BierTalk 21 – Interview mit Matthias Trum vom Heller Bräu / Schlenkerla aus Bamberg

Matthias Trum ist ein echter Bamberger durch und durch – und in sechster Generation der Bräu vom Schlenkerla. Damit hat er einerseits eine über 600-jährige Geschichte zu bewahren, andererseits aber auch die älteste und eine von nur zwei überhaupt erhaltenen Rauchbier-Brauereien der Welt. Trotz – oder gerade wegen seines Faibles für Biergeschichte – gelang es ihm aber auch, neue Akzente zu setzen. Anfang des Jahrtausends mit dem neuen Doppelbock „Schlenkerla Eiche“, einige Jahre später mit den ersten gereiften Jahrgangsbieren aus einer deutschen Brauerei und heutzutage mit drei faszinierenden Leichtbieren namens Hansla und Heinzlein. Im BierTalk erzählt er die Geschichte hinter diesen Bieren, aber klärt auch über all die Mythen und Legenden rund um das Schlenkerla auf. Ein echtes Podcast-Juwel…

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Markus: Herzlich willkommen zu unserem BierTalk, heute Folge 21. Wir haben einen besonderen Gast, wie immer, wir haben immer besondere Gäste, aber für mich heute ganz besonders. Doch bevor wir den vorstellen, ganz kurz, am Mikrofon bin ich, der Markus und …

Holger: … der Holger.

Markus: Ganz genau. Und unser Gast, wie schon angekündigt, kommt heute auch aus Bamberg, nämlich der Matthias Trum. Und es wäre schön, wenn du dich kurz selbst vorstellen würdest.

Matthias Trum: Vielen Dank für die tolle Einleitung, Markus. Also ich fühle mich schon sehr geehrt. Mein Name ist Matthias Trum, ich bin Inhaber beziehungsweise braue in sechster Familiengenerationen beim Schlenkerla, alte Bamberger Institution, der eine oder andere kennt sie ja, und bin also hier mit dem Thema Bier großgeworden, Bier, Biergeschichte, und hat immer eine Riesenrolle gespielt. Ich wohne selber über dem Schlenkerla, also kein Tag ohne Schlenkerla und ohne Bier in meinem Leben.

Markus: Das war ja fast ein bisschen untertrieben, denn man darf nicht vergessen, das ist eine Brauerei mit 600 Jahren mindestens auf dem Buckel mit einem Bierstil, den es sonst in der Welt nirgendwo eigentlich mehr gibt. Und viel, viel, viel Tradition, die man auch vor Ort erleben kann. Besonders gerne bin ich da ehrlich gesagt mit dem Holger, der geht da nämlich auch gerne hin zum Mittagessen. Was isst du denn am liebsten dort, Holger?

Holger: Die Zwiebeln, die esse ich am liebsten, die gefüllte Zwiebel.

Markus: Genau. Altes Bamberger Rezept, hat meine Mutter auch schon immer gemacht. Und dazu schmeckt natürlich ganz toll das normale klassische Schlenkerla Märzen. Es gibt allerdings neue Biere aus dem Schlenkerla, und da bin ich selber ganz gespannt, weil ich die zum Teil heute auch zum ersten Mal verkosten kann. Lass uns doch anfangen, Matthias, mit welchem Bier wollen wir den starten?

Matthias Trum: Also wir haben vor kurzem was Neues eingeführt, das ist auch nicht offiziell vom Schlenkerla, sondern von der Heller-Bräu. Weil was die meisten eigentlich nicht wissen, Schlenkerla ist nicht der Ursprungsname und auch nicht der Firmenname, die Brauerei ist eigentlich die Heller-Bräu. Und der Schlenkerla, der kam später rein. Da werden wir bestimmt, wenn wir nachher die Rauchbiere trinken, auch noch was dazu sagen. Ich bin aber im Nebenberuf Bierhistoriker oder als Hobby, und bin über ein altes Bamberger Rezept gestolpert in Familienunterlagen, aber auch in offiziellen Büchern, über ein Bier, was ein ganz besonderes Brauverfahren hatte und was damals die Menschen tagsüber getrunken haben, weil es wenig Alkohol hatte. Und das haben wir jetzt als Bamberger Heinzlein wieder auf den Markt gebracht. Und ich würde sagen, wir starten mit dem hellen Heinzlein, weil das der beste Einstieg in den Geschmack ist. Und dann schauen wir einfach mal weiter.

Markus: Dann machen wir es doch mal auf.

Matthias Trum: Ihr werdet gleich beim Einschenken merken, das ist sehr, sehr spritzig, also eigentlich eher wie ein Weizenbier und nicht wie ein Lager. Man muss dazu wissen, dass die meisten früher das aus der Flasche getrunken haben, das war nämlich das typische Bier von den Gärtnern und Häckern oder allen, die halt körperlich schwer gearbeitet haben. Und die haben natürlich kein Fass aufs Feld geschleppt, sondern die hatten ihr Flaschenbier dabei oder haben ihre Kinder ins Wirtshaus geschickt, um eine Flasche davon zu holen. Und bevor wir weiterreden, würde ich sagen, trinken wir mal einen Schluck, oder?

Markus: Yo! Prost!

Matthias Trum: Prost!

Holger: Prost! Zum Wohl!

Matthias Trum: Das hat nur 0,9 % Alkohol, das ist diesem alten Brauverfahren geschuldet. Also nicht alkoholfrei, weil da müsste man unter 0,5 sein. Da braucht man aber moderne Verfahren wie Alkoholextraktion oder Pasteurisation dazu. Mit traditionellen Verfahren kommt man so weit nicht runter. Aber hat eben 0,9, und deswegen kann man da perfekt zum Homeoffice auch mal zwei oder drei trinken, man hat immer einen klaren Kopf. Es ist sehr, sehr hopfig im Aroma. Das war also die Besonderheit bei dem alten Brauverfahren, dass man eben sehr viel Hopfen im Sud verwendet hat. Der Hintergedanke war zum einen, dass man das Bier stabilisierte. Also man konnte ja damals nicht so hygienisch gut arbeiten, wie man das heute kann, weil es ja keine Edelstahlgefäße und so gab. Und wenn das Bier weniger Alkohol hatte, Alkohol ist ja auch ein Stabilisator sozusagen, dann musste man anderweitig sicherstellen, dass das Bier nicht umkippt, und da war eine große Menge Hopfen eben die Wahl. Und gleichzeitig hat man dadurch natürlich auch für einen entsprechend guten Geschmack gesorgt, weil natürlicherweise des Malzaroma etwas reduziert ist im Vergleich jetzt zu einem Bockbier oder einem normalen Bier. Das Besondere daran finde ich, also vor ein paar Jahren habe ich das entdeckt und dann haben wir eben erste Versuche gemacht, das Besondere daran finde ich, dass man aufgrund dieses alten speziellen Brauverfahrens, können wir ja nachher noch kurz drüber reden, eigentlich einen richtigen Biergeschmack bekommt, obwohl es so wenig Alkohol hat. Also was man sonst so an Alkoholfreien kennt, die haben ja immer ein wenig sowas Süßliches oder sind ein bisschen leer oder kommen eigentlich mehr wie ein Schorle-Getränk daher oder wie ein Saftgetränk und weniger wie ein Bier. Und bei dem Heinzlein ist es tatsächlich so, wenn man nicht weiß, dass das nur 0,9 hat, dann hält man es eigentlich für ein relativ normales Bier vom Geschmack her. Und das finde ich als Bierbrauer natürlich bombastisch, dann brauche ich jetzt mittags keine Limo oder kein Wasser mehr trinken, sondern kann ein Bier trinken und dann trotzdem meine Büroarbeit machen.

Markus: Die viele Kohlensäure merkt und sieht man natürlich. Ist es grundsätzlich ein unfiltriertes Bier oder ist es filtriert?

Matthias Trum: Es ist unfiltriert, also die Hefe setzt sich relativ schnell ab. Wenn ihr mal die Flasche gegen das Licht haltet, dann seht ihr, dass da natürlich diese Hefeflocken mit drin schwimmen. Und es ist ganz bewusst unfiltriert, weil das einfach noch mal das Extra an Geschmack bringt. Und auch historisch gesehen, der Bierfilter wurde ja erst Mitte des 19. Jahrhunderts erfunden, den gab’s vorher gar nicht. Und wir wollten also da ganz nah an der historischen Herstellungsweise sein und deswegen haben wir es ganz bewusst nicht filtriert.

Markus: Mal sehen, wie das der Holger sieht, aber für mich ist es auch relativ nah an eurem normalen Schlenkerla hell, was ihr anbietet. Habt ihr da auch die Hefe drin, die ihr eben sonst auch verwendet?

Matthias Trum: Jain. Also beim Hellen wird ja die Hefe genommen, die vorher schon im Rauchbier war und dadurch hat man beim Hellen so einen ganz leichten Raucheinschlag. Beim Heinzlein wollten wir also ganz bewusst nicht in die Rauchschiene gehen, weil es gibt ja das Rauchbier Hansla auch, das werden wir ja nachher noch verkosten, sondern das Heinzlein ist eben ganz bewusst nichts aus der Schlenkerla Familie. Also da ist keinerlei Rauchgeschmack dabei. Und deswegen wird für das Vergären vom Heinzlein eine frische Hefe genommen, die entsprechend rauchfrei ist. Und dadurch hat das auch keinerlei Raucharomen.

Markus: Und dann passiert bei mir im Kopf etwas Besonderes, weil ich tatsächlich so den Eindruck habe, ein bisschen Rauch habe ich. Wie geht’s denn dir, Holger?

Holger: Ja, ich habe da jetzt drüber nachgedacht, die ganze Zeit schon, ob ich Rauch habe oder nicht. Ich meine, nein. Was ich besonders tollfinde, ist eigentlich, dass ihr es macht, Matthias. Weil es ist einfach ein absoluter Trend und ganz spannend auch damit umzugehen mit dem Thema alkoholfrei, alkoholarm, auch vielleicht wahrscheinlich mit dem Thema Gesundheit auch und Bier zu jedem Anlass. Und da finde ich es ganz besonders bemerkenswert, dass eben so eine Traditionsbrauerei wie das Schlenkerla jetzt auch in diese Richtung geht. Also das ist für mich ein Fund. Und das finde ich besonders schön. Mir gefällt auch das Etikett, aber natürlich auch dann mit der Schriftart Heinzlein, finde ich auch wieder mutig. Also da gibt’s bestimmt Leute, die dann schon wieder über alles Mögliche nachdenken. Und dann gibt’s noch ein Thema, wo ich mich die ganze Zeit frage. Überhaupt das ganze Thema historische Braurezepte ist ja auch immer so ein Thema, wie waren früher die Rohstoffe und wie sind die aufbereitet worden und was kann man da heute noch reproduzieren? Es war ja schon auch sehr anders. Das sind auch noch Fragen, die ich mir stelle.

Matthias Trum: Das ist in der Tat ein sehr weites Feld. Also in den Unterlagen, die mir zur Verfügung stehen, altes Rezeptbuch von meinen Urahnen, wo also alle Sude protokolliert wurden mit Malzmengen, verwendete Hopfenarten, Ausschlagmengen und so weiter, und dann eben die allgemeinen Bücher aus der Zeit, wo diese Verfahren dann auch zum Teil beschrieben sind, da kann man sehr viel daraus ablesen, aber man kann natürlich nicht draus ablesen, welche Qualität die Gerste hatte, die zu Malz verarbeitet wurde. Ganz grundsätzlich denke ich, muss man festhalten, dass ja auch in der Landwirtschaft nicht industrialisiert produziert wurde, anders als heute. Also es gab natürlich keine Spritzmittel in irgendeiner Form, Düngen, wenn überhaupt, dann glaube ich nur im kleinen Umfang, die Erträge waren bestimmt auch viel geringer. Tendenziell, denke ich, waren die Biere damals voller im Geschmack, aber bei gleichzeitig weniger Alkohol generell. Der Hintergrund ist der: Die heutigen Gersten sind also einmal für die Landwirtschaft natürlich optimiert, dass die hohe Erträge haben, aber vor allem die Braugersten sind auch für die Bierbrauer optimiert, für die Großbrauereien, in dem Sinne, dass man mit möglichst wenig Malz sozusagen seinen Alkoholgehalt erzielt. Also die haben eine sehr hohe Lösung, einen sehr hohen Endvergärungsgrad, eine sehr hohe Ausbeute, wie der Brauer das nennt, dass man also den Malzeinsatz, man nennt das so schön, optimieren kann. Man sieht das sehr schön, jetzt müssen wir ein bisschen zwischen den Themen hüpfen, an den Schlenkerla Etiketten. Bei dem klassischen Schlenkerla Rauchbier Märzen ist ja an der Rezeptur nie grundlegend was geändert worden, man passt das jedes Jahr so ein bisschen an auf Basis der Qualität von Gerste und Hopfen, aber das Grundsatzrezept ist immer das gleiche. Aber auf den alten Etiketten steht da ein Alkoholgehalt von 4,5, und heute steht da inzwischen 5,1. Das hängt einfach damit zusammen, dass die modernen Gersten hinterher sozusagen mehr Alkohol und ein bisschen weniger Restextrakt bringen als die alten Gersten früher. Und die großen Industriebrauer haben entsprechend ihren Malzeinsatz reduziert, was natürlich Geld spart, und Brauereien wie wir, die beim traditionellen Rezept geblieben sind, die mussten dann die Etiketten anpassen und den Alkoholgehalt hochsetzen.

Holger: Du hast eben einfach einen Korridor in der Alkoholangabe auf dem Etikett. Den kann ich im Prinzip meiner Zielgruppe entsprechend anpassen. Kann das auch eine Rolle gespielt haben oder hältst du das total für ausgeschlossen?

Matthias Trum: Du meinst jetzt, dass Brauer ihren Alkoholgehalt über die Zeit reduziert haben?

Holger: Nein, ich meine, gehen wir mal in ein neues Bier hinein. Ich mache jetzt eine Produktentwicklung und mache mir eine Rezeptur, mache meine Probesude, habe dann mein Produkt und habe dann eine Stammwürze und einen Alkoholgehalt, und dann gucke ich mir an, okay, welche Zielgruppe ich habe. Ich sag jetzt mal, ich habe einen tatsächlichen Alkoholgehalt von 5,5. Jetzt ist die Zielgruppe eben doch eher alkoholfreundlich, da schreibe ich halt 5,7 oder 5,8 oder vielleicht sogar 6 hin. Oder umgekehrt, ich habe eine Zielgruppe, junge Leute, Sportler, wie auch immer, weil es ein frisches Weißbier ist beispielsweise, da schreibe ich dann 5 hin.

Matthias Trum: Das ist eine Fehleinschätzung. Also du kannst nicht am Etikett hin und her schreiben, wie du das möchtest. Ja, wenn jetzt das Gesundheitsamt eine Probe zieht und misst den tatsächlichen Alkoholgehalt, dann gibt’s einen Korridor, um den das abweichen darf. Also bei einem normalen Bier, wenn ich jetzt, sage ich mal, 4,8 draufschreibe und das Amt analysiert, dann darf der tatsächliche Wert zwischen, ich glaube, 4,3 und 5,3 schwanken. Also man hat 0,5 in jede Richtung.

Holger: Genau, so war ja mein Beispiel auch gerade.

Matthias Trum: Ja, ja. Jetzt kommt aber ein großes Aber. Man darf das nicht systematisch machen. Man muss dann um diesen Wert pendeln. Also wenn das Amt 10 Mal eine Probe zieht und du hast 4,8 drauf und hast aber jedes Mal tatsächlich 5,2, dann werden die bei dir vorstellig und sagen: Was ist denn da los? Macht ihr das mit Absicht? Oder belegt mal an eigenen Analysen, dass das jetzt wirklich nur Ausreißer waren, die wir da gezogen haben. Also im langfristigen Mittel muss man diesen Wert erreichen, der auch etikettiert ist. Insofern, glaube ich, läuft die Geschichte andersrum. Also gerade, wenn wir jetzt von größeren Brauereien oder von marketinggesteuerten Bierentwicklungen ausgehen, dass man schon bei der Kreierung des Bieres die Zielgruppe im Kopf hat und sagt, Mensch, wir wollen jetzt ein leichtes Weizen für Sportler und das soll 2,5 % haben, und die Info kriegt der Brauer, und dem wird gesagt, so, jetzt mach mal was, wo am Schluss die 2,5 rauskommen. Ich denke, so rum läuft’s.

Markus: Vielleicht eine wichtige Botschaft, die auf dem Etikett auch schön deutlich zu sehen ist. Wir haben hier halt 10 Kalorien pro 100 Milliliter, also die ganze Flasche hat gerade mal 50 Kalorien. Das ist natürlich auch ein Punkt für Leute, die jetzt sagen, ich möchte jetzt kein Wasser trinken, weil ich gerne Geschmack haben möchte, aber ich will eben jetzt nicht die Kalorien, die ein normales Bier hat, die eine Apfelschorle, ein Orangensaft oder ein Spezi hat, sondern möchte mich da eben möglichst auch kalorienarm ernähren, bringt das natürlich auch was. Ich habe noch eine kleine Bitte an euch. Nehmt doch mal euren Deckel und sagt mir, was in euerm Flaschendeckel drin ist.

Holger: Bei mir ist eine Hand, bei der zum Victory-Zeichen die beiden Finger nach oben gespreizt sind.

Markus: Und steht da noch was drunter?

Holger: Oh, Markus, du weißt ja, ich bin jetzt nicht mehr 16, also insofern, und habe jetzt hier eine schlechte Beleuchtung.

Matthias Trum: Ich habe das gleiche Zeichen, ich habe Schere.

Holger: Okay, jetzt weiß ich, dass es nicht Victory ist, sondern Ching, Chang, Chong, oder?

Matthias Trum: Schnick, Schnack, Schnuck.

Markus: Genau. Und ich habe leider das Papier. Das bedeutet, einer von euch darf bestimmen, was wir als nächstes Bier trinken.

Matthias Trum: Holger, bestimm doch du. Ich habe das erste bestimmt.

Holger: Wir bleiben beim Heinzlein und nehmen das Dunkle einfach.

Markus: Stimmt. Wir müssen ja noch über den Brauprozess sprechen. Da bin ich auch sehr gespannt.

Holger: Ich mach‘s mal auf.

Matthias Trum: Ich schenke jetzt auch grad mein Dunkles ein.

Markus: Yo! Und ich schau mal, was im Deckel ist. Wie kamt ihr denn auf die Idee, das da reinzumachen? Finde ich sehr witzig.

Matthias Trum: Wir waren beim Kronkorken-Lieferanten, um zu besprechen, wie wir die Farben zwischen Kronkorken und Etiketten abgleichen, dass das zusammenpasst. Und da hing so eine Riesenwand mit diversen Musterkronkorken und in einem war das drin. Die Gaffel in Köln war das, glaube ich. Die haben das vor Jahren schon mal gemacht und das fanden wir total klasse. Da haben wir gemeint, das machen wir auch. Also ich habe jetzt Stein.

Markus: Ah! Jetzt habe ich die Schere, schon wieder verloren.

Holger: Ich habe das Papier.

Matthias Trum: Genau. Dann haben wir jetzt reihum gewonnen sozusagen.

Markus: Genau. Das ist Deadlock-Syndrom sozusagen, was bei diesem Spiel aufkommen kann.

Matthias Trum: Beim Dunklen, sehr kohlensäurehaltig natürlich, also das haben wir bei beiden Heinzlein oder bei allen drei alkoholarmen Varianten, dass wir mit viel Kohlensäure arbeiten, einfach, um da eine Spritzigkeit und eine gewisse Vollmundigkeit reinzubringen. Das Dunkle hat eigentlich eine Farbe ähnlich zum Schlenkerla Märzen, ist auch mit 0,9 Alkohol, auch mit diesen 10 Kalorien auf 100 Milliliter. Wenn man riecht, hat man schon ganz kräftig diese Röstaromen, wie man das eben von einem dunklen Bier kennt. Erinnert so ein bisschen an Kaffee. Also ich könnte mir vorstellen, dass, bevor Kaffee populär wurde, das auch mit ein Grund war, warum man das beim Arbeiten gerne getrunken hat. Die Urform des Bamberger Kaffees, wenn man so will. Und wenn man es dann trinkt, machen wir noch mal, Prost! Zum Wohle!, dann merkt man also auch wieder diesen sehr leichten Charakter wie das Helle, aber eben ganz kräftig diese Röstaromen, schokoladig, kaffeeartig, ein bisschen in der Richtung. Manche interpretieren das auch so ein bisschen als Raucharoma, aber es sind eben wie auch beim Hellen keinerlei Raucheinflüsse da drin, sondern das sind eben diese Röstaromen, die beim Rösten des Malzes, also bei Trocknung mit hoher Temperatur des Malzes entsprechend passiert. Übrigens fürs Heinzlein, das Malz kaufen wir komplett zu. Also wir können ja bei uns nur Rauchmalz herstellen, das heißt, im Heinzlein haben wir ein ganz normales helles Malz im Einsatz und bei dem dunklen Heinzlein kommt halt noch ein bisschen Röstmalz mit dazu. Fast so ein bisschen englisches Aroma. Wenn ich so ein typisches Porter habe zum Beispiel oder ein Stout, dann habe ich auch diese Art von Röstaromen. Also ein bisschen anders als im klassischen Münchner Dunkel. Habt ihr da ein besonderes Röstmalz?

Matthias Trum: Nein, da haben wir eigentlich ein ganz normales. Aber ich glaube, die Analogie kommt daher, wenn du jetzt ein Münchner Dunkles oder so hast, dann bist du natürlich auch sehr kräftig malzaromatisch bei diesen 4,5, 5 %, oder wenn es gar ein Bock ist. Und die Porter-Biere, die waren ja traditionell auch immer mit relativ wenig Alkohol. Weil vom Namen her, Porter, Träger, das war ja das Bier, was die Träger in den Häfen oder überhaupt die Leute, die was rumtragen mussten, also Lagerarbeiter getrunken haben. Und traditionelle Porter, wenn ich mich nicht täusche, und da könnt ihr mich gerne korrigieren, liegen ja glaube ich irgendwie so bei 2,5 Prozent. Und wenn man dann sozusagen diesen geringeren Malzgehalt hat, dann kommen diese Röstaromen in der Art und Weise durch. Wobei, wenn ich mich nicht täusche, die Porter sind obergärig, oder?

Holger: Ja.

Markus: Ja.

Matthias Trum: Genau. Ein Heinzlein ist ganz klassisch untergärig, weil in Bamberg hier eben die untergärige Brauart vorherrschte.

Markus: Es würde mich jetzt wirklich brennend interessieren, weil du eben sagst, ein altes, historisches wiederentdecktes Brauverfahren, was da dahintersteckt?

Matthias Trum: Die genauen Details kann und will ich natürlich nicht preisgeben, weil da steckt einfach wahnsinnig viel Recherchearbeit drin und das will ich jetzt auch nicht, dass das einer dann einfach so nachmacht. Im Grundsatz ist das Heinzlein ein Nachbier. Also man hat früher in Bamberg die normalen Biere etwas stärker gebraut, deswegen hatte das Bamberger Bier schon damals einen sehr guten Ruf. Und damit man dann nicht zu viel Extrakt-Verlust hat, hat man eben noch ein Nachbier daraus bereitet. Es war dann im Prinzip so: Abends hat man das normale Bier getrunken und tagsüber beim Arbeiten hat man eben dieses Nachbier, das Heinzlein getrunken. Dieses Nachbier-Brauverfahren besteht aus einer besonderen Maische-Technik, aus einer besonderen Läuter-Technik und eben diesem hohen Hopfeneinsatz im eigentlichen Kochverfahren. Und das Spannende bei der ganzen Sache ist eigentlich das, sowas kannst du nur brauen, wenn du ein traditionelles Sudsystem hast. Also mit den modernen Sudgefäßen, die in irgendeiner Reihenschaltung arbeiten oder Infusions-Maisch-Verfahren arbeiten, da wirst du dir schwertun, das nach zu brauen. Wir arbeiten bei den Schlenkerla Bieren sowieso schon auf die traditionelle Maisch-Technik und mit einem traditionellen Kupfersudwerk, das hat mein Urgroßvater noch in den 30er Jahren gebaut. Und das machen wir natürlich auch entsprechend beim Heinzlein. Und dadurch, glaube ich, sind wir relativ nahe an diesem ursprünglichen Geschmack mit dran, natürlich mit dem Vorteil, dass wir heutzutage viel hygienischer arbeiten können, keine Fremdinfektionen im Bier haben und eine gute Haltbarkeit haben. Aber was jetzt den Malzcharakter und die Vollmundigkeit des Bieres angeht, sind wir, glaube ich, sehr nahe an dem alten Verfahren dran. Und insbesondere schmeckt’s, finde ich, vollmundiger und reichhaltiger, als wenn ich jetzt einfach nur ein dünnes Bier brauen würde, was ja auch manche versuchen. Und da muss man wirklich sagen: Hut ab! Also die alten Bamberger Brauer, die waren echt pfiffig, dass sie dieses Verfahren so entwickelt haben und auch den körperlich schwer arbeitenden Menschen, die tagsüber wegen Gesundheitsgefährdung, die ja kein normales Wasser trinken wollten, dass man denen da so ein schmackhaftes Getränk bereitet hat. Also ich bin immer wieder begeistert, wenn ich das trinke, und habe den größten Respekt vor meinen Vorfahren, aber auch vor den anderen Bamberger Brauern, die haben es ja damals alle gemacht, dass die dieses alte Verfahren so perfektioniert haben. Ganz kleine Anekdote vielleicht noch in dem Zusammenhang: Das Rezeptbuch, aus dem ich das habe oder was mit dazu beigetragen hat, ist ja vom Konrad Graser, das ist also die erste Generation aus meiner Familie, die hier im Schlenkerla, in der Heller-Bräu war. Ich bin ja die sechste Generation. Es gibt wohl irgendwo eine alte Aufzeichnung, dass, als gegen Ende des 19. Jahrhunderts dann die Bamberger Brauer aufgehört haben, das Heinzlein, das Nachbier herzustellen, weil eben dann andere Getränke einfacher verfügbar waren, sauber waren, eine bessere Trinkwasserversorgung wurde möglich, es gab eine Kanalisation, Kaffee wurde populär, und entsprechend ist dieses Nachbier dann aufs Abstellgleis gekommen. Aber der Konrad Graser war wirklich einer der letzten Brauer in Bamberg, die das noch gemacht haben. Also der hat das schon ganz bewusst damals hochgehalten. Und insofern freut es mich natürlich, dass ich sozusagen als Nachfahre jetzt die Gelegenheit habe, das den Bambergern wieder zurückzubringen. Und deswegen steht auf dem Bierdeckel ja auch „Willkommen zurück“. Also das ist keine Neuerfindung, das war nie mein Ding, sondern es ist wirklich eine Wiederentdeckung.

Markus: Wenn du jetzt sagst, Nachbier, es ist aber nicht so, dass ihr jetzt zum Beispiel vor allen Bamberger Brauereien rumfahrt und euch den Treber holt und das dann verwendet, um noch mal ein Bier zu brauen, oder?

Matthias Trum: Nein, nein. Das machen wir nicht.

Markus: Holger, wie schmeckt‘s dir denn?

Holger: Mir schmeckt es gut. Also mir schmeckt es auch noch besser als das Helle. Es ist schon auch erstaunlich, dass man auch mit so wenig Alkoholgehalt dann doch noch so viel Charakter auch transportieren kann. Wenn ich jetzt so drüber nachdenke und drüber spreche, hat mir eigentlich das Helle gut gefallen, weil es ein bisschen hopfiger war, ein bisschen bitterer. Vom ersten Eindruck her fand ich das Dunkle besser.

Matthias Trum: Hopfengehalt ist bei beiden im Prinzip ähnlich, wobei ja beim Hellen viel stärker durchkommt, weil bei dunklen Bieren ist es ja tendenziell so, dass das Röstmalz das so ein bisschen überdeckt.

Markus: Ich mag diese Röstaromen sehr, sehr gern und ich kann mir das wirklich gut vorstellen als Getränk, was man einfach einen Tag über so trinkt. Ja, mit den 0,9 % habe ich, glaube ich, auch keine Chance jemals betrunken zu werden. Und dementsprechend einfach ein schöner Begleiter und echt eine tolle Alternative, wenn man jetzt einfach nicht immer Leitungswasser trinken will. Also sehr, sehr schön. Sehr spannend und toll, dass ihr das aus der Taufe gehoben habt. Wie lange bist du da schon geistig damit schwanger gegangen?

Matthias Trum: Naja, knapp vier Jahre eigentlich. Also 2016 bin ich das erste Mal an so einem altdeutsch geschriebenen Magazin über das Thema gestolpert und dann eben später in den Familienunterlagen. Und wir haben natürlich mit der Rauchvariante, mit dem Schlenkerla Hansla begonnen, ist ja logisch. Markus, wie du es sagst, ich finde auch persönlich, ich mag tagsüber einfach nichts mit viel Alkohol trinken, weil du hast Termine, du musst irgendwelche Sachen erledigen, abends mit den Kindern noch eine Runde spielen, und wenn du da schon mit einem Alkoholkletterer ankommst, dann hast du einfach nichts vom Tag. Und für vorher sozusagen brauchst du da einfach ein anderes Getränk. Und ich persönlich, alles, was Säfte sind, ob Apfelsaft, Johannessaft, wie auch immer, finde ich absolut fürchterlich. Also ich ernähre mich getränkeseitig im Wesentlichen bisher von Wasser, heißer Schokolade und eben normalem Bier. Und jetzt mit dem Heinzlein ist da echt eine Ergänzung da, die den Tag erhält, sag ich mal, für mich ganz persönlich.

I: Also die heiße Schokolade muss ich noch ergänzen in meinem Plan, das ist natürlich eine sehr leckere Idee. Holger, ich habe eine Theorie. Vielleicht ist es ja so, wenn der Matthias sagt, dass das Bier ja in seinem Sudhaus hergestellt wird, aber eigentlich ja nichts mit rauchigen Zutaten drin ist, aber vielleicht ist es ja so, dass dieses Brauwasser trotzdem so ein bisschen was von den Informationen mitnimmt, wenn da vorher eben Rauchmalz drin war und dann das vielleicht mit mir so ein bisschen korrespondiert und ich vielleicht deswegen so diesen leichten Rauchhinweis bekomme. Könnte das sein?

Holger: Ich glaube, wir brauchen da den CCC. Der könnte das sozusagen wahrscheinlich aus der Psychologie heraus, aus der Psychologie der Sensorik heraus beantworten. Das spielt, glaube ich, eher eine Rolle als das, was du jetzt gesagt hast.

Markus: Also gut. Keine Homöopathie im Bier. Apropos, der Matthias hat ja grad vom Hansla erzählt, und das war ja das erste Bier, das so ein bisschen auf diese Kerbe auch mit weniger Alkohol eingeschlagen hat und was mir auch im letzten Jahr vor allem viel Spaß bereitet hat, wenn ich eben oft mittags im Schlenkerla war und aber dann noch Termine hatte. Das sollten wir vielleicht jetzt auch probieren, oder?

Matthias Trum: Genau. Machen wir doch mit dem weiter.

Holger: Wunderbar. Zwischendrin, Matthias, noch mal eine Frage, also die Zeit ist auf jeden Fall viel zu kurz für all das, was mir durch den Kopf geht: Wie transportiert du das an die Kunden? Wie vermittelst du das?

Matthias Trum: Ja gut, also auf der Webseite und in Flyern und so weiter hat man natürlich diese ganze Story dahinter, was eben das Besondere am Brauverfahren ist und wo die Hintergründe sind und warum man das früher getrunken hat. Also alles, was wir schon besprochen haben. Wir haben uns dann noch so einen kleinen Gag einfallen lassen. Auf der Internetseite ist das und auch auf den Tischaustellern, die wir dann haben, im Craftbier-Bereich arbeitet man ja gerne mit so Skalen, was Hopfigkeit und Bittere und so weiter oder Vollmundigkeit angeht, dass man da irgendwie von 1 bis 10 irgendwie die Punkte vergibt. Wir haben bei dem Heinzlein, und das bringt‘s eigentlich wirklich auf den Punkt, eine Skala für Heimatgefühl mit dazu genommen. Und die ist natürlich auf 10. Ein traditionelles Bamberger Rezept, das in dieser Form nur so hier gebraut wurde und eben ganz eng verwurzelt ist mit der Bamberger Geschichte und heute eben den Bambergern, jung, ob alt, in dem entsprechenden Trinkumfeld sozusagen den optimalen Geschmack und niedrigen Alkoholgehalt bietet. Was kann patriotischer sein als sowas?

Markus: Jetzt machen wir es auf. Ich denke, das ist ja überhaupt so ein bisschen das, was Schlenkerla als Marke ausmacht, dass es ja unheimlich verbunden ist mit der Stadt, mit der Stadtgeschichte, mit Franken, mit Kultur, mit der Bierkultur, also viel mehr als jede andere Brauerei von Bamberg, die jetzt, in Anführungsstrichen, „normale“ Biere herstellt. Das war wahrscheinlich gleichzeitig Herausforderung, aber auch ein bisschen Last, oder? Weil man ja dann auch nicht so leicht rauskommt aus diesem regionalen Markt.

Matthias Trum: Ja. Also ich meine, wir können nicht wie jetzt eine Craft-Brauerei da wild mit Experimenten loslegen und weiß ich, irgendwelche Geschmacksrichtungen durchexperimentieren. Oder gar internationale Bierstile, es gibt ja ganz viele deutsche Brauereien, die jetzt ein Pale Ale oder was auch immer machen. Ich will nichts über die Qualität gesagt haben, das sind ganz, ganz tolle Biere, aber zu einem historischen Haus wie Schlenkerla würde das letztendlich nicht passen. Ich habe ja schon in meiner Schlenkerla-Zeit angefangen, das eine oder andere Bier neu einzuführen, da werden wir ja nachher mit dem Fastenbier und Eiche noch zwei anschauen, aber irgendwo hat man natürlich immer auch so ein bisschen auf den Tellerrand geschielt, was gibt’s denn noch für Möglichkeiten und in welche Richtung könnte man sich denn entwickeln? Und nachdem mein Steckenpferd eben die Bierhistorie war, war für mich klar, wenn wir was „Neues“ machen, in Anführungszeichen, dann muss das einen historischen Kontext haben, der auch irgendwo zur Familiengeschichte passt. Insofern war das Heinzlein da wirklich ein Glückstreffer. Die ersten Quellen, die ich gefunden habe, waren in ganz normalen Bierbüchern hier aus der Region, aber als dann eben auch noch die familiären Bezüge klarwurden mit dem Konrad Graser, der eben einer der letzten Heinzlein-Brauer war und seinen Rezeptbüchern und so, dann passt das eigentlich alles super zusammen. Und da braucht man dann auch gar nicht groß über Marketing oder sonst wie überlegen, sondern das hat sich einfach so ergeben. Und alles, was sich daraus jetzt entwickelt hat von Webseite über Etiketten und so weiter und so fort, war eigentlich aus der Natur heraus geboren eine direkte Entwicklung, ohne dass man jetzt, weil wir es vorhin ja davon hatten, wie bei Industriebrauereien jetzt erst mal von der Zielgruppe überlegt und wie baue ich das auf und welchen Alkoholgehalt mache ich und so weiter und so fort, und braut dann das Bier hinterher, um das dem Markt anzupassen. In unserem Fall war es tatsächlich durch Zufall wirklich so, dass dieses historische Bier, so wie es gewesen ist, perfekt in diesen alkoholarmen, alkoholfreien Markt hineinpasst.

Markus: Jetzt haben wir dieses wunderschöne Hansla im Glas. Auf jeden Fall habe ich jetzt nicht diese Hefe in der Flasche, wie ich das vorhin hatte, oder?

Matthias Trum: Die Hefe ist im Grundsatz auch mit drin, wobei da kommt‘s natürlich immer aufs Einschenken drauf an, wie lang war die Flasche schon gestanden, wie viel hat sich unten abgesetzt. Wenn man es ganz perfekt machen will, kann man es natürlich in einem Zug einschenken wie beim Weizen und am Schluss die Hefe noch mit aufschütten, wobei das gar nicht sein muss. Ich persönlich trinke tatsächlich alle drei am liebsten aus der Flasche direkt, finde ich so ein richtig typisches Flaschentrinkbier. Beim Hansla, also beim Schlenkerla Hansla, man muss ja immer Schlenkerla dazusagen, dass einem klar ist, dass es hier um Rauchbier geht, sind die Röstaromen im Prinzip nicht vorhanden, es ist nur ganz, ganz minimal eben von den hohen Trocknungstemperaturen des Rauchmalzes auf unserer eigenen Darre. Auch die Hopfennoten sind ein bisschen schwächer als jetzt beim hellen Heinzlein zum Beispiel, aber dafür hat man eben diesen ganz charakteristischen Schlenkerla Rauchgeschmack nicht so kräftig wie im klassischen Rauchbier Märzen. Klar, weil der Malzanteil ist natürlich nicht so hoch, aber trotzdem sehr deutlich wahrnehmbar. Das Hansla ist minimal höher im Alkohol als das Heinzlein, also das Heinzlein liegt ja bei 0,9, das Hansla liegt so um die 1,1, macht aber jetzt vom Trinkgefühl oder von dem, was im Kopf passiert, keinen relevanten Unterschied. Für Rauchbier-Liebhaber das perfekte Tagsüber-Bier. Oder wenn es draußen heiß ist, als wir das letztes Jahr nur für die Gaststätte in der Flasche eingeführt haben noch ohne Etiketten, war das auf Anhieb mein Lieblingsbier, wenn ich am Tag in der Gaststätte, wie du auch Markus, gesessen bin und mit irgendjemand mich unterhalten habe, Bürotermin oder what ever, dann war das echt immer das ideale Bier. Jetzt seit Januar heuer gibt’s das eben auch in der Flasche zum Mitnehmen. Gleiches Brauverfahren, muss man grundsätzlich sagen, also das Hansla und das Heinzlein unterscheidet sich in der Richtung nicht. Also auch wieder besondere Maische-Technik, besondere Läuter-Technik, aber eben das Ganze mit 100 % Rauchmalz, so wie es eben bei allen Schlenkerla Bieren ist, und entsprechend rauchig kommt das Hansla dann auch daher.

Markus: Ja, Holger, bist du zufrieden?

Holger: Ich bin total zufrieden, weil das kannte ich ja schon und habe es auch schon oft getrunken. Und auch in der Gaststätte habe ich es schon getrunken, da war gar kein Etikett drauf, also das war einfach nur eine braune Flasche. So wie du es vorhin schon gesagt hast, das ist dann einfach super. Also wenn man dann Mittagessen geht und du hast ja Recht, ich dränge dann immer ins Schlenkerla, und da dann so ein schönes Hansla und dann wieder weitermachen, ist eben großartig. Und so geht’s mir jetzt grad auch wieder. Also prima ist das.

Markus: Sehr, sehr spannende Geschichte drum rum. Wie war das denn bei der Einführung? Also ich kann mich noch erinnern, ich glaube, das warst gar nicht du, sondern euer Braumeister, der mir zuallererst davon erzählt hat. Und da habe ich schon so ein bisschen rausgehört, dass eine gewisse Skepsis da war: Kann man sowas überhaupt machen? Will dass irgendjemand? Verstehen das die Leute überhaupt? Kann man 1,2 % Alkohol irgendwie kommunizieren? Und als ich dann das nächste Mal mit jemandem von der Brauerei zusammen war, hieß es: Es ist unglaublich. Die Leute reißen uns das quasi aus den Händen, wir kommen gar nicht hinterher. Wie war das bei der Einführung für dich? Hattest du das erwartet? Und wie läuft’s seitdem?

Matthias Trum: Mein Braumeister, der Herr Hanreich, war da immer dahintergestanden, er fand das klasse, weil er selber ja auch tagsüber sagt, wenn er noch arbeiten muss, ist ein normales dann doch irgendwo zu heftig. Aber bei den Brauern war durchaus ein gewisses Ressentiment am Anfang da: Das ist doch kein richtiges Bier.

Markus: Ja, es war nicht der Michael.

Matthias Trum: Ja genau. Also bei den Brauern war da schon eine gewisse Zurückhaltung, auch beim Personal und in der Gaststätte, die Bedienungen und so. Der Stammtisch sowieso, beim Stammtisch ist ja sowieso alles Neue immer erst mal kritisch beäugt. Also das war dann schon ein Thema. Es ist dann aber wirklich sehr gut bei den Leuten unten angekommen. Dass wir jetzt nicht nachgekommen wären, das kann man jetzt nicht sagen, weil es doch im Vergleich zum normalen Märzen natürlich jetzt nicht diese Mengen erreicht, aber in der Gaststätte, ohne dass wir da jetzt Werbung gemacht hätten oder irgendwie mit Tischaufstellung oder sonst was gearbeitet hätten, wir hatten es ja nur in der Speisekarte drinstehen, waren das wirklich schon ganz ordentliche Mengen. Und insbesondere tatsächlich auch mehr als das Weizen, grad im Sommer. Und das hat uns dann schon so ein bisschen positiv überrascht. Also damit hatte ich ehrlich gesagt nicht gerechnet. Für mich war das in der Gaststätte im ersten Schritt immer die Ergänzung für die, die gesagt haben, Mensch, ich muss heute noch Auto fahren oder ich habe noch eine Stadtführung, ich will ein Wasser oder eine Apfelschorle. Auch wenn das verdienstmäßig natürlich in Ordnung ist, wenn man sowas in der Gaststätte verkauft, dann tut einem Brauerherz dann doch weh, wenn man so jemand nicht mit einem Bier beglücken kann. Und da, denke ich, haben wir die Lücke jetzt ganz gut geschlossen. Dadurch, dass die Familie jetzt auch komplett ist mit den Nichtrauchigen, also was heißt komplett, aber zumindest erweitert mit den Nichtrauchigen, dem dunklen Heinzlein und dem hellen, denke ich, ist da wirklich eine Bandbreite da, wo jeder für sich zu Hause auch was finden kann. Vielleicht noch ergänzend die Info, das helle und das dunkle Heinzlein werden wir in der Gaststätte natürlich nicht ausschenken. Also die Schlenkerla Gaststätte ist ja ganz traditionell immer auf Rauchbier eingetaktet, auch das Helle gibt’s ja unten nicht im Ausschank. Und das werden wir da weiterhin so handhaben. Aber ich denke, wir werden es wahrscheinlich zum Mitnehmen im Souvenir-Shop unten im Verkaufsraum mit anbieten. Aber da sind die letzten Worte noch nicht gesprochen. Müssen wir mal schauen, wie die Entwicklung jetzt weiter da geht.

Markus: Das fand ich übrigens schon immer unglaublich, wie konsequent ihr das durchzieht. Holger, das wäre doch in München undenkbar, dass eine Brauerei so eine interessante, spannende Palette hat und dann aber bewusst sagt, nein, in der Wirtschaft schenke ich nur das und das aus, weil das einfach unser Kern ist?

Holger: Ach, ich weiß nicht, also ich glaube schon, dass das hier in München, also ich meine, es gibt ja viele Traditionshäuser, und die Vielfalt, die ist da und die ist nicht da. Also ich gebe euch ein Beispiel. Augustiner hat ja für mich ein ganz, ganz, ganz tolles, hervorragendes Pils, aber man muss wirklich sich Mühe geben, um es irgendwo zu bekommen. Und selbst in den Stammhäusern, wenn man dann ein Augustiner Pils bestellt, dann guckt dich die Bedienung erst mal an und du siehst so richtig, was da triggert, so nach dem Motto: Wo hat noch mal dieses eklige Pils-Glas gestanden? Mensch, ey, jetzt will der wirklich ein Pils haben. Also das bedeutet, eigentlich ist das hier auch schon so, dass man so eine absolute traditionelle Linie verfolgt, aber eine Vielfalt eben auch ein bisschen da ist. Und ich weiß auch gar nicht, ich weiß gar nicht, wie ich das finde, dass es da jetzt einfach nur Rauchbier gibt. Ich weiß gar nicht. Also ich habe das ja gerade total gelobt, dass ich das toll finde, dass man da auch so ein modernes Bier präsentiert und so, und ich könnte mir jetzt also Frauen vorstellen, die da jetzt rein müssen in diesen Tempel und das eigentlich freiwillig gar nicht machen würden und so, und für die wäre das doch was. Also so denke ich da eigentlich drüber.

Markus: Ja, Matthias, wie ist es, können diese Frauen, von denen der Holger spricht, hoffen?

Matthias Trum: Dass wir mal was anderes als Rauchbier verkaufen?

Markus: Mhm (bejahend).

Matthias Trum: Nein.

Markus: Nein.

Matthias Trum: Die Hoffnung würde ich aufgeben. Nein, also sehe ich eigentlich nicht zielführend für uns, weil ich finde im Gegenteil heute eigentlich das Problem in vielen Gaststätten, jeder versucht alles anzubieten, und am Schluss leidet dann die Qualität drunter. Und ich weiß auch nicht, warum der Konsument das erwartet. Mein Standardbeispiel ist immer das: Wenn du in eine Eisdiele gehst, dann bestellst du ja auch keinen Haxen. Das erwartet auch keiner dort, weil es halt eine Eisdiele ist. Und wir sind eine Rauchbierbrauerei, also Schlenkerla ist eine Rauchbierbrauerei. Die Hella-Bräu ist vielseitiger, das wissen wir jetzt mit dem Heinzlein, aber das Schlenkerla ist eine Rauchbierbrauerei. Und Schlenkerla = Rauch. Deswegen ist das einfach die ganz klare Schiene. Was erschwerend hinzu kommt, ist, dass wir in der Gaststätte schlicht und ergreifend Kapazitätsprobleme haben. Also auf den Fassbock passen halt einfach nur zwei verschiedene Fässer und das ist halt dann das klassische Rauchbier plus ein saisonales. Wir können an den Theken nicht noch irgendwelche Bierleitungen unterbringen, also finde ich sowieso suboptimal für traditionelle Biere, Kühlschränke, ist alles beschränkt. Also in der Richtung sind wir da einfach limitiert. Und im Verkaufsraum drin, klar, da könntest du ja auch ein paar mehr verschiedene Flaschen mit anbieten, aber letzten Endes, da wird‘s dann einfach schwierig. Also verschiedene Gläser, die du in die Regale nicht unterbringst, für die Bedienung ist es natürlich dann auch ein Heckmeck, wenn du zehn verschiedene Biere auf dem Tablett hast statt zehnmal eins. Und ich denke, man verliert da einfach die klare Linie und keiner hat am Schluss was davon. Ich sag immer, in der Altstadt gibt’s so viele Gaststätten, wer jetzt nicht in den, ihr habt’s vorhin so genannt, Rauchbiertempel rein will, dann ist das ja vollkommen in Ordnung, da gibt’s ja genug Alternativen, wo es dann auch ein Schlenkerla gibt, entweder aus der Flasche oder aus dem Keg-Fass und wo man dann was anderes dazu trinken kann.

Markus: Wobei du da jetzt was ganz Wichtiges angesprochen hast, und ich glaube, das steckt vielleicht auch ein bisschen dahinter. Ihr seid ja in der glücklichen Lage, dass ihr in der Gastwirtschaft einfach auch noch klassisch bayerisch ausschenken könnt. Das heißt also, das Bier kommt in ein Holzfass und das Holzfass kommt dann runter in die Gaststätte und in der Gaststätte wird es dann vom Schenker persönlich abgeholt aus dem Kühlhaus und dann auf den Bock gehoben und angestochen, angezapft, und dann wird dieses Fass geleert. Mehr oder weniger in einem Zug, also mit kurzen Unterbrechungen vielleicht. Aber das bedeutet, dieses Fass wird nicht gekühlt, da ist keine Kohlensäure drin oder sonst irgendwas, sondern dieses Bier kommt wirklich so, wie es aus dem Lagertank kommt, eigentlich direkt ins Glas. Und das ist was, was es relativ selten gibt und was natürlich nur funktioniert, wenn auch entsprechend viel von dem Bier durchgeht, weil es ja sonst schlicht und einfach warm wird. Und ich glaube, auch deswegen ist es wichtig, gar nicht zu viele verschiedene Sorten zu haben, weil man sonst diese schöne Tradition gar nicht mehr leben könnte.

Matthias Trum: Das stimmt voll und ganz. Also das kannst du nicht mit so vielen Sorten machen. Das ist teilweise im Sommer mit den saisonalen Bieren schon schwierig, wenn du dann zwei Schenken und vier Fässer, und da muss man schon immer ein bisschen jonglieren. Und häufig machen wir es dann so, dass wir an einer Schenke holen. Was wir tatsächlich heuer jetzt vorbereitet haben, wir müssen jetzt mal mit der ganzen aktuellen Situation gucken, wie wir das in Betrieb nehmen können, das Weizen und das Hansla, das kann man ja nicht bayerisch ausschenken, weil es zu viel CO2 hat. Also wenn du das in ein Holzfass gibst und das anstichst, dann kommt dir der Hahn gleich um die Ohren gesaust, egal wie gut du das machst, und das würde wie blöd schäumen beim Einschenken. Also das funktioniert nicht. Deswegen haben wir das bisher aus der Flasche ausgeschenkt. Wir wollen da jetzt aber eigentlich umstellen, dass es auch aus dem Fass kommt, und dafür haben wir tatsächlich eine Schankanlage installiert, nicht im alten Lokal, weil da geht’s eben vom Platz nicht, sondern drüben in der Klause an der großen Schenke beziehungsweise die vom alten Lokal werden sich das dann im Verkaufsraum holen, da gibt’s auch eine kleine Verkaufsstelle, wo dann auch für ein Steh-Seidla man sich das dort holen könnte, wenn man denn wollte. Also da werden wir jetzt irgendwann in nächster Zeit, wenn die ganze Situation sich hier mal ein bisschen bereinigt hat, entsprechend auch umstellen, dass wir da vom reinen Flaschenausschank wegkönnen. Aber das traditionelle Schlenkerla, das Rauchbier, die (unv. #00:33:51.9# Preußeneiche?), Fastenbier, was auch immer, das kommt, also solange ich was zu sagen habe, immer aus einem Holzfass. Alles andere kann ich mir nicht vorstellen.

Markus: Klare Ansage. Holger, kennst du das auch, den bayerischen Anstich aus den Münchner Läden?

Holger: Ja, absolut. Nicht nur aus den Münchner Läden, auch zum Beispiel im Uerigen in Düsseldorf ist das ja auch gang und gäbe, dass man sowas macht. Ich finde das super und Bier ist ein Frischeprodukt, und eines der größten Probleme meines Erachtens zum Thema Bierqualität ist eigentlich die Schankanlage in den gastronomischen Betrieben. Also da auch vielerlei Themen, also Hygiene und Reinigung und Einstellungen und so weiter. Und das wird damit ja mehr oder weniger absorbiert. Und deshalb, ich bin da ein großer Freund davon. Trotzdem ist natürlich die Schankanlage, hat seine Berechtigung, wenn man dann vier oder fünf Produkte frisch gezapft hat. Und die Gastronomen, die eben auf eine gute Qualität an der Schank auch wertlegen, die merken das auch, meines Erachtens, am Umsatz. Und ich frag mich schon immer, warum die Brauereien da nicht mehr Wert darauf legen, dass die Gastronomen darauf Wert legen?

Matthias Trum: Viele Brauereien machen das, das ist halt immer die Frage: Kannst du dir das personell in irgendeiner Form leisten und stemmen? Also Augustiner ist ja bekannt dafür, dass die da sehr, sehr rigide sind und ihre eigenen Leute rausschicken und dem wird dann auch gern mal die Konzession entziehen, wenn er das nicht im Griff hat, aber eine kleine fränkische Brauerei, wo der Inhaber gleichzeitig der Braumeister, Hausmeister wird und was weiß ich, was alles ist, wenn der jetzt auch noch 20 Gaststätten kontrollieren soll, dann wird’s dann irgendwo schwierig.

Markus: Apropos, ich glaube, wir brauchen noch ein neues Bierchen. Was trinken wir denn als nächstes?

Matthias Trum: Machen wir doch mit dem Fastenbier weiter, oder?

Markus: Okay. An dieser Stelle muss ich ja was gestehen oder genauer gesagt ein kleines Geheimnis erzählen. Weil du hattest uns die Biere ja quasi zur Verfügung gestellt oder bereitgestellt, dass wir sie abholen können zum Verkosten. Und der Holger hat das dann auch getan, und irgendwie habe ich mich da ein bisschen falsch ausgedrückt oder er hat es bewusst falsch verstanden. Jedenfalls hat er schlicht und einfach alle Biere mitgenommen, sprich, die Verkostungsbiere sind jetzt grundsätzlich gesehen alle bei ihm in München. Insofern Glückwunsch, Holger, an dieser Stelle, dass du da ein gutes Sortiment hast. Und ich habe dann schnell ergänzt aus meinem eigenen Vorrat, ich habe ja fast alle da, und beim Fastenbier ist es aber so, das schaut ein bisschen anders aus als euer Fastenbier, nämlich da ist oben drauf noch so eine glänzende Kappe, die so ein bisschen rot-gold strahlt. Und das ist ja auch eine besondere Thematik. Also wir können ja erst mal verkosten, bin ich mal gespannt, ob es einen Unterschied gibt zwischen meinem und eurem. Und dann können wir da vielleicht auch ein bisschen drüber reden, was da dahintersteckt. Ist das eigentlich inhaltlich ein Widerspruch, Fasten, Bier?

Holger: Fast ein Bier, ja, wenn man es so sieht, ja.

Markus: Also das meinte ich jetzt gar nicht, könnte man natürlich auch denken, aber ich denke so, Fasten heißt ja eigentlich quasi kalorienreduziert zu leben, und das Fastenbier hat ja normalerweise schon auch ein bisschen Inhalt. Oder es geht einfach nur um die christliche Tradition, oder?

Matthias Trum: Ja, aus heutiger Sicht reduziert man sich natürlich in der Fastenzeit, also Alkohol oder Kohlenhydrate oder generell Kalorien, was auch immer. Historisch gesehen war das ja was anderes. Dieses Fasten war ja Teil dieser religiösen Erfahrungen, wie das die Muslime heute im Ramadan ja auch noch machen. Da gab‘s einfach die ganz klare Ansage, tagsüber keine festen Nahrungsmittel. Und kein Alkohol, hat bestimmt kein Mensch gesagt, weil ähnlich wie wir es beim Heinzlein vorhin hatten, du hast tagsüber ja immer in irgendeiner Form alkoholische Produkte zu dir genommen, weil Wasser ja immer keimbelastet gewesen ist, also zumindest potenziell. Deswegen haben die Mönche dann, damit sie eben nicht so viel Hunger haben tagsüber und der Magen nicht so leer ist, haben die halt ein nahrhafteres Bier gebraut. Nahrhafter vor allem im Vergleich zu den damals normalen Bieren. Da spielt auch diese Sache mit rein, die ich vorhin gesagt habe, dass die Biere damals sozusagen bei gleichem Malzgehalt mit etwas weniger Alkohol herausgekommen sind, weil eben die Ausbeute nicht so hoch war. Aus heutiger Sicht ist ein Fastenbier ein Bockbier, da spielt das Wettbewerbsrecht und so überall ein bisschen mit rein. Wir haben es aber bewusst an der unteren Grenze, also unser Fastenbier hat 5,9 % Alkohol bei 16 % Stammwürze. Ist entsprechend unfiltriert, also sehr vollmundig und nahrhaft im Geschmack. Also sozusagen die flüssige Brotzeit. Und das geht eben nach diesem alten lateinischen Sprichwort „Liquida non frangunt ieunum“, also das Flüssige bricht das Fasten nicht. Jetzt würde ich sagen, jetzt trinken wir mal, bevor wir zu viel reden. Wenn man vom Hansla kommt, ist das schon ein großer Schritt.

Markus: Allerdings. Holger, kanntest du das schon?

Holger: Ich kannte das schon. Ja. Aber ich muss ja auch wirklich sagen, ich bin schon immer auch ein Rauchbierfreund gewesen, also ich mag das sehr und habe dann auch immer vieles ausprobiert. Und auch in den Verkostungen ist natürlich oft dann auch ein Schlenkerla mit dabei. Dann gehe ich da ganz gern noch mal auf Biere, die eben nicht so alltäglich sind. Weil viele, die dann Schlenkerla kennen, die kennen halt das Märzen und eben die anderen spezielleren Biere eher nicht. Und dann baue ich die dann immer ein. Und das polarisiert ja total, also da gibt’s dann ja die absoluten Fans, also zum Beispiel wie ich, und dann gibt’s eben andere, die das ganz furchtbar finden, also total furchtbar. Und da kann man dann ja auch wieder historisch darüber reden: Wie war das eigentlich früher? Wie ist gedarrt worden? Wo kommt eigentlich diese Rauchnote her und so? Also für mich sind halt Schlenkerla Biere oder auch Rauchbiere im Allgemeinen, aber bei Schlenkerla ist das eben dann auch ein bisschen kerniger noch als bei anderen Brauereien, die eben auch Rauchbiere machen, das ist total dankbar. Weil ich habe dann viel zu sprechen, viel zu erzählen, viel Storytelling. Und letzten Endes ist es dann halt so, da gibt’s dann welche, denen schmeckt das und wiederum anderen schmeckt‘s halt nicht. Das ist dann einfach so.

Markus: Vielleicht müssen wir an der Stelle mal kurz für die Hörer, als das könntest du, Matthias, ja selber einfach mal kurz machen, erklären, was hinter diesem Rauchbier beziehungsweise Rauchmalz steckt, damit wir mal mit den ganzen Mythen aufräumen an der Stelle.

Matthias Trum: Das Besondere beim Rauchbier ist nicht das Brauverfahren, sondern das Mälzungsverfahren. Also schon während des Mälzens, wenn das Grünmalz getrocknet wird, bekommt das diese rauchige Note. Und zwar läuft das bei uns in der Form ab, dass die Trocknung des Malzes über einem offenen Feuer, in der Regel einem Buchenholz-Feuer, passiert und der Rauch sich dem Malz dabei gleichmäßig mitteilt und das Malz damit zum Rauchmalz macht. Der historische Hintergrund ist der, dass Malz immer schon getrocknet werden musste, also zumindest, wenn man ein gutes Bier haben wollte. Es gab auch luftgetrocknete Malze, die aber aromatisch eben nicht so gut waren. Es gab dann noch bei der Gärung Probleme bei den luftgetrockneten Malzen. Also man hat immer geschaut, dass man das Malz irgendwie trocknet. Und in unseren Breitengraden, wo also das Klima dann tendenziell doch eher feucht oder zumindest nicht langfristig stabil und warm wie jetzt im Nahen Osten ist, musste man zwangsläufig über einem offenen Feuer trocknen. Dabei war es unvermeidbar, dass der Rauch sich dem Malz immer mitgeteilt hat. Man kann wirklich sagen, dass die ursprünglichen Biere früher in unseren Breitengraden alle dieses rauchige Aroma hatten. Das war über Jahrtausende so, bis im 17. Jahrhundert in England das heute gängige Verfahren für Mälzungstechnik erfunden wurde, wo man den Rauch vorher aus der Luft herausfiltert, bevor man mit dieser Heißluft des Malz trocknet. Also das erste Patent wurde 1635 von einem Sir Nicholas Halse darauf erteilt oder beziehungsweise er bekam es vom englischen König erteilt. Hintergrund war, dass man nicht mehr genug hochqualitatives Holz hatte, um eben ein gutes Mainz herstellen zu können, das Holz auch einfach sehr teuer war. England musste damals sehr viel Holz den Holländern zukaufen, die das wiederum aus Osteuropa, also aus den baltischen Regionen, mit den Schiffen rüber transportierten. Und da ging’s schlicht und ergreifend drum Geld zu sparen. Mit der neuen Technik, die Sir Nicholas Halse entwickelt hatte, konnte man jegliche Art von Brennstoff nehmen, also irgendwelche Abfallhölzer oder auch Reisig oder was auch immer man finden konnte, und damit war es dann natürlich wesentlich kostengünstiger das Malz herzustellen. Und außerdem reduzierte man das Brandrisiko in der Mälzerei. War auch nicht unwichtig. Und weil diese Technik eben so viel kostengünstiger war, hat sie sich in England relativ schnell durchgesetzt binnen 100, 150 Jahren. Und da wurden dann auch weitere Verbesserungen entwickelt. Und ab 1800 ungefähr hat diese Technik dann auch ihre Reise auf den Kontinent nach Europa angetreten, also genauso wie die Dampfmaschinen und so. Diese ganzen Industrialisierungsentwicklungen sind ja so mit 100, 150 Jahre Verzögerung von England nach Westeuropa gewandert. Und um 1800 rum waren dann die Münchner Brauereien die ersten, der Georg Sedlmayr der Ältere von der Spatenbrauerei, der eine Nichtrauch-Darre baute. Und weil dieses Verfahren eben so viel kostengünstiger war und aufgrund des niedrigeren Feuerrisikos von den Behörden auch gefördert wurde, sind die Rauchdarren relativ schnell in Deutschland auch verschwunden. In Bamberg war es so, noch um 1800 rum hatten im Prinzip alle Brauereien eine Rauchdarre. Schon Mitte des 19. Jahrhunderts hatten die Hälfte umgestellt. Und Ende des 19. Jahrhunderts waren gar mehr nur vier Brauereien übrig, die das alte Verfahren beibehielten. Das war die Heller-Bräu, also Schlenkerla, und das war die Brauerei Spezial, die das heute auch noch so macht. Und dann gab‘s noch die Brauerei Greifenklau. Die hat damals tatsächlich auch noch selber ein Rauchmalz hergestellt, das ging noch bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Und die Brauerei (unv. #00:42:25.3# Pollaber?), die im Zweiten Weltkrieg geschlossen hat. Und das Besondere ist eben, dass dieses Verfahren von Schlenkerla und auch von Spezial in dieser alten Art und Weise bis heute durchgängig beibehalten wurde. Und mit dieser Craft-Beer-Entwicklung der letzten 30 Jahre, wo also wieder ein Trend hin zu mehr Vielfalt im Biergeschmack und mehr Handwerklichkeit dabei ist, sind eben Brauereien auf die Idee gekommen, auch wieder Rauchbiere zu machen. Die haben dann zunächst bei uns, und ich bin sicher, auch beim Kollegen Merz von der Brauerei Spezial angefragt, ob sie da Rauchmalz kaufen können. Da sind wir beide sehr zurückhaltend, also unsere Rauchmalze verwenden wir nur für unsere eigenen Biere. Wir verkaufen das nicht. Wo Nachfrage, da wird auch irgendwann Angebot kommen. Die großen Handelsmälzereien, die es heute gibt, sind dann auf diesen Zug aufgesprungen und bieten eben inzwischen auch Rauchmalze an, die industriell gefertigt und dann in irgendeiner Form raucharomatisiert werden. Also Steinbach in Erlangen macht das, Durst-Malz macht das, Weyermann macht das, im Ausland gibt’s auch größere. Also da hat sich einfach jetzt ein Markt ergeben, wo man zweierlei Arten von Rauchmalz draußen hat. Man hat die traditionellen Rauchmalze beim Spezial und bei uns, und man hat die modernen industriell gefertigten Rauchmalze, die eben alle anderen, vor allem auch die ganzen Craft-Brauer einsetzen. In den USA gibt’s ein oder zwei Neugründungen, Garagen-Mälzer nenne ich es mal, die sozusagen auch wieder angefangen haben in der Richtung ein bisschen was zu machen, die dann auch mit verschiedenen Hölzern experimentieren. Also da passiert relativ viel. Die USA sind ja wahnsinnig innovativ in allen Bereichen, die sind auch durch Regeln und Vorschriften vielleicht nicht so eingehegt, wie das in Deutschland in der Lebensmittelproduktion ist. Da gibt’s inzwischen ja auch wieder einige, die das nach einem traditionellen Verfahren letzten Endes machen, indem sie tatsächlich über dem offenen Feuer trocknen. Aber eben Neugründungen, Neuerfindungen, nicht das historisch Durchgängige wie bei Schlenkerla und Spezial.

Markus: Mir ist das letztes Jahr auch in Chile aufgefallen, da waren wir beim ganz kleinen Brauer irgendwo im Nirgendwo, und der hatte sich dann extra eine kleine Räucherkammer gekauft, die normalerweise für Fisch verwendet wird, und nimmt da immer sein Malz, tut‘s da rein, hat mir das auch gezeigt, und macht dann praktisch sein Rauchmalz für sein Rauchbier. Und wenn man sich dann mit Leuten unterhält, dann heißt es immer, dass es einen Unterschied macht, also ob man jetzt ein Malz hat, was wirklich vom Produktionsprozess her getrocknet wird im Rauch, und den Malzen, die eigentlich fertig sind und dann in eine Räucherkammer kommen und quasi außen so eine Rauchschicht dran bekommen. Also dass durchaus der Geschmack der Biere anders ist und dass der Geschmack des Rauches anders ist, und dass man da durchaus auch rausschmeckt eben, wo ist ein richtiges Rauchmalz drin und wo ist eher so ein aromatisiertes Malz drin. Kannst du das nachvollziehen? Macht ihr Versuche mit sowas?

Matthias Trum: Versuche machen wir in der Richtung nicht. Ich meine, wir haben einfach das ganz klassische Verfahren, wir experimentieren ein bisschen mit unterschiedlichen Hölzern, da kommen wir ja nachher bei der Eiche auch noch drauf. Aber dass wir jetzt ein fertiges Malz zukaufen und das dann bei uns in die Darre reinstellen oder reinlegen, um das noch mal nach zu räuchern, das haben wir jetzt noch nicht experimentiert. Von der Logik oder von dem chemisch physikalischen Hintergrund ist es ja zwangsläufig so. Weil wenn ich jetzt das Grünmalz auf die Darre bringe, dann sind wir bei einem Feuchtigkeitsgehalt irgendwo 40, 45 %, das Korn ist entsprechend voluminös, und im Zuge der Trocknung geht man runter auf irgendwo 2 %, 3 %. Und wie die Feuchtigkeit aus dem Korn herausgetrieben wird, geht der Rauch gleichzeitig hinein. Das kann ich mit einem fertigen Malz, das ich wieder nassmache und dann wieder trockne, in der Form nicht simulieren und nicht nachmachen. Sicherlich geht da der Rauch auch ein bisschen in das Korn mit hinein, aber ich werde nie eins zu eins den Geschmack haben wie beim traditionellen Verfahren. Beim traditionellen Verfahren spielt ja dann auch noch die Geometrie von der Darre und so eine Rolle. Also vom Spezial das Rauchbier schmeckt ja auch anders als unseres.

Markus: Holger, apropos Geschmack. Was sagst du denn zu unserem Fastenbier?

Holger: Für mich ist das ein schönes, klassisches Rauchbier, so wie man es erwartet. Also sehr, sehr schöne, rauchige Note, ganz malzaromatisch, eine unheimlich tolle Farbe, ein richtiges Kupfer, und die Rezenz, die finde ich toll. Ja, ich bin da begeistert, unbedingt.

Markus: Meins geht sehr stark auch in so eine holzaromatische Richtung und hat einen sehr spannenden Nachgeschmack, der zwar relativ trocken ist, aber auch so ein bisschen rosinige Noten mit reinbringt. Können wir ja mal den Matthias fragen, bei mir steht nicht 5,9 %, sondern 5,5 % hinten drauf. Aus welchem Jahr kommt das denn? Weißt du das?

Matthias Trum: Ich habe interessanterweise auch eine etwas ältere Flasche, bei mir steht auch 5,5.

Markus: Ah okay. Aber ohne Goldkäppchen?

Matthias Trum: Ohne Gold. Also das mit dem Goldkäppchen finde ich, ach so, du hast die Jahrgangsversion, ne?

Markus: Genau. Da wollte ich eben auch noch kurz darüber sprechen, wie das mit den Jahrgangseditionen ist, aber gehen wir ruhig erst mal zu dem Bier.

Matthias Trum: Der Hintergrund ist letzten Endes einfach folgender. Was ich ja vorhin schon mal angedeutet habe, wie wir mit dem Fastenbier angefangen haben, haben wir uns eigentlich sehr an dem traditionellen orientiert und sind tatsächlich mit der niedrigeren Stammwürze von 14,5 reingegangen und hatten dann einen Alkohol von 5,5. Und wir wurden dann irgendwann mal darauf hingewiesen, dass wenn man Fastenbier draufschreibt, dass es eben nach juristischer Definition ein Bockbier sein muss. Bockbier heißt, mindestens Stammwürze 16. Da ist zwar nie was passiert, aber man weiß ja nicht, irgendwo kommt ein Blockwart daher und macht einem Stress. Deswegen haben wir gesagt, nein, komm, da wollen wir auf Nummer sicher gehen. Sind auf die P 16 hochgegangen und dadurch kommt eben dieser etwas höhere Alkoholgehalt von 5,9 raus. Geschmacklich sehe ich aber keinen relevanten Unterschied zwischen den beiden. Also die neueren Varianten sind so ein bisschen gehaltvoller, aber das ist minimal. Wenn man es nicht weiß, dann, denke ich, merkt man das auch nicht weiter.

Markus: Dann sollten wir jetzt vielleicht mal zur Eiche gehen, bevor wir den zeitlichen Rahmen komplett springen. Dann machen wir doch mal auf. Hat immer was von Gottesdienst für mich.

Matthias Trum: Wie man bei der Eiche schon sieht, die Farbe ist so ein bisschen heller als beim klassischen Rauchbier, auch ein bisschen heller als beim Fastenbier, mehr so bernsteinfarben. Das Besondere beim Eichenrauchbier ist also wiederum weniger das Brauverfahren als das Mälzungsverfahren. Alle klassischen Rauchbiere bei uns, aber auch die, die man so draußen heutzutage bekommt, Craft-Brauer und so weiter, sind normalerweise immer mit einem Buchenholz-Rauch beziehungsweise in unserem Fall über einem Buchenholz-Feuer getrocknet. Und bei der Eiche ist es so, dass wir statt Buche schlicht und ergreifend Eiche nehmen. Das heißt, wir haben da große Eichenholzscheite, mit dem wir das Feuer schüren. Die Idee bei mir entstand da eigentlich ziemlich am Anfang, als ich von meinem Vater die Brauerei übernommen habe in 2003 oder zumindest die Verantwortung übernommen habe, sagen wir es mal so. Ich wollte einfach mal gucken, was gibt’s denn noch für Möglichkeiten? Und ich war in alten Unterlagen draufgekommen, dass tatsächlich in England, bevor die Nichtrauchdarren kamen, man bevorzugt Eichenholz genommen hat, nicht nur zur Malztrocknung, sondern auch zum Beispiel, um Fleisch oder Fisch zu trocknen. Daraufhin habe ich gesagt, komm, lasst uns das einfach mal ausprobieren und schauen wir mal, was passiert. Und mein erster Gedanke war eigentlich oder meine Erwartung, dass das Malz tatsächlich ein bisschen dunkler und kräftiger im Raucharoma wird als bei der Buche. Weil Eiche, deutsche Eiche stellt man sich ja immer als so einen kräftigen und knochigen alten und massiven Baum vor. Das war aber gar nicht der Fall. Also das Raucharoma ist nicht weniger intensiv, aber es ist irgendwie viel weicher und abgerundeter und ich sag mal eleganter als bei der Buche. Also die Buche kommt doch immer sehr kräftig daher. Wahrscheinlich hat man sie deswegen bei allen Räucherprozessen auch für Fleisch und so gerne beibehalten, weil es halt ein sehr kräftiges Raucharoma bringt. Bei der Eiche ist das irgendwie eine etwas elegantere Note, also fast schon so in Richtung ein bisschen Whisky-Aromen. Und deswegen habe ich gesagt, Mensch, da müssen wir einfach ein Bockbier draus machen, weil dieses süßlich Malzige, was man in Bockbieren hat, das passt genial zu diesem runden weichen Raucharoma, was die Eiche bringt. Und deswegen haben wir dann am Anfang als Weihnachtsbock einen Doppelbock gebraut, die Schlenkerla Eiche. Und inzwischen gibt’s den aber international tatsächlich ganzjährig, weil einfach ganz viele Bierliebhaber, Craftbier-Liebhaber, auf diese Eiche, ich nenne es mal, abfahren und da ganz begeistert sind. Auch ich selber habe eigentlich immer ein paar Fläschchen da. Deswegen auch diese Idee mit den Jahrgangsbieren, Markus, die du vorhin schon angesprochen hast. Nicht damit man es ganzjährig hat, sondern es ist einfach wahnsinnig spannend, wenn man wiederum in die englische Geschichte guckt. In England war das schon lange üblich, dass man Flaschenbiere in Kellern einlagerte und für längere Zeit reifen ließ. Da gibt’s diese Geschichte, dass vor, ich glaube, vor zehn Jahren war da so die Harvest Town Brauerei, wenn ich mich nicht täusche, die haben also irgendwelche Umbauarbeiten im Keller gemacht, haben eine Wand eingerissen und siehe da, dahinter waren hunderte von Flaschen aus viktorianischer Zeit, die auch alle noch in Ordnung waren und da haben die natürlich einen Riesenreibach gemacht, weil die das teuer verkaufen konnten, und haben ihren Umbau wahrscheinlich gleich finanziert damit. Und wie ich das alles so mitbekommen habe, habe ich mir gedacht, Mensch, das kann man mit der Eiche bestimmt auch super machen. Wichtig ist, und das ist der entscheidende Unterschied zur normalen Eiche, die man so im Supermarkt oder bei uns in der Gaststätte bekommt, die Jahrgangsversionen müssen unfiltriert sein. Weil diese Weiterentwicklung des Geschmackes, die Reifung, das muss die lebendige Hefe machen. Man kann das nicht pasteurisieren oder man darf es auch nicht filtrieren, weil dann hat man keine Hefe mehr drin, dann bekommt man nur so ein Lichtalterungsgeschmack, der in jedem „Wald und Wiesen“-Bier passieren würde. Aber was wir wollen, ist ja eine Reifung des Geschmackes, weitere Geschmacksprofile, die sich ergeben. Und dazu brauchen wir eben die Hefe. Wir füllen von der Eiche, vom Urbock und vom Fastenbier jedes Jahr eine kleine Menge unfiltriert speziell in Flaschen ab, die bekommen dann noch so ein Goldkäppchen obendrauf, wie du das gesagt hast, Markus. Zum einen, damit man sie unterscheiden kann, zum anderen, damit der Kronkorken nicht rostet, weil – und das ist jetzt das Spannende – wir lagern diese Flaschen in unseren Felsenkellern ein. Wir sind ja in Bamberg die letzte und wahrscheinlich weltweit eine der wenigen Brauereien, die tatsächlich noch in Felsenkellern unter der Brauerei ihr Bier lagern, also alle unsere Biere lagern dort in großen Lagertanks. Und bei den Jahrgangsbieren ist es so, dass die Flaschen in diese Felsenkeller eingelagert werden und für mehrere Jahre dort reifen, bis sie eben dieses Geschmacksprofil entwickelt haben, wie wir uns das vorstellen. Bei der Eiche dauert das fünf Jahre, beim Bock auch in etwa fünf Jahre, beim Fastenbier geht’s ein bisschen schneller, drei bis vier Jahre. Dann werden eben diese Jahrgangseditionen entsprechend auf den Markt gebracht. Es gibt den ein oder anderen internationalen Kunden, der die kauft, aber das meiste geht tatsächlich bei uns über den Online-Shop, weil das wirklich so eine Sache für Bierliebhaber ist, die man in besonderen Verkostungsrunden genießen kann. Ich mag‘s auch persönlich immer ganz gerne diese Jahrgangsbiere ein bisschen wärmer zu trinken, also so 10, 11 Grad und nicht bei der kalten Trinktemperatur, weil dann entwickeln sich die Aromen viel besser.

Markus: Auf jeden Fall. Also ich habe auch davon, muss ich zugeben, mir das mit dem Goldkäppchen geholt. Weil wenn ich schon eben mir ein Ersatzbier holen musste, dann habe ich gedacht, dann nehme ich es lieber gleich richtig. Und ich finde das ganz toll, weil ihr wart die erste Brauerei in Deutschland, die überhaupt so ein Jahrgangsbier in der Form gemacht hat.

Matthias Trum: Schneider Weisse hat das vorher schon gemacht.

Markus: Nein. Ich habe von Schneider damals die ersten bekommen. Also du meinst das, was sie da so in Papier eingewickelt haben, oder?

Matthias Trum: Ja, das gab’s doch schon seit 2005 oder 2006 oder so, dachte ich.

Markus: Nein, das kam danach.

Holger: Da hat der Markus vollkommen recht. Da war das erste wirklich das in Papier eingewickelte, das war ein ganz normales TAP6, also ein Aventinus, und der war dann 2013 präsentiert worden.

Markus: Da wart ihr schon auf dem Markt. Ich kann mich auch erinnern, am Anfang konnte man vom ersten Sud maximal zwei Flaschen kaufen. Und die Flasche hat für Bamberger Verhältnisse unglaublich viel gekostet. Und das war total spannend. Also ich habe das dann ganz oft auch in Verkostungen für besondere Leute verwendet. Und das ist toll, sowas zu haben, einfach Bier so zu zelebrieren, so zu ehren. Auch dieses Thema Alterung mal positiv unter die Leute zu bringen, ihnen zu erklären, dass man mit Starkbieren so was eben machen kann. Und man merkt eben auch, dass es bei euch in den Kellern noch mal eine andere Geschichte ist. Weil ich habe die Eiche ja auch in vielen Jahrgängen bei mir im Keller, aber es schmeckt ganz anders, wenn ich von euch das Jahrgangsbier nehme und eben meins, was ich mir so gekauft habe. Wobei natürlich, wie du ja schon gesagt hast, meine Biere die filtrierten sind und ist es allein deswegen schon ein Unterschied. Aber auf jeden Fall ganz toll. Und über die Eiche alleine könnten wir, glaube ich, einen BierTalk halten. Wenn man mal überlegt, da gab‘s ja auch dann viele Diskussionen, in welcher Größe wird das ausgeschenkt und wie und wie oft gibt’s das und wie viele Sude und, und, und.

Matthias Trum: Oh ja, das war spannend

Markus: Und dann gab‘s in Amerika ja bestimmte fassgelagerte Editionen und so weiter. Also da können wir vielleicht irgendwann noch mal nachlegen. Also bevor ganz zum Schluss kommen, Matthias, gibt’s noch was, was du rund um die Eiche oder überhaupt über dein Bier unseren Hörern noch mit auf den Weg geben möchtest?

Matthias Trum: Ja, vielleicht so ein bisschen mein persönliches Motto. Also ich meine, gut, die Schlenkerla Geschichte und dass der geschlenkert hat und so, das ist ja schon Standard, das braucht man hier eigentlich jetzt an der Stelle nicht noch mal erläutern. Aber dieser historische Hintergrund, also Geschichte nehmen viele in der Schule als eher was Langweiliges wahr und auch heutzutage, man ist immer erstaunt, was die Leute alles nicht wissen über die Geschichte, gerade jetzt auch politisch aktuell, aber okay, anderes Thema. Geschichte war für mich immer was sehr Wichtiges. Ich denke, im Schlenkerla leben wir das sehr aktiv jeden Tag, und wir wollen die Leute eigentlich so ein bisschen auf eine Zeitreise mitnehmen. Da spielt ja auch das Ambiente von der Brauerei-Gaststätte so eine Rolle. Das ist ja auch alles so, wie es vor Jahrhunderten war und unverändert. Witzigerweise habe ich vor einigen Jahren im Internet ein Zitat gefunden, das stammt wohl ursprünglich aus Frankreich, wurde dann eben mehrfach übersetzt. Auch andere verwenden das Zitat natürlich. Es heißt: „Tradition bewahren heißt nicht, die Asche aufzuheben, sondern das Feuer am Brennen zu halten.“. Und ist natürlich bildlich gemeint, aber beim Schlenkerla stimmt‘s tatsächlich auch wortwörtlich. Also wir halten das Feuer unter der Darre am Brennen als einer von nur noch zwei auf der ganzen Welt. Und da bin ich einfach wirklich stolz auf meine Vorfahren, auf meine Ahnen, dass die da so stur waren und das durchgehalten haben. Und hoffe einfach, dass ich da meinen Beitrag dazu leisten kann, dass das in der Form auch so weitergehen wird. Und ich bin ja auch in gewissen Punkten so ein bisschen stur, was Holzfässer und eben die traditionelle Herstellung angeht. Und insofern, gelebte Geschichte. Und ich hoffe, dass die Menschen das auch wahrnehmen und erkennen, wenn sie ein Schlenkerla in der Hand haben und trinken oder wenn sie zu uns in die Brauerei-Gaststätte kommen.

Markus: Jeder Schluck Schlenkerla ist eben so eine kleine Zeitreise. Und das ist eben, wie der Holger auch schon gesagt hat, für jede Verkostung eine totale Bereicherung, weil man einfach so viel erzählen kann und so viel auch zeigen kann, was Geschichte und Bier gemeinsam haben. Vielleicht an der Stelle ein kurzer Werbeblock, mache ich ja sonst nie. Aber es gibt ein Buch „Biergeschichte und Genuss“, da kann man viel nachlesen rund um dieses ganze Thema Bier und Kulturgeschichte. Also lieber Matthias, vielen, vielen Dank für deine Zeit, die wir jetzt sehr ausführlich in Anspruch genommen haben, und natürlich auch für deine Biere. Und alles Gute, dass es jetzt auch gut läuft mit dem Wiederstart oder Neustart in der Corona-Zeit. Und dir noch einen wunderschönen Tag und viel Spaß noch mit den restlichen Schlücken deiner Biere, die wir jetzt geöffnet haben.

Matthias Trum: Vielen Dank! Genießt die restlichen Schlücke und irgendwann sehen wir uns mal wieder.

Holger: Auch von meiner Seite aus, vielen Dank, Matthias. Schönen Tag noch. Mach‘s gut! Tschüss!

Matthias Trum: Tschüss!

Markus: Ciao!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

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