BierTalk 129 – Interview II mit Dr. Martin Zarnkow, Brauer, Mälzer und Forscher an der TU München in Weihenstephan

Im zweiten Interview mit Prof. Zarnkow, der seit 26 Jahren in Weihenstephan forscht und lehrt, gehen wir der Geschichte der modernen untergärigen Hefe weiter auf den Grund und sprechen auch über seine spannende „Hefejagd“ auf allen Kontinenten. Thema sind zudem der aktuelle Forschungsstand zur Ursache der Aromen von Hefen und Hopfen, die Wechselwirkung mit Insekten und die sich zunehmend verändernden Umwelteinflüsse bei Rohstoffen und Brauprozess…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute knüpfen wir ein bisschen an einen BierTalk an, den wir vor gut anderthalb Jahren geführt haben, damals ging es um die Hefejäger, also um die Leute, die in der Welt unterwegs sind und sich auf die Suche nach den unentdeckten, unbekannten, irgendwo schlummernden Hefepilzen begeben, mit denen sich vielleicht dann auch gute und spannende Biere brauen lassen. Ja, das waren damals Martin Zarnkow und Mathias Hutzler im Gespräch. Der Martin ist jetzt heute wieder hier, weil wir gesagt haben, wir wollen auf jeden Fall das fortsetzen, wir wollen auf jeden Fall anknüpfen und einfach mal sehen, was sich so für neue Themen ergeben und vielleicht auch andere spannende Themen aus der Wissenschaft, denn er ist ja an der TU München in Weihenstephan. Und, ja, schön, dass du hier bist! Und vielleicht sagst du für alle Leute, die den letzten Talk jetzt nicht ganz präsent haben, nochmal zwei, drei Worte zu dir, Martin.

Martin: Ja, danke, Markus. Also Martin Zarnkow, ich habe einen ganz typischen fränkischen Nachnamen, aber ich komme tatsächlich aus dieser Gegend, ich bin Nürnberger und bin seit 26 Jahren an der TU München in Weihenstephan. Habe Brauen gelernt und natürlich auch das Mälzen habe ich studiert und habe auch da drauf promoviert, das allerdings in Irland bei Elke Arendt in Cork. Beschäftige mich seit 26 Jahren mit der Forschung, wusste nicht, dass das tatsächlich so viel Spaß machen kann. Wollte natürlich, als ich Brauer gelernt habe, eine Brauerei in der Fränkischen Schweiz, wie, ich denke mal, sehr viele andere, die diesen schönen Beruf ergriffen haben. Seit 26 Jahren beschäftige ich mich unter anderem damit, warum Gerste, ja, warum ist unser Bier so wie es ist heute, Gerste-untergärig? Warum ist der Hopfen da drin? Ja, tolles Produkt, Zweifels ohne, aber warum, warum ist das hauptsächliche hergestellte Bier kein Stout und kein irgendwelches Ale oder kein Weißbier, sondern es ist dieses untergärige helle, filtrierte, kühlgetrunkene Lagerbier, eben mit Gerste, Gerstenmalz gemacht, mit Hopfen und mit untergäriger Hefe? Und vor ein paar Jahren kam eben dieser Glücksfall hier zustande, dass ich einen neuen Kollegen bekommen hab, das heißt, ich wurde der neue Kollege von Mathias Hutzler. Und Mathias mit einer ganz tiefen mikrobiologischen Ausbildung gesegnet und wir können also jetzt dann, nachdem ich sehr viel auf diesem Getreidebereich schon geforscht hab, können diese Hefebereich uns genauer angucken und vergessen selbstverständlich den Hopfen bei dem Ganzen nicht. Waren jetzt auch schon einige Male, viele Male unterwegs auf dieser sogenannten Hefejagd. Haben inzwischen einen weiteren Mitstreiter hier im Haus aus Argentinien, Juan, mit dem wir auch schon zusammen in Georgien waren. Und er war auch einer derjenigen, der die Saccharomyses Eubajanus in Argentinien-Patagonien gefunden hat, beschrieben hat, charakterisiert hat. Und sein Fachwissen haben wir eingekauft, ja und er ist jetzt Gastwissenschaftler bei uns, ja. Und wir haben also auch dieses kommende Jahr 24 wieder viel vor. Wir wollen also in einige spezielle Regionen, weil wir immer mehr die Theorien bestätigt sehen, dass wir in Gegenden müssen, die vom Menschen sehr stark unberührt sind, um diese Eltern zu finden, von der untergärigen Hefe. Die Saccharomyses Pastorianus hat Eltern, hat Mama und Papa, wer auch immer was ist, eine davon ist die obergärige Hefe, eine obergärige Hefe, die wir aber noch nicht kennen, die nennt sich also Saccharomyses Cerevisiae und die andere ist eine Saccharomyses Eubajanus. Die, die man bisher gefunden hat, die Eubajanus-Hefen in Patagonien eben, Tibet, Amerika, also USA und jüngst auch in Irland, kommen ran, aber sie sind es sind, ja. Und Mathias und ich, wir haben jetzt noch mit ganz vielen Daten von unserem verstorbenen Freund Franz Meußdoerffer von historischen Daten und mithilfe von genetischem Material, haben wir jetzt eine neue Theorie aufgestellt, wo zumindest diese erfolgreiche Hybridisierung stattgefunden hat. Warum sage ich erfolgreich? Weil man sich auch vorstellen könnte, aber wir sind darüber nicht sicher, dass es so eine Hybridisierung vorher, nachher, vielleicht jetzt sogar immer wieder gegeben hat. Es ist viel Konjunktiv in dem Ganzen, ja. Aber zwischen 1602 und 1615 war ein besonderes Ereignis oder eine besondere Situation, die dazu geführt hat, dass da wohl in dem Hefegemisch etwas entstanden ist, was dann später weltweit verteilt worden ist. Und da kommt auf jeden Fall unsere untergärige Hefe her, die wir heute weltweit so erfolgreich einsetzen.

Markus: Und das ist auch der Punkt, wo der Mensch dann eingegriffen hat sozusagen, also wo er dann diesen Hybriden in irgendeiner Form domestiziert hat, übernommen hat und dann durch die Ausbreitung der Biere, die man damit herstellen kann, ihn auch überall verteilt hat oder, kann man das so sehen?

Martin: Ich denke schon, dass man das so, also auf jeden Fall, was dieses Ereignis betrifft, kann man das so sehen, ja. Also irgendjemand hat das erkannt, dass da etwas, ja, passiert ist oder es hat jemand zumindest erkannt, dass das Produkt, das daraus erfolgt, dem Konsumenten offensichtlich schmeckt, ja. Das ist, also diese Interaktion, die war sicherlich in vielerlei Hinsicht, also nicht nur jetzt bei der Untergärigen beim Lagerbier, sondern bei allen Bieren im Endeffekt. Irgendjemand hat mal wieder was Neues gemacht und der Konsument hat das in die Finger bekommen oder getrunken, probiert und hat dann festgestellt, das schmeckt mir oder auch eben nicht, ja. Also das ist, diese Interaktion, die gab es definitiv. Und diese Interaktion, die fand ja vorher auch schon statt, dass sich Bedingungen geändert haben. Und das war ja eben auch genau in dieser Zeit, dass sich Bedingungen geändert haben. Es war jetzt schon längere Zeit, war es kühler, grade auch in Bayern, denn der Ort, wo das stattgefunden hat, war in München, ja. Und dort hat eben die bayrischen Herzöge oder der Herzog, der hatte ein Hofbräuhaus sich gebaut, weil er eigentlich nicht mehr abhängig sein wollte von den anderen Bieren, die unter anderem in Einbeck hergestellt worden sind, richtig weit weg und aber an den Hof geliefert wurden. Da bin ich immer noch wirklich erstaunt, was die in Einbeck da wohl geleistet haben, was für ein stabiles Produkt sie erzeugt haben. Denn von Einbeck nach München sind so gut wie keine Wasserwege, sondern das wurde auf dem Landweg transportiert. Natürlich, ein paarmal geht schon Wasserweg, aber nicht richtig viel. Weil, unteranderem musst du über die europäische Wasserschiede und zu dem Zeitpunkt war mal wieder kein Projekt fertig, ja und die Straßen waren definitiv schlecht, der Transport war sechs Kilometer pro Stunde, das hat also richtig lang gedauert. Und wir wissen alle, Sauerstoff und schütteln ist bis heute was, was überhaupt nicht gut dem Bier zu Gesicht steht. Es ist erstaunlich, was also hier angekommen sein muss und mit dem sich also die Obrigkeit immer noch äußerst zufrieden gesehen hat. Und, tja, aber da hat er dann eine Entscheidung getroffen, er will das jetzt also alles selber gemacht haben. Hat sich einen Braumeister aus Einbeck geholt, der ziemlich sicher seine Hefe mitgebracht hat und hat noch jemanden geholt, einen anderen Braumeister, nämlich aus der Ortschaft Schwarzach, Schwarzach liegt im Landkreis Bogen in Niederbayern. In Schwarzach war das Geschlecht der Degenberger und die Degenberger haben dieses böhmische Weißbier gebraut. Und das also haben die Herzöge schon verstanden, dass das ein ganz klein wenig die Lizenz zum Geld drucken ist, weil man das auch im Sommer brauen konnte und ein bei den Konsumenten gut ankommendes Produkt herstellen konnte. Und diese zwei unterschiedlichen Braumeister mit ihren unterschiedlichen Technologien, mit ihren unterschiedlichen Hefegemische, das ist jetzt auch ganz wichtig zu verstehen, das waren natürlich keine reinen Hefen, das wurde ja erst 1883 überhaupt erfunden, diese Technik, die kamen dann in diesen 13 Jahren zusammen nach München in dieses Hofbräuhaus. Und das ist dokumentiert, dass man in der Zeit eine kalte und eine warme Gür gemacht hat, ja, also man hat zwei verschiedene Biere hergestellt nach zwei verschiedenen Art und Weisen. Und wir gehen einfach davon aus, dass dort diese Hybridisierung stattfand, wo auch immer was herkam. Denn, strenggenommen haben die Schwarzacher obergärig gebraut und die Einbecker tendenziell zu dem Zeitpunkt. Aber auch das waren ja eben Mischungen und da lagen eventuell Sachen vor, wir haben also da weitere Indizien in diese Richtung. Wir waren in Schwarzach selber, das ist immer noch zu erkennen, was für ein imposantes Schloss das war. Das ist allerdings heute schon lange als Ort umfunktioniert worden, aber es gibt ein ganz großes Gebäude, wo auch heute noch alte Brauanlagen drin sind. Und dort haben wir also wirklich in der letzten Nische in einem Loch in der Wand, rücklinksliegend und mit verlängernden Tupfern, ja, also wir haben tatsächlich auch praktische Handlungen, wir mussten auch zeigen, dass wir praktisch ein bisschen versiert sind, wir haben wirklich in diesem hinterletzten Loch, also diesem Fundloch, haben wir einen ganz spannenden Hefehybrid gefunden. Allerdings eben nicht den, den wir so suchen, also das ist auch ziemlich sicher nicht eines von diesen Mama und Papa, ja. Aber es zeigt, das also da immer noch etwas vorherrscht, was aus dieser Zeit sein könnte und eine Hybridisierung auch hinter sich hatte. Also super spannend, wirklich wahr, das ist mal das eine. Und warum kommen wir auch überhaupt da drauf? Weil einige Zeit später, allerspätestens dann seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, ich mache jetzt einen größeren Zeitsprung, die Brauer sprachen da von der Setzhefe, also das ist diese Hefemischung, dass das also verteilt worden ist an die Freunde vom Sedlmayr, heutige Spaten-Brauerei, ja. Die haben damals nicht in Wettbewerb gedacht, es waren auch keine Heineken oder Carlsberg war ganz sicherlich kein Wettbewerber zu der damaligen Spaten-Brauerei. Und der hat also diese Hefe dann verteilt, unter anderen, und das hat dann Hansen, nachdem er dann auch die Hefereinzucht gemacht hat, hat er es nochmal weitergetrieben. Also wenn man das Pferd von hinten aufzäumt, sprich, von der heutigen Sichtweise, das geht alles wohl auf dieses Ereignis zurück.

Markus: Also ganz, ganz spannende Zeitreise, wo wir jetzt auch schon ein paar Jahrhunderte hin- und herspringen. Ich würde gern an zwei Punkten nochmal einhaken, also einmal dieser Punkt vor 1602 sozusagen, nur, damit wir die Hörern auch nochmal ein bisschen wegnehmen, weil nicht alle ja den letzten Talk gehört haben. Also ihr geht ja im Grunde davon aus, dass es eine primitive untergärige Hefe gegeben haben muss, die in dem Hefe-Cocktail, der in Bayern, Ostbayern da unterwegs war, vielleicht auch Franken und die Brauer dort ihre Biere eben eher kühler vergoren haben und damit in diesem Cocktail diese einfache untergärige Hefe praktisch da eine entscheidende Rolle übernommen hat und damit einfache niedrige alkoholische, untergärig geprägte Biere möglich waren. Im Gegensatz zu denen, die entstanden sind, wenn man das Ganze bei wärmeren Temperaturen vergoren hat, wo dann eben, ich sage mal, der obergärige Anteil in diesem Hefe-Cocktail die Führung übernommen hat, weil einfach aufgrund der Temperaturen die dann die besseren Bedingungen hatten. Also war ich da überhaupt richtig jetzt so weit, kann man das so sagen?

Martin: Ja, ja, hast du gut gemacht, ja. Im Endeffekt war es immer ein Kampf, ja und irgendjemand hat sich dann durchgesetzt und das ist eben eine dieser Interaktionen. In dem Fall hat sich derjenige durchgesetzt, der mit diesen Umgebungskonditionen jetzt besser zurechtgekommen ist, ja. Dazu zählt sehr viel, also auch, ehrlich gesagt, die Behältnisse, aus welchem Material die gemacht worden, waren die drucklos, waren die unter Druck, ja, wie hoch waren diese Behältnisse. Wurde dann später grade bei der Porter-Herstellung in London ganz ausschlaggebend, dass wurden riesige Gefäße, ja und natürlich hat das einen Einfluss. Die Außentemperatur hat einen starken Einfluss und dadurch, dass es kühler geworden ist und man auch aus vielerlei Gründen in diese Keller gegangen ist, wo die Temperatur dann auch lange Zeit gleichbleibend so kühl gehalten werden konnte, da hat sich die untergärige Hefe einfach leichter getan, ja, die kann damit noch arbeiten. 12 Grad Celsius und drunter, damit kann die obergärige Hefe nichts anfangen, ja. Die stirbt da nicht, die können ja ganz andere Temperaturen überleben, aber sie ist nicht aktiv, da muss man ja immer wieder unterscheiden, aber die Untergärige ist da aktiv. Und das Tolle an der ganzen Sache ist, viele andere sogenannte bierschädliche Bakterien wie gewisse Milchsäurebakterien, Essigsäurebakterien und so weiter, die können da nix mit anfangen, ja, diesen kalten Temperaturen, größtenteils. Und somit sind es auch sehr reine Biere geworden, ja. Und das war eben dann dieses andere Interaktionsfeld jetzt zwischen Produzent und dem Konsumenten, ja. Also du hast auch vollkommen richtig gesagt, da waren immer wieder Tendenzen da. Wir sträuben uns komplett bis 1883, von einem reinen untergärigen oder obergärigen Bier zu sprechen, sondern die waren tendenziell in die eine oder andere Richtung. Und wir kommen aus der obergärigen Tendenz und machen dann diesen großen Wechsel im ausgehenden Mittelalter zum Untergärigen, zum professionalisieren, weg von den Frauen als die Bierbrauer, zu den Männern, den neueren Bierbrauern, zum reproduzierbaren Einsatz von Hopfen. Jetzt wird gekocht, es wurde vorher nicht zwangsläufig gekocht, in manchen Regionen überhaupt nicht. Das ist ja immer noch der allergrößte Denkfehler, den sogenannte Brauhistorikerhaben, dass sie aus dem heutigen Gedankenfeld kommen und sagen, ja, Bier brauen muss auch was mit Kochen zu tun haben. Heute ja, aber nicht früher. Das wechselte zu dem Zeitpunkt aber auch, im ausgehenden Mittelalter. Ich spreche da von der ersten großen Revolution, die zweite war dann die Industrialisierung.

Markus: Ich will den Gedanken nochmal ganz kurz weiterspinnen, könnte man dann vielleicht sagen, also wenn wir uns in diese Zeit nochmal reinversetzen, die Münchner holen diesen Einbecker Braumeister der kommt mit seinem Equipment, da ist auch dann Hefe eben mit dabei und kommt an. Dann haben sie vielleicht ja auch schon Braumeister, haben diesen Schwarzacher Braumeister und dann wird Bier gebraut. Und wenn ich jetzt überlege, okay, vielleicht hat man da in München ja zu der Zeit eher schon gesagt, wir versuchen das mal mit diesem eher kühleren Vergären. Und wenn man jetzt dem Einbecker Braumeister sagt: „Pass auf, wir machen es jetzt mal so, wie wir das machen.“ Und dann legen die los und machen dann eben in der kalten Gärung dieses Bier und da ist dann aber natürlich auch die Hefe mit in der Luft schon, die der Einbecker ja auch mitgebacht hat. Und dann ist der dann entstehende Cocktail in diesem Bier und das fängt an zu vergären bei eben kälteren Temperaturen- Und dann wäre ja eigentlich der logische Schluss einer Evolution, dass dann eben die Hybridisierung stattfinden muss, weil ja diese Power-Hefe, die wärmere Temperaturen gewöhnt ist, ja auch arbeiten will, überleben will und über diesen Zusammengang mit der einfachen untergärigen Hefe dann einen Weg gefunden hat, wie das funktioniert. Also könnte man sich das so einfach erklären oder ist das jetzt ein bisschen Küchenlatein?

Martin: Ganz ehrlich, da war ein einziger Knackpunkt nur in deiner Darstellung, aber so kann man sich das tatsächlich vorstellen. Wirklich das Einzige, wovon wir uns ein bisschen entfernen sollten ist, dass die Hefen einfach so durch die Luft schwirren, die Hefen sind zu schwer. Die natürlich, wenn entsprechende Luftzüge sind und so weiter, dann sind die in der Luft. Aber, weißt du, da nur als Beispiel, Brüssel wird ja immer wieder gesagt, die sogenannten Spontanvergärungen, die sind so gut wie nur möglich in Brüssel, weil da also die entsprechenden Mikroorganismen durch die Luft schwirren und flirren. Dem ist nicht so, die Studien gibt es, du findest also fast überhaupt nichts da in der Luft, was also da von Relevanz ist für diese Biere, Hefen sind dafür zu schwer. Aber, und das hast du ja auch gesagt, Transporteure, die Materialien, die wir verwenden, also Rohstoffe, natürlich auch das Werkzeug und, nicht zu vergessen, wir selber, ja. Und jetzt mal ganz ehrlich, wenn du als Braumeister gerufen wirst, um an einem fremden Hof jetzt dann Bier zu brauen und du kannst ziemlich sicher davon ausgehen, nicht so wie in unserer heutigen Zeit, dass du keinen großen Kontakt mehr zu deiner alten Brauerei halten kannst und die können dir nicht schnell mal nochmal irgendwas schicken, dann nimmst du alles mit, was für dich relevant ist. Und da nimmst du auch deine Hefe in irgendeiner Form mit, ja. So, ich stelle mir das so vor, wie mit diesen Kveik-Ringen, ja, das man also die irgendwo drauf tut, trocknen lässt. Sowas haben wir auch in Georgien gesehen, da hat man dann Blätter genommen, um das zu schaffen. Und das nehme ich mit, ja. Ich breche so ab, dass ich, ja, das klingt bitter, aber da komme ich nicht wieder hin, in meine Heimat, somit habe ich alles dabei, also bin auch ich ein wichtiger Transporteur des Ganzen, ja. Und, ja, dann ist da in diesem großen Gebäude oder diesen verschiedenen Gebäuden, insgesamt sind es ja mehrere gewesen, waren halt da verschiedene Bedingungen und dann sind halt da Sachen zusammengekommen, die vorher noch nie zusammen waren. Und dann haben die in diesen katholischen Landen unerlaubten Sex gemacht. Das ist ja unglaublich, ja.

Markus: Wahnsinn! Also das lassen wir jetzt hier mal so stehen, aber es war in Bayern, in München, im Erzbistum … Nein, lassen wir das mal so stehen. Aber auf jeden Fall wirklich, es ist auch sehr, sehr interessant und ich glaube, das ist immer noch nicht das letzte Ende der Fahnenstange. Aber, ich denke mal, das wird ja letzten Endes immer irgendwie passiert sein und auch heute immer noch passieren, dass evolutionäre Prozesse ja irgendwie da sind, also es gibt Hefen und es gibt Weiterentwicklungen und mit jeder neuen Generation gibt es ja wieder Potenzial für Mutation und so. Und wir sehen ja jetzt mit diesem ganzen Trend einerseits auf der Seite mit den ganzen Kveik-Hefen, dann mit den ganzen neuen Hefen, sage ich jetzt mal, mit den unterschiedlichsten Eigenschaften, bis hin zu den alkoholfreien oder alkoholarmen Geschichten oder den Hefen, die dann zum Beispiel Aromen machen, die man normalerweise dem Hopfen zuschreibt und so. Also das ist ja ein ganz großer Kosmos, der sich da jetzt so ein bisschen entwickelt. Und ich kann mir vorstellen, dass wir da eher am Anfang sind, also die Hefe vielleicht so ein bisschen der neue große heiße Scheiß werden kann in der Brauwelt, weil sie vielleicht auch an vielen Stellen Dinge vereinfachen, beschleunigen, vergünstigen oder ersetzen kann. Was vielleicht jetzt auf der anderen Seite, wenn wir eben sehen, was durch den Klimawandel, durch andere Bedingungsveränderungen eben auf der Rohstoffseite zum Beispiel  beim Hopfen nicht mehr möglich ist oder anders möglich ist zumindest, also, ich glaube, da kann sich vieles ändern, wenn die Brauwirtschaft flexibel genug ist. Also da vielleicht noch einen Satz, dann bin ich mal gespannt, was du dazu sagst, aber, ich glaube, wir nehmen ja jetzt eine Braukunst wahr, die wir so seit Mitte des 19. Jahrhunderts haben wie sie jetzt ist und die sich halt so über die letzten 100 Jahre entwickelt hat oder 150 Jahre und jetzt in ihrer Art und Weise ein bisschen am Ende angelangt ist. Also ich vergleiche es immer ein bisschen mit dem Verbrennungsmotor, den man halt auch da entwickelt hat und seitdem immer bessere, immer schnellere entwickelt hat und jetzt irgendwie am Ende der Fahnenstange angelangt ist, wo man halt das nicht mehr weiterentwickeln kann, sondern eigentlich mal einen Schritt zurück machen muss und überlegen muss, okay, wie kann ich denn das ganze Thema mal neudenken, wie kann ich es anders denken, wie kann ich mit anderen Rohstoffen, Materialien, wie auch immer, arbeiten. Und ich könnte mir vorstellen, die Braukunst ist ja auch schon viele 1.000 Jahre alt, da gab es viele Schritte, viele Änderungen, viele Themen, dass sowas vielleicht auch mal wieder ansteht. Weiß ich nicht, ist sowas denkbar, habt ihr sowas auch in der Wissenschaft auf dem Schirm?

Martin: Also das ist jetzt eine interessante Richtung, die du dem Gespräch gibst. Ich habe vorhin schon nicht einfach geantwortet und das werde ich auch jetzt nicht. Was den Verbrennungsmotor angeht, da muss ich ja persönlich sagen als Verbrennungsmotorfan, der selber sehr viele Motorräder mit Verbrennungsmotoren hat, dass ist, also so, wie das im Augenblick gehandhabt wird, ist das ein Fehler, davon bin ich überzeugt und der Verbrennungsmotor ist technisch natürlich nicht am Ende, sondern der ist also zu einer fantastischen Reife, hat der sich entwickelt. Und warum ich mit dem Verbrennungsmotor jetzt einsteige ist, dass ich das auch beim Bier so sehe. Wir haben eine fantastische Reife entwickelt in genau diesen letzten 150 Jahren. Ehrlich gesagt hat es wirklich in diesem 1883 begonnen, mit der Entwicklung oder Erfindung dieser Propagationstechnik, dieser Reinzuchthefe von eben dem Christian Hansen. Die große, große Kritik damals war ein starker Streit, ganz besonders mit Berliner Professoren, dem Professor Lindner, Lindner mit Dora, mit weichem D, du weißt schon, war. Und das ist nämlich das Interessante, das ist nämlich genau das, was du jetzt grade gesagt hast, wenn ihr das so macht, wie der Hansen das so euch vorgibt, dann stoppt ihr die Evolution. Und bis dahin haben wir uns genau dahin entwickelt und Hansen hat irgendwie gesagt: „Hej, das ist gut, das ist richtig gut, was jetzt entstanden ist. Und ich beende das jetzt in der Form, dass ich jetzt eine einzige Hefezelle rausnehme und diese eine Hefezelle, die vermehre ich, ja, die klone ich und nur noch die wird jetzt dann verwendet.“ Das Spannende ist, als der Hansen das gemacht hat und das Bier dann seinen Kunden vorgesetzt hat, dann haben die am Anfang gesagt: „Ej, was ist denn das für ein Bier? Das ist nicht mehr mein Bier, ich mag das gar nicht so.“ Aber man hat sich offensichtlich sehr schnell dran gewöhnt, also diese Brauerei hat sich so, wie man gut sehen kann, also von diesem Rückschlag bestens erholt in den letzten 150 Jahren und fast alle anderen Brauereien auch, so. Und diese Evolution und Lindner wollte das nämlich noch anders, der wollte eigentlich weiterhin, dass dieser Kampf stattfindet, ja und das also eine dominierende Hefe aufgrund der Konditionen, nämlich, welche Würzesubstrat ich anbiete und welche Temperaturen ich fahre und welche Drücke und Bababa, ja, all die Einflüsse darauf, er wollte, dass das weiterhin geschieht und das also immer die Sieger dann genommen und dann die Sieger vermehrt werden, ja. Die Sieger hat schon auch Hansen gemacht, aber halt eben einmal und das war es, ja, so ungefähr. Vielleicht hat er es auch ein paarmal gemacht, aber danach war Schluss. Und diese Evolution führen wir aber jetzt heute fort. Das wird uns immer klarer durch unsere Hefejagd und durch diese Rückblicke, die wir haben und durch dieses Verständnis, und es wird ja, das sind ja nicht nur wir, die da dran arbeiten. Dass also dann also diese Eubajanus-Stämme, die man gefunden hat in diesen verschiedenen Regionen, von denen ich vorher schon gesprochen hab, das man also neue Kreuzungen macht, neue Hybridisierungen und guckt, ob man da nicht noch was Neues dabei entstehen lässt, ja. Wir sind uns, das meine ich jetzt ernst, dieser Verantwortung durchaus bewusst, dass wir da auch was tun müssen, denn wir haben eine ganz komische Notiz bekommen im Schimmelpilzbereich und zwar für Camembert, wo auch so eine Reinzucht stattgefunden hat. Ich weiß aber nicht wann und wie lange das schon ist. Aber dass die Forscher Angst haben, dass durch diese ständige Wiederführung dieses einen Stammes, das der sich dann so stark mal entfernt von den Ursprünglichen, dass also dieses Produkt gar nicht mehr so sein wird, wie wir das eigentlich heute gewohnt sind. Und das wollen wir natürlich nicht, ja. Außer, außer in 50 Jahren sagt der Konsument: „Das ist einfach nicht mehr mein Bier, mein Bier ist jetzt einfach das dunkle Weißbier“, oder was auch immer. Und das ist ja natürlich das gute Recht des Konsumenten, das sagen zu dürfen, ja. Und der Schaum hat gefälligst grün zu sein. Das sage ich wegen deiner wunderschönen Farbe im Hintergrund, ja, wie auch immer, ja. Das ist die Macht des Konsumenten und da müssen wir uns dann natürlich auch drauf einlassen. Aber es ist interessant, du hast es genauso richtig gesehen, dieses Evolutionäre wurde da unterbrochen, ja, gestoppt und wir greifen es aber auch wieder auf, ja, das ist so. Und wir werden, das ist auch eines der Forschungsthemen, dass wir also diese Mischungen wieder zulassen, also diese Setzhefen halt hier im Laborbereich und da dann die Gewinner rausholen, ja.

Markus: Ja, also das ist auf jeden Fall ein spannender Punkt, da freue ich mich auch schon drauf, was da vielleicht an der ein oder anderen Stelle auch dabei rauskommt. Was mich noch interessieren würde, also Danke für das Komplimente, ich habe es auch gar nicht nur so auf die Hefen bezogen, sondern ich sehe es ein bisschen auch zum Beispiel  auf die Brautechnologie an und für sich, also da hat du ja auch den weiteren Blick. Wenn man überlegt, da gab es ja auch Entwicklungen, was weiß ich, das Schonkochsystem oder wie auch immer, also wo man halt jetzt vielleicht auch an so einem Punkt angelangt ist, wo jetzt auch vom Prozess, von der Technologie, vom Equipment her vielleicht auch sowas erreicht ist, wo man sagt, okay, vielleicht ist man da jetzt auch vielleicht noch nicht ganz am Ende der Fahnenstange, aber halt auch schon ziemlich weit und lernt jetzt andere Brauverfahren kennen oder entwickelt historische Brauverfahren wieder. Also werden ja Raw Ales jetzt zum Beispiel wieder mehr gebraut oder eben, wie gesagt, auch mit den Kveik-Hefen gehen Prozesse auf einmal viel schneller und bei ganz anderen Temperaturen, als man das vorher hatte. Also siehst du da auch einen Umbruch oder denkst du, das ist auch eher so ein Prozess, der jetzt in dieser Form erstmal so bleibt und  wie eine Großbrauerei heute ausschaut, so wird sie in 50 Jahren auch ausschauen?

Martin: Na gut, also im Prinzip sind wir eine Wiederkäuergesellschaft, also wir holen immer wieder mal Themen raus, ja. Also in der Wissenschaft sagt man auch, du darfst, du solltest die Themen alle 30 Jahre mal wieder hervorholen, weil die Methoden besser geworden sind, das ist aber jetzt die Wissenschaft. Was ich schon sehe, ist also, dass es wirklich, was mich auch echt freut, dass wirklich wieder viele Sachen gemacht werden, die schon mal da waren. Es freut mich dann sehr, wenn das jemand auch als eine traditionelle alte Technik auch erstmal so anerkennt. Was mich überhaupt nicht freut, wenn sich einer hinstellt und sagt: „Ich bin unfassbar innovativ.“ Ich mag dieses Wort schon gar nicht und hat einfach nur ein bisschen vergessen mal, in ein älteres Buch reinzugucken. Buch, also das ist Ding gebunden, mit Seiten dazwischen, ja. Das lohnt sich manchmal und dann auch zu sehen, dass die Altvorderen unglaublich viel schon wussten, konnten und fantastische Sachen auch produziert haben. Aber es freut mich, das also eine ganz tolle Tendenz da ist für eine große Diversifizierung. Also wir haben Sachen heute auf dem Markt, die ich nicht kannte, als mir das Produkt Bier bewusst wurde, ja und das ist wirklich eine schöne Entwicklung. Ich denke trotzdem, aber ich kann es natürlich nicht genau sagen, dass wir noch für viele Jahrzehnte das Gro des sogenannten Bieres, also ich denke, das es weiterhin noch das untergärige helle, filtrierte, kühlgetrunkene Lagerbier sein wird, weil, das Ding hat ein paar Besonderheiten, da müssen die anderen Biere erstmal hinkommen, um eben eine große Masse anzusprechen, das dürfen wir ja auch nicht so ganz vergessen, ja. Ich denke schon, dass das also weiterhin noch das Bier sein wird unserer Wahl. Wie gesagt, ich bin kein Prophet und ich meine auch, dass wir in einem gewissen Rahmen auch diese Technik und Technologie auch ziemlich gut schon erreicht haben. Wobei auch wir hier im Haus, wir stolpern da grade immer wieder mal über so ein paar Sachen, wo wir Prozesse wahnsinnig schnell machen können und die Hefen sind ein Teil davon, ganz sicher, ja. Und wir haben da verschiedene Aspekte, einerseits müssen wir auf eben die veränderten Rohstoffe eingehen, die wir ja haben Veränderungen, ja, nenne es Klimawandel. Aber ganz grundsätzlich haben wir Veränderungen, weil wir neue Sorten bekommen und so weiter, in welchem Bereich auch immer und weil wir mit immer mehr Themen konfrontiert werden. Wir sind im sogenannten Antrophrozän, also vom Menschen bestimmten Zeitalter und wir beeinflussen die Qualität unseres Grundwassers und, und, und. Und da müssen wir natürlich mit rechnen und da versuchen wir also gleichbleibende Qualität zu schaffen. Und andererseits versuchen wir natürlich, Sachen besser zu machen, die Aromen besser zu machen, anders zu machen, Stabilitäten zu verbessern und so weiter. Und natürlich auch schlichtweg Prozesse schneller zu machen und dazu gehören auch neuartige Anlagen und da passiert schon auch weiterhin einiges.

Markus: Ja, also ich glaube, das schreit dann nach einem dritten Teil unseres Podcasts, wo wir da vielleicht noch ein bisschen näher drauf eingehen. Weil, ich glaube, da gibt es wirklich auch viele spannende Punkte und auch grade eben jetzt so neue Richtungen, wo man zum Beispiel  auch im Rohstoffbereich, beim Hopfen, beim Malz jetzt auch grad ein bisschen gucken muss, mit den sich verändernden Rahmenbedingungen, die es einfach klimatisch, wirtschaftlich, wie auch immer gibt. Und wo die Brauindustrie natürlich irgendwie damit klarkommen muss, wenn sie dableiben will, wo sie ist. Aber ich habe noch ein anderes Thema, was ich heute unbedingt mit dir besprechen wollte, weil wir uns ja auch getroffen haben im Sommer, was sehr, sehr schön war und wir uns da viel unterhalten haben. Und ein Punkt, der für mich mal ganz neu war, war die Frage, weil das, finde ich, das hast du vorhin auch schon so schön gesagt, man stellt sich ja viel zu oft die ganz simple Frage warum, also warum sind Dinge so, warum ist etwas da? Und da hast du eben gesagt, naja, du hast dir diese Frage einfach mal gestellt bei dem Thema zum Beispiel, warum macht die Hefe Aromen oder der Hopfen oder so? Also warum sind die überhaupt da? Es gibt ja jetzt erstmal so ganz prinzipiell keinen Grund, warum das so ist. Und dann hast du da ja letzten Endes, ich versuche es mal zusammenzuschrumpfen auf zwei, drei Worte, eine Kommunikationsstrategie gefunden, also die hinter dieser ganzen Aromenwelt steckt, und das bedeutet ja nix anderes als eine Art Sprache. Und bedeutet aber auch, wenn ich diese Sprache verstehe, dann kann ich mit der auch nochmal anders umgehen. Und das ist ja auch nochmal ein interessanter Aspekt, den wahrscheinlich, glaube ich, viele Brauende, sage ich mal, nicht auf dem Schirm haben oder zumindest, das ist denen vielleicht nicht so bewusst. Also, ja, also vielleicht, wenn du da nochmal drauf eingehen würdest so in etwa, wie wir das damals so nachvollzogen haben, wie kam man überhaupt da drauf und was bedeutet eben Kommunikation, was gibt es da vielleicht für Beispiele und was kann man daraus lernen vielleicht.

Martin: Also als Erstes verrate ich mal, wo wir uns getroffen haben im Sommer, nämlich auf einem belgischen Bierfestival, was eine unfassbar tollt Veranstaltung war. Und da es da ein bisschen Bier zu trinken gab und die Belgier 5%vol-Biere als wenig-Alkohol-Biere darstellen, ja, wurde die Zunge auch leichter, so will ich mal vorsichtig mich ausdrücken. Ja, also dieses warum hat mich schon immer beschäftigt. Aber dazu muss man jetzt vorab sagen, da sind auch viele andere fantastische Forschergruppen draufgekommen und haben das also tiefer begutachtet. Unter anderem auch ein Belgischer, das ist Kevin Verstrepen, ja, der also da ganz tolle Versuch gemacht hat jetzt grade, was also bei Hefen die Begründung ist dafür. Denn das muss man sich natürlich schon fragen, warum die Natur, jetzt in Form der Hefen oder der Hopfen, diesen sehr starken Aufwand doch betreibt, Aromakomponenten zu produzieren? Und zum Beispiel der Hopfen, der hat im Augenblick nachweislich 400 verschiedene Aromen, die der da produziert. Das Ganze kostet die Pflanze, oder der Hefe dann selber, sehr viel Energie. Energie, die sie ja eigentlich in etwas anderes reinstecken würde, was ihr erstes vorrangiges Ziel ja eigentlich ist, die Vermehrung, ja. So und das ist also bei Pflanzen, und ich weiß nicht, was älter ist jetzt an Erkenntnis, aber bei Pflanzen weiß man das also schon länger, dass also Aromakomponenten auf jeden Fall ein wichtiger Teil der Kommunikation ist. Und es gibt auch gewisse Küchenkräuter, die können nicht miteinander und andere können ganz hervorragend miteinander, das liegt auch unter anderem an diesen Aromasubstanzen. Und wozu sind die da? Die sind also wirklich da, um zu warnen oder um Hilfe anzufordern oder sonst was auch immer, wenn sie befallen werden von Läusen, so muss man sich das vorstellen, ja. Also mein Hopfisch ist sehr schlecht, aber ich stelle es mir so vor, ja. Und bei der Hefe ist es auch eine ganz spannende Geschichte. Und wenn man das nämlich versteht, und das ist das, was wir hier in Weihenstephan immer versuchen, den Studierenden beizubringen, verstehe die Natur, verstehe die Biochemie, den Metabolismus dahinter und dann kannst du das auch entsprechend in die Praxis umsetzen. Und die Sache ist einfach so, die Hefe hat zwei Schritte, also wir schubsen sie zu zwei Schritten, wir geben ihr erstmal sehr viel Sauerstoff und ein paar Fettsäuren und Zink und so weiter und natürlich auch weitere Sachen, die sie gut verwerten kann und muss, wie Aminosäuren und da wird sie sich erstmal vermehren. In dieser Vermehrungsphase, in den ersten paar Stunden dieses Prozesses, da produziert sie fast keinen Alkohol und relativ wenig Aromen, ja und vermehrt sich und konzentriert sich eigentlich auf das, was sie hauptsächlich vorhat. Jetzt ist dieser Sauerstoff gezehrt nach so etwa acht Stunden und dann tritt dieser Pasteur-Effekt ein und die Hefe fängt jetzt dann plötzlich an, die alkoholische Gärung zu machen. Was macht sie dabei? Sie vergiftet dieses Substrat, das also nur noch sie einigermaßen damit zurechtkommt, in einer gewissen Aktivität bleibt. Aber für sie selber ist es auch irgendwann mal wirklich richtig giftig, deswegen haben alle Hefen irgendwo ihre Grenze, was sie an Alkohol bilden können, aber es können ganz viele andere Mikroorganismen sich da drin nicht verbreiten. Und in dieser Zeit werden jetzt sehr viele Aromen produziert, so die berühmten Ester, auf die wir ja so viel Wert legen bei sehr vielen Bieren, ja, wie zum Beispiel Isoamylacetat oder Ethylacetat und solche Sachen. Und diese Aromen werden unter anderem produziert, um natürlich uns, den Konsumenten zu erfreuen, ja. Aber das ist ganz sicherlich nicht der Grund der Hefe gewesen, sondern um andere Transporteure auch anzulocken und das sind unter anderem die Fruchtfliegen oder auch Wespen, ja. Bier funktioniert ganz wunderbar auch als Wespenfalle. Aber vielleicht sollte man sich nach dieser Geschichte nochmal überlegen, ob man diese tollen Insekten wirklich so misshandeln soll. Und diese Insekten werden angelockt. Und das sind zum Beispiel solche Studien, die gemacht worden sind da in Belgien, wo man also dann die Hirnströme oder die Regionen in den Hirnen dieser Insekten untersucht hat, also was da passiert. Wahrscheinlich schaut es bei uns genauso aus, wenn der Berg ruft, ja oder das Oktoberfest. Und die haben also dann ein Taxis und gehen also direkt auf dieses Produkt zu und können dann, ja, wohl über ihre haarigen Beine, diese Aufnahmen wurden gemacht, das also Hefezellen an den Beinen von solchen Insekten also haften bleiben, können die also dann diese Hefen aufnehmen, die in einem Substrat sind, das nicht mehr das bietet, was die Hefen eigentlich wollen, ja, nämlich Zucker, Fettsäuren, Aminosäuren und so weiter, plus Sauerstoff. Und dann werden die wohin auch immer transportiert, wo also diese idealen Bedingungen wieder vorherrschen, damit sie sich also wieder vermehren können. Ich finde es ultra-faszinierend. Und das bedeutet jetzt wirklich in die Praxis umgesetzt, ich muss mir das vor Augen führen und ich muss mir sagen, was will ich? Will ich ein Ester-reiches, ein aromareiches Produkt haben, dann muss ich das und das tun, ja, dann muss ich das einfach fördern. Will ich das nicht, dann versuche ich das natürlich zu unterdrücken. Und so sollen die Leute denken. Und jetzt mal ganz ehrlich, ja, ich bin keiner, der missionarisch umherzieht und sagt, Leute, das Reinheitsgebot ist das Tollste überhaupt und ihr alle auf der Welt, ihr sollt das tun, ja, überhaupt nicht. Ich bin ein so großer Fan dieser fantastischen belgischen Biere und viele andere Biere auf der Welt, die außerhalb dieses Reinheitsgebotes gebraut worden sind. Aber, diese Reduktion auf diese vier Inhaltstoffe und damit dieses Besinnen auf diese biochemischen Prozesse, das zu lernen, zu verstehen, das ist schon eine Schule, die das Reinheitsgebot gefördert hat, verlangt hat regelrecht, das haben die nicht gewusst damals, das ist schon klar, ist schon klar, ja, aber das finde ich schon ziemlich toll, ja. Das ist eine tolle Folge aus dem Ganzen, wo alle von profitieren, ja. Also nochmal, ich bin da nicht missionarisch unterwegs, ja, da will ich gar nicht falsch verstanden werden, aber gefallen tut mir das schon, dass da etwas Tolles entstanden ist und dass wir, wir alle, aus dem Ganzen lernen, ja. Und da geht wahnsinnig viel nur allein, in dem man diese vier Inhaltstoffe hernimmt, in dem ich diese biochemischen Prozesse verstehe.

Markus: Ja und ich finde ja auch, es ist ja nix, was sich gegenseitig ausschließt. Also wir können ja sagen, es gibt, sage ich jetzt mal in Anführungsstrichen, die deutsche Bierwelt oder die bayrische Bierwelt, wo man eben das Reinheitsgebot als Bestandteil dieser ganzen Geschichte …

Martin: Die fränkische Bierwelt.

Markus: … hat und dann gibt es eben die, ja, die fränkische, genau und dann gibt es eben andere Bierwelten, die sich halt andere Regeln und andere Gesetzmäßigkeiten gegeben haben und innerhalb derer dann funktionieren und dann eben auch wieder …

Martin: Und die Produkte haben, ja, genau.

Markus: Genau. Und ich glaube, so muss man und man muss sich gegenseitig akzeptieren und respektieren und dann ist ja alles gut. Also insofern, ich bin da sehr froh, dass es diese verschiedenen Welten gibt. Und, ich glaube, vieles in der Bierwelt haben wir nur, weil es eben irgendwann mal diese Beschränkung gab. Und auf der anderen Seite gewinnt man jetzt aber auch vieles aus den anderen Welten, die sich jetzt wieder ein bisschen mehr öffnen für uns. Also da gibt es, glaube ich, mittlerweile wieder auch viel Kommunikation, was ja eigentlich auch genau gut und richtig ist.

Martin: Du sagst was vollkommen Richtiges, wir sollten uns nicht deswegen streiten, das ist die Sache nicht wert, ja. Wir sollten den Respekt zeigen vor den verschiedenen Sachen und wir sollten es auch nicht vorverurteilen, ja. Und ich habe das also bedauerlicher Weise schon immer wieder mal so mitbekommen, ja, da gibt es dieses sehr hässliche Wort der Industriebiere und so weiter und das mag ich überhaupt nicht, ja, das ist dermaßen unfair und zu eng gedacht und falsch gedacht, ja. Denn da muss man nämlich, wenn man das nämlich genauer betrachtet bei diesen Brauereien, die man unter diese Kategorie meint zu schieben, dann muss man nämlich mal genau reingucken und stellt fest, das ist eine riesen Kunst, solche Volumen in dermaßen guten Qualitäten Jahr ein, Jahr aus reproduzierbar herzustellen, also Hut ab! Genauso Hut ab wie vor allen anderen kreativen Leuten, ja, die einfach wunderbare kleine fantastische Chargen produzieren. Also mir geht es eigentlich auch, mir geht es um den Respekt voreinander, ja.

Markus: Ja und ich denke, es hat halt jeder auch unterschiedliche Ziele und unterschiedliche Ideen dahinter. Und letzten Endes muss man das ja auch ein bisschen mal rein marktwirtschaftlich sehen, also wenn eine Brauerei acht Millionen Hektoliter Bier verkauft, dann kann sie ja so falsch nicht liegen mit dem, was sie tut. Also weil, irgendjemand muss es ja kaufen, ne, wenn das Bier keiner mögen würde, dann würden sie es nicht loswerden. Also dementsprechend glaube ich einfach, es gibt in dieser Bierwelt halt die unterschiedlichsten Tierchen und alle haben ihre Buddys und eben nicht. Und die, die keine mehr finden, sind irgendwann auch mal weg, das ist die andere Seite. Das erleben wir ja auch, dass halt Bierstile oder Brauereien oder was auch immer, auch mal aufhören zu existieren, wenn der Markt das nicht mehr hergibt. Das ist auch manchmal nicht schön, aber es ist einfach auch die Entwicklung letzten Endes, und da wirken wir ja alle mit. Also dementsprechend, es gibt halt für mich auch Anlässe, da trinke ich gerne mal eben eher, sage ich jetzt mal, industriell hergestellte Biere und dann gibt es Anlässe, da trinke ich eben eher die anderen und oft habe ich sie eher zusammen und schätze halt einmal die Eigenschaften hier und einmal die Eigenschaften da und dann passt das auch. Also insofern, stimmt, also Bushing ist auf jeden Fall am falschen Platz. Denn, was ich auch persönlich sagen muss, ich habe ja an all diesen verschiedenen Dimensionen und auch Orten auf der Welt, Brauer und Braumeister und was weiß ich kennengelernt und letzten Endes habe ich keinen gefunden, in dem nicht dieses Herz schlägt, der einfach ein gutes Bier machen will, der für dieses Thema brennt, der da ein Interesse dran hat, der die Bierwelt an sich liebt. Und bei den Großen ist halt oft so, die gehen halt dann gerne mal zu den Kleinen oder haben noch ihre kleine Brauanlage, wo sie sich dann eben ausleben. Und bei den Kleinen ist es so, die halt sagen, na gut, aber wenn ich dann mal in Ruhe ein Bier trinke, dann hole ich mir halt auch eher so eins. Und letzten Endes, also da gibt es keinen Unterschied. Und das ist, glaube ich, das Allerwichtigste, die Menschen, die da dahinterstecken, sind auf jeden Fall nicht besser und nicht schlechter und alle auf jeden Fall, wie du schon sagst, wirklich Meister ihrer Zunft, wenn sie das gut machen. Und das ist ja ein ganz wichtiger Punkt, wo wir auch ja grade drüber gesprochen haben. Ich wollte nochmal kurz auf dein Hopfisch eingehen, also bei der Hefe leuchtet mir das ja irgendwie ein, dass die Hefe zum Beispiel  sagt, okay, ich bin da jetzt in Nöten und dann produziere ich halt irgendwas, was diese Insekten anlockt. Wobei es auch interessant ist, weil, da muss es ja auch den Zeitpunkt in der Evolution gegeben haben, wo dann dieser Hefepilz ausprobiert hat, was lockt denn überhaupt Insekten an. Also das ist ja, man lernt die Sprache ja nicht von null auf 100, sondern das muss sich ja auch mal entwickelt haben. Finde ich interessant, wie das vorher mal stattgefunden hat. Aber wie ist es denn jetzt zum Beispiel, also ist das denn eine wirkliche Kommunikation, wenn ich jetzt beim Hopfen bin, also reden die Pflanzen miteinander, also gibt es da Antwort und Rückantwort oder ist das eher nur so ein one-way-Thema, ich sende meine aktuelle Situation aus, um den anderen was mitzuteilen? Und weil du grade auch Hilfe gesagt hast, also gibt es denn eine Form, wie sich Pflanzen gegenseitig helfen? Also ich frage einfach mal so anknüpfend irgendwie, wie ist es denn da so?

Martin: Die Frage kann ich nicht in allen Punkten wissenschaftlich wirklich solide beantworten. Was die Hilfe angeht, wird wohl die Kommunikation von der Pflanze zu Nützlingen gehen, ja, zu Marienkäfern oder so ähnlich, die also dann gewisse Milben oder Läuse dann aufknabbern. Pflanze zu Pflanze, da gehe ich davon aus, du merkst, ichbewege mich im Konjunktiv, ja, da gehe ich schlichtweg davon aus, das grundsätzlich gewarnt wird, ja und dass einfach, ja, dass sich Pflanzen durch eine andere Art und Weise sich davor wappnen können. Vollständig verschließen können sie sich nie dagegen. Aber das ist grundsätzlich bei den Pflanzen, ist natürlich auch ein großer Druck da, ja, von verschiedenen Einflussfaktoren von außen, das sind also nicht nur irgendwelche Schädlinge oder so, sondern es ist natürlich auch Trockenheit oder Wind und Hagel und was weiß ich auch alles, was also diese Pflanzen schädigen kann. Aber da ist, also das, weißt du, da ist ja noch eine andere Sache mit dabei, die uns da Indizien dazu liefert, zu dieser Kommunikation, also eine gute Anzahl an diesen Aromakomponenten sind sozusagen ß-Glucosidisch gebunden. Das bedeutet, also wenn die Aromakomponente frei vorliegen würde, würde sie entsprechend flüchtig sein und riechen, ja. Die ist aber jetzt an ein Zuckermolekül gebunden oder an ein Maltose-, Maltotrius, als an verschiedene Zuckermoleküle gebunden und dadurch ist sie nicht flüchtig und dadurch kannst du sie nicht wahrnehmen. Tritt auch nicht aus der Pflanze aus, ist aber eine Art Reserve für die Situation, wo sowas gebraucht wird. Und dann haben diese Pflanzen natürlich die Enzymsysteme, um diese Glukose oder diesen Zucker abzuspalten, ja, also die haben ß-Glucosidasen. Und das ist auch sowas von spannend, dass also besamte Hopfenpflanzen mehr von diesen ß-Glucosidasen haben. Warum das jetzt in Hinsicht auf Kommunikation wichtig ist, das, gestehe ich, habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Aber draufgekommen bin ich aus einem anderen Grund, weil die Briten, die ja auch eine lange Tradition im Hopfenanbau haben und bei den Briten ist es nicht verboten, auch mal eine männliche Hopfenpflanze stehenzulassen. Bei uns, überall auf der Welt ansonsten, ist es verboten, weil wir wollen unbesamte weibliche Hopfendolden haben. Alles andere, so hat man mir das noch in der Lehre beigebracht, verfälscht das Ergebnis, ja und man kriegt da auch Fettsäuren mit rein, der Schaum wird schlechter und so weiter. Also man hat uns also richtig Angst gemacht. Und wenn man ja auch in die Hopfenrundschau so reinschaut, da steht das ja zum Teil drin, das es also regelrecht unter Strafe ist, wenn man in den Siegelbezirken männliche Hopfenpflanzen stehenlässt, so. Das hat mich mal interessiert, warum bei den Briten nicht und bei allen anderen schon? Und da haben wir tolle Versuche gemacht damals mit der Christina Schönberger von Hopfen und Barth und auch mit Anton Lutz hier von Hüll, der Forschungsstation. Und ich hatte also das Glück, in Britannien und in Deutschland Hopfen zu bekommen, die besamt und unbesamt waren, also ich hatte da Kreuzversuche und die haben wir uns angeguckt. Und, ganz ehrlich, die Besamten wie die Unbesamten haben sich erstmal quasi nicht unterschieden. Also die waren in allen wertgebenden Qualitätsmerkmalen, jetzt diese vier, mehr habe ich nicht gemacht, vier Stück, vier verschiedene Muster hatte ich und die haben sich also da nicht unterschieden, aber sie haben sich im ß-Glucosidasengehalt unterschieden. Und was ich jetzt daran besonders cool finde ist, dass in Britannien eine sehr lange Tradition mit Hopfenstopfen ist. Bedeutet nicht, dass die Briten, wie das Internet so ab und zu Mal preisgibt, die Erfinder des Hopfenstopfens sind. Also das ist eine viel, viel ältere Technik, ja. Ich habe ein Buch von 1683, wo das schon drinsteht, und die sind bestimmt nicht die Ersten gewesen, sondern das liegt total auf der Hand, aber, die Briten haben eine sehr lange Tradition. Und wenn man das nämlich jetzt sich überlegt, dass ich so einen Hopfen, der mehr an diesen ß-Glucosidasenenzymen hat und den eben kalt gebe, also nicht zum Würze kochen, wo ich ja die Enzyme dann denaturiere und inaktiv mache, wenn ich den da in den kalten Bereich gebe und ich habe diese ß-Glucosidisch gebundenen Aromakomponenten dabei, und diese Versuche habe ich auch gemacht, dann halte ich dieses besondere Hopfenaroma über eine längere Zeit konstant, weil über die Zeit die Aromen neu freigegeben werden. Also das ist eigentlich eine ganz schlaue Sache, ja, das haben die nur so nicht gewusst.

Markus: Also super interessant, finde ich auch ganz spannend. In Amerika, also in den USA habe ich auch besamten Hopfen teilweise gesehen, auch Zwitterpflanzen teilweise, also da …

Martin: Ja, ist eine wilde Pflanze, die Hopfenpflanze, ja.

Markus: … nimmt man das auch nicht immer so ganz genau. Also bei uns, glaube ich, ist letzten Endes, glaube ich, Professor Narziß der, der das mal sehr propagiert hat, dass man eben keinen besamten Hopfen nimmt. Das finde ich auch ein ganz interessantes Thema, was da am Ende wohl irgendwann mal dabei rauskommt. Also dass das Hopfenstopfen älter ist, das denke ich auch, logisch, weil, ich meine, das hat man ja grade zu den Zeiten gemacht, wo die Biere nicht so stabil waren und da sind wir ja vor vielen 100 Jahren, um da irgendwie aromatisch noch irgendwas zu bewegen, zum Beispiel. Aber gut, ist nochmal ein ganz anderes Thema.

Martin: Du darfst nur nicht vergessen, wenn ich dich kurz unterbrechen darf, also der Hopfen, den darf man gar nicht synonym mit dem Bierbrauen verstehen, sondern in früherer Zeit, also auch wieder im Mittelalter, da habe ich halt die Quellen. Das ist immer eine Frage, wie komme ich an Quellen ran, ja? Und alles, was also wirklich alt wird im tatsächlichen Mittelalter, und meine Quellen sind im ausgehenden Mittelalter, im tatsächlichen Mittelalter habe ich allerhöchstens mal Quellen, wenn es um einen Gerichtsstreit ging. Also das ist immer ganz doof. Und erst dann kann ich ein bisschen erkennen, oh, ach so, so haben die offensichtlich das gedacht, soll die Norm sein dafür, ja, aber, okay. Und Hopfen wurde für den Wein verwendet, für den Met und für Sauerteig, ja, um zu selektieren, um die Mikroorganismen, also das Gro an Mikroorganismen auszutreiben, nicht um zu bittern, ja, weil das nicht gekocht wurde. Es wurde ja auch das Bier erst viel später wirklich gekocht mit dem Hopfen, ja. Und ich habe schon so einen Weißwein gemacht mit Hopfen, das hat super funktioniert und war, soweit ich das beurteilen kann, ein wirklich gutes Produkt. Wir haben auch mal einen Sauerteig mit Hopfen hergestellt und dieses Brot haben wir an die DLG eingeschickt, sofort einen silbernen Preis gewonnen. Das funktioniert, ja und da kann man echt tolle Sachen mit machen. Also das sollte man auch mal ein bisschen deutlich sagen, Hopfen wurde für viele andere Sachen auch verwendet, weil es sinnvoll ist.

Markus: Also da, wir sprechen jetzt, glaube ich, von Teil vier unserer Podcast-Reihe, das machen wir dann gerne. Wir sind jetzt auch schon fast eine Stunde hier am sprechen, deswegen würde ich vielleicht noch eine letzte Frage stellen und damit vielleicht auch den Bogen nochmal ein bisschen schließen, nämlich auch wieder ein bisschen mehr an den Historiker in dir. Wir haben ja angefangen mit dieser Hybridisierung, mit dieser Zeit zwischen 1602 und 1615 und du hast ja gesagt, das ist auch schwierig mit dem belegen und so. Was mich interessieren würde, gibt es denn einen Punkt, an das den Akteuren damals bewusst geworden ist, was sie da tun? Also wo die dann gesagt haben, okay, das ist jetzt ein anderes Bier, das hat andere Eigenschaften, das ist vielleicht sogar ein Erfolgsprojekt sozusagen, also so nach dem Motto, Chaka, wir haben da jetzt wirklich was geschafft? Also gibt es irgendwann mal so Belege so, wo die sich selber schreiben oder wo es eine Belobigung gibt oder vielleicht, keine Ahnung, einen Orden oder so, also wo dann die Brauer wirklich selber auch reflektiert haben, okay, wir haben da jetzt wirklich eine Weiterentwicklung gemacht, wir sind da an einem neuen Punkt?

Martin: Ja, aber viel später. Und zwar hat das bayrische Bier, im weiteren Sinne, auch mit dem fränkischen … nein, stopp, das bayrische Bier, so wie heute Altbayern gesehen wird, also Oberbayern und Niederbayern, bis 1840 keinen Stellenwert in der Literatur gehabt, es wurde als nicht besonders dargestellt. Manche sagen, weil die Wissenschaftlichkeit gefehlt hat, die woanders schon, wie mit Liebig in Hannover und so weiter, die schon richtig stark gegriffen haben. Da haben also die norddeutscheren Bezirke, hauptsächlich die Preußischen auch in Berlin, haben da wohl also stark vorgelegt. Das fränkische Bier hatte einen guten Ruf zu dem Zeitpunkt. Und dann kam diese erste große … stopp, stopp, die zweite große Revolution, die mit der Industrialisierung ja losging, aber dann kamen diese fantastischen Bier wie das Pilsener in Pilsen, das Märzen in Wien und das dunkle untergärige Bier in München. Und plötzlich war dieses bayrische Bierbrauen en vogue, war der Goldstandard und wurde kopiert und zitiert und niedergeschrieben und jeder wollte wissen, wie es geht. Und dann kam ja auch dieses berühmte Buch, die Bayrische Dickmaischbrauerei, die, in Anführungszeichen, Geheimnisse preisgegeben hat. Das war eigentlich das große Aha, die Aha-Zeit, ja, wann dieser Wechsel war. Aber jetzt sage ich dir noch was, was in dieser Zeit auch passierte, das finde ich auch so spannend, in beiden Revolutionszeiten, ich nenne es weiterhin so, also im ausgehenden Mittelalter und auch da um 1840, 45 rum, hat es den Wein schlimm erwischt. Im ausgehenden Mittelalter wurde es hier in Bayern zu kalt durch diese kleine Eiszeit und der Wein hat nicht mehr genug Öchsle, also sprich, Glukose produziert und aufgebaut, sodass einfach der Wein tatsächlich zu sauer geworden ist. In Bamberg, ihr sprecht immer davon, vom Wendewein, ja, also da musst du dich nachts ein paarmal wenden, wenn du ihn getrunken hast, weil sonst die Magenschleimhaut durchgeätzt wird. Und das muss wohl immer schlimmer geworden sein und so wechselte man dann so peu a peu, nicht von heute auf morgen, auf Hopfenanbau und auf Bier. 1840, 1845 kam was ganz Schlimmes für den Wein und das war der Mehltau und der hat den Wein in ganz Europa, ja, ziemlich vollständig da niedergemacht. Das sind also zwei Ereignisse, die komischerweise mit diesen großen Sprüngen zusammenfallen. Und das ist kein Zufall, ja, also da, das spielt wirklich eine Rolle bei dem Ganzen, ja. Aber da war ein ganz großer Wechsel in der Wahrnehmung dieser Produkte.

Markus: Woah! Also jetzt habe ich schon Folge Nummer fünf im Kopf, sehr schön. Also ich danke dir auf jeden Fall recht herzlich für die spannende Unterhaltung heute, für die neuen Einblicke und die neuen Perspektiven. Und verspreche auch, dass es nicht wieder anderthalb Jahre dauert, bis wir den nächsten Talk machen, das sollten wir auf jeden Fall in kürzerer Zukunft fortsetzen. Und bin auch sehr dankbar für deine Offenheit und für den Input, den du aus dem wissenschaftlichen Bereich einfach rein geben kannst, weil, ich glaube, grade in der, sage ich jetzt mal, Craftbeer-Welt wird immer sehr viel, sage ich mal, Küchenlatein und Dinge, die man sich halt irgendwo angelesen hat, das Internet ist ja groß, proagiert und selten geschaut, wie sind die Dinge denn wirklich. Und diese schlichte Frage warum, wird sich viel zu selten gestellt und das ist sehr schön, dass du uns da hilfst, dahin wieder zurückzufinden. Und, ja, von meiner Seite aus nochmal vielen, vielen Dank und ich freue mich auch schon aufs nächste Mal.

Martin: Ja, danke, Markus, hat wie immer Spaß gemacht, aber wirklich. Ich wünsche dir eine gute Zeit, ja.

BierTalk English 32 – Talk with Nick Galton-Fenzi, Brewing and Destilling Consultant from Perth, Australia

Nick Galton-Fenzi advises breweries and distilleries in Western Australia, of varying sizes and with different offerings. In total, there are over 100 active breweries in his region and he is a vibrant part of this scene. The capital Perth is one of the most isolated places in the world, with plenty of sea and desert around it. That’s why the beers there are unique and are made with local ingredients, especially barley and wheat. Nick takes us into this exciting world in the podcast and tells us about his unique story as a brewer in many countries around the globe…

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Zusammenfassung auf Deutsch:

Nick Galton-Fenzi ist Berater für sechs Destillerien für Gin und Wodka sowie drei Brauereien. Er diskutiert die einzigartigen Braubedingungen in Westaustralien, einschließlich des lokalen Anbaus von Malzgerste und Hopfen.

Galton-Fenzis Weg zum Brauen begann in seiner Jugend, als er mit abgelaufenen Braukits experimentierte. Er betrieb später seine eigene Brauerei, Beaten Track Brewery, und setzte sich für die Lockerung der Braugesetze in Westaustralien ein. Galton-Fenzi hat international Erfahrungen in der Bierbranche gesammelt und in über 50 Brauereien in 23 Ländern gearbeitet.

Das australische Biermarkt hat sich von wenigen großen Brauereien zu einer vielfältigen Landschaft mit vielen kleinen Brauereien entwickelt. Der Markt bietet nun eine breite Palette an Bierstilen, von traditionellen australischen Bieren wie Coopers Sparkling Ale bis hin zu modernen Craft-Bieren. Galton-Fenzi ist auch in der Destillation tätig und betont die Bedeutung von hochwertigen Rohstoffen und Wasserqualität.

Schließlich lädt er Interessierte ein, ihn in Westaustralien zu besuchen, um die lokale Bier- und Spirituosenkultur zu erleben.

 

Interviewtext:

Markus Raupach: Hello, and welcome to another episode of our podcast BierTalk. Today we do maybe the farest journey we ever did. So we go to the other half of the planet. We go to Australia first time and we meet a nice friend, dear friend of mine, beer judge, colleague, and great brewer, Nick Galton-Fenzi. And he’s back there I would say because we come to his history in a few moments. So it’s great to have you here, Nick and yeah, maybe you introduce yourself a little bit to our listeners.

Nick Galton-Fenzi: Thank you, Markus, thank you very much for the invite to speak with you this afternoon. Oh, your morning time and my this afternoon.

Markus Raupach: Yeah, that’s a bit crazy that we have all these hours between us. But we both have sunlight. So that’s maybe, I hope so. Yes. So that’s a great thing. So maybe first we talk about your actual situation. So you are in Australia at the moment. So what are you doing? Which brewery are you working for? What is your daily life at the moment?

Nick Galton-Fenzi: Absolutely. So I am a consultant brewer and distiller in Perth, in Western Australia. I run six distilleries, mostly doing gin and vodka production and I also operate three breweries that do a brewpub type situation. So we have over-the-counter customers, retail, and packaged and takeaway products from the breweries. They’re all very small venues, there’s nothing that’s particularly large about either of them. However, in Western Australia, we have around 100/115, operational micro pub, small breweries and those three breweries that we do run, or I run, we have a small market share.

Markus Raupach: Wow, that still sounds like a lot of work and it’s also for us, very interesting, very fascinating. If we think of Australia, we have this huge continent. And we know some of the coastal cities in the East, in the West, and that’s more or less our shape. Maybe in the middle there is this rock. It’s more or less everything we know, some maybe know about the barrier reef and something like this. But maybe you can introduce a little bit into the country. So is it really only on the coastline? Or is there also something in between? And is it a common thing? Or is it more like there are the Eastern people, the Western people? Or how is it organized?

Nick Galton-Fenzi: So Western Australia and Perth is the most isolated city in the entire planet. From a flight from London you can do a direct flight and it is a 20-hour direct flight. So we are by no means accessible. You can come through Singapore, through Hong Kong, through Doha. Whichever way you go, you are still looking at somewhere between 20 and 26 hours of transit time. So we are very isolated as far as the population. As a consequence, our beers are quite unique. We are located in a place called the wheat belt. And the wheat belt is our largest agricultural region and takes up the furtherest southwest area of Western Australia, and we get some very high-quality wheat and malting barley. We have some local growers of malting barley which are of excellent quality and we have some very unique conditions. Obviously in winter, we get some very wet conditions and when we do get drought, it is substantial. And the drought regions means that we sometimes end up with some malting barley that is of small kernel size. So it means we have some husk to starch ratios that gives us some very unique flavor profiles. As far as WA goes we also have some local hop growers and we were originally known for hop-growing regions that then got taken over by tobacco, that were then converted into wine growing. And now we’re just starting to see a resurgence back into hop growing again, which is great for the area. So we do have now local maltings, local hop growers and a variety of locally produced raw products that we can now use in our beer production, which is amazing.

Markus Raupach: Yeah, and how many people live in the area in Western Australia?

Nick Galton-Fenzi: So when I moved into Western Australia, we were just on 1.2 million people. We are just on, just shy of 3 million now. So it’s almost a doubling of population. The doubling in population means that we have a very thirsty population. We have very hot summers, we’re talking 37 degrees centigrade in summer, and we have very cold winters, which are around five degrees centigrade in winter. So we need to cater for both of those seasons as far as growing, and with that level of population, which means that business is fairly good. And when I started my first brewery here in Western Australia, I was in under 20 of the first breweries that were here. And now, as I said, there’s over 100 breweries, due to some changes in legislation and the consumer is probably the winner out of all these aspects.

Markus Raupach: Yes, and we are coming a little bit to your personal history, which is, I think, also very interesting. So you were born in Western Australia.

Nick Galton-Fenzi: Yes, I’m an international. I was born in Papua New Guinea in Goroka. I was raised there and then moved to Sydney, Queensland, and then Western Australia. I spent some time in Africa and in the UK when growing up, but most of my time was in Western Australia. And it’s in the last seven years that I had spent working and living in UK, had the opportunity to obviously travel and meet people like yourself at the international competitions and get to meet people in Africa. I’ve worked in over 50 breweries in 23 countries in the last seven years, which has given me quite a well-rounded understanding about how people produce beer in different countries, about their raw materials, and the different ways in which people appreciate the products that are abrood to their palates.

Markus Raupach: Wow, that’s very fast-paced, and very great overview that you also now have of a brewing sector and all over the world. Do you still remember your first beer?

Nick Galton-Fenzi: I do. Absolutely, I do. This is a bit of a crazy story. This is what got me into brewing originally. So my best friend at school, we were 16. My best friend Andrew Biggs, we were cleaning out his father’s garage and we stumbled across what was called an Alinda fermenter. And the Alinda fermenter was one of the very first imports into Australia. It was a black plastic 25-litre all-in-one kit and kilo. Before you’d seen Alinda fermenters there was nothing that was really sort of available. Cooper’s was only just sort of starting to get up and going. So anyone who’s used Cooper’s kits, we’re talking about mid to late 70s. So we finished cleaning out the garage, we’d found one of his fermenters, and we’d found some kits of Cooper’s that were ten years over past due date, which still had the original yeast on them. And his father said, as soon as we have finished cleaning out a garage, I’ll teach you how to make beer because this is what I did in my youth and it was great fun, and I learned a lot. So the beer we made was obviously terrible. The kits were well past the due date, the yeast probably wasn’t even viable at that stage. I’m going to say it was probably more of a lactobacillus fermentation than it was out of any other anaerobic activity. I at that point went, this is terrible. There must be a better way to make beer. I’ve drunk commercial beer and it’s great. But this is probably one of the worst things I’ve put in my mouth. So I made a little bit of a quest of mine to work out why, how. I then spent four years at university doing biology environmental and biochemistry not for that focus. It was an interest, science, thanks to my father. But to then work out how to make a good beer. And 25 years later, I would like to think that I can make an acceptably drinkable beer. But it’s taken me 25 years to learn and I have had my conscience, my what’s the word I’m looking for, my ass handed to me several times by some very, very competent brewers when I thought I knew how to make it all and what the best way to do it and what my knowledge was, and to what I am now learned today and how I learn it. So when my, I ran my own brewery for 13 years, I started Beaten Track Brewery in Kalgoorlie in Western Australia in 2005 and that gave me an understanding about market, demographics, people. And then as that further went through, I then thought that I knew everything. I thought that I understood how to make beer and by the time I reached UK, and I was brewing for one of Dorset’s largest brewing companies, Dorset Brewing, doing production for Wetherspoons, Marstons, I was the youngest brewer on the deck at that stage. And what the people there had taught me, and just me, yes, I had a lot to learn even after 13 years of practical brewing experience.

Markus Raupach: But it started like a hobby, and when, how did the decision go that you say okay, I make my earnings out of it. So I started as an own company. So how did that go? How did it work?

Nick Galton-Fenzi: That’s a very good question. It was a hobby and it was a passion of mine to understand the biology, understand the production processes, understand if I change this malt what was the flavor effects out of it. And I started originally home brewing and I would have people come around to my house and I would try the beers on tap. And I had a little three-tap system that I had built. This is in very early days, we’re talking 1998 in Western Australia, before people had really sort of even considered what home brewing was, what craft brewing. Our first craft brewer in Western Australia, which is the Bootleg Brewing in Margaret River region in 1988, and all this, I mean, it’s a long and a short period at the same time, ten years. And I was trying to replicate some of the things that the Bootleg Brewing had done. So I was brewing, people are interested in the products and they said you should sell this, it’s a good product. So I started seeking out a commercial premises, which was a powder coaters. So this is industrial warehouse that came up for sale. I had purchased the warehouse itself and speaking with the owners who were renting it out at the time, it almost sent me broke three times by the time I had purchased, I had made mortgage payments. I was working at the time trying to pay down until I could afford to actually move into the building. And by the time I’d moved in, I then started building a brewery. And it took me four years to build the cool rooms, the tap and tasting room. Unfortunately, Western Australia at the time, it was 2014, we could only sell under this particular license beer by nine liters. That was the smallest volume we could sell it. We couldn’t do tap tastings, we couldn’t do taproom events, you couldn’t even have someone come in and buy a middy schooner or a pint at that stage either.

Markus Raupach: So if I would have come to the pub, I would have to buy nine litres of beer?

Nick Galton-Fenzi: You would have had to buy nine litres as a takeaway, or I could have given you one or two free samples. But that was it. You couldn’t do anything more than that. If I had served you anything more than two or three samples, then I would have been in breach of my production license. So I then started lobbying the West Australian government and that took me two years. I had to get support from the smaller brewers, the middle-sized brewers. I had pushback from large brewers obviously because it was going to eat into their market share. I had pushback on smaller brewers that had tavern-style licenses. Whichever way I go, I had met market insurrection that no one was particularly happy about what I was doing. Two years later, by the time I managed to push through tap tasting rooms, any size takeaways from a producer’s license, there was 20 breweries that had then put in their licenses for assessment following the changes to the legislation. So that revolutionized brewing in Western Australia. And since then, it has been a significant growth market under a producer’s based license. And so whether it may be good for some of the producers or bad for some of the producers, I think it’s a good thing for the consumers who now had a significant choice.

Markus Raupach: And now you get a lot of free biers if you meet your colleagues in Western Australia, I think.

Nick Galton-Fenzi: I always remember that time, it’s a long time ago, we’re talking 2014 through to 2016. So it’s six years and a lot of the people who are starting breweries now, weren’t even part of that process. They wouldn’t have even remembered the nine-litre minimum production, minimum sell on a producer’s license back in 2005. So those who do I get very well looked after and those who don’t, that is amazing for their business.

Markus Raupach: And so it was a tough time also for you. And what about your family? Did they always back you? Or were maybe from your parents sometimes why don’t you be a teacher or a policeman or whatever? Stop that.

Nick Galton-Fenzi: I was working in two roles. So I was also working in mining at the time as well and I was also working the brewery. So I was doing on average, as with every brewery owner, producer, around 16 hours a week, sorry, 16 hours a day, and somewhere between 75 and 85 hours a week. So anyone who’s run their own business will be well familiar with the amount of hours that you need to do in order to do it. And it’s not because you want to make money. Anyone who wants to get into brewing to make money, it’s a flawed plan. But if you have a genuine interest in the product, and the demographic and the people and the science behind it, then you will gain a it’s a wonderful job. But there’s many other ways to make money that’s a lot easier, but not in brewing.

Markus Raupach: So your family was with you. They loved your beers. At least then.

Nick Galton-Fenzi: They did. My parents were very much into it. And I was self-funded. My parents gave me an understanding into science and how that worked, and I took that and ran. And it was very much thanks to my dad, Brian, who taught me all these things. And then said, this is how you do it. And then, Bill Biggs, who had the garage and the clean out, and he was an avid scientist as well, and how his understanding and imparting his information into that. So it was all science-based.

Markus Raupach: Wow. That’s the best base for making good beer. So that’s very good. Maybe also have a little look, how was the Australian beer market in these times, the 80s, the 90s? And how is it today? Maybe you give us a little overview what we will find if we come there today and how it developed in the last 20 years.

Nick Galton-Fenzi: Completely. It’s a really, really good question.

Markus Raupach: For people who don’t have any clue about Australian beer market. So for us, we only know Foster’s.

Nick Galton-Fenzi: Yes, so I guess that’s one of the most unusual things is that you will not find Foster’s in Australia at all. It is for sale in, it’s a very well-marketed, and it’s brewed under license in every single country. So if you are buying it in Germany, in Belgium, in England. If it’s in England it’s brewed at Caldicott. It’s brewed in Belgium, it’s brewed under license. It is a great product in everywhere that you go. It’s consistent for its market share. But if you expect to walk into Australia and buy Fosters, you will never ever see a tap here. We have some great brewers, the megas, and they meet the market demand into their market share. Small brewers, microbrewers, we can’t meet the demand for the drinkers. We can only produce so much. The larger brewers meet that volumetric demand. And we have some great brewers. Not every beer is to everyone’s flavour and taste. So you will find something when you get to Australia that you will particularly enjoy. And then if you want to investigate the smaller micro-niche market, then there are thousands of offerings that you will find that will meet your taste and flavour. So in the 80s, we had smaller offerings from very big corporations. We had the Alan Bonds of the world that were buying up large breweries, consolidating and making them into even larger breweries. We would have, if you were out buying beer at a public license, maybe one of four, it was about all that you would have the pick of. With the opening up of the market with the interest in microbrewing, which was spearheaded by a lot of the US brewers, Sierra Nevada, Pete Slosberg, Pete’s Wicked Ales, and even the smaller breweries in UK, things like Dorset Brewing Company and Bill Sharp before they’d been taken over, these breweries were small and met the market requirements. So you had this massive, massive offerings as in massive companies, small offerings. And then as you went through, you would then have more and more diversification, smaller and smaller companies with more and more offerings. And now we’ve run into the 2020s and you have so many little breweries with so many offerings and you can find yourself a chocolate peanut, double lactose stout, and you can find the most amazing single hop, single malt pilsner through single origin producers. And it’s really up to the consumer about what they want to drink, and which direction they would like to head as far as the products go.

Markus Raupach: That sounds a little bit that also the consumers change. Their knowledge, their mind changed, their tastes changed. Is that true?

Nick Galton-Fenzi: Correct, yes. I spent a lot of time in my first brewery, in Beaten Track in Kalgoorlie and I would have customers who would walk in, and I’d say, well, what do you normally drink and they would say, oh we drink Swan draft. I would drink Jack Daniels. I said, okay, so if you’re a Swan draft drinker, you’re going to like something that’s light, dry and crisp. The closest thing that we have to that is the summer ale. If they were Jack Daniels drinkers, it would be strong, and darker and sweet, and definitely with a focus on sweet. So we’d focus in on things like the scotch ale. And say, it’s not a whiskey, but it might meet your palate requirements of dry and sweet and slightly stronger as far as the tastes and flavours. So you would match your customer to the type of flavors that they were familiar with. And again, with any sort of human emotion, it’s familiarity and routine. And if you can pick something that a customer likes as far as taste and flavour, and something that they’ve experienced before, and say, okay, this is the bridging and it was taken from New Belgium, the ethos was essentially taken from places like New Belgium Brewing with a Fat Tire. And when a customer would walk in and say, I like Coors Light, and they would say, well, we don’t have Coors Light. But what we do have is we have Fat Tire for you. And they would say, oh this is actually quite tasty. This is not the same, but it’s something I’m familiar with. And then one consumer, one drink, one customer at a time, would then go, oh, this is actually not the same product, but a different product that I enjoy. And I like the taste and like the flavours. And that’s how you win over customers and customer appreciation and repeat customers by basing it on something they already had but giving a little bit of a twist, a little bit more taste, a little bit more flavour, a little bit more care, attention, some local ingredients, some local hop producers, some local malt producers. And then hopefully then that reaches into the realms of that farm-to-table, the farm-to-plate sort of scenarios where you are now supporting local people, local malts, rather than always going to the largest consumers, multi-conglomerates. And they’ve got a place and they got the time, but bring it back that little step and give a little bit more care, attention, consumer focus to the product.

Markus Raupach: And is there an Australian beer history and maybe even Australian beer styles?

Nick Galton-Fenzi: Of course. So our oldest and most well-known is the Cooper’s and Cooper’s Sparkling Ale. So when you look through the BJCP style guidelines, you’re looking to the Cooper style and that is the quintessential. It’s earthy, it’s woody, it is dark. We’ve got crystal malts, we’ve got some slightly darker sort of Munich malts, amber malts in this. It’s robust. It’s a flavour sensation. If you’ve never had a Cooper’s Red Ale from a 750 mil long neck bottle, it is just a flavour epiphany. You are not going to necessarily gel with it the very first time because it is a very robust flavour. But I think everyone at some stage needs to try that particular beer because it is Australia’s first oldest sort of style ale. It’s produced in South Australia and Timothy Cooper who runs and still manages the brewery, and if you ever get a chance to contact him about his history, you will be absolutely blown away by where they are, where they’ve come from and how they’ve managed to maintain such a market presence up until now.

Markus Raupach: And is this also the Australian Pale Ale? Or is this a different thing?

Nick Galton-Fenzi: So under the BJCP guidelines my take on this is, it’s supposed to be an Australian sparkling, Australian Pale Ale is supposed to be the Cooper Sparkling. It’s what it’s supposed to be modelled on. It is a very, very unique type of beer and we’ve never had anything prior to it, we’ve never had anything post to it. And I think that’s probably maybe where a lot of us judges sort of go wrong. You can read the descriptions in the guidelines, but unless I think you’ve tasted the actual original, and done a side-by-side to what some of the competition offerings are, it’s an absolute minefield. But there’s nothing quite like it. Once you’ve tasted Australian Sparkling Cooper’s that is, you can’t, it can’t be untasted. It is unique.

Markus Raupach: Okay, I have the same experience with all of the beers I had the luck to go to the roots and have the originals and it’s very different if you sit on a judging table and you have been there, you know the originals, you know the brewers, maybe the history and that gives you a broader understanding of the beer style and of the idea. And so I’ve not been to Australia yet so I have to do this in the future definitely. Looking forward to this. If we look to the other countries, they also in the craft beer area started to develop new, let’s say, styles. So like the New Zealand’s with their hops or other countries with wine hybrids and things like that. Is there also something in Australia going on now on this side?

Nick Galton-Fenzi: Completely. Look, the innovation from New Zealand-based hops as you’re probably well aware, much work or rework Nelson Sauvin, which had been around for a few years now and a very, very distinctive flavours. The offering of the Australian hops and the galaxy whichever one is very, very familiar with it as far as their tastes and flavours, and it still remains a stellar mid to full palate hop. I have seen a lot of innovation as far as West Australian hop growing and we now have our local hop, Preston Valley hops from the southwest in Mar Garu which is one of our major wine-growing region. And I have not used any of their hops but they are now starting to plant out and grow. And the market receiver, I was down at the Fremantle Beer Festival just on Saturday and I got to try Steve Wearing, he is the head brewer at King Road, he was using the Preston Valley hops in his pilsner. I gotta say it’s probably one of the most amazing West Australian pilsners I have tried. And obviously, you’ve obviously got to look at your how you call this and originality and what is a pils and pilsner and where it comes from. But as far as a lager goes, and the taste and flavour, spectacular. It’s a great hop, good brewers, good innovation, good growing, and obviously, attention to detail. And I think, we’re going to see a little bit more innovation. Even myself, I’m working with some Margaret River. Margaret River in Western Australia, or those people who don’t know, this is our premier wine-growing region. So if you are drinking wines from Western Australia, chances are they do come from the Margaret River area. It is our premium grape-growing type zone. And we’re starting to deal with places like Felix Casper Wines where we’re doing the Italian grape, the X Three sort of styles. And that was, thank you very much to people like Rory Lancellas of Aegir Project in Cape Town, in South Africa, who sort of spearheaded some of these styles and techniques. And I have learned from him as far as how and the process involved. And now we have some spectacular X Three Italian grapes that are going to go into production and market offerings in 2024. So, yes, there’s a lot of things that are happening as far as like hop innovation, innovation as far as alternative ingredients, local malts and provenance availability to market.

Markus Raupach: And as you are also distilling, so what about, what spirits are you producing? And is there also some interaction like ageing beer in spirits barrels and things like that?

Nick Galton-Fenzi: Yes, that’s a really, really good question. As far as like the distilling side of things, we are a fledgling market, I would like to see more grassroots sort of wash through to finished spirit production. But we have some amazing industrial distillers that are able to distil 100% whitewash to the point of, it creates an amazing flavour profile as a neutral grain alcohol. And then making gin from those processes and then doing a finishing polishing product in pot stills gives market demand, market and consumers what is probably far up and above what those producers who are making their own washes and distilling four or five times in order to get some very clean, neutral alcohols. So using a combination of industrial distillation, and artisan small distillation, we can make some very, very good quality products. And I was just out with a colleague of mine last night, and we were discussing the merits of start-through-to-finish washes versus using industrial continuous distillation, and then polishing processes. You can’t compete with the quality of products that they make. It’s very clean, it’s very neutral. And I’ve distilled vodka in Poland and UK, and I still haven’t come quite close to the quality of industrial spirit with a copper reduction polishing process. By the time you’ve done it six times distillation. One day, Markus, you have to make it down here so you can come and try these processes and see and taste for yourself. Because I can guarantee we probably won’t see the eyebrows on your forehead once you realize exactly what and how these things are being done, because they are an incredible taste profile.

Markus Raupach: So the things you are distilling, it’s in a larger scale? Or also more like micro-distilleries?

Nick Galton-Fenzi: So the micro-distillery side, plenty of smaller size 250, 350-litre pot still styles, but we are using a combination of both primary production to make wash and industrial fermentation to make neutral ethyl alcohol and then flavouring using junipers, corianders, all the typical styles of gin production for London dry.

Markus Raupach: But you don’t do whiskies and things like that.

Nick Galton-Fenzi: Personally I have been involved in whiskey production in Isla But in Western Australia, we have one distillery, which is running with to my knowledge that are doing full whiskey production. We have more distilleries in Tasmania than what there is in Scotland and they have their own peat bogs. The unusual thing about peat bog in Tasmania is that most of the detritus material is coming into the peat bog from eucalyptus pepperberry-style of organics. So it’s very spicy, very peppery, which gives it such a unique flavour and you can’t replicate that anywhere around. Whereas obviously when you’re in Scotland, you’re dealing with a more neutral organics from their peat and gives very, very different flavour profiles, depending on what the plant growth and organics is around at the time and what you’re burning, what you’re smoking.

Markus Raupach: Wow, that really sounds interesting, especially as I’m a fan of all these smoked things. And so I have also to try the Tasmanian whiskey.

Nick Galton-Fenzi: Yes, absolutely.

Markus Raupach: I read that you also have been working in the West Indies so in the Caribbeans. How was that? Especially with the weather conditions. And did you ever have time to brew because you always have been to the beach? Or how was it there?

Nick Galton-Fenzi: I had a great experience in the Caribbean. I was employed through the Carib Brewery in St. Kitts and Nevis, so it’s a sister island, St. Kitts and Nevis. And those islands are located 15 minutes apart. The Carib Brewery is the licensee for Royal Stout, Guinness, they also produce Carib, Carib Light, three ranges of soft drinks. And it’s mostly lager production at 28 days in cold ferment-type conditions. I was very kindly taken under the wing to do some product development and analysis. Unfortunately, I was right in the period of Covid when I had landed in 2020. The usual number of tourists that you would normally see through the island is around 10,000 a week. So you have an island that has a population of 30,000 people with 10,000 people a week visiting. I had landed right at that point where the tourist trade had really started to slow down. We’re due to launch a new product, the Carib IPA. It’s an American tourist destination and hotspot. And the project went a long way. We did a lot of market testing and confirmation and got, the product actually got released I think 2022. But it was a good six months after I had left the project. So I hadn’t unfortunately followed up but yes. I have the Guinness licensees. The Carib Brewery does all the production for Antigua, Trinidad, Tobago, Florida, and if you’re drinking Guinness, which is the royal, which is the tropical stout, it’s a seven-a-half per cent stout that’s served in 275 mil bottles and it’s sweet, strong, dark, very, very full flavour. But incredibly well attenuated. You’re talking attenuation of like 85%. So although you have it’s got no sharp bite to it or anything else like that. It is just pure malt and it’s malten dry, and it’s surprisingly refreshing for seven and a half per cent. For the last, until 1990, it was one of the largest sellers in the Caribbean region through Jamaica, Antigua, St. Kitts and Nevis, which is just amazing considering the colour. So yes. But no, great experience.

Markus Raupach: It’s very, very interesting. And in an area where it’s so humid, it’s so warm, that people drink seven and a half per cent as their favourite.

Nick Galton-Fenzi: Completely, completely.

Markus Raupach: Yes, and I also read that at the same time or a little later, you also had a little mead adventure. So you also went into this alcoholic drink. How did that come?

Nick Galton-Fenzi: That’s right. So I was contracted through the Wye Valley Brewery and Meadery, the hive mind brew house. We originally started their first brew house, I originally started that and built their first brew house. There was some issues with the lease and lease holdings, the landholder eventually had to pick all the materials up and then rebuild the entire brewery in Caldicott which is just down the road from one of the largest industrial brewing for the whole of the UK in Caldicott. So I was doing the mead production and the first load of their beer production. And we had three first releases, which was the IPA, their summer ale and their big smoke, a smoked porter, which took out a three-star great taste award for the UK. One of only two beers that took out the three-star awards out of about 5000 entrants. So it was a very nice, very nice accolade and being produced at the moment. So if you haven’t got to check them out, Wye Valley Brewery and Meadery in Caldicott in Wales. They have a number of hives that is at the Caldicott Castle, which is right next door to them. And that castle was built in the 1100s. Their hives are based in that Caldicott area and they use the honey from the castle to do all their main production. So Matt Newell, he is a beekeeper, he does all the honey production through to their mead production. And it’s a full start through to finish establishment as far as so I was doing all the water chemistry, their new brewing production and their mead development and analysis.

Markus Raupach: So you were more involved in the beer side there not on the mead side?

Nick Galton-Fenzi: Definitely. Yes definitely more in the beer side of production. And I was doing the water chemistry innovation for their mead side of things. So obviously, when you have a 15% traditional mead, you still have 85% water to do your dilution. It’s very important to make sure that that water meets the taste and flavour requirements that complement the finished mead. So we’re using things like heather meads, very, very delicate. And we’re using the summer meads, which are a little bit more robust. So by looking at those water chemistry and balancing that up with a few chloride, your sulfates, your calcium and your yeast health sort of parameters it was making sure that everything had balance into it.

Markus Raupach: So also a fascinating world. And maybe what brought you back finally to Australia? What are your plans for the future at the moment?

Nick Galton-Fenzi: Yes, so my folks live in Western Australia. I had moved back from UK mid-last year to spend some more time with them. And that’s pretty much what the draw card was to make sure that my parents got looked after and they’ve obviously given me everything they have entirely, and I need to make sure that they get looked after. And I’ve been very fortunate to be taken on by groups in Western Australia. The Wildwood Brewing down in the southwest, Flying Fine by Sinjin Hammond, who are a brewery and distillery and stoler. And I continue my knowledge and I continue to learn and understand as far as every single day that you’re brewing, you are learning this. There’s no two days. And I’m now just coming to understand the difference between summer and winter conditions. So in Perth in Western Australia, we have a very large desalination plant that operates off our coast and that produces most of our, not most of our, but some of our drinking water. We chandi that back into our natural water mounds. We’re a fairly dry place. But the difference between the summer rainfall and winter rainfall means the difference between 400 parts per million TDS down 280 parts per million TDS. So it’s looking at those differences in summer and winter rainfall and how that impacts on our local water supply and what that means for our brewing water supply. Because in summer, I need to up the calcium chloride, calcium sulfate to make sure I get the correct mash pHs and in winter, I need to dial that down by about 30% to make sure that I meet the requirements of that. And then in one of the breweries that I’m working at, we have tank and rainwater. It’s a very finite supply, 200,000 kilolitre supply. Sounds like a lot. But when you’re doing brewing at a five to one ratio, that means for every one litre of finished beer using five litres of water. So looking at rain, like how to make sure you save water and how the seasonal differences between summer and winter on your water vary and what that means for your consumers. And it’s quite substantial as far as production.

Markus Raupach: Wow, so that sounds again, like a lot of work a lot of science to be done, a lot of things behind the curtain. So just last question, if people come to Australia, if they want to try some of your beers, what do they have to do? Where do they have to go to meet maybe you and your beers, of course, and your spirits?

Nick Galton-Fenzi: Send me an email, that’s all I can say. Send me an email, I would love to hear from anyone who is visiting. I am a keen advocate for Western Australian beers, spirits hospitality, and please just get in touch. And I will point you in the right directions about where you need to go, who you need to have a chat with, and Markus you are top on the list. And you probably need to get here and bring Bastian from Altenburger Brewery with you. And I’d love to host both of you and show you around. And because we have some incredible offerings. It’s a lovely place. It’s quiet, it’s easy to get around, it’s a very, very safe place. And we have some great beers and great spirits on offering. And it’s a long way to travel. So it needs to be a little bit organized, but please just get in touch and I would love to host anyone who would love to visit the area.

Markus Raupach: Fantastic. So you will put your contact data of course in the show notes and so thanks a lot for this wonderful conversation for this insight into the other side of the world and that you’re so open and produce so many good beers and spirits. And also thanks for your friendship and I’m also very much looking forward to visit you and Australia, and of course I will bring Bastian also with me. He was also already on the podcast so we are good friends and he makes fantastic beers, and I’m thinking he will be also looking forward to visit you. So thanks a lot and see you soon.

Nick Galton-Fenzi: Thank you Markus. All the best and thank you very much for your time.

 

BierTalk – Der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk English 31 – Talk with Father Karel, Subprior and Brewer at Grimbergen Abbey Brewery, from Grimbergen, Belgium

Grimbergen Abbey has not had its own beer since the brewery was destroyed during the French Revolution. After more than 200 years, the 15 monks of Grimbergen Abbey and the brewery groups Alken-Maes (Heineken) and Carlsberg have now decided to resume operations at the abbey north of Brussels, Belgium. A microbrewery with a capacity of 10,000 hectoliters per year started production in 2021. Father Karel combines his daily monastic life with the management of the abbey brewery and supports the master brewer Marc-Antoine Sochon. To this end, he completed an apprenticeship at the Jacobsen Brewery in Copenhagen and received theoretical instruction at the Scandinavian School of Brewing. Today, the brewery has three beers: Grimbergen Astrum Pale Ale (6%), Grimbergen Magnum Opus Brut (8%) and Grimbergen Ignis Quadruple (10%), but father Karel and the brewmaster are already working on new beers, especially some barrel-aged ones, as he tells us in the podcast…

Kommt in unsere Facebook-Gruppe und diskutiert mit: https://www.facebook.com/groups/bierakademie

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

Zusammenfassung auf Deutsch:

Vater Karel erzählt, dass die Abtei Grimbergen die älteste noch existierende Norbertinerabtei weltweit ist und eine lange Brautradition hatte, die während der Französischen Revolution unterbrochen wurde. 1958 begann die kommerzielle Produktion des Grimbergen-Biers durch andere Brauereien, und seit 2016 ist Carlsberg daran beteiligt. Vater Karel, der zuvor in der Seelsorge tätig war, spielt eine zentrale Rolle im aktuellen Projekt einer Mikrobrauerei innerhalb der Abteimauern, die 2021 eröffnet wurde. Diese Mikrobrauerei produziert einzigartige Grimbergen-Biersorten, die sich von den traditionellen Sorten unterscheiden.

Vater Karel spricht auch über seine persönliche Geschichte mit Bier und Wein, seine Entscheidung, dem Klosterleben beizutreten, und die täglichen Aktivitäten in der Abtei Grimbergen. Er beschreibt die Abtei als lebendige Gemeinschaft mit einer aktiven Mönchsgemeinde, die sich in pastoraler Arbeit und Projekten wie der Unterstützung der Ukraine engagiert. Zusätzlich zur Brauerei gibt es in Grimbergen eine Ausstellung, die den Besuchern die Geschichte des Bierbrauens und die Bedeutung des Hopfens näherbringt. Das Wappen der Abtei, ein Phönix, symbolisiert die Widerstandsfähigkeit und den Glauben der Gemeinschaft. Vater Karel träumt davon, ein Bier mit der originalen Hefe von 1795 zu brauen und experimentiert mit der Verwendung von Weinfässern für die Bierproduktion. In der Abtei werden verschiedene spezielle Biere gebraut und verkostet, darunter ein winterliches Glühbier und ein Champagner-Bier. Abschließend lädt Vater Karel die Zuhörer ein, die Abtei zu besuchen und die einzigartigen Biere zu probieren.

 

Interviewtext:

Markus Raupach: Hello, and welcome to another episode of our podcast BierTalk. Today we travel again in the wonderful beer country of Belgium and we visit a very special brewery in a monastery. And we visit of course, also the man who had the idea of the whole thing. It’s Father Karel from Grimbergen. So hello, Father Karel, and maybe you introduce yourself a little bit to our listeners.

Father Karel: Hello, everybody. I’m Father Karel. I’m 59 and I’m Norbertine father of the Abbey of Grimbergen. And Grimbergen is the oldest still exist Abbey all over the world of Norbertine fathers. And we have always a tradition of brewing until the French Revolution. And then we are still wait until 1958 of the commercial Grimbergen you can find everywhere brew by other breweries. And now it’s in the hands of Carlsberg. And in 2016, Carlsberg, Alken-Maes and the Abbey decide to put a microbrewery here in the walls of the Abbey of Grimbergen. And so I’m involved with this project and that’s a short way. Before I have also done a pastoral work more than 25 years. And so.

Markus Raupach: Let’s start maybe a little bit in these early days. So do you remember when you had your first contact to beer? And was it before or after you decided to enter the order?

Father Karel: Yes, it was when I still was father in the Abbey. I was in vault at the moment with the three big Paris and the Abbot asked me in 2010, he needed somebody for the accountancy problems, finance problems, and the workers in the Abbey. And he asked me, Karel, can you do that? Okay. Very soon, you know what you must pay for everything to renovate the roofs and so on and so on. But I don’t know at that moment what is income of the Abbey. And then we look forward of the contracts we had with Grimbergen beer. And at that moment, we were already still by Carlsberg, called we have by a Belgium brewery they have by the name Grimbergen, the name Grimbergen, and also the coat of arms of the phoenix. So I travelled to Copenhagen to negotiate an old contract and that was a start of my beer expertise and so on. Very good thing. And we find there, a partner with Carlsberg who have also seen that the Abbey had, that human beings are more important than only to get money. So we were very glad with that. And in 2016, the CEO of Carlsberg came to Grimbergen and he asked me, Father, tell me your dream. And I told him my dream is to brew again inside the walls in the basement of the Abbey, 500 litre or so. And another guy on the board of Carlsberg, he told me, Father, we are multinational. We don’t care about 500 litres beer. And everybody laughing with me. The fathers, my colleagues, they laugh at me. They say, you see Father Karel’s stupid idea? No, no, said the CEO. It’s not a stupid idea. It is a nice idea and I have the money for that. And so we start with renovate festivity hall to a microbrewery, and the opening was in 2021. And so we are still now two years, full two years working on it, the different Grimbergen beers. And what we make it’s not the normal Grimbergen beers you find everywhere, the blonde or the double. Very good beers, but that is made by the big breweries. We make new varieties for the future here in the microbrewery.

Markus Raupach: So fascinating story, and maybe just a little bit back in your personal history. So can you remember your first beer, when you drank your first beer?

Father Karel: My first beer I was I think 50 years old, and that was I think Gouden Carolus. Yes, my name is Carolus, gold Carolus. It is a dark beer, very famous here in Belgium. Very tasting beer. I knew I have my periods that I have drinking beer. When I was a parish priest, I was also very involved and my passion was also (Burgundy?) wine. And that means that we, do we now also samples with barrel aged in the brewery of Burgundian barrels and so on. So yeah, and of course, since 2010, 2012 it’s daily that I must have drinking beer, different other types of beers of other markets, other breweries. It’s very exciting to do that, yes.

Markus Raupach: When you were a young boy, when did you decide to go into the Christian order? Was it a process? Or was it something you already always knew?

Father Karel: It was not a process, it was like, boom. I was anti-Catholic. It was not so of the same line of the Catholic Church at that moment. But I meet a priest and I said to myself, he’s always happy, and I don’t understand it. You don’t have a wife, the salary it’s nothing, it means nothing. You must know in Belgium it’s different than in Germany. In Germany it’s, es gibt kein Steuer. We don’t have that in Belgium. We have a salary of the state, but it’s very, very, very low. You can simple life with that, that’s only that. So, and I was wondering that he was also happy. And he bring me to the gospel of Jesus and there are other various in life than only get money. Yes. And that was, for me, a very important meeting to know that and to have more and more the knowledge to find my way in that. And then I look forward to an abbey because I think I’m not make. I’m not a person to live alone in a house. And so that’s the reason that I came here in Grimbergen. Doing a pastoral, living together inside the Abbey, but going outside on pastoral work, hospitals, schools, and so on and so on.

Markus Raupach: Yes, and maybe the people don’t really have an idea of what and where the Grimbergen Abbey is. So maybe you describe a little bit where you are and how it looks like and how many monks are there and how life is everyday.

Father Karel: Okay, Grimbergen is on the periphery of Brussels, in the north of Brussels. By car you can drive in ten minutes to the airport, international airport of Brussels. You are in ten minutes in the centre of Brussels. So, but it is in the Flemish part, it’s not in the French part. It’s the Flemish part of Belgium. Grimbergen, what I say already, is the oldest Norbertine Abbey founded by St. Norbert himself. And also in Germany, St. Norbert’s very famous, certainly in Bavaria, because we have a lot of Norbertine Abbey’s there in Windberg, Roggenberg, in the south of Bavaria different abbeys, also Norbertine Abbey’s. So Grimbergen we are now with nine fathers in the Abbey and two fathers in South Africa. So it is a varied community, but a very active form. All the fathers doing a lot of work, seven parishes or more, all in the north of Brussels. I think we are at this moment we do a lot of 25, 30 parishes. Somebody who is also volunteer working, doing working in the hospital, University Hospital in Brussels. I am also involved. I’m involved with the microbrewery but also with what I have done volunteer with Ukraine. Different convoys bring ambulances to their renovate. Already three schools have built shelter, like a bunker for 300 children in Ukraine. So that’s my pastoral dimension. And on the other hand, I do the microbrewery. I’m more the marketing guy and the face of the microbrewery, and of the mark of Grimbergen, yes.

Markus Raupach: Yes, and it’s not only a brewery, you also have this wonderful exhibition. What was the idea to do that to have like a whole experience? And what can people expect if they come and see that?

Father Karel: Yes for me, it was important that a brewery, you can put a brewery anywhere. But an abbey brewery that’s yes, that’s a little bit different, because you are still in an abbey. So there is a time of silence. That means that we don’t work in the weekends. That means that we don’t work at night. That we have a very good humanity, relationship with the workers, two guys, young guys who work in the microbrewery and are members of Carlsberg group. But we have a very good relationship with them. For instance, to know what, how is their family situation? Yes, it’s important to know that and also people who come to us. So for me, there is, we want a brewery, a small brewery, but also an experience, experience of hops. A lot of people don’t know anymore what is hops. So we have put a small hop field inside the garden, and also an herb garden. Because in the time of the Middle Ages, there was still herbs to making beer to give bitterness on the beer more sustainable 40 days and also a sighting and other moment to have beer that sustainable 40 days. And we’re still waiting when hops comes from Germany. It’s from the Vikings. Vikings. Then Germany, and Germany by the ports of Bremen and Hamburg came to here in Belgium. The first Abbey was African. And then it’s ten kilometre from Grimbergen. And so we know on all drawings, we see all the hop fields in the Middle Ages that we had. So for me, it was important to have a hop variaty of the Middle Ages, the Groene Belle. It’s an aromatic hop that we can use on the end of fermentation, boiling the wort. And then we have also an experience hall with different Belgium beer styles and tastings. And the people they can come in group by guide, or they can do it by themselves. And so guiding tour, and then they can go look inside the microbrewery and also they can put with a key, I like this one. I like more hoppy beer. I like more sweet beer. And on the end of the tour, the computer calculates which Grimbergen you shall like it. And you can order them in the bar. The Phoenixhof is a big brasserie with food pairing. There you can taste all the Grimbergen beers, and of course, the varieties of the microbrewery we make now.

Markus Raupach: Yes, it’s a fascinating experience. I did it myself when I visited you. And maybe also for clarification for our listeners, The Phoenix is like the logo animal of the Abbey. Where does that come from?

Father Karel: Well, the phoenix is a mythological bird and the fathers have put the phoenix as coat of arms of the Abbey as symbol after the first destruction we think in 1142 already. Then you must know that the Abbey after that is three times destroyed and they put it in flames. They were occupied by Spain, we were occupied by the Ottonen and Hungarians, we were occupied by the French, we were occupied by the Germans. But because with the French they have destroyed a lot of things in the French Revolution here. So three times is, they have, the Abbey was totally destroyed. And even then the fathers came back and rebuilt everything, the Abbey and the brewery, each time again and again and again. And that’s make for us that the phoenix is the DNA of Grimbergen, of the fathers of Grimbergen. We believe in ourselves, we believe in our mission. Its resilience, very important, and we are proud also for that. So, and that’s for us, it’s more than a mythological bird. It’s for us, it’s mean, yes. Hands and foot and, yes, everything. 

Markus Raupach: You told us that it’s the oldest brewing tradition more or less in Europe. Could you say a little bit about the early history? So when did the monastery and the brewing start? And maybe also, what influence had it on the location of the brewery today?

Father Karel: We still know that there was a brewery before 1566, before the religious war between the Catholics and the Protestants. Because when the fathers came back after the destruction of the religious war, this day in a daily book of a father, the abbot, Abbot de Velasco, he rebuilt the brewery. And it makes sense because we know that each Abbey had in the Middle Ages, a brewery. Why? Because in different places, water wasn’t drinkable, first and second, beer, cheese and bread was a kind of payment the workers. You must know that in the Middle Ages, more than 1300 people work for the Abbey. The Abbey has 2500 acres great. It was amazing, with ten farms with eight water mills. Also fouir windmills. They have territory, woods, and so further and so further. They have a big lake also for fishing, because they eat fish three times in a week. So it was an economical point, it was an education point, it was the liturgical point, a spiritual point an abbey. It was very important. They were the first you can say the first big companies in Europe, abbies. You can say you like it or you like it not, but that is our history, even in Germany, I think. That’s our  history. So we know, and we have just before the French Revolution, so the French came here in 1794 and then it was very tough for the fathers to have lived inside the Abbey because they must pay a lot of taxes. And there was no anymore allowed to be priests. The free out of the Abbey by the sword of French soldiers. And we have still ingredient list at that time from the last brew that we have of how many hops, how many wheat, how many malt, everything. And that’s now the occasion we have to find out a brew have similar – but it’s not easy – to have a brew similar to make a brew similar, like a brew before the French Revolution. That’s my dream to still make it. So we know now where was the old brewery? We have found in underground the place and we have taken measurements and send it to Copenhagen. And they have, we have sent ground of the old basement of the brewery and they have analysed it. After three months, they sent me back phone and they said, Father Karel, we have found the original yeast of the brewery of the brews before the French Revolution. Wow, that’s amazing.

Markus Raupach: And with this yeast you’d make your beer nowadays.

Father Karel: Not yet. Not yet. We are still working on it. Now we use the normal Grimberger yeast still, but I think in one year or two years we will certainly come with a beer, a Grimbergen beer with making by the original yeast of 1795.

Markus Raupach: So that’s really a fascinating story and it also shows that you are still going forward and developing new ideas, new beers, new ways to produce beer and also the idea to bring the past back a little bit. Maybe at the moment which beers are available in the brewery when people visit you? Which beers can they have and what is their idea of each beer?

Father Karel: So at this moment, we have four/five beers. We have a winter beer, only in wintertime. It’s a Glühwein, but then in beer. With caneel [cinnamon]. It’s very exciting. It’s a dark beer. Then we have Astrum. And Astrum bring us to the history of the top of the microbrewery. We have the first observatory for stars. It’s called Mira. It’s protected by the king of Belgium and it was also a father who was the founder of that. And so we have added, and it’s an IPA on the end of the lagering. We added galaxy hop on it and it’s six degrees. It’s a very refreshing beer. It’s the daily beer that we’re drinking on the end of the day in the brewery. Then we have Ignis and Ignis means fire, and it’s been to the rich history of Grimbergen, what I told you different times destroyed. They have put everything in flames. So for me it was important to have the burning wood in my glass, to smell the burning wood in my glass. So what we have done is roasted malt added to the beer and that gives you an, yes, you you can smell the burning wood on it and also a little bit banana taste on the end. It’s a quadruple, it’s ten degrees. And then we have Magnum Opus, it means masterpiece. And this was a beer we have made it for the opening of the microbrewery. We are brewers, beer brewers, we are not winemakers. So when we were winemakers for an opening we sell used champagne, but we are beer makers. So what we have done on the end of the third fermentation with Grimbergen yeast, we have added champagne yeast. We don’t can use the name because it’s a protected name, champagne. So we call it with a sprinkling yeast, but people know it’s come from champagne for Epernay, and that give a very refreshment and a dry on the end. But for me, it was not enough. I want also to have the taste of wine in my beer. And then we have found and hop variety in New Zealand, Nelson Sauvin. And that mixed numbers of molecules of white wine and it’s a hop field near wine field from Sauvignon Blanc. And so you become in that beer a refreshment, minerality and on the end of the yeast, of champagne yeast, a dry taste on the end. But this is what we have now. And we have also a brut rose, and that you can only taste in the Brasserie Phoenix of near the Abbey. And then we have added on the end of the lagering 8% quick on it. So it’s very exciting. It’s not sweet. It’s not sweet because quicks are no sweets. So yeah, I can only say come and taste it.

Markus Raupach: Yes, and I only can confirm that because I was there and I tasted it, and all the beers were really fantastic. Really very special. And of course being from Bamberg I love the little smoky character of the smoked malt in the Ignis. So it was really a great experience. And also afterwards you also showed us your experiments with wooden barrels. So they’re also very interesting beers. How did this idea come at the moment and what is maybe in the future available about that?

Father Karel: My big passion is also wine. And so I went since 2001 to Boulogne and I know a lot of winemakers and farms, wine farms there. Have very good relationships. It’s more friends for me than I must buy wines there. And so I asked them, is it possible to have barrels for Mirassou when they have put Chardonnay? Do you have also Pinot Noir barrels from a very impressive village in France. And also a friend for me who is, it’s one of the biggest wine, famous wines, Le Pin from Jacques Thienpont in Bordeaux Pomerol and that’s Merlot. We have put there, the Magnum Opus, and on the right one, we have put the Ignis, yes? And so what we have seen now, we have seen that on the barrels of Merlot from Bordeaux, that there is a second fermentation. So that rest of the yeast and also for the grapes of the wine are still in fermentation. And that gives another taste on the beer. And when you don’t know it, then you have I think a glass, a dark glass and you taste that, that can be difficult to find out it’s now a beer or it’s vine. And you have tasted, so you can tell them. So and that we want also to do that. It’s no innovation but yes, it’s very nice. It’s for me, very nice to do that.

Markus Raupach: Yes, it’s very nice and also I must say it’s crazy or impressive to see that you still can do something special, something different to all the others and it’s a unique taste, unique idea which you have in the Abbey. And so that’s really interesting that you have beers that are a little bit like a Flanders red or a little bit like a Greek or a little bit like a champagne beer but still in a different way. So that’s really fantastic. So I know you have limited time. Maybe a last question. In your monastic life with your other fathers, when during the day do you drink beer and which ones? Or are there special days where you drink special beers?

Father Karel: So normally at 11 o’clock we have a tasting in the brewery because your mouth is clear and fine. And then on the end of the day at 5 pm, we have a meeting every day I come there, even I have busy in the Abbey. I come there greeting my colleagues there and we have certainly a tasting of the beers. We always taste Astrum because it’s low in alcohol. The rest, Magnum Opus is eight, quadruple is ten degrees, Brut Rose is also eight. So you must be a little bit careful because we are still working after that in the Abbey. We have meetings still in the evening. So yes. And then on Sunday in the Abbey, all the fathers we then have a very good glass of Grimbergen on Sunday evening.

Markus Raupach: And for Christmas?

Father Karel: And for Christmas itself, we either have the Hiemis Calix. It’s the golden Calix. It’s a winter beer, yes.

Markus Raupach: Okay, so fascinating. I wish you all the best. Thanks a lot for your time and as I said, I really encourage all our listeners to come to the Abbey to visit you and visit this fascinating project and honour and taste your beers. Thanks a lot.

Father Karel: Always welcome. Thank you. Bye-bye.

 

BierTalk – Der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 128 – Interview mit Bruder Tobias Matheis, Brauer im Franziskaner-Minoritenkloster Schönau in Gemünden am Main

Bruder Tobias von den Würzburger Franziskaner-Minoriten bekam zur Feier seines lebenslangen Eintrittes in das Klosterleben, der Profess, von den Kollegen in seiner ehrenamtlichen Arbeit in der von ihm gegründeten Würzburger Straßenambulanz ein ganz besonderes Geschenk: Einen Braukurs beim Inhaber der damals kleinsten Brauerei Frankens, Frank Engelhardt in Seinsheim. Die Saat war gesät, seitdem begleitete ihn seine improvisierte Brauanlage von einer Station zur nächsten und auch die Freundschaft zu Brauer Engelhardt wuchs. Heute ist Bruder Tobias der einzige Bruder in Deutschland, der auch innerhalb der Klostermauern braut, und stellt somit die kleinste Klosterbrauerei der Welt dar. Im BierTalk sprechen wir über seine Geschichte, seine Ideen und verkosten natürlich auch sein Bier, das – kleiner Spoiler – auch geschmacklich völlig überzeugen konnte…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute, Samstag vor Weihnachten, ist es wichtig, auch mal andere Wege zu beschreiten und trotzdem auf dem Weg des Bieres zu bleiben. Und deswegen habe ich mir überlegt, wir besuchen einen ganz besonderen Menschen, Bruder Tobias im Kloster Schönau, der selber eben auch den Pfad des Bieres auch beschreitet und der über den weg Spiritualität und Bier auch anderen Menschen dieses Thema näherbringt. Also sehr schön, dass ich überhaupt hier sein darf, diesen Ort auch kennenlernen darf mit dir zusammen und schön, dass du da bist. Und vielleicht ganz kurz, wenn du dich unseren Hörern nochmal selber vorstellst.

Tobias: Ja, gerne. Herzlich willkommen auch hier bei uns in Schönau. Mein Name ist Bruder Tobias. Vielleicht vorweg, ich bin Pfälzer, ich versuche Hochdeutsch zu reden, aber ich hoffe, man versteht mich, aber der Akzent wird bleiben, ne, da stehe ich auch dazu.

Markus: Wunderbar. Kloster Schönau, Pfalz, wie kam dieser Weg, wie kamst du überhaupt so ins Klosterleben, kann man es so relativ zusammenfassen oder ist das ein längerer Prozess?

Tobias: Das ist schon ein Prozess, du kannst nicht sagen, jetzt ist die Berufung da, jetzt weiß ich Bescheid, dahin geht es. Es sind so kleine, ja, Wegmarkierungen oder die sogenannten Zufälle, die es ja nicht gibt, die einem zugefallen wären. Und wenn man das ernstnimmt, diese Zeichen, dann kriegt man dann auch schon einen Weg gezeigt und was dran ist. Und irgendwann, früher oder später, kommt der Punkt, wo ich mich entscheiden muss auch und werde sagen in meinem Leben, da gibt es noch mehr als das, was mir Welt und was vorgaukelt.

Markus: Und es gibt ja verschiedene Orden. Was für ein Orden ist das, wo du jetzt hier bist und gibt es da auch einen Entscheidungsprozess, wo man da hingeht?

Tobias: Also für mich war diese Spiritualität von Anfang an klar, dass Franziskanische, also wir folgen einem Franz von Assisi, der diese Spur gelegt hat. Und ich kann nur ein Stück nachfolgen, seinen Spuren. Ich bin kein, das ist ja auch das Oberbayrische, das Schöne, eine Verbindung, Franziskaner, ja, also Franziskanier. Es gibt nur einen Franz von Assisi und ich bin der Tobias und habe meine Berufung und die muss ich in dieser Spur des Franziskanischen gehen. Aber in der Spur dieses Ordensgründers, der uns gesagt hat, wie wir leben sollen, wir sollen die Menschen zur Liebe Gottes führen in Freundlichkeit und Fröhlichkeit, ne und das versuchen wir hier auch ein Stück bei uns.

Markus: Das heißt also Lebensfreude, Lebenslust gehört auch irgendwie zum geistigen Leben dazu?

Tobias: Das gehört mit dazu, wie auch alles andere, was ich im Leben erfahren werde, früher oder später, es gibt eine Freude und Fröhlichkeit und glücklich sein. Aber auch, ja, das Dunkle, wie beim Brauen auch, ne. Ich brauche die Bittere im Bier, die gehört dazu, zu dem guten Geschmack, ja.

Markus: Ja, oft ist es ja die Bittere, die dann eben den Anreiz setzt, weiterzumachen. Ist ja vielleicht auch im Leben manchmal so ein Punkt. Wie soll ich mir das vorstellen, so ein Bruderleben im Kloster? Wie viele seit ihr hier in diesem Kloster und wann geht so ein Tag los und wann endet der und was passiert so dazwischen?

Tobias: Genau, wir sind hier in Schönau sechs Brüder. Das Tagesprogramm, wie es gestaltet wird, legt jeder Konvent an seinem Ort fest. Wir beginnen hier um 06:45 Uhr, also die Gebetszeiten und Essenszeiten sind Gemeinschaftszeiten. Morgens beginnen wir mit der Laudes und Meditation, Stille und Gottesdienst und dann ist so das Tagesprogramm, unterbrochen wieder durch Gebet, Mittagsgebet, Mittagessen. Und abends wieder die Vesper und zwischendrin, was jeder Bruder halt für eine Aufgabe hat.

Markus: Und wie lange bist du hier an diesem Ort schon?

Tobias: Ich bin hier vier Jahre im Kloster Schönau. Und wir haben jetzt wieder Kapitel und ich werde die nächsten vier Jahre auch noch hier sein.

Markus: Ach, das heißt also, alle vier Jahre könnte man theoretisch auch woanders hin?

Tobias: Genau, das ist Provinzkapitel, wo auch der Provinzial neu gewählt wird oder wiedergewählt wird. Und der guckt dann in seinem Programm, was er vor hat oder was, wie, wo besetzt werden kann.

Markus: Also er entsendet dass quasi auch die Leute so ein bisschen?

Tobias: Genau, ja.

Markus: Wo warst du vorher, was gab es da für Stationen und was hat dich dann hierhergeführt?

Tobias: Gut, die ersten beiden Jahre der Ausbildung bei uns in den Orden rein, ist das Postulat und das Noviziat. Das war bei mir damals in Maria Eck, das ist ein Bergkloster am Chiemsee in Oberbayern. Und da habe ich die ersten zwei Jahre verbracht. Da war auch ein Klostergasthof dabei, die Wallfahrtskirche und das Kloster. Und dann ging es weiter in Würzburg, da ist dann das sogenannte Juniorat. Und dort habe ich dann auch meine feierliche Profess gemacht in Würzburg, also die Gelübde auf Lebenszeit. Da war für mich auch klar so ein bisschen die Arbeit, wo die hingeht. Ich bin von Beruf ja Krankenpfleger und habe da in Würzburg die Würzburger Straßenambulanz gründet, so eine medizinische Versorgung für Wohnsitzlose, und deren Tätigkeit gehe ich seitdem nach. Und da kommt jetzt auch dieses Bierbrauen mit dazu. Zu meiner feierlichen Profess haben mir die Kollegen von der Bahnhofmission, Wärmestube, so einen Braukurs geschenkt. Und da habe ich den Frank Engelhardt kennengelernt, der auch Sozialpädagoge ist, in Würzburg arbeitet. Und der Winfried Zippel, ein ehemaliger Braumeister, der mich da begleitet hat und wo wir immer zusammen weitergetüftelt haben, bis das stand, was ich jetzt hab, diese kleine Hobbybrauerei. Die war dann zuerst mal in Würzburg aufgebaut. Da habe ich erstmal in der Klosterküche meine Werke vollbracht. Das war dann immer wieder ein bisschen störend, ja und so bekam ich eine alte Schreinerei auf dem Klostergelände, wo ich dann die Brauerei einrichten durfte. Das Ganze habe ich dann mitgenommen dann auch bei der nächsten Versetzung ins Kloster Schwarzenberg im Steigerwald. Dort habe ich dann auch wieder im Keller gebraut. Und das Interessante vielleicht, diese Versetzung fand an einem Tag statt, am 16. März, da war einmal dieser Bombenangriff, wird gedacht, in Würzburg. Das heißt, ich bin von Würzburg weggefahren und angekommen in Schwarzenberg. Und 100 Jahre genau zuvor, bei uns werden immer die verstorbenen Mitbrüder vom nächsten Tag vorgelesen, denen gedacht, ist genau der Bruder Rufin Schmidt verstorben, 100 Jahre vorher. Der war Bierbrauer im Kloster Schwarzenberg, dort hatten wir eine eigene Brauerei. Ja und da frage ich mich, das kann doch kein Zufall sein. Also das wieder, was einem zu zugefallen wird. Für mich war das einfach, es hat gepasst.

Markus: Ja, das ist sehr spannend. Wie reagieren da die Klosterbrüder? Also jetzt aus dem Bauch raus würde ich ja sagen, die sind alle total glücklich, weil sie sagen, endlich haben wir ein eigenes Bier. Oder gibt es da auch welche, die sagen, Mensch, das macht nur Dreck und Ärger und was weiß ich?

Tobias: Ja, die, die Bier trinken, bis jetzt hat es ihnen immer geschmeckt. Aber es gibt natürlich auch Mitbrüder, die kein Alkohol trinken, die stehen der Sache halt ein bisschen kritisch gegenüber. Aber, ich denke, die ganzen Jahre hat sich ja gezeigt, dass da keine Auswüchse sind, dass es da Orgien gibt oder Betrunkene oder irgendwelche Ausfälle da zu verzeichnen sind. Also von daher ist das schon, glaube ich, mittlerweile hat jeder begriffen, was sich da tut und dass e auch in den Rahmen passt.

Markus: Und was sind das für Biere, die du da mit dieser Anlage hergestellt hast? Sind das dann so Klassische, wie man es sich bei Klöstern vorstellt, dunkle Biere oder was machst du da so?

Tobias: Also ich, vom Typ her bin ich mehr nicht der Experimentiertyp oder der Klassiker, also dieser Szene der Craft-Biere. Ich meine, bei mir ist es auch ein handwerklich gebrautes Bier, aber es muss einfach passen. Ich mache eine Sorte, ein untergäriges Kellerbier mit vier Malzsorten, zwei Hopfensorten. Und habe so schon meinen Standard drin und dem bleibe ich auch so treu, es muss schmecken.

Markus: Und das tut es ja offensichtlich.

Tobias: Also scheinbar, bis jetzt kamen weniger Beschwerden.

Markus: Und dann so, also jetzt andersrum gesagt, wenn du jetzt sagst, man wird ja alle vier Jahre versetzt. Wenn ich jetzt überlege, ich bin in so einem Kloster und ich habe so jemanden wie dich als Mitbruder, der ein wunderbares Bier macht, dann versuche ich den doch eher festzuhalten. Also wie ist das, wenn man da dann geht?

Tobias: Ja, gut, das letzte Mal habe ich schon gemerkt, es wird immer mehr, was man so mitsammelt und auch mitnehmen muss dann. Es ist eher die Problematik, was investiere ich weiter, weil ich ja nicht weiß, wie lange bleibe ich an diesem Ort, ja. Also man hätte schon längst eine Kleinsudanlage auch installieren können. Aber das ist bei Franziskanern halt genau dieser Punkt, wir sind versetzbar und unterwegs und, ja, haben nicht die Stabilitas wie die Benediktiner, das wir an einem Ort sind und bleiben.

Markus: Und wenn du jetzt dann zum Beispiel die Rohstoffe für deine Biere kaufst, kauft die dann offiziell das Kloster ein, muss man da einen Antrag stellen oder wie funktioniert das?

Tobias: Genau, die für die Hobbybrauerei kaufe ich ein. Wenn es ein bisschen größer wird, hole ich die über die Seinsheimer Kellerbräu, beziehe ich mein Malz da drüber und komme auch günstiger dann ran.

Markus: Genau, das ist vielleicht auch ein interessanter Aspekt. Das heißt, du hast dann eine Brauerei gefunden, wo du ein bisschen auch unter das Dach schlüpfen konntest und da auch ein bisschen größere Sude machen konntest?

Tobias: Genau, mit dem Frank Engelhardt, ein guter Freund jetzt mittlerweile, der in Seinsheim seine kleinste Brauerei Unterfrankens betrieben hat, habe ich da einen guten Kooperationspartner gefunden, mit dem ich auch die ganzen Kurse mitgestaltet habe bei unserem Kloster in Schwarzenberg, unter dem Titel Bier und Spiritualität. Und, ja, da hat sich auch viel Schönes ergeben, viele schöne Begegnungen und den Leuten, ja, hat es einfach gut getan.

Markus: Ja, bevor wir da noch ein bisschen einsteigen in dieses Thema, vielleicht auch die Frage, hat der Brauprozess an und für sich auch vielleicht etwas Spirituelles? Also gibt es da, ach, es gibt ja viele Rasten, es gibt viele Dinge, die einfach so passieren. Also kommt man da vielleicht auch ins Nachdenken oder vielleicht auch in eine eigene Spiritualität manchmal?

Tobias: Also ich braue am liebsten alleine und da tut sich sehr vieles. Also wenn man bewusst den Morgen beginnt und geht mit allen Sinnen rein in diesen Prozess, da hat man pures Leben. Also angefangen von den Zutaten, das ist richtig franziskanisch einfach, mit so wenigen natürlichen Sachen zum Schluss etwas Schmackhaftes, was gut tut, was gut ist, einfach herzustellen und diesen Prozess auch zu erleben, der Zeit braucht. Zeit, Lebenszeit, ich gebe auch viel Leben da mit rein, viele Gedanken während des Prozesses. Allein bei dem Kochen, auch bei dem Rasten, einfach sagen, ja, Leben braucht auch Ruhe, es muss was, ja, geschehen, sich verändern. Und die Zugaben auch wie Hopfen, auch die, ich habe vorher gesagt, diese Bittere, was auch zum Leben dazugehören muss und es gehört dazu, das kann ich nicht ausklammern, aber es darf sein, muss vielleicht oft sein, aber es kommt dann auch was Schmackhaftes hinten raus.

Markus: Gibt es denn eine Regel, wie viel Bier man trinken darf, soll als Bruder am Tag?

Tobias: Das ist bei uns in der Ordensregel nicht vorgeschrieben. Das war früher bei den Benediktinern, die ja in der Fastenzeit, wie viel sie bekommen können, dass sie ihre Kalorien zu sich nehmen. Das Maß, was jeder für sich zu sich nimmt, muss jeder selbstverantwortlich, wir sind kein Kindergarten und sagen, na, also das muss ich schon im Blick haben. Wenn ich morgens schon ein Bier bräuchte, dann ist es schon so weit, ja.

Markus: Auf jeden Fall. Und wann hat das angefangen, dass auch jetzt Leute außerhalb von dem Kloster mal von diesem Bier verkosten durften, konnten? Also wie hat sich das oder hat sich da überhaupt was entwickelt, wie war das?

Tobias: Ja, es bleibt ja nicht geheim, ne, der macht was und der hat was und da wird gefragt, könnten wir was haben? Und, ja, dann muss man sagen, ja, müssen wir gucken, wie wir das machen, das es geht so.

Markus: Das heißt, sie kommen dann vorbei und wenn grad was da ist, gibt es einen Krug oder man setzt sich zusammen und redet dann vielleicht auch ein bisschen. Also vielleicht auch, um, sagen wir mal, die Zunge zu lösen bei Themen, wo es schwer ist oder so?

Tobias: Genau, jetzt kommt dieses Konzept Bier und Spiritualität, das geht nicht um Selbstzweck, dass ich jetzt gebraut hab. Jetzt hier in Schönau zum Beispiel jetzt im Sommer hatten wir unten so einen Bauwagen stehen und da ist so ein Konzept, einfach auch so Gespräch am Bauwagen. Das kann bei einem Bier sein, beim Kaffee oder beim Wasser, aber das Medium Bier bringt zusammen und, ja, bringt Leute auch hierher, um ins Gespräch zu kommen.

Markus: Noch eine Frage zum Medium Bier. Ich kenne aus der jüdischen Geschichte, dass es da mal eine lange Diskussion gab im 19. Jahrhundert, ob man, wenn man eben sich in Deutschland aufhielt als jüdischer Gläubiger, den Wein nicht ersetzen konnte durch Bier. Und dann gab es eine offizielle Entscheidung aus der Synagoge in München, dass eben, wenn man sich in einem Land befindet, in dem Bier denselben Stellenwert hat wie der Wein im Heiligen Land, dann darf man statt Wein auch Bier für alle religiösen Handlungen und so nehmen. Gab es so eine Strömung auch mal im Christentum, dass man gesagt hat, grade hier in Franken, in Bayern ersetzt man den Messwein vielleicht durch ein Messbier?

Tobias: Gut, die Diskussion kenne ich nicht, aber ich hätte kein Problem damit. Also es geht ja da drum, was hat Jesus gefeiert einfach, ja, beim letzten Abendmahl, sich zusammenzusetzen, sie haben gegessen, getrunken. Ob das jetzt Bier oder Wein ist, also um das geht es ja nicht, was das Getränk ist. Aber es gibt ja auch, ich glaube, in Soest ein Kirchenfenster, auf dem das letzte Abendmahl dargestellt wird, wo Altbier auf dem Tisch steht.

Markus: Oh!

Tobias: Also einfach das reingebrochen auch in den Alltag von den Menschen, die da leben, die das dann auch verstehen, warum steht da jetzt Altbier auf dem Tisch bei Jesus.

Markus: Das ist interessant. Also das heißt, Bier kann auch ein Medium sein, um Nähe zu erzeugen?

Tobias: Mit Sicherheit, ja.

Markus: Bei Leuten, wo das zum täglichen Leben dazu gehört, also jetzt nicht im Essex, aber halt, wenn man sich jetzt überlegt, bis vor 30, 40 Jahren war es wahrscheinlich einfach üblich, dass Leute eben am Abend vielleicht ihre Halbe getrunken haben oder zwei und da war das vielleicht durchaus Nähe. Aber kommen wir vielleicht zu dem Thema Bier und Spiritualität, da gibt es auch ganz spannende Materialien dazu und das eine geht los mit Hopfen und Malz, Gott erhalt´s. Also da spielen ja im Grunde schon diese beiden Themen eine große Rolle. Also, ja, wie ist denn überhaupt das Verhältnis, wenn ich jetzt sage, von der Geistlichkeit zum Brauen, zum Bier, wie kann man sich das vorstellen, wo sind da Überschneidungen, wo gibt es Verbindungen?

Tobias: Ja, diese Verbindung ist erstmal dieser Gott, der alles geschaffen hat. Und wo ich sage, wenn dieser Gott verboten hätte, dass ich jetzt das Bier trinke, dann würde die Gerste nicht wachsen, dann gäbe es die Gerste nicht. Er hat sie geschaffen und wir dürfen sie nehmen und, ja, in unserem Sinne auch verantwortlich damit umgehen und, ja, dankbar für diese Gaben, die von weiter her kommen wie von dieser Erde. Und das ist ja das Spirituelle, was dahintersteht. Auch durch das Bier kann ich durchgucken, das kommt nicht aus dem Zapfhahn oder vom Getränkemarkt, sondern es kommt von viel weiter her. Einmal von den Menschen, die unterschiedliche Arbeit leisten, damit das entsteht, aber auch dann dieses Göttliche, dass dahintersteht, der gesagt hat, ja, ich schenke dir als Mensch die Zutaten, nutze sie, gehe verantwortungsvoll damit um, sei dankbar und genieße sie.

Markus: Also ein bisschen fast schon auch eine Anlehnung an die griechische Philosophie, wo es ja auch eine Strömung gab, die gesagt hat, die Göttlichkeit steckt in jedem Stückchen, in allem, was es auf der Erde gibt. In allem, was wir haben, ist ein bisschen was von der göttlichen Wesenheit drin, kann man das so sehen?

Tobias: Das sehe ich auch so, genau, ja. Wir sind ja umfangen von diesem Gott und Gott steht hinter allem und hinter seiner Schöpfung, die er uns schenkt, zum verantwortungsvollem Umgang.

Markus: Ja, das ist vielleicht auch eine Frage. Weil, auf der einen Seite kriegen wir ja von Gott die Freiheit, das zu tun, was wir tun wollen, auf der anderen Seite gibt es natürlich auch immer Punkte, wo diese Freiheit dann in einen Missbrauch, wie auch immer, also egal, ob es jetzt bei Bier ist oder bei anderen Dingen, übergeht, also wo wir dann mehr tun, als für uns gut ist oder vielleicht für alle gut ist. Und dann auch immer die große Frage, warum lässt dann eine Wesenheit wie Gott sowas zu, warum gibt es da keine Grenzen? Also da hadern doch bestimmt viele Menschen auch damit, oder?

Tobias: Aber bin ich nicht verantwortlich dafür, dass ich mir diese Grenze auch setze oder erkenne, wenn ich eine Grenze überschreitet, also wo ich meinem Körper nichts Gutes tue, ja. Und mein Körper ist Gottes Tempel, also dieser Gott wohnt in mir, lebt in mir und will, dass ich auch diesen Tempel, ja, ehre. Und da gehört halt ein Übermaß oder eine Völlerei oder ein, ja, Essex nicht dazu. Also das liegt aber in meiner Verantwortung, dass auch dem Körper gegenüber so zu vermitteln und sagen, so, hier ist eine Grenze. Und ich kann da ein, zwei Bier genießen, das mache ich auch und muss es nicht saufen. Weil Bier ist gut, solange man es nicht säuft.

Markus: Ja, also im Grunde eine Lebensfreude auf der anderen Seite und eben eine gesunde Mäßigung auf der anderen Seite, damit man diese Lebensfreude auch wirklich genießen kann.

Tobias: Ja, genießen.

Markus: In einem Zustand bleibt, wo das dann auch so ist. Wie sind denn so die Erlebnisse, wenn man jetzt sagt, Bier und Spiritualität, da kommen Leute an den Bauwagen zum Beispiel, was ergeben sich da für Gespräche? Gibt es da Erlebnisse, Ereignisse, an die man sich erinnert, wo man sagt, Mensch, das war wirklich eine sehr interessante erbauliche Begegnung vielleicht auch?

Tobias: Es gibt, ja, ganz unterschiedliche Lebensgeschichten, die da jetzt berichtet werden oder mitgeteilt werden. Es geht nicht drum, jetzt groß da zu palavern oder, ne, ist einfach mal da und dann ergibt sich das ein oder andere. Das Schönste für mich war nach einem Wochenende, wo ein Teilnehmer gesagt hat, wenn ich sowas früher schon erlebt hätte, hätte ich mich von dieser Kirche nicht so weit entfernt. Also das war so richtig nochmal, was eigentlich die Menschen wollen und suchen auch, nicht die Verbote und Gebote, sondern einfach das Leben, ne. Einfach leben, mit den Menschen eine Strecke gehen, ein Stück Weg gehen, einen Lebensweg gehen, mit allem, was dazugehört und sie so anzunehmen, zu akzeptieren. Und da darf dann natürlich auch dieses gute Bier auch mit dazugehören.

Markus: Ja, das heißt, du bist ja dann für die Menschen, mit denen du da  zu tun hast, die Verkörperung der Spiritualität letzten Endes, also die Begegnung, die man dann hat. Und das ist natürlich was viel Konkreteres als irgendwelche abstrakten Gebote, wie du grade gesagt hast. Und wenn das dann eben noch mit einem Bier vielleicht erfolgt, ist das vielleicht wirklich eine Erfahrung, kann ich mir auch gut vorstellen, die einem wieder ein bisschen zurückbringt. Weil ja auch da natürlich die verschiedenen Mitglieder der Kirche auch verschieden verhandeln und da gibt es dann auch schwarze und weiße Schafe, wie immer halt und mit denen muss man dann auch irgendwie umgehen. Gab es da dann auch in solchen Bier- und Spiritualitätsbegegnungen Gespräche um solche Dinge?

Tobias: Das Schöne ist halt bei unseren Kursen, die wir durchgeführt haben, es ist so und wir lassen die Menschen so stehen. Und, ja, er ist da, so wie er ist, auch mit seiner berechtigten Kritik der Kirche gegenüber oder was er erlebt hat, dass ich kann ich ihm halt nicht wegnehmen, das ist ja da. Aber wir können sagen, du, es gibt auch das andere, da müssen wir auch drauf gucken, das Schöne, was es auch gibt, ne, wie im Leben auch, es gibt nicht nur schwarz, guckt doch mal auf das Weiße und das Gute auch, da dahintersteckt.

Markus: Ja, jetzt hast du ein schönes Stichwort gesagt, Kurse, also das heißt, das ist ja dann was anderes als die Begegnung am Bauwagen. Wie stelle ich mir das vor? Also trifft man sich da, trinkt ein Bier, liest einen Text und redet und trinkt wieder ein Bier oder wie kann man sich das vorstellen?

Tobias: Ja, diese Kurse haben wir im Kloster Schwarzenberg gemacht. Dort haben wir ein Bildungshaus mit Übernachtungsmöglichkeiten, was wir hier nicht haben. Und der Tagesablauf sah so aus, dass wir von einem Punkt eine Wanderung gemacht haben in diese kleinste Brauerei Unterfrankens, haben da dann einen Abend gestaltet mit einer deftigen Brotzeit. Unterwegs gab es spirituelle Impulse auf dem Weg. Und dann sonntags haben wir in einer kleinen Kapelle in Unterrimbach so einen kleinen Gottesdienst für uns gefeiert und sind dann zum Bierkeller gelaufen. Und im anderen Kurs haben wir in einer stillgelegten Brauerei im Sudhaus so einen kleinen Gottesdienst gefiert mit ein paar Liedern. Ist kein großes Hochamt gewesen, aber einfach, ja, gute Texte, Brot geteilt. Das ist für mich das Wichtigste einfach, dass wir, ja, Brot teilen, einfach das, was auch Jesus im Abendmahl halt getan hat. Tut es zum einen bedächtig, macht es, teilt Brot miteinander und da, ja.

Markus: Ist das eine Fähigkeit, die heute vielleicht ein bisschen abhandengekommen ist, also dieses, auch was geben, nicht nur nehmen, auch teilen wollen, andere teilhaben lassen vielleicht auch? Ist das in der Gesellschaft vielleicht an manchen Stellen schwierig geworden?

Tobias: Mag sein, ich will nicht so auf die Gesellschaft gucken, ich will nur sagen, es ist einfach das Teilen, einfache Sachen teilen, ne, festgemacht an diesem Stückchen Brot, ja. Also man darf nicht alles so verkomplizieren. Und da ist dann auch für mich nicht die Frage, teilt das Brot jetzt eine Frau oder ein Mann oder ein Priester oder Nichtpriester? Teilen, wir haben das geteilt und ich sage, wir haben eine Form Gottesdienst gefeiert in dieser Gruppe.

Markus: Ja.

Tobias: Er war da.

Markus: Ich finde, das ist auch ein tolles Erlebnis, wenn man viel unterwegs ist und eben überall auf der Welt Menschen trifft und immer wieder erlebt, dass in dem Moment, wo eben mehrere Leute zusammen sind und gemeinsam zum Beispiel einen schönen Abend haben, Brot teilen, Bier teilen, Essen teilen, was auch immer, dann ist das immer mehr als die Einzelteile. Und da manifestiert sich vielleicht auch ein bisschen, dass es eben schön ist, wenn wir in Gemeinschaft zusammen sind und auch gemeinsame Ziele haben. Also das finde ich ganz schön und finde ich auch toll, dass ihr das auch so verfolgen könnt hier. Jetzt haben wir hier auch eine Flasche Bier stehen, da bin ich natürlich sehr interessiert, da auch mal reinzuverkosten. Vielleicht vorher kurz gefragt, was ist da drin und wie kam das in diese Flasche und wo kommt das her?

Tobias: Da ist Bier drin.

Markus: Da ist Bier drin.

Tobias: Genau. Diese Flasche, also das ist gebraut in der kleinsten Brauerei in Seinsheim, vergärt in Seinsheim und abgefüllt mit einem Flaschenfüller in Seinsheim. Also daher, dort habe ich die besten Voraussetzungen, dass dann hier in der Flasche zu präsentieren.

Markus: Aber deine Rezeptur ist das?

Tobias: Das ist meine Rezeptur von hier, genau.

Markus: Dieses Kellerbier, von dem wir da grade gesprochen haben?

Tobias: Genau, ja.

Markus: Genau, in einer wunderschönen Bügelflasche. Schauen wir mal, ob sie …

Tobias: Ja, wir haben auch eigene Gläser und ein eigenes Logo gemacht hier in Kloster Schönau damals.

Markus: Uih!

Tobias: Dieses Kreuz, das Santiago Kreuz im Hintergrund, das franziskanische Kreuz mit diesem geschwungenen S für Schönau. Da stellt so die fränkische Saale dar, die bei uns unten vorbeifließt und auch so ein Bogen, einen s-förmigen Bogen unten macht.

Markus: Ja und ich finde auch die drei Wörter sehr mutig, einfach. franziskanisch. gut., das ist auch ein Statement.

Tobias: Genau, ja.

Markus: Ja, also gut, dann schauen wir mal, ob sie tönt. Hah, sehr schön! Dankeschön. Wunderbar. Jetzt bin ich fast ein bisschen andächtig, muss ich sagen. Weil, ist ja ganz selten, dass man so ein Bier zum allerersten Mal bekommt.

Tobias: Also wir beten eigentlich immer vorm Bier trinken.

Markus: Okay.

Tobias: Auch bei den Gruppen, da habe ich so ein Gebet, ein Gebet vor einem Glas Bier. Weil der Fritze fragt auch: Betet Ihr auch immer vorm Essen? Sagt er, nee, meine Mutter kocht eigentlich ganz gut. Aber wir beten vorm Glas Bier.

Markus: Okay.

Tobias: Hat dir, schöpferischer Gott, schon einmal jemand Danke gesagt dafür, dass es das Bier gibt? Nicht nur den Menschen will ich ehren, der diese Mischung das erste Mal gebraut hat, vielmehr ist es ein Zeichen deiner Vielfalt und deines Geschenkes an uns Menschen. darum will ich, ja, hindurchgucken und dir danken, oh Gott. Und weil du es bist, der mir solches schenkt, sage ich nicht Prost, sondern Amen.

Markus: Amen. Also vorneweg, auf jeden Fall ein sehr gelungener Trunk. Auch mit einer ordentlichen Hopfengabe, merkt man hinten raus auch schön. Schöne Blumigkeit, dazwischen eben auch vom Malz so ein bisschen Honig, sehr schön als klassisches Kellerbier. Hast du das Rezept nach und nach entwickelt oder war das schon immer da, wie ging das?

Tobias: Genau, also in Würzburg habe ich ein dunkles Bier gebraut, dort haben wir sehr hartes Wasser. Und in Schönau und Schwarzenberg bin ich so zu dieser Rezeptur jetzt ein bisschen gekommen, so Anlehnung an unsere alten Klosterbrauerei in Schwanfeld. Und die Malzezusammensetzung, wie gesagt, es sind vier Malze drin und zwei Hopfen, ein Bitterhopfen und Aromahopfen.

Markus: Darfst du verraten für die Hobbybrauer unter den Hörern so ein bisschen, was da drin ist oder willst du lieber sagen, das ist mein kleines Geheimnis?

Tobias: Das ist drin Wasser, Hopfen, Malz. Ich denke so, was jeder Hobbybrauer, was jetzt die Malze und …

Markus: Ja, ja, genau, also was so ein bisschen …

Tobias: Da ist ein Pilsenermalz, ein Münchner Malz, etwas, nicht großer Anteil, ein Karamelmalz Hell und ein Wiener Malz.

Markus: Das ist eine schöne Mischung, also klingt für mich auf jeden Fall schon mal gut.

Tobias: Alles andere ist Klostergeheimrezept.

Markus: Ja, weiht man das Wasser, wenn man braut in einem Kloster?

Tobias: Wir haben hier eine eigene Quelle, also eigene Runden und dadurch, dass das Wasser hier allein schon hoch in die Brauerei fließt, ist das schon geweiht also.

Markus: Von Vorneherein.

Tobias: Genau.

Markus: Wunderbar. Also es gibt ja hier in der Nähe den Kreuzberg in der Rhön zum Beispiel oder dann weiter weg andere Klöster, wo gebraut wird, gibt es da irgendwelche Verbindungen? Also besucht man sich gegenseitig, schickt man sich mal ein Bier, kommen da Leute, wie ist das?

Tobias: Gut, ich war jetzt vor drei Wochen mal oben auf dem Kreuzberg, wollte mal die jungen Brauer kennenlernen. Jetzt ist eine neue Mannschaft oben, der alte oder letzte Brauer ist ja nicht mehr dort. Die wollte ich einfach mal kennenlernen. Und, ja, ich habe gesehen, unser Bierkrug steht auch dort im Sudhaus neben dem Seinsheimer. Da sage ich so, das kann doch wieder kein Zufall sein, ne. Genau, vielleicht sollte hier was stattfinden. Ja, aber sonst ist keine große, ich meine, ich kenne das Bier oben und, ja, aber ist keine intensive Verbindung.

Markus: Wäre das für dich mal was, was du gerne machen würdest, also zum Beispiel nach Belgien fahren, mal ein paar Trappisten Klöster besuchen?

Tobias: Oh, jetzt sprichst du was Falsches an. Ich habe eine Fahrt geschenkt bekommen auf meiner feierlichen Profess, neben dem Brauprozess, über eine Klostertour durch die Klöster in Belgien, die Trappisten Klöster. Aber ich muss dir sagen, das war für mich also eine Tortur, weil, das Bier schmeckt mir überhaupt nicht. Also das, das geht sich überhaupt nicht aus, das, ja.

Markus: Warst du da in einer Gruppe oder warst du da allein?

Tobias: Nee, wir sind zu dritte gefahren, also zwei Freunde aus der Pfalz, die mir das geschenkt haben und ich, haben dann diese Tour gemacht.

Markus: Aber du bist jetzt nicht anders behandelt worden als Bruder dort oder, weil, viele haben ja dort Türen, wo man nur selten dahinterkommt und so?

Tobias: Ja, nee, in einem sind wir, da ist der Abt, war das, glaube ich, neu gewählt worden und wurde eingeführt, da sind wir noch reingekommen, Und sonst waren wir jetzt nicht groß in den Klöstern, also in der Klausur mit drin.

Markus: Okay. Aber es gibt ja zum Beispiel auch in Engelszell ein Kloster, die machen auch durchaus oder haben gemacht, mittlerweile ist das ja, weiß man nicht mehr genau, wie das da weitergeht, aber zumindest gibt es da auch Bierstile, die jetzt nicht Belgisch sind. Würde dir generell sowas mal Spaß machen, so in andere Klöster mal zu gucken, wo Bier gebraut wird, dass dir schmeckt?

Tobias: Ja, ich glaube, ich bin sehr wählerisch, was Bier angeht, also was mir schmeckt.

Markus: Okay. Da sind die Pfälzer ähnlich wie die Franken.

Tobias: Sagen wir mal, es gibt ja in Deutschland nur noch, ich sage mal, ein oder zwei richtige Klosterbrauereien. Also wo ich sage, wenn jemand vom Kloster braut und im Kloster gebraut wird, ist das eigentlich die Schwester Doris in Mallersdorf und ich hier in Kloster Schönau, wenn ich hier braue. Also von daher, alles andere sind ja entweder aus, ne …

Markus: Outgesourcte oder …

Tobias: Ja oder GmbH, jetzt Kreuzberg auch, ne. Ja, schön, also …

Markus: Aber Schwester Doris wäre mal jemand, mit dem du mal …

Tobias: Mit der Schwester Doris war ich schon auf Klostermärkten, wo wir ihr Bier ausgeschenkt haben. Habe da auch immer mal eine Woche bei ihr verbracht, in der Brauerei, mitgearbeitet. Also da ist schon eine Verbindung da.

Markus: Schön! Ja, das finde ich auch, ein sehr beeindruckenden Mensch, die auch in diesem Thema Spiritualität und Bier eine sehr schöne Kombination gefunden hat, also weil, ich finde, das ist schon was Besonders, da so in Einklang zu kommen. Weil, also so wie ich zum Beispiel auch viele Brüder und Schwestern erlebe eben in anderen Klöstern zum Beispiel in Belgien, da ist ja dann doch die Abgeschiedenheit, dieses eher, die Welt da draußen nicht wahrnehmen oder sich davon so ein bisschen abschotten, ist eher so also und da ist dann das Bier der wenn sie Käse machen oder Marmelade oder wie auch immer, ist dann eher so das Mittel zum Zweck, aber es ist eben nicht eine Teilhabe oder ein Akzeptieren dessen, dass eben diese Lebensfreude auch dazugehört und das man das auch mitnimmt. Also da gibt es ja durchaus unterschiedliche Konzepte bei den verschiedenen Orten, ne?

Tobias: Genau. Wegen dem haben wir unser Konzept im letzten Jahr dahin gebracht, dass wir, oder das war jetzt in diesem Jahr, Ausschank hatten hier in unserem wunderschönen Klostergarten, wo wir Menschen eingeladen haben, an Stehtischen von fünf bis neun einfach. Es gab unser Klosterbier, es gab Wasser und einen Apfelsaft von unseren Bäumen im Garten und die Leute konnten sich ihre Brotzeit mitbringen. Begegnungen schaffen, also hier einen Raum schaffen, wo Menschen kommen, sich wohlfühlen, es tut ihnen gut, es schmeckt ihnen, man kommt ins Gespräch. Und das ist ein Stück Gottesdienst, was wir hier dann in unserem Klostergarten feiern.

Markus: Allerdings, ja. Und dieses Konzept hast du ins Leben gerufen oder ihr als Gemeinschaft?

Tobias: Das haben wir hier als Gemeinschaft so erstmal so ausprobiert und dann gesehen, es läuft, es geht gut und es darf auch nicht größer werden.

Markus: Okay. Heißt aber, wenn jetzt jemand zum Beispiel mal Interesse hat, das zu erleben, also wir sind hier im Spessart oder, kann man das so sagen?

Tobias: Das ist am Rand vom Spessart, genau, ein Ausläufer.

Markus: Das sieht man ja auch schon, wenn man hierherfährt, also große Wälder, wirklich ganz intensives Naturerlebnis auch, wenn man hier ist. Die Saale fließt vorbei, wirklich eine sehr, sehr lebendige Natur auch, die viel Kraft auch ausstrahlt. Das heißt, also wenn man hier mal herkommen will, sieht man dann auf der Internetseite? Wo sieht man dann, wenn so eine Veranstaltung ist, wo man auch mal ein Bier haben kann?

Tobias: Wir haben so eine eigene Internetseite, franziskaner.kloster.schoenau.de, da werden dann die Veranstaltungen bekanntgegeben.

Markus: Perfekt, also das werden wir dann auf jeden Fall auch verlinken. Und, ja, also vielen Dank für diesen Einblick in dein Leben, in deine kleine Brauerei und auf jeden Fall auch vielen Dank, dass du das überhaupt machst und dich dem annimmst. Und, ja, weiß nicht, gibt es noch irgendwas, was dir wichtig ist, eine Botschaft, die du, es ist ja der Tag vor Weihnachten, wenn wir das hier ausstrahlen, vielleicht noch an die Leute bringen möchtest?

Tobias: Ja, einfach den Blick auf diesen einfachen Gott, der herabgekommen ist. Wir haben ja einen heruntergekommenen Gott, ne, der sich nicht geekelt hat, in einem Stall zur Welt zu kommen und bei diesem Dreck und, ja, Kuh und alles, ja, also. Und seitdem weiß ich eigentlich auch, was für einen Gott wir haben, ja, einen Gott fürs Leben, mitten im Leben und der einfach zu uns steht, durch das Leben. Und mit nur so einem Gott kann ich mich auf den Weg machen und will ich mich auf den Weg machen und sagen, Hopfen und Malz, Gott erhalt´s.

Markus: Ein besseres Schlusswort hat es im BierTalk noch nie gegeben. Also nochmal vielen, vielen Dank und an euch, liebe Hörer, schaut einfach mal vorbei nächstes Jahr.

Tobias: Danke auch.

BierTalk 127 – Interview III mit Claus-Christian Carbon, Professor für allgemeine Psychologie an der Universität Bamberg

Im zweiten Teil unseres Interviews mit Prof. Claus-Christian Carbon geht es um ein wichtiges Thema, bei dem er auf europäischer Bühne Maßstäbe gesetzt hat. Denn ihm gelang es, mit dem Begriff „Wellbeing“, die Bierkultur aus einer anderen Perspektive zu sehen. Mithilfe dieses neuen Framings können wir unsere Bierkultur und ihre Ausprägungen jenseits des allgegenwärtigen Themas „Alkohol und Gesundheit“ betrachten. Schließlich haben unsere Brauereien viel mehr zu bieten als ein Rauschgetränk: Gemütlichkeit, Heimat, Genuss, Glück usw. Dabei ist es gar nicht wichtig, ob sich im Glas oder Krug überhaupt ein Getränk mit Alkohol befindet. Hinter diesem Konzept verbirgt sich nichts anderes als die vielleicht einzige Chance für unsere Brauereien, sich wieder einmal zu wandeln und sich gut für die Zukunft aufzustellen…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Falls ihr noch nicht die Folge gehört habt, die wir zuvor ausgestrahlt haben, dann solltet ihr das vielleicht nachholen, denn wir sind jetzt beim Teil 2 unserer Doppelfolge mit unserem allerersten BierTalk-Gast CCC, der sich dort auch ausführlich vorstellt, also das könnt ihr dann auch dort hören. Und wir haben gesprochen über ihn natürlich und über die EBCU, über die GBCU, also über die europäischen Bierkonsument:innenvereinigungen und sind natürlich auch ein bisschen ins Bierphilosophieren gekommen, wie das so ist und all die Aspekte, die eben auch damit zu tun haben. Und in dieser Folge soll es jetzt ganz explizit eben um ein Herzensanliegen, Herzensprojekt gehen, da uns beide eigentlich vereint, denn es geht eigentlich um nichts weniger als den Fortbestand unserer Bierkultur, also mal ganz knallhart gesagt. Denn wir haben momentan das Thema, klar, dass wir immer eigentlich den Kontext von Alkohol haben und das Alkohol, wie alle anderen Genussmittel und Drogen, natürlich Restriktionen unterliegen und man versucht grade von öffentlicher, staatlicher Seite, das auch immer mehr einzuschränken und eben auch in eine Ecke zu drängen, das es eben aus dem Alltag mehr und mehr verschwindet. Und nichts ist mehr im Alltag, als eben die gastronomische Kultur und das heißt, wenn wir jetzt so einfach weiterschauen würden und sagen, wir wollen weiter Gastronomie haben, aber wir dürfen keinen Alkohol mehr haben, dann würden wir langfristig uns von dem Thema Bierkultur verabschieden. Und das ist eben eine ganz entscheidende Frage, wie gehen wir damit um? Und es gibt, das ist ja das Schöne, eine gute Möglichkeit, wie man als Brauerei, als bierliebhabender Mensch trotzdem sein Kulturgut Bier haben kann und eben mit weniger oder sogar ohne Alkohol und trotzdem das Ganze eben noch mit der Brauerei, mit den Menschen, mit der Geschichte, mit den Orten, mit all dem, was dazugehört, verbunden ist. Und du hast diesen wunderbaren Begriff wellbeing dafür gefunden und deswegen übergebe ich jetzt auch gerne gleich das Mikrofon. Und erzähl uns doch ein bisschen vielleicht, wie kommst du überhaupt oder wie kamst du überhaupt zu diesem Begriff, was bedeutet er für dich und wie waren so die ersten Erfahrungen, als du anderen von dieser Idee erzählt hast?

Claus-Christian: Ja, also das ist tatsächlich eine interessante Reise gewesen. Also ich wurde eben angefragt, ich habe das in der anderen Folge auch erklärt, von der EBCU, kannst du was zu beer and health machen, also Bier und Gesundheit? Und ich habe gesagt: „Das ist ein super wichtiges Thema, ganz, ganz spannend, Gesundheit ist natürlich, ja, das ist einer der ultimativen Werte, aber, ich würde gerne das Thema ein bisschen anders framen. Und wenn ihr gestattet, das ich das ein ganz bisschen anders angehe, weil ich bin eben vom Fach her, bin ich Psychologe und Psychologen haben sehr, sehr wirkmächtige Theorien. Also das ist wirklich eine ganz, ganz tolle Wissenschaftsdisziplin und wir sprechen ganz viel natürlich von Gesundheit, aber darüber hinaus gibt es natürlich noch was anderes, nämlich wellbeing.“ Und ich habe gesagt: „Wenn ihr mir erlaubt, dass ich das ein bisschen anders gestalte, dann würde ich das sehr, sehr gerne übernehmen.“ Und sie haben erst zögerlich, haben sie gesagt: „Ja, aber da ist hoffentlich auch irgendwie Gesundheit in der Box drinnen, die du da bearbeiten wirst?“ Und da habe ich gesagt: „Ja, ja, ich werde über Gesundheit sprechen, aber ich werde dann zu einem anderen Thema überwechseln.“ Und ich will das ganz kurz erklären, bei Gesundheit ist es so, ich glaube, Gesundheit ist ganz zentral und das sehen wir auch an solchen  Grußforen, das wir zum Beispiel sagen, ich wünsche dir viel Gesundheit oder viel Gesundheit und viel Glück, ist dann schon spannender also. Aber es gibt eigentlich kaum sowas wie, ich wünsche dir viel wellbeing oder Wohlbefinden, weil man meist naiver Weise denkt, dass der Zustand der Gesundheit einen zu Glück und einem erfüllten Leben führt. Ich glaube, es ist schon wichtig, dass wir die Gesundheit sehr, sehr stark immer im Auge haben, weil natürlich, wenn du sehr, sehr ungesund lebst, dann wirst du eigentlich manche Sachen gar nicht mehr genießen können, du kannst frühzeitig sterben, du kannst frühzeitig krank werden. Du kannst vielleicht manche Dinge, sind dann unverträglich und die darfst du nicht mehr essen, trinken, machen, ja. Das ist alles ärgerlich, aber es gibt erstmal so ein paar, ja, interessante Fälle. Es gibt Menschen, die sind gar nicht so richtig gesund und denen geht es trotzdem besser als Menschen, die gesund sind. Das ist so eine Erstindikation, dass es nicht vollständig das Gleiche ist, health and wellbeing, Gesundheit und Wohlbefinden. Die zweite Sache ist, es gibt Leute, die sehr, sehr gesund leben, aber kaum Wohlbefinden haben, die sich also über alles Mögliche beschweren, wo das Leben schwer ist, wo immer Probleme auftauchen. Weil das ist tatsächlich so, nur deswegen, weil du nicht krank bist, was jetzt eine Definition von Gesundheit wäre, heißt eben noch nicht, dass andere Werte dazukommen. Und das müssen wir erst teilweise erlernen, manches ist uns auch zugefallen. Und man kann da vielleicht eine Metapher finden, also ich nutze gerne die Folgende, die ich mal entwickelt habe. Nämlich, also nehmen wir mal an, es ist eine Epidemie oder vielleicht sogar eine Pandemie, sowas wie Covid 19 und du sagst, mein oberstes Ziel ist, durch diese Pandemie zu kommen. Wir wissen nicht, wie lang die dauert, weil das weiß man im Vorhinein nicht. Man hat so ein paar statistische Anhaltspunkte aus der Geschichte, meist dauert sowas zwei, drei Jahre, kann man nachlesen, da gibt es Datenbanken dazu. Jetzt musst du mindestens zwei, drei Jahre irgendwie gesund bleiben, wie machst du das? Du könntest dir zum Beispiel einen atombombensicheren Keller, kannst du dir mieten, wenn du die entsprechenden Mittel hast. Oder du kannst dich irgendwohin begeben in eine Gegend, wo eben der Virus nicht angekommen ist und du wirst eben eine Maske tragen, du wirst alles tun, dass du hermetisch abgeriegelt bist, du triffst keine Menschen natürlich, keine Tiere und so weiter. Und jetzt überlegen wir mal, okay, nehmen wir mal an, diese Person wird wirklich nicht erkranken. Das ist erstmal toll, also Ziel erfüllt. Aber was ist denn eigentlich jetzt in diesen zwei, drei Jahren passiert mit der Person? Die Person ist isoliert gewesen, hat niemanden gesprochen. Die Person hat ganz, ganz vieles nicht erleben können, was weiß ich, sowas wie essen und trinken, bestimmte Sportarten vielleicht trotzdem weiterhin gemacht, aber immer alleine und vielleicht alles nur virtuell, was weiß ich, besprochen, irgendwelche Probleme und so weiter. Aber nie einen Menschen in die Arme genommen, einen Menschen vielleicht geküsst, mit dem Menschen irgendwelche anderen Sachen gemacht haben, die dieser Person eigentlich Spaß machen und man hat immer nur alles dem Diktat der Gesundheit unterworfen. Wie schon gesagt, ich negiere nicht, das Gesundheit sehr, sehr wichtig ist, ist eine Basis, die uns, ja, eben gesund in die Zukunft bringt, aber es bringt uns noch nicht das Wohlbefinden, da fehlt noch was. Und kulturelle Einbettung, soziale Einbettung, sowas wie geschätzt werden, geliebt werden, das ist alles ganz, ganz wichtig. Und warum spreche ich jetzt bei Bier mit wellbeing da? Wir sehen halt sehr, sehr viele Leute, die tatsächlich gerne Bier trinken, gerne davon erzählen, was sie beispielsweise für tolle Brauereien Daheim haben, also mit funkelnden Augen von ihrer Region sprechen. Vielleicht auch sowas, Leute, die ein bisschen eine Ausbildung haben, mal was gelesen haben, von einem Biersommelier oder einer Biersommeliere gelernt haben, das man Hopfennoten auseinanderhalten kann. Und plötzlich ist das ein spannendes Getränk, plötzlich sagt man, mein Gott, das ist eine andere Karbonisierung als das oder eine Dose schmeckt vielleicht anders und vielleicht sogar besser als die Flasche und ein Keg oder ein anderes Fass ist leckerer, weil da wiederum andere Bedingungen sind oder heute schmeckt es mir anders als gestern. All diese Sachen, die meist in einem sozialen Diskurs geführt werden, ja, die kann ich eigentlich kaum erleben, wenn ich immer nur auf die Kalorien achte, wenn ich auf den Alkohol-Level achte, wenn ich auf all das achte, was da eben drin ist und was es angeblich mit mir macht. Das heißt aber nicht, dass man es ignorieren darf. Also zum Beispiel jetzt einfach zu sagen, nee, es geht nur um wellbeing und nicht, ich fühle mich wohl, wenn ich einfach viel zu viel immer trinke und überhaupt auf nichts anderes achte. Nein, da würde ich dann auch wiederum sagen, das funktioniert auch nicht, wenigstens nicht auf Dauer. Das kann auch mal gut sein, zum Beispiel auf einem Fest ausgelassen mal zu feiern, ich denke, das gehört zur Kulturgeschichte des Menschen dazu. Wenn es aber ein tägliches Feiern ist, dann muss man das auch wieder reflektieren und ich denke auch, es führt meist dazu, dass die Leute auf Dauer kein wellbeing mehr haben. Aber wellbeing ist tatsächlich für mich das zentrale Konstrukt.

Markus: Ja, das ist eigentlich ja so ein Zusatz oder auch Ersatz für das Wort Gesundheit, was ja bei uns oft ein bisschen eng gefasst wird.

Claus-Christian: Richtig.

Markus: Also die Meisten sagen ja, Gesundheit heißt, mein Körper ist in einem guten Zustand. Das heißt aber noch lange nicht, dass mein Leben in einem guten Zustand ist, denn vielleicht sowas wie eine geistige Gesundheit oder wie Lebensqualität an für sich, gehört ja vielleicht auch dazu, dass man eben sagt, okay, ich möchte halt auch was erleben. Also Beispiel, wenn wir Bierverkostungen machen, ist es ja immer so, dass grade bei Einsteigerseminaren wir am Anfang erstmal sensorisch so ein Bier erfassen. Und das heißt, wir bringen den Leuten bei, wie man seine fünf Sinne nutzt, um etwas, was man zu sich nimmt, zu erleben, zu erfahren, dann auch zu genießen, zu reflektieren, da drüber zu sprechen, Worte zu finden und sich auszutauschen. Und für ganz viele ist das tatsächlich zum ersten Mal, dass die das machen. Und das ist dann auch etwas, wo ich dann im Nachgang schon sehr oft die Rückmeldung bekommen hab, dass das fast so eine Initialzündung war, sich überhaupt mit dem ganzen Thema Nahrung, Getränke, Genuss, Ernährung anders auseinanderzusetzen. Und viele Leute dann angefangen haben, im Nachgang von so einem Seminar eben auch, was weiß ich, den Wein oder die Limonade oder den Orangensaft oder auch die Schokolade, den Käse, was sie normalerweise täglich in sich reingestopft haben, ja, ganz anders zu erfassen und es ihnen Spaß macht und sie dann zum Beispiel zu einem Käseseminar gehen und dann eben da ganz andere Welten und Genüsse für sich erleben und dann auch anders reisen. Und da gibt es tatsächlich auch Lebensläufe, die sich verändert haben von Menschen. Also, wie gesagt, ich bin da nur ein ganz kleiner Faktor, aber es gibt eben Leute, wo ich sagen kann, okay, die haben aufgrund dessen, das wir hier zusammengekommen sind, das wir uns damit beschäftigt haben, ihr Leben verändert. Also fällt mir zum Beispiel unser Erik Berkenkamp ein, unser Stadtführer hier. Den habe ich vor 15 Jahren oder sowas gefragt, ob er bei uns den Stadtführungsteil übernehmen kann bei den Biertouren? Und damals hatte der mit Bier nahezu nichts am Hut und hat halt ein bisschen was, wie er es immer macht, sehr schön zur Stadt erzählt, aber war halt auch bei den teilen dabei, die ich dann zwischendurch gemacht hab rund ums Bier. Und dann, ein paar Jahre später hat er mich dann gefragt, Mensch, findet er interessant und würde gern den Biersommelier machen, dann hat er das eben bei uns in der Akademie gemacht. Und dann hat er da ein neues Netzwerk aufgetan, hat dann angefangen zu reisen. War mittlerweile mit dem Fahrrad wohlgemerkt an der ganzen amerikanischen Westküste, in Australien, in Neuseeland, auf Taiwan, überall, in Bezug auf das Thema Bier und macht jetzt fast nur noch eben Bierseminare und ist da ganz viel aktiv. Und für ihn war das echt eine entscheidende Erweiterung, Bereicherung seines Lebens. Er hatte zwischendurch auch mal eine schwere Erkrankung, wo man auch gemerkt hat, wie sowas dann auch da trägt und einen vielleicht ein bisschen hält, erhält in gewisser Weise, dass man da noch Ziele hat und Wünsche hat. Und insofern, also ich finde wirklich, das ist schon ein Punkt, das man vielleicht also Gesundheit oft ein bisschen sehr eng sieht. Also ich finde, da muss auch jeder seine eigenen Prioritäten setzen, wo ist meine Lebensqualität und wo setze ich im Rahmen meiner Lebensqualität Schwerpunkte. Und wie immer, glaube ich, muss man halt, wenn man den Schwerpunkt irgendwo setzt, irgendwo was abziehen, weil man halt nicht alles gleichzeitig machen kann. Also ich kann zum Beispiel nicht, keine Ahnung, jedes Wochenende irgendwohin reisen und gleichzeitig Zuhause irgendwie das Leben mit meiner Familie genießen, das wird nicht funktionieren. Also muss ich irgendeinen Kompromiss dabei eingehen und dann halt mit meiner Entscheidung am Ende auch leben. Also auch das gehört dann irgendwie dazu, mit sich selber da im Reinen zu sein. Also insofern, ja, ist Gesundheit vielleicht überhaupt ein Begriff, der im Deutschen viel Kontext verloren hat. Oder noch nie hatte, das weiß ich gar nicht, wie ist das?

Claus-Christian: Ja, ja, also ich meine, es ist ja schon mal auf jeden Fall gut, wie man über Gesundheit spricht und nicht über Krankheit. Also ich meine, das ist ja zum Beispiel , man geht, um gesund zu werden oder um ein Kind zu bekommen, ins Krankenhaus, das ist ja eine völlig absurde Sache, ja, du hast eine Krankenkasse, obwohl du eigentlich ja gesund werden willst. Aber du willst vor allem ein gutes Leben führen, also das ist tatsächlich, das ist nicht nur ein ethisch hochwertiges Leben, sondern eben auch ein Leben, was erfüllt ist, wo du anderen Menschen auch diese Erfüllung weitergeben kannst. Also es ist eben praktisch unvorstellbar, dass man eben als Mensch, der die ganze Zeit sich nur beschwert, diese negative Energie in irgendwie positive Energie bei anderen umattribuieren kann, das geht kaum, ja. Also wir brauchen mehr von diesen Menschen, die sich einfach wohlfühlen. Aber natürlich nicht auf Kosten von anderen, das ist natürlich auch eine wichtige Sache, weil das ist kein wirklich nachhaltiges Wohlfühlen. Und ich finde das so spannend, was du grade gesagt hast, jeder muss da auch für sich selbst so ein bisschen merken, wie er räsoniert, also welche Resonanz er mit bestimmten Sachen erlebt. Manche lesen halt gerne abgeschieden und trinken vielleicht wahnsinnig gern einen grünen Tee und die anderen lieben es einfach zusammen zu sein in einem eher lauteren Biergarten. Und vielleicht gehören wir ein bisschen mehr zu dieser Fraktion, aber das ist trotzdem auch nicht so, dass es einfach nur ums Bierdümpeln geht, sondern es geht eben um eine ganze Kultur, es geht um die soziale Einbettung und dieses Ankommen, dort mal einfach sein zu können, wie man vielleicht ist, ja. Und das man eben auch mit ganz unterschiedlichen Leuten zusammenkommt, ja, das ist ja das Magische am Bier, das verbindet wirklich Christen, das verbindet Ethnien, Kulturen und so weiter. Und das man eben diesen gesamtheitlichen Blick eben auf wellbeing oder Wohlbefinden hat und nicht so eine Erbsenzählerei wie ganz oft mit Gesundheit. Also ich gebe mal ein Beispiel, für mich ist es so relativ unzweifelhaft, dass die mediterranen Ländern bei bestimmten Problemen, die sie vielleicht haben, einen ganz, ganz großen positive Faktor hat und der wird fast von niemanden bestritten, nämlich die haben eine unfassbare Ess- und Trinkkultur, ja, also wenigstens traditionell. Nehmen wir einfach mal Italien, was bestimmt einer der hervorragendsten Vertreter dieser mediterranen Küche ist. Und es ist eine Küche, wenn du die rein von den Werten her anschaust, also zum Beispiel  einfach Salz, Zucker, Fett, das ist eigentlich das, was maßgeblich in der EU gemessen wird, um Gesundheit zu attestieren, beispielsweise über den Nutri Score, der macht sowas. Also da kann man eben anschauen, wie die nutrishen, also die Ernährung, wie gut die ist, wie hochwertig die ist. Und dann wird einfach gesagt, okay, wenn das zu salzig ist oder wenn es zu süß ist oder zu fett, dann wirst du einen Malus kriegen, da wirst du negative Punkte kriegen und dann fällt du halt von A, was hervorragend ist, auf ein E zurück oder du bist irgendwo zwischendrin. Und wenn du jetzt mal anschaust, was die verwenden im mediterranen Bereich, dann ist es natürlich vor allem Olivenöl, ja. Rein messtechnisch ist das Fett, ja und da wird auch nicht unterschieden zwischen gesättigten und ungesättigten Fettsäuren. Also ob das ein Bio-Olivenöl ist, ob es ein hochwertiges extra virgine ist oder irgendwas, das spielt keine Rolle, es ist Fett. Aber es ist eben nicht einfach Fett. Natürlich kannst du es so deklarieren und du kannst das so bashen, negativ sehen, Fakt ist, Olivenöl gehört nicht nur in die Küche, sondern es ist wahnsinnig lecker, es macht den Leuten Spaß und es ist auch noch gesund. Ja, es ist so, es ist eine verrückte Sache. Und wenn du aber die einzelnen Sachen rausnimmst, dann ist das immer irgendwo negativ. Genauso salzig, also wenn du natürlich Pasta isst und dort die gescheit salzt, also die sind normalerweise in sehr salzigen Wasser, eigentlich wie Salzwasser ist, sehr salzig, ja, dann schmecken die sehr, sehr lecker, aber es ist natürlich ein bisschen problematisch. Nur in dem Moment, wo du das Ganze wegnimmst, bist du zwar gesünder unterwegs, aber du verlierst halt auch eine Lebenskultur oder eine Lebensfreude und so weiter, also musst du irgendwie aufpassen. Auf keinen Fall es verharmlosen, wenn du jetzt die ganze Zeit zu viel Salz, zu viel Zucker, zu viel von diesen Sachen, zu viel Fett nimmst, du würdest jetzt gesättigte Fettsäuren die ganze Zeit essen, dann ist das problematisch. Aber wenn man eben beispielsweise, ich nehme mal ein Beispiel, du nimmst die Vorweihnachtszeit, in unserem Kulturkreis sowas wie Österreich, Bayern, da machen wir traditionell Daheim Vanillekipferl. Vanillekipferl ist eine Sache, die ist analytisch gesehen, ist das eine Katastrophe, da ist total viel Fett drin, da ist ganz, ganz viel Zucker drin, ein bisschen Salz ist sogar drin. Und jetzt könntest du sagen, nee, das sollte eigentlich nicht auf den Speiseplan eines heranwachsendes Kindes. Jetzt ist es aber so, vielleicht hat das Kind erstmal diese wunderbaren Vanillekipferl, also eine tolle Plätzchenart,  mit der Oma, mit dem Opa, mit einem Onkel oder einer Tante, mit Mama, Papa, irgendjemand, Geschwistern hergestellt. Das heißt, das ist nicht einfach so gekauft üblicherweise, sondern das ist ein Prozess. Da hat Spaß gemacht, da musstest du Kompetenz erwerben, da bist du stolz drauf, ob es geklappt hat oder nicht. Der Zucker hat natürlich wieder nicht richtig gebappt, aber bei den Ersten schon und so weiter. Das ist also wirklich ein ewiger Kampf und das ist eine ganz, ganz tolle Sache, zum Schluss hat man diese mehr oder weniger gut hergestellten Vanillekipferln. Und, das ist jetzt das Entscheidende, man isst die Vanillekipferl ja nicht jeden Tag. Es ist nicht ein Consumer-Produkt á la longue, das du immer wieder isst, sondern du freust dich das ganze Jahr, wenn wieder die Küche, die Backstube einfach nach Vanille riecht. Und das sind die Vanillekipferln und das ist was Wunderbares und was Magisches. Und wenn du das jetzt einfach siehst als wellbeing und die Analyse, dass das eben alles eigentlich ungute Sachen sind, die da drin sind, dann merkst du schnell, da gibt es tatsächlich einen Unterschied. Und ich plädiere eben sehr stark für ein maßvolles wellbeing, wo Gesundheitsaspekte auf keinen Fall ignoriert werden, nicht dass das falschverstanden wird, aber das vor allem mal das große Ganze, was einen beglückt und Freude macht, tatsächlich ins Auge genommen wird.

Markus: Ich finde, wenn wir jetzt sagen, wir waren ja jetzt bei den ganz normalen menschlichen Grundernährungsstoffen sozusagen, also Fett, Zucker, Salz, was man da eben so normalerweise hat und wenn wir jetzt unser Bier betrachten, dann haben wir natürlich noch einen Stoff, bei dem es grundsätzlich mal einfach per se problematisch ist, weil wir natürlich sagen, eine körperliche Gesundheit und der Genuss eines Zellgiftes wie Alkohol, schließt sich eigentlich aus. Also das heißt, in dem Moment, wo ich sage, ich habe ein alkoholisches Getränk, sei es jetzt ein Bier, sei es ein Brand, sei es ein Wein, was auch immer, kann ich einfach nicht mehr von Gesundheit sprechen. Also da begebe ich mich dann ja sogar in justiziable Ecken, wenn ich das als Werbung mache für mein Unternehmen.

Claus-Christian: Richtig.

Markus: Und das ist ja einfach auch ein wichtiger Punkt, das man, glaube ich, in einem allerersten Schritt sagt, wir müssen das trennen, das man sagt, okay, wir reden nicht mehr über Bier und Gesundheit, weil dieses und einfach nicht funktioniert. Aber wir reden davon, dass wir ja aufgrund dieser Tradition mit diesen Getränken, eine ganze Kultur geschaffen haben, die natürlich zum Teil auch daraus besteht, diese Getränke herzustellen, auszuschenken und zu genießen, aber die man eben auch erleben kann, ohne jetzt direkt Alkohol zu haben. Also sprich, ich kann dieses wunderbare Gefühl, in einem Brauereigasthof zu sitzen, dort was Gutes zu essen, mit Menschen mich zu unterhalten, die Atmosphäre zu genießen, dieses jahrhundertealte Gebäude, die wunderschönen Braukessel, was auch immer da alles ist, die Storys, kann ich alles erleben, auch wenn ich in meinem Glas, sage ich jetzt mal, im Extremfall ein Mineralwasser hab. Deswegen bin ich da trotzdem nicht fehl am Platze und bin trotzdem Teil dieser Kultur, der gastronomischen Kultur und gewisser Weise auch Teil der Bierkultur. Und ich glaube, das finde ich ganz, ganz wichtig, dass wir im ersten Schritt einfach mal sagen, wir können diese Kultur nur retten, wenn wir das eben von dem Alkohol per se trennen. Und das heißt, im nächsten Schritt muss ich dann sagen, okay und trotzdem habe ich ja, wie wir grade besprochen haben, Menschen, die eben sagen, für mein persönliches wellbeing, für meine Lebensqualität gehört es zum Beispiel  dazu, ab und zu mal ein oder zwei Gläser Bier oder einen Brand oder einen Wein oder irgendwas zu trinken und vielleicht auch irgendwann mal einen Abend mit meinen besten Freunden mit vier, fünf Bieren in so einem Gasthaus zu haben. Das habe ich für mich in meinem persönlichen Setting so festgelegt und lebe für mich auch mit den Konsequenzen, die das hat. Aber trotzdem ist das dann ja eine persönliche Entscheidung, die nix mit der Basis zu tun hat, dass man diese Kultur hat. Und das bedeutet auf der anderen Seite, dass die Brauereien natürlich, wenn sie per se als Hersteller von alkoholischen Getränken dann schauen wollen, wie kann ich in die Zukunft gehen, für sich ein Produkt oder Produkte erfinden müssen oder finden müssen, wo sie dann eben sagen, ich habe auch für diese Menschen da ein Angebot, die eben sagen, ich will weniger oder bei manchen Anlässen vielleicht gar keinen Alkohol trinken. Und da gab es ja früher auch schon Antworten, das darf man nicht vergessen. Also viele Brauereien stellen ganz normale alkoholfreie Getränke wie Mineralwasser, Limonaden, Saftschorlen oder sowas her. Also es ist nicht so, dass das jetzt was völlig Neues ist, Brauereien schenken Biermischgetränke aus. Also das klassische Radler war ja nicht nur ein Getränk, das irgendwie süßer war, sondern eben auch eins, was weniger Alkohol hat. Und seit einiger Zeit gibt es eben auch verschiedenste alkoholfreie Biere oder alkoholarme Biere, auch das gehört mittlerweile zum Sortiment. Und ich glaube, das ist einfach ein Teil dieses Dienstleistungsspektrums, was so eine Brauerei einfach entwickeln muss und auch ein Selbstverständnis. Und das vielleicht als letzten Punkt von meiner Seite aus, was auch ganz wichtig ist, wir haben ja einen zunehmenden Anteil in der Bevölkerung, grade in den jüngeren Generationen, die, sagen wir mal, so jetzt zwischen 15 und 30 sind, die eben sagen bewusst, ich will keinen Alkohol trinken und ich hab überhaupt gar kein Verständnis dafür, wenn irgendjemand Alkohol trinkt.

Claus-Christian: Richtig, aus religiösen Gründen, kulturellen Gründen und so weiter.

Markus: Genau, es gibt ja 1.000 Gründe.

Claus-Christian: Finde ich in Ordnung.

Markus: Und klar, das ist vielleicht auch eine Minderheit, wobei es gar nicht mehr so wenige sind, aber es ist eben auch so, wie grad gesagt, es sind ja soziale Wesen. Das heißt, wenn ich jetzt, sagen wir mal, eine Familie habe oder einen Freundeskreis, sagen wir mal, das sind zehn Leute und davon habe ich zum Beispiel  zwei, die einfach sagen, nee, ich möchte was genießen, aber ich möchte jetzt keinen Alkohol. Und dann gehe ich eben oder habe ich die Möglichkeit, irgendwo hinzugehen und habe dann die Wahl eben zwischen, sagen wir mal, einer traditionellen Brauereigaststätte, wo ich halt die Wahl habe zwischen einem hellen, einem dunklen Bier, einem Weizen und einem stillen Wasser. Oder ich habe eben eine andere Gaststätte, wo ich eben sage, ich habe auch zwei, drei verschiedenen normale Biere, dann gibt es vielleicht ein leichtes Bier, ein alkoholfreies Bier, vielleicht zwei, vielleicht auch eine Fassbrause oder irgend sowas und halt einfach ein gewisses Spektrum, wo dann auch diese Leute glücklich werden. Dann ist es ja logisch, wo diese ganze Gruppe hingeht. Also es entscheiden sich ja nicht nur die zwei, woanders hinzugehen, sondern alle zahn gehen woanders hin. Und das ist, glaube ich, was, was viele Brauereien noch nicht so ganz verstanden haben, dass es nicht darum geht, dass sie diese wenigen glücklich machen, sondern das es drum geht, die Kultur besteht aus vielen, die aber alle glücklich sein wollen und dann muss ich die beiden eben auch mit einschließen. Und das ist ein Lernprozess. Also den hatten wir ja grade erst bei vegan und vegetarisch.

Claus-Christian: Richtig.

Markus: Also auch da haben wir ja erst vor kurzer Zeit die Schwelle überschritten, dass es maximal Käsespätzle gibt, auch da gibt es mittlerweile ein größeres Angebot. Wie ist das von der psychologischen Seite, habt ihr das auch, seht ihr diese Entwicklungen?

Claus-Christian: Ja, ja, die Entwicklung gibt es ganz, ganz klar. Und ich meine, das Wichtige ist eben dieser Inklusionsaspekt. Also die Problematik ist ja, dass man bis vor Kurzem sich tatsächlich moralisch über die Leute gestellt hat, die eben etwas gemacht haben, das jetzt erstmal von der Norm abgewichen ist. Aber von der Norm abweichen, das ist immer eine spannende Sache, sich dem zu stellen, ist eine spannende Sache, weil man sich natürlich neu reflektieren muss. So hat das ja auch zum Beispiel dazu geführt, weil es eben einen Wertewandel gab, dass man zum Beispiel das Rauchen und das starke Trinken tatsächlich heute anders bewertet. Wenn meine Studierenden heute eine Person sehen, wie Humphrey Bogart, der eben locker leicht, für uns vielleicht noch locker leicht und cool, in der Ecke steht und einen Whisky nach dem anderen trinkt, dann sehen das heute meine Studierenden eher als einen Suchtkranken, wo wir das noch als eine coole Socke gesehen haben, ja. Also dieser Wertewandel hat begonnen oder wir sind immer sozusagen, wir sind immer im Wandel. Und das müssen wir auch als Chance begreifen. Also das wir einfach nicht mehr sagen, früher gab es diese Regel zum Beispiel, mit jemanden, der keinen Alkohol hat, stoße ich nicht an. Was ist denn das für ein Quatsch? Ja, also das ist traurig, das ist ein trauriges Ende eigentlich, weil das schließt wirklich Menschen aus. Und es kann ja auch schlichtweg damit zu tun haben, dass der das sogar gerne trinken würde, aber er hat ein Auto und er ist eben jemand, der mittlerweile eben, das ist wiederum typisch für heute und das finde ich positiv, dass die Leute halt nicht mehr trinken und fahren, ja, sondern das es eigentlich sich ausschließt. Und das man eben nicht mehr cool angesehen wird, sondern das eben auch die Freunde und Freundinnen sagen, du, hör mal zu, du hast doch jetzt hier drei Bier getrunken, ja, das ist alles schön und gut, das ist deine Sache, aber warum willst denn du jetzt zum Auto, das geht so nicht. Ja, also das ist eine positive Entwicklung. Was eine negative Entwicklung ist, ist, dass es eben Leute gibt, die weiterhin beharren darauf zum Beispiel, Bier muss Alkohol haben. Ich glaube, das ist ein ganz, ganz toller Geschmacksträger, Alkohol, das muss man so sehen. Ich bin selber Biersommelier, wie du weißt und ich hab große Freude auch an solchen Bieren, aber das sollte nicht das Standardbier immer sein und es sollte eben unbedingt die Möglichkeit erwogen werden, auch ein alkoholfreies zu nehmen, grade wenn man noch leistungsfähig sein will tagsüber, wenn man noch fahren will und so weiter. Weil, dafür ist es ja auch ein großartiges Getränk. Weil, was gibt es denn Besseres als so ein isotonisches Getränk wie ein Bier? Ich denke nur vor allem an ein Weißbier, ein alkoholfreies, was du nach dem Sport trinken kannst, das ist noch besser als Mineralwasser. Normalerweise ist eigentlich, das beste Getränk ist natürlich irgendwo Mineralwasser. Dafür, nein, ist es tatsächlich eher ein isotonisches Bier, was eben keinen Alkohol hat. Aber du hast ja auch hier was mitgebracht.

Markus: Genau, also wir haben ja auch ein spannendes alkoholfreies Bier, was in dieser Tradition eben ist, das man versucht, sich da neue Gedanken zu machen. Und vielleicht einen Satz noch dazu, ich glaube, das ist auch ein wichtiger Punkt, Leute, die sich mit dem Thema Reinheitsgebot beschäftigen, die denken ja immer, das ist etwas, da ging es immer drum, dass der Verbraucher ein reines gutes Produkt hat. Wenn man dann aber die Geschichte des Reinheitsgebots sieht, die jetzt über 500 Jahre alt ist, dann können wir maximal vielleicht 120 Jahre mit dem Thema Verbraucheridee assoziieren und der Rest ist schlicht und einfach eine wirtschaftliche Regelung, die auch Sinn hatte und die ich auch gar nicht kritisieren will. Aber so ähnlich ist es beim Bier auch. Also wir haben heute, sagen wir, Bier ist etwa, das trinke ich in Gesellschaft, um mich zu berauschen vielleicht, um Spaß zu haben, aber die längste Zeit der Existenz von Bier, war Bier einfach ein Getränk also und zwar das Getränk. Weil, als Alternativen gab es Milch, wenn verfügbar und Wein, wenn verfügbar, der aber in der Regel recht teuer und das waren die drei Getränke, die es gab. Und das heißt, Bier haben auch, was weiß ich, Schwangere, Kinder, Alte, Kranke getrunken, manche Kranke sogar bewusst, um den Nährwert zu haben. Und das heißt, da ging es nie drum, diese Biere möglichst alkoholisch zu haben, sondern ganz im Gegenteil, da ging es her drum, ein Getränk zu haben, was eben easy drinking ist. Und so haben eigentlich traditionell, wenn wir die Geschichte so rückschauen, normale Biere lagen bis in die Moderne hinein bei 2, 3% Alkohol. Also dies, was wir heute so kennen, das ist etwas des späten 19. Jahrhunderts, dass sich da 5% und mehr entwickelt hat für ganz normale Biere. Und dementsprechend, glaube ich, ist das auch nochmal ein Punkt, dass man einfach sehen muss, es ging weniger immer um sich alkoholisieren, sondern einfach, um zusammen etwas zu trinken und dieses Gemeinschaftsgefühl zu erleben. Naja und hier haben wir also ein alkoholfreies Bier. Es nennt sich Botanic oder Botanic oder Botani, weil es nämlich auch Italien kommt von Teo Musso, einer der schillerndsten Gestalten eigentlich, die noch existieren auf jeden Fall der ganzen Craftbeer-Bewegung und einer von den beiden großen italienischen Bierpäpsten, würde ich sagen. Er hat eine wunderbare Brauerei, die du ja auch schon besucht hast, ganz spannend. Ich selber war leider noch nie da, habe ihn schon öfters getroffen, aber immer auf irgendwelchen Messen oder Events. Und er ist eben wirklich, im positiven Sinne, also leider Gottes ist es jetzt nicht mehr so positiv belegt, aber früher hätte man gesagt, ein Querdenker, der einfach versucht hat, wirklich auch Bier anders zu denken und zwar in allerlei Hinsicht. Also er hat ein Birra Nazionale entwickelt, wo man also wirklich den Italienern ein italienisches Bier gibt mit den Zutaten, mit den ganzen Ideen. Er hat aber auch einen Eisbock zum Beispiel entwickelt mit einem unaussprechbaren Namen Xyauyú, den er aufgrund einer Formulierung eines seiner Kinder gemacht hat, also ganz spannende Geschichten. Er ist nach Japan gefahren und hat sich dort Sake-Fässer geholt, um dieses Bier zu reifen. Und er hat sich während der Pandemie dann Gedanken um Biercocktails gemacht, auch ganz spannend. Und das neuste Kind aus dieser Schmiede ist jetzt eben hier dieses Botanic. Und die Idee war, er wollte halt natürlich auch eine Antwort haben für die, die wenig oder keinen Alkohol haben wollen und hat sich dann überlegt, na gut, aber ich kann jetzt nicht einfach ein alkoholfreies Weizen macht. Also will er nicht und passt auch nicht zu ihm, erwartet auch keiner. Und hat eben dann aus einer Erfahrung als jemand, der sich mit ganz vielen Rohstoffen auseinandersetzt, gesagt, okay, dann mache ich da jetzt was ganz, ganz wirklich Neues und hat gesagt, ich nehme lokale Ingredienzien, aber auch ein bisschen exotische. Also da ist Passionsblume drin, Enzian zum Beispiel, Cannabis Sativa, also CBD könnte man auch sagen, also verschiedenste Ingredienzien, Koriander, um diesem Getränk da wirklich auch Aromen zu geben. Hat auch eine spannende Dose genommen. Ich sage ja normalerweise, man darf nie aus der Dose trinken. Das ist mal eine, die man oben komplett aufmacht, wenn man sie öffnet.

Claus-Christian: Genau, ist total anders gebaut.

Markus: Das ist wirklich ganz anders gebaut.

Claus-Christian: Habe ich gar nicht gesehen.

Markus: Und auch ganz spannend, weil die Herstellerfirma, soweit ich weiß, zwischenzeitlich in Konkurs gegangen ist und er alles aufgekauft hat, was es noch gibt, also auch viel, viel Geschichte dahinter. Und jetzt haben wir dieses Bier. Ich mache es mal auf, es wird ordentlich knallen, schauen wir mal.

Claus-Christian: Woah!

Markus: Da ist Druck dahinter.

Claus-Christian: Das ist ja super!

Markus: Ein lebendiges Produkt. Und ich schenke mal ein.

Claus-Christian: Woah! Das ist ja echt ein Erlebnis.

Markus: Jetzt habe ich ein bisschen mehr Schaum produziert als ich wirklich wollte, tut mir leid, aber das ist hier eben …

Claus-Christian: Das riecht auch gut.

Markus: Also Hintergrund, ich habe es schon ein bisschen bei mir, also es ist nicht über dem MHD, aber es ist eben ein Bier, was lebt und lebendig ist und weiter sich entwickelt und deswegen mehr Druck aufbaut, deswegen haben wir den jetzt hier so in der Flasche auch gehabt. Und was wir auf jeden Fall sehen, ist ein richtig schöner weißer Schaum. Wir haben, ja, eine hellgelbe Farbe.

Claus-Christian: Ist ruhig, ne, ja.

Markus: Ruhig, genau. So leicht trübe und wir sehen auch die Kohlensäure. Und, ja, reicht auch interessant.

Claus-Christian: Ja, viele, viele Gewürze.

Markus: Ja, so Wein und Citrus und dann eben diese Gewürznoten, genau.

Claus-Christian: Sehr lecker!

Markus: Ja, sehr interessant, sehr vielfältig auch, ne.

Claus-Christian: Ja.

Markus: Und grade, also ein Bier mit Enzian habe ich vorher noch nie getrunken.

Claus-Christian: Habe ich auch noch nie. Da ist wirklich, sind so Blumenaromen, ganz toll. Wir haben es natürlich jetzt im eigentlich falschen Glas in gewisser Weise, weil der hat ja selber ein Glas entwickelt, hast du ja auch mal erzählt, das Teku Glas. Das ist jetzt dagegen ein Bierglas, was wirklich unglaublich hochwertig auch ist, aber so ein bisschen bauchig, was von der EBCU auch tatsächlich ausgegeben worden ist.

Markus: Ja, aber je länger man reinriecht, umso mehr hat man wirklich diese blumigen, fruchtigen, gewürzigen Noten, also sehr intensiv als Bier. Am Gaumen eher etwas leichter.

Claus-Christian: Ja.

Markus: Aber wenn man sich jetzt überlegt, wo sind wir? Wir sind ja in Italien, viel Sonne, schöner Nachmittag da in seinem Biergarten und hat die wunderschöne Landschaft drum rum und da sitzt man gerne, trinkt sowas. Und das ist dann eben eine tolle Alternative, sage ich jetzt mal, auch zu einer Cola oder so.

Claus-Christian: Ja, ja.

Markus: Und das ist, glaube ich, auch was, was Leute immer nicht so ganz verstehen, aber sehen wollen, wenn ich den Alkohol wegnehme, dann ist Bier eigentlich das gesündeste Getränk überhaupt, also zumindest, wenn man jetzt mal von Wasser absieht. Wobei das auch relativ ist, weil ein Wasser halt einfach Wasser ist. Aber beim Bier habe ich halt all diese Inhaltstoffe, die durch einfach die Gärung … also wir reden ja heutzutage davon bei all den super Foods, ganz viele davon sind fermentiert, weil Gärung einfach an sich viele positive Aspekte i Nahrungsmittel bringt. Wir haben die ganzen Mineralien, die Vitamine, die Spurenelemente, all das, was eben das ausmacht und wir haben am Ende sehr viel weniger Kalorien als in jedem Softdrink, in jeder Saftschorle.

Claus-Christian: Genau.

Markus: Und damit ist eben ein alkoholfreies Bier eigentlich das Beste, was man so trinken kann. Und vielleicht muss man es auch ein bisschen in eine andere Ecke stellen, also nicht neben das Bier als Ersatzprodukt, sondern vielleicht zu den Softdrinks als Alternative dazu. Weil da gehört es auf jeden Fall auch hin und wird auch von vielen so gesehen.

Claus-Christian: Ja, ja. Und die Leute, die tatsächlich noch so Vorurteile haben, die sagen, oh, das hat doch immer so eine süßliche Note und so weiter, das sind halt einfach so die frühen Anfänge gewesen des alkoholfreien Bieres, gibt es natürlich immer noch, solche Vertreter, aber es hat sich unglaublich weiterentwickelt. Ich musste mich da auch wirklich umorientieren und ich finde das heute faszinierend und trinke unglaublich gerne auch antialkoholische Getränke wie eben so ein Bier. Und ich sehe das tatsächlich so, es ist einerseits doch schon auch eine Alternative zum Bier, weil die eben manchmal so gut. Zum Beispiel das hier ist wirklich super, ein super Sommergetränk, was anstatt eines Biers tatsächlich verkonsumiert werden könnte. Aber, wie du es auch sagst, also es ist allemal besser als so ein Softdrink, was vielleicht dann auch noch irgendwelche komischen Flavours hat, wo man nicht mehr weiß, was genau mit den Dingern gemacht worden ist. Hier wissen wir es wenigstens einigermaßen gut, es ist einigermaßen dokumentiert und es ist tatsächlich hier mit Leidenschaft gemacht und das gefällt mir sehr gut.

Markus: Ja. Und da kann man vielleicht sogar nochmal eine Brücke schlagen zum Reinheitsgebot, weil ich natürlich dann in Deutschland sagen kann, ein alkoholfreies Bier, war reinheitsgebotskonform gebraut ist, da bin ich natürlich 100 Prozent safe. Also da habe ich keine künstlichen Farbstoffe, keine künstlichen Aromen, keine Zusätze irgendeiner Art und Weise, sondern wirklich nur das Ergebnis einer Gärung aus Getreide irgendeiner Art, ich habe Hopfen, ich habe Malz und hab halt Hefearomen und damit entwickelt sich, entfaltet sich das und der Brauer macht für mich dann eben sein persönliches Kunstwerk sozusagen. Und ich kann da eigentlich, was eben Gesundheit, in Anführungsstrichen, Inhaltstoffe angeht, sehr, sehr sicher sein. Wobei ich jetzt hier beim Teo auch sagen muss, der hat jetzt hier keine künstlichen Enzianaromen genommen, sondern das ist eben so einer, der läuft auf den Berg und gräbt eine Wurzel aus.

Claus-Christian: Das ist ja echt beeindruckend.

Markus: Ja.

Claus-Christian: Nein, also und dieses ganze wellbeing, also das, was wir jetzt eben auch grade zelebrieren, wir sitzen jetzt hier gemeinsam an einem Tisch, wir trinken zwar nicht gemeinsam aus der Dose, aber wir haben es eben in Sommeliergläser hier tatsächlich umgeschüttet. Und wir stoßen an, das müssen wir jetzt wirklich erstmal machen.

Markus: Ah ja, stimmt.

Claus-Christian: Und versuchen gemeinsam hier Geschmacksnuancen rauszufinden. Und diese Sache, ich kann es einfach nur empfehlen, weil das bringt dir wirklich wellbeing, weil das einfach, das bringt dich so zusammen. Du merkst auch, dass der andere ein bisschen anders tickt, aber du kannst profitieren davon. Du hast auf einmal eine Geschichte. Die Geschichte von Markus, ich kannte diese ganze Geschichte von dem Botanic noch nicht. Das werde ich jetzt wahrscheinlich auch jemand anderen weiter erzählen. Ich habe auf einmal eine Geschichte, die mir einfach so dargeboten worden ist und wo ich jetzt demnächst einfach jemand anderen auch wiederum Freude machen kann. All das ist tatsächlich Bierkultur und all das ist wellbeing also. Und das ist sowas von viel, viel mehr als Gesundheit, dass ich wirklich dafür plädiere, dass jeder neue Facetten von sowas Hochwertigen wie einem Bier tatsächlich, ja, erfährt und tatsächlich immer auf dieser Reise bleibt, dieses spannende Ökosystem um das Bier herum zu verstehen, ja. Da geht es um Länder, da geht es um Macher, da geht es um Menschen und Konsumenten, da geht es um Geschichte, es ist Wahnsinn, ja, Ingredienzen, Menschen, die einfach als Freaks auftreten und sagen, ich will hier einfach was machen. Und das finde ich so irre bei diesem Brauer, das ist eben ein Mensch, der einfach vor gut 20 Jahren, ich glaube, es ist so um 1999, irgendwie so um die Zeit, hat der einfach angefangen und hat gesagt, warum verdammt nochmal machen wir in Italien den super Wein und warum machen wir das super Essen und wir machen die super Nachspeisen und alles machen wir super, und es ist auch so, in Italien macht man so unglaublich gute Sachen. Aber bei dem Bier war das eben noch nicht so ganz sichtbar, weil es große Brauereien nur gab, die das einfach relativ sorglos behandelt haben. Und dann hat er gesagt, nee, wir machen das jetzt auch mal super. Und heute, wenn du da vorbeikommst in dieser Brauerei, ich stehe da wirklich, also ich muss sagen, das ist fast schon so heilige Hallen, weil ich alles, was ich dort draus trinke, merke ich, dass es mit unfassbarem Sachverstand und einer Liebe und einer Detailtreue gemacht worden ist und, ja, das begeistert mich.

Markus: Ja und da muss man noch einen Satz dazu sagen, was das Ganze auch noch ein bisschen weiter aufmacht, die italienische Bierkultur, in Anführungsstrichen, das ist was relativ Neues. Also weil, wir alle kennen das Römische Reich, das war nie eine Gesellschaft, die Bier als ihr Getränk gesehen hat, für die war immer Wein das Thema. Die haben dann zwar Bier gemacht oder gehandelt, aber immer nur für ihre Kolonialvölker und so. Und die Bierkultur, die Italien dann so nach dem Ersten Weltkrieg hatte, das war eine österreichisch, ungarische Bierkultur. Also da kamen diese großen Brauereien eigentlich alle her, also aus Triest zum Beispiel  oder Südtirol und in diesen Ecken und eine eigentliche Bierkultur Italiens in der Form gab es überhaupt nicht. Und die ist mit dem Teo Musso und seinen Mitstreitern dann so entstanden. Und das ist auch was, was, glaube ich, viele gar nicht so sehen, dass das wirklich eben, unter diesem Anspruch, wir kommen aus einem Geniesserland, aus einem Genussland, wo es uns um Rohstoffe geht, um Herstellung geht, um die Menschen geht und wir wollen jetzt dieses für uns eigentlich neue Feld der Bierkultur selber entdecken, entwickeln. Und dadurch sind die ja auch so kreativ und sehr offen. Also sehr, sehr spannend. Also insofern, wie du schon gesagt hast, dieses wellbeing kann man auf jeden Fall auf all diese Dinge ausdehnen. Und am besten für alle, denen das Spaß macht, ist es wirklich zu reisen, sich die Brauereien anzuschauen, die Menschen anzuschauen, die Orte anzuschauen. Das Flair einzuatmen, das ist auch etwas. Manche Dinge kann man nur erfahren, wenn man auch da ist. Und dann, glaube ich, wird jeder Horizont weiter und das ist was, was jeden Menschen, glaube ich, immer bereichert. Also auch an dieser Stelle nochmal danke schön, dass du meinen Horizont so viel bereichert hast. Und in dem Fall durch diesen Input auch den Horizont der EBCU erweitert hast, um einen ganz entscheidenden Punkt, glaube ich, der ihr hoffentlich, wenn sie das auch selber versteht als Organisation, helfen wird, in der Zukunft weiter existieren zu können. Und für euch natürlich da draußen alle, wie schon im letzten Teil gesagt, wenn ihr Lust habt, wenn ihr da Spaß dran habt, euch zu beteiligen, dann macht das, geht in die jeweiligen Mitgliedsorganisationen, engagiert euch. Lernt das ganze Thema kennen und merkt einfach, dass die Bierkultur schon immer Teil der menschlichen Kultur war, deswegen so reich und so vielfältig ist und deswegen eben auch nicht wegzudenken. Und genau deswegen sollten wir dafür auch ein bisschen stehen.

Claus-Christian: Ja, genau das machen wir jetzt. Gut, danke schön.

Markus: Ja, auch vielen Dank.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 126 – Interview II mit Claus-Christian Carbon, Professor für allgemeine Psychologie an der Universität Bamberg

Claus-Christian Carbon, auch „CCC“ genannt, war unser allererster Gast im BierTalk. Seitdem ist viel passiert. Der Psychologe hat bei der Deutschen BierAkademie die Weiterbildung zum International Beer Sommelier absolviert, wurde Mitglied der Vereinigung der Deutschen Bierkonsumenten GBCU e.V. und deren Vertreter auf Europäischer Ebene. Dort zeichnet er verantwortlich zum Wechsel der Perspektive auf die Verbindung von Alkohol und Bier. Grund genug, erneut miteinander zu sprechen, in einer geplanten (!) Doppelfolge, in deren erstem Teil es sich um GBCU und EBCU und ihre Daseinsberechtigung dreht…

Kommt in unsere Facebook-Gruppe und diskutiert mit: https://www.facebook.com/groups/bierakademie

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute, wie immer eigentlich, eine ganz besondere Folge, aber vielleicht ist sie heute sogar ganz besonders besonders, weil wir nämlich tatsächlich unseren allerersten Gast wiedertreffen. Also das heißt, als der BierTalk mal angefangen hat so eben, als auch die Pandemie so grade in der ersten Welle war und wir das aus der Taufe gehoben haben, da warst du unser allererster Gast und hast uns natürlich dadurch auch geholfen und unterstützt und auch wirklich wichtige Impulse gegeben. Insofern freue ich mich riesig, dass wir hier sind! Und noch etwas Besonderes, den Auftakt machen zu einer bewussten Doppelfolge. Auch sowas haben wir im BierTalk noch nie gemacht, also spannend. Also insofern, lieber CCC, schön, dass du hier bist. Vielleicht trotzdem stellst du dich kurz unseren Hörern vor, weil ja vielleicht nicht jeder seit der zweiten Folge dabei ist.

Claus-Christian: Sehr, sehr gerne, lieber Markus. Es ist mir eine große Ehre, eine große Freude, hier wieder dabei zu sein. Mein Name ist Claus-Christian Carbon, ich bin mehr oder weniger stark bekannt als CCC für Claus-Christian Carbon. Und, was bin ich? Ich bin erstmal ein Mensch, der irre gerne Bier trinkt und ich engagiere mich sehr, sehr stark für Bier. Habe aber natürlich auch noch meinen anderen Background, ich bin Psychologe. Auch mal spannend, ein Psychologe, der tatsächlich über Bier spricht, und auch Philosoph. Und ich leite hier einen Lehrstuhl hier, das heißt in der wahrscheinlich wichtigsten Stadt des Bieres, nämlich Bamberg, einen Lehrstuhl für allgemeine Psychologie und Methodenlehre. Hört sich ziemlich kompliziert an, aber es geht tatsächlich um genau die Themen, die uns bei Bier auch interessieren. Das ist sowas wie Wahrnehmung, sowas wie Erinnerung an zum Beispiel tolle Geschmäcker und auch natürlich Geschmack und Genuss.

Markus: Ja und auch die Selbstwahrnehmung und auch der verantwortungsvolle Umgang mit all diesen Dingen gehört natürlich auch dazu. Und insofern ist das ja auch ein bisschen was, was wir ja schon in unserer zweiten Folge eben gemeinsam besprochen haben. Jetzt in unserer Doppelfolge soll es einerseits um etwas ganz Interessantes gehen, nämlich um die EBCU beziehungsweise auch die GBCU. Manche wissen es vielleicht schon, was es ist, die anderen werden es in wenigen Minuten wissen. Und im 2. Teil werden wir dann auch ein bisschen über das Herzensthema sprechen, was du aufgebracht hast, was für mich auch eines geworden ist, nämlich eben die Frage, wie schafft man die Transformation von einer, sagen wir mal, alkoholzentrierten Bierkommunikation zu einer, ja, wie soll man es bezeichnen, zu einer, wo es eben nicht um den Alkohol geht, sondern um die Effekte, um die Auswirkungen, um das, was Bierkultur eben macht und was gar nicht verbunden ist mehr mit dem Alkohol an sich . Also das werden wir sehen, Stichwort wellbeing. Aber da dauert es jetzt noch ein bisschen, wir gehen jetzt eben erstmal in Richtung EBCU. Und da vielleicht ganz kurz, was ist das? Es nennt sich European Beer Consumers Union, also sozusagen die Vereinigung der europäischen Bierkonsumenten. Das ist so eine Art Dachorganisation, das heißt, es gibt in jedem nahezu europäischen Land einen Verband, einen Verein von Menschen, die gerne Bier trinken, manchmal sogar mehrere. Und die wiederum haben sich teilweise sogar wieder zu einem Dachverband zusammengeschlossen. Aber es gibt auf jeden Fall in jedem Land einen oder zwei Vertreter für die Bierkonsument:innen und die wiederum als Verbände sind dann Mitglied in der EBCU und die vertritt dann die Interessen der Bierkonsumenten eben auf europäischer Ebene. Und warum ist das wichtig? Es ist wichtig, weil wir einfach die Interessen der Industrie auf der einen Seite haben und die Interessen der Politik auf der anderen Seite und dabei fällt der Konsument einfach oft runter und dabei wird auch oft das vergessen, worum es manchmal wirklich geht. Ja und da bist du ja so ein bisschen fast ins kalte Wasser geflogen, also wenn ich überlege, wie du da dazu gekommen bist. Ich bin ja schon etwas länger dabei und das fand ich damals ganz toll, dass du dich dafür interessiert hast. Und vielleicht nimmst du die Hörer mal ein bisschen mit auf diese Reise. Also wie war das, also zum ersten Mal von diesem Laden gehört hast, als du dann da warst, als du diese Menschen kennengelernt hast, als du selber reingekommen bist, wie entwickelt sich das, wie ist das so mit dir zusammengekommen?

Claus-Christian: Ja, also erstmal eine spannende Sache, es sind tolle Leute, die das organisieren. Die EBCU ist riesig, muss man wirklich sagen, also wahrscheinlich die größte Konsument:innengesellschaft oder Organisation für Bier auf der Welt, vermute ich, weil wir haben tatsächlich über 200.000 Mitglieder und das eben in 17 Ländern und das mit 19 Partnerorganisationen. Das ist also schon eine wirklich gewaltige Sache. Und du hast mich ja damals aufmerksam gemacht, ich kannte das tatsächlich nicht, es sagte mir überhaupt nichts, die Abkürzung kannte ich noch nicht mal. Und du hast gesagt: „Mensch, schau dir das mal an, da sind interessante Leute. Es wäre toll, wenn du dich in bisschen tatsächlich engagieren kannst.“ Engagieren kannst du dich da eigentlich nur, wenn du schon einen Teil einer nationalen Organisation bist. In dem Fall war ich ja einer der ersten Mitglieder der GBCU, also der German Beer Consumers Union, die du ja auch gegründet hast. Und diese Sache hatte mich schon sehr interessiert, jetzt auch europäischer Bühne fand ich das besonders toll. Und du hast irgendwann gefragt: „Mensch, kannst du nicht mal irgendwie so einen Vortrag oder so eine Diskussion mitmachen, du hast so spannende Themen?“ Und dann habe ich mich da eben engagiert, die Leute fanden das auch ganz interessant. Und dann wurde ich eben gefragt: „Mensch, willst du nicht Mal teilnehmen an so einer Art Tagung, ist das, es ist immer so zwei, drei Tage?“ Und dann wurde ich eben relativ schnell als sogenannter Executive gewählt. Und Executives, es gibt insgesamt fünf, davon ist einer eine Chairperson, also die leitet das Ganze. Und ich bin eben seitdem ein Executive, das ist seit 2021. Und ich wurde dann gefragt: „Für was stehst du, was sind denn deine Themen?“ Und ich habe gesagt: „Naja, Genuss ist die eine Sache, Wahrnehmung ist das eine.“ Und dann wurde ich gefragt: „Mensch, könntest du auch sowas machen wie Health?“ Und, naja, Gesundheit ist natürlich ein wahnsinnig wichtiges Thema, habe ich mir gedacht. Aber, und das ist dann eben in meiner Amtszeit verändert worden, es ging eben nicht nur um Gesundheit, sondern eben sehr, sehr stark wellbeing. Darüber werden wir ja dann später nochmal reden, deswegen müssen wir das hier nicht mehr weiter elaborieren. Aber, ja, seitdem bin sehr, sehr aktiv. Wir treffen uns eben alle zwei, drei Wochen und tatsächlich ist das Online. Aber wir treffen uns, und das ist das besondere Highlight, eben in sogenannten Delegiertentreffen, ja, alle, das ist, glaube ich, sechs Monate, treffen wir uns und das eigentlich fast immer in einem anderen Land. Und während dieses Prozesses, als ich bei der EBCU war, wurde mir das eben so erklärt, naja, wir sind so eine Art Verein. Aber eigentlich war das nicht so ganz klar, wir haben ein Sekretariat in England. Und England ist natürlich jetzt nicht mehr so ganz, ganz nahe an der Europäischen Union, aber natürlich unfassbar wichtiges Land. Eine ganz, ganz tolle Partnerorganisation die CAMRA, die sehr, sehr groß ist, die hat alleine 160.000 Mitglieder und das fand ich ganz, ganz spannend. Aber wir hatten nicht so einen richtigen krassen europäischen Touch. Und das haben wir dann tatsächlich überlegt, ob wir nicht umziehen nach Brüssel. Und das hat sehr, sehr viel Aufwand bedeutet, weil wir eben tatsächlich jetzt seit kurzer Zeit eine bestätigte NGO sind, wir sind vom belgischen König, sind wir bestätigt, eine NGO. Und wir können frei handeln und wir können jetzt auch Kontakte knüpfen mit Parlamentariern. Und das ganz, ganz Wichtige, was mir dabei eben im Kopf immer ist, das ist eben nicht so eine typische Lobby-Organisation, wo man immer mit großer Skepsis hört, mein Gott, die machen da irgendwelche Lobby-Politik. Ja, wir machen zwar Lobby-Politik, aber wir dürfen kein Geld annehmen, wir sind also wirklich eine überkonfessionelle und eine politisch nicht in eine Richtung einzuordnende Gruppierung, sondern wir sind einfach Menschen, die sich einsetzen für die Vielfalt und für das Wissen über Bier und von Bier.

Markus: Ja und es hat vor allen Dingen, finde ich, was damit zu tun, das es eben eine Verbraucherzentrierung ist, was die Sicht angeht. Und das bedeutet eben, dass mit unter durchaus Themen gibt, wo man eben mit der Industrie, mit den Brauereien mitgeht. Also wenn es eben drum geht, die Umstände zum Beispiel, um Bier zu verkaufen, Steuern und solche Dinge eben vernünftig zu halten oder auch, was zum Beispiel, ja, die Inhaltstoffe oder ähnliche Dinge angeht, was es irgendwie erlaubt oder verboten oder sonst wie ist. Also das kann sein und auf der anderen Seite gibt es aber auch viele Punkte, wo wir eben eher sagen, wir sind vielleicht auf der Seite, in Anführungsstrichen, von staatlichen Organisationen, die zum Beispiel sagen, wir wollen zum Beispiel auf dem Etikett auch wirklich draufstehen haben, was da drin ist oder wo es eben gebraut worden ist oder so. Und dann gibt es durchaus auch Positionen, die keiner der beiden zuzuordnen sind, sondern wo wir als Verbraucher einfach sagen, das sind unsere ureigensten Interessen. Da geht es zum Beispiel darum, einfach eine Vielfalt zu haben, eine Auswahl zu haben und auch vielleicht gewisse Qualitätsstandards. Und auch auf Wettbewerbe zu schauen, die auch zu zertifizieren, ob sie eben auch im Sinne eines Consumers ein guter Wettbewerb sind und so. Also da gibt es ganz, ganz tolle und interessante Aspekte der ganzen Geschichte, die es dann eben auch reizvoll machen, da irgendwie dabei zu sein. Und vielleicht auch nochmal gesagt zu diesen halbjährlichen Treffen, das ist eben auch schön, weil man ja immer zu Gast ist. Also das heißt, wir haben diese 19 Organisationen, das reicht von Island bis Italien, von Spanien bis Polen, also wirklich durch ganz Europa und jedes Mal ist man woanders und eine der Organisationen richtet dieses Treffen aus. Und das bedeutet eben, dass alle anderen zu Gast sind, dass man Brauereien oder auch Läden oder Gastronomien sieht, die man vielleicht so auf diese Art und Weise sonst nie sieht. Das man Menschen trifft, die man vielleicht auch normalerweise so nie trifft und das man einen wunderbaren Austausch hat. Und für mich auch einfach lernt, auf dieser internationalen Ebene als Mensch zu kommunizieren. Also das wird dann einfach mittelfristig völlig unwichtig, aus welchem Land man kommt, weil man gemeinsame Themen, gemeinsame Ideen und Interessen hat und wirklich dieser ganze, sage ich jetzt mal, Nationalgedanke eben mit seinen negativen Aspekten dabei verschwindet. Und man es eher als Bereicherung ansieht, dass halt gewisse Länder, gewisse Nationen gewisse, ja, wichtigere Punkte oder Schwerpunkte haben, die dann eben für die Leute, die von da kommen, wichtig sind. Aber das wird, wie gesagt, eher als enrichment, als Bereicherung gesehen und nicht als Hindernis und das finde ich auch eine ganz, ganz wichtige Geschichte. Wie hast du das denn so erlebt, was war denn dein erstes Auslandstreffen, wo du dabei warst?

Claus-Christian: Das erste Auslandstreffen, wo ich dabei war, war tatsächlich in den Niederlanden. Und vielleicht erinnerst du dich noch, wir sind da auch zusammen da noch in Zwolle gewesen und dann waren wir auch noch bei dieser wirklich tollen Brauerei, die in einer alten Festungsanlage in der Nähe von Amsterdam eben ist. Da war ich jetzt auch mittlerweile öfters. Ja und das macht eben dann Charakter aus, also eine Tagung, ein Kongress, könntest du sagen, eine bereichernde Mitgliedsversammlung, die einfach immer woanders ist. Die immer einen Lokal-Kolorit hat, wo wir regionale Spezialitäten auch mal verkosten können logischer Weise, aber vor allem auch über nationale Problematiken sprechen können. Also in der Pandemie beispielsweise, wie geht es den einzelnen Wirten jetzt, wie geht es den einzelnen Brauereien, wie geht es den Homebrewern? Woher kriegt man jetzt bestimmte Stoffe in einem Krieg wie dem Ukraine-Krieg, wo vielleicht bestimmte Logistiken, bestimmte, ja, Zulieferungen und so weiter schwieriger sind? Wie kann man sich gemeinsam organisieren, um eben dafür zu kämpfen, das Bier, so ein wunderbares Produkt, ein so lange kulturell gewachsenes Produkt, einfach in seiner Vielfalt bewahrt wird und weiterentwickelt wird? Auch das ist ja eine ganz, ganz spannende Sache. Weil, wir können natürlich wahnsinnig viel lernen, Diversität ist eine der tollsten Sachen, die wir eigentlich haben auf dieser Erde. Diversität bedeutet eben nicht die Gefahr, dass man irgendwas anderes übergestülpt bekommt, sondern Diversität ist die große Chance, bereichert zu werden von anderen, von Gedanken anderer, von Brauverfahren, von Wirtschaftssystemen, von Logistiken bis hin zum Pfandsystem. Ich fand es so spannend, einfach mal zu hören, wir versuchen grade, so ein einheitliches Pfadsystem tatsächlich hinzubekommen. Und wie könnte denn das aussehen, geht das überhaupt? Und manche schauen einen mit großen Augen an und sagen, wie, Pfand auf Bierflaschen oder auf Bierdosen, sowas gibt es doch gar nicht, das hat doch kein Mensch. Doch, doch, da gibt es eben viele, die haben sowas und von denen können wir lernen. Aber wir können eben in Deutschland, die vielleicht sowas schon haben, andere Sachen wiederum lernen, wo man eben merkt, die haben Bierkulturen, die haben Verfahren, Bierverfahren, Bierbrauverfahren, die sind eben anders, aber es schmeckt unglaublich lecker oder es ist zumindest interessant. Und das ist etwas, ja, was uns bereichert und was, glaube ich, genau diese Gruppe von europäischen Ländern ausmacht, Europa ist deswegen zu stark, weil wir so unterschiedlich sind.

Markus: Ja, das war eine der wichtigsten Erkenntnisse auch während der Pandemie, fand ich, weil vorher, ja, hat man sich zwar getroffen, aber das war tatsächlich eher so nebeneinander. Und dann haben wir in der Pandemie gemerkt, wie das dann auch zu einem Miteinander wird und werden muss. Und da hat es dann auch angefangen, dass wir zum Beispiel Workshops angefangen haben, ein Workshop-Programm, wo wir grade so diese exotischen Bierstile, die jetzt eben nicht jeder in jedem anderen Land kennt, mal beleuchten. Also zum Beispiel aus Deutschland die Gose oder aus Finnland das Sahti oder aus Polen das Grodzizkie oder so. Und da gibt es kostenlose Workshops, die ihr euch anschauen könnt unter der ebcu.org-Adresse oder auch in der gbcu.de, kann man da reinschauen und kann über die ganzen Bierstile eben was lernen, sich informieren und eben sehen, wie auch da dieser europäische Reichtum eben da ist, und das finde ich ganz toll. Und auch für euch jetzt, die ihr da zuhört, das ist eben auch ein Thema, das ist offen, also ihr könnt da mitmachen. Also klar, jeder, der jetzt in Deutschland zuhört, das ist wahrscheinlich die Mehrheit, ihr könnt euch in Deutschland eben engagieren in der GBCU. Da kommen natürlich auch entsprechend die Links dann in die Shownotes. Aber wer jetzt zum Beispiel in Österreich, in Luxemburg, in Italien oder sonst wo zuhört, ihr habt jeweils Consumer-Organisationen, die findet ihr auf den beiden Websites, die ich grad schon genannt hab und könnt euch da einfach melden, könnt mitmachen und könnt dann eben zum Beispiel zu diesen europäischen Tagungen auch mitfahren. Da kann man auch als Gast einfach mal dabei sein, das erleben, das Netzwerk kennenlernen und einfach für sich selber sehen, macht mir das Spaß, ist das mein Thema, ist das interessant und dann kann man sich da, ja, ein bisschen austoben. Apropos austoben, wir haben ja einen BierTalk und eigentlich sollte man auch ein Bier zum Talk probieren. Und ich glaube, du hast also mindestens ein Bier, was man auch mit der EBCU verbinden kann hier, ne?

Claus-Christian: Ja, also es gibt so einige. Aber welches meinst du jetzt speziell, meinst du jetzt dieses hier?

Markus: Ja.

Claus-Christian: Da haben wir vor uns ein wirklich sehr, sehr besonderes Bier. Das heißt Bamberger Unibier, historisches Schankbier und das ist tatsächlich letztes Jahr gebraut worden zur 375-Jahrfeier dieser Universität. Und das ist eben was sehr, sehr Bemerkenswertes, wir sind ja an der Universität Bamberg und die Stadt Bamberg ist ja bekannt für eine unglaubliche Diversität von auch alten Brauereien vor allem, es gibt aber auch junge Brauereien. Und das ist eine Brauerei, die hier im Umland ist, also ganz, ganz nah an Bamberg, die das tatsächlich nicht irgendwie einfach gebraut hat und jetzt haben wir das umgelabelt, so wie das manche Organisationen machen so als kleinen Gimmick zur Weihnachtsfeier oder zu irgendeiner 100-jährigen Feier. Sondern das ist tatsächlich extra gebraut worden und mit einer wirklichen wahnsinnig interessanten Geschichte und einer, ja, das ist ein richtiges Narrativ. Und vielleicht kannst du ja auch ein bisschen was dazu sagen. Also ich kann dann gleich auch noch was beitragen, weil ich bin in dieser Braukommission gewesen, aber du bist ja da eigentlich nochmal viel wichtiger gewesen, das muss man ja auch mal ganz deutlich sagen.

Markus: Ja, nein, man muss es in gewisser Weise relativ sehen, aber es ist schon auch so. Also Hintergrund, EBCU hat auch was damit zu tun, dass ich natürlich auch für dieses Bierthema ein bisschen stehe und dafür auch entsprechend mich positioniert hab und die Leute das auch wissen und du ja da auch jetzt hier so dabei bist. Und als die Uni entdeckt hat, das sie tatsächlich ein Jubiläum hat, weil das war so der Hintergrund, eigentlich wusste sie das gar nicht und es war so, dass das letzte Jubiläum, das 350-Jahre-Jubiläum, habe ich damals in meiner Eigenschaft als Studentenvertreter mit organisiert und deswegen hatte ich im Kopf, naja, das ist 25 Jahre her, also gibt es doch wieder was zu feiern. Und habe dann eine andere Freundin von mir, die zu der Zeit die Sekretärin vom Rektor war, angesprochen, was denn eigentlich mit der Unifeier ist? Und dann hat sie gesagt, oh, welche Unifeier und dann ging das so ein bisschen los. Und irgendwie kam dann in der Kommunikation, also wie gesagt, ich hab da ja nur als Außenstehender mal so diese Frage gestellt, aber kam eben dann die Idee auf, Mensch, was macht man denn? Und weil eben nicht, wie wir damals, zweieinhalb Jahre vorher eine Kommission hatten, die dann diese 350-Jahrfeier vorbereitet hat, sondern man ja quasi mehr oder weniger ein paar Wochen davor war, da haben sie mich dann eben gefragt, ob ich noch eine Idee hab sozusagen, was man denn so machen könnte, um dieses Jubiläum zu feiern? Und da war es natürlich naheliegend zu sagen, naja, wir sind in Bamberg, wir sind hier an der Uni, wir haben die Studenten, wir haben natürlich auch eine gewisse Nähe zu diesem Thema Bier. Aber wir haben eine Verantwortung, also wenn schon Bier, dann eben was, wo man auch vernünftig mit umgehen kann, wo man auch all die Themen anspricht, die man heutzutage beim Thema Bier eben ansprechen sollte und muss und kann. Und dann habe ich vorgeschlagen, na, dann lasst uns doch ein Bier machen und eben eins machen, was an diese Zeit von vor 375 Jahren erinnert. Ich habe dann eben mit einem Brauer zusammen mir überlegt, wie könnte so eine Rezeptur ausschauen? Was gab es für Malze vor 375 Jahren hier in Bamberg, was gab es für Hefen? Wie haben Biere geschmeckt, wie alkoholisch waren die damals, all diese Punkte drum rum. Und heraus kam dann eben ein Bier wirklich, wo wir viele verschiedene Malze hatten, also klassisch natürlich Gerstenmalz, aber eben auch Dinkelmalz, Roggenmalz und vor allem auch Rauchmalz, weil natürlich damals, da waren alle Bier hier mehr oder weniger rauchig. Allerdings nicht so intensiv, wie wir das heute vielleicht vom Schlenkerla kennen, weil auch damals schon so war, dass die Mälzer ja wussten, wir machen Malz mit diesem Raucharoma, aber das war ja eher ein Nebenprodukt, was nicht anders ging. Und deswegen haben die alle versucht und versuchen sie, ehrlichgesagt, auch heute noch, dass man diese Rauchnote nicht übertreibt, sondern das man versucht, sie eher ein bisschen im Hintergrund zu halten. Und so hat man eben einen leichten Rauch-Touch, der dann auch schön für die Leute anzunehmen war. Und von der Alkoholstärke haben wir eben gesagt, ja, gut, die Biere damals lagen so irgendwie um die 3% und wenn wir schon bei 375 Jahren sind, dann könnte man ja auch die 3,75 anpeilen. Und das haben wir dann auch getan und so war das dann. Und dann gab es eben eine Kommission, weil ich dann auch gesagt hab aus meiner Tradition als Studierendenvertreter, das ist jetzt nix, wo man sagen kann, die Unileitung beschließt und dann machen wir.

Claus-Christian: Genau.

Markus: Sondern das muss ja was sein, wo man alle beteiligt und wo man eben sagt, okay, es gibt diese Idee, wir klären erstmal ab, ist das etwas, was die Leute auch interessiert hier an der Uni, die dabei sind? Und dann schaut man, wie man sie beteiligt, indem man eben eine Kommission hat, wo dann von allen Unigliederungen jemand dabei ist, das auch wieder spiegelt. Dann auch ein Tasting macht, wo man auch gemeinsam überlegt. Beim Hopfen war man ja relativ flexibel zu sagen, naja, dann machen wir einfach mal verschiedenste Varianten und machen dann mal ein Tasting mit dieser Kommission und probieren, welcher Hopfen einer Mehrheit davon am besten schmeckt. Und so hat dann doch auch die Kommission viel mit entschieden, wie dieses Bier am Ende ist. Und so, das ist auch ein wichtiger Punkt, weil man damit eben auch etwas hat, wo sich alle mit identifizieren, wo sie mit im Boot sind. Und wo ich natürlich auch wenig Gegenstimme habe logischerweise, weil ja alle mit dabei sind. Und das ist ja auch wichtig, grade bei so einer staatlichen Geschichte und dem Thema Alkohol, hier irgendwie alle im Boot zu haben. Und insofern also ein sehr spannendes Projekt, hat mir viel Freude gemacht und war natürlich umso schöner dann, dass du da auch mitgemacht hast. Und vielleicht sagst du noch ganz kurz, wie es dir in dieser Kommission so ergangen ist, wie war das da so?

Claus-Christian: Also ich fand diese Kommission einfach wahnsinnig spannend, weil es hat ja tatsächlich die einzelnen, man nennt das Statusgruppen, also das ist wissenschaftsstützendes Personal, also Sekretariate beispielsweise oder die Druckerei und so weiter hat da mitgemacht. Aber es haben eben auch die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mitgemacht, die Profs haben mitgemacht. Und auch die Universitätsleitung, ein wahnsinnig starkes Kommittent der Universitätsleitung, ein unglaubliches Engagement, auch emotional, weil wir einfach sagen, Bamberg steht eben für das Bier. Und wir müssen ja auch irgendwie sehen, natürlich kannst du das Bier komplett aus der Gesellschaft verbahnen, weil du sagst, mein Gott, da ist ja auch 3,75%, was zwar wenig ist, aber trotzdem mehr als natürlich kein Alkohol. Und du kannst sagen, naja, wir begegnen diesem Problem damit, dass wir das ganz abschaffen und sowas gar nicht mehr machen. Aber die viel positivere Idee ist eben tatsächlich, das sozial einzubetten und einfach zu sagen, hier ist ein Bier, das ist ein echtes Genussmittel, das ist was sehr Besonderes, wir haben hier eine Geschichte und es hat was mit dieser Universität Bamberg zu tun. Das haben auch die Studierenden sehr verstanden, das hat den Meisten sehr, sehr gut auch geschmeckt. Und was ich auch toll fand ist, dass du auch dich, ja, da eingesetzt hast, dass es eigentlich eine obergärige Hefe ist, also das man einfach wirklich auch da nicht irgendwie faked. Das ist halt sehr ungewöhnlich gewesen, jetzt was Untergäriges zu brauen in der damaligen Zeit, ist jetzt, glaube ich, eine Altbierhefe, die da drin ist, dass man eben was aufgreift, was es mal gab. Und wo man vielleicht auch mal sensibilisiert, dass es nicht selbstverständlich ist, dass man immer eine bestimmte Art von Bieren immer trinkt. Also bewusstes Trinken, ein ganz, ganz genussvolles Trinken. Und eben auch irgendwie ein identifikatorisches Trinken, dass man einfach mal auch sagt, okay, ich schaue mir dieses Etikett an, das übrigens auch in der Kommission gestaltet worden ist, da wurden ein paar Vorschläge gemacht. Und ich habe das große Privileg gehabt, dass der Präsident mir dann irgendwann gesagt hat, du wirst jetzt entscheiden! Weil ich mache Ästhetikforschung und dann habe ich mich genau für dieses Etikett entschieden und ich finde es ganz, ganz famos. Und vielleicht als letzte, naja, vielleicht Information, wo eben auch nochmal die Wissenschaft reinkommt, wir haben rausgefunden, dass das Blau und dieses Weißblau, was da eben verwendet worden ist, eigentlich prototypisch ist für bayrische Biere. Das ist zwar jetzt ein fränkisches Bier, aber trotzdem fühlen wir uns ja dem bayrischen Bier sehr, sehr nahe und sehr, sehr verbunden und Bayern insgesamt. Und deswegen finde ich das einfach wunderbar, dass sich das empirisch so ergeben hat, dass es eigentlich ein prototypisches Bieretikett ist.

Markus: Genau. Jetzt bin ich mal gespannt, wenn du es aufmachst.

Claus-Christian: Jetzt nehmen wir es mal ganz nah.

Markus: Genau, mach mal, ganz nah.

Claus-Christian: Woah!

Markus: Sehr schön!

Claus-Christian: Ah ja, perfekt, super, sehr, sehr schön.

Markus: Ich werde mir direkt daneben einschenken, genau.

Claus-Christian: Super!

Markus: Wunderbar! Also man muss dazu sagen, das ist natürlich jetzt ein halbes Jahr über dem MHD schon, was aber dem Bier normalerweise nix ausmacht, im Gegenteil, es kann sogar ganz positive Dinge bewirken. Es schaut auch noch sehr schön aus, also wir habe einen ganz schönen festen Schaum. Wir haben schöne orangene Farbe, das fand ich damals schon schön, also diese Farbe. Das ist wie so ein Sonnenuntergang über der Universität.

Claus-Christian: Ja, es ist auch ein typischer Bamberger Sonnengang, den haben wir hier eingefangen.

Markus: Wunderbar.

Claus-Christian: Ja, dann zum Wohl!

Markus: Zum Wohl, Prost! Ja, in der Nase auch die leichte Rauchnote.

Claus-Christian: Ja, sehr, sehr schön, sehr schön eingebunden.

Markus: Das war ein bisschen fruchtiger, also das hat jetzt tatsächlich über die Zeit ein bisschen abgebaut, aber ist ja auch nicht weiter schlimm, passiert. Dafür hat es mehr Charakter gewonnen, finde ich jetzt auch ganz schön. Bei diesem Leichtbier am Anfang hat man auch sehr die Leichtigkeit geschmeckt, das ist jetzt nicht mehr.

Claus-Christian: Trotzdem ist es ganz, ganz erstaunlich, man kann wirklich so ein 3,75-prozentiges Bier tatsächlich brauen und es schmeckt erstmal sehr, sehr vollmundig, also ist schon echt toll.

Markus: Ja, coole Sache. Also es war auf jeden Fall auch von der Reaktion eben der Studierenden, ich war ja dann am Unifest auch da, dann das erste Fass angestochen und dann …

Claus-Christian: Ja, das war ein schöner Moment.

Markus: Ja. Und haben dann alle ihren Krug sich abgeholt. Und, muss ich sagen, das hätte ich mir eigentlich mal gewünscht, als ich damals eben an der Uni war, aber da waren wir noch nicht soweit. Allerdings habe ich damals tatsächlich auch schon das Thema Bier forciert, obwohl mir das damals gar nicht so bewusst war. Aber wir haben damals zu dem 350-Jahrfest eben ein großes Fest veranstaltet an der Feki draußen, das ist die Feldkirchenstraßen Universität, da waren insgesamt so um die 6.- 7.000 Menschen da, also ein richtig großes Fest. Und wir haben uns eben überlegt, was machen wir da als Besonderheit? Und das war im Oktober oder November, im November, glaube ich, war das angesiedelt und da haben wir gesagt, okay, dann machen wir da ein Bockbierfest draus. Und hatten dann tatsächlich von sechs oder sieben verschiedenen Brauereien Bockbiere da. Damals natürlich noch als, ja, 20-jährige Studenten hatten wir viele Dinge im Kopf, sagen wir mal so, aber trotzdem, muss ich sagen, es war nicht so, dass dann alle da nur noch betrunken durch die Gegend getorkelt sind. Sondern das, glaube ich, ist überhaupt etwas, was man hier auch grade in der Bamberger Gegend feststellt, dass zumindest die, die in diese Bierkultur normal hineingewachsen sind, in der Regel auch vernünftig damit umgehen. Also das heißt, man trinkt jetzt nicht mit dem Ziel, irgendwann besinnungslos über dem Dings zu hängen, sondern man trinkt seine zwei, drei, vier, je nachdem, am Abend, isst was dazu, unterhält sich nett und merkt irgendwann, dass es jetzt gut ist. Und dann geht man halt auch wieder Nachhause und schläft es aus und dann ist es okay. Also nicht, dass das jetzt alle so machen zu müssen, aber ich meine nur, es ist schon was anderes, wie wenn ich jetzt in einer Kultur aufwachse, wo wochenendliches Komasaufen einfach auf dem Programm steht. Das, glaube ich, kann man jetzt bei den klassischen Bamberger Leuten nicht sagen. Und das, finde ich, war damals ja noch mehr so, also jetzt ist das ja alles noch viel internationaler und durchmischter geworden, vor 25 Jahren waren schon auch viele Bamberger natürlich noch da. Aber insgesamt finde ich es auch wichtig, weil Bier integriert. Also ist ja nicht so, dass das jetzt nur was für die Uni war, sondern da haben natürlich auch die Bamberger, die zum Beispiel beim Unifest zu Gast waren, dieses Bier getrunken, es gab dieses Bier in den Läden. Und damit ist es ja auch eine Aufgabe gewesen, dass man sagt, man will nicht nur die Uni feiern, sondern man will auch die Stadt mit einbinden und die ganz normalen Bürger, dass sie eben stolz drauf sind, das sie hier eine Uni haben und das sie sich damit verbunden fühlen und nicht nur genervt sind von irgendwelchen Studierenden, die nachts …

Claus-Christian: Ganz genau.

Markus: … durch die Gegend laufen, sondern eben sagen, ist cool. Also weil, ich sage immer, man muss ja nur mal in eine Stadt gehen, die keine Uni hat.

Claus-Christian: Ja, da siehst du schnell den Unterschied.

Markus: Ja. Oder wo die Uni auf dem Campus irgendwo ausgelagert ist. Das heißt, die Studierenden haben dann irgendwo ihre Cafés und Restaurants und Kneipen und Bars und Clubs außerhalb und die Stadt selber ist tot. Und das ist wirklich ein Punkt, der grade Bamberg sehr bereichert und sicherlich dann auch dazu mit beiträgt, dass die Bierkultur hier so erhalten bleibt, weil natürlich die Studierenden auch ganz wichtige Arbeitskräfte sind.

Claus-Christian: Ja, natürlich, absolut.

Markus: Und mehr denn je, ne. Und da sind wir auch wieder bei der EBCU, weil das auch eine Herausforderung natürlich ist, was hat sich mit der Pandemie, die für mich eher als Beschleuniger und Katalysator gewirkt hat. Also gar nicht sehr viel Eigenständiges verursacht hat, sondern einfach nur Probleme, die am Horizont schon da waren, sichtbar gemacht hat und eben beschleunigt hat und in der Folge eben jetzt auch die kriegerischen Auseinandersetzungen, die wir grade erleben. Die natürlich was mit Menschen machen, mit dem Markt machen, auch vielleicht was mit der Stimmungslage machen. Also all damit beschäftigen wir uns natürlich auch und haben in allen europäischen Ländern ähnliche Probleme, also weniger Leute, die ausgehen, weniger Leute, die einfach unter Menschen sind. Und da sind wir vielleicht auch bei der Psychologie oder, wenn Menschen nicht mehr unter Menschen gehen, geht vielleicht ein bisschen Menschlichkeit verloren, kann man das so sagen?

Claus-Christian: Ja, wir sind eben soziale Lebewesen, soziale Tiere sagen manche und das ist tatsächlich ganz, ganz wichtig, das zu verstehen. Der eine oder andere will sich vielleicht ein bisschen mehr separieren, aber alle streben wir tatsächlich etwas an, wie gemeinsame Gespräche, eingebunden sein, wenn wir mal ein Problem haben, das wir jemanden finden, der da auch ein Ohr dafür. Und deswegen ist es auch ganz, ganz wichtig, dass wir weiterhin eine Kneipenkultur haben, die natürlich sehr, sehr, ja, vernünftig mit Alkohol beispielsweise umgeht. Wo man sich gegenseitig auch ein bisschen moderiert, aber wo man sich auch gegenseitig hilft, also wir brauchen soziale Netzwerke. Und ich glaube, solche Sachen wie zu Tisch gehen, ja oder in die Kneipe gehen oder zu einem Bierfestival gehen und einfach zusammenzukommen und gemeinsam zu essen, zu trinken, das ist was ganz Entscheidendes. Deswegen bin ich auch engagiert in ganz vielen solchen Thematiken, habe selber eine NGO nochmal gegründet, die genau sowas macht, also die heißt Freaks to Table hier, sagen, kommt doch zu Tisch, ja, kommt dahin, setzt euch hin. Und alle sind eingeladen. Und das ist auch was Wichtiges, ja, wir stehen für Bierkonsum und Bierkonsumentinnen und Konsumenten in einer maßvollen und reflektierten Art und Weise, aber, jeder ist willkommen! Und wenn du eine Schorle trinkst oder wenn du sagst, ein alkoholfreies Bier, ja, natürlich! Weil all das gehört zu dieser Kultur, zusammenzukommen, zu feiern, zu trinken und zu essen.

Markus: Ja und ich finde auch, das sind entscheidende Mechanismen auch in unserer Gesellschaft. Also ich denke da an zwei Punkte, einmal was ich erlebe, wenn wir zum Beispiel ein Bierseminar haben, eine Bierveranstaltung haben, da kommen ja Leute, 10, 20, 30, 40, je nachdem, aus verschiedensten Ecken, teilweise auch Kulturkreisen, auf jeden Fall Schichten, in Anführungsstrichen, wenn man das so sagen kann, also kommen da zusammen und dann erleben die gemeinsam so einen Biergenuss, ein Foodpairing auch einfach. Also erleben vielleicht manchmal zum ersten Mal wie es ist, bewusst etwas zu sich zu nehmen. Also mal dran zu riechen, e s wirklich bewusst zu schmecken, es bewusst zu riechen und erleben, was das bedeutet, wie interessant das sein kann, sich auch in gewisser Weise mit sich selber zu beschäftigen und wie unwichtig dann Dinge werden, die vorher vielleicht vermeidlich wichtig waren. Und wie all diese Menschen dann eben an so einem Abend zusammen lachen können, sich unterhalten können und einfach merken, wie schön das ist, zusammenzusitzen quasi am virtuellen Lagerfeuer und da eben zusammen zu sein. Und das zweite, finde ich, was ich auch finde, wir erleben ja immer mehr diese Polarisierungstendenzen der Gesellschaft und ich hab den Eindruck, dass das früher aufgefangen worden ist. Also früher haben sich Leute vielleicht, sagen wir mal, in einer Kneipe am Stammtisch oder im Freundeskreis oder irgendwo getroffen und dann hat man halt seine Ansichten geäußert, aber dann waren die anderen eben auch da und haben ihre Ansichten geäußert. Und dann hat man gemerkt, okay, es gleicht sich irgendwie in gewisser Weise aus. Man hat andere, die man sowieso schon respektiert, weil es ja Freunde und Bekannte sind, dann geht man auch mit deren Meinungen anders um. Das sind keine anonymen Leute, die irgendwelche Kommentare posten, sondern es sind eben Menschen, die man kennt. Und dadurch, glaube ich, hat sich vieles ausgeglichen, relativiert. Man hat gemerkt, dass manche Aussagen vielleicht doch über das Ziel hinausschießen oder dass man über manche Dinge vielleicht nochmal nachdenkt, bevor man sie weiter so sieht. Und das ist uns so ein bisschen abhanden gekommen, glaube ich, weil Leute einfach, wenn sie Zuhause alleine am PC sitzen, Sachen rausfeuern und kein Korrektiv mehr haben. Und dann eher immer weiter in ihre Blase und in ihre Einbahnstraße gehen und irgendwann auch nicht mehr raus können und dann verrennen sich viele und das ist schade.

Claus-Christian: Also ich finde das auch einen ganz, ganz wichtigen Punkt, es ist tatsächlich so, das ist auch meine Generalthese eigentlich, wenn du Menschen an einem Tisch hast, solltest du es eigentlich auch aushalten, dass das sehr unterschiedliche Meinungen sind so verschiedenen Themen. Es gibt natürlich ein paar Ausnahmen, es ist so, alles, was Menschenverachtend ist, was voller Hass ist, was einfach ungebührlich ist und einfach nur noch unter der Gürtellinie ist, das sollte man eigentlich gar nicht inkludieren. Weil, du brauchst ein Mindestmaß von Respekt gegenüber anderen, das ist ganz wichtig, aber wir müssen es aushalten können, das Menschen einfach anderer Meinung sind und anderer Herkunft sind, andere Lebenserfahrung haben, Lebenseinsichten haben. Und zum Schluss ist es so, wenn wir es schaffen, auch denen zuzuhören und vielleicht auch mal den einen oder anderen Standpunkt von uns selber mal zu reflektieren, selbst wenn wir meinen, das haben wir ja meist, dieses Gefühl, dass wir, ja, der richtigen Meinung aufliegen und der andere hat vielleicht die falsche. Es ist grundsätzlich falsch zu glauben, dass man schon am Ende der richtigen Meinung ist. Und du wirst auch nie richtig ankommen dort, weil es gibt immer verschiedene Anforderungen, verschiedene Sachzwänge, verschiedene Erfahrungen und verschiedene Bildungsniveaus, alles Mögliche und du musst darauf eingehen. Und manchmal merkt man eben durch solche Gespräche sehr schnell, dass man eben doch relativ beschränkt ist selber, wenn man immer sich selbst nur hört oder sich selbst feiert. Und deswegen ist es unglaublich wichtig, solche sozialen Events zu schaffen und es auszuhalten, das anderer einer anderen Meinung sind, solange eben das tatsächlich gegeben ist, die Menschen aufeinander zuhören und nicht aufeinander einhaken.

Markus: Allerdings! Und ich finde auch, man hat ein bisschen eine andere Sicht auf die Wichtigkeit von Dingen, wenn man zum Beispiel sich auch mit diesem Thema Bierkultur beschäftigt. Denn die Bierkultur gibt es jetzt seit ungefähr 13-, 1400 Jahren, mindestens und in dieser Zeit gab es garantiert jede Menge Gelegenheiten, wo ganz viele Menschen ganz unterschiedlicher Meinung waren …

Claus-Christian: Ja.

Markus: … und trotzdem ging das irgendwie weiter und man hat sich dann wieder damit auseinandergesetzt. Also was auch immer da passiert ist, aber die Menschheit ist immer noch da und das Bier ist immer noch da und dementsprechend, glaube ich, ist das auch so ein Punkt, wo man ein bisschen eine gewisse Demut auch haben muss und sich auch mal nicht so wichtig nimmt vielleicht.

Claus-Christian: Richtig.

Markus: Also ein ganz konkretes Beispiel ist, wir hatten jetzt ganz oft die Auseinandersetzungen in diesen Facebook-Gruppen, dass irgendjemand von irgendeiner Brauerei irgendeine Flasche hat und die war aus irgendwelchen Gründen in seiner Meinung nicht gut. Und dann kann ich ja ganz unterschiedlich damit umgehen. Also ich persönlich würde damit so umgehen, dass ich da drüber einfach gar nix schreibe, weil ich finde, diese Meinung kann ich haben und für mich trinke ich halt vielleicht dieses Bier nicht wieder.

Claus-Christian: Genau.

Markus: Und dann ist auch gut, aber das ist jetzt nix, was die Allgemeinheit wissen muss. Aber okay, wenn jemand anderes der Meinung ist, er muss es kundtun, kann man das natürlich tun, aber man kann eben entweder schreiben, Brauerei XY, Bier absolute scheiße, Katastrophe, nie wieder trinken, Plörre, was weiß ich was, oder man versucht eben, eine einigermaßen qualifizierte Äußerung dazu zu tätigen. Und dann hatten wir einfach so das Thema, dass ich dann mal in den Raum gestellt hab, ja, also es ist vielleicht so, dass diese eine Flasche jetzt nicht so war, wie du dir das vorgestellt hast.

Claus-Christian: Richtig, ja.

Markus: Aber dann muss man mal überlegen, was steckt dahinter? Und da ist erstmal ganz konkret, das ist eine Flasche aus einer Charge, wir wissen nicht, was mit dieser Flasche passiert ist, seit sie die Brauerei verlassen hat. Es gibt ganz viele Gründe, warum dieses Bier, ohne Zutun der Brauerei auf diesem Weg, irgendwie nicht mehr so gut ist. Und es gibt auch die Möglichkeit, dass in der Brauerei vielleicht ein Fehler passiert.

Claus-Christian: Richtig.

Markus: Auch das kann sein und auch das ist okay. Menschen machen Fehler oder auch …

Claus-Christian: Ganz genau.

Markus: … Geräte können mal falsch sein, also auch das passiert. Und auch das sagt nicht, dass das Vollidioten sind, die dastehen.

Claus-Christian: Richtig.

Markus: Und der nächste Punkt ist dann, wenn man das noch ein bisschen weitersieht, jede Brauerei, also grade unsere fränkischen Brauereien, die gibt es ja teilweise seit 500, 600, 700 Jahren, natürlich wird in dieser Zeit die Qualität relativ zu den anderen immer geschwankt haben …

Claus-Christian: Na klar.

Markus: … aber es ist doch an sich eine Leistung, dass es diese Brauerei immer noch gibt und über so viele Generationen, über so viele Zeiten hinweg. Und das es immer wieder Leute gegeben hat, Familienmitglieder, die sich bereiterklärt haben, das weiterzuführen. Weil auch das, na, viele denken immer, der kriegt die Brauerei auf einem Silbertablett serviert und ist jetzt ein gemachter Mann. Es ist eigentlich genau andersrum, du wächst mit der Bürde auf, dass deine einzige Möglichkeit, in diesem Leben weiter zu existieren, die ist, dass du diese Brauerei übernimmst. Und das ist natürlich eine Erwartungshaltung und auch ein riesen Rucksack, den man da mitnimmt, dem ist nicht jeder gewachsen. Also manche psychisch nicht, manche intellektuell nicht, manche beides nicht, viele müssen da erst reinwachsen. Und dann hat man natürlich noch die älteren Generationen mit Erwartungshaltungen und so weiter. Also das ist echt ein scheiß Job, muss man auch sagen. Und auch da muss man Respekt haben vor den Brauern, die dann sagen, wir machen das weiter, wir führen das weiter, auch im Sinne der nächsten Generation. Und auch da einfach erwarte ich mir einen gewissen Respekt, eine gewisse Demut davor und sage einfach, okay, wenn halt mal ein Bier nicht gut ist, dann ist es eben so. So wie ich das halt bei meinen Erdbeerpflanzen hab, da ist auch mal eine dabei, die mir nicht schmeckt, deswegen esse ich jetzt auch nie wieder Erdbeeren. Also das ist einfach so ein Punkt und da würde ich mir auch wüschen, wenn Leute ein bisschen ihre eigenen Meinungen, ihre eigenen Absoluditäten zurücknehmen und einfach sagen, okay, das ist jetzt halt eine Momentaufnahme. Und da kann ich mich auch drüber aufregen, aber das ist jetzt deswegen kein Punkt, jemanden zu verteufeln oder ein Unternehmen zu verteufeln oder überhaupt. Das sind alles die Punkte, die wir halt in der EBCU auch haben und insofern spannend. Ja, gibt es noch was, was du zum Thema EBCU beitragen möchtest, sonst würde ich fast sagen, wir machen hier mal einen Punkt?

Claus-Christian: Ja, klar. Also einfach, die letzte Idee ist einfach noch, die ich einbringen will, die EBCU kann natürlich weiterhin wachsen und sollte auch wachsen. Das heißt, jeder ist angehalten, einfach zu überlegen, ob man vielleicht eine Organisation gründet, die unter diesem Dach tatsächlich firmieren kann. Und die andere Sache ist eben, sich tatsächlich zu engagieren. Also wenn man ein Teil von dieser EBCU-Familie ist, man kann beispielsweise bei den Bier-Styles mitschreiben, man kann also Eingaben machen, dass bestimmte Bierstile bisher noch nicht erfasst worden sind. Weil wir haben ja diese große Datenbank, eine wunderschön bebilderte Datenbank mittlerweile von tollen Texten, die wirklich von fachlich sehr, sehr hochwertigen Menschen geschrieben worden sind. Und man kann auch bei anderen Themen sich einfach engagieren und das sollte man auch.

Markus: Ja, dann sage ich an dieser Stelle ganz, ganz herzlichen Dank und wir machen hier einen Punkt unter den ersten Teil unserer Doppelfolge. Ich sage nochmal Prost, stoßen wir nochmal an mit dem Unibier. Und ihr dann bis nächste Woche zum zweiten Teil dieser Folge.

Claus-Christian: Servus, tschau.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 125 – Interview mit Sebastian Sauer, Gründer der Ziegenhainer Hausbrauerei aus Jena

Sebastian Sauer darf stolz von sich behaupten, einen Bierstil gerettet zu haben. Aus Fulda nach Jena gekommen, entdeckte er vor vielen Jahren dort die Brauschänke des letzten Lichtenhainer-Brauers. Nachdem der das Braupaddel an den Nagel hängte, schlug Sebastian – mittlerweile zum Hobbybrauer geworden – zu und übernahm Gerätschaften, Rezept und Erbe der letzten Lichtenhainer-Brauerei und verlegte sie in seinen Hof nach Ziegenhain. Im BierTalk erzählt er die Geschichte – und wir verkosten seine verschiedenen Bier-Kreationen…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute sind wir auf einer sehr spannenden Reise, wir gehen in ein anderes Bundesland, wir gehen nach Thüringen, wir gehen in eine alte Studentenstadt, nach Jena. Und wie es sich für eine Studentenstadt gehört, gab und gibt es dort einen ordentlichen Bierkonsum. Und in unserem Fall sogar einen eigenen Bierstil, den wir noch nie im BierTalk hatten, also insofern viele Premieren auf einmal, sind wir ganz gespannt. Unser Gesprächspartner ist der Basti, Sebastian Sauer. Super schön das du da bist, vielleicht stellst du dich ganz kurz mal unseren Hörern selber vor.

Sebastian: Ja, hallo Markus, hallo liebe Hörer! Ich bin Sebastian Sauer, 44 Jahre alt, lebe die Hälfte meines Lebens, jetzt schon also seit 22 Jahren, in Jena. Bin ursprünglich aus Osthessen, aus der Nähe von Fulda, dort aufgewachsen und die ersten 22 Jahre meines Lebens habe ich dort verbraucht. Dann bin ich 2001 als nach Jena gekommen und seit zehn Jahren lebe ich jetzt in einem Jenarer Stadtteil Namens Ziegenhain. Das ist, ja, wenige Kilometer außerhalb der Stadt, zentrumsgelegener Ortsteil, der sich einen sehr schönen alten dörflichen Charakter erhalten hat und noch viele alte Bausubtanz, teilweise mittelalterlich. Und zusammen mit anderen Dörfern rund um Jena eines der sogenannten Bierdörfer ist. Ja, hier habe ich mich niedergelassen. Wir haben 2013, habe ich mit meiner Frau zusammen hier einen alten Fachwerkhof gekauft und wir sanieren den seitdem. Also die wesentlichen Sanierungsarbeiten sind abgeschlossen, aber wer selbst vielleicht einen alten Hof hat, der weiß, man wird nie fertig. Das heißt, neben dem Bierbrauen beschäftigt mich in meiner Freizeit auch das Werkeln am Fachwerkhof noch sehr intensiv. Und, ja und in diesem Fachwerkhof bin ich seit 2016 Hobbybrauer und hab das Ganze, ja, so eskalieren lassen, könnte man sagen, dass es seit 2021, also seit etwa zwei Jahren jetzt ein Nebenerwerb ist. Ich habe das also zur kommerziellen Kleinbrauerei gemacht und betreibe das neben meinem Hauptjob und meiner Familie und eben diesen anderen Tätigkeiten, die an so einem Hof immer anfallen, im Nebenerwerb und das ist die Ziegenhainer Hausbrauerei.

Markus: Faszinierend, also an sich schon eine total spannende Geschichte. Und schön, dass du auch die Zeit hast, einfach mal bei uns im BierTalk vorbeizuschauen und die Geschichte auch ein bisschen zu erzählen. Und vielleicht auch ein bisschen Vorbild zu sein für andere, die sich auch überlegen, naja, vielleicht besorge ich mir einen Hof und vielleicht mache ich da eine Brauerei rein oder wie auch immer, keine Ahnung, auf jeden Fall eine spannende Geschichte. Und ich muss wirklich sagen, du hast ja auch ein paar Biere vorbeigeschickt. Also ein paar ist gut, sieben an der Zahl. Alle unterschiedlich, alle mit einem wunderbaren Etikett und natürlich auch mit diesem, ja, mit diesem Schlagwort Ziegenhainer beziehungsweise dann eben Lichtenhainer, Wöllnitzer. Und da geht es ja einfach drum, um diesen alten historischen Bierstil, der sich wohl der Sage nach zumindest so entwickelt hat, dass die Studenten aus Jena einfach gern so mal raus aus der Stadt wollten und dann war eben, diese Bierdörfer waren nicht weit und da ist man dann eben grade so hingekommen in seinem studentischen Wanderdrang. Und dort gab es dann auch entsprechend Bier und spezielle Biere und damit hat sich eben so ein eigener Bierstil entwickelt. Aber da sage ich vielleicht schon zu viel, da kannst du uns bestimmt auch gleich noch ein bisschen was erzählen. Vielleicht vorher noch ganz kurz, weil der ein oder andere unserer Hörer hat vielleicht hingehört, Sebastian Sauer und dann hat so ein bisschen was geklingelt. Du hast ja einen Namensvetter, der in der Bierwelt auch nicht ganz unbekannt ist, mit dem du sogar was zusammen gemacht hast. Also wann habt ihr euch getroffen und wie war das, wenn man sagte, hallo Sebastian, ich auch Sebastian Sauer, ich auch, wie ist das?

Sebastian: Ja, ich hab im ersten Satz der Vorstellung jetzt grade schon überlegt, ob ich direkt darauf eingehen soll, weil, wenn man in einem BierTalk Sebastian Sauer sagt, natürlich wahrscheinlich viele zuerst an Freigeist denken, aber es gibt tatsächlich eben mit mir noch einen Sebastian Sauer, der auch Bier braut. Ja, das ist erstmal natürlich einfach nur Zufall. Ich bin erst auf Freigeist und diesen Freigeist Bierkultur Sebastian Sauer aufmerksam geworden, nachdem ich mich selber auch schon mit Bier beschäftigt hatte und auch schon angefangen hab zu brauen. Und wenn man so in der Craft-Beer-Welt sich ein kleines bisschen umhört, dann kommt man um diesen Namen natürlich nicht drum rum und das ist mir natürlich auch sofort selbst als erstes ins Auge gestochen, was, der heißt genau wie ich? Es ist also schon für mich jetzt also schon, ja, viele Jahre auf dem Radar, dass es diesen anderen Sebastian Sauer gibt, aber er kannte mich natürlich nicht, ich bin ja einfach nur ein kleiner Hobbybrauer gewesen. Aber ich habe ihn irgendwann einfach mal angeschrieben. Und zwar ist das Ganze eigentlich so zustande gekommen, dass ich mich damals auch schon sehr intensiv eben mit dem Lichtenhainer beschäftigt hab, also mit dem Bierstil Lichtenhainer. Und auch zu dieser Zeit, also vor sechs, sieben Jahren etwa, auch angefangen habe, hier in meiner kleinen Hausbrauerei hier auch Bierseminare zu veranstalten und Bierverkostungen. Also nicht mit eigenen oder nicht nur mit meinen eigenen Bieren, sondern einfach, ja, um so ein bisschen meine Begeisterung und das Wissen für Bier weiterzugeben und dem Pilstrinker sozusagen eine neue Welt zu eröffnen, hat sich das so etabliert, dass ich also mindestens einmal im Monat hier bei mir Bierseminare und Verkostungen veranstalte, in denen ich eben auch Biere aus aller Welt vorstelle und dann zusammen mit den Leuten trinke, auch was Passendes dazu esse und so weiter. Und in dieser Veranstaltung hatte ich eigentlich schon von Beginn an immer auch ein Sauerbier, einfach um diesen Bierstil den Leuten nahezubringen. Und da bietet sich in Jena natürlich auch an, dass man das mit einem Lichtenhainer macht, weil es natürlich durch sauer und Rauch, diese Kombination, einfach noch spannender wird, um den Leuten ein bisschen Ausgefallenes nahezubringen. Und bei Lichtenhainer bin ich dann eigentlich erstmals auf ein Bier auch von Freigeist gestoßen, also von dem anderen Sebastian Sauer. Er hat ja seine Braukarriere eigentlich auch mit einem Lichtenhainer begonnen. Also das Lichtenhainer Namens Abraxas von Freigeist war, glaube ich, das erste Bier, mit dem Sebastian Sauer dann auf den Markt gekommen ist und sich dann einen Namen gemacht hat. Und das hatte ich auch eine Zeitlang, solange es noch verfügbar war, auch bei mir in der Veranstaltungsreihe und habe das denen vorgestellt. Und, ja, über diesen Weg bin ich erstmal an seine Biere gekommen sozusagen, weil ich einfach sein Lichtenhainer hier bei mir im Programm haben wollte. Und dann habe ich ihn ganz schnöde einfach mal irgendwann über Facebook einfach mal angeschrieben und habe gesagt, ich hab dein Bier getrunken, fand es total klasse und es kommt eigentlich von da her, wo ich wohne und ich braue auch und wie lustig ist denn, dass ich genauso heiße wie du. Ich habe ihn einfach  angeschrieben und da hat sich dann, ja, eine Kommunikation entwickelt, das geht jetzt lose seit mehreren Jahren eigentlich über Facebook so ein bisschen hin und her, das wir einfach in Kontakt sind. Und dann haben wir beschlossen, wir müssen einfach unbedingt mal was zusammen brauen. Und habe deswegen dann eigentlich dieses Jahr, also wir haben es eigentlich letztes Jahr beschlossen, aber dieses Jahr dann wirklich umgesetzt und haben zusammen ein Lichtenhainer gebraut. Was ganz gut gepasst hat, weil ich sowieso, nachdem ich erstmal mit anderen Bieren begonnen habe, also in meiner Brauerei sozusagen, mich auch eigentlich erst seit letztem Jahr selbst mit Sauerbieren und dem typischen, regionaltypischen Weißbier Lichtenhainer, Ziegenhainer, Wöllnitzer erst beschäftigt hab und deswegen hat das dann perfekt in diese Reihe gepasst. Und, ja, dieses Lichtenhainer, das wir also zusammen gebraut haben, das Besondere daran ist, dass es ein bisschen was Regionales einfängt. Wir haben nämlich zusammen mit einer anderen Brauerei in der Nähe von Mannheim, wo wir das gemacht haben, wir haben es also nicht bei mir gebraut, sondern in einer externen Brauerei sozusagen, um eine größere Menge machen zu können auch. Dort besteht die Möglichkeit, auch selber zu räuchern, das Malz. Und ich habe mich an die Kreissäge gestellt und habe aus Apfelbaumholz aus dem Ziegenhainer Tal hier Räuchermehl hergestellt in Handarbeit sozusagen, hab das dann per Post versendet. Und wir haben dann damit das Rauchmalz selbst hergestellt und das ist jetzt in diesem Lichtenhainer Weißbier als Kooperationssud sozusagen dann entstanden.

Markus: Wunderbar, also total spannend. Und in gewisser Weise ja Blasphemie, muss ich sagen hier aus Bamberger Ecke. Aber, nein, absolut, finde ich faszinierend und auch sehr spannend. Und grade jetzt, wo eben bei uns das Schlenkerla auch angefangen hat, mit verschiedenen Hölzern zu experimentieren, jenseits von Buche und Eiche, ist das ja total spannend, jetzt mal so ein Apfelholz zu haben. Wer möchte, kann sich also auf jeden Fall auf der Website vom Sebastian über all die Biere informieren, es gibt sie bei ihm beziehungsweise lokal in dem ein oder anderen Shop und er hat natürlich auch die Kontaktmöglichkeiten. Ihr bekommt das alles über die Shownotes und könnt euch dann im Zweifelsfall irgendwie mit ihm einigen, dass ihr dann auch mal probieren könnt. Und es ist wirklich, also allein optisch, wunderschön, sind richtig schöne, ja, fast schon schnucklige kleine Fläschchen mit einem Bordeauxroten Kronkorken, das ist wunderschön. Und auch das Etikett sehr edel gehalten, in einem, ja, leicht getönten Weiß und eben Bordeauxrot auch hier und hier steht dann also Lichtenhainer Weißbier und sauer und rauchig, in Kooperation mit Freigeist Bierkultur, sehr interessant. Also ich mach mal auf, Moment, so.

Sebastian: Wir haben übrigens diesen Sud uns geteilt, also jeder Sebastian Sauer hat die Hälfte bekommen. Und bei Freigeist ist es unter dem Namen Doppelgänger zu haben. Der Name ist natürlich selbsterklärend, wenn man die Geschichte kennt. Also war sehr lustig und eine schöne Erfahrung. Wir haben uns also zu diesem Brautag dann auch tatsächlich das erste Mal persönlich kennengelernt, die Sebastians Sauers und hatten einen, ja, sehr lustigen Tag zusammen und einen schönen Abend. Und natürlich ist auch über den Tag verteilt viel Bier geflossen, wir haben einige Sachen probiert und uns ausgetauscht, schöne Sache. Und die Idee für die nächsten Biere ist auch schon geboren, aber das verrate ich jetzt, glaube ich, noch nicht, da ist es noch zu unausgegoren, aber es wird wahrscheinlich noch weitere Biere geben, die wir zusammen machen.

Markus: Okay, na, da freuen wir uns schon mal drauf. Also ganz grundsätzlich muss man sagen, es verbreitet schon mal ein wunderbares Aroma. Und tatsächlich eines, wo man also zumindest meint, auch so ein bisschen Apfel mit dabei zu haben, so fast schon bratafpelig, dann natürlich ein bisschen rauchiges Aroma. Und interessant, man hat ja sonst in der Nase so das Thema Säure nicht so intensiv, hier ist es aber auf jeden Fall trotzdem da. Sehr, sehr komplex auch, also wirklich fruchtig, rauchig, säuerlich, vielleicht Citrus, könnte man sagen. Woah, sehr intensiv, sehr kräftig. Also ich habe es hier relativ kalt und trotzdem hat es echt jede Menge Aroma, also das schon mal sehr, sehr intensiv.

Sebastian: Ich muss allerdings sagen, das bei meinen Kunden es schon deutlich schwieriger ist, so ein Bier an den Mann zu bringen als andere Biere natürlich und auch als andere Sauerbiere. Also ich habe schon viele Leute bei mir, die, also von meinen Standardbieren, die ja keine Sauerbiere sind, Stammkunden sind und regelmäßig da verschiedene Biere trinken, auch von verschiedenen Brauereien und auch etwas experimentierfreudig sind, sage ich jetzt mal, die trotzdem aber noch keine Sauerbiererfahrung hatten. Und denen ist das häufig einfach zu viel auf einmal, also zu viel neue Erfahrung auf einmal. Also die anderen beiden Biere, können wir ja vielleicht dann auch noch drüber sprechen, die beiden anderen Weißbiere, also das Ziegenhainer und das Wöllnitzer, die sind eben, sage ich mal in Anführungsstrichen, nur sauer. Und diese Kombination aus sauer und Rauch ist einigen einfach schon zu viel. Also ich bin natürlich jetzt schon viele Jahre Sauerbiere gewöhnt und habe auch schon Rauchbiere, einige getrunken und deswegen finde ich es ein tolles gelungenes Bier und trinke es auch gerne. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass es halt Leuten, die wenig Erfahrung mit Rauchbieren oder noch keine Erfahrung mit Sauerbieren haben, einfach too mutch ist, zu viel Neues auf einmal. Deswegen ist es schon, ja, für ungeübte Trinker, sage ich jetzt mal, vielleicht eine kleine Herausforderung. Aber wie so oft, man muss sich halt dran gewöhnen.

Markus: Genau. Das hat was damit zu tun, dass die meisten Menschen, wenn sie so großwerden, irgendwann als Kind das Raucharoma das erste Mal kennenlernen, wenn Oma, Mama, Papa, wer auch immer, ihnen zum ersten Mal so ein Stückchen Toast vielleicht mit ein bisschen Schinken drauf in den Mund reinsteckt und sagt, so, mein Kind, das ist Schinken. Und dann haben die zum ersten Mal Raucharoma und speichern das dann ab und dann ist es im Grunde, das ganze Leben lang hat der Rauch eine Verbindung mit dem Wort Schinken. Also es ist tatsächlich, wenn man in anderen Landstrichen ist, zum Beispiel eher im Norden, wo zum Beispiel viele Leute Fisch als Erstes geräuchert bekommen, da haben die ihr ganzes Leben lang bei Rauchbier immer den Eindruck, das hat was mit Fisch zu tun. Also es hat was damit zu tun, womit speichere ich diesen Raucheindruck zuerst ab. Aber um auf deine Frage zu kommen, also doch, ich finde schon, dass man einen Unterschied merkt. Also ich erschließe es mir aus zwei Dingen, also einmal kennt man das ja schon von den Barbecue-Spezialisten. Da ist es ja so, dass es wirklich ganz, ganz viele verschiedene Hölzer gibt, mit denen man dann seine diversen Fleisch oder Fisch oder was auch immer man räuchert, eben entsprechend räuchern kann und da gibt es ganz intensive, deutliche Aromaunterschiede, je nach Rauch. Und bei den Bieren, muss ich sagen, ist es so, dass ich bisher natürlich immer nur das trinken konnte, was es gab. Also das heißt, wir haben zum Beispiel, was das Buchenholz angeht, halt unser klassisches Schlenkerla Märzen und die Spezialbiere, die vom Rauch her alle in eine ähnliche Richtung gehen, also von der Brauerei Spezial. Und die anderen Biere, jetzt zum Beispiel die Eiche, das ist ja ein Doppelbock, das heißt, der hat mit 8% Alkohol natürlich auch vom Alkohol schon mal eine ganz andere Aromatik als jetzt das Märzen. Und da hab ich immer den Eindruck, dass das noch viel mehr in so eine speckige, manche würden vielleicht sogar sagen räucher-aalige Richtung geht, also auf jeden Fall deutlich anders als das Buchenholz. Noch spannender ist es jetzt eigentlich bei den neuen Bieren. Also es gibt eins, das ist mit Kirschholz, also auf Fränkisch Weichsel und da ist der Basisbierstil ein Rotbier. Und da, muss man sagen, da merkt man ganz intensiv diese roten Beeren, Kirscharomen, die dann eben sehr schön zu diesen ebenfalls beerigen Aromen von dem Rotbier passen, also das funktioniert da wunderbar. Und das andere Holz ist dann Erle, da ist ein Schwarzbier damit gemacht, mit diesem Malz. Und da ist es tatsächlich so, das Schwarzbier hat ja so schokoladige, fast schon stoutige Aromen und das wird tatsächlich durch so eine schöne Röstnote von diesem Malz nochmal unterstützt. Und das ist viel, wie soll ich sagen, also nackter oder kalter ist vielleicht der falsche Ausdruck, aber dieser Rauch aus der Erle hat eben nicht so fruchtige Komponenten wie jetzt zum Beispiel die Kirsche oder auch noch so speckige wie die Eiche oder so, sondern das ist dann wirklich eher, unterstützt diese röstigen, diese schokoladigen, diese Kaffeearomen. Also da hat man wirklich den Eindruck, dass das Holz einen Unterschied macht. Und wo du mir jetzt hier dieses Bier gibst, muss ich sagen, also natürlich ist immer so die Gefahr, wenn man vorher weiß, da ist Apfelholz drin, dann riecht man das natürlich auch. Aber ich habe wirklich den Eindruck, dass das schon auch da ist und das es sich natürlich wunderbar mit dieser Säure verbindet, weil der Apfel ja als Frucht auch einiges an Säure hat und in der Kombination passt das schön zusammen. Und dadurch wird das mit dem Rauch auch runder, ist dann nicht so knallhart, wie ja Rauch auch sein kann, sondern das schmiegt sich hier sehr schön zu so einem kleinen Gesamtkunstwerk zusammen und man hat wirklich eher wie so einen Bratapfel, wo das alles so ein bisschen zusammenpasst. Also ich glaube schon, dass das geht. Auch in Grätz zum Beispiel war ich ja vor Ort schon auch in der Brauerei, da ist es in der Tat auch wieder so, dass dieses Raucharoma wieder anders ist. Und, ja, also ich bin mir ganz sicher und ich würde auch jeden Hobbybrauer einladen, ich bin ja leider keiner, also hätte ich Zeit und Muße und Können, dann würde ich das, glaube ich, auch gerne machen und dann wäre das sicherlich ein Experimentierfeld für mich, mit verschiedensten Hölzern da zu experimentieren und auszuprobieren, was man da so alles anstellen kann, also, ja. Aber, wie gesagt, zurück zum Bier, ich finde das wirklich ganz, ganz interessant, weil, ich glaube, es hat schon eine ordentliche Säure, aber die ist sehr schön eingebunden, sodass es dann wirklich sehr rund wird. Der Rauch ist da, aber ist auch nicht sehr im Vordergrund, der umschmeichelt das Ganze so ein bisschen und dadurch ist das wirklich ein völlig anderes Bier als alle anderen, die man so hat. Aber intensiv, trinkbar und sehr selbstbewusst, also erzählt einem wirklich eine spannende Geschichte von Äpfeln und Rauch und ein bisschen Säure.

Sebastian: Es gibt auch noch eine lustige Geschichte dazu. Und zwar habe ich ja erzählt, dass ich diese Bierseminare hier regelmäßig veranstalte bei mir und da den Leuten eben versuche, den Bierhorizont etwas zu erweitern und das sind natürlich immer auch Sauerbiere und häufig dann eben auch Lichtenhainer im Programm. Und ich habe ziemlich oft dort bei, sagen wir mal, bei Nurpilstrinkern dann den Satz gehört, das ist doch kein Bier. Also die sind dann, wenn man denen diverse Bierstile präsentiert, dann sagen sie nur, ja, das schmeckt mir oder das schmeckt mir nicht so gut. Und dann habe ich aber häufig bei Sauerbier oder eben bei dem Lichtenhainer den Satz gehört, oh, das ist doch kein Bier. Und jetzt habe ich mich auch relativ intensiv mit der Historie hier dieser Jenarer Bierdörfer beschäftigt und der Historie der Ziegenhainer Brautradition und eben auch der Lichtenhainer. Hab da viel Literaturrecherche auch gemacht und hab eine Heftchen gefunden von, muss ich mal grade nachschauen, von wann, ach, das ist von 1870, verfasst und berichtet über das bierige Leben sozusagen in Lichtenhain, also wie in Lichtenhain Bier gebraut wurde, die studentische Trinkkultur, die Feierkultur. Hauptsächlich an Pfingsten wurde sehr viel gefeiert, mit vielen, vielen Gästen, auch von weiter her, die also dann zum Saufen nach Lichtenhain gekommen sind und dort das Lichtenhainer Bier getrunken haben. Und in diesem Heftchen ist beschrieben sozusagen, dass auch damals schon Leute geäußert haben, das ist doch kein Bier. Da steht also, ich lese das mal grade hier vor, ich hab das nämlich hier vor mir. So mancher Biertrinker hat beim ersten Trunk geäußert, das sei kein Bier. Aber schon nach dem Genuss der zweiten Kanne eine andere Meinung bekommen und nach der dritten sich vollständig befriedigt befunden und oft ein Fässchen noch mit in die Heimat genommen, um dasselbe mit heimischen Lagerbier befüllt, als Dank wieder zurück nach Lichtenhain zu senden. Und das fand ich sehr lustig, weil es eben auch damals schon so war, dass das Lichtenhainer Bier eben, obwohl es mal eine Zeitlang wirklich der letzte Schrei war und ja auch außerhalb von Lichtenhain unter diesem Namen dann gebraut wurde und sehr beliebt war. Und das es eben nicht so war, dass einfach jeder Trinker damals an genau diese Kombination gewöhnt war, sondern auch damals schon offensichtlich was Besonderes war, an das man sich erst gewöhnen musste und es dann irgendwann geliebt hat.

Markus: Nee, toller Fund, sehr, sehr spannend. Und wie gesagt, es gab diesen Bieraustausch, das finde ich ja auch total interessant, was ja auch hier in Bamberg oft passiert, also das irgendwelche Leute entweder Bier mitbringen oder umgekehrt, ein Bamberger Bier irgendwohin mitbringen, um dort eben wieder Bier abzuholen. Also das scheint eine schöne Tradition zu sein, sich gegenseitig mit Bier zu beglücken. Kann man ja auch, mache ich auch gerne, also insofern super interessante und spannende Geschichte. Mir war das gar nicht so bewusst, dass es neben Wöllnitz, Lichtenhain, auch noch Ziegenhain gibt. Also das hast du damit jetzt ein bisschen bei mir auch auf meine persönliche Landkarte gehoben, sehr interessant. Nur ganz kurz, soweit ich weiß, gibt es in Jena noch die Papiermühle als Brauerei, wenn es die noch gibt, da habe ich damals übernachtet. Gibt es die noch, weißt du das?

Sebastian: Ja, die gibt es noch. Das ist ein Braugasthof, der existiert, braut weiterhin viel gutes Bier, ist aber hauptsächlich im eigenen Ausschank zu haben. Also es gibt, soweit ich weiß, keinen Vertrieb von Flaschenbier sozusagen außerhalb des Braugasthofes. Man kann natürlich dort im eigenen Laden das Bier kaufen, aber die spezialisieren sich wirklich auf den Ausschank in den eigenen Räumen und auf die Ausstattung von Festen. Also hier in Jena gibt es, ja, sozusagen immer mal Stadtfeste, Altstadtfest, Herbstfest, Frühlingsfest und dort sind die eigentlich auch immer mit Ausschank vertreten. Aber die ziehen sich quasi bewusst auf dieses Gasthausbrauereikonzept zurück und vertrieben nicht in irgendwelchen Shops oder Supermärkten gar ihr Bier, aber die sind weiter aktiv.

Markus: Genau, also das fand ich damals sehr schön. Ich weiß noch eben, da habe ich übernachtet und fand die Biere auch sehr gut. Es gibt so einen schönen Innenhof, wo man da sitzen kann, also das fand ich ganz cool. Also wenn ich schon sage eben, ich war unterwegs so 2015 rum und habe recherchiert für ein Buch, wo ich alle Brauereien in Sachsen und Thüringen vorgestellt habe und damals waren eben in Jena zwei Brauereien, einmal die Papiermühle und einmal die Talschänke. Da werden wir jetzt ja vielleicht auch noch kurz drüber sprechen, wenn wir da bei Wöllnitz sind. Und wenn du jetzt grade aus dem Büchlein vorgelesen hast, dann würde ich ganz gern kurz den Text lesen, den ich verfasst hab, um einfach zu sehen, inwieweit es sich mit dem deckt, was du dann vor Ort erlebt hast. Machen wir das so? Okay, gut, also ich habe geschrieben: In Jena, Ortsteil Wöllnitz, konserviert Brauer Kai Hoppe als Letzter das hier traditionell gebraute Lichtenhainer Bier. Besonders die Studenten liebten das leichte und säuerliche Weißbier, was im 19. Jahrhundert den zuvor angebauten Wein ersetzte. Die letzte Brauerei, die Lichtenhainer im großen Stil herstellte, war die 1875 gegründete Brauereien Eduard Barfuss & Söhne. Die konnte sich durch alle Irrungen und Wirrungen bis 1983 halten, bevor der letzte Besitzer Gerhard Barfuss die Pforten schließen musste, und als Bonbon noch ein Sonderglas mit dem Dekor 108 Jahre Wöllnitzer Weisse herauskam. Kai Michael Hoppe lernte durch Zufall einen der letzten Mitarbeiter von Barfuss kennen, der ihm Rezeptur und Brauverfahren verriet. Also beschloss der ehemalige Elektriker, seine grade geöffnete Talschänke um eine selbstgebaute Brauanlage zu erweitern. 1997 war es dann soweit, das erste Wöllnitzer Weißbier konnte getrunken werden. Serviert wird der historische Schluck entweder pur oder mit Schuss. Das kann dann entweder Waldmeister oder Himbeersirup sein, wie bei der Berliner Weisse oder ein Kümmelschnaps, je nach Tagesform und Gemütslage. Soweit dazu. Da hast du ja auch Erfahrungen noch gemacht oder, mit Kai?

Sebastian: Ja. Also erstmal, schöner Text, gefällt mir und deckt sich natürlich auch mit meinen Erfahrungen. Ich bin nur an einer Stelle immer ein bisschen vorsichtig und zwar bei der Bezeichnung des Bierstils, den der Kai Hoppe gebraut hat, als Lichtenhainer. Es ist ja so, dass heutzutage, wenn man über Lichtenhainer spricht, eigentlich immer die Kombination aus sauer und rauchig im Vordergrund steht oder irgendwie gemeint ist. Und das Bier der Wöllnitzer Talschänke und auch das letzte Bier, dass die Brauerei Barfuss noch gebraut hat bis 83, schon eine Weile nicht mehr rauchig war, die haben also kein Rauchmalz mehr verwendet. Und deswegen ist es ein Sauerbier, das natürlich historisch sich von dem Lichtenhainer ableitet, aber ich würde eigentlich das Bier, dass der Kai Hoppe gebraut hat, jetzt nicht als Lichtenhainer bezeichnen, sondern eigentlich als auch vom Bierstil her sozusagen als Nachfolger. Also nicht nur die Brauerei, die Talschänke als Nachfolger der Barfuss Brauerei, sondern tatsächlich auch den Bierstil Wöllnitzer Weißbier als Nachfolger des Lichtenhainer Weißbiers. Aber historisch ist es natürlich schon so, dass durch diesen Erfolg, den das Lichtenhainer Bier hatte, also wirklich das in Lichtenhain gebraute Bier, sich sozusagen Trittbrettfahrer etabliert haben, so auch im Jenarer Ortsteil Wöllnitz, die dann, nachdem die Barfuss Brauerei gegründet wurde, tatsächlich anfangs auf ihren Werbeschildern auch stehen hatten, Lichtenhainer Bier aus Wöllnitz. Also man hat sozusagen mit diesem Bierstil geworben und versucht, es den Leuten schmackhaft zu machen, in dem man das halt wirklich als eigenen Bierstil etabliert hat. Aber wie gesagt, am Ende der Barfuss-Historie sozusagen, der Brauerei Eduard Barfuss, war das Bier nicht mehr rauchig und bei Kai Hoppe war es eben auch nicht rauchig, aber knackig sauer.

Markus: Ja, also ich finde auch, ich hatte es dann damals, als ich fort war 2015 und fand auch, es war sehr sauer. Aber gut, hat mir trotzdem geschmeckt, war für mich damals auch neu. Was die Bierstildiskussion angeht, das ist sehr interessant, weil es schließt sich praktisch nahtlos an eine Diskussion an, die wir beim European Beer Star hatten, weil dort in der offiziellen Bierstilbeschreibung von Lichtenhainer nämlich auch nichts von Rauch steht. Das kann ein Versehen sein, aber das kann natürlich auch Absicht sein. Und es ist immer ganz schwierig, weil letzten Endes so diese Idee von Bierstilen und das man Brauereien auf Bierstile oder umgekehrt festlegt, das ist ja etwas, das kennt man vielleicht seit 20, 30 Jahren. Davor war das ja mehr oder weniger so, dass halt jeder das so gemacht hat, wie er das für richtig gehalten hat und auch Etiketten dann draufgeklebt hat, wie er oder sie das für richtig gehalten hat. Und solang die Konsumenten sich nicht beschwert haben, war da auch alles gut und da gab es auch keine Diskussion. Außer es gab dann so eine Geschichte wie die Ortsbeschreibung bei einem Pilsener Bier, wo man eben gesagt hat, wenn da Pilsener draufsteht, dann muss es auch aus Pilsen kommen. Woraus sich dann ein ganzer Gerichtsprozess entspannt hat, der am Schluss dann genehmigt hat, das Pilsener Bier von überall kommen kann oder im Umkehrschluss eben das Champagner-Weizen, genau oder Kölsch, die eben den umgekehrten Fall gegangen sind, wo man dann eben alles verboten hat, was eben nicht aus der Champagne kommt beziehungsweise aus Köln. Also insofern, das ist eine interessante Diskussion. Da müsste ich fast selber mal ein bisschen weiter nachschauen, weil, ich glaube, das Problem ist halt einfach, dass ja zu dem Zeitpunkt, wo dieses Bier rauchig war, die Intention nicht war, dass es rauchig war, sondern das Malz, dass die damals zur Verfügung hatten, war halt einfach aufgrund des damaligen Herstellungsprozesses, hatte das eben diesen rauchigen Charakter. Und die Mälzer haben auch eher versucht im Rahmen ihres Tuns, den Rauchcharakter eher möglichst zu reduzieren, das gar nicht so intensiv zu haben. Und das machen also die Wenigen, die noch richtiges Rauchmalz herstellen, ja bis heute so, dass man versucht, es trotzdem irgendwie harmonisch hinzubekommen und dann durch moderne Mälzungstechnologien oder dadurch, dass man das Malz dann eben zukauft von Großmälzereien, verschwindet dieser Rauch und dann kann man ihn auch nicht einfach wieder hinbringen. Also dementsprechend, ja, ich glaube, also der Einwand ist völlig berechtigt, nur weiß ich gar nicht, also so Henne- und Ei-mäßig, nee, was war zuerst da. Aber ich glaube, das gehört eben auch dazu, dass man diese Diskussion so ein bisschen hat. Jetzt weiß ich gar nicht, ob du mitmachen willst, ich würde nämlich das Wöllnitzer glatt mal aufmachen. Ich kann es aber auch gern alleine aufmachen, wenn du sagst, du willst das jetzt nicht alles trinken, je nachdem, wie du willst.

Sebastian: Ach, doch, ich trinke schon mit. Währenddessen oder wir machen es jetzt mal auf und dann erzähle ich noch ein bisschen was über meine Verbindung sozusagen zur Wöllnitzer Brauerei und zu Kai Hoppe.

Markus: Ganz genau. Also das würde ich eben noch fragen, weil du hast ja mit dem Kai noch persönlich gesprochen. Ich habe ihn ja nur einmal gesehen, als wir Fotos gemacht haben, insofern, das würde mich total interessieren. Also, so, auf ist.

Sebastian: Ich habe jetzt hier nur ein Glas und habe die Erfahrung gemacht, wenn man Rauch einmal im Glas hatte, man kriegt den ganz schwer dort wieder raus. Das wird jetzt also vermutlich dafür sorgen, wenn ich das Glas jetzt nicht ausspülen gehe, dass auch dieses Wöllnitzer dann doch heute noch ein leichtes Raucharoma bekommt.

Markus: Wie durch Magie hat es noch einen kleinen Touch, das ist doch auch schön. Also sehr interessant, weil, ich finde, also bei mir ist es, also ich habe auch dasselbe Glas genommen, ich habe es sogar zwischendurch nochmal kurz mit etwas Wasser durch geschwankt, also Rauch habe ich glücklicherweise eigentlich nicht mehr, aber ich hab eine schöne intensive Fruchtnote, die jetzt ein bisschen in eine andere Ecke geht. Also wo wir vorher ja tatsächlich in diesem Apfel, Apfelmostigen waren, ist es jetzt eher weinig, würde ich sagen, so Muskateller-mäßig oder Riesling-mäßig, also so in eine Traubenecke.

Sebastian: Das ist so ein typisches Beispiel, wo ich jetzt grade dachte, woah, darauf wäre ich jetzt nicht gekommen. Aber ja, stimmt, das ist dieser Sommelier, ich-höre-einem-Sommelier-zu-Effekt. Ja, stimmt, aber ich wäre nicht selbst drauf gekommen.

Markus: Ja, wobei, ich will das immer gar nicht so hochhängen. Also da muss man gar kein Sommelier dafür sein, das ist einfach eine Frage, wenn man sich lange damit beschäftigt und deshalb einfach machen muss, dann ordnet man sich so ein Vokabular an, eignet man sich das so nach und nach an und dann kommt das auch nach und nach wieder. Also ich glaube, das kann jeder und jede gut hinbekommen, wenn man einfach bewusst immer wieder versucht, sich mit Aromen zu beschäftigen. Natürlich hilft eine Sommelierausbildung, das ist klar, aber ich wehre mich immer dagegen, das so in einer Wertigkeit zu sehen. Denn letzten Endes, also ein guter Hobbybrauer, ein guter Brauer, das sind ganz andere Kompetenzen, die man in einer Sommelierausbildung niemals bekommt. Und deswegen finde ich einfach, ergänzt sich das gut und das ist ja auch schön. Also insofern Gratulation zu diesem schönen Bier, alleine schon mal vom Geruch. Also toll, es riecht wirklich richtig gut, also macht richtig Lust. Ist ein bisschen spritziger, ich würde sagen, auch ein bisschen säuerlicher sogar noch und hinten raus nochmal intensiver, diese schönen weinigen Noten. Eine schöne Textur auch, also auf der Zunge sehr schön. Bleibt auch lange, also sehr interessant und sehr voll. Also ich hatte das Letzte aus der Talschänke auch noch mir damals aufgeschrieben, dass es so ein bisschen, ja, eindimensional war, also man hatte halt so eine Milchsäuresäure und nicht so viel Körper und das war es dann irgendwie. Das hier hat richtig viel, also ganz viel eben von diesen fruchtigen Noten, viel von diesen weinigen. Ein bisschen auch so gewürzige Aromen etwas, also ein bisschen, wie soll man sagen, so erdig vielleicht auch. Also ganz interessant, es hat viel, das auch lange bleibt und mit dem man sich noch lang beschäftigen kann.

Sebastian: Und auf jeden Fall zu schade, um Sirup hineinzuschütten.

Markus: Ja, wie bei der Berliner Weisse übrigens auch, also das sollte man natürlich nicht unbedingt tun. Aber da sieht man auch, wie sich Menschen entwickeln, also wenn ich das heute nochmal schreiben würde, den Text, würde ich das auch anders schreiben wahrscheinlich.

Sebastian: Aber es ist in der Talschänke tatsächlich sehr üblich gewesen, also die meisten Gäste der Talschänke in Wöllnitz haben das mit irgendeinem Zusatz getrunken, Himbeere, Waldmeister oder eben Kümmelschnaps.

Markus: Also das war übrigens, vielleicht auch für die Hörer nochmal, um das vor Augen zu führen, das war total unscheinbar. Also im Grunde war das ein Wohngebiet an so einem Hang, sehr grün, wunderschöne Aussicht über das Tal. Und dann war in diesen ganzen Wohnhäusern auch eins und wenn man nicht genau hingeschaut hat, hat man das auch übersehen. Wenn man dann genau hingeschaut hat, dann war da so ein rotes Schild und auf dem stand dann eben drauf Wöllnitzer Weißbier und Talschänke. Und dann musste man aber noch hinten rum, also in den hinteren Teil dieses Hauses und da war dann sowohl Brauerei als auch Gastraum und so eine Terrasse auch, wo man schön runter gucken konnte. Also wirklich etwas, was man entdecken musste, wo man nicht einfach so drauf gestoßen ist, wenn man nicht gezielt dahin gefahren ist. Also das fand ich schon auch sehr, sehr interessant. Hat der Kai denn da auch gewohnt?

Sebastian: Ja, der hat da auch gewohnt. Und das ist auch tatsächlich nicht ursprünglich als Kneipe gebaut oder auch kein besonders altes Haus, sondern das ist als Wohnhaus gebaut und hat deswegen tatsächlich so von der Straßenseite auch diesen Charakter noch erhalten und war dann wirklich nur von der Rückseite als Gasthausbrauerei zu erkennen. Mittlerweile ist es übrigens wieder rückgebaut sozusagen, Brauerei und Gasthaus sind entfernt und wieder zu einer Wohnung geworden. Also die Brauerei hat letztes Jahr geschlossen, letzte Jahr im Mai war das, genau, Mai 22 haben sie, glaube ich, zugemacht. Und ich bin natürlich auch dort Gast gewesen schon und habe das als Biertrinker und Bierinteressierter in Jena natürlich gekannt, hatte aber jetzt noch keinen intensiveren Kontakt irgendwie zu dem Kai Hoppe, bis ich erfahren hab, dass er schließt. Dann habe ich den Kontakt gesucht und hatte sofort im Sinn, ja, das es erhalten werden muss, zumindest das Bier, wenn schon nicht die Brauerei, dann doch zu mindestens das Bier oder diese Tradition, überhaupt ein saures Bier in einem der Jenarer Bierdörfer weiterzubrauen. Und, ja, wir haben da vorhin drüber gesprochen, die Gasthausbrauerei, die es noch in Jena gibt, die haben ja ihre Biere, haben ihr eigenes Konzept und so weiter, die standen da jetzt also nicht zur Diskussion, das irgendwie aufzunehmen. Und deswegen habe ich mich da so ein bisschen, ja, fast verpflichtet gefühlt sozusagen, ja, diesen Staffelstab irgendwie aufzugreifen und habe dann Kontakt zu Kai Hoppe aufgenommen. Und wir haben uns häufiger getroffen und er hat mir also auch sehr detailliert erzählt, wie er gebraut hat und so weiter, seine Brauerei, seine Gerätschaften, seine Technik, sein Rezept auch verraten. Wobei Rezept ja immer so ein bisschen, ja, meiner Meinung nach wird das Wort Rezept immer so ein bisschen überbewertet. Also um  jetzt ein Bier tatsächlich nachzubrauen, ist jetzt ein Zettel, auf dem irgendwas draufsteht oder so, eigentlich zweitrangig, ich glaube, es ist viel entscheidender, ja, die ganze Technologie drum herum, wie man das gemacht hat. Und vor allem natürlich ist die Hefe oder in dem Fall sogar eine Mischkultur relevant. Das heißt, ohne genau diese Hefe, Milchsäure und was auch immer noch Mischkultur, die der Kai Hoppe da verwendet hat, wäre es einfach nicht möglich, das Bier so nachzubrauen, wie er es gemacht hat. Und das war mir natürlich das Wichtigste, da irgendwie ranzukommen. Und da habe ich dann in mehreren Versuchen, Experimenten und Anläufen sozusagen versucht, bei mir dieses Bier zu klonen. Und es ist, ja, neben diesem Know How und der Hefe auch noch einiges anderes dann zu mir gewandert, also ich habe tatsächlich dann einen Teil seiner Brauerei übernommen von den Gerätschaften her. Die Schrotmühle zum Beispiel steht jetzt bei mir und wird weiter verwendet. Dann, wir haben zu zweit eine komplette Kühlzelle abgebaut in der Gasthausbrauerei im Keller. Die habe ich bei mir wieder errichtet, das ist jetzt also mein kleines Kühlhaus. Jede Menge Fässer, Kisten, sehr schöne Holzkisten so im Stil der 60er-Jahre, solche flachen mit Metallgriffen dran und mit einem schönen eingebrannten Logo. Das ich allerdings runter geschliffen habe, um ein Ziegenhainer-Hausbrauerei-Logo drüber zu sprühen. Aber da gibt es jetzt auch ein schönes Sammelsurium sozusagen aus Kisten, auf denen noch Wöllnitz und Talschänke draufsteht und Kisten, auf denen schon Ziegenhainer Hausbrauerei draufsteht. Und, ja, eigentlich war genau dieser Ansatz auch der Grund, warum ich überhaupt jetzt angefangen habe, mich selbst mit der Herstellung von Sauerbieren und diesen Jenarer Weißbieren wieder zu beschäftigen, weil ich erstmal sozusagen das Wöllnitzer Bier, so wie es Kai Hoppe zuletzt gemacht hat, quasi retten wollte. Und der erste Versuch war übrigens, ist gescheitert, weil da habe ich versucht, zu weit in die Vergangenheit zu greifen. Wir haben an einem Abend, der Kai Hoppe und ich, zusammen Biere verkostet, er hat mir tatsächlich eine Flasche geschenkt von 1983, das war quasi das letzte Jahr, in dem die Brauerei Eduard Barfuss & Söhne noch das Wöllnitzer Weißbier gebraut hat, gefüllt und verschlossen, hat er mir vermacht. Und dann drei Flaschen Wöllnitzer Weißbier von 2003, 2013 und 2020. Und an die Flasche von 1983 haben wir uns nicht ran gewagt, also da war dann doch der Respekt zu groß. Die habe ich nicht geöffnet, die steht immer noch bei mir im Schrank, verschlossen und ich glaube, ich werde mich auch nie trauen, die zu öffnen. Aber wir haben dann die anderen getrunken. Und aus dem Bodensatz der Flasche von 2003, was übrigens noch immer ein sehr, sehr leckeres und total komplexes richtig gutes Sauerbier war. Es hat ein bisschen an Spritzigkeit verloren in der Flasche, ein bisschen Kohlensäure verlorengegangen, aber ansonsten ein super Bier, 20 Jahre gereift, war wirklich spannend. Und aus diesem Bodensatz habe ich dann versucht sozusagen, die Hefe wieder hochzupäppeln und dort den ersten Probesud zu machen damit. Und das hat auch, ja, so halbwegs funktioniert. Ich habe also mit dem Rezept, dass er mir verraten hat und dieser wiederhochgepäppelten Hefe aus diesem Flaschenbodensatz, den ersten Probesud gemacht, der vollständig vergoren wurde und auch tatsächlich diesen Duft und das typische Aroma von dem Wöllnitzer Bier hatte, aber es war nicht sauer. Das heißt, es hat offensichtlich Hefe überlebt und vielleicht auch noch einiges andere, aber die Milchsäurebakterien in dieser Mischkultur, die haben nicht überlebt anscheinend. Das heißt, das Bier ist einfach vom PH-Wert auf dem Wert geblieben.

Markus: Und es sind auch keine Neuen rein, krass.

Sebastian: Es sind keine Neuen rein, genau. Das hätte ich vielleicht durch entsprechende Maßnahmen irgendwie forcieren sollen. Habe ich aber nicht, ich habe natürlich weiterhin so schön sauber gearbeitet, wie ich das immer tue in meiner Brauerei, schön geputzt und desinfiziert.

Markus: Ja, das spricht absolut für dich übrigens, ja.

Sebastian: Aber, ja, für die Herstellung von solchen mischkulturvergorenen Sauerbieren ist natürlich so eine Reinlichkeit gar nicht so zuträglich und deswegen ist es nicht sauer geworden. Und dann ist der zweite Versuch dann erst gelungen, nachdem ich dann nochmal von ihm ein ganzes Fass von seinem letzten Sud von 2022, also letztes Jahr hat er ja geschlossen und hat entsprechend längere Zeit vorher das letzte Mal gebraut, also es könnte auch sein, dass es schon von 2021 war, der Sud. Und aus dem Bodensatz dieses Fasses von seinem letzten Sud, von dem habe ich dann quasi das Experiment nochmal gemacht und dann hat es geklappt und das Bier ist auch tatsächlich sauer geworden.

Markus: Darfst du oder willst du denn verraten, was da so in dieser Mischkultur sich alles drin befindet oder hat es überhaupt mal jemand untersucht?

Sebastian: Also ein Geheimnis ist das ja nicht. Ich weiß es noch nicht ganz genau. Ich habe einen befreundeten Mikrobiologen, dem ich mal eine Probe gegeben hab und den gebeten hab, dass irgendwie zu analysieren. Und das erste Feedback war, ich hab so viel gesehen, ich konnte es nicht auseinanderhalten. Also er hat auf jeden Fall Hefe, Milchsäurebakterien natürlich, aber auch Schimmel, diverse Kulturen, ungefährliche Schimmelkulturen entdeckt und noch vieles andere, das heißt, es ist eine ziemlich wilde Mischung, die da zum Einsatz kommt. Und er hat gesagt, dass man dort halt nochmal mit anderen Methoden ran muss, mit verschiedenen Medien, aus denen man das Ganze dann ausstreicht und um verschiedene Teile dieser Mischkultur sozusagen zu vermehren und zu analysieren. Das heißt, es ist noch nicht ganz untersucht, aber ich habe es vor. Also ich bin auch in Kontakt mit der VLB in Berlin, die sowas ja auch anbieten als Dienstleitung und habe eigentlich vor, das dort mal wirklich untersuchen zu lassen, um da ein besseres Bild zu kriegen. Aber das ist noch nicht passiert.

Markus: Ja, also das wird bestimmt sehr interessant, also da freue ich mich schon drauf, wenn du mal Ergebnisse hast. Und ist das dann letzten Endes eine Kultur, die zurückgeht noch auf die Barfuss-Rezeptur?

Sebastian: Also nicht direkt, sondern, sagen wir mal, über den Weg des Prozesses. Es ist nämlich so, ich habe ja vorhin mal kurz über Reinlichkeit gesprochen und immer schön putzen und jeder, der selbst Bier braut, weiß eigentlich, dass man zum Beispiel alles, was mit Malz und Malzschrot und Malzstaub zu tun hat, natürlich tunlichst von Gärung trennen sollte. Und genau das ist nämlich in diesen Brauereien nicht passiert. Das heißt, schon bei dem Eduard Barfuss in der Brauerei war es offensichtlich so, dass es dort eng zusammenhing und auch in der Wöllnitzer Talschänke war also die Schrotmühle unweit des offenen Gärbottichs. Und deswegen ist es vielleicht auch gar nicht so schwierig, sowas aus dem Nichts wieder zu zaubern, sage ich jetzt mal, indem man halt einfach, ja, ein bisschen Malzstaub in die Gärung gelangen lässt und schon geht es los mit den fantastischen Aromen.

Markus: Wahnsinn! Also auf jeden Fall eine legendäre und spannende und interessante Geschichte und, ja, einfach auch schön, dass durch dich das jetzt dann eine Kontinuität irgendwie trotzdem bewahrt hat. Und noch schöner eigentlich, dass du dann auch jetzt das Ganze nochmal ein bisschen weiter auffächerst und eben auch zum Beispiel in die Lichtenhainer Ecke und auch mit deiner eigenen Interpretation da jetzt weitermachst und somit dem Ganzen nochmal wieder neues Leben einhauchst. Bevor wir zu deinem Bier kommen, noch eine Frage. Wie geht es dem Kai denn an sich, also hat er jetzt einfach aufgehört wegen der Pandemie und überhaupt, hast du zu ihm noch Kontakt?

Sebastian: Ja, also der hat, glaube ich, einfach ein Alter erreicht, in dem er sagt, den Gastronomiestress muss ich mir nicht mehr antun, ich habe lange genug Bier gebraut und lange genug Gäste bewirtet in meinem Leben. Und er ist jetzt mittlerweile auch, nachdem er das Haus umgebaut hat und vermietet, die ehemalige Brauerei und Gaststätte, aus Jena weggezogen. Also er wohnt jetzt in einer anderen Stadt und hat sich dort quasi an einem anderen Ort ganz neu niedergelassen, ohne Gastronomie und ohne Bierbrauen.

Markus: Und fehlt ihm sein Bier oder schickt du ihm ab und zu eins?

Sebastian: Ich glaube, er hat noch von seinem Bier. Es gibt in Wöllnitz einen sogenannten Weißbierbrunnen. Das ist also ein Brunnen, der aus einer großen sogenannten Spritzkanne, mit der das Bier früher von den Wirten ausgeschenkt wurde, das Wasser versprüht in diese kleinen Kännchen rein, diese Holzkännchen, in denen das Bier das Bier dann getrunken wurde, die hier so lokaltypisch waren früher, der Wöllnitzer Weißbierbrunnen. Und dazu gibt es jedes Jahr ein Brunnenfest, das sogenannte Weißbierbrunnenfest. Und das hat dieses Jahr auch wieder stattgefunden und da hat er tatsächlich noch Reserven von seinem Bier aus dem letzten Sud noch ausgeschenkt, also er hat noch ein bisschen was in Reserve.

Markus: Und das stimmt natürlich, dass es auch was hat, also grade diese Sauerbiere, die halten sich auch. Also ich bin mir nicht sicher, ob ich es im BierTalk nicht schon mal erzählt hab, aber ich habe ja auch vor dem Thüringen-Buch ein Buch über Berlin gemacht, über alle Brauereien in Berlin und wir haben da eine Pressekonferenz gemacht und haben alle Brauer eingeladen, die auch kamen. Und anlässlich der Pressekonferenz habe ich lauter Berliner-Weisse-Flaschen aus de 80ern ersteigert, die man eben so bei eBay bekommen konnte und habe dann da ein bisschen ausgesiebt und die Besten mitgenommen und die haben wir dann auf der PK aufgemacht. Und das heißt, es waren damals Biere, die um die 40 Jahre alt waren. Und wie du jetzt auch schon gesagt hast, die waren immer noch sehr, sehr trinkbar, also ein bisschen Kohlensäure verloren vielleicht, aber an und für sich von der Aromatik sehr gut, sehr rund, also durchaus eben noch interessant. Und man kann diese Biere offensichtlich, obwohl sie gar nicht so stark sind vom Alkohol, echt gut länger aufheben, also, ja. So, jetzt müssen wir aber deine moderne Interpretation der Geschichte noch anschauen und da habe ich erstmal eine Frage. Und zwar habe ich zwei Flaschen, auf denen Ziegenhainer Weißbier draufsteht, einmal mit einem Häuschen und einem Turm und einmal mit einem Eichenblatt und da steht auch nochmal getoastetes Eichenholz. Also was hast du dir denn da dabei gedacht und welches wollen wir probieren oder wollen wir sie beide probieren?

Sebastian: Also das Bier, das ich jetzt tatsächlich schon mehrfach gebraut habe und was wahrscheinlich auch zu meinem Standardrepertoire dazu kommt, das wird dieses Ziegenhainer Weißbier normal, sage ich jetzt mal, werden. Das hat diesen sogenannten Fuchsturm, das ist also hier so eine Art, ja, lokales Wahrzeichen. Das ist ein Turm auf dem Berg oberhalb von Ziegenhain, Rest eines alten Burggebäudes. Also das Häuschen, das danebensteht, ist eine Gaststätte heutzutage. Und der Turm steht immer noch und ist weithin sichtbar, von ganz Jena aus eigentlich gut zu sehen. Und natürlich auch direkt, wenn man meinen Hof verlässt, aus der Brauerei kommt, dann schaut man als erstes auf den Fuchsturm. Und dieser Fuchsturm und Ziegenhain sind eigentlich schon immer sehr eng miteinander verknüpft. Es ist ursprünglich auch so, dass der Ort Ziegenhain entstanden ist durch sozusagen die Ansiedlung unterhalb der zugehörigen Burg. Und, ja, auch heute noch sehr beliebtes Ausflugsziel und deswegen einfach eng mit Ziegenhain verknüpft. Also es gibt sehr viele Wanderer und Spaziergänger, die also durch Ziegenhain zum Fuchsturm hochwandern und dort dann Bier trinken. Hoffentlich auch mal meins irgendwann, aktuell noch nicht möglich, aber ich arbeite dran. Ja, das ist also das Ziegenhainer Weißbier. Und dieses mit dem Eichenblatt ist im Prinzip, was du jetzt hast, das ist tatsächlich der gleiche Sud. Da habe ich einfach mal als Experiment sozusagen einen Teil von diesem Sud des Ziegenhainer Weißbiers abgezwackt und hab das noch mit Eichenholzchips gestopft sozusagen, um dem Ganzen nochmal ein bisschen, ja, nochmal was Spannendes hinzuzufügen.

Markus: Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Auch nur ganz kurz, weil ich mich grade dran erinnere, ich habe beim Bierwettbewerb mal die Eiche von Lembke gehabt. Also der Oli hat ja seine Berliner Weisse, gibt es auch eine Version auf Eichenholz und das war damals noch relativ neu. Und ich finde das Bier, ehrlich gesagt, faszinierend, weil diese Kombination aus Karamell und sauer total spannend und interessant ist, bin ich mal auf deins gespannt.

Sebastian: Also ich muss gestehen, dass auch genau da die Idee herkommt. Also diese Berliner Eiche, nennt es sich ja, von Lembke, das habe ich auch getrunken vor zwei, drei Jahren mal und war da sehr begeistert. Und als ich jetzt angefangen hab, mich damit zu beschäftigen, bin ich eigentlich genau wegen diesem Bier, wegen der Berliner Eiche von Lembke, auf die Idee gekommen. Das ist also nicht meine Idee, ich gebe es offen zu.

Markus: Na dann, an dieser Stelle ein kleiner Tribut an den Oli und den Basti und so weiter, sehr schön, genau. Und jedenfalls war das dann ganz interessant, weil die anderen an dem Jurytisch, wo ich war, die haben das Bier einfach nicht verstanden. Also das würde ich jemanden gar nicht vorwerfen, also wenn ich nicht vorher mich so intensiv damit beschäftigt hätte und eben den Oli auch gut kennen würde, wäre es mir ja wahrscheinlich genauso gegangen. Aber das war dann tatsächlich wirklich was, wo man erstmal Aufklärungsarbeit leisten musste, um zu sagen, das geht. Also man kann ein Sauerbier eben mit Holz zusammenbringen und das ist auch nochmal eine Bereicherung und kann das Ganze interessant und spannend machen. Und, ja, okay, also jetzt bin ich völlig überfordert, weil mich beides total interessieren würde. Ich glaube, ich muss sie beide aufmachen. Also wieder, wie gesagt, du musst ja nicht mitmachen, aber ich bin jetzt hier mal knallhart und würde jetzt mal die normale Version zuerst nehmen, wenn das die recht ist?

Sebastian: Ja.

Markus: Ja, okay. Vielleicht noch eine Frage, also Rohfrucht ist nicht drin, es ist nur Weizenmalz und Gerstenmalz?

Sebastian: Richtig.

Markus: Richtig, genau, okay. Also, dann machen wir mal auf, so. So, ja. Heißt denn Ziegenhain eigentlich Ziegenhain, weil das wirklich mal was mit Ziegen zu tun hatte, so Hirten oder so?

Sebastian: Das ist nicht ganz geklärt, da gibt es verschiedene Geschichten und verschiedene Erzählungen, wie es zu dem Namen kam, aber die wahrscheinlichste ist schon, dass es sich einfach, ja, auf einen Hain bezieht, auf dem mal Ziegen gehütet wurden, ja.

Markus: Also der Geruch ist schon wieder sehr faszinierend. Für mich geht es jetzt weniger in diese säuerliche Richtung, die wir also vorher hatten, sowohl beim Apfel als auch dann bei diesem eher weinigen Wöllnitzer. Hier habe ich jetzt fast schon auch eine liebliche Note mit in der Nase. Also es ist irgendwie so Stachelbeeren, rote Beeren, vielleicht sogar Erdbeere, also irgendwie ganz interessant. Und wenn man dann so einen richtig tiefen Zug nimmt, dann kommen wieder so ein bisschen diese Weinnoten, so Richtung Muskateller auch wieder, so ein bisschen leichte Gewürznoten mit dabei, aber tatsächlich wie ein sehr guter, eher auch süßer Wein, finde ich, vom Geruch her. Und dann hat es aber so dieses Prickeln, wo man schon merkt, da ist Kohlensäure, da ist noch ein bisschen was dabei. Nehmen wir mal einen Schluck. Oh ja, also das ist jetzt sehr interessant, weil es viel runder ist, viel, glaube ich, auch eingängiger für viele Leute. Das heißt, das Säuereelement ist da, aber es ist nicht so …

Sebastian: Auf jeden Fall, ja. Das ist auch das Feedback, dass ich auch bisher eigentlich immer kriege, dass dieses von den drei sauren Weißbieren das Eingängigste und das ist, was man auch ohne geübter Sauerbiertrinker zu sein, eigentlich am ehesten mögen kann, weil es eben auch halt einfach nicht ganz so viel Säure hat wie die anderen beiden.

Markus: Genau und es hat sogar einen gewissen Malzcharakter. Und es ist ja gar nicht so alkoholstark wie die anderen, ein bisschen weniger stark und trotzdem sehr erfrischend, sehr voll. Also kann ich mir super gut als Sommerbier auch vorstellen. Und schöne Kohlensäure, sehr spritzig.

Sebastian: Genau, das ist eigentlich auch so die Idee gewesen, deswegen auch nur 3,7% Alkohol. Weil, also das ist Erstens so ein bisschen, ja, eine Anleihe sozusagen an einfach die historischen Biere, die hier in Ziegenhain gebraut wurden, die eben auch nicht so alkoholstark waren. So dieses um die 5% Alkohol, das ist ja was, was man heute so als normal, aber so stark waren sie hier in Ziegenhain eben früher auch nicht. Also wenn man jetzt mal so 150 bis 200 Jahre zurückschaut, waren die eben auch eher in diesem Bereich von 3,5 bis 4% Alkohol. Und dann wollte ich eben auch einfach, weil ich das selber gerne so trinke, halt einfach ein erfrischendes leichtes Sommerbier, von dem man eben nicht gleich vom Stuhl fällt, wenn man mal zwei getrunken hat.

Markus: Nee, absolut. Und das kann ich mir richtig gut vorstellen, also das ist was, da sitze ich und da trinke ich wirklich mehr davon. Und das ist sehr eingängig und das kombiniert sich auch schön mit den üblichen Speisen. Also, ja, also Glückwunsch, das hast du sehr gut hinbekommen! Und ist, glaube ich wirklich, hat Potenzial, dann vor Ort auch wirklich die Leute mitzunehmen und zu begeistern. Und weil wir es grade vom Oli hatten, das war ja da auch so ein bisschen die Aufgabe einfach, die Challenge, die Berliner Weisse zu machen, aber eben kompatibel für die Anzahl an Gästen, die er eben in seinen Läden in Berlin hat. Das unterscheidet ihn halt zum Beispiel von der Ulrike mit der Schneeeule, die halt durchaus diese extremen Biere auch machen kann, weil das eben mehr ihr Thema ist, er muss halt einfach seine Leute auch glücklich machen und hat in diesem Rahmen auch das ganz toll hinbekommen. Und das, finde ich, reiht sich da nahtlos ein, also wirklich ein sehr schönes Bier. Und ich muss jetzt mal das andere aufmachen, um das mal direkt zu vergleichen. Ich hoffe, du verzeihst, mache ich doch hier mal das …

Sebastian: Ja, bitte, gern. Da mache ich jetzt auch wieder mit …

Markus: Okay.

Sebastian: … weil ich das nämlich auch sehr gerne mag. Also wie gesagt, die Berliner Eiche von Lembke hat mich damals sehr überzeugt und das war der Anlass, das auch mal zu machen. Und ich trinke das jetzt auch hier in dieser Variante, das Ziegenhainer Weißbier mit Eiche, wirklich sehr gern. Es ist sehr dezent nur, also ich habe es jetzt nicht übertrieben, aber ich wollte eben so einen leichten Touch von dem Holz dann doch mit drin haben.

Markus: Also was ich total interessant finde, ist der Geruch, weil so auf den ersten schnellen Hinriecher ist das Bier wieder da. Also da riecht es wirklich eher wie so ein klassisches Bier und wenn man dann aber ein bisschen tiefer reinriecht, dann merkt man, okay, das ist jetzt fast schon eine Sinnestäuschung, weil es kommt eben durch diesen Holzcharakter, der da ist, wo man denn eben so Holzaromen, Karamellaromen, Vanillearomen hat, die ich mit den anderen verbinden.

Sebastian: Ja, genau, weil Holz schmeckt ja auch nicht nur nach Holz, sondern es ist ja grade bei diesem getoasteten Eichenholz, da ist ja ganz viel eigentlich, was das dem Bier geben kann. Das ist ja nicht nur Holzgeschmack sozusagen, sondern da kommt ja eine ganze Palette von verschiedenen Aromen mit dazu.

Markus: Also ganz interessanter Geruch, ist wirklich total anders, sehr vielfältig, sehr vielschichtig, sehr voll. Also, ja, jetzt muss ich mal trinken.

Sebastian: Also das ist jetzt wirklich ein Sondersud, den ich wirklich nur in einer Menge von in dem Fall hier nur 20 Litern gemacht hab, da gibt es also nicht viele Flaschen von. Das war also nur nochmal ein Experiment neben den anderen. Ich hab einfach einen Teil eines Sudes von dem Ziegenhainer abgezweigt und das noch ein bisschen gestopft, einfach um das Mal zu testen. Aber das gefällt mir so gut, dass ich das auf jeden Fall auch nochmal machen werde. Grundsätzlich ist es jetzt erst mal ja ein Dreiergespan, ja, wo eigentlich verschiedene Ideen dahinterstehen. Zum einen bildet das natürlich so ein bisschen diese Bierlandschaft rund um Jena ab, mit dem Bezug zu den einzelnen Ortschaften Wöllnitz, Lichtenhain, Ziegenhain und dem, was man so ein bisschen, zumindest bei Wöllnitz und Lichtenhain, als wirklich dann regionaltypisch oder lokaltypisch da irgendwie so hatte. Bei dem Ziegenhainer gibt es da jetzt nicht so viel, auf das man zurückgreifen kann an Beschreibungen oder gar Rezepten, das heißt, es ist schon eher eine Neuinterpretation von mir. Dann steckt aber noch ein bisschen mehr dahinter, nämlich die Experimente bezüglich der Säuerung. Also ich hab bei allen drei Bieren auch verfahrenstechnisch da ein bisschen experimentiert. Es gibt ja mehrere Möglichkeiten, ein Sauerbier herzustellen und die habe ich eben bei diesen drei Varianten eben auch alle ausprobiert. Wir haben bei dem Wöllnitzer Weißbier ja eine Mischgärung, also das ist die traditionelle Art, die jetzt auch der Berliner Weisse nahekommt, so wie das jetzt Schneeeule macht beispielsweise oder so. Also das ist ja wirklich die Originalmischkultur, wie sie in Wöllnitz eben entstanden ist und dort verwendet wurde. Bei dem Lichtenhainer, dass ich zusammen mit dem Freigeist Sebastian Sauer gemacht hab, ist es ein Kettle Sour, also eine Kesselsäuerung der Würze mit anschließender Vergärung mit einer normalen obergärigen Hefe. Und das Ziegenhainer Weißbier nutzt quasi nochmal eine dritte Variante mit einer Hefe, die von sich aus, ohne Milchsäurebakterien, schon Ethanol und Milchsäure produziert.

Markus: Also so ähnlich wie die Philly Sour Hefe oder wie?

Sebastian: Es ist die Philly Sour Hefe.

Markus: Ah, okay, spannend, sehr interessant, aha.

Sebastian: Und das war eben auch Teil dieses Experiments sozusagen, einfach da auch in dieser Richtung einfach ein bisschen was noch auszuprobieren, um dort eine gewisse Variation reinzukriegen bei diesen verschiedenen Bieren. Deswegen sind sie auch, obwohl es drei Sauerbiere aus der gleichen Brauerei sind, denke ich, doch recht stark unterschiedlich, ne.

Markus: Ja, also das ist wirklich sehr interessant, weil das eben dafür sorgt, dass allein von diesem Hefecharakter her da eben schon ein deutlicher Unterschied da ist. Wo man eben bei dem Wöllnitzer tatsächlich die intensivste Form hat, wo auch die Säure am stärksten rüber kommt und eben beim Lichtenhainer das, glaube ich, auch ganz gut ist mit dem Kesselsauren, weil dann der Rauch einfach ein bisschen mehr raum hat, sich zu entfalten. Und das hier ist dann ja tatsächlich mit der Philly Sour Hefe das eingängigste, also wo man wirklich sagt, okay, vielen Menschen würde vielleicht gar nicht unbedingt auffallen, dass das sauer ist, vielleicht auch auf den zweiten Schluck oder wenn man es ihnen einfach als Getränk gibt, glaube ich, könnten viele das einfach so vor sich hin trinken. Das ist echt total interessant, habe ich so noch nie gemacht. Danke schön, sehr interessant. Und es schmeckt also richtig gut. Also insofern möchte ich nur nochmal betonen, bitte mach das weiter. Und vor allem auch die Sache mit dem Holz, das ist echt, gibt dem auch nochmal eine ganz, ganz schöne runde Wendung. Also das ist jetzt wirklich ganz komplett und auch nochmal sehr lang von der Aromatik her, das Holz kommt richtig schön rüber, verbindet sich gut mit den anderen Aromen. Ja, also wunderbar!

Sebastian: Um jetzt nochmal auf die Ursprungsdiskussion vom Anfang zurückzukommen, nicht ganz vom Anfang, aber die wir in der Mitte hatten bezüglich dem Namen Lichtenhainer oder dem Bierstil, man könnte es also nach deiner Definition auch als ein Lichtenhainer bezeichnen?

Markus: Ja, also letzten Endes könntest du es sowieso, also weil das ja kein geschützter Begriff in dieser Art und Weise ist. Also das wird ja erst relevant, wenn du sagst, das reichst dieses Bier bei einem Wettbewerb ein, dann müsstest du dir vorher durchlesen, was bei dem Wettbewerb als Lichtenhainer gilt und müsstest dann schauen, inwieweit entspricht das, was du da gemacht hast, diesen Regularien des Wettbewerbs. Aber solange du das einfach nur für dich machst, kannst du das nennen wie du willst und kannst es auf jeden Fall Lichtenhainer nennen. Ich würde jetzt von der Historie her, glaube ich, nicht sagen, dass der Rauch ein Ausschlusskriterium ist, also weil halt einfach historisch, war der zwar da, aber er war auch historisch wieder weg. Also dementsprechend ist da einfach eine Frage, wann man diesen zeitlichen Pflock einrammt und sagt, okay, zu diesem Zeitpunkt definiere ich jetzt dieses Bier und würde dann eher sagen, es gibt halt diese Variationen, es gibt Lichtenhainer mit Rauch und es gibt Lichtenhainer ohne Rauch. Und mit der Hefe ist es ähnlich, es gibt halt das Lichtenhainer mit eher eine Hefemischkultur und wie sie wahrscheinlich eben früher auch war, wobei die Originalkultur ja wahrscheinlich niemand mehr hat. Und dann gibt es halt moderne Interpretationen, wo man eben auf sowas wie Kesselsauer oder andere Hefen zurückgreift, was aber trotzdem die Basis des Bieres ja weiterhin repräsentiert. Also insofern, also wahrscheinlich ist das Wöllnitzer in sich trotzdem dem Ursprung am Nächsten. Wenn man das jetzt vielleicht noch mit Rauchmalz machen würde, dann könnte man da noch eins draufsetzen. Aber es ist halt die Frage, ob man das will? Also ich finde grade diese Trilogie total interessant, weil man halt auch diese verschiedenen Spielformen hat und die schön vergleichen kann und auch eben merkt, okay, je nachdem, an welcher Stellschraube man eben dreht, verändern sich die Dinge. Und vielleicht noch eine Frage zu dem Thema Rauch, habt ihr beide malze geräuchert oder nur das Weizen- oder nur das Gerstenmalz?

Sebastian: Wir haben nur das Gerstenmalz geräuchert und dort auch nur einen Teil. Also es ist Pilsner Malz, geräuchert, aber auch ungeräuchertes Pilsner Malz in der Schüttung gewesen und eben auch Weizenmalz.

Markus: Und es war schon fertiges Malz sozusagen?

Sebastian: Ja, genau.

Markus: Okay. Weil, das ist natürlich auch nochmal ein spannender Unterschied. Also da hatte ich es jetzt auch zum Beispiel in Polen sehr lange mit denen, die eben das Grätzer Bier, das Grodziskie, machen. Die am Anfang, ja, also angefangen hat das tatsächlich interessanter Weise mit Rauchmalz aus Bamberg von Weyermann und mittlerweile machen sie es aber mit einer Mälzerei aus Tschechin zusammen. Und die machen es tatsächlich genauso wie hier Schlenkerla und Spezial in Bamberg so, dass sie das Malz an sich komplett im Rauch herstellen und dadurch natürlich eine andere Aromatik nochmal passiert.

Sebastian: Das eigentliche Darren sozusagen des Malzes im Rauch machen.

Markus: Das im Rauch machen, sodass es praktisch die ganze Zeit in dieser rauchigen Umgebung ist und das sorgt für eine andere Identität des Rauches und für eine andere Harmonie. Und es ist ja so, dass sie für Grodziskie das Weizenmalz eben im Rauch herstellen und bei uns in der Regel, sowohl Schlenkerla als auch Spezial, nur Gerstenmalz im Rauch herstellen. Also auch das ist nochmal interessant, also, wie gesagt, da könnte man wahrscheinlich ein Sensorikseminar da drüber veranstalten. Aber das ist eben auch interessant, also das es eben mit den Sorten nochmal, also mit den Gersten- oder Getreidesorten nochmal unterschiedlich ist, dann hat man die Holzsorten, dann hat man den Prozess, wie eben mit dem Rauch aromatisiert wird und dann eben nochmal den Anteil an Rauchmalz. Und das ist auch sowas, was ich so ein bisschen gelernt hab, ist halt, das man, wenn man fertiges Malz räuchert, das ist ja dann praktisch Malz, das mehr oder weniger in so einer Art Räucherkammer gesteckt wird. Dann ist das von der Art und Weise so intensiv, dass man eben nur Teile in die Rezeptur mit reinnehmen kann, weil es sonst einfach zu krass zu wird. Und hingegen man klassisch hergestelltes Rauchmalz, kann man zu 100 Prozent verwenden und es kommt immer noch ein trinkbares Bier dabei raus. Und das ist einfach auch, einfach ein Unterschied. Und insofern, also glaube ich, da hast du die Spielwiese grade eröffnet mit ganz vielen verschiedenen Feldern, wo also du dich, aber natürlich vielleicht auch viele andere, austoben kannst. Also bei Grodziskie sieht man das, dass das tatsächlich, also weil die Polen da auch eine Menge Wind machen. Und letztes Jahr war es so, dass bei einem Bierwettbewerb in Brasilien das Best of Show Beer, also was den ganzen Wettbewerb gewonnen hat in Blumenau, das war ein Grodziskie von einer brasilianischen Brauerei. Also da merkt man, wie so ein Bierstil dann sich eben auch entwickeln kann und tatsächlich, ja, Interesse wecken und Leute begeistern kann. Und das wird mit Lichtenhainer wahrscheinlich ähnlich sein, da muss nur irgendwann mal so eine Initialzündung kommen und dann ist das auch dabei, hah und du bist vorne dran.

Sebastian: Es gab ja vor Kurzem auch einen Gewinner bei einem Wettbewerb, nämlich das Lichtenhainer von der Ritterguts Brauerei, das hat ja auch einen Preis gewonnen. Vielleicht war das ja die Initialzündung.

Markus: Das könnte sein. Das war, glaube ich, bei uns bei den World Beer Awards, glaube ich, müsste das gewesen sein.

Sebastian: Genau.

Markus: Richtig, genau. Das war ja unsere Jury hier in Bamberg, also ich bin da ja in der Jury beziehungsweise der Jury-Chef sozusagen. Und letztes Jahr war es so, dass wir so viel hinter den Kulissen zu tun hatten, dass ich gar nicht mit verkosten konnte. Aber dieses Jahr habe ich mit verkostet, deswegen wusste ich natürlich nicht, was wir im Glas haben, aber das fand ich total interessant, grade eben beim Sauerbier. Und hat mich auch total gefreut und es ist ja auch ein tolles Bier, also muss man einfach sagen, schöne Geschichte und insofern …

Sebastian: Es hat auch ein bisschen geholfen natürlich, diese ganze Diskussion oder, ich sage mal, dieses Bewusstsein, über Lichtenhainer Bier hier in der Gegend wieder ein bisschen, ja, mehr präsent zu machen. Also zusätzlich zu dem, was ich dafür tue, hat das, was der Tilo von der Ritterguts Brauerei macht, natürlich auch geholfen, weil er auch hier in Jena natürlich eine gewisse Werbetrommel gerührt hat, weil er sagt, das Lichtenhainer Bier, dass ich braue, da kommt es ja eigentlich her und ihr müsst es doch auch trinken vor Ort. Deswegen ist da auch hier Werbetrommel gerührt worden und zum 800-jährigen Jubiläum des Ortsteils Lichtenhain, also des Dorfes Lichtenhain, war er auch persönlich da und hat Ausschank gemacht, da wurde also auch ein Hektoliter Ritterguts Lichtenhainer ausgeschenkt. Und das hat natürlich dazu geführt, dass hier in der Gegend einfach viele Leute, unabhängig von mir, auch nochmal darauf aufmerksam gemacht wurden, ihr habt dort in Jena einen eigenen Bierstil und leider wissen das viele gar nicht.

Markus: Ja und das ist auch gut so, weil damit kriegen die Leute eben wieder ein bisschen Stolz auf ihr regionales Bier und das ist cool. Und man muss auch sagen, für alle BierTalk-Hörer, die sich wundern, den Tilo Jänichen habe ich schon lange auf der Liste und wir haben auch schon x-mal vereinbart und schaffen es irgendwie immer nicht. Er war zwischendurch sogar zweimal in Bamberg, aber dann war ich nicht da. Und irgendwann kriegen wir auch mal einen BierTalk hin, aber so ist das eben manchmal.

Sebastian: Bei mir war er schon.

Markus: Bei dir war er schon, genau.

Sebastian: Wir haben schon bei mir im Hof auch meine Biere getrunken.

Markus: Und, was hat er gesagt?

Sebastian: Da waren die Sauren noch nicht dabei, also wir haben meine bisherigen drei Standardbiere getrunken. Da war ich damals noch sozusagen im Prozess und er war ganz gespannt, wie es wohl wird, wenn in Jena mal wieder jemand saures Bier braut. Aber er hat diese Biere, die wir heute verkostet haben, noch nicht getrunken, weil die noch nicht fertig waren.

Markus: Ja, na, dann wird es ja Zeit dass er mal wieder vorbeischaut. Ja, aber es ist die perfekte Überleitung, also wir sind jetzt zwar schon eine Weile am quatschen, aber wenn du noch die Zeit hast, dann würde ich gerne noch kurz über deine drei Klassiker reden, wenn das für dich okay ist?

Sebastian: Gerne, sehr gerne, ja.

Markus: Und zwar, die stehen jetzt hier bei mir auf der anderen Seite und da finde ich ja alleine schon die Namensgebung und auch die Etikettengebung sehr, sehr interessant, weil wir nämlich hier überall Vögel drauf haben, sowohl im Bild als auch im Namen. Das heißt, es gibt ein Rotkehlchen, einen Dompfaff und ein Perlhuhn und das ist ja an sich schon mal sehr interessant. Zumal wir die letzte Brauerei, die mit Vögeln zu tun hatte, ja leider verloren haben, Flügge aus Mainz. Aber hier haben wir jetzt Gott sei Dank wieder Vogelbiere am Start. Und das sind auch von den Bierstilen ganz interessante Biere, weil wir eben ein Red Ale, ein Pale Ale und ein Pils haben, also auch was Untergäriges. Und dass ist das, wo du ursprünglich mal herkommst als Hausbrauer, kann man das so sagen?

Sebastian: Als gewerblicher Hausbrauer, ja, das Wort ursprünglich ist etwas seltsam, weil ich mache das ja tatsächlich erst seit zwei Jahren etwa, dass ich das Ganze im Nebenerwerb kommerziell betreibe.

Markus: Aber ich meine jetzt so in deiner persönlichen Brauerkarriere, dass du gesagt hast, du hast als Hobbybrauer mal angefangen und hast eben mit Pale Ale, Red Ale und Pils angefangen oder hast du das auch erst entwickelt, als du dann kommerziell wurdest?

Sebastian: Also jetzt in der reinen Hobbybrauerkarriere habe ich eigentlich sehr, sehr, sehr viele verschiedene Bierstile gebraut. Also ich hab da wirklich ganz viel ausprobiert, sehr, sehr viel experimentiert und einfach durch Brauen von sehr vielen verschiedenen Bierstilen auch viel gelernt. Als ich dann den Schritt gemacht hab, das Ganze zu einer kommerziellen Brauerei zu machen, das Ganze im Nebenerwerb zu betreiben, musste ich mich dann eben einfach für ein bestimmtes Konzept entscheiden. Ein Konzept, was ja vielleicht auch manche an einer ähnlichen Schwelle machen, sagen sie, ich braue weiterhin bei jedem Sud ein anderes Bier. das wollte ich aber nicht, weil ich schon irgendwie das Gefühl habe, dass die Leute, wenn sie zu mir kommen und ein Bier trinken, das ihnen schmeckt und dann kommen die vielleicht acht Wochen später wieder, dann wollen die das gerne wieder haben, weil es ihnen geschmeckt hat. Und wenn ich dann sage, ja, das ist schon lange ausgetrunken, jetzt habe ich schon wieder drei neue Biere ausprobiert, das ist, glaube ich, nicht das Konzept, mit dem man dann irgendwie Fuß fassen kann. Und deswegen habe ich mich dann einfach entscheiden müssen, mit welchen Bieren gehe ich jetzt sozusagen auf meinen kleinen lokalen Markt. Und hab dann aus vielen Bieren, die ich vorher schon gebraut habe und Rezepte, die ich ausprobiert habe, einfach dann drei ausgewählt, mit denen ich eine gewisse Bandbreite abdecken wollte. Und der Dompfaff, das ist mein Pils, der musste einfach ins Programm, weil ich was haben wollte, was, ja, sagen wir mal, den klassischen Pilstrinker nicht verschreckt und irgendwie in gewisser Weise abholt. Deswegen musste einfach ein Pils als das ganz normale Bier, wie es viele bezeichnen, wenn sie zu mir kommen und sagen, was hast du denn alles? Dann sage ich, ja, hier, sechs oder sieben verschiedene Sorten. Und dann sagen die, och, das ist mir zu viel, ich will ein ganz normales Bier. Dann kann ich sagen, jawohl, habe ich, ja, mein Pils und bitte sehr. Und dieses Rotkehlchen als Red Ale, das ist einfach eins von den Bieren gewesen, die mir persönlich bei diesen ganzen Bieren, die ich vorher so gebraut habe, einfach gut gefallen hat, was ich selber einer Zeitlang sehr gerne häufig getrunken hab. Und das Pale Ale ist einfach nochmal als drittes Bier im Standardportfolio, was die Hopfen-Nerds ein bisschen abholt und einfach als, ja, schön knackig Bitteres.

Markus: Und wie kommt es zu den Vogelnamen?

Sebastian: Das werde ich sehr oft gefragt und jetzt hätte ich mich natürlich auf diesen Podcast gut vorbereiten können, indem ich mir irgendeine spannende Geschichte zu diesen Vogelnamen ausdenke. Also so eine richtige Story habe ich dazu leider gar nicht, tut mir leid. Ich weiß tatsächlich regelmäßig nicht, was ich darauf antworten soll. Ich fand es einfach eine gute Idee. Findest du, es ist eine gute Idee?

Markus: Also grundsätzlich finde ich es eine gute Idee. Allerdings, muss ich sagen, also wenn mich jetzt jemand, keine Ahnung, morgenfrüh um vier Uhr weckt und sagt, sage mir drei Namen für ein Bier, das würde ein bisschen dauern, bis ich auf Dompfaff komm. Zumal ich vorher den wahrscheinlich gar nicht als Vogel so wirklich in meinem aktiven Wortschatz gehabt hätte, also insofern wäre es mir wahrscheinlich nicht auf den ersten Gedanken eingefallen. Aber ich muss sagen, so wie es jetzt da ist, wirkt es sehr gut und wirkt auch stimmig und es macht zumindest neugierig.

Sebastian: Es gibt natürlich schon so ein bisschen was, was dahintersteckt. Also zum einen habe ich noch zu reinen Hobbybrauerzeiten angefangen, meinen Bieren tatsächlich Namen verschiedener Tier zu geben. Also es gab mal eine alte Ziege, das ist so ein bisschen der Vorgänger eigentlich von dem Rotkehlchen gewesen, einfach mit dem Bezug zu Ziegenhain. Und dann hatte ich mal ein Stout, das habe ich dann das schwarze Schaf genannt. Und dann sind mir aber irgendwann so ein bisschen relativ zügig dann die Tiernamen ausgegangen und dann habe ich gedacht, wenn ich anfange, meine Biere mit irgendeinem Konzept mit Namen zu versehen, dann möchte ich was, was auch noch ein bisschen mehr hergibt. Und deswegen dachte ich, Vögel sind eigentlich eine gute Idee. Also ich bin generell sehr naturverbunden. Wir haben auch hier, wenn ich jetzt hier zum Fenster rausschaue genau jetzt, dann blicke ich direkt in den Wald rund um Ziegenhain. Wir haben hier sehr viel Natur und ich halte mich da auch sehr gerne auf, bin sehr naturverbunden, auch ursprünglich ein Dorfkind und nicht in der Stadt großgeworden. Deswegen habe ich da schon einen gewissen Bezug und wollte eben in diesem Portfolio von Namen, aus dem ich mich jetzt erst mal bediene, welche haben, wo ich auch noch 23 andere Biere brauen kann und mir immer noch Namen einfallen. Und verschiedene heimische Vogelarten, da gibt es natürlich noch viele auf der Liste. Und das Rotkehlchen hat dann seinen Namen einfach aufgrund der Farbe bekommen, das hat ja eine rötliche Farbe, also es ist ein Red Ale. Manchmal nenne ich es auch einfach Rotbier, aber da ist so ein bisschen der Bezug zum Nürnberger Rotbier da. Und meins ist aber ja ein obergäriges Bier, deswegen nenne ich das eigentlich nicht so gerne Rotbier, aber Red Ale trifft es eigentlich ganz gut. Und bei dem Perlhuhn ist einfach die Namensverwandschaft zu Pale Ale da. Das ist eigentlich der Grund gewesen, warum mir das damals in den Sinn kam.

Markus: Vielleicht mal kurz ein Podcast-fernes Thema, aber mir persönlich nicht fern. Für jemanden, den das interessiert, es gibt ein tolles Spiel, das nennt sich Flügelschlag und da geht es drum, dass man verschiedene Vögel in verschiedenen Welten ansiedelt, vom Ei ausbrüten bis zu den Vögeln an und für sich. Und da kann man ganz viel über die heimische, aber auch alle möglichen Vogelwelten lernen. Also wenn man da Anregungen für Biere braucht, die man nach Vögeln benennt, dann ist man da gut aufgehoben, sagen wir mal so.

Sebastian: Flügelschlag, das merke ich mir.

Markus: Unbedingt, ja. Lass uns mal eines dieser drei Biere noch verkosten, sonst wird es, glaube ich, wirklich ein bisschen lang. Aber welches wäre denn dein Favorit, was würdest du sagen, da müssen wir jetzt unbedingt nochmal ran?

Sebastian: Oh, das ist immer bei mir ganz stark stimmungsabhängig. Also das Perlhuhn zum Beispiel, das Pale Ale, das trinke ich am liebsten, wenn ich Pizza esse, das ist eigentlich regelmäßig mein Pizza-Bier. Das hängt häufig davon ab, was ich wirklich dazu esse. Aber jetzt so aus dem Nichts, also probier doch mal das Pils, den Dompfaff, weil das ja natürlich jetzt auch nicht so ein ganz normales Pils ist. Also mein Ziel war jetzt nicht, dass es wie Radeberger oder Bitburger schmeckt. Es ist mit einem Simcoe-Hopfen, also mit dem amerikanischen Aromahopfen gebraut, was dem Ganzen natürlich schon so ein bisschen eine eigene Note gibt, die jetzt nicht in jedem Pils zu finden ist. Und, ja, da würde mich jetzt auch vielleicht am ehesten deine Meinung mal interessieren.

Markus: Also gut, wir probieren das Mal, so. Also im Glas auf jeden Fall schon mal richtig schön leuchtend, also es strahlt mich so sonnig an, würde ich sagen. Es ist trüb, also in dem Sinne unfiltriert. Logisch wahrscheinlich einfach für das, was du an Anlage zur Verfügung hast.

Sebastian: Ja, alle Biere sind unfiltriert.

Markus: Aber Farbe würde ich ganz, ganz, ja … oh und in der Nase tatsächlich also eine sehr schöne fruchtige Hopfennote. Wobei die Verwandtschaft zu dem Pils eindeutig erkennbar ist, also der Bierstil ist eindeutig getroffen, das ist ja schon mal auch wichtig. Also man hat auch ein bisschen noch so malzige, getreidige, brotige Komponenten mit dabei, aber drüber liegt dann tatsächlich der Simcoe-Hopfen und hier dann so ein bisschen die Grapefruit, Richtung, ja, Pfirsich, vielleicht so gelbe Früchte auch mit dabei. Ein kleines bisschen auch rote Beeren, also sehr vielschichtig, wie Simcoe auch sein kann. Jetzt probieren wir mal.

Sebastian: Also es ist nicht gestopft. Es gibt ja auch, sagen wir mal, recht moderne Interpretationen von Pilsener, die also wirklich auch mit einem Hopfen dann nochmal stopfen. Das ist hier nicht der Fall, es ist nicht gestopft, aber durch den Simcoe kommt da schon ein gewisser fruchtiger Aromahopfen-Touch rein, die man vielleicht von anderen Pils so nicht kennt.

Markus: Auf jeden Fall. Und ich finde, also vom Geschmack her dann im Mund, finde ich, geht es in so eine Orangenrichtung, Orange, vielleicht sogar Blutorange, irgendwie so. Hat auch eine gewisse Süße, das passt aber gut. Und ist sehr voll, also das Mundgefühl ist auch sehr moussierend, sehr weich, sehr dicht, also hat ganz viel auf der Zunge zu erzählen. Und hinten raus, die Bittere ist tatsächlich auch so, dass sie erst nach und nach kommt, aber dann auch sehr, sehr lange bleibt, eine sehr noble Bittere auch. Und, ja, also ich finde, der Simcoe macht sich richtig gut und bringt auch seine typischen Aromen trotz Nichtstopfens durchaus mit. Und es ist sehr schön trinkbar.

Sebastian: 32 IBU übrigens.

Markus: 32?

Sebastian: Ja, rechnerisch.

Markus: Nein, also ich finde diese Mischung aus Fruchtigkeit, aus einer gewissen Süße und trotzdem einem traditionellen Pilscharakter sehr, sehr schön. Glaube ich auch, dass das bei den Leuten sehr gut ankommt. Ich würde es wahrscheinlich, wenn ich es jetzt einordnen sollte unter dieses, wie sagt man so schön, unter dieses Label Kellerpils stecken. Was ja so ein bisschen mehr Spielraum lässt jetzt auch, was zum Beispiel den Körper und das Mundgefühl und sowas angeht, weil es einfach für mich mehr zu bieten hat als so ein klassisches Pils. Wie du es grade auch schon so aufgezählt hast, das ist dann einfach ein bisschen schlanker und mehr streamlineniger, hier ist durchaus einfach auch mehr los. Aber von der Bittere auf jeden Fall her ein ganz tolles, schönes Bier. Und ich glaube, das ist auch für Leute, die jetzt die klassischen Marken gewöhnt sind, doch als nochmal intensiveres Pilsbier erkennbar oder, wie gehen die Leute so damit um, was sagen die dir?

Sebastian: Ja, das ist auf jeden Fall das Bier, sagen wir mal, das am ehesten Leute erreicht, die sich sonst eigentlich mit anderen Bierstilen außer Pils nicht beschäftigen oder nicht beschäftigen wollen, die aber sagen, oh, schön, dass es hier wieder eine kleine Brauerei in Ziegenhain gibt, da kaufe ich doch mal ein Bier. Aber dann macht der ja solche Sachen wie Sauerbier oder irgendwas mit ganz viel Aromahopfen, das interessiert mich nicht so. Also diese Leute, die erreicht man dann mit dem Bier trotzdem und die finden das dann auch toll. Also das ist auf jeden Fall das Bier, das bei mir also den besten Absatz hat.

Markus: Na, zu Recht, also das auf jeden Fall.

Sebastian: Für alle, die nicht so experimentierfreudig sind, ist es halt, sagen wir mal, was Besonderes, weil es nicht so schmeckt wie jedes andere Pils, das man kennt, aber trotzdem am, wie soll ich sagen, ja, am ehesten noch Leute erreicht, die sich gar nicht so sehr mit verschiedenen Bierstilen beschäftigen wollen.

Markus: Ja und das ist ja auch wichtig, dass die Leute sowas ja auch haben. Also vielleicht das nochmal, wie ist es denn, wenn ich jetzt deine Biere verkosten möchte, hast du so eine Art Raum Schrägstrich Kneipe oder wie läuft das, wenn jetzt jemand sagt, er würde gerne mal bei dir vorbeischauen, würde gern diese Biere probieren, was muss man da machen?

Sebastian: Es gibt natürlich diese Veranstaltungen, von denen ich vorhin schon mal gesprochen hab, diese Bierseminare mit Verkostung, bei denen man die Biere dann natürlich verkosten kann. Aber das sind dann immer Abendveranstaltungen, die gehen so drei bis dreieinhalb Stunden und da gibt es ja auch verschiedenste Bierstile und auch Biere, die nicht von mir sind und ein bisschen was zu essen dazu und so weiter. Aber Leute, die einfach jetzt nur mal irgendwie das Spektrum durchprobieren wollen, kaufen in der Regel dann einfach nur eine Flasche von jeder Sorte, also ich hab keine Mindestabnahmemenge. Und es kommt auch nicht selten vor, dass Leute zu mir kommen und sagen, ich hätte gerne eine Flasche Bier und dann verlassen die den Hof wieder und dann probieren die das. Aber einen Ausschank habe ich aktuell noch nicht. Mache ich vielleicht mal irgendwann, aber im Moment ist das noch nicht der Fall.

Markus: Ich kann mir allerdings gut vorstellen, dass viele von diesen Menschen dann wiederkommen oder, wenn sie dann probiert haben und Geschmack gefunden, Gefallen gefunden haben, dann werden sie zu Wiederholungstätern, könnte ich mir vorstellen.

Sebastian: Genau. Es hat sich also tatsächlich jetzt so ein kleiner feiner Stammkundenkreis entwickelt in den letzten zwei Jahren, wie gesagt, seit zwei Jahren mache ich das ja erst wirklich kommerziell. Und die meisten Leute sind Wiederholungstäter und es wächst kontinuierlich. Also ich bin auch aktuell dabei, das Ganze zu vergrößern. Wir haben ja noch gar nicht so über die Größe der Brauerei gesprochen, also im Moment hat das wirklich noch eher Hobbybrauereicharakter. Also ich habe im Moment ein Sudhaus, mit dem ich anderthalb Hektoliter, also ich mache, mit ein bisschen raus quetschen, wo es geht, produziere ich mit einem Sud aktuell nur ungefähr 170 Liter. Bin aber dabei, jetzt zu erweitern, auch räumlich und auch von der Brauanlage her und vergrößere mich jetzt auf fünf Hektoliter. Aber das ist so der Bereich, in dem sich das abspielt, das ist also alles noch sehr klein.

Markus: Ja, ich würde einfach vorschlagen, wir machen da eine Fortsetzung irgendwann nächstes Jahr, wenn dann die neue Brauanlage steht und wenn du noch weitere Experimente vielleicht gestartet hast mit den Lichtenhainer und so weiter. Und dann können wir auch die beiden ausstehenden Biere noch verkosten. Also dann natürlich frische Flaschen, ich werde die zwischendurch natürlich genießen. Und, ja, vielleicht haben wir dann auch die ersten …

Sebastian: Sehr gerne dann Frische.

Markus: Genau und da haben wir bestimmt auch von den Hörern dann schon wieder Rückmeldungen. Also an dieser Stelle wirklich nochmal vielen Dank für diese tollen Geschichten, für den Einblick, überhaupt für das, was du tust und das du es tust und auch Gratulation zu diesen wunderbaren Bieren! Und für euch, liebe Hörer, einfach als Tipp, nutzt die Gelegenheit, bucht ein Seminar beim Sebastian, schaut einfach mal vorbei, kontaktiert ihn auf den verschiedenen sozialen Medien und schaut einfach in diese wirklich einzigartige Bierkultur, die man eben sonst so überhaupt gar nicht mehr in Deutschland hat, das finde ich ganz wichtig. Und nochmal, wie gesagt, danke, dass du das machst! Und bis zum nächsten Mal, lieber Sebastian und dir heute noch einen wunderschönen weiteren Tag.

Sebastian: Ja, vielen Dank für das Gespräch und das ich so ein bisschen was von mir erzählen durfte, hat mich sehr gefreut.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 124 – Interview mit Andreas Krennmair, Hobbybrauer und mehrfacher Bierbuch-Autor aus Berlin

Andreas Krennmair stammt aus Österreich, lebt mittlerweile in der Bundeshauptstadt, ist Hobbybrauer und schreibt auch über Bier. Verführt vom „Schaumschluck“, den er beim Opa bzw. beim Holen dessen Bieres nehmen durfte, wuchs Andreas in die österreichische Bierkultur hinein und beschäftigt sich auch heute noch damit, so zum Beispiel „Vienna Lager“, der 2020 erschien. Im August 2023 legte er einen bayerischen Bier-Almanach über die Braukunst des 19. Jahrhunderts vor, der vor allem aus Originalberichten aus verschiedensten Orten des damaligen Königreiches besteht. Daraus lässt sich viel ableiten, über Brauverfahren, Bierkultur und Rezepturen. Im Biertalk sprechen wir über beide Bücher und Andreas ganz besondere Herangehensweise an die Bierliteratur und wecken hoffentlich auch Eure Lust aufs Lesen…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute machen wir eine kleine Reise beziehungsweise wir begleiten jemanden, der quasi aus Österreich auszog, um in Berlin sein Glück zu machen und das Ganze noch auf Englisch und am Ende hat er dann wieder über österreichische Themen geschrieben. Und das ist total spannend, wir treffen Andreas Krennmair, Buchautor, Bier-Personality könnte man sagen, jemand, der sich richtig gut auskennt und uns viel zu sagen hat. Ich freue mich total, schön, dass du hier bist. Und vielleicht stellst du dich ganz kurz unseren Hörern mal selber vor.

Andreas: Ja, herzlichen Dank für die Einladung. Ja, mein Name ist Andreas Krennmair, ich bin ursprünglich aus Österreich, wohne in Berlin, beschäftige mich seit einigen Jahren mit Biergeschichte, braue auch hin und wieder Zuhause Bier, trinke ganz gerne Bier. Ja, Bier ist, ich sage es mal so, ein relativ großer Teil von meinem Leben.

Markus: Da haben wir doch schon was gemeinsam, sehr schön. Ja, also das heißt, du wächst in Österreich auf, das würde ich ganz gern einfach mal von Anfang an, weil du dich ja auch dann später mit dem Wiener Lager zum Beispiel auseinandergesetzt hast. Also wie kommst du denn mit dem Thema Bier in Berührung und wie hat sich das dann weiter in deinem Leben so entwickelt?

Andreas: Erster Kontakt in Österreich mit Bier war der damalige Schaumschluck von meinem Vater. Also das hat mir mein Vater schon in jüngsten Jahren erlaubt, zumindest mal etwas den Bierschaum zu probieren. Hat mir, soweit ich mich erinnern kann, damals nicht wirklich gut geschmeckt, sehr bitter und so. Später bin ich dann, ich sage mal so, einfach kulturell bedingt, man fällt irgendwie in Bier rein, nachdem das doch irgendwie überall zu finden ist. Man fängt irgendwie mit 16 an Bier zu trinken und denkt eigentlich überhaupt nicht viel drüber nach, aber es ist halt so Teil, ich sage mal, quasi des Alltags, ohne das jetzt irgendwie, ich sage mal, zu übertreiben.

Markus: Und das war dann aber das klassische österreichische Märzen, was du damals so getrunken hast?

Andreas: Ja, das war zum allergrößten Teil dieses österreichische Märzen, also ein sehr helles Lager. Ich glaube, viele in Deutschland sind sich da gar nicht so bewusst, was das Märzen in Österreich ist. Das hat nichts mit dem bayrischen Märzen zu tun, sondern vermutlich kann man sagen, am ehesten zum bayrischen Hellen ähnlich, vielleicht etwas bitterer. Einfach ein sehr gradliniges helles Lagerbier, das, ja, erfrischend ist, einfach zu trinken, ohne zu viel Ecken und Kanten, das ist so der Standard. Gelegentlich, also schon so mit 17, 18 Jahren habe ich mir gedacht, man muss sich doch irgendwie etwas herausstellen und etwas cooler sein, deswegen habe ich in frühen Jahren auch relativ viel zu Hefeweizen, belgisches Weißbier getrunken, gelegentlich auch österreichisches Pils, wenn es im Supermarkt zu finden war, solche Dinge, ja.

Markus: Und wie hat sich dann deine berufliche Laufbahn entwickelt, hatte das dann auch etwas mit Bier zu tun?

Andreas: Überhaupt nicht. Also mein beruflicher Hintergrund ist ja, dass ich in der IT tätig bin. Also ich habe eine Ausbildung zum Informatiker in Österreich gemacht, hab dort einige Jahre gearbeitet und bin dann Anfang 2009 aus beruflichen Gründen nach Berlin gezogen und bin auch jetzt weiterhin in der IT tätig, mittlerweile für ein Münchner Startup.

Markus: Da bist du aber nicht der erste ITler, der dann irgendwie aufs Hobbybrauen gekommen ist. Also der Bekannteste ist ja sicherlich Andreas Bogk, der in Berlin ja die Berliner Weisse wiederbelebt hat, der im Grunde auch über ein sogar Hackathon oder irgend sowas ähnliches, wo er da in Amsterdam war, dann zum Hobbybrauerkurs gekommen ist. Wie war das bei dir, wann hast du da zum Bier selber machen gefunden?

Andreas: Das war der Podcast von Andreas Bogk oder die Podcast-Folge, ich weiß jetzt nicht welcher genau der Podcast war mit Andreas Bogk. Ich habe mir das angehört und dachte mir so, hm, das klingt eigentlich ganz interessant, klingt jetzt auch nicht zu schwierig und habe einfach da mal angefangen zu brauen. Und ich hatte dann auch bei diesem, na, wie hieß es, bei diesem Crowdfinding, habe ich ein paar Euros beigetragen für Andreas Bogk für seine Berliner Weisse. Und, ja, habe das, also nach einmal brauen, habe das dann auch weiterbringen, weil es mir eigentlich unglaublich viel Spaß gemacht hat. Es war ein sehr kreativer Prozess oder ist immer noch ein sehr kreativer Prozess. Und es hat auch so eine Lücke bedient, die meine Frau, also damals meine Freundin, jetzt meine Frau, die wir so hatten, weil wir uns damals schon so für Bier interessiert haben und sie mir so britisches Cask Ale gezeigt hat, weil sie aus Großbritannien kommt. Und wir haben gemerkt, hier in Deutschland gibt es so diese Biere noch nicht wirklich, aber eigentlich wollen wir die selber trinken. Und da war so vor 10 Jahren, war da quasi so die einzige Möglichkeit für uns, anfangen einfach selber zu brauen und zu experimentieren.

Markus: Ach, das ist ja sehr lustig, dass du dann über den Andreas Bogk ausgerechnet, den habe ich ja grade so erwähnt gehabt und gedacht, na, vielleicht kennst du den ja sogar. Aber dass du ihn so gut kennst, das hätte ich jetzt gar nicht gedacht, super. Also ich habe ihn als ganz faszinierenden Menschen empfunden, habe ihn damals Zuhause besucht und dann hat er mir ganz stolz seine belgischen Starkbiere gezeigt, die er so gebraut hat, ein Dubble, ein Quadrupel, ein Triple. War ein sehr intensiver Nachmittag, muss ich sagen, kann ich mich noch gut erinnern, weil ich danach nämlich noch mit dem Auto Nachhause fahren musste und das ist ja ein Stück von Berlin. Aber auf jeden Fall sehr, sehr spannend und cool und, ja, auch interessant. Das heißt aber dann auch, weil du, wir kommen ja gleich noch dazu, deine Bücher hauptsächlich auf Englisch veröffentlichst. Da ist es natürlich praktisch, wenn man im Hause praktisch jemand hat, der die Sprache spricht oder?

Andreas: Ja, wobei meine Frau da nicht das Lektorat macht oder so. Ich bin das Ganze sehr pragmatisch angegangen, also ich oder mir war schon relativ früh bewusst, dass einfach der potenzielle Markt oder das potenzielle Interesse vor allem im englischsprachigen Raum ein sehr großes ist und darauf wollte ich abzielen. Und gleichzeitig, wenn man so mit anderen jetzt deutschsprachigen Hobbybrauern spricht, die verstehen ja auch zum größten Teil Englisch, also man schließt sie da jetzt nicht explizit aus, deswegen meine Entscheidung, auf Englisch zu publizieren. Und das war, glaube ich, eine ganz gute, also zumindest aus meiner Sicht, ich fand bisher meine Bücher ganz erfolgreich, also ich bin da sehr zufrieden mit dem Feedback und mit der Reichweite, die ich da geschaffen hab.

Markus: Ja, auf jeden Fall faszinierend. Und angefangen hast du, soweit ich weiß, mit dem Buch, die historischen deutschen und österreichischen Stile aus dem 18., 19. Jahrhundert irgendwie. Das war so um 2018 rum oder war es vorher schon was anderes?

Andreas: Also ich habe 2016 Mal so ein kleines E-Book veröffentlicht, das war witziger Weise auf Deutsch. Das ist, glaube ich, noch in meinem Blog irgendwo verlinkt. Und dann habe ich mir gedacht, ja, eigentlich könnte ich das auch auf Englisch machen und das war dann so der Start für mein erstes Buch, also der Titel von dem heißt  Historic German and Austrian Beers for the Home Brewer. Ist irgendwie etwas sperrig, aber es beschreibt das Ganze, genau, das, was es ist, ja.

Markus: Ja und man hat einen schönen praktischen typischen Mönch auf dem Titel-Cover sozusagen, da kann man sich schon ein bisschen vorstellen. Oder muss gar kein Mönch sein vielleicht, ich weiß es gar nicht, jedenfalls ein kräftiger, wohlgenährter Mann mit einem Bier sozusagen in der Hand. Wie kam es denn, wenn du jetzt gesagt hast, eigentlich hast du dich erst so ein bisschen für diese Cask Ales interessiert, wie kommst du dann wieder quasi zurück zu den klassischen alten deutschen, bayrischen, österreichischen Bierstilen?

Andreas: Also das hat damit begonnen, dass ich so, ich sage mal, ein generelles Interesse an Geschichte hab und da habe ich natürlich auch angefangen, mal so in Biergeschichte und grade so, was das Brauen von Bier angeht, da einfach historische Texte zu lesen. Da waren tatsächlich die ersten Bücher, war englische Literatur so aus dem 18. Jahrhundert, Anfang 19. Jahrhundert und dann habe ich einfach weiter geschaut, was gibt es da auch auf Deutsch. Und bin da auf sehr viel gestoßen, auf sehr viel verschiedene Biertypen, Bierstile, die heutzutage eigentlich völlig unbekannt sind. Und da habe ich mir gedacht, das ist unglaublich spannend, weil man dazu eigentlich kaum etwas gefunden hat. Und, ja, da habe ich einfach angefangen weiter zu recherchieren und habe immer mehr und mehr Material gesammelt und irgendwann war es dann genug für ein ganzes Buch.

Markus: Ja und das war ja noch ein sehr umfassendes Buch, also da haben wir nicht nur die bayrischen Bierstile drin, sondern eben auch sowas wie das Cottbuser oder das Berliner oder das Mannheimer oder auch Steinbier zum Beispiel, was ich sehr interessant fand. Also es war auch eins der Bücher, das ich benutzt hab für meine Biergeschichte, die ich dann später mal geschrieben hab. Und was hat dich denn da am meisten so im Rückblick fasziniert, gab es da ein Bier, einen Bierstil, wo du gesagt hast, Mensch, das war wirklich ganz besonders überraschend auch in der Recherche, dass es sowas gegeben hat?

Andreas: Also generell, was ich damals sehr überraschend fand ist, wie wenig sich so diese alten Bierstile an das gehalten haben, was man heutzutage das Reinheitsgebot nennt. Ich sage mal so, der Narrativ oder das, was die landläufige Meinung ist, dass das Reinheitsgebot für ganz Deutschland gegolten hat. Tatsächlich merkt man aber, dass sich die allermeisten Bierbrauer, also grade außerhalb von Bayern, nur sehr wenig dafür interessiert haben und die aberwitzigsten Zutaten teilweise verwendet haben. Also Enzianwurzen, Bitterorangen, Honig, auch Zucker war überhaupt kein Problem, was nicht kontroversiell auf irgendeine Art und Weise. Das Einzige, was ich den Texten entnommen hab, was wichtig für die Leute war, dass das Bier selbst nicht schädlich war und dass es ihnen geschmeckt hat. Das hatte ich damals bei meinen Recherchen einfach so nicht erwartet, das Mal so ganz allgemein. Speziell an Bieren, also da gab es ein paar, die, ja, also ich glaube, vom Geschmacksprofil doch sehr untypisch sind oder sehr untypisch waren oder, ja, untypisch sind für das, was wir jetzt so von Bier erwarten. Also da gab es eins, ich glaube, das war das Merseburger Bier, das als extrem bitter beschrieben worden ist, wo noch mit anderen Kräutern quasi nachgewürzt wurde, um das extra bitter zu machen und auch die Hopfenmenge selbst schon absolut wahnsinnig war. Sowas kann man sich, glaube ich, heutzutage gar nicht mehr vorstellen, also so dieses, ein Bier, das nochmal deutlich bitterer ist als irgendwie so die IPAs von der Zeit, wo alle Craft-Brauer meinten, sie müssen möglichst viele Bittereinheiten in ihr Bier bringen. Und trotzdem war das ein Getränk, dass die Leute offenbar interessant fanden oder interessant genug, dass es über so lange Zeit konsumiert wurde, dass auch hier jemand über das Bier selbst geschrieben hat.

Markus: Ja, eben, das ist ja auch der Punkt. Weil, also das eine ist ja, dass du da drüber geschrieben hast, aber das andere ist, irgendwo muss das Wissen ja herkommen. Also das heißt, wie kann man überhaupt also erst mal die Bierstile an sich und dann die Rezepte erschließen? Und dann hat man ja bei den Rezepten das Problem, dass da ja völlig andere Maßeinheiten, wenn überhaupt, genannt werden, was die Mengen und so weiter angeht. Also wie hast du dich da rein gefuchst das ist ja jetzt doch keine Sache, die man mal so eben nebenbei macht oder?

Andreas: Also ich habe es schon nebenbei gemacht, aber halt über einen längeren Zeitraum. Also nachdem das einfach ein Hobby geworden ist, so einfach darüber zu recherchieren, habe ich irgendwann mal angefangen, relativ systematisch zu sammeln, was gibt es an historischer Literatur zu diesem Thema Bierbrauen in Deutschland und teilweise auch in Österreich, was ist da dokumentiert. Und da gibt es erstaunlich viel und vor allem erstaunlich viel, was man quasi von Zuhause aus entdecken kann. Also die erste Quelle dafür ist Google Books, die sich vor einigen Jahren dran gemacht haben, quasi alles, wo sie nur irgendwie die Finger rankriegen konnten an Bibliotheken, da Bestände zu digitalisieren und dann auch durch Texterkennung laufen zu lassen. Das heißt, man kann da auch sehr schön drin suchen, ohne irgendwie lang herumblättern zu müssen und da findet man relativ schnell relativ viel. Also mit ein paar Suchbegriffen, ich sage mal so, innerhalb von Minuten hat man da locker ein paar Bücher mit, ich sage mal, zumindest groben Rezepten zu 5 oder 10 Bierstilen. Also da, die grundsätzliche, ich sage mal, Entdeckbarkeit des Materials ist da mittlerweile sehr gut. Es gibt auch andere Online-Bibliotheken oder andere Quellen, wo man an Digitalisate von alten Büchern ran kommt. Da, ja, muss man sich teilweise so durch Online-Bibliotheken von diversen Städten in Deutschland durchgraben, aber man findet da auch mit der Zeit einiges. Und eine für mich sehr wichtige Quelle war auch die DGB in Berlin. Also die DGB ist die Gesellschaft für Geschichte des Bierwesens in Berlin, ist an die VEB in Berlin angeschlossen als eigenständiger Verein, hat eine eigene Bibliothek, die für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Also man kann da einfach hin, kann sich da Bücher aussuchen aus deren Katalog, kann die vor Ort lesen, wenn notwendig abfotografieren. Und da habe ich auch einiges wirklich Spannendes gefunden, was in meinen Online-Quellen so auch noch nicht drin war. Also das sind so grob meine Quellen insgesamt.

Markus: Ja und die haben auch eine total liebenswerte Bibliothekarin, die sich um das Ganze kümmert. Ich bin da auch schon seit vielen, vielen Jahren Mitglied und nutze das auch immer wieder mal, um einfach, genau, an Quellen ranzukommen, wo man sonst nicht so einfach rankommt. Und du hast dann auch diese ganzen Rezepte mal durchgebraut sozusagen?

Andreas: Ich wünschte. Nein, das ist schon etwas zu viel an Aufwand, von daher kann ich nicht für alle Rezepte unbedingt bürgen. Es ist auch ein generelles Problem bei diesen historischen Rezepten, also wenn man mal die Rezepte selbst gefunden hat und den Prozess mal so verstanden hat, die Beschreibung und das irgendwie so nachstellen kann, ist ja auch noch die große Frage der Zutaten. Und das ist zum Beispiel etwas, wo ich bei meinem ersten Buch jetzt mal einen sehr großen Kompromiss gemacht habe, wo ich einfach so gesagt hab, ein Malz wird jetzt als dunkel oder als bernsteinfarben beschrieben, was wäre dann da ein ungefähres modernes Äquivalent? Wo ich jetzt so im Abstand von, ja, mittlerweile auch 5 Jahren sagen muss, war vielleicht nicht die beste Wahl, aber ist zumindest eine Annäherung an das Ganze. Also das ist, glaube ich, generell das größte oder eines der größten Probleme, dass wir so diese Zutaten nie wirklich mit dieser Exaktheit nachstellen können, weil, glaube ich, da sehr viel an Details oder sehr viel an Detailwissen zu den Zutaten selbst. Und, jetzt im Fall von Malz, zur Herstellung der Zutaten, glaube ich, einfach verloren gegangen ist oder sich so stark verändert hat, dass das jetzt mal unter modernen Gesichtspunkten keinen Sinn machen würde, dass jetzt noch nach diesen alten Methoden zu machen. Und deswegen ist, ich sage mal so, Zutaten und insbesondere Malz sind so die große Unbekannte beim Nachbrauen von historischen Bier.

Markus: Das stimmt und ich glaube, das ist auch den wenigsten Leuten wirklich bewusst, also die sich damit beschäftigen. Weil man denkt immer, das Schwierige ist die richtige Wurzel oder das richtige Gewürz oder irgend sowas für diese Biere zu bekommen, aber das eigentliche Problem liegt ja wirklich in den Kernrohstoffen sozusagen, weil ja sich das Mälzen so massiv verändert hat im 19. Jahrhundert, dass man eben mit den heutigen Malzen überhaupt nicht mehr das machen kann, was es eben mit den damaligen Malzen war. Und vielleicht natürlich auch die Art und Weise, wie wir mit Hopfen umgehen, wie wir ihn lagern, wie er letzten Endes für uns zugänglich ist, sich verändert hat. Und letzten Endes auch das Thema Hefe, wo wir ja früher, denke ich mal, immer irgendwelche Mischgärungen hatten, auch das hat man heutzutage so in dieser Form nicht mehr. Und ich glaube, das es einfach total schwierig ist, das Bier wirklich von seinem eigentlichen Körper her identisch herzustellen, das geht eigentlich gar nicht mehr, insofern ist das immer so ein bisschen in einer wabernden Vergangenheit. Was ich aber eigentlich ganz gut finde, weil, ich glaube, das aus einer heutigen Perspektive mit dem heutigen Gaumen viele dieser historischen Biere nicht wirklich angenehm gewesen wären zu trinken, vielleicht also, aber ich nehme es mal an. Also ich habe schon einiges an Kräuter- oder auch ähnlichen Bieren oder auch mittelalterlichen Bieren getrunken und das ist schon durchaus immer sehr gewöhnungsbedürftig. Und das sind ja immer nur Annäherungen, also insofern, das ist schon wirklich spannend. Gibt es denn Literatur, in denen auch das Geschmacksprofil oder sowas beschrieben wird?

Andreas: Geschmacksprofile werden teilweise nur sehr, sehr grob beschrieben oder auch mit sehr unspezifischen Begriffen. Also ich habe das jetzt nicht einmal so systematisch betrachtet, aber eine Sache, die mir jetzt so spontan einfällt ist bei den Sauerbieren, die werden sehr oft als weinartig beschrieben. Also meine Vermutung ist da einfach, dass da so diese gewisse geschmackliche Ähnlichkeit grade von Sauerbieren mit, ich sage mal, grade Reisweinen, einfach auf diese Art und Weise etwas betont wurde. Und ich habe das auch bei selbstgebrauten Bieren gemerkt, also ich habe vor, wann war das, 2019 war das, habe ich eine Berliner Weisse gebraut. Da habe ich dann 3 Jahre später noch eine Flasche gefunden und hab die mit einem Freund verkostet und die hat geschmeckt so irgendwo zwischen einem wirklich guten Weißwein und Cider. Also war vom Geschmacksprofil her überhaupt nichts, wo man jetzt dann eben beim ersten Kosten an Bier denken würde. Aber es war, ja, was Geschmack angeht, das Vokabular scheint da damals noch nicht so da gewesen zu sein. Also es ist schwierig und man hat so eine oder man kriegt so eine ungefähre Idee, aber so die Tastingsnotes, wie man sie heutzutage irgendwie von einem ordentlich ausgebildeten Biersommelier kriegt, die findet man da in historischen Quellen auf keinen Fall.

Markus: Ja, da war ja der Schwerpunkt noch ein bisschen auf dem Trinken an und für sich und weniger auf der Sensorik, das muss man vielleicht auch ein bisschen sehen. Ich würde ganz gerne gleich zu deinem aktuellen Buch springen, also wir können gerne noch ein bisschen über das Wiener Lager dann sprechen, weil es mich auch interessiert, aber es passt grade so gut in diesem Sprung praktisch von diesen ganzen historischen Bieren in dem ersten Buch jetzt zu der Konzentration praktisch auf das bayrische Brauen im 19. Jahrhundert. Und was vielleicht auch ein bisschen der Unterschied ist, das ist ja zu einem Teil auch überhaupt erst mal so eine Art Quellensammlung, also wo du einfach von vielen verschiedenen Autoren oder anderen Quellen erst mal Beschreibungen sammelst, wo du dann auch Statistiken sammelst, um überhaupt mal einen Blick zu dieser Bierkultur, zu der Fülle zu bekommen. Das war sicherlich auch eine lange Arbeit oder, wie lange hast du gebraucht, um das alles zusammenzutragen?

Andreas: Ja, das waren knappe 3 Jahre, aber das war immer so in kleineren Sprints, wo ich dann immer etwas mehr gearbeitet habe und dann habe ich es ein paar Wochen bis Monate liegenlassen. Aber es hat insgesamt schon etwas länger gedauert, das Ganze zu sammeln und so zu strukturieren, dass ich dann auch zufrieden damit bin. Die Motivation hinter dem Ganzen war tatsächlich, dass ich mir einfach eine Quellensammlung für mich selbst zusammenstellen wollte, einfach mal, um einen guten Überblick zu haben, was gibt es denn jetzt so speziell zum bayrischen Brauen? Was für konkrete Beschreibungen gibt es, also Primärquellen existieren? Und das hat sich dann einfach etwas entwickelt quasi, in welche Braumethoden kann man das Ganze strukturieren, was gibt es noch an zusätzlichen Daten zu dem Ganzen, also deswegen, etwa die Statistik wie im Anhang. Und dann, was mich in diesem ganzen Prozess, also wie ich dann entschieden habe, okay, ich mache da ein eigenes Buch draus, was mich da auch interessiert war das Mälzen. Also war das erste Mal, dass ich mich da wirklich genauer beschäftigt habe mit den historischen Beschreibungen, wie die denn ihr Malz so hergestellt haben. Und das, ja, war auch sehr spannend und ein interessanter Lernprozess für mich, weil, also als Heimbrauer hat man keinen irgendwie genaueren Kontakt zum Mälzen an sich, außer vielleicht mal, keine Ahnung, eine Führung bei Weyermann, aber ansonsten kauft man das Malz immer schon im Onlineshop oder so.

Markus: Ja und vielleicht gleich mal als Empfehlung für unsere Leserinnen und Leser da draußen, also unbedingt Empfehlung, sich dieses Buch anzuschaffen, weil man wirklich überall immer wieder ganz viele spannende Aspekte entdeckt, manchmal größere, manchmal kleinere, die aber immer so Aha-Effekte sind, wo man einfach beginnt, diese Bierkultur wirklich zu verstehen und zu begreifen. Und wo ich sagen muss, ich habe ja selber auch schon viel da drüber gemacht und publiziert, aber es ist ganz viel dabei, wo ich auch wieder gemerkt habe, wenn ich von meinen diversen Büchern mal wieder ein Update schreibe, dann muss ich da teilweise entscheidende Stellen ändern und das ist wirklich auch großartig. Also auch an dieser Stelle mal Dankeschön für diese ganze Arbeit. Es gibt so ein paar Punkte, über die ich gern im Detail noch sprechen würde, aber vielleicht mal vorneweg, weil du es grade gesagt hat, was waren denn dann so die Aha-Effekte beim Thema Malz für dich, wo du gesagt hast, das überrascht mich jetzt oder das sind für mich so Punkte, die habe ich für mich jetzt bei dieser Arbeit neu entdeckt?

Andreas: Ich habe mich im Zuge dessen natürlich auch damit beschäftigt, was ist denn so der Status Quo beim Mälzen oder der Stand der Technik. Und habe bemerkt, also grade beim Einweichen hat sich da wohl sehr viel getan, also das Verständnis, wie man die Gerste einweicht, ist heutzutage eine vollkommen andere als damals. Also ich bin jetzt kein Experte, aber man kann es im Wesentliche so beschreiben, heutzutage wird die Gerste halt so eine gewisse Zeit eingeweicht und hat dann so eine, ich glaube, es heißt Luftrast, wo sie einfach quasi Zeit hat zum Atmen und wird wieder eingeweicht, das wird ein paarmal wiederholt. Und das ist zum Beispiel etwas, also das wurde damals überhaupt nicht betrieben, das habe ich in keiner Quelle gefunden. Da wurde für wirklich lange Zeit in einem Tuch eingeweicht, je nach, ich sage mal, Temperatur, Wetter, Zustand der spezifischen Gerste, kürzer oder länger, es wurde definitiv das Wasser regelmäßig gewechselt. Aber so diese Luftrasten waren wohl vollkommen unbekannt. Das Einzige, was teilweise gemacht wurde, war eine Nachweiche, also wo man einfach nach einem langen Weichen der Gerste selbst noch etwas Luft gegeben hat, bevor sie dann tatsächlich auf die Tenne zum wachsen gekommen ist. Teilweise ist das aber auch inspiriert oder angelehnt an die damaligen englischen Praktiken, also das mit der Nachweiche. Und der Grund für die englische Praktik ist die, dass damals das Ganze oder das Malz versteuert wurde auf Basis von der Menge der Gerste nach der Weiche. Also die muss dafür, glaube ich, 26 Stunden, das ist ja eine sehr spezifische Zeit, musste die auf der Nachweiche sein, damit da ein Zollbeamter vorbeikommen konnte und das nachmessen. Und das war dann einfach so Standardpraxis in England und so manche Mälzer und Brauer in Deutschland habe das übernommen oder haben das zumindest als eine Möglichkeit dokumentiert. Also es ist, ich glaube, in der Spatenbrauerei war das zeitweise eine Praxis, die da, ich sage mal, sehr offensichtlich aus England inspiriert war.

Markus: Ja, ich habe vor Kurzem die Mälzerei in der Augustiner Brauerei in München besichtigt. Und da muss ich auch sagen, die machen das ja auch noch auf der Tenne und haben da ihre Böden mit Kalk, Muschelkalk drunter mit den Fliesen und so und das ist total spannend, wie es einerseits modern ist und andererseits aber noch sehr traditionell. Und da gibt es auch so einen fließenden Übergang zwischen Weichen und Keimen und so. Und die haben an vielen Stellen noch Methoden im Einsatz, die man wahrscheinlich in der modernen großen Mälzerei mit Trommeln und so weiter nicht mehr so anwenden würde. Fand ich auch sehr interessant, das mal zu sehen. Also das stimmt, beim Mälzen gibt es da auf jeden Fall ganz, ganz viele Dinge, also die damals wahrscheinlich in vielerlei Hinsicht anders waren, die auch zu anderen Ergebnissen geführt haben, wodurch dann auch andere Biere raus kamen. Das werden wir da noch sehen, wenn wir mal auf den Alkoholgehalt schauen. Aber auch natürlich insgesamt das Verfahren auch für das Korn teilweise vielleicht sogar schonender als wir das heute haben. Und wir haben natürlich auch anderes Getreide, also heute haben wir hochgezüchtetes spezialisiertes Getreide, was genau für diesen Zweck angebaut wird. Zu dieser Zeit im 19. Jahrhundert, zumindest am Anfang, waren das schon eher noch Sorten, die man zwar schon für das Brauen ausgewählt hat, aber nicht in dieser Art weitergezüchtet hat, wie wir das eben heute so kennen und damit, glaube ich, war das auch noch anders. Also, ja, da hast du Recht, also Mälzen auf jeden Fall ein ganz, ganz spannender Prozess. Was ich interessant fand bei deinen verschiedenen Quellen war auch die Frage jetzt beim Brauprozess, wie man das Maischethema angegangen ist? Weil, eigentlich lernt man ja so landläufig, dass man bei uns relativ bald mit Deduktion gearbeitet hat. Das heißt also, ich habe irgendwie ein Wasser, das ich auf 50 Grad bringe ungefähr oder 30, je nachdem wie ich halt anfange. Und dann nehme ich dann immer Teilmaischen, erhitze die bis zum Kochen und gebe die wieder zurück und komme halt dann so Stück für Stück auf meine Temperaturen. Und ich war jetzt vor Kurzem in England unterwegs mal wieder und habe auch so ein paar historische Brauereien besucht, auch in Belgien und dort war noch sehr oft einfach bei den alten Brauereien diese Methode, man nimmt praktisch einen Bottich, da ist auch gleichzeitig unten noch der Siebboden drin, den kann man also später auch gleich zum Läutern nehmen. Und da hat man dann das Malz erst mal ganz einfach als Malz, als Schrot darein und gibt dann wirklich kochend heißes Wasser da drauf und rührt das dann. Und dadurch, dass dieses kochende heiße Wasser darein kommt, geht die Temperatur natürlich gleich mal runter und dann arbeitet man praktisch von oben nach unten, temperaturmäßig. Und ich habe mal von einem amerikanischen Craft-Brauer gehört, dass mit den modernen Malzen überhaupt gar kein Problem mehr ist, weil die so sind, dass die das auf jeden Fall mitmachen, aber dass das damals durchaus eine Herausforderung war. Und jetzt habe ich eben bei dir in einigen Quellen gefunden, dass noch so gearbeitet wurde, vor allem, glaube ich, beim Weißbier und in anderen dann wieder eben Deduktion. Ist das so ein Übergang gewesen von dem einen zum anderen oder haben die längere Zeit parallel existiert, wie ist da so dein Eindruck oder habe ich vielleicht auch was falschverstanden, kann auch sein?

Andreas: Mein Eindruck ist, dass das in, ich sage mal, was ich jetzt so als Altbayern beschreiben würde, das da sehr lange die dreifache Deduktion ziemlich dominiert hat, also das man so mit dreimal Teilmaischen abziehen, kochen und dann wieder zurückmischen, dass man so die Maische durchführt. Es gab dann aber auch noch so lokal völlig andere Methoden. Und ich muss auch ganz ehrlich sagen, das ist etwas, das, ja, also ich würde das sehr gerne selber mal nachstellen, aber es wirkt selber unglaublich kompliziert. Also ich habe das in meinem Buch als die Braumethode in Nürnberg und Augsburg so zusammengefasst, weil das so die Gebiete sind in den historischen Fällen, wo das dem immer so quasi zugewiesen wird und zwar das Satzbrauen. Und das ist etwas, ja, also wenn man so mit dem modernen Verständnis, wie die Enzyme wirken und warum man maischt und warum man dieses und jenes macht, wenn man da so drüber nachdenkt, ergibt das Ganze nicht so wirklich viel Sinn. Also ich hoffe, ich kann das jetzt so ungefähr rekonstruieren, man fängt im Wesentlichen so an, dass man mal kalt einmaischt und das Ganze etwas stehen lässt und dann quasi wieder alles an Flüssigkeit abzieht. Dann bringt man mehr Wasser zum Kochen, gießt das wieder auf die fast wieder trockene Maische, maischt einmal durch und zieht das dann, glaube ich, wieder ab und bringt dann quasi so diese Läutermaische wieder zum Kochen und gibt die hinzu. Also eigentlich etwas, wo man sich denkt, in der Läutermaische sollten eigentlich relativ viel so Enzyme gelöst sein, eigentlich zerstört man sich da ziemlich viel dran. Und das Ganze endet dann damit, dass die gesamte Maische eben mal zum Kochen gebracht wird und man das Ganze wieder abkühlen lässt. Und da gibt es dann auch genau diesen kalten Satz, also der am Anfang abgezogen wurde, der dann noch dazu kommt, der vermutlich dafür sorgt, dass alles, was da noch an freier Stärke verfügbar ist, letztendlich doch noch verzuckert wird. Aber es ist schon erst mal wild und, unter Anführungszeichen, unwissenschaftlich. Also heutzutage würde man es schon deswegen nicht mehr machen, weil es einfach ein viel zu großer Aufwand ist, ist wohl sehr schwierig zu automatisieren. Also es wurde schon im 19. Jahrhundert gesagt, das ist ein Prozess, den wollen eigentlich nicht mehr wirklich so viele Brauer selber machen. Also es war schon so eine Herangehensweise an das Maischen, die damals schon im Aussterben begriffen war.

Markus: Ja, ja, genau. Und da muss man auch dazu sagen, vielleicht nochmal auch für die Hörerinnen und Hörer, die sich noch nicht so ganz intensiv mit dem Thema beschäftigt haben, zum Hintergrund, warum war das überhaupt so. Man muss ja überlegen, wir kommen ja aus einer Zeit, wo man zumindest auf dem Kontinent noch kein Thermometer hatte, zumindest nicht flächendeckend und auch seine Maische entsprechend da nicht ständig kontrollieren konnte. Und man hatte ja im Grunde nur wenige Temperaturen, die man sicher wusste und dazu gehört natürlich zum Beispiel, wann gefriert Wasser. Isst für das Brauen zwar nicht so wichtig, aber das wusste man. Man kannte die Körpertemperatur. Also wenn man dann zum Beispiel seinen Ellbogen in ein Wasser reingehalten hat und es war in etwa dieselbe Temperatur, das konnte man feststellen. Und man wusste natürlich, wann Wasser kocht, also der Kochzustand, das war ein Thema. Und so kam es ja letzten Endes zu der Entwicklung von der Deduktion, das man eben sagt, okay, ich fange an mit Körpertemperatur, also ungefähr 35 Grad und wenn ich davon ein Drittel wegnehme, das zum kochen bringe, auch klare Geschichte, dieses Drittel dann wieder zurückgebe, dann funktioniert es. Also was wir heute wissen ist, dass dann eben bestimmte Enzyme wirken. Damals haben sie einfach festgestellt, dass geht. Und wenn man von dem, wo man dann ist, da sind wir so ungefähr bei 50, 55 Grad, wieder ein Drittel wegnimmt, das wieder zum kochen bringt, wieder zurückgibt, dann landet man eben bei der einen Wirktemperatur, wo wir so um die 62 Grad liegen für Enzyme. Und dann, wenn man das Ganze nochmal wiederholt, dann eben landet man bei 72 Grad und hat dann praktisch nochmal die Rast, um letzten Endes die ganze Stärke zu verzuckern. Und das ist natürlich eine Möglichkeit, wie man eben zielsicher, ohne ein Thermometer, zum Ziel kommen kann. Und so hat sich das im Grunde damals entwickelt und die andere Methode ist eben die, dass man gleich mit diesem kochendheißen Wasser anfängt. Und es ist ja wirklich interessant, also ich muss sagen, ich habe es jetzt ja vor ein paar Wochen erst live erlebt, dass man über diesen Weg auch Bier herstellen kann, also eindeutig. Ich war ja in den Brauereien, mehrere davon und ich habe das probiert, was die dort mit dieser Methode, also heißes Wasser auf Malz zu kippen und daraus dann letzten Endes ein Bier zu machen, was sie damit herstellen. Und diese Biere waren tatsächlich alle trinkbar und das hat alles funktioniert, also war auch nicht irgendwie viel Restzucker oder so. Also irgendwie scheint das Ganze ja zu klappen. Und das finde ich schon interessant, dass man vielleicht manchmal auch ein bisschen eng denkt, wenn man so in dieser, sagen wir mal, deutschen Lehrbuch-Braudenke ist und offensichtlich da zwischen Malzkorn und Brauwasser noch ein bisschen was anderes passiert, wenn man es anders angeht, was dann eben auch funktioniert. Finde ich eben total spannend und in deinen Quellen kann man das eben auch nachlesen. Und das fand ich eben sehr interessant, wie das so koexistiert. Und, ich glaube, dann später mit der Entwicklung dann eben auch immer mehr des untergärigen Brauens, ist man, glaube ich, immer mehr auf diese Deduktion umgestiegen und später dann auf das, was wir heute als Infusion kennen, also das wir Stück für Stück die Temperatur eben mit einer Hitzequelle erhöhen. Das geht natürlich mit einem Thermometer, dann kann man das viel einfacher machen, das ist dann leichter. Aber auf jeden Fall also und da gebe ich dir Recht, aber vielleicht auch den Tipp am Rande, also wenn du das mal erleben willst, gibt es so ein paar Brauereien in England, die arbeiten noch so. Also da könntest du dich mal zu einem Brautag praktisch einladen und dir das Ganze mal anschauen, das ist vielleicht auch ein tolles Erlebnis. Hast du überhaupt schon mal so historisch Brauen mit irgendjemand mitmachen können?

Andreas: So spezifisch historisch Brauen nicht. Ich habe halt zwar ein paar historische Biere bei mir Zuhause nachgebraut, aber trotzdem, ich sage mal, mit relativ modernem Equipment. Aber mein großer Traum wäre ja so das Kärntner Steinbier, wie es auch in meinem ersten Buch beschrieben ist, dass mal von Anfang bis Ende, mal nachzustellen. Aber das ist vermutlich etwas, wenn man das selber macht und auch das ganze Mälzen und so selber machen will, ist man vermutlich so zwei bis drei Wochen damit beschäftigt.

Markus: Das kann ich mir vorstellen, ja. Ja, wir können ja nochmal kurz zu Bierstilen kommen, wo du grad das Steinbier erwähnst. Mir sind so zwei Sachen in dem aktuellen Buch aufgefallen, wo ich dich auch nochmal fragen wollen würde, einmal bist du ja auch auf unser Bamberger Hansla gestoßen. Also auf dieses Bier, was hier jetzt ja hier wiederbelebt worden ist und gemeinhin eher so als Nachgussbier bezeichnet wird. Wenn ich deine Quelle aber richtig verstanden hab, dann ist es gar nicht unbedingt ein Nachgussbier.

Andreas: Ja, man kann es, glaube ich, schon als ein Nachgussbier beschreiben in dem Sinne, dass die Standardbiere, also das normale Lagerbier wohl rein aus Vorderwürze gebraut wurde. Es ist halt, mir ist es bisher nicht gelungen, dass irgendwie, ich sage mal, einen guten Griff drauf zu kriegen, wie stark das Getränk dann letztendlich war, also wie die Stammwürze war und wie viel Alkohol dann das Ganze letzten Endes war. Zumindest die Beschreibungen lesen sich aber so, dass das schon ein eher schwaches Bier war. Von daher, also ich habe ja die quasi Rekreation von Schlenkerla, habe ich ja selber auch hier schon ein paarmal probiert, von daher glaube ich, dass die, ich sage mal, moderne, unter Anführungszeichen, Schlenkerla-Variante, die wird da vermutlich schon relativ gut an das Original rankommen.

Markus: Ja, soweit war ich ja bisher auch. Also die Idee, dass man eben sagt, okay, die normalen Biere wurden praktisch mit einem 100-Prozent-Aufguss ohne Nachguss, also mit der Vorderwürze, sagt man dann eben, wenn man nicht nochmal Wasser drauf kippt, gebraut und dann hat eben diese anderen Biere. So wie ich die Quelle verstehe, ist ja sogar so, dass man da auch nochmal dann extra spezielle Hopfen dazu gibt und eben auch gezielt dafür braut. Also gar nicht unbedingt eine bereits benutze Malzmischung nimmt, sondern nochmal separat was ansetzt. Also, wie gesagt, kriege ich es mit Englisch, vielleicht habe ich es auch ein bisschen falschverstanden, aber so habe ich es aus der Quelle vom Philipp Heiß, den du da zitierst, raus gelesen. Ich weiß nicht, ob du es grade im Kopf hast?

Andreas: Ich müsste das jetzt selber nochmal lesen, das ist das Problem.

Markus: Na, das überlassen wir dann dem Leser, das ist auch okay.

Andreas: Ja. Kann durchaus sein, ich würde es nicht wundern. Und es gab auf jeden Fall einen tatsächlichen Bedarf an schwächeren Bieren, einfach schon mal, ich sage mal, aus ökonomischen Gründen und auch aus, also man kann es weiterfassen, aus soziökonomischen Gründen, weil es einfach ein Arme-Leute-Getränk war zu einem relativ großen Teil und auch so ein Erfrischungsgetränk für Arbeiter, Handwerker, so diese Branchen also.

Markus: Auf jeden Fall total spannend und auch ein schöner Einblick in die Biergeschichte, auch vor dem Hintergrund, dass das eben ein Bier ist, was man jetzt so wiederbelebt hat. Und, ja, zeigt auch nochmal, wie man damit umgegangen ist und das es zum Beispiel auch bei uns üblich war, Biere zu mischen, wie das ja in England auch lange, lange Zeit üblich war. Also wo wir das heute ja oft verteufeln, aber eigentlich hat man das doch früher gerne gemacht. Interessant vielleicht auch vor dem Hintergrund, wenn man deine Bieranalysen dann später sieht, da waren die normalen Biere ja so irgendwie zwischen 3-, 4%-Alkohol ungefähr und wenn man dann überlegt, dass die Leute das noch verdünnt haben, also hatten wir insgesamt von der Alkoholstärke deutlich schwächere Biere als heute, ne?

Andreas: Ja, auf jeden Fall. Also das ist etwas, also das habe ich schon bei meinem vorherigen Buch über Wiener Lager gemerkt, dass die Biere damals einfach deutlich schwächer waren. Und man sieht das auch in den Analysen, also der Restextrakt deutlich höher, es waren einfach schwächer vergärende Hefen. Ich habe das auch in meinem Buch über Wiener Lager so etwas herausgearbeitet und meine Theorie zu dem ganzen ist, dass da einfach damals die Lager-Hefestämme etwas andere waren. Also ich muss da jetzt etwas ins Detail gehen, also es gibt ja bei untergäriger Hefe, gibt es ja zwei Subgruppen und werden irgendwie so Typ 1 und 2 benannt oder werden auch oftmals danach oder wurden zumindest früher oftmals danach benannt, wo sie quasi das erste Mal entdeckt wurden. Da gibt es nämlich den Saazer-Typ, jetzt nix mit dem Hopfen zu tun, Saazer-Typ an untergäriger Hefe und den Frohberg-Typ. Die unterscheiden sich genetisch etwas und haben deswegen so etwas andere Eigenschaften. Also die Saazer-Hefe, die arbeitet noch bei deutlich geringeren Temperaturen. Also die hat überhaupt keine Probleme bei so 6, 7 Grad Celsius relativ zügig zu vergären, hat allerdings den Nachteil, das nicht vollständig alle Zucker vergären. Und vor allem so, ich glaube, Maltotrioze mag die überhaupt nicht oder mag die nicht so gern. Und deswegen kommen die Biere zwar jetzt von den Gärnebenprodukten her relativ sauber raus, bis auf, also was mir gesagt wurde, Diacetyl. Also sehr viele von diesen Saazer-Hefestämmen haben wohl also ein sehr starkes Diacetyl-Problem, also kommen sauber raus, aber haben relativ viel Restsüße. Während die Frohberg-Stämme einfach viel weiter vergären, mit Maltotrioze überhaupt kein Problem haben, deutlich schlankere Biere produzieren. Aber wiederum von der Temperatur her, ja, also es etwas wärmer mögen. Also unter 10 Grad kann man da schon mal leichte Probleme kriegen, als das es etwas zu lange dauert oder nicht zu lange, aber etwas länger dauert. Und hat dann aber, ich sage mal, für heutige Verhältnisse hat das wiederum auch den Vorteil, dass man trotzdem auch noch bei so 12, 13, 14 Grad Celsius Kerntemperatur immer noch sehr saubere Biere auch produzieren kann. Und wenn man natürlich exakt die Temperaturkontrolle hat, sind die Frohberg-Stämme perfekt. Und soweit ich raus finden konnte, quasi alles, was man kommerziell so an Hefen heutzutage beziehen kann, also untergärigen Hefen beziehen kann, das sind wohl alles Frohberg-Stämme. Die Saazer-Hefen, wenn man da keine gute Temperaturkontrolle hat, sondern nur so, ich sage mal, kalt und noch kälter und man nur irgendwie so einen eisgekühlten Raum hat, der halt eine bestimmte Temperatur hat und dann noch einen Lagerkeller, der nochmal so nahe am Gefrierpunkt ist, dann kommt die damit einfach besser klar. Also weil die einfach genetisch, also noch mehr von den Genen mitgenommen hat, das sie so eine Kältetoleranz der Hefe geben. Das ist auf jeden Fall so meine Theorie, dass einfach, wenn man keine exakte Temperaturkontrolle hat, wie eben damals im 19. Jahrhundert, bevor Eismaschinen und Ähnliches tatsächlich entwickelt worden sind, dass da einfach diese Hefe viel praktischer war und das heutzutage einfach das sich vollkommen verschoben hat, einfach weil die Technologie, was, ich sage mal, Kälteerzeugung angeht und Temperaturkontrolle, sich einfach vollkommen gewandelt hat.

Markus: Könnte man, also ich spekuliere jetzt einfach mal, könnte man also sagen, dass die früher in ihrer Kälteerzeugung manchmal oder öfters übers Ziel hinausgeschossen sind? Also weil, ich meine, ich habe diese ganzen Bilder vor Augen, wie die damals wirklich massive Mengen an Eis geerntet und gelagert haben. Also selbst in Wien gab es ja diese riesigen Eisgewinnungsseen, die man da hatte letzten Endes und eben Eistürme, Eislager und so. Könnte das sein, also das man es im Grunde eher sogar übertrieben hat mit der Kälte?

Andreas: Also übertrieben, würde ich nicht sagen, aber es waren sicherlich, ich sage mal, Umstände, die eher geholfen haben, eine sehr, sehr kältetolerante Hefe zu selektieren. Also wenn der Gärkeller konstant bei 6 Grad Celsius ist und dann kühlt man die Würze vielleicht noch irgendwie so auf 4 oder 5 Grad runter und dann gibt man so seine Stellhefe dazu, Hefestämme, die mit dieser niedrigen Temperatur nicht klarkommen, die werden sich da quasi nicht vermehren. Also es, ja, ist einfach ein Produkt der Zeit, sage ich mal. Und vermutlich auch genau der Grund, warum wir jetzt genauso auf diese Lager-Biere gekommen sind über die Jahrhunderte, einfach weil das so extreme, ich sage mal, Umstände oder Zustände waren oder so eine extreme Umgebung, wo nur ganz bestimmte Hefestämme wirklich eine Chance hatten, noch gut zu überleben.

Markus: Und wo man auch in gewisser Weise, also das hat mir mal der Martin Zarnkow gesagt aus Weihenstephan, man ja im Grunde auch damit so ein bisschen die Gärung gesteuert hat, dass man eben die Temperatur möglichst kalt hatte, um einfach in diesem Gemisch aus Hefen, was ja noch keine Reinzuchthefen waren, einfach denen, die man haben wollte, die Idealbedingungen zu geben. Und alle anderen, denen war es dann eben zu kalt oder im Umkehrschluss, bei anderen Temperaturen zu warm. Und somit hat sich dann jeweils die Hefe durchgesetzt, die man für das bestimmte Bier auch gebraucht hat. Könnte ich mir zumindest vorstellen. Was ich auch interessant finde, da sind wir jetzt grade beim richtigen Thema, Bierstärke, es gab halt dann auch relativ bald schon dieses Salvator-Bier, was wir heute als Doppelbock kennen, der mit 6-, 7-, 8-, 9-, 10%-Alkohol letzten Endes daherkommt, also 18 % Stammwürze aufwärts. Da hast du ja auch tolle Statistiken, das fand ich sehr, sehr interessant zu lesen. Und da, muss man sagen, da fängt ja dieser Doppelbock teilweise mit 3,8% schon an und geht dann hoch vielleicht so auf 5 oder 5,3, irgendwie so, als Maximum, also bewegt sich in ganz anderen Kategorien auch wir das heute kennen. Haben die das damals trotzdem auch schon als Starkbier, Doppelbockbier empfunden?

Andreas: Ja, also es galt auf jeden Fall als Starkbier. Ich glaube aber, die Stärke hat sich da nicht ausschließlich auf den Alkohol bezogen. Es ist natürlich schwierig zu sagen, wie die Wirkung so insgesamt war, aber es muss ein unglaublich süßes Getränk gewesen sein. Ich weiß jetzt leider nicht im Detail, wie das jetzt auf den menschlichen Körper wirkt, so sehr viel Zucker und dann das kombiniert mit Alkohol, was dann da so das Ergebnis ist, also ob man da schneller betrunken wird oder weniger schnell. Es gibt aber zumindest historische Berichte, dass die Leute zur Starkbierzeit in der damaligen Zacherl Brauerei, was heutzutage Paulaner ist, die haben da schon ordentlich getrunken und war da so besoffen, dass sie da auch Schlägereien angefangen haben. Also ich habe da einen Bericht in einen von meinen Büchern zitiert, also ich glaube, das war in meinem ersten Buch, wo so Soldaten so betrunken waren oder das Publikum so betrunken war, dass da Soldaten mit irgendwie Zivilisten einen Streit angefangen haben und das ist dann zu einem richtigen Gemetzel ausgeartet. Das ist jetzt nichts, was, ich sage mal, jetzt einfach so anfängt, wo da sicherlich auch, ich sage mal, die starke Trunkenheit des Publikums da einen großen Einfluss gehabt muss.

Markus: Ja, auf jeden Fall, also ich habe das auch in meinem Buch erwähnt und die haben sich ja wirklich Maßkrüge um die Ohren geschlagen, also das schon. Und das ist natürlich, wenn man das als Wurfgeschoss verwendet, ist so ein Maßkrug schon nicht ohne. Ich glaube auch und ich glaube, du bist da völlig auf der richtigen Fährte. Weil die Süße, also heute ist es ja allgegenwärtig und grade, wenn man dann vielleicht mal nach Amerika oder Japan oder sowas fährt, da ist es ja noch extremer, wie extrem süß manche Kulturen heutzutage drauf sind. Damals, muss man aber sagen, kam die Menschheit ja eher aus einer Zeit, wo viel eher sauer war und da war, glaube ich, dieses Süße tatsächlich nochmal was Besondereres und was, was man sich gegönnt hat. Und wenn man dann wieder in deine Statistiken schaut, habe ich zum Beispiel hier gesehen, so das ganz normale Weihenstephaner Bier hatte 1878 hier einen Alkoholgehalt von 4,06 bei 5,49 Extrakt. Einfach nur als Verhältnis, wenn man dann zum Beispiel von Löwenbräu den Salvator nimmt, da sind wir ein paar Jahre später, 1896, bei 4,2% -Alkohol, also gar nicht mehr viel mehr, aber 9,7% Extrakt. Also das heißt, dieses Bier muss extrem viel süßer gewesen sein. Und das zieht sich natürlich entsprechend durch. Also ich glaube, da hast du völlig Recht, dass diese Süße dann für die Leute also einerseits vielleicht dieses Getränke nochmal attraktiver und süffiger gemacht hat, dass man es auch schneller und mehr davon trinkt. Und vielleicht, also da müssten wir jetzt noch einen Arzt dazu ziehen, vielleicht der Zucker dann auch nochmal dazu beiträgt, dass der Alkohol schneller wirkt, das weiß ich nicht. Aber auf jeden Fall, wenn man mehr davon trinkt in einer kürzeren Zeit, dann logischer Weise entfaltet das auch seine Wirkung. Also finde ich auch spannend. Und das ist eben das Tolle, dass du diese Statistiken im Buch hast, wo man sowas dann nachvollziehen kann und auch wirklich mal die Dinge vergleichen kann, das finde ich wirklich eine ganz, ganz spannende Geschichte. Ja, vielleicht eins noch, wie kommt man denn auf solche exakten Werte? Also das hat doch damals keiner irgendwo hingeschrieben, wie viel % das genau hatte oder gibt es das?

Andreas: Das gibt es. Also im 19. Jahrhundert gab es schon Brauwissenschaftler, die da relativ viel Aufwand reingesteckt haben, um die Biere zu analysieren. Also es gibt da so ein paar Quellen, also die sind da schon ordentlich rangegangen und haben da quasi alles, was sie irgendwie an Bieren zur Verfügung hatten, haben die einfach untersucht. Das war auch immer so eine Streitfrage, also da gab es teilweise so Streit zwischen verschiedenen Wissenschaftlern, welche analytischen Methoden man verwendet. Also diese Methoden sind ja auch teilweise dokumentiert und es ist alles ziemlich aufwendig. Von daher war das, was Balin gemacht hat mit seiner Attenuationslehre, das man über quasi das Spindeln und die Stammwürze und den Restextrakt, dann über alles Mögliche an Formeln, auf den genauen Alkoholgehalt kommt. Da hat der schon eigentlich eine ziemlich revolutionäre Arbeit geleistet, weil das einfach das einfachste und gleichzeitig effektivste so Analysemittel ist, wenn es um die Stärke von Bier geht, im Vergleich zu dem, was alles vor ihm da war.

Markus: Na, also faszinierend. Also wie gesagt, das muss man sich unbedingt anschauen. Da könnt ihr euch schon drauf freuen, wenn ihr rein schaut, kann man wirklich gut nachvollziehen, wie sich das Brauen so entwickelt hat. Was ich auch toll fand, war einfach eine Seite, wo man mal die historischen Maßeinheiten umrechnet. Also was bedeutet denn zum Beispiel eine Maß Bier in dieser Zeit oder so etwas wie ein Scheffel, ein Pfund, ein Zollpfund, ein Schuh. Also das alles sich mal vor Augen zu führen, wo sind wir da in heutigen Maßeinheiten, das finde ich ganz, ganz toll. Erinnert mich, ich habe mal ein Kochbuch von einer Urururgroßmutter von mir gefunden, was ich total spannend fand, aber wo dann eben ausschließlich Maßeinheiten verwendet worden sind, mit denen man überhaupt nix anfangen konnte. Und was dann auch total schwer war, wir haben da Stück für Stück das nachvollzogen, wie viel das dann jeweils bedeutet. Und es ist natürlich beim Kuchen schon ein Unterschied, ob ich jetzt nach heutiger Lesart 20 Gramm oder 200 Gramm von irgendwas darein schmeiße. Und das ist auf jeden Fall auch spannend. Also uns vielleicht zum Schluss nochmal kurz auf dein Wiener-Lager-Buch zu sprechen kommen. Also ich habe ja alle 3 deiner Bücher, aber das Wiener Lager habe ich am allermeisten gelesen, weil ich über den Bierstil vorher noch am wenigsten wusste. War das für dich etwas, wo du dann diesen Bierstil dann im Zuge dann dieses Buches entdeckt hast oder war es andersrum, hast du erst den Bierstil für dich entdeckt und dann dieses Buch geschrieben?

Andreas: Also es hat so angefangen, dass ich, ja, ungefähr zu der Zeit, wo ich angefangen, über das Heimbrauen zu bloggen, ist mir der Wiener-Lager-Bierstil einfach untergekommen. Also man den, also grade, wenn man so in Craft Beer und so damals reingekommen ist, man hat relativ viel über Bierstile und so gelesen und ich habe mir gedacht, hm, Wiener-Lager-Bier, was soll denn das sein? Also es gab zu dem Zeitpunkt jetzt kein Bier in Österreich, wo ich gesagt hätte, das ist jetzt genau dieser Stil. Also mir war damals überhaupt nicht klar, wo kommt diese Beziehung zu Wien oder zu Österreich her. Dann habe ich mal mich da mal ein wenig eingelesen, habe ein paarmal so Wiener Lager selbst bei mir Zuhause gebraut. Zuerst einmal, ich sage mal, ein Modernes, was mit ganz gut geschmeckt hat, wo ich mir gedacht hab, ja, also ich verstehe die Attraktivität des Bierstils an sich. Und dann habe ich einfach so über die Zeit hinweg, ja, einfach immer wieder mal so ein wenig was gelesen, hab so ein paar historische Quellen gefunden, dann das so ein wenig, ja, versucht zu kombinieren oder mal so rauszufinden, was könnte denn ein historisches oder eine Annäherung an ein historisches Rezept so gewesen sein und habe dann mal so ein quasi Historisches gebraut. Und das ist dann auch ein Kapitel geworden in meinem ersten Buch. Und dann, also nachdem es veröffentlicht war, haben so ein paar Freunde von mir gemeint, so das Thema Wiener Lager, das ist doch etwas, was eigentlich noch überhaupt nicht so gut herausgearbeitet ist und das es da eigentlich relativ wenig gibt. Und die haben mir dann auch so eine Quelle, die sie selber gefunden haben also so von historischen Beschreibungen gegeben. Und das war dann so der Zeitpunkt, wo ich mir gedacht hab, eigentlich könnte ich da quasi noch mehr Zeit rein stecken, weil das scheint wohl schon etwas gewesen zu sein, was sehr populär war zur damaligen Zeit, was aber heutzutage oder, ich sage mal, vor Erscheinen von meinem Buch, eigentlich kaum noch bekannt war und eigentlich nur am Leben gehalten worden ist, so ein wenig, durch amerikanische Craft-Brauereien. Und, ja, das war dann für mich total spannend, also ich habe da so unglaublich viel entdeckt über Biergeschichte in Österreich. Das war bisher, also für mich, das mit Abstand spannendste Projekt, weil, ja, da einfach sehr plötzlich so viel zusammengekommen ist und ich wirklich gemerkt hab, ja, da gab es noch eine Lücke von einem eigentlich historisch wirklich wichtigen Bier, das aus welchen Gründen auch immer, nie so wirklich gut dokumentiert geworden ist.

Markus: Ja, das ist ja auch wirklich ein Bier, was die Welt erobert hat quasi mit den Auswanderern aus Österreich, Österreich-Ungarn, die dann eben da, wo sie dann angekommen sind, auch ihr Wiener Lager praktisch gebraut haben und damit das Ganze auch ein bisschen am Leben erhalten haben. Und, ja, also ich finde es ein großartiges Buch auch. Ich habe ja bei den Rezessionen auch gelesen, weil einige sagen, es ist die Bibel des Wiener Lagers sozusagen, also das ist auch wirklich großartig. Und, ja, vielleicht da so als letzte Frage, wie reagieren denn die Leser so, kriegst du Zuschriften, grade auch, weil du jetzt ja auf Englisch publizierst, ist das dann eher so aus der amerikanischen Welt oder wie kriegst du da so Feedback auf das, was du da so anstellst?

Andreas: Ja, also gelegentlich kriege ich immer wieder Emails, ja, Direktnachrichten auf verschiedenen sozialen Medien, wo ich aktiv bin. Das Feedback ist generell ein sehr positives, also die Leute finden die Thematiken wirklich spannend, wirklich interessant, sind dankbar dafür, dass das so jemand aufschreibt. Und generell, also meine Wahrnehmung ist, das insbesondere in den USA, dass es da ein unglaublich großes Interesse gibt an historischen Bier und an, ich sage mal, europäischer und auch speziell deutscher Bierkultur, dass die quasi alles aufnehmen, was dazu publiziert wird und alles, was es da quasi noch zu entdecken gibt, wird da wirklich sehr, sehr dankbar angenommen. Und ich freue mich da auch jedes Mal darüber, weil, also für mich hat das Ganze angefangen als so ein Hobby im Wesentlichen und es ist auch jetzt noch ein Hobby. Also ich verdiene zwar so ein wenig an Tantiemen damit, aber reich werden kann man damit auf keinen Fall. Und von daher, dann so zu hören, dass sich da Leute wirklich drüber freuen und das sie so die Biere nachbrauen und das sie eine unglaubliche Freude an dem Resultat haben, also an den Bieren selbst und dann auch die Geschichte dazu total spannend finden, also das ist für mich auch unglaublich befriedigend.

Markus: Ja, also das kann man auch mit Fug und Recht behaupten. Und ich glaube, das ist auch so ein bisschen das Geheimnis, dass du dich tatsächlich irgendwie an alle wendest. Also ich sage das immer sehr ungern, weil so everybodys darling ist auch everybodys Depp, aber es trifft halt einfach zu, weil du einerseits eben für die Hobbybrauer die Rezepte lieferst, verschiedene Varianten dazu und entsprechend auch zu den Zutaten dann die Tipps gibt, die man braucht. Und auf der anderen Seite aber auch jeden, der sich jetzt zum Beispiel für die Geschichte, für die Herleitung interessiert, so ein bisschen auf deinen Rechercheweg mitnimmst und man es wirklich so hautnah nachvollziehen kann, wie du das dann Stück für Stück entdeckst und hier eine Quelle und dann passt das da zusammen. Und so kommt man dann Stück für Stück zu diesem ganzen Bild und das macht das, glaube ich, so lesenswert und für jeden interessant, weil eben jeder seins finden kann und dich dabei begleiten kann und sich dann auch das raus picken kann, was einen ganz besonders interessiert. Also in der Hinsicht auch von meiner Seite nochmal vielen Dank für diesen Aufwand, den du da betreibst. Also weil, ich kann selber aus eigener Erfahrung sagen, reich wird man mit Büchern nicht. Aber es macht natürlich Spaß und das ist auch ein tolles Gefühl, wenn man so das erste Mal was in den Händen hält, was man eben selber geschrieben hat, was dann als Buch rauskommt, das entschädigt einen dann vielleicht auch so ein bisschen. Also von meiner Seite aus vielen, vielen Dank für deine Zeit, für die Infos und natürlich, wie gesagt, nochmal für deine Arbeit. An die Leser nochmal der Tipp, also deckt euch unbedingt ein, noch gibt es alles eben auch käuflich zu erwerben auf den bekannten Kanälen und der Andreas ist ja auch nicht aus der Welt. Also wir werden auch in den Shownotes entsprechend die Bücher verlinken, auch den Blog verlinken. Und, ja, also nochmal vielen, vielen Dank und dir heute auf jeden Fall noch eine schöne Zeit.

Andreas: Herzlichen Dank und nochmal Danke für die Einladung und für das sehr nette Gespräch.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 123 – Interview mit Silvio Reiß, Biersommelier, Gründer und Inhaber von Vintäsch in Stolberg bei Aachen

Silvio Reiß verkaufte in seinem Laden gebrauchte Lederkleidung und Ledertaschen und kam auf die Idee, zur Unterhaltung und Launesteigerung seiner Kunden interessante Biere anzubieten. Schnell kamen mehr Leute für die Wartebank als für die Umkleidekabine, und aus dem Klamottenladen mit Bierbeiwerk wurde ein Bierspezialitätenladen mit etwas Lederdekoration. Auf 50 Quadratmetern stehen nun über 800 Flaschen, viele davon holzfassgereift und Vintage. Der Abschluss als Biersommelier folgte, ab Januar 2024 wird in der historischen Altstadt von Stolberg ein Bierbegegnungszentrum auf doppelter Fläche und mit einem Biergarten seine Pforten öffnen. Für den Podcast haben wir uns an Bambergs höchster Stelle, dem Altenburgbiergarten, getroffen und unter anderem das Geheimnis des Hundes auf Silvios Logo gelüftet…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute mal wieder ganz spannend, das ist ja immer spannend, aber heute ganz besonders spannend aus vielerlei Gründen, einmal sind wir open Air sozusagen  und zwar für Bamberg jedenfalls, ganz oben auf der alten Burg, hier habe ich noch nie eine Podcast aufgenommen. Und wir sitzen bei einem wunderschönen sommerlichen Wetter unter den großen Kastanien und Linden, die es hier gibt und lassen uns so ein bisschen die virtuelle Sonne auf den Bauch scheinen, weil sie ja durch die Bäume aufgehalten. Aber es ist sehr schön, wir sitzen da, wir haben ganz viel Bier. Und wir, dass ist der Silvio, der gleich seinen weiteren Namen komplett aufklären wird, das wird jetzt zu kompliziert, wenn ich das mache. Erst mal schon, das du da bist und, ja, ich hoffe, du bist gut angekommen und fühlst dich hier auch wohl.

Silvio: Herzlichen Dank, dass ich hier in Bamberg sein darf, wie du so schön beim Podcast gesagt hast, eine der europäischen Hauptstädte des Bieres. Und mein Name ist Silvio Reiß, ich führe in der Nähe von Aachen in Stolbergdorff, mit doppel-f, einen Bierspezialitätenladen und der heißt Vintäsch. Vintäsch ist ein Wortspiel gewesen aus Vintage und das rheinische Wort Täsch, weil ursprünglich habe ich mal angefangen nur mit gebrauchten Lederklamotten, Ledertaschen zu handeln. Und wie ich den Laden aufmachte, kam mir dann die Idee, damit dann morgens einer kommt, nachmittags nicht was ruhiger wird, habe ich dann so gesagt, okay, dann werde ich mal ein wenig Bier in den Laden rein tun und fängst du einfach mal mit 120 Sorten bayrischen und belgischen Bieren an. Völlig als alter Jeck erst mal so, wie es mir gefallen hat und wo ich gedacht hab, das schmeckt mir, das könnte auch den Leuten schmecken. Da ich immer auch sehr viel in Oberbayern unterwegs bin, weil Bayern, sage ich immer so ein bisschen, die zweite Heimat ist, ich mag die Lebensart sehr gerne, die Fränkische habe ich auch schätzen und kennengelernt, muss man auch dazu sagen. Aber so gab es diese Bierkonstruktion am Anfang, bayrisch und bayrische Biere. Und dann habe ich 2021, ja, den Biersommelier gemacht in Österreich. Und dann war es dann weg mit gefährlichem Halbwissen, sondern man wollte das so ein bisschen auf ein anderes Fundament bringen. Und mittlerweile habe ich so circa 800 Bierspezialitäten auf 52 Quadratmeter verteilt und ein großes Bags-Repertoire nach wie vor und habe mich mehr und mehr auf Aged-Biere und auch B.A.B.-Biere, also Barrel Aged Biere noch dazu spezialisiert.

Markus: Da muss ich gleich mal einhaken, wenn du sagst, 800 Biere auf 52 Quadratmetern, das klingt so ein bisschen wie nach meiner Biergarage. Also da passt nicht mehr viel anderes rein oder?

Silvio: Nee, die Taschen sind rausgeflogen, ich habe noch ein bisschen schweizer Armeetasche, aber natürlich bin ich an Kapazitätsgrenzen. Und das ist einer der Gründe, warum ich im Januar das Dorf verlasse, in die Altstadt von Stollberg ziehe, die ja überflutet war. Und jetzt gibt es ein Förderungsprogramm und dadurch nutze ich das und fange direkt in der historischen Altstadt an, habe einen Laden, der wird dann 100 Quadratmeter sein. Und bin jetzt grad noch dabei, mit der Stadt eine Ausschankgenehmigung zu bekommen, sodass ich draußen eben auch eine Bierbegegnungsstätte machen kann. Dass ist das, was ich unglaublich möchte und ein bisschen, fast so nach dem Münchner Beispiel, also wenn die Leute im Sommer kommen, ihre Brotzeit mitbringen, dass sie dann eben auch da die Möglichkeit haben, ein vernünftiges, was immer vernünftig ist, Fragestellung, Geschmacksache, ein schönes Bier trinken können, vielleicht einigen wir uns lieber darauf.

Markus: Genau. Und wenn du schon München sagst, du bist ja hier quasi auch im landestypischen Outfit hier mit Lederhose unterwegs. Machst du das Zuhause dann auch im Laden?

Silvio: Ja, selbstverständlich. Also ich habe jetzt, wenn ich wiederkomme, glaube ich, 3 oder 4, 4, mittlerweile 4 Oktoberfest-Tasting-Termine, die habe immer, das wird immer sehr stark gefragt und da bin ich auch authentisch. Jetzt können weiter, natürlich heute im Zeitalter von Politikern korrekt gesagt, ist das kulturelle Aneignung? Nein, sage ich jetzt mal dazu, nein. Weil es ist ja einfach, ich ziehe das an und ist für mich kein Kostüm.

Markus: Ja. Ja und sich eine bayrische Kultur anzueignen, naja, wie auch immer.

Silvio: Ich versuche jetzt nicht Bayrisch zu sprechen, würde ich grandios scheitern.

Markus: ja, ist auch besser so, dann würde uns auch keiner mehr verstehen, also da ist alles in bester Ordnung, aber natürlich sehr cool. Oktoberfest-Tasting heißt dann einfach, die 6 Oktoberfestbiere im Vergleich?

Silvio: Nein, es heißt dazu, dass man natürlich das viel weiter fasst. Bei mir ist es dann eben auch so, dass eben auch der Steffen Marx mit seinem Bier vertreten ist, das ist ja ein werbefreier Podcast, also Giesing auf jeden Fall dabei ist, allein wegen dem Story-Telling und den Kampf, dass er aber auch irgendwann auf die Wies`n kommt, er ist ja jetzt schon Münchner Bier. Natürlich geht es dann noch ein bisschen weiter, so nach der Präferenz, Ayin, für mich einer mit der besten Festmärzen, die es dort in der Region gibt. Gibt aber eben auch ein Märzen aus Österreich, um mal zu zeigen, ist ja auch ein Märzen eben da drin. Und das passt, das ist auch vielleicht gleich der Übergang, es ist immer auch ein Saisonbier dabei aus Belgien, weil es eigentlich auch mit so einwirkt in diese Tradition der Ernte, Erntedankfeste rein kommt. Ja, Oktoberfest ist ja nicht nur dieses Oktoberfest, eine Wies`n, sondern das geht ja bis zur Kita hin, also haben wir eben auch nochmal diese Dankbarkeit für quasi ein fruchtbares Jahr, dass ja in so einem Fest einfach gipfelt und dazu die Idee.

Markus: Da bin ich dir jetzt auch sehr dankbar, dass du das sagst, weil das tatsächlich was ist, was die Leute immer wieder vergessen. Und ich freue mich, wenn ich es dann selber auch immer wieder den Leuten auch nahebringe, weil das Oktoberfest eben in dieser Tradition steht, dieser Erntedankfeste. Und für genau die waren ja diese alten Märzenbiere auch gemacht, dass man dann eben, bevor es dann wieder ans neue Bier geht, nochmal so richtig aus dem Vollem schöpfen kann, was die guten alten Biere angeht. Und, ja, das ist ja toll und wir reden über Bier und sollten natürlich auch eins trinken. Jetzt hast du dankenswerterweise deinen Keller so ein bisschen geplündert …

Silvio: Den Laden.

Markus: … und da stehen jetzt, ja, aber da vielleicht, na gut, wie auch immer, also die würde ich mir zum Teil auch eher in einem Keller vorstellen, aber vielleicht ja beides, egal, also jedenfalls geplündert und jetzt stehen die hier so vor uns rum, sind kleine Flaschen, großen Flaschen. Ja, was denkst du, womit wollen wir anfangen, was hast du dir so überlegt?

Silvio: Tja, was habe ich mir überlegt, ich denke mal, das sage ich hier mal so, ich habe was mitgebracht, was ich denke, was nicht alltäglich ist. Mit dem Bier, was ich mit dem Sebastian Sauer mache von Freigeist, das, denke ich, machen wir ganz zum Schluss, vielleicht auch in die Mitte. Und ich bin großer Belgien-Fan und warum sollen wir nicht einfach versuchen, einfach mal ein schönes Bier von Vapeur zu trinken. Und der Jean-Louis Dietz war so freundlich, beim letzten Besuch, den ich unten hatte mit Journalisten bei ihm, mir einen 99er-Jahrgang oder einen 96er-Jahrgang zu vermachen. Ja und den, sollten wir einfach mal in die Vollen gehen und nicht umgedreht, dass wir uns von unten nach oben steigern, sondern wir gehen einfach, hauen wir uns mal ein bisschen Geschmack aufs Mäulchen.

Markus: Das finde ich auch eine gute Herangehensweise, warum unten anfangen, wenn man auch oben einsteigen kann. Und, ja, da bin ich also schon sehr gespannt. Also wenn du des Amtes walten möchtest oder soll ich walten, wie hättest du es gerne?

Silvio: Nee, ich denke mal, für dich ist das ja auch mal eine schöne Sache. Ich habe ja zwei Flaschen mit, wir haben ja Gott sei Dank eine Vertikalverkostungsmöglichkeit. Dann würde ich sagen, da ich, glaube ich, einen Korkenzieher mitgebracht hab, weil ich das wusste, machst du vielleicht das 22er auf und ich mache das 96er auf.

Markus: Genau. Also einen Notkorkenzieher hätte ich auch, aber ich glaube, deiner ist besser.

Silvio: Ach, ob es besser ist, weiß ich ja nicht.

Markus: Doch, weil deiner hat die Weinoption und meiner ist eher so von einer Brauerei, der ist ein bisschen kleiner. Aber jetzt machen wir hier mal, ja, jetzt, so. Und da muss man den Hörern vielleicht noch sagen, einfach damit sie sich das ein bisschen vorstellen können, korrigier mich bitte, wenn ich was Falsches sage, aber Vapeur ist wahrscheinlich die letzte Brauerei auf der Welt, die noch mit einer Dampfmaschine arbeitet. Also ich selber habe mal eine Brauerei in Sachsen-Thüringen besucht, das ist aber schon 10 Jahre her, ich glaube, der hat mittlerweile aufgehört und es gab mal den Wurm in Pappenheim, der hatte auch noch eine gehabt. Ich glaube aber fast, dass die auch nicht mehr in Betrieb ist. Weitere weiß ich, es gibt, glaube ich, noch eine in Belgien, die ist aber auch vor Kurzem verkauft oder zumindest verändert worden, also insofern wahrscheinlich die letzte Brauerei. Und das heißt, man muss sich das so vorstellen, man hat einen Raum, in diesem Raum steht in der Mitte sozusagen der Sudkessel beziehungsweise auch gleichzeitig Läuterkessel in dem Fall und dahinter steht die Dampfmaschine. Also großes Schwungrad und dann kommt das Ganze eben in Schwung, wie man so schön sagt, dann über Transmissionsriemen wird die Energie übertragen und so läuft dann eben der ganze Laden unter Dampf, deswegen heißt es auch a Vapeur. Und, ja und der Jean Louis hat das Ganze mal übernommen vor 40 Jahren ungefähr, denke ich mal. Am Anfang war es ein Hobby, eigentlich ist er Lehrer und hat dann aber nach und nach, ja, Nebenerwerb ist das falsche Wort, einfach als Liebelei, das Ganze gemacht, geführt mit seiner Frau zusammen. Und, ja, jetzt habe ich lang genug geredet und die Flasche ist auf. Und, ja, aber so ist es und das ist einfach insgesamt ein unglaubliches Erlebnis, sowohl was den Laden angeht als auch was die Menschen angeht. Jetzt hören wir hier das Bier, danke schön. Und er macht eben ganz faszinierende Biere, perfekt, mit dieser uralten Anlage und hat auch ein ziemlich breites Portfolio sogar, was er so hat.

Silvio: Muss man einfach auch mal riechen, finde ich.

Markus: Ja. Und ich muss sagen, also ein Bier von 96 hatte ich schon ewig nicht mehr, wenn ich es überhaupt schon mal hatte. Also das Älteste, wo ich mich grad erinnere, war ein Bali-Wein von 99.

Silvio: Beim letzten Besuch hat er eins von 86 aufgemacht, Jean Louis, aus seinem ersten Batch.

Markus: Boah!

Silvio: War auch ein Erlebnis.

Markus: Vielen Dank.

Silvio: Santé oder Gesundheit, wenn man so schön in Belgien bliebe.

Markus: Ja. Also vielleicht kurz für die Hörer beschrieben, wir habe hier ein karamellfarbenes Bier, würde ich sagen. Der Schaum ist natürlich über die Jahre so ein bisschen verloren gegangen, es ist aber noch etwas Karbonisierung da auf jeden Fall. Es liegt auch ordentlich im Glas. Wir haben, glaube ich, so 12% rum oder?

Silvio: Ich schätze mal. Ich glaube, er hatte, glaube ich, 9,5 gestartet.

Markus: Ja, aber es geht ja dann weiter.

Silvio: Es geht ja weiter. Könnte so hinkommen, vermute ich mal.

Markus: Also auf jeden Fall eine zweistellige Zahl. Das sieht man auch schön, wie das hier so im Glas ein bisschen vor sich hin …

Silvio: Also um es mal in deinen Worten zu sagen, du würdest ja immer sagen, der Schaum steht wie eine Eins, hier kann man sagen, der Schaum steht wie eine null.

Markus: Wie eine null, ja, genau. Aber, nee, das ist ja auch nicht wichtig, also bei so einem Bier mit der Geschichte muss das auch nicht sein. Ja und in der Nase, da ist tatsächlich, da ist eine schöne Mischung da aus den Alterungsnoten, so Wein, natürlich Rosinen. Aber dann geht es auch so in so frischere Früchte, so erdbeerige Noten, finde ich. Ich weiß nicht, wie geht es dir so?

Silvio: Ja, so ein bisschen Erdbeere, da kann ich auf jeden Fall mit dir gehen. Ich habe es natürlich jetzt einfach, weil du zuerst gerochen hast und ich natürlich auch schon einmal es auch schon kenne. Aber natürlich, finde ich, hier hast du auch volle Lotte Cider-Noten drin.

Markus: Stimmt.

Silvio: Also ich finde, so richtig Cider-mäßig so, finde ich so. Und in dieser Dörrobstsensorik, die du grade schon mal ein bisschen beschrieben hast mit Rosine, kämpfe ich immer noch so ein bisschen mit hier so Apfel, so ein Dörrapfel, so ein bisschen was.

Markus: Diese Apfelringe, die so, ne.

Silvio: Ja, Apfelringe. Und ich kann eine gute Karamellnote, finde ich, ziemlich wahrnehmen. Und hinten nochmal so leicht was Gewürziges, so in Richtung Pfeffer, leicht.

Markus: Ja. Und ein bisschen Toffee vielleicht noch.

Silvio: Ja, so Toffee, genau.

Markus: Also auf jeden Fall vom Geruch her total faszinierend, das ist schon mal wunderschön. Dann trinken wir jetzt mal ein Schlückchen. Ja, also wenn man überlegt, dieses Bier ist 3 Jahre nach meinem Abitur gemacht worden, lang, lang ist es her. Hat sich besser gehalten als ich, muss ich sagen.

Silvio: Ja, es ist natürlich, hier kommt auch das, was wir eben so sagten mit dem Apfel, finde ich, ziemlich stark durch, auch mit der Säure. Ich würde vorschlagen und das ist jetzt mal das Erfahrungswissen, was ich jetzt Gott sei Dank mit dem Bier hab, wir vergessen das jetzt mal für 10 Minuten.

Markus: Lassen wir es mal ein bisschen stehen, ja.

Silvio: Weil, ich vermute oder ich denke, dass da vielleicht in 10 Minuten noch mit der Oxidation, noch einiges passieren wird.

Markus: Auf jeden Fall. Also was den Apfel angeht, bin ich übrigens komplett bei dir. Also der hat sich jetzt noch mehr entwickelt, finde ich und auch die Säure, sie ist da, aber sie ist nicht zu stark. Also ist eine schöne …

Silvio: Ich bin immer so am schwanken, ob es so wie in die Richtung Boskoop-Backapfel geht, so war ich jetzt so grade ein bisschen kämpfen, weil es keine Elstar-Säure ist, sondern eher so eine klassische Backapfelgeschichte.

Markus: Ja und man hat auch vom Boskoop diese dicke Schale, dieses Rustikale, das passt ja da irgendwie auch total ins Bild, ne.

Silvio: Aber wir haben eigentlich was vergessen dazu, ne.

Markus: Ja.

Silvio: Vielleicht müssen wir das leicht kontern mit einem schönen Foodpairing-Käse, die wir ja da haben.

Markus: Auf jeden Fall. Also das muss man dazu sagen, der liebe Silvio hat ja auch noch andere Sachen eingepackt, nämlich hier ein bisschen Käse. Also welchen, kannst du ja gleich noch selber sagen und ein Würstchen. Ja, was für Käse haben wir?

Silvio: Ich habe mitgebracht von Pastel den Abtei-Käse, also der alte, der bis zu 24 Monate gereift ist. Ich nenne ihn immer, um es ein bisschen einfacher zu machen für die Leute, den belgischen Parmesan. Werden wir gleich mal, damit sie merken warum, ich label mal und ohne was zu sagen. So und dann habe ich mitgebracht von Dupont den Moientte, der ist dann auch in dem Blonde von denen gewaschen, soweit ich es verstanden habe, drei Monate alt. Ich habe ihn jetzt noch von der letzten Reise, ist er jetzt vier Wochen da. Und ich habe was mitgebracht, damit wir schön in Bayern noch sind, ein schönen Kaminwurzen von einer schönen Landmetzgerei, schön dunkel geräuchert. Weil ich gesagt hab, wenn wir schon in Bamberg sind, dann muss das Ding auch Rauch haben.

Markus: Sehr gut.

Silvio: Ich muss mich da ja auch ein bisschen anpassen. Das war so die Idee, die ich dabei hab. Und du warst ja freundlicherweise sogar und hast einen Orval-Käse, glaube ich, mitgebracht.

Markus: Genau, noch den alten Orval, weil ich hab ja auch grade erst die Ecke so ein bisschen besucht und überall ein bisschen Käse eingepackt. Und, ja, da bin ich jetzt sehr gespannt, den können wir jetzt auch gleich noch dazulegen. Und, ja, wie machst du das normalerweise, wenn du mit Leuten so Bier und Käse machst?

Silvio: Bei mir gibt es kein Tasting ohne Käse, es gibt kein Tasting ohne Schokolade, sondern das ist bei mir mit in meinem Tasting-Programm drin, weil ich der Überzeugung bin, dass ein reines Bier-Tasting zu kurz gesprungen ist. Das ist so die Erfahrung, die ich gemacht habe und das ist die Erfahrung, die ich dann auch zurückgemeldet bekommen habe. Das ist einfach so, es gibt immer einen Abtei-Käse, es gibt immer auch was dazu. Wenn wir zum Oktoberfest gehen, gibt es natürlich eben auch einen Obazda und dann gibt es eben auch einen schönen Bergkäse oder Heumilchkäse, damit man eben auch dieses Bier einfach nochmal auf einen ganz anderen Level damit schieben darf. Damit die Leute auch sehen, dass Bier zugleich sein kann wie Wein. Wir wissen, es ist besser …

Markus: Ja!

Silvio: … aber wir müssen ja erst mal anfangen damit.

Markus: Das stimmt, ja.

Silvio: Das sind aber die Erfahrungen, die ich gemacht hab eben auch durch die Tasting-Formate, die ich in der Gastronomie dauerhaft führe. Das heißt, so einmal in der Woche bin ich in irgendeinem Gastronomiebetrieb und mache zum Beispiel Diner and Beer, gibt es ein Dreigangmenü und ich mache 6 abgestimmte Biere. Es gibt immer wieder ein neues Menü, es gibt natürlich auch immer wieder neue Biere oder Beef and Beer und dann ist wirklich 6 verschiedene Cuts und 6 verschiedene Biere dazu. Und dann gibt es eben noch zwei, drei andere Formate, die ich noch im Kopf habe, die grade im Entwickeln sind und so wie es ausschaut, im Oktober wird es dann vielleicht schon Fisch und Bier geben.

Markus: Das ist auch spannend.

Silvio: So, das sind sozusagen so Dinge. Und das ist, was ich so gemerkt hab, da holt man adere Leute ab auf einer anderen Ebene, weil sie eh entspannt sind und dann ist der Zugang sehr oft ruhiger, weil die wollen einen genussvollen Abend haben. Ich versuche immer sozusagen, ich bin bei der Gastronomie immer nur der I-Tüpfelchen-Macher, wenn der Koch, der eben das nahrungsmittelhandwerk ist. Das ist ja einer der Gründe, warum ich den Biersommelier gemacht habe oder auch du da auch ja aktiv bist, dieses Nahrungsmittelhandwerk, das müssen wir eigentlich wieder viel mehr in das Bewusstsein der Leute bringen, dass das auch Kunst ist. Das man wirklich sieht, dass ein Koch, ein Bäcker, ein Metzger, ein Brauer, und damit schließt sich wieder der Bogen, es verdient hat, wieder mehr gefeiert zu werden, mehr Zelebration und mehr Respekt dem gegenüber bringen. Und da schwingt natürlich eben die Nähe zu Belgien unglaublich rein, wo man sieht, dass das eben was ganz anderes ist, wieder eine andere Kultur ist, die Bierkultur sowieso, aber auch die gepaarte Essenskultur, die wir dort haben.

Markus: Glaubst du, dass das auch einer der Gründe ist, warum es bei dir dann entscheidend funktioniert? Also weil, wenn ich überlege, also es ist hier in Bamberg schon sehr schwer Leute zu motivieren, für einen vernünftigen Preis so ein Bier- und Käse, Bier- und Schokolade-Tasting zu besuchen oder ein Bierkulinarium, solche Dinge. Wir haben ja schon viel probiert und machen auch viel, in Nürnberg hatten wir mal eine Zeitlang was etabliert, das ist aber mittlerweile auch eingeschlafen, in München war es auch schwierig. Und viele Kollegen erzählen ja auch, dass sie das nicht umgesetzt bekommen, weil die Leute einfach nicht bereit sind, das entsprechend zu honorieren, also diesen Genuss dann eben auch so zu nehmen, wie er ist. Ich könnte mir vorstellen, bei dir in der Ecke ist das vielleicht ein bisschen anders durch die Nähe zum Genuss zu Belgien, zu Frankreich. Sind da die Leute vielleicht ein bisschen offener oder wie geht es dir da?

Silvio: Ich denke, das hat nicht nur was mit der Offenheit zu tun. Ihr habt grade hier in Bayern, ich sage jetzt mal, Franken mit Bayern, also das Bundesland Bayern, ihr habt eine so gute hohe Lebensmittelqualität in den Gastronomien, die danach schreit, eine richtige Bierbegleitung zu bekommen. Jetzt können wir heute langer drüber reden, Brauereibindung hin und her, ich denke, das ist einer der großen Faktoren, die wir da haben. Aus dem belgischen Kontext weiß ich zum Beispiel ist es so, dass du zwar eine Brauereibindung in dem Sinne hast, ich sage mal, du hast 5 Hähne, 4 werden von der Brauerei besetzt, aber der fünfte Schuss, den hat der Wirt frei und er kann bestimmen, was er daran macht und in seiner Bierkarte ist es vollkommen egal. Das wäre vielleicht auch ein Weg aufzuzeigen, diese Vielfalt rein zubekommen. Weil, manche Bierstile funktionieren zu manchen Essen einfach nicht, die da angeboten werden und dann ist der Wein dem wieder überlegen. Ist einfach so, ist die Erfahrung. Und, denke ich, wir müssen vielleicht umdrehen, vielleicht, ich bin nicht günstig, also ich sage mal, das Beef-and-Beer-Format, das geht bei 90 Euro los und endet bei 129 und es ist fast immer ausverkauft. Die Dinner-and-Beer-Geschichte liegt um die 80 Euro. Das ist jetzt auch schon mal erst mal ein Geld. Ich denke, vielleicht sollten wir es auch nicht so klein machen, sondern im Gegenteil, interessanter machen, das ist vielleicht einer der Wege. Ich bin immer so einer, der eher eine Philosophie hat, eher oben anzugreifen. Und 80 %, sage ich jetzt mal ganz böse, der Fernsehbiertrinker werden wir im Leben nicht erreichen. Aber die Leute, die sagen, ich trinke immer nur Wein oder ich trinke nur eine Destillation oder Spirituose, die gehen bei solchen Sachen unglaublich ab, kann ich so sagen, weil es für die eine ganz neue Genusserfahrung ist. Und die haben auch die Wertschätzung. Oder, andersrum sage ich immer, all meine Biere sind alle preiswert, sind alle den Preis wert. Und ich glaube, das ist so, wo wir vielleicht auch uns ein bisschen klein machen.

Markus: Absolut. Und wo ich auch finde, dass viele Kolleginnen und Kollegen vielleicht auch selber so ein bisschen dann davon ausgehen, dass sie es günstig machen müssen, weil sie denken, dass die Leute das sonst nicht wollen. Und ich glaube, das ist grade der falsche Ansatz, also es muss passen. Aber da können wir später noch reden, wir müssen uns, glaube ich, jetzt mal mit dem Käse beschäftigen und mit der Wurst und mit dem Bier und überhaupt. Womit fangen wir an?

Silvio: Auf was hast du Lust? Ich hätte da so einen Fingerzeig.

Markus: Die Lust ist völlig ungebrochen, aber du hast mich grade so ein bisschen gekriegt, als du gesagt hast, der belgische Parmesan, weil das klang jetzt wirklich ganz spannend. Ich nehme mir jetzt hier einfach mal so ein Stück.

Silvio: Ich habe ihn jetzt so gelabelt. Also das ist natürlich, Parmesan …

Markus: Da muss er jetzt durch.

Silvio: … Parmesan ist ja eine regionale Bezeichnung, die geschützt ist, muss man auch mal dazu sagen.

Markus: Aber es ist so, also ich rieche grade an diesem Käse und es ist tatsächlich sehr Parmesan-Like oder auch wie ein alter Gouda, also da kommt man so in diese Richtung, sehr schön. Schaut erst mal ein bisschen anders aus, ein bisschen heller, aber toll, auch fest. Probieren wir mal. Also ich bin bei dir, viel Umami, auch ein bisschen Karamell, ein schöner intensiver Käse. Ich hoffe, ihr hört uns jetzt nicht schmatzen.

Silvio: Das ist glücksseufzen, nicht schmatzen.

Markus: Dann greifen wir mal zu diesem alten Bier, das mittlerweile ja ein bisschen steht. Ja, sehr interessant, also weil, der Käse hebt die Säure fast auf und dann kommt auch wieder so ein bisschen Malzcharakter. Und dann kommt auch dieser Apfel wieder, aber witziger Weise dann eher wie so ein Apfelkompott, also mit ein bisschen Süße, mit ein bisschen Gewürzaromen, aber noch eindeutig als Apfel erkennbar, schön.

Silvio: Quasi wie so eine Apfel-Mousse, so könnte man das versuchen so zu umschreiben. Ich finde, es ist ein echt sehr toller Käse. Und der geht in meinen Tastings, ist der immer weit vorne. Wenn die Leute sagen, den, der ist einfach perfekt. Also es gibt Dinge, die sind einfach auch perfekt und das, finde ich, ist so. So wie es perfekte Biere gibt, gibt es auch perfekte Käse, um das einfach mal so zu sagen.

Markus: Absolut. Und ich finde, in der Kombination hier ist es auch schön, weil er einerseits wirklich Power hat, aber nicht zu viel, sodass das Bier trotzdem noch schön da drüber kommt, also dass die sich schön wieder vereinigen können. Und damit ist es eben möglich, dass es da ein Zusammenspiel gibt und das macht der sehr schön.

Silvio: Ich finde auch, dieses Pfeffer und Salz kommt ganz gut jetzt dazu. Dieses Salz von dem Käse und dieses Pfeffrige, was wir jetzt eben auch haben, das Chochonne ist ja auch noch mit Pfeffer verbraut und da merkt man doch auch, dass da so diese leichte Pfeffernote doch noch sehr gut andocken kann. Ich vermute, mit dem Jungen wird es noch ein etwas anderes Erlebnis sein, dass du dann eben hast.

Markus: Tut mir leid, ich hatte jetzt nur drei Gläser dabei.

Silvio: Ja, ich kann ja schnell austrinken und dann auffüllen.

Markus: Oder so, genau. Oh ja, das stimmt. Also wir haben auch das junge Cochonne jetzt hier, das natürlich noch ein bisschen mehr Biercharakter hat. Und da, muss ich sagen, da kommen mit dem Käse diese Gewürznoten total schön rüber und es wird auch floral, es wird auch Honig. Also ein sehr, sehr dichte Spanne, eine langanhaltende Aromatik, schön.

Silvio: Und wir sind wieder, für mich einer der schönste Bierstile, die die Belgier bieten können, ich sage immer, der große wallonische Bierstil ist Saison.

Markus: Saison, ja.

Silvio: Also für mich eins der exzellenten Speisebegleitungsbiere, die wir in dem Repertoire haben. Es ist immer in den Dreigangmenüs, ist immer ein Saison dabei, weil es einfach passt, also wenn es da irgendwas Fischiges gibt oder eben das Schweinefleisch, das Bier schiebt das immer dahin. Dieser Weißweincharakter, dass das auch immer bietet, finde ich immer einfach toll.

Markus: Also dass ist ein unglaublich komplexer Bierstil, ja, der eben an so vielen Seiten andockt. Also einerseits mit diesen ganzen Hefearomen, dann aber trotzdem auch mit einer ordentlichen Hopfengabe und einem schönen Malzkörper, also da ist alles so ein bisschen dabei. Und dann hat man halt noch die Saison-Varianten, wo da mit Gewürzen, mit Kräutern gearbeitet wird und das ist dann natürlich insgesamt echt ein ganz, ja, komplexer spannender Bierstil. Du greifst zur Kaminwurz.

Silvio: Ja, ich muss jetzt mal, weil ich denke, jetzt versuchen wir mal, ob das Saison da mitmacht.

Markus: Ha, Raucharoma, wunderbar.

Silvio: Auch ein Gedicht.

Markus: Die beiden können echt gut miteinander.

Silvio: Ja, das ist bei mir dann auch oft so, dass ich eben, wenn ich Nachhause gehe zu den Leuten, ich nennen das immer Tasting at Home oder sowas, wo ich dann immer sage, ich bringe immer Käse mit, ich bringe auch immer Schokolade mit und sie sagen mir, was sie kochen und ich bringe ihnen die passenden Biere dazu mit. Das ist also immer eine Überraschung. Die sagen, es gibt das, das und das, heute werden wir grillen, heute gibt es Auflauf, heute gibt es Fisch, sagen die, heute gibt es Zander, habe ich auch schon gehabt und dann versuche ich immer dann eben aus dem Repertoire, und da ist einer der Vorteile eben, dass ich dann eben über das Sortiment verfüge, ich der Meinung bin, dass ich das richtige Bier dazu finden kann.

Markus: Ja und man hat auch gleich automatisch das richtige Mitbringsel sozusagen und dann noch diesen Effekt, dass man sagt, ich bringe da was mit und das macht alles zusammen nochmal besser.

Silvio: Ja, ich denke schon, kann man so sagen, ja.

Markus: Und ich muss sagen, also jetzt grade bei dieser Kombination, damit wir das auch ein bisschen erklären, wir haben diese Kaminwurz, die an sich vor allem rauchig ist und dann relativ fett rüber kommt und, ja, dann kommen auch ein bisschen Gewürze, aber das ist nicht so ganz rund. Mit dem Bier wird das aber rund, da geht der Rauch ein bisschen zurück, das Fett reduziert sich auch so ein bisschen. Auf einmal kommt dann tatsächlich auch der Malzkörper von dem Bier und ersetzt vielleicht so ein bisschen das Brot, das wir jetzt nicht zur Wurst haben, dadurch wird es auch ein bisschen runder. Und ist dann auch, also wenn ich jetzt so die Wurst nehmen würde, dann könnte ich zwei, drei Bissen nehmen und dann wäre ich damit auch durch, aber in der Kombination mit dem Bier, kann man dann auch die ganze Wurst essen, also insofern …

Silvio: Hast du es mit dem Jungen auch mal probiert?

Markus: Noch nicht.

Silvio: Okay.

Markus: Aber, wir können uns ja steigern, kein Problem.

Silvio: Ach, um Gottes Willen, so habe ich das nicht gemeint.

Markus: Schauen wir mal. Also da, finde ich, kommen diese Weinnoten sehr viel intensiver, das wird richtig nobel. Und von der Wurst kommen die Gewürze mehr rüber und auch dieser pure Fleischgeschmack.

Silvio: Dieses Umami auch, genau.

Markus: Ja, dieses Umami-mäßige, das kommt richtig schön rüber.

Silvio: Und wird dann eingefangen von dieser Säure, die das Bier hat, das finde ich immer einfach so ein tolles Erlebnis. Ich habe das so beim Steak and Beer, also beim Beef and Beer ist es so, gibt es da immer eine Sache, manchmal bringe ich es dann mit von Facet, Cameransky, dieses Balamico, dieses de Cüvee, ein Old Flemish Brown, ein Imperial Stout und dann eben volle Lotte Balsamico-Note, Schokolade. Und wenn du da dann so ein Dry Aged Steak dagegensetzt dann, also ich lasse die Leute immer erst was trinken, ohne das Fleisch. Und dann kommen natürlich die Leute, die das Sauerbier nicht gewöhnt sind, die schönsten Kommentare, wie kann man sowas trinken? Das kann man doch keinem Esels ins Ohr kippen, also sage das mal so. Und dann sage ich, abwarten, das ist extra jetzt mal ein Säureschock für euch und jetzt, komm, esst mal das Stück Fleisch dazu. Und dann passiert so ähnlich das, was du grade beschrieben hast, genau mit diesen Dingen auch, nur dass dann da so eine Karamell-Butter-Toffee-Note reinzieht und das Fleisch dann schon so eben auch weich ist und die Leute meinen, sie haben ein Fudge, also ein Meat-Fudge im Mund. Und das ist eigentlich immer einer der schönen Überraschungsmomente in so einem Tasting. Warum das eigentlich auch mein Antrieb ist, den Leuten mal solche Geschmackserlebnisse für sich zu kreieren, das ist so die Idee, die dahintersteckt.

Markus: Ja, also ich glaube, das ist auch das, wo ich ja versuche oder was ich versuche, unseren Absolventinnen immer mitzugeben und Absolventen, dass es ja eigentlich drum geht, die Leute überhaupt wieder da hinzuführen, dass sie das, was sie zu sich nehmen, bewusster zu sich nehmen. Das ich bewusster trinke, bewusste esse, also in dem Sinne von, dass ich mal wirklich schaue, schmeckt das denn jetzt nach was? Und das fängt halt mit den einfachen Sachen an, mit dem Gemüse, mit dem Obst, was man überhaupt erst mal wieder lernen muss, richtig zu genießen, die Aromen wirklich zu erfassen und geht dann eben weiter mit zum Beispiel Fleisch. Wo ich jetzt sagen muss, dieses normale 08-15-Fleisch, was ich irgendwoher bekomme, das hat ja eigentlich gar keinen Geschmack. Das kriege ich dann irgendwie hin durch das Braten, durch das Würzen, durch das Marinieren, irgendwie, aber per se ist da nicht viel. Und das lernt man dann auch nochmal anders zu beurteilen, wenn man sich in dieser Genusswelt bewegt und hat dann natürlich auch eine andere Wertschätzung zum Beispiel auch für solche Produkte. Und das ist natürlich schon, ja, macht Spaß. Es verändert einen auch. Also hat das dein Leben auch verändert, dich damit zu beschäftigen?

Silvio: Ja, definitiv. Also es hat mich bereichert, es hat bereichert. Ich versuche es einfach mal so zu erklären, vor der Ausbildung konnte ich mit einem Stout gar nichts anfangen. Ich bin kein Kaffeetrinker, also war ein Teil der Welt für mich noch nicht eröffnet. Und da durch die Ausbildung ist es eben auch so gekommen, dass ich heute ein Stout sehr schätze, sehr liebe. Ich bin immer noch kein Kaffeetrinker, weil es ein Heißgetränk ist, ich bin eher so ein Mensch, der lieber kalt trinkt. Bei uns gibt es Zuhause tatsächlich immer zum Kuchen auch Bier, das kann vom Doppelbock angefangen sein, über ein Stout sein, das gibt es auch. Und das ist eben auch eine Sache, die man auch kultivieren kann. Natürlich ist das eben auch eine Möglichkeit aufzuzeigen, was möglich ist. Und was ich interessant fand, du hast eben dieses Fleisch ja nochmal genannt, als Blaupause, das können wir ja auch auf unser Bier teilweise runter brechen, das können wir auf das Brot runter brechen, es war wie eine Blaupause, die du grade gesagt hast, dieses Bewusstwerden. Und interessant ist es immer bei dieser Beef-and-Beer-Konstellation, die diskutieren nicht mit dir darüber, ist das Fleisch zu teuer. Nein, das finden die total geil. Also ein Wagyu, finde ich, da gehen die und zahlen dann eben für das Kilo 90 Euro. Und wenn es dann ums Bier geht, da fangen wir schon an. Und das ist eben so ein Bewusstsein, wo man anfangen muss, da zu steuern. Und da würde sich für mich auch der Bogen aschließen auf die erste Frage, die du gestellt hast davor, wie schaffen wir es, die Leute abzuholen oder wie funktioniert das oder warum kann es funktionieren? Es ist so, in das eine Restaurant bin ich einfach auch nur gekommen, ich habe die Leute eingeladen, habe gesagt, komm, bringt mal was zu Essen mit, machen wir mal ein Arbeits-Tasting. Dann waren vier Köche da, die haben gedacht, heute gibt es Eifler Pils, um es jetzt mal so zu sagen.

Markus: Lecker Bierschen.

Silvio: Lecker Bierschen, volumentrinken. Ja, das war aber dann nicht so, sondern es war anders. Ich habe es dann gezeigt und das fanden sie sehr gut. Und dann waren zwei dabei, die gesagt haben, das ist genau das, was ich auch meinen Leuten mal anbieten will, meinen Gästen und so ist es gegangen, nur so. Wenn du keinen hast, der in der Gastronomie dafür offen ist, dann können wir 17-mal gegen die Tür rennen, ein achtzehntes Mal eine blutige Nase holen, das Bewusstsein ist teilweise einfach nicht da. Und das zu schaffen, ist, glaube ich, eine der wichtigsten Aufgaben, die wir vielleicht als Sommelier, Biersommelier und Sommeliere machen. Es ist wichtig auch zu gucken, was ein Brauer macht, es ist auch wichtig vielleicht auch zu brauen, da sind ja auch viele, die die Motivation haben, ein vernünftiges, gutes, richtiges Bier zu machen. Aber da habe ich immer, meine Einstellung ist so, ich weiß wie es geht, aber ich weiß, wer es wesentlich besser macht.

Markus: Da sind wir auf einer Linie.

Silvio: Und gebt mir das Bier, wenn es gut ist, ich zeige dir, wie wir es verkaufen. Das ist dann wieder so eine Sache, die ich machen kann. Das macht eben die lange, lange Vertriebserfahrung, die ich vorher hatte, eben ein Produkt so interessant zu gestalten, dass es vielleicht dann einen Nutzen bringt, um es jetzt marketingmäßig aufzuzeigen.

Markus: Ja und das vielleicht auch mal so als Tipp an alle Kolleginnen und Kollegen, die da zuhören, weil das ist echt ein Punkt. Das haben wir von Anfang an gemacht, also die BierAkademie gibt es jetzt seit 10 Jahren und mit so Veranstaltungen haben wir schon vorher angefangen. Und es gibt ja einfach sowohl die Locations, wo man dann ist, also wo man sein Tasting macht oder mit denen man ein Menü macht oder solche Dinge, als auch die Leute, die zum Beispiel die Karten für unsere Veranstaltungen verkaufen, also unser Tourismusservice zum Beispiel hier in Bamberg, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die müssen ja die Tickets verkaufen. Und am Anfang war das tatsächlich ein Thema, weil die haben dann einfach gesagt, warum soll ich eine Karte für 99 Euro verkaufen für eine Biertour? Da verkaufe ich ja eine komplette Führung für die ganze Gruppe für 99 Euro mit dem Kasperletheater oder so. Und dann haben wir gesagt, okay, dann machen wir es mal so, wir laden euch einfach alle ein, und haben dann wirklich die gesamte Belegschaft in drei Gruppen zum Biermenü eingeladen, zum Bierseminar eingeladen, zur Biertour eingeladen. Und das Gleiche machen wir auch mit den Gastronomen, mit denen wir zusammenarbeiten und machen dann einfach mal diese Reise durch die Bierwelt und auch, je nachdem, wenn es Gastronomen sind, dann auch mit dem, was sie haben und was sie so tun. Und das ist dann immer so ein Augenöffner und dann lernen die Leute das auch zu schätzen, kommen weg von diesem Preisdenken und sind dann mit dieser Begeisterung erfüllt, mit dem sie dann später ihre Kunden beraten. Und das ist dann, ist diese Schwelle weg. Weil vorher haben die einfach ihren Kunden im Tourismusservice zum Beispiel, die haben denen nix angeboten, was mehr als 30 Euro gekostet hat, einfach weil sie selber gesagt haben, das würde ich nie machen, wenn ich irgendwo bin, also verkaufe ich das auch niemanden. Und damit waren unsere Tickets immer Ladenhüter. Und bis zu dem Zeitpunkt, wo wir das dann durchlaufen haben, das war schon ziemlich bald und seitdem läuft das und mit Gastronomien ist es genauso. Und grade die Köche sind ein guter Punkt. Weil ein guter Koch, dem drückst du so ein fassgelagertes Imperial Stout einfach in die Hand und dann probiert der und dann ist der erst mal weg. Und dann kommt er wieder und dann hat er sich was ausgedacht mit einem Nachtisch, mit einem Stück Fleisch, mit irgendwas und fängt an zu spinnen, zu experimentieren und hat richtig Lust und gefallen da dran. Und dann hat man ihn angezündet und dann ist gut, dann kann man mit dem auch weiterarbeiten und das ist, glaube ich, wichtig.

Silvio: Aber da fehlt noch ein Schritt. Da musst du den Kellner davon überzeugen, was das ist und da geht es dann weiter. Also die Beratung, die ich dann eben auch dort mache, ich habe eine Bierkarte installiert. Ich sage mal, in dem Restaurant in Aachen Hattblot, also Herzblut heißt das, der macht ein bisschen cross over, ein bisschen Aachener Küche, aber wesentlich moderner interpretiert. Beispiel, er macht einen Sauerbraten vom Seeteufel mit dieser klassischen Printensoße, die wir haben und dann mit Tanduri. Und dann einfach mal zu zeigen, oder auch ein gutes Crumble, eben was anderes und dann kann man eben auch andocken. Dort haben wir eben auch eine Bierkarte installiert, die auch sehr gut funktioniert. Die Bedienungen habe ich dann auch nochmal geschult zu sagen, was es ist, aber sie haben es dann eben auch selber probieren können und ich glaube, das ist genau der Weg. Ich sage auch, wir sind sowas wie Moderatoren so, ist es so. Natürlich müssen wir für uns immer aufpassen, dass wir nicht immer direkt in Bewertungsschemata gehen, wo ist vielleicht der Bierfehler oder warum, das interessiert den Kellner oder den Gast nicht, da geht es her reduziert auf das Genusserlebnis, so ist das, was aus der Arbeit ist. Und bei mir ist es im Laden dann eben auch oft so, viele Leute haben, ich sage da immer so ein bisschen wie das Jack Weindepot. Die kommen dann bei mir und sagen, heute koche ich das, was für ein Bier darf ich haben, was empfehlen Sie? Das ist eigentlich vielleicht der Weg, wo wir hingehen. Natürlich habe ich auch hopfenbetonte Biere im Programm und einiges an Craft Beer, aber ich habe ja mal so gesagt, ich hänge zwischen der Unistadt Aachen und zum Tor der Eifel, also wo ein ganz anderes Essempfinden ist oder wo ganz anders gegessen wird. Und das spiegelt sich dann eben auch in meinen Tastings wieder und in der Stadt ist es was ganz anderes, weil wenn ich eben aufs Land gehe. Und das ist aber sehr interessant, beides gleich. Also es geht gar nicht darum, dass das eine besser oder schlechter ist, es ist anders. Und darüber muss man sich auch Gedanken machen, dass es einfach anders ist und da überlegt, eine andere Zielansprache auch zu machen. Also ich habe das Bamberger Schlenkerla und Spezial auch erst hier verstanden, wie ich in Schlüsselfeld war und dann David Hertel mir gesagt hat, ich brauche noch eine Stunde, ich dann mal in die Metzgerei in Schlüsselfeld reingefahren bin und denke, ich habe jetzt mal Hunger auf eine Leberwurst und auf, ich glaube, eine Mettwurst. Und ich beiße da rein und denke, woah, das ist ja genau Schlenkerla. Also so habe ich es dann verstanden, so habe ich verstanden, dass die Regionalität, wie gegessen wird, das auch sehr viel mit dem Bier oder auch mit dem Getränk, was vorherrscht, an Vorliebe da ist. Und das war für mich irgendwie so ein Augenöffner, zu sehen, aha, man muss das vielleicht auch mal in so einem regionalen Kontext tun. Ich sage mal, ich bin ja in Aachen geboren, dann mit dem 10. Lebensjahr nach Köln gekommen, bin 38 Jahre Kölsch-sozialisiert gewesen, also jetzt nicht nur der Sprache, die ich auch kann, sondern eben auch des Bierstiles, aber auch immer belgische Biere getrunken, aber irgendwann war Kölsch mir dann einfach mal zu wenig, um es jetzt mal positiv zu formulieren. Aber wenn man natürlich so sieht, wenn man in Köln ist, ein halber Hahn und Kölsch passt, Punkt.

Markus: Absolut.

Silvio: Das Röggelchen brauchst du dafür, am einfachen profanen Beispiel ist es so oder ich sage mal, ein Dortmunder Export und eine Currywurst, Puff, Traumkombination, ne.

Markus: Auch Himmel und Erd, finde ich, mit dem richtigen Kölsch ist das eine geile Kombination, also passt alles zusammen. Und jetzt muss man erst mal ein Bier finden, dass die ganzen Komponenten zusammenbringt und abholt. Also das ist für mich auch ein ganz wichtiger Punkt, bevor wir gleich da noch ein bisschen mit der Kulinarik weitermachen.

Silvio: Auf jeden Fall.

Markus: Das ist ja fast gemein, wir sitzen hier davor und kriegen nix. Aber ich finde das wirklich so einen ganz wichtigen Punkt, was ich auch den Leuten immer wieder sage, man muss reisen. Also man muss Bierkulturen vor Ort erleben, man muss dann auch vor Ort die Gastronomie und zwar die bodenständige. Macht ja keinen Sinn, wenn ich überall zu McDonalds gehe oder high end, irgendwas oder so, sondern wirklich schauen, was ist denn das, worauf das alles basiert? Und dann lernt man sowohl die Kultur, was die Menschen angeht, als auch die Kultur, was eben die Speisen, die Getränke, das Bier angeht, kennen und kann das dann auch anders einschätzen und kann es auch anders vermitteln. Und das in der Kombination ist dann natürlich cool. So, wir haben noch einen Käse und noch ein Bier und überhaupt, wie machen wir jetzt weiter?

Silvio: Was begehrt das Herz, sage ich immer. Also ich würde ja zum Beispiel sowas, war jetzt so ein kleines Wortspiel. Wir haben hier ja noch was von der Heilig Hart Brewery, kleine Brauerei ja in Belgien, die du ja vielleicht auch schon kennst oder noch nicht kennst.

Markus: Da war ich noch nicht, ja.

Silvio: Ja, aber sie haben eine Cuvée gemacht und ich fand einfach mal interessant, zur Hälfte also Oak Aged und das andere Ding in eine Amphore reingetan. Also aus Georgien die Amphore kommen lassen, das zu machen und dann noch mit griechischen Joghurt.

Markus: Das fand ich krass, ja.

Silvio: Diese Kombination, überhaupt mal sowas zu machen, diesen Mut aufzubringen oder Mut, einfach mal was anderes zu machen. Und habe gedacht, vielleicht ist das ja einfach auch mal sowas, wo wir jetzt noch haben, wo wir eben alkoholisch jetzt noch nicht direkt, haben wir so ein kleines Aperitifbier mit 4,5%.

Markus: Och, das ist ja ganz geschmeidig.

Silvio: Denke ich mal, wäre vielleicht eine schöne Sache.

Markus: Ich hole mal schnell ein bisschen Wasser, dass wir die Gläser ausspülen können, genau. Ja, da holst du mich in ganz vielerlei Hinsicht ab. Also ich finde sowohl diese Geschichte mit den Amphoren aus Georgien total spannend, weil da kommt ja eigentlich der Weinbau her.

Silvio: Auch das Bier mittlerweile, sagt man.

Markus: Auch das Bier vielleicht, also man weiß es nicht, zumindest haben da die Hefeforscher schon sehr interessante Hefestämme auch gefunden, sagen wir mal so. Und, ja, allein, diese Genese dieser Amphoren, wie die hergestellt werden, wie die transportiert werden. Also, liebe Hörer, zieht euch das mal rein, da gibt es YouTube-Videos dazu, das ist total krass. Und sowas dann überhaupt mal nach Mitteleuropa zu holen, finde ich total spannend und das dann zu nutzen. Und dann finde ich auch den griechischen Joghurt, das ist etwas, was ich schon immer eigentlich sehr gerne mag, am liebsten mit viel Honig und Walnüssen. Finde ich ein tolles Aroma, was mir viel besser schmeckt als unser klassischer Honig, muss ich sagen. Und dann eben noch so eine Holznummer mit ein bisschen Barrel Aged, also ich finde, im Kopf passt das bei mir schon ganz interessant zusammen. Wobei ich mir immer überlege, wie kriegt man diesen Joghurt da irgendwie rein, also da, ja, bin ich mal gespannt.

Silvio: Wo das Bier lactotisch wird.

Markus: Ja. Also was macht der dann, weißt du, wann der dazu gekommen ist?

Silvio: Da müsste ich jetzt lügen und bevor ich irgendwie Halbwissen, sage ich nichts. Mich hat das Story-Telling erst mal angefixt, ich kannte bis jetzt nur Amphoren-gereiftes Bier auch von Stiegl. Und ich denke, das ist vielleicht auch mal wieder eine andere Spielwiese, um einfach auch mal eine Verbindung herzustellen. Ich finde immer, es gibt so Biere, da gehört das Saison dazu, ein Lambic dazu, die beides so verbindet. Und dann, mich langweilt es immer, diese Geschichte Bier versus Wein, ich finde es langweilig. Ich versuche immer zu sagen, zugleich, das ist eigentlich vielleicht so das Entscheidende. Oder man sagt immer, jeder Jeck ist anders, sagt man da bei uns so.

Markus: Ja. Prost.

Silvio: Prost.

Markus: Also hier auch nochmal für euch, liebe Hörer, von der Farbe her ist es gar nicht so weit weg von unserem Cochonne-Saison, was wir grade hatten. Also wir sind wieder bei so einem dunkel Karamell irgendwie, schöner Braunton. Dieses Mal aber mit Schaum, also zumindest ein bisschen und der ist auch schön getönt, also passt hier auch wunderbar. Ist wieder schön im Glas, man merkt, dass es ein bisschen leichter ist. Ja und dann, ah ja, von der Nase her, erst mal geht es wie ein klassisches Barrel Aged Beer los, würde ich sagen so, was erst mal obendrüber liegt. Das heißt, da haben wir dann die Holznoten, wir haben so eben Karamell, es geht auch schon wieder so in Trockenfürchte über. Aber ich finde, wenn man dann genau reinriecht, kommt dann tatsächlich schon sowas Lactisches irgendwie rüber.

Silvio: So ein bisschen Brett auch, finde ich, so ein bisschen, so eine leichte Brett-Note.

Markus: Also da wird es dann auf einmal komplex und kriegt so einen Unterbau. Also bin ich mal gespannt, dann lass uns mal probieren. Wobei die natürlich sehr gerne immer ergänzen kannst.

Silvio: Gerne, aber ich bin immer so begeistert von deinen Beschreibungen da, was soll ich da wiederholen. Ich finde die Rezens auch sehr schön. Die hat so prickelnd, so Lambrusco-prickelnd eher, um das mal so, hat sowas Lambrusco-mäßiges.

Markus: Ganz genau, das hatte ich jetzt auch im Kopf, Lambrusco, genau diese …

Silvio: Und jetzt, finde ich hier, hast du hier auch, die ersten Nussnoten kommen so leicht raus. So ein bisschen, ich schwanke, ob das so Pekannuss oder Richtung Macadamia, so bin ich so am schwanken so oder ob es vielleicht doch schon ein bisschen walnussig ist. Also bin so bei grüner Walnuss irgendwo hängengeblieben im Köpfchen.

Markus: Ich auch. Das ist natürlich immer so die Frage, Henne oder Ei. Weil ich jetzt habe ich ja eben unvorsichtiger Weise schon von dem Joghurt und den Walnüssen gesprochen, die sind da natürlich irgendwo vielleicht da in den Gehirnwindungen drin. Aber ich bin völlig bei dir, also wir haben auf jeden Fall Nussnoten, Pekannuss, Walnuss kommt mir da auch schön. Wir haben eine leichte Säure, aber die ist auch völlig okay, die komplementiert das Bier sehr schön. Und es kommen dann eben diese cremigen Noten, also irgendwo ist dieser Joghurt tatsächlich da und der passt eben auch mit diesen nussigen Noten wunderbar zusammen.

Silvio: Und bei dem Bier ist es wirklich wichtig, die Temperatur. Ich habe es beim allerersten Mal gehabt, da haben wir es bei 10 Grad gemacht, da ist es gecasht, woff hat es gemacht, die Hefe hat gesagt, gibt mir Luft. Jetzt haben wir ja so auf die 6 Grad, schätze ich mal und dadurch ist das wirklich sehr, auch jetzt vom Geschmackserlebens im Mund, sehr schön. Also es hat eine leichte Cremigkeit finde ich auch, so leicht ein bisschen cremig. Und du hast ja immer so gesagt, dieses Mindsetting des griechischen Joghurt, man bildet auch so ein,  ein bisschen da so eine Kühle von so einem Joghurt so im Mund zu haben so.

Markus: Stimmt, ja.

Silvio: Also das so wieder Punkte vom Mindsetting.

Markus: Und was ich auch cool finde, es ist so ein Aroma, was bleibt. Also du fängst an zu trinken, dann ist dieser Eindruck da in seiner Komplexität, aber der bleibt dann relativ lange genau so, also verändert sich gar nicht so sehr, aber ist eben sehr dicht. Also das geht bis in so Apfelaromen auch wieder rüber, hat dieses Säuerespiel schön, dann kommt dieses leicht Laktische hinten raus. Und auch der Abgang ist ein schönes Spiel. Also die Säure ist sehr zurück, eine leichte Bittere auch dabei und dann kommt fast, fast so ein bisschen auch ein Honigcharakter. Also es ist wirklich ein…

Silvio: Es schwankt so zwischen so einem Lambic und so ein Oud Bruin so ein bisschen, finde ich so.

Markus: Stimmt, ja.

Silvio: Hat sowas, so ein bisschen kommt mir das vor. Aber dafür, sagen wir mal, müssen wir jetzt einfach mal den Käse da mit …

Markus: Genau, machen wir hier mal Moinette, schauen wir mal.

Silvio: Schöner Reifegrad, schön Karamell, finde ich, auch drin.

Markus: Also das Tolle ist schon jetzt, wir hatten ja das Bier grade im Mund und wenn man das schon hatte, ist ja immer noch so ein bisschen was da. Und wenn man dann den Käse dazu nimmt, ist selbst das schon ein Erlebnis, wie selbst diese Bierreste sozusagen auf der Zunge mit diesem Käse spielen, den sehr rund abholen. Und hinten raus ist er dann so, wie er sein soll wahrscheinlich ursprünglich, aber vorher war er schon sehr karamellig auch, sehr voll, sehr gut. Jetzt muss ich es mal mit Bier noch mehr probieren.

Silvio: Ja, auf jeden Fall.

Markus: Wie geht es dir?

Silvio: Ja, ich finde, jetzt kommt der Joghurt irgendwie ein bisschen zum Tragen, der Käse wird so ein bisschen frischer, also er hat diesen kleinen Frische-Twist oder so einen kleinen Frischetick bekommen. Und da wahrscheinlich natürlich auch durch die Kohlensäure, löst sich das auf, finde ich ganz gut. Ich bin mal gespannt, was mein heißgeliebter Postel mit dem Bier veranstaltet.

Markus: Wir müssen noch den Orval aufmachen bei Gelegenheit, das müssen wir auch noch machen.

Silvio: Das werden wir tun. Finde ich persönlich den Moinette besser. Aber ist auch mal gut, mal immer so ein Gegenbeispiel mal zu machen.

Markus: Wobei ich sagen muss, es ist ja nicht schlecht, im Sinne von schlecht, es ist anders, man hat den Eindruck, dass der Käse selbstbewusster bleibt, das Bier geht ein bisschen zurück. Der Käse wird immer intensiver, geht in eine Richtung von so einem richtig alten Gouda, das hatte er vorher nicht. Kriegt noch mehr Umami, noch mehr Karamell und das Bier ist dann halt einfach weg, das verschwindet dann so.

Silvio: Ja, wie verdunstet.

Markus: Was aber auch nicht schlecht ist. Also es verändert sich auf jeden Fall was, sie wirken miteinander, aber mit dem Moinette ist es eher so ein Spiel auf Augenhöhe, hier ist es so, der Käse ist der King.

Silvio: Es ist kein Pairing in dem, also ist keine Partnerschaft, in dem Sinne, sondern hier geht es eher unter, um es mal so zu sagen. Kann ich gerne mit dir, also gehe ich auf jeden Fall mit dir. Aber im Prinzip ist das schon wieder total schön und das ist das, was ich auch in meinen Tastings immer habe, wir diskutieren jetzt über Käse und Bier und wie unterschiedlich das sein kann. Und auch hier mit den beiden Vapeurs, ich sage immer dann, ich mache oft Vertikalverkostung, weil die Erfahrung, die ich gemacht hab, eine Vertikalverkostung erklärt über unser Produkt Bier unglaublich viel und danach musst du gar nicht mehr viel erzählen. Diese Genusswelten, die Leute damit erlebt haben für sich, steht alleine, das ist wie so ein Alleinstellungsmerkmal. Und das ist eben auch hier, haben wir es ja eben auch gemerkt, wie unterschiedlich das ist, dass man nicht dasselbe halt trinkt, sondern das Gleiche. Ich finde das immer sehr schön erklärend dafür, ja.

Markus: Stimmt. Und das ist auch bei deutschen Kunden immer erst mal ein bisschen schwierig, weil wir uns ja wirklich, also grade, alle sind ja so MHD-geeicht und so und können das überhaupt nicht verstehen, dass diese zeitliche Dimension auch was Gutes haben kann. Weil selbst bei Käse ist das so, wenn das MHD bei uns abgelaufen ist, fängt es woanders erst an, dass es spannend wird. Und mir ist das zum ersten Mal so aufgefallen, als ich in England war und da dann einen Wettbewerb hatte, wo wir Real Ale verkostet haben. Und da war praktisch als dritte Komponente, also neben dem normalen Bierthema und so weiter, war dann einfach auch, was ist das jetzt für ein Fass? Also ist das frisch angestochen, steht es schon ein bisschen, sind wir eher am Ende? Und aus dem musste man sich auch so ein bisschen überlegen, okay, wenn das jetzt schon länger angestochen ist, dann hat natürlich was stattgefunden, hat sich das Bier verändert. Dann muss ich trotzdem im Kopf das mit einbeziehen gegen ein anderes, was vielleicht frisch vom Fass ist, wo diese Veränderungen noch nicht stattgefunden haben. Und dann beginnt man in dieser Dimension Zeit auch ein bisschen zu denken. Und da, finde ich, ist bei diesen Vertikalverkostungen natürlich ganz besonders spannend, grade wenn du über so viele Jahre gehen kannst, weil man dann einfach merkt, wie natürlich, sagen wir mal, jetzt bei einem banalen Bockbier, in Anführungsstrichen banal, wen wir da ein Frisches haben, okay, dann haben wir halt Schokolade, Kaffee, diese typischen schönen wunderbaren Aromen von so einem dunklen Doppelbock. Und wenn wir dann das Ganze ein bisschen in die zeitliche Dimenssion ziehen, dann kommt halt erst vielleicht ein bisschen Apfel, dann kommen diese Kirschen, dann kommen so die Rosinen, es wird immer intensiver, bis es dann irgendwann fast schon umkippt. Und dann pendelt es sich wieder ein und ist dann nach 10 Jahren so ein ganz schönes geschmeidiges spannende Getränk, das dann irgendwann auch mal seine Geschichte erledigt hat, aber das einfach ist eine tolle Geschichte. Und Bier denken Leute so normalerweise nicht.

Silvio: Und vor allen Dingen, ich sage mal, ich finde ja unser Bock oder Doppelbock, das ist für mich der beste deutsche Bierstil, den wir haben.

Markus: Ja.

Silvio: Die ganze Welt macht den nach, wenn du in Spanien bist, diese Reserva-Linie versucht ein Bock zu machen. Und wir haben nichts Eiligeres zu tun, den über den Supermarkt zu vertischen. Also das tut mir dann immer in der Seele wirklich weh, bin ich der Meinung, das ist so, dass man diesen nicht immer diese Wertschätzung bringt. Das ist aber das Thema, was wir eben auch schon mal hatten.

Markus: Ja.

Silvio: Ja und finde das immer sehr, sehr bewegend, solche Dinge auch zum Gegensatz zu bringen. Und ich denke, ich glaube, du kannst jetzt mitgehen, warum es gut ist, dass wir jetzt auch nochmal diesen Käse da …

Markus: Ja, unbedingt.

Silvio: Ich weiß, sowieso, aber ich denke mal, jetzt haben wir wieder gemerkt, wie die Biere auch wieder total unterschiedlich funktioniert haben, das ist das Schöne dabei.

Markus: Ich habe mich total gefreut, als du gesagt hast, du bringst Käse mit, weil ich hatte mir eben schon überlegt, ob ich von meinen Käsen, die ich jetzt eingekauft hab, welche mitnehme. Und dann hast du offene Türen eingerannt, weil genau den Moinette habe ich auch gekauft und den kleinen runden Saison auch, den sie da haben.

Silvio: Auch mit dem Hopfen den?

Markus: Ja, also den, ja, genau.

Silvio: Den gibt es auch noch mit Hopfen. Ist der gleiche Hopfen drin, den sie im Dry Hoping drin haben.

Markus: Genau, richtig. Also auch das, also vielleicht noch am Rande erwähnt, wenn ihr in Belgien unterwegs seid, ist das eine natürlich, sich die entsprechenden Biere zu kaufen, aber da, wo es dann auch Käse dazu gibt, sollte man sich das auch nicht entgehen lassen. Also sowieso in den Abteien, das ist ja klar, wo dann sowieso selber noch Käse hergestellt wird, aber auch eben wie bei Dupont zum Beispiel, also da unbedingt die Dinge parallel genießen. Jetzt haben wir hier den Orval aufgemacht, der schaut an sich schon mal ganz faszinierend aus. Das ist der Alte, also woah, also schon vom Optischen her sieht man …

Silvio: Riech mal da dran, also ich finde das schon wieder, das ist genauso schön zu riechen wie Bier, um es mal so zu sagen.

Markus: Absolut, also großartige Geschichte. Ich schneide den mal schnell, solange vielleicht noch eine Frage. Du bist ja dann quasi auch in der Nähe zu Belgien, zu dem deutschsprachigen Teil von Belgien, ergeben sich da Verbindungen?

Silvio: Ja, definitiv, also es ergeben sich daraus natürlich Verbindungen. Und das heißt also, auch die kleinen Mikrobrauer, die es da gibt, habe ich Kontakt, führe ich zum Teil auch im Laden. Letzte Woche war ich bei Val Dieu weil wir auch enger zusammenarbeiten wollen. Das geht doch immerhin bis zur ältesten Destillierie Belgiens …

Markus: Woah!

Silvio: … Rademacher so. Und ich sage mal immer, ich versuche es immer so zu erklären, ich habe eben vielleicht gesagt, Aachen ist ja so die Wiege Europas, wenn man es so sieht. Karl der Große, was Europa, wie wir so kennen, sagen wir jetzt mal nicht Nordeuropa und Osteuropa, ist aber eigentlich so in der Konstruktion, wie Karl der Große es gemacht hat. Und ich sage da immer so schön, in Aachen ist es einfach so, du setzt dich in einen Bus, schläfst ein, wachst in Maastricht auf, schläfst wieder ein und wachst auf einmal in Lüttich oder in Eupen auf. Also ich will damit sagen, da ist eine totale Durchlässigkeit trotz drei verschiedener Sprachen. Also wir haben den französischen Teil eben in Belgien, der ja dann angrenzt mit der DG, mit der deutschsprachigen Gemeinschaft, bis hin in den niederländischen Teil. Beziehungsweise, muss man dazu sagen, es ist ja eher das katholische Holland, nicht Holland, Niederlande, ist nämlich Limburg, Provinz Süd Limburg und der andere Teil von Limburg liegt eben in Belgien. Und die Geschichte hängt auch alles miteinander, Maastricht, Falkenburg, alles auch Städte von Karl dem Großen mit, das gehört alles so mit zusammen. Und in der Dialektik, wenn der Maastrichter einen Dialekt spricht und ich zwei Kölsch getrunken hab, dann verstehe ich den sehr, sehr gut und umgedreht eben auch. Dann merkt man, wie das zusammen passt. Und ich kenne noch als Kind, dass man als Deutscher in Belgien noch als Bosche beschimpft wurde und gibt es heute alles nicht mehr. Dieser Maastrichter Vertrag, der ja eben 92 zum Wirken gekommen ist, der wird in dieser Region sehr, sehr stark gelebt. Jeder sucht sich das Beste für sich aus und das finde ich auch ganz gut so und jeder weiß auch um die Kultur des anderen und es ist immer eine Sache des Respektes, finde ich auch, gegenseitig. Natürlich wollen wir das nicht glorifizieren, in Belgien wird natürlich auch Jupiler getrunken, wo wie wir hier den Pilsstil auch haben, dass muss man auch mal.

Markus: Eben.

Silvio: Man muss natürlich jetzt, wir als Bierpuristen feiern natürlich die belgischen Bierstile sehr, aber man darf ja auch nicht die Augen verschließen, das trotzdem 40 % eben auch das Pils dort getrunken wird. Aber, ja, es gibt …

Markus: Das ist ein ganz wahres Wort, da muss ich ganz kurz nochmal bestätigen, weil das wirklich sowas ist, was ich auch unseren Leuten oft sage. Also wenn wir dann in den belgischen Bierwelten geschwebt sind, dann waren wir bei den ganzen Trappisten, bei den Lambics, bei all diesen tollen Sachen und dann denken die halt, das ist die belgische Bierkultur. Und wenn sie hinfahren, merken sie, okay, 80 % dieser Bierkultur ist genauso wie bei uns, da ist halt irgend so ein helles pilsähnliches Bier, was auch immer, manchmal ist es ein Blond, aber halt ein relativ gleichförmiges, logischerweise mainstreamiges Bier. Und das, was wir als die belgische Bierkultur verkaufen, ist vor Ort ja eigentlich eine Nische oder etwas größer vielleicht als eine Nische, aber relativ gesehen eine Nische. Und deswegen ist es umso wichtiger, dass wir das tun, damit diese Nische eben auch gewertschätzt und bewahrt werden kann. Aber das ist wirklich was Wichtiges. Weil viele auch in der eigenen Kulturwertschätzung dann immer erst mal so denken, in Belgien gibt es nur dieses ganz, ganz tolle Bier und wir haben halt eher so 80 % Mainstream. Aber das ist halt überall auf der Welt so, letzten Endes. Und umso schöner ist es, wenn sie das entdecken können. Und jetzt, ja, müssen wir unbedingt diesen Orval-Käse probieren.

Silvio: Definitiv.

Markus: Ja, schauen wir mal. Du hast schon in Teile geschnitten, schauen wir mal. Sehr fein. Jetzt kriegen wir hier grade Besuch, hallo.

Frau Reiß: Hallo.

Silvio: Genau, meine Frau ist dazugekommen. Und ich sage immer so schön, der Vintäsch-Hund, der auf dem Logo ist, den gibt es tatsächlich. Und da siehst du schon wieder, wie die Verbindung ist, ich habe eben von Europa oder will es jetzt mal so sehen, die Hunderasse ist ein niederländischer Kooikerhondje und jetzt kommt es, aber in Belgien gekauft, und somit schließt sich auch wieder so ein Bogen, wo wir dann alles miteinander verbinden. Und ich habe gesagt, ich pflege auch wirklich Kontakte nach Belgien rein, ich darf eben auch für die Touristik Wallonie Journalisten nach Belgien begleiten, um deren Bierkultur. Und wichtig auch, die Essenskultur zu zeigen. Und ich sage mal, was viele auch nicht wissen, wenn wir hier zum Beispiel in Ostbelgien sind und nach Hervé fahren, das ist eine der besten Molkereien der Welt, das wissen ja auch die wenigsten Leute da, wo der Hervér Käse herkommt. Da lässt Val Dieu auch Käse machen oder es gibt auch eine Linie, die von Chimay oder von manchen Trappisten auch in Lizenz auch gemacht werden können. Und das sind so Dinge, wir machen immer alles so klein, als wir, also ich sage immer wir, vieles vor den Türen und du hast eben so geschwärmt von der belgischen Bierkultur, wir haben auch in Deutschland natürlich auch eine sehr gute Bierkultur. Wir haben eben über das Bockbier gesprochen, wir haben eine Reihe von sehr guten Craft Beer oder ich sage eher Kreativbieren. Ich finde, das ist dieser österreichische Ansatz, finde ich, eigentlich viel zielführender, das wir das nicht so nennen, Craft Beer Bier, das ist auch in meinem Verständnis nicht so. Wir haben Bier und vielleicht haben wir Kreativbier, warum können wir nicht Früchte rein tun? Okay, geht nach deutschem Reinheitsgebot nicht. Das würde jetzt die Brücke schlagen zu meinem Heimatgefühl, was ich mit Sebastian Sauer gemacht habe. Das ist ein Bier, da ist die Printengewürzmischung von einem ansässigen Becker mit drin und deswegen heißt das Bier eben nicht Bier, sondern, du kennst das ja, da haben wir drauf geschrieben, ich muss die Lesebrille anziehen, ich glaube, es ist ein Biermischgetränk mit einem 1-prozentigen Printengewürzsud, um es jetzt mal wieder …

Markus: Wahnsinn, also ganz faszinierend, werden wir gleich noch drüber sprechen. Ich wollte noch ganz kurz nachholen, weil wir angefangen hatten, grade den Orval-Käse zu probieren.

Silvio: Oh, Entschuldigung, ich habe den nicht zelebriert.

Markus: Alles gut, nein, muss man auch nicht, aber nachdem ja die Hörer nicht hier sitzen, muss man ihnen zumindest ein bisschen einen Eindruck vermitteln. Und das Schöne ist, also es ist vielleicht näher an einem klassischen Käse, den wir kennen, als die anderen beiden, aber er entwickelt ein ganz schönes nussiges Aroma. Und das wiederum passt auch wunderbar zu dem Bier, gibt das Ganze schön rund und macht am Ende dann eben also wirklich richtig Lust und lässt sich auch schön mit dem Bier kombinieren, so.

Silvio: Der Käse, den du da hast, der ist ja super, wenn du wirklich vor Ort bist und dann das grüne Orval trinkst, dann funktioniert der ja unglaublich gut. Und wir haben ja immer den Streit oft, ist es ein Saison? Wenn du die fragst, sie sagen, es ist Saison, viele sagen aber hier, es ist ein Pale Ale. Aber daran siehst du eben auch diese Einflüsse, die die Belgier eben haben, dass sie eben das gar nicht so wahrnehmen, sondern dass es eben auch so durchgängig ist.

Markus: Ja, also ein ganz wichtiger Punkt, weil eben diese ganze Idee von Bierstilen, die ist, also so, dass es bei uns hier einen echten Wiederhall hat, vielleicht 20 Jahre alt. Also wenn ich überlege, hier bei uns Franken, die normalen Brauer, die schreiben halt auf ihre Flaschen, was sie schon immer drauf geschrieben haben, da steht halt Vollbier drauf oder Lager oder manchmal steht auch einfach nur Kellerbier oder vielleicht manchmal auch Pils. Aber das ist nicht immer so, wenn zum Beispiel da in Franken auf einer Flasche Pils steht, dass dann auch das drin ist, was man jetzt beim landläufigen Bierwettbewerb unter Pils versteht, sondern das ist halt das, was der Brauer als sein Pils eben kennt. Und solange der das nicht bei einem Wettbewerb einreicht, ist das auch völlig egal. Weil, wenn seine Leute das trinken, wenn seine Leute das kaufen, sein Umfeld, seine Kundschaft und das gut finden, dann ist es doch okay und ich glaube, so ähnlich ist es letzten Endes da auch. Weil, ich meine, die Engländer, die Belgier und auch natürlich die Deutschen in der Region, die haben ihre Biere halt schon immer so gemacht wie sie sie gemacht haben. Und dann haben sich verschiedene Ideen, Aromen, Herstellungsweisen raus kristallisiert und das wurde dann halt später irgendwann mal in, ja, Schemata gepresst. Und dann eben, um es dann bei einem Wettbewerb zum Beispiel vergleichen zu können, dann muss ich das definieren, dann muss ich dem Kind einen Namen geben, man muss dem dann auch Richtlinien und Werte und Zahlen und sowas hinter bauen. Aber das ist eben erst danach gekommen, also erst gab es Bier und dann gab es Bierstile. Und das ist eine wichtige Sache, die einfach auch das ein bisschen auflockert, dass man das immer so streng sieht. Grade so, also viele amerikanische Leute, die hierherkommen, sind immer ganz, die kommen von ihrem BJCP-Katalog und wenn dann da eben Pils in der Flasche draufsteht, dann erwarten die das und wenn das nicht ist, dann gibt es schlechte Bewertungen, weil das Bier ist toll, aber ist kein Pils, deswegen gibt es nur einen Punkt von 10. Und das ist halt genau falschrum. Weil wenn das Bier toll war, aber vielleicht kein Pils, dann gebe ich vielleicht 9 Punkte und sage, vielleicht änderst du mal dein Etikett, also wenn das nicht zu einem Wettbewerb eingereicht wird, das ist eine andere Nummer.

Silvio: Aber da sind wir doch grade an einem Thema, was du grade so schön beschreibst, ist das nicht irgendwie auch immer ein wenig Bevormundung für den Konsumenten? Plattgesagt sagen wir doch immer, es gibt eh nur zwei Sorten Bier, das, was einem schmeckt und das, was nicht schmeckt. Also dieses Bevormunden, vielleicht ist es jetzt ein harter Begriff, aber vielleicht immer zu sagen, dass das so sein muss, ist vielleicht auch mal eine Denkweise, über die man nachdenken sollte, ob das immer alles zielführend ist.

Markus: Darum gibt es auch diesen schönen Spruch, alles kann, nischt muss.

Silvio: Genau. Und wichtig ist ja einfach auch, wenn derjenige damit Erfolg hat, das ist doch wunderbar. Das ist ja, wenn wir jetzt manche Diskussionen führen, ist ein Pastry Stout sauer, ist das noch ein Bier, gibt es ja. Sage ich, ja, Punkt. Wenn es dem Konsumenten schmeckt, ich sage, ja. Wenn man nachher mal sieht, die dann Brauwesen studieren, die lernen auch, wie man Molke macht, die lernen auch Getränketechnik.

Markus: Natürlich.

Silvio: Also dass das dann auch da mit rein schwingt. Ist das verwerflich? Nein, finde ich nicht. Ich finde, auch da müssen wir überlegen, ob wir das immer wirklich bevormunden. Wenn einem einfach so ein Bier schmeckt, wunderbar, wir haben ihn. Wir haben ihn mit einem Bier, wo er bis jetzt hier nicht meinte, dass das ein Bier ist. Das passiert mir ja mit der Damenwelt oft, die ja dieses hopfenbetonte Pils kennen und sagen, das ist nicht meine Welt. Also meine Frau ist ähnlich so, bevor ich Biersommelier war, konnte sie mit Bier auch nix anfangen. Gibt es auch ein paar, drei Bierstile, die findet sie gut, die passen auch zu ihrem Geschmacksempfinden. Und ich glaube, das ist eigentlich, wo wir manchmal auch ein bisschen überlegen müssen. Oder ich habe manchmal, also am Anfang der Tastings habe ich mal immer einen Fehler gemacht, also ich sage bewusst einen Fehler. Ich in voller Euphorie habe dann so an der 5. Stelle ein Celebrator Doppelbock da rein gehauen, weil ich finde, das ist ein toller Doppelbock. Und die Leute, die es eben nicht gewohnt waren, die haben gesagt, boah, das schmeckt ja überhaupt nicht, total Kaffee, boah, viel zu herb, alkoholische Bittere, kann ich nicht. War doch mein Fehler, ich habe die Leute darauf nicht vorbereitet, sondern man muss eben auch gucken, wie man sowas begleitet. Und dass ist das, wo ich sage, mit dieser Euphorie, wo man schauen muss, welche Leute habe ich da oder welchen Konsumenten habe ich dem Moment da. Und dass ist das, was ich eben auch meinte mit Stadt, Land und da muss man eben schauen, in Ruhe, wie viel man da vorbereiten kann.

Markus: Richtig. Und ich finde auch, was ganz wichtig ist, also da bin ich mit 150 % bei dir, man muss allerdings auch den Leuten sagen, das andere Ende der Fahnenstange ist genauso. Also wenn jetzt jemand sagt, ich sage jetzt aber mal ein paar Marken gleichzeitig, damit keiner denkt, ich will irgendjemand bashen, ich trinke mein Veltins, mein Warsteiner, mein Oettinger total gerne zum Fußball gucken, erste Halbzeit, wie auch immer, ich mag das gerne, wie auch immer, dann ist das auch okay. Also das ist auch eine wichtige Sache, die, glaube ich, bei uns oft ein bisschen fehlinterpretiert wird. Es gibt eben diese Bierwelt, die du es grade gesagt hast und die fängt halt irgendwo bei einem ganz normalen Standardpils, was man irgendwo bekommt, an und hört halt bei, was wir jetzt hier haben, auf. Und das eine ist nicht besser als das andere, sondern der Verwendungszweck ist vielleicht anders und die persönlichen Vorlieben sind anders. Und klar würden wir jetzt wahrscheinlich uns nicht zusammensetzen und gemeinsam ein Oettinger und ein Warsteiner verkosten, könnten wir wahrscheinlich auch, aber hier ist natürlich die Sache spannender, weil man auch über die Brauereien, über die Biere viel erzählen kann. Aber deswegen ist es immer wichtig, das andere nicht abzuwerten, sondern das gibt es eben auch und gehört auch zu dieser Kultur irgendwie dazu.

Silvio: Ich sage immer meinen Leuten, Bier ist immer was anlassbezogenes. Ich nenne dir ein Beispiel, 30. Geburtstag, würde früher dran gemessen, wie viel Kästen Bier vernichtet wurden, welches auch immer. Kommt du zum 50. Geburtstag, dann wird nicht mehr gemessen, wie Quantum, sondern dann gibt es vielleicht auch Getränke wie Wein, da ist dann eher mehr. Und da sieht man auch, wie Geschmack sich auch verändert.

Markus: Richtig.

Silvio: Und das darf man auch dabei nicht vergessen. Und das eine hat seine Bewandtnis und das andere hat seine Bewandtnis, da bin ich vollkommen bei dir. Und ich habe auch nach den Tastings, wo dann Leute dann sagen, ja, jetzt trinke ich ein Bitburger. Ich sage, wenn dir danach ist, ich bin nicht beleidigt, du möchtest das haben. Ist ja so, wie wir auch immer sagen, es gibt kein richtig, kein falsch. Wenn dem einen das nicht schmeckt, dann ist das so, was soll ich das in infrage stellen. Nur weil ich das super finde, heißt ja nicht, dass er das super findet. Das ist immer so das große Problem oder, ich sage mal, nicht Problem, aber das ist das, wo man vielleicht offen sein muss, tolerant in dem Moment.

Markus: Ja. So, jetzt gehen wir auf den Oelberg, allerdings ohne ö, Sankt Oeberg, ist das ein Ort?

Silvio: Ja. Sankt Oelberg ist nix anderes als die Verballhornung oder, steht hinten drauf, die augenzwinkernde Hommage an die Stadt Stollberg.

Markus: Ah, okay.

Silvio: St. Oelberg, das ist so bei uns so ein geflügelter Witz, sage ich jetzt mal. Und ich habe ja eben gesagt, ich ziehe ja bald runter, wo die Altstadt ja überflutet worden ist vor 2 Jahren und dann habe ich überlegt, wie ich was machen kann. Habe dann mit dem Sebastian Sauer, der ja auch in Stollberg wohnt, Sebastian wohnt 4 Kilometer von mir entfernt.

Markus: Ach, okay.

Silvio: Sebastian habe ich mal vor 14 Jahren beim Braukurs in Köln in der Braustelle kennengelernt und dann irgendwann hat man sich mal aus den Augen verloren, bis ich vor 4 Jahren dann mit dem Craft Beer anfing. Und dann haben wir eben versucht, ein Charity-Bier zu machen mit Fruit-Spende und das haben wir dann gemacht. Das war dann ein Pils, naturtrübes Pils, das hieß dann Messing Heimat, weil Stollberg die Messingstadt ist beziehungsweise die Kupferstadt. Das ist, was die wenigsten wissen, der älteste Industriebetrieb Deutschlands steht in Stollberg, weil eben dort Messing-Prim, Knöpfe, also es kommt daher, diese Messing-Knöpfe, das Patent und Kupfer wurde eben abgebaut. Und deswegen hat man eben auf dem Etikett auch immer das Galmei-Veilchen, das ist endemisch, das gibt es nur dort, da, wo sehr viel Kupfer und Schwefel vorkam, das ist ein eigenes endemisches Pflänzchen. Und dann habe ich 2 Biere mit dem Sebastian gemacht beziehungsweise ich habe gesagt, wie ich sie gern hätte und er hat sie mir dann gemacht. Einmal einen Heimat Bock mit leichtem Rauchmalz, der ist eben für das Essen gedacht, eben für Steak. Und in Aachen oder in der Städteregion Aachen essen wir einfach den Sauerbraten mit Printen, das ist einfach so. Deswegen heißt das Bier auch Heimatgefühl und Gefühl natürlich, damit wir das so haben können. Und das ist ein Bier …

Markus: So wie wir die Sauerbratensoße mit Lebkuchen machen.

Silvio: Ihr macht es mit Lebkuchen, jetzt können wir aber schauen, der Lebkuchen ist ja viel ähnlich natürlich und einfach so wird das gemacht. Und dieses Bier ist eben dafür gedacht, dass es zum Sauerbraten funktioniert und es ist eben auch dafür gedacht, dass das Bier zu Kaninchen funktioniert.

Markus: Oh.

Silvio: Kaninchen süß-sauer und zum Dessert. Das war die Idee, die dahintersteckt. Es ist eine Chimäre-Hefe drin, ich habe es auf dem Bierstil des Quadrupels gemacht.

Markus: Woah.

Silvio: Und so wie es sein musste, ich hatte Weihnachtsmarkt und das Bier war noch nicht fertig in der Gärung, habe ich gesagt, ich brauche es trotzdem. Da haben wir einen Batch vorher gemacht, den mache ich jetzt mal auf. Und dann haben wir noch einen anderen Batch 6 Wochen länger im Gärtank gelassen, das ist daneben. Und jetzt liegt dieses ganze Baby im Moment noch in einem ehemaligen Jack-Daniel´s- Lafroaigh-Fass. Und ich werde es, so wie ich es verstanden hab, den Sebastian und der Christian Vormann, wollen wir es Anfang Oktober abfüllen.

Markus: Also vielleicht noch ganz kurz für die Hörer, der Sebastian Sauer ist so ein bisschen, was soll man sagen, ein frühes Enfant terrible der Bierwelt in Deutschland.

Silvio: Pionier.

Markus: Ja, ja, ich wollte es grad sagen, es ist so ein bisschen beides, ich habe ihn auch so vor ungefähr 15 Jahren kennengelernt. Und er hat also sich einfach dem verschrieben, wirklich besondere historische spannende Bierstile zu entdecken, zu verkosten. Der war auch schon in Südamerika unterwegs und hat das Chicha probiert, rauf und runter. Und macht eben viele, viele tolle Biere, die dann eben sehr experimentell sind, sehr spannend, sehr aromatisch sind. Freut mich total, dass ihr da zusammenkommt, das wusste ich gar nicht, dass er da wohnt. Und es ist immer wieder eine Freude, was von ihm zu haben, Freigeist nennt sich das Ganze auch, Bierkultur. Und, ja, der Christian Vormann, auch witzig, der war in einem unserer allerersten Seminare, auch vor 10 Jahren muss das ungefähr gewesen sein. Und der hat sich ja auch toll entwickelt, macht auch viel Biere in seiner Brauerei, viele spannende Geschichten. Und, ja, also jetzt haben wir hier dieses schöne Bier im Glas, schaut ja fast aus wie ein Rotbier, muss ich sagen, schöne natürliche Komponente, toll.

Silvio: Ja, natürlich ist Kardamom da drin. Auch Amber, könnte man sagen, Amber oder Bernstein.

Markus: Der Joker des Biersommeliers, Bernstein.

Silvio: Ja, strohgelb.

Markus: Nein, also wirklich, eine wunder-, wunderschöne Farbe und so, wie es eigentlich sein, ein rotstichiges Braun. Schöner auch genauso getönter Schaum, der da auch perfekt dazu passt. Oh und ein unglaublich interessanter Geruch. Ich würde ja auf den ersten Tipp erst mal sagen, es hat was Florales, sowas Blütenmäßiges. Und dann, wenn man länger reinriecht, dann kommen die Printen, also dieses, ja, wir würden jetzt in Franken sagen, Lebkuchengewürzaroma, so ein bisschen rüber. Und wird dann immer intensiver und geht dann so in Honig. Aber es hat auch was Florales. Aber diese Veilchen habt ihr da nicht auch noch reingesteckt?

Silvio: Nein, aber es ist Macisblüte drin, es ist Muskatnussblüte drin.

Markus: Ah, okay.

Silvio: Du bist mit dem Floralen ganz gut. Und ich finde, den Touch, den Twist, den man hier natürlich hat, ist diese klassische Birne, diese Hefe, die du wirklich so von dem Chimäre auch immer erkennst so in der Nase. Also ich bin ja jetzt total befangen, deswegen.

Markus: Ja, Birne und auch Quitte, also es ist eine total spannende Geschichte.

Silvio: Prost.

Markus: Ja, prost. Setzt sich fort, toll. Also was ihr jetzt knistern hört, das sind die Printen, die waren nämlich auch im Paket. Und, ja, du öffnest die grade, sagen wir mal so.

Silvio: Ja, ich denke, das ist in dem Fall wichtig oder ich sage mal, die Idee, die da ist, ist einfach, damit man einfach nochmal so ein bisschen schaut, wo was da hinkommt. Hinten kannst du nochmal schauen, was für Gewürze auch drin sind.

Markus: Also ich finde es unheimlich präsent auf jeden Fall, dieses Printenaroma bleibt auch ganz lange. Und es ist, also jetzt sieht man auch, also wir haben hier Zimt, Koriander, Anis, Gewürznelke, Piment und Macis-Blüte, also, ja, eine schöne bunte Mischung an Gewürzen. Jetzt haben wir hier eine Printe, ich habe die mit Nüssen erwischt.

Silvio: Du kannst die auch mit Mandel haben, mir ist das egal, du kannst die aber auch nur mit dem normalen Zuckerguss haben.

Markus: Jetzt habe ich die mit Nüssen, wunderbar. Probieren wir das mal mit dem Bierchen, prost.

Silvio: Und jetzt merkt man, dass es eben auch mit einem Dessert funktionieren würde oder kann.

Markus: Das geht sehr schön Hand in Hand, muss ich sagen. Also, gut, ist jetzt auch in gewisser Weise erwartbar, aber richtig schön, weil auch diese süße Note von den Printen, die wird mit rüber genommen, ist aber trotzdem nicht so dominant, also das macht das Ganze sehr angenehm. Gibt es ja oft so bei so Schokolade-Tastings, dass das Süße dann zu krass ist, grade wenn man das dann so Gleiches mit Gleichen kombiniert. Hier ist es wirklich sehr, sehr schön, sehr angenehm, sehr rund. Ich kann mir das Bier auch in der Tat total gut vorstellen zu so einer richtig schönen Soße, die mit den Printen gemacht worden ist. Das führt dann ja eigentlich das fort, was man von der Speise hat, wird im Mund dann mit dem Bier weitergemacht.

Silvio: Wir haben daraus dann noch einen Printenlikör gezogen, so ein bisschen und haben dann also daraus dann eine Printen-Mousse gemacht beim Essen mit dem Restaurant. Und das ist jetzt die 1. Version und wir trinken jetzt gleich schon mal die 6 Wochen länger gelagerte Version.

Markus: Okay.

Silvio: Und es ist einfach, ich finde es sehr schön und wir haben uns bewusst entschieden aufgrund der Erfahrung. Der Sebastian hatte schon mal ein Printenbier gemacht, hat es aber dann mit Printen aufgelöst. Und dann war es sehr biskuitig und es war sehr teigig, es war also nicht viel von dem Gewürz. Und ich habe, wie gesagt, dann hier bewusst nur die Gewürzmischung genommen, so wie man dann eben das macht. Und ein ganz kleiner Bäcker, und jetzt geht es weiter, das Bier gebe ich ihm dann wieder, er zieht das in eine Ganache rein, macht darüber dann noch Marzipan, zieht das auf die Printe, daraus eine Ganache, die heißt dann Etepetete. Wir nennen sie eigentlich St. Oelberg Printe, also Printenpraline. Und haben das Spielchen nochmal zurückgespielt dann auch, einfach um nochmal zu zeigen, dass eben auch Brauen und Brotbacken oder eben auch sowas, wie das zusammengehört und das kam auch ganz gut an. Und dass ist so das, kam vielleicht so ein bisschen raus, so meine Liebe, eben auch zu sagen, ich muss Bier immer im Essenskontext betrachten, das ist so die Idee, die dahintersteckt.

Markus: Und es ist auch ein ganz teuflisches Bier, muss ich sagen. Weil, also es steht drauf 10%, wenn man mich gefragt hätte, hätte ich gesagt, naja, vielleicht 6. Also da ist schon, ja.

Silvio: Du bist aber auf einem guten Weg. Der 1. Batch ist so um die 8%, 8,5% gemessen, also sehr gut. Aber jetzt warten wir mal, was der 2. sagt.

Markus: Okay.

Silvio: Weil ich das, wie gesagt, so für den Weihnachtsmarkt brauchte, haben wir das Ding einfach ein bisschen vorher aus dem Tank gezogen.

Markus: Spannend, schaut schon ein bisschen anders aus. Hat einen richtig geheimnisvollen Schimmer, so ein Sonnenuntergang quasi.

Silvio: Das liegt an der Sonne vielleicht.

Markus: Ja, vielleicht liegt es auch an der Sonne. Der Schaum ist tatsächlich präsenter, finde ich, als bei der 1. Version, kann aber vielleicht jetzt nur am Einschenken gelegen haben. Er ist ein bisschen heller, finde ich, auch.

Silvio: Die Sonne ist natürlich auch da, meine Frau sitzt dabei, deswegen ist das natürlich so schön.

Markus: Alles strahlt sozusagen. Und was man auch sagen muss, hier zieht man die 10% oder mehr, ehrlich gesagt, wahrscheinlich sogar mehr, sieht man am Verhalten des Bieres im Glas.

Silvio: Andere Viskosität, ja.

Markus: Also das bleibt ja eigentlich von A bis Ende kleben.

Silvio: Ja, eine andere Viskosität auf jeden Fall.

Markus: Wahnsinn. Also optisch schon mal Bombe, muss ich sagen. Oh ja, okay, dann ist auch die alkoholische Note in der Nase stärker.

Silvio: Der Honig ist weg, den wir so eben so in der Nase hatten, sondern viel mehr diese Muskatnuss kommt da so.

Markus: Das ist sehr interessant, ja, es ist wie eine Birne, über die man so ein bisschen Zimt und Muskat streut so.

Silvio: Wir nehmen es zum Beispiel zum Bratapfel.

Markus: Ah ja.

Silvio: Da passt das unglaublich gut dazu.

Markus: Woah. Also, ja, da merkt man mal, es ist ja, es hat einfach ein bisschen Zeit.

Silvio: 6 Wochen.

Markus: Ja, Wahnsinn. Prost.

Silvio: Prost. Jetzt sind wir volle Lotte beim Quadrupel auch angekommen.

Markus: Aber trotzdem großartig. Also was ich ganz schön finde, ist das, obwohl jetzt die Alkoholnote stärker ist, ist sie immer noch schön eingebunden. Wir haben eine Süße, die ist auch durchaus präsent und schön. Und diese Printenaromen, die sortieren sich so, die kommen dann so Stück für Stück, eins nach dem anderen und am Ende ist es wieder komplett. Und auch das Mundgefühl, sehr, sehr angenehm, sehr moussierend, ja. Ja, hat er gut gemacht oder habt ihr gut gemacht.

Silvio: Ja, ich bin sehr zufrieden. Und ich freue mich ja im Oktober, wenn das dann aus dem fass dann rauskommt. Wir haben es in 3 Versionen gemacht. Wir haben es in ein Rumfass gelegt, wir haben es in einem Bordeaux-Fass und dann eben dem ersten Lafroaigh-Fass. Das Erste, war es ein Jack Daniel´s, dann Lafroaigh. Und dann geht es weiter, dann hat es 5 Jahre als Singelmalt für jemanden gedient, der den Whisky in Aachen macht, von dem habe ich das Fass übernommen, so ein 125-Liter-Fässchen. Wie das Fass kam, wir da reingerochen haben, da warst du schon ohnmächtig von dieser Geruchsexplosion, die wir hatten. Man konnte es beides wahrnehmen, man konnte diesen klassischen Bourbon wahrnehmen, diese volle Lotte Vanille, die schon so Bourbon-, wirklich Bourbon-Vanille war. Und dann kam so hinten, klopf, klopf, der Torf und sagte, hej, ich bin auch noch da.

Markus: Hej, ich bin auch noch da, ja, schön.

Silvio: Und das war sehr schön. Und da bin ich mal gespannt, ich schicke dir natürlich gern da zu, von der Flasche.

Markus: Oh ja.

Silvio: Aber das ist jetzt, wie gesagt, eben einfach auch ein Bier klassisch zum Speisekontext. Schöner Weise verkaufe ich das auch im Sommer. Als Printenbier ist es eben einfach eine absolute Nische, die ja eben bei uns ist. Und ich bin sehr zufrieden mit diesem Bier.

Markus: Ja und ich glaube, das ist jetzt wirklich ein Bier, das funktioniert mit ganz, ganz vielen Sachen, also ab einer gewissen Ebene. Genau, wir müssen den Käse jetzt hier natürlich auch noch angreifen, keine Frage. Vielleicht ganz kurz, weil du es grade gesagt hast, kaufen, ist ja auch ein Sinn. Also wenn die lieben Hörer, die jetzt alle nicht grade in Aachen oder um die Ecke wohnen, mal mit dir geschäftlich zu tun haben wollen, wie funktioniert das?

Silvio: Also ich habe keinen Online-Shop, ich bin ein klassischer Stationärer, aber natürlich verschicke ich. Aber, Leute, es ist jetzt nicht so mein guter Freund, der den Belgo-Shop führt, der da sehr gut drin ist, weil er da die Logistik hat. Sondern ich bin da eben so eine One-Man-Show, habe einen Laden zu führen und natürlich verschicke ich das auch sehr gern, aber dann immer ein bisschen mehr Geduld. Und dann eben wird das Ganze über Überweisung, PayPal dann abgewickelt. Weil ich habe bis jetzt immer den Online-Shop gescheut, es gibt immer Fallstricke wie vergessene Literangabe und so weiter. Und wenn dann irgendwie was vom Abmahnverein reinkommt, habe ich da keine Lust drauf und das ist so, warum ich es erst mal so …

Markus: Nee, das geht leider Gottes sehr, sehr schnell und grade, wenn man mit ausländischen Produkten arbeitet oder mit so sehr handwerklichen Produkten, weil ja auch die Produzenten da nicht immer auf alles achten, das macht schon Sinn. Heißt aber jetzt, also wir haben dann praktisch eine Email-Adresse oder schon eine Website oder wie?

Silvio: Ich hab keine Website, ich bin über Instagram, da steht ja Vinteasch mit ae dann geschrieben oder eben kann man darüber Kontakt aufnehmen. Oder ganz klassisch über Email, das geht natürlich. Der große Mappenanbieter Herr Google, wenn man mein Profil aufruft, dann kann man mir eine Email schicken oder silvio.reiss@vintaesch, mit ae, .de geschrieben, dann kann man das bestellen, verschicke ich sehr gerne. Es kann sein, ich bin jetzt grad am überlegen, das es dann über den Belgo-Shop auch zu beziehen ist.

Markus: Also hast du ja auch eine Idee.

Silvio: Frederic, haben wir schon drüber gesprochen und das werden wir jetzt mal machen. Aber das war ein Herzensprojekt und ich denke, das merkt man auch, dass es da reingepasst hat, sehr schön.

Markus: Also die Links werden wir natürlich alle noch in die Shownotes geben, sodass die Leute dann eben auch schon mal das mit dem Podcast direkt machen können. Ich muss sagen, mit dem Käse habe ich ja so nebenbei so ein bisschen probiert, passt auch sehr schön, der Parmesan, in Anführungsstrichen, macht auch hier seinen Job auf jeden Fall. Die Kaminwurz hat sich jetzt grade ein bisschen verabschiedet. Da ist sie.

Silvio: Glück gehabt, der Hund hat nicht aufgepasst.

Markus: Die versteckt sich, ja. Aber das ist das Gute an so einer bayrischen Kaminwurz, die kann das auch ab, die fällt mal runter, die ist danach wieder wie vorher, alles wunderbar. Also das ist schon auch wirklich großes Kino, das mit den Speisen zu machen. Also insofern, das vielleicht einfach auch nochmal an alle Hörer als Anregung, als Tipp, also neben der Anregung und Tipps, sich mit dir mal auseinanderzusetzen, dein Instagram-Konto zu abonnieren und so weiter. Aber eben auch wirklich, grade wenn man solche Biere hat, die auch aromatisch viel zu bieten haben, sich dann eben auch mit Käse, mit Schokolade, mit Wurst, mit was weiß ich, was man halt mag, zu beschäftigen und einfach zu spielen. Weil, ich glaube, so kommt man am ehesten dahin, oder?

Silvio: Ja, es ist alles eine Spielwiese, denke ich mal. Man kann sich auch mal verdribbeln, aber man kann eben auch mal aus 30 Metern in den Winkel schießen, um beim Fußball zu bleiben. Ja, ist definitiv so, ja. Und ich denke, das Bier ist eigentlich, steht so sinnbildlich für meine Liebe, die ich ja eben auch hab, Belgien, eben auch die Heimat, da verbunden. Und ich habe noch 2 andere Bierprojekte im Kopf und schauen wir mal, was da so ist, aber müssen wir mal Step by Step machen. Jetzt durch den Umzug werde ich den Heimatbock dieses Jahr nicht brauen lassen, das werde ich nächstes Jahr machen, weil die Geldmittel müssen da rein fließen, ist einfach so. Ich sage ja auch immer so, ich lebe nicht vom Bottle-Shop, das ist schwierig auf dem Dorf, muss man so sagen, sondern ich lebe von der Sommeliertätigkeit. Und das ist eigentlich auch der Grund, warum ich dann in die Stadt gehe, um mehr Lauffrequenz und mehr Touristen sind. Das ist der nächste Schritt, den ich machen musste, ist einfach so. Und wir merken ja auch so an einer Reihe von Erstgenerationen, die anfangen, die aufgeben oder Brauereien verkaufen, Bottle-Shops schließen. Und weil die Craft-Beer-Nische ja doch eine Nische ist, das muss man einfach mal auch sich klarmachen und deswegen ist das alles auch nicht immer so einfach, wie wir uns das wünschen und denken und das ist so, wo man ein bisschen jeden Tag kämpfen muss. Ich mach das gerne, aber manchmal ist es auch ein bisschen frustrierend.

Markus: Das auf jeden Fall. Aber immerhin, wenn man solche Produkte hat, solche Möglichkeiten zu kombinieren, macht das dann wenigstens auch Spaß, dieses Kämpfen und man hat auf jeden Fall was für sich und vielleicht für die eigene Familie auch noch mit dabei. Also auf jeden Fall, wie gesagt, nochmal vielen Dank, dass du das hier mitgebracht hast, uns teilhaben lässt. Und wir können dann ja, wenn du umgezogen bist und die nächsten Projekte angehst, einen 2. Teil machen, wo wir nochmal dann vielleicht vor Ort drauf eingehen und es uns mal anschauen. Und zwischendurch eben nochmal, an alle Hörer, schaut in Aachen vorbei …

Silvio: Stollberg.

Markus: … Stollberg, richtig, Entschuldigung.

Silvio: Bei Aachen.

Markus: Schaut in Stollberg vorbei, bei Aachen, nehmt ein paar schöne Biere, lasst euch beraten vom Silvio und vielleicht auch ein bisschen Käse, vielleicht ein bisschen Wurst und auf jeden Fall, Printen nicht vergessen.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 122 – Interview mit Steffi Hader und Philipp Henniges vom Podcast „Buch und Bier“ aus Bamberg

Bei den KollegInnen zu Besuch: Diesmal bei „Buch & Bier“ mit Steffi und Phil. Es klingt wie die logische Evolution – vom BierTalk zum Bier- und BuchTalk. Genau deswegen haben wir uns an einem edlen Ort verabredet und im Nebenzimmer des Schlenkerla getroffen, um diese einzigartige Podcast-Folge aufzuzeichnen. Die rauchbierverliebte studierte Brauerin Steffi lernte in einer Mälzerei und wurde schließlich freie Autorin, Phil hingegen ist gestandener Buchhändler mit Hang zu neuen und kreativen Bieren aller Art. Als Paar lesen und trinken sie gerne gemeinsam und haben aus diesen beiden Hobbys schließlich einen Podcast gemacht. Zusammen mit Markus Raupach sind sie drei Bamberger mit zwei Podcasts, vielen Büchern und jeder Menge Bierdurst – der Stoff, aus dem spannende Episoden entstehen…

Kommt in unsere Facebook-Gruppe und diskutiert mit: https://www.facebook.com/groups/bierakademie

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

Freunde des Gerstensaftes und der Druckerschwärze, wir begrüßen euch. Wir, das sind:

Steffi: Steffi, die Fachfrau, alles was mit Bier zu tun hat.

Phil: Und Phil, der Buchhändler eures Vertrauens.

Markus: So.

Phil: Und, genau, heute sind wir nicht alleine.

Markus: Ja, also jetzt werdet ihr euch wundern, zumindest wenn ihr BierTalk-Hörer seid, dass ihr ein ganz anderes Intro gehört habt als bei den anderen 202 Folgen oder sowas gehört habt. Aber, ja, wir sind heute mal wieder bei einem Podcast-Special, wo wir uns einfach mit einem anderen Podcast treffen und in dem Fall sogar mit einem doppelten sozusagen, weil ihr ja zu zweit seid.

Phil: Richtig, genau.

Steffi: Genau.

Markus: Und wir sind inhaltlich auch relativ oder überhaupt sehr nah beieinander, ihr beschäftigt euch mit Buch und Bier.

Phil: Richtig.

Markus: Und ich habe mich ganz lange mit Büchern beschäftigt und irgendwie dann auch mit Bier und hab es ab und zu mal zusammengebracht, aber nicht so intensiv und nicht so professionell wie ihr. Und das ist einfach so …

Phil: Danke schön.

Markus: Und das ist heute einfach so ein bisschen der Punkt, was mich auch sehr interessiert hat, euch mal kennenzulernen und mit euch ein bisschen drüber zu reden, wie die Erfahrung überhaupt, also sowas zu tun, wie nähert man sich dem, wie bringt man Buch und Bier zusammen. Und, ja, also insofern sehr schön, dass wir heute zusammen sind. Und vielleicht für die Hörer noch so ein bisschen als Information, falls man im Hintergrund ein bisschen was hört, wir haben uns natürlich auch einen besonderen Ort ausgesucht, weil, wenn man so ein schönes Treffen macht, dann muss man das eben auch an einem speziellen Ort machen. Und da sind wir hier im Schlenkerla in Bamberg, also Bambergs älteste Brauerei, Rauchbierbrauerei. Haben auch alle ein Rauchbier und deswegen würde ich sagen, stoßen wir mal schnell an und sagen prost.

Steffi: Ja, prost.

Phil: Genau, prost.

Markus: Prost.

Phil: Jawohl.

Markus: So und dann sage ich doch gleich mal, Ladys first, Steffi, das ist nicht dein erstes Rauchbier oder?

Steffi: Definitiv nicht. Also wenn man in Bamberg geboren und aufgewachsen ist, dann kommt man da absolut nicht drum rum. Und ich muss aber auch sagen, bei mir trifft dieses Sprichwort nicht zu, dass das Rauchbier erst nach dem dritten schmeckt, sondern das war bei mir irgendwie Liebe auf den ersten Schluck quasi.

Markus: Ja, ich muss ja sagen, ich habe mal so aus Spaß den Witz gemacht, naja, wir wissen als Bamberger manchmal nicht, ob wir zuerst Muttermilch oder Rauchbier kriegen. Und da gehörst du vielleicht auch zu diesem Teil unserer Bevölkerung, das ist sehr schön. Aber du bist ja generell mit dem Bier sehr eng verbandelt?

Steffi: Genau. Also ich habe meine Ausbildung damals in einer Mälzerei gemacht, allerdings im Büro, also ganz anderer Weg. Und habe dann beschlossen, dass ich Brauwesen studieren möchte und habe da eben ein Vorpraktikum in einer kleinen fränkischen Brauerei und dann in Weihenstephan studiert an der HSWT an der FH. Und das hat mir auch mega viel Spaß gemacht. Und habe ich mein Praxissemester bei einem Hopfenverarbeiter gemacht in der Hallertau, aber danach gemerkt so, naja, irgendwie zieht es mich doch eher zum geschriebenen Wort hin. Und bin dann wieder zurück ins Büro und habe mich nebenher selbstständig gemacht als freie Autorin.

Markus: Wahnsinn, also das finde ich ja ganz spannend. Also erst mal überhaupt ein Bürojob, aber in einer Mälzerei anzufangen und dann die Reise durch die ganze Bierwelt, inklusive der ganzen Wissenschaft zu tun und am Ende dann zu sagen, okay, jetzt verbinde ich das eben mit Kunst und Bier und dem Getränk, das ist großartig. Das heißt also, du bist jetzt wieder oder immer noch tätig im Büro und nebenbei selbstständig oder hauptberuflich selbstständig?

Steffi: Genau, teils, teils, also ziemlich 50, 50.

Markus: Und wieder in einer Mälzerei?

Steffi: Nee, im Verlag tatsächlich.

Markus: Okay. Aber was heißt jetzt freie Autorin, also wie kann ich was von dir lesen?

Steffi: Also ich habe unter anderem auch einen Blog auf Steady, wo ich regelmäßig Assets veröffentliche und ich habe auch schon in Kurzgeschichten Anthologien veröffentlicht.

Markus: Spannend. Also da werden wir ein bisschen was in den Shownotes verlinken. Bin ich schon sehr, sehr, sehr gespannt, was man da von dir lesen kann, wir hören ja eben regelmäßig voneinander, das ist ja schon mal schön. Und, ja, jetzt sitzt hier noch der Phil.

Phil: Ja, genau.

Markus: Vielleicht wenn du dich auch ein bisschen einführst, dass die Leute sich so ein bisschen wissen, was sie sich drunter vorstellen müssen.

Phil: Na klar. Ja, also ich bin der Phil, ich komme ebenfalls aus Bamberg, inzwischen schon fast 40 Jahre, man mag es nicht glauben, aber …

Markus: Wem sagst du das.

Phil: Und, ja, beim Rauchbier oder überhaupt beim Bier, das war eigentlich so seid der späten Mittelstufe, Anfang Oberstufe war klar, Bamberg, Bier, super, perfekt. Also, ja, das mit der Muttermilch und so, das hat schon irgendwie so seine Bedeutung, muss ich sagen. Also ich habe eigentlich in Bamberg studiert, bin eigentlich Diplomsoziologe. Und ich habe dann aber nach dem Studium halt auch gemerkt irgendwie, hm, die Jobs, die ich dann damit machen möchte, dann braucht man doch irgendwie 27 Praktika und hat drei Jahre kostenlos irgendwo gearbeitet und was weiß ich. Da habe ich gesagt, nee, ich möcht eigentlich lieber dann doch was Handfestes arbeiten und habe dann eine Ausbildung zum Buchhändler gemacht natürlich tatsächlich und eben auch hier in Bamberg. Und, ja, bin jetzt schon fast 10 Jahre als Buchhändler tätig.

Markus: Und wie ist dann Steffi in dein Leben gestoßen oder umgekehrt, ich weiß gar nicht, wer da zu wem wie gestoßen ist oder wurde?

Phil: Naja, also wir sind jetzt seit fast 3 Jahren zusammen.

Steffi: Ja.

Phil: Und da haben wir dann gemerkt irgendwann, hm, wir mögen beide Bücher und wir mögen beide Bier. Und haben dann irgendwann gemerkt, hm, am 23.04. ist ja sowohl Tag des Buches als auch Tag des deutschen Bieres. Und haben gesagt, das ist echt ziemlich geil irgendwie, Buch und Bier, das lob ich mir, hm, da müsste man doch irgendwie was draus machen. Und da dachten wir, wir könnten eigentlich einen Podcast aufnehmen dazu. Weil das ist heutzutage ja eigentlich ziemlich einfach, man braucht ein Programm, ein bisschen gutes Equipment. Und wir haben ein tolles Thema, wir besprechen in unserem Podcast immer ein Buch und jeweils ein dazu irgendwie passendes Bier.

Markus: Ja.

Steffi: das ist auch eigentlich aus so einer Bierlaune heraus entstanden.

Phil: Ja, natürlich.

Steffi: Ich fand es ganz witzig, als wir uns kennengelernt haben, warst du einer der wenigen, die wirklich wussten, dass das beides an einem Tag ist, aber das viele nicht auf dem Schirm haben. Also Tag des Bieres ist bekannt, in der Buchwelt dann auch Tag des Buches, ja klar, aber dass das beides eben dieser 23.04. ist, wusste eben aus meinem Bekanntenkreis jetzt nur Phil. Und dann haben wir halt so rumgesponnen so, hah, wäre ja eigentlich witzig, irgendwie Buch- und Bier-Podcast. Und das ist aber ganz lange noch so zwischen uns rummeandert und wir haben das dann immer mal wieder verworfen. Und dann hatten wir Anfang 2020 irgendwie gesagt, okay, ach, machen wir einfach, probieren wir jetzt. Und sind dann mit der ersten Folge an den Start gegangen und haben gemerkt, uns macht das so viel Spaß, dass wir jetzt monatlich immer eine Folge mit rausgehauen haben.

Phil: Genau, seitdem, richtig.

Markus: Jetzt werden sich unsere Hörer bestimmt oder vielleicht fragen, wie funktioniert das? Also man sagt, okay, wir machen einen Podcast, wir kennen uns aus beim Bier, wir kennen uns aus bei Buch, aber dann bis zu dieser ersten Folge, die dann irgendwie online ist, da sind ja so ein paar Hürden, die man überwinden muss. Also hattet ihr da die entsprechenden Kompetenzen schon, habt ihr euch das erarbeitet, wie kommt man da so rein? Und wie ist dann dieses Gefühl, wenn die erste Folge auch wirklich dann in der Welt sozusagen draußen ist?

Steffi: Meinst du jetzt die Kompetenzen im Sinne von Podcast aufnehmen und …

Markus: Alles was dazu gehört. Ich meine, man braucht ja eine Menge Technik, man muss letzten Endes die Software beherrschen. Dann ist es ja nicht so einfach, diese Wege zu finden, wie man dann dieses Ding irgendwie in die Welt bringt und dann auch noch bekannt macht. Das ist ja auch noch ein Thema, dass dann jemand auch wissen muss, dass es so einen Podcast gibt. Also müssen wir jetzt auch nicht alles erklären, aber für mich ist einfach der Punkt schon da. Oder anders rum erklärt, bei mir war es halt so, okay, ich war jahrelang, viele, viele Jahre lang beim Radio und war deswegen halt mit dem ganzen Thema Mikro und Aufnahme und Sound bearbeiten völlig vertraut und hatte halt auch eine Werbeagentur vorher und kann mit dem Computer und alles umgehen, das war für mich eben keine Hürde. Und auch dieses Thema softmäßig, da musste ich halt ein paar Websites anschauen, aber dann weiß man sehr schnell, was zu tun ist und dann war das für mich jetzt, diese Hürde, relativ klein. Ich musste halt eher dann ein bisschen gucke, wie kriege ich da ein sinnvolles Konzept irgendwie in die Sache rein, dass das dann auch jemand sich gerne anhört und vor allem bis zum Schluss anhört. Aber eben, wenn man jetzt, sagen wir mal, nicht aus dieser Ecke kommt, kann ich mir vorstellen, dass das nicht so einfach ist und man muss ja erst mal alles haben. Also ich hatte zum Beispiel am Anfang von dieser ganzen Pandemie nicht mal eine Webcam. Und dann haben wir überlegt, wir machen jetzt Videoseminare und solche Geschichten. Und dann musste ich bei eBay, habe ich dann bei eBay Bamberg die letzten Webcams ersteigert, die es zu Anfang der Lockdowns noch gab. Und ich habe drei Webcams ersteigert, die ersten beiden habe ich gekauft, die waren kaputt. Aber war noch, man hat das Geld hingelegt, dann hat jemand den Umschlag hingelegt, also war ja noch, dass man sich nicht berühren durfte und so. Und die Dritte hat dann funktioniert, genau und mit der habe ich dann angefangen. Und dann konnte ich also übers Netz bestellen, dann hat sich das ein bisschen gelöst. Aber es sind manchmal so ganz komische Sachen. Und da hat mich mal interessiert, wie ihr dann von dieser Idee und dem, wir machen es, zu diesem Punkt gekommen seid, der ist jetzt da.

Steffi: Das war gar nicht mal so eine große Schwelle, glaube ich.

Phil: Stimmt.

Steffi: Also du hattest Audacity als Aufnahmeprogramm immer auf dem Schirm.

Phil: Genau, das kannte ich schon von vorher. Weil ich mache auch, also ich bin, war in Pen-and-Paper-Rollenspielrunde und da hatten wir eine Zeitlang auch mal die Idee, Sessions komplett aufzunehmen. Und eine Freundin damals eben hat das eben mit Audacity gemacht, daher kannte ich das.

Markus: Ah, okay.

Phil: Und dann haben wir uns halt überlegt, naja, das ist ein kostenloses Programm, das laden wir uns mal runter. Da gibt es YouTube-Tutoriell dazu. So die ganz einfachen Sachen sind halt einfach, du drückst Aufnahme, du drückst Stopp, du schneidest ein bisschen mit dem einen Tool. Also ein bisschen ist untertrieben, ich weiß.

Steffi: Also das Schöne war, den Trailer haben wir auf Phils PC noch aufgenommen. Und ja, ja, das geht ja alles ganz einfach, das geht ja alles ganz einfach. Und dann hatten wir die erste Aufnahme im Kasten und ich hatte das Programm auf meinem PC und ich durfte es schneiden. Ich bin halb verzweifelt. Vor allem weil man halt dann gerade am Anfang so merkt, welche Angewohnheit man beim Sprechen hat. Also bei mir ist es immer dieses und da, und so, also dass ich immer die Sätze mit und anfange. Bei Phil ist es oft dann, dass er …

Phil: Äh.

Steffi: Nee, das äh nicht mal so.

Phil: Nicht? Okay.

Steffi: Sondern dass du immer die Sachen dreimal sagst.

Phil: Und dann, dann, dann, dann, dann habe wir das gemacht und so.

Steffi: Ja. Also mittlerweile erkenne ich es schon so an den Ausschlägen bei Audacity, dass ich weiß, ah, da ist wieder eine Stelle, okay, ich kann sie gleich raus cutten.

Markus: Ja, also das, muss ich sagen, da habe ich mittlerweile aufgegeben. Am Anfang, das Schöne war ja während dieser ersten Lockdown-Zeit, also ich habe ja eben im März 2020 oder April angefangen, da hatte man ja einfach Zeit. Also das, was wirklich verfügbar war, war Zeit, man hatte ja sonst nicht so viel zu tun. Und da habe ich dann tatsächlich auch noch so in meiner Reminiszenz an meine alte Radiozeit alles ganz hart geschnitten, jedes äh und jeden Satz richtiggestellt und was man alles so macht. Und das hört man auch, also die ersten, was weiß ich, 100 Podcasts oder sowas, die sind vom schneiden her, also ich würde mal sagen, ziemlich gut. Aber dann, als dann das langsam so dem Ende zu kam mit dieser Lockdownerei, dann hatte man einfach, also ich, jede Woche einen Podcast, manchmal sogar zwei, einfach keine Zeit mehr, das zu tun. Weil ich muss sagen, das Schneiden, es ist die vier- bis fünffache Zeit, wenn man es ernsthaft macht und wenn man halt so einen Podcast von einer Stunde hat, dann sitzt man halt fünf Stunden dran und ist dann nachher fertig.

Steffi: Genau. Ich bin nicht die Einzige.

Markus: Ja, ja. Ja, weil wenn, dann macht man es gescheit, das ist halt das Thema. Und du kannst dann halt auch nicht, weil du siehst es dann an den Ausschlägen schon, also musst du wieder ran und wieder ran. Und das ist dann, du bist halt danach fertig wie nach einer Autofahrt nach Berlin, weil du ja die ganze Zeit hochkonzentriert bist. Und dementsprechend habe ich jetzt bei den letzten 50 oder sowas lasse ich mehr laufen, weil ich mir einfach denke, es ist ja auch letzten Endes natürlich. Ist natürlich schöner, wenn man es immer alles so raus schneidet und andererseits reden wir ja im normalen Umfeld auch so. Insofern, es ist immer so eine Geschichte. Aber es freut mich, dass das anderen auch so geht.

Steffi: Ja, nee, also ich bin da mit der Zeit auch lockerer geworden. Ich war am Anfang auch, dass ich sehr, sehr viele Sachen raus geschnitten hab und dann eventuell nochmal irgendwie umgestellt und nochmal rumgebastelt. Und mittlerweile sage ich dann auch einfach, drüber laufen lassen.

Phil: Ja. Nee und ansonsten, würde ich sagen, halt von den Themen her immer ein Buch und ein Bier. Wir schauen dann halt zum Beispiel, das erste Buch war ein Amrum-Krimi, also ein Inselkrimi aber mit Androiden.

Markus: Aha.

Phil: Sehr, sehr cool. Und dann habe wir halt geguckt dazu, was passt jetzt dazu, nehmen wir irgendein Bier von der Küste, nehmen wir das und das? Und dann haben wir halt gesehen, das hat dann quasi Bezug genommen auf die Handlung. Es gab ein Bier, das hieß „Devil in the Skys“ und das hat dann einfach super zur Handlung vom Buch gepasst, weil irgendwie einer von den Figuren halt der Täter war und so weiter. Und so sind wir immer so ein bisschen rangegangen, dass wir eben geschaut haben, was passt jetzt? Passt es von der Handlung her, passt es vom Titel vom Buch her, passt es zum Setting vom Buch oder so? Und dann haben wir halt geschaut, Steffi hat halt das komplette Studienwissen über Bier, das ist halt immer großartig. Allein die Kiste mit dem Hopfen in der Hallertau und das da die Straßenlaternen nicht an sein dürfen eben. Und sowas ist halt super, das ist einfach so …

Steffi: Ja.

Phil: Also wir haben auch einen Kumpel, der hat gesagt, boah, der hört es sich so gerne an und sowas hat er halt noch nie gewusst vorher, das ist total cool. Und dann geht es halt immer wirklich darum, wir machen eine Kurzzusammenfassung vom Buch und sagen dann so ein bisschen unsere Meinung dazu. Und machen da noch einen Spoiler-Teil meistens am Ende, wo wir dann halt noch quasi weiter über das Buch reden und halt wirklich genauer nochmal drauf eingehen. Und das ist halt einfach ein bisschen so unsere, ja, Meinung über das Buch einfach oder, was würdest du sagen?

Steffi: Ja, ja.

Markus: Und ihr habt die Bücher komplett beide vorher gelesen?

Phil: Ja.

Markus: Das ist schon auch eine Herausforderung oder?

Phil: Ja.

Steffi: Vor allem es ist schwierig, weil wir ja auch zusammen wohnen, sich da nicht drüber auszutauschen vorher. Also wir haben es am Anfang gemerkt, dass wir dann doch während …

Markus: Nochmal ganz kurz, das heißt, ihr lest beide das Buch, redet aber nicht drüber, sondern erst, wenn dieser Podcast läuft?

Phil: Das haben wir so gemacht jetzt.

Steffi: Ja, also wir haben das jetzt die letzten Male angefangen, das so zu machen. Weil es war am Anfang eben schwierig, weil es halt dann doch so war, erst hat er es gelesen oder erst habe ich es gelesen und dann haben wir gewechselt. Dass dann also immer jemand beim Lesen dann schon mal dazu neigt, die Eindrücke zu sagen. Ja, aber ich finde jetzt aber das und das, oh, das regt mich grad voll auf. Oh, dieser Plot-Twist, den hätte ich nicht vorhergesehen. Und das wir das auch gar nicht aufgeschrieben haben und dann uns das Material in der Folge ausging und wir dann dachten so, häh und wir haben doch so viel drüber geredet und hatten das halt im Vorfeld schon gemacht. Und jetzt versuchen wir uns wirklich dazu zu zwingen, dass wir sagen, nee, wir verlieren da kein Wort drüber und reden dann erst an dem Abend, wo wir aufnehmen, drüber.

Markus: Woah! Und wer sucht das Bier aus?

Phil: Unterschiedlich.

Steffi: Unterschiedlich, ja. Also meistens war ich dann bei uns in Bamberg in Bierothek. Wir haben es auch schon gemeinsam ausgesucht und ich glaube, ein, zwei hattest du dann auch mal ausgesucht.

Phil: Ja, genau, die hatte ich dann, glaube ich, auch vorher einfach irgendwie gefunden, habe gesagt, das passt total zu dem Buch, was wir grade lesen und habe es dann mitgenommen.

Markus: Also das finde ich übrigens auch eine schöne Sache, weil das Gute ist ja, das Bücher so viele Andockmöglichkeiten haben. Wie du schon gesagt hast, das kann der Titel sein, dass kann das Cover sein, dass kann irgendwas Inhaltliches sein. Und dadurch hat man auch eine schöne Möglichkeit, wirklich in der Bierwelt durchaus auch mal zu Exoten vielleicht zu greifen oder so …

Phil: Ja, genau.

Markus: … und das ist dann schon spannend. Trinkt ihr auch Bier, wenn ihr Bücher lest?

Steffi: Ja.

Phil: Dann und wann, ja, ja, doch. Also nicht zu viel. Ich habe Letztens, da haben wir uns nämlich mal tatsächlich drüber unterhalten …

Steffi: Das war doch in der Weihnachtsfolge, wo uns dann eine unserer Hörerinnen gefragt hat, ab wie viel Bier geht Buch nicht mehr?

Phil: Ja, genau. Das war dann so, okay. Da haben wir uns tatsächlich aber auch so mal, glaube ich, drüber unterhalten, dass wir dann so. Und ich habe so gemerkt so, drei Bier, das geht. Also für alle Zuhörer, die nicht in Frankenland oder in Bayern sind, drei Bier heißt 3 0,5.

Markus: Ja.

Steffi: Ja, wichtiger Punkt.

Markus: Absolut, ja.

Phil: Und das war dann so, dann habe ich so gemerkt, okay, so ein, zwei Bier, habe ich gesagt, da kann ich dann auch sogar noch irgendwie fast besser lesen manchmal. Aber so ab drei wird es dann schwierig. Wenn ich dann merke, okay, ich muss jede Satz dreimal lesen, ja, nee, dann höre ich lieber auf.

Markus: Ist ja fast so eine Beschreibung eigentlich, wie Alkohol wirkt. Weil es ja so ist, dass man am Anfang so ein bisschen lockerer wird, ein bisschen euphorisch wird und so, Dinge auch durchaus positiv sieht. Und dann ist irgendwann der Punkt erreicht, wo die Wirkung, wo dann eben die Sinne etwas gehemmt werden sozusagen, man weniger gut wahrnimmt, sich weniger gut konzentrieren kann, ist ja irgendwann erreicht. Und da wird man vielleicht auch ein bisschen leichter erregbar und regt sich vielleicht doch eher leichter auf über irgendwas, was in so einem Buch ist. Also kann ich mir gut vorstellen, dass durchaus das auch einen Einfluss hat, wie man dann mit so einem Buch entsprechend umgeht. Jetzt haben wir grade diese Schlenkerla, was würdet ihr da für ein Buch dazu lesen?

Phil: Boah, mal kurz überlegen. Rauchbier oder irgendwas mit Mittelalter.

Steffi: Das wäre jetzt auch mein Thema gewesen, deswegen gesagt Mittelalter, Fantasy.

Phil: Ja oder tatsächlich irgendwas mit Feuer und Rauch und das irgendwie über den Titel so, weißt du, so hin, kam mir jetzt grade spontan. Irgendwas mit sowas vielleicht, in die Richtung. Oder eben wirklich was konkret mit Bamberg und Franken vielleicht sogar oder was würdest du sagen?

Steffi: Von Brigitte Riebe, Die Seelen im Feuer. Das ist zwar schon ewig …

Phil: Sabine Weigand.

Steffi: War das Sabine Weigand?

Phil: Sabine Weigand, ja.

Steffi: Ach nee, Brigitte Riebe war Die Hüterin der Quelle, glaube ich. Das waren diese beiden Bücher, die in Bamberg zur Zeit der Hexenverfolgung spielen.

Phil: Ja, das ist eine gute Idee, ja, ja, genau. Die könnten wir quasi beide lesen und dann so quasi ein Rauchbier und dann noch eins, was du grade trinkst, das Hansla und ein Märzen. So vergleichen, wo wird die Hexe krasser verbrannt dann.

Markus: Ja, wo ist der Geschmack da näher am Buch sozusagen.

Phil: Ja.

Markus: Ja, also das heißt, ihr seid dann auch noch einer von den wenigen Menschen, die Bücherregale Zuhause haben?

Steffi: Ja.

Phil: Und wie.

Steffi: Ich weiß nicht, ob du das Foto noch auf dem Handy hast.

Phil: Nee, warte mal.

Markus: Können wir später machen, alles gut.

Steffi: Ja, gucken wir mal später.

Markus: Also es gibt Bücher bei euch, ja.

Steffi: Ja, definitiv.

Phil: Jede Menge.

Markus: Ja, bei mir auch oder bei uns auch. Aber das ist in der Tat so, dass es mir in letzter Zeit auffällt, das bei immer weniger Menschen oder andersrum gesagt, als ich umgezogen bin, war immer dieses Thema zuerst, wo kommen die Bücherregale hin und dann diese ganzen schweren Kisten und dieses ganze Zeug, es ist ja irgendwie auch ein Einrichtungsgegenstand. Und wenn ich mir überlege, wenn ich das alles nicht hätte, wäre das vielleicht alles viel leichter, aber andererseits, man fühlt sich da halt einfach wohl. Also das ist schon toll und was Schönes und so eine Welt, in die man auch so ein bisschen, grade in der heutigen Welt, auch mal entfliehen kann und sich vielleicht auch noch ein paar andere Gedanken machen kann.

Phil: Da würde mir grad einfallen, was liest denn du so am liebsten?

Markus: Was lese ich so am liebsten, also ich muss sagen, in letzter Zeit habe ich mich tatsächlich eher auf Hörbücher verlegt, weil ich so viel unterwegs bin. Also ich habe schon tatsächlich erstaunlich oder bedauerlich lange kein belletristisches Buch mehr gelesen.

Phil: Und früher?

Markus: Und früher, ja, früher habe ich also zum Teil so Krimis, so die alten Tom Clancy oder sowas, die fand ich schon ganz gut oder auch so Medizin-Thriller oder sowas. Dann Science Fiction rauf und runter sowieso, bin auch ein alter Perry-Rhodan-Leser. Damals halt, als ich Kind war, da war der so. Und dann, naja, sowas wie der Wüstenplanet natürlich oder Tolkien und was da halt so alles. Also es gibt schon viel tolle Literatur, wo man eben grade eben so in andere Welten sich entführen lassen kann. Und ich überlege grade, was habe ich grade? Grade habe ich so ein Buch, mir fällt der Titel grad nicht ein, aber die Idee ist, das ist ein sehr aktuelles Buch auch. Also es spielt praktisch in einer Welt quasi um diese Zeit, also vielleicht nächstes Jahr oder so und da, in diesem Szenario findet auch der Russland- Ukraine-Krieg statt. Und dann taucht ein Ufo auf über der Schlangeninsel und überall auf der Welt tauchen Artefakte auf und diese Artefakte sorgen dafür, dass die Atomwaffen nicht mehr funktionieren. Und dann in einer Art Reaktion darauf, weil sie sich eben nicht mehr abschrecken können, fallen dann alle übereinander her und da bin ich jetzt grade, also irgendwie im ersten Drittel noch, dieses Buches und es entwickelt sich. Natürlich hat man dann irgendwelche Spione hinter den Linien…

Phil: Oh, das musst du mir mal schicken dann, das klingt spannend.

Markus: Ja, werde ich machen. Auf jeden Fall, also ohne groß zu spoilern. Was ich jetzt schon rausgefunden habe ist, dass diese Artefakte wohl aus Gas bestehen und sich dann materialisieren und dann an die Menschen auch anpassen. Also am Anfang sterben alle Menschen, die die berühren, später dann sterben sie erst nach ein paar Minuten und dann sterben sie nicht mehr. Das bedeutet aber andersrum, dass sie sich vielleicht auch an die Menschen adaptieren – assimilieren… Ich werde mal sehen. Also, wie gesagt, es gibt auch völlig abstruse Sachen. Oder ich habe neulich mal eins gehört, da ging es um einen Wal, der strandet in einer Welt, wo es einen Blackout gibt. Da fällt mir jetzt bloß der Name grad im Moment auch nicht ein.

Phil: Das war, Moment, vom Ironmonger?

Markus: Ja, genau, richtig.

Phil: Ja, der Wal und das Ende der Welt.

Markus: Der Wal und das Ende der Welt, der hat mir auch sehr gut gefallen, muss ich sagen, ein schönes interessantes Buch mit sehr vielen überraschenden Wendungen, wo man am Anfang gar nicht gedacht hat, dass das passiert. Also insofern, doch, also spannend. Und da, natürlich, kann man auch mit Bier immer schön arbeiten und das macht durchaus Spaß, ja. Und andersrum natürlich, ich produziere ja auch das ein oder andere Buch und da gehört dann auch immer Bier dazu. Und da bin ich dann immer sehr froh, dass es mittlerweile so tolle Biere gibt wie dieses Hansla hier, wo man eben mehr oder weniger ohne Alkohol trotzdem einen schönen Biergeschmack hat. Weil das natürlich beim Schreiben noch schwieriger ist als beim Hören oder Lesen, wenn man dann mehrere Biere getrunken hat, aber, naja. So, ja, also wie ist so die Resonanz eurer Leserschaft, was kommt da so an, was mögen die, was mögen die nicht?

Phil: Was würdest du sagen?

Steffi: Also so kam es auch besonders im Freundeskreis sehr, sehr gut an. Also ich habe diverse Personen bei mir im Bekanntenkreis, die mir halt dann auch gleich immer, wenn ich auf WhatsApp schreibe, hej, neuer Podcast ist draußen, dann kriege ich Herzchen und alles zurück, oh wie schön, der Podcast ist da und ich hab schon drauf gewartet. Und wenn mal irgendwie noch was an Kritik kommt, das ist extrem konstruktiv. Also wie gesagt, das war jetzt das, wo wir vorab schon mal gesprochen hatte eben mit der Audioqualität zum Beispiel, wo wir jetzt dann auch sagen, okay, da müssen wir mal gucken, wie wir das entsprechend adaptieren. Und, ja, eigentlich zufrieden.

Phil: Also das Coole ist auch, ich finde, ist jetzt halt nicht mega groß bekannt, das ist halt ein schönes Spaßprojekt, auf das wir Bock haben. Und es ist halt quasi so, viele im Freundeskreis hören das und sind auch sehr begeistert. Aber wir haben tatsächlich auch ein paar Leute, die wir halt wirklich direkt über Instagram oder halt direkt über Spotify dann gewonnen haben, die auch immer wieder zuhören. Also das ist auch sehr cool, also freut uns.

Markus: Ja, das ist schon spannend. Also ich hatte das neulich, dieses Jahr war ich in den USA zum World Beer Cup, um dort eben als Jugde zu sein und bin dann auch ein bisschen rum und war dann in einer von den Brauereien und war in der Schlange angestanden. Und dann spricht mich tatsächlich einer aus der Schlange an, ob ich nicht der bin mit dem Podcast? Und das fand ich echt total interessant, weil ich tatsächlich auch festgestellt hab, dass es viele Amerikaner gibt, die ganz bewusst den BierTalk hören, weil sie Deutsch lernen. Also es gibt viele, die da Deutsch lernen und die sagen, bevor ich jetzt Deutsch lerne und muss dann Äpfel und Birnen und was weiß ich, mich unterhalten oder Reiseberichte lesen, dann mache ich doch lieber irgendwas mit Bier, weil das interessiert mich und da lerne ich auch gleich die Sprache und die ich auch will, wenn ich später mal über Bier zum Beispiel mit jemanden spreche.

Phil: Was ist besonders deutsch? Bier.

Markus: Ja, genau. Also insofern, das fand ich wirklich eine ganz lustige Erfahrung, es bringt irgendwie auch Leute zusammen. Und da muss ich jetzt auch sagen, wenn ihr das Stichwort Audioqualität erwähnt, das war in der Pandemie oder teilweise auch immer noch ist das so ein Thema, weil ich oft Gäste hab, die ich halt irgendwo anders in der Welt habe. Und dann ist es halt manchmal tatsächlich eine Herausforderung mit einer schlechten Tonqualität, einfach weil die Verbindung nach Kolumbien oder sonst wo halt einfach schlecht ist. Aber ist dann manchmal auch einfach so, also man kann nicht immer Studioqualität liefern und wir sind halt auch in dem Fall doch keine Profis, dementsprechend muss man auch einfach den Abstrich machen gegenüber Leuten, die da tausende von Euro investieren, um so einen Podcast zu machen, ist das halt dann einfach so.

Phil: Sind halt nicht von der ARD gesponsert, ja.

Markus: Genau, ja. Hört ihr denn andere Podcasts?

Steffi: Ja.

Phil: Ja, jede Menge.

Steffi: Also du vor allem. Bei mir sind es immer so drei, vier, zu denen ich regelmäßig tendiere, aber ich wechsel auch immer ab. Also ich höre meistens auf dem Weg zur Arbeit, wenn ich da Fahrrad fahre, entweder Podcast oder Musik, je nach Stimmungslage. Und deswegen komme ich halt auch bei dem ganzen Output von so vielen Podcasts nicht zu so vielen, aber das sind so drei, vier, die ich regelmäßig höre.

Markus: Wollt ihr verraten, welche das sind oder wenigstens einen vielleicht?

Steffi: Also das eine ist Hoaxilla, den hören wir beide.

Phil: Ja, den hören wir beide, genau.

Markus: Worum geht es da?

Steffi: Diverse oder magst du erzählen, ich glaube, du …

Phil: Also das ist ein Ehepaar, die kommen ursprünglich aus Münster, glaube ich. Die haben angefangen als, ja, debunking von Verschwörungstheorien und Mythen. Also quasi, die halt einen Podcast machen, wir klären auf über A) Verschwörungstheorien, B) Volksmythen, C) urbane Legenden und so weiter, wo kommt das alles her, das machen die und so weiter. Und die sind halt inzwischen relativ groß geworden. Die machen auch zusammen mit dem Tommy Krappweis, also mit dem Erfinder von Bernd dem Brot, machen die so ein Ding, das heißt, wie heißt es nochmal, #Ferngespräch. Hat aber auch in der Corona-Pandemie angefangen, wo sie halt wirklich immer faktenbasiert mit Expert:innen, die halt immer da sind, reden über bestimmte Sachen, wie eben Corona und Letztens war es halt über die Verkehrswende oder sowas und so weiter. Die hören wir also sehr gerne.

Markus: Haben die auch schon aufgeklärt, ob es Bielefeld nun gibt oder nicht gibt?

Phil: Ja, das war, glaube ich, sogar mal eine Erster-April-Folge

Markus: Ja, weil Münster ist ja nicht so weit weg…

Phil: Eben, ja, genau. Und ansonsten, ich höre noch immer, die heißen Kack- und Sachgeschichten, die sind auch lustig.

Markus: Okay.

Phil: Die machen quasi, ja, das ist, total banale Themen werden hier seziert. Also die reden über Filme, Serien und so weiter und so popkulturelle Sachen an sich und gehen da halt ins Detail und reden dann so einen Quatsch wie, würde Ironmans Anzug wirklich funktionieren oder würde man dabei sterben und sowas so. Also ich höre sehr viel so Popkultursachen halt einfach im Podcast.

Steffi: Ja und bei mir sind es halt auch diverse Interview-Podcasts. Also Hotel Matze zum Beispiel, von Matze Hielscher, der halt diverse Gäste zu Gast hat und da halt über deren Leben, Lebensgeschichte Interviews führt und halt auch zum Beispiel ungewöhnlichere Fragen stellt und da eben sehr psychologisch agiert. Und man da Persönlichkeiten erlebt, wie man es halt sonst nicht mit bekäme oder abseits von diesen klassischen Interviews, die halt sonst auf irgendwelchen Bühnen geführt werden, sondern wirklich, wie wenn man mit einem Freund, einer Freundin im Wohnzimmer quatscht.

Markus: Ja, nee, das finde auch, also das ist das Schöne, das diese Podcast-Welt, ja, einfach so ein großes Potpourri hat, was man machen kann und man kann sich wirklich so ein bisschen das aus der Schublade jeweils ziehen, was einem grade passt. Also ich muss sagen, bin durch Zufall über die Supernasen gestolpert. Also fand ich von der Idee her schon irgendwie krass. Das war tatsächlich, als ich in Amerika war, weil ich dann immer im Hotel, Jetlag und sowas, hatte ich einfach viel Zeit, wo ich irgendwie nicht so recht wusste, was ich tun soll. Und dann habe ich eben entdeckt, es gibt einen Podcast mit Mike Krüger und Thomas Gottschalk…

Steffi: Das wäre hier auch meine Intention.

Phil: Ja, genau, sind das wirklich die beiden?

Markus: Es sind wirklich die beiden. Also das ist, auf der einen Seite ist es so krass teilweise geschrotet, dass man sich schon wieder drüber lustig machen kann, wie es gemacht hat. Aber auf der anderen Seite sind sie immer noch so konfus, dass sie sich auch ständig da drüber hinwegsetzen und dann ist das Innendrin irgendwie auch lustig. Also ich glaube, dass das bei der Hörerschaft vielleicht gar nicht so gut angekommen ist, weil sie es eben mittlerweile auch eingestellt haben. Aber es war auf jeden Fall eine lustige Geschichte, um mal da auch ein bisschen in meine Jugend zu reisen, weil das ja tatsächlich auch so die Filme waren, mit denen ich so groß geworden bin. Und wenn es stimmt, dann haben sie tatsächlich mal eine Fortsetzung zu ihren beiden Filmen geschrieben, die aber nie als Film rausgekommen ist und die beginnen sie in diesem Podcast dann auch Stück für Stück zu lesen. Und das fand ich auch sehr interessant, also so eine Mischung dann aus Hörbuch und Podcast und was weiß ich was. Also, ja und ich höre auch viel so aktuelle Politik ein bisschen, weil man wenig vertiefende Informationen, die man normalerweise über die normalen Medien bekommt und das finde ich ganz interessant.

Phil: Stimmenfang höre ich da zum Beispiel vom Spiegel, ja, der ist tatsächlich echt gut. Und ansonsten auch viel so Retrosachen eben auch so, also meine Retrosachen dann so. Radio Nukular zum Beispiel, heißen die. Da geht es halt viel so um später 80er-, früher 90er-Nerd Stuff, also halt lauter Filme, Spiele, Serien, alles so aus der Zeit, sowas höre ich dann auch immer.

Markus: Ja.

Phil: Um nochmal gleich weiterzukommen, von Popkultur-Nerding zum Bier-Nerding, wollte ich gleich mal fragen. Wie ist denn das, du als Sommelier, vielleicht Kenner von den Sachen, wie stehst du dazu, dass es halt Leute gibt, die immer sagen, ja, äh, dieses Craft Beer und hm, weil du bist ja auch Botschafter dafür das halt viele Leute hergehen, ja und in Franken brauchen wir das eh nicht und das ist doch eh schon alles Craft Beer in Franken? Also mein Vater ist zum Beispiel so jemand also.

Markus: Ja, das ist schwierig. Also ich sage, ganz grundsätzlich ist das Tal der Ahnungslosen ziemlich groß und zwar in beide Richtungen. Also man hat die einen Verrückten, die Craft Beer per se in den Himmel loben und davon ausgehen, dass Craft Beer alles nicht reinheitsgebotskonform ist und dass die Brauer endlich mal all das machen, was alle anderen nicht dürfen und das ist alles super und spitze und genial. Und dann gibt es halt die anderen, die sagen, das einzig Wahre ist das, was ich seit 500 Jahre trinke, gefühlt und alles, was auch nur ein My davon abweicht, ist grundsätzlich Mist. Und erst recht, wenn es dann noch sowas Modernes ist und sowas Komisches und noch so einen englischen Namen hat und überhaupt. Und das ist natürlich ein Spannungsfeld, in dem man sich bewegt. Auf der anderen Seite ist das ja auch ein bisschen das, was Bier so interessant macht. Ich meine, ich sage immer, wir haben in Deutschland 85 Millionen Bundestrainer und wir haben auch 85 Millionen Biersommeliers. Jedes Bier polarisiert, jeder hat seine Meinung, jeder hat sein Lieblingsbier, das ist jeder sofort getriggert. Auf der anderen Seite bringt Bier aber auch zusammen. Also ich versuche dann halt immer ein bisschen aufzuklären. Also Erstens, hat Bier in Deutschland nicht mal eine Definition für Craft Beer, damit fängt es ja eigentlich an. Deswegen können wir gar nicht da drüber reden, weil wir gar nicht wissen, was das eigentlich ist. Weil, hat nie jemand definiert und das kann auch keiner definieren. So, wenn man dann guckt, wo wurde das definiert, dann kann man nach Amerika gucken und kann sagen, okay, was war das da?

Steffi: Und dann ist Oettinger Craft Beer.

Phil: Ja, genau.

Markus: Ja, ja, aber man muss mal überlegen von der Idee her, was war das da? Da hatte man dieses Mainstream, sage ich mal, Bud light und was es halt da so alles gab. Und dann eine Gegenbewegung aus denen, die endlich wieder brauen durften und dann eben sich ausprobiert haben. Und wie der Amerikaner so ist, viel hilft viel, da ist man in die Extreme gegangen was Hopfen angeht, was Alkohol angeht, was Aromen angeht. Und oft, meistens sogar ganz bewusst nach dem Reinheitsgebot, weil man ja weg wollte von diesen billigen Zutaten wie Reis oder Mais oder sonst irgendwas. Und das, also dieses, über das Reinheitsgebot hinausgehen, ist ja dann erst wieder gekommen, als man dann mit Sauerbieren und so weiter experimentiert hat. Und einfach auch aufgrund der Nichtverfügbarkeit von Dingen, was weiß ich, ein Joghurt in sein Bier gegeben hat, um eben Milchsäure zu haben, weil das eben anders nicht geht in der Situation. Also das muss man alles auch ein bisschen verstehen. Und dann ist diese Experimentierfreudigkeit halt nach Europa gekommen. Und was ich gut finde ist, das es unsere Brauereien inspiriert hat einfach, also Erstens über ihr Bier anders zu reden, es zum Teil anders zu nennen, sich auch mal Gedanken über Rezepturen zu machen und dann eben auch mal ein bisschen zu spielen und auszuprobieren. Und es gibt eben nicht Craft Beer als Bierstil, sondern es gibt halt klassische einheimische deutsche Bierstile. Wenn man überhaupt von Bierstilen reden kann, das wäre das nächste Kapital. Und dann gibt es halt ausländische Bierstile, sage ich mal in Anführungsstrichen, also Biere, die halt üblich sind in Belgien, in England, in Tschechien, in den USA, wo auch immer. Und wenn wir jetzt in unserer globalisierten Welt halt zum Beispiel in Deutschland ein Bier machen nach einem englischen Rezept mit einem neuseeländischen Hopfen und weiß ich, einer belgischen Hefe, dann ist das ein ganz faszinierendes tolles Produkt, wo ganz viele Welten miteinander verbindet und ganz tolle Aromen hat und man das als solches auch versteht. Und es hat natürlich nichts damit zu tun, dass ich von diesem Bier dann 10 Halbe zur Fußballhalbzeit trinke. Dafür ist es auch nicht gedacht, das muss man auch immer sehen, dass es halt nicht nur die eine Trinkgelegenheit gibt, die man hier so vermutet. Also es ist wirklich Grundaufklärungsarbeit. Aber, ehrlich gesagt, mir ist jeder lieber, der überhaupt schon mal Bier trinkt, weil den kann ich wenigstens abholen, als man so einen oder eine, die da komplett dagegen ist. Geht manchmal auch, also wenn die generell dem Alkohol nicht abgeneigt sind, geht es irgendwie auch immer, dauert halt ein bisschen länger, die Schleife muss man drehen. Aber schön ist jedenfalls, man kriegt am Ende fast alle irgendwie beim und mit einem Bier und schafft immer so einen Aha-Effekt. Und auch aus so einer Verkostung gehen auch die Schlimmsten meistens mit mindestens einem Bier raus, wo sie sagen, Mensch, jetzt habe ich was kennengelernt, was ich doch auch interessant find und mag und der Horizont ist erweitert. Und letzten Endes ist das knallharte Horizonterweiterung, die man in unserer Bevölkerung, glaube ich, ständig in jeder Hinsicht machen müsste und ich mache es halt mit Bier. Und insofern …

Phil: Ist schon mal eine gute Idee.

Markus: Ja, naja, bei Büchern ist es ja, glaube ich, ähnlich oder?

Phil: Ja, richtig.

Markus: Also habe ich noch nie drüber nachgedacht, aber wo ihr das jetzt so sagt, kann ich mir vorstellen, auch ich selber, wenn ich überlege, so früher hatte ich so meine Lieblingsautoren und ich bin dann halt immer hin und habe geschaut, gibt es was Neues. So wie ich irgendwo in der Musik, damals noch in der Schallplattenzeit halt hingegangen bin und geschaut hab, hat meine Lieblingsgruppe eine neue Platte rausgebracht. Da ist man nicht automatisch in die anderen gewechselt und so.

Phil: Ja, stimmt schon.

Markus: Also Menschen sind halt auch Gewohnheitstiere und insofern, ja.

Phil: Ja, das auch mit einem Buch, das ist richtig. Ich meine, allein von den Büchern, die Steffi jetzt auch liest, das hat mir so viel mehr Horizont geöffnet in letzter Zeit, muss ich ganz ehrlich sagen. Also grad jetzt auch, was halt Sachtexte angeht und so weiter da und …

Steffi: Also, ja, weil ich komplett irgendwie Richtung Sachtexte umgeschwenkt bin jetzt und Gesellschaftsliteratur, wo ich vorher auch eigentlich mehr Fantasy gelesen hab.

Phil: Also das tue ich auch bis heute immer noch sehr, sehr, sehr gern. Aber, nee, es ist halt einfach spannend, sich dann mal auch was anderes anzuschauen und einfach mal da, sowohl beim Buch, als auch bei mir, als auch so Allgemein, immer mal ein bisschen über den Tellerrand zu gucken, so im Allgemeinen. Du hast noch was.

Steffi: Was uns da tatsächlich noch fehlt, auch auf unserer Bucket List quasi, wir waren noch nie zusammen auf einem Bierfestfestival.

Phil: Stimmt, stimmt, ist richtig.

Steffi: Also ist natürlich auch dem geschuldet, das wir uns eigentlich seit Corona kennen und das es halt seitdem relativ spärlich war. Aber was ich da immer super schön fand, war halt die Braukunst Live in München.

Markus: Ja.

Steffi: Was gibt es von die da so Tipps, welche Festivals gefallen dir besonders gut?

Markus: Also es kommt immer ein bisschen drauf an, weil irgendwie sind sie alle schön, aber natürlich auch alle irgendwie besonders. Und das ist halt eine Frage, mit welchem Ziel gehe ich dahin und was mag ich gern? Und bei mir ist es halt ein bisschen speziell mittlerweile, weil ich halt tatsächlich viele Biere kenne und auch selber also relativ selten sage, ich trinke bewusst jetzt mal 3, 4, 5, 6, 7 Bier, sondern ich probiere lieber und bin dann meistens eher nicht betrunken. Ist dann so, aber mein Gott. Aber grundsätzlich, also ich hab grad ein T-Shirt an, sehen jetzt wenig Leute, aber ich kann einfach sagen, ist aber Zufall, hab ich heut Früh rausgesucht, das ist vom Kerstbierfestival in Essen. Und jetzt denken viele Leute, Essen ah ja, das ist diese große Stadt in Deutschland. Stimmt nicht, es gibt auch noch ein kleines Essen in Belgien. Das ist so ein Grenzdorf zwischen Belgien und den Niederlanden. Und der Funfact dahinter ist, es gibt so eine Gruppe von Holländern oder Belgiern, also beides irgendwie zusammen, die da so in Essen, also es sind Belgier, glaube ich, mehr. Und die wohnen da und haben vor vielen Jahren mal beschlossen, wir machen ein Party, so um die Weihnachtszeit und trinken da halt die Weihnachtsbiere, die es gibt so zu Zeit, also vor 20 Jahren, sowas ungefähr, da waren das halt 5 oder so. Und dementsprechend hatten die einen schönen Abend und haben dann halt beschlossen, das machen wir jetzt jedes Jahr, machen wir so eine Art Verein und verpflichten uns, das wir immer alle verfügbaren Weihnachtsbiere trinken.

Phil: Das ist cool.

Markus: Womit sie nicht gerechnet haben ist, dass die Bierwelt auch in Belgien explodiert ist. Und mittlerweile gibt es gefühlt mindestens 250 Weihnachtsbiere jedes Jahr und eben nicht nur aus den großen Brauereien, sondern aus jeder Kleinstbrauerei. Und dieser Freundeskreis ist aber immer noch zugange. Und mittlerweile sind die tatsächlich ein Vierteljahr damit beschäftigt, durch ganz Belgien zu fahren in jeden kleinen Winkel, um dann, sobald sie verfügbar sind, diese Weihnachtsbiere zu holen, damit es die an diesem Festival zwei Tage lang gibt. Und da ist total faszinierend. Das Festival ist dann in so einer alten Schulturnhalle. Und die haben sich auch überlegt, ob sie es zwischendurch verlegen sollen, weil, wie gesagt, das ist am Ende der Welt irgendwie und wären natürlich wahrscheinlich viel besser aufgehoben irgendwo in Brüssel oder Gent oder so. Aber nein, sie wollen es da lassen.

Phil: Nee, das ist cool.

Markus: Und in so einer Turnhalle, da stehen dann die Leute in der Schlange an, gefühlt Kilometer, wenn es früh losgeht. Die Tickets werden online verkauft, gibt es dann für ein, zwei Stunden, dann sind die weg. Also es gibt, glaube ich, an beiden Tagen jeweils so 3-, 400 Tickets, dann ist das ganze Thema durch. Und dann, vor Ort hat man dann so ein großes U, da stehen dann diese Jungs dahinter und dahinter sind diese ganzen Biere, teils in Fässern, teils in Flaschen. Und dann hat man halt Tokens und kann sich dann die alle holen. Und das ist sehr interessant, weil die Biere natürlich alle ein Thema haben, also irgendwie Weihnachten, aber natürlich die verschiedensten Bierstile. Und da gibt es halt Lambic-Brauereien, die dann eben schöne Lambic Gösse machen mit irgendwie einem Weihnachts-Touch oder einfach nur Weihnachten drauf schreiben, bis hin zu welchen, die dann halt sich ein Quadrupel machen mit Zimt und Orangen und Piment und was weiß ich was allem, um das dann sehr weihnachtlich hinzubekommen. Und das ist immer wieder ein ganz großes Erlebnis und eine sehr tolle Veranstaltung. Also das kann ich nur empfehlen, wobei es tatsächlich nicht so einfach ist, Tickets zu bekommen. Könnte man aber mal schauen, ob ich da eine Lösung finde. Also auf jeden Fall, das ist spannend, ist aber sehr abgefahren. Dann der Gegensatz dazu wäre ja eins unserer nächsten Bierfestivals, das Bierfest in Nürnberg im Burggraben.

Steffi: Stimmt, ja.

Markus: Das ist im weitesten Sinne auch ein Bierfestival und …

Steffi: Das ist immer um Pfingsten rum oder?

Markus: Das ist immer um Fronleichnam.

Steffi: Fronleichnam.

Markus: Gena. Also das ist das Problem mit diesen christlichen Feiertagen, da wandert das nämlich immer hin und her, und ist aber von der Location spektakulär im Burggraben in Nürnberg.

Phil: Ja, das ist schon cool, ja, genau.

Markus: Bedeutet vor allem auch, wenn es sehr heiß ist, was es um die Zeit oft ist, ist es da unten immer sehr angenehm kühl. Bedeutet aber auch, wenn es sehr regnerisch ist, ist ein Teil eine Schlammhölle. Also wir hatten schon Festivals, wo man Bierbänke ausgelegt hat, damit die Leute durch den Schlamm laufen konnten.

Steffi: Juhu.

Phil: Okay, ein Spaß.

Markus: Aber, ja, also gab es auch schon. Und es ist das einzige Bierfestival, das ich kenne, wo es schon auch um einen Konsum geht. Also beim normalen Bierfestival hat man ja dann so kleine Gläschen und 0,1 oder 0,2 und nippt sich da so durch. Und das ist natürlich für den Brauer so ein grenzwertiges Vergnügen. Da muss man mal realistisch überlegen, weil der schenkt dann halt an so einem Festivals, wenn es hoch kommt, 50 Liter aus, das ist für einen Brauer ein Fass. Und wenn man überlegt, wie viel kann ich an so einem Fass verdienen, hat er vielleicht am Ende 2-, 300 Euro. Und dafür fährt er dahin und muss vielleicht noch eine Standgebühr bezahlen und muss übernachten, hat vielleicht noch Personal dabei. Also das ist eigentlich immer ein Draufzahlgeschäft letzten Endes, so ein klassisches Bierfestival. Und das ist in Nürnberg eben anders, da gibt es halbe Liter und, ja, da sind auch sehr viele Leute. Und das ist im Grunde einfach riesen großer Biergarten, sehr gemütlich, sehr viel Bierkultur, also kaum jemand, der über die Stränge schlägt, aber eben, man hat auch einen Absatz. Also der Brauer geht halt raus und hat dann 10 Hektoliter ausgeschenkt und dann macht es auch irgendwie Sinn. Und man hat 50 Brauereien plus Gastbrauereien, die organisiere ich immer. Und da haben wir schon sehr Exotische gehabt, aus Finnland zum Beispiel oder aus Kanada oder dieses Jahr hatten wir aus Südtirol die Batzenbräu aus Bozen, letztes Jahr hatte ich ein ukrainisches Bier. Das darf ich gar nicht so laut sagen, das haben wir mit einem niederländischen Schmuggler, hinter rum sozusagen nach Nürnberg gebracht, aber das hat ja jetzt keiner gehört.

Phil: Moment.

Markus: Naja, weil das ist, es war nicht einfach, es war Anfang des Krieges und dann ein Bier aus dem Land rauszukriegen. Und was macht ein Zoll mit einem ukrainischen Bier, also krasse Geschichte. Aber war schön, weil wir haben das ganze Geld dann gespendet, wir haben ja über 6.000 Euro an die Ukraine, Und es war auch total krass, wenn man die Geschichten gehört hat, die die einem erzählt haben.

Phil: Ja, das glaube ich.

Markus: Also das war auf jeden Fall etwas, was einen auch nochmal so ein bisschen erdet in gewisser Weise, weil man immer so leicht redet, das ist schon auch was, was wichtig ist. Und das war auch das Festival gut, fand ich auch in Nürnberg gut, dass die Leute sich auch beschäftigt haben damit …

Steffi: Richtig, richtig und da auch nochmal drüber geredet, ja.

Markus: … die haben dann auch mit den Ukrainer:innen sich unterhalten. Und da waren natürlich zu dem Zeitpunkt auch schon andere ukrainische Flüchtlinge da, die dann da auch kamen. Also das war schon auch in der Hinsicht eine tolle, also so schlimm das ist, aber irgendwie auch eine tolle Situation. Insofern, also man kann viel mit dem Thema Bier machen. Also das, die Braukunst Live wird, glaube ich, nicht mehr stattfinden.

Steffi: Ich glaube nicht, nee.

Markus: Und da muss man aber sagen, der Frank Böer, der die ja ins Leben gerufen hat, der hat einfach genau zum richtigen Zeitpunkt das Ganze abgegeben und verkauft und lebt mittlerweile in Kanada und dem geht es gut.

Steffi: Ah, okay, das ist geil.

Markus: Aber deswegen ist die Braukunst Live eben weg, weil dann der nachfolgende Käufer einfach keinen großen Sinn, glaube ich, drin sieht, die weiterzumachen. Aber es gibt, also ich war zum Beispiel jetzt bei einem kleinen Bierfest, dass sich für euch aber vielleicht auch lohnen könnte, das war die Bierköste in Neumünster.

Phil: Okay, ja.

Markus: Hört sich jetzt irgendwie schräg an, aber, also Neumünster ist ja nördlich von Hamburg, so irgendwie in Schleswig-Holstein mitten drin. Ist tatsächlich eine alte Bierstadt, also da war mal eine richtig große Brauerei mit einem richtig großen Ausstoß und hat also eine gewisse Biertradition. Und das Allerbeste ist, es gibt einen ICE, der von Bamberg dahin durchfährt.

Phil: Wann ist denn das?

Markus: Na, das war jetzt, oh Gott, wann war das denn, im Juni oder so?

Phil: Juli?

Markus: Juni, glaube ich.

Phil: Dann müssen wir unseren nächsten Amrum-Urlaub so planen, dass wir zuerst dahin fahren.

Steffi: Ja, richtig.

Markus: Genau. Also und da …

Steffi: Wir haben ja eh gesagt, wir fahren nicht mehr an einem Tag durch.

Phil: Ja, richtig, genau, eben, dann machen wir das so, wir fahren erst rein und fahren dann rüber zur Insel.

Steffi: Genau.

Markus: Also, ja und das ist toll, weil du halt da ganz viele Brauereien da so aus dem Norden hast, also kleine auch, die man ja so nicht kennt und super tolle Atmosphäre, super liebe Leute. Ein bisschen so wie am Anfang dieser ganzen Craft-Beer-Zeit, weil halt da alles noch eher neu ist. Und wie gesagt, eben die Möglichkeit einen Zug, wo man hier in Bamberg einsteigt und egal, ob der Verspätung hat oder nicht, aber man wird irgendwann aussteigen und ist da, wo man hin will.

Phil: Meistens, ja. Ich sage nur so, ganz kurz da eingeschoben, wir sind zurückgefahren aus dem Urlaub von der Nordsee und haben es bis Berlin geschafft. Auch mit dem ICE, von dem wir gedacht haben, wir können von Hamburg bis Bamberg drin sitzen und durchfahren. Und dann hieß es in Berlin, ja, dieser Zug wird heute hier nicht mehr weiterfahren, schauen Sie mal, wo Sie bleiben.

Markus: Und dann hattet ihr eine Übernachtung in Berlin?

Phil: Nee, wir haben es dann doch noch irgendwie geschafft, einen Ersatzzug zu finden, aber das war tatsächlich so, woah, danke, okay.

Markus: Ja, man muss man dann das Beste draus machen. Also ich habe dann auch schon eine Übernachtung in Berlin dann gemacht in solchen Fällen. Das kann man ja auch machen, dort gibt es auch schöne Brauereien.

Steffi: Wir hatten im Zug dann zwei Weißbiere.

Phil: Ja, genau, da ging es mir gut, ja.

Markus: In Köln ist mir das auch mal passiert, da bin ich dann unverhofft zu einem schönen Abend im Gaffel gekommen. Also manchmal muss man die Dinge dann so nehmen wie sie sind. Also die Deutsche Bahn ist da schon eine Wundertüte, aber ich lasse nicht nach, alles was geht, mit dem Zug fahren, einfach aus Prinzip und aus guter Hoffnung.

Steffi: Ja, das sehen wir ähnlich.

Phil: Ja, genau.

Steffi: Wobei ich auch sagen muss, wir hatten tatsächlich noch nicht so viele schlechte Erfahrungen mit der Deutschen Bahn.

Phil: Ja, stimmt eigentlich, das war das Einzige.

Steffi: Also ich fühle mich dann immer so ein bisschen in Zugzwang, da mal eine Lanze dafür zu brechen, weil ich sage, ej, wir hatten echt noch nicht so oft Pech, wie ich es von manchen Leuten höre. Haben halt dann einfach wirklich Pech gehabt, bei denen passiert es ständig und bei uns war es eigentlich überschaubar.

Markus: Man neigt auch dazu, das zu überdramatisieren. Ich meine, natürlich ist das Mist, wenn man im Zug dann irgendwo feststeckt oder der dann tatsächlich nicht mehr weiterfährt. Oder ich hatte auch schon Situationen, da kam ich dann bis Würzburg und musste dann tatsächlich in Würzburg ein Hotel nehmen, weil ich keine Chance mehr hatte, nach Bamberg zu kommen, das gibt es schon. Aber man muss mal andersrum sehen, wenn ich die ganzen Strecken, die ich mit dem Zug fahren würde, mit dem Auto fahren würde, wie oft wäre ich im Stau, wie oft wäre mein Auto irgendwie grade kaputt, was weiß ich was für ein Scheiß. Da würde ich mich auch immer wieder ärgern und mich wirklich aufregen und ich müsste fahren und das ist eigentlich auch super nervig. Selbst wenn man alles mit rein rechnet, also da habe ich kein Problem damit, im Zug auch mal ein bisschen länger unterwegs zu sein. Zu mal …

Phil: Und arbeiten.

Markus: Ja. Also ich finde, also ich plane es halt mittlerweile ein. Also ich plane halt nicht mehr so, dass ich sage, wenn ich um zwei irgendwo sein soll, bin ich um halb zwei da, sondern dann bin ich halt …

Kellner: Habt ihr noch einen Wunsch?

Markus: Ja, ich nehme ich noch so ein Hansla.

Phil: Ich würde gern noch ein Märzen nehmen.

Steffi: Für mich auch bitte.

Markus: So, seht ihr, habt ihr hier automatisch die Live-Situation, wie man im Schlenkerla ein Bier bestellt.

Phil: Ja, genau.

Markus: War jetzt auch relativ unspektakulär, muss man sagen.

Phil: Was mir jetzt noch eingefallen ist, jetzt sind wir von abgekommen, aber vorhin bei dem Craft Beer und so weiter. Wie war das mit dem nicht Reinheitsgebot, sondern wie hieß das?

Steffi: Natürlichkeitsgebot von Kehrwieder…

Phil: Genau. Kennst du das?

Markus: Ja, ja, natürlich.

Steffi: Boah, ja.

Markus: Also ich sage einfach meine ehrliche Meinung.

Phil: Klar.

Markus: Ich finde es von der Idee her gut, vom Namen und von der Umsetzung her schwierig.

Phil: Okay. Was würdest du besser machen?

Markus: Also der Punkt ist, also sagen wir mal so, man muss ein bisschen vorne anfangen. Beim Reinheitsgebot an und für sich geht es ja darum, dass man sagt, wir haben eben die Rohstoffe, die wir vorschreiben, um ein Bier zu brauen. Am Ende, also seit Anfang des 20. Jahrhunderts auch den Gedanken zu haben, da eben ein reines Bier zu haben, ohne das irgendwelcher Schnickschnack da drin ist. Vorher war das ja eher so eine Steuergesetzgebung, aber gut, dann haben wir das so. Und das hat sich durchaus auch bewährt in vielerlei Hinsicht und zwar an dem Ende, an das wir heutzutage kaum denken, wenn wir drüber sprechen. Also wir sprechen immer drüber, das Reinheitsgebot ist ein Problem für den Brauer, der gerne einen Apfel in sein Bier schmeißen will und es nicht darf oder eine Zimtschnecke oder sonst irgendwas. Wobei Rauch zum Beispiel, weil das grade kommt, erlaubt ist.

Phil: Aber der Rauch wird ja nicht quasi nach dem Brauen infusiert.

Markus: Richtig, richtig, richtig. Wobei es auch eine Diskussion gab zum Beispiel am Anfang, ob die Holzfasslagerung reinheitsgebotskonform ist oder nicht.

Steffi: Stimmt, ja, ja.

Phil: Okay.

Markus: Mittlerweile ist sie es, aber das waren eben auch schon so Themen.

Phil: Krass. Echt?

Steffi: Ja. Ja, ja.

Markus: Ja, ja, am Anfang war das schon eine Frage. Auch bei Hopfenstopfen war das eine Frage.

Steffi: Genau.

Phil: Okay. Echt? Okay, echt krass.

Markus: ja, aber, wie gesagt, da sind wir drüber hinweg, Gott sei Dank. Also um das kurz, wo das Problem liegt, ist eben nicht das kleine Ende, sondern das große Ende. Denn wenn ich dieses Gesetzes, sage ich mal, jetzt einfach abschaffen würde und dann in andere Länder und Kulturen schaue, wo es das nicht gibt und dann schaue, wie schaut dort die Bierlandschaft aus, dann sehen wir, dass die Brauereienlandschaft überall ganz anders ist als bei uns. Das heißt also, in jedes andere Land, wo ich schaue, besteht der Biermarkt aus zwei oder drei großen Playern, die zusammen ungefähr 80 bis 95 Prozent des Marktes beherrschen, das ist AB InBev, Heineken und Carlsberg. Also ohne denen was Böses zu wollen, das sind alles Firmen, die machen Biere und sind grundsätzlich okay, aber das ist natürlich was, wenn die den Markt zu dominieren, ist das ein gewisse Problem. Und das einzige Land, in dem das nicht so ist, ist Deutschland. Hier haben wir die 10 größten Brauereien, sind eines AB InBev und der Rest sind mehr oder weniger noch Familienunternehmen, also zumindest wo Familien dahinterstehen, wo noch Brauer dahinterstehen, also wo ich eben nicht diese ganze Konzerngeschichte habe. Und da muss man sich überlegen, woran liegt das? Und das hat eben was damit zu tun, dass ich außerhalb des Reinheitsgebots eben mit vielen, vielen Dingen arbeiten kann, die Bierbrauen schneller und billiger machen. Und das würde eben bedeuten, wenn wir jetzt zum Beispiel sagen von heute auf morgen, wir lassen das Reinheitsgebot weg, dann kriegen wir an diesem Ende enormen Druck. Also dann kommen Brauereien, die im großen Stil billigere, schnellere Biere produzieren und damit von oben aufräumen. Also das heißt, den kleinen Brauer mit seinem Apfel könnte das egal sein, aber alles, was wir so kennen, Warsteiner, Veltins, auch wenn manche Leute vielleicht sagen würden, brauchen wir die überhaupt, das wäre eine andere Diskussion, aber die hätten alle ein riesen Problem und am Ende würde unser Biermarkt da genauso ausschauen. Deswegen, muss ich sagen, also es gibt schön Gründe, auch für dieses Reinheitsgebot zu sprechen und auch mal das grundsätzlich auch in einer positiven Seite zu sehen. Was für mich das größte Problem mit dem ist, ist, dass wir in Deutschland kein wirklich einheitliches Reinheitsgebot haben. Sondern die Umsetzung heißt ja immer, also im Grunde ist es ja auch so, in Deutschland darfst du eigentlich jedes Bier brauen, du musst nur, wenn du das Reinheitsgebot verlässt, ein besonderes Bier beantragen. Das heißt …

Steffi: Ja und aufpassen, was du drauf schreibst.

Markus: Genau. Und das heißt, du musst in eine lokale Behörde gehen und musst eben den Antrag stellen. Und je nachdem, was der oder die dann, der darüber zu befinden hat oder die meint, kannst du dann dein Bier verkaufen oder eben nicht. Und das ist blöd, wenn eine Brauerei dafür bestraft wird, dass sie einen Kilometer weiter links oder rechts von irgendwo ist und dann eben im falschen Gebiet und irgendetwas nicht darf. Und da, finde ich, das ist sogar fast ein Grundgesetzthema, dass es nicht sein kann, dass du einfach für dasselbe Produkt in unterschiedlichen Teilen desselben Landes anders bewertet wirst und das ist schwierig. Aber das, finde ich, ist ein Problem, dass man vielleicht irgendwie lösen kann. Und wenn wir dann zu einem Gesetz kommen, dass für alle einheitlich ist und das wieder richten kann, finde ich das grundsätzlich okay. Also so, wie gesagt, ich bin nicht dagegen, das Reinheitsgebot zu reformieren, aber ich fände es zumindest grenzwertig zu sagen, wir müssen es von heute auf morgen abschaffen, auch weil es schlicht und einfach ein Markenthema ist. Also wenn man in der Welt fragt, ist das Reinheitsgebot mindestens Nummer zwei, wenn man die Leute fragt, was kennt ihr aus Deutschland, was steht für Deutschland? Und dann ist es einfach in gewisser Weise auch dumm, dass einfach zu verlassen, weil deutsches Bier dafür auch einen Ruf irgendwo hat.

Steffi: Ja.

Markus: Auf der anderen Seite muss man natürlich dann dieses Natürlichkeitsgebot auch noch anschauen. Was ich da kritisch finde, ist halt dieser Begriff. Also wenn es um Gesetze und Gesetzgebung geht, brauche ich ja immer Dinge, die ich klar definieren kann. Und natürlich ist nicht klar definierbar. Denn im Grunde haben wir auf unserer Welt nichts, was nicht natürlich ist, weil alles aus Dingen entstanden ist, die in der Natur in unserer Welt vorkommen.

Phil: Ja, klar.

Steffi: Ich meine, du kannst nach dem Verarbeitungsgrad gehen, aber trotzdem ist es halt immer noch natürlich, auch wenn es über 5, 6, 7 Ecken verarbeitet ist.

Phil: Die Chemie ist auch letztendlich natürlich entstanden.

Markus: Ja, ja, eben, eben. Ja, vor allem, ich meine, in unserer lockeren Konversation haben wir alle, glaube ich, kann man sich auf was einigen, aber in dem Moment, wo du halt sagst, das soll ein Gesetz sein, dann muss es ein Begriff sein, der irgendwie handfest ist. Und das kann leider Gottes Natürlichkeit nicht sein, so schön die Idee ist. Also, wie gesagt, ich finde es okay, sich Gedanken zu machen, da zu reformieren, zu vereinheitlichen, finde ich gut, aber dieser Vorstoß, den finde ich schwierig. Und was mir persönlich am meisten aufgestoßen hat ist das Logo. Weil, also da haben sie, meiner Meinung nach, einfach nicht aufgepasst.

Phil: Ich weiß es nicht jetzt.

Steffi: Hab ich auch nicht mehr grad auf dem Schirm.

Markus: Ja, also da muss man immer schauen, das entstammt einfach einer Design-Denke aus den späten 30er-Jahren. Also sicherlich ist das nicht bewusst. Also ich würde es niemanden vorwerfen. Der Olli ist ein guter Freund von mir, ich mag die alle gern, auch der Chef vom Pax Bräu ist ein guter Freund, ich hab die alle ganz lieb, aber das ist wirklich was, da hätten sie vorher mal drüber nachdenken müssen, weil das muss ich nicht machen in der heutigen Zeit, mit solchen Symbolen auch ein bisschen zu spielen, also das …

Steffi: Oh, ja, ja, ja.

Phil: Jetzt bin ich gespannt, zeig mal her.

Steffi: Ja, ja, ja.

Markus: Also jetzt wurde es grade auf dem Handy entdeckt, für die Hörer.

Phil: Hm, ja, hm, na.

Markus: Und da hätte man mal mit der beteiligten Agentur …

Phil: Es erinnert leicht an einen Reichsadler.

Markus: Ja, also insgesamt das Symbol, also das, finde ich einfach, ist …

Steffi: Warum ist denn das vorher noch nie aufgefallen?

Markus: Naja, ist vielleicht auch …

Steffi: Ich habe es auch tatsächlich noch nie so genau angeguckt.

Markus: Ja und das ist auch ein Generationenthema, glaube ich. Also meine Generation ist halt dafür noch ein bisschen sensibilisiert. Und wie gesagt, es ist aber, nochmal, also der Olli ist wirklich ein ganz lieber Mensch, ich mag die alle sehr, sehr gerne und auch alle, die hier im Umfeld sind, gibt es ja auch einige, alles in bester Ordnung und wie gesagt, auch der Andreas vom Pax Bräu. Ja, wie gesagt, also das ist alles kein Ding, aber da, muss ich sagen, da, ist ein bisschen schwierig. Und sie haben halt auch damals, als sie das gelauncht haben, einfach strategisch viele Fehler gemacht. Also haben dann das Release gemacht und beim Pax Bräu in Oberelsbach, wo halt niemand, kein Journalist fährt dahin. Das ist einfach von der Strategie her, wenn ich sowas launche, dann muss ich das wo machen, wo die Medien das auch mitbekommen und so. Und das war halt von vorneherein schwierig.

Phil: Follower…

Markus: Ja. Naja, klar, also das war ja zu einer Zeit, da waren die social Medias noch gar nicht so groß. Aber generell ist es halt so, also sagen wir mal so, in den 50er, 60ern da ist ein Journalist wirklich noch, weiß ich, von Bamberg nach München gefahren zum Termin…

Phil: Ja, ja, klar.

Markus: Da hatten die die Zeit und das Geld. Heutzutage fahren die nicht mal mehr von Bamberg nach Bischberg, sondern lassen sich die Pressemitteilung schicken und das sind einfach andere Geschichten. Also da hat man, meiner Meinung nach, eine gute Idee nicht so schön umgesetzt und dann nicht so clever präsentiert und dadurch ist es so ein bisschen zum Rohrkrepierer geworden. Und man hat natürlich auch das Problem, was mir auch immer am Herzen liegt, ich finde, erst mal sollte die Bierwelt erkennen, dass sie eine Bierwelt ist und zwar egal, ob wir jetzt einen Brauer bei Oettinger haben oder eben den Andreas Seufert bei der Pax Bräu. Das sind beides Menschen, die mit Herzblut bei ihrer Sache sind, die ihr Handwerk gelernt haben und die grundsätzlich gerne ein gutes Bier machen wollen. Und das darf man denen nicht versagen, nur weil sie unterschiedliche Arbeitgeber haben. Also da muss man einfach die Kirche im Dorf lassen und muss sagen, okay, es gibt halt Bier, das trinke ich, was weiß ich, zur Fußballhalbzeit in großen Mengen. Wenn jemand das so haben will, soll er das tun. Das sind Biere, die wir eigentlich nie in der Verkostung nehmen, weil sie dafür viel zu wenig differenziert sind, aber die haben ihren Zweck und offensichtlich ja auch ihren Markt. Also ich muss ja auch ehrlich sein, wenn es Menschen gibt, die diese Biere in diesen großen Mengen kaufen, dann haben die auch ihre Berechtigung. Also wenn ich die nicht mag, ist das okay, dann kaufe ich sie halt nicht. Aber deswegen ist es kein schlechtes Bier, deswegen, es ist halt nicht mein Bier. Und das ist das Schöne, dass die Bierwelt dann eben für mich zum Beispiel sowas hat wie so ein Hansla, wo halt 90 Prozent der Menschen sagen, das kriegen sie nicht runter, ich mag das und so ist das eben. Und das ist, glaube ich, ganz wichtig, dass wir versuchen müssen, erst mal auch innerhalb dieser Bierszene der Brauwelt zu versuchen, uns als Eins zu begreifen, um auch mit einer gemeinsamen Botschaft rauszugehen, auch an die Verbraucher:innen und überhaupt da. Weil wenn wir anfangen, uns selber zerpflücken, also ein Letztes, dann höre ich auch auf zu reden. Aber was da immer so passiert, ist dieses Thema Hopfenextrakt. Dann hast du das Thema, dass das dann kleine Brauer den Großen vorwerfen, sie brauchen mit Extrakt, weil das ja so böse ist und so Industrie und so Chemie. Letzten Endes ist es einfach nur eine höhere Verarbeitungsform von Hopfen, die ihre Schwächen und Stärken hat, unbenommen, aber es ist nix Böses, es ist einfach ein Naturprodukt halt auf einer etwas anderen Stufe. Und wenn diese kleinen Brauer größer werden, fangen die auf einmal auch an, mit Hopfenextrakt zu brauen, weil es halt Gründe dafür gibt und dann werden sie auf einmal ganz leise. Und das finde ich dann immer ganz schwierig. Auf der Hälfte der amerikanischen Craft-Brauer-Biere steht Hopfenextrakt drauf, Sierra Nevada braut damit. Und dann fange ich an, gegen alle zu wettern, weil das in Deutschland irgendwo verwendet wird. Also ich finde, da ist viel Emotion, viel Polarisierung, viel, ja, unnötige Sachen da, die man nicht braucht. Und da war eben auch am Anfang bei den Natürlichkeitsbrauern so ein bisschen, die haben das Feuer auch ein bisschen geschürt. Und da muss man auch vorsichtig sein, weil das schnell auch wieder zurückkommt und dann haben ja beide nix gewonnen.

Steffi: Ja, grade von diesem Übergang von wirklich kleine Craft-Beer-Brauer, die vielleicht auch aus dem Hobby-Brewing gekommen sind, dann hast du die alteingesessenen Mittelstandsbrauereien wie zum Beispiel bei uns in Franken und du hast die Großbrauereien. Und ich hatte es halt auch auf Craft-Beer-Messen immer so wahrgenommen, dass wirklich dieser Zusammenhalt unter den Brauer:innen selber sehr, sehr eng war, also grade was Craft-Beer-Brewing anging. Aber es waren halt immer die Großen, die bösen Großen und die Mittelständler waren auch schon, dass man die schon ein bisschen skeptisch beäugt hat und dass da wirklich ein komplettes Zusammensein stattgefunden hat. Das war ja auf der Braukunst, wenn ich das wieder als Beispiel nehme, das da Braufaktum stand, also von Radeberger. Das war ja auch schon so, naja, die, hähhäh, die hängen ja an den Großen dran, da gehen wir mal nicht so hin. Und das die dann immer, also die Brauer von dort total begeistert rumgelaufen sind, oh, wir möchten gern Bier tauschen dann so nach Messeschluss, wir möchten Bier mit euch tauschen. Jeder so, äh, nee, nee, aber eigentlich von euch nicht. Das fand ich dann auch wieder so schade, weil es ist trotzdem irgendwie eine Bierwelt und eine Begeisterung und warum kann man das dann nicht so teilen?

Markus: Absolut. Und grade Braufaktum finde ich ein gutes Beispiel, weil sie halt auch ganz viel letzten Endes für die Branche getan haben durch ihre Lautstärke. Also weil dadurch, dass sie halt im Hintergrund die große Firma hatten, waren sie auch in der Lage zu kommunizieren und haben dieses Craft-Beer-Thema massiv nach vorne gebracht. Und haben auch mindestens als einer der Einzigen, vielleicht sogar der Ersten, aber vielleicht auch die Einzigen, das ganze Thema Kühlkette zum Beispiel einmal thematisiert auch, in dem sie überall diese Kühlschränke hingestellt haben. Auch wenn dann leider Gottes in den Kühlschränken mittelfristig nur noch die Verpflegung der jeweiligen Mitarbeiter drin gelegen. Aber von der Idee her zu sagen, wir müssen da drauf achten und Bier ist eben ein Lebensmittel, das auch entsprechend behandelt werden muss, das fand ich schon großartig. Ganz am Anfang haben sie auch tolle Biere importiert aus den USA, die niemand sonst bekommen hat. Also ist echt ein gutes Beispiel, wo man eben so sehen kann, wie blind dann auch viele auf dem ein oder anderen Auge waren. Und selbst, wenn man dann sagt, einem schmeckt vielleicht das Pale Ale oder IPA von denen nicht so gut, dann heißt das noch lange nicht, dass der ganze Laden schlecht ist und die Brauer doof.

Phil: Nee, das ist ja Schmarrn.

Markus: Und das ist ja auch immer, also das haben wir ja auch in diesen ganzen Frankenbiergruppen, immer das Thema. Die kaufen sich irgendeine Falsche von irgendeiner Brauerei, trinken das, finden das irgendwie nicht gut und dann wird sich elegisch in einem Facebook-Beitrag geäußert, dass das alles Mist ist und die ganze Brauerei und überhaupt. Und wenn man dann mal versucht, ein bisschen aufzuklären, man weiß ja gar nicht, was mit der Flasche überhaupt passiert ist, bis die zu denen gekommen ist. Vielleicht war das ja ein perfektes Bier, als es die Brauerei verlassen hat und ist dann einfach auf dem Weg dahin zerstört worden, vielleicht war er oder sie sogar selber schuld. Und natürlich dieses Thema, dass dann auch immer mal was passieren kann. Auch das kann sein, grade bei kleinen Brauereien. Aber dann muss ich denen ja genau deswegen auch noch eine Chance geben und nicht gleich sagen, wenn da einmal was schiefgegangen ist, dann ist das alles Mist. Und da, also diese ständige Überaufgeregtheit und dieses sofortige knallharte Aburteilen, das finde ich total schade und …

Phil: Halt dieses, was es auch in der Popkultur und so gerne gibt, dieses Gatekeeping. Dass du halt immer sagst, ja, nur das und das ist das Wahre und der echte Fan ist nur das und das. Und du musst so und so sein, sonst bist du kein Fan und sonst gehörst du nicht zu. Und das ist so, ah, das ist furchtbar, finde ich das, ja.

Steffi: Es ist halt auch schade, dass es teilweise an manchen Wörtern einfach nur scheitert. Also wir hatten mal eine Runde in der Brauerei, wir hatten Indian Pale Ale und es war eine dabei, die hat lang in England gelebt und sagt so, ah, nein, also Ale mag ich nicht. Ja, weil sie in zwei Brewpubs halt war, wo sie halt einfach so dieses abgestandene Ale getrunken hat und hat das sofort auf das nächste Bier bezogen, nur weil es Ale hieß.

Markus: Ja. Ja und dann sind sie am Ende auch Weißbier-Fans. Aber das ist eben der Punkt, also oft ist einfach auch viel Unwissenheit dabei. Also ich hatte es erst gestern wieder, da war ich mit einer Gruppe unterwegs und man hat wirklich die Hälfte der Zeit damit verbracht, mit Vorurteilen aufzuräumen. Also ist dann irgendwie auch schön und spannend und zu sehen, wie sich da so die Augen öffnen teilweise, aber es ist harte Arbeit. Und ich würde mir da wirklich wünschen, dass die Leute da einfach ein bisschen offener sind und auf der anderen Seite auch einfach sagen, okay, wenn ich was nicht mag, dann mag ich es halt und kaufe mir ein anderes. Aber ich muss deswegen niemanden erzählen, dass mir das jetzt nicht geschmeckt hat und schon gar nicht allen Leuten erzählen, dass der Laden ein Scheißladen ist, weil mir das nicht geschmeckt hat und da …

Phil: Das ist so spannend grad so. Also ich war mal mit einem Kumpel auf so einem Treffen von so einem Forum von ihm und da sind die Leute natürlich aus ganz Deutschland hingekommen. Das war dann irgendwo in Hessen, weil das halt direkt in der Mitte war. Und wir hatten halt gedacht, wir bringen mal für diese gesamte Runde aus ganz Deutschland 6 verschiedene Biere aus Franken mit und sagen, tolle Biere und so weiter hier, soundso. Und wir haben gesagt, ja, jetzt probiert sie mal alle durch und so weiter und hier und da. Und das war dann echt so irgendwie, wir waren halt völlig konsterniert, dass da alle so, ja, hm, ja, passt schon. Ja, genau. Das Einzige, und das war das Lustigste dann quasi, haben wir halt auch ein Schlenkerla dabei gehabt. Und der Einzige, der das dann richtig geil fand, war der aus Schleswig-Holstein, der hat gesagt, das ist doch mega geil, das ist wie so ein leicht rauchiger Whisky und so. Alle anderen fanden es scheiße.

Markus: Ja, also das polarisiert durchaus, ja. Oder auch noch, um was Aktuelles auch zu erzählen, wir machen auch Verkostungen ab und zu auf Kreuzfahrtschiffen, also auf Flusskreuzfahrtschiffen und wir sind dann immer regional,. zum Beispiel in Bamberg oder in Nürnberg. Und wenn wir hier in Bamberg sind, dann habe ich halt Bamberger Bier und in Nürnberg habe ich halt dann Nürnberger Bier. Und dann gibt es halt noch dazu die Herausforderung, jetzt ist Sommer. Das heißt, wenn ich dann mit meinem Bier aufs Kreuzfahrtschiff gehe, muss dieses Bier kalt sein, weil sonst muss ich da ja ewig vorher hin oder mitfahren oder so, alles schwierig. So, das heißt also, ich muss dann immer eine Möglichkeit finden, wie dieses Bier vorher zu kühlen ist. Und hier in Bamberg zum Beispiel, dankenswerter Weise darf ich das hier im Schlenkerla immer abstellen im Kühlhaus. Und dann hole ich das halt hier ab und fahre raus in den Hafen, alles super. Und in Nürnberg zum Beispiel habe ich den Deal mit Tucher, dass ich es da mache. Und dann habe ich dann eben für Nürnberg mir mal überlegt, was man da so erzählen kann und habe dann 4 Biere ausgesucht. Und die sind dann halt tatsächlich alle aus dem Hause Tucher gewesen, sage ich auch gleich warum. Und habe dann die Verkostung gemacht und habe auch so ein Bild da gepostet auf Facebook. Und dann kommt sofort, also praktisch wie so eine Autoreaktion, was trinkt ihr für eine Plörre und was für eine Scheiße und das braucht doch kein Mensch, rauf und runter. Und da muss ich auch wieder sagen, also Erstens, allein die Umstände bedingen, dass man manchmal auch grade auf die größeren Brauereien zurückgreifen muss, weil die kleineren manches nicht leisten können oder wollen. Was auch okay ist, aber was dann eben bedeutet, dass man sie bei manchen Sachen nicht verwenden kann. Und der andere Punkt ist natürlich, ich wollte mit den Bieren einfach die Nürnberger Biergeschichte erzählen. Und dadurch, dass die Biergeschichte in Nürnberg so ist wie sie ist, ist die Tucher Brauerei schlicht und einfach die einzige, die diese Geschichte in einer langen Perspektive repräsentiert. Und weil halt alle sich aufgekauft haben und am Ende nur ein Laden übriggeblieben ist. Und dementsprechend kann ich ja nun nix dafür, dass das ehemalige Nürnberger Weißbier Brauhaus mittlerweile Tucher Brauereien ist und das ich natürlich, wenn ich da drüber was erzählen will und das Weißbier entsprechend hab, dann natürlich ein Tucher Weizen nehme. Oder das eben die Reif Brauerei, oder wie auch immer, dann in der Industrialisierung auch aufgekauft worden ist. Und wenn ich über die Dampfmaschine spreche und die ersten Pilsbiere, die da gebraut worden sind, dann bin ich natürlich auch wieder bei einer Tucher Brauerei und so und selbst, wenn ich dann jetzt hier beim Rotbier bin. Und da machen sie halt einfach wirklich mit ihrem alten Sudhaus was Einzigartiges mit ihrem fassgelagerten Doppelbock, den sie dann zumischen zu einem Bier. Das ist einfach was, was eine kleine Brauerei gar nicht machen kann, weil das so teuer ist, das niemals das kostendeckend ist. Das ist einfach ein Spiel, was man da macht für die Stadt, so ein kleines Geschenk an die Stadt. Und auch das mit den Leuten zu verkosten, ihnen dann solche Aromen zu geben und diese geschichtliche Dimension und das Blending von Bieren und man kann über diese Biere halt einfach sehr, sehr lange reden. Auch wenn jetzt das Weizen einfach ein schönes normales Weizen ist, jetzt nichts Sensationelles, aber wunderbar für den Zweck und das Pils eben genauso und das Kennerbier aus Zirndorf auch. Und da finde ich einfach schade, dass man da so diesen automatischen Reaktionen bekommt, ohne dass die ein bisschen reflektieren. Für uns ist das ja auch ein Job. Also ich gehe ja da nicht hin, um als Craft-Beer-Fan zu missionieren, sondern ich bin da gebucht als Sommelier und muss eine gute Leistung abliefern und muss das auch wirtschaftlich irgendwie sinnvoll abbilden. Und dann gehören diese Dinge halt auch in dieses Kalkül.

Phil: Ja.

Steffi: Und da reicht halt schon, einfach nur den Brauereinamen irgendwo in einem Header zu haben und schon heißt es so, äh, Moment, nee, geht gar nicht, ohne sich überhaupt reflektiert damit mal zu befassen.

Phil: Das ist ungefähr das Gleiche wie, also wir haben mehrere Bekannte und Freunde, die spielen halt in Bands, lokale Bands und das ist dann immer so ungefähr wie so, ja, äh, wollt ihr nicht bei uns spielen? Ja, bezahlen können wir euch nicht, aber ist doch super Werbung für euch, so.

Markus: Genau.

Phil: Da ist irgendwie, das ist, ja, das ist dein Job, dass du das machst und das ist halt nicht irgendwie, ja, kommst du da mal vorbei, trinkst ein paar Bier, das passt schon. Also, ja, nee, das ist halt nicht.

Markus: Ja, das ist immer das Beste, wenn sie sagen, du musst auch nix für dein Bier bezahlen.

Phil: Ja.

Steffi: Ja, genau.

Markus: Das ist, naja, gut. Aber mal andersrum gefragt, was nehmt ihr denn für Bücher und Biere mit in Urlaub?

Phil: Uh.

Steffi: Mit in Urlaub?

Phil: In den Urlaub?

Markus: Also wenn ihr in einen Urlaub, ich weiß ja nicht, ihr habt grade gesagt, ihr macht Amrum-Urlaub. Da kann man ja auch schön lesen oder?

Steffi: Genau, das war letztes Jahr.

Phil: Da waren wir letztes Jahr, dieses Jahr fahren wir auf Festival tatsächlich.

Markus: Oh, okay.

Phil: Aufs Elbenwald Festival.

Markus: Und was gibt es da?

Phil: Also ist eine Mischung aus klassischen Musikfestival und Fantasy-Lesungen, Panels, Cosplay, das gibt es da alles.

Markus: Woah!

Phil: Genau. Also ich glaube, da nehmen wir dieses Mal tatsächlich wenig zu Lesen mit. Wir kaufen vielleicht eher was dort wahrscheinlich.

Steffi: Das ja, andersrum. Wobei ich das im Amrum-Urlaub auch gemacht. Also da hatte ich irgendwie ein Buch dabei und meinen Kindl, den ich halt immer zur Sicherheit dabei habe, also mein E-Reader, falls mir der Lesestoff ausgeht und ich lasse ihn dann meistens doch im Koffer liegen. Und dann habe ich mir eigentlich in der einzigen Buchhandlung auf Amrum dann immer, ich glaube, die haben zwei Filialen …

Phil: So eine schöne kleine Buchhandlung.

Steffi: … und habe mir da halt immer Nachschub besorgt. Aber da jetzt im Urlaub sind es wirklich einfach leichtere Romane, also teilweise Jugendbuch, teilweise Liebesromane.

Phil: Ich bleibe bei meiner Fantasy und Science Fiction.

Steffi: Ja, genau.

Markus: Aber man lässt sich da manchmal auch verführen, also mir ging das so. Ich habe auch vor vielen, vielen Jahren mal, haben wir so einen Nordsee-Urlaub gemacht und dann waren wir irgendwo da in the middle of no where und dann lag in so einem Laden so ein runtergesetztes Buch. Und irgendwie fand ich das ganz interessant, habe gedacht, das nehme ich jetzt einfach mal mit. Und das war dann von Kobr und Klüpfel, Milchgeld.

Phil: Ach ja. Ja, okay.

Steffi: ja.

Markus: Also muss man sich überlegen, dass man der Nordsee sich einen Roman über die Allgäu-Krimis kauft. Und seitdem bin ich da aber auch Stammhörer oder Leser, beides, weil ich das einfach als eine schöne eingängige, leichte, angenehme, witzige Literatur. Da gibt es ja mittlerweile auch so ein paar Parallelkommissare, Kluftinger und was es da so alles gibt. Und das ist einfach so für Menschen meines Alters auch mal eine leichte Kost, also braucht man ja auch mal.

Phil: Das ist witzig, man findet dann an der Nordsee Alpenromane und man hat ja bei uns dann auch wieder die Romane von Klaus-Peter Wolff zum Beispiel, die Ostfriesenkrimis.

Steffi: Ja, genau.

Phil: Das ist auch das Witzige, der ist zufälligerweise der Onkel von meinem ehemaligen Mitbewohner und deswegen …

Markus: Oh.

Phil: Genau und deswegen hatten wir den eben auch mal in Bamberg und deswegen war er auch beim Literaturfest und so weiter. Und das ist schon ganz cool. Der hat tatsächlich sogar mal, ich glaube, sogar auch das Schlenkerla in einem Roman erwähnt tatsächlich hier und dann noch den Live-Club vorne und da war er dann bei einer Band von meinem Mitbewohner, also die Hauptfigur im Roman. Und ist noch zum Giecher Bäck raus und hat sich da noch Leberkäs geholt.

Markus: Ach was.

Phil: Ja.

Markus: Gibt es den eigentlich noch, den Giecher Bäck?

Steffi: Ja.

Phil: Freitag und Samstag immer, ja, genau.

Markus: Okay. Ja, das ist schon legendär. Also für alle Hörer … wobei, ich weiß gar nicht, sollte man für sowas Werbung machen, ich weiß es nicht. Aber, doch, kann man schon. Also da kann man nachts hinfahren und sich dann eben einen richtig schönen genialen Leberkäs in verschiedensten Variationen …

Steffi: Wirklich verschiedensten …

Phil: Ja, den besten Leberkäs der Welt, also das ist wirklich so.

Steffi: Ja.

Markus: Ja.

Phil: Also da waren sogar schon Leute mit dabei, die sagen, nee, das mag ich eigentlich nicht und waren völlig begeistert. Es war sogar ein Kollege dabei, der eigentlich Vegetarier ist, der hat gesagt, das ist super. Der Jakob.

Steffi: Ah, okay, okay.

Markus: Ja, das ist dann eine überraschende Wendung auf der kulinarischen Seite, das ist ja auch mal schön.

Phil: Genau, genau. Hast du noch Fragen an uns?

Markus: Habe ich noch eine Frage, ja, das ist jetzt eine sehr strategische Frage.

Phil: Haben wir noch eine Frage? Ich bin eigentlich ganz zufrieden.

Markus: Oh.

Steffi: Die Frage mit der Frage.

Markus: Na, also ich meine, was mich noch interessiert hat, war eben, was ihr so mitnehmt, wenn ihr mal nicht podcastet sozusagen. Aber, ich meine, gut, du bist ja beruflich sowieso immer am lesen.

Phil: Genau, richtig.

Markus: Wie ist das eigentlich, darf man dann Mittagspause machen und sich mit einem Buch in die Ecke setzen oder ist es dann …

Phil: Ich habe ja immer eine Stunde Mittagspause, es wäre sehr gut, wenn ich dann auch noch was lese in der Mittagspause. Ja, genau, also in meiner Pause lese ich dann auch häufig. Leider inzwischen bin ich auch relativ häufig am Handy. Aber oft, es ist dann quasi so, wie war jetzt der Vormittag, war es anstrengend, war es nicht anstrengend? Und wenn es nicht anstrengend war, dann lese ich und wenn es anstrengend war, dann hocke ich irgendwo am Handy.

Markus: Ein bisschen berieseln.

Phil: Ja, genau.

Markus: Und wie ist es mit dir und dem Bier, bist du Hobbybrauen, vielleicht noch irgendwie dabei oder ab und zu mal irgendwo in einer Brauerei, wie ist das so?

Steffi: Ich würde gern, es ist halt zeitlich im Moment einfach schwierig. Also in der Brauerei, wo ich mitgearbeitet hab, da bin ich dann ab und zu schon noch. Wir waren jetzt im Mai da tatsächlich mal wieder unten.

Phil: In Niederbayern.

Steffi: Es ist halt die Fahrtstrecke, eben Niederbayer, das ist jetzt nicht so …

Markus: Es gibt ja hier auch so ein paar Brauprojekte in und um Bamberg, wo Mann vielleicht eventuell oder sogar Frau sich einbringen könnte sozusagen.

Steffi: Ja, bei mir ist es im Moment wirklich die Zeitfrage. Also mir hat damals im Praktikum mein Chef zu mir gesagt, naja, wenn du braust, dann musst du da einen Batscher haben, wenn du dann da so dicht mit dabei bist. Und da gehe ich voll mit, aber ich sage halt auch, ja, wenn man schreibt, muss man genauso einen Batscher haben. Und das ist halt so, wenn ich mit 2 Batschern im Leben rum laufe, dann wird es doch schon am Ende schwierig.

Markus: Ja, also ich muss sagen, was ich immer so krass finde beim Schreiben, es geht halt nicht auf Knopfdruck. Also ich kann mich nicht hinsetzen und kann sagen, ich schreibe jetzt, dann geht es in der Regel schief oder es ist sehr mühsam und meistens gefällt es einem am Ende nicht. Und dann gibt es so den Punkt, das kann manchmal eine Woche dauern oder zwei und dann auf einmal geht es irgendwie und dann ist man aber auch am Stück tagelang damit beschäftigt und so. Und das ist halt so ein Prozess anscheinend, ich weiß nicht, warum das so ist, den man nicht steuern kann und dann muss man der Dinge eben auch den Lauf dann irgendwie lassen oder auch verstehen, dass es halt mal nicht geht. Das ist dann auch für das Umfeld manchmal sehr anstrengend, aber das ist so.

Steffi: Ja, Zurzeit kannst du ein Lied davon singen, ne?

Phil: Alles gut. Nee, was wollten wir jetzt noch? Weil du grad gesagt hast, in Bamberg und Umgebung. Ich weiß, also zum Beispiel ein Kumpel von mir wohnt direkt neben dem Hopfengarten zum Beispiel und so, die machen ja auch immer so Kurse und so weiter. Wie findest du die?

Markus: Also den Kris mag ich sehr, sehr gerne vom Hopfengarten. Das ist, also ich finde das Projekt so spannend, weil sie das Bier andersrum denken. Also weil die kommen ja aus einer …

Phil: Aus einer Gärtnerei, genau, ja.

Markus: Genau, sie kommen aus einer Gärtnerei und haben ja damit angefangen sich zu überlegen, wir kaufen einfach mal Bierwürze, also haben gar nicht wirklich Bier gebraut, sondern sich vom Käsmarkt Würze geholt und haben dann einfach ihre verschiedenen Kräuter dann damit versetzt und dann einfach angefangen zu spielen. Und das Schöne ist, wenn man da eben auch hingeht und man hat ein Bier mit Eukalyptus, dann kann ich halt auch die Eukalyptuspflanze sehen, kann das Blatt in die Hand nehmen, kann es riechen, schmecken und kann dann im Bier sehen, wie äußert sich das. Und mittlerweile sind sie auch Brauerei und auch Brennerei und machen tolle Sachen. Also ich mag es ganz gerne.

Phil: Ja.

Markus: Und ich muss auch sagen, ich habe sie auch schon ganz bewusst strategisch genutzt. Wir hatten vor zwei Jahren einen Kongress hier, für Europa Bierleute, den ich ja organisiert hab. Und dann war so das Thema, natürlich kommen die nach Bamberg und man muss für die ein Programm machen. Und das Programm, was die erwartet hätten, wäre ja einfach gewesen, okay, du machst halt Schlenkerla Spezial, Fässla, was weiß ich was, Mahrs Bräu, alle durch und du schwelgst halt in der typischen Bamberger Bierseeligkeit sozusagen. Und ich habe mir dann gedacht, nee, also muss man natürlich auch machen, aber wir durchbrechen das mal. Und ich habe dann am ersten Abend ganz bewusst in den Drei Linden den Anfangsabend gemacht, wo es zu der …

Phil: Direkt bei Weyermann.

Markus: Direkt bei Weyermann, genau. Genau, zu der Zeit gab es da auch noch die ganze Weyermann-Palette, also mittlerweile haben es immer nur noch ein paar, aber das gibt es auch noch. Und ich mag das Team dort auch sehr gerne, sind ganz liebe Menschen und sind auch sehr offen. Aber wir hatten dann eben schon mal eine völlig andere Umgebung. Und wir hatten dann die Weyermann Biere und gegenüber halt die Weyermann Häuser und das war natürlich schon da sehr, sehr spannend. Und dann sind wir von da aus nachts zum Hopfengarten gelaufen und haben da eine Nachtführung im Hopfengarten gemacht.

Phil: Das ist cool.

Markus: Und das war dann cool, durch dieses ganze Gestrüpp und sowas zu wandern, ein Bierchen in der Hand. Und das war halt genau nicht das, was sie von Bamberg erwartet haben, mit Graffiti und was es da. Das ist ja, das könnte auch in Berlin sein.

Phil: Stimmt, ja, ja.

Markus: Und das war cool. Und dann am nächsten Tag sind wir dann natürlich Schlenkerla und so weiter. Aber das war dann auch das Feedback, dass das eigentlich ein guter Icebreaker war, um einfach diese ganzen Leute, die aus jedem europäischen Land kamen, auch ein bisschen zusammenzubringen, weil wir hatten echt ein Thema, worüber sie sich alle unterhalten konnten am ersten Abend, dass das nicht das ist, womit sie gerechnet haben. Und das war dann auf jeden Fall cool und der Kris hat das auch sehr gut gemacht. Und in dem Fall, also, ja, also, wie gesagt, auch da wieder, ich hab die Bamberger Brauereien alle auf ihre Art und Weise ins Herz geschlossen, ich persönlich bin nicht Fan jedes dieser Biere, aber das liegt halt an mir und das ist auch okay. Und was ich koche, mag auch nicht jeder und finde ich auch in Ordnung. Aber deswegen sind das trotzdem einfach tolle Menschen. Und ich habe viel Ehrfurcht also einerseits vor den Unternehmen, vor der Lebensleistung und der Generationsleistung von den alten Läden, aber auch vor dem Mut von so jungen Leuten jetzt wie beim Kris eben. Oder wenn man sich das Ahörnla anschaut, wie man das schafft, mitten die Stadt eine Brauerei, oder das Sternla auch, zu stellen, da gehört unheimlich viel Mut dazu und Durchsetzungsvermögen gegenüber aller Ämter und da muss ich echt sagen, da habe ich ganz viel Respekt vor. Und ähnlich ging es mir in Berlin, ich habe auch schon zwei Bücher über die Berliner Brauereien geschrieben. Und die sind auch so vielfältig, so unterschiedlich, jeder auf seine Art und Weise und die kann man alle ins Herz schließen. Auch da wieder, nicht jedes Bier ist toll, aber die Menschen sind toll und dass ist das, was mir an der Bierwelt an sich gefällt. Also dass man fast nie ein Arschloch trifft, sage ich jetzt mal so und das ist sehr angenehm. Und egal wo du auf der Welt bist, du kriegst immer eine offene Tür, du wirst immer irgendwo empfangen und das ist schon, ja, eine Ersatzfamilie auch so ein bisschen.

Steffi: Ja, das stimmt.

Markus: Und insofern, das macht schon Spaß, ja. Das ist ja fast ein schönes Schlusswort.

Phil: Ja. Bier bringt zusammen.

Markus: Bier bringt zusammen.

Phil: Jetzt stoßen wir nochmal an.

Markus: Wir stoßen nochmal an.

Steffi: Genau, ja.

Phil: Prost.

Markus: Und wir haben auch ganz im Sinne der Bamberger Bierkultur in diesen anderthalb Stunden nur zwei Biere getrunken. Also als Letztes noch, das war meine letzte Diskussion, die ich gestern auch hatte, dass ich glaube, das es einfach ein riesen Missverständnis gibt, was das Thema Bierkultur angeht. Weil, wenn man so den klassischen Bamberger fragt, was ist Bierkultur, dann heißt das, naja, wir gehen zum Beispiel im Sommer nachmittags auf den Bierkeller, haben da ein, zwei Bierchen, haben unsere Brotzeit, haben unseren Spaß. Wenn es dann vielleicht kälter wird, wechseln wir noch in eine Braugaststätte, trinken noch ein oder zwei Bierchen, haben da wieder Spaß und irgendwann gehen wir Nachhause.

Phil: Genau.

Markus: Wir hatten einen schönen Abend, wir haben das tolle Ambiente genossen, wir haben die Biere genossen, wir haben das Essen genossen, wir haben wieder neue Freunde kennengelernt und all das zusammen, das ist die Bierkultur.

Phil: Richtig.

Markus: Und das wäre auch eine Bierkultur, wenn ich ein alkoholfreies Bier oder sogar eine Limo in meinem Becher gehabt hätte …

Steffi: Ja.

Phil: Stimmt.

Markus: … trotzdem kann ich diese Bierkultur erleben. Und das hat nix damit zu tun, sich die Hucke vollzusaufen.

Phil: Ja, genau.

Steffi: Das stimmt.

Markus: Und das ist das Problem, was eben in der Botschaft, die oft in der Werbung gemacht wird, so Bierstadt Bamberg und so. Dann lesen da die Leute und grade die aus einer anderen Kultur kommen in Sachen Bier, die denken dann wirklich, man muss …

Phil: Saufen.

Markus: Genau, man muss das Bier so schnell wie möglich und so viel wie möglich, weil es billig ist. Und das ist es eben nicht.

Phil: Nee.

Markus: Und das ist was, was wir, glaube ich, echt promoten müssen, weil sonst haben wir hier in Bamberg auch ein Problem, wenn das weiter zunimmt.

Steffi: Ja, genau.

Phil: Richtig.

Markus: Und da muss man drüber reden. Aber gut.

Phil: Das sagen wir auch in jeder Folge von unserem Podcast auch mal …

Steffi: Das musst du jetzt nochmal sagen, das ist jetzt klar.

Phil: Natürlich. Wir rufen nicht zum Saufen auf, ganz bewusst, sondern zum genießen von Bier.

Steffi: Ja, richtig.

Phil: Ganz wichtig.

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