In dieser festlichen Weihnachtsfolge von BierTalk entführen wir euch auf eine faszinierende Reise nach Südafrika, wo Wolfgang Ködel, ein echter Franke, seit über zwei Jahrzehnten mit Leidenschaft Braumeister ist. Markus spricht mit Wolfgang über seine außergewöhnliche Karriere – von der Brauerlehre in Bayreuth über internationale Stationen in China und Südostasien bis hin zur Gründung der Cape Brewing Company inmitten der malerischen südafrikanischen Winelands. Taucht ein in Geschichten über bayerisches Bier in exotischen Kulturen, die Herausforderungen des Brauens in Südafrika und die besondere Verbindung von Tradition und Innovation. Erfahrt, wie Wolfgang das erste IPA seiner Karriere in Südafrika braute, warum Weißbier dort als echte Offenbarung gilt und wie Weihnachten bei sommerlichen 38 Grad gefeiert wird. Eine Folge voller Bierleidenschaft, Abenteuer und weihnachtlicher Wärme – perfekt für die Feiertage! Jetzt reinhören und mit uns Südafrikas Bierkultur entdecken…
Kommt in unsere Facebook-Gruppe und diskutiert mit: https://www.facebook.com/groups/bierakademie
Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750
Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS
Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute machen wir eine weite und interessante Reise so ein bisschen auf die andere Seite der Welt, also wir reisen nach Südafrika zum Wolfgang Ködel, eigentlich ein Franke, ein Landsmann sozusagen, der aber seit vielen Jahren dort tätig ist. Kennengelernt habe ich ihn, als ich beim African Beer Cup war zum Judging und wir dann einen Ausflug ins Weinland gemacht haben und dann sind wir eben rausgefahren aus Kapstadt und es wurde immer schöner und ganz viele Plantagen rechts und links und ganz viel Wein und dann fährt man so einen Hügel hinauf und plötzlich steht da eine Brauerei und dann gehen wir rein und in der Brauerei steht der Wolfgang. Und das war natürlich total spannend für mich. Und, Wolfgang, toll, dass du dir die Zeit genommen hast, dass wir miteinander reden können und vielleicht sagst du noch ein paar kurze Worte zu dir.
Wolfgang: Ja, hallo Markus, erst mal vielen Dank, dass ich bei dir sein darf, liebe Grüße an alle Mithörer. Ich bin also Bayreuther, bin 1965 geboren, also 65. Baujahr und verweile seit 12 Jahren in Südafrika.
Markus: Ja, spannend, also wirklich interessant, wie man so ans andere Ende der Welt eben gelangen kann. Und warum ich da so ein bisschen drauf rumreite ist, glaube ich, weil das vielen Leuten nicht so bewusst ist, wie groß dieser Kontinent eigentlich ist. Also man fliegt genauso lang nach Südafrika, wie man zum Beispiel nach Los Angeles fliegt oder so. Also das ist eine riesen Strecke, die man da bewältigt, bis man da ist, man fliegt eben über dieses ganze Land, über die Wüste, über die Steppen und kommt dann eben unten am Kap raus. Und Gott sei Dank ist keine Zeitverschiebung, aber es ist eine Jahreszeitverschiebung, denn die Aufnahme machen wir jetzt gerade im Hochsommer, wir sind hier in Bamberg im Juli, Ende Juli und bei euch ist ja Winter. Ausstrahlung, es ist unser Weihnachts-Podcast, also dementsprechend passt das ja immerhin, aber das finde ich schon auch sehr spannend. Aber bevor wir da noch näher einsteigen, vielleicht erst ein bisschen zu dir. Mal so ganz banal gefragt, wie kamst du denn überhaupt zum Thema Bier?
Wolfgang: Ja, also ich komme also aus einer ganz bodenständigen Familie, mein Papa war Schreiner oder gelernter Schreiner, meine Mama war Hausfrau. Und nach der Schule wollte ich eigentlich Chemie studieren, aber Gott sei Dank war mein Vater also ein ganz großer Bierliebhaber und fand heraus, wenn du in der Brauerei arbeitest, du natürlich jeden Monat einen Haustrunk kriegst, bei uns waren das, glaube ich, zu dem Zeitpunkt 120 Liter, und da war eigentlich mein Weg geebnet, dass der Sohn eine Brauerlehre macht. So kam ich zum Bier, aufgrund des Haustrunks.
Markus: Aber das heißt, dein Vater war dann auch schon in der Brauerei?
Wolfgang: Nee, mein Vater hatte seine Augen eigentlich nur mehr auf den Haustrunk gerichtet und hat gesagt: „Wolfgang, du machst eine Lehre in der Brauerei“ und hat mich dann auch überzeugt. Und Gott sei Dank hat er mich auf diesen Weg geleitet, aber er hatte außer Bier trinken nichts groß anderes mit Bier zu tun, er hat also nie in einer Brauerei gearbeitet.
Markus: Also das nenne ich mal einen sehr pragmatisch fränkischen Ansatz. Darf ich fragen, in welchem Ort du geboren bist in Franken?
Wolfgang: Ich bin Bayreuther.
Markus: Ach so, also richtig aus der Stadt. Und das heißt, du bist dann auch in Bayreuth in einer Brauerei in die Lehre gegangen?
Wolfgang: Meine Lehrzeit war in der Bayreuther Bierbrauerei und Brauerei Gebr. Maisel zu dem Zeitpunkt. Und, ja, war eine tolle Lehre, ich habe eine Lehrzeitverkürzung gekriegt nach 2 1/2 Jahren und ging dann mehr oder weniger auf die Walz danach.
Markus: Das waren ja dann die 80er-Jahre wahrscheinlich, da war bei Maisel ja das Weißbier wahrscheinlich schon das große Thema. Und das hat dir dann auch richtig Spaß gemacht, also war ja nicht so der fränkische Bierstil eigentlich?
Wolfgang: Meinem Papa hätte ich also wirklich kein Weißbier servieren dürfen, der war wirklich mehr Lager- und Pilsner-Trinker. Aber das war diese Zeit mit Dampfbier, ich werde es nie vergessen, wie wir in der Lehre noch mit einem Hefelöffel Hefe von den offenen Gärbottichen abgeschöpft haben für die nächsten Sude, also war eine tolle Zeit. Und über verschiedene Biertypen hat man dann eigentlich erst richtig später gelernt.
Markus: Wenn du Dampfbier sagst …
Wolfgang: Maisel war zu dem Zeitpunkt nicht nur für sein Hefeweizen bekannt, sondern auch für sein Dampfbier. War eine der wenigen Brauereien, die noch Dampfbier gebraut haben zu dem Zeitpunkt und war auch sehr bekannt für sein Diätbier, ein Edelhopfen.
Markus: Genau und Dampfbier war dann ein obergäriges Bier, was aber trotzdem ein Gerstenmalzbier oder wie war das so von der Zusammensetzung her?
Wolfgang: Ich kann dir das genaue Rezept natürlich nicht konkret erläutern, aber es war ein obergäriges Bier, hohe Gärtemperaturen, sehr hohe Drücke gefahren in den Warmtanks mit diesem Dampfbier. Und eine bernsteingoldene Farbe, ein komplexes Bier, ein ganz tolles Bier, habe ich sogar mal hier bei CBC dann später mal nachgebraut.
Markus: Spannend, also dem müssen wir uns auch gleich ein bisschen nähern. Also du hast gesagt, du warst dann fertig bei Maisel, bist dann auf die Walz. Und war das dann schon ein Weg in Richtung Ausland oder wo warst du da erst mal unterwegs?
Wolfgang: Nee, ich habe noch 15 Monate Wehrdienst gemacht in Bayreuth, erstes Panzer-Artillerie-Bataillon und wollte dann in Weihenstephan studieren und bin dann steckengeblieben im Hofbräuhaus Freising erst mal als Brauer im Gärkeller und hatte da sehr viel Spaß. Habe dann Propädeutikum geschrieben, also Vordiplom geschrieben und bekam dann ein Angebot von der Moy Brauerei in Haag Oberbayern. Und das war dann erst mal so eine kurze Pause des Weihenstephans-Studium und war dort für 3 Jahre Betriebskontrolleur und Laborleiter. Und wollte dann natürlich fertigmachen, wollte meinen Meister machen und endete dann in Doemens Fachakademie in Gräfelfing und habe dort meinen zweijährigen Produktionsleiter für Brauwesen und Getränketechnik fertiggemacht und auch so nebenbei noch Handwerksmeister gemacht.
Markus: Uih, also wirklich eine Menge Ausbildung, eine sehr vertiefte Ausbildung mit vielen, vielen Stationen. Und dann, wie ging es dann weiter, dann in die große Welt oder auch erst mal nach München oder wie, was hast du dann gemacht?
Wolfgang: Ja, ich fand während des Studiums, das Malz immer so ein vernachlässigtes Thema war. Und ich dachte mir, ich gehe erst mal in eine Malzfabrik und lerne ein bisschen mehr über die Malzproduktion und die tiefen Hintergründe, wie Malz produziert wird, außer den Basics und bin dann nach Schweinfurt in die Malzfabrik Schubert und war dort 2 Jahre Laborleiter und stellvertretender Betriebsleiter. War ein riesen Spaß. Also Malz ist immer ein bisschen vernachlässigt, ja, man kennt seine Malzanalysen, aber der Hintergrund war eigentlich mehr komplex als ich mir vorgestellt habe. Und nach 2 Jahren bekam ich dann ein Angebot und ging zu Paulaner Brauhaus Consult, wo dann meine große Reise begann.
Markus: Ja, da bin ich auch gleich gespannt. Nur vielleicht noch eine Sache zum Thema Malz, ich glaube, das ist auch vielen gar nicht so bewusst, dass eben bei uns zumindest jeder Braumeister auch ein Malzmeister ist und man praktisch immer beides lernt und beides auch kann. Und Malz ja letzten Endes wirklich die Grundlage für das ganze Thema Bier am Ende des Tages auch legt und man ganz viel damit eben machen kann. Ja, aber zurück, Paulaner, das klingt jetzt erst mal nach München, aber jetzt hast du schon gesagt, international Consulting. Also wie lief das dann, haben die gesagt, wir hätten da ein paar interessante Stationen für dich, mach mal oder wie läuft das so?
Wolfgang: Ja, ich wollte immer ins Ausland, schon als kleiner Junge habe ich gesagt: „Ich gehe mal ins Ausland“ und habe auch viele Bücher gelesen, ganz klar. Ich bekam das Angebot, eine Gasthausbrauerei, 15 Hektoliter, in Shanghai zu eröffnen und habe das angenommen. Weil es natürlich für jemanden, der nie recht groß rauskam, schon eine große Herausforderung war. Aber es lief alles super und war eine große Eröffnung, 500 Sitzplätze mit Nürnberger Bratwürsten und Schweinshaxen und die Shanghainesen liebten das Bier. Und dann ging also so die Reise weiter mit Paulaner dann nach Peking, dann Singapur Brauhaus eröffnet, zwischendurch Manila und Bangkok, wo wir Brauhäuser hatten. Und dann habe ich meine Verlobte kennengelernt in Shanghai und wollte in Deutschland heiraten und dann war ich für 2 Jahre im Bräuhaus am Waldschlösschen in Dresden. War übrigens eine phänomenale Zeit war, wir beide lieben Dresden. Und von da bekam ich das Angebot, ein Brauhaus in Südafrika, in Kapstadt an der Waterfront zu eröffnen. Und da kam eigentlich so wirklich mein Traum in Erfüllung. Südafrika war immer etwas, was ich unbedingt sehen wollte und habe auch als Kind schon viele Bücher über Haie gelesen und als kleiner Junge habe ich immer gesagt: „Du, ich werde mal so ein Kapitän auf so einem Haifischboot in Durban.“ Und wie gesagt, am Ende bin ich hier geendet und jetzt seit 23 Jahren hier in Südafrika.
Markus: Schon mal unheimlich faszinierend, dass so zu hören. Und du bist ja nicht wirklich geendet, sondern du bist jetzt einfach da und das ist ja auch richtig gut, da kommen wir auch gleich dazu. Vielleicht trotzdem noch mal deine Reise so durch ganz Südostasien, ist stelle mir das schon so ein bisschen als Kulturschock vor, also gerade damals. Das heißt ja, das war dann Ende der 90er-, Anfang der 2000-Jahre, da war ich zum Beispiel auch mal in China und es war ja noch eine Zeit, wo da wirklich eigentlich niemand Englisch gesprochen hat, wo man im Restaurant im Grunde gemalt hat, was essen will, um den Leuten irgendwie verständlich zu machen, was man eigentlich möchte und ist wirklich eine völlig andere Welt. Also wie war das denn für dich, war das einfach, sich da einzugewöhnen und wie kommt man da mit Mitarbeitern, mit Kollegen zurecht, wenn die aus dem Land sind? Stelle ich mir wirklich als eine große Herausforderung vor.
Wolfgang: Natürlich war es erst mal ein Kulturschock. Aber wenn du dann in einem Umfeld arbeitest mit einem deutschen Metzger, mit einem Münchner Küchenchef, dann hast du die erste Zeit irgendwie erst mal überbrückt und vergisst irgendwo den Kulturschock, weil da haben wir dann hauptsächlich wirklich nur Deutsch geredet im Geschäft und nach und nach dann wieder Englisch. Inzwischen, würde ich sagen, dass mein Englisch wesentlich besser ist als mein Deutsch, also ich spreche immer so mit Grammatik eines Fünftklässlers, würde ich sagen. Und dann hat man sich irgendwo auch ans Chinesische, ich habe dann Mandarin ein bisschen gelernt, natürlich am Anfang phonetisch und erst mal aufgeschrieben, ni hao war dann einfach ni hau. Und so nach einem Jahr oder so ging das, du konntest überall hinkommen, du konntest dir dein Essen bestellen und vor allem dein Bier bestellen. Also es war nicht so dramatisch, wie viele das vielleicht annehmen. Und die Arbeitskräfte dort waren übrigens fantastisch. Ich hatte einen Assistent, einen Shanghainesen, der hat Bier auch geliebt, war einer wirklich der besten Assistenten, den ich jemals hatte. Also war eine tolle Zeit, da war nichts Negatives. Es war natürlich, die Bierkultur nach Shanghai zu bringen und nach China zu bringen und die Chinesen haben das Essen geliebt, die haben das Bier geliebt, man fühlte sich sehr wohl.
Markus: Ja, also ich meine, das muss ich auch sagen, das wirklich die Bereitschaft und die Offenheit gerade eben dann für Bier und für andere Speisen und in gewisser Weise auch für die andere Kultur da schon groß ist und die auch richtig Freude dran haben, dann das zu probieren und man auch mit viel Respekt behandelt wird. Also das fand ich auch immer sehr, sehr schön, muss ich sagen und hat mir auch viel Freude gemacht. Ich muss sagen, wir haben am Anfang, bevor wir dahin sind, auch so ein bisschen versucht, Chinesisch zu lernen, ich bin brachialst gescheitert. Also ich habe schon jetzt ganz, ganz großen Respekt vor dir, das ist großartig, sich in so eine Sprache dann offensichtlich so schnell einarbeiten zu können, faszinierend. Aber lass uns nach Südafrika kommen, sonst kommen wir da heute gar nicht mehr hin. Bist du dann auch über Paulaner nach Südafrika gekommen oder war das schon eine andere Company?
Wolfgang: Ja, das war ganz witzig, ich habe den CEO Stefan Berghuber kennengelernt im Brauhaus Waldschlösschen in Dresden, der kam mit einer südafrikanischen Delegation und die sprechen natürlich Englisch und Afrikaans. Und dann haben sie mich zurückgeholt in die Brauerei und ich habe nicht gewusst, dass die irgendwie affiliated sind mit Stefan Berghuber und habe denen natürlich eine Brauereiführung gegeben, habe mit denen etliche Biere getrunken, die dann noch zum Taxi gebracht. Und am nächsten Tag rief mich der Stefan Berghuber an, Gott hab ihn selig, du, danke, dass du gestern diese Führung für die Leute gemacht hast. Ich dachte zuerst, ich habe einen Silberlöffel geklaut und werde gekündigt oder so, weil du kennst ja den Stefan eigentlich nur von Zeitungen und Magazinen. Und der sagte: „Du hast gestern eine Führung für meine Leute hier aus Südafrika gegeben, die wollen jetzt eine Brauerei in Südafrika, du muss runter nach Südafrika“ und so kam das alles zustande. Also manchmal, du weißt, wie es ist, manchmal machst du eine Tür zu und eine andere öffnet sich.
Markus: Ja, das stimmt, das ist oft im Leben so, dass gerade aus solchen Situationen, dass man irgendjemand eben zufällig kennenlernt, aber eben in seinem Element auch ist und dadurch natürlich auch entsprechend begeistert und entsprechend indirekt Werbung für sich macht. Und das wird von den andern natürlich wahrgenommen und in dem Moment natürlich dann offensichtlich eine perfekte Konstellation. Okay, dann sagen die, komm nach Südafrika, mach eine Brauerei auf, stelle ich mir jetzt auch erst mal als eine harte Ansage vor. Das heißt, du setzt dich dann ins Flugzeug und machst da eine große Bestellliste, was du alles gerne hättest und dann kommt irgendwann das Schiff und lädt aus und du hast eine Brauerei oder wie stellt man sich das vor?
Wolfgang: Ja, doch, du hast es so fast komplett abgedeckt. Die Brauerei wurde dann entsprechend dem Gebäude angepasst und geschickt. Zu dem Zeitpunkt, ich glaube, das war Caspary-Anlage, war noch keine Kaspar Schulz, eine 15-Hektoliter-Anlage. Man hat sein Malz bestellt, man hat Rezepte von anderen Brauhäusern mitgenommen oder Rezepte, die man schon entwickelt hatte. Also normalerweise gab es immer Standard, ein schönes Helles, ein Hefeweizen und ein Dunkles, das waren die Standards in allen Brauhäusern. Und da ich einer der wenigen ersten Brauer war eigentlich in Südafrika, außer den großen South African Breweries, also zu dem Zeitpunkt gab es vielleicht eine Handvoll kleine andere Brauereien mit 5- bis 10-Hektoliter-Anlagen und ich war praktisch der Einäugige im Land der Blinden, weil niemand kannte wirklich Weißbier. Wir haben Weißbier eigentlich so richtig in den Markt einfließen lassen, weil die kannten nur ein Lager, Südafrika ist ein Lager- oder ein helles-Bier-consuming-Land. Und insofern konnte man dann ein bisschen mehr rumspielen und da fing ich dann auch an, andere Biere zu kreieren und mit in dieses Portfolio einzubauen.
Markus: Und dann warst du ja wahrscheinlich einer der Ersten, die im Grunde auch so jetzt, sage ich mal, den heute so gern genutzten Begriff Craft Beer da unten gelebt haben. Weil ich meine, du hast ja gerade schon erwähnt, SAB, South African Breweries, heute mehr oder weniger Teil einer der größten oder der größten Brauerei der Welt, also schon eine Hausnummer, wenn die da vor Ort ihren Markt haben, das finde ich schon erstaunlich, dass man dann kommen kann, so einfach eine Brauerei aufmacht. Wie war das denn überhaupt, ich meine, du kommst ins Land, du hast ja zu dem Zeitpunkt da wahrscheinlich noch gar nicht so viele Leute gekannt? Bist du dann zu den anderen Brauern erst mal hin, lernt man sich da kennen, ergibt sich da eine Community? Und vom Standort her, ihr ward ja jetzt, als ich euch besucht habe, ward ihr ja da mitten im Weinland, ward ihr damals auch schon da, war das eine bewusste Idee, also wenn du uns da so ein bisschen reinführst?
Wolfgang: Der Anfang hier in Südafrika war mit Paulaner und wir hatten dieses Brauerei-Restaurant, BAB-Konzept mit fast 500 Sitzplätzen, also wirklich deutschem Essen. Und wie gesagt, recht viele andere Brauer gab es nicht, ich war, wie gesagt, der Einäugige im Land der Blinden und ich kannte dann nach ein paar Jahren 3 andere Brauer. Da gab es auch dieses ganze Heimbrauenkonzept noch gar nicht, also deshalb habe ich wahrscheinlich den Titel Vater des Craft-Bieres in Südafrika. Nicht, weil ich der älteste Brauer bin, sondern weil ich einfach der Erste war, der andere Sachen mit einfließen hat lassen und Leute versucht hat, kulturell mehr über Bier zu lernen. Also wenn du es heute anschaust mit fast über 200 kleinen Brauereien, also viele Brauer gingen bei mir schon in die Lehre oder gingen irgendwann Mal durch meine Hände und bekamen advise, weil da sind wir dann wieder enger zusammen. Aber ganz am Anfang, du hattes eine deutsche Community, die hatten natürlich auf sowas nur gewartet, also Paulaner war ein Treffpunkt. Also der Generalkonsul sagte immer: „Also Paulaner ist unsere Außenstelle“, weil sich da alle Deutschen getroffen haben. Wir hatten da so etliche Stammtische, jeder kannte jeden und dadurch hattest du natürlich so ein Z-Faktor, würde ich einfach mal sagen.
Markus: Ja und das Bier und das Essen war ja dann wahrscheinlich auch einfach Aushängeschild und eben so ein bisschen auch Botschafter von der deutschen Kultur, indirekt sozusagen. Und das ist ja auch schon so überall in der Welt, dass viele Leute eben gerade mit Deutschland / und dann auch mit Bayern das Thema Bier einfach sehr viel in Verbindung bringen und da auch einen Respekt davor haben. Und wenn sie dann eben ein richtig gutes echtes Weißbier oder auch ein schönes Dunkles oder Helles bekommen, das ist dann für viele echt eine Offenbarung, weil das halt schon was ganz was anderes ist als die international Lagers, die man dann normalerweise so bekommt. Wobei, eben vor 23 Jahren, da war ja diese ganze Szene noch sehr in der Entwicklung. Das heißt also, du hast dann erst mal, sagen wir mal, die Experts gehabt, also die Deutschen sozusagen und so ein bisschen das drum rum, aber dann nach und nach auch viele Südafrikaner und die haben dann bei dir auch ein bisschen Brauen gelernt und dann haben sich so eben Leute auch mit dem Thema Bier weiterentwickelt und jetzt gibt es ja viele Brauereien in Südafrika. Wenn wir da vielleicht ein kleines bisschen vorspulen, also wie lange war dann diese Paulaner-Zeit und wann hast du dann gesagt, okay, jetzt mache ich dann noch mal diesen Schritt zu diesem eigenen Projekt, wo du jetzt bist?
Wolfgang: Ja, es war ein bisschen anders. Unglücklicherweise verstarb Stefan Berghuber und alle Investitionen in Südafrika wurden also verkauft, unter anderen Paulaner und ich musste also den Laden zumachen. Und komischerweise, einen Tag, nachdem ich wirklich die Türe abschloss, das letzte Bier aus dem Kanal laufen habe lassen, rief mich so ein Schwede an und sagte: „Also du kennst mich nicht, aber ich trinke dein Bier seit 10 Jahren. Willst du für mich eine Brauerei in den Winelands eröffnen?“ Und da sage ich: „Wo bist du?“ Ja, ich bin in Schweden. Sage ich: „Ja, ich bin in Kapstadt.“ Macht nichts, ich komme. Und der flog also am selben Tag noch runter, am nächsten Tag haben wir uns in Kapstadt getroffen. Und sein Name ist Henrik Dunge, er ist der Besitzer der drittgrößten Privatbrauerei in Schweden, der Südafrika liebt und also jedes Jahr mehrmals nach Südafrika kommt, und der hat mir ein Angebot gemacht. wo ich einfach nicht nein sagen konnte. Und war eigentlich ganz witzig, der flog mit seinem ganzen Team runter und dann haben wir da ein paar Bier getrunken und am Ende sagt er: „Und, was meinst du?“ Und dann sage ich: „Naja, zahlst du jetzt eigentlich auch das Bier, das wir getrunken haben?“ Und da sagt er: „Selbstverständlich“ und da haben wir die Hand geschüttelt und das war der Beginn von Cape Brewing Company oder CBC, er hatte also seinen Braumeister gefunden.
Markus: Und dann ging dieses Spiel wieder los, dass du eine Wunschliste gemacht hast und ein Schiff gekommen ist und eine Brauerei ausgeladen hat oder wie muss man sich das vorstellen?
Wolfgang: Ja, natürlich war ich da nicht alleine involviert, das ist immer eine Teamarbeit und unser Partner für die Brauerei war Kaspar Schulz. Also man muss sagen, Åbro ist eine der modernsten Brauereien in Europa und die machen also, wenn sie was machen, machen sie es richtig. Also es war eine 30-Hektoliter brandneue Brauhausanlage mit erst 12 Tanks und dann noch mal 12 und dann noch mal 6. Also es ist eine Brauerei, die auf circa 50.000 Hektoliter ausgelegt ist, also wirklich State of Art, eine ganz tolle Anlage.
Markus: Ja, wir sind ja auch gemeinsam durchgelaufen und das fand ich auch unglaublich beeindruckend, weil man das ja jetzt, muss ich jetzt ehrlich sagen, auch nicht auf den ersten Blick erwartet, dass man, wenn man eben in Südafrika irgendwo ins Weingebiet fährt und dann in so eine Finka-ähnliche Anlage kommt und dann geht die Tür auf und plötzlich steht man in einer topmodernen Brauerei in einer akribisch sauberen Brauerei mit 1.000en von Rohren und Sachen und so Zeug, also wie man das im Grunde von hier eben auch kennt, aber eben nur aus den wir sehr, sehr modernen und sehr, ja, mit Bedacht arbeitenden Brauereien. Und dann, was mir auch gleich aufgefallen ist, daran habe ich auch sofort den Kaspar Schulz erkannt, da war ja so ein Scho-Ko oder er hat so einen Scho-Ko, so einen Schonkocher. Das heißt, es geht auch viel um Effizienz und letzten Endes den Fußabdruck, den CO2-Fußabdruck, denke ich mal, so ein bisschen, also in jeder Hinsicht eine sehr moderne Brauanlage. Und das hat mich echt beeindruckt also und da gehört ja auch was dazu, bei einer Erstinvestition gleich so ein Ding dahin zustellen. Ja, aber du fandest es bestimmt cool, oder? Ist es so, als wenn man als Chauffeur eingestellt wird und kriegt gleich einen Rolls Royce als Fahrzeug?
Wolfgang: Ja, so ungefähr. Aber ich muss auch ehrlich zugeben, ohne Kaspar Schulz, ohne die Braumeister von Kaspar Schulz und meine Techniker, die ich mit vor Ort hatte, die ganzen Schweißer, die haben natürlich die Brauerei so ausgelegt, wie sie auch funktionieren soll. Also ich alleine hätte das auch nicht machen können. Es war wirklich ein Teamwork mit einem Partner, der hinter uns stand, der hat also nie irgendwelche Steine in den Weg gelegt, was wir brauen durften, wir durften alle Biere also selbst konzipieren. Das heißt, da fing dann eigentlich, und das war vor 12 Jahren, da fing dann wirklich so der Trend an zu Craft Beer. Ich habe das erste IPA in meiner 30-jährigen Braukarriere bei CBC gebraut und das war ein Imperial IPA. Und das haben wir dann gleich zu Meininger eingeschickt und haben sogar eine Platinum-Medaille gewonnen. Und da wurden wir dann ein bisschen frecher und haben gesagt: „Komm, jetzt, der Markt ist hungrig nach Pale brauen und Golden Ales und zwischendurch mal ein schönes Festbier oder so ein fränkisches Landbier“ und das kam gut an. Man darf nicht vergessen, dass kulturell Deutschland überall in der Welt, egal ob in China, Singapur, Manila, Bangkok oder Südafrika immer die Reputation hatte, das beste Bier zu brauen. So und viele vergessen das immer und vergessen irgendwo die Geschichte, wir haben wirklich eine Geschichte, die sich sehr viel um Bier dreht. Du weißt es selber, als Kinder, wenn du mal eine Grippe hattest, da hast du ein Glas warmes Bier bekommen, da gab es kein Antibiotika oder so. Bier hat immer eine wichtige Rolle bei uns gespielt, aber auch im Ausland. Und gerade mit den weißen Südafrikanern, man darf nicht vergessen, Hintergrund ist deutsch und holländisch, so Nationen von Biertrinkern.
Markus: Ja, das kann ich mir echt gut vorstellen, dass du dann für die praktisch so eine Pilgerstätte praktisch erfüllt hast, wo die dann eben hingehen konnten und endlich wieder ein vernünftiges vielfältiges Bier trinken konnten. Wie hat sich das denn dann so weiterentwickelt? Also da warst du ja trotzdem vor 12 Jahren dann wahrscheinlich eine der wenigen Brauereien in Südafrika, seitdem ist ja, zumindest bis zur Pandemie, einiges passiert, du hast ja selber gesagt, es haben dann viele so ein bisschen bei dir auch gelernt oder sich zumindest Rat geholt. Wenn du das so ein bisschen vielleicht Revue passieren lässt, wie hat sich denn so dieser Brauereimarkt so in Südafrika entwickelt in dieser Zeit von damals bis jetzt?
Wolfgang: Es war ein ungemeiner Boom, wir waren weit über 200 Kleinbrauereien, Brew-Pubs und der Trend war da, aber leider war da keine Dachorganisation, die ein bisschen über die Qualität geschaut hat. Jeder dachte dann, okay, Bier brauen, da werden wir schnell Millionäre, aber viele wussten halt nicht, dass eine Brauerei ganz sicher kein 100-Meter-Sprint ist und dann ein Marathonlauf und trockneten dann früher oder später aus. Was den ganzen Craft-Beer-Move-Mans natürlich in Südafrika dann einen Dolchstoß versetzt hat, war einfach Covid mit den ganzen Lockdowns. Und so langsam, wir alleine als Brauerei haben über 50 % unserer Gastronomie verloren. Wir hatten über 800 Gastronomien mit unserem Bier am Hahn und nach dem Lockdowns, muss man vielleicht erklären, wir durften wir 11 Monate kein Bier verkaufen in Südafrika. Ihr hattet ja zumindest in Deutschland noch Bier, hier war absolutes Alkoholverbot. Und ich war der Vorstand vom Brauerbund der Craft-Brauereien, der kleinen Brauereien in Südafrika, das heißt, ich konnte schon mal gleich gar kein Bier verkaufen. Die ganz Kleinen, glaube ich, haben schon immer mal so ein paar Kästen durchgeschmuggelt, aber alle haben da sehr damit zu schaffen gehabt und viele haben es einfach nicht geschafft. Also nach Covid waren wir gerade mal 100 Brauereien, die noch existieren, war natürlich fatal.
Markus: Und jetzt geht es wieder ein bisschen aufwärts, kann man das so sagen?
Wolfgang: Ja, ich würde sagen, es geht aufwärts. Man darf nicht vergessen, wir sind Kleinbrauereien, wir sind alle weit unter 5.000 Hektoliter. Und die Größeren wie wir, und da gibt es auch nur eine Handvoll, die vielleicht bei 150.000 Hektoliter sind, also so kleiner Mittelstand würde man sagen, wir kämpfen gegen die zweitgrößten Brauereien der Welt und mit einem Marketingbudget, von dem man nur träumen kann. Also für uns kleine Brauer ist es äußerst schwer zu überleben und es wird ein mühseliger Weg, irgendwann mal einen Return der Investition zu erarbeiten. Aber glücklicherweise, wenn dein Hauptinvestor eine eigene Brauerei seit 5 Generationen hat, der weiß, wie lange es auch dauert, bis man eben genau das erreicht. Aber wir sind gesund, sagen wir mal so. Und viele andere, die sich spezialisiert haben, was sehr gut läuft, sind einfach kleine Gasthausbrauereien mit Gastronomie, da hast du eine Überlebenschance, weil die großen Märkte nur einen gewissen Anteil von Bieren listen werden. Das heißt, die haben Anheuser-Busch, Black SAB Miller oder Heineken und dann natürlich auch Biere von uns. Ich könnte 20, 30 verschiedene Biere produzieren und hätte auch die Kapazität, aber ich kann sie nicht verkaufen.
Markus: Das ist natürlich ein krasser Kampf, den man da führen muss. Was ich auf jeden Fall sagen muss, ich habe ja dann noch viele andere Brauereien auch besucht, solange ich unten war und überall ist mir auf jeden Fall unheimlich aufgefallen, wie viel Leidenschaft die haben und wie viel Kreativität und wie viel Lebensfreude. Und das sind irgendwie so Punkte, wo man einfach merkt, also zumindest die, die ich besucht habe, wie dann wirklich also auf der einen Seite viel experimentiert wird, viele spannende kreative Ideen dann eben auch umgesetzt werden und man wirklich da immer mit einem eben positiven Gedanken darangeht und es auch Unterstützer gibt und so. Und ich glaube, da wirklich vieles von den Idealen, die man sich so früher immer gedacht hat, was so Craft Beer ausmacht, war ja viel Romantik auch mit dabei, ich habe den Eindruck, dass das vieles in Südafrika tatsächlich Realität ist, zumindest, wie gesagt, bei denen, die ich besucht habe. Würdest du denn überhaupt sagen, ist ein Unterschied vom Brauen oder von der Herangehensweise zwischen Südafrika und Deutschland?
Wolfgang: Wenn man unsere Brauergilde hier anschaut und die fängt natürlich bei den Heimbrauern an, wir haben also etliche Heimbrauerclubs, die wir größeren Brauer natürlich immer unterstützen,. Rohstoffe, ich habe das Glück, dass ich mein Malz direkt von Weyermann in Bamberg kriege, ich hole meinen Hopfen aus der Hallertau, aus Spalt und aus Tettnang. Wir haben hier lokale Produktionen von Malz über South African Breweries, das geht zurück zur Apartheit, weil natürlich Südafrika boykottiert wurde. Das heißt, sie mussten selber ihr Malz irgendwo versuchen zu produzieren und haben hier nur 80 Kilometer von Kapstadt eine große Malzfabrik und 400 Kilometer von Kapstadt ist das größte Hopfenanbaugebiet in Südafrika. Es ist einfach ein bisschen schwieriger, du musst mehr planen, du holst dein Malz immer über den Atlantik rein und deinen Hopfen auch, in Kühlcontainern. Das heißt, du musst entsprechend mehr Hopfen und Malz lagern, falls das mal nicht klappt mit den Containern, was relativ oft passiert. Der fährt dann einfach weiter nach Durban oder nach Port Elizabeth und lädt gar nicht hier in Kapstadt ab. Aber ist es schwieriger als irgendwo anders, brauen wir anders als deutsche Brauer und deutsche Heimbrauer und deutsche Craft-Brauer so oder Spezialitätenbierbrauer, in keinster Weise. Ich glaube, was du gesehen hast hier in Südafrika, ich glaube, da ist eine Passion für Bier, das ist nicht zu verleugnen. Und du weißt ganz genau, wenn du etwas machst, was du liebst, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass du erfolgreich damit bist. Und ich bin sehr stolz auf die Biere, die in Südafrika produziert werden, wir können ohne Weiteres konkurrieren mit anderen Bierproduzenten in anderen Ländern, also die Qualität der Biere ist, würde ich sagen, doch sehr hoch.
Markus: Dem kann ich nur zu 100 Prozent zustimmen, also egal wo ich war. Also bei dir sowieso, das fand ich ganz toll, weil das war tatsächlich was Unerwartetes, dass man wirklich auch die klassischen deutschen Bierstile in so einer schönen reinen Form bekommt, das war richtig schön, auch das Weißbier richtig fruchtig, richtig vollmundig, so wie man sich das eben wünscht. Und in der Tat, ein gutes Weizen außerhalb von Deutschland, selbst außerhalb von Bayern zu bekommen, ist echt schwer und dementsprechend, also das ha mir schon höchsten Respekt abgenötigt. Aber auch die anderen, wo ich war, ganz, ganz tolle IPAs, Pale Ales, auch viele eben so Biere mit heimischen Kräutern, mit heimischen Früchten, aber natürlich mit importierten Hopfen eben nach dem amerikanischen Stil oder so, also ganz, ganz viele tolle eindrucksvolle, sehr ausdrucksstarke Biere, also können absolut mithalten, gar keine Frage. Du hast ja gerade die beiden großen Brauereien erwähnt, also die Dickschiffe sozusagen, Heineken, AB InBev beziehungsweise SAB, wie beeinflussen die das denn? Also unterstützen die euch eher oder ist das eher eine harte Konkurrenz, also wie geht man da so miteinander um?
Wolfgang: Ja, man muss sagen, dass SABMiller nach der Übernahme von South African Breweries doch uns schon hilft. Wir reden hier nicht über den Handel, aber wir bekommen unser Malz von ihnen wesentlich günstiger wie ihn zu importieren, wir bekommen Hopfen von ihnen. Unter uns Brauern, man vergisst das immer, das ist egal, ob das ein großer Brauer ist oder ein kleiner, die kommen genauso zu mir und trinken mein Weißbier und ich besuche die. Wir haben Personalaustausch, das heißt, die besuchen uns zu Brauereiführungen, wir besuchen sie für Brauereiführungen. Es wird nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird, aber am Ende ist es doch schon schwer in so einem Land, diesen Preiskampf zu führen gegen die Großen. Da besteht dann wiederum keine Hilfe, da werden also wirklich keine Gefangenen gemacht, auf allen Seiten, also ist schon ein fairer Kampf. Du darfst auch nicht vergessen, dass du hier doch einen hohen Monopolismus hast, wenn es zum Beispiel um Flaschen geht. Unsere Flasche, die wir kaufen von dem einzigen Glaslieferanten in Südafrika, da zahlen wir mit Sicherheit 1,50 Rand oder 2,00 Rand pro Flasche mehr wie die großen. Und die Großen würden das jetzt nicht durchboxen, dass wir den gleichen Preis zahlen, weil dann könnten wir natürlich besser mit ihnen konkurrieren. Aber wir haben unsere eigenen Mittel und Wege gefunden als kleine Brauer, wir helfen zusammen, wir unterstützen uns, wir kämpfen wir nicht zu sehr gegeneinander. Natürlich, wenn es um Gastronomien geht, da wird schon gekämpft, aber am Ende sind wir uns einig, wir haben ein Ziel, wir wollen unseren Markt erweitern, wir wollen unser Volumen erweitern. Und das ist eindeutig, wenn du dir Deutschland im Vergleich zu Südafrika anschaust, 99,5 % des südafrikanischen Biermarktes ist AB InBev und Heineken. Alle Kleinbrauereien, alle Kleinstbrauereien produzieren weniger wie 0,5 % des Marktes und das ist in Deutschland ein bisschen anders.
Markus: Das stimmt allerdings. Wobei man natürlich sagen muss, was jetzt diese, sage ich jetzt mal, landläufig als Craft bezeichneten Brauereien angeht, das ist in Deutschland auch unterhalb von 1 %, aber wir haben halt insgesamt mehr traditionelle Brauereien, mehr Familienbrauereien. Unter den 10 Top Brauereien sind, glaube ich, 9 immer noch in Familienhand, auch wenn sie große Konzerne mittlerweile sind, das ist schon natürlich ein großer Unterschied. Du hast ja vorhin auch erwähnt, es gibt ja in Südafrika noch diese zweite Polarisierung, dass man sagt, man hat einerseits, sage ich mal, die Bevölkerung eher weiß, die eben von den Holländern abstammt und dann hat man die schwarze Bevölkerung sozusagen, wo ja früher die Apartheit auch war mit ganz krassen Gesetzgebungen und vollkommener Trennung. Wie ist das denn beim Biermarkt und auch bei deiner Kundschaft und bei deinen Restaurants und so, also wie hat sich das denn verändert jetzt seit dem Ende der Apartheit und gibt es da Unterschiede in den Vorlieben zum Beispiel zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen?
Wolfgang: Ich würde sagen, dass eine wachsende Tendenz ist, wir nennen die schwarze Bevölkerung den Hauptmarkt oder den Main-Markt, weil sie einfach prozentual weit über der weißen Bevölkerung liegen. Es war vor vielen Jahren eindeutig nur eine Lager- oder eine Helles-trinkende Bevölkerungsgruppe und das hats ich doch jetzt tendenziell schon geändert und mehr Leute probieren neue Sachen aus, neue Biersorten. Weißbier hat sich etabliert, ohne Frage, Pale Ale hat sich etabliert, aber es wird noch einige Jahre dauern, glaube ich, bis auch wir diese Volumen erreichen, wo Leute sagen, nee, es schmeckt mir, ist mal was anderes. Es ist wirklich ein eindeutig heller Biersortenmarkt.
Markus: Und was jetzt aber die Schwarzen und die Weißen sozusagen angeht, wenn ich jetzt mal so polarisierend das sage, ich weiß gar nicht, ob das politisch korrekt ist, aber gibt es da Unterschiede zwischen den Biervorlieben und der Herangehensweise an das Thema Bier?
Wolfgang: Ja, die Vorlieben liegen eindeutig mit einem Hintergrund, wenn ich kein Bier in Towns jetzt verkaufen kann, das sind also diese Wohngebiete, wo ein Großteil der schwarzen Bevölkerung lebt, da wird ausschließlich South African-Breweries-Bier vertrieben. Also ich könnte da nicht mal reingehen und mein Bier vertreiben, also keine Chance, dass ich da irgendwo wieder rauskommen würde. Die sind schon sehr dominant gerade in diesem Markt und für uns ist es schwer, in diesen Markt einzudringen, wir haben da kaum eine Chance.
Markus: Ja, das ist ja doch interessant, also dass das Bier ja durchaus da auch kulturell eine Rolle spielt. Wenn wir noch mal zu dir zurückschauen, du hast ja gesagt, du hast als Kind schon von Afrika geträumt, hast Durban im Kopf gehabt, nun bist du da gelandet, ja, haben sich die Träume, die Wünsche, deine Vorstellungen erfüllt? Was liebst du an Südafrika, bist du jetzt ein begeisterter Südafrikaner, wie kann man sich das vorstellen?
Wolfgang: Ja, Markus, ich würde sagen, ich habe schon eine neue Heimat gefunden, so sehr ich Freunde, Familie in Deutschland vermisse. Aber wenn du dir Südafrika anschaust, man liest nur immer die Schlagzeilen über die Kriminalität und die Todesraten durch Mord und so weiter, das ist nicht so. Ich würde sagen, 99,9 % der Südafrikaner sind gottesgläubige fantastische Menschen, es macht so viel Spaß, mit ihnen zusammenzuarbeiten, es sind alle so dankbar und ich genieße das Umfeld. Du hast auch irgendwo mehr Freiheit, du hast nicht diese Bürokratie. Und wenn du nicht kontinuierlich kontrolliert wirst und in irgendwelche Richtungen geschubst wirst, die du vielleicht gar nicht magst, ist man einfach genügsamer und glücklicher. Ich finde, ich habe das Glück hier gefunden, unabhängig von der wunderschönen Natur, der Wildnis und den Platz, den du hier hast. Also wenn wir hier abends zum Essen fahren und fahren anderthalb Stunden, dann ist das wie eine kleine Spazierfahrt, weil einfach das Land so riesig ist. Ja, ich kann sagen, Südafrika ist meine Heimat.
Markus: Das ist ja ein schönes Fazit, was du dann praktisch so ein bisschen ziehen kannst, gerade, wenn man eben sagt, dass du als Kind schon davon geträumt hast, da irgendwann mal hinzukommen. Und ich glaube auch wirklich, das ist ein Punkt, der auch vielen nicht bewusst ist, weil halt bei uns in klassischen Landkartendarstellungen Afrika immer so ein bisschen geschrumpft wird wegen der Art und Weise, wie das eben in 2D dargestellt wird. Aber das Südafrika eben auch so ein so viel größeres Land zum Beispiel ist als Deutschland, wo man halt einfach wirklich gigantische Entfernungen hat und unheimliche Natur, und das durfte ich ja auch erleben, mit faszinierender Tierwelt einfach und einer großen Vielfalt und eben sehr lieben, offenen und herzlichen Menschen. Also ich muss auch sagen, mich hat das sehr begeistert, ich habe mich da sehr wohlgefühlt, sehr aufgenommen gefühlt auch, mit sehr viel auch wieder Respekt und Offenheit und Interesse und auch wirklich einem Vorschuss an Herzlichkeit einfach, egal wo man hingekommen ist und habe mich da, wie gesagt, auch echt wohlgefühlt, also kann ich allen nur empfehlen. Weil es ist ja wirklich aus Deutschland relativ einfach, sage ich jetzt mal, also abgesehen davon, dass es halt 12 Stunden dauert, aber wenn man dann mal da ist, weil man keine Zeitverschiebung hat und man wirklich da eine ganz andere Welt erleben kann und auch sogar, wenn man aus Kapstadt raus ist, auch noch mal natürlich die Natur und so weiter genießen kann. Jetzt hast du ja schon gesagt, von unserer Seite wird ja immer über die Kriminalität gesprochen und über, was es da eben auch so alles an negativen Aspekten gibt, habe ich jetzt vor Ort auch nicht so erlebt, muss ich sagen. Also man weiß natürlich, wo man vielleicht ein bisschen vorsichtig und wo nicht, aber grundsätzlich habe ich mich nie unsicher gefühlt. Wie siehst du denn jetzt so, wenn man mal an die Zukunft denkt, also einerseits, was den Biermarkt angeht, aber vielleicht auch, was dich persönlich oder auch CBC angeht oder die Gesellschaft, also wie siehst du so die Perspektive, wie entwickelt sich das Land gerade und wo siehst du dich da?
Wolfgang: Also ich werde ganz sicher Südafrika nicht verlassen und die Aussichten sind eigentlich positiver von Jahr zu Jahr. Du darfst nicht vergessen, wir hatten Wahlen, wir haben eine Partei, die Demokratische Allianz, das ist also, würde ich sagen mal, eine weiße Partei und dann hast du den African National Congress, den ANC, das ist also die größte schwarze Partei, die haben ihre Mehrheit verloren und sind zusammen jetzt mit der weißen Partei in eine Koalition gegangen, was äußerst positiv auch wirtschaftlich und für Investoren angesehen wird. Klar ist Afrika relativ korrupt, aber da, welches Übel willst du? Du hast Politiker, die sich immense Diäten zahlen, die müssen natürlich nichts von dir stehlen, weil sie so hohe Gehälter haben, aber dafür kontrollieren sie dich bis ins letzte Detail. Und hier hast du vielleicht jemanden, der nicht so viel verdient und dann vielleicht ab und an mal seine Hand in diesen Cookie-Topf reinsteckt, aber er versucht nicht, dich komplett zu kontrollieren und dein Gehirn zu vereinnahmen und dich absolut unter Kontrolle zu halten.
Markus: Ja, vielleicht noch eine Frage an der Stelle, wir reden ja oft von Afrika und jetzt eben konkret von Südafrika, aber, ich glaube, viele, viele Deutsche, vielen ist das gar nicht bewusst, wie vielfältig dieser Kontinent auch einfach ist, also wie viele verschiedene Länder, wie viele verschiedene Kulturen es da gibt. Vielleicht das noch so abschließend, hast du von Südafrika aus schon andere Länder in Afrika bereist, besucht, gibt es da vielleicht auch Geschäftsbeziehungen, wie ist das so?
Wolfgang: Ja, wir haben Geschäftsbeziehungen schon ins umliegende Afrika. Leider habe ich es in den letzten 12 Jahren nicht geschafft, aus dieser Brauerei wirklich rauszukommen und die Urlaube, die kannst du hier in Südafrika genauso gut verbringen, wir haben so viel Vielfalt, so viele Sachen zu sehen. Du weißt selber, wie du in diesen Winelands warst bei uns und ein paar Stellen bloß dir anguckst, du kannst da ohne Weiteres 3 Wochen verbringen und siehst jeden Tag wieder was neues Tolles. Werde ich irgendwann mal hier ein bisschen auf die Reise gehen, werde ich Botswana besuchen, ja, ganz sicher, aber momentan ist es nach wie vor die Arbeit, die mir am meisten Spaß macht.
Markus: Ja, dann kommen wir langsam zum Schluss, wie gesagt, das ist ja unsere Weihnachtsfolge, das heißt, also wenn es ausgestrahlt wird, dann ist bei dir und bei uns Weihnachten, aber bei dir eben vor allem Sommer. Vielleicht, wenn du uns da noch mal mitnimmst, wie verbringst du die Weihnachtstage?
Wolfgang: Ja, wir feiern genauso Weihnachten wie ihr Zuhause, nur haben wir höchst wahrscheinlich 38 Grad im Schatten. Aber gibt es bei uns eine Weihnachtsgans? Absolut. Und backen wir unsere Weihnachtsplätzchen? Ja, absolut. Brauen wir auf der kleinen Anlage ein Weihnachtsfestbier? Absolut, vielleicht nicht auf der großen, aber auf der kleinen auf alle Fälle. Wir sind nach wie vor verbunden, du kannst deine Herkunft und deine Kultur niemals vergessen, ich werde immer ein Oberfranke sein, egal wie lange ich in Südafrika lebe. Und wir leben hier natürlich auch multikulti, meine Frau, seit über 20 Jahren, ist Chinesin. Das heißt, wir sind hier absolut offen und d für sie ist Weihnachten immer etwas ganz Besonderes. Und da wir momentan sogar Schnee auf unseren Berggipfeln haben hier im Umfeld, wir sind heute gefahren und haben da oben Schnee gesehen, das ist schon verrückt, du bist mitten in Afrika oder am Gipfel von Afrika und hast trotzdem schneebedeckte Berggipfel. Also in diesem Sinne, da das ja eine Weihnachtsedition ist, dann wünsche ich allen eine frohe Weihnacht, während ihr vielleicht ein bisschen friert und wir hier schwitzen.
Markus: Genau, das wünsche ich dir natürlich auch oder wünschen wir dir alle natürlich von Herzen, also genieße die Weihnachtstage und genieße dann eben die schöne Wärme, aber vielleicht eben zwischendurch auch mal ein Plätzchen und denke ein bisschen an die Heimat, die Heimat denkt auf jeden Fall an dich. Und ich freue mich, wenn wir uns dann hoffentlich vielleicht schon nächstes Jahr wiedersehen, wenn ich wieder runterkomme. Und auf jeden Fall Danke für dein Engagement und Danke für deine tollen Biere und Danke für deine Zeit, die du hier mit uns verbracht hast.
Wolfgang: Vielen Dank, Markus und liebe Grüße an alle Mithörer und frohe Weihnacht.