Eigentlich kennt man Sebastian Pfister als Braumeister Berliner Straßenbräu und Erik Mell als Braumeister von Vagabund, ebenfalls aus Berlin, gemeinsam aber sind sie nochmal etwas ganz Besonderes, nämlich die Macher der Schnieke Brauspezialitätenmanufaktur, die 2020 ihre ersten beiden Bierspezialitäten mit den schönen Namen „Mumpitz“ und „Heiabubu“ präsentiert hat. Außerdem haben beide ausländische Wurzeln und sind eben so typische Vertreter der Berliner Brauszene. Das alles ist Grund genug, sie zu einem spannenden BierTalk rund um ihr neues Baby einzuladen und natürlich auch mal den ein oder anderen Mumpitz zu verkosten…
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Holger: Herzlich willkommen zu unserem 18. Spezial-BierTalk. Heute sind wir wie immer bei den Spezials wieder mal international. Also Franken ist ja sowieso immer dabei, das wisst ihr ja, und das Ruhrgebiet ja auch irgendwie. Aber diesmal ist noch die Hauptstadt dabei, es ist Amerika dabei, es ist die Schweiz dabei, es ist Belgien dabei und es ist der Wahnsinn. Das lösen wir jetzt auch noch gleich auf. Am Mikrofon wie immer der Holger und der …
Markus: Markus.
Holger: Also grüßt euch! Als Gäste haben wir den Erik Mell und den Sebastian Pfister. Das Thema ist Schnieke Brauspezialitäten in Berlin. Grüßt euch! Schön, dass ihr Zeit gefunden habt.
Sebastian Pfister: Hallo Holger, hallo Markus, vielen Dank für die Einladung!
Holger: Nicht jeder kennt, glaube ich, Schnieke Brauspezialitäten, ist ja was Neues auch. Man kennt euch in anderen Zusammenhängen. Stellt euch doch einfach mal als Person kurz vor.
Sebastian Pfister: Dann fang ich mal an. Ich bin der Sebastian Pfister. Ich bin Braumeister bei Straßenbräu und Mitgründer von Schnieke mit Erik Mell. Ich bin gebürtiger Doppelbürger, Belgien und Schweiz, bin in der italienischen Schweiz aufgewachsen und bin 2013 nach Berlin gezogen. Wo ich jetzt immer noch lebe und glücklich für Straßenbräu braue.
Erik Mell: Ich bin der Erik Mell und komme ursprünglich aus Minnesota in den Vereinigten Staaten. Bin ich auch 2013 umgezogen, um Braumeister zu werden. Und habe ich mit Sebastian studiert hier in Berlin bei der TUB. Bin der Baumeister von Vagabund momentan und Mitgründer von Schnieke Brauspezialitäten.
Holger: Erik, weißt du, was total lustig ist? Ich weiß gar nicht, ob du das weißt. Aber in der Sioux-Sprache, da bedeutet Minnesota trübes Wasser.
Erik Mell: Boah! So wie Bier.
Holger: Und dann eben Brauer zu lernen, finde ich schon ziemlich witzig.
Sebastian Pfister: Sehr schön! Finde ich auch.
Holger: Erzählt uns doch mal ein bisschen was zur Schnieke Brauspezialität und was darf man erwarte, wodrauf dürfen wir uns freuen?
Sebastian Pfister: Also Schnieke haben wir dieses Jahr lanciert. Und wir machen ausschließlich holzfassgereifte Biere. Wir haben tatsächlich schon vor ein paar Jahren angefangen, weil solche Biere brauchen halt Zeit. Und daher konnten wir nun dieses Jahr die ersten Biere rausbringen, obwohl die ersten zwei Sude schon spät 2018 gebraut wurden. Und wir haben jetzt angefangen mit eben zwei Bieren, eins heißt Mumpitz. Das ist ein Sauerbier mit einer Himbeere aus dem Bourbon-Fass. Und Heiabubu, ein Belgium Imperial Stout, auch aus dem Bourbon-Fass.
Holger: Sehr gut! Und die vorbelegten Fässer kommen dann immer aus den USA oder wo kommen die her?
Sebastian Pfister: Also nicht immer generell, generell eben ist unser Thema Holzfassreifung. Das heißt wir mögen eigentlich alles, was aus Holzfässern kommt. Und jetzt haben wir zwei Bourbon-Fässer genommen, weil Bourbon-Fässer eignen sich halt richtig, richtig gut für Bier generell. Aber natürlich ist der Vielfalt auch keine Grenzen zu setzen. Da kann man auch ganz schön Rumfässer, Weinfässer, ein bisschen schwieriger. Aber da gibt’s sehr viele Arten von Fässer, die man benutzen kann und dann schön einbauen kann. Wir haben jetzt eigentlich mit Bourbon angefangen, aber das wird dann weitergehen, dass wir viele andere Sorten von Fässern mit (unv. #00:03:12.7#) und verschiedene Biersorten da drin machen werden.
Holger: Ihr kennt vielleicht Markus Eder. Wir haben den ja …
Sebastian Pfister: Ja.
Erik Mell: Ja.
Holger: … im 43. BierTalk gehabt.
Sebastian Pfister: Ja natürlich.
Erik Mell: Habe ich schon gehört.
Sebastian Pfister: Tatsächlich haben wir die zwei Bourbon-Fässer, die wir jetzt benutzt haben, über Wilhelm Eder bestellt. Die sind halt in Deutschland glaube ich schon die Nummer eins, was Fassanfertigung und Fassverkauf betrifft. Und die wissen auch, was sie machen. Und wenn man da ein Fass kauft, wissen die auch, dass das die beste Option ist in Deutschland für auch importierte Fässer, dass die gucken, dass die Fässer noch gut aussehen und direkt brauchbar sind. Also wir machen alles in Berlin tatsächlich, wir haben keine eigene Brauerei sozusagen. Wir mieten uns ein in der jeweiligen Brauerei, wo wir zurzeit arbeiten. Also Straßenbräu beziehungsweise Vagabund, die zwei Brauereien, da brauen wir. Also wir brauen eigentlich in den eigenen vier Wänden, wo wir schon normalerweise arbeiten, aber dann als Gypsy-Brauer sozusagen bei dem eigenen Arbeitgeber.
Holger: Ja Markus, das ist doch für dich auch neu, oder? Jetzt waren wir beide schon so lange nicht mehr in Berlin, weil wir irgendwie Corona-bedingt nicht wirklich so mobil sind wie sonst immer. Aber wusstest du das alles schon oder ist das auch neu für dich?
Markus: Dass die beiden das jetzt zusammen machen, das wusste ich noch nicht. Ich habe mit beiden ja vorher schon mal gesprochen wegen anderer Projekte, wegen meines Berlin-Buchs und so, und wusste daher, dass der Sebastian auch eine persönliche Affinität hat zu dem Thema Holzfass. Da kann er uns, glaube ich, gleich noch ein bisschen was dazu erzählen. Aber das ist natürlich jetzt eine ganz spannende Geschichte, dass zwei Leute, die sich wahrscheinlich normalerweise niemals im Leben über den Weg gelaufen wären, sich dann in Berlin treffen, gemeinsam Brauer werden und dann eben auch noch sagen, wir machen gemeinsam Projekte mit unseren Brauereien. Und dass die das dann auch alle mitmachen und das jetzt eben so einen schönen Weg nimmt, das finde ich ganz, ganz schön und ist für mich auch so ein Symbol einfach, dass es geht, wenn man will, wenn man zusammen auf gute Ideen kommt, wenn man kreativ ist und wenn man eben ein Umfeld hat, was das unterstützt und was offen ist und wo man sich dann eben auch ausleben kann. Und das finde ich ganz, ganz schön und auch spannend.
Holger: Sehr gut! Sebastian, wenn du erzählst, im Prinzip Schweizer, dann im Tessin an der italienischen Grenze. Und das ist ja das, was der Markus gerade so ein bisschen angedeutet hat, dann ist man ja näher dran, Winzer zu sein als Brauer, oder?
Sebastian Pfister: Ja, jetzt lustigerweise ist mein Vater tatsächlich Winzer und ich habe mein ganzes Leben, bevor ich ausgezogen bin, in der Weinerei verbracht und habe auch immer mitgeholfen. Ich habe sogar, glaube ich, mein erstes Holzfass als kleiner Bub mit 9 oder 10 ausgewaschen mit einem Hochdruckreiniger. Ich weiß nicht, ob ich das überhaupt erzählen darf.
Erik Mell: Gibt’s Fotos davon?
Sebastian Pfister: Ich muss da mal fragen, ob es Fotos davon gibt. Da habe ich so ein 1000-Liter-Fass ausgewaschen. Ich als kleiner Bub passte durch das Mannloch, er als großer Mann natürlich nicht. Da hat er mich reingeschickt, hat natürlich geguckt, dass das alles sicher war. Und dann bin ich da rein und habe das dann gewaschen und dann haben wir das wieder belegen können mit Wein. Tatsächlich habe ich ein bisschen Hintergrund von einer Weinerei. Ich sage auch gerne, belgische Mama, Papa ist Winzer, da kommt ein Brauer raus. So einfach ging das dann aber nicht. Ich habe erst mit 19 angefangen zu brauen, als Hobbybrauer. Dann habe ich eine gute Empfehlung bekommen von dem Vater eines meiner besten Kumpels aus der Kindheit. Der war Braumeister und hat eine Brauerei aufgemacht im Tessin in den 90ern, die Officina della Birra. Und mit dem war ich immer gut in Kontakt, habe da auch ab und zu mal mitgeholfen bei so kleinen Jobs in der Brauerei. Und irgendwann meinte er: Hey, Seberl, du müsstest mal anfangen, zu Hause zu brauen. Und ich meinte: Ja, mache ich mal. Hat er mir eine Webseite gegeben in der Schweiz, wo ich die Sachen bestellen kann. Habe ich da gemacht, habe mich tatsächlich in Brauen verliebt und dann war der zweite Schritt mal anfangen, tatsächlich professionell zu brauen. Und wenn man Hobbybrauen mag, das ist das eine, aber dann wirklich morgens in der Frühe um halb vier aufstehen, um dann 12 Stunden zu ackern, das ist dann wieder das andere. Und das habe ich dann gemacht und tatsächlich rausgefunden, hey, den Job liebe ich. Und habe das dann weitergemacht. Und der weitere Schritt war dann, nach Berlin zu gehen, um Diplom-Braumeister zu studieren. Das muss ich eigentlich meiner Mom verdanken, die mir da so ein bisschen einen Push gegeben hat. Meinte: Kind, du spinnst, du musst nach Berlin. Da gibt’s tatsächlich in der Schweiz nicht so viele Gelegenheiten, Braumeister zu lernen. Da ist Deutschland einfach Nummer eins in Europa, wenn nicht weltweit. Auf Schnieke bezogen, mit dem Hintergrund der Weinerei, hatte ich schon immer so ein bisschen Flair für Weinfässer, für Holzfässer generell. Und im Studium habe ich eben da an der TU und VLB den Erik kennengelernt und sehr gute Kumpels geworden. Und haben beide dann das Glück gehabt, dass wir direkt im Anschluss zum Studium unsere Jobs gefunden haben in den kleinen Brauereien und fanden uns gegenseitig immer noch toll und haben irgendwann gesagt: Hey! Es gibt irgendwie wenig holzfassgelagerte Biere in Berlin, das ist für uns beide so ein Thema, das wir gerne haben. Wir trinken das gerne, das ist nicht so einfach zu bekommen. Okay, dieses Jahr, mittlerweile muss man sagen, gibt’s in Berlin eine gute Auswahl. Der Lemke kam gerade mit so einem schönen Paket raus. Heidenpeters hat noch eins rausgebracht, BRLO bringt viel raus, Eschenbräu hat eins rausgebracht. Also ich glaube, es gab noch nie so viele holzfassgelagerte Biere in Berlin wie dieses Jahr. Aber wenn wir vor ein paar Jahren darüber zum ersten Mal geschnackt haben, gab’s noch nicht so viel. Da war, glaube ich, Lemke so das A und O. Und dann haben wir uns gedacht: Hey! Lasst uns das doch so als Seitenprojekt machen. Weil holzfassgelagerte Biere ist ja auch sowas, das man in kleiner Auflage macht und man muss warten. Und das hauptberuflich zu machen, wäre schwierig, also eine Brauerei zu gründen, die nur das macht, das ist sehr schwierig. Man sieht’s ja in Belgien zum Beispiel, wenn Sauerbier-Brauereien so eine Lambic-Brauerei aufmachen, die müssen erst mal ein paar Jahre warten, bis sie überhaupt einen Umsatz machen können. Also hat das für uns eigentlich ganz gut gepasst, also im kleinen Rahmen zu machen, nebenbei neben unseren Jobs dieses kleine Herzensprojekt zu verfolgen. Ja, das machen wir jetzt und wir sind wirklich happy damit, dass wir das machen können.
Holger: Ich würde jetzt vorschlagen, Markus, du verrätst uns mal, was du dir für heute überlegt hast und wir machen mal unser erstes Bierchen auf.
Markus: Können wir machen. Ganz kurz noch eure Liste zu ergänzen. Wir hatten ja auch den Thomas Tyrell schon bei uns im BierTalk, der hat ja auch holzfassgereifte Biere jetzt rausgebracht dieses Jahr. Also in der Tat ist Berlin da jetzt wirklich so ein Zentrum geworden von ganz, ganz vielen Leuten, die sich darum kümmern. Aber das ist ja auch cool, es steckt ein unglaubliches Potenzial da drin. Und ich glaube auch, dass da viele verschiedene Versuche sehr gut sind, um alles so ein bisschen auszuprobieren, auszureizen, was man machen kann. Was habe ich mir für ein Bier überlegt? Ich überlege gerade, ob ich euch raten lassen soll? Aber ich glaube, das ist zu schwierig. Aber ich habe mir gedacht, wenn, dann muss es schon ein besonderes Bier sein, was auch einfach sehr viele Aromen hat und etwas außergewöhnlich ist. Ich mach‘s mal auf. Also ihr habt schon eine Dose und wenn man das Ganze jetzt dann in das Glas laufen lässt, dann haben wir ein fast pechschwarzes Bier. Obendrauf ein ganz, ganz dunkelbrauner Schaum, leicht rötlich gefärbt. Wenn man reinriecht, dann hat man Schokolade und Kokos und Karamell und Kaffee und sehr, sehr intensive Aromen. Es hat, muss ich grad mal gucken, 10,8 % Alkohol. Also sowas würdet ihr wahrscheinlich in ein Holzfass stecken. Es ist ein Imperial Stout von Frau Gruber und es heißt Macaroon. Und ist eben mit Kokosflocken von so Kokosmakronen und eben jeder Menge Haferflocken und Malzen, natürlich Röstmalzen. Jetzt probiere ich mal einen Schluck. Hm! Ja, sehr vollmundig, sehr cremig, sehr weich, unglaublich intensiv. Und für die Uhrzeit, liebe Hörer, wir sind jetzt hier schon am Abend, ist das auch ein schönes Bier, um in den Abend zu starten. Also Prost auf euch, auf euren Erfolg, auf eure tollen Biere! Auch für die Hörer noch ganz kurz. Ich habe die beiden hier auch schon stehen, habe ich mir schon kommen lassen und freue mich auch total. Ich habe sie mir allerdings für die Weihnachtsfeiertage aufgehoben. Wir zeichnen ja ganz kurz vor Weihnachten auf. Und werde euch dann im nächsten BierTalk erzählen, wie toll das Weihnachtserlebnis war. Und ihr könnt natürlich die beiden Biere auch bei den beiden Jungs bestellen. Das werden wir in den Shownotes noch verlinken. Und vielleicht erzählen sie es ja währenddessen noch ein bisschen. Erik, magst du vielleicht einerseits noch ein bisschen was von dir erzählen, also wie kommt man überhaupt aus Minnesota auf die Idee nach Berlin zu kommen? Und wolltest du nicht eigentlich lieber 25 verschiedene IPAs brauen? Und was hast du denn für ein Bier mitgebracht?
Erik Mell: Damit habe ich angefangen, als ich halt ziemlich jung war, also 14 oder so hatten wir ein Alcohol Awareness Class. Und die haben mir erzählt, wenn Hefe und Zucker vorhanden sind, dann wird Alkohol produziert. Dann bin ich direkt nach Hause gegangen, habe ich nur (unv. #00:11:17.7#)-Saft als Nährmedium und die Hefe und Brothefe. Dann habe ich sofort quasi einen Wein hergestellt, das war eigentlich. Aber trotzdem bin ich weitergekommen und mit 16 oder 17 und so dann habe ich halt angefangen Bier zu brauen als Hobby. Denn in den USA natürlich hat es viele IPAs. Die Amis sind dafür bekannt, aber wir haben damals richtig schöne Stouts mit Zimt und alles gebraut. Dann musste ich was lernen beruflich und lange Reise durch Schottland, Schweden, Deutschland ein paar Mal, habe ich meinen ersten Job gefunden. Das war als Corporate Social Responsability Analyst. Und bin ich damit nach Deutschland umgezogen, habe ich in Frankfurt gearbeitet, war irgendwie entlassen wegen Umstrukturierung. Und habe ich eine Career Specialist bekommen. Das war in der Finanzbranche. Und dann habe ich erklärt, dass ich halt auf Brauen stehe und so. Und sie hat auf jeden Fall den Twinkle in my eye gesehen und sagte: Dann kann ich Ihnen nicht damit helfen, aber ich sehe es sofort, Sie haben so eine Leidenschaft, dann sollen Sie das dann machen. Dann habe ich herausgefunden, wie man das macht. Habe ich ein Jahrespraktikum mit Heidelberger gemacht da in Heidelberg. Bin ich umgezogen, um zu studieren hier in Berlin, da ich halt Braumeister werden könnte. Habe ich mein Hobby als Karriere dann gemacht in dem Sinn, aber bin auch Quereinsteiger quasi oder so. Warum ich in Deutschland allgemein bin? Ich liebe Deutschland eigentlich seit einer langen Zeit. Ich habe Deutsch in der High School gelernt und dann bin ich hier für die Liebe gekommen. Also meine Frau hat in Heidelberg studiert und so geht’s.
Holger: Es sind dann doch die deutschen Frauen, die hier die Stiche machen, oder?
Erik Mell: Die kommt nicht aus Deutschland, wir haben auch in Schweden kennengelernt.
Holger: Ach!
Erik Mell: Ich sage nicht was Schlechtes über deutsche Frauen, also das auf keinen Fall.
Markus: Es gibt ja auch jede Menge Lieder rund um Heidelberg und die Frauen und Herzen, die man da verliert und so weiter.
Erik Mell: Genau!
Holger: Ich weiß jetzt nicht, ob ihr beiden gemeinsam ein Bier habt oder jeder eins, aber es wäre Zeit fürs nächste Bierchen.
Sebastian Pfister: Ja, wir würden gemeinsam eins aufmachen und tatsächlich ganz egoistisch eins von uns.
Markus: Sehr gut, sehr gut!
Sebastian Pfister: Wir hofften ja vorhin, dass Markus auch eins von uns aufmachen würde. Aber das finde ich ja gut, dass Markus so die für Weihnachten behältst, dafür sind sie ja auch gedacht für festliche Gelegenheiten, für tolle Gelegenheiten. Und wir machen jetzt mal unser Mumpitz auf, was unser erstes Bier war. Schön aus der 0,75er-Champagner-Flasche. Bin da genug ans Mikrofon. Erik, vielleicht kannst du was zu unserem Mumpitz erzählen, was ich gerade einschenke?
Erik Mell: Wie erwähnt, ich bin Braumeister von Vagabund und habe ich dieses Bier da gebraut eigentlich. Und das ist ein, ja, was ist es, das ist ein Mumpitz. Das ist eigentlich ein Bierstil technisch absoluter Schwachsinn, also eben Mumpitz. Es hat Roggenmalz da drin, es hat verschiedene Karamalze da drin. Ist gar nicht süß und hat diese (unv. #00:14:31.2#).
Sebastian Pfister: Also wir nennen es ein Barrel Aged Footed Sour, also ein Sauerbier mit Früchten. Aber es hat einen Hauch Himbeere drin, aber jetzt nicht so viel, dass man denkt, oh mein Gott, wir trinken jetzt Himbeersaft, wir mögen das Ganze ein bisschen balancierter. Erik hat dann im Rezept noch ein bisschen Karamalze mit eingebaut, aber auch nicht, um einen vom Hocker abzuhauen. Aber stilmäßig ist es ganz schwierig das Bier einzuteilen. Es wurde dann noch nachvergoren im Bourbon-Fass mit wilden Brettanomyces aus meinem Vater seiner Weinerei. Da haben wir jetzt auch wieder ein bisschen eine Connection eben zur Weinwelt aus meiner Familie. Ich habe mal ein Holzfass von ihm bekommen. Ich habe einige liegen beim Straßenbräu. Und in eins dieser Holzfässer kann tatsächlich eine Brettanomyces mit. Und die hat dann das Bier, ein Tripel, was ich da drin hatte, nachvergoren. Und ich dachte, hoppla, hey. Aber es war eigentlich ganz gut, weil das gerade ein guter Bierstil dafür war und das Tripel habe ich jetzt immer noch ein paar Fläschchen davon. Und habe dann einfach diese Brettanomyces daraus isoliert und die weitergezüchtet und die bei uns bei Schnieke mit eingebaut bei unserem ersten Bier. Und das gibt so einen schönen weinigen Abschluss beim Bier. Es ist eben nicht so eine Bret, wie man sie üblicherweise kennt, wie so eine (unv. #00:15:37.5#), die so ganz wild und Pferdedecke-mäßig ist. Sondern es ist eher eine Bret, die so ein bisschen sanfter und weiniger und ganz leicht fruchtig ist.
Holger: Ja, die ist ja auch aus dem Tessin. Da ist das ja auch Programm so zu sein. Wie findet ihr die Rezepte? Wenn man jetzt sagt, die Italiener zum Beispiel, die kommen ja eher von der Speise und stellen sich erst eine Speise vor und entwickeln dann dazu eine Bierrezeptur. Bei den Deutschen würde ich sagen, wir kommen eher vom Prozess und von der Technik. Die Amerikaner, glaube ich, die können alles. Aber wie macht ihr beiden das? Wie entwickelt ihr die Rezepte, wo kommt ihr her, also was denkt ihr zuerst?
Erik Mell: Das hängt davon ab, was man brauen will. Ich fange eigentlich mit den Zutaten an. Malz vor allem, was für eine Basis das bildet und dann natürlich die Hopfen dazu. Hier spielt Hopfen wirklich fast keine Rolle. Das ist halt ein sehr komplexes Aroma, das wir haben. Aber das ist alles durch die Gärung und die verschiedenen Zutaten. Wir haben natürlich ein paar Bourbon-Fässer gekauft und haben dann ein paar (unv. #00:16:42.5#) von Bourbon getestet, was wir uns vorstellen können, was am besten passt. Das ist es halt. Ich fange eigentlich mit Malz immer. Also wie es schmeckt. Und wenn es ein hopfenbetontes Bier ist, dann natürlich passe ich den Malz zu den Hopfen. Oder in diesem Fall eigentlich zu der Hefe und zu dem Barrique-Fass eigentlich.
Sebastian Pfister: Wie Erik schon gesagt hat, Hopfen ist hier eher im Hintergrund, wenn überhaupt wahrnehmbar. Ich glaube, hauptsächlich, weil eben unser Thema Holzfässer sind, sehe ich da immer so zwei große Kategorien. Es gibt Sauerbiere aus Holzfässern, die eventuell mischvergoren sind mit Laktobazillen und Brets, oder mit das ein oder das andere. Und dann hat man saubere Biere, die nur eine Saccharamyces haben und dann meistens eher stärker sind als das dunkel, aber auch heller. Und da haben wir uns auch die Frage gestellt: Wollen wir jetzt ein Sauerbier machen? Wollen wir ein sauberes Bier machen, das etwas stärker ist? Da haben wir gesagt, lasst uns beide machen als die ersten beiden Biere. Und da ist eben Mumpitz entstanden und das erste Sauerbier mit Bret, und das zweite, unser Heiabubu, ein Belgium Imperial Stout mit belgischer Hefe vergoren und etwas stärker mit 12 %.
Markus: Wer von euch beiden kam da auf die Namen? Und wer hat‘s dann dem jeweils anderen erklärt, was das jeweils bedeutet?
Sebastian Pfister: Glaube ich, kann mit Mumpitz an.
Erik Mell: Ja, das ist das (unv. #00:17:57.1#). Wir hatten irgendwie eine ganze Liste an Namen. Und wir haben uns irgendwie voll im Thema deutscher Sprache verliebt und dachten, da gibt’s so viele tolle Wörter, vor allem auch in Berlin, aber auch deutschlandweit, so Jargon-Wörter, Heiabubu, zu Bett gehen. Das ist so ein süßes Wort und das ist so einzigartig. Und es passt auch gerade zum Bier, das wir machen wollen beziehungsweise schon gebraut hatten. Und der Name kommt immer später. Wir haben das Bier dann probiert und (unv. #00:18:21.8#) das ist so ein gutes Bier als Betthupferl vorm zu Bett gehen. Ist so ein guter Abschluss für den Abend. Hey, lasst uns doch Heiabubu nennen. Und meine Freundin hat ein paar Mal irgendwie Heiabubu gesagt zum Bett gehen und ich meinte: Hä? Was ist das? Ich kenne das ja gar nicht. Deutsch ist nicht meine Hauptsprache. Und all diese feinen Wörter, die es sonst so gibt da draußen, die kenne ich alle nicht. Und wenn ich das gehört habe, dachte ich irgendwie, hey, das ist irgendwie ganz cool, lasst uns doch für einen Biernamen benutzen. Und Mumpitz hatten wir schon eher so (unv. #00:18:46.7#) das Wort und dann dachten wir, Mumpitz ist cool. Das ist Bier ist eh kompletter Schwachsinn, was Stile anbelangt, lasst uns das doch Mumpitz nennen.
Sebastian Pfister: Genau!
Erik Mell: Und ich glaube, so ein bisschen auf der Schiene wollen wir auch weitermachen, so coole deutsche Wörter benutzen, die man kennt, aber nicht so wahnsinnig populär sind, aber das jeder irgendwie kennt. Und vor allem in Berlin gibt’s ganz viele hübsche Wörter.
Sebastian Pfister: Genau!
Erik Mell: Aber beschreiben wir das Thema (unv. #00:19:10.6#) sind Rainbow und Bret à Porter.
Sebastian Pfister: Ja, das sind dann die nächsten Biere, die kommen.
Holger: Wenn man da auch noch mal so richtig reinguckt und was ihr jetzt so alles erzählt, ich muss mir also ein bisschen Verknüpfungen herstellen. Und zwar, also aufgrund deines Aussehens, Sebastian, bezeichnet man dich ja auch als den Harry Potter der Biere.
Sebastian Pfister: So braune Haare und Brille. Jetzt schließen wir mal den Kreis. Und dann gibt’s aus der glorreichen Sesamstraße The Amazing Mumford. Das ist ja der große Mumpitz sozusagen auf Deutsch übersetzt. Und der ist ja der Zauberer in der Sesamstraße. Also ich weiß gar nicht, ob euch das so bewusst ist, dass das alles so …
Erik Mell: Nein. (unv. #00:19:51.6#)
Holger: … miteinander zusammenhängt. Und ich weiß auch gar nicht, ob ihr Sesamstraße noch kennt.
Erik Mell: Gerne.
Sebastian Pfister: Ja natürlich.
Holger: Aber ich habe das also auf jeden Fall immer verschlungen als kleiner Junge. Die Sesamstraße halt mir alles erklärt, was ist hoch und was ist niedrig und was ist dick und was ist dünn und so. Da sind alle Grundlagen, die ich habe, sind da gelegt worden. Und das finde ich schon interessant. Also wie man dann so Verbindungen schaffen kann zu den Bieren, die ihr auch macht. Ganz toll ist das.
Markus: Ich glaube, der Holger ist unterhopft.
Holger: Ja, das kann gut sein. Also sehr gut, Markus. Ich werde jetzt mein Bier öffnen. Ich werde es euch auch nicht erraten lassen, weil ihr kommt wahrscheinlich nicht drauf. Wir haben ein Weihnachtsbier weniger und ein Winterbier mehr. In der Tat habe ich mich für das Winterbier von Warsteiner entschieden. Und das hieß bis vor kurzem noch Weihnachtsbier. Und die Brauerei hat sich dann entschieden und hat dann gesagt: Mensch, irgendwie ist das verkaufstechnisch auch manchmal schwierig, wenn es dann im Handel steht und Weihnachten vorbei ist, dann verkauft sich das schlechter. Und wenn wir es jetzt Winterbier nennen, dann können wir da vielleicht auch länger noch eine Zielgruppe erreichen. Und ich möchte eine Lanze brechen, eben auch gerade für die großen Brauereien, die wir in Deutschland haben, also Warsteiner ist ja ein Beispiel, aber es gäbe ja auch noch andere Brauereien, die diese Größenordnung haben. Also Bitburger macht ja zum Beispiel ein Winterbock, den könnte man auch noch erwähnen, aber dieses Bier, da muss ich wirklich sagen, ist in meinen Augen eines der besten Produkte, die Warsteiner hat, weil schon die Farbe besticht, also das ist so ein rötliches Bernstein eigentlich. Wir haben einen ganz tollen dichten Schaum in der Nase, haben eine totale Malznote, eine Karamellnote, wo man so richtig auch an Weihnachten denkt. Und im Trunk ist die Malzautomatik total im Vordergrund. Es ist ein unglaublich ausbalanciertes Bier, was ich jedem wirklich empfehlen kann. Also das ist ein schönes Bier zur Jahreszeit. Und ich weiß nicht, ob ihr es kennt, aber wenn nicht, probiert‘s mal aus. Versucht mal, eure Vorurteile, die ihr möglicherweise im Kopf habt, einfach beiseite zu schieben. Probiert mal dieses Bier. Und ich habe schon oft, also da hieß es noch Weihnachtsbier, auch in Blindverkostungen das Bier einfach eingebaut beziehungsweise hate Verkostungen gegeben und einfach erst mal nicht erzählt, was es für ein Bier ist. Und dieses Bier hat immer absolut begeistert und hat 13,5 % Stammwürze und hat einen Alkoholgehalt von 5,6 %.
Sebastian Pfister: Schön!
Holger: Und ist für eine Brauerei, die ihre Kernkompetenz im Pilsbrauen hat, also ein wahnsinnig tolles malzaromatisches Bier. Also ich kann da nur dafür werben.
Sebastian Pfister: Ich probiere gerne jedes Bier, und vor allem, wenn es so unwahrscheinliche Hintergründe hat, bin ich immer wieder für Überraschungen zu haben. Also das würde ich auch gerne probieren.
Erik Mell: Ja, das klingt gut mit Stammwürze von 13,9.
Holger: 13,5.
Erik Mell: 13,5 und nur 5,6 % Alkohol, da hat man deutlich gute Röstextrakte. Also ich kann mir gut vorstellen, dass …
Sebastian Pfister: Es ist ziemlich süßlich.
Erik Mell: (unv. #00:22:57.3#) auf jeden Fall, ja, auf jeden Fall.
Holger: Nein, genau. Also es ist wirklich, also ich sag mal, ich wüsste jetzt auswendig nicht, was es für eine Bittereinheit hat, aber es schmeichelt der Zunge. Ist so ein richtig schönes malzaromatisches Winterbier. Also da ist der Name wirklich Programm. Müsst ihr einfach mal ausprobieren. Ich habe mir halt einfach gedacht, draußen fängt‘s jetzt an, weihnachtlich zu werden, ich komme auch so langsam in die Stimmung, in die Weihnachtsstimmung, und da habe ich mir doch gedacht, das ist ein schönes Bier. Und ich habe dazu Plätzchen und die schmecken wirklich …
Sebastian Pfister: Das ist doch schön.
Holger: … ganz toll dazu.
Erik Mell: Super!
Markus: Man könnte natürlich ketzerisch sagen, im Grunde ist das ein filtriertes fränkisches Märzen.
Holger: Markus, du brauchst gar nicht den Ketzer zu machen, weil du bist es ja. Sondern ich könnte mir vorstellen, also die oberfränkische Zunge würde auch Ja dazu sagen.
Markus: Auf jeden Fall!
Holger: Und du kennst es sicher auch.
Markus: Eben, ich kenne es ja. Und ich habe schon immer gesagt, im Grunde ist das ein Kellerbier, nur halt anders verpackt. Deswegen ist es einfach auch richtig gut und schmeckt gut und ist schön harmonisch. Und ist auch was, was der Süddeutsche gerne mal trinkt. Vielleicht an euch beide noch mal kurz die Frage: Wie habt ihr denn die deutsche Bierwelt erlebt? Also wenn man jetzt aus Amerika oder aus der Schweiz nach Deutschland kommt und dann vielleicht erst mal in Berlin landet, habt ihr ja sicherlich bald gemerkt, dass Deutschland gar nicht ein Bierland ist. Was hat euch denn gefallen?
Sebastian Pfister: Du sagtest genau richtig, Markus, Deutschland ist, was Bier betrifft, nicht ein homogenes Land, sondern es gibt viele Regionen. Das, was man sich von außen immer vorstellt, ist das, was in Franken und Bayern so stattfindet mit einer sehr tollen Bierkultur mit viel Geschichte und einfach viele, viele Biere. Und wenn man dann eher nach Berlin geht beziehungsweise als wir ankamen 2013, da gab‘s einige kleine Brauereien, aber jetzt auf so eine Großstadt bezogen nicht viele. Und auch einfach dieses Gefühl von, man hat irgendwie eine große Bierkultur, wie es sie eben in Franken gibt, die war meiner Meinung nach nicht oder überhaupt nicht vorhanden. Berliner hat zwar seine Berliner Weisse, aber die ging ja verloren und die wurde erst in den letzten Jahren wieder aufbelebt. Es gab natürlich die, die man im Supermarkt finden konnte, aber das wissen wir alle, dass das nicht so wirklich die echte ist. Und normalerweise, wenn man in irgendeiner Kneipe war und man nach einer Berliner Weisse gefragt hat, hat man ja immer den Klassiker vorgeschlagen, es mit Sirup zu vermischen, was beim Brauer ja natürlich sehr verpönt wird richtigerweise. Weil eine richtige Berliner Weisse, die (unv. #00:25:11.0#) man ja ohne den Sirups, braucht man ja gar nicht. Da ist genügend Geschmack drin. Aber so Berlin als Bierstadt, wir haben eher die ganze Entwicklung gefühlt, also die starke Entwicklung der letzten Jahre miterlebt, als wir unser Braumeister-Studium abgeschlossen haben, war sogar die Welle los, die ersten neuen Craft Beer Bars gingen auf. Man fand die ersten deutschen IPAs in einigen Läden und Vagabund ging auch mit der kleinen Brauerei, 2015 ging Straßenbräu auf, wo ich dann zu erster Stunde angefangen habe. Und dann ging das Ganze so ein bisschen los. Und ich glaube, Berlin hat da auch einen Nachteil und einen Vorteil. Der Nachteil ist, dass sie eben eine Bierkultur verloren haben, aber der Vorteil ist, dass da auch jetzt Raum ist für Neues. Und zum Beispiel, wenn man jetzt nach Franken geht, da ist schon so viel vorhanden, da braucht man eigentlich keine Revolution und eher eine Weiterentwicklung, wenn überhaupt. Aber da ist schon so viel Schönes vorhanden, das muss man gar nicht irgendwie überlappen mit was Anderem. Da wäre weniger Platz für sowas, was wir jetzt zum Beispiel machen. Und in Berlin, und weil da eben so ein bisschen mehr diese Tabula Rasa ist, gibt’s da mehr Platz für Neues und auch neue Bierstile aus dem Ausland. Und so habe ich das ein bisschen empfunden, dass Berlin da ein bisschen internationaler ist, generell, auch kulturell in verschiedenen Bereichen und auch im Bierbereich jetzt interkultureller geworden ist auch eben dank dem, dass da Platz war. Und im Rest von Deutschland kann ich nicht so richtig sagen, Norddeutschland ist ja für das norddeutsche Pils bekannt, ein bisschen herber, aber ich war jetzt nicht so oft in Norddeutschland unterwegs, dass ich sagen könnte, was die Brauer da so alles anstellen.
Erik Mell: Ja, also das erste rein technisch macht Deutschland Spitzen-Biere auf jeden Fall. Merkt man sofort, wenn man ein billiges Bier kauft und dann, wenn man ein billiges Bier im Ausland kauft, was der Unterschied ist, auf jeden Fall. Aber nach ein paar Jahren in Deutschland, dann habe ich gedacht, die Vielfalt fehlt ein bisschen. Also ein Pils ist da, ein Pils ist da, so diese Pilsener Welle von den 70ern ist überall. Das ist der Mainstream. Und es gibt nicht so viele Bierstile als im Ausland. Dann taucht man ein bisschen tiefer, ich bin oft bei der Bibliothek da in der VLB, und dann merkt man, oh, es gibt tatsächlich viele richtig schöne alte Biere, also Adam Bier, Gose, Berliner Weisse, (unv. #00:27:29.1# Bräuhan?), was wir auch bei Vagabund halt gebraut haben. Das hat richtig verlorener, fast verlorene Biertile. Das finde ich halt einerseits sehr schön, dass halt diese richtig tollen Bierstile zu entdecken sind, und auch ein bisschen tragisch, dass die irgendwie verloren sind. Ich spiele auch damit, also viel, dass wir diese alten Biersorten wieder zum Leben bringen. Ich bin auf jeden Fall halt super begeistert, dass vor allem in Berlin und Hamburg, dass man langsam halt richtig gute Auswahl hat von vielen verschiedenen Brauereien, viele verschiedenen Biersorten. Die Klassiker, die traditionelle Bierstile, die sind echt top. Aber es gibt andere, die verloren sind. Und was für mich auch halt seit ewig ein bisschen verwirrend ist, ist, dass fast alle Biergenießer vom Ausland, die kommen eigentlich nach Deutschland und die denken, was für ein Oktoberfest gibt’s da in Heidelberg oder was für eins in Bremen oder so. Und das ist halt in München natürlich, dann gibt’s Oktoberfest und alle wollen nach München, egal was für eine Jahreszeit es ist, die Biere dann durch zu verkosten. Aber nur die richtigen Kenner wissen, dass Oberfranken und Bamberg halt richtig eine Vielfalt anzubieten hat. Das war richtig schön zu entdecken. Ich bin mehrmals da. Oh, ich muss auch erwähnen, also Rauchbier, …
Sebastian Pfister: Oh ja!
Erik Mell: … das ist halt echt was Schönes, was nicht Mainstream ist, sondern ein Bierstil, der in Deutschland noch lebt. Finde ich halt toll.
Sebastian Pfister: Mein erstes Mal in Bamberg war eine Offenbarung, einfach so eine tolle Stadt und wie Bier erlebt wird und die Qualität des Bieres dort. Und einfach nur toll. Und eben auch Rauchbiere, bin ich selber großer Fan mittlerweile. Mein erstes, was ich vor vielen Jahren probiert hatte, war nicht so meins, aber mittlerweile finde ich das richtig toll. Und alle denken immer an Schlenkerla, wenn man nach Bamberg geht, aber ich bin persönlich großer Spezial-Fan. Mein erster Stopp ist immer entweder bei Spezial direkt in der Brauerei oder auf dem Keller. Und oh, so ein schönes Ungespundetes von denen einfach nur toll.
Erik Mell: Top!
Markus: Das ging jetzt ja runter wie Öl.
Holger: Wie Öl.
Erik Mell: Ja. Ganz groß.
Markus: Sehr schön! Freut mich. Wobei ich sagen muss, Holger, ich glaube, wir müssen die beiden mal einpacken und in deine Heimat fahren, dass sie mal die Kölner und die Düsseldorfer Bierwelt kennenlernen und da auch noch mal ein bisschen erleben, dass es durchaus auch dort gelebte Vielfalt gibt, oder?
Holger: Na ja, also ich kann euch nur empfehlen, also beispielsweise Fiege, Fiege Pils und dann mal einen Pilsbock dazu genießen, das wäre schon mal was, da würde ich mit anfangen. Aber wir können natürlich auch nach Dortmund in die Bergmann Brauerei fahren und da mal ein Adam-Bier auch verkosten. Also unbedingt! Wir müssen das machen. Also Bierreisen sind (unv. #00:30:09.8#)
Sebastian Pfister: Gerne! Ich schäme mich ja so ein bisschen, dass ich noch nicht in Köln und Düsseldorf war und auch noch nicht in Leipzig, um eine gute Gose zu trinken. Also ich habe da noch einiges nicht gesehen, obwohl ich jetzt schon sieben Jahre in Deutschland bin.
Holger: Oder Altbier auch.
Sebastian Pfister: Also ich müsste da eigentlich …
Erik Mell: Altbier.
Sebastian Pfister: … ein bisschen mehr rumreisen, wenn man wieder darf.
Holger: Ja.
Erik Mell: Auf jeden Fall! Ich bin ein bisschen da rumgereist. Also Altbier als Thema, das hat richtig viel anzubieten. Diese versteckten, verlorenen Ecken, die sind halt in Deutschland richtig interessant.
Sebastian Pfister: Es gibt, eben wie Erik vorhin erwähnt hat, so eine ganze Reihe von Bierstilen, die so ein bisschen in Vergessenheit gingen. Und öfters sind das ja Sauerbiere. Also Berliner Weisse, das bekannteste Beispiel. Aber als Außenstehende haben wir so ein bisschen das Gefühl, dass vielleicht Deutschland ein bisschen seine Sauerbier-Kultur verloren hat und jetzt teils wiederentdeckt mit der Berliner Weisse. Und man kann da noch mehr entdecken.
Erik Mell: Ich habe (unv. #00:31:03.0#) gehört, damals in Berlin gab’s auch ein Berliner Braunbier, das wird gebraut und eigentlich eine komische Flasche versiegelt. Man bekommt das, als man damals halt Milch bekommen hat, in eine Flasche direkt vor der Tür. Und dann eigentlich vergärt man das im Keller bis den Grad, wie man das gerne wollte. Also entweder halt richtig lang für komplex und sauer, oder halt frisch und malzig am Anfang. Das ist auf jeden Fall ein Beispiel von einem richtig schönen verlorenen Bierkultur, was ich finde halt spannend.
Markus: Der Bayer würde sagen: Säugel dahoam. Weil also die Oberpfälzer haben ja ihr Bier auch zuhause immer selber vergoren, und wenn man das dann jemandem noch vorbeibringt, der das dann selber macht, wäre eine witzige Geschichte. Ja, Holger, was empfiehlst du denn den beiden, wenn sie mal nach München kommen?
Holger: Ich würde in jedem Fall in München einfach beides empfehlen, also einmal diese neue frische Szene, die wir natürlich auch haben, und dann aber auch die Klassiker. Es ist immer die Frage, wie viel Zeit man hat. Also wenn man jetzt nur wirklich ganz kurz Zeit hat, ich würde euch nur vom Hauptbahnhof abholen und ihr müsstet sofort quasi über die Stadt zum Flughafen und dann weiter. Dann würde ich mit euch einfach ins Giesinger gehen und da beides kennenlernen, also die klassischen Münchner Bierstile, aber eben auch spannende neue Interpretationen. Aber wenn man mehr Zeit hat, dann kann man richtig loslegen. Also von Hopfenhäcker über CREW Republic, Munich Brew Mafia, bis hin wirklich dann zu Augustiner und Paulaner und die ganzen Klassiker. Ich kann das nur noch mal betonen, also wenn wir jetzt so ein Bier nehmen wie Paulaner Salvator zum Beispiel. Wenn man da mal hinguckt, auch das Thema Preis-Leistungs-Verhältnis anschaut, also was man da für ein Bier bekommt für sein Geld, das ist einfach hervorragend. Und die darf man auch nicht verteufeln, und Augustiner genauso. So würde ich das mit euch machen. Das gehört zu München dazu, eben die Klassiker auch zu trinken. Und wenn man ganz viel Zeit hat, dann würde ich in jedem Fall auch noch ins Münchner Oktoberfest und Brauereimuseum mit euch gehen. Das ist ganz besonders schön. Und dann abends natürlich richtig bayerisch essen gehen und dann werdet ihr schon euch Gedanken machen, ob Berlin wirklich so schön ist.
Sebastian Pfister: Nein, wir sind uns ja bewusst, dass in Bayern und Franken eben die intensivere Bierkultur stattfindet als in Berlin. Eben, wie vorhin gesagt, Berlin ist da eher so im Kommen und baut da so ein bisschen sein eigenes Ding auf und entdeckt ganz wenig von seiner Vergangenheit wieder. Aber die Party ist schon in Franken und Bayern generell.
Erik Mell: Genau! Also in den USA, dann versuchen wir immer eine Flasche Paulaner zu kaufen, kostet 8 Dollar oder so pro Flasche, wenn man es überhaupt finden kann. Und dann kommen wir nach Deutschland, geht man in einen Supermarkt und dann kauft man diese richtig schöne Flasche oder Kiste, also kostet weniger als 1 Euro pro Flasche. Mann! Das ist Himmel.
Markus: Ja, Holger, das ist doch ein schönes Schlusswort für den BierTalk heute.
Holger: Absolut! Ja.
Markus: Wir müssen uns auf jeden Fall mit den Jungs noch mal live treffen, das wird bestimmt spannend.
Sebastian Pfister: Ihr seid natürlich auch herzlich eingeladen in unseren neuen Brauereien, wenn die dann mal soweit sind im Frühling und Sommer. Wir werden wahrscheinlich anfangen zu brauen, so Februar, März, und im Sommer müsste die Dosenabfüllung kommen. Das heißt, eigentlich im Sommer sind wir dann auch Hochtouren und dann haben wir auch unsere Holzfässer in Position. Da kann man dann ein paar lustige Sachen probieren. Am Anfang natürlich nicht, die Holzfässer müssen erst mal befüllt werden. Also ich würde euch im Sommer einladen, bei uns vorbei zu kommen.
Erik Mell: Ja, bei uns ist es auch so bei Vagabund, Februar, März, aber bis alles richtig halt ins Laufen gebracht ist, gerne im Sommer, dann ist hoffentlich Corona mehr als teilwegs vorbei. Dann können wir einen richtig schönen Abend dann (unv. #00:34:59.7#)
Holger: Ich bin auf jeden Fall dabei und freue mich darauf. Vielen, vielen Dank für eure interessanten Lebensläufe und Geschichten und Offenheit. Ich bin sehr gespannt auch auf die neuen Produkte, die ihr da aus dem Fass zaubert. Auf ein Wiedersehen in Berlin! Prost!
Erik Mell: Prost!
Sebastian Pfister: Prost!
Markus: Prost! Und ich freue mich natürlich auch. Ich freue mich erst mal auf übermorgen, Weihnachten, wenn ich dann eure Biere aufmachen kann. So das erste kleine Geschenk, was ich mir dann mache. Und dann freue ich mich, wenn wir dann im Frühjahr den BierTalk machen, wo wir dann eben über eure Brauereien dann noch mal sprechen. Straßenbräu und Vagabund machen wir auch einen BierTalk, liebe Hörer. Könnt ihr euch dann schon mal vormerken. Und dann natürlich live vor Ort wieder in Berlin, so ein bisschen meiner zweiten Heimat, da freue ich mich auch total drauf. Also vielen Dank und auch von mir Prost und auf bald!
Holger: Tschüss!
Sebastian Pfister: Tschüss!
Erik Mell: Tschüss!
BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de