Tief im Berliner Südwesten kämpft Sven Förster mit seiner gesamten Familie einen steten Kampf für gute Bierkultur. In ihrer Kneipe mit dem schönen Namen „Försters Feine Biere“ geht es ohne Telefon und WLAN einfach nur um das eine: Gutes frisches Bier. Und das bieten die Försters Tag für Tag – und haben sich mittlerweile eine echte Fangemeinde erarbeitet. Außerdem gilt die 40-Quadratmeter-Bude als echter Geheimtipp für alle Freunde eines guten, feinen Lagerbieres, nicht nur, aber auch, weil es immer frisches Fiege Pils vom Hahn gibt. Doch das ist nicht das einzige Alleinstellungsmerkmal des Feintrinkerladens, das größte ist der Chef und Gründer selbst – warum, das hören Sie in diesem BierTalk…
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Holger: Herzlich willkommen zum BierTalk Nummer 22, eine wirkliche Schnapszahl. Aber jetzt haben wir uns eigentlich keine Schnapsnase dazu ausgesucht, sondern wir haben jemanden genommen, der für die Gastronomie steht, für eine ganz besondere Gastronomie, hat eine Nische gewählt in Berlin: Sven Förster, also Försters Feine Biere. Kann ich nur empfehlen. Und am Mikrofon ist der Holger und wie immer der …
Markus: Markus.
Holger: Wunderbar! Und jetzt, Sven, am besten ist, du stellst dich vor, sagst was zu deinem wahnsinnig schönen kleinen Laden, zu deinem Konzept, und dann schauen wir mal, was uns der Tag so bringt.
Sven Förster: Erst mal auch von meiner Seite aus Berlin. Grüß Gott, muss man ja eigentlich sagen nach Bayern. Ich bin Sven Förster, bin 40 Jahre und betreibe seit 2014 in Berlin Försters Feine Biere. Als klassischer Familienbetrieb präsentieren wir eigentlich die deutsche Brauereilandschaft, wir schenken wirklich nur Biere aus, von kleinen deutschen mittelständischen Brauereien, 80 % der Baureihen kennen wir eigentlich persönlich. Und wir haben uns da eigentlich in den letzten sechs Jahren in Berlin, und ich glaube auch deutschlandweit, eigentlich einen Namen gemacht, für was Försters Feine Biere steht, nämlich für bedingungslose Qualitätsbiere.
Holger: Und du hast eine kleine Gaststätte, so eine Kneipe im Stadtteil, also in Berlin würde man sagen, eine Kiezkneipe.
Sven Förster: Genau.
Holger: Wie sieht es da aus, wer kommt da? Was fährst du für ein Konzept? Was hast du am Zapfhahn und so? Erzähl doch mal!
Sven Förster: Genau. Also wir haben eigentlich, 2014 war das, das habe ich ein kleines Friseurgeschäft, das sind wirklich 80 Quadratmeter, die wir dort haben in Berlin Steglitz Friedenau, also das ist im Südwesten von Berlin, haben wir eigentlich zu einer kleinen Bierbar umgebaut. Also wir haben einen Schankbereich bei uns drinnen im Lokal, gerade mal 40 Quadratmeter, und dann haben wir eine kleine Terrasse mit 40 Quadratmetern noch mal, und da schenken wir aktuell 120 verschiedene Biere aus. Wir haben da sechs Biere vom Fass, vier fest. Da sind wir eigentlich sehr konstant seit vier Jahren, also wir schenken ein Pils aus, wir schenken ein Kellerbier aus, ein lokales Rotbier und ein klassisches bayerisches Helles. Und dann habe ich noch zwei Fassbiere, wo wir im Prinzip immer wechseln, um die verschiedenen Bierstile halt zu bedienen. Also es geht bei uns knallhart um deutsche Bierstile und um eine kleine Brotzeitküche, die wir nebenan den Gästen bieten. Das machen wir sechs Tage die Woche. Also ich rede jetzt mal in den Normalzeiten wirklich von Montag bis Samstag immer von 17 bis 0 Uhr. Und das ist eigentlich das, was wir so seit 2014 dem Berliner Publikum natürlich wirklich sehr stark im Berliner Südwesten, also wir haben da einen sehr hohen Anteil wirklich an Stammklientel, und dann auch darüber hinaus aber auch wirklich dem bierinteressierten Publikum in Berlin. Das bieten wir denen halt wirklich sechs Tage die Woche im Vollgasbetrieb mit der Familie Förster.
Holger: Mich erstaunt das ja ein bisschen, weil ich habe ja auch mal in Berlin gelebt, also fast neun Jahre, und so Steglitz Friedenau, also Sven, sei mir nicht böse, aber spießiger geht’s ja gar nicht. Und die trinken da wirklich irgendwie so besonderes Zeug?
Sven Förster: Spießiger geht’s ja gar nicht, ich weiß gar nicht, ob ich spießig bin, ich bin da auf jeden Fall ein Traditionalist. Aber ich komme daher, ich bin da geboren. Vielleicht muss ich auch dazusagen, dass da halt auch meine Vergangenheit eine Rolle spielt, ich habe zehn Jahre im KDW gearbeitet, oben in dieser berühmten Lebensmitteletage, komme da auch wirklich aus dem Bier- und Weinbereich auch. Und das ist halt der Berliner Südwesten und in dem bin ich großgeworden. Und ich kenne halt auch die Leute dort und ich habe mich da halt einfach immer authentischer gefühlt, auch mein Konzept, meine Gedankengänge, einfach meine Lieblingsbiere den Leuten halt dauerhaft dann auch zu zeigen, also dann auch so eine Verlässlichkeit den Menschen zu bieten. Und ich glaube, jeder fühlt sich da wohl, wenn man auch irgendwie was Verlässliches hat. Und das habe ich einfach so in, sage ich mal, den Trendbezirken, so wie man sie vielleicht seit 20 Jahren in Berlin halt auch hat, so Mitte, Prenzlauer Berg, Neukölln, Wedding, wo das alles sehr schnelllebig ist, habe ich das nicht so gesehen und kam für mich eigentlich auch nie in Frage. Ich bin wirklich ein Steglitzer und die Leute wollen überall gutes Bier trinken. Und das ist eigentlich so unsere Aufgabe. Ja, das machen wir sehr gut im Berliner Südwesten. Ich möchte das auch nirgendwo anders machen in Berlin.
Holger: Markus, du bist ja auch quasi in Berlin zu Hause. Was sagst du denn dazu?
Markus: Ich bin in vielerlei Hinsicht begeistert. Also es erst mal finde ich es total schön, wenn der Sven sagt, die Menschen wollen überall ein gutes Bier trinken. Das ist auf jeden Fall richtig und freut mich natürlich insbesondere für Berlin. Und dann ist es in Berlin halt einfach so, dass es ein eigener Kosmos ist, der letzten Endes auch wieder so kleine Unter-Kosmen hat, wo man halt wirklich natürlich den Südwesten hat mit einem eigenen Klientel, dann eben die anderen Stadtbezirke, die mehr trendig sind. So sind auch die Brauereien. Das heißt, du hast irgendwelche völlig abgedrehten Brauereien und du hast sehr bodenständige, du hast traditionelle Häuser und somit einfach eine riesengroße Vielfalt. Und was mich beim Sven so begeistert, ist, dass du ja eigentlich so dieses Bedürfnis nach Bodenständigkeit und nach Verlässlichkeit auch repräsentierst in deiner Bierauswahl. Das heißt, du bringst den Berlinern, gerade die aus dem Südwesten, was sie ja eigentlich seit 40, 50, 60, 70 Jahren gewohnt waren, als Verlässlichkeit nach Hause sozusagen. Du bringst ihnen fränkische und bayerische Biere.
Sven Förster: Genau.
Markus: Das ist das, was sie in ihrem Urlaub, wenn sie durch die DDR durchgefahren sind und dann direkt nach dem Grenzstreifen wieder in der Bundesrepublik angekommen waren, dann waren sie eben in Franken oder in Bayern und haben dann dort Urlaub gemacht. Und dieses Urlaubsfeeling, diese Biere, die sie gerne wollten, das letzten Endes bietest du ihnen. Und ich glaube, das ist auch so ein Punkt, der einfach total gut bei den Berlinern ankommt und ihnen da auch sehr viel Heimat gibt. Insofern bin ich da auch total begeistert und komme ja selber total gerne zu euch.
Holger: Unbedingt. Und ich kann nur sagen, der Sven betreibt auch einen wahnsinnigen Aufwand, diese Biervielfalt heranzuschaffen, eben auch als Fass-Ware und so. Und ich selbst habe also schon häufiger in meinem schönen Fahrzeug Bierfässer hier aus der Region nach Berlin gebracht und du hast die dann sofort abends angeschlagen und dann haben die Leute das genießen können. Das ist ja auch was Besonderes, das muss man ganz klar sagen.
Sven Förster: Ich erinnere mich gerne daran, wie vor vier oder fünf Jahren ich die Giesinger Fässer aus deinem Hinterhof eingeladen habe auf dem Weg in den Skiurlaub. Und genau das sind natürlich dann die Geschichten, die nachher wir auch den Gästen dann halt transportieren können. Weil das ist letzten Endes das Entscheidende, dass die Leute auch dann bereit sind, auch gerne mal neue Sachen zu probieren. Und wenn man das dann gleich aus dem Kofferraum auslädt und dann anschlägt, dann ist die Begeisterungsfähigkeit natürlich sofort entfacht und dann hat man eigentlich auch leichtes Spiel.
Holger: Die Geschichte erzähle ich gleich, Sven. Du bist der Gast, mach mal eins auf.
Sven Förster: Genau. Erst mal, es ist eine unglaubliche Ehre für mich, dass ich auch Teil dieses sensationellen Formats sein kann. Und es ist natürlich für mich schwer jetzt gewesen, wirklich so mit zwei Pferden des Südens, die da wirklich in der Bierlandschaft unterwegs sind und wirklich sehr, sehr viel Biere auch kennen, dass man da vielleicht jetzt auch was Neues mal, wo man nicht so alltäglich in den Genuss kommt, probiert. Und deswegen habe ich mir was ausgesucht, weil ich weiß, dass der Holger aus dem Westen kommt und wir auch eine Verbindung in den Westen haben, dass der Holger ja auch gern ein Pils trinkt und dass wir uns ein schönes, knackiges, ehrliches Pils, dass ich mir das jetzt mal hier verkoste mit euch, und dann können wir auch gleich was zu der Brauerei vielleicht erzählen. Und wir haben das natürlich auch bei uns im Ausschank vom Fass. Ich habe mir ein Pils aus Bochum, das Moritz Fiege Pils ausgesucht. Und das werde ich jetzt mal einschenken, erst mal die Flasche hier aufmachen und dann mit euch vielleicht zusammen verkosten.
Markus: Schöner Sound.
Holger: Ja, schöner Sound. In der Zeit erzähl ich ganz kurz die Geschichte. Es ist also sozusagen mit diesem Fasstransport, es ist nicht nur One-Way, sondern der Sven macht sehr gerne Urlaub in den Bergen. Und da war das dann so, da hatte ich dann Fässer besorgt und er ist dann quasi mit seinem Pkw hier zu mir gekommen, ich war dann aber unterwegs, war also gar nicht da. Da hatten wir dann quasi einen besonderen Ort hier bei uns in Schwabing im Hinterhof ausgemacht, wo dann die Fässer stehen, und er hat sie dann eingeladen und mit nach Berlin genommen. Also mehr Leidenschaft geht ja eigentlich gar nicht.
Sven Förster: Genau. Und dann noch im Salzburger Land aus dem Auto, also im Prinzip aus meinem Caddy rausgeladen, weil das Auto ja zwei Wochen nicht wegbewegt worden ist und es war ja nachts kalt. Also haben wir das bei der Vermieterin dann da zwei Wochen in den Skikeller gestellt und dann wieder eingeladen und dann zurück nach Berlin gefahren. Ich erinnere mich wirklich gerne daran, dass das so die Anfänge damals mit dem Giesinger Bräu waren und heute fährt unser Lieferant da vor und wir verkaufen das wirklich sehr, sehr gut bei uns in Berlin das Giesinger Bier.
Markus: Und das ist auch der Unterschied zwischen Bayern und Franken, weil wenn du in Franken irgendwo gewesen wärst und hättest da zwei Wochen lang Bierfässer irgendwo hingestellt, wären die danach bestimmt leer gewesen.
Sven Förster: Ja genau. Die Pension hätte das dann ausgetrunken, oder?
Markus: Irgendjemand hätte es entdeckt, auf jeden Fall.
Sven Förster: Also ich habe mir jetzt auf jeden Fall hier ein Pils von der Brauerei Moritz Fiege aus Bochum eingegossen. Und da vielleicht auch eine kleine, aber erst mal nehme ich, glaube ich, einen Schluck. Männer, Prost! Lieben Dank noch mal für die Einladung.
Markus: Prost!
Holger: Wir sind dankbar, dass du dabei bist.
Sven Förster: Also wirklich ein schön kerniges ehrliches Pils, Holger, so wie du es vielleicht auch kennst aus deinen Jugendtagen.
Holger: Ich kann es jetzt genau nachschmecken. Also ein Fiege Pils ist auf jeden Fall immer schon eines meiner Premium-Produkte gewesen und ist es auch immer noch. Aber hier in München kommt man wirklich eigentlich nicht dran.
Sven Förster: Nein, ne. Und das ist eigentlich wirklich das auch, was wir jetzt die letzten sieben Jahre, das ist eine ganz große Ehre für uns, dass wir dieses Bier ausschenken können auch vom Fass. Wir sind wirklich immer noch die einzigen in Berlin, die das vom Fass ausschenken. Es ist, wenn ich es mal hochrechne auf den Literpreis, eines der teuersten Biere, die ich auch ausschenke, weil die Logistik einfach unglaublich aufwändig ist. Aber das war mir halt immer wichtig, dass wir sagen, wir wollen ein Bier am Hahn haben, was wirklich von der Bitternote her als Pils charakterisiert wird, was einmalig ist. Und das ist das, was eigentlich die letzten sieben Jahre bei uns sukzessive dieses Bier zum Erfolgsbier Nummer 1 gemacht hatte. Das ist unser bestes Bier. Das ist wirklich ein kerniges, kräftiges, ehrliches Ruhrgebiets-Pilsener und mit 38 Bittereinheiten.
Holger: So soll es sein.
Sven Förster: Findet man selten.
Holger: Absolut, absolut. Und dann Perle und Tettnanger drin, so wie sich das gehört.
Sven Förster: Genau.
Holger: Und dann ist ja auch noch mal so toll irgendwie, dass die ja noch so einen, neudeutsch würde man sagen, Claim haben, und der heißt „Fiege von Herzen und von hier“. Dieses „von Herzen und von hier“ trifft ja auf dich auch total zu.
Sven Förster: Genau. Deswegen fühlen wir uns da ja auch so wohl. Und Saphir und Herkules ist auch noch mit drin, kann man noch ergänzen. Und das ist eigentlich das, was für mich diese Besonderheit dieses Pilsbieres ausmacht, dass wir wirklich auch einen Malzkörper haben, wo wir wirklich am Antrunk diesen leichten süßliche Ton auf der Vorderspitze haben. Und dieser Malzkörper ist unglaublich wichtig, dass man auch diese Bitternote, die man wirklich am Ende dann auch bei jedem Schluck spürt, dass diese Bitternote auch dauerhaft transportiert werden kann. Und das macht eigentlich für mich wirklich ein Spitzen-Pilsener aus, dass man wirklich in jedem Schluck auch diese Bitternote spürt, und auch im Nachhall, dass diese Bitternote eigentlich nie weggeht. Ja, das vermisst man doch immer wieder mal, gerade bei, sage ich mal, so Brauereien, die sich so in größeren Hektoliter-Bereichen bewegen. Und da sind wir unglaublich stolz, dass wir da so ein Spitzenprodukt vom Fass haben, auch ausgeschenkt in diesem „Moritz Fiege“ Pokal, extra Anfertigung für Fiege gewesen, und das kommt unglaublich gut an bei uns im Feierabendgeschäft.
Markus: Das ist ja auch ein Bier, was sehr emotionalisiert. Also das find ich auch total schön, weil das, glaube ich, nicht mehr bei vielen Brauereien im Ruhrgebiet so der Fall ist, aber Fiege ist wirklich so eine Brauerei, die ihre Fangemeinde hat und stolze Leute hat. Also ich habe das kennengelernt in Berlin tatsächlich beim Deutschen Brauertag, als der Norbert Lammert zum Bierbotschafter des deutschen Bieres ausgerufen wurde. Und da hat er eine Antrittsrede gehalten und hatte dann sich eben von Fiege eine alte Kappe ausgeliehen, und er ist dann aufgetreten praktisch als Fiege-Fan und hat da auch seine Geschichte mit dem Bier so ein bisschen erzählt. Und da hat man einfach auch so ein bisschen Gänsehaut-Feeling bekommen, weil man einfach merkt, wie so ein Bier Leute begleiten kann und wie es für ein ganzes Lebensgefühl und für eine ganze Region stehen kann. Und das kannte ich vorher eher nur so aus unserer Ecke, aber da ist es offensichtlich ja auch so. Und deswegen trinke ich es auch gerne, wenn ich bei dir bin, auf jeden Fall ein tolles Bier.
Sven Förster: Da sprichst du genau dieses richtige Thema an und das ist, glaube ich, auch das, was wir in unserem Ausschank halt transportieren wollen. Nämlich das habe ich selten kennengelernt, wirklich ganz, ganz, ganz wesentlich im Westen halt in den Ruhrgebietsstädten oder halt in Düsseldorf oder auch in Köln, diese Emotionalität der Menschen zu ihrer Brauerei. Also das ist wirklich Wahnsinn, wenn man sich in Bochum bewegt, wie diese Brauerei dort Gänsehaut-Feeling halt ausmacht und wie die Leute wirklich hinter ihrer Brauerei stehen. Und das ist Wahnsinn, wie wir das auch bei uns im Ausschank mitkriegen, wenn die Leute aus Bochum zu Besuch kommen, weil denen dort gesagt wird: Ja, wenn ihr in Berlin seid, geht zu Försters Feine Biere, da gibt’s auch euer Fiege. Und das sieht man dann schon. Wenn dann da irgendwie so ein Taxi ankommt und dann steigen fünf junge Männer aus und die Blickrichtung dann Richtung Fiege Ausleger, dann weißt du eigentlich schon, dass du jetzt mal fünf Fiege anzapfen kannst. Die sind dann echt auch so, dass die dann das Fiege trinken, obwohl ich 120 verschiedene andere Biere habe. Und das sind so Momente, wo ich dann immer frage, so diese Emotionalität der Menschen wirklich zu ihrer Brauerei, das begeistert mich. Das habe ich wirklich im Westen kennengelernt ganz stark und Köln, Düsseldorf sind da vielleicht auch noch mal ausschlaggebend. Das ist wie so eine DNA in deren Blut. Das ist vielleicht dadurch, dass ihr im Frankenland so viele verschiedene Brauereien auch habt, verteilt sich das vielleicht ein bisschen mehr und das geht dann wirklich eher so auf fränkisches Bier. Aber dort im Westen zielt das dann wirklich auf die Brauereien ganz explizit. Das ist das, was mich auch 20 Jahre lang wirklich begeistert hat auf meinen Reisen. Und dieses Gefühl so ein bisschen zu transportieren und dass die Menschen dann auch, wenn sie denn wirklich da den ersten Schluck nehmen von einem Frischgezapften, das posten, dann weißt du eigentlich, du hast alles richtiggemacht. Und das ist ja auch Teil unserer Aufgabe als Gastgeber, die Leute glücklich zu machen.
Markus: Bei uns war das so ein bisschen eine Entwicklung. Ich denke, früher war es tatsächlich so, dass die Leute sehr für ihre jeweilige Brauerei gestanden waren und es da dann auch innerhalb der Ortsteile oder Ortschaften echte Rivalitäten gab zwischen den Anhängern der verschiedenen Brauereien. Und das war vielleicht jetzt auch viel Arbeit, die man bei uns so mit dem Bierland Oberfranken Verein und sowas gemacht hat, die Leute mehr und mehr dazu zu bringen, das so ein bisschen auch als Einheit zu sehen. Aber was mich wirklich interessieren würde bei dir, Sven, du bist doch eigentlich so ein Finanzfritze, oder? Du kommst doch aus der Bankecke. Wie kommt man da überhaupt so zum Thema Bier und wie schafft man das, so eine emotionale Verbindung und so eine Begeisterung da aufzubauen? Wie ging das bei dir?
Sven Förster: Wenn ich jetzt wirklich mal meine letzten 20 Jahre so Revue passieren lasse, dann ist es so, ich habe ein ganz klassisches BWL-Studium hinter mir und 99 angefangen und habe das dann auch relativ zügig bis 2004 abgeschlossen. Ich habe nebenbei eigentlich immer dann auch als Student in Banken gearbeitet, in der Commerzbank, und war dann Ende 2004 fertig. Und ja, Bier habe ich schon immer gerne nebenbei getrunken, hat mich unglaublich interessiert, wie Holger vorhin auch schon gesagt hat, die Reisen in die Berge, immer irgendwo Stopp gemacht bei irgendeinem Brauereigasthof dein (unv. #00:14:53.4#) war, hat mich 20 Jahre lang begleitet, über fränkische Brauereien. Kam dann irgendwann zu diesem Punkt, 2004, als ich dann wirklich zum ersten Mal auch die Verantwortung in so einer Bank gespürt habe, was es dann heißt, Verantwortung zu tragen und nicht als Student irgendwie zwei-, dreimal die Woche rum zu turnen, dass das nichts für mich ist. Also das war eine grausame Zeit damals. Ich hatte eigentlich ein Studium hinter mich gebracht und wusste eigentlich gar nicht, was ich damit anfangen sollte, weil ich mich in diesem Verantwortungsbereich überhaupt nicht wohlgefühlt habe. Ich bin dann auch viel in Deutschland unterwegs gewesen, in Frankfurt, Köln. Und das habe ich so ein halbes Jahr lang durchgehalten und dann wusste ich eigentlich gar nicht, wohin die Reise gehen sollte, und bin durch einen ganz komischen Zufall dann durch einen ehemaligen Kommilitonen im KDW gelandet. Die haben da jemand am Warsteiner-Stand damals gesucht zum Bier zapfen. Und da, wenn ich wieder meine Vergangenheit so ein bisschen Revue passieren lasse, also ich habe unglaublich gerne Leute bewirtet. Ich habe damals Veranstaltungen organisiert in der Oberstufe, ich habe den Abiball organisiert und hatte da auch immer schon so dieses Steckenpferd auf dem Bier, dass wir da den Leuten besondere Biere irgendwie dann aus Franken mitgebracht haben. Also das sind so die Rahmenbedingungen gewesen, die ich dann, als ich dann da im KDW gearbeitet habe, merken ließen, Mensch, eigentlich hast du hier die letzten fünf, sechs Jahre das gemacht, was eigentlich gar nicht zu dir passt. Ich habe also eigentlich dann 2005 angefangen wirklich zu merken, was mir Spaß macht. Und das ist diese Beratung am Gast, Menschen bewirten und sich dann mit tollen Produkten und tollen Lebensmitteln auseinanderzusetzen, das habe ich dann wirklich gemerkt. Und ich habe relativ schnell dann auch meine Bankengeschichte eigentlich ad acta gelegt. Ich hatte dann dort die Möglichkeit, auf 8000 Quadratmetern Verkaufsfläche wirklich in die verschiedensten Bereiche rein zu riechen. Also ich konnte dann im Weinbereich arbeiten, im Spirituosenbereich, ich habe mit Sommeliers Kontakt gekriegt. Und nebenbei dann wirklich die tägliche Arbeit am Bierstand, also ich habe dann überwiegend an einem tschechischen Bierstand hinten im KDW gearbeitet, wo das legendäre Budweiser und das Pilsner Urquell dort wirklich auch auf zehn Quadratmetern ausgeschenkt wird, sich in einer unglaublichen Freude bei den Menschen dort installiert. Und da komme ich dann her, also das ist der Ursprung jetzt auch von Försters Feine Biere, dass ich da im KDW eigentlich dann über zehn Jahre gemerkt habe, was mir wirklich Spaß macht.
Markus: Ja, spannende Geschichte. Holger, da hast du bestimmt eine Menge Durst bekommen, oder?
Holger: Unbedingt. Ihr werdet es jetzt nicht glauben, also ich versuche ja immer Biere auszuwählen, die irgendwie zum BierTalk passen, aber diesmal habe ich es nicht so gemacht, auf keinen Fall. Ich habe mir was ausgesucht, das passt überhaupt nicht, also weder zum BierTalk jetzt heute noch zu meiner Pilsleidenschaft noch zur Tageszeit. Ich habe mir einfach ein Bier ausgesucht, was ich eigentlich hätte Sonntagabend trinken wollen, aber das ging nicht, also aus persönlichen Gründen ging das einfach nicht. Und weil ich da so traurig war, dass ich das nicht trinken konnte, war das jetzt einfach die nächste Gelegenheit. Und deshalb habe ich es einfach so gewählt. Und zwar gewählt habe ich Bush de Noel, also das Weihnachtsbier. Und das hat ja 12 % Alkohol, und da ist dann schon klar, dass das nicht so richtig jetzt heute zur Mittagszeit passt. Aber ich habe schon gegessen heute, insofern, das ist so ein richtig schönes Digestif-Bier. Man könnte es zu einem Dessert oder zu dunkler Schokolade natürlich gut trinken, aber es reicht auch so, also es ist auch solo einfach ein Dessert. Und ich mach das jetzt auch mal auf. Wahnsinn! Also schon, was da an Sensorik rüberkommt, wenn man nur den Kronkorken lüftet, ist Wahnsinn. Das reicht ja wahrscheinlich schon, weil 12 % sind ja 12 %. Hört ihr den Schaum?
Sven Förster: Ja.
Holger: Ja, Wahnsinn!
Markus: Ja, sehr schön.
Sven Förster: Ich rieche ihn sogar, Holger.
Holger: Wirklich klasse. Ich versuch‘s mal zu verkosten. Wahnsinn! Erst mal zur Farbe, das ist so ein Mahagoni-Farbton. Und dann hat man eine unglaublich schöne fruchtige karamellige Note in der Nase. Der Antrunk ist dann schon hopfig, also ist nicht nur süß, sondern es ist auch ein bisschen hopfig. Und ich habe da Grüner Apfel sogar. Also ich meine, Karamell und so getrocknete Früchte und vielleicht auch so ein bisschen Ananas und so, aber so im Nachtrunk kommt sogar ein Grüner Apfel. Also für mich eines der komplexesten Biere, die ich überhaupt kenne. Ich habe jetzt sogar mit einem Thermometer die Trinktemperatur gemessen, damit mache ich normalerweise den Milchschaum immer genau. Also wärme mit Milch auf 62 Grad, weil dann schäumt das am besten. Also nur mal so by the way. Aber jetzt habe ich genau dafür gesorgt, dass ich 12 Grad Trinktemperatur habe. Also ein Gedicht, ein Gedicht.
Markus: Da muss ich jetzt gleich noch erzählen, wir hatten das ja in unserer Live-Verkostung und ich hatte diesmal das Experiment gemacht, dass wir mal einen Bier-Cocktail ausprobieren. Und den kann ich jetzt hier auch noch mal sagen. Das war nämlich einer, der supergut angekommen ist, die Leute waren echt begeistert. Und zwar genau mit diesem Bier, also das Bush de Noel. Und dann kommt dazu 3 cl Cointreau, 4 cl Cranberry-Saft, 2 cl Zitronensaft und eine angeröstete Zimtstange. Und das dann mit ungefähr 10 cl von dem Bush de Noel in einem Glas, Eiswürfelchen dazu: Sensationell! Das hat den Leuten richtig Spaß gemacht und zeigt auch, wie flexibel Bier ist und wie kompatibel Bier ist. Sven, wir haben ja jetzt einen Teil deiner Lebensgeschichte schon nachverfolgt, aber jetzt waren wir so an der Schnittstelle. Du bist dann im KDW, willst dich mit Bier beschäftigen. Wie passiert dann dieser Übergang, also wie beschäftigst du dich mehr mit Bier? Du bist ja dann auch Biersommelier geworden. Und wie kommt‘s dann zur Kneipe?
Sven Förster: Die letzten 20 Jahre begleitet mich das Thema Bier und wirklich am Anfang nur privat. Durch das KDW habe ich dann gemerkt, was für ein Potenzial eigentlich auch in dem Bereich steckt, wie groß die Vielfalt ist und wie das Thema Bier eigentlich überhaupt gar nicht beachtet wird, ich rede so von 2010, 2011. Und ich habe mich dann halt 2013 dann für diese Biersommelier-Ausbildung angemeldet. Ja, da muss man echt schon sagen, diese zwei Wochen oder ich habe das in so einem Schrittkurs gemacht, danach war es dann eigentlich um mich geschehen. Ich wollte 2011 schon mal ein kleines Lokal in der Fasanenstraße in Berlin Charlottenburg aufmachen, damals noch mit einem eigentlich Split-Konzept, also Bier und Wein, wirklich nur eine kleine Bierauswahl, so sechs, sieben verschiedene Biere mit einer kleinen Flaschenbierkarte. Diese Biersommelier-Ausbildung, die war dann eigentlich wegweisend für mich, weil ich dann, als ich da 2013, weiß ich noch, im Oktober dann nach Hause gekommen bin, da habe ich zu meiner Frau gesagt: Weißt du was? Wir machen nur Bier, nur Bier, nichts anderes. Wir schenken nur Bier aus. Es gibt keinen Kaffee, es gibt keine Limo, es gibt kein Wasser, kein WLAN, kein Telefon, keine Reservierung, einfach ganz spitz dieses Thema Bier. Und da kommst du natürlich mit deinem Selbstbewusstsein, wenn du da wirklich zwei Wochen mit Gleichgesinnten unterwegs bist, die auch wirklich 24 Stunden am Tag nur Bier denken, und da habe ich mich wirklich zum ersten Mal nicht als Bier-Depp gefühlt, sage ich mal einfach so salopp. Und dann kommst du mit so einer breiten Brust nach Berlin und dann gibst du einfach nur Gas. Und daraus ist das Thema Försters Feine Biere dann entstanden. Ich habe dann natürlich Glück gehabt, dass ich auch relativ kurzfristig dann die Möglichkeit hatte, da in Steglitz ein Gewerbe anzumieten, weil ich schon vier Jahre fast gesucht hatte, von 2011 bis 2013, und 2014 haben wir ja das aufgemacht, im Juni 2014. Und dann gibt’s für dich einfach natürlich nichts Schöneres als, wenn du jeden Tag dann deinem Getränk und mit dem, was du den Leuten mitteilen möchtest, was deine Gedankengänge sind, die Geschichten, die Bilder rund um die Biere, die Brauereien, dann kommst du beruflich auch an. Um da vielleicht auch noch mal die Brücke zu schlagen zu diesem Bankenfuzzi. Also ich könnte mir heute nichts anderes mehr vorstellen, als in diesem Bereich tätig zu sein. Das ist das, was uns wirklich unglaublich viel Spaß macht. Und ich glaube, das merken die Leute auch.
Holger: Markus, jetzt müssen wir dich auch noch mal erlösen, oder? Also du hast doch auch was mitgebracht.
Markus: Ja, wobei ich noch diesen schönen Satz einfach vom Sven jetzt gerade noch so im Kopf habe. Aber gut, okay, wir müssen natürlich auch weiter vorangehen. Und ich habe tatsächlich auch ein Bier ausgesucht. Ja, ich würde jetzt auch sagen, ich habe eins ausgewählt, was jetzt nicht direkt passt, aber auch eines, wo ich mir gedacht habe, das muss ich einfach jetzt bald mal verkosten und das ist eine gute Gelegenheit mit euch und ich auch weiß, dass der Sven für solche Biere durchaus ein offenes Ohr hat. Ich mach‘s jetzt erst mal auf.
Sven Förster: Holger, wir haben heute 30 Grad hier fast in Berlin, also ist superwarm. Wie ist das bei euch von der Temperatur, also mit dem Bier? Du musst ja jetzt innerlich schon so erhitzt sein mit diesen 12 % Alkohol.
Holger: Nein, ist kein Problem, ich liege in einer kalten Badewanne, ist doch klar. Nein, nein, 30 Grad haben wir zum Glück hier nicht. Ich glaube, im Moment sind es so 24 Grad. München liegt ja auf 550 Meter Meereshöhe, also insofern ist es dafür immer ganz gut. Mir ist es jetzt schon zu warm. Ich bin ja jemand, der liebt die Kälte. Also 30 Grad wäre nicht meins, um Gottes Willen. Aber das kommt ja unaufhaltsam.
Sven Förster: Das fängt jetzt an. Ja.
Markus: Das ist ja immer die größte Herausforderung, wenn der Holger und ich im Auto unterwegs sind. Ich bin ja immer jemand, ich habe es lieber gerne möglichst warm und er hat es immer möglichst kalt.
Sven Förster: Oh, die Klimaanlage.
Markus: Das ist wirklich immer eine Herausforderung, aber wir kriegen es meistens ganz gut hin. Also insofern alles gut.
Holger: Ja, weil ich immer Rücksicht nehme auf dich. Weil ich so ein netter Kerl bin, deshalb.
Markus: Ja, ja, ja. Ich habe dann immer noch einen Schal dabei und eine Jacke und dann geht das schon. Aber gut, zurück zum Bier. Was habe ich mir ausgesucht? Es ist ein wunderschönes strahlend helles Bier, also schaut im Grunde aus wie ein gutes Pils, hat einen richtig schönen, intensiven weißen Schaum, der auch ganz, ganz lange steht. Riecht auch schön getreidig, ein bisschen kräutrig, ein bisschen grasig, ein bisschen Zitrus. Auf der Flasche steht, es ist ein Landbier, allerdings rauschfrei. Also es handelt sich um ein alkoholfreies Bier, aber eben was Besonderes, weil das von der Bio-Brauerei Pfister in Weigelshofen kommt. Da sind wir im Landkreis Forchheim oder so ziemlich an der Schnittstelle zwischen den Landkreisen Bamberg und Forchheim. Der Stefan Pfister macht eben dort schon seit vielen Jahren seine eigenen Biere, alle in Bio-Qualität, und hat vor kurzem jetzt für sich selber so eine Entalkoholisierungs-Methode entwickelt, indem er seine Biere, wenn die fertig sind, erst mal kocht und damit eben dafür sorgt, dass der Alkohol rauskommt. Kocht ist vielleicht zu viel gesagt, erhitzt er halt, bis der Siedepunkt vom Alkohol erreicht ist, und versetzt sie dann noch mal mit Kohlensäure. Und damit haben wir doch einen sehr nahen Geschmack an einem normalen Bier. Eine supererfrischende Wirkung und so, aber eben kein Alkohol. Und das ist natürlich sehr, sehr schön, macht er dort in zwei Varianten, das Weizen und das Helle. Und ich habe jetzt eben hier das Helle. Jetzt muss ich aber mal einen Schluck nehmen. Sehr, sehr gut. Also hat natürlich so die klassischen Noten von einem Hellen, dazu kommt noch ein bisschen Honig, ein bisschen süße Aromen schon auch, also obwohl es ganz normal durchgegoren ist. Aber insgesamt sehr, sehr rund und sehr stimmig und sehr harmonisch und eben nicht so würzelastig wie viele Biere, die eben mit gestoppter Gärung hergestellt worden sind. Also Pfister überhaupt immer ein guter Tipp, da mal vorbeizuschauen, hat auch eine sehr, sehr gute Küche. Auch ein reiner Familienbetrieb. Ich weiß nicht, Sven, warst du da schon mal vor Ort?
Sven Förster: Nein, vor Ort noch nicht, aber ich habe die Biere auch schon ausgeschenkt. Ich habe damals mal über den Weiß-Blau, über Boris Priebe, der hat mir da immer mal wieder ein bisschen was mitgebracht, auch vom Fass, und blitzsauber Biere eigentlich immer gehabt. Die machen das auch aus so einer Bügelflasche, ne?
Markus: Genau. Ja. Der Boris ist ja auch so ein toller Typ in Berlin, der auch das Bayerische total lebt. Sehr schön.
Sven Förster: Kenne ich nicht. Also das Alkoholfreie jetzt, aber ich bin echt offen jetzt da auch, ich bin da gerade auch echt drinnen, viele verschiedene Biere zu probieren. Und man merkt ja schon, dass die Brauereien da gerade auch einen Markt sehen und da jeder auch sein Alkoholfreies jetzt auf diesem Markt platzieren will. Und da gibt’s echt gute Geschichten.
Markus: Ich sag mal so, Deutschland war ja da sowieso immer ein sehr stiefmütterlicher Markt. Und am Anfang haben sie versucht, mehr oder weniger ein Pils alkoholfrei herzustellen, das war so das erste, was es gab. Und dann kam die große Welle des alkoholfreien Weizens. Was ja dann zusammen mit überhaupt der ganzen Weizenwelle über alle Biergärten geschwappt ist sozusagen. Und jetzt sind aber auch die Weizenzeiten so ein bisschen durch und jetzt entwickeln sich eben nach und nach alle möglichen Bierstile in einer alkoholfreien Variante. Wir hatten jetzt erst das alkoholfreie Kellerbier vom Rittmayer zum Beispiel, was ein sehr, sehr schönes Bier ist und was dieser Idee eines Kellerbiers sehr nahekommt. Jetzt haben wir hier eben die beiden, die diese kleine Brauerei selber herstellt. In Berlin zum Beispiel auch, wenn man an BRLO zum Beispiel denkt, die ihre eigenen alkoholfreien Biere machen. Ich denke, das wird mehr und mehr so, dass Brauereien das für sich als eigenes Feld und Spielfeld auch entdecken. Und natürlich toll, wenn Gastronomen wie du auch sagen, da wollen wir ran. Ich meine, wie beobachtest du das denn von deinem Publikum? War überhaupt alkoholfrei mal ein Thema oder wird es jetzt eins? Oder wie siehst du das?
Sven Förster: Man muss eigentlich das auch so sehen, dass wir ein klassisches Feierabendpublikum haben und dass die Leute da schon gerne halt auch ihr Feierabendbier trinken. Dass das Thema alkoholfrei da natürlich schon eine untergeordnete Rolle spielt und ich das echt auch selber aus meinem eigenen Interesse anschieben muss. Aber das ist natürlich auch wieder die Arbeit, die mir Spaß macht, nämlich den Leuten auch in dem Bereich zu zeigen: Pass mal auf! Du kannst auch als Start mal ein gutes Alkoholfreies jetzt mal trinken, probiere das mal. Weil, wie gesagt, das ist jetzt nicht mehr so würzelastig und es ist nicht mehr so honigsüß. Vielleicht auch durch eine Kalthopfung hast du da echt schöne Bitternoten mit dann auch drin. Und das ist eigentlich mehr so die Challenge, die Herausforderung, die ich in mir spüre, auch diese Produkte in meinem kleinen Konzept zu platzieren. Und das macht dann natürlich wieder, das ist so wie am Anfang wieder so zurück, wenn die Leute dann beim nächsten Mal kommen und sagen, ach komm, ey, gib mir jetzt doch mal ein Riegele Alkoholfrei Helles so als Start, dann befriedigt mich das einfach, weil das dann Wirkung gezeigt hat. Letzten Endes aber gibt’s unglaublich viele, und das ist halt das dann auch in unserem Kiez, wo man dann auch merkt, dass die Leute immer älter werden. Steglitz-Zehlendorf ist der älteste Bezirk vom Durchschnittsalter in Berlin mit 46,2 Jahren, dass man schon merkt, dass die Leute, je älter sie werden, nicht mehr so viel trinken, wie sie vielleicht vor ein paar Jahren mal getrunken haben, weil diverse Krankheiten dazukommen. Und dann wird auch schon mal auf ein Alkoholfreies ausgewichen. Und was nicht zu unterschätzen ist, aber das ist wirklich das junge Publikum, und die sind dann halt nicht mehr so, dass da am Abend sechs, sieben, acht Halbe getrunken werden. Und das merke ich schon, dass da ein unglaublich neugieriges, junges Publikum, gerade auch Frauen kommen, die auch Ansprüche stellen. Und dann ist es toll, wenn man auch mal nicht mit diesem „0,0“-Thema kommt oder mit irgendwie einem alkoholfreien Radler, sondern probiere doch mal hier ein Störtebeker Atlantik-Ale alkoholfrei. Besser geht alkoholfreies Bier nicht. Das ist eigentlich die Herausforderung, die Challenge, die wir oder die ich spüre tagtäglich bei meiner Arbeit. Und das macht Spaß, das muss man echt sagen. Das ist das, was unglaublich viel Spaß macht, wenn die Leute das, was du ihnen erzählst, wenn sie das dann Tage später oder beim nächsten Besuch dann auch so annehmen und selber die Freude dann auch zeigen an dem Bier. Dass wir unsere Freude an diesen Bieren dann halt auch teilen können.
Holger: Apropos Herausforderung. Wie ist es denn jetzt im Moment unter den Auflagen im Zusammenhang mit COVID-19? Also wie ist es da für dich? Wie schätzt du das ein? Wie geht’s dir gerade damit?
Sven Förster: Ich muss echt sagen, dass das natürlich ein riesiger Schlag ins Gesicht war damals am 14.3, das in so einer Nacht- und Nebelaktion da über den Gesetzgeber im Prinzip unser Ausschank zugemacht worden ist. Ich habe eigentlich eine unglaublich harte Zeit jetzt hinter mir die letzten acht Wochen. Gar nicht mal so getrieben aus Existenzängsten, sondern einfach, weil mein Tagesablauf einfach daraus besteht, dass ich um 8 Uhr wach bin und dann meine drei, vier, fünf Stunden Büro mache und dann selber im Betrieb gestanden habe wieder. Also ich bin jetzt im Prinzip, gehe auf Anfang, auf 2014 zurück. Ich habe ein Business mit drei Festangestellten und vier 450-Euro-Kräften. Und da ist es natürlich die unglaubliche Herausforderung und Challenge, den Leuten da auch wieder ihre Verlässlichkeit, ihre Gewohnheit zu bieten, dass sie sich auf uns verlassen können. Und das ist eigentlich so die Herausforderung der letzten acht Wochen gewesen. Da bin ich aber auch sehr stolz darauf, dass wir da echt früh reagiert haben. Und wir fahren jetzt im Prinzip gerade so ein Kombi-Konzept. Wer vielleicht schon mal bei uns war, der weiß, dass wir mit unserem kleinen Ausschank mit 40 Quadratmeter drinnen, 30 Quadratmeter Terrasse, so wie ich es anfangs erwähnt habe, wirklich ein Konzept auf Nähe halt haben und das ist leider Gottes, Nähe nicht das richtige Wort in diesen Zeiten. Deswegen haben wir da so ein Alternativkonzept mit im Prinzip einem kleinen Handelsgeschäft und einem Stehausschank, wo man halt den Leuten unsere Fassbiere und so eine kleine Brotzeitkarte im Stehbereich anbieten können, wo wir auch diese Abstandsregelungen einhalten können. Und dann einen kleinen Handel, wo die Leute sich ihre Lieblingsbiere, ich meine, wir haben ein Portfolio wirklich von, ich würde jetzt mal sagen, wirklich 120 verschiedenen Bieren aus ganz Deutschland, gerade Helles, Pils, Bockbier, Märzen, Export, Rauchbier, Doppelbock, Sauerbiere, Gosebiere. Es wirklich eine unglaubliche Vielfalt ist, die wir da anbieten, und dass die Leute sich dann einfach diese Biere dann mit nach Hause nehmen. Manchmal schenke ich sogar Original-Gläser dazu. Wir haben wirklich in den letzten Wochen da unser Lager aufgeräumt. Ich habe über 1000 Original-Gläser in meinem Lager stehen, also das ist auch noch, was uns da auszeichnet, dass wir die meisten Biere auch noch in Original-Gläsern ausschenken. Dass wir den Leuten einfach so dann die Freude auch am Bier zu Hause vermitteln können, und das ist so unser Kombi-Konzept. Da bin ich eigentlich sehr zuversichtlich, dass wir das so die nächsten Wochen und Monate jetzt erst mal dieses Schiff in sichere Fahrwasser bekommen und dass die Leute dann auch wieder merken, dass ein bisschen Normalität einkehrt.
Markus: Du machst ja auch Ausbildungen und bietest auch Seminare und so weiter an. Was tust du da alles so und wie ist es angelaufen, als du damit angefangen hast? Und wie willst du das jetzt in die Zukunft weitertragen?
Sven Förster: Toll, dass du das jetzt auch ansprichst, das ist auch so ein Thema, was mich 2017 dann bewegt hat, wo wir so die ersten Jahre dann dieses Ausschanks hinter uns hatten, wo ich gedacht habe: Mensch, ich brauche auch wieder eine neue Spielwiese für mich und habe dann im Prinzip die Marke BIERMEISTER gegründet, was unser Seminar-, Verkostungsprogramm ist, wo die Leute Bierfreude dann in Gruppen bei uns teilen können, wo ich verschiedene Seminarinhalte anbiete und mich die Leute dann buchen können. Das habe ich eigentlich 2017 angefangen mit der Idee, um Gastronomen zu schulen. Ich habe da aber relativ schnell gemerkt, dass das ein unglaublich schwieriges Thema ist, da ein Ohr der Menschen zu bekommen. Das war damals eine Idee einfach, das, was wir tagtäglich machen, wirklich auf Ausschankpflege achten, auf: Wie zapft man richtig Bier? Wie kann eine Bierberatung am Tisch stattfinden? Wie wird ein kleines Bierportfolio zusammengestellt? Einfach unser Know-how, unsere Expertise den Gastronomen zur Verfügung zu stellen. Und das war doch sehr, sehr schwer. Da haben wir so zwei, drei Aufträge gehabt wirklich aus meinem Netzwerk heraus, nur dass wir das Thema jetzt dann wirklich breiter bespielen, nämlich dass wir da auch die Privatleute ins Boot holen, weil diese Nachfrage ist definitiv da. Und das ist heute aktuell der BIERMEISTER. Das läuft eigentlich relativ erfolgreich. Da habe ich vier bis fünf Veranstaltungen im Jahr, die ich selber initiiere, und werde dann ansonsten von kleinen Firmen, von Vereinen, wirklich so im kleinen Netzwerk gebucht, sodass wir da dann halt uns in verschiedenen Themenbereichen bewegen und den Leuten dann was über das Thema Bier erzählen, wirklich aus den unterschiedlichsten Bereichen. Das lief eigentlich jetzt bis zum Shutdown am 14.3. echt gut. Also ich hatte da echt gute Auftragsbücher bis zum August schon und das ist jetzt, ja, jetzt schauen wir mal, wie sich das so weiterentwickelt. Weil da natürlich auch Veranstaltungen dabei waren mit 40, 50 Leuten, und das natürlich grad alles auf Eis legt. Aber da muss ich dir ja nichts erzählen drüber, Markus.
Markus: Das stimmt, das geht uns ja genauso.
Holger: BIERMEISTER ist ja ein schönes Stichwort. Das kann man ja wirklich sagen, also auf der einen Seite Sven Försters Feine Biere. Und es ist ja so, er ist ein BIERMEISTER und das kann man hören in unserem BierTalk, aber man kann es noch besser spüren, wenn man eben zu ihm hinfährt und das alles mal vor Ort erlebt. Das kann ich jedem auch nur empfehlen, das mal zu tun und dann wirklich gepflegte Gastlichkeit, aber auch gepflegte Bierkultur in Verbindung mit einer eigentlich selbstverständlichen Bierhygiene, die aber leider eben nicht überall selbstverständlich ist. Und dann kann man mal sehen, was eine wirklich gut eingestellte und gewartete und gereinigte Zapfanlage mit der Bierqualität und mit dem Geschmack macht. Probiert das mal aus! Aber seid dann euren Stammgastronomen vor Ort zuhause nicht allzu böse.
Sven Förster: Noch mal danke da auch, dass du mir da auch noch mal so ein bisschen die Blumen dann reichst. Aber das ist wirklich die Geschichte, die uns wirklich am meisten auch am Herzen liegt, dass wir eigentlich probieren, dass das Bier, so wie es in der Brauerei hergestellt wird, dass wir diesen Genuss wirklich im Glas dann auch am Tisch präsentieren können. Und leider Gottes passieren da dann doch viele, viele Fehler und manchmal ist das Bier dann doch anders, als es sich der Brauer vielleicht gewünscht hat. Und ich glaube, dafür stehen wir und da haben wir uns auch den Namen erarbeitet. Die Leute wissen das, wenn sie zu uns kommen, dass sie das bekommen von uns und da vertrauen sie uns auch.
Holger: Wer jetzt noch keine Lust bekommen hat, nach Berlin zu reisen oder direkt zur nächsten Trinkhalle zu marschieren und sich ein schönes Bierchen zu holen, der ist selbst schuld. Ich kann nur sagen, Sven, toll, dass du uns die Ehre gegeben hast und dabei warst. Und ich denke, das war mal wieder so ein richtig schöner interessanter Ausflug auch in die gastronomische Welt. Und Markus, dir hat es doch auch Spaß gemacht, oder?
Markus: Absolut, wunderbar! Ich bin sowieso gastronomisch immer gerne unterwegs und auch besonders gerne in Berlin und besonders gerne beim Sven. Und insofern wunderbar.
Sven Förster: Auch von meiner Seite aus, und da noch mal vielen lieben Dank, dass ihr uns da auch ein bisschen die Plattform gebt deutschlandweit, dass man in Försters Feine Biere einen kleinen Einblick bekommen hat. Lieben Dank für die letzte Stunde.
Markus: Ciao!
Holger: Ciao! Tschüss!
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