese Hefe ist wirklich sehr zurückhaltend, bringt letzten Endes die Kohlensäure ins Bier und eben den Alkohol, und das ist es dann auch. Aber was wir dann eben sonst noch kennen, ist bei uns jetzt zum Beispiel die klassische obergärige Hefe. Das ist praktisch der alte Hefestamm, letzten Endes auch eine Backhefe. Und die macht eben dieses bananige, fruchtige, manchmal auch eher so ein bisschen nelkenartige Aroma in die Weißbiere, die wir so kennen. Das ist dann so in Deutschland das Thema Hefe-Aromatik. Und wenn ich dann die deutsche Bierwelt verlasse oder in die historische deutsche Bierwelt gehe, dann kann man da auch so Sachen haben wie zum Beispiel beim Wein, der Orange Wine, dass ich also da durchaus spontane Vergärungen habe, dass ich wilde Hefen habe, besondere Hefestämme, die dann eben noch mal andere Aromen machen. Bekannt sind auch Hefen, die man vom Wein kennt, Brettanomyces zum Beispiel, ein wilder Hefestamm, der dann so diese Pferdedecke, schweißigen Aromen zum Beispiel ins Bier bringt. Oder es gibt eben obergärige Hefestämme in der belgischen, englischen Bierwelt, die dann so Richtung Apfel-, Richtung Birne-Aromen produzieren. Und es gibt natürlich jetzt ganz moderne Hefeforschung, das ist auch ganz spannend, wo man wirklich versucht, Aromen, die man normalerweise zum Beispiel übers Malz oder über den Hopfen ins Bier bringt, eben über die Hefe ins Bier zu bringen. Und das ist auch ganz spannend, da gibt’s zum Beispiel Hefen, die machen dann Zitrusaromen oder machen dann Pfirsich oder sowas. Also auch da ist es bei weitem noch nicht ausgelutscht. Und viele Brauereien haben eigene Hefereinzuchten, eigene Hefebanken, oder sind eben zusammengeschlossen und Kunden einer großen Hefebank und arbeiten da dann zusammen. Da kann man auch sein Bier ganz deutlich in bestimmte Richtungen schubsen, je nachdem, was man gerne möchte.

Jörn Gutowski: Aber gibt’s denn auch Entwicklungen, weil du sagtest, die untergärigen Hefen bringen wenig Geschmack oder sollen auch weniger Geschmack, aber gibt’s bei untergärigen dann auch Entwicklungen dahingehend, dass da Hefesorten sind, die noch mehr Geschmack dann bringen oder ist das dann immer automatisch im obergärigen Bereich?

Markus: In der Regel, sagen wir so, ich bin jetzt nicht ganz so in der Forschung drin, aber es wäre mir jetzt neu, dass man im untergärigen Bereich gezielt nach Aromen sucht, weil genau das die Eigenschaft ist. Das kann man sich ehrlich gesagt so ein bisschen vorstellen wie beim Menschen: Wenn ich dich jetzt nehme, lasse dich jetzt draußen rumrennen, dann hat es, was weiß ich, zehn Grad, dann kommst du zurück und schaust so aus wie vorher. Und wenn wir das Ganze in drei, vier Monaten machen, dann hat es da draußen 30 Grad, dann hast du halt ordentlich geschwitzt und hast auch deine Gärungsnebenprodukte gebildet. Das hat einfach was mit der Temperatur letzten Endes zu tun.

Jörn Gutowski: Ja, das ist ein schönes Bild.

Markus: Und man merkt, nur dass es dadurch immer so als positiv wahrgenommen wird, aber es ist letzten Endes so. Das Spannende ist zum Beispiel, als dann die untergärigen Hefen nach Amerika kamen, da ist dann in beide Richtungen etwas passiert. Also es gab viele Brauereien, die eben vorher obergärig gebraut haben, die dann versucht haben, diese obergärigen Biere eher kälter zu vergären, um die Hefe-Aromatik eher ein bisschen rauszunehmen. Und es gab umgekehrt viele Brauereien, die mit der neuen untergärigen Hefe gearbeitet haben, aber eben nicht in der Lage waren, so richtig kühl zu arbeiten, sondern haben dann eher so mittelwarm vergoren. Da sind dann eben so amerikanische Bierstile wie Cream Ale, wie das Steam Beer und so weiter entstanden, die dann zum Beispiel auch Hefe-Aromatiken haben oder eben weniger Hefe-Aromatik haben. Also auch eine spannende Geschichte, da kann man auch natürlich länger drüber reden.

Jörn Gutowski: Du sagtest ja schon, ich meine, was wir in Deutschland am meisten als ein hefebetontes Bier kennen, ist das Weizen, oder wird oft auch als Hefebier bezeichnet. Das heißt, da kann man einfach mal schmecken, was macht eine Hefe aromatisch. Wie du schon sagtest, diese Bananenaromen, die sehr, sehr stark da drin sind, oder eben so eine gewisse Fruchtigkeit. Du sagtest, es gibt andere Biere in England und auch in Belgien, die auch obergärige Hefe haben. Kannst du mal so zwei, drei Bierstile sagen, die sind interessant, wenn man das noch mal sehen will, was Hefe aromatisch noch machen kann im Bier?

Markus: Na ja, in der belgischen Welt, sagen wir, bei den normalen Bierstilen, wären wir da ganz klassisch bei einem Blonde, bei einem Tripel. Das sind die hellen Biere aus der belgischen Bierwelt. Bei den Tripel Bieren geht’s auch schon fast Richtung Banane, da hat man oft auch noch so pfeffrige Noten zum Beispiel. Beim Blonde hat man oft eher so dieses Apfel-Birne-Aroma so ein bisschen. Dann gibt’s dort Bierstile, die nennen sich Saison oder Farmhouse Ales, die oft nur mit obergärigen Hefen, manchmal auch mit wilden Hefen noch dazu vergoren werden, die dann eben auch so fruchtige und gewürzige Aromen aus den Hefen haben. Dann gibt’s die dunklen Biere in Belgien, das Dubbel, das Quadrupel zum Beispiel, das Dark, Strong Dark Ale. Da geht es dann in so eine dunkle Beeren-Aromatik. Viele assoziieren das zum Beispiel auch mit so Kaugummiaromen. Das ist schwierig, das muss man mal gerochen haben, um das dann auch wirklich so einordnen zu können.

Jörn Gutowski: Also ein Hubba Bubba oder sowas?

Markus: Hubba Bubba, genauso, ganz genau, in so eine Richtung. Dann eben wie gesagt, in den USA experimentieren die natürlich extrem mit verschiedensten Hefen. Und wenn man dann eben sowas hat wie eben Berliner Weisse, die die dort zum Beispiel mit Joghurtkulturen herstellen oder sowas, da kommen dann auch noch mal ganz eigene Aromen dazu. Vielleicht die spannendste Welt ists letzten Endes die belgische Sauerbier-Welt. Wobei den Begriff Sauerbier finde ich etwas unglücklich, weil das in Deutschland immer gleich mit negativ assoziiert wird. Das sind halt Biere, die bewusst Säure haben, die auch über Jahre hergestellt werden, was ein ganz komplexer Produktionsprozess ist, kennt man als Lambic oder Geuze. Und das gibt’s dann auch noch in einer Fruchtvariante. Und da sind eben viele wilde Hefen im Einsatz, die auch noch mal ein ganzes Bundle an Aromen mit sich bringen. Also insofern, da kann man nur sagen, probiert‘s, dann spürt‘s, so ungefähr. Also einfach mal rein verkosten, offen sein. Und ich setze es auch oft ganz bewusst bei Menüs ein. Wenn wir Bier-Dinner haben, dann serviere ich so ein belgisches Geuze einfach mal im Sektglas, relativ kühl, den Leuten am Anfang. Und sage denen gar nicht, was das ist. Dann sagen die immer: Ja, schön, dass wir hier so ein Bier-Dinner haben, aber wieso kriegen wir jetzt Champagner? Dann erkläre ich denen: Ist kein Champagner, ist Bier. Und so, glaube ich, muss man die Leute da auch ein bisschen ranführen, weil gerade in Deutschland viele einfach unter Bier das verstehen, was sie kennen. Und bei vielen hört der Horizont eigentlich schon beim Pils auf. Dann ist es immer ganz schwierig, denen zu sagen, du kriegst jetzt ein Bier, und ihnen dann ganz was anderes einzuschenken, als was sie kennen. Ich mache es oft so, dass ich ihnen erst was zu trinken gebe und dann mit ihnen erarbeite, wonach das riecht und wonach das schmeckt und ob sie das mögen. Und dann kommen wir erst dazu, dass das jetzt ein Bier ist und warum und wieso und was dahintersteckt.

Jörn Gutowski: Ja, das kann ich unterschreiben. Also diese Erfahrung mit der Berliner Weisse schon, auch das wieder, wenn man das einigen Leuten vorsetzt und sagt, hier ist ein Bier, probiere mal, dass die erste Reaktion erstmal eine Grimasse ist, weil man diese Säure nicht erwartet. Aber genau das, wenn ich sage, hier ist ein Cidre oder sowas in die Richtung, dass dann die Reaktion ganz anders ist.

Markus: Absolut!

Jörn Gutowski: Auch als deutschen Bierstil oder gerade Berliner Bierstil finde ich das superspannend, das ist auch meine Empfehlung für Leute, mal die Berliner Weisse, und das auch, weiß nein, nicht rot oder grün, nicht mit Sirup, sondern nur das Bier alleine zu probieren. Wenn man da eben mit dieser offenen Haltung rangeht, dass man diese apfeligen Noten, diese Frische, diese Spritzigkeit erwartet und nicht das typische Pilsaroma. Das ist interessant bei Berliner Weisse, weil die sehr wenig vom Malz und sehr wenig vom Hopfen, sondern sehr stark von der Hefe geprägt ist und von diesen sehr bestimmten Hefesorten, Brettanomyce, die da drin sind, plus diese Milchsäure-Vergärung als zweite. Was mal was ganz anderes ist, und das finde ich auch spannend, hey, das ist auch ein anderer Bierstil.

Markus: Absolut! Die Berliner Weisse kann ich auch nur empfehlen. Also erstmal vom Grund-Bierstil her natürlich, wie du schon sagst, die wilden Hefen machen da ihren Job. Das ist eben nicht nur die Milchsäure-Gärung, das ist vielleicht auch ein Punkt, da sollte man ein bisschen drauf achten, wenn man die echte quasi Berliner Weisse wirklich wieder probieren will, dann sollte man ein Bier nehmen, wo eben nicht nur Milchsäure-Gärung stattgefunden hat, sondern eben auch wilde Hefen mit Bestandteil waren. Das machen in Berlin momentan noch nicht so viele Brauer, aber das wird schon auch noch weiter zunehmen. Ist auch immer so ein Thema, weil diese wilden Hefen dann auch schwer zu kontrollieren sind. Da hat jeder Brauer Angst, dass die dann in der Brauerei eben ihr Unwesen treiben, auch da, wo man das nicht will.

Jörn Gutowski: Man braucht da quasi einen eigenen Bereich dafür, eigene (unv. #01:08:14.2#), die nur dafür sind, weil man ansonsten ein Problem hat.

Markus: Richtig, genau! Im Idealfall hat man dafür eine eigene Brauerei. Also der erste, der dafür eine Lösung gefunden hat, war der Jürgen Solkowski von Meierei in Potsdam. Der hat das so gemacht, dass er diese wilden Hefen dann in seine Fässer rein hat und dann praktisch die die Berliner Weisse Würze da hineingegeben hat. Und dadurch, dass dann das nur in den Fässern stattgefunden hat, konnte er eben diese wilde Gärung von der restlichen Brauerei so ein bisschen loslösen. Natürlich haben mittlerweile andere da noch geschmeidigere Lösungen entwickelt. Aber das ist wirklich ganz wichtig, dass man das eben dann trennt, wenn man andere Biere auch noch herstellt. Also da hat zum Beispiel die Ulrike Genz natürlich einen Vorteil, die macht fast nur so ihre wilden Biersorten von der Schneeeule und experimentiert da auch viel. Also hat auch Berliner Weisse mit Hopfen zum Beispiel mit richtig intensiven Hopfenaromen oder eben auch mit Ingwer, den mag ich total gerne, oder mit Chili. Da kann man natürlich tolle Sachen machen. Oder auch Lemke, die das zum Beispiel mit frischem Waldmeister machen, also wo man praktisch diese Idee der Himbeere oder Waldmeister Weissen aufgreift, aber nicht mit diesem zuckersüßen Sirup-Zeugs, sondern eben ganz bewusst sagt, wir arbeiten da mit frischen Früchten oder eben mit frischen Kräutern und vergären das mit. Und das sind auch supertolle Experimente, bis hin als letztes vielleicht auch so eine holzfassgelagerte Berliner Weisse, was auch Lemke macht, die Eiche. Das ist auch eine faszinierende Idee. Also sowas zusammenzubringen mit so karamelligen Aromen aus dem Holzfass, dann diese Säure, das ist ganz großes Kino und superspannend.

Jörn Gutowski: Da wird auch so ein bisschen experimentiert. Was ich vorher auch nicht kannte, das Thema der Reifung da nochmal im Fass, im Holz. Da wird mit unterschiedlichen Stilen auch mit experimentiert, sei es, ich glaube, klassischerweise gern aus dem Stout-Bereich, wo das natürlich sehr gut passt in diesem Bereich. Aber das war auch für mich eine neue Welt zu sagen, das sind fassgereifte Biere. Wo man dann natürlich auch, klar, auch preislich in andere Richtungen kommt, weil das natürlich eine ganz andere Sorgfalt, eine ganz andere Zeit, zeitliche Ressource auch dann in Anspruch nimmt. Aber das ist natürlich auch so ein interessantes Bild, wo man wirklich so bei Bier sagt, es gibt Durstlöscher, also schlankere Biere, die sollen auch einfach sein, die sollen süffig sein, und dann aber auch dieser andere Bereich, jetzt lass uns mal über Genuss reden, lass uns über auch Essensbegleitung sprechen, was du auch viel machst. Was sind da noch mal so ein paar interessante Sachen, wo du sagst, sei es natürlich Holzlagerung oder sonstige Dinge, die einfach noch mal eine ganz andere Welt aufmachen?

Markus: Ja, da gibt’s auch natürlich nochmal wieder viele tolle Möglichkeiten. Also die wahrscheinlich gängigste hast du jetzt gerade angesprochen, eben die Holzfasslagerung. Das ist was, was einerseits eine altbekannte Geschichte ist, weil es natürlich früher schon Holzfässer gab, aber man hat früher natürlich versucht, ganz bewusst den Kontakt zwischen Bier und Holz möglichst zu minimieren. Deswegen hat man die Holzfässer innen mit Pech, dieses Baumharz, ausgekleidet und eben dafür gesorgt, dass möglichst wenig Kontaktfläche zwischen eben Inhalt und Holz da war. Mittlerweile hat man das so ein bisschen entdeckt, um eigentlich das Gleiche zu machen wie beim Wein oder bei Spirituosen, dass man eben sagt: Im Gegenteil, ich versuche ganz bewusst durch das Holz eine Aromatik ins Bier zu bekommen. Nur ist das aber nicht so einfach: Einerseits darf man nicht vergessen, dass eine Spirituose mit einem ganz anderen Alkoholprozentsatz in so ein Fass hineinkommt und der Alkohol natürlich dann als Lösungsmittel auch nochmal ganz andere Eigenschaften hat, aus dem Holz entsprechend Aromen rauszuholen. Und dann ist es beim Bier natürlich auch so, dass das aufgrund des niedrigen Alkoholgehalts noch dazu auch anfällig ist für Infektionen aller Art und im Holz natürlich auch Bakterien aller Art sein können. Deswegen ist eben Holzfasslagerung wirklich gar nicht so einfach. Das hat sich dann eher eingebürgert, tatsächlich ziemlich starke Biere in Holzfässer zu stecken, also zum Beispiel eben Imperial Stouts oder dunkle Doppelböcke oder sowas, wo ich vom Alkoholgehalt schon deutlich über 10 % liege. Das stabilisiert das Ganze wieder ein bisschen und erhöht auch ein bisschen die Aromen-aufnahme. Und dass man bei den Fässern auch dann weggekommen ist von normalen Holzfässern zu Fässern, wo vorher schon was anderes drin war. Also zum Beispiel ein Whiskyfass, ein Ginfass, ein Rumfass, irgend sowas, und man dann eben das frisch lehrt, mit Stickstoff füllt, so dass dann immer noch diese Rum-Aromatik zum Beispiel in diesem Fass ist, und dann eben das Bier hineingibt und das dann nicht nur Holzaromen nimmt, sondern eben auch diese Rum-Restaromen aus diesem Fass.

Jörn Gutowski: So ein bisschen von diesen Scotch Whisky Brennern geklaut die Idee.

Markus: Ja, natürlich! Und eben noch dazu dann jetzt sagt, dann lasse ich das aber nicht nur alleine, sondern dann blende ich das auch noch und nehme mir dann zum Beispiel verschiedene Fässer, in denen verschiedene Spirituosen vorher drin waren und vielleicht auch normale Fässer, und habe da jeweils Bier drin. Dann mache ich daraus dann eine Mischung, einen Blend, eine Cuvée, und habe dann am Ende wirklich ein ganz einzigartiges Produkt. Das ist natürlich toll, also aromatisch sensationell, da gibt’s ganz, ganz tolle Beispiele. Problem an der Geschichte ist oft, dass es nicht reproduzierbar ist, weil das dann einfach was ist, das kann ich einmal so herstellen, und wenn dann die Fässer leer sind, dann war‘s das auch. Dann muss ich wieder neu anfangen, wieder neue Ideen haben. Und das andere ist natürlich, dass dieses Verfahren auch sehr, sehr kostspielig und zeitintensiv ist und solche Biere natürlich dann auch entsprechend ein Preisschild haben müssen, was anders ausschaut als bei dem normalen Bier. Aber wie gesagt, es gibt faszinierende Vertreter dieser Art. Ich muss sagen, worauf wir natürlich immer ein bisschen achten, gerade bei den Bierwettbewerben, ist natürlich, dass es verhältnismäßig einfach ist zu sagen: Ich nehme jetzt einfach ein Imperial Stout und haue das in ein Whiskyfass und fülle das dann ein halbes Jahr später ab, weil dann habe ich natürlich eine sehr intensive Aromatik aus dem Bier und eine sehr intensive Aromatik aus dem Whisky und irgendwie haut das alle Leute um, weil es völlig intensiv ist. Aber auf der anderen Seite geht’s nicht nur darum, sondern es geht eben auch darum: Ist das harmonisch, ist das spannend? Spielen die beiden Komponenten miteinander, also das Bier, das Fass oder vielleicht auch die Spirituose? Ist das insgesamt eine runde Geschichte und so? Da gibt’s dann eben auch Biere mittlerweile, die eben zum Beispiel im Alkoholgehalt eher bei fünf, sechs Prozent liegen und vielleicht nur einen leichten Holztouch haben, der aber dann wieder sehr spannend ist. Und dann ist das insgesamt vielleicht die größere Kunst, sowas herzustellen als eben so ein 12 % Whisky Stout. Da muss man eben auch ein bisschen gucken, dass man nicht nur die Brauer belohnt, die jetzt da nach der Methode „viel hilft viel“ arbeiten, sondern eben auch ein bisschen schaut, wo ist denn da wirklich handwerkliche Kunst und eine Idee und ein wirklich ganz besonderes Produkt dabei.

Jörn Gutowski: Spannend! Vielleicht abschließend zwei Sachen. Einmal, wir hatten vorher schon, also wir haben ja gesprochen, dass es bei den Bier-Stilistiken malzbetonte oder hopfenbetonte oder hefebetonte Biere gibt. Und du hast auch schon so angeklungen, es gibt auch interessante dann Mischungen wie vielleicht jetzt ein dunkles Hefe, was Malz und Hefe reinbringt, geschmacklich. Gibt es denn aus deiner Sicht auch ein Bier, was den Dreiklang hat aus so zu gleichen Teilen malz-, hopfen- und hefebetont ist?

M: Ja, ich überlege grad. Das ist gar nicht so einfach. Also zu gleichen Teilen muss ich fast sagen, nein. Es gibt natürlich tolle Biere, zum Beispiel Black IPAs oder so, aber da spielt die Hefe keine große Rolle, da bin ich in der Mischung zwischen Malz und Hopfen. Ich habe diese belgischen dunklen Biere, zum Beispiel Quadrupel, Dubbel oder so, die dann entsprechend auch wieder Malz- und Hefe-Aromatik spielen, Hefe und Hopfen.

Jörn Gutowski: Gibt es ein dunkles Weizen IPA?

Markus: Mittlerweile gibt’s natürlich alles. Also natürlich gibt’s das und das wird man irgendwo kaufen können. Aber das Problem ist, es ist, glaube ich, unheimlich schwer, wenn nicht sogar unmöglich, diese Aromen wirklich so in Einklang zu bringen, dass man die alle miteinander schmeckt und entsprechend die Herkunft auch noch zuordnen kann. Das ist, glaube ich, wirklich schwer. Wie gesagt, auf dem Markt gibt’s das garantiert, und wenn man das entsprechend vorher den Leuten so beschreibt, dann werden sie das auch schmecken. Also von den genuinen Bierstilen her wüsste ich jetzt automatisch eigentlich nichts, was das wirklich alles miteinander widerspiegelt. Ist schwierig, ich meine, letzten Endes, wenn man ein schönes englisches Pale Ale nimmt, dann hat man eine Ausgewogenheit zwischen Malz und Hopfen und hat irgendwo auch noch ein bisschen Ester aus der Hefe. Man könnte das schon irgendwie darstellen. Aber das ist auch schwierig, das ist ähnlich wie beim Kochen auch. Wenn du jetzt sagst, du kochst irgendeine Suppe und haust von jedem Gewürz 20 Gramm rein, dann liest sich das super auf der Zutatenliste, aber ob das dann wirklich irgendjemand schmeckt und ob der dann in der Lage ist, was weiß ich, Thymian, Koriander, Salz, Pfeffer, was man alles da reinschmeißen kann, Ingwer, raus zu schmecken, das ist dann natürlich irgendwann auch schwierig. Deswegen ist, glaube ich, auch so der Punkt, dass die wahre Kunst, glaube ich, eher besteht, wirklich ein gutes Produkt, was schon eine gewisse Palette widerspiegelt, aber auch eine Erkennbarkeit hat und wo man auch sagt, das ist jetzt wirklich spannend, zum Beispiel da jetzt diese Hopfen-Aromatik sehr schön wahrnehmen zu können. Wäre mir ein zu viel an verschiedenen Sachen wahrscheinlich am Ende auch wirklich zu viel.

Jörn Gutowski: Du kennst dich so viel aus mit Bier, hat es dich eigentlich irgendwann selber in den Fingern gejuckt, eine eigene Brauerei zu eröffnen?

Markus: Eine eigene Brauerei zu eröffnen, Gott sei Dank nicht. Weil Gott sei Dank auch vorher der Versuch da war, überhaupt erstmal Bier selber zu machen. Natürlich weiß ich, wie das geht, und ich habe auch mit Braukursen schon des Öfteren Bier gebraut, aber man muss eben noch viele Eigenschaften haben, die ich nicht oder zumindest nicht so gut habe, um am Ende ein gutes Bier machen zu können. Das ist ganz wichtig, vor allem eben ein Verständnis für den Prozess, für die Hygiene, für die Temperaturen, für all das, was eben der Brauer auch in seiner jahrelangen Ausbildung lernt. Also das vergessen auch viele Biersommeliers immer, da macht man zwei Wochen irgendeinen Kurs oder bei uns 16 Wochen, aber trotzdem, das ist was anderes als da wirklich jahrelang eine Ausbildung zu machen. Das fehlt mir natürlich und ich weiß auch, ich habe da den Hang auch gar nicht dazu, da bin ich zu wenig perfektionistisch und zu ungeduldig auch. Also dementsprechend, also weiß ich wie es funktioniert und habe den Prozess auch schon ein paar Mal gemacht, aber ich war mit dem Ergebnis nie wirklich zufrieden und bin eigentlich heilfroh, dass es Leute gibt, die das wirklich richtig gut können und deren Ergebnisse ich dann Gott sei Dank trinken darf.

Jörn Gutowski: Wunderbar! Meine letzte Frage wäre, Markus: Was denkst du, was für Biere trinken wir so in 15 Jahren, also wo geht da die Reise hin? Glaubst du, dass wir anders Bier trinken werden, oder wird das ähnlich bleiben?

Markus: Ich glaube, das letzte ist der Punkt, wir werden anders Bier trinken und wir werden anderes Bier trinken. Wobei die Frage nochmal ist, wer ist wir? Also du und ich, wir beide werden wahrscheinlich mehr oder weniger ähnliche Biere trinken wie jetzt auch. Aber wenn man vom gesamten Markt her sieht, da zeichnen sich ganz klare Tendenzen ab. Also die eine Tendenz ist Richtung alkoholfrei. Man hat jetzt gerade bei der jungen Zielgruppe immer größere Anteile von Leuten, die einfach zwar gerne Bier trinken, aber eben nicht mit Alkohol. Da ist entsprechend ein großes Angebot auch schon da, also im Ausland noch größer als bei uns, aber es wächst bei uns jetzt auch enorm. Und ich bin mir sicher, dass in 20 Jahren mich meine Enkel fragen werden: Warum trinkst du überhaupt Bier mit Alkohol, es doch genügend ohne? Und warum musst du dir dieses Gift überhaupt zuführen, wenn man das anders auch kann? Dementsprechend wird sich da, glaube ich, (unv. #01:19:14.3#)

Jörn Gutowski: Macht aber so lustig.

Markus: Ja, ja, genau! Da dreht er seine Rollstuhlkreise ein bisschen schneller. Nein, ich weiß auch nicht. Das wird sicherlich ein Thema sein, weil auch das Thema Gesundheit natürlich eine Rolle spielt. Das ist mir persönlich auch immer ganz wichtig, den Brauereien jetzt zu sagen, gerade den mittelständischen bei uns, wer sich dem jetzt verweigert und verschließt, auch das alkoholfreie Segment zu erschließen, der wird in zehn Jahren ein großes Problem haben. Weil da andere dann so einen Vorsprung haben, dass ich kaum mehr da nachkommen kann. Und damit geht natürlich einher, ein entsprechender Verlust an Absatz an normalen Bieren. Auch das muss ich dann irgendwie kompensieren. Jetzt haben die gerade alle noch Saft und Kraft und deswegen wird es jetzt Sinn machen, sich das auf jeden Fall zu erschließen. Der andere Punkt ist natürlich auch wichtig, dieses ganze Thema rund um Nachhaltigkeit, Regionalität und so, da wird sich sicherlich auch viel tun. Es wird viel Brauereien geben, die mit ihren Rohstoffen noch viel regionaler denken, also sich selbst ihr eigenes Malz zum Beispiel wieder herstellen, mit dem Bauern um die Ecke da kooperieren, entsprechend auch den Hopfen nahe haben und da auch viel experimenteller unterwegs sind. Ich glaube, da wird viel passieren, und es wird sich auch der Trend verstetigen, den wir jetzt schon haben, nämlich dass sich die ganze Bierwelt internationalisiert. Vor 20 Jahren war es noch so, wenn jemand mir ein Weizen hergestellt hat, dann war klar, dass das zu 99 % Wahrscheinlichkeit aus Bayern kommt. Und wenn mir jemand ein Blonde hingestellt hat, dann war das belgisch, und ein Pale Ale war eben englisch oder amerikanisch. Aber heute braut jede Brauerei auf der Welt jeden Bierstil und das wird noch viel mehr werden, so dass es eigentlich eher so eine globale Bierkultur gibt, wo es immer wieder mal so neue Erfindungen, neue Ideen gibt und jeder sich so selber so ein bisschen auslebt. Das ist aber auch was, was ich ganz besonders schätze, ich bin gerade auch global viel unterwegs und da kann man wirklich in jeder Brauerei immer wieder andocken. Das ist einfach nur schön, da eben schon zu erleben, dass egal, ob du jetzt in China, in Russland, in Chile, was weiß ich, auf Taiwan oder sonst wo bist, die Leute trinken alle gerne Bier, die haben eine Faszination für das Thema, und das sind einfach Menschen. Das ist so wichtig in der heutigen Zeit, das zu verstehen, dass das Bier da wirklich ein gutes Mittel sein kann, das auch zu transportieren.

Jörn Gutowski: Markus, was für ein wunderbares Schlusswort, würde ich sagen.

Markus: Danke!

Jörn Gutowski: Man kann natürlich noch so ewig lange über Bier reden, aber ich denke, wir machen einen Cut und ich würde mich freuen, irgendwie in Zukunft das Gespräch mal fortzusetzen. Vielleicht dann auch in Real Life, wie man so schön sagt, mit einem leckeren Bier. Und wir sagen einfach, das ist beruflich, dass du dann auch ein Bier trinken darfst.

Markus: Auf jeden Fall! Und wir können dann vielleicht auch nochmal das Thema Food Pairing aufs Korn nehmen. Das ist nämlich wirklich spannend, weil sich da in den letzten Jahren einfach was getan hat.

Jörn Gutowski: Genau!

Markus: Es gibt einen deutschen Forscher, den du auch kennst, den Professor Vilgis, der eigentlich so als erster es geschafft hat, Food Pairing auch wirklich auf eine wissenschaftliche Basis zu stellen, so dass man jetzt auch wirklich begründen kann, warum Dinge miteinander harmonieren und nicht. Auf der Basis haben wir unsere Ausbildung auch in der Hinsicht aufgebaut. Das ist wirklich spannend zu sehen, wie das funktioniert und dass es funktioniert.

Jörn Gutowski: Das wäre doch mal ein schönes Thema.

Markus: Jo!

Jörn Gutowski: Am liebsten natürlich für mich, wenn ich dann gleich das auch probieren darf.

Markus: Da machen wir einen Live-Podcast und probieren dann so ein bisschen rum.

Jörn Gutowski: Super, wunderbar! Markus, ganz herzlichen Dank dir!

Markus: Sehr schön! Ja, gerne.

Jörn Gutowski: Das war sehr erhellend für mich.

Markus: Auch vielen Dank und auch für deine Offenheit und dass ich die Möglichkeit habe, auch mit dir zu reden. Wunderbar! Toll!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 66 – Interview mit Martin Zuber, Braumeister, Biersommelier und Inhaber von MZ Brew Consulting in Holzkirchen

Martin Zuber hat schon viel erlebt in der Brauwelt. Zu den Sternstunden des Braumeister gehörte sicherlich die Zeit als Braumeister der Brauerei im Eiswerk, in der er in maximal historischem Umfeld spannende Bierkreationen entwickeln durfte. Nach der Zwangsschließung durch den Paulaner-Umzug am Nockherberg ging es für den sympathischen Oberbayern zurück zu den Wurzeln, nach Bad Tölz zur Mühlfeldbräu und aktuell zum Bräu z’Loh. Außerdem wandelt Martin auf selbständigen Pfaden und berät viele Brauereien und andere Player in der Branche, doch hört am besten selbst…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Hallo BierTalk-Freunde! Wir sind schon beim 66. BierTalk, eine schöne Schnapszahl. Schon Udo Jürgens hat gesungen „Mit 66 fängt das Leben erst an“. So ist es bei uns im BierTalk wahrscheinlich auch, aber für diese besondere Sendung haben wir uns natürlich einen besonderen Gast auch eingeladen, und zwar ist das der Martin Zuber. Viele kennen ihn vielleicht noch aus der Brauerei im Eiswerk hier in München. Am Mikrofon ist natürlich der Holger und wie immer der …

Markus: … Markus.

Holger: Wunderbar! Martin, grüß dich, herzlich willkommen und servus! Schön, dass du da bist. Vielleicht stellst du dich den Hörern einfach mal selber vor.

Martin Zuber: Es freut mich natürlich sehr, dass ich beim BierTalk dabei sein darf. Ich begrüße natürlich alle BierTalk-Freunde. 66 Jahre bin ich noch nicht, aber Ende 50, und habe natürlich schon eine lange Karriere in der Bierbranche. Ich glaube, das war auch der Grund, warum ich hier eingeladen wurde und etwas über meine Karriere und was ich jetzt noch so alles tue in der Bierbranche zu erzählen.

Holger: Ganz genau! Du kannst vielleicht die Hörer einfach abholen, also ich erinnere mich, hier in München Braukunst Live!, da war dann die Brauerei im Eiswerk vertreten und du hast gemeinsam mit der Tanja Leidgschwendner eben unglaubliche Spezialitäten gebraut und sehr auf Qualität geachtet. Dann gab‘s die Umbaumaßnahme und soviel ich weiß 2019 ist dann das Eiswerk geschlossen worden. Du kannst uns vielleicht so bei der Braukunst Live! abholen und dann einfach mal weitermachen, wo du jetzt gerade stehst.

Martin Zuber: Die Brauerei am Eiswerk war zunächst eine Pilot-Brauerei, wo man nur Versuche gefahren hat, aber auch für Öffentlichkeitsarbeit genutzt hatte. Irgendwann kam man dazu, dass man die tollen Biere auch vermarkten wollte und das haben wir dann auch getan. Das Spannende war für mich, dass ich auch sehr viel Freiheiten hatte, mich mit neuen Bierstilen auszutoben. Da habe ich natürlich die Craftbier-Szene auch beglücken dürfen mit dem einen oder anderen Bier. Heute nutze ich diese Erfahrungen immer noch und ich bin auch mit involviert in Entwicklung von neuen Bieren und in meiner jetzigen Tätigkeit auch. Das ist eigentlich das Schöne, dass man aufgrund seiner Erfahrung, das geht ja nicht verloren, und dieses Wissen und diese Erfahrung gebe ich heute auch noch gerne weiter.

Holger: Das heißt, du bist selbstständig und braust dann im Auftrag bestimmte Stile, bestimmte Biere, die andere gerne in ihrem Portfolio haben wollen?

Martin Zuber: Letztes Jahr habe ich meine selbstständige Tätigkeit aufgebaut und habe mich sehr breit aufgestellt, was im Nachhinein natürlich sehr günstig war aufgrund der Corona-Situation. Ein Bereich ist auch, Biere weiterzuentwickeln oder neue Biere zu entwickeln. Ja, das ist ein Bereich, wo ich jetzt tätig bin.

Holger: Wie läuft das dann ab? Du bekommst irgendeine Anfrage von den großen Brauereien oder von den kleinen Brauereien oder bist du nur in der Craftbier-Szene und die möchten dann, was weiß ich, eine Kopie des genialen Bourbon Bocks aus der Eiswerk-Zeit und du machst ihn dann nochmal, oder wie geht das?

Martin Zuber: Ganz so ist es natürlich nicht, dass ich jetzt von Großbrauereien Aufträge bekomme, aber ich bin zum Beispiel momentan auch Interims-Braumeister bei Bräu z’Loh hier im operativen Bereich, aber auch in Verbesserung von Prozessen, aber auch Entwicklung von einem neuen Bier. Des Weiteren auch kleine Brauereien oder auch andere, die fragen mich an, ob ich sie unterstützen kann für einen neuen Bierstil. Das verrate ich jetzt schon, ich habe auch das Eiswerk 1851, das war unser erstes Bier im Eiswerk, was wir gebraut haben, das war ein Märzen, und das habe ich jetzt nachbrauen dürfen. Ist seit letzter Woche erhältlich.

Holger: Wir haben auch einen Kontakt zur Familie Lohmeier schon im BierTalk gehabt, wenn sich die Hörer vielleicht erinnern. Das ist auch ein ganz sympathischer Talk gewesen mit der Inhaberin. Da ist vieles im Umbruch und du unterstützt die Brauerei im Moment, wenn ich richtig verstanden habe?

Martin Zuber: Ja, genau! Ich kenne Babsi schon länger, sie hat bei uns im Eiswerk mal ihr Spezialbier abgefüllt und da ist der Kontakt hergestellt worden. Wir waren eigentlich immer freundschaftlich, immer im Kontakt. Und seit diesem Jahr im Februar unterstütze ich sie oder ihre Braumeisterin, die hat jetzt die Stelle gewechselt und jetzt mache ich so Interims-Management. Das klappt total gut und wir haben echt viele Gespräche und Ideen, die wir uns gegenseitig austauschen, um, wie du gesagt hast, den gewissen Umbruch voranzutreiben und auf eine richtig gute Erfolgsspur zu bringen.

Holger: Jetzt müssen wir einmal ganz kurz nach Oberfranken schalten. Bamberg, hallo Bamberg! Ist Bamberg da?

Markus: Ja, ja, Bamberg ist da, Bamberg ist immer noch fasziniert. Es ist natürlich toll, also gerade bei der Babsi freut es mich total, dass sie da mit dir jetzt echt eine gute Unterstützung hat. Es war ein toller BierTalk und da hat man eben auch so richtig gemerkt, was eben die Brauer heutzutage bewegt, also gerade in diesem Umfeld eben mit dem Umbruch, der sowieso stattfindet mit dem Generationswechsel, mit dem ganzen Thema jetzt mit Corona, mit den Einschränkungen. Und da ist es natürlich unheimlich wichtig, wenn dann jemand unterstützt, der einfach Erfahrung hat und das Ganze weiter nach vorne bringt. Das finde ich natürlich richtig cool und ich habe natürlich auch deine Website angeschaut. Das schaut natürlich auch cool aus, Martin Zuber Brew Consulting heißt es glaube ich. Also auch sehr spannend. Und ich habe auch schon mit Lust verfolgt, was du alles an Veranstaltungen machst und bin über den Holzfassanzapf-Kurs gestolpert. Was ist denn das und was lernt man da?

Martin Zuber: Diese Anzapfkurse haben wir früher schon immer durchgeführt für Politiker, die nervös waren, weil sie in einem Bierzelt ein Holzfass anzapfen mussten. Da haben wir einfach gesagt, die sollen ein bisschen professioneller auftreten, und dann haben wir Holzfassanzapf-Kurse angeboten. Bis hin zu den Bierköniginnen, Bayerische Bierköniginnen, denen habe ich auch immer das Anzapfen beigebracht. Das plane ich auch weiterhin anzubieten. Und ich arbeite da auch zusammen mit der Schlossbrauerei Valley. Das ist bei mir in der Region. Das ist eine kleine Brauerei, die Graf Arco gehört. Mit dieser Brauerei arbeiten wir zusammen und da haben wir vor, gewisse Veranstaltungen durchzuführen, was natürlich jetzt Corona-bedingt sehr schwierig war. Aber die Idee ist vorhanden und ich denke mal, dass wir jetzt demnächst weiter durchstarten werden.

Markus: Ja, auf jeden Fall! Ich meine, gut, bei den Veranstaltungen geht’s uns auch so, aber es wird jetzt wieder, also es schaut gut aus, Bamberg ist jetzt wirklich ganz nah an der Null. Insofern, es wird. Aber nochmal zurück zu diesen Holzfassanzapf-Kursen. Das heißt also, da hat man dann, was weiß ich, zehn 50er Fässer dastehen und dann müssen die das entsprechend üben. Und wer trinkt dann das ganze Bier?

Martin Zuber: Das geht natürlich so nicht, ganz klar. Wir haben ein leeres Fass und am leeren Fass wird trainiert. Das heißt: Wie halte ich den Schlegel? Wie wird der Wechsel genau positioniert? Wie ist meine Körperhaltung? Und so weiter und so fort. Das übt man am leeren Fass und man kann so lange üben, wie man mag. Man macht das Fass dann wieder zu. Und das Finale ist dann, wenn sich der Lernende, wenn er sich sicher fühlt, dann darf er zum Schluss auf ein volles Fass anzapfen. Letztendlich ist Training am leeren Fass und zum Schluss darf er ein volles Fass anzapfen. Das wird dann meistens auch probiert logischerweise.

Holger: Das ist doch jetzt ein sehr, sehr schönes Stichwort, probieren und Fass anstechen. Ich weiß nicht, ob einer von uns dreien ein Fass gerade anstechen könnte. Aber wir haben unsere Biere dabei. Martin, du als Gast hast natürlich den Vortritt. Was hast du dir denn für heute überlegt und mitgebracht? Und lass doch mal hören, was dein erstes Bier ist.

Martin Zuber: Mein Bier ist ein Märzen. Ich liebe den Bierstil Märzen, weil ich sag immer oder habe immer gesagt, das ist eine bedrohte Bierart, Gott sei Dank durch die aufkommende Biervielfalt besinnen sich viele Brauereien wieder auf diesen alten Bierstil. Dieses Märzen habe ich als Auftrag bekommen und habe das gebraut bei der Tölzer Mühlfeldbrauerei, 10 Hektoliter. Das wird jetzt gerade vermarktet. Ich habe gestern meinen Anteil, zwei Träger, von Tölz geholt und habe es gestern Abend schon verkostet. Und das möchte ich heute auch mit euch verkosten.

Holger: Sehr schön! So eine Art Haustrunk hast du dann bekommen?

Martin Zuber: Ja, das haben wir halt gleich vereinbart, dass ich von dem Bier auf alle Fälle zwei Träger bekomme, weil ich natürlich auch viele Bekannte habe, die auch neugierig sind auf dieses Bier. Das wird jetzt in den nächsten zwei Wochen wahrscheinlich schnell verteilt werden.

Holger: Sehr schön! Dann mach mal auf.

Martin Zuber: Ich kann es gerne auch erklären. Es ist von der Farbe ein klassisches, ich sage mal, südbayerisches Märzen, also kein österreichisches Märzen. Auch außerhalb von Südbayern gibt’s natürlich auch Märzen, die eher heller sind in der Farbe. Dieses Bier hat eine richtig schöne dunkle Honigfarbe. Der Schaum ist auch nicht ganz weiß, der hat leicht karamellige Noten. Das liegt auch daran, dass wir bei der Malzschüttung Karamellmalz verwenden, also Münchner Malz, Karamellmalz, und Pilsener Malz. Und dann bekommt das so eine tolle Farbe. Das Bier ist sehr gut abgelagert, Tölzer Mühlfeld gehört auch zu der Slow Brewing Community. Das heißt, wir haben eine lange Reifungsphase. Dadurch ist das Bier, obwohl es nicht filtriert ist, sehr klar. Dadurch eine richtige leuchtende, schöne Farbe. Ich probiere es jetzt gleich mal und riech mal rein. Auch hier kommen diese Karamellnoten durch, also reine wirklich tolle Malznoten, leichte Fruchtnoten. Und wenn ich es jetzt probieren darf, das hat einen sehr weiches Mundgefühl. Es ist sehr cremig im Abgang. Also ich sage mal, ein geschmeidiges Bier. Und auch hier dominieren so die Malzaromen, diese malzigen Noten. Leichte Hopfennoten kommen natürlich auch durch. Und ich verwende immer ganz gerne für so ein klassisches Märzen nur Aromahopfen, welchen, ist ein bisschen ein Geheimnis. Aber es sind traditionelle Landsorten. Also diese Kombination auch von Bitterstoffen und Malzaromen bringt eigentlich auch eine hohe Drinkability. Weil ich sage mal, Märzen ist auch ein Bier, wo man auch zwei oder drei Halbe trinken darf.

Holger: Unbedingt! Du hast vorhin schon gesagt bei der Vorstellung, dass das so ein bisschen an das Eiswerk 1881 erinnert. Das war damals auch ein Märzen. Ich erinnere mich noch, ihr hattet immer nur mittwochs auf und dann nur zwischen 17 und 19 Uhr. Und das war für mich gar nicht so einfach von der Arbeit dann da noch hin. Damals war das in 0,33er Flaschen und ich glaube, es hat damals 3,50 Euro gekostet. Das weiß ich noch. Jetzt, wo du es gerade beschrieben hast, da kommen mir Geschmackserinnerungen auf die Zunge. Also wirklich ein tolles Bier. Toll!

Martin Zuber: Das war auch mein Ziel, dieses Bier nach zu brauen. Man ist natürlich immer gespannt, ob das einem auch so gelingt in einer anderen Braustätte. So wie ich mich jetzt auch an das damalige Eiswerk 1881 erinnere, kommt das sehr, sehr nah hin.

Holger: Markus, hast du denn auch Eiswerk-Biere damals probiert und kannst du dich auch noch daran erinnern?

Markus: Nicht so gut wie du, muss ich sagen. Ich habe die natürlich probiert und ich weiß auch noch, dass ich sie auf jeden Fall gut fand, aber ich muss sagen, ich habe jetzt nicht mehr ganz genau im Kopf, wie das war. Aber grundsätzlich ist Märzen für mich einer meiner absoluten Lieblings-Bierstile. Und so unter uns: Es ist auch eine urfränkischer Bierstil. Also insofern sind wir da auch total bei mir zu Hause. Ich bin auch von Bad Tölz immer wieder begeistert, weil viele Leute wissen gar nicht, dass das auch so eine richtig große Bierstadt war mit einer zweistelligen Anzahl von Brauereien, und das in letzter Zeit wieder so ein bisschen ausgelebt wird, bis hin zu Schulprojekten, wo man dann wieder versucht eben, mit den jungen Nachwuchs-Biertrinkern sozusagen gemeinsam Bier zu brauen. Und auch die Tölzer Mühlfeldbräu finde ich echt einen tollen Laden, wo einfach das Moderne so ein bisschen vereint wird mit der klassischen bayerischen Bierkultur und Gemütlichkeit. Das ist schon schön. Ich komme da immer gerne hin. Es ist natürlich auch eine tolle Location und eine schöne Umgebung dort. Also allein vom Freizeitwert ist das natürlich wirklich ganz toll. Ich habe auch noch ein paar Liter-Flaschen von der Tölzer Mühlfeldbräu bei mir. Ein paar sind leer, ein paar sind noch voll. Also auch sehr, sehr spannende Geschichte. Ich weiß nicht, Martin, wann kamst du da zum ersten Mal hin?

Martin Zuber: Ich wohne jetzt 15 Kilometer weg von Tölz, dadurch kennt man sich natürlich sehr gut. Und das war auch so hier mein Ansinnen, dass man die Brauereien, die kleinen Brauereien hier im Oberland, dass man guten Kontakt untereinander aufbaut und ausbaut. Ich habe letztes Jahr im Oktober, wo es Corona-bedingt gerade mal möglich war, so eine Biertour Oberland angeboten und das wurde auch sehr gut angenommen. Wir haben über 30 Teilnehmer gehabt und wir sind von Holzkirchen gestartet, über die Schlossbrauerei Valley, sind dann nach Tölz gefahren, haben dann eine Brauerei-Besichtigung gemacht, Bier verkostet. Sind dann zu Markus Hoppe, zu Hoppebräu, gefahren, haben dort auch Biere verkostet, sodass wir so ein bisschen eine Melange hatten von traditionellen Bieren, aber auch bis hin zum Craftbier. Und zum Schluss waren wir dann im historischen Wirtshaus im Oberland, sehr, sehr urig. Das war echt eine tolle, gelungene Veranstaltung. Das wollen wir auch weiterhin anbieten und vielleicht auch noch in anderen Regionen. Das war so die Kombi zwischen Biererlebnis und Biertradition. Und wie du richtig gesagt hast, die Bierstadt Bad Tölz mit damals 22 Brauereien Anfang des 19. Jahrhunderts ist natürlich auch geschichtlich sehr spannend für Bier-Interessierte.

Markus: Jetzt hast du mir richtig Lust gemacht, Holgers Frage zu beantworten. Natürlich habe ich mir auch ein Bier ausgesucht, und weil ich mir gedacht habe, mit so besonderen Leuten und mit so einem besonderen Datum muss es auch ein besonderes Bier sein. Lass ich euch mal was hören. Da merkt ihr schon, das ist eine Flasche, die ist eingepackt in relativ dickem Packpapier, also was auch da Besonderes. Jetzt mache ich die mal ein bisschen oben auf und öffne mal. Und lass das jetzt mal in mein Glas laufen. So! Jetzt haben die einen oder anderen vielleicht gedacht so wegen der Verpackung, vielleicht ist das eher ein Bier aus dem deutschen Norden. Aber ist es gar nicht, das ist eine Flasche, die habe ich zugeschickt bekommen, und zwar gibt’s eine neue Brauerei in Großbritannien, die jetzt gerade angefangen haben, und haben mir von ihrem ersten Bier zwei Probeflaschen geschickt. Und das Ganze nennt sich Impossibrew. Hört sich schon mal irgendwie ein bisschen schräg an. Der Gedanke dahinter ist eigentlich ein bisschen tragisch, weil der Inhaber, der Mark, eigentlich so ein klassischer Bierfreund und Bierfan war und dann hat ihm sein Arzt gesagt: Junge, das mit dem Bier ist nicht so gut für dich. Lass das vielleicht mal lieber bleiben mit dem Alkohol. Dann hat er sich überlegt: Was tun? Und hat dann beschlossen: Dann versuche ich ein alkoholfreies Bier zu machen. Solange jetzt auch noch keine wirklich neue Story. Aber er hat sich eben überlegt, normalerweise trinkt man das Bier auch mit dem Alkohol, um sich so ein bisschen zu entspannen, um Spaß zu haben, um den Geist zu beruhigen so. Und das wollte er in dem Bier auch drin haben. Und hat dann so ein bisschen rumgeforscht und hat dann rausgefunden, dass es ein japanisches Gegenstück zur Hildegard von Bingen gibt. Also einen alten Mönch, der so um 1200 nach Christus ganz viel geschrieben hat über japanische Heilkräuter. Und dann hat er aus diesem Buch sich eben drei Kräuter rausgenommen, die er für dieses Bier mit verwendet. Dementsprechend hat man jetzt eben hier ein alkoholfreies Lager, also ein International Lager, gebraut mit unter anderem einer Art von grünem Tee und Ginseng und anderen Kräutern. Und natürlich auch Hopfen, weil auch das Xanthohumol, was im Hopfen ist, ein schön beruhigendes Mittel ist. Jetzt habe ich hier ein schönes goldgelb leuchtendes Bier in meinem Glas. Schaut auf jeden Fall stiltypisch aus. Ich rieche mal. Ah ja! Und da hat man dann so ein bisschen das, was man von einem alkoholfreien untergärigen Bier kennt, also ein bisschen süßliche, malzige Noten, aber drüber liegt dann tatsächlich auch so ein bisschen eine Kräuternote, die so ein bisschen auch tatsächlich so an grünen Tee erinnert, so an Mate. Jetzt probieren wir das Ganze mal. Mhm (bejahend). Erstaunlich wenig süß, eine ordentliche Bittere und hinten raus kommt tatsächlich so ein teeiger Geschmack fast ein bisschen wie Jasmintee. Und dann kommt der Hopfen und man hat so ein bisschen altbekanntes Biergefühl. In der Mitte ist es vielleicht ein bisschen leer, aber es ist auch relativ kalt. Also spannend auf jeden Fall und für mich ein tolles Beispiel, was jetzt eben gerade so auf der Welt passiert, dass man gerade mit dem Thema alkoholfrei sich auseinandersetzt und gerade auch versucht, diese positiven gesundheitlichen Aspekte, die Bier grundsätzlich hat, dann eben vielleicht sogar noch ein bisschen anzureichern. Und ohne Alkohol kann man die auch schön nach vorne stellen. Also in diesem Sinne: Prost! An diesem Morgen haben wir mal ein ganz, ganz neues Bier aufgemacht.

Holger: Sehr gut!

Martin Zuber: Das hört sich sehr spannend an.

Holger: Martin, du hast doch sicher auch jetzt viel mit alkoholfreien Rezepturen zu tun. Das ist ja ein Stil, der ganz stark im Kommen ist. Die Alkoholfreien werden immer mehr und immer besser. Wie stehst du denn dazu?

Martin Zuber: Ganz ehrlich, mit alkoholfreien Bieren habe ich relativ wenig experimentiert, weil einfach die Nachfrage an Spezialbieren mit Alkohol einfach größer war. Ich habe mir sehr viele Gedanken über alkoholfreie Biere natürlich auch gemacht und ich finde das superspannend, was es auf dem Markt auch gibt mit hopfengestopften, alkoholfreien Bieren.

Holger: Jetzt fehle ich noch irgendwie in der Runde, oder?

Markus: Absolut! Dann leg mal los!

Holger: Ihr wollt mich nicht verdursten lassen, gehe ich davon aus. Ich habe mir jetzt folgendes überlegt, ich habe mir gedacht: Mensch, jetzt eigentlich oberbayerische Runde, dann quasi ein oberfränkischer Gast, aber durchaus Bayer, aber eigentlich bin ich dann wiederum doch der Außenseiter als Wahl-Münchner, aber doch Preuße, also ich kann‘s nicht verleugnen. Dann habe ich gedacht, ich nehme einfach ein preußisches Bier, was aber kein richtig preußisches Bier ist, sondern vom Stil her dann doch wieder in den Süden kommt, quasi nach Österreich, nämlich der Bierstil Wiener Lager, und trotzdem preußisch. Also ich darf das Geheimnis lüften, es ist ein Lemke Dunkles Lager. Das nehme ich mir jetzt auch mal hier vor. Ein Bierglas. So! Jetzt mal auf. So! Jetzt haben wir natürlich hier ein dunkles Mahagoni, schön rot glänzend, der Schaum ist auch schön beige, also nicht weiß, feinporig, haftet gut im Glas. Wenn wir jetzt reinriechen, dann ganz typisch Dunkles Lager vom Bierstil her, Wiener Lager. Man hat so eine Schokoladennote, Karamellnote, so vielleicht ganz wenig, ein bisschen eine Röstaromatik. Ich probiere es mal, wenn ihr erlaubt. Hat eine schönere Rezenz, und die dunklen Malze, die spielen eben mit dieser Röstaromatik und mit dieser Toffee- und Kakaonoten-Aromatik. Und vielleicht ein bisschen einen kleinen Säurekick dann auch noch da rein. Es bleibt schlank und trocken. Und aus dem Grund macht‘s Lust auf den zweiten Schluck. Prost!

Markus: Prost! Das ist ja ein feines Bierchen, kenne ich auch gut, mag ich auch sehr gerne. Und natürlich ist Berlin urpreußisch sozusagen, also treffen sich heute die großen Bierwelten.

Holger: Ich weiß nicht, Martin, kennst du den Olli auch, also der Olli Lemke war auch schon hier im BierTalk. Du wirst ihn sicher kennen und auch die Produkte. Und das ist auch eine tolle Sache, was der Olli da oben in Berlin so alles treibt, oder?

Martin Zuber: Ja, ich kenne ihn natürlich, ganz klar. Persönlich jetzt nicht so eng, aber ich bin öfter in Berlin gewesen und ich habe es aber leider nie geschafft vorbeizukommen, weil eigentlich die Termine immer es nicht hergegeben haben. Aber das ist auf alle Fälle bei mir auf der Liste, wenn ich das nächste Mal nach Berlin fahre, dass ich dort einen Besuch abstatten werde. Aber ich kenne auch einige Produkte und ich bin eigentlich immer positiv überrascht gewesen von dieser Qualität. Ich finde, der hat ein tolles Portfolio und sich zu recht einen tollen Namen schon gemacht.

Holger: Gehen wir vielleicht noch mal zurück zu deiner jetzigen Aufgabe im Bräu z’Loh. Da hast du gesagt, du bist jetzt so eine Art Interims-Braumeister. Das soll auch so bleiben, oder kannst du dir vorstellen, da auch wirklich als erster Braumeister fest dann auch weiter zu machen?

Martin Zuber: An für sich macht‘s mir total Spaß dort. Und vorhin hast du gesagt, ich kann dort meine Erfahrungen einbringen, was ich natürlich tue. Es ist aber das Tolle auch, dass man sehr viel lernt auch. Man hat natürlich in seiner Karriere irgendwo gewisse Schwerpunkte, und wenn man jetzt für die Produktion und Abfüllung und alles, was dazugehört, verantwortlich ist, gibt’s natürlich Bereiche, wo man noch nicht so viel Erfahrung hatte, und man lernt immer dazu. Also das ist das Schöne, dass das Lernen nie aufhört. Die Zusammenarbeit ist total super mit der Babsi und wir haben jetzt schon die Absicht, dass wir auch weiterhin zusammenarbeiten werden. Aber ich glaube jetzt nicht, dass ich jetzt komplett meine gesamte Tätigkeit nur noch dort machen werde, weil ich einfach auch zu viele neue Ideen habe in meiner Selbstständigkeit. Was ich nämlich auch noch seit diesem Jahr für eine Aufgabe habe, ich bin Repräsentant von der Firma Celli für den Vertrieb und Beratung im gesamten Bereich Schankanlagen, Materialien. Celli ist eine italienische Firma, hat jetzt ein großes Portfolio von Cornelius übernommen. Und da ich in meiner vergangenen Tätigkeit früher auch viel mit Qualitätsmanagement Gastronomie zu tun hatte, wurde ich angefragt, ob ich für Celli auch tätig sein möchte. Und da bin ich freiberuflich auch tätig.

Holger: Schankanlagen ist eines meiner Lieblingsthemen, wo ich auch im Moment immer wieder auch darauf hinweise, dass, wenn jetzt die Gaststätten wieder in Betrieb genommen werden nach so einer langen Zeit der Ruhephase, dass eben die Schankanlage eine besondere Herausforderung da an der Stelle ist, und dass man da wirklich ein Augenmerk drauf lenken muss und auch professionelle Hilfe in Anspruch nehmen muss, wenn es denn eben sein muss. Weil letzten Endes ist die Bierqualität nicht nur in der Frische bedingt, sondern natürlich auch in der Schankanlage bedingt. Da kann man ganz viel falsch machen.

Martin Zuber: Ich war weltweit unterwegs und habe Schulungen gemacht, Trainings gemacht für Kunden, aber auch für Techniker, alles, was mit Schankanlagen zu tun hat, ob das technische Beratung war, aber auch das ganze Thema Hygiene ist natürlich ein Riesenthema. Und natürlich nicht nur im Ausland, sondern bei uns auch in Deutschland. Und wie du grad sagst, jetzt nach der langen Phase der Schließung der Gastronomie ist da sicherlich viel Arbeit auch. Und das Risiko, dass die Bierqualität nicht mehr passt, ist auch sehr groß. Also das Augenmerk der Bierpflege ist sehr, sehr wichtig.

Holger: Markus, was erwartest du, wenn jetzt wieder aufgemacht wird? Bei euch in Oberfranken sind die Inzidenzwerte so wahnsinnig gut, dass die Biergärten jetzt schon auch wieder ein bisschen länger schon aufhaben.

Markus: Auf jeden Fall! Ich will jetzt auch schon, ich sitze so ein bisschen auf Kohlen, weil wir zeichnen jetzt früh auf, also 10 Uhr haben wir jetzt unseren BierTalk gestarte. Und heute Nachmittag werde ich dann meinen ersten Bierkeller-Besuch in diesem Jahr endlich machen können. Ich habe mich mit einem Freund verabredet aus Tschechien, wir treffen uns auf dem Wilde Rose Keller, und ich muss da eine Reservierung machen, habe eine ganz bestimmte Reservierungsnummer. Eigentlich hätte er jetzt sogar noch einen Test gebraucht, aber seit heute ist Bamberg unter dieser Schwelle, so dass er sogar ohne Test kommen kann und wir eben heute Nachmittag dann die Bierkeller-Saison endlich eröffnen können. Das ist natürlich schon schön, da freue ich mich total. Ja, das finde ich auch ganz wichtig, dass es da auch wieder ein positives Signal gibt. Ich war heute früh schon unterwegs, ein bisschen durch die Stadt gelaufen, und da merkt man auch, wie jetzt die ganzen Cafés wieder ihre Bänke raus räumen und man in lächelnde Gesichter schaut. Und muss ich wirklich sagen, jetzt atmen wir wieder ein bisschen durch und es geht ein bisschen zurück zum normalen Leben und zu dem, was man eben auch unter seinem Lebenskonzept oder seinem Geschäft versteht. Und das finde ich echt toll. Also ich freue mich da total drauf. Ich habe aber auch noch eine Frage an den Martin, weil was mir so ein bisschen durch den Kopf gegangen ist, wenn du so ein bisschen einerseits jetzt eben beim Bräu z’Loh bist, wo es sehr um Tradition und Familie, um die Geschichte einfach geht, die aber eben auch sehr verbunden ist mit all den Werten, die damit verbunden sind, und da kommt man ziemlich in die Moderne auch hinein, was zum Beispiel Nachhaltigkeit angeht und eben dem vernünftigen Umgang mit der Natur und mit den Rohstoffen und so. Wenn man dann eben schaut, was Celli macht, dann sieht man, dass die auch einen großen Wert legen auf alle möglichen Projekte im Hinblick auf das Thema Nachhaltigkeit und auch jenseits von dem reinen Schankanlagen-Thema. Da würde mich interessieren: Bist du da auch irgendwie mit involviert, kriegst du da was mit?

Martin Zuber: Ich hatte bis dato natürlich nur Online-Termine gehabt mit Celli Italia, also mit dem Hauptsitz in Italien. Und da wurde mir das auch vorgestellt, die Nachhaltigkeit, und das ist superspannend und die Firma Celli ist da absolut innovativ. Ich wachse da so langsam rein. Es geht nicht nur um Ausschank vom Bier, sondern sie sind auch sehr stark im Bereich von Wasser-Karbonatoren, Dispensing-Systeme. Das ist sicherlich, was ich immer natürlich gekannt habe, aber wo ich ehrlich gesagt nicht so involviert war. Und da arbeite ich mich jetzt rein. Es ist auch ein ganz großer Markt vorhanden und das ist auch der Markt, der während Corona-Zeit noch gut gelaufen ist. Was mit Bierausschank zu tun hatte, eher natürlich nicht. Da bin ich jetzt auch wirklich gespannt, wie es da auch mit mir weitergeht, weil ich wachse da so langsam rein.

Markus: Da sind wir auch gespannt. Da können wir irgendwann nochmal nachhören, wenn du ein bisschen länger dabei bist. Das wird auf jeden Fall sicherlich eine tolle Geschichte für dich. Was mich auch noch interessieren würde, wie bist du denn überhaupt in diese Bierwelt gekommen? Also wann hast du dir überlegt, ich mache Bier oder ich werde Braumeister und dann später sogar Biersommelier? Wie hat sich das in deinem Leben so entwickelt?

Martin Zuber: Als Teenager macht man sich da mal Gedanken, welchen Beruf man ergreifen möchte. Und eigentlich durch einen Verwandten von mir, der eine hohe Position hatte bei Siemens in Mexiko, der hat mir mal erzählt, er ist zwar Betriebsleiter in einer großen Firma, aber er kennt sehr viele deutsche Braumeister in Mexiko und die verdienen einen Haufen Geld und die sind riesen-anerkannt und die Braumeister weltweit aus Deutschland sind anerkannt. Dann habe ich mir überlegt, das hört sich mal gut an. Dann habe ich mich ein bisschen informiert über den Beruf Brauer und Mälzer, und ich war immer schon ein bisschen technikaffin, aber auch wieder mit Rohstoffen, mit Biotechnologie. Und diese Kombi hat mir eigentlich gefallen und ich habe mich mehr und mehr auseinandergesetzt mit dem Thema. Dann war eigentlich der Berufswunsch geboren und ich habe die Ausbildung als Brauer und Mälzer gemacht und dann in Weihenstephan Diplom-Braumeister. Ich habe es nie bereut und ich bin echt froh, Teil dieser Branche zu sein.

Markus: Und der Biersommelier, wann kam das dazu? Wann hast du dann angefangen, da auch Veranstaltungen zu machen?

Martin Zuber: Ich muss sagen, der Biersommelier, als der geschaffen wurde, ich glaube, 2005 war es, und man hat darüber gehört und wir haben als Braumeister erst einmal das ein bisschen belächelt, sage ich mal ganz offen. Wir haben gesagt: Was wollen denn die uns über Bier groß erzählen? Eigentlich wir haben es studiert, wir wissen da eigentlich viel mehr drüber. Sensorik habe ich in Weihenstephan auch einiges gemacht. Also wir waren vielleicht etwas überheblich. Und ich habe aber dann mehr Leute kennengelernt, die einen Biersommelier gemacht hatten und die ganz begeistert waren. Ich habe mich dann etwas geöffnet und irgendwann kam ich zum Thema, habe ich gesagt, jetzt mache ich es auch. Das war, als ich die Brauerei im Eiswerk übernommen hatte. Ich habe es nicht bereut, im Gegenteil, ich habe sehr, sehr viel gelernt. Natürlich waren gewisse Bereiche bei der Biersommelier-Ausbildung, die für mich schon bekannt waren, und da habe ich mich auch leichter getan, aber es waren viele Bereiche, die neu waren. Und das ganze Thema internationale Bierstile, auch die Sensorik im Allgemeinen, hat mir total viel gebracht. Und ich bereue es überhaupt nicht, den Biersommelier gemacht zu haben.

Markus: Ich bereue nichts, das würde der Holger wahrscheinlich auch sagen, oder?

Holger: Unbedingt! Für mich war das auch eine ganz tolle Erfahrung und ich war ja auch immer bieraffin. Und das, was ich dann in der Ausbildung da auch noch mal erlebt habe und gelernt habe, das war ganz toll und hat ein Stück weit auch mein Leben verändert. Das kann man wirklich sagen, also das hat eine Richtung vorgegeben und der bin ich dann einfach gefolgt und bin sehr zufrieden. Also letzten Endes, Markus, wir beide, also ich meine, das ist doch ein Dreamteam, und das wäre doch nie zustande gekommen ohne eine Biersommelier-Ausbildung. Insofern, also ich bereue es nicht.

Markus: Das stimmt. Da hätte die Welt echt was verpasst, zumindest unsere Welt, sagen wir mal so. Vielleicht, Martin, gibt’s noch so eine Geschichte, du bist ja auch viel rumgekommen, hast du mal auf der Welt irgendwie was erlebt rund ums Thema Bier, wo du echt den Kopf geschüttelt hast?

Martin Zuber: Ja, ich war international viel unterwegs, sehr viel in Osteuropa, ich war auch in Asien, Nordamerika, Südeuropa, Israel, also ich war sehr viel unterwegs, hauptsächlich mit dem Thema Schanktechnik und Bierpflege. Ich habe irrsinnig tolle Menschen kennengelernt. Und eines ist mir so in Erinnerung geblieben, vor allen Dingen, wenn man jetzt gerade die aktuellen Nachrichten hört aus Weißrussland, ich war zweimal in Weißrussland, habe dort Seminare gemacht, Beratung gemacht, und habe auch dort ganz tolle Menschen kennengelernt. Und natürlich auch kritisch das ganze System gesehen, tolle Gespräche geführt. Und als ich das zweite Mal dort war, ich habe einen Betrieb gesehen mit einer absolut Topqualität an Schanktechnik, die Hygiene war top, wo ich gedacht habe, ja, Wahnsinn. Und dann habe ich gefragt: Wie ist das? Und dann hat er gesagt: Na ja, vor vier Jahren warst du schon mal da und du hast uns was erzählt und wir haben es befolgt. Das war für mich so ein absolut tolles Erlebnis, dass das auch angenommen wird. Es ist aber nicht in allen Ländern so. Es gab in Südfrankreich zum Teil, da habe ich ein Seminar gehalten und die haben aufmerksam zugehört und am Ende hat er gesagt: Na ja, bei uns ist das aber alles unmöglich. Das funktioniert bei uns nicht. Das ist sehr unterschiedlich, aber gerade in gewissen Ländern, wo man es eigentlich nicht so erwartet hat, habe ich echt tolle positive Erlebnisse haben dürfen.

Markus: Ja, spannend auf jeden Fall! Ich finde auch, überall auf der Welt, wenn man so rumkommt, merkt man einfach, das Bier bringt die Menschen zusammen und man hat dann einfach auch eine tolle gemeinsame Basis und in der Regel auch wirklich eine schöne Zeit zusammen. Und das stimmt mich auch immer sehr positiv, wenn man immer mitbekommt, wie viel Zwist so auf der Welt unterwegs ist, und wenn man dann vor Ort ist und wenn man mit den Leuten einfach bei einem Bier zusammensitzt, dann ist das meistens ganz, ganz anders.

Holger: Das war doch wieder eine schöne Bierreise mit drei sehr spannenden Menschen und drei spannenden und interessanten Bieren. Und so kann man doch wunderbar ins Wochenende starten. Ich wünsche euch auf jeden Fall ein sehr schönes Wochenende und vielen Dank für eure Zeit mit mir gemeinsam. Es war großartig!

Martin Zuber: Mir hat das total Spaß gemacht. Ich wünsche allen Hörern eine tolle Zeit mit guten Bieren und euch als Team, Holger und Markus, weiterhin tolle Gäste im BierTalk. Und ich bin sicher, ihr werdet weiterhin erfolgreich sein.

Markus: Danke schön! Also auch vielen Dank von meiner Seite aus. Und bis bald!

Holger: Bis bald! Tschüss!

Martin Zuber: Ciao, Servus!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 65 – Interview mit Michael Sturm, Braumeister, Biersommelier und Inhaber der Brauerei Krieger in Landau / Isar

Michael „Mike“ Sturm ist hochdekorierter Braumeister in seiner Brauerei Krieger in Landau an der Isar. Seit vielen Generationen sind die Sturms, die früher Krieger hießen, in Niederbayern ansässig und kamen über Riedenburg und Wasserburg schließlich in ihre heutige Heimat. Auch Mike trägt Tradition und Wanderlust in sich und steht mit Herz und Seele seinen Mann am Braukessel. Der Biersommelier beweist dabei, dass Spitzenqualität gleichzeitig bei den Klassikern und bei Neuinterpretationen möglich ist. Freuen Sie sich auf eine genussvolle Reise durch sechs Biere und die Geschichte der Brauerfamilie Krieger bzw. Sturm…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute wagen wir uns in den Süden unseres Freistaates, nach Niederbayern. Und haben einen richtig tollen Gast, nämlich den Michael Sturm. Vielleicht stellst du dich einfach ein bisschen selber vor. Erstmal natürlich schön, dass du da bist, und auch schön, dass du da bist, Holger. Hallihallo, ich hoffe, dir geht’s auch gut?

Holger: Mir geht’s auch gut, Markus, vielen Dank!

Markus: Wunderbar! Also Michael, zurück zu dir, erzähl uns doch ein bisschen und natürlich den Hörern, mit wem wir es heute zu tun haben.

Michael Sturm: Sehr gerne! Vielen Dank für die Einladung, freut mich sehr. Mein Name ist Michael Sturm, ich bin Bräu der Brauerei Krieger in Landau an der Isar. Ich bin 39 Jahre, verheiratet, zwei wunderbare Kinder, und freue mich heute auf den BierTalk.

Markus: Gleich mal eine Frage am Anfang. Als mir jemand von dir erzählt hat, hat er mir gesagt, der Michael Krieger, was ja gar nicht stimmt. Wie ist das denn, bist du da reingeheiratet oder hat die Familie in den Generationen mal so gewechselt, oder wie kommt das?

Michael Sturm: Der Nachname Sturm kommt von meinem Vater und meine Mutter ist eine gebürtige Krieger. Also ich bin bei uns die vierte Generation Krieger in Landau quasi sozusagen. Ich bin in der Familie Krieger-Sturm die vierte Generation hier in Landau bei der Brauerei Krieger.

Markus: Wunderbar! Und über Landau und die Brauerei und so weiter sprechen wir natürlich gleich ein bisschen. Aber wir haben ja auch den Holger dabei und wenn der Holger dabei ist, dann hat er in der Regel Durst. Und du hast uns sechs Flaschen Bier geschickt, sprich, wir müssen natürlich auch ein bisschen arbeiten. Und nachdem du der Bräu bist, kannst du vielleicht mal sagen, mit welchem dieser schönen Biere wir beginnen wollen.

Michael Sturm: Ich würde empfehlen, dass wir mit dem Bandit Bräu hell anfangen, einem klassischen bayerischen Hellen mit 11,9 % Stammwürze. Das Bier ist eine Zusammenarbeit mit den Jungs von casual MONKS aus München, die diesen Banditen, der auf der Flasche zu finden ist, schon länger als T-Shirt und Sweatshirt-Motiv vertreiben. Wir kennen uns und schätzen uns und haben auch schon beim Festival Reinheitsgebot in München zusammengearbeitet. Da haben wir jetzt mal gesagt, jetzt machen wir mal ein gemeinsames Bier, und das Ergebnis habt’s ihr bei euch vor euch.

Markus: Gut! Dann machen wir das jetzt mal auf. Also man muss auch wirklich sagen, also Bandit wirklich ganz spannend, denn wir haben hier so einen urbayerischen Typen mit Gamsbart, Hut und einem Tuch vor der Nase. Und dieses Tuch ist natürlich mit den weiß-blauen Rauten. Also so ein bisschen innerbayerisches Rebellentum. Dazwischen noch ein Kranz aus Hopfen. Also irgendwie doch sehr, sehr spannend. Machen wir das Ganze mal auf und geben es mal ins Glas. Ja, na wunderbar! Das ist wirklich ein perfektes Helles von der Farbe her, richtig schön golden, klar filtriert, schöner, fester, weißer Schaum. Lächelt mich schon richtig an. Habt ihr für diese Collaboration was Spezielles gemacht oder ist das mehr oder weniger euer normales Helles?

Michael Sturm: Es ist unser normales Helles.

Markus: Magst du es mal mit uns verkosten oder soll ich oder wie hättest du es gerne?

Michael Sturm: Sehr gerne, wenn du das Bier vorstellst. Ich lasse mich da gerne auf deine Expertenmeinung.

Markus: Okay! Na, da bin ich mal gespannt. Also ich gebe mal mein Bestes. Wie gesagt, wir haben eine ganz schöne goldgelbe Farbe, es ist klar filtriert, hat so einen richtig schönen Schein, strahlt mich also an. Obendrauf dann eben so ein schöner, weißer, feinporiger Schaum. Jetzt rieche ich mal da rein. Ah, ja! Da riecht man eigentlich schon so richtig typisch bayerisches Helles. Also eine schöne, ausgewogene Mischung. Wir haben so ein bisschen grüne, grasige Aromen aus dem Hopfen. Dann haben wir so ein bisschen Honig, ein bisschen Getreide aus dem Malz, eine sehr frische Note. Also es strahlt mich, wie gesagt, auch vom Geruch richtig an, macht richtig Lust. Dann nehme ich jetzt mal einen Schluck. Also ganz toll das Mundgefühl, es moussiert richtig auf der Zunge, umschmeichelt das so ein bisschen. Geht so ein bisschen süß los, dann kommt wieder der Honig, dann kommen so ein bisschen die Noten aus dem Hopfen, diese grüngrasigen, und dann geht das so aus und dann kommt auch so eine Bittere. Die ist dann doch auch ganz schön selbstbewusst, aber sicherlich noch im Rahmen für ein Helles. Und ausklingend kommt dann wieder ein bisschen was von dem Honig zurück und dann fängt der Mund an leicht auszutrocknen. Und dann ist wahrscheinlich dein Geheimnis, weil wenn der Mund trocken wird, dann will man natürlich wieder trinken. Und das ist bestimmt dein Ziel, dass man eben nicht nur einen Banditen hat, sondern vielleicht zwei oder drei oder mehr, oder?

Michael Sturm: Ja, natürlich. Sehr gerne! Wenn ein Bier zum Weitertrinken anregt, ist das natürlich immer ein sehr positives Zeichen, wo man sieht, das Bier schmeckt, das Bier macht Lust auf mehr. Das freut uns dann natürlich.

Markus: Was sagt denn unser Wahlbayer dazu, Holger?

Holger: Ja, ich wollte eigentlich einfach immer schon mal fragen, ob das irgendwie einfach nur so ein Etikett ist oder ob das eine Aussage ist? Weil der Typ ist doch irgendwie böse und so, also richtig, muss ich zugeben, das Etikett finde ich jetzt gewagt, so ein bisschen.

Michael Sturm: Böse würde ich jetzt nicht sagen, er schaut ein bisschen grimmig drein. Das ist tatsächlich so ein bisschen ein bayerischer Rebell, so würde ich ihn jetzt charakterisieren. Ja, es ist sicherlich gewagt, aber es gibt eben sehr viele Leute, die diesen Bandit einfach gerne für sich als Zeichen auch sprechen lassen. In München gibt’s eben die casual MONKS, die dieses Label betreiben. Da gibt’s sehr viele Leute, die sagen, Mensch, das gefällt mir so gut. Es gibt zum Beispiel auch schon sehr viele Leute, die sich dieses Motiv tätowieren haben lassen. Das zeigt halt, dass das ein sehr emotional aufgeladenes Motiv ist. Ich habe da kein Problem damit, dass das auf unserem Bier mit drauf ist, weil ich das als sehr gelungenes Motiv finde. Und ist sicherlich ein Nische, etwas Spezielles, aber halt eben schon etwas, was sehr gut gefällt. Tatsächlich haben wir beim Festival Reinheitsgebot in 2016 in München damals da auch live sage ich mal so die Rückmeldungen mitbekommen, wenn die die T-Shirts bei unserem Stand verkauft haben. Da waren auch negative Meinungen da, die gesagt haben: Oh, was ist denn das? Der schaut mir zu grimmig aus. Aber die überwiegende Meinung war halt einfach, hey, das schaut doch cool aus, kultig. Ich denke, das ist dann nicht schlecht, wenn man sowas auf dem Etikett hat. Wir freuen uns auf jeden Fall sehr, dass es diese Zusammenarbeit gibt.

Markus: Es ist so ein bisschen eine Mischung aus dem Wildschütz Jennerwein und Andreas Hofer, würde ich sagen. Also für alle, die die diversen Legenden aus Bayern und Tirol kennen. Apropos Bayern und Tirol, vielleicht erklärst du uns noch mal kurz, wo wir eigentlich in Landau sind? Weil da gibt’s ja mehrere in Deutschland und eures ist das niederbayerische. Wie muss ich mir das vorstellen? Wo ist das? Wie schaut‘s da aus? Und wie kommt ihr überhaupt dahin als Familie?

Michael Sturm: Landau an der Isar ist eben eine niederbayerische Kleinstadt. Wir liegen an der A 92 München Deggendorf. Die Brauerei gibt’s seit mindestens 1622 in Landau. Als Familie Krieger sind wir 1913, was heißt, sind wir, sind meine Vorfahren 1913 dann nach Landau gekommen. Waren zuvor in Wasserburg und die Wurzeln gehen aber auch auf Riedenburg zurück, da hat es die oberen Krieger und die unteren Krieger gegeben. Beim Riedenburger Brauhaus am Stammsitz, glaube ich, steht immer noch Unterkrieger am Haus. Und unsere Familie waren damals quasi die Oberkrieger, was sich nach der Lage am Flusslauf benannt hat. Was gibt’s über Landau noch zu sagen? Gegründet von Ludwig dem Kelheimer, dem niederbayerischen Städtegründer, im Dreieck Landshut-Straubing-Deggendorf zu finden, so in etwa kann man es sagen. Eine nette niederbayerische Kleinstadt.

Markus: Und da bist du groß geworden und war praktisch ab deinem ersten Atemzug klar, der wird Brauer, oder hast du irgendwie so den Moment gehabt oder wie lief das, dass du zu diesem Beruf gekommen bist?

Michael Sturm: Klar ab erstem Atemzug auf keinen Fall, muss ich sagen. Ich bin in Landau groß geworden, geboren in München. Die ersten Berührungen mit der Brauerei hat es natürlich schon da beim Großwerden gegeben, aber tatsächlich war mein großer Bruder eigentlich öfter in der Brauerei und hat auch in seiner Jugendzeit oft in der Brauerei mitgearbeitet. Das war bei mir eigentlich gar nicht so sehr der Fall. Als mein großer Bruder sich aber dann für einen anderen Weg entschieden hat, hat sich natürlich diese Frage bei mir auch eher gestellt. Ist aber auch erst später dann, hat es sich eigentlich erst später in diese Richtung entwickelt. Ich habe nach dem Abitur dann in Regensburg BWL studiert und während dem Studium ist dann eigentlich so die Entscheidung gereift, da in die Fußstapfen meiner Mutter zu treten und die Brauerei zu betreiben.

Markus: In die Fußstapfen deiner Mutter?

Michael Sturm: In die Fußstapfen meiner Mutter. Meine Mutter hat die Brauerei geleitet, mein Vater hat einen anderen Beruf, mein Vater war Urologe oder ist Urologe, aber nicht mehr tätig. War damals auch lange Zeit in München Großhadern. Also da sind wir auch auf die Welt gekommen, ich und meine beiden Brüder. So war die Familie dann auch eine Zeit lang getrennt, weil mein Vater eben in München tätig war, oft auch Wochenenddienste hatte. Also die Wochenenden waren dann entweder in München oder in Landau als Familie. Später ist er dann nach Landau gezogen, hat dort seine Praxis eröffnet. So sind wir als Familie dann da in Landau noch stärker verwurzelt worden. Mein Vater unterstützt die Brauerei immer nach Kräften, aber meine Mutter hat sie geleitet.

Markus: Das kenne ich von den Urologen, dass die die Brauerei nach Kräften unterstützen. Also meiner hat mir schon mehrmals gesagt, du musst mindestens ein Weißbier am Tag trinken, dann geht’s den entsprechenden Körperteilen gut. Ich weiß nicht, Holger, geht das bei dir auch so?

Holger: Unbedingt! Das ist auch eine total tolle Überleitung zum zweiten Bier.

Markus: Absolut! Mal schauen, was uns der Michael da empfiehlt. Was sagt der Arzt? Mit welchem Bier machen wir weiter?

Michael Sturm: Wenn es um die Nieren spülen gehen würde, dann wäre es das Weißbier, aber tatsächlich, wenn wir jetzt vom Verkosten reden, dann würde ich jetzt als nächstes das Krieger Zwickl empfehlen, unser unfiltriertes Helles.

Markus: Das klingt für mich als Franken auf jeden Fall schon mal ein bisschen nach Heimat. Dann freue ich mich, vielleicht magst du das jetzt mal mit uns verkosten? Bin ich mal gespannt, wenn du dein eigenes Bier beschreibst. Das ist auch immer eine Herausforderung. Und jetzt mache ich das mal auf.

Michael Sturm: Sehr gerne! Unser Krieger Zwickl ist eben unser Helles unfiltriert. Wir legen ganz großen Wert darauf, dass es eben ein gut ausgelagertes Zwickl ist. Also wer jetzt immer erwartet beim Zwickl, das muss pudeltrüb sein, das geht meiner Meinung nach ein bisschen weg von der natürlichen Erscheinung dieses Bieres. Unser Zwickl ist wie alle unsere Biere weder kurzzeiterhitzt noch pasteurisiert, ganz naturbelassen. Und die Trübung ist bloß eine ganz leichte Schleiertrübung. Wie schon kurz angeschnitten, manche erwarten da, dass das trüb ist wie ein stark hefegetrübtes Weißbier. Aber das ist eben in meinen Augen nicht die eigentliche Erscheinung von einem Zwickl. Da sind auch getreidige Noten, die wir stark riechen werden, das leicht Hefige, Hintergründige werden wir rausriechen können. Und ansonsten aber eben auch grasige Noten, und ja, vom Geschmack und Vollmundigkeit haben wir da glaube ich auch schön was auf der Zunge. Wir haben auch ein händisch betriebenes Kupfersudwerk, haben wir noch offene Gärung, brauen nur mit Doldenhopfen. Der Günther Thömmes, der die Brauerei mal besucht hat, hat gesagt: Da wird noch archaisch gebraut. Das hat mir gefallen, das merke ich mir jetzt immer. Und ich denke, das schmeckt man schon auch bei unseren Bieren, dass die einfach da Charakter haben, Dass man sagt, das ist jetzt Bier aus einer ganz traditionellen Anlage.

Markus: Ich denke auch, das ist völlig richtig, dass eigentlich das Kellerbier ein gut ausgelagertes Bier war. Man darf nicht vergessen, früher hat man pro Prozent Stammwürze eine Woche gelagert. Das heißt, bei so einem 11, 12, 13 % Bier sind wir da mit drei Monaten dabei. Und ich meine, dann ist das natürlich ziemlich klar. Das ist, glaube ich, eher eine moderne Interpretation, dass eben Zwickl unbedingt unfiltriert und das muss man unbedingt sehen. Und dann kommt man eben zu dieser relativ starken Trübung, die da heutzutage oft drin ist. Ganz im Gegenteil, man merkt eben dieses lange Lagern. Das ist ein sehr harmonisches, sehr rundes, sehr weiches Bier. Und ich finde, vom Mundgefühl her ist es auch nochmal samtiger, also nochmal runder, angenehmer als das Bandit Bräu von eben. Also wirklich so ein Gaumenschmeichler und auch ein bisschen voller von der Aromatik her. Und passt natürlich perfekt für den klassischen Einsatz im Biergarten. Also wunderbar! Vielleicht magst du uns noch kurz sagen, Kupfersudwerk, was bedeutet denn das fürs Bier? Macht das was mit dem Bier, wenn man da noch mit Kupfer braut?

Michael Sturm: Ja! Für die Hefeernährung ist ein Kupfersudwerk mit einem Messingboden im Läuterbottich sicherlich sehr positiv. Da kennt man schon diese Geschichten, dass das oft bei neuen Edelstahlsudwerken problematisch ist, ob die Hefe genug Zink abbekommt. Aber ansonsten denke ich schon, dass das beim ganzen Geschmacksprofil der Biere dann eine Rolle spielt. Ich denke auch zum Beispiel, verstärkt noch auch bei den dunklen Bieren. Also grad bei unserem Floriani Bock, bei der Urweisse, da denke ich auch, dass so dieses Geschmacksprofil, das aus einem Kupfersudwerk entsteht, da schon merkbar ist.

Markus: So eine schöne, traditionelle Bierherstellung hat natürlich auf jeden Fall was für sich. Hat das denn für dich bedeutet von der Ausbildung her, dass du da noch andere Infos gebraucht hast oder hast du das dann von deiner Mutter mitgenommen, wie du mit deiner Brauerei umgehen musst?

Michael Sturm: Da habe ich sehr viel von meiner Mutter mitbekommen, habe aber eben auch in anderen Brauereien reinschnuppern können. Also ich habe bei uns die Ausbildung zum Brauer und Mälzer gemacht, bin aber in dieser Zeit auch in andere Brauereien gekommen. War während dem Studium in Abensberg bei der Brauerei zum Kuchlbauer im Praktikum, was sehr, sehr interessant war. Während der Lehre dann im Hofbräuhaus Traunstein, was eine ganze tolle, interessante Zeit war. So hat man nicht bloß den eigenen Betrieb gesehen, sondern natürlich auch sich viel angesehen, also angesehen hat man sich natürlich noch mehrere Brauereien, aber das handwerkliche Brauen, ganz praktisch und ganz nah an dieser Handwerkskunst, das hat man bei uns schon wirklich gut sehen können.

Holger: Michael, du hattest ja 2009 übernommen und hast dann auch das Zwickl eingeführt, oder? Das ist eigentlich dein Bier. Das kam durch dich wieder zurück?

Michael Sturm: Ja, tatsächlich! Während der Lehrzeit haben wir das Zwickl bei uns eingeführt, haben wir gesagt, jetzt füllen wir das Zwickl in der Flasche ab. Das ist bei uns eigentlich so losgegangen, dass wir zum Bauerei-Hoffest immer Zwickl-Bier vom Fass ausgeschenkt haben. Da war einfach die Nachfrage bei den Besuchern so stark, dass die gesagt haben: Mensch, warum füllst du denn das nicht in Flaschen ab? Und diese Anregungen haben wir natürlich gerne aufgenommen. Und so hat sich das Zwickl-Bier bei uns eben stark dann etabliert. Was auch zu einer kleinen Brauerei, wie wir eine sind, gut dazu passt.

Holger: Unbedingt! Und dann eben sowieso die Euro-Flasche, die ihr jetzt wieder benutzt ganz klassisch, auch die klassischen Etiketten. Und dann passt auch so ein Zwickl ganz großartig. Wunderbar! Sollen wir denn zum dritten Bierchen fortschreiten?

Markus: Ja, ich glaube, du hast schon wieder Durst, so wie ich dich kenne. Also darfst du dir jetzt eins aussuchen beziehungsweise lassen wir den Michael dir eins aussuchen, aber du musst es dann verkosten.

Michael Sturm: Ich würde gerne empfehlen unser Krieger Weißbier, mit Flaschengärung gebraut.

Holger: Und dann schön damit rein ins Glas. Hier haben wir jetzt natürlich eine schöne Naturtrübung, die ist jetzt hier da. Wir haben so ein schönes Goldgelb, eine tolle Schaumbildung, ganz feinporiger weißer Schaum. So wie das halt bei einem Weißbier sich gehört, die Hefe, die fruchtigen Aromen, auch schon direkt so eine Getreidenote ist auch mit dabei. Ich probiere mal. Ja, ganz klassisches Weißbier, eine Banane, spritzig und erfrischend. Ja, also das Wetter, wenn ich hier aus dem Fenster gucke, ist hervorragend, es scheint die Sonne. Da ist so ein richtig schönes Biergartenbier als Weißbier ein Klassiker im Bayernlande. Jawoll!

Michael Sturm: Freut uns!

Markus: Da fühlt man sich richtig zu Hause. Und ich muss sagen, also gerade Weißbier ist immer echt nicht leicht. Also das merke ich immer, wenn ich international bei irgendwelchen Wettbewerben bin, das ist immer die Kategorie, wo man wirklich merkt, da trennt sich die Spreu vom Weizen. Da sind wirklich 80, 90 % echt grenzwertig und man merkt, wenn jemand das Thema wirklich draufhat. Das ist schon cool. Aber apropos Wettbewerbe, das seid ihr auch ganz gut dabei, Michael, oder?

Michael Sturm: Das macht uns sehr stolz, dass wir da bei den härtesten internationalen Bierwettbewerben schon Preise gewinnen konnten. Da hat es eigentlich angefangen mit dem Floriani Bock, auf den wir später noch zu sprechen kommen werden, dass wir beim World Beer Cup und European Beer Star Preise gewinnen konnten. Beim World Beer Cup hat die Urweisse den World Beer Cup in Bronze gewinnen können. Und beim European Beer Star haben wir mit unserem Märzen noch Goldpreis machen können in der Kategorie German Style Märzen. Wie gesagt, so eine kleine Brauerei, wir haben normalerweise ein Absatzgebiet, sage ich mal, von 20, 25 Kilometer, also rund um den Schornstein, wie man immer so schön sagt. Das ist dann schon was Tolles, wenn man sagt, da auf dem internationalen Brauparkett bekommt man da so eine Adelung durch so einen Preis. Das waren ganz besondere Momente für uns, muss ich schon sagen.

Markus: Ja, das kann ich mir vorstellen. Und überhaupt, das ist so ein Eck, glaube ich, bei euch, das viele Leute gar nicht so auf dem Schirm haben in Sachen Bier. Und da gibt’s aber eben tolle Brauereien und tolle Biere, und da gehört für mich das Weißbier auf jeden Fall dazu. Und fehlt mir jetzt eigentlich nur noch die Weißwurst. Wobei ich weiß gar nicht, Holger, dürfte ich das jetzt? Wir zeichnen hier um halb drei Uhr nachmittags auf. Dürfte ich da überhaupt eine Weißwurst essen?

Holger: Na ja, da gibt’s die 12-Uhr-Regel, aber ich glaube, seitdem wir gut kühlen können, kann man eine Weißwurst auch nach 12 essen. Aber passt natürlich nicht zu einem Oberfranken. Das hat man heute gerade schon wieder gehört. Der Bandit Bräu, der war dir eigentlich in Wirklichkeit schon wieder zu bitter. Dann das Zwickl hat dich natürlich in den Arm genommen und abgeschmust und abgepusselt und so hast du es auch beschrieben. So ist es halt mit dir.

Markus: Kann man nichts machen, aber nein, also es ist auf jeden Fall ein ganz, ganz tolles Weißbier. Und ich finde diese fruchtigen Noten auch schön. Weil es so eine schöne frische Mischung ist. Also natürlich hat man dieses Bananige und leichte Zitrusaromen und so, aber es erschlägt einen nicht, es ist richtig angenehm, richtig weich. Und auch da, muss man wirklich sagen, wie der Holger gesagt hat, schönes Sommerbier. Macht ihr das Weißbier separat bei euch, die obergärigen Biere, oder wie macht ihr das?

Michael Sturm: Was den Gärkeller betrifft, auf jeden Fall. Wir haben auch einen obergärigen Gärkeller und einen untergärigen Gärkeller. Nach dem obergärigen Gärkeller geht’s beim Weißbier dann eben direkt zur Flaschengärung.

Markus: Und auch eine offene Gärung habt ihr, oder?

Michael Sturm: Und eine offene Gärung. Absolut! Sowohl im untergärigen als auch im obergärigen Bereich haben wir offene Gärung. Nehmen die (unv. #00:17:23.7#) ab, also auch da, die ganz traditionelle Braumethode, die wir da pflegen. Und beim Weißbier da haben wir zum Beispiel eben auch noch wie bei einigen anderen Bieren auch ein Dekoktionsverfahren. Also auch da die ganz klassische Herstellungsweise, dass man nicht bloß nur Infusionsverfahren hat, sondern auch eben ein Mehrmaischverfahren macht, bei dem die Maische getrennt wird und dann ein Teil der Maische auf Kochtemperatur aufgeheizt wird und dann wieder zusammengeführt wird.

Markus: Was ist denn euer stärkstes Bier? Also was verkaufte ihr denn am meisten?

Michael Sturm: Unser Helles ist unser Hauptbier. Das muss man schon sagen, dass das Helle der absolute Bestseller ist. Aber sind wir eben auch froh, dass da die Spezialitäten unser Sortiment abrunden. Das Weißbier ist dann die Nummer zwei, sage ich mal.

Markus: Ja, das kann ich gut verstehen. Vielleicht noch so eine ganz persönliche Frage. Jetzt hast du das von deiner Mutter übernommen. Bist du denn schon dabei, für die nächsten Generationen zu sorgen? Oder suchst du da noch?

Michael Sturm: Wir haben zwei wunderbare Buben, ein und drei Jahre alt, aber so weit denke ich jetzt da noch nicht. Würde mir auch fern liegen, da irgendeinen Druck aufbauen zu wollen, das muss ich auch sagen. Also sowas passiert schon immer auch ohne, dass die Eltern das wirklich machen, einen Druck aufzubauen, sowas passiert dann, glaube ich, schon immer irgendwie so durch Umfeld und so, wo dann so Frotzeleien und Scherze gemacht werden. Und natürlich auch ganz stark durch einen selbst, dass man sagt, Mensch, es wäre schade, wenn diese Brautradition aufhört. Und deswegen glaube ich, ist es schon der richtige Weg, da nicht einer Nachfolgegeneration den Druck aufzuerlegen. Ich hatte auch das Glück, dass das meine Eltern bei mir in keinster Weise gemacht haben.

Markus: Ich denke mal, das ist auch ganz natürlich, dass die in der Brauerei mit aufwachsen, dass die da mal durchwuseln und eigentlich mehr oder weniger das als ganz normal empfinden. Und so wie ich das auch kennengelernt habe bei meinen Schulkameraden, die mit Brauereien zu tun hatten, da gibt’s natürlich einen gewissen sozialen Druck so ab dem Zeitpunkt, wenn man dann mal so 16, 17, 18 ist, und man weiß, da ist eine potenzielle Quelle direkt neben einem. Da gibt’s natürlich dann schon so ein bisschen den Anspruch zu sagen, Mensch, ihr habt doch Bier, da können wir doch mal eine schöne Party feiern. Und dann, glaube ich, entsteht das schon. Aber du hast natürlich völlig recht, es ist wichtig, das wirklich möglichst offen zu lassen, weil Druck, glaube ich, an der Stelle absolut das Falscheste ist, was man machen kann. Ich glaube, das ist auch so ein bisschen das Geheimnis, dass so den jüngeren Generationen jetzt, die ich so kenne, also jungen Brauerei-Besitzern, dass die wirklich da ohne Druck hineingewachsen sind und deswegen das auch mit einer ganz besonderen Liebe und Hingabe machen. So ein bisschen habe ich das Gefühl, dass du das auch machst, oder? Man kann doch sagen, du bist doch schon mit Herz und Leib und Seele und so komplett dabei.

Michael Sturm: Ja, bin ich. Das ist einfach eine tolle Branche, es ist ein tolles Produkt. Es ist einfach was Schönes, wenn man beruflich was macht, was Menschen Freude macht. Das ist einfach, wenn man dann wieder hört, Mensch, da sind wir jetzt gemütlich beieinander gesessen bei eurem Bier und das hat mir so geschmeckt und das war so schön, oder auf dem Volksfest ist es so schön, das sind schon tolle Sachen, dass man sagt, da macht man den Menschen Freude, und die Mitarbeiter, die Bürger vor Ort sind stolz auf das Produkt.

Markus: Apropos die Bürger vor Ort, Holger, du bist doch ganz viel in der Ecke in Pilsting und eben da drum herum. Wie ist denn das, was du da so einsammelst? Sind da ganz viele Krieger Fans dabei und was haben die denn gern für Biere?

Holger: In Landau auf jeden Fall, da wird Krieger getrunken. Und da sind sie auch zu Hause, das ist das, was der Michael auch beschreibt. Also der Radius so 25 Kilometer um die Brauerei herum. Und da ist Krieger einfach eine Hausmacht, gar keine Frage. Wenn man jetzt dann noch ein bisschen weiter geht, dann wäre dann arko vielleicht noch als bekanntere Marke zu erwähnen. Also du hast es vorhin schon gesagt, Niederbayern ist insgesamt so ein Landstrich, der, weiß ich nicht, vielleicht ein bisschen unterbewertet ist. Zu Unrecht, wie ich finde. Ist eine sehr, sehr schöne Region, richtig typisch bayerisch dort und auch natürlich schon von der Sprache her ist das Niederbayerische so ein richtig typisches Bayerisch, so wie man das als Preuße quasi erwartet. Ich bin da sehr gern. Also die Region bietet mehr als man glaubt. Und ich kann alle nur auffordern, das einfach mal zu erkunden und mal hinzufahren. Eben nicht nur landschaftlich, sondern auch bierig ist da auch einiges geboten. Also soll man mal hinfahren, auf jeden Fall. Und wenn dann irgendwann jetzt die Biergärten auch wieder ohne Beschränkungen vielleicht aufmachen, dann sowieso erst recht. Da müssen wir sowieso alles Mögliche wieder nachholen, überhaupt auch das Reisen nachholen. Und da kann man mal nach Niederbayern fahren, das ist ein schönes Ziel.

Markus: Das ist doch ein sehr, sehr gutes Wort dazu. Ich kann auch nur sagen, ich habe mal einen Brauereiführer geschrieben für ganz Bayern, habe alle Brauereien besucht. Da war tatsächlich in Niederbayern für mich auch noch so ein recht weißer Fleck. Da kann ich mich auch erinnern, dass es dann viele Brauereien gab, die mich echt überrascht haben, weil ich sie eben so gar nicht gekannt habe und auf dem Schirm hatte. Also ich erinnere mich, eben zum Beispiel in Dingolfing auch habe ich Brauereien kennengelernt, die ich mir vorher nicht habe vorstellen können. Und dann eben auch eure Brauerei, deswegen bin ich auch so froh, dass wir da jetzt mal die Biere gemeinsam verkosten können. Und apropos, mit was machen wir denn weiter? Drei haben wir noch.

Michael Sturm: Ich würde sagen, als nächstes, wir bleiben im Weißbier-Bereich und gehen wir zur Urweisse.

Markus: Wunderbar! Da kann ich das Geheimnis auch lüften. Das hatten wir neulich mal in einer Online-Verkostung. Das hat sich tatsächlich jemand von den Kunden extra gewünscht. Und da haben wir dann auch extra von euch das ganz frisch importiert. Das war wirklich ganz, ganz toll und kam natürlich dann entsprechend auch an. Das ist wirklich ein tolles Weißbier und hat mich damals schon begeistert. Dementsprechend könnte einer von euch das mal entsprechend beschreiben. Ich weiß nicht, Holger, ob du nochmal ran willst? Oder will der Michael ran?

Holger: (unv. #00:22:42.5#), ich übernehme es schon, weil du sprichst schon wieder so viel und ich habe es schon im Glas. Da kann man jetzt einfach sagen, was da jetzt so richtig reinströmt, ist auf jeden Fall erstmal ein bernsteinfarbenes Bier. Wir hatten gerade so eine goldgelbe Farbe beim Weißbier und jetzt haben wir richtig schön so ein rötliches Bernstein, ganz, ganz wunderbar. Und so ist auch das Etikett im Übrigen. Also die Bierfarbe passt genau zum Etikett. Das ist sehr schön abgestimmt. Ich will‘s mal trinken. Wunderbar! Das ist so unglaublich toll ausbalanciert, es ist sehr vollmundig. Es hat eine tolle Karamellnote, finde ich. Ich könnte mir jetzt vorstellen, dass das Bier auch ganz besonders gut eben bei Menschen ankommt, die nicht so gerne herbe Biere trinken, sondern schon auch eher eine Malzsüße bevorzugen. Da ist das ein ganz, ganz wunderbarer Vertreter. Und auch die Fruchtigkeit, die ist zwar da, aber tritt so ein bisschen in den Hintergrund. Ist eben mit dieser Malzsüße wunderbar ausbalanciert, produziert ein schönes Mundgefühl. Also ich habe mich verliebt, also ich habe mich verliebt. Wirklich unglaublich! Sehr, sehr schönes Bier. Und auch zu Recht wahrscheinlich die Bronzemedaille erworben beim World Beer Cup. Das muss man ja auch erst mal machen in so einem heißumkämpften Wettbewerb. Ich kann das nur empfehlen. Prost!

Markus: Prost! Was mich auch da schon wirklich immer begeistert hat, ist echt die Farbe, weil das auch ein Anklang ist eben an die Biere, so wie sie früher waren. Also da hat man auch nicht wirklich unterschieden zwischen dem Hellen und dem Dunklen, sondern das war halt das Weißbier. Und das hatte dann eben so eine bernsteinfarbene Farbe. So ein richtiges dunkles Weizen, das geht eigentlich erst los, wenn es richtig schwarz oder schwarzbraun ist. Und so ist dann die Range von diesen normalen Weißbieren ziemlich groß. Und hier hat man halt wirklich schön, wie du schon beschrieben hast, Holger, dieses Karamellige auch mit dabei. Also sehr schön. Es wirkt mir auch ein bisschen intensiver, ein bisschen kräftiger. Michael, wie kamt ihr denn da drauf, dann eben noch ein anderes Weißbier zu machen? Und warum Urweisse?

Michael Sturm: Der Name Urweisse kommt schon etwas aus der Richtung, wie du es schon gesagt hast. Also aus der Zeit, wo die Biere einfach nicht so hell waren. Deswegen mit Urweisse eben betitelt, weil es den Leuten, den Biertrinkern auch am schnellsten den Eindruck davon ermittelt, was kann man erwarten. Deswegen haben wir uns da eigentlich für den Namen Urweisse entschieden. Es waren da sicherlich noch andere Namen im Gespräch. Wir hatten tatsächlich vorher schon ein weiteres Weißbier, und zwar ein dunkles Weißbier. Und wie du vorher schon gesagt hast, die dann oft so eher in einem sehr dunklen Ton, fast einem Schwarzton irgendwo unterwegs sind. Bei uns war es auch so. Und diese Urweisse haben wir dann 2016 zum Jubiläum vom Reinheitsgebot zum ersten Mal gemacht. Auch so ein bisschen mit dem Augenzwinkern, weil eigentlich im Reinheitsgebot der Weizen ausgeschlossen war. Die Erfahrung war dann einfach, dass es besser ankommt als unser dunkles Weißbier. Ich muss sagen, wir haben unser dunkles Weißbier damals mit Hilfe von Faber Bier aus dem hellen Weißbier gemacht. Das war geschmacklich sehr gut, aber ich mag halt diese bernsteinfarbenen Weißbiere sehr gerne, ich finde das einen sehr schönen Bierstil. Dass es etwas kräftiger ist, liegt daran, dass wir da auch vom Alkoholgehalt her etwas raufgegangen sind. Also es hat 5,6 %, das ist für ein Weißbier schon ordentlich. Der Alkohol ist aber einfach auch ein Geschmacksträger. Diese Kombination dieser schönen Malzsorten, die wir da zum Einsatz gebracht haben, mit den Noten der obergärigen Weißbierhefe, macht’s für uns auch zu einem heimlichen Lieblingsbier. Sicherlich auch eins, wo man sagt, das ist so ein richtiges Genießer-Bier, das trinkt man jetzt vielleicht nicht dahin, sondern genießt jeden Schluck. Da sind wir sehr stolz drauf und haben wir dann eben daraufhin die Urweisse fest in unserem Sortiment etabliert. Und das dunkle Weißbier haben wir dafür aus dem Sortiment genommen.

Markus: Genießt jeden Schluck, ist genau das richtige Stichwort. Also kann ich jetzt auch voll verstehen, warum der Holger schon so verliebt ist, weil wirklich das ein sehr, sehr schönes rundes und eben auch sehr selbstbewusstes Bier ist, was man gerne trinkt. Also wirklich toll! Da würde ich auch gerne noch ein paar Schluck dabeibleiben. Deswegen noch eine Frage an dich. Wir haben jetzt schon ein paar Mal angesprochen dieses Reinheitsgebots-Jubiläumsfest 2016. Da war ich auch. Das war insgesamt eine sehr denkwürdige Angelegenheit, weil am Eröffnungstag dann abends diese, wie soll man sagen, Anschläge, man wusste ja damals gar nicht, was es jetzt eigentlich genau war, dieser Amoklauf passiert ist, und dann das ganze Fest mehr oder weniger am Abend noch abgesagt worden ist. Das war wirklich gar keine so leichte Geschichte. Ich war damals im Innenhof vom Landwirtschaftsministerium, weil ich da Verkostungen machen sollte, und dann waren wir da so gefangen, durften nicht raus. Und ich war der Einzige, der überhaupt was zu trinken hatte, das war natürlich gut mit meinem Bierstand. Und wir hatten so ein bisschen Food Pairing, deswegen gab’s bei uns auch was zu essen. Deswegen hat man da auch so ein bisschen von allem was mitbekommen. Das war so eine ganz besondere Stimmung irgendwie, so eine Mischung aus Endzeitstimmung und Überraschung und was weiß ich. Also irgendwie ganz krass. Ich weiß nicht, wo warst du denn und wie habt ihr das erlebt?

Michael Sturm: Für uns war das auch ein ganz krasses Erlebnis wirklich, das hätte ich jetzt genauso gesagt wie du. Wir hatten da unseren Stand, an dem eben die casual MONKS mit dabei waren. Die haben ihre T-Shirts verkauft, wir haben unser Bier verkauft. Ganz schöne Stimmung, viele Leute, die das genossen haben. Und dann sind diese Nachrichten gekommen, man hat dann Nachrichten aufs Handy bekommen: Seid ihr in Sicherheit? Was ist los? Es sind dann auch wirre Meldungen umhergegangen. Aus unserer Sicht hat man irgendwo gedacht, okay, da gibt’s jetzt mehrere Orte in München, wo etwas bedrohlich ist, wo Gewalttaten passieren. Dementsprechend war das schon etwas, was uns da auch stark bewegt hat, ganz klar. Dann hat es ja geheißen, jetzt wird abgebrochen. Dann ist angefangen worden, den Platz abzuschirmen, also Richtung Marienplatz an der Seite der Feldherrnhalle ist dann schon eine Reihe von Polizisten mit MG aufgestellt worden. Die Zelte wurden geschlossen. Wir waren dann als Betreiber in diesem Stand quasi erst mal und haben uns natürlich da Sorgen gemacht, was ist denn jetzt los. Und sind dann später auch ins Landwirtschaftsministerium rüber gegangen. Es war dann auch der gesamte Verkehr in der Innenstadt lahmgelegt, bewusst die U-Bahnen ausgesetzt und so weiter und so fort. Und man hat bis in die Nacht eigentlich vieles nicht gewusst, da eigentlich so die Gerüchte unterwegs waren oder die Annahmen, dass es mehrere Täter waren. Aber die Behörden wussten halt dann bloß von dem einen Täter, wo er ist. Man war sich nicht sicher, ob da noch mehr Täter irgendwo unterwegs sind. Das war schon eine Ausnahmesituation, ganz klar.

Markus: Ja. Also war wirklich krass. Und dann irgendwann die Hubschrauber gekreist und dann kamen, wie du schon sagst, die Meldungen, dass hier und da und dort noch irgendwas war. Also wirklich schräg. Ich bin dann, glaube ich, irgendwann um 1 Uhr nachts oder so dann eben zu Fuß zum Hotel gelaufen, weil ja keine Taxis gefahren sind, keine U-Bahn. Das war auch bestimmt eine Stunde Weg. Also war schon ein verrückter Abend irgendwie. Ich weiß nicht, Holger, kannst du dich noch erinnern, was du da gemacht hast?

Holger: Abends hatten wir Gäste und wir sind dann mit zwei Autos zu einer Lokalität gefahren, wo wir hinwollten. Und dann ist das passiert, dann haben wir uns gegenseitig angerufen und dann, was machen wir denn jetzt um Gottes Willen und so, und geht’s euch gut und was weiß ich nicht. Dann sofort wieder zurück nach Hause, dann hier gesessen, und haben irgendwie abgewartet und Radio gehört. Das war richtig gespenstisch. Solche Sachen sind halt nicht zu vermeiden und jedes Mal dann einfach unglaublich traurig auch, wenn das passiert. Und für die Stadt war das ein echter Schock. Also absolut. Immer wenn ich jetzt zum Beispiel dann am Einkaufszentrum in der Nähe bin, dann denkt man zwangsläufig immer sofort daran. Das ist irgendwie ganz komisch. Genauso wie wahrscheinlich auch jeder weiß, wo er dann bei 9/11 gerade war. Diese Momente, die vergisst man einfach nicht, da kann man sich dann noch nach langer Zeit erinnern, was man in dem Moment gerade gemacht hat, wo einen dann die Nachricht erreicht hat. Das ist irgendwie was Beeindruckendes.

Markus: Bleiben wir beim Bier und gehen jetzt vielleicht dann doch zum nächsten. Und ich glaube, Michael, jetzt ist er dran der Bock, oder?

Michael Sturm: So ist es. Genau! Unser Floriani Bock, den machen wir, wie auch die Urweisse, noch gar nicht so lange. Wir haben 2013 zum ersten Mal diesen Bock gemacht. Wir hatten davor Bier einer anderen Brauerei als Handelsware, das wir an unsere Kunden für die Bockbierfeste verkauft haben. Auf den Bockbieranstichen, auf den Bockbierfesten, speziell in Landau war es bei der Feuerwehr so, dass die gesagt haben, wann macht der Krieger endlich einen eigenen Doppelbock? Und das ist Jahr für Jahr so gegangen. Für unsere Ausstoßgröße und für unseren Absatzpreis, sage ich mal, haben wir ein relativ großes Sudhaus. Wir schlagen bei den Hauptzeiten 100 Hektoliter aus, beim Bock, wo wir eben auch ein Zweimaischverfahren klassisch hernehmen, da sind es knappe 70 Hektoliter. Und wir haben damals an Handelsware und der anderen Brauerei 10 bis 12 Hektoliter gekauft. Da haben wir dann natürlich gesagt, Mensch, 70 Hektoliter, 10 Hektoliter, das klafft schon etwas auseinander. Und im Handel, ich meine, man kauft sich schon einmal ein Doppelbock, aber da trinkt man jetzt auch nicht jeden Abend fünf Halbe. Von dem her war auch da die Erwartungshaltung eher gering. Aber irgendwann einmal haben wir halt dann gesagt, wir wagen diesen Sprung, probieren es, Plan B und C sind in der Schublade gelegen beziehungsweise dann zumindest der Plan B schon auf den Weg gebracht worden, den Doppelbock in ein Whiskyfass zu legen. Plan C wäre gewesen, Bockbier-Brand machen zu lassen. Also wir waren da fest der Überzeugung, dass von diesem Bockbier noch jede Menge übrigbleibt. Der Name Floriani Bock rührt daher, dass der Florian nicht bloß der Patron der Feuerwehrleute war, was auch eine schöne Bedeutung war, weil wir wie gesagt auch ein Bockbierfest bei der Feuerwehr in Landau haben, aber er ist eben auch der Schutzpatron der Brauer. Habe ich selber ehrlich gesagt lange Zeit gar nicht gewusst, aber meine Großmutter stammt ja aus einer Deggendorfer Brauerei, und die ist in Kindstagen von ihrem Vater dann rumgeschickt worden vorm Floriani-Tag und hat bei den anderen Brauereien gesammelt für diese Messe, für dieses Amt. Und diese Messe wurde dann tatsächlich im Kreis der Deggendorfer Brauereien, der Bräu-Familien gefeiert. Finde ich auch eine sehr schöne Geschichte, weil sicherlich die Konkurrenzsituation damals gerade am Ort noch eine stärkere Rolle gespielt hat, und trotzdem sind sie da am Floriani-Tag im Brauerkreis so zusammengekommen. Das war eigentlich so diese Geschichte, warum man gesagt hat, Floriani Bock ist ein schöner Name für ein Bier. Und wir haben dann auch so ein bisschen so ein Namensrätsel aufgebaut. Also haben dadurch auch schon die Leute ein bisschen mit dem Bier konfrontiert. Tatsächlich war es dann so, dass das Bockbier innerhalb von drei Wochen ausverkauft war und ich habe meinen eigenen Kasten Bockbier im Edeka kaufen müssen, weil ich aus der Brauerei keinen mehr nehmen konnte, weil die schon alle reserviert und verstellt waren für die Bockbierfeste.

Markus: Dann machen wir den doch jetzt mal auf. Bin ich mal gespannt. Ich meine, das ist immerhin auch ein silberner und ein bronzener Beer Star da drauf, also das ist ja schon auch eine tolle Geschichte. Und, oh ja, oh Holger, das gefällt dir bestimmt auch, oder? Dieses Rotgoldbraun, das ist ja toll.

Holger: Absolut! Ich kenne das Bier auch gut und in Pilsting gibt’s einen Edeka und da versorge ich mich dann ab und zu damit.

Markus: Mmh! Und hat auch in der Nase so ein bisschen fast schon schokoladige, nussige Aromen. Mmh! Dann kommt so ein bisschen Trockenbeeren, ein bisschen Rosinen. Sehr, sehr intensiv. Moment, ich probiere mal.

Holger: Das ist ein schöner, dunkler Doppelbock. Also so richtig typisch, wie man es möchte.

Markus: Oh ja! Also kann man nur sagen, das ist wirklich wunderbar auf den Punkt. Hat die Preise völlig zu Recht verdient. Interessanterweise auch eine schöne Bittere hinten drauf. Wie ist denn das überhaupt, du sagst ja, ihr braut ausschließlich mit Doldenhopfen, macht das auch in so einem Bier was aus? Oder machst du dir da auch Gedanken darüber?

Michael Sturm: Ganz kurz muss ich einhaken. Nicht ausschließlich mit Doldenhopfen. Wir haben auch Pellets, aber zur Aromagabe nehmen wir immer den Doldenhopfen. Also für die Grundhopfung nehmen immer Pellets her, und die letzte Hopfengabe, die Aromagabe, die ist dann immer in Doldenhopfenform. Wichtig ist uns auch, dass wir nur Aromahopfen verwenden, also bei uns eine Hoch-Alphasorte, wie man so schön sagt. Das heißt, diese Hopfen, die viel stärkere Bitterkraft haben, die kommen bei uns überhaupt nicht zum Einsatz, weil einfach Aromahopfen da qualitativ seine Vorteile hat. Selbst für die Bittere wird es eine schönere, eine rundere Bittere. Wichtig ist uns schon immer, dass die Biere einfach schön ausbalanciert sind. Und ich denke, es ist auch das, was man bei unserem Bock immer wieder hört, dass er nicht zu sehr ins Röstige fällt oder nicht zu sehr ins Bittere, sondern dass das einfach ein runder Trinkgenuss ist, charaktervoll, aber eben auch noch schön zu trinken. Und das ist, glaube ich, das, was uns da auszeichnet, und auch, was das Ziel bei den Bieren immer ist.

Markus: Für alle Hörer, die sich jetzt vielleicht auch mal so ein Bier besorgt haben oder noch besorgen werden, da kann man sich auch mal wirklich den Spaß machen, das im Glas zu haben, das Glas ein bisschen zu neigen und zu drehen, und dann bildet sich eben dieser schöne Film vom Bier, der am Glas so kleben bleibt. Und weil das eben so eine schöne, goldbraune Farbe hat, gibt es dann auch einen ganz schönen Schimmer, der dem Glas wirklich ein tolles Aussehen verleiht. Also sehr, sehr spannend. Und interessant auch, wie diese Rosinennoten, Karamellnoten da auch sehr schön rüberkommen. Also wirklich ein schönes Bier. Holger, das wäre doch auch was für deinen Sohn, der heißt ja fast genauso, oder?

Holger: Ja, der heißt fast genauso. Na ja gut, der ist jetzt 17 und trinkt auch mal ein Glas Bier mit mir, aber ist jetzt noch nicht der absolut passionierte Biertrinker geworden. Muss ja auch nicht sein. Aber das wäre auf jeden Fall was für den, also eben so ein etwas schweres Bier, dann also diese typische Honignote auch. Natürlich auch diese Karamellnote, das schmeckt meinem Flori auf jeden Fall auch richtig gut.

Markus: Apropos Bockbieranstich, Michael, wie macht ihr das denn überhaupt? Jetzt gut, Corona war wahrscheinlich sowieso nicht viel los, aber so generell, wie schaut das bei euch aus so ein Bockbieranstich?

Michael Sturm: Wir haben da eine Veranstaltung, die wird der Bockbierzeit etwas vorausgeschickt, und das ist die öffentliche Bockbierprobe. Die ist immer in unserem Stammhaus, das zur ursprünglichen Brauerei gehört, und da kann jeder kommen. Das ist eben noch vor der traditionellen Starkbierzeit und ist eine ganz beliebte, ganz nette Veranstaltung. Es ist vom Rahmen her überschaubar. Und dann in der Bockbierzeit, da folgen dann eben die verschiedenen Bockbierfeste und Bockbieranstiche, die dann eben Kunden von uns machen, Vereine aus der Gegend. Dann gibt’s da auch oft die Starkbierpredigt, einen Fastenprediger. Und da wird dann natürlich ein bisschen vom Leder gezogen und ein bisschen gefrotzelt. So gehört es ja. Ist eine schöne Zeit bei.

Markus: Bei eurer Starkbierprobe wird da dann nur flüssig probiert oder gibt’s da auch diese Probe, die man so kennt mit so einer Holzbank und Leuten, die sich draufsetzen und so?

Michael Sturm: Nein, also das haben wir jetzt noch nicht ausprobiert. Wäre mal vielleicht einen Versuch wert. In der Regel machen wir dann noch irgend so eine Spezialität. Wir haben zum Beispiel dann eben auch schon mal ein Eisbock gemacht oder das Bockbier-Stacheln, solche Sachen. Also es sind ja fünf verschiedene Malzsorten, die in unserem Floriani Bock drin sind, und da haben wir die fünf verschiedenen Malzsorten schon mal da auch mitgebracht und die Leute probieren lassen und riechen und spüren lassen, was die fünf verschiedenen Malzsorten eben in dieses Bier mitbringen. Ist eine ganze schöne, gemütliche Veranstaltung.

Markus: Da sind wir eigentlich auch schon bei unserem nächsten Bier. Da steht nämlich spannender Weise gar nicht mehr Krieger drauf, sondern da steht jetzt Mikes Wanderlust drauf. Vielleicht willst du vorher kurz sagen, was es damit auf sich hat, und dann Holger, können wir uns der Sache mal nähern.

Michael Sturm: Ja, gerne! Also Mikes Wanderlust, das war unser Craftbier-Projekt, sage ich mal so. Im Anschluss an meine Biersommelier-Ausbildung habe ich gesagt, Mensch, das, was mir eigentlich schon die ganze Zeit umgegangen ist, eben auch andere Biersorten als unsere traditionellen zu machen. Haben wir dann umgesetzt, haben ein India Pale Ale gebraut, ein Session Pale Ale, ein Porter. In dieser Mikes Wanderlust Geschichte war eben auch ein spannendes Thema Bockbier ausbauen in Fässern. Wir hatten es beim Floriani Bock schon im ersten Jahr gemacht. Das war ja die Kombination, die sich auch sicherlich am meisten anbietet und die am gängisten ist und auch gut funktioniert, muss man sagen, im Bourbonfass ausbauen den dunklen Doppelbock. Das hatten wir da schon gemacht. Mikes Wanderlust, der Name natürlich, also Mike ist mein Spitzname, und Wanderlust sollte halt ein bisschen so für den Blick über den Tellerrand auch stehen. Mein Urgroßvater, der der erste Krieger in Landau war in der Brauerei, der hat, bevor er die Brauerei in Landau gekauft hat und nach der Brauer-Ausbildung hat er sich auf den Weg gemacht und hat das Brauen in der Welt sich angeeignet und angesehen. Also der ist damals nach Marseille, nach Tunis, hat sich dann in Neapel auf einem Schiff einquartiert und hat sich durch Kohleschaufeln die Überfahrt nach Nordamerika verdient und hat dann auch in Nordamerika noch in vielen verschiedenen Brauereien gearbeitet, und ist dann eben später nach Deutschland zurückgekommen und hat dann gemeinsam mit seiner Frau zuerst eine Brauerei in Wasserburg betrieben und dann die Brauerei in Landau gekauft. Aber ich finde das eben ganz erstaunlich, grad im Vergleich zu heute, wie man sagt, heute buche ich einen Flieger und kann übermorgen einsteigen und fliege nach Nordamerika oder wo auch immer hin und bin dann gleich dort. Und in den Zeiten, wo er nicht gewusst hat, was erwartet ihn, da zwei, drei Wochen Kohlen geschaufelt, damit er dahinkommt. Dieser Pioniergeist, der imponiert uns sehr. Drum hat es auch bei uns in der Familiengeschichte schon ein bisschen diese Wanderlust gegeben. Und deswegen war das ein schöner Name, wo man sagt, damit soll der Blick über den Tellerrand, den da mein Urgroßvater uns schon vorgelebt hat, auch ein bisschen versinnbildlicht werden.

Markus: Da bin ich jetzt mal gespannt, wie das so wird. Ich gebe es jetzt hier mal ins Glas und dann lasse ich mal die Hörer reinhören. Weil ich glaube, das ist auch ein ganz spannendes Geräusch, was dieses Bier von sich gibt. Moment! Wer jetzt ganz genau hingehört hat, der hat eben gehört, wie diese Kohlensäurebläschen so richtig heftig zerplatzen und wie dann diese schöne Aromatik diesem Bier entweicht. Und bin ich mal gespannt, was der Holger dazu sagt. Weil wir haben hier immerhin einen Doppelbock im Islay-Fass. Also der hat schon mal ordentlich was zu bieten. Holger, was sagst du denn zu diesem spannenden Bier?

Holger: Na ja, so wie der Mike das schon vorhin auch beschrieben hat, da kann man einiges entdecken. Und ich finde, hier ist es auch wieder wunderbar gelungen, ein besonderes Bier zu produzieren, wo man eben auch dann einfach merkt, dass da ein Holzfass im Einsatz war. Und das ist jetzt auch hier ein Doppelbock, ein dunkler Doppelbock, der dann in ein Holzfass hineinkommt. Und dann natürlich auch das Aroma dieses Single-Malt-Whiskys eben annimmt und dann natürlich auch aus dem Holz vielleicht auch noch ein bisschen Alkohol zieht. Ja, das ist eigentlich schade, dass eben Mikes Wanderlust, also so viel ich weiß, hast du das von vornherein einfach nur als Projekt angelegt, aber so die Story dazu und auch die Biere, die ich in dem Zusammenhang kenne, vor allen Dingen auch das Porter fand ich immer ganz besonders toll, ist eigentlich schade, Michael, dass du das nicht weitermachst irgendwie. Also da möchte ich dich noch mal zu ermutigen, das vielleicht doch noch mal zu überdenken. Weil das ist doch jetzt auch schon wieder hier so ein Bier, was ein Beispiel dafür ist, dass Krieger Bräu in Landau unglaubliche Biere produzieren kann. Jetzt ist das vielleicht in 25 Kilometer Umgebung nicht jedermanns Sache, und die Niederbayern sind dann vielleicht ein bisschen traditioneller und sind erstmal überrascht durch solche Biere, aber ich könnte mir vorstellen, das könnte doch was werden. Also warum machst du nicht weiter?

Michael Sturm: Es war auf jeden Fall ein großes Leidenschaftsprojekt, das wir da hatten. Vielleicht gibt’s einmal wieder eine besondere Edition, aber so in dieser Regelmäßigkeit, wir hatten ja drei dieser Biere ständig im Sortiment, und da haben wir einfach nach einer Zeit gemerkt oder wir hatten von vornherein gesagt, so, wir ziehen jetzt mal nach circa drei Jahren ein Resümee. Es ist dann tatsächlich schon so ausgefallen, wir haben ein relativ großes Sudhaus, und da war halt diese regelmäßige Produktion dieser Sorten schwierig. Da haben wir diese Menge nicht erreicht, die wir da gebraucht hätten, damit das regelmäßig Sinn macht. Aber wer weiß, vielleicht gibt’s mal wieder was. Und gerade dieses Projekt war eben auch so eine Sache, wo man sagt, Mensch, wir wollen das ausprobieren, das ist ein ganz spannendes Thema. Es heißt ja World Barrel Tour. Und das Grundbier ist tatsächlich der Floriani Bock, und den hat man in fünf verschiedenen Fässern ausgebaut, die dann jeweils als Einzelfass so abgefüllt wurden. Also schon mit hohem Aufwand das Ganze auch betrieben. Das eine Fass war das Bourbon-Fass, das zweite eben das Islay Single Malt Fass, das eben diese torfigen Noten mitbringt. Dann hat man ein Rumfass, hat man ein Sherryfass und ein Tequilafass. Ich habe davor noch nie irgendwie, ich hatte keine Ahnung, wie jetzt fassgereifter Tequila zum Beispiel riecht. Und so war das ein ganz spannendes Projekt, dass man gesagt hat, so, die Bourbon USA Edition, Islay Single Malt für Schottland. Dann natürlich Sherry, Spanien, Tequila, Mexiko, und was geht mir jetzt noch ab, eins haben wir noch vergessen, Rumfass, Karibik. Das war ein tolles Projekt, wo wir mit ein und demselben Grundbier nachvollziehen konnte, wie sich diese fünf verschiedenen Fässer ausgewirkt haben. Also das war eine hochspannende Sache. Denke ich noch gerne daran zurück. Auch ein Beispiel dafür, was Bier alles kann, ganz klar.

Markus: Absolut! Also ganz, ganz spannende Geschichte. Vielleicht vorweg noch, kann ich dem Holger nur zustimmen, ich bin seit vielen Jahren, wenn dieses Fest der Deutschen Einheit ist, das offizielle Fest, immer unterwegs und darf da Biere verkosten für Bayern Tourismus. Und da haben wir immer eigentlich die Mikes Wanderlust Biere dabeigehabt. Und die kamen auch echt immer richtig gut an. Also wie gesagt, sei dir nur dessen gewahr, dass es da schon viele Fans gibt. Und vielleicht lohnt es sich ja, die ein oder andere Sache irgendwie mal wieder aufzulegen. Aber zurück zu diesem World Barrel Thema hier. Ich glaube, der Holger hat sich so ein bisschen um das Islay Thema gedrückt, glaube ich, weil natürlich das insofern ganz besonders ist, als man halt diese rauchigen Noten hat, die da eben von dem Islay Whisky da mit reinkommen. Was ich ganz toll finde, ist, dass am Anfang wirklich auch ganz viel von der Süße von dem Bier rüberkommt, also viel mehr als wir das eigentlich im Bockbier hatten, was wir gerade verkostet haben. Das kommt noch ein bisschen intensiver rüber. Und dann kommt wirklich dieses Torfige, Rauchige, sehr intensiv, also bleibt auch ungeheuer lang, aber trotzdem angenehm. Also es ist schön eingebunden und insgesamt wirklich ein absolut spannendes Bier und ein tolles Beispiel, was man eben mit so einer Holzfass-Geschichte so erreichen kann. Und da hätte ich jetzt richtig Lust drauf, die anderen vier so dagegen zu verkosten. Also gerade Tequila finde ich spannend. Ich weiß nicht, hast du das vielleicht im Kopf, wie sich das aromatisch so ausprägt?

Michael Sturm: Das ist ein bisschen so eine Feigennote, war wirklich auch sehr schön rund zu trinken. Das Islay war natürlich das, das am meisten polarisiert hat. Also wer überhaupt keinen torfigen Whisky mag, für den war das natürlich, da ist dann eher so das Stichwort Schornsteinfeger gefallen. Das Intensivste war das Bier aus dem Rumfass. Das hängt natürlich auch immer ein bisschen an den Fässern auch, wie sind die Fässer beschaffen, wie lange ist die Leerung her davor und so weiter und so fort. Bourbon die ganz klassische Kombination. Sherry war auch sehr, sehr gut. Also das war wirklich eine hochinteressante Geschichte, so das nebeneinander so zu probieren. Wie gesagt, das Tequila war wirklich sehr gut.

Markus: Feige kann ich mir auch sehr gut vorstellen, habe ich jetzt sogar auch in diesem so ein bisschen drin. Das ist wirklich eine absolut spannende Geschichte. Ich glaube, sowas ganz Besonderes ist dann, wenn man auch noch versucht, aus diesen verschiedenen Fässern am Ende vielleicht sogar noch eine Cuvée herzustellen, die dann das Ganze noch ein bisschen zusammenbringt. Also das wäre dann vielleicht sozusagen die Overkill-Geschichte, wenn man dann aus so einer Barrel-Tour was macht. Toll auf jeden Fall und ein tolles Bier, was mich auf jeden Fall auch begeistert und richtig spannend ist. Vielleicht von meiner Seite noch so eine letzte Frage. Du hast am Anfang erwähnt, ihr habt diesen Ursprung auch so in Riedenburg und letzten Endes war auch dort so ein Ansatz mit den IPAs, die sie relativ bald angefangen haben zu machen. Gibt’s da noch Kontakte? Arbeitet ihr vielleicht noch zusammen? Oder kennt ihr euch zumindest, oder wie ist das?

Michael Sturm: Man kennt sich in der Branche ohnehin, aber auch nach Riedenburg, und tatsächlich auch zu anderen Brauereien, zu denen wir entfernte Verwandtschaftsverhältnisse haben, pflegen wir da einfach einen sehr, sehr guten Kontakt. Und mit dem Maximilian, mit der Maria oder mit ihren Eltern auch haben wir da einen sehr guten Kontakt. Der Michael Krieger hat auch in Zusammenarbeit mit Riedenburger Bürgern ein Buch herausgegeben beziehungsweise hat da sehr stark zum Inhalt auf jeden Fall beigetragen, und da wurde auch über die Bierbrauer-Familie Krieger in Riedenburg und die anderen Riedenburger Brauereien geschrieben. Und er hat uns auch ein Buch zukommen lassen und das war sehr, sehr spannend zu lesen für uns. Und so ist das schön, wenn man da auch sich gegenseitig irgendwo austauschen kann und den Kontakt pflegt.

Markus: Was ich da ganz spannend finde, ist, wie die damals bei der Umstellung zur Biobrauerei angefeindet worden sind. Die haben im Grunde nur ihr ganz normales Bier weitergebraut und ab dem einen Tag auf den anderen halt dann das Label verändert, weil jetzt waren sie dann offiziell Biobrauerei. Und dann kamen auf einmal von diesen ganz traditionellen Leuten vor Ort, das kann man nicht mehr trinken und unglaublich und was weiß ich, die sind links und grün, und Wahnsinn. Also damals in den 80ern hat Franz Josef Strauß noch regiert, völlig verrückt, wie das damals so abging. Und das hat mich schon immer so ein bisschen beeindruckt, dass die dann trotzdem ihren Weg gegangen sind. Insofern steckt da vielleicht so ein bisschen Krieger-Blut natürlich auch bei dir mit drin. Und das fand ich jetzt auch bei der Verkostung ganz toll, dass wir halt von so einem mehr oder weniger traditionellen Hellen über sowas wie die Urweisse oder den Bock bis zu so einem ganz krassen Islay Bock hier dann gekommen sind. Eigentlich mal sehen, was einfach so möglich ist, wenn man das Thema Bier einfach komplett lebt und komplett denkt. Das hat mich absolut begeistert. Ich weiß nicht, Holger, wie ging‘s denn dir? Und hast du vielleicht auch eine letzte Frage?

Holger: Mir ging‘s ganz genau so und ich kann auch wirklich immer wieder betonen, was wir auch für eine tolle Bierkultur haben in unserem Land, und insbesondere natürlich in Bayern. Und was eben auch so eine traditionsreiche Brauerei wie Krieger in Landau an der Isar auch zaubern kann und was da auch für ein Portfolio geboten wird. Eigentlich muss man da noch viel mehr drüber reden, also der BierTalk ist ja nur ein kleines Puzzlestück in dem Reigen derer, die eben toll auch über Bier reden können, Appetit machen, um zu trinken und auch zu genießen und auch sich vorzustellen, was überlegt sich der Braumeister. Da kann ich dann immer auch noch mal darauf hinweisen, also jetzt ganz besonders eben auch hier bei dem Bier, was wir jetzt im Glas haben, das gehört halt auch wirklich ins Glas, weißt du. Und das ist jetzt auch kein Bier zum Durst löschen, sondern das ist wirklich ein Bier, um sich damit auseinanderzusetzen und so. Und trotzdem bietet die Brauerei auch für einen schönen Sommertag im Biergarten einfach diese unglaublich leckere Urweisse, wo ich nochmal wieder darauf zu sprechen kommen muss einfach. Und dann gibt’s auch noch ein Brauereimuseum. Da haben wir noch gar nicht drüber gesprochen. Das gelingt uns vielleicht noch in den letzten zwei Minuten, Michael, dass du ganz kurz auch noch mal was zum Brauereimuseum sagst. Also auch vor dem Hintergrund, es lohnt sich wirklich nach Landau zu kommen.

Michael Sturm: Ja, absolut! Kann ich natürlich nur unterstreichen. Das Brauereimuseum ist in unserem Brauereigebäude beheimatet, ist 1997 eröffnet worden und ist eben dem vorher schon erwähnten Firmengründer in Landau, sage ich mal, also die Brauerei hat es vorher schon gegeben, aber dem ersten Krieger in Landau, sage ich mal, ist es gewidmet. Und es werden eben Ausstellungsstücke aus der Bierherstellung von, ich sag mal so, vor 50 bis 100 Jahren in etwa ausgestellt. Und man kann eigentlich so chronologisch die Bierherstellung in früheren Zeiten verfolgen. Geöffnet ist das Brauereimuseum eher unregelmäßig, muss man sagen. Wir haben jedes Jahr normalerweise Ende September, jetzt befinden wir uns natürlich 2020 und 2021 in Jahren, wo es etwas schwieriger ist mit Veranstaltungen und offenen Tagen, aber in der Regel ist Ende September in Landau ein Tag, an dem die verschiedenen Museen geöffnet haben. Und an dem beteiligen wir uns auch und haben dann meistens noch ein kleines Food Truck Treffen bei uns im Brauereihof. In diesem Rahmen kann das Brauereimuseum besucht werden oder ist eben nach Vereinbarung auch für Besuchergruppen geöffnet. Da kann man einfach auch viel darüber erfahren über die wichtigen Entwicklungsschritte in der Brauereizeit. Und was mir bei dem Museum und überhaupt bei der Beschäftigung mit der Geschichte des Bieres halt so fasziniert, ist, wie die Menschen, die dieses Thema Bier, das es viele tausende Jahre schon gibt, lange, ohne dass sie jetzt diese wissenschaftlichen Hintergründe gehabt haben, lange da Stück für Stück einfach durch Ausprobieren verbessert haben. Man wusste ja nicht, was ist die Gärung. Man wusste nicht, wie das genau mit dem Maischen ist, mit dem Stärkeabbau und so weiter und so fort. Man hatte noch keine Kühlmöglichkeiten. Und trotzdem haben wir da einfach durch Ausprobieren getestet, wird das Bier dann besser oder war der Versuch nichts und wir kehren wieder zur alten Vorgehensweise zurück. Das ist eine ganz faszinierende Geschichte, finde ich.

Holger: Das kann ich nur unterstreichen. Da habe ich auch schon irgendwann mal gesagt, wahrscheinlich in irgendeinem BierTalk, da kann man wieder sehen, es geht ums Können, also nicht unbedingt ums Wissen, sondern ums Können. Und das geht nur durch Übung und durch ganz langes und intensives Ausprobieren, sich verbinden mit der Sache. Und das sagte ja Goethe schon: Ein Experte ist eins mit der Sache. Ja, das könnte vielleicht ein Schlusswort sein.

Markus: Wollte ich gerade sagen, das ist eigentlich das perfekte Schlusswort. Vielen, vielen Dank, lieber Michael, lieber Mike, dass du heute mit uns deine sechs Biere hier verkostet hast. Und überhaupt vielen Dank dafür, dass wir diese überhaupt bekommen haben. Das war auf jeden Fall ganz, ganz toll. Und wir wünschen allen Hörern, die das vielleicht nachvollziehen, dass sie auch so viel Spaß dabei haben und vielleicht auch mal bei dir vorbeischauen. Also an dieser Stelle, danke für deine Zeit, danke für deine Biere, danke für dein Engagement und hoffentlich bis bald vor Ort.

Michael Sturm: Ich sage vielen Dank. Alles Gute!

Holger: Macht’s gut! Ciao! Tschüss!

Michael Sturm: Servus!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 64 – Interview mit Dr. Christian Temme, Chemiker, Ex-Polarforscher und Betreiber des Braustättchen in Hamburg

Christian Temme hat es von der schnöden Chemie zum schmackhaften Bier verschlagen, eine spannende Reise, die ihn rund um den Globus und dann ins Elternhaus an die Hobbybrauanlage geführt und nun nach Hamburg gebracht hat, wo er mit seinem zweiten „Braustättchen“ dem bierigen Hochgenuss eine neue Heimat gibt. Im Podcast sprechen wir über diese interessante Entwicklung, Christians weitere Pläne für die Zukunft und natürlich über die feinen Biere, die wir zusammen verkosten…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Herzlich willkommen zum 64. Podcast! Wir haben einen ganz, ganz tollen Gast wieder mal, Christian Temme vom Braustättchen. Da ist dann die Adresse: Am Langen Jammer. Da wisst ihr schon, wahrscheinlich ist es nicht in Oberbayern, wenn man so eine Ortsbezeichnung hat. Und wie sehr da gejammert wird, das werden wir uns vielleicht gleich auch noch anhören dürfen. Christian, herzlich willkommen! Und am Mikrofon wie immer der Holger und …

Markus: … der Markus.

Holger: Es wäre vielleicht schön, du stellst dich unseren Hörern selbst vor, weil so ist es bei uns Tradition. Dann leg doch mal los. Was macht dich aus?

Christian Temme: Holger und Markus, vielen Dank für die Einladung erstmal! Ich bin der Christian und ich bin Chemiker mit einer typischen Laufbahn auch nach dem Studium. Ich habe also promoviert, das machen aber irgendwie 85 % aller Chemiker. Dann habe ich noch einen sogenannten Postdoc draufgesetzt, das ist also nochmal Forschungszeit, die man nach der Promotion anhängt. Dann hatte ich ein paar Forschungsaufenthalte im Ausland – das ist eigentlich auch gang und gäbe, wenn man in die Forschung will – mit spannenden Expeditionen in die Polarregion. Da können wir bestimmt auch noch mal drüber schnacken, da war natürlich Bier auch ein Thema. Und dann habe ich aber tatsächlich irgendwann die Forschungslaufbahn dann doch aufgegeben, bin in die freie Wirtschaft gewechselt und verdiene jetzt so seit 15 Jahren mein Brot in der so genannten TIC-Branche. TIC, das ist Testing, Inspection und Certification. Da kümmere ich mich um Laboranalytik, hauptsächlich von Umweltschadstoffen. Und habe aber ein kleines Zwischenspiel gehabt 2016 oder ab 2016, da habe ich für einen kleinen Laden, so ein Start-up kann man sagen, den Geschäftsführer gegeben und habe mich da mit dem Thema Consulting und Eventmanagement zum Thema Brauereirohstoffe beschäftigt. Da haben Markus und ich uns auch kennengelernt, ich glaube, 2017 muss es gewesen sein. Da ist meine Liebe zu diesem Thema entstanden. Und seit 2018 betreibe ich im Nebenerwerb eine kleine Event-Location mit Bottleshop im niedersächsischen Knesebeck. Jetzt könnt ihr alle raten, wo das ist. Ich verrate es mal noch nicht. Seit gut vier Monaten ersetze ich natürlich die so beliebten Präsenzveranstaltungen im Braustättchen Am Langen Jammer durch Online-Verkostungen. Das ist sehr exklusiv und in kleinen Gruppen und macht mir sehr viel Spaß. Das ist erstmal vielleicht in Kürze zu mir.

Holger: Beeindruckt mich. Du weißt, ich komme aus dem Ruhrgebiet und wir sind da ein bisschen bodenständig. Und Testing Inspection und Certification, das heißt bei uns TÜV, glaube ich.

Christian Temme: Ja, das ist tatsächlich auch ein Teil meines jetzigen Portfolios, also das meines Arbeitgebers. Aber ich bin doch eher so in dieser klassischen Laboranalytik zu Hause, das macht der TÜV eher weniger. Wenn du jetzt natürlich an TÜV denkst, dann denkst du wahrscheinlich an die Autoplakette und so weiter.

Holger: Nein, ich weiß schon, die machen Fahrschulservice …

Christian Temme: Ja, okay! Ja.

Holger: … und dann natürlich Ladungssicherung und Gefahrenschutz und was weiß ich. Ich glaube nicht, der TÜV macht schon viel. Das sind verschiedenste Gesellschaften, also hier natürlich, bei uns ist der TÜV Süd, und bei euch wird es wahrscheinlich der TÜV Nord sein, und bei mir zuhause ist es der TÜV Rheinland. Also es gibt verschiedene TÜVs. Und dann gibt’s natürlich auch noch die DEKRA und die GTÜ und den KÜS und so. Wir dürfen keine Schleichwerbung machen, deshalb muss ich sie alle mal nennen. Aber das hat sich auf jeden Fall jetzt erstmal ganz interessant angehört. Und mit promovierten Menschen zu sprechen, das ist immer ein Vergnügen von mir. Oder nicht, Markus?

Markus: Auf jeden Fall! Und vor allem spannend ist natürlich, wie jemand dann so die Liebe zum Bier entdeckt. Also war dir das in die Wiege gelegt oder hat sich das dann so entwickelt? Oder hattest du irgendwann diesen entscheidenden Moment, wo du das Bier getrunken hast und dann hat es dich gepackt? Wie ging das bei dir?

Christian Temme: Bis 2016 war ich der Junge vom Lande, aus dem niedersächsischen Hinterland sozusagen, kurz vor der ehemaligen Grenze zur DDR aufgewachsen in der Zeit. Und da gab’s nur Pils, da hat man eigentlich eine heimische Brauerei gekannt und die rauf und runter zu allen Festen getrunken, vom Fass oder eben aus der Flasche. Und bis dahin kannte ich vielleicht noch mal ein Weizen und vielleicht noch mal ein Märzen, und das war‘s eigentlich. Und dann habe ich mich auf diesen Job beworben und mich haben die Rohstoffthemen fasziniert, weil ich davor auch in der Analytik tätig war im Lebensmittelbereich, und da so ein bisschen zumindest von den Rohstoffthemen wusste, was jetzt die Qualität anbetrifft. Aber was natürlich das Herstellen von Bier und dann die verschiedenen Bierspezialitäten, die es noch so gibt, da hatte ich keine Ahnung von bis dahin. Und das war purer Zufall dann dieser Job. Dann musstest du dich natürlich mit dem Thema irgendwie beschäftigen, und ich war immer ein Typ, der gerne praktisch dann denkt, und habe gesagt, gut, dann fängst du jetzt an zu brauen. Und habe dann wirklich hobbybrau-mäßig mit der kleinen 20-Liter-Klasse angefangen 2016 und habe mich da so reingearbeitet, einfach, um mitreden zu können, so ein bisschen die Prozesse zu verstehen. Als Chemiker geht einem das so ein bisschen schneller von der Hand wahrscheinlich, und so kam ein Thema zum nächsten. Und jetzt möchte ich es auch nicht mehr missen. Ja, ich bin sehr happy, dass ich diese Braustättchen-Geschichte gewagt habe. Wie gesagt, war dann eine Sache auch der Verbundenheit zu meiner Heimat. Das ist also mein Heimatort, ich lebe jetzt in Hamburg, habe hier meine Familie, mein Haus. Und das sind so anderthalb Stunden Fahrt von hier, und mache das sehr gerne seit 2018 dort.

Markus: Eine ganz kleine Nachfrage hätte ich da noch. Wenn man als Chemiker zum Hobbybrauer wird, da kann ich mir vorstellen, dass das vielleicht auch ein bisschen eine Hürde ist, weil man dann viel, viel genauer ist, weil man viel mehr auf all die ganzen Hygienegeschichten achten muss und so weiter. Und verzweifelt dann wahrscheinlich irgendwann auch am Perfektionismus, den man vielleicht irgendwie so in sich trägt, oder? Hast du diese Stadien auch durchlaufen?

Christian Temme: Ach nein, kann ich nicht behaupten. Also ich habe mich da einfach treiben lassen. Natürlich kann man bei der einen oder anderen Formel oder bei der einen oder anderen Berechnung nicht an sich halten und will das Ganze dann natürlich verstehen und nicht nur die Formel einfach anwenden oder die Berechnungsgrundlage, das schon. Da habe ich mir dann natürlich auch Bücher gekauft. Und einer eurer Gäste hier, Jan Brücklmeier, das war natürlich so ein Klassiker, den ich dann verschlungen habe. Aber ansonsten, nein, also ich bin da auch einer, der so ein bisschen nach Bauchgefühl arbeitet, auch gerade, was so Hopfengaben anbetrifft. Ich nehme das, was da ist, am Ende auch. Der Bierstil ist irgendwie so eingegrenzt, klar, und dann gucke ich, gerade so Whirlpool-Hopfengabe und dann auch Kalthopfung, gucke ich mal in den Kühlschrank, was ich so habe.

Holger: Und die goldene Regel ist sowieso, kein Bier zweimal.

Christian Temme: Absolut! Diese Rohstoffthemen, die sind mir natürlich als Hobbybrauer dann natürlich entgegengekommen. Ich hatte dann viel mit Kunden zu tun aus dem Rohstoffbereich, sei es jetzt Hopfenhändler, sei es Braugerstenhändler, aber auch Mälzereien. Also da fiel natürlich immer mal ein Säckchen bei ab. Also ich brauchte mir eigentlich keine Sorgen machen, dass ich nicht gut versorgt war als Hobbybrauer.

Holger: Ja, das kenne ich auch aus dem Ruhrgebiet. Bei uns hieß das, so nach dem Motto, Jung, ich habe dir schon tausendmal gesagt, du sollst nicht klauen, das bringt der Vater von der Arbeit mit.

Christian Temme: Ja, genauso war das! Da habe ich auch den einen oder anderen Hobbybrauer noch mitversorgt, die dann im Braustättchen Kunden waren, und wo ich wusste, die brauen auch. Die haben dann immer schon gefragt, hast du wieder ein Säckchen Malz da und kannst du nicht mal? Und ich brauche mal Roggenmalz oder so, also auch Spezialitäten oder so. Das kriegt man sonst in der Gegend nicht. Also das ist wirklich plattes Land da. Die Hobbybrauer haben es schon schwer in der Region. Also gerade die großen schweren Sachen, die musst du dann dir liefern lassen. Also das ist nicht ganz billig.

Holger: Sag doch mal, Am Langen Jammer hat jetzt also nichts mit Jammern zu tun, sondern das ist einfach nur die Straße. Und Knesebeck, da wolltest du nicht so richtig verraten, wo es wirklich liegt. Aber du hast schon gesagt, anderthalb Stunden von Hamburg weg und in Niedersachsen, also dann nach Süden. Wie läuft das? Bist du dann einmal die Woche da oder zweimal die Woche oder immer am Wochenende? Oder wie läuft das denn?

Christian Temme: Der Lange Jammer, das ist die Straße am Kampe, wo das Braustättchen liegt. Hieß früher so, also den Straßennamen gibt’s jetzt nicht mehr. Aber alle, die älter sind als – sagen wir mal – 50, die kennen das noch. Meine Mutter ist da eigentlich draufgekommen. Die hat gesagt, Mensch, nenne das Ding doch Braustättchen Am Langen Jammer, um auch vielleicht so den ein oder anderen des gehobenen Alters da hinzulocken. Das Logo ist auch ein bisschen eher traditionell geworden, wer es schon mal gesehen hat, auch mit dem Bierkrug in der Mitte und dem Wappen von Knesebeck. Knesebeck ist ein kleiner Ort im Landkreis Gifhorn, südlich von Uelzen, zwischen Uelzen und Braunschweig kann man sagen.

Holger: Westlich von (unv. #00:08:07.1#) könnte man sagen.

Christian Temme: Ja, ja! (unv. #00:08:09.2#), kennst du? Das ist ja …

Holger: Ja sicher! Absolut! Ich bin doch ein alter Trucker.

Christian Temme: Okay!

Markus: Ich will eure Romantik nicht stören, aber ich glaube, bei dir Holger kündigt sich doch der lange Jammer an, weil du alleine schon jetzt Durst bekommst, oder?

Holger: Ich bin schon bereit hier, schau.

Markus: Okay! Was hast du denn, hast du schon aufgemacht?

Holger: Ja sicher! Ist schon im Glas.

Markus: Ah!

Holger: Ich wollte nur noch sagen, ich weiß gar, Christian, ob dir das aufgefallen ist, also der Herr Raupach spricht von Chemikern (K gesprochen).

Christian Temme: Ja!

Holger: Da nicht alle, die den Podcast hören, also in Bayern leben, wo das also ganz üblich ist, dass man eben Chemiker (K gesprochen), der Harr Raupach meint Chemiker (Ch gesprochen).

Christian Temme: Verstehe, ja! Ich habe ihn grad so verstanden.

Holger: Ja, ja!

Markus: Man muss es ja von Komiker unterscheiden können.

Christian Temme: Damit haben wir auch manchmal was zu tun. Ja, das stimmt! So, was habt ihr denn Schönes heute? Ich bin gespannt.

Holger: Ich habe …, darf ich überhaupt anfangen? Nein, der Gast muss anfangen.

Markus: Aber du hast schon angefangen.

Holger: Na ja gut, aber ich habe was im Glas, das kann durchaus auch noch ein bisschen warten und kann auch eine etwas höhere Temperatur dann vertragen, als es jetzt im Moment noch so ist. Das wäre okay, wenn noch jemand anders möchte.

Markus: Gut, Christian, dann leg doch mal los. Bin ich mal gespannt, ob es bei dir vielleicht erst raschelt oder ob es gleich ploppt.

Christian Temme: Ich habe es schon grad geöffnet, war aber nicht so wirklich viel Geräusch da. Ich habe drei Biere zur Auswahl und habe mich jetzt für eins entschieden, und zwar nach meiner zweiten Passion, nämlich der Heavy-Metal-Musik. Da habe ich ein Bier von der Robinsons Brewery rausgekramt, wo ich ein schönes Paket habe, á la Iron Maiden Biere. Und habe mich jetzt mal für das Trooper IPA entschieden. Das ist also eins von sechs in dieser tollen Box, die ich vor zwei Wochen endlich bekommen habe nach drei Monaten Wartezeit. Ich habe es jetzt mal eingeschenkt. Schönes Orange hier, im Craft Master Glas hier habe ich es mal eingeschenkt. Und ich bin mal gespannt. Es hat nur 4,3 %. Das hat mich so natürlich jetzt neugierig gemacht, ob die in diesem Alkohol-Range dann auch wirklich ein schönes, kräftiges IPA hinkriegen. Ich rieche mal rein. Mmh! Okay! Das habe ich jetzt nicht erwartet. Riecht sehr süßlich, ein bisschen nach Grapefruit, ein bisschen Orange. Ich nehme mal einen Schluck. Oh ja! Sehr leicht, gut 4,3 %. Oh, ich hätte jetzt eher englische Hopfen erwartet. Ich habe mich nicht vorher damit auseinandergesetzt, geht aber doch eher in die amerikanische Richtung. Schade! Ich habe jetzt gedacht, da kommt ein bisschen Blumiges, ein bisschen Grasiges eher raus. Also ist doch eher so Grapefruit, Orange. Klingt also eher nach amerikanischen Hopfen oder schmeckt nach amerikanischen Hopfen. Ja, kann man so tagsüber mal trinken. Ist jetzt glaube ich nicht so das kräftige IPA natürlich, was man vielleicht zu einer Metal Musik braucht. Aber eigentlich ist es egal, das Bier kann sein, wie es will, zu einem hämmernden Maiden Song würde es jetzt perfekt harmonieren, weil es einfach auch geil aussieht. Schön, The Trooper, das ist so eine Figur von Iron Maiden, der Eddie in einer englischen Uniform dort drauf, mit einer Fahne in der Hand, wie er sozusagen in die Schlacht zieht, das hat mich natürlich schon alleine angesprochen.

Markus: Ich habe eigentlich gedacht, du hast ein Bier, was in einer Tüte steckt. Weil du, wie ich mich erinnern kann, diese Geschichte jetzt gerade machst mit diesem Jubiläum von Knesebeck, 777 Jahre. Und als ich dich das letzte Mal besucht habe, waren grad die großen Planungen, ein Bier für dieses Jubiläum zu machen. Und dann habe ich neulich auf Facebook so einen Post gesehen, dass es da jetzt lauter so kleine Tütchen gibt. Da habe ich gedacht, vielleicht sind da so kleine Bierfläschchen drin. Ist das so, oder müssen wir da noch ein bisschen warten?

Christian Temme: Die Tüten sind eine zweite Aktion. Also erstmal muss man sagen, dieses ganze Jubiläum, was dieses Jahr stattfinden sollte, ist mit allen Veranstaltungen natürlich abgesagt worden. Alle waren ganz traurig und sind auch noch ganz traurig. Das hätte halt im Juli ein großes Festwochenende gegeben. Und zwei Projekte sind aber übriggeblieben, also zwei Projekte, wo man dann auch was in der Hand halten kann. Und das ist einmal Knesebeck in der Tüte, das passiert am nächsten Wochenende, da sind so kleine Goodies drin, Rezepte, auch ein paar Ideen, so eine Schnitzeljagd durch Knesebeck, wo man dann bestimmte Sachen finden kann. Und tatsächlich das Jubiläumsbier, was du gerade erwähnt hast. Das ist jetzt auch mein zweites Bier, was ich mir heute hier noch vorgenommen habe. Das ist sozusagen der Prototyp, den ich selbst gebaut habe. Und ich komme heute gerade vom Zwickeln, das heißt, heute Morgen war ich in der Brauerei bei Wildwuchs hier in Hamburg, die für uns eben dieses Jubiläumsbier brauen, und habe mal zwickeln dürfen und ich war ganz hin und weg. Es ist wirklich so gelungen von der Hopfenwahl auch, kommt gut durch in diesem 20-Hektoliter-Sud, wie ich es dann in meiner kleinen Anlage bei 50 Liter da haben wollte oder kreiert habe. Ich bin heiß wie Frittenfett, kann man sagen, also das Bier soll eben in zwei Wochen abgefüllt werden und wird dann wahrscheinlich am Himmelfahrt-Wochenende entsprechend verkauft.

Markus: Spannend! Da lassen wir uns doch bestimmt mal überraschen, was du nachher davon erzählst, wenn du mit deiner eisernen Jungfrau fertig bist. Aber der Holger hat jetzt auch noch sein Bierchen. Jetzt hast du doch Trinktemperatur, oder?

Holger: Ja, aber ich muss erstmal noch ein bisschen bei dem Iron Maiden Bier bleiben. Weil da sollten wir dann auch schon doch nochmal auch auf die Braustätte hinweisen. Weil du hast das auch gerade angedeutet, du hättest jetzt englischen Hopfen erwartet oder auch eine englische Interpretation, und du empfindest das so, dass es ein typisches amerikanisches IPA ist. Aber gebraut wird es bei der Robinsons Brewery in England, oder?

Christian Temme: Ja, korrekt, genau!

Holger: Warst du da schon mal?

Christian Temme: Nein, da war ich leider noch nicht. Ich habe natürlich schon viel gehört, gelesen und ich war mit Markus auch schon mal auf einer Tour in England, in Suffolk, wo wir ganz tolle Dinge im Bereich des Braugerstenanbaus da erlebt haben, und auch natürlich englische Biere trinken durften. Aber bei Robinsons war ich noch nicht. Warst du schon?

Holger: Ja. Das ist auch wieder so eine Verbindung eigentlich zum Ruhrgebiet, also wenn man es ein bisschen so interpretieren möchte. Die sind südlich von Manchester, und Manchester ist ja mit Liverpool so die absolute Industrieregion, also durchaus vergleichbar und auch von der Mentalität der Leute, also Arbeiter, so wie bei mir zuhause halt auch. Ich fand das da ganz toll. Ich war da mal in einem anderen Kontext, gar nicht mit dem Thema Bier, aber bin da extra hingefahren, weil ich das so mal mir anschauen wollte. Und das ist unglaublich, die haben Pubs überall, also das war total klasse. Jetzt habe ich ganz lange da nicht mehr eigentlich darüber nachgedacht und wo du das jetzt gerade hier vorgestellt hast, da ist mir das wieder eingefallen, dass man da unbedingt auch mal wieder hinfahren muss. Also überhaupt, England und die englische Bierkultur ist sehr spannend, wirklich sehr spannend.

Christian Temme: Finde ich auch. Es ist natürlich auch wieder schön wenig karbonisiert, wie man das so kennt, das haben Markus und ich auch erlebt. Die guten gepumpten Biere in den Pubs und so, da würde ich auch gern mal wieder Hallo sagen, wenn es denn ginge. Aber ich habe mich auch nochmal mit dem Bier beschäftigt. Kurz zur Vorbereitung habe ich geguckt, wie viel die davon eigentlich ausstoßen, ob man das mal irgendwie mitkriegt. Und tatsächlich, seit 2013 gibt es diese Iron Maiden Serie, schon viele, viele verschiedene davon, also Trooper ist sozusagen das Basis-Bier und das haben die dann immer variiert. Die haben 25 Millionen Pints, das sind 142.000 Hektoliter von diesen Maiden Bieren schon auf den Markt gehauen. Also das ist schon gigantisch. Klar, dahinter steckt natürlich eine Riesen-Marketing-Maschinerie, und letztendlich die Band auch mit ihrem Logo und der Sänger Bruce Dickinson, also das machen die schon richtig gut.

Holger: Tolle Story! Könnte man vielleicht dann auch bei der entsprechenden Zielgruppe mal schön in eine Verkostung einbauen und das einfach mal so ein bisschen ausschmücken das Thema. Da fällt mir jetzt spontan ganz viel dazu ein. Großartig! Nein, wirklich gute Wahl, sehr interessant. Können sich die Hörer auch mal mit beschäftigen mit diesen Produkten. Wunderbar! So, Markus, wer macht weiter, du oder ich?

Markus: Na, du hast es schon im Glas. Auf geht’s!

Holger: Ich habe es im Glas, genau. Ich heiße ja mit Nachnamen Hahn, und der David Hertl, der hat jetzt ein Starkbier rausgebracht, da steht dann unten auf Oberfränkisch „Schtrong“. Ist aber gar nicht so strong, sondern hat 6,5 % und ist wirklich so ein schönes, harmonisches rundes Bockbier und hat eben so ein ganz besonderes Outfit. Also der David nennt das halt „The Artist Edition“, er hat also einen Künstler und der macht viel für ihn und gestaltet also hier dann auch die Etiketten. Und eben auf dem Bauchetikett ist da so ein stolzer Hahn, der eben dieses schöne Bockbier hier präsentiert. Ich habe das jetzt seit ein paar Tagen hier und habe auch schon, glaube ich, drei oder vier Fläschchen getrunken. Deshalb weiß ich das schon, dass das so unglaublich rund ist. Also das ist so schön, so richtig süß. Wenn man darauf Lust hat, also das ist sicher genau das Gegenteil von einem IPA oder so, was du jetzt da im Glas hast, obwohl du auch gesagt hast, das ist eigentlich leicht und gut trinkbar. Aber hier, das rinnt die Kehle herunter, da ist also hinten, das Zäpfchen sagt dir jedes Mal Danke bei jedem Schluck. Also Prost!

Christian Temme: Sehr zum Wohl! David Hertl ist natürlich auch echt schon ein Knaller, und was er macht, hat irgendwie Hand und Fuß. Ich habe jetzt eines seiner Biere in meinem nächsten Tasting, Online-Tasting drin, die Impfdosis sozusagen, das ist das helle davon. Einfach die Story ist natürlich cool mit seiner Brauerei da auf dem Familienbetrieb, seine ganzen Familienmitglieder da als Konterfei auf den Flaschen. Ich habe jetzt ein Franken Special als nächstes in meinem Online-Tasting, und da musste er natürlich mit vorkommen.

Holger: Unbedingt! Das muss sein. Ja. Die Biere heißen immer ater, und da gibt’s eben dieses Bockbier und dann gibt’s ein Weizen und ein Helles und auch ein Keller Bier, und das sind immer so ganz spezielle Etiketten. Gut, das mit dem Hahn finde ich jetzt besonders schön, aber mir schmeckt auch das Bier unheimlich gut. So, Markus, jetzt bist du aber dran.

Markus: Jetzt habe ich aber auch Durst bekommen, muss ich sagen, wenn ihr da alle so vor euch hin trinkt. Unglaublich! Ich muss sagen, ich habe mich auch auf eine von euren beiden Seiten geschlagen. Ihr könnt ja mal wieder ein bisschen raten, haben wir schon lang nicht mehr gemacht. Ich mach mal auf. So, jetzt lasse ich das mal ins Glas fließen. So, nun ist es im Glas. Wie gesagt, ich bin in einer von euren Bierwelten unterwegs. Was braucht ihr noch als Tipp?

Christian Temme: Ist es was Saisonales?

Markus: Es ist auf jeden Fall kein dauerhaftes Thema. Also saisonal ist vielleicht nicht ganz richtig, aber es ist zumindest ein spezielles Bier.

Christian Temme: Ich hatte so ein bisschen auf ein Maibock oder so, also ein Frühlingsbock jetzt irgendwie spekuliert. Also ich wäre beim Bockbier.

Markus: Vom Alkoholgehalt her sind wir bei 9,2, insofern auf jeden Fall in der Ecke vom Bock, aber es ist auf jeden Fall vom Bierstil her zumindest nicht das, was wir normalerweise unter Bock verstehen.

Holger: Aber dann bist du eigentlich dann schon eher beim Christian und nicht bei mir, oder?

Markus: Absolut, genau! Vor allem vor dem Hintergrund, weil wir uns so richtig kennengelernt haben auf unserer gemeinsamen Englandreise, was wirklich extrem spannend und faszinierend war. Das war dieser Sommer, wo es so unglaublich heiß war, und wir dann dort waren und uns auch damit auseinandersetzen mussten, dass das ganze Getreide dran war zu vertrocknen, weil es einfach nicht geregnet hat. Ich war dann danach noch in London und da waren dann sogar die Gärten von der Queen alle vertrocknet. Also das war schon ein krasser Anblick. Na ja, da waren wir viel unterwegs. Deswegen habe ich mir gedacht, natürlich, ein englisches Bier macht auf jeden Fall Sinn, oder ein britisches Bier. Dann habe ich mir noch gedacht, na ja, gut, er hat noch diese Polarforschungs-Geschichte, die er uns auch noch irgendwie erzählen muss. Und dann habe ich mal geschaut, was könnte denn dazu passen? Und habe in meinem Kühlschrank noch ein schönes Bierchen gefunden von der BrewDog Brauerei. Wir sind eben wirklich im Empire sozusagen, also in Schottland. Und zwar haben die ein schönes Red Rye IPA gemacht, natürlich in der Double Version, was sonst. Und das dann Albino Squid Assassin genannt, also nach einem Kalmare sozusagen, der in den Tiefen des Meeres lebt. Und das Ganze ist dann auch noch Barrel Aged aus einem Whiskyfass. Also eine ziemlich krasse Nummer. Aber ich habe gedacht, heute machen wir das mal auf. Man wartet ja immer auf den Tag und die Gelegenheit, wenn man so ein Bier aufmacht, und dann ist es heute mal so weit. Wir haben eine ganz schöne braune, nussbraune, haselnussbraune Farbe. Es ist natürlich völlig opak, also man kann da nicht durchgucken. Obendrauf ein erstaunlich fester Schaum, der ist auch sehr braun. Und wenn man da reinriecht, ah, dann kommt dieses Whiskyfass sehr intensiv, aber auch ganz viel so Kirschen, Rotwein, ein bisschen Johannesbeere, ein bisschen Schokolade, Kokosnuss. Also tolle, tolle Variationen. Wirkt aber sehr harmonisch, sehr rund. Jetzt probieren wir das mal. Auch sehr weich auf der Zunge, der Alkohol hinten raus ist natürlich deutlich da, wärmt auch schön so im Abgang. Es hat auch eine gewisse Bittere hinten raus. Dazwischen merkt man das Red Ale auch, also schön Malz, ein bisschen Röstaroma, Karamell, Toffee. Und drüber liegen wieder diese roten Früchte, die sind sehr trocken, also es ist ein nicht sehr süßes Bier. Mmh! Also sehr rund und dadurch räumt sich das auch schön auf. Also man ist dann nach dem Trunk nicht komplett satt, sondern der Mund ist wieder frisch und möchte wieder den nächsten Schluck, selbst bei diesen 9,2 %. Mal sehen, ob ich bis zum Ende des Podcasts überhaupt durchhalte, aber es ist auf jeden Fall ein schönes Bierchen. Jetzt bin ich mal gespannt, die Polargeschichte noch zu hören. Also das ist doch interessant.

Christian Temme: Oh ja! Das war eine heiße Zeit, da war ich natürlich jung und ungebunden und ein junger Doktorand. Ich hatte die Chance eben, mit der Polarstern, dem deutschen Flaggschiff der Polarforschung, mitzufahren. Das war 1999, 2000. Und da fing dann eine 6-jährige Geschichte an, verschiedener Polarexpeditionen, die sich dann anschloss. Ich war fast süchtig danach. Das kann man sich vielleicht vorstellen, wenn man einmal diese tollen Welten, die Eisberge, diese Natur, diese wahnsinnigen Gewalten, Naturgewalten kennengelernt hat, aber natürlich auch das Forscherleben auf Schiffen, auf Stationen, das natürlich auch seine Besonderheiten hat. Das kann natürlich auch wirklich sehr harsch sein und sehr, einfach kräftezehrend. Aber klar, es gibt auch Momente, wo man einfach dasteht und denkt so, wow, wie kann das sein, dass du an diesem Ort sein darfst und am Ende nichts mal dafür bezahlen musst, und kannst hier Minkwale vor dir sehen, die gerade irgendwie auftauchen, oder eine Pinguinkolonie oder einen Eisberg, der gerade kalbt, also wo der gerade abbricht von der Eiskante. Ja, war eine schöne Zeit. Also Chemiker haben da ihre Daseinsberechtigung, weil sie meistens im Eis, ich habe in diesem Fall in der Luft, nach bestimmten Spurenstoffen suchen, die dort nicht hingehören, die also menschengemacht sind und die man aber dort sehr gut analysieren kann. Und wenn man sie dort analysieren kann, dann ist das meistens ein schlechtes Zeichen, weil sie sich dann praktisch weltweit verbreitet haben. Wie kommen sie sonst dorthin? Sie müssen relativ langlebig sein und über einen langen Weg entweder über die Ozeane oder eben über den Luftweg dorthin gelangen. Und das bedeutet nichts Gutes. In diesem Fall war es das Quecksilber, je nachdem, in welcher Form es vorkommt, kann es eben sehr giftig sein, kann akkumulieren im menschlichen Körper. Und wir haben eben nachgewiesen, dass es eben bestimmte Pfade gibt, wie das Quecksilber aus den Industrieregionen, aus den gemäßigten Breiten bis in die Polarregion gelangt. Das haben wir auf dem Schiff gemacht, das haben wir auf Station gemacht. Das war natürlich auch eine Zeit, wo man viel Standard-, Industriebier getrunken hat, um die Brücke wieder zu schlagen.

Markus: Holger, du bist doch der Kapitän der der wilden Meere, oder? Das muss dir doch gefallen.

Holger: Nein, absolut! Da haben wir schon wieder eine Parallelität, Christian, nicht nur, dass ich auch mal in Hamburg gelebt habe, sondern ich bin auch mal zur See gefahren, also ich bin Marinesoldat. Aber du musst mir jetzt wieder helfen, weil ist Akkumulieren etwas Unanständiges?

Christian Temme: Das ist einfach Anreichern im Fettgewebe zum Beispiel, weil es eine polare Substanz ist, die sich dann sozusagen nach und nach, wenn man dann zum Beispiel Fisch isst, der wiederum auch schon diese toxische Substanz angereichert hat. Bioakkumulation nennt man das, entlang der Nahrungskette sozusagen. Und wir sind am Ende der Nahrungskette und wir sind dann am meisten gefährdet, weil wir dann am Ende vielleicht Nahrungsmittel aufnehmen, die schon eine ordentliche Dosis an dieser Verbindung halt besitzen.

Holger: Ich erinnere mich, ganz am Anfang schon, Testing Inspection …

Christian Temme: Inspection und Certification. Genau!

Holger: Alles klar! Also danke schön, dass du mich dazu nochmal abholst, sonst gehe ich verloren. Der Markus, der weiß das natürlich alles, der sagt ja auch Chemiker (K gesprochen) und nicht Chemiker (Ch gesprochen). Aber ich muss dann nochmal fragen immer. Mhm (bejahend).

Christian Temme: Wie gesagt, das war eine wilde Zeit. Und bis 2006, und dann habe ich mich aber doch für die freie Wirtschaft entschieden. Jetzt hört man natürlich immer, verfolgt man natürlich Polarexpeditionen immer noch mit ganz anderem Auge und schaut natürlich auch immer oft auf dieses Schiff. Das hat mich sehr lange begleitet, die Polarstern. Ich war auch in Kanada, bin dort in die nordische Arktis geflogen, das ist in Kanada eigentlich wie Busfahren, da gibt’s regelmäßig Verbindungen mit Militärmaschinen hin. Und ich habe dort auch in der Arktis halt eine ganze Menge erlebt. Ist immer witzig, dann hat man eben auch die komplett unterschiedlichen Tierwelten, im Süden dann die Pinguine, im Norden die Eisbären, die sich eben nie begegnen werden. Und das kann man sich dann irgendwann ganz gut merken.

Holger: Ich habe sogar mal einen Offizier gehabt, der hieß Hofer, Oberleutnant zur See, und der ist dann, glaube ich, auch auf die Polarstern versetzt worden und war da Verbindungsoffizier zwischen der Bundesmarine und der Polarstern. Da haben wir dann immer gesagt, mein Gott, das ist wirklich eine Traumstelle. Du hast eigentlich keine Verantwortung und darfst eben schöne Welten kennenlernen. Aber das war auch ein guter Typ irgendwie, der fuhr Käfer Cabriolet seinerzeit und so, also der war ein cooler Typ. Jetzt nicht so sehr in den Erinnerungen schwelgen und ich weiß auch jetzt nicht, wie ich den Bogen wieder zum Bier zurückbekomme.

Markus: Wenn man den Bogen zum Bier nicht findet, dann lass uns doch den Bogen zu den Frauen finden. Du hast ja …

Holger: Ach ja!

Markus: … eine ganz, ganz liebe Frau, die Anne, die ich auch schon kennenlernen konnte, die du irgendwie auch zum Bier bekehrt hast, nicht nur zu dir. Aber das wäre doch interessant, habt ihr euch irgendwie auf der Polar-Expedition kennengelernt oder wie habt ihr das hinbekommen?

Christian Temme: Nein, das war tatsächlich noch in meiner Studienzeit in Jena, wo ich promoviert habe dann. Und kurz bevor ich schon wusste, dass ich nach Hamburg gehe ins Forschungszentrum, meine Postdoc-Zeit da antreten werde, habe ich sie kennengelernt. Sie ist Augenoptikerin und wir haben uns auf einer Party in Jena dann kennengelernt. Und Bier spielte bei ihr dann auch bis 2018, bis wir das Braustättchen gegründet haben, auch keine große Rolle. Wir haben uns dann beide fürs Braustättchen entschieden im Nebenerwerb und sie hat gesagt, ich kümmere mich um das Catering sozusagen und dass die Gäste sich wohlfühlen, was das Essen anbetrifft, aber natürlich ist das Food Pairing dann auch wichtig in der Vorbereitung. Und so hat sie sich dann natürlich auch den Bieren gewidmet. Und zack, war plötzlich irgendwie auch im Kopf ein Hebel, ein Schalter umgelegt. Mittlerweile geht’s uns beiden so, wir freuen uns immer auf neue Bierstile, Biersorten, und gucken, was wir dazu eben anbieten können, Kulinarisches. Bei uns steht immer das Food Pairing im Vordergrund. Das war natürlich jetzt auch in der Pandemie schwierig, da wir unseren Stammgästen das nicht mehr bieten konnten, und im Online-Tasting das natürlich schwierig ist. Ich weiß, du hast das jetzt einmal gemacht, glaube ich. Aber es ist natürlich ein wahnsinniger Aufwand und unsere Stammkneipe oder unser Stammrestaurant ist jetzt auch nicht so auf Versand eingestellt und würde das, glaube ich, auch nicht begleiten wollen öfter. Also Online-Tasting ja, aber ich bin auch froh, wenn es dann wieder live und in Farbe ist und wir das Braustättchen wieder öffnen können. Es hat immer auf, jetzt nochmal zu deiner Frage, Holger, wir machen im Moment regelmäßig donnerstags, freitags auf. Das mache ich aber jetzt nicht mehr allein, weil das wäre zu viel Fahrerei aus Hamburg. Dort habe ich den Tim als Angestellten und der macht halt donnerstags, freitags den Bottleshop auf, sodass die Stammgäste und natürlich auch neue Kunden zweimal die Woche für zwei Stunden die Chance haben, sich Nachschub zu holen oder neue Biere kennenzulernen.

Holger: Dann wird es doch ganz gut angenommen, oder? Und hat deine Mutter recht gehabt? Also geht es quer durch die Generationen, oder gibt’s da schon eine ganz spezielle Zielgruppe?

Christian Temme: Ja, also die Zielgruppe hat sich doch dann rauskristallisiert, eher so zwischen, ich würde sagen, 30 und 50. Ab und zu schnuppern dann doch mal die älteren Herren rein, so im Alter meines Vaters, so die Generation 65 plus, also Rentner. Und kommen dann auch rein und sagen, ich will eins von deinen Bieren. Weil die natürlich immer wissen, dass ich auch Hobbybrauer bin und das auch gehört haben. Und ich dann immer sagen muss: Na ja, das ist nicht kommerziell, kannst mal beim Brauen vorbeikommen oder so, mal über die Schulter gucken, aber mehr ist leider nicht. Aber ich habe ganz tolle andere Biere hier und na ja, dann nehmen sie auch was mit. Aber es ist nicht so, dass sie dann sagen, oh, da komme ich jetzt jeden Monat oder alle zwei Wochen und hole mir Nachschub. Das ist schon ein schwieriges Thema in dieser Region. Aber für mich ist es nach drei Jahren einfach auch jetzt Genugtuung, dass es eine Stammkundschaft gibt, dass es funktionieren kann und dass auch die Leute aus unterschiedlichen Richtungen im Einzugsgebiet von 30, 40 Kilometer mittlerweile kommen zu den Tastings. Die Tastings sind mittlerweile mehr besucht von Auswärtigen als von Einheimischen, würde ich mal sagen, Aborigines. Das macht mich stolz.

Holger: Ich kann es mir lebhaft vorstellen, dass so richtig eingefleischte Niedersachsen aus dem Landkreis Gifhorn, die dann wieder wegfahren und sagen, hey, die Plörre kannst du zwar nicht saufen, aber nette Frau.

Markus: Und man muss natürlich sagen, es ist ja auch insgesamt ein ganz, ganz toller Platz. Das muss man sich vorstellen, das ist so ein schönes Fachwerkgebäude, und wenn man da reingeht, das ist sehr frei, sehr weitläufig, dann über alles eben Bier und Dekoration und mit ganz, ganz viel Liebe alles hergerichtet. Und einmal durfte ich auch schon ein Tasting bei euch machen, das fand ich auch ein ganz tolles Erlebnis. Wenn man dann eben diese ganzen Niedersachsen so rumsitzen sieht und man hat dann so ein Fass mit Mahrs Bräu da stehen, und dann fangen die Augen an zu leuchten, die Tränen an zu fließen, wenn man dieses Ding endlich anzapft, und dann gehen die also mit einer richtigen Andacht zum Zapfhahn und lassen sich dann das Bier in den Krug fließen und sind dann völlig glücklich und im siebten Himmel. Also das sind natürlich tolle Erlebnisse, die du da kreierst. Ich glaube, das vergessen die so schnell nicht. Und auch so die Rückmeldungen von dem Seminar danach, glaube ich, waren wirklich so, dass du für die schon eine große Bereicherung bist, oder?

Christian Temme: Definitiv! Der Abend war legendär. So Momente schaffe ich auch wirklich seit ungefähr, also ein Jahr vor der Pandemie, ungefähr ein Jahr lang regelmäßig, indem ich eben so Leute wie dich als Stargast dann auch habe. Das habe ich dann auch fortgeführt, das hast du bestimmt mitgekriegt. Es war dann jedes Mal immer ein Stargast da, meistens einer der Brauer, oder derjenige, der die Brauerei eben gegründet hat und jetzt nicht unbedingt selbst der Brauer ist. Oder eben jemand wie du, Markus, der einfach auch nochmal das Thema Bier den Leuten auf andere Art nahebringen kann. Und das Fass Mahrs Bräu war genial, das Stacheln und all solche Dinge, die ich dann immer wieder zelebriere. Da geht einiges. Da gibt’s auch Leute, die warten nur darauf, die buchen, schon während des Abends sitzen die da mit dem Handy sozusagen und buchen das nächste Event. Das passiert mir übrigens bei den Online-Events auch. Ich sehe das ja dann, wenn die Buchungen eingehen. Und das ist mittlerweile bei den Online-Events genauso, dass während des Abends tatsächlich die nächsten Buchungen eingehen. Ich muss also immer gucken, dass ich auf jeden Fall das nächste Event schon wieder online habe zur Buchung bereit.

Markus: Na, das ist doch sehr, sehr cool. Und vielleicht noch eine Frage, die auch so in diese Richtung geht. Wie ist das denn, du hast jetzt praktisch in der Pandemie beschlossen, da noch einen Bierothek Franchise Shop irgendwie aufzumachen. Das ist bestimmt keine so leichte Entscheidung gewesen. Ist das einfach so gekommen oder hast du gesagt, mach ich jetzt, oder habt ihr euch zusammengesetzt in der Familie, oder wie ging das und wie ist es angelaufen?

Christian Temme: Ja, ist nicht ganz korrekt. Also ich habe noch mehr in der Pandemie entschieden, dazu gleich noch mehr. Also wir sind ein Partner der Bierothek, ist kein Franchise-Shop. Es gibt zwei Modelle bei der Bierothek, einmal natürlich die eigentliche Filiale, die Bierothek-Filiale als Franchise-Konzept, und eben man kann auch Partnerhändler der Bierothek werden. Das bedeutet nichts anderes, dass man zusammenarbeitet bei Versand der Biere, die die Bierothek vorhält, im Kassensystem sich harmonisiert sozusagen. Also ich habe die Kasse von denen, kann also sofort, wenn ich Biere über die Bierothek bestelle, dann auch entsprechend die Biere aus dem Kassensystem direkt einbuchen und habe alle Informationen dazu. Deutlich einfacher als das, was ich vorher hatte. Und das ist überschaubar von der Investition, und deshalb habe ich das gemacht. Und ich habe es auch gemacht, um an fränkische Biere ranzukommen, und zwar so, dass ich jetzt nicht jedes Mal von der Brauerei mir liefern lassen müsste, was natürlich schwierig ist bei Kleinstmengen, sondern eben auch gebündelt über die Bierothek, dann eben eine kleine Palette oder auch mal noch weniger, die sind da relativ entspannt, was so Mindestmengen anbetrifft, dann auch liefern zu lassen. Das heißt also, zum Beispiel beim Franken Tasting jetzt, mein nächstes Online-Tasting, die Biere kommen alle über die Bierothek-Logistik und das macht’s halt viel, viel einfacher als das, was ich vorher hatte, wo ich mühselig dann, Reckendorf, dann der Dominik, der hat mir dann zwar auch mal was vorbeigebracht, wenn wir uns irgendwo auf der Autobahn getroffen haben oder so, du hast mal was mitgebracht, aber das ist natürlich keine wirkliche Alternative, wenn man regelmäßig diese Biere im Portfolio haben will. So ist das gekommen und ich kann die Bombe platzen lassen, denke ich. Ich werde das Ganze jetzt hochskalieren und werde das aus dem Nebenerwerb in einen Vollerwerb schalten. Wohlwissend, dass das nicht in Knesebeck funktioniert, werde ich das in Hamburg tun. Das heißt also, ich werde das Braustättchen jetzt nach Hamburg doppeln und das Ganze dann hochskalieren.

Markus: Wow! Das klingt ja super. Heißt das dann auch der Lange Jammer?

Christian Temme: Mhm (verneinend). Das Logo bleibt, also da habe ich mich jetzt entschieden. Und wenn ihr das Logo seht, vor euch seht, unten steht Am Langen Jammer, das werde ich dann ersetzen durch den Ort, wo es in Hamburg ist. Ich habe schon einen Ort, eine Location gefunden, die ist super, aber ich kann es leider noch nicht verkünden hier, weil der Vertrag noch nicht unterschrieben ist. Und es wäre schade, wenn es am Ende dann doch eine andere wird. Also es würde dann heißen, was weiß ich, jetzt mal als Beispiel, Braustättchen am Michel oder so. Oder Braustättchen St. Pauli oder irgendwie sowas. Also dass man sozusagen die Verortung mit im Logo hat.

Markus: Im Michel wäre doch schön.

Christian Temme: Ja, das wird schwer.

Markus: Das haben wir uns hier früher immer gewünscht, so ein Bier-Drive-in in der Krypta vom Bamberger Dom. Aber hat irgendwie alles nicht funktioniert. Egal! Jetzt sind wir mal gespannt, was da kommt. Ja, cool! Das ist ja sehr schön, da gratulieren wir, oder Holger?

Holger: Ja! Und natürlich kann man da schon wieder über einen Wiederholungs-Podcast sprechen. Also dass man das dann macht, wenn du etabliert bist und bist in Hamburg angekommen und kannst dann uns erzählen, was das für andere Kunden sind da oben im Norden. Das sind ja dann keine Niedersachsen mehr, sondern Hamburger, ob du da überhaupt zurechtkommst.

Christian Temme: Ja, wird spannend. Also klar, man muss sich jetzt ein bisschen auf einen anderen Markt, auf eine andere Zielgruppe einstellen. Aber ich habe schon so ein bisschen reingeschnuppert, ich habe mir nämlich irgendwie ein Warenlager jetzt auch hier in Hamburg, relativ nah an meinem Zuhause schon geleistet, damit ich die Biere nicht immer nach Knesebeck liefern muss oder hier auch mal zuhause anliefern lassen muss, habe ich die eben jetzt ins Warenlager liefern lassen. Da habe ich auch mein Hobbybrauer-Equipment. Und ab und zu mal mache ich einfach das Garagentor auf, stelle ein Schild raus und mache einen kleinen Lagerverkauf dort. Und da kann man natürlich schon mal so ein bisschen reinriechen, was der Hamburger so denkt über das Thema und wie er sich da positioniert. Ich kann nur sagen, das macht unheimlich Spaß, die Gespräche sind super, macht richtig Spaß. Und es gibt viel Know-how schon, die Leute wissen zum Teil, was sie wollen. Ich fokussiere mich natürlich weiterhin auf die lokalen Brauereien, das ist so mein Steckenpferd, und dieses Ganze garniere ich dann natürlich mit Bieren, wo ich sage, das sind so Must-Have-Brauereien mit starkem Profil, die es aber nicht in jedem Supermarkt gibt. Und dann natürlich so Regionen, wo ich mich halt auch tummle oder verliebt habe in diese Regionen, wie zum Beispiel fränkische Biere. Alkoholfreie Biere spielen eine Rolle. Und natürlich, was ich niemals ablegen werde, sind die Rohstoffthemen, wo ich denke, ich auch besondere Biere mit historischen Malzen, mit speziellen Malzen, das Thema Nachhaltigkeit, also lokale Beschaffungswege und sowas, das wird auf jeden Fall bei mir alles in diesem Braustättchen dann in Hamburg eine Rolle spielen.

Holger: Hört sich toll an. Also ist schon wieder eine Reise wert. Und hoffentlich geht’s auch irgendwann mal wieder so ganz normal und so.

Christian Temme: Ja, das wünsche ich mir auch. Also die Location soll auf jeden Fall eine Mischung sein aus eben einem Bottleshop und einer Tasting-Möglichkeit, also Bierverkostungen stattfinden zu lassen, so wie Markus das in Knesebeck erlebt hat. Natürlich wird es kein Fachwerkhaus und die Fläche wird es auch nicht, das wäre in Hamburg einfach nicht zu stemmen von den Mietkosten her, aber es wird, denke ich, ein guter Kompromiss werden. Und wenn es die Location wird, die ich jetzt gerade im Auge habe, ah, dann kommt vorbei, ihr werdet Augen machen.

Markus: Das werden wir bestimmt. Coole, coole Sache! Vielleicht sagst du noch für unsere Hörer, wie sie sich informieren können, also über welche Internetseiten oder wo findet man die Informationen, wenn man sich dafür interessiert und wie wir vorbeischauen will?

Christian Temme: Ich bin sehr rührig auf Facebook und Instagram unter dem Braustaettchen, eben mit „ae“, Braustaettchen unterwegs. Ansonsten auf der Webseite www.braustaettchen.de. Und ich denke, da findet man irgendwo dann den Weg zu mir und nach Knesebeck und demnächst dann eben auch nach Hamburg. Die Tastings sind natürlich im Moment im Mittelpunkt als Online-Format, werden dann hoffentlich wieder präsenzmäßig dann auch stattfinden können. Die Brauer, die hier so in Hamburg sich tummeln, die kommen immer zu Wort bei mir. Nächstes Tasting, da ist die Kehrwieder Brauerei dabei mit sechs Bieren. Also ich habe jetzt immer verschieden Themen gewählt, Frankenbiere, danach kommt, Biere einer Brauerei, sodass man auch mal wirklich das komplette Portfolio einer Brauerei durchprobieren kann. Und der Olli Wesseloh ist natürlich dann auch als Stargast dabei.

Markus: Wunderbar! Den hatten wir bei uns ja auch schon im BierTalk und haben, glaube ich, auch sechs Biere, haben wir das geschafft, Holger? Ich glaube schon, oder?

Holger: Stimmt, genau! Wir haben, glaube ich, sechs Biere geschafft. Wir waren aber auch zu viert. Also Olli’s Frau war im Hintergrund auch noch dabei.

Markus: Das ist öfters mal so der Fall. Na ja, gut! Nein, also dann würde ich doch vorschlagen, wir machen da für heute mal einen Punkt, freuen uns sehr über die vielen Infos und unsere schöne Zeit zusammen und die vielen Bilder im Kopf vom Eismeer und von den kalbenden Eisbergen. Das ist doch durchaus spannend. Und schauen mal, dass wir uns dann wieder sehen und wieder hören, wenn du dann deinen Laden in Hamburg aufmachst. Und dann können wir mal live vor Ort eine Podcast-Folge drehen und mal gucken, wie das dann eben so an der Elbe funktioniert.

Christian Temme: Ja, sehr, sehr gerne! Holger, Markus hat super Spaß gemacht. The Floor is yours, wenn ihr kommt. Egal welches Format, ihr seid immer herzlich willkommen.

Holger: Ja, war für uns auch eine Freude und eine Ehre. Vielen Dank für deine Zeit!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 24 – „Cheers to 25 Years“ Jubiläumssendung live in Nürnberg bei Radio max neo

Der Nürnberger Radiosender max neo feierte am 2. Mai 2021 sein 25. Jubiläum und hatte Markus Raupach als Jubiläumsgast bei Moderator Sven Grillenberger eingeladen. Insgesamt zwei Stunden ging es um die Geschichte der BierAkademie, die passende Song-Auswahl und vor allem das Thema Foodpairing. Wer mitmachen möchte, sollte sich vor dem Start ein malzbetontes Bier (Rotbier, Dunkles, Stout, Porter, dunkler Bock) und ein hopfenaromatisches Bier (Pils, Pale Ale, India Pale Ale) besorgen, dazu Cheddar, Blauschimmelkäse, Waffelschnitte und Schoko-Kirsch-Praline. Wir wünschen viel Spaß bei dieser kleinen Sonderfolge und freuen uns natürlich auch über Feedback…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute gibt es mal wieder ein Special. Und zwar ein Special-Special, weil wir nämlich live im Radio waren, am 2. Mai, das war ein Sonntag, und dort haben wir mit dem Radio max neo aus Nürnberg dessen 25. Geburtstag gefeiert. Diese Jubiläumssendung war sehr witzig und hat unter anderem auch eine Musikauswahl beinhaltet, die wir natürlich hier leider nicht abspielen können. Aber ihr hört natürlich, um welche Songs es geht und könnt euch dann vielleicht ein bisschen selbst behelfen. Jetzt auf jeden Fall viel Spaß mit dieser Folge, knapp 40 Minuten Liveradio aus Nürnberg rund um Bier, Food Pairing und ein bisschen auch die Geschichte hinter der Bierakademie.

Cheers to 25 years! Die max neo Geburtswoche von Zwölf bis Eins.

Sven Grillenberger: Cheers to 25 years, genau das ist das Motto, liebe max neo Freund*innen. Wir sind am siebten Tag unserer Geburtstagswoche zum 25-jährigen Jubiläum von max neo, ehemals afk. Wir haben uns heute sozusagen das Grand Finale überlegt. Also heute geht’s nochmal so richtig ab, denn wir machen einfach die Cheers to 25 years, die setzen wir in die Tat um. Dazu habe ich einen ganz besonderen Gast, prominente Unterstützung sozusagen. Er wird auch der fränkische Bierpapst genannt. Bei mir ist Markus Raupach, Buchautor, Sommelier, Juror, Gründer der Bierakademie, ach, er hat schon sehr viel gemacht. Ich freue mich, dass du da bist.

Markus: Ich freue mich auch riesig. Und natürlich gehört zu Cheers auch Beers, und deswegen machen wir das natürlich heute. Wir haben ja spannende Biere da, und vor allem auch die Kombination mit spannenden Speisen. Und ich bin total froh, dass ich bei euch sein darf, das mit euch feiern darf. Ich war vor ein paar Jahren schon mehrmals auch hier und begleite euch auch und finde das ein ganz tolles Projekt, wo ich immer wieder gerne einschalte.

Sven Grillenberger: Das ist doch schön. Das freut uns doch, dass du gerne immer wieder zu uns kommst. Und ich würde sagen, in rund sieben Minuten unterhalten wir uns erstmal so ein bisschen über Food Pairing, über das Sommeliers-Dasein und bereiten euch so langsam darauf vor. Und wenn ihr spontan noch Bock habt, mitzumachen, geht einfach auf maxneo.de, da findet ihr eine kleine Liste von Bierchen und Utensilien, die ihr braucht. Zuvor Musik, die du dir gewünscht hast, Personal Jesus, Johnny Cash, und danach Father and Son von Cat Stevens. Einfach gute Lieder, oder?

Markus: Ja, gute Lieder, die aber auch viel zu sagen haben. Also gerade in Personal Jesus steckt viel, da kann man also reininterpretieren, einerseits das, was heute in der Bierwelt alles passiert, dass einem alle möglichen Leute ihre Wahrheit verkaufen wollen, und andererseits hat es natürlich auch was mit dem Thema Alkohol zu tun. Insofern ein Lied, das ich persönlich als Musikstück sehr gerne mag, aber das mir eben auch sehr viel zu sagen hat.

Sven Grillenberger: Also von Markus‘ Wunsch-Playlist sozusagen jetzt Personal Jesus and Father and Son.

MUSIK

Der legendäre Cat Stevens mit Father and Son, also Vater und Sohn. Markus, war es denn dein Vater, der dich zum Bier gebracht hat oder wie ist es gekommen, dass du jetzt der Experte hier in Franken bist?

Markus: Das ist fast ein bisschen doppeldeutig, weil er hat mich zum Bier gebracht, indem ich ihm Bier gebracht habe. Also ich habe im Bierkeller immer das Bier geholt und vom Weg vom Ausschank bis zum Tisch habe ich natürlich auch mal genippt und bin dann so in diese Bierkultur hineingekommen. Er selber war auch Stadtführer in Bamberg und war da gut vernetzt und hat mich oft mitgenommen auch auf seine Touren. Und so habe ich dann immer viele Geschichten gehört und auch erlebt, wie die Leute begeistert sind, wenn man eben von der Bierkultur erzählt und wie schön es einfach sein kann, gemütlich beim Bier am Stammtisch zu sitzen. So ging das dann eben Stück für Stück weiter. Vater und Sohn ist natürlich auch immer eine Beziehung, die mal hakt und so weiter. Heute bin ich sehr froh, die Zeit mit ihm gehabt zu haben. Für mich deswegen auch immer ein schönes Lied und ich denke bei jedem Schluck Bier auch manchmal daran, was wir alles für Zeiten verbracht haben.

Sven Grillenberger: Das ist doch schön. Du bist in Bamberg groß geworden und Bamberg, es ist ja, was ich so mitbekommen habe, immer so ein bisschen der Streitpunkt, was ist jetzt denn die oberfränkische Bierhauptstadt: Ist es Bayreuth, ist es Kulmbach, ist es Bamberg? Ich persönlich würde zu Bamberg tendieren. Du hast da die Bierakademie gegründet. Jetzt klingt das erstmal völlig logisch, als ob es so eine Institution schon immer hätte geben müssen, ist aber noch gar nicht so alt die Bierakademie. Wie kam es dazu?

Markus: Es ist tatsächlich so, also für mich als Bamberger ist Bamberg natürlich die fränkische Bierhauptstadt, logisch. Aber wir haben auch wirklich mit Abstand am meisten Brauereien und vor allem am meisten verschiedene Biere. Bierakademie, das ist auch was, was man auch gerne mal so ein bisschen lustig falschverstehen kann. Das heißt, es gibt schon viele Leute, die in Bamberg das Bier ausführlich studiert haben. Aber für uns war es so, dass ich so ab 2005, 2006, wo wir auch die ersten Bücher rund ums Thema Bier gemacht haben, eben gemerkt habe, dass Leute sich auch gerne wirklich damit beschäftigen und tiefer einsteigen wollen in die Herstellung, in die Rohstoffe, wie man sowas beschreibt, wie so die Geschichten hinter den einzelnen Bieren sind, und natürlich, was mit den Brauern ist, mit den Brauereien, was da an Magie dahintersteckt. Das war dann so der Punkt, wo ich dann über die Bücher für mich gedacht habe, Mensch, man kann drüber schreiben, man kann es aber auch erleben. Und so haben wir dann mit Leuten erstmal Veranstaltungen gemacht, dann kamen die Biersommeliers auf, dann haben wir Biersommeliers ausgebildet. Na ja, und daraus wurde dann eben die Deutsche Bierakademie. Mittlerweile, glaube ich, sind wir eine ganz schöne feste Größe in dem ganzen Zirkus und haben vor allem jetzt auch online viel gemacht. Das ist natürlich sehr, sehr spannend.

Sven Grillenberger: Du hast es gerade erwähnt, ihr bildet Sommeliers aus unter anderem. Ihr macht aber auch sowas natürlich im größeren Stile wie das, was wir heute vorhaben, und zwar Food Pairing. Das heißt also, heute werden unsere beiden Themen, in dieser Stunde wird es Bier und Käse sein, in der nächsten Stunde wird es dann Bier und Schokolade sein. Erzähl mal, wie kommt man denn darauf zu sagen, ich esse jetzt mal eine Mon Chéri und haue mir dazu ein dunkles Bier dazu mit in den Mund rein?

Markus: Im Grunde gibt’s da zwei Ansätze. Das eine ist der Klassiker Learning by Doing. Das ist auch das, was wir seit Jahrhunderten in Deutschland leben. Also man denkt nur, in Köln, wenn man Himmel un Äd hat und das Kölsch, das sind Dinge, die würden auf dem Papier nie zusammenpassen. Wenn man sie probiert, sensationell. Das heißt, das ist einfach Erfahrung. Aber auf der anderen Seite haben wir in den letzten Jahren grad durch Projekte mit Universitäten zusammen auch rausgefunden, dass es tatsächlich eine wissenschaftliche Basis dafür gibt, ob Dinge zusammenpassen und wie sich das Ganze dann entwickelt. Schließlich haben wir als Menschen einerseits den Geschmack und andererseits eben den Geruchssinn. Und im Geschmack versucht man eine gewisse Harmonie zu erzeugen, und über den Geruch kann ich dann eben mit Spannung oder mit Harmonie entsprechend den Leuten ganz besondere Erlebnisse geben.

Sven Grillenberger: Und das machen wir in rund zehn Minuten. Da hast du für uns vorbereitet sozusagen Bier und Käse. Falls ihr, liebe max neo Hörer*innen es noch nicht mitbekommen habt oder vielleicht schon wieder vergessen habt, kein Problem, guckt mal kurz auf maxneo.de, da steht eine Liste mit Bieren und Zutaten, dann könnt ihr spontan mitmachen. In zehn Minuten brauchen wir dafür ein Pils, gerne auch ein bisschen herber, einen reifen Camembert, kann auch ein bisschen unreif sein – so wie ich, haha – und einen Gorgonzola. Wenn ihr das daheim habt, oder auch andere Käse, es kann ja auch was anderes sein, oder?

Markus: Ja. Und es darf auch gerne, also hauptsächlich ein schönes hopfenbetontes Bier, also jetzt zufällig ein IPA habt oder Double IPA, genauso. Wir versuchen einfach mal, dieses Spannungsfeld zwischen Hopfenaromen und eben Käsearomen zu erleben.

Sven Grillenberger: Und das gibt’s in zehn Minuten. Zuvor auch wieder, auch Special, Markus hat heute seine Lieblings-Playliste mitgebracht. Wir hören zwei Songs, zwei Lieblingssongs von Markus, Sledgehammer von Peter Gabriel und Tears in Heaven. Fast ein bisschen traurig, so kurz vorm Bier, oder?

Markus: Ja, das stimmt! Aber das ist genauso dieses Gefühlsbad sozusagen, was wir da so haben. Sledgehammer als Powersong, den ich wirklich immer gerne höre, um mich ein bisschen in Stimmung zu bringen. Ich meine, der hat ja auch so ein bisschen zweideutige Anspielungen, aber das lassen wir heute mal beiseite. Und bei Tears in Heaven, das ist auch was, was einen so ein bisschen nachdenklich stimmt, aber auch wieder positiv, denn im Grunde geht es um einen Abschied, der verarbeitet wird, aber am Ende auch um einen positiven Ausblick.

Sven Grillenberger: Das ist ein guter Ausblick aufs Bier, in zehn Minuten bei uns das erste Tasting, Bier und Käse, mit Markus Raupach. Jetzt Sledgehammer, Peter Gabriel.

MUSIK

Tears in Heaven, von Eric Clapton. Den Applaus nehmen wir auch gerne mit zum 25-jährigen Jubiläum. Cheers to 25 years heißt das. Und jetzt geht‘s los, Markus. Jetzt machen wir unser erstes Food Pairing Tasting sozusagen, Bier und Käse. Liebe max neo Hörer*innen, falls ihr Lust habt mitzumachen und ihr habt grad ein Pils da und ein bisschen Käse da, macht gerne mit. Wir benutzen hier reifen Camembert und Gorgonzola, dazu ein schönes hopfiges Pils. Falls ihr was ähnliches habt, seid ihr herzlich eingeladen mitzumachen. Ich würde jetzt sagen, Markus, erklär doch mal, was hast du mit uns vor?

Markus: Ganz einfach, wir probieren mal ein bisschen, ob wir euch auch so ein paar Tears ins Gesicht zaubern können, wenn ihr eben tolle Kombinationen erlebt, was wir jetzt gleich probieren. Der Trick ist, dass ihr erstmal den Käse nehmt, ein ordentliches Stück, nicht zu wenig, auch kein Brot dazu, weil das verfälscht natürlich den Geschmack. Den Käse im Mund haben, so richtig schön erfassen, wonach schmeckt der, was habt ihr für Aromen. Dann schluckt ihr das runter. Dann nehmt ihr einen Schluck von dem Bier, probiert das auch erstmal alleine, schaut mal: Wie schmeckt das? Was spürt ihr? Wie ist es am Anfang, wie ist es am Ende? Was macht‘s im Mund? Und dann nehmt ihr nochmal ein Stückchen Käse, lasst den im Mund, bis der ganze Mund so richtig erfüllt ist von dem Aroma. Und dann gebt ihr einen Schluck von dem Bier dazu. Und schaut mal, was mit den beiden passiert. Also können die miteinander? Ist das okay? Ist das sogar richtig gut? Und je nachdem wie eben eure Wahrnehmungen sind, so könnt ihr dann eure persönliche Liste abspeichern, was ihr mögt, was ihr nicht mögt. Spannend finde ich vor allem, wenn ihr jetzt zum Beispiel den Gorgonzola habt, dann könnt ihr sicherlich erleben, wie die beiden Dinge alleine eher so ein bisschen Ecken und Kanten haben und zusammen dann richtig schön ist.

Sven Grillenberger: Dann würde ich sagen, legen wir hier auch mal los. Ich muss es natürlich ganz wirksam vor dem Mikrofon machen. Ich hoffe, man hört es schön. Das wird jetzt hier zelebriert. Ha, schön!

Markus: Perfekt!

Sven Grillenberger: Ich reiche dir dieses Grünhopf Pils und du …

Markus: Ein wunderbares Grünhopfen Pils, mal schauen, ob ich die Atmo auch hinbekomme.

Sven Grillenberger: Klingt gut!

Markus: Jetzt haben wir erstmal dieses wunderschöne Pils hier im Glas. Und das ist ein Grünhopfen Pils, das heißt eben, mit erntefrischem Hopfen direkt am Tag der Ernte gebraut. Und dadurch sind auch ganz viele eben von den pflanzlichen, von den grünen Aromen vom Hopfen mit im Bier, aber natürlich auch die Bittere. Und das ist jetzt so ein bisschen das, was wir ausprobieren. Das heißt, wir nehmen den Käse im Mund, wir erfahren den Käse, und wenn der aromatisch den ganzen Mund erfüllt, dann eben das Bier dazu. Dann achten wir mal drauf: Was passiert mit der Bittere? Wie fängt sich das ein? Was macht zum Beispiel, wenn ihr einen Camembert habt, was ist mit diesen typischen Aromen, die die Rinde vom Camembert hat, das hat so ein schönes Pils-Aroma, was macht das Bier damit, wie bringt‘s das nach vorne? Und eben dann, wenn ihr alles runtergeschluckt habt, wie ist euer Eindruck, hat euch das Spaß gemacht, war das fein?

Sven Grillenberger: Ich würde sagen, fang du einfach mal an, Markus.

Markus: Okay! Da will ich jetzt die Atmo mal nicht überstrapazieren. Ich mache einfach mal.

Sven Grillenberger: Genau! Und ich versuche derweil den Alleinunterhalter zu geben und so ein bisschen zu erzählen. Markus und ich haben schon öfter mal zusammen auch journalistisch zusammengearbeitet, haben zum Beispiel ein wunderbares Bierlexikon zum Anhören produziert. Und es ist immer wieder spannend, mit Markus sich in diese Welt zu begeben, weil er wahnsinnig gut vernetzt ist, weil er wahnsinnig viel Ahnung hat. Und er kann einem so viel erzählen und man lernt diesen Genuss auch so wirklich kennen. Ich meine, Bier war lange Jahre so ein bisschen negativ belastet so als das Betrink-Getränk. Aber nein, Bier kann so viel mehr.

Markus: Absolut! Es geht nicht um die Quantität, sondern eben um die Qualität. Und das ist genau das, was wir hier in Franken eben auch haben, und das merkt man auch an diesem wunderbaren Pils. Also wirklich schön, die Aromanoten, die grünen Hopfennoten aus dem Hopfen, und eben dann im Zusammenspiel. Ich habe grad schon beides probiert, also erstmal den Camembert, und da merkt man eben, wie das richtig schön rund wird, wie aus dem Bier noch die Süße rauskommt, wie aus dem Käse eben diese pilzigen Noten schön rübergehen, und das dann insgesamt einfach so einen schönen Wohlklang im Mund gibt. Der zweite Versuch war dann eben mit dem Gorgonzola, und da ist es eben so, dass der Gorgonzola an sich eher ein bisschen Schärfe hat, auch ein bisschen eigene Bittere von dem Blauschimmel, der da drin ist. Und das dann in Kombination mit dem Bier, wird schön aufgefangen, schön rund, da macht auch der Alkohol seinen Job. Und insgesamt ist das dann wirklich auch ein tolles Erlebnis.

Sven Grillenberger: Ich würde sagen, wir lassen euch, liebe max neo Hörer*innen das jetzt einfach mal ausprobieren. Wenn ihr übrigens Fragen an den Markus habt, so als Experten, zum einen nach der Sendung, also ab 14 Uhr kommen wir nochmal live in Instagram. Ihr könnt aber auch jederzeit liebend gerne uns ins Studio eine WhatsApp schreiben unter die 0911/8109000, dann können wir vielleicht schon im nächsten Break drüber reden. Also seid nicht schüchtern, schreibt uns gerne eine WhatsApp 0911/8109000. Und ich würde sagen, ich probiere das jetzt auch mal, und ihr liebe Hörer*innen probiert‘s auch einfach mal aus, und wir hören uns nach drei Songs wieder.

MUSIK

I can’t dance, legendär, Genesis, 1992 Platz 4 in Deutschland. Und mir geht’s eigentlich ganz ähnlich, I can’t dance, also weder mit noch ohne Bier. Ich gehe erst gar nicht auf die Tanzfläche, weil ich immer, ich sage von mir selbst, ich sehe aus wie so ein Betonklotz, der versucht, agil zu sein oder so. Da hilft noch nicht mal Bier. Wir haben jetzt das Erste Tasting anlässlich unserer Cheers to 25 years Feier genossen. Und ich hoffe, auch ihr da draußen, liebe Hörer*innen, habt das getan und vielleicht auch ein bisschen reingeschmeckt, was Markus uns so erklärt hat. Gibt’s eigentlich, also das ist vielleicht eine sehr simple Frage, aber gibt’s eigentlich beim Food Pairing oder beim Tasting, beim Verkosten, gibt es da ein Richtig oder Falsch? Oder darf da jeder schmecken, was er will?

Markus: Na ja, grundsätzlich, solange man nicht lügt, darf man natürlich schmecken und riechen, was man will. Weil jeder Mensch so sein eigenes Setting hat, was er eben so an Aromen gelernt hat und wie er großgeworden ist. Und insofern gibt’s wirklich eben kein Richtig oder Falsch. Und es ist auch so, dass wir ungefähr so die klassische 80/20-Regel haben. Also das heißt, wenn wir jetzt ein Pairing haben, wo wir sagen, das passt, dann sagen das vielleicht 80 % der Leute und 20 % finden es trotzdem nicht gut. Also das ist auch völlig okay. Es ist so ein bisschen wie im richtigen Leben, manchmal ist es auch gut zu lernen, was man eben nicht wieder mag, und sich dann eben was anderes auszusuchen. Das ist ja auch okay.

Sven Grillenberger: Gab‘s mal ein Tasting oder eine Kombination, wo du gesagt hast, ah, scheußlich, will ich nie mehr auf meiner Zunge haben?

Markus: Puh! Ja. Wir haben tatsächlich mal diesen Surströmming, das ist dieser Hering aus Norwegen, der in Dosen reift, wo sich dann die Dose bläht. Die macht man dann unter Wasser auf und trotzdem spritzt das und die Hand stinkt noch wochenlang. Und das war natürlich schon eine ganz krasse Erfahrung. Also ich musste das dann auch noch aufmachen, und dazu haben wir dann eigentlich ein ziemlich gutes Bier gehabt. Aber dieser Hering, der war noch, glaube ich, drei Tage in meinem Mund. Also das war schon extrem gewöhnungsbedürftig. Wobei, wir hatten da auch Leute zum Beispiel aus Schweden dabei, die fanden das total genial und haben noch Tage geschwärmt. Also es hat auch viel mit Erfahrung zu tun.

Sven Grillenberger: Aber dieses Surströmming oder wie auch, ich kann kein Schwedisch, das ist halt schon auch eine harte Nummer, oder?

Markus: Ja, absolut! Man hat eben den Fisch, der da in der Dose eingedost vor sich hin gärt und dann eben extreme Aromen entwickelt, Gärungsaromen, und natürlich dieses Fischige unendlich steigert. Dann dazu noch den Druck, das ist schon echt krass. Also manche binden sich einfach die Nase zu oder haben dann eine Wäscheklammer auf der Nase, wenn sie das essen. Das hilft natürlich, weil ich dann eben die Nase ausschalte und nur noch schmecke. Dann habe ich halt vor allem salzige und saure Aromen. Aber wie gesagt, das ist schon ein bisschen gewöhnungsbedürftig. Wir haben aber auch das Gegenbeispiel, also zum Beispiel haben wir ein schönes, wunderbares Imperial Stout, dazu eine ganz tolle Praline. Und da ist es regelmäßig so, dass wir dann gefräßige Stille haben. Das heißt, die Leute sind ein, zwei Minuten, da sagt keiner einen Ton, weil alle einfach nur genießen.

Sven Grillenberger: Das klingt super. Wir genießen auch weiter. Jetzt erstmal Musik, „Schrei nach Liebe“, den hast du dir auch gewünscht. Wie kommt‘s dazu? Ist der Schrei nach dem Bier auch ein Schrei nach Liebe, oder?

Markus: Und andersrum, vielleicht schreit das Bier auch nach Liebe, je nachdem wie man das sehen mag. Aber ich muss sagen, ich war lang genug selber als DJ unterwegs, und natürlich hat man auch ein paar persönliche Botschaften, und das war eine, die mir schon immer wichtig war und sie ist heute wichtiger denn je, deswegen mag ich dieses Lied sehr gerne und wollte es eben heute auch hören.

Sven Grillenberger: Ja, das wirst du, das werden wir. Ich freue mich drauf. Und gleich quatschen wir noch ein bisschen über deinen Job als Juror, als Experte, der weltweit gefragt ist. Und liebe max neo Freund*innen, nächste Stunde gibt’s noch ein kleines Food Pairing, und zwar Bier und Schokolade. Wenn ihr Bock drauf habt, macht gerne mit, auf maxneo.de findet ihr die Zutaten, die ihr braucht, die ihr hoffentlich zu Hause habt. Und nochmal, ihr könnt den Markus gerne so gut wie alles fragen, würde ich sagen. Einfach eine WhatsApp ins Studio 0911/8109000, hier sind die Ärzte mit „Schrei nach Liebe“.

MUSIK

Cheers to 25 years mit Sven und Markus Raupach im Studio. Wir haben schon das erste Food Pairing verkostet sozusagen mit Bier und Käse. Später geht’s auch noch weiter mit Bier und Schokolade. Und jetzt würde mich mal interessieren, du bist ein gefragter Experte weltweit, also wenn ich das so richtig in Erinnerung habe, du bist in Brasilien, in Chile, in China, in den USA, in Belgien, du bist quasi in sämtlichen wichtigen Jurys dieser Welt. Gibt’s da so ein Erlebnis oder ein Land, wo du besonders gern hingehst, wo du sagst, wow, da geht was, da geht die Luzi, da wird das Bier wertgeschätzt, die freuen sich, wenn ich aus dem schönen Oberfranken zu ihnen komme?

Markus: Ja, von allem ein bisschen, würde ich sagen. Das eine ist natürlich, sie freuen sich immer, wenn sie einen original Franken dahaben, weil dann endlich mal jemand da ist, der zum Beispiel ein Kellerbier auch wirklich beurteilen kann, weil er es eben von daher kennt, wo es herkommt. Grundsätzlich ist es ehrlich gesagt, klingt jetzt ein bisschen blöd, aber überall schön und überall besonders, weil wenn wir als Juroren da irgendwo sind, dann sind wir da eher wie in einer Familie, eher wie in der Community. Das heißt, die zeigen einem dann natürlich das Land ganz anders, da ist man integriert, da kriegt man wirklich die ganz besonderen Sachen gezeigt. Ich werde nie vergessen, in Brasilien, mitten im Regenwald, Barbecue mit einer Senioren-Band, die dann wirklich drei Stunden aufgespielt hat. Wir haben dann am Ende Polonäse gemacht mit Juroren von 25, 30 verschiedenen Ländern. Da merkt man einfach, dass es eine Menschheit gibt, relativ egal, wo die Leute herkommen. Und wir haben da Juroren, die eben auch aus wirklich allen Ecken der Länder kommen, also von Russland über China, über eben Deutschland, Chile, wie auch immer. Und die treffen sich dann immer an verschiedenen Orten auf der Welt und das ist immer wirklich ein tolles Happening, und für mich etwas, was mir jetzt echt abgeht, muss ich sagen, im letzten Jahr.

Sven Grillenberger: Das glaube ich dir. Ich meine, Corona hat alles verändert. Aber was mich auch interessieren würde, du wirst auch sicherlich ganz oft von Baumeistern und Braumeisterinnen hier in der Region gefragt so, Markus, kannst du mal probieren, was sagst du denn zu diesem Bier? Ich kenne dich jetzt als sehr höflichen und netten Menschen. Gab‘s schon mal eine Situation, wo du gesagt hast, na ja, Bier ist nicht so toll, und dass es da ein bisschen böses Blut gab, oder?

Markus: Nein, Gott sei Dank nicht. Ich muss wirklich sagen, ich bin diplomatisch und ich sehe es auch wirklich so, es ist nicht mein Job, die Leute irgendwie runterzumachen oder so. Natürlich, wenn das eine Eins-zu-Eins-Situation ist und der mich fragt und wir uns gut kennen, dann sage ich ihm auch ehrlich meine Meinung. Aber das jetzt nicht auf eine Art und Weise, die für ihn wirklich böse oder ehrenrührig ist. Letzten Endes ist Bier ja auch ein Handwerksprodukt und da kann auch immer mal was nicht perfekt laufen. Das ist auch okay, es kann auch mal was mit den Rohstoffen sein, es kann auch die einzelne Flasche einfach sein, die im Regal im Licht gestanden ist oder wie auch immer was erlebt hat, was sie nicht erleben soll, und dann schmeckt das eben so, wie man es nicht möchte. Das Beste ist dann, eher drüber zu reden, wie man das in Zukunft besser macht. Ich glaube, da sind die Gespräche dann besser aufgehoben als eben irgendjemanden zu bashen.

Sven Grillenberger: Das ist eine sehr schöne Einstellung, weil es soll ja verbinden das Thema.

Markus: Ja, auf jeden Fall! Und es verbindet auch wirklich.

Sven Grillenberger: Wunderbar! Du hast dir gewünscht, Brimful of Asha von Cornershop. Was verbindest du mit dem Song?

Markus: Das war eine meiner größten Partys, die ich jemals veranstaltet habe. Zur 350-Jahr-Feier der Uni Bamberg habe ich hier in Bamberg die Wagner Halle gemietet, wir waren da 10.000 Leute, ich habe aufgelegt. Das war damals ganz neu als Song und ich fand das total cool, und seitdem geht mir das nicht mehr aus dem Kopf.

Sven Grillenberger: Dann lassen wir die alten Zeiten aufleben. Hier sind sie, Cornershop Brimful of Asha.

MUSIK

Heute ist der letzte Tag der max neo Geburtstags-Woche. Wir uns was Besonderes für euch, für uns zum Feiern einfallen lassen. Wir haben gesagt, wir lassen das Motto Cheers to 25 years einfach wahr werden und stoßen heute mal zusammen an sozusagen. Die Biergärten haben zu, Kontaktbeschränkungen sind auch noch da, das heißt, wir können gar nicht so eine Riesensause feiern. Die haben wir jetzt einfach on Air verlegt, was auch mal schön ist. Und dann noch mit einem Food Pairing dazu. Da haben wir in der letzten Stunde Bier und Käse gemacht und falls ihr jetzt gerade erst zuschaltet, gar nicht schlimm, wir machen noch eins, und zwar jetzt geht’s um Bier und Schokolade. Klingt erstmal komisch, Markus. Also warum funktioniert‘s trotzdem?

B: Gute Frage! Es klingt für viele Leute erstmal komisch und wir haben auch erlebt am Anfang, als wir das gemacht haben, dass oft Pärchen das Seminar gebucht haben, so nach dem Motto, okay, er kriegt dann das Bier und sie kriegt die Schokolade.

Sven Grillenberger: Faire Aufteilung!

B: Ja genau! Aber so währenddessen kam dann wirklich raus, und das merken die Leute dann auch, dass natürlich beides ein großes Spektrum an Aromen hat. Und es gibt eben eine große Gemeinsamkeit, in der Regel jedenfalls, das sind die Röstaromen, weil Kakao letzten Endes geröstete Kakaobohnen sind und bei den meisten Bieren eben auch geröstete oder karamellisierte Malzkörner da eine Bedeutung haben. Und das ist so ein bisschen das Bindeglied. Dann kann ich auf dieser Basis praktisch alles Mögliche spielen Richtung Fruchtaromen, Richtung zum Beispiel auch alkoholischen Aromen oder dann eben die Röstaromen weiter oder rauchige Aromen oder Gewürzaromen. Also das ist eben wie so eine Leinwand, die ich dann bemalen kann. Und da kann ich eben wirklich schön von beiden Seiten kommen, von eben sehr aromatischen, alkoholischen oder sogar sauren Bieren, bis hin eben zu ganz spektakulären Schokoladen, die vielleicht sogar mit Salz gemacht sind.

Sven Grillenberger: Super! Da reden wir gleich in zehn Minuten noch ein bisschen drüber und auch, was man in der Bierakademie so mit diesem Food Pairings und Seminaren, die ihr anbietet, so erleben kann. Zuvor wieder zwei Songs, die du dir als Gast heute aussuchen durftest. „Bring me some water“, das passt jetzt auch nicht wirklich zum Bier, von der guten Melissa Etheridge, und „Headlong“ von Queen, das ist halt eine geile Nummer.

Markus: Ich wollte einfach wieder ein bisschen Motivation. Also „Bring me some water“ ist für mich so ein Lied, das kann man eigentlich immer hören und das ist so ein Durchhaltelied. Und da geht’s auch um so eine gewisse komplizierte Beziehung zwischen einerseits zwei Personen, aber vielleicht auch zwischen dem Bier und den Menschen. Und andererseits bei „Headlong“, da macht Queen richtig Dampf und das macht natürlich Spaß. Ich freue mich auf die zweite Stunde.

Sven Grillenberger: Ja, ich mich auch. Wir machen jetzt auch Dampf, hier sind die beiden Songs, und in zehn Minuten hören wir uns wieder zur Cheers to 25 years mit Markus Raupach und meiner Wenigkeit.

MUSIK

Wie könnte man 25 Jahre besser zelebrieren als mit den Klassikern von Queen. Und überhaupt würde ich sagen, Markus, haben wir doch echt eine coole Mischung aus Genuss, leiblichen Genuss und mehr Vielfalt für Franken, auch fürs Ohr. Das heißt, wir haben eigentlich die perfekte Mische, oder?

Markus: Absolut! Also wunderbar. Wir haben dazu mit der Uni Bamberg sogar schon mal einen Versuch gemacht, inwieweit eben der Genuss von Bier, die Wahrnehmung von Bier sich verändert, wenn man dazu bestimmte Musikstücke hört. Und es ist wirklich ganz spannend, dass es sich eben gegenseitig beeinflusst und man da eben sogar wirklich das ein bisschen steuern kann. Insofern natürlich heute klasse. Ist nur schade, dass wir keine Tanzfläche dahaben, dann hätten wir hier nochmal ordentlich abrocken können. Aber so ist auch cool.

Sven Grillenberger: Definitiv! Du hast es grad angesprochen, ihr habt auch mit der Uni Bamberg schon zusammengearbeitet in Bamberg, und was sage ich, eigentlich in ganz Deutschland seid ihr eine Institution, die Bierakademie kennt jeder. Jetzt haben wir gesagt, wir konzipieren mal für unser 25-jähriges Jubiläum so ein Food Pairing on Air. Das ist sehr experimentell, das gibt’s nicht oft, wahrscheinlich sind wir die ersten, die es on Air machen, oder?

Markus: Wir haben es schon mal bei euch gemacht, …

Sven Grillenberger: Ja, bei uns, aber …

Markus: … aber sonst noch nirgendswo. Absolut!

Sven Grillenberger: Genau! Das heißt, wir sind quasi Premiere hier, wir sind die Urheber, Copyright ist drauf, passt auf Leute. Nein. Aber jetzt hast du gesagt, ihr macht mit der Uni zusammen, aber ihr habt natürlich auch diese ganzen Seminare wie „Bier und Käse“ und „Bier und Schokolade“ vor Ort, momentan leider nicht wegen Corona. Aber es ist natürlich nochmal eine andere Hausnummer. Das kostet ja Geld logischerweise, du musst auch von was leben.

Markus: Klar, logisch! Ja.

Sven Grillenberger: Aber wie ist denn so jetzt der Unterschied, wenn das jetzt unsere Zuhörer*innen mal interessiert, was wäre denn jetzt noch der Unterschied, warum lohnt es sich, auch mal nach Bamberg zu fahren und zu sagen, das mache ich mal in so einem richtigen Seminar mit?

Markus: Grundsätzlich nach Bamberg zu fahren, lohnt sich natürlich immer.

Sven Grillenberger: Das stimmt!

Markus: Wenn wir jetzt zum Beispiel „Bier und Schokolade“ nehmen, das Tolle ist, das machen wir mit der Confiserie Storath zusammen. Der hat selber auch einen ganz, ganz wunderschönen Laden in Bamberg, und das ist dann auch der Ort dieser Veranstaltung. Damit geht’s schon mal los, der Johannes Storath ist selber mit dabei, ist Chocolatier, Genussmensch, Slow Food, also die sind da in all diesen Bereichen eben sehr stark. Und wir arbeiten seit vielen Jahren zusammen, waren auch die ersten, die überhaupt dieses Thema Bier und Schokolade auf so ein professionelles Niveau gehoben haben. Und dort machen wir eben einerseits eine Reise durch die Biere, das heißt, wir haben wirklich spannende Biere, zum Beispiel aus Belgien, aus Amerika, natürlich auch aus Franken und Deutschland. Und dazu dann immer so eine Kombination, die auf jeden Fall irgendwie so passt, und dann eine, die eben auch ein bisschen herausfordert. Dazu erzählt der Johannes dann immer ein bisschen Geschichten, ich erzähle ein bisschen was dazu, wir üben uns natürlich in der Sensorik. Und das Coolste ist, dass ihm dann auch immer wieder einfällt, da probieren wir jetzt noch die Schokolade, die Praline, dieses oder jenes, und am Ende sind auf jeden Fall alle pappsatt und absolut glücklich.

Sven Grillenberger: Das klingt super! Das heißt, liebe Zuhörer*innen, falls ihr Lust habt, es gibt, glaube ich, auch Gutscheine.

Markus: Jo!

Sven Grillenberger: Das heißt, wenn ihr jemanden habt, runder Geburtstag oder was auch immer, und ihr denkt euch, hey, das könnte mal ganz cool sein, nach Bamberg zu fahren und so ein Seminar mit Markus Raupach und der Bierakademie zu machen, dann einfach auf bierakademie.net, …

Markus: Richtig!

Sven Grillenberger: … da könnt ihr euch informieren. Wir hatten grad Queen, …

Markus: Jo!

Sven Grillenberger: … da machen wir gleich weiter, wir machen zuvor noch ein Teasing für den nächsten Break, weil dann geht’s wieder weiter mit Schokolade.

Markus: Stimmt!

Sven Grillenberger: Das heißt, liebe Zuhörer*innen, liebe max neo Freund*innen, alle, die mit uns feiern wollen, alle Feierwütigen, wenn ihr beim nächsten Food Pairing in rund zehn Minuten auch dabei sein wollt, jetzt geht’s um Bier und Schokolade. Also am besten ein dunkles Bier, ein Rotbier, was auch immer ihr daheimhabt, und dann Mon Chéri.

Markus: Zum Beispiel! Gerne ein dunkles Bier, dunkler Bock, irgend sowas mit schönen Malzaromen. Und dazu eben Schokolade, gerne auch eine dunkle oder auch beides, eine dunkle und eine helle, dann könnt ihr es probieren. Oder natürlich so ein Mon Chéri, dann kommen hier noch so Fruchtaromen mit dazu, die Kirsche, das werdet ihr erleben.

Sven Grillenberger: Okay! Dann legt euch das doch bereit, wenn ihr es zuhause habt. Und was ich erzählen wollte, Queen, wir haben grad Queen „Headlong“ gehört, und Markus kennt noch nicht Queen mit dem aktuellen Sänger, Adam Lambert, und das holen wir jetzt nach. Hier ist Queen feat. Adam Lambert mit „I was Born to Love You (live)“.

MUSIK

„Walk this way“, wer läuft wohin, Aerosmith. Und hoffentlich laufen Sie zu uns ins Studio, zum nächsten Food Pairing, zum nächsten Tasting. Denn jetzt machen wir bei Cheers to 25 years was ganz Gewagtes. Markus Raupach, der Sommelier-Experte ist bei uns, hat für uns ein Tasting, ein Food Pairing fürs Radio für on Air konzipiert. Und jetzt, Markus, erzähl doch mal, Bier und Schokolade, das ist ja, wir hatten es vorhin schon mal ganz kurz, aber das ist hier schon, da muss man schon sehr kreativ sein, um darauf zu kommen, oder?

Markus: Ach, na ja, man muss einfach Genussmensch sein, denke ich mal, und man muss einfach die ganzen Speisen und Getränke so ein bisschen in ihrer Gesamtheit kennen. Und dann merkt man schon auch, dass eben Bier und Schokolade Gemeinsamkeiten haben. Zum Beispiel eben die Röstaromen, wo eben bei beiden, sowohl beim Bier mit dem gerösteten Malz als auch bei der Schokolade mit den gerösteten Kakaobohnen ähnliche Aromen entstehen. Dann hat man natürlich die gewisse Süße, die bei der Schokolade eben vom Zucker kommt und beim Malz eben aus dem Malzzucker. Das heißt, es gibt durchaus Brücken, wo die beiden zusammenkommen. Und dann können eben beide unterschiedliche weitere Aromen bedienen. Wir haben hier zum Beispiel eine Neapolitaner Schnitte hier, das heißt, da haben wir dann noch nussige Aromen, Haselnussaromen. Wenn da dann die Kohlensäure aus dem Bier dazukommt, dann wird das im Mund quasi explodieren, man wird ganz viel von diesen nussigen Aromen schmecken. Und dann haben wir dazu noch das Mon Chéri beziehungsweise diese Kombination aus Zartbitterschokolade, Kirschlikör und eben einer Kirche. Das heißt, da kommt die Fruchtigkeit von der Kirsche rüber mit roten Beeren, mit so ein bisschen dem Alkoholischen natürlich, Marzipanaromen und das alles mit dem Bier geht natürlich immer gut.

Sven Grillenberger: Ich muss jetzt eine sehr frevelhafte Frage stellen, die nur halbernst gemeint ist. Aber wenn ich dieses Mon Chéri einfach in mein Bierglas schmeiße, habe ich doch so eine Art Bumba-Maß, oder?

Markus: Ich glaube, da musst du die ganze Packung nehmen, dann kommst du auch genau dahin. Und du musst das vielleicht noch durchmixen, würde ich sagen.

Sven Grillenberger: Nein, das machen wir natürlich nicht. Wir sind hier für den Genuss.

Markus: Das ist vielleicht eine Sache, die auch bei uns in den Seminaren immer ganz wichtig ist, die Leute müssen lernen, Schokolade mal anders zu essen. Also gerade wir Männer, normalerweise abbeißen, Mund, schlucken, fertig. Das ist natürlich zu wenig, weil Schokolade bietet erst dann was, wenn man sie im Mund schmelzen lässt, wenn sie im Mund sich entfalten kann, wenn man die ganzen Aromen im Mund hat. Und dann kann natürlich das Bier auch im Zusammenspiel mit dieser Schokolade eben seine schöne Harmonie zeigen. Das geht nicht, wenn ich das gleich runterschlucke. Also insofern ähnlich wie vorhin, erstmal die Schokolade im Mund zergehen lassen, genießen, und wenn der ganze Mund voll ist von diesem Aroma, dann den Schluck Bier dazu.

Sven Grillenberger: Dann würde ich sagen, liebe max neo Freund*innen, falls ihr mitmachen wollt, falls ihr euch schon eingedeckt habt mit guten dunklen Bier oder Rotbier, dann packt‘s jetzt raus und holt die Mon Chéri, die Manner Schnitten, holt alles zusammen. Ich werde jetzt hier wieder ganz freudig das Bier vorm Mikrofon öffnen. Wir haben ein Rotbier heute und ich würde sagen: Markus, the Stage is Yours.

Markus: Genau! Ich probiere mich mal wieder mit dem atmosphärischen Einschenken, mal gucken.

Sven Grillenberger: Das klingt sehr atmosphärisch. Wer jetzt keinen Durst bekommt …

Markus: Genau! Da hört man schon, wie sich auch dieser wunderbare Schaum entfaltet. Unten drunter haben wir jetzt das Bier mit so einem wunderschönen Rotstich und natürlich einem schönen Braunton auch, auch der Schaum ist leicht getönt. Und wenn man da reinriecht, dann hat man eben schon so ein bisschen Röstaromen, ein bisschen Karamell, ein bisschen rote Beeren, freut sich schon auf die Schokolade. Und jetzt würde ich vorschlagen, probieren wir das gleich mal. Ich würde mit dem Manner Schnittchen anfangen und du kannst ja mal ein bisschen rüberbringen, wie das Ganze ausschaut.

Sven Grillenberger: Ich gucke schon ganz gespannt.

Markus: Mmh!

Sven Grillenberger: Liebe Zuhörer*innen, wenn ihr Fragen habt, also ich kann euch da nur ganz herzlich ermuntern, dann schreibt einfach eine WhatsApp ins Studio, 0911/8109000. Der Markus ist heute noch bis halb drei oder so bei uns hier bei max neo. Das heißt, ihr könnt die Fragen per WhatsApp stellen, der Markus beantwortet sie gerne. Wir kommen nach der Sendung, also nach 14 Uhr, auch nochmal in Insta Live. Falls da noch Fragen sind, gerne.

Markus: Und ich kann nur sagen, es ist der erwartete Genuss, wirklich wahr. Also wir haben hier wirklich diese wunderschönen Haselnussaromen, das Bier hat auch eine leichte Süße. Zusammen ist das quasi wie ein Nutella at its best, also mit dem, wie es eigentlich sein muss, wunderschöne haselnussige Aromen. Das könnte man den ganzen Tag machen, muss ich sagen. Wenn wir dann dazu eben nachher noch die Kirsche mit der dunklen Schokolade haben, dann werden wir auch die Bittere schön in ihrer Kombination haben und dann wird dieser Alkohol aus dem Kirschlikör hinten raus noch so einen kleinen Kick geben. Und den spürt man sogar, wenn man dann das Ganze runterschluckt, weil das wird dann auch ein bisschen warm.

Sven Grillenberger: Soll ich das jetzt mal probieren mit der Kirsche? Du hast jetzt die Manner Schnitte gemacht.

Markus: Auf jeden Fall! Könnte ich dich dazu ein bisschen moderieren.

Sven Grillenberger: Genau! Das heißt, du übernimmst jetzt hier, ich vertraue dir. Und ich werde jetzt mal eben das mit dem Mon Chéri. Ich soll erst das Mon Chéri essen?

Markus: Genau! Erst das Mon Chéri essen. Wichtig bei der Sache ist jetzt, auch das wieder ein großer Unterschied, normalerweise, gerade bei den Damen, wenn ich denen so eine Praline in den Mund gebe, dann beißen die erstmal ab. Nein, bitte nehmt das ganze Ding in den Mund, aber dann eben nicht runterschlucken, drin lassen, genießen, sich entfalten lassen und dann eben den Schluck Bier dazu.

Sven Grillenberger: Okay! Das werde ich jetzt mal tun. Und du kannst ja derweil erzählen.

Markus: Genau! Ich werde dann mal schauen, was du jetzt hier so machst. Also wir sehen schon, er nähert sich jetzt gleich dieser wunderbaren Praline.

Sven Grillenberger: Du bist ein Kommentator jetzt.

Markus: Ja, ein bisschen wie beim Fußball. Also der Elfmeter ist vorausprogrammiert. Aber wunderbar! Also er schenkt jetzt schon mal das Bier ein. Das ist natürlich auch so ein Punkt, wie schenke ich überhaupt richtig ein Bier ein? Machst du perfekt, also den ersten Teil ungefähr zwei Drittel im 45-Grad-Winkel und dann den letzten Teil im 90-Grad-Winkel. So könnt ihr jedes Bier wirklich perfekt einschenken. So! Er greift jetzt mutig zur Praline.

Sven Grillenberger: Ich habe von den besten gelernt, wollte ich grad zu mir sagen.

Markus: Und jetzt ist sie im Mund, und man sieht schon, also es würde ihm auch ohne Bier schmecken, muss man sagen. Ist ja auch lecker, zugegebenermaßen. Und jetzt merkt man eben, wie die Schokolade sich im Mund langsam entfaltet, wie eben der Likör dazukommt, die Kirsche dazukommt, und er jetzt schon so ein richtig schönes, wohliges Lächeln im Gesicht hat. Wunderbar! Jetzt darf er aber nicht runterschlucken, das ist die Challenge, weil jetzt muss er eben das Bier dazunehmen, den Schluck in den Mund, und eben erleben, wie sich die beiden miteinander verbinden, wie sie miteinander spielen, wie die malzigen Aromen aus dem Bier mit der Kirsche, mit der Schokolade zusammenkommen, wie die Kohlensäure das Ganze nochmal intensiviert, wie dann auch das Marzipan zum Beispiel rüberkommt, was über die Kirsche mit in das Ganze reinspielt. Und wir sehen schon, also wenn Sie Ihn jetzt anschauen könnten, dann würde man sagen, ein Honigkuchenpferd mit Bier. Also wunderbar! So, jetzt ist er wieder am Mikro. Was meinst du, wie war es?

Sven Grillenberger: Tatsächlich, ich bin absolut überrascht. Ich hätte nie, also wirklich, in dem Moment, als du meintest, ich soll jetzt das Bier, das Rotbier, mit zum Mon Chéri in den Mund packen, ich habe schon fast Angst gehabt. Aber tatsächlich, es hat super funktioniert, die Kombination funktioniert. Mehr kann ich gar nicht sagen, ich bin grad ein bisschen geflasht.

Markus: Warum auch nicht? Also letzten Endes, Dinge, die uns gut schmecken, kann man oft auch kombinieren. Also deswegen auch nach Hause so den Ratschlag: Probiert einfach aus! Ich meine, im schlimmsten Fall macht ihr das halt so nicht mehr, sondern macht es anders. Aber wichtig ist überhaupt: Bewusst genießen, bewusst essen, bewusst trinken. Das haben wir alle so ein bisschen verlernt durch schnell in sich reinschaufeln, satt machen. Darum geht’s nicht, es geht wirklich um Genuss.

Sven Grillenberger: Und das ist ein gutes Stichwort. Das heißt, liebe max neo Zuhörer*innen, genießt jetzt auch mal. Wir geben euch jetzt gleich mal zwei lange Songs, „I was made for loving you“ von Kiss, und „Temple of Love“ von Sisters of Mercy. Siehst du, ich kann vor lauter Mon Chèri schon gar nicht mehr ordentlich reden. Schlimm!

Markus: Noch zwei schöne Songs aus meiner Jugend. Wunderbar!

Sven Grillenberger: Die hören wir jetzt. Ihr könnt daheim ein bisschen nachprobieren. Und wie gesagt, wenn ihr Fragen habt, gerne stellen, 0911/8109000.

MUSIK

„Temple of Love“ von Sisters of Mercy. „Temple of Love“, das heißt in Oberfranken wahrscheinlich Brauerei, oder?

Markus: Ja, Temple of Beer. Natürlich! Biergarten.

Sven Grillenberger: Die Zeit, sie verfliegt wie im Flug, weil man Spaß hat. Wir haben hier heute gefeiert den letzten Tag der 25er Woche bei max neo. Wir haben Cheers to 25 years wortwörtlich genommen. Es hat sehr viel Spaß gemacht, Markus. Erstmal vielen Dank, dass du da warst. Ich würde sagen, die letzten Minuten, bevor diese Stunde zu Ende geht, reden wir vielleicht noch mal so ein bisschen drüber, wie wir unser fränkisches Bier, was jetzt durch Corona auch sehr gefährdet ist, ich kann mich erinnern, wir haben uns vor einem Jahr mal unterhalten, da meintest du, na ja, ein Drittel, wenn es blöd läuft, sogar die Hälfte der fränkischen Brauereien, die könnte es erwischen. Prognose immer noch so düster?

Markus: Nicht mehr ganz so düster vielleicht, also bei den Gastronomien eher, aber bei den Brauereien, die haben jetzt doch einiges an Hilfe und Unterstützung bekommen, viele waren auch sehr kreativ. Und außerdem muss ich auch wirklich nochmal ein Lob aussprechen an unsere Hörer da draußen, weil die Menschen wirklich auch mitgeholfen haben. Das heißt, die haben die Brauereien wirklich unterstützt, haben bewusst auch regionale Biere gekauft und haben den Brauereien wirklich die Stange gehalten. Und das hat, glaube ich, auch viel dazu beigetragen, sowohl wirtschaftlich als auch emotional, dass die Brauer wirklich den Mut und die Kraft haben, auch weiterzumachen. Und da freue ich mich schon sehr, sehr drauf, wenn es dann wieder weitergeht.

Sven Grillenberger: Ich mich auch. Ich glaube, jeder da draußen freut sich, wenn wieder halbwegs Normalität einkehrt. Was würdest du denn sagen, dadurch, dass momentan die Biergärten noch zu sind, und dadurch, dass wir noch ein bisschen eingeschränkt sind, wie können wir uns denn daheim vielleicht eine maximal schöne Genusszeit machen?

Markus: Das erinnert mich so ein bisschen, was mir gerade eingefallen ist, ich habe ja auch vor 25 Jahren tatsächlich damals mal beim Radio angefangen. Eine meiner ersten Reportagen war just so etwas, der Biergarten zuhause. Da muss ich wirklich sagen, das ist mehr oder weniger aktuell geblieben. Also kauft euch ein regionales Bier von euren Brauereien vor Ort, kauft es euch so frisch wie möglich, und wer vielleicht eine größere Familie hat, kauft euch vielleicht auch mal so ein 5-Liter-Fass, das gibt’s natürlich auch, da hat man es dann direkt vom Tank abgefüllt. Und dann genießt es eben mit entsprechenden Speisen, bei uns in Franken natürlich relativ einfach, der Gerupfte, die Bratwurst, je nachdem, was man eben so gerne mag. Und macht dann einfach sich so einen richtig schönen, gemütlichen Nachmittag oder Abend, so wie das früher auch war. Der Biergarten war letzten Endes das Wohnzimmer für die Bamberger und genau da wollen wir eigentlich auch wieder hin.

Sven Grillenberger: Das machen wir jetzt auch, wir machen uns auch einen schönen Nachmittag, wir simulieren den Biergarten. Liebe max neo Freund*innen, es hat sehr viel Spaß gemacht. Wie gesagt, wir kommen jetzt gleich um kurz nach 14 Uhr noch mal in Insta Live. Das heißt, wenn ihr noch Fragen an den Markus habt, dann könnt ihr die gerne stellen. Und die nächsten Songs habe ich mir ausgesucht, Markus hat es mir erlaubt, und zwar für euch „Crackin‘ Cold Ones With The Boys“ von The Cadillac Three. Da geht es darum, einfach mal wieder mit seinen Kumpels gut einen zu trinken.

Markus: Mhm (bejahend).

Sven Grillenberger: Darauf freuen wir uns alle wieder. Und natürlich der Rausschmeißer schlechthin, „Paradise City“ von Guns N‘ Roses, wir wollen alle wieder zurück ins Paradies …

Markus: Oh ja!

Sven Grillenberger: … ohne Masken, ohne Abstände, sondern paradiesisch eben.

Markus: Ja!

Sven Grillenberger: Macht’s gut, habt eine schöne Zeit, habt einen schönen Restsonntag, und lasst euch vielleicht euer Bierchen noch schmecken.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 63 – Interview mit Sven Bleiber, Brauer, Biersommelier und Bierkönig bei der Privatbrauerei Barre in Lübbecke

Sven Bleiber ist Bier. Ob als Brauer, Biersommelier, Bierkönig oder Alter Ego Brauer Bernhard – jede Sekunde seines Lebens scheint dem Gerstensaft gewidmet. Doch es gibt auch noch eine dunkle und zugleich helle Seite des bierigen Hühnen: Er spielt gerne mit dem Feuer – im wahrsten Sinne des Wortes. Die Geschichte hinter all dem erfahrt Ihr in dieser spannenden Podcast-Folge, in der natürlich auch fünf schmackhafte Barre-Biere in Glas kommen, ganz getreu Svens Lieblingslied „All Voll“, das er auch im BierTalk zum Besten gibt…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Herzlich willkommen zu unserem 63. BierTalk. Heute verspreche ich euch, es wird wieder richtig bierig. Zu Gast ist Sven Bleiber von der Barre Brauerei. Am Mikrofon ist Holger und an der anderen Seite wie immer der …

Markus: … Markus.

Holger: Sehr schön! Sven, grüß dich! Schön, dass du da bist. Ich freue mich sehr.

Sven Bleiber: (unv. #00:00:31.4#)

Holger: Jetzt geht’s für mich auch wieder Richtung Heimat. Es ist natürlich schon fast Niedersachsen, aber es ist noch Nordrhein-Westfalen. Es gibt so viel zu erzählen bei euch, das kann ich schon mal sagen. Meine beiden Lieblingsmitarbeiter in der Brauerei heißen Gustav und Alfred, aber da kommen wir später dazu. Stell dich doch mal vor.

Sven Bleiber: Ja, (unv. #00:00:53.0#) zusammen, also wie schon angekündigt, ich bin Sven Bleiber, ich bin seit inzwischen über 27 Jahren als Brauer in der Brauerei Barre im schönen Ostwestfalen. Wie gesagt, gar nicht, weit weg von Niedersachsen. Als Brauer habe ich lange Jahre auch wirklich aktiv gearbeitet im Sudhaus, innerhalb Filtration. Wenn es sein musste, hat man auch beim Flaschensortieren im Flaschenkeller ausgeholfen. Aber irgendwann wurde ich dann bei uns zum Bierkönig, da können wir vielleicht später nochmal kurz darauf eingehen, zum Gambrinus. Wir haben in Lübbecke einmal im Jahr das Bierbrunnenfest und da tritt halt dieser Gambrinus in Kraft. Dann kam irgendwann der Chef zu mir und meinte: Herr Bleiber, Sie sind hier der Mann fürs Historische, machen Sie mir doch mal einen historischen Brauer. Dann habe ich einen historischen Brauer gemacht. Dieser historische Brauer ist mein Alter Ego Brauer Bernhard. Den mache ich inzwischen seit 2012. Und 2013 habe ich dann mein Diplom Biersommelier gemacht.

Holger: Ja, das hört sich doch wunderbar an. Ich würde sagen, wir starten.

Sven Bleiber: Ja, dann los.

Holger: Dann sag doch mal, also wir haben hier fünf Biere vor uns und …

Sven Bleiber: Genau! Wir haben ein bisschen was zu tun.

Holger: Genau! Die werden wir auch alle verkosten. Und das ist für mich eine ganz besonders schöne Sache, wenn es wirklich zack-zack-zack immer nur um Bier geht. Womit beginnen wir denn? Du darfst das festlegen.

Sven Bleiber: Ich würde jetzt einfach mal ganz, ganz klassisch anfangen mit einem Barre Pils. Wir sind eine klassische Pilsbrauerei, ein mittelständisches Unternehmen, und das ist unser Verkaufsschlager. Ich glaube, so kann man es am besten zusammenfassen. Dementsprechend würde ich damit anfangen. Ich hoffe, ich kriege es jetzt hin.

Holger: Sehr schön! Aber ich habe gar keine Plopp-Flasche, ich habe nur Kronkorken.

Sven Bleiber: Das ist richtig. Das Problem ist bei Plopp-Flaschen, wenn man die verschickt, haben die oft das Problem, dass die Post nicht so sehr pfleglich mit den Paketen umgeht und die Plopp-Flaschen auslaufen. Das Problem hatten wir tatsächlich bei unseren ersten Online-Tastings. Und dann sind wir dazu übergegangen, keine Plopp-Flasche mehr zu verschicken, sondern ganz normale Longneck-Flaschen mit Kronkorken. In dem Fall habe ich natürlich hier zuhause die historische, schon fast historische Bügelverschluss-Flasche.

Markus: Da mache ich meins auch mal auf jetzt.

Holger: Absolut! Ich weiß jetzt schon, es wird für mich ein ganz toller Talk, weil wenn wir schon mit Pils anfangen und dann auch nach Nordrhein-Westfalen gehen, also besser geht’s ja gar nicht.

Sven Bleiber: Ja, man hört’s schon.

Holger: Herrlich! Feierabend-Pilsken.

Markus: Prost!

Holger: Prösterchen!

Sven Bleiber: Prost! Genau! All voll, wie ich immer so schön zu sagen pflege.

Markus: Du pflegst das sogar zu singen. Ich weiß nicht, ob du das so spontan auch zum Besten geben kannst, aber das ist auch immer schön.

Sven Bleiber: Ich kann ja mal gerade, wenn wir schon mal das erste Bier eingeschenkt haben, gebe ich euch gerne die erste Strophe. Natürlich kann ich das spontan. Also „All voll“ ist ein Trinklied, was Brauer Bernhard sich so ein bisschen auf die Fahnen geschrieben hat, was ganz gut zu ihm passt. Das hört sich dann in etwa so an: „All voll, all voll, all voll, all voll, all voll, all voll. Bist du voll, so lege dich nieder. Stehe früh auf und fülle dich Bier, das ganze Jahr. Den Abend und den Morgen. All voll, all voll, all voll, all voll, all voll, all voll, all voll. All voll.“

Holger: Mensch! Also ganz toll. Sven vielen, vielen Dank. Das ist das erste Mal, glaube ich, dass ich in diesem Podcast wirklich das Bild vermisse. Das hätte ich jetzt gerne gesehen. Ich kann euch, liebe Hörer, nur dazu ermutigen, auf die Barre Website zu gehen und sich einfach mal anzuschauen, wie der Sven in Wirklichkeit aussieht, und dann mit dieser Gesangsprobe ist dann alles klar. Das schwöre ich euch. Das Pils ist im Glas.

Sven Bleiber: Genau! Das Pils ist im Glas.

Holger: Und lacht mich an.

Sven Bleiber: Wir haben hier ein klassisch norddeutsch, eher herbes Pils. Ein bisschen weg von den Fernsehbieren, was sie ja nicht schmälern sollen in ihrem Ruhm. Das ist historisch gewachsen. Da kommen wir vielleicht später noch ein bisschen darauf zu sprechen, warum das historisch ist, dass wir ein etwas hopfigeres Pils haben bei uns. Wir haben es in einer Bügel- und einer Longneck- und in einer 0,5er-Liter-Flasche. Aber ansonsten ist es schön filtriert, wir haben hier einen schönen weizengelbes Pils mit einem schönen, feinporigen Schaum, der haftet ganz gut im Glas an. In der Nase ganz klassisch so die leichten Hopfenaromen. Ich muss einfach erstmal einen Schluck nehmen.

Holger: Unbedingt!

Markus: Prost!

Sven Bleiber: Das ist mein erstes heute. Ich finde das immer großartig.

Holger: Na ja, wir haben ja auch noch nicht 22 Uhr. Also es darf auch dein Erstes sein.

Sven Bleiber: Na ja, also das Ding ist, ich habe im Laufe des heutigen Abends noch ein Tasting, ich muss mich jetzt mit dem Trinken so ein bisschen zügeln. Das ist gar nicht so einfach. Ich muss nachher noch ein paar gerade Sätze voreinander kriegen.

Holger: Aber das gelingt dir sicher.

Sven Bleiber: Bin ich auch von überzeugt.

Holger: (unv. #00:05:34.4#) ganz hervorragend, es hat so einen schönen trockenen Nachtrunk, wie sich das für ein Pils mit einer schönen herben Hopfenbittere gehört. Und deshalb nehme ich direkt nochmal ein Schlückchen.

Sven Bleiber: Ja, das geht mir nicht anders. Markus, was meinst du zu unserem Pils?

Markus: Es freut mich, dass es euch schmeckt. Hahaha! Nein, mir schmeckt‘s natürlich auch, kein Thema. Wobei ich als Franke natürlich mit diesen sehr herben Pilsbieren nicht immer so ganz glücklich bin. Aber das ist in sich sehr rund. Und dafür, dass es ordentlich Bittere hat, hat es trotzdem auch noch einen schönen Körper und dadurch ist es auch insgesamt eine schöne Geschichte. Kann man gerne trinken und ist wahrscheinlich auch, wenn es dann wieder ein bisschen sommerlicher wird, dann auch ein tolles Bier, wenn man draußen im Biergarten sitzt. Sehr, sehr schön!

Sven Bleiber: Es ist auch tatsächlich mein persönlicher Favorit im Sommer. Je wärmer, desto lieber trinke ich das Pils. Ansonsten haben wir in der Bandbreite noch ein paar mehr Sachen zu bieten. Wovon soll ich berichten? Ich habe jede Menge Themen, über die wir sprechen können.

Markus: Vielleicht, was ich ganz wichtig finde, es weiß jetzt nicht jeder, wer oder was Barre eigentlich ist. Also wir haben bis jetzt gehört, es ist irgendwo zwischen Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, und du hast schon mal den Ort Lübbecke erwähnt. Das kennt jetzt vielleicht auch nicht jeder oder verortet es vielleicht falsch. Also wenn wir vielleicht erstmal so ganz grundsätzlich dem Hörer mal sagen, wo sind wir denn eigentlich, was steckt denn da so dahinter, dass wir dich mal so verortet bekommen.

Sven Bleiber: Sehr gerne!

Holger: Lübbecke ist nicht der Ort mit dem Holstentor.

Sven Bleiber: Um Gottes Willen! Nein, nicht Lübeck. Das haben wir tatsächlich gehabt, da ist ein Malzfahrer, der wollte bei uns Malz anliefern, der hat sich ganz gehörig getäuscht und ist in Lübeck gelandet und hat dann in Lübeck die Berliner Straße gesucht. Hat die dann aber verzweifelt vermisst, und vor allem dann da die Brauerei vermisst. Also der war ganz, ganz verkehrt. Nein, Lübbecke ist im schönen Ostwestfalen. Wir befinden uns in der Nähe, also ich sag mal, ein bisschen westlich von Hannover, östlich von Osnabrück. Ihr seht schon, wir sind so ein bisschen niedersachsen-mäßig da so eingekeilt. Minden ist eine größere Stadt mit etwa 80.000 Einwohnern ganz in der Nähe. Bielefeld sind auch nur 40 Kilometer, die Stadt, die es angeblich nicht geben soll. Im beschaulichen Lübbecke, direkt im Wiehengebirge, also die ganze Brauerei ist umgeben von Wald, also wir sind mitten im Wald. Nur nach Norden raus können wir ein bisschen gucken, da geht’s dann runter in die norddeutsche Tiefebene. Aber ansonsten befindet sich die Brauerei mitten im Wald. Wir haben diese Brauerei teilweise in Steilhänge hineingebaut, also wir haben wirklich Felswände und Höhlen am Brauereihof. Wir sind ein traditionelles Unternehmen, wir sind eine Familienbrauerei seit 1842, befinden uns jetzt mit der Brauerei in der sechsten Generation. Geleitet wird das ganze Ding von Christoph Barre, das ist der Chef, also der Name ist Programm. Darum heißt die Barre Brauerei Barre Brauerei. Das ist nicht nach einer Stadt oder so genannt, sondern nach der Familie, die sie seit Anfang an geführt hat. Wir haben eine bewegte und eindrucksvolle Geschichte. Meine Wenigkeit ist seit langer Zeit, also über 27 Jahre als Brauer da. Ich bin da der Bierkönig, ich bin der Mann fürs Historische. Mache aber auch als Brauer Bernhard dort Führungen. Wir haben ein wunderschönes Brauereimuseum. Wenn denn die Läden mal wieder öffnen dürfen und auch vor allem die Gastronomie, dann möchte ich gern möglichst viele Leute herzlich willkommen heißen, sich unsere Brauerei und das Museum anzuschauen und mit mir quasi ein Bier zu trinken. Das wäre ganz großartig.

Holger: Wer jetzt noch nicht auch Google nachgeguckt hat, wo Lübbecke ist, dem ist auch nicht zu helfen. Also wunderbar, das könnte ein Tourismusbüro nicht besser formuliert haben.

Markus: Absolut! Ich habe …

Holger: Markus, entschuldige bitte, mein Gott, also du trinkst ja auch nichts, klar. Ich meine, Pils ist nicht dein Bierstil. Da hast du jetzt wieder nichts zu tun. Also dann los (unv. #00:08:55.0#)

Markus: Na ja, was heißt hier nichts? Ich habe halt mein Glas schon leer und habe mir gedacht, ich hebe mir das Restvolumen eher für die anderen Biere auf. Aber ich habe gerade noch eine andere Idee. Jetzt reden wir gerade von Sven und Barre und so, aber du warst auch vor deinen 27 Barre-Jahren schon da. Wie ist das denn passiert? Bist du aus dem Mutterleib gefallen und warst ein Brauer? Oder wann hat dich diese Erkenntnis ereilt und wie bist du da so dazu gekommen?

Sven Bleiber: Es gibt tatsächlich Menschen, die behaupten, ich müsste eigentlich mit einem Bierfass oder aus einem Bierfass geboren sein. Das möchte ich allerdings abstreiten, ich kenne meine Mutter sehr gut. Aber es ist wirklich so, es gab in meiner neunten Klasse ein Praktikum, und es gab bei uns im Ort, wo ich aufgewachsen bin, ich bin aufgewachsen in der Nähe von Münster, in Steinfurt, heißt das heute. Früher sagte man noch Borghorst, das ist der Ortsteil von Steinfurt. Dort bin ich aufgewachsen, und das Haus meiner Oma war vielleicht so Luftlinie 2000 Meter von der Brauerei weg. Und wenn der Wind richtig stand, dann konnte man riechen, wenn in der Brauerei gemaischt wurde, wenn in der Würzepfanne der Hopfen dazugegeben wurde. Und das konnte ich riechen. Das fand ich schon als Zweijähriger, Dreijähriger, wo ich dann da ganz viel war und auch später danach, immer einen sehr angenehmen Geruch. Dann habe ich gesagt, Mensch, ich wollte ganz gerne was mit Naturwissenschaften machen nach der Schule und habe mich dann zu einem Praktikum halt in einer Brauerei entschlossen. Und dann habe ich gesehen, also Laborant und so, das ist vielleicht dann doch nicht so mein Job. Ich wollte aber gerne in dieser Brauerei arbeiten, weil da waren so viele positiv bekloppte Menschen, im positivsten aller sinne, so dass ich in der Brauerei Rolinck, im schönen Burgsteinfurt, meine Ausbildung gemacht habe dann anschließend. Und von da aus habe ich dann einen Miniabstecher für acht Monate in die Nähe von Rheda-Wiedenbrück zur Hohenfelder Brauerei gemacht, auch wieder ein kleines familiäres, mittelständisches Unternehmen. Und von da aus hat es mich dann zur Brauerei Barre schon verschlagen. Also das ist schon eine ganze Weile her.

Markus: Also wirklich gradlinig. Okay! Holger, jetzt können wir auch gerne ein weiteres Bierchen machen. Oder hast du noch eine Frage?

Holger: Ich würde jetzt sagen, zweites Bierchen, und dann würde ich mal meine Frage platzieren.

Sven Bleiber: Zweites Bierchen, da würde ich euch ganz gerne, und jetzt komme ich gerade dem Markus, denk ich mal, entgegen, zweites Bier würde ich ganz gerne …

Holger: Kellerbier.

Sven Bleiber: … das Keller 1842 ins Glas zaubern, weil ich glaube, das ist dem Markus dann doch lieber.

Markus: Okay! Dann machen wir das mal auf.

Holger: Da hängt natürlich auch immer die Messlatte hoch. Also er hält sich ja für einen Kellerbier-Kenner. Da können wir ihn das gleich auch mal beschreiben lassen. Aber toll, ist ja 1842 Gründungsjahr der Brauerei.

Sven Bleiber: Genau!

Holger: Und nur für die, die es nicht wissen, der Verbrennungsmotor, also der Ottomotor, den gab‘s glaube ich schon, aber natürlich das Automobil noch nicht. Also Carl Benz hatte es noch nicht erfunden. Aber es gab den Hafermotor, den gab‘s schon.

Sven Bleiber: Den gab’s.

Holger: Und den habt ihr auch. Da habe ich doch in der Anmoderation schon gesagt, das sind meine beiden Lieblingskollegen bei euch in der Brauerei. Erzähl doch mal, wie das da ist mit dem Hafermotor bei euch in der Brauerei.

Sven Bleiber: Wir sind, meines Wissens nach, die letzte Brauerei in Norddeutschland, die noch regelmäßig mit dem Hafermotor ausfährt. Zu Deutsch, wir haben eine Bierkutsche, und diese Bierkutsche ist nicht nur für Festivitäten und reine Dekoration, sondern diese Bierkutsche fährt regelmäßig freitags, also sobald jetzt die Gastronomien wieder aufmachen. Im Moment stehen die beiden Gäule ein bisschen gelangweilt im Stall, muss man sagen, aber sie haben halt einen schönen Paddock und können dann hinausschauen auf die Brauerei. Sie stehen leicht erhöht. Wenn man also bei uns die B 239 runterfährt und den Blick so ein bisschen also auf Lübbecke zu und den Blick so ein bisschen links schwenken lässt, dann haben die einen sehr schönen Stall, so ein bisschen am Hang. Und dort stehen dann unsere beiden Brauereipferde, die unseren Bierwagen quasi ziehen. Also die Pferde sind natürlich der Hafermotor. Und diese beiden Brauereipferde, Gustav und Alfred, die sind bei uns schon ewig lange. Wir haben diese quasi übernommen aus der früheren Zeit, als noch immer mit Pferden ausgefahren wurde, haben wir diese Tradition uns erhalten und gerettet. Wir mögen das sehr, sehr gerne und fahren und versorgen unsere Gastronomen im Ort dann freitags immer mit dem Bier. Das ist immer ein großes Highlight, wenn die Kutsche dann durch die Innenstadt fährt. Das ist natürlich großartig.

Holger: Und auch zu jeder Jahreszeit, bei jedem Wetter, oder wie ist das?

Sven Bleiber: Es ist natürlich wetterbedingt immer so ein bisschen, also ich sag mal bei Glatteis, wenn sich so ein Pferd, was irgendwo zwischen 800 und 1000 Kilo wiegt, wenn das ins Rutschen kommt, das rutscht. Darum sind wir natürlich bei Glatteis oder so da ein bisschen vorsichtig. Wir schauen uns also schon die Straßenverhältnisse an. Aber ob das regnet oder ob die Sonne scheint, spielt eigentlich keine Rolle, also die müssen raus dann. Die müssen auch arbeiten. Das sind auch Kaltblüter, westfälisch Kaltblut, und die müssen arbeiten, sonst sind die auch nicht zufrieden.

Holger: Sehr schön!

Markus: Also habt ihr eure Pferdeliebe langsam ausgelebt und können wir zum Bier kommen, oder wollt ihr noch ein bisschen philosophieren und (unv. #00:13:43.3#)

Sven Bleiber: Also wegen meiner können wir gerne zum Bier kommen. Ich weiß nicht, was ihr gerade für Vorstellungen habt beim Bier, wer auf Pferden reitet und was er anhat und so, keine Ahnung.

Holger: Das ist ein Ignorant, ein Ignorant. Aber komm, jetzt erzähl schon übers Kellerbier da.

Markus: Also echt, ich meine, erst kündigst du es an und dann muss ich hier so lange warten. Also ganz toll! Also ein sehr, sehr schönes tolles Kellerbier. Was mir gleich am Anfang aufgefallen ist, es hat einen richtig schönen Geruch, so schön heuige Aromen, grasige Aromen. Dann hat man richtig viel Schaum, also ein richtig ordentlicher, schöner stehender und leicht getönter Schaum. Und drunter hat man dann so einen wirklichen Sonnenuntergang, könnte man sagen. Also ein schönes, leuchtendes Goldorange, leicht trüb. Und wenn man das dann trinkt, dann ist das total weich und mild und ein richtig schöner Abgang, ganz rund. Also jetzt sehr gaumenschmeichelnd und natürlich ein großer Gegensatz zu dem Pils. Und in der Tat, da bin ich jetzt schon wieder ein bisschen mehr zu Hause. Wobei, wie gesagt, mir das andere durchaus auch geschmeckt hat. Kellerbier 1842 heißt auch, dass es tatsächlich irgendwas mit einem historischen Rezept zu tun hat, oder ist das jetzt eher so, dass man sagt, man nimmt halt einfach Bezug auf das Gründungsjahr sozusagen?

Sven Bleiber: Genau! Das ist eher ein Bezugnehmen auf das Gründungsjahr der Brauerei. Ein historisches Rezept steht nicht dahinter. Wir haben uns natürlich, als wir dieses Kellerbier entwickelt haben, also wir wollten was Naturtrübes und wir wollten auch, was ein bisschen milder ist, was vielleicht auch so einem Markus Raupach ein bisschen besser schmeckt als unser Pils. Da waren wir natürlich dann so ein bisschen am Überlegen und haben tatsächlich nicht einfach nur, weil wir gesagt haben, oh, wir brauchen jetzt ein naturtrübes im Programm, wir füllen einfach unser Pils in Naturtrüb ab. Das war uns zu einfach. Man kann immer einfache Wege gehen und man kann richtige Wege gehen, und da war es uns lieber, einen richtigen Weg zu gehen und ein neues Bier quasi zu erschaffen mit einer schönen milden Würze, mit einem schönen Malzkörper. Ich muss natürlich sagen, seitdem es dieses Kellerbier gibt, wir haben es letztes Jahr zum ersten Lockdown rausgebracht, weil wir gesagt haben, jetzt haben wir es fertig, jetzt bringen wir es auch in die Flasche, weil wir natürlich auch nicht wussten, wie lange dieser ganze Spaß noch geht. Das Bier hat es geschafft, innerhalb von einem guten halben Jahr quasi die Top 2 unserer verkauften Biere zu werden. Also es ist insgesamt sehr, sehr, sehr gut angenommen worden. Ich persönlich muss auch sagen, dass ich ganz schön beim Markus bin auch, das Kellerbier ist bei mir immer zu Hause. Also ich habe immer eine Kiste Kellerbier. Man hat immer so ein bisschen das Problem, dass man nicht genau weiß, wie man seinen Haustrunk jetzt aufteilen soll, weil man hat auch ein bisschen mehr davon. Aber man hat auch 15 verschiedene Biere im Portfolio, die man sich zu Hause hinstellen könnte. Das Kellerbier hat echt den Einzug in meinem Haushalt gehalten und ich trinke es wahnsinnig gerne.

Markus: Na, also das hört man doch total gerne. Und Zyniker könnten natürlich sagen, jetzt habt ihr 170 Jahre gebraucht, um endlich auf einen vernünftigen Bierstil zu kommen. Aber das ist natürlich Quatsch. Nein, aber es ist wirklich ein ganz tolles Bier und da kann man euch nur beglückwünschen. Und ich glaube, es ist auch gerade in der jetzigen Zeit ganz wichtig, sowas zu haben, weil glaube ich die Leute jetzt auch ganz gerne so ein schönes, harmonisches rundes Bier haben wollen, was sie zum Beispiel auch zu jedem Biergarten-Essen, ob es jetzt der Wurstsalat ist oder irgendwie eine schöne Platte mit Käse oder so, das ist einfach ein tolles schönes Bier. Und was mir wirklich am allerbesten gefällt, ist dieses Weiche, Runde, das Mundgefühl, das ist wirklich ein tolles Bier. Also ganz großes Kino. Oder Holger, was sagst du?

Holger: Unbedingt! Mir hat das Pils auch wahnsinnig gut geschmeckt, weil es eben Ecken und Kanten hat und eben noch eine schöne Bittere hat, wie sich das in meinen Augen für ein Pils auch gehört. Aber hier haben wir jetzt einen ganz tollen Vertreter dieses Bierstils Kellerbier. Und mir gefallen besonders auch so die Karamellaromen. Also es sind so deutliche Karamellaromen da, finde ich. Und was ich auch noch mal sagen muss, ist auch das Etikett. Also die Gestaltung des Etiketts und so, und dann auch in dieser 0,33er Flasche, das macht Lust einfach, das Bierchen mitzunehmen und mal zu verkosten. Das habt ihr wirklich gut gemacht.

Sven Bleiber: Herzlichen Dank! Es ist auch, wie gesagt, etwas, was mir wahnsinnig viel Spaß bereitet. Also wirklich auch das Etikett, weil es einfach auch so ein bisschen von unseren normalen Etiketten abweicht, weil es ein bisschen mehr Bezug zum Bier hat, sage ich mal, zu dem Bier, was auch in der Flasche ist. Und das Bier kommt halt wirklich so eins zu eins aus dem Tank und dann geht’s in die Flasche. Also wir füllen es direkt ab.

Holger: Und daher kommt …

Sven Bleiber: Daher kommt auch diese schöne Karbonisierung, einfach weil das viel Gärungskohlensäure ist. Da merkt man einfach auch, das ist ein bisschen anders eingebaut.

Holger: Sehr angenehm ist das. Also das ist das Mundgefühl, von dem der Markus auch schon gesprochen hat. Und auch so dieses Naturtrübe und so, wirklich toll. Das verstehe ich gut, dass die Leute dieses Bier sehr gut angenommen haben. Auf jeden Fall.

Markus: Deswegen ist es jetzt auch schon leer. Also deswegen (unv. #00:18:11.5#) mal ein weiteres in Angriff nehmen.

Sven Bleiber: Jetzt würde ich sozusagen zu unserem geschichtlichsten Bier, also das Bier mit der größten Geschichte. Also hier muss ich echt gleich aufpassen, dass ich nicht zu weit aushole und nur so ein bisschen stichpunktartig das Ganze zusammenfasse. Weil ansonsten sprenge ich unseren Zeitrahmen. Denn ich möchte nun zum Louis Barre Imperial, einem Lagerbier kommen, was ich finde sehr besonders ist. Vor allem für unsere doch eher traditionelle, klassische Mittelstandsbrauerei, sage ich mal. Wir sind sehr traditionsbewusst und daher ist dieses Bier schon etwas sehr Besonderes.

Markus: Na, wenn schon Imperial draufsteht, oder Holger, da muss man Respekt haben.

Holger: Auf jeden Fall! Jetzt müssen wir natürlich auch noch mal klären, Louis Barre, also ist wahrscheinlich auch so eine historische Person.

Sven Bleiber: Genau! Das würde ich gerne, ich werde das auch gleich tun, aber ich weiß, dass der Markus, wenn ich jetzt anfange zu reden und wir haben vorher das Bier nicht verkostet, dann fängt der Markus wieder das Schimpfen an.

Markus: Genau!

Sven Bleiber: Da wir das nicht wollen, würde ich ganz gerne erst einmal das Bier kurz besprechen und dann, wenn man dann was im Glas hat, das bespricht sich dann auch nicht so trocken.

Holger: Die Moderation habe ich und deshalb, Sven, wir beide können genau absprechen, was wir wollen. Und der Oberfranke, der macht dann mit, dafür sorge ich schon.

Markus: Unglaublich! Unglaublich!

Sven Bleiber: Ich würde es trotzdem ganz gerne erst (unv. #00:19:33.1#)

Holger: Auf jeden Fall!

Sven Bleiber: Nicht nur wegen dem Markus, sondern auch, weil es wirklich schöner ist, wenn wir erst was zum Bier gehört haben. Also wir haben hier, wie ich schon sagte, ein Lagerbier. Ich erzähle ein bisschen was zur Brauart und dann könnt ihr gerne ein bisschen was dazu sagen, wie es bei euch so ankommt. Lagerbier, von dem Farbton her, haben wir hier wirklich so ein schönes Altgold, würde ich sagen. Wir haben einen weißen feinporigen Schaum. Wir haben ein Bier gebraut mit vier verschiedenen Malzen. Das ist tatsächlich Pilsener Malz, das ist Münchner Malz und zwei verschiedene Karamellmalze, Kara „Pils“ und Kara „Hell“. Diese beiden Malze sorgen für diese Vollmundigkeit, die dieses Bier hat. Da haben wir ein bisschen uns versucht an einem historischen „Vorbild“ – sage ich mal in Anführungsstrichen – zu orientieren. Dazu kommt dann wirklich viel Aufwand bei der Hopfengabe. Also als Hopfensorten haben wir die Hallertauer Perle. Die geben wir in zwei Chargen, also beim Kochen einmal zu Anfang für die Bittere, einmal zum Ende, dass wir auch noch ein bisschen Hopfenaroma reinkriegen. Und dann geben wir nochmal einen speziellen Hopfen, einen Hallertauer Saphir-Hopfen, der ganz besondere Noten nochmal ins Bier bringt. Was das für welche sind, hören wir gleich. Denen geben wir aber dann erst als Whirlpool-Gabe, sprich, nach der Kochung, wenn das Kochen schon durch ist, die Würze aber noch heiß ist, dann geben wir diesen Hopfen dazu, und der sorgt dann quasi für die Aromatisierung des Bieres. Und jetzt würde ich sagen, nehmen wir mal einen Schluck.

Holger: Prost!

Markus: All voll, sage ich da.

Sven Bleiber: All voll, sage ich da.

Holger: Prost!

Sven Bleiber: Da bin ich ganz bei dir.

Holger: Das ist jetzt ein Bier, wenn ich jetzt hier raus auf die Straße gehe und würde jetzt halt irgendeinen Münchner reinbitten und sagen, magst du ein Bier, und ich würde ihm das halt anbieten, dann wäre der zufrieden. Das ist schon fast süß.

Sven Bleiber: Das ist, glaube ich, eigentlich nur diese Vollmundigkeit. Das kommt durch diese Malze, durch diese Malzigkeit kommt dieser süße Eindruck. Und dadurch, dass die Bittere nicht im Vordergrund steht, sondern hier wirklich das Hopfenaroma, was in der Nase ist, das steht im Vordergrund. Und hier haben wir wirklich ganz schöne Hopfenaromen, wie ich finde. Da haben wir wirklich so ein bisschen zitronige, ein bisschen blumige Noten. Im Hintergrund haben wir ein bisschen dieses Grasige. Ich finde das schon sehr, sehr cool. Also das ist ein tolles Sommerbier, wie ich finde.

Markus: Ich weiß nicht, ob ihr euch erinnert, aber das erste Schneider TAP5, das war auch total geprägt von Saphir. Und das erinnert mich total, oder andersrum, das Louis Barre Imperial erinnert mich jetzt total an dieses erste TAP5. Das war damals so was ganz Neues. Und in diesem Weizen-Doppelbock war dann auch die Plattform so schön für den Hopfen, für das Hopfenaroma.

Sven Bleiber: Ja, das stimmt.

Markus: Und das vergisst man dann nicht mehr. Jetzt muss ich wirklich sagen, dass ich das wieder habe, das ist richtig intensiv, richtig schön, und das gibt dem Bier wirklich eine ganz besondere Note, die es auch ganz klar anders macht als alle anderen, die man so kennt. Also wirklich toll.

Sven Bleiber: Der Gedankengang dahinter war so ein bisschen, wir wollten ein Bier machen, was nicht zu sehr, ich sag mal, craftig ist, was nicht zu sehr in die Craftbier-Richtung geht, wo man einfach auch mal mehr als auch nur eine oder zwei Flaschen von trinken kann, wenn man das möchte. Das ist einfach dabei rausgekommen bei diesem Versuch sozusagen. Ja, das ist so ein Spezialbier, was wir haben. Weil wir sind halt keine Craftbier-Brauerei. Wir sind nicht eine Craftbier-Brauerei, die sich jetzt sofort jedem Trend anpassen kann, sondern wir sind halt ein klassisches Familienunternehmen und da ist halt sowas bei rausgekommen. Ich persönlich trinke es total gerne. Also das schon ein schönes Bier, wie ich finde, und hat eine tolle Geschichte. Und da komme ich jetzt gleich drauf. Und zwar ist es so, dieser Louis Barre, da wollten wir eben schon drauf kommen, dieser Louis Barre, das ist der älteste Sohn des Firmengründers gewesen, von Ernst Johann. Der war so ein bisschen Brauer wider Willen. Also eigentlich sollte der jüngere Bruder die Sache in die Hand nehmen, der hat es aber vergeigt, und dann musste Louis quasi nach seinem Studium, nach seinem Chemiestudium, der ist eigentlich Chemiker gewesen, nach seinem Chemiestudium zurückkommen in die Brauerei und musste quasi dann die Kohlen aus dem Feuer holen, wie man so schön sagt, und hat dann die Brauerei übernommen. Ich versuch mal, die Geschichte wirklich komprimiert zusammen zu bringen. Der hat das Bierbrauen revolutioniert. Der hat eine junge Dame kennengelernt, und diese junge Dame war die Nichte von Johann Georg Poppe. Den kennt so kein Mensch, aber seine Produkte sozusagen kennen die meisten. In Bremen gibt’s dieses Verwaltungsgebäude vom Norddeutschen Lloyd und Johann Georg Poppe war Architekt und Chefberater der größten deutschen Schifffahrtslinie der damaligen Zeit und vom Norddeutschen Lloyd. Und der hat unter anderem dieses Verwaltungsgebäude entworfen und bauen lassen. Auch etliche Schiffe, die damals gefahren sind. Also da ist dann das Thema Auswanderer-Welle, die dann von Deutschland, aus ganz Europa nach Amerika ausgewandert sind. In der Zeit befinden wir uns. Und da hat Louis Barre es über diese Verbindung geschafft, unser Barre Bier auf den Dampfern des Norddeutschen Lloyds zu installieren als Bier und auch quasi zu exportieren eigentlich in die ganze damalige Welt, die irgendwie eine Rolle spielt. Also da ist Asien, da ist Südamerika, da ist aber auch, ganz großes Ding war Nordamerika. Das war nicht ganz einfach, weil wenn man sich überlegt, 1880 sage ich mal rum, die Haltbarkeit vom Bier lag irgendwo zwischen 8 und 14 Tagen Und das jetzt hinzukriegen, ein Bier so haltbar zu machen. Und ein Brauer wäre wahrscheinlich dahintergekommen, aber der gute Louis als Chemiker hat das ein bisschen anders geguckt. Dr. Carl Linde hat 1876 diese Kältemaschine entwickelt und wir waren die dritte Brauerei nach der Dreher Brauerei in Triest und nach der Spaten Brauerei in München war die Barre Brauerei die dritte Brauerei, die eine Kältemaschine ihr Eigen nannte. Und wir konnten dann ganzjährig gleichmäßig kalt lagern. Durch diese Kaltlagerung bekam das Bier, sage ich mal, eine höhere Qualität von Grund auf. Und anschließend, nach dieser Lagerung, hat der gute Louis Barre das Ganze abfüllen lassen in 0,75er Champagnerflaschen. Sekt gab‘s damals noch nicht, das waren alles Champagnerflaschen. Bierflaschen gab‘s auch in großer Stückzahl noch nicht, aber Champagnerflaschen gab’s halt. Diese Champagnerflaschen wurden dann so ganz klassisch mit einem Naturkorken, mit Agraffe versehen. So kamen die dann in große Holztröge und dann wurden diese Champagnerflaschen in 80 Grad heißem Wasser gebadet. Also er hat sie pasteurisiert, – für die damalige Zeit war das ein absolutes Novum – um die Haltbarkeit hinzukriegen. Und dann nach dem Pasteurisieren wurden sie mit Etikett versorgt, mit Siegelwachs wurde quasi dann der Korken nochmal versiegelt zusätzlich. Dann gingen diese Flaschen per Pferdefuhrwerk und Zug und Schiff rund um die ganze Welt. Also New York, und wir sprechen wirklich von massiven Mengen, also wir sprechen von 300.000 bis 500.000 Flaschen jährlich. Das war ein Geschäft, was wirklich wahnsinnig gut funktioniert hat, auch für die Brauerei. Das war alles wirklich tutti. Gipfelte dann leider im Beginn sozusagen des Ersten Weltkrieges, 1914 haben die Engländer den Laden dichtgemacht, haben gesagt, hier kommst du nicht durch, und dann war Feierabend. Und dann ist innerhalb von nur vier Jahren der Umsatz der Brauerei um 80 % eingebrochen. Das gipfelte darin, dass der gute Louis Barre sich sozusagen die Kugel gegeben hat, und zwar keine goldene von Ferrero.

Holger: Manometer! Also dir könnte man auch stundenlang zuhören. Und das ist ja das, was den Biersommelier ausmacht, einfach die Biere mit Geschichte zu verbinden. Ich muss jetzt nochmal ganz kurz zurückspringen ins Jahr 1842. Das haben wir gar nicht erwähnt. Da war was ganz Besonderes. Und das ist mir jetzt so gekommen, wo ich dir zugehört habe. Josef Groll hat in Pilsen das Pils erfunden, im Jahre 1842.

Sven Bleiber: Richtig!

Holger: Das haben wir gar nicht erwähnt. Das müssen wir unbedingt noch machen.

Sven Bleiber: Genau! Es ist so, 1842 war tatsächlich zufällig das Gründungsjahr der Brauerei und das Erfindungsjahr sozusagen des Pils.

Holger: Aber natürlich ein Bayer, wenn ich das kurz sagen darf, aus Vilshofen, der eben 1838 dann in Pilsen begonnen hat und 1842 das Rezept entwickelt hat. Der gute Josef. Wollen wir denn noch eins weitergehen?

Sven Bleiber: Ich würde dann tatsächlich nun zum Maibock, also wir sind natürlich in der passenden Zeit, und ich würde zum Maibock übergehen. Jetzt kommt das erste Starkbier tatsächlich.

Holger: Steht auch drauf. Also direkt am Halsetikett steht drauf „Starkbier“.

Markus: Das hat uns unser lieber Kollege Meinhard auch empfohlen. Hat gesagt, wenn ihr Barre trinkt, dann unbedingt den Maibock. Also bin ich mal gespannt.

Sven Bleiber: Wir haben einen schönen schlanken Maibock. Wir haben hier nicht so was Mastiges, sondern einen relativ schlanken Maibock, einen filtrierten Maibock mit einer Stammwürze, in einer Würzepfanne, so von 17,2 etwa und einem Alkoholgehalt, der so etwas, also ich sag mal, 6,9 steht drauf, meistens sind wir so bei 7,1, 7,2. Das kann immer mal ein bisschen abweichen. Bier, darf man nicht vergessen, ist ein Naturprodukt, und man kann die Hefe nicht immer so mit der Peitsche dahinterstehen und sagen, Hefe, tue dies, Hefe, tue das, man muss die Bedingungen schaffen. Und manchmal macht die Hefe ein bisschen mehr als sie soll. In diesem Fall haben wir 3 % Restextrakt, sprich, Restzucker. Das ist eine relativ angenehme Süße. Wir haben hier einen, ich würde wirklich schon sagen, also wirklich einen richtig goldenen Ton, richtig dunkles Gold, mit einem schönen, vielleicht sogar leicht eingefärbten Schaum, feinporig, anhaftend. Und in der Nase, ist der Klassiker, ein bisschen grasig, und Honig eindeutig im Vordergrund.

Holger: Markus, das ist doch ein Bier, das dir gut schmeckt. Da bin ich ganz sicher.

Markus: Ja, auf jeden Fall! Sagen wir mal so, wenn es jetzt noch ein dunkler Bock wäre, dann wäre ich ganz im Himmel, aber ich bin kurz davor. Also so auf Wolke Sieben vielleicht. Auch das Etikett vermittelt einem schon so ein bisschen, das kommt so unschuldig daher, das ist so hellgrün, dann steht da so ein bisschen (unv. #00:28:42.1# launig?) Maibock drauf. Unten drunter sind fünf Blümchen, blau, rot, weiß und gelb. Und siehst du, ich habe fünf gesagt, das sind eigentlich nur vier. Er wirkt schon. Es ist wirklich ganz nett und brav. Und dann kommt dieses Bier und schmeißt sich auch so rein in den Gaumen, man schluckt es so runter und freut sich. Und erst so danach merkt man, okay gut, da war doch ein bisschen mehr Gehalt drin. Der kommt dann und wärmt und gibt einem dann so ein richtig schönes Gefühl. Und dann hat man auch wieder Lust auf den nächsten Schluck. Also ein tolles Bier, ein sehr rundes Bier wieder, auch ein sehr weiches Bier. Und wie du schon sagst, mit der Restsüße genau richtig eingestellt, so dass es nicht so mastig ist, aber eben sehr angenehm, sehr weich und sehr, sehr schön schmeichelnd so ein bisschen, wenn man das trinkt. Also muss ich dem Meinhard sagen, hat er uns gut empfohlen, ist ein tolles Bier, kann man auch nur weiterempfehlen. Sehr schön!

Sven Bleiber: Das ist immer ein echtes Highlight, wenn wir unseren Maibock machen. Den gibt’s einmal im Jahr. Der ist jedes Jahr auch ein bisschen anders. Weil wie gesagt, Hefe, man kann es nicht so hundertprozentig programmieren. Wir wissen, woran wir uns langhangeln müssen, aber er variiert immer so ein bisschen. Und dann kommen immer schon die Maibock-Süchtigen, sage ich mal, die kommen immer schon. Weil einbrauen tun wir den im Dezember, und die kommen dann aber schon, also spätestens Anfang Januar sind die dann schon da und wollen den ersten Maibock am besten aus dem Tank zwickeln. Also da sind die ganz heiß drauf.

Markus: Da wäre ich allerdings auch dabei, gar kein Thema. Apropos Tank zwickeln und heiß drauf. Du machst auch so Feuershows und Feuerspucken und solche Dinge. Wie kam man denn da dazu und wie überlebt man das?

Sven Bleiber: Ich bin relativ vielseitig interessiert und habe lange Jahre wirklich intensivste Mittelalter gemacht. Inzwischen hat das Bier so ein bisschen die Oberhand gewonnen, habe auch Ritteressen moderiert und diese ganzen Geschichten. Und dann kam es irgendwann, dass auf einem Mittelaltermarkt eine Feuershow ausgefallen ist. Dann hat der Veranstalter gefragt, wer kann eine Fackel schwingen? Dann kriegte ich so einen Fackelschwing-Ding in die Hand und dann habe ich das erste Mal eine Fackel geschwungen und fand das ganz großartig. Von da hat es sich dann entwickelt, dass ich angefangen habe, mit Feuer zu spielen. Man überlebt das, indem man sehr vorsichtig ist und großen Respekt vor diesen ganzen Spielzeugen hat, und vor allem von dem Feuer, was an (unv. #00:30:38.7#) Ende halt brennt. Ich spucke auch Feuer, auch das geht nur mit sehr, sehr viel Respekt und sehr viel Vorsicht. Aber es ist natürlich eine hervorragende Geschichte, ich spiele inzwischen mit meiner Frau zusammen Feuertheater. Das heißt, wir denken uns Theaterstücke aus und ich spreche die ein, die wird mit Musik unterlegt, und was quasi im Theaterstück dargestellt wird, spielen wir mit Feuerwerkzeugen sage ich mal. Da kann eine brennende Sense, da können brennende Schwerter dabei sein und, und, und, und. Also das ist auch eines meiner vielen, vielen, vielen Hobbys.

Markus: Wahnsinn! Jetzt hast du mir meine zweite Frage eigentlich vorweggenommen, weil ich fragen wollte, was dann eine Frau dazu sagt, wenn der Mann anfängt hier mit Feuer zu spielen und sich anzuzünden und so und selber Feuer zu spucken. Dann macht die auch noch mit. Ist ja unglaublich.

Sven Bleiber: Die macht mit. (unv. #00:31:21.6#)

Markus: Das ist wirklich traumhaft. Wahnsinn! Also dann Prost auf dich und deine Frau. Wunderbar!

Sven Bleiber: All voll und herzlichen Dank!

Holger: Auf jeden Fall! Wir müssen auf die Frauen anstoßen, das ist ganz wichtig.

Sven Bleiber: Unbedingt! Also auf Frauen muss man immer anstoßen.

Holger: Ja, unbedingt! Und jetzt, das ist ja der zweite Moment, wo jetzt die Bilder fehlen. Und gebt es einfach ein, Sven Bleiber auf Google und dann auf Bilder und dann wird alles klar.

Markus: Das Tolle ist, deine Kinder, die können sagen, sie sind quasi aus Feuer und Eis geboren. Das ist doch schon schön, oder?

Sven Bleiber: Ja, vor allen Dingen ist es natürlich so, der Kleine ist jetzt in seiner Schule, wenn irgendwann die Kinder anfangen damit anzugeben, was die Papas alle machen, dann kann er irgendwann sagen, und mein Papa, mein Papa ist der König. Dann ist der Drops eigentlich gelutscht.

Markus: Genau, das ist der Ober, der alles sticht sozusagen. Wahnsinn!

Sven Bleiber: Sozusagen!

Markus: Apropos König, du hast vorhin noch vom Bierkönig erzählt?

Sven Bleiber: Ja genau! Also das ist eine alte Tradition, die Tradition gibt’s in der Brauerei Barre seit 1954. Tatsächlich gibt’s das Bierbrunnenfest, also wir sind die Stadt mit dem Bierbrunnen in Lübbecke. Es gibt Mythen, dass es irgendwann einen Zeitpunkt gegeben hat, dass wirklich ein Brunnen aus dem Bier kam. Ich persönlich zweifele das an, aber man weiß es nicht, die Zeitzeugen fehlen mir. Nichtsdestotrotz ist es so, dass wir, wenn nicht gerade Lockdown oder sowas Doofes ist, dann feiern wir in Lübbecke das Bierbrunnenfest, ein riesiges Volksfest, was vor etlichen Jahren mit dem Stadtfest fusioniert ist. Weil man gesagt hat, Mensch komm, warum feiern wir eigentlich zwei Feste und das eine nur auf einem Sonntag, so dass drei Tage kann bei uns gefeiert werden? Also man täuscht sich in den Ostwestfalen gerne, man sagt gerne, sie sind so trocken und so, aber eigentlich feiern die Ostwestfalen ganz schön gerne und ganz schön viel. Und das Bierbrunnenfest, eine herzliche Einladung ist immer so, zweites Wochenende im August, da findet das statt. Und ist, finde ich, eine Riesengaudi und da läuft richtig Bier, ab morgens um 11 ist Anstich und dann wird bis pünktlich 18 Uhr, manchmal wird bis 19 Uhr verlängert, durchgezogen. Das ist ein hartes Stück Arbeit für einen Gambrinus, das könnt ihr mir aber glauben.

Markus: Kann ich mir vorstellen. Apropos …

Holger: Für mich hört sich das eigentlich alles eher an wie Traumjob. Also so richtig Mitleid kann ich eigentlich nicht entwickeln, würde ich sagen.

Sven Bleiber: Ist es auch. Die Leute sagen immer, (unv. #00:33:31.5#) du hast deinen Job und ich habe mir meinen Job selber gebaut, muss ich sagen. Ich habe mich selber irgendwie immer hingestellt und habe gesagt, ja, mache ich, und dann habe ich es gemacht. Ich liebe meinen Job, ich finde, ich habe einen der besten Jobs, die es gibt. Ich bin Biersommelier, ich kann den Leuten was über das älteste Kult- und Kulturgetränk der Welt erzählen. Das muss man ja auch mal so sagen. Und ich kann selbiges Produkt auch noch herstellen. Wir haben eine kleine 50-Liter-Anlage, wo man ein bisschen experimentieren kann, und wir haben natürlich die große Brauerei. Also die Bandbreite, in meinem Job wird es niemals langweilig.

Holger: Herrlich!

Markus: Das ist doch das beste Stichwort für das nächste Bier. Ich freue mich die ganze Zeit schon auf was Dunkles.

Sven Bleiber: Jetzt Markus reibt sich die Hände und jetzt kommen wir nämlich dazu, jetzt kommen wir zum Markus sein, also einem von Markus Lieblingsstilen, ich hole das mal gerade ran, unserer Schwarzen Acht.

Markus: Jo!

Holger: Markus, das hört sich an, als würden wir das immer einspielen, diese Geräusche. Und das müssen wir auch mal sagen, dass wir das nicht tun.

Markus: Nein, machen wir nicht, machen wir nicht. Das ist immer live.

Holger: Das ist echt. Das müssen wir auch mal sagen.

Sven Bleiber: Das ist so. Wir haben jetzt hier die Schwarze Acht im Glas. Die schwarze Acht ist kein Produkt, was ganzjährig im Portfolio der Brauerei Barre ist, sondern die Schwarze Acht ist ein sogenanntes Editionsbier. Wir haben 2015 damit angefangen, Editionsbiere zu brauen. Da möchte ich euch wirklich einladen, mal bei uns auf der Homepage zu gucken. Da könnt ihr euch ein Bild davon machen, wie wir unsere Editionsbiere präsentieren. Wir haben bunte Flaschen, wir haben 0,75er Steingutflaschen mit Bügelverschluss. Die sind relativ aufwändig gestaltet, sind teilweise glasiert. Jetzt haben wir zum ersten Mal ein unglasiertes mit der Schwarzen Acht. Das ist einfach eine schwarze Flasche mit weißer Aufschrift, die Acht befindet sich im Schriftzug. Es heißt Schwarze Acht, weil wir acht Zutaten haben. Wir haben vier verschiedene Malze, dann Wasser, wir haben Hefe, wir haben Hopfen. Und so kommen wir zu einem besonderen Bier. Es ist die achte Edition. Es ist „schwarz“, in Anführungsstrichen. Also wenn man es im Glas hat, ist es eher ein, tja, was würdet ihr sagen, Mahagoni oder eher Kastanie, oder? Gebt mal einen Tipp ab.

Markus: Waldhonig zum Beispiel.

Sven Bleiber: Ja, Waldhonig ist ein super Vergleich. Das passt. Es ist wirklich so, die Farbe vom Waldhonig. Hervorragend, Markus! Der Schaum ist cremefarben, auch da wieder ganz feinporig anhaftendem Schaum. Wir haben natürlich 8 % Alkohol, wie sollte es bei einer Schwarzen Acht sonst sein. Jetzt möchte ich euch einladen, einfach mal ein Schlückchen von diesem schönen Bier zu nehmen, wie ich finde.

Markus: Wird sofort gemacht. Mmh!

Holger: Ich habe es schon gemacht und es ist wieder so ein Raupach-Bier, wo er dann total, also jetzt ist er wahrscheinlich auf Wolke Acht.

Markus: Jetzt bin ich durch die Himmelspforte durch, wobei Wolke Acht natürlich auch schön ist. Und man darf auch nicht vergessen, die Schwarze Acht ist auch die Billardkugel, die man als letzte versenken muss, bevor das Spiel dann zu Ende ist sozusagen.

Sven Bleiber: Genau!

Markus: Also insofern, und so ist das auch ein bisschen. Natürlich ist es ein richtig schönes, intensives malzbetontes Bier, aber es hat auch ganz tolle Fruchtaromen. Und zwar, wenn man an so eine dunkle Kirsche denkt, an so eine Johannesbeere, ja überhaupt, so Beerentöne, Erdbeere vielleicht auch ein bisschen. Und das macht es ganz besonders, auch schon im Geruch, auch schon in der Nase mischt sich das. Und dann kommen noch so ein bisschen Kaffeearomen. Also Wahnsinn! Und dann sehr intensiv, sehr druckvoll kommen die 8 %, das wirkt fast sogar noch stärker, muss ich sagen. Tolles Bier, und eins, was mich da wirklich abholt. Aber auch dann so ein bisschen versenkt, wenn man die ganze Flasche austrinkt. Aber sehr, sehr schön. Also das ist toll und zeigt auch wirklich, dass ihr so eine große Bandbreite habt und auch an diesem Ende eine Antwort habt auf die Frage: Wo ist denn die Schwarze Acht? Da ist sie. Nein, toll! Also wunderbar! Arbeitest du selber an solchen Rezepturen auch mit, oder wie läuft das?

Sven Bleiber: Es ist tatsächlich so, bei der Entwicklung unserer Editionen haben wir so einen Mind Tool. Wir haben mehrere Leute, da ist zum Beispiel mein Sommelier-Kollege Arno (unv. #00:37:27.3# Hüsmann?). Arno ist top Typ, etwas über 30 Jahre alt, ein echtes ostfriesisches Original. Und er hat bei uns schon gelernt, hat dann einen Biersommelier gemacht, hat dann seinen Braumeister gemacht, und hat jetzt einen Braumeister, der seinen wohlverdienten Ruhestand feiert, abgelöst, und ist jetzt sozusagen mein Vorgesetzter. Also vom Lehrling zum Chef, zumindest mein Vorgesetzter halt. Wir sind aber auch Kumpels. Wir setzen uns dann ganz oft zusammen, und dann heißt es immer ganz oft so vom technischen Leiter, dann heißt es, jetzt mach mal, entwickelt mal. Die Geschichte von der Schwarzen Acht ist eine ganz besondere. Und zwar haben wir ein Rezept gefunden, früher gab es bei uns diesen Doppelbock, also es gab früher einen Gambrinus Bock. Jetzt schlagen wir die Brücke zurück zum Gambrinus. Es gab früher in den 60er Jahren, in den 70er Jahren wohl auch noch, ein Gambrinus Bock. Und da ist in alten Unterlagen tatsächlich das Rezept wiederaufgetaucht. Das war das letzte Mal geändert 1965. Da wurde die letzte Änderung eingetragen, dass sie in dem Rezept rumgeschrieben haben. Und ich habe dann dieses Rezept bekommen, so hier, nimm mal. Dann habe ich mir ein Rezeptprogramm dazu geholt und habe dann quasi diesen Gambrinus Bock sozusagen ein bisschen überarbeitet, ein bisschen nivelliert, ich habe hier mit Chocolate Malz gearbeitet und mit einem Kara Aromamalz. Ich wollte das Wuchtiges, ich wollte was, was auch so ein bisschen Dampf hat. Und da Arno tatsächlich in einer Meisterschule war, musste ich mich mit der ganzen Geschichte relativ alleine rumschlagen, habe das dann am Ende mit unserem technischen Leiter, mit Dirk Stapper, den ich auch schon über 30 Jahre kenne, abgeglichen, und dann haben wir es gebraut. So ist dieses Bier entstanden. Also nach einer historischen Vorlage ist diese Schwarze Acht entstanden.

Markus: Wahnsinn! 60 Jahre Biergeschichte. Holger, wie schmeckt‘s dir?

Holger: Ich find‘s mega auch. Und ich muss jetzt schon wirklich aufpassen. Also jetzt hier Maibock, da habe ich mir schon ein halbes Glas von gegönnt und jetzt habe ich schon wieder ein halbes Glas getrunken. Von der Familie ist noch niemand zuhause. Die denken sich dann auch wieder, was hat er jetzt wieder gemacht.

Sven Bleiber: Deinen Job.

Markus: Und das ist auch leider ein irreversibles Ding. Wenn man das mal drin hat, dann ist es drin.

Sven Bleiber: Genau!

Holger: Aber sehr, sehr gut. Also mir schmeckt‘s mega.

Sven Bleiber: Es ist auch ein Bier, was mir wahnsinnig gut gefällt. Also es ist wirklich top. Wir machen, wenn wir jetzt was Neues entwickeln, da steht jetzt wieder die Entwicklung von der nächsten Edition an und wir müssen jetzt wieder tief in uns gehen, weil natürlich auch manchmal ist es von der Produktion her nicht so einfach. Weil wir haben natürlich unsere Tanks und die sind nicht darauf ausgelegt, kleinere Chargen zu produzieren. Das merkt man allein daran, wenn man sieht, im Sudhaus haben wir eine Mindestausschlagmenge, damit das ganze Sudhaus so funktioniert. Die liegt irgendwo bei 180 Hektolitern. Da haben wir aber einen ganz guten Kontrakt, dass wir das Bier, was wir überschüssig haben, auch weiter in dem Umlauf halten, nämlich das meiste davon wird abgebrannt. Also es geht in die Brennerei und die machen einen schönen Bierbrand draus.

Markus: Da sind wir also wieder beim Feuer. Wahnsinn!

Sven Bleiber: Da sind wir beim Feuer.

Markus: Eine Frage vielleicht noch von mir. Jetzt bist du gerade jemand, der davon lebt, mit Menschen zu interagieren. Ich kenne dich ja so und wir haben auch schon viele Veranstaltungen gemeinsam gemacht, und es ist einfach, da ziehst du deine Energie und da bist du auch am besten und das begeistert die Menschen immer. Wie ist das in so einer Zeit? Jetzt sind wir fast ein Jahr mehr oder weniger kontinuierlich im Lockdown oder hatten zumindest erhebliche Einschränkungen, was Veranstaltungen anging. Wie geht’s dir da? Also wie füllst du das wieder auf und wie kompensierst du das und wie ist vielleicht auch deine Vorfreude, wenn wir dann endlich in einem halben Jahr vielleicht wieder loslegen können?

Sven Bleiber: Meine Vorfreude ist wahnsinnig groß. Also mit dem Bier, das geht noch ganz gut. Wir haben tatsächlich im Januar angefangen, regelmäßig Online Tastings zu machen. Und über diese Online Tastings, ich gestalte diese Tastings halt kommunikationsoffen. Zu Deutsch, ich komme zu den Leuten nach Hause ins Wohnzimmer. Das heißt wirklich, ich habe die Leute alle auf meinem Bildschirm, sehe die und die sehen mich die ganze Zeit. Und die können sich jederzeit dazuschalten. Also sie können jederzeit den Kanal aufmachen und mich ansprechen, und ich antwortete dann auf die Fragen, die dann da reinkommen, ganz, ganz offen. Also das ist schon relativ ähnlich einer Besichtigung, wenn auch nicht ganz der Ersatz. Aber das ist eine Sache, die da zumindest als Ersatzdroge hilft. Es ist natürlich so, dass sämtliche Feuershows, sämtliche Mittelalter-Veranstaltungen brechen da weg. Und das ist schon ein bisschen schade. Aber ich habe zum Glück, muss ich sagen, ich habe ein relativ großes Haus mit einem relativ großen Grundstück, wo es immer irgendwas zu tun gibt, wo man immer irgendwas restaurieren oder umbauen oder so kann. Und ich habe zwei wundervolle Kinder, und meine Kleine ist anderthalb, mein großer ist sechseinhalb. Und das sind natürlich zwei Faktoren, die halten einen im Tritt. Abends dann ist man auch froh, wenn man um 21 Uhr dann mal Feierabend hat. Ich entlaste dadurch natürlich ein bisschen meine Frau. Und die setzt sich derweil an die Nähmaschine, was eines ihrer großen Hobbys ist. So sieht das Leben im Hause Bleiber aus. Und das ist eigentlich eine Sache, die auch relativ befriedigend ist. Aber ich freue mich, und das muss ich auch ganz ehrlich sagen, wieder, wenn ich durchstarten kann, wenn ich wieder Leute durch die Brauerei führen kann, wenn ich rausfahren kann zu den Leuten und sie mit unseren Barre-Produkten versorgen kann und mit den vielen Geschichten, die ich zu erzählen weiß rund um das Thema Bier und Brauerei. Aber so, ich komme damit klar. Für mich ist dieses Internetding immer mehr Ersatz geworden. Also wir haben in unserem Brauer-Stammtisch, den wir inzwischen wirklich monatlich abhalten, wo wir dann mal drei Stunden locker zusammensitzen und über Bier quatschen und auch über alles Mögliche, Andere. Also diese sozialen Kontakte, da hat das Internet wirklich eine ganz, ganz wichtige Position eingenommen.

Markus: Ja, das stimmt. Wer weiß, wie es wäre, wenn wir das gar nicht hätten. Holger, du bist immer noch glücklich mit dem Bier? Wie steht‘s bei dir? Wir können ja langsam ein bisschen zum Ende kommen. Was meinst du?

Holger: Am Anfang habe ich gedacht, Mensch, fünf Biere und so, aber jetzt bin ich so an der Ecke, wo ich denke: Scheiße! Wo ist das sechste? Du hast vorhin schon gesagt, also im Haustrunk könnt ihr zwischen 15 Produkten wählen, und jetzt, ja, so langsam, warum ist Lübbecke so weit weg?

Sven Bleiber: Ja. Ich möchte euch hier gerne mal willkommen heißen, also es wäre mir wirklich eine große Vergnüglichkeit, wenn ihr euch mal auf den Weg zu mir machen würdet. Also wir haben sogar schon wirklich hier unsere Sektionstreffen, war letztes Jahr im September, Ende September haben wir Sektionstreffen hier abgehalten von den Biersommeliers, also Westfalen, Münsterland. Und das war auch sehr, sehr schön. Also die Leute haben nicht gedacht, also wir haben Brauerei besichtigt, wir sind in Barres Brauwelt, da durfte sie noch aufhaben, haben wir halt dann gegessen und so. Es war wirklich ganz, ganz großes Kino und hat wirklich mega-viel Spaß gemacht.

Holger: Es ist eine Reise wert. Ja, das glaube ich gerne.

Sven Bleiber: Definitiv!

Markus: Die werden wir auch unternehmen, denke ich mal. Aber so lang dann erstmal vielen lieben Dank, Sven.

Sven Bleiber: War mir eine große Vergnüglichkeit.

Markus: Also das war ganz, ganz toll. Und der erste BierTalk, in dem gesungen wurde, und der erste BierTalk, in dem Holger über Pferde philosophiert hat.

Holger: Na ja, und der erste BierTalk, wo man eigentlich auch gerne Bilder gehabt hätte. Man hätte gerne ihn dann auch singen sehen, nicht nur hören.

Markus: Das stimmt. Aber gut, wir wiederholen das dann mit einer Feuershow live irgendwie als Liveevent, sobald das wieder möglich ist. Also auf jeden Fall spannende Geschichte und toll. Und jetzt muss ich erstmal diese ganzen Biere noch austrinken. Aber wie gesagt, auf jeden Fall vielen, vielen lieben Dank, Sven! Vielen Dank für die Zeit und für die vielen Infos. Und Holger, ich denke, wir haben tolle Biere genossen, oder?

Holger: Unbedingt! Da muss ich jetzt sagen, da gab‘s keinen Ausfall, sondern egal, wer jetzt was gerne möchte, kann sich aus dem Barre Portfolio wunderbar bedienen. Ja, unbedingt! Und der Meinhard hat auch recht gehabt, also der Maibock, Respekt. Also wirklich Respekt.

Sven Bleiber: Mir bleibt in diesem Sinne nur noch eins zu sagen, ihr habt euch wohl oder übel, (unv. #00:44:54.9#). Ich verabscheue mich, eurer Brauer Bernhard. Macht’s gut!

Holger: Mach’s selber gut!

Markus: Wunderbar! Welch Schlusswort. Ciao!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de