BierTalk Spezial 20 – Interview mit Ulrich Wappler, dem Erfinder des modernen deutschen alkoholfreien Bieres

Ulrich Wappler gehörte zu der Generation, die den Kriegswirren altersbedingt gerade noch entkommen war, aber dann ohne echten Abschluss und Perspektive trotzdem einen schweren Start ins Leben hatte. Für ihn und seine beiden Brüder blieb nur eine Wahl: Entweder Büttner oder Brauer werden. Nachdem sie sich lieber um den Gerstensaft kümmern wollten, heuerten sie in Wernesgrün bei der Günnel-Brauerei an, die beiden Brüder flohen später in den Westen, Ulrich aber hatte bereits Familie, blieb und machte eine für einen Nicht-Genossen erstaunliche Karriere, deren Höhepunkt die Geburt des ersten modernen deutschen alkoholfreien Bieres 1972 war. Doch auch danach blieb er am Ball, konstruierte Brauereien auf der ganzen Welt und kann sich zurecht als „Vater“ vieler Brauer in Ost und West bezeichnen. Im BierTalk mit Markus Raupach gibt er einen spannenden Einblick in sein Leben und gibt interessante Insights in ein Brauerleben hinter dem Eisernen Vorhang.

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen BierTalk Spezial. Heute wagen wir den Sprung an die Spree, also sozusagen ein ganz besonderer Ausflug, und zwar auch wegen unseres Gastes. Wir sprechen nämlich mit Ulrich Wappler, der von vielen als Erfinder des alkoholfreien Bieres gehandelt wird. Was sich so genau dahinter versteckt, werden wir jetzt gleich ein bisschen zusammen ergründen. Herr Wappler, vielleicht stellen Sie sich einfach mal selber kurz den Hörern vor, damit sie sich schon mal ein Bild machen können.

Ulrich Wappler: Sie haben es gesagt, ich heiße Ulrich Wappler. Ich bin am 15.4.1936 in Zwickau auf die Welt gekommen und habe mit meinen beiden Brüdern in Wernesgrün im Vogtland das größte Bierdorf Europas damals meine Kindheit bis zum 18. Lebensjahr verbracht. Mein Vater war auch in der Brauerei und 1949 kam mein Vater aus russischer Gefangenschaft nicht mehr zurück und wir drei Jungs mit unserer Mutter, das Haus steht heute noch 200 Meter neben der Brauerei, so haben wir als Nachkriegskinder natürlich gelitten und konnten keine große Berufswahl wählen, es gab Böttcher oder Brauer. Nun war das Böttcher-Handwerk eigentlich auch ziemlich trocken, so haben wir Brauer gelernt, mein Bruder vorher. Ich war der Mittelbruder und der kleine hat dann auch noch Brauer gelernt. Wernesgrün ist ja ein Dorf, wie gesagt. Der Wernesbach fließt durch das Dorf rechts und links der Brauerei, einmal die (unv. #00:01:41.9#) Brauerei Aktiengesellschaft und auf der anderen Seite die Brauerei Hermann Günnel, die Grenzquell Brauerei. Die Grenzquell Biere waren ja sehr bekannt. Die haben das Bier durch die ganze Welt gefahren. Heute ist es ja anders, heute baut man die Brauereien dahin, wo man das Bier trinkt und fährt das Wasser nicht mehr spazieren. Wir hatten ja in Wernesgrün ein super Wasser, deshalb haben die Brauereien sich da angesiedelt. Wir haben das Wasser aus dem Gebirge genommen. Das würde nur über Kies rüber gejagt und da war das fertig. Meine weitere Entwicklung war dann, dass ich mit 18 Jahren nach Berlin kam und über Bürgerbräu habe ich dann die Engelhardt Brauerei gewählt auf der Halbinsel Stralau in Friedrichshain. Die Brauerei war 75 % ausgebombt und ich habe aber da trotzdem angefangen, weil mich das interessiert hat, bei einem Aufbau einer Brauerei mitwirken zu dürfen. Und so habe ich da 38 Jahre inklusive fünf Jahre Institut, Forschungsinstitut da verbracht. Es wurden damals in dieser Gesellschaft alle Betriebe im Osten die Brauereien nur noch aufrechterhalten, wo das Kesselhaus und die Kälteversorgung nicht zerbombt waren, und alle anderen wurden geschlossen. Und so war Engelhardt schon ganz gut mit der technischen Leitung und alles so. Ich habe alle Funktionen da gemacht.

Markus: Das heißt aber, so die sächsische Herkunft Wernesgrün ist für Sie schon immer noch im Herzen, oder? Oder sind Sie mittlerweile eher Berliner?

Ulrich Wappler: Ja, Wernesgrün geht mir nicht aus dem Kopf. Ich habe auch noch meine Schulfreunde da. Wir telefonieren, die noch übriggeblieben sind, am Leben sind. Das ist so, wir waren 42 zu 50 zur Schule. Und Wernesgrün war damals zum Kriegsende Niemandsland. Oben standen die Russen und unten die Amerikaner. Das hat sich dann nur verschoben, dass in Wernesgrün zur russischen Seite hin wie in Berlin die Grenzen verändert wurden und wie das alles geklärt wurde. Da hat sich dann die Grenze auch verschoben und wir wurden nun die russische Einheit. An sich, meine Schulfreunde, die noch leben, wie gesagt, die Wernesgrüner, es gibt ja nur noch eine Brauerei da, ich habe sehr gute Erinnerungen. Und wenn ich nach Wernesgrün kommen sollte wieder mal, ich kann jetzt nicht, weil meine Frau vor fünf Jahren einen Schlaganfall hatte und ich pflege sie, wir sind 63 Jahre, jetzt 64 Jahre dieses Jahr verheiratet, haben auch zwei Kinder großgezogen, und ich muss sagen, ich wollte eigentlich beruflich was anderes werden. Aber ich bin trotzdem nicht böse darüber, ich liebe den Beruf Brauer. Auf der ganzen Welt, was ich erlebt habe, kann mir keiner mehr wegnehmen. Und ich muss sagen, der Brauerberuf, die Leute sind ehrlich zueinander und eine gute Gesellschaft.

Markus: Ja, das stimmt. Und Sie haben ja eben auch ein drittes Kind quasi großgezogen. Können wir vielleicht schon mal kurz vorziehen, wo wir eben am Anfang auch schon drüber gesprochen haben, das alkoholfreie Bier. Wie kam es denn da überhaupt dazu? Haben Sie da in Ihrem Werdegang als Braumeister schon von Anfang an gedacht, dass das mal ein Projekt werden könnte? Oder kamen Sie da quasi wie die Jungfrau zum Kind?

Ulrich Wappler: In Berlin haben wir damals in der Engelhardt Brauerei nur Pupe hergestellt, das sogenannte Karamellbier und alles, weil das technisch gar nicht ging. Und durch die Entwicklung der Brauerei habe ich dann nicht an alkoholfreies Bier gedacht, sondern wir haben immer versucht natürlich, helle Biere, (unv. #00:04:54.6#)-Biere zu machen. Wir waren ja mächtig beschäftigt mit den Rohstoffen. Da auch die Auslastung der Betriebe ganz groß, weil die Rohstoffe wurden ja immer enger. Das war Wernesgrüner (unv. #00:05:05.6#) kein Vergleich. Die Betriebe haben die besten Rohstoffe gekriegt, weil sie eben exportiert haben, auch Lübz gehört dazu. Man hat ja immer mehr Getränke gebraucht. Es hat ja das alkoholfreie Getränkelager gar nicht mehr ausgereicht, um die Versorgung zu sichern. Und dann hat man dann gesagt, also an den Grenzen, wenn die Leute hier rüberfahren, die Lkws, die laden immer auf. Da stand dran, hier Pirelli tanken, in der DDR strengstes Alkoholverbot. Und dann kam man in den 70er Jahren zu uns in die Brauerei und dann haben die natürlich gesagt: Naja, was wollt ihr weitermachen? Wir waren wirtschaftsgeleitete Industrie und das Getränkekombinat Berlin bestand aus vier Großebetrieben. Und dann hat man gesagt: Na sag mal, kennt ihr sowas nicht? Ihr Braumeister, seid ihr zu dusselig dazu? Und da muss ich dazusagen, eigentlich kann jeder Braumeister das machen, aber die hatten ja gar kein Interesse daran. Die Kapazitäten waren überfordert an Bier. Und deshalb war auch die Qualität so schlecht. Wir mussten mit Rohgerste arbeiten, wir hatten ja kein Reinheitsgebot. Wir haben (unv. #00:06:05.9#) Hopfen verwendet aus der Tschechei, bis dann selbst welcher angebaut wurde. Und so hat sich das alles schon entwickelt. Und ich habe mir Gedanken gemacht, weil ich ja eigentlich fünf Jahre im Forschungsinstitut war. Ich habe erst in 1957 zu 58 den Braumeister gemacht, Brau- und Malzmeister, in einer Fachschule in Friedrichshagen. Und 62 dann habe ich in Dippoldiswalde fünf Jahre lang ein Fernstudium zum Getränkeingenieur gemacht. Ich musste aber die 10. Klasse nachholen, denn in der Schule bei uns waren nur acht Klassen. 45 wurden die Altlehrer entnazifiziert, die Neulehrer kamen. Wir haben eigentlich wenig gelernt. Die Schule hatte keine Kohlen und so weiter und da habe ich das gemacht. Eigentlich war das ein Lauf. Ich bin dann ins Getränkekombinat schon als Braumeister gut behandelt worden und alles, aber es ging darum, alkoholfreies Bier herzustellen. Und da habe ich gesagt, das geht bei uns auch nicht. Aber ich muss sagen, nach 58 hat man die Schnapspreise erhöht in der DDR. Und da wurde natürlich unsere Schnapsfabrik in der Engelhardt Brauerei, die die Russen damals den Braumeister Zappe gezwungen haben mit dem Revolver auf der Brust: Wenn du Bier machen kannst, kannst du auch Schnaps machen. Und dann musste der Schnaps machen. Aber nur keine Brennerei, sondern nur eine Schnapsherstellung mit Rohsprit und so weiter. Da haben sie Rohsprit gemacht, aber die Schnapsabteilung hat sich eigentlich ganz gut entwickelt. Aber 58 haben sich die Preise erhöht und dann hat man gesagt, machen wir das zu. Und da wurde plötzlich die halbe Brauerei, der halbe Gärkeller, der halbe Lagerkeller leer. Und nachdem die Schönhauser Allee Schultheiss geschlossen wurde aus technischen Gründen, haben unsere schlauen Schlosser, die waren wirklich gut, die zusammengeschraubten Tanks aus dem Lagerkeller noch herausgeholt und bei uns aufgebaut und zusammengeschweißt. So hatten wir eine Kapazitätserweiterung. Und da habe ich gesagt, natürlich können wir auch alkoholfreies Bier herstellen. Aber ich muss sagen, das hat einen langen Weg gedauert. Um alkoholfreies Bier zu erstellen, war es notwendig, erst mal eine Patentrecherche zu machen. Aber es war schwierig an die Patente ranzukommen. Wir haben doch als normale Menschen weder eine westdeutsche Literatur bekommen noch Patente. Aber man hat mir das dann zugespielt, ein Patent nach dem anderen. So habe ich eben ein halbes Jahr dran gebraucht, um die Patente erst mal zu erforschen. Es gibt ja bei der alkoholfreien Bierherstellung einen physikalischen Weg und einen biologischen Weg. Und der physikalische Weg ist ja die Verdampfung, Membranfiltration, ich brauche das nicht alles aufzählen, Extraktion, Absorption, alles. Aber wir hatten ja gar keine Anlagen dazu. Ich durfte auch keinen Erfahrungsaustausch machen, weil ich nun nicht dazugehörte, war kein Genosse und meine Brüder sind nach Westdeutschland abgehauen damals und haben das Land verlassen. Und durch meine Familie natürlich konnte ich nicht und hab’s auch nicht gemacht, ich war meiner Familie treu. Wir haben erst mal ein Kollektiv gegründet. Ich muss dazu sagen, bei uns wurden Patente und Neuerungen in der Not geboren. Man hat sich Gedanken gemacht, wie kannst du das verändern. Und außerdem gab’s auch noch Geld dafür, wir haben das nicht umsonst gemacht. Und so wurde eben das alkoholfreie Bier, wir haben eine Kleinanlage aufgebaut und haben das versucht. Es war ja nicht so einfach, wir wollten ja ein biologisches Verfahren machen mit Angären. Und im Ostblock gab‘s das nicht.

Markus: Bei uns im BierTalk trinken wir auch immer gemeinsam ein Bierchen. Jetzt ist für mich so ein bisschen die Frage: Was haben Sie sich für eins aufgemacht? Ist das eins mit oder ohne Alkohol? Was lassen Sie sich schmecken?

Ulrich Wappler: Ich trinke meistens gepilstes Bier mit einer starken Hopfennote, weil ich liebe die Hopfennote. Die Lehrbrauerei, wo ich war, war das bittere Bier, die andere Brauerei, die (unv. #00:09:49.6# Meinel?)-Brauerei hat das milde Frauenbier gemacht und ich habe die Bittere immer noch bei mir. Die muss natürlich angenehm sein, aromamäßig und auch im Hals kein kratziges Bitter sein. Und ich trinke gerne ein Pilsner, das ist zum Beispiel das Jever Bier.

Markus: Und das haben Sie jetzt auch gerade bei sich im Glas?

Ulrich Wappler: Ja, das habe ich jetzt da und habe es aufgemacht und habe schon mal angestoßen, weil ich Durst hatte. Und ich muss immer wieder sagen, dieses bittere Bier bringt einen guten Appetit mit und regt zum Weitertrinken vor allem an. Man trinkt dann nicht nur ein Bier. Man soll von Bier nicht satt werden. Denn Bier war ja früher Nahrungsmittel. So ist es in der Mongolei gewesen, wo ich da war. Die haben das als Nahrungsmittel aufgenommen und Alkohol war bei denen Nebensache.

Markus: Dann mache ich mir auch eins auf. Ich habe mir auch ein untergäriges Bier genommen. Moment! In dem Fall aber tatsächlich ein alkoholfreies. Das kommt jetzt aus Schottland von der BrewDog Brauerei. Würde Ihnen bestimmt gut schmecken, weil ist ordentlich Hopfen drin, hat eine schöne Bittere. Und durch den Aromahopfen, durch das Hopfenstopfen auch ein bisschen so eine fruchtige Zitrusnote. Also auch was sehr Schönes. Prost! Schön, dass wir zusammen sein können.

Ulrich Wappler: Sehr zum Wohl!

Markus: Danke schön! Sie haben ja gesagt, das war alles sehr knapp. Lag ja auch ein bisschen daran, dass einfach durch diese relativ willkürliche Grenzziehung auf einmal die DDR-Brauwirtschaft abgeschnitten war von den Rohstofflieferanten vom Hopfen, aber auch von den Braumaschinen-Herstellern und so weiter. Das heißt, da war viel Improvisation angesagt. Und ich habe mir auch erzählen lassen, dass es zum Beispiel sowas gab wie einen Liefervertrag mit Kuba, weil die einfach nur Zucker exportieren konnten und alle Ostblockländer eben gesagt haben, wir müssen Kuba unterstützen. Und so die DDR auch jede Menge Zucker eingekauft hat. Und man dann eben sogar beschlossen hat, das Bier zum Großteil mit Zucker zu brauen. Haben Sie denn von diesen Engpässen und auch von dieser Zuckergeschichte auch was mitbekommen?

Ulrich Wappler: Ja, ja. Natürlich, reichlich. Wir haben erst mal grundsätzlich das Malz bekommen, was man nicht für den Export, die Brauereien, die exportiert haben, nicht für den Export (unv. #00:11:47.2#), unser gutes Malz hat man exportiert und die Brauereien, die eher exportiert haben, haben ja (unv. #00:11:52.9#) gekriegt und die haben auch das gute Malz gekriegt. Denn bei uns war die Malzwirtschaft, man hat zwar ein Gersteninstitut gehabt und hat daran gearbeitet, aber die DDR oder die Bauern, die haben für die Gerstenherstellung, eine gute Gerste, die zu vermälzen waren, es mussten ja gleichmäßige Körper sein, die gleichmäßig keimen und alles, haben wir eigentlich keinen besonderen Aufschlag gekriegt. Die haben für die Gerste nach (unv. #00:12:18.3#) Menge gekriegt, die haben natürlich Stickstoff in den Boden hineingehauen als Düngemittel. Und da wurde die Gerste eiweißreich. Und über 10 % Eiweiß konnte man das kaum verwenden. Und dadurch ist natürlich die ganze Malzindustrie etwas zurückgegangen, auch durch den hohen Anstieg des Bieres. Sie müssen sich vorstellen, wir haben 1945 34 bis 40 Liter pro Kopf-Verbrauch. Und 1982 waren das 147 Liter pro Kopf der Bevölkerung, obwohl die Bevölkerung um 1,5 Millionen abgenommen hat für diesen Zeitpunkt getrunken. Es war unmöglich. Und der Zucker aus Kuba, der Rohrzucker war zur Verfügung. In der DDR hatten wir auch selbst, Nauen war eine Zuckerfabrik, ich durfte da mal ein paar Monate arbeiten. Da wurde der Rübenzucker verarbeitet. Zucker war in Hülle und Fülle da. Aber wir haben nur 10 % Zucker eingesetzt. Der Zucker ist natürlich als Sacharose ein (unv. #00:13:15.2#) fressender Hefe. Und wir haben dann in die heiße Würze unsere Aufstockung nur 10 % einsetzen dürfen. Und ich muss sagen, das war eigentlich gar nicht schlecht. Die Vergärung wurde angeregt. Denn unsere Maltose, da mussten ja Enzyme hinein, (unv. #00:13:31.7#) vergärt ja nicht. Die war ja nicht aufgeschlossen.

Markus: Wir haben ja vorhin über das Thema Alkoholfrei schon gesprochen. Und Sie haben angesprochen, dass es ja das Birell Bier gab, was im Westen, das war, glaube ich, eine Schweizer Marke, ursprünglich relativ präsent war, und man dann eben gesagt hat, wir wollen auf jeden Fall ein alkoholfreies eigenes Bier haben für uns. Und wie hat sich das dann bei Ihnen entwickelt, dass Sie das umgesetzt haben? Und wann kam dann so dieses erste Bier raus, das man dann auch wirklich trinken konnte?

Ulrich Wappler: Das Bier nannte sich (unv. #00:13:59.5# auch?) wie unser Bier. Und nachdem ich da anderthalbes Jahr mit einer Arbeitsgemeinschaft von vier Personen, aber das waren nur die, die im Patent getragen waren, sondern der ganze Betrieb musste mit mir mitziehen. Und da muss ich sagen, die guten Brauer und auch die Laborantinnen, wir hatten ja keine Messgeräte groß. Das gab’s ja alles nicht. Wir haben dann das Bier vorbereitet mit einer Kleinanlage, alkoholfreies Bier in (unv. #00:14:24.5# metabiologischen?). Aber da gab’s ja Probleme. Wir hatten keine Sonderhefe, wir mussten also erst mal eine Anlage bauen, dass wir die Würze unterkühlen können, dass wir die Gärung stoppen können, dass wir nicht über 0,5 % Alkohol haben, dass wir das zugelassen bekommen. Leider habe ich nachts um halb eins einen Anruf gekriegt von der Leipziger Messe, die wussten, da hat wahrscheinlich einer abends irgendwie in der Gesellschaft da angegeben, was wir alles schon in Arbeit haben. Da habe ich einen Anruf gekriegt, morgen früh müssen da zwei Kästen von dem Bier, was erst in 14 Tagen, drei Wochen fertig gewesen wäre, nach Leipzig schicken. Und die haben das alles für so gut gefunden, (unv. #00:15:01.6#) mir heute noch anstinkt, wenn mir einer sagt, ein älterer Herr, ja früher hast du (unv. #00:15:06.4#), das konnte man ja nicht trinken. Deshalb habe ich es später in Pilot umbenannt und so weiter. Aber diese Biersorte haben wir dann vor allen Dingen erst mal gebracht in die Hitzebetriebe. Wir haben die Betriebe beliefert, erstmal die ganzen Raststätten in der DDR. Und da hat man einfach gesagt, dass wir kein Wasser transportieren müssen, weil auch (unv. #00:15:27.1# Sprit?) für die Aktion negativ war. Wir haben kein Benzin gehabt für die Autos. Und da hat man gesagt, also macht doch folgendes: Fahr in den Bezirk Gera in die Brauerei Neustadt an der Orla und rüste die einfach um und dann könnt ihr alkoholfreies Bier machen. Und da könnt ihr Hermsdorfer Kreuz, Mischendorf und was weiß ich, alles, was da unten an Raststätte liegt, wir können Weißwasser, die Glaswerke, wir können Leuchtenbau Dresden, wir können alles, die Schwerindustrie, alle, die Durst hatten und während der Arbeit. Der Gewerkschafsbund war ganz hart. Der hat ja den Alkohol dann in den Betrieben grundsätzlich verboten. Und da haben die das ausgeglichen eben mit alkoholfreiem Bier. Unser Bier war ja billiger als das Birell, ist ja klar, aus der Schweiz, das kleine. Wir haben 75 Pfennig pro halben Liter. Das war ja an sich kein Preis. Das normale Pilsener hat 91 gekostet, der halbe Liter. Und die Spezialbiere gingen dann von 1,25 bis 1,50 hoch, der halbe Liter. Und mir wurde gesagt, die Fahrer nehmen das reichlich mit in ihre Autos rein und das hat denen gefallen. Die hatten alkoholfreies Bier.

Markus: Und haben sich auch die Mitarbeiter in den Glaswerken gefreut? Wie war das so?

Ulrich Wappler: Ja, natürlich! Die Glaswerke, natürlich haben wir einen Fehler gemacht. In Weißwasser war ich da, das einheimische Bier war ja kaum trinkbar. Und wir sind mit unserem unetikettierten Bier dahingekommen, haben eingegossen und haben da schöne Gläser mitgehabt. Die Mundblasgläser haben hauptsächlich für Export gearbeitet. Und das war natürlich (unv. #00:16:53.3#) für die. Die haben Bier getrunken, die konnten so viel holen. Da waren so Lehrlinge, die haben dann eine Kanne Bier gebracht. Da hat der geschluckt und dann haben die sich gegenseitig auch mal verbrannt und ein Unfall passiert. Und wie wir da ankamen, haben das Bier verkostet, haben gesagt: Das ist ein schönes Bier. Das hätten wir auch gerne. Und unser Betriebsleiter, der war dann so, hat gesagt, ihr könnt noch so viel trinken, wie ihr wollt, ist alkoholfrei. Da gingen die an die Decke. Die haben Schnaps noch nebenbei getrunken. Ist ja klar. Und dann sind wir nach Leuchtenbau Dresden gefahren und da haben wir natürlich gar nichts gesagt und haben die erst alle unterschreiben lassen, ob sie das Bier haben wollen. Und dann haben die gesagt, das möchten wir haben. Die hatten sogar Deputat-Bier gekriegt, um den Durst zu löschen. Die sind der Meinung, zur Speichelbildung braucht man Bier.

Markus: Das heißt aber, letzten Endes haben sie es dann doch genommen, oder war es dann tatsächlich …

Ulrich Wappler: Ja, ja. Ja, ja. Die haben genommen, auch die Hitzearbeiter, die Stahlwerker. Ich habe sie jetzt nicht alle aus dem Kopf hier. Wir haben reichlich beliefert. Und das hat natürlich auch dann (unv. #00:17:49.1#) spitzgekriegt und die Länder vor allem im Ostblock. Es gab ja schon Biere, die aber waren alle über 1 % Alkohol. Und diese Biere in der Tschechei und in Bulgarien über 1 %, und geschmeckt haben sie eben auch nicht. Aber wir haben uns da wirklich große Mühe gegeben und ich habe dann auch schon mit Hopfen-Öl gearbeitet. Ich habe für die Forschung mitgearbeitet. Und das Hopfen-Öl haben wir dann auch im Bier mit angewendet und so weiter. Aber mit allen Tricks und allen Mitteln haben wir eigentlich dann ein ganz gutes Bier. Das wurde immer besser und auch der Anstieg des Absatzes wurde immer besser. Und wir hatten dann schon 11.000 Hektoliter, das ist schon eine ganze Menge. An sich wurde die Anlage gebaut auf 100.000 Hektoliter. Das wäre der DDR-Bedarf gewesen. Aber die Wirtschaftlichkeit ist damit ja abgesunken, das ist klar, vom Preis her, hatte ich ja gesagt. Heute wäre das schon kein Problem. Ich meine, man muss immer berechnen, das war 1972, wo wir das Patent eröffnet haben.

Markus: Wann war die erste Präsentation von dem Bier?

Ulrich Wappler: Das Bier ging soweit zur Messe und nachdem man dann gemerkt hat, dass das in der Qualität immer besser wurde und wir haben ja zusammengearbeitet mit dem Forschungsinstitut, was auch hier auf Stralau stand, das nannte sich WTEZ, Wissenschaftlich Technisch Ökonomisches Zentrum der DDR. Und die haben das verkosten lassen mit Bieren aus dem Ausland und bis zum zweiten Platz haben wir das geschafft und standen also sehr gut dar. Und dann hat man gesagt, na, dann müssen wir auch das exportieren können als Exportbier. Nach Amerika Michigan ging das dann unter Foxy Light. Dann haben wir (unv. #00:19:29.4#) gekriegt und konnten uns Verpackungsmaschinen kaufen. Und so hat sich das immer weiterentwickelt. Auch nach England, die wollten den Namen Berolina draufhaben. Wir sind dann schon 87, 88 bei 18.000 Hektoliter Ausstoß gewesen. Die Anlage wurde ja noch nicht voll genutzt, wir hätten weit mehr machen können. Und dann habe ich das natürlich, da ich mal ein Meister für Pilotanlagen war, habe ich es auf Pilot umgetauft unser einheimisches Bier. Und dann sind wir zur Messe gefahren, eingeladen worden, da wurde unser Bier Foxy Light nach Amerika an der Ausstattung und im Geschmack mit der Goldmedaille der Leipziger Messe ausgezeichnet. Das war 1986. Und da wurden natürlich noch mehr Betriebe aufmerksam. Da wollten jetzt noch viele haben. Dann war nach Ukraine, Ukraine in der Brauerei, dann war ich in Weißrussland in einer Brauerei, und viele andere wollten das auch haben. Und das war eigentlich eine ganz gute Entwicklungsphase, die wir hatten. Aber leider hat man das dann zunichte gemacht, nachdem das Brauen (unv. #00:20:29.5# verboten?) wurde, hat man ja die Betriebe zugemacht. Die Engelhardt Brauerei wurde ja am 30.11.1991 geschlossen. Und damit war auch diese ganze Idee und alles gestorben.

Markus: Vielleicht da noch mal kurz zurück zur Wende. Wie haben Sie denn diese Zeit erlebt? Also vielleicht 88, 89 und was direkt danach passiert ist. Und wie ist es Ihnen denn in dieser Zeit ergangen?

Ulrich Wappler: Na ja, mir eigentlich hat man nichts angetan. Ich war durch meine fachliche Arbeit und ich war ja überall mit beteiligt in sämtlichen Neuerungen und Ideen und alles, was auf den Markt kam, ob das nun alkoholfreies Bier war oder reduziertes Bier, alkoholreduziertes Bier oder zur 750-Jahr-Feier ein Köpenicker Moll und so weiter, hat man da natürlich mich als Produktionsleiter, ich war ja auch 15 Jahre stellvertretender Betriebsdirektor, eigentlich ganz in Frieden gelassen. Nur das alkoholfreie Bier, ich habe das gemerkt, dass der Wirtschaftsrat von der geleiteten Industrie etwas gebremst hat. Je mehr wir alkoholfreies Bier hergestellt haben, obwohl das einen höheren Aufwand hatte, aber dafür weniger Prozent, hat ja nur 7 % Stammwürze, aber es hatte einen höheren Energieaufwand, kältetechnisch und auch Energie. Weil wir mussten ja Kochmaischeverfahren fahren, wir haben mehr Springmaischeverfahren gemacht und so weiter, mehr Hefe zugegeben und Arbeitsaufwand, war das also eigentlich etwas teurer in der Herstellung. Und wenn man das für 75 Pfennig die Flasche verkauft, wir haben ja alles mit Pilsener Bier gemacht. Sie müssen sich mal überlegen, wir haben 1972 eine große Idee durchgesetzt, und zwar, Tankanlagen aufgebaut. Wir hatten zur Wende 1989 350 Tankerstädten, jede Gaststätte vom Palast der Republik bis zur Ostsee hoch, die neu konzipiert wurde, waren Tanks eingebaut, und wir haben nur per Pipeline unser Pilsator dahin geliefert. Das war so ein ökonomisch wirtschaftliches Verfahren. Wir haben 200.000 Hektoliter Pilsator, das ist das unpasteurisierte Berliner Pilsener, das haben wir geliefert in Tankerstätten. Das wurde ja unheimlich viel getrunken.

Markus: Wie ging‘s dann mit Ihnen persönlich in der Wendezeit weiter?

Ulrich Wappler: Man hat mich nicht entlassen. Ich bin dann mit (unv. #00:22:44.0# Brehm?) als letzter raus und habe die Tür abgeschlossen. Und man hat mich immer hochgehalten, weil ich ja, ohne jetzt überheblich zu wirken, eine gewisse fachliche Fähigkeit hatte, denn ich habe mein ganzes Studium nach Feierabend gemacht und habe nie die Praxis unterbrochen. Ich war in der Lage, jedem in der Brauerei die Arbeit vorzumachen vom Flaschenkeller bis zum Lagerkeller bis zum Sudhaus. Selbst das Kesselhaus hatte ich beherrscht, habe da einen Lehrgang gemacht, und konnte, wenn der Heizer besoffen kam, habe ich ihn nach Hause geschickt und habe alleine weitergeheizt. Und diese ganze Situation war natürlich für mich sehr gut. Man hat uns dann auch mehr Geld gegeben und hat, wo ich sehr stolz drauf war, anfangs, man hat in die Brauerei noch mal 5 Millionen reingesteckt in die Brauerei 89. Und dann hat man 91 gesagt, jetzt machen wir zu und ich wollte den Füller anlaufen lassen und da hat man gesagt, nein, das ist nicht. Und dann war eine Versammlung und Polizei stand vor der Tür. Und ich saß dann da und da haben die Leute gefragt zum Betriebsdirektor, der hat gesagt, ich habe gar nichts dazu zu sagen. Nach dem Untergang, das war dann, Brau und Brunnen kam dann aus Dortmund. Und dann hat man den technischen Leiter gefragt, hat gesagt, was sagst du dazu? Der hat auch bloß den Kopf geschüttelt und hat nichts gesagt. Und dann haben die gefragt, Produktionsleiter, Oliver (unv. #00:23:57.7#), was sagst du dazu? Und dann bin ich aufgestanden und habe unter Tränen dann natürlich den Leuten gesagt, dass sie zufrieden sein sollen, dass sie eine gute Abfindung kriegen, und dass unsere Technik und unser Betrieb eigentlich dem Stand der westdeutschen Brauereien weit zurück waren. Das muss ich zugeben. Wir waren technisch und in allem weiter zurück. Ich habe meine Arbeitskräfte dann in Westberlin untergebracht in den Brauereien, die Brauer. Und da habe ich die Brauereien gesehen, also da muss ich mal sagen, da waren wir weit zurück. Wir hätten ein völlig neues Sudhaus gebraucht, neuen Flaschenkeller und alles. Aber das musste man den Leuten beibringen und das war das Entscheidende. Und ich selbst wurde nicht entlassen, ich wollte aber auch kein Bierverkäufer werden, sondern habe mich dann auf Grund, dass ich die Kleinanlage für das Forschungsinstitut gemacht habe, für die Hopfenforschung, habe ich Blut geleckt und habe mich den Hausbrauereien gewidmet. Und dann bin ich als erstes nach Gommern, das ist 15 Kilometer vor Magdeburg, da habe ich eine Brauerei aufgebaut in einem Wasserschloss für einen Millionär, und habe da auch selber Bier gebraut. Das ist das ja, was ich konnte. Ich habe nicht nur als Sonderbrauleiter gewirkt, sondern ich habe dann auch vorgemacht, wie man Bier braut. Und dann habe ich mir das Bier gebraut, dann war natürlich schon das Reinheitsgebot da, wir hatten da bessere Malze und auch guten Hopfen, also alles kein Problem. In Görlitz war ich bei einer Susanne Daubner, die hat in Berlin studiert, aber nicht die Rundfunksprecherin, sondern in der Obermühle. Die haben mir ein Lied geschrieben und viel geschrieben über mich. Da habe ich ein Mühlengose gebraut für die. Und die waren ganz begeistert, die haben vieles getan für mich dann. Und da war ich auch stolz darauf. Und dann war ich in Rathenow, habe denen eine Brauerei konzipiert und aufgebaut. Dann habe ich natürlich auch eine Brauerei gemacht am Alexanderplatz. Da hat mich dann einer von Gommern zurückgeholt und hat gesagt: Du musst bei uns hier anfangen. Und ich wohnte ja da in der Nähe. Da habe ich dann das Alexbräu, das ist eine Brauerei mit einem Sudhaus von 15 Hektoliter, die habe ich als Sonderbrauleiter aufgebaut mit und war dann zehn, elf Jahre da, habe da mit Lehrlinge ausgebildet, die die Hausbrauereien heute noch machen, und auch ausländische Ingenieure. Ich habe auch für Beraplan gearbeitet, was heute BrauKon ist in München. Und so weiter. Dann kam auch das Heldenblut im Karolinenhof. Dann habe ich eine Brauerei gebaut, und zwar 2015 in Altlandsberg mit Brennerei. Das war, wo ich mir das letzte Denkmal gesetzt habe. Ich muss mal sagen, ich war auch stolz, ich habe 63 bis 67 im Fernstudium meinen Getränke-Ingenieur gemacht und habe dann 62 vom Staatsministerium aus Dresden den Diplom-Ingenieur (FH) Fachhochschule zugesprochen gekriegt aufgrund meiner langen Praxis.

Markus: Also quasi ehrenhalber, könnte man ja fast sogar noch sagen, oder?

Ulrich Wappler: Ja, ja. Ja, ja. Ich muss Ihnen aber sagen, es hat keiner bis jetzt gefragt, was ich gelernt habe und was ich gemacht habe oder irgendwie was. Die haben immer gewusst, kann er Bier brauen oder nicht. Und entscheidend war das, was die Leute getrunken haben und wie man Bier braut. Und ich kann sagen, also ich habe wirklich sehr viel Bier gemacht und sehr viele Namen. Ich habe damals ein rotes Bier gemacht, damit die Tankerstätten, damit da keine fremden Firmen reintanken können. Ich habe mit dem Reif-System gearbeitet. Reif ist, wenn man in den Lagertank einen Beutel reinmacht und dann reinschickt und über die Uhr. Wir haben nach Volumen ausgeschenkt das Bier. Also ich muss Ihnen sagen, es war schon eine ganz gute Geschichte. Ich hatte Angebote, muss ich sagen, in West-Berlin, aber ich habe das nicht gemacht. Ich habe gedacht, wenn du mal hier auf dem Arbeitsamt sitzt und es trifft dich einer von den alten Brauern von früher, dann sagen die, guck mal, da sitzt der Idiot, der uns hat sitzen gelassen. Das habe ich nicht gemacht, sondern ich bin meiner Gesellschaft treu geworden und werde heute noch geehrt und geachtet von Leuten, die eben Brauereien machen. Ich kann mich in Altlandsberg gerne sehen lassen, die sind mir dankbar, dass ich ihnen eine Brennerei vorgeschlagen habe. Und die brennen jetzt ihr Bier ab, was sie nie verkaufen und machen Schnaps draus. Und das ist schon sehr gut. Es gibt ja viele Hausbrauereien.

Markus: Ja, auf jeden Fall! Und ich habe ja auch schon viele, viele Brauer besucht. Und in der Tat ist es so, ob das jetzt die Jungs von Heldenblut waren oder zum Beispiel auch die Frau Daubner, überall ist immer wieder Ihr Name gefallen. Und das merkt man einfach, dass da einfach viel Respekt und viel Anerkennung da ist und einfach viele Leute von Ihnen, mit Ihnen gelernt haben und in die Branche auch gefunden haben. Also ganz großartig. Vielleicht zum Abschluss noch eine Frage: Wie denken Sie denn aktuell die Zukunft der Branche? Was denken Sie, wird so dieses Jahr, das nächste Jahr bringen? Und worauf sollten sich vielleicht Brauereien auch ein bisschen konzentrieren?

Ulrich Wappler: Ich spreche ja mit sehr vielen Kumpels, die alle aus der Getränkebranche stammen, ob Wein, Sekt oder Bier, hauptsächlich Bier. Und ich habe wirklich sehr viele gute Kontakte. Ich muss sagen, die Brauereiwirtschaft hat sich unheimlich in den letzten 50, 60 Jahren entwickelt, also sagenhaft. Wenn ich noch daran denke, wie wir in Wernesgrün in Holzfässer reingeklettert sind und wie wir gepicht haben und alles sowas, und heute das alles gesteuert wird. Die sitzen ja nur noch da. Heute braucht man normalerweise gar keinen Brauer mehr. Heute braucht man einen Computertechniker, der sitzt drin und kann das alles schalten und walten. Also es wird für die Brauereien sehr schwer sein. Viele wandern ja deshalb aus, das habe ich gesehen. Ich war, wie gesagt, sechs Jahre in der Mongolei und da habe ich das gesehen, dass da fast alles deutsche Braumeister sind, die da arbeiten und die noch Bier brauen können. Oder die Hausbrauereien, die Craftbier-Brauereien, ist ja auch weiter nichts wie handwerklich gebrautes Bier, und auch gutes Bier, muss ich sagen. Viele gehen natürlich jetzt kaputt durch die Gastronomie. Ich weiß nicht, wie es mal wird, wenn dieser Krankheitszustand jetzt mal eingeengt ist und wieder frei in eine Kneipe gehen können. Wahrscheinlich wird das kommen, dass man geimpft sein muss, sonst kommt keiner rein. Aber viele sind ja schon kaputt und müssen ihre Gaststätten verkaufen. Das geht alles den Bach runter. Die Zukunft wäre so, es hat sehr nachgelassen, habe ich gelesen, der Bierabsatz zurzeit, und die Leute, die ich kenne, die jungen Leute, die ja da als Sommelier und so weiter da arbeiten in der Brauerei, nur noch halbtags oder zwei Tage in der Woche. Da kriegen sie natürlich auch nicht volles Gehalt. Und wer eine große Wohnung hat und alles und sich nichts beiseitegelegt hat, der geht auch den Bach runter. Aber eins steht fest, die Leute merken, dass viele Sorten alkoholfreies Bier da sind, aber die Geschmäcker oder die Geschmacksunterschiede so groß sind, dass man manche Biere gar nicht trinken kann. Und das liegt an der Verfahrensweise und dann sind die auch noch elend teuer. Da kostet manche Flasche Bier alkoholfrei bis einen Euro und wenn man’s nimmt, 7 % oder 6,5 % Stammwürze und Alkohol null, den haben sie rausgezogen und haben Schnaps draus gemacht. So schlau waren wir damals auch, bloß wir hatten keine Möglichkeit, den verdunsteten Alkohol wieder zurückzugewinnen. Da hatten wir keine Anlage dazu. Sonst hätte ich das auch gemacht. Das macht heute (unv. #00:31:03.4# Dingsleben?) und stellt damit auch Bier her. Patent ist ja weg. Ich habe natürlich sehr viele alte Leute, mit denen ich zusammenkomme, die trinken alkoholfreies Bier, zum Beispiel alkoholfreies Weizen. Ein Kumpel von mir, der kippt sich Bananensaft rein, dann schmeckt er den Würzegeschmack nicht. Wohl dem, der das nicht braucht, alkoholfreies Bier. Ich trinke gerne ein gutes Pilsener, das bekommt mir auch gut, aber wenn es eben nicht mehr geht aus gesundheitlichen Gründen oder aus beruflichen Gründen, und die Leute, die nicht auf Bier verzichten wollen, die sollten dann, bin ich der Meinung, schon auf alkoholfreies Bier zugreifen. Bloß, man müsste da schon den kleinen Unterschied zwischen der (unv. #00:31:40.7# Preislage?) machen. Und das wird auch kommen.

Markus: Dann bedanke ich mich bei Ihnen ganz, ganz herzlich für die Zeit und für die vielen spannenden Einblicke in Ihr langes Brauerleben. Ich wünsche Ihnen natürlich noch viele, viele schöne Jahre und Tage und viele gute Biere, die Sie trinken können. Und ich freue mich, wenn wir uns dann demnächst vielleicht bald auch mal wiedersehen.

Ulrich Wappler: Ja. Ich bedanke mich bei Ihnen auch fürs Gespräch und wünsche Ihnen alles Gute. Bleiben Sie uns erhalten, bleiben Sie gesund!

Markus: Das mache ich. Ich versuch’s zumindest. Danke schön!

Ulrich Wappler: Alles Gute, Herr Raupach! Wir hören voneinander.

Markus: Das machen wir, auf jeden Fall.

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