BierTalk 137 – Interview mit Iris Eickert, Biersommelière & Marketingbeauftragte der Astra St. Pauli Brauerei in Hamburg

Tauche mit uns ein in die bunte und lebendige Welt der Hamburger Braukunst! In unserer neuesten BierTalk-Folge begrüßen wir Iris Eickert, die sich selbst als „Remmi-Demmi-Managerin“ der ASTRA St. Pauli Brauerei bezeichnet. Markus und Iris nehmen Dich mit auf eine spannende Reise durch die reiche Biergeschichte Hamburgs, plaudern über die einzigartige Bierkultur und probieren sich durch eine beeindruckende Auswahl an ASTRA-Bieren. Erfahre mehr über die Biernamenskreationen wie „LUDEN LAGER“ und „INKASSO IPA“ und lass dich von Iris‘ Leidenschaft für die Braukunst und ihre faszinierenden Geschichten aus St. Pauli begeistern. Prost und viel Spaß beim Zuhören…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute machen wir eine schöne Reise ans Meer, an die Küste, in den Norden, nach Hamburg. Da, wo nicht nur die Fische wohnen, sondern auch das Bier und schon sehr lange und eine Stadt mit einer großen, großen Biertradition und auch einer großen Tradition der Seefahrt und allem, was damit zusammenhängt. Und da sind wir dann irgendwie auch schon in St. Pauli und da sind wir dann auch schon bei der ASTRA Brauerei. Und da bin ich ganz glücklich, dass ich die Iris, Iris Eickert begrüßen kann. Schön dass du hier bist! Und vielleicht stellst du ganz kurz dich mal unseren Hörern selber vor.

Iris: Ja, moin, Markus, vielen Dank für die Einladung! Hast du ja schon gesagt, mein Name ist Iris, ich komme aus Hamburg, ich arbeite für die ASTRA St. Pauli Brauerei. Da muss ich dich kurz korrigieren, ist ein kleiner aber feiner Unterschied. Und ich bin Biersommelière, bin dort in der ASTRA St. Pauli Brauerei für das Marketing zuständig. Und freue mich auf ein schönes Gespräch und ein paar Bier mit dir.

Markus: Ja, wunderbar. Und vielen Dank für die Korrektur, das ist natürlich auch wichtig. Also wir haben in St. die ASTRA St. Pauli Brauerei, was ja ein echtes Kleinod mittlerweile ist, wo ich auch selber sehr, sehr gerne bin, die eben ihre Biere auch selbermacht und damit auch ein bisschen unabhängig ist von dem, was die große Astra Brauereien macht. da können wir vielleicht nachher noch ein bisschen drüber reden, aber lass uns doch vielleicht vorher dich mal ein bisschen kennenlernen. Und, du hast ja dankenswerter Weise gleich 7 Flaschen mitgeschickt, ich bin fast ein bisschen überfordert. Aber es sind wenigstens nur 0,3er, also insofern alles gut.

Iris: Ja gut, du musst auch nicht alle trinken. Also ich denke, lieber ein bisschen mehr Auswahl als zu wenig.

Markus: Ja, ach Gott, was da ist, ist da, sagt der Franke, also das könnten wir schon machen. Und vielleicht können wir am Anfang einfach mit einem ersten Bier schon mal einsteigen, dann ist das nicht so trocken. Und alle, die mitmachen wollen, können auch gleich mitmachen. Welches würdest du denn empfehlen zum Einstieg?

Iris: Also ich starte immer sehr gern mit dem LUDEN LAGER. Das ist das Rote, falls du das direkt siehst.

Markus: Ja, es steht vor mir. Also wunderschön auch, als sowieso, das ASTRA-Logo ist jetzt, glaube ich, seit, ja, ungefähr 20, 25 Jahren ist das jetzt so mit dem Herz und dem Anker, das gefällt mir ganz gut. Und auch das Etikett ist so, dass es praktisch um einen Umriss hat, wo dann auch dieser Anker noch mal schön zur Geltung kommt. Und oben drüber, über der Flasche, die klassische schöne kleine Steiniflasche, haben wir dann so einen schönen Papierstreifen, der da draufgeklebt ist und da ist dieser wunderbare Titel LUDEN LAGER. Da möchte ich auch mit dir sprechen, weil ich das so toll finde, das ihr eigentlich immer für eure Biere so tolle Namen findet, wo man schon vor dem Trinken lächeln muss, weil es einfach diesen schönen, leicht dreckigen Kiez-Anstrich hat, der aber trotzdem so richtig Lust macht, eben auf das, was drin ist. Und ich muss auch sagen, das ist auf jeden Fall für mich das Bier, was ich am allermeisten mit der St. Pauli ASTRA Brauerei verbinde, weil es mir eben vom Namen und vom Geschmack her am meisten in Erinnerung geblieben ist. Also mache ich das mal auf.

Iris: Ich auch, super.

Markus: Moment, jetzt, da ist es.

Iris: Ja, dann mal prost, oder?

Markus: Ja, prost erst mal, genau. Ich stoße mal mit dem Glase und der Flasche an, so.

Iris: Cheers!

Markus: Naja, konnte ich auch schon mal besser, aber jeder weiß, was gemeint ist. Also prost!

Iris: Also deine Introduktion hat mir schon sehr gut gefallen, es freut mich natürlich auch, dass du ein Fan vom LUDEN LAGER bist. Und du hast es schon ganz treffend formuliert, das wir halt immer so versuchen, unsere Biere auch mit so ein bisschen Reeperbahn- und Kiez-Bezug zu versehen, damit die einfach auch für alle interessant sind. Und das LUDEN LAGER hat ja schon im Namen so eine schöne Alliteration. Mir ist tatsächlich aufgefallen, das irgendwie Lude ein sehr norddeutsches Wort ist. Ich dachte immer, das wüssten alle, was Lude bedeutet, aber scheinbar ist es nicht deutschlandweit bekannt, das Lude Zuhälter heißt.

Markus: Nö, also wusste ich vorher so auch nicht, habe ich mich auch erst damit beschäftigt, als ich es dann zum ersten Mal hatte. Also ich hatte es vorher vielleicht so irgendwo in die Schaustellerecke verortet, aber nicht direkt zum Zuhälter, aber dann weiß man es.

Iris: Ja, also jedenfalls, weißt du ja auch, dass wir auf der Reeperbahn ein bisschen Zuhälterhistorie haben. hat sich natürlich mittlerweile so ein bisschen verändert, aber wir spielen natürlich gerne so mit der Historie des ganzen Ortes. Und, ja, beim LUDEN LAGER haben wir so ein Dry Hopped Lager. Ich finde das immer einen sehr schönen Einstieg, weil es halt ja jetzt nicht so richtig abgefahrenes Bier ist, aber trotzdem so ein kleines bisschen interessant. Also wir haben hier halt so, ja, ich würde sagen, so moderates Bier, was irgendwie jedem, ganz gut schmecken kann, auch Leuten, die sonst eher vielleicht ein bisschen konventionellere Biere trinken.

Markus: Ja, auf jeden Fall. Und ich finde, also es ist schon optisch was sehr Schönes, weil es so ein orange-braunen Touch hat, es leuchtet auch. Ist so ein kleines bisschen trüb, was so ein bisschen Geheimnisvoll das Ganze daherkommen lässt. Oben drauf dann so richtig schöner cremiger fester Schaum. Der steht hier immer noch wie eine eins, leicht getönt, also das ist auf jeden Fall toll. Und das mutet einem dann schon so ein bisschen in die Richtung Wiener Lager an.

Iris: ja, stimmt, du hast Recht.

Markus: Und ich finde, wenn man dann so reinriecht, finde ich, kommt mir so ein Eindruck auch ein bisschen. Also so ein bisschen rote Beeren, viel Karamell, ein bisschen was Nussiges. Und dazu dann die schönen Hopfennoten, also noch nicht übertrieben, schön dezent, aber auch da, ein bisschen das Fruchtige, ein bisschen Zitrusaromatik, noch ein bisschen was Tropisches dazu und alles drum rum, ja, also eben ein bisschen was Besonderes. Und durch diese für mich eher so Wiener-Lager-Charakteristik eben auch noch mal, wo auch eine gewisse Süße da ist, ein bisschen Körper da ist, nicht ganz so, wie jetzt ein Helles, dass dann irgendwie dann auch ein bisschen blass ist. da passt für mich das auch besser zum Kiez, finde ich, so ein bisschen. Aber hat das so eine Geschichte, also ist das irgendwie entstanden oder hat der Braumeister irgendwann einfach gesagt, ich mache das jetzt, oder?

Iris: Das war tatsächlich eins der ersten Biere, was wir hatten. Also uns gibt es ja erst seit Ende 2018, also noch gar nicht so lange. Und als wir da gestartet sind, gab es dann so ein Erstportfolio an Bieren, das sind 6 verschiedene gewesen und die Meisten davon gibt es heute auch noch. Und das LUDEN LAGER war halt eins der ersten, die wir da direkt am Start hatten.

Markus: Ja und können wir also jedem empfehlen, der vorbeikommt und sich da in der Brauerei reinsetzt, am besten auch mit sowas zu starten. Aber wir wollten ja eigentlich mit dir anfangen. Also wie kamst du überhaupt zum Thema Bier und wann hast du dann dich in diese ASTRA-Ecke wohlgefunden?

Iris: Boah, also ich habe schon eigentlich immer gerne Bier getrunken oder zumindest dachte ich immer, das ich gerne Bier getrunken hätte. Und dann hat irgendwann mein Partner, ich glaube, das war so 2011 oder 2010, hat er so ein gemischtes Bierpaket geschenkt bekommen aus einem Laden, den du bestimmt auch noch kennst, nämlich das Bierland in Hamburg, was Esther damals betrieben hat.

Markus: Genau, ja.

Iris: Ja, also er hat das Paket geschenkt bekommen, aber das hat er natürlich nicht alleine getrunken. Und dann haben wir an einem Abend so peu a peu dann so diese Flaschen halt nacheinander aufgerissen. Und da ist mir dann aufgefallen bei dieser Vielfalt, dass ich überhaupt nichts über Bier wusste. Also ich war so richtig schockiert, was es alles an unterschiedlichen Bieren gab, von denen ich vorher noch nie gehört hatte und was es da so für Geschmackserlebnisse gab. Und das hat mich gestört, deswegen habe ich mich dann ins Studium geworfen, in die Praxis vor allem und habe dann so alles Mögliche an Bieren eingekauft. Besonders doll, aus heutiger Sicht, finde ich, das in dem Bierpaket unter anderem, ich glaube, das XPA IPA von Schoppe drin war. Und ich weiß noch genau, wie wir dieses Bier geöffnet haben und es eingegossen haben und es roch irgendwie so anders, ja, wie die Biere, die ich sonst getrunken habe. Und dann habe ich so dran gerochen und dann meinte ich so zu meinem Partner so, Simon, also das Bier, das ist schlecht. Ich weiß nicht, was damit los ist, aber das riecht so eigenartig, das können wir nicht trinken. Und dann haben wir dieses Schoppe IPA in den Ausguss gekippt so. Und, ja, also wenn ich da so heute drüber nachdenke, dann war das natürlich schon so ein bisschen ketzerisch, aber wir wussten es nicht besser. Und deswegen bin ich auch froh, dass ich danach sehr viel Energie darauf verschwendet habe, so im Supermarkt alles Mögliche so einzukaufen, was ich so gefunden habe und dann ein bisschen auch gegogelt habe und ein bisschen drüber gelesen habe. Und das hat mich dann so an gefackelt, dass ich gemerkt habe so, boah, Bier ist irgendwie so ein tiefes Thema, man kann da so viel drüber lernen und man kann so viel drüber erfahren. Und das ist so viel vielfältiger also ich dachte. Und das war ja dann damals auch die Zeit, wo es so losging mit diesen ganzen Craft-Beer-Festivals. Also Ratsherren haben ja zu der Zeit dann auch so die Craft Beer Days in Hamburg häufiger veranstaltet. Da waren dann alle möglichen Brauereien da und dann konnte man überall mal was probieren. Und das hat mich, ja, einfach so doll interessiert und mir so viel Freude bereitet, dass ich dann irgendwann gedacht habe so, Mensch, das wäre auch gut als Job. Und glücklicherweise hat da Ratsherren grade auf Studienjobbasis Brauereiführungsleute gesucht. Da habe ich mich beworben und da habe ich dann angefangen und von da an ging das so ein bisschen seinen Lauf mit dem Bier.

Markus: Na, das ist aber sehr spannend. Und du bist eigentlich Ur-Hamburgerin, kann man das so sagen?

Iris: Ja, also das ist immer so ein Thema, wenn man halt mit Leuten aus Hamburg spricht, die sind da immer ganz empfindlich, weil dann sagen die so, ja, Hamburger oder Hamburgerin ist man erst ab dritter Generation. Und das kann ich leider nicht vorweisen. Ich bin tatsächlich erst, als ich acht Jahre alt war, mit meiner Familie nach Hamburg gezogen, aber ich fühle mich hier definitiv heimisch.

Markus: Ja, nee, das kann man auch nur so bestätigen. Ich habe dieselbe Thematik immer hier in Bamberg, da ist es genauso. Also wenn man die Ur-Bamberger hier fragt, die sagen auch, also drei Generationen mindestens, vorher zählt das nicht. Aber letzten Endes ist ja die Geschichte grade in den letzten 30, 50, 100 Jahren so gewesen, das die Fluktuation so war, das die wenigsten das noch so für sich sagen können. Und ich glaube, wir können das auf jeden Fall für uns vereinnahmen jeweils, sozusagen zu den Ureinwohnern unserer Heimatstädte zu zählen.

Iris: Bist du auch erste Generation Bamberger, oder?

Markus: Ja, ja. Also mein Vater ist Vertriebenenkind aus Schlesien, irgendwo mitten drin. Ich war neulich sogar da, als ich in Polen ein paar Brauereien besucht habe. Also was heißt da, ich war in der Nähe, ganz genau weiß ich es, ehrlich gesagt, gar nicht. Und meine Mutter ist aus dem Süden von Bayern, also im Grunde für Franken auch Ausland, also bin ich sozusagen ein mächtiger Migrationshintergrund sozusagen. Aber naja, so passiert das eben. Ja, hast du den Torsten Schoppe dann mal getroffen irgendwann später?

Iris: Ja, ich habe den mal getroffen und zwar beim Meininger Award, als es den noch gab, da haben wir gemeinsam Biere bewertet. Das war auch ein sehr schöner Abend, wir haben auch gut was getrunken. Vielleicht habe ich ihm die Geschichte erzählt, aber wir waren alle schon ein bisschen im Feierabendmodus, also ich weiß nicht, ob er das noch in Erinnerung hat.

Markus: Schade, das wäre jetzt witzig gewesen, aber gut, ich werde ihn auch mal fragen. Also ich kann mich erinnern, ich habe ja um die Zeit auch meinen Berliner Brauereiführer geschrieben und habe da ja auch viele Leute interviewt und mir haben tatsächlich ein paar Leute aus Berlin Ähnliches erzählt. Also nicht nur mit Schoppes Bieren, sondern auch mit anderen, das die wirklich bei ihren ersten IPAs gedacht haben irgendwie, das Bier ist sauer oder da ist irgendwas schiefgegangen oder irgendwie so.

Iris: Ja, aber es ist auch echt, also wenn man es halt nicht besser weiß, dann weiß man es nicht besser. Also ich finde das auch ganz interessant so manchmal, also ich nutze auch ganz gerne die Plattform Untappd, eher so als persönliches Tagebuch, damit ich mich erinnern kann, was irgendwie wann mal passiert ist. Aber da habe ich häufiger mal so die Momente, dass ich irgendwie so einen echten Bierklassiker, so ein richtig geiles Bier da noch mal einchecke und ich weiß, ich hatte das schon mal irgendwann vor 8 Jahren oder so. Und dann sehe ich manchmal sehr, sehr schlechte Wertungen, die ich verteilt habe einfach, weil ich es damals nicht besser wusste und keine Ahnung von Bier hatte. Also ich habe zum Beispiel dem Aventinus Eisbock, ich glaube, dem habe ich 0,5 gegeben.

Markus: Oh, das ist böse. Aber gut, das ist halt so.

Iris: Das ist definitiv böse und das würde mir heute auch nicht mehr passieren. Also ich meine, mittlerweile weiß ich natürlich, wie weh es tut, wenn man so ein schlechtes Rating kriegt von einer Person, die einfach keine Ahnung von Bier hat, das würde mir nicht mehr geschehen. Aber es ist interessant, also durch solche Kleinigkeiten dann irgendwie nachvollziehen zu können, wie die eigene Reise beim Bier war. Also natürlich schäme ich mich auf der einen Seite so ein bisschen, wenn ich sowas sehe, aber auf der anderen Seite denke ich auch so, woah, krass, also heftig. Aber damals konnte ich halt überhaupt nicht einordnen, was denn überhaupt so ein Weizendoppelbock ist und was ein Eisbock ist. Und ich habe wahrscheinlich nur einen Schluck genommen und habe gedacht so, Mensch, das ist aber gar nicht süffig, wie soll man davon denn irgendwie jetzt zwei große Bier trinken. Und heute kann ich das natürlich ganz anders einordnen.

Markus: Ja, ich glaube, da haben wir alle so unsere peinlichen Situationen im Leben gehabt. Also wenn ich überlege, ich habe vor vielen Jahren mal bei einer Gasthausbrauerei an der Schanktheke ausgeholfen und da kam dann jemand und hat mich gefragt bei dem Kellerbier, ob das ober- oder untergärig ist? Und ich im vollen Brustton der Überzeugung damals gesagt, naja, ist ein obergäriges Bier. Aber das sind so Sachen, also klar, man entwickelt sich, man lernt, man macht natürlich Fehler, das gehört auch dazu. Was ich allerdings finde ist, das grade so diese Plattformen, so wie Untappd oder sowas, die haben ja alle in der Zwischenzeit so in den letzten 10 Jahren so ein bisschen ihre Unschuld verloren, sage ich jetzt mal, in vielerlei Hinsicht. Und dann hat man halt auch mittlerweile Brauereien, denen das wirklich richtig wehtut. Also wenn ich überlege, wo wie die Ulrike von der Schneeeule, wenn halt jemand keinerlei Ahnung von Berliner Weisse hat, dieses Bier trinkt und dann halt reinschreibt, es ist halt sauer und bewertet es deswegen so schlecht, das ist einfach sehr schade. Aber es passiert und muss man auch irgendwie mit umgehen. Und ich finde, sie hat auch eine Größe, damit umzugehen, das finde ich auch gut und dann passt das ja irgendwie auch. Aber bevor wir da zu tief reingehen, finde ich, sollten wir uns ein neues Bier aufmachen. Also nicht, dass ich schon ganz fertig wäre mit dem LUDEN LAGER, das hebe ich mir jetzt auf dann für später. Aber wir haben ja ein ordentliches Programm und ich will dich ja auch nicht überstrapazieren und dementsprechend, ja, es sind jetzt immer noch sechs Schätzchen, die hier vor mir stehen. Was denkst du, wie machen wir weiter?

Iris: Ja, also normalerweise würde ich jetzt das Weizen trinken, aber ich muss sagen, ich persönlich bin nicht so der allergrößte Weizenfan, also ich würde das kippen. Wenn du das trinken möchtest, dann ist super, ich finde, es ist immer noch ein gutes Weizen, aber es ist halt nicht mein favorisierter Bierstil. Ich würde persönlich mit dem NACHTSCHICHT weitermachen, das wäre meine Wahl.

Markus: Na, dann machen wir doch gemeinsam die NACHTSCHICHT und ich kann dann ja mal irgendwann zwischenrein das Weizen noch machen und dann machen wir wieder ein Bier und dann bist du auch ein bisschen entlastet.

Iris: Sehr gut, okay. Dann gehe ich auch mal kurz, ich muss mal um die Ecke zum Bierkühlschrank und das mal rausholen.

Markus: Na klar, dann mache ich mal so lange hier auf, dann können ja all schon mal zuhören, wie ich diese Flasche hier öffne, wenn ich denn hinkriege. Und die ist natürlich auch wieder so schön wie die Letzte, also wieder so ein schönes Etikett mit Umriss und dann steht hier groß NACHTSCHICHT drauf. Und dann lasse ich das hier mal in mein Glas.

Iris: So, da bin ich wieder. Du bist schon am Einschenken.

Markus: Perfektes Timing, hier läuft es grade, richtig. Hah, wunderbar, also woah! Also farblich jetzt natürlich Wahnsinn. Jetzt sind wir hier bei Kastanienbraun, Haselnussbraun oder sogar noch ein bisschen dunkler, Richtung Ebenholz, also richtig schön schwarzbraun, Haselnuss, naja, wie auch immer. Und der Schaum auch schön getönt, also wirklich ein sehr stimmiges Gesamtkonzept. Und, naja, wenn es schon NACHTSCHICHT heißt, dann darf es auch dunkel sein, gehe ich mal davon aus. Und, ja, ist natürlich die Frage, was für eine Art von Dunkel sich dahinter verbirgt? Was gibt es denn zu dem Bier zu erzählen?

Iris: Ja, das ist unser NACHTSCHICHT, hast du ja schon gesagt. Was übrigens auch ganz interessant ist, bei uns in der ASTRA St. Pauli Brauerei, die Tape Handles unserer Zapfhähne, die sind alle thematisch den einzelnen Bieren zugeordnet. Und NACHTSCHICHT hat passenderweise eine Taschenlampe.

Markus: Die auch brennt?

Iris: Ja, leider brennt sie nicht, aber es ist immerhin ein ganz schönes Detail. Wir haben hier vom Stil ein Dark Ale. Also ich sage immer ganz gerne so Leuten, die jetzt nicht ganz so tief bei Bier drin sind, sage ich immer so, es ist so ähnlich wie ein Schwarzbier, nur mit einer anderen Hefe. Weil wir haben hier halt eine obergärige Hefe verwendet, deswegen können wir das schon mal nicht Schwarzbier nennen. Ich würde sagen, nimm einfach mal einen Schluck.

Markus: Ja, ich muss sagen, vorher nehme ich mal eine Nase. Weil, also nicht, um dich jetzt zu korrigieren, bitte nicht falsch verstehen, sondern weil mich das so überwältigt. Also ich wollte grad einen Schluck nehmen und habe aber dann zuerst was in die Nase bekommen und da muss ich sagen, ist so intensiv schokoladig, nougatig. Das ist so, wie wenn man, sage ich mal, ein gutes Nutella, also ist ja nun leider wie es ist, aber so in dieser Art. Also sehr nougatig, so eine Mischung aus Schokolade, Haselnuss hat man da in der Nase, das ist wirklich großes Kino. Also würde mich auch an ein Porter zum Beispiel erinnern oder so in die Richtung. Also von der Nase her ganz grandios. Ah ja und im Mund kommt dann tatsächlich diese Schwarzbier-Richtung ein bisschen mehr rüber. das heißt, es ist viel schlanker als man eigentlich denkt.

Iris: Ja, wir haben ja auch nur 5,2%, ich glaube, 5,2, ja.

Markus: Ja, steht drauf, ja.

Iris: Genau.

Markus: Und eine leichte Säure auch dabei, schon von den Röstmalzen natürlich. Ein bisschen so Kaffee, Lakritz, geht in so eine Aromatik. Schokolade ist auch noch da, aber im Hintergrund. Und auch eine Fruchtigkeit, so ein bisschen Kirsche. Also sehr schön, also vor allem, ich finde, das Gesamtpaket schön, weil hintenraus, finde ich, ist es dann auch wieder ein bisschen süß. Und da erinnert es dann ungemein an die Nase und dadurch wird es dann ein sehr rundes Bier und ein sehr versöhnliches Bier. Also ich kann mir vorstellen, NACHTSCHICHT ist ja vielleicht auch so dann das Bier, dass du trinkst, wenn der Tag o ein bisschen zu Ende ist und du dann irgendwie runterkommt und dich hinsetzt und dann dich zurücklehnst und dann mal was genießen willst und dann ist das eigentlich genau die richtige Geschichte.

Iris: Ja oder wenn die Nacht halt grade vorbei ist und die Nachtschicht endlich vorbei ist und du dann so quasi kurz vorm Frühstück stehst. Deswegen riecht das auch so ein bisschen nach Kaffee, damit man das ein ersetzen kann.

Markus: Ah, das ist eine gute Idee. Apropos, wie ist das denn, also auf dem Kiez, eigentlich schläft man da ja nie oder, wie ist das bei euch?

Iris: Ja, also ich schlafe schon, aber natürlich ist bei uns immer viel los. Also man muss sagen so, wir haben jetzt nicht 20 für 7 offen. Das war tatsächlich ganz am Anfang, als wir eröffnet haben, war dass das Konzept, das es ein Laden sein sollte, der immer für alle offen ist, wir nennen uns auch nicht umsonst das Wohnzimmer vom Kiez. Aber es hat sich relativ schnell rausgestellt, das 20 for 7 jetzt nicht so gut funktioniert bei so einer Ladengröße und deswegen haben wir mittlerweile ein bisschen reduzierte Öffnungszeiten. Und am Wochenende kann man bei uns aber schon ziemlich lange Party machen. Wenn wir dann aber irgendwann schließen, dann haben wir aber immer noch ein paar Tipps, wo man noch hin weiterziehen kann.

Markus: Und wann ist offiziell Schluss?

Iris: Das kommt drauf an, je nachdem, wie viel so grade los ist. Also auf unserer Webseite haben wir bei den Öffnungszeiten auch immer nur stehen ab soundso viel Uhr und keine Endzeit. Bei Google zum Beispiel muss man leider was angeben und ich glaube, wir haben aktuell angegeben auf einem Samstag 3 Uhr, auf einem Freitag 2 Uhr und die restlichen Tage bis 1.

Markus: Ich finde auf jeden Fall cool, das man auch den DJ da noch hat oder generell Musik dann auch noch hat in einer schönen Art und Weise, wo man auch gerne einfach da ist, wo es Spaß macht. Da finde ich auch den Begriff Wohnzimmer, finde ich eigentlich sehr schön. Auch von der Beleuchtung her fühlt man sich da sofort ein bisschen wie im Wohnzimmer. Auch von diesen Sitzgruppen, wie die so angeordnet sind, das es halt wirklich so ein bisschen auch immer so Bereiche sind, wo man so ein bisschen für sich sein kann. Und natürlich auch im Hintergrund natürlich die Brauerei, das ist ja was Besonderes, hat man nicht alle Tage. Ist das ein ganz spezielles Konzept oder hat sich das so entwickelt, wie kam es da dazu?

Iris: Also das Konzept ist auf jeden Fall schon vorher festgelegt worden. Dazu muss man allerdings sagen, dass ich erst seit 2020 für die ASTRA St. Pauli Brauerei arbeite. Das heißt, bevor eröffnet wurde, war ich nicht an der Konzepterstellung beteiligt, deswegen kann ich nicht 100-prozentig sagen, welche Teile sich vielleicht noch ein bisschen entwickelt haben und welche von Anfang an da standen. Aber die Idee vom Kiez-Wohnzimmer auf der Reeperbahn war gemacht durch ASTRA, die stand von Anfang an. Also es sollte halt immer so ein bequemer Space sein, wo alle willkommen sind, egal wer man so ist und wenn man Bock auf ein Bier hat und sich ein bisschen entspannt hinzusetzen und vielleicht auch was zu essen, dann ist unsere Tür offen.

Markus: Apropos, was gibt es denn da zu essen? Ich habe noch nie was gegessen, muss ich sagen.

Iris: Naja gut, also ich meine, so 3 Bier sind ja auch eine Mahlzeit, weißt du ja.

Markus: Okay, ich habe was gegessen, okay, okay, okay.

Iris: Ja, wir haben so klassische Sachen, die satt machen. Wir haben Burger, wir haben Schnitzel, du kannst auch eine Currywurst bei uns haben, wir haben aber auch ein paar vegane Optionen, also je nachdem, worauf man so Lust hat.

Markus: Ja, okay, also werde ich mir das mal aufschreiben, das nach dem flüssigen Essen oder zum flüssigen Essen nächstes Mal auch was Festes dazu kommt. Ist mir in der Tat noch nicht, irgendwie weiß ich gar nicht warum, wahrscheinlich, weil ich immer von irgendwelchen Veranstaltungen kam, wo es halt vorher ganz viel zu essen gab und dann ist man eher noch am Trinken, ist ja auch gut. Und die Brauerei an sich, vielleicht noch so zwei, drei Worte, wie groß ist die und was passiert da normalerweise so, wer ist da so zugange?

Iris: Also wir haben einen 10-Hekto-Sudwerk, jetzt 10 Tanks und brauen so ungefähr zweimal in der Woche im Schnitt. Wir haben einen Chefbrauer, das ist Merlin, auf Deutsch ausgesprochen Merlin. Er ist Neuseeländer und lebt aber seit einigen Jahren jetzt schon in Deutschland und der braut unsere wunderschönen Biere. Den Rest macht er auch, also er ist da eine One-Man-Show, was die Produktion angeht. Das heißt, auch jetzt die Flaschen, die du da bei dir hast, die wurden mit ganz viel Handarbeit, wie das auch typisch ist für die Reeperbahn, von Merlin mit ganz viel Liebe für dich hergestellt.

Markus: Ja, der Merlin ist ja auch ein sehr kreativer Kopf. Und wenn man so an Neuseeland denkt, dann denkt man ja vor allem mittlerweile auch an ganz, ganz tolle Hopfen mit ganz, ganz tollen Aromen. Hat er damit auch schon mal experimentiert?

Iris: Ja, da haben wir auch schon was gemacht. Also Merlin hat nämlich tatsächlich letztes Jahr von Januar bis März so eine Art Mini-Sabbatical gemacht. Der hat uns für drei Monate auf dem Trockenen sitzen lasse, das war eine sehr harte Zeit für uns alle in der Brauerei. Und in der Zeit, weil er halt vorher vier Jahre lang nicht Zuhause in Neuseeland war, ist er dann so rumgereist, hat seine Family und Friends endlich alle wiedergetroffen. Hat aber auf dem Weg die Arbeit nicht ganz vergessen können, sondern hat dann auch in Neuseeland ein paar Hopfen eingekauft, die er wieder mitgebracht hat. Wir haben dann auch, als er wiedergekommen ist, direkt ein Bier von ihm brauen lassen, um ihn zu ehren, also sehr uneigennützig auch. Das war Merlins Sauerstoff, das war ein Feijoa-Sour. Feijoa ist so eine Guaven-Frucht, die in Neuseeland sehr beliebt ist und da hat er dann auch neuseeländische Hopfensorten verwendet. Ich meine, das war Riwka und Rakau, die er da beide drin hatte.

Markus: Woah! Also jetzt bin ich neidisch, das hätte ich total gerne probiert, aus ganz vielerlei Gründen. Also ich mag auch diese Frucht sehr gerne und man bekommt sie ja hier so gut wie gar nicht und die Hopfen sind natürlich auch großartig. Habe ich zum ersten Mal, glaube ich, gehabt bei einem Bierwettbewerb in Brasilien oder so.

Iris: Das ist auch tatsächlich, die wird auch brasilianische Guave genannt. Also ich meine, dass die in Brasilien auch heimisch ist.

Markus: Das kann gut sein. Dort gibt es ja sogar Dinge, die es bei uns überhaupt nicht gibt, zum Beispiel Cashew-Saft. Das war was, das war mi vorher überhaupt nicht bewusst, ja.

Iris: Ich habe schon mal diese Frucht von der Cashewnuss gesehen, aber gegessen habe ich die noch nie. Wie hat die geschmeckt, also der Saft?

Markus: Ja, der Saft, das ist so, also es hat was von Pfirsich, von der Konsistenz her, hat aber auch so ein bisschen gewürzige Noten dabei. Ich überlege grad, was könnte man damit vergleichen. Also sehr reife Pflaumen vielleicht, die haben ja auch öfters mal so leicht zimtige Töne zum Beispiel. Also es hat wirklich was, also es ist einerseits sehr dicht von der Konsistenz und andererseits wirklich sehr vielfältig, sehr vielschichtig vom Aroma, also ein toller Saft. Und war ich total überrascht, weil man kennt ja bei uns eben nur die Nuss, die da obendrauf sitzt. Und das da drunter so eine tolle Frucht steckt, ja, also toll. Aber gut, das hat jetzt mit Guave nichts zu tun, aber ich fand das einfach interessant, wenn man in so anderen Ländern ist teilweise, dass es auf der Welt immer noch Sachen gibt, die es bei uns eben gar nicht gibt, die man überhaupt kennt und das ist dann natürlich besonders schön.

Iris: Definitiv. Also wir mussten unseren Gästen auch erst mal erklären, was Feijoa überhaupt ist. Das war ein Bier mit ein bisschen Erklärungsbedarf, aber hat sehr viel Spaß gemacht und war sehr lecker.

Markus: Wie ist es mir dir selber, reist du auch gerne?

Iris: Ja, ich bin sehr gerne unterwegs. Also jetzt nicht unbedingt in Neuseeland, aber so insgesamt gucke ich schon, dass ich so ein bisschen rumkomme. Diesen Sommer, da freue ich mich sehe drauf, fliege ich endlich wieder nach Japan. Das ist sehr, sehr lange bei mir her und da freue ich mich auch schon richtig auf die Biere, die es da vor Ort geben wird.

Markus: Woah! Na, das wird bestimmt sehr spannend. Also ich war letztes Jahr in Japan zu einem Bierwettbewerb eingeladen, konnte aber kurzfristig nicht und ich hoffe, sie laden mich heuer wieder ein, dann komme ich mal hin, weil ich war noch nie da. Aber mir haben ganz viele Leute schon erzählt, dass das einfach auch so ein ganz anderer Kulturkreis ist und man wirklich in eine andere Welt versetzt ist, wenn man da ist und da bin ich auch schon sehr gespannt drauf. Du warst schon öfters da?

Iris: Ich war tatsächlich nur einmal da, aber dann für ein ganzes Jahr. Ich habe als Teenager, habe ich so ein Auslandsjahr gemacht, da war ich 16 beziehungsweise 17 Jahre alt und deswegen habe ich sehr viele Erinnerungen, die ich jetzt gerne auffrischen möchte.

Markus: Kannst du auch ein bisschen Japanisch?

Iris: Ja, ich kann schon ein bisschen Japanisch, das ist natürlich ein bisschen eingerostet, aber so eine umgangssprachliche Konversation kann ich schon führen.

Markus: Woah! Das ist natürlich sehr cool. Vielleicht komme ich ja zur selben Zeit rüber dann.

Iris: Ja, wann ist denn dieser Wettbewerb? Da musst du mich auch mal empfehlen, da würde ich natürlich auch gerne teilnehmen.

Markus: Das mache ich sehr, sehr gerne. Also man muss ja mindestens einmal da gewesen sein, damit man da jemand empfehlen kann, aber dann kann ich das auf jeden Fall tun. Ich glaube, das wäre letztes Jahr im September gewesen und hat sich dann überlappt mit dem Beer Star oder so.

Iris: Ah, super Zweitpunkt auch.

Markus: Ja, also ich bleibe da auf jeden Fall mal dran.

Iris: Klasse.

Markus: Okay. Dann mache ich jetzt mal ganz kurz meine Weizen-Auszeit, damit wir es mal probiert haben und schaue mal. Naja, wie gesagt, da kommt er Franke in mir durch, was wir haben, haben wir.

Iris: Ja, du meinst das auch sehr ernst, also ich habe ja nicht alle Biere in dem Paket gedoppelt, wir haben ja morgen auch noch den Termin, sondern nur eine Auswahl und da musst du mal gucken, wie du da morgen hinkommst.

Markus: Ja, da muss ich dann wiederum durch, aber dann kann ich mich ja an die schöne Zeit mit dir heute erinnern, das ist ja auch gut.

Iris: Sehr gut.

Markus: Also vielleicht für alle Hörer, die sich jetzt wundern, wir zeichnen an einem Montag auf und morgen ist dann ein Dienstag. Und immer am ersten Dienstag im Monat machen unsere Alumni, also alle, die in der BierAkademie Sommelier gemacht haben oder Bierfachmann oder Ähnliches, gibt es einen Verkostungsabend, wo man sich eben einmal im Monat trifft und wir uns verschiedene Gäste einladen, dann eben morgen Abend die liebe Iris und dann gemeinsam Biere verkosten, drüber sprechen und uns austauschen. Und das wird morgen eben auch mit diesen Bieren sein. Natürlich verraten wir denen das natürlich noch nicht, sondern das werden die dann erst hören, wenn wir den Talk dann gemacht haben. Und irgendwann, das dauert ein bisschen, also Veröffentlichungstermin ist, glaube ich, im Mai, also wir sind jetzt grade Anfang März, aber egal. So ist das mit einem Podcast, der ist immer nicht ganz aktuell, aber das muss so sein, sonst schafft man das alles gar nicht mit dem Vorlauf. Ja, also ich habe hier den WEIZENBEISSER, der wahrscheinlich an den Wadenbeißer erinnern soll, oder?

Iris: Guter Punkt, da habe ich noch nicht drüber nachgedacht. Also bei den anderen Bieren ist die Assoziation ja irgendwie relativ klar und bei WEIZENBEISSER, weiß ich nicht, das habe ich einfach so hingenommen, dass der so heißt. Ja, wir haben hier ein klassisches Weizen und 5,7% glaube ich, also ein kleines bisschen stärker, aber passt ja auch immer ganz gut zum Kiez.

Markus: Absolut, ja. Und eigentlich, also die ursprünglichen Weizen, das ist ja, also sowieso, also ich als Franke darf ja dazu gar nicht so viel sagen, denken die meisten Bayern. Aber grundsätzlich, wenn man sich damit auseinandergesetzt hat, das eigentliche Weizen ist ja was Bernsteinfarbiges und eigentlich auch eher was etwas Kräftigeres. Also das war ja ähnlich wie mit den normalen Bieren, da gab es halt das Normale und da gab es auch so eine Art Märzen-Weizen, was man eben dann etwas kräftiger eingebraut hat. Natürlich nicht nach derselben Regel, weil es ja obergärig war, aber man hat eben auch eine etwas stärkere Version gemacht. Und das ist oft das, was sich heutzutage erhalten hat, was oft auf Festen auch noch ausgeschenkt wird und so eben als Fest-Weizen. Und die haben dann eben oft diese interessante Mischung aus so karamelligen, nussigen Aromen von den eben bräunlichen Malzen und dazu dann diese Fruchtigkeit aus der Banane. Und das ist was ganz anderes als die modernen Weizen, das helle und das dunkle Weizen, was man so kennt. Und jetzt fülle ich hier mal ins Glas und, hah und bin da auch ziemlich genau bei einem Bernstein-Weizen, das ist ja wunderbar, schön. Ja, wie es sich gehört, also trüb, schöner Schimmer, ein bisschen von der Farbe her heller als das LUDEN LAGER, aber nur einen Tick. Und auch schöner, ganz fester Schaum, der auch schön Cremefarbig ist. Also da merkt man, ihr arbeitet auf ganz viel auf der Malzseite, nicht nur auf der Hopfenseite, das ist ja durchaus auch ungewöhnlich. Ah ja und in der Nase ist dann tatsächlich so eine ziemlich frische Banane, muss ich sagen. Also oft ist sie ja eher braun, hier ist sie schon eher noch Richtung gelb. Und eben auch so ein bisschen karamellige, ein bisschen nussige Aromen. Das passt tatsächlich, habe ich es, ohne es zu wollen, ganz gut hin geschossen, mit meinem Versuch vorhin. Ja und wirklich ein voller Trunk, also ganz viel zu erzählen im Mund, viel Kohlensäure auch, karbonisiert, moussiert schön und hat dann noch mal diese schöne fruchtige Note. Ist allerdings etwas schlanker, etwas weniger süß, als man es jetzt in Bayern hätte. Was wahrscheinlich auch ganz gut ist, grade für den Hamburger Markt und vor allem, wenn man davon auch ein bisschen mehr verkaufen will. Also finde ich, ist ein schönes Weizen, kann man auf jeden Fall gut trinken. Vielleicht nicht zur dreifachen Portion Weißwurst, aber auf jeden Fall richtig schön, um einen Nachmittag zu genießen, also wunderbar. Das ist auch von Merlin?

Iris: Ja, vielen Dank für die lieben Worte. Ja sicher, die sind alle von Merlin, die Biere.

Markus: Das ist zum Beispiel was, was ich ganz interessant finde, wenn man so unterwegs ist, meistens trennt sich da so ein bisschen die Braumeisterspreu vom Weizen, in Anführungsstrichen, also ein richtig gutes Weizen kriegen wenige hin. Weil das von Anfang schon, also von der Rezeptur her, über die ganze Gärführung, was die Temperaturen angeht und so, da muss man beim Weizen tatsächlich ziemlich genau arbeiten, sonst kommt immer nicht das dabei raus, was man eigentlich will. Und das erlebt man wirklich oft, grade bei Bierwettbewerben in Italien zum Beispiel oder auch in Brasilien oder sonst wo, das sich viele an dem Bierstil versuchen, aber irgendwie dran scheitern, das dann eben so hinzubekommen, weil die Hefe dann halt doch ein bisschen macht was sie will, wenn man sie lässt.

Iris: Ja, das ist auch ein schönes Kompliment von dir. Das gebe ich auf jeden Fall Merlin weiter, da wird er sich freuen, dass du, ja, so überzeugt bist von seinem Können. Ich bin das übrigens auch, also ich bin total happy, mit so einem coolen Brauer zusammenarbeiten zu können, der auf der einen Seite sich wirklich Mühe gibt, die ganzen Klassiker in einer ordentlichen Qualität herzustellen, aber trotzdem auch Bock hat zu experimentieren. Also das ist das Schönste an unserer Zusammenarbeit, also wir sind ja auch in der Bierkonzeption, arbeiten wir eng zusammen. Also bei den seasoner Bieren, die wir dann immer mal wieder rausbringen, da hat er mal eine geile Idee, ich habe mal eine geile Idee oder wir konzipieren mal was gemeinsam. Und egal was es ist, also egal, wie abgefahren die Idee ist, Merlin setzt alles dran, dass irgendwie wahrzumachen. Und da kenne ich schon ein bisschen andere Brauer auch, die dann so sagen so, nee, das haben wir noch nie gemacht, das geht nicht.

Markus: Ja, also da habe ich ein ganz krasses Beispiel, interessanter Weise auch mit einem Weizen. Da habe ich über vier Jahre lang mit einer Gruppe von Brauern zwei Biere entwickelt und ein Bier war ein untergäriges Bier und eins war eben ein Weizenbock. Und das war richtig große Thematik und ganz viel Inhalt und wir haben da viel dran gearbeitet, um am Ende gemeinsam diese Rezepturen rauszuarbeiten. Und es sollte dann ein richtig schöner hopfengetopfter Weizenbock dabei rauskommen.

Iris: Ah, ja, lecker.

Markus: Was zu dieser Zeit auch noch relativ neu war, also Erscheinungstermin war dann um 2016 rum. Ja und dann läuft alles, also der Hopfen wird dahin gebracht, es wird gebraut und alles gut. Wir haben eine Beschreibung gemacht, ich habe die Etiketten dazu entworfen und eine Box dazu und alles Drum und Dran. Und dann haben wir den Tag, wo das Bier präsentiert wird, also diese ganze Box präsentiert wird und dann machen wir dieses Bier auf und verkosten es und es ist halt ein Weizenbock.

Iris: Oh nein.

Markus: Aber ohne Hopfen, also was heißt ohne, mit wenig. Und dann frage ich den Brauer, was ist denn da passiert und so? Ach, naja, weißt du, wir waren da im Sudhaus gestanden und dann haben wir uns gedacht, also können wir das wirklich machen, also Hopfen in den Weizenbock? Und da haben wir gedacht, nee, da lassen wir lieber bleiben.

Iris: Oh Gott, das tut mir richtig weh, das zu hören. Also oh, oh, du Armer.

Markus: Das war hart, ja. Vor allem, ich meine, da war die Presse da und was weiß ich was. Und es stand ja alles gedruckt, wir hatten eine fertige Bierbeschreibung, alles fertig. Und er auch mit dem Brustton, also ihm war das überhaupt nicht bewusst, dass das jetzt in irgendeiner Form ein Problem darstellt. Wahnsinn, aber so ist das manchmal und insofern ist es genau so, dass es eben auch Braumeister gibt, die da letzten Endes sich eher nicht so was sagen lassen. Also bist du da wirklich bestens aufgehoben bei Merlin. Wie ist denn überhaupt da deine Arbeitsplatzbeschreibung, das klingt ja ungeheuer vielschichtig, oder?

Iris: Meine Arbeitsplatzbeschreibung, ja, tatsächlich, die Stelle war damals noch ein bisschen anders ausgeschrieben als das, was ich heute mache. Also es hat vorher niemand auf meiner Stelle gearbeitet, also es war eine neugeschaffene Stelle. Und in der Stellenausschreibung stand so, grob gesagt, drin, wir suchen einen Brand Ambassador für die ASTRA St. Pauli Brauerei, der oder die auch Social Media kann und Ahnung von Craft Beer hat, das war so ein bisschen die Beschreibung. Und das hat sich dann aber tatsächlich über die Jahre und auch über die Pandemie, haben sich die Aufgabenfelder so ein bisschen hin und her geshiftet. Also ich glaube, am Anfang waren sich die Leute, die meine Stelle ausgeschrieben haben, noch nicht so ganz sicher, was sie eigentlich brauchen und das hat sich dann so ein bisschen verändert mit der Zeit. Kurz gesagt, mache ich das Marketing, aber es ist schon relativ vielseitig. Also ich bin auf der einen Seite mit Merlin da in der Bierkonzeption mit drin, was tatsächlich auch das Feld ist, was mir am meisten gefällt und, ja, wo ich denke, dass wir da coole Erfolge verbuchen konnten. Ich mache aber auch die Social-Media-Kommunikation, ich mache auch andere Werbemittel, also auch Flyer und so weiter, aber ich bin auch in er Event-Konzeption mit drin. Wir sorgen ja auch dafür, dass bei uns dann immer mal wieder was Neues passiert. Und grade zu so Veranstaltungen wie Hamburg Beerweek, dann überlege ich mir immer ein bisschen abgefahrene Sachen, mit denen wir die Leute bei uns in den Laden locken können. Ich habe zum Beispiel auch stark dafür gearbeitet, das wir ein Mitglied beim Senatsbock-Verein werden können und, ja, solche Sachen kommen dann alle zusammen.

Markus: Ja, auf diese wunderschöne Tatsache kommen wir ja gleich auch noch flüssiger Weise zu. Da bin ich am allermeisten gespannt drauf, muss ich sagen, na, schauen wir mal. Ja und an sich, also es gibt ja nicht so viele Traumarbeitsplätze in Deutschland für Biersommeliers, aber das klingt auf jeden Fall so. Und es klingt auch ein bisschen so, als hättest du das auch ein bisschen selber mit, ja, mitgemacht, also mit dafür gesorgt, dass du auch die Freiheiten hast und die Dinge eben machen kannst, die du auch gerne machst. Und das, finde ich, nötigt mir auch einigen Respekt ab. Jetzt weiß ich ja auch, dass du logischerweise auch engagiert bist auch in vielen Gruppen und eben auch grade als Frau sehr engagiert bist. Hast du denn da mal erlebt, dass es da mit diesem Geschlechterthema auch Hürden für dich gibt, die vielleicht für Männer nicht dagewesen wären?

Iris: Ja, definitiv. Also ich glaube, da könnte jede Frau ein Lied von singen, also generell sowieso, aber Frauen, die dann auch noch in Branchen arbeiten, die überdurchschnittlich männerdominiert sind, was ja einfach bei Bier der Fall ist, natürlich gibt es da häufiger dumme Situationen. Im Großen und Ganzen hat trotzdem am Ende immer alles geklappt. Also ich habe mittlerweile mir so ein paar Strategien erarbeitet, wie ich mit unangenehmen Männern umgehe. Aber, klar, das ist natürlich ein Thema und ich glaube, da haben wir alle noch sehr viel Arbeit vor uns, bis das Geschlecht kein Thema mehr ist.

Markus: Ja, das glaube ich auch. Und, also sagen wir mal so, dieses Spezies unangenehmer Mann, das hat man auf der Reeperbahn ja in ziemlich vielerlei Facetten. Also neulich waren wir da ja abends auch unterwegs, also das ist schon, ja.

Iris: Das stimmt schon, also natürlich ist ja auch einfach die Reeperbahn als Partymeile ein bisschen prädestiniert dafür, dass da sehr viele unangenehme Sachen passieren. Und das will ich auch jetzt gar so kleinreden, aber ich finde, es gibt schon noch einen elementaren Unterschied dazwischen, ob jetzt jemand einfach total hackedicht besoffen ist und dann drei Sprüche zu viel bringt, die irgendwie blöd sind oder ob jemand komplett nüchtern ist und dich als Frau in deinem Beruf nicht ernst nimmt, obwohl du alle möglichen Qualifikationen vorweisen kannst.

Markus: Absolut. Und ich glaube, das ist ja dann logischerweise die viel heftigere Sache, weil, also das eine ist, wenn sowas dann aus einem raus kommt, wenn er genug getrunken hat, schlimm genug, aber dann ist er sich zumindest normaler Weise was anderem bewusst. Aber eben, wenn das nicht so ist, dann ist das, ja, schon sehr bedenklich, sagen wir mal so.

Iris: Ja, das stimmt schon.

Markus: Wobei ich sagen muss, ich habe da auch einen Lernprozess hinter mir. Also jetzt nicht, dass ich der Ober-Macho gewesen wäre oder bin, aber wenn man halt so aufwächst in eine Gesellschaft rein in den 70ern, 80ern, da waren die Rollen noch klar verteilt. Also allein, wenn man heute so Fernsehserien oder Werbung aus der damaligen Zeit anschaut, das ist manchmal schon krass, wie stark sich das grade in dieser Hinsicht verändert hat. Und das ist auch ganz gut, also insofern, ja.

Iris: Das stimmt schon. Aber, ich meine, grade wenn einem Sachen aus der Vergangenheit peinlich sind, dann merkt man ja, dass man sich da weiterentwickelt hat. Und dementsprechend umso schöner, dass du das so empfinden kannst. Ich habe tatsächlich auch viele Situationen aus der Vergangenheit, wo ich mich selber auch sehr danebenbenommen habe und da denke ich so im Nachhinein, okay, gut, dass ich das heute nicht mehr so sehe.

Markus: Ja, also mir hat vor 30 Jahren, glaube ich oder sowas, hat mir mal jemand gesagt, blamiere dich jeden Tag mindestens einmal. Und es passiert vielleicht nicht mehr jeden Tag, aber es ist was, wo man sich einfach noch mal anders wahrnimmt, wo man sich reflektiert, wo man was draus lernen kann und wo man vor allem dann auch über sich selber ein bisschen lachen kann. Und das ist einfach auch wichtig, um sich weiterzuentwickeln. Und jeder macht Fehler und jeder ist manchmal einfach blöd.

Iris: Definitiv.

Markus: Das kann passieren und da muss man dann einfach miteinander umgehen und man muss sich auch entschuldigen können, man muss auch verzeihen können. Also all diese Dinge gehören halt irgendwie auch dazu und, naja. Apropos gehört dazu, wir sind jetzt bei Bier Nummer 3 und haben immer noch 4. Wobei, das Helle können wir vielleicht wirklich überspringen, aber die anderen sollten wir noch probieren. Ich habe jetzt hier noch ein INKASSO IPA und einen STIMULATOR und dann noch eine schwarze Flasche, womit machen wir weiter?

Iris: Ich würde sagen, wir machen mit dem INKASSO IPA weiter. Das hole ich mir auch mal, weil das ist tatsächlich aus der Corerange, also aus den Bieren, die wir immer am Start haben, ist das mein Lieblings-Astra.

Markus: All right, dann mache ich hier mal wieder auf, solange du holen gehst, ich mache auf. So, ihr habt gehört, es ist offen. Und weil ich immer wieder gefragt werde, das wird natürlich nicht eingespielt, sondern das sind immer original live O-Töne des Bieres, was grade eingeschenkt wird. Jetzt haben wir das INKASSO IPA mit einem Grünstich. Also das sei vielleicht auch noch gesagt, die Biere haben alle so ihre Farben. Beim LUDEN LAGER war es rot, bei der NACHTSCHICHT, okay, da war das schwarz, beim WEIZENBEISSER waren wir gelb, jetzt sind wir etwas so zu grün oder petrol.

Iris: Ja, so mintgrün, würde ich sagen.

Markus: Mintgrün, ja, siehst du, das ist so ein Farbton, da können sich, glaube ich, viele Leute drüber streiten, wie er genau richtig ist. Aber ich bin auf jeden Fall bei mintgrün sehr gerne mit dabei. Ist ja auch zum Beispiel pink oder rosa oder so, da gibt es das ja auch. Also vielleicht hast du klare Vorstellungen, für mich ist es manchmal immer so ein bisschen eine Sache, was richtig ist von der Bezeichnung, aber wir wissen ja alle, was gemeint ist.

Iris: Ja, außerdem beschäftigen wir uns ja mit Bier und die sind ja seltenst rosa. Also ich glaube, das ist okay, wenn du die Schattierungen nicht so genau benennen kannst.

Markus: Wobei, ich hatte immerhin schon mal ein blaues Bier. Also es gibt ja Algen, die das so entsprechen färben. Aber das haben wir jetzt natürlich nicht, also jetzt haben wir ein richtig schönes sattes, ja, das geht wieder in so einen schönen Braunton, aber einen hellen. Und meins ist fast komplett klar und hat etwas gröbere Poren, die aber auch wieder schön stehen. Bei so einem Bier mache ich es total gerne, also wenn keiner zuschaut, dass ich auch mal von unten reinschaue, weil dann sieht man diesen Schaumteppich, wie der oben auf dem Bierspiegel so ist und das ist auch ein faszinierender Anblick. Also auch wieder ein interessantes Bier schon mal optisch.

Iris: Ja, ganz neue Perspektive.

Markus: Und interessanter Weise sieht man das sogar, wenn der Schaum vermeintlich weg ist, also selbst dann sieht man diesen dünnen Teppich noch obendrauf, kann man eigentlich immer ganz gut gucken.

Iris: Ja, da muss ich mal drauf achten, das ist ein sehr guter Hinweis.

Markus: Jetzt habe ich dir noch eine neue Bierperspektive beigebraucht. Unglaublich, ich bin stolz.

Iris: Ja, siehst du, man lernt nie aus, ja.

Markus: Aber das stimmt, also das ist auch so ein Punkt, die Offenheit ist wichtig, man lernt nie aus und man lernt immer was dazu. Deswegen gehe ich auch so gern auf Bierwettbewerbe, weil man geht immer klüger Heim als man hingefahren ist.

Iris: Total.

Markus: Ja, was haben wir denn jetzt hier, ist das eher ein klassisches IPA oder eher ein moderneres?

Iris: Ja, wir haben hier unser Session IPA. Also das INKASSO IPA ist, ja, also wenn man das jetzt noch ein bisschen weiter runterbrechen würde, ich würde sagen, American Style Session IPA. Das heißt, wir haben hier schon wirklich so dieses sehr doll Hopfenbetonte. Haben hier mit Aromahopfen gearbeitet, die auch wirklich gut rauskommen. Ich finde, am stärksten kommt hier der Mosaic raus, mit dem Merlin auch sehr gerne arbeitet. Und, ja, Session, weil wir hier nur 4,5% Alkohol haben. Aber das ist natürlich für mich auch ein Feature, also das ist so ein Bier, das kann man die ganze Nacht lang durchtrinken und das gefällt mir auch daran. Wir haben mit diesem Bier tatsächlich auch schon ein paar Preise abgeräumt und das freut mich, das grade so mein Lieblingsbier da auch immer wieder bestätigt wird.

Markus: Ja, ist auf jeden Fall sehr eingängig, sehr fruchtig. Und wie du schon gesagt hast, der Mosaic ist sicherlich im Vordergrund. Ich finde auch der Mandarina Bavaria ergänzt das so ein bisschen mit so ein bisschen roten Beeren, Erdbeernoten und dazu eben dann das klassische Citrusaroma, ein bisschen was Tropisches, also sehr schön und wirklich eingängig. Also man merkt auch beim Trinken, dass das jetzt nicht so viel Volumen in Alkohol hat, es ist trotzdem ein vollmundiges Bier. Und es macht auch richtig Freude und man weiß, okay, davon kann ich eben auch mal wirklich ein bisschen mehr davon trinken, ohne das es mir gleich die Birne weghaut, wie man so schön sagt, das ist auf jeden Fall gut. Und die Bittere ist trotzdem schön da. Also das finde ich auch gut, dass man hintenraus, es trocknet schön wieder aus. Also ich glaube, das gehört vielleicht zum Norden eigentlich auch dazu, oder, Bittere ist doch grade an der Küste in.

Iris: Ja, also ich liebe das auch, also ich habe wirklich große Freude an so schlanken Bieren, die dann noch eine ordentliche Herbe haben am Ende. Und das Schöne ist, das Merlin das auch so sieht, also der ist auf jeden Fall immer dran, da noch so ein bisschen rumzutweaken. Das INKASSO IPA ist auch ein schönes Beispiel für eins unserer Biere, das sich seit unserem Start sehr doll verändert hat. ich war tatsächlich privat Ende 2018 in der ASTRA St. Pauli Brauerei, als sie so grade eben erst eröffnet hatte und da hat das INKASSO IPA noch ziemlich anders geschmeckt. Das war meiner Meinung nach damals eher noch so ein Pale Ale und über die Jahre ist es dann, ja, zu einem echten Session IPA geworden.

Markus: Ja, hat sich nach unten hochentwickelt sozusagen, nee, wirklich sehr schön. Wenn wir sagen, LUDEN LAGER und INKASSO IPA und Kiez und so, wie ist es denn, also gibt es wirklich noch diese Unterweltigkeit, die a in der Reeperbahn ist? Bekommt ihr davon irgendwas mit oder ist es nur noch ein Vergnügungsviertel, wie kann man sich das vorstellen?

Iris: Ja, also so ein bisschen merkt man es schon noch, grade so jetzt diese etwas größeren, ja, diese bekannteren Kiez-Gestalten wie jetzt zum Beispiel Kalle Schwensen oder der Schöne Klaus, als er noch gelebt hat, der ist ja leider vor Kurzem verstorben. Die waren tatsächlich auch hin und wieder mal auf unserer Terrasse zu finden, aber es wird natürlich immer weniger. Und so diese klassische Reeperbahn-Romantik von damals, die, ja, reduziert sich mit der Zeit von selber jetzt leider immer ein bisschen mehr.

Markus: Gibt es noch so Seeleute, die kommen?

Iris: Also Seeleute habe ich bei uns, glaube ich, so klassisch noch nie gesehen. Aber da müsste man Leute fragen, die häufiger mal auf einem Samstag da sind. Ich habe ja so klassische Arbeitszeiten, Montag bis Freitag, das heißt, ich bin gar nicht so oft auf einem Samstag da.

Markus: Ja, würde mich interessieren, also ob es das noch gibt, dieses frühere Publikum, wo man ja wirklich praktisch so von Hafen zu Hafen gefahren ist mit seinem Schiff und überall dann jeweils halt seine heuer verprasst hat sozusagen in jeder Hinsicht, als das eben noch so diese Hochzeiten waren aus der oft, ja, romantisierten alten Zeit. Ob die wirklich so gut und schön war, das weiß, glaube ich, keiner.

Iris: Ja, ich würde sagen, da müssen die ganzen Zuhörer :innen einfach mal bei uns vorbeikommen und das selber beurteilen, ob die da sind oder nicht, vielleicht habt ihr ja Glück und ihr seht so einen echten Seemann. Aber, was ich sagen kann, wir haben auch für die Seemänner mal so ein Bier gebraut und zwar unser Fichten Fichte, das ist ein Hazy IPA mit Fichtentrieben. Und tatsächlich wurde früher, als Seefahrt noch ein bisschen mehr so en vogue war, als es noch mehr Leute gemacht haben, wurde tatsächlich auch häufiger in Biere dann Fichtentriebe eingebraut, weil das gut gegen Skorbut ist.

Markus: Ah, siehst du, man lernst jedes Mal was dazu. Das wusste ich noch nicht, interessant. Aber irgendwie auch logisch, also, ja.

Iris: Also das hat man zumindest solange gemacht, bis dann irgendwann Sauerkraut ein großes Ding wurde, dann ist das irgendwie mit dem Fichtenbier so ein bisschen abgeklungen.

Markus: Ja und dann haben die Deutschen ihren Spitznamen weggehabt. Das Bier verdrängt durch Sauerkraut, hejeijei, das, wenn man mal erzählen würde, naja. Und St. Pauli ist natürlich auch mittlerweile republikweit bekannt durch den Fußballklub. Das schaut man bei euch auch, oder?

Iris: Ja , definitiv. Also wir haben ja sowieso eine enge Verbindung zum FC St. Pauli, schon alleine, weil natürlich ASTRA Sponsor ist beim FC St. Pauli. Und wir sind ja auch einfach von der Distanz super nah beieinander. Man kann easy vom Millerntor-Stadion einfach mal zu uns rüber in die ASTRA St. Pauli Brauerei laufen, das dauert, ja, 10 Minuten ungefähr und dann bist du halt bei uns. Und wir haben auch schon ein Bier mit dem FC St. Pauli zusammen gebraut. Da haben wir vorletztes Jahr den Heiliger Rasen rausgebracht. Das war ein Pils, wo wir den Fußballrasen aus dem Millerntor-Stadion mit der HopGun mit reingejagt haben.

Markus: Und das war unglaublich, das habe ich damals probiert, faszinierend, aber genau richtig, also so muss man das zelebrieren. Und ich finde überhaupt, dieser eigene Humor, der ja auch in diesem Fußballklub so ein bisschen herrscht, also man denke ja nur an dieses Pokalsieger-T-Shirt, also das ist einfach großartig und das zieht sich ja auch bei euch so ein bisschen durch. Du hast ja gesagt, du bist da viel für das Marketing zuständig, mit diesen klassischen ASTRA-Kampagnen, die man da immer so auf den Plakaten hat und so, hast du dann da auch was zu tun oder eher weniger?

Iris: Mit denen habe ich eigentlich fast gar nichts zu tun. Also wenn mal richtig Not am Mann oder an der Frau ist, unterstütze ich gerne mal mit einer kleinen Idee, aber eigentlich bin ich hauptsächlich in der ASTRA St. Pauli Brauerei und für die Biere zuständig, die wir auch bei uns vor Ort brauen.

Markus: Und wie ist es sonst mit der Mutter, also hast du ab und zu mal Kontakt oder warst du mal in Kopenhagen und hast dir das mal angeschaut oder so?

Iris: Ja, ich war Letztens erst in Kopenhagen, das war total geil, das hat richtig Spaß gemacht. Das, wie heißt das, Home of Carlsberg, diese neue Museums-Experience, wo es auch ganz viele alte Flaschen gibt und so. Die hat jetzt ja erst vor Kurzem eröffnet und da waren wir mit dem Marketingteam von Carlsberg Deutschland da. Und das war total großartig, also wir haben so eine private Führung durch den Keller gekriegt, wo wir dann so alle möglichen alten Carlsberg-Brews, einfach mal alle probieren konnten. Also da waren so teilweise Flaschen, die standen da schon so irgendwie 15 Jahren im Keller rum und wir konnten die alle mal aufreißen und alle mal probieren, das war der Hammer.

Markus: Woah, das ist eine tolle Sache. Ich habe es leider noch nicht geschafft, seitdem das Neue offen ist. Ich war vorher mal da und war überhaupt sehr beeindruckt, also in zweierlei Hinsicht. Also auf der einen Seite von diesem ganzen Stiftungsgedanken drum rum. Also da gibt es ja dieses Forschungsinstitut mit einer eigenen Forschungsbrauerei und auch einem sehr coolen Braumeister dort, der tolle Sachen macht. Und alles, was sie erforschen, das stellen sie ja tatsächlich der Welt zur Verfügung Also nicht wie bei anderen Brauereien oder überhaupt Unternehmen, die halt irgendwas erforschen und dann haben die ihr Patent und dann wird das gehegt und bewahrt und monetarisiert. Sondern da ist es ja wirklich einfach vom Grundgedanken von Carlsberg her so, dass man alles eben offenlegt und damit auch für alle verfügbar macht. Das fand ich sehr spannend und auch dieses Haus mal zu sehen, was da alles so passiert. Und auf der anderen Seite fand ich toll, wie doch dieser recht große Laden sich tatsächlich im Bereich Nachhaltigkeit engagiert und an ganz vielen kleinen Stellen schon ziemlich viel erreicht da. Also für mich zum Beispiel in Erinnerung geblieben ist, dass die ihren Sixpack mit Dosen, der wurde ja oft einfach in Folie komplett eingeschweißt. Dann gab es mal so eine Art Ringe, die man dann praktisch hatte, wo man dann die Dosen da eingebunden hat und dann hat eben noch eine neue Erfindung es dann soweit reduziert, dass es im Grunde nur noch eine kleine Klammer war, die diese 6 Dosen zusammengehalten hat und damit halt den Materialverbrauch auf ein Zehntel oder noch weniger reduziert hat. Und an ganz vielerlei Stellen eben wird da viel gemacht und gearbeitet und das eben auch wieder weitergetragen. Und da muss ich wirklich sagen, das hat mich auch beeindruckt. Und letzten Endes hat ja Carlsberg auch eine spannende Rolle, weil, wenn wir an die Gründerzeit so, also die deutsche Gründerzeit zurückdenken 1870er-Jahre, da war das alles ziemlich international und die Brauwelt war das eben auch. Und da war zum Beispiel jemand wie der Heineken oder eben Carlsberg, die waren alle mit im Brauerbund zum Beispiel engagiert und haben sich da auch für die deutsche Bierwelt, für die deutschen Brauer mit eingesetzt. Und das finde ich wirklich eine spannende Geschichte, wie ein Unternehmen über so eine lange Zeit sich da eben halten kann und nicht in diesen Konzerngedanken verfallen ist, wie das eben bei eben Heineken oder aber eben das letzten Endes der Fall ist. Also nicht, das Carlsberg immer die Guten sind, aber auf jeden Fall die Besseren, könnte man mal so sagen.

Iris: Das ist wie überall, es gibt immer Licht und Schatten. Aber ich muss tatsächlich auch sagen, also wir sind ja als ASTRA St. Pauli Brauerei, sind wir ja eine eigene GmbH und natürlich hält Carlsberg Deutschland da Anteile, aber wir sind so ein kleines bissen flexibler. Aber nichtsdestotrotz finde ich es auch schön, mit Carlsberg Deutschland und auch mit Carlsberg International zusammenzuarbeiten, weil man da auch wirklich eine große Passion spürt bei den Leuten, die da am Start sind. Du hast es ja grade auch schon gesagt, so zum Beispiel die Patente, die dann erforscht werden und dann weitergegeben werden. Ich finde es persönlich halt schon total großartig, in einem Konstrukt zu arbeiten, was zum Beispiel halt, ja, quasi für die erste Hefereinzucht verantwortlich war. Also das sind ja solche historischen Meilensteine, das macht wirklich Freude dann, an so einem Ort tätig zu sein und da halt selber was beitragen zu können.

Markus: Ja, also die Dimension, das kann man gar nicht überschätzen, glaube ich, weil nur dadurch war es ja möglich, wirklich reine Lager und Ales zu brauen. Also vorher waren das ja immer Mischgärungen und das war letzten Endes in Deutschland bis Mitte des 20. Jahrhunderts noch so, bis sich das überall durchgesetzt hat, das man eben mit Reinzuchthefe braut und dann wirklich, in Anführungsstrichen, nur den einen Stamm hat. Und letzten Endes geht das alles zurück eben auf die Anfänge der modernen Carlsberg Brauerei und das finde ich schon wirklich sehr, sehr interessant, wie sich das so entwickelt hat. Ja, darauf sollten wir noch mal anstoßen.

Iris: Ja, geht es schon wieder weiter bei dir.

Markus: Ja, ich bleibe dran, also so ist es ja nun nicht. Du kannst ja Morgen, kannst du ja ein bisschen langsamer angehen die Sache, aber wir müssen die Hörer ja bei der Stange halten. Und wir haben ja von dem STIMULATOR erzählt und von einer schwarzen Flasche, wie machen wir denn weiter?

Iris: Ja, als wenn du beide noch definitiv trinken willst, dann würde ich sagen, starten wir mit dem STIMULATOR.

Markus: Ja, also das machen wir jetzt schon. Also wie gesagt, dafür sind wir da. Also ich mache mal den STIMULATOR auf.

Iris: Guter Start in die Woche, auf einem Montag, ja, cool.

Markus: Naja, mein Gott, naja, okay. Es ist vielleicht hier in Franken tatsächlich normaler, sich am Montagnachmittag mal sieben oder acht Testbiere zu geben als bei euch, aber egal. Also, haben wir hier den STIMULATOR, von der Farbe her, das wäre jetzt wahrscheinlich auch wieder diskussionswürdig, man könnte bordeaux sagen, aber dann würde man ja in die Weinecke denken. Gibt es dafür einen unweinigen Ausdruck?

Iris: Also ich sage normalerweise, so ein bisschen kastanienbraun mit rubinroten Reflexen, das ist so.

Markus: Ach so, das Bier selber meinst du jetzt?

Iris: Ja.

Markus: Ja, nee, da bin ich dabei. Ich meinte jetzt das Etikett.

Iris: Ach, das Etikett meintest du, okay. Ja, also da sage ich einfach immer lila.

Markus: Perfekt, sehr gut, lila ist gut. das ist völlig unschuldig, da sind wir gut dabei sehr schön. Ja, beim Bier natürlich, also keine Angst, ich bin jetzt nicht völlig verwirrt, da hast du absolut Recht. Aber, wobei, der Rotstich ist grandios, also das gefällt mir richtig gut, man hat ein richtig sattes schönes Rotbraun, was leuchtet, was strahlt. Der Schaum auch wieder sehr fest, sehr dicht. Sehr gefärbt auch, da merkt man auch hier wieder, viele dunkle Malze im Einsatz. Man merkt auch, wenn man das ein bisschen im Glas hin- und herschwenkt, das da durchaus ein paar Prozentchen mehr sind. Also, ja, wie warst du da beteiligt, bei diesem Bier?

Iris: Bei dem war ich tatsächlich nur daran beteiligt, das zu verändern.

Markus: Wie war es vorher?

Iris: Der STIMULATOR war früher ein Weizen-Doppelbock und das war ein schönes Bier, das hat Freude gemacht, da hat sehr gut geschmeckt, aber es war, glaube ich, geschmacklich ein bisschen zu anspruchsvoll für unser Publikum. Wir müssen ja in der ASTRA St. Pauli Brauerei immer so ein bisschen gucken, dass wir auch die Leute abholen, die ein bisschen einseitiger trinken in ihrer Freizeit.

Markus: So Leute wie du, die eben sagen, ich möchte nicht so gern ein Weizen, ne?

Iris: Ja, zum Beispiel, genau, ja, ja. Tatsächlich, ich bin mir sicher, es gibt auch ein Bier, was du nicht so gerne trinkst.

Markus: Ja sicher, keine Frage, absolut, fängt beim Pils an.

Iris: Tatsächlich, du bist kein Pils-Fan, woah, krass.

Markus: Mittlerweile, muss ich sagen, so richtig knackige Pilsbiere mag ich, aber so dieses Wald- und Wiesen-Pils, das holt mich einfach nicht ab. Also ich kann es beurteilen und ich trinke es auch mal, aber wenn ich die Wahl habe, was anderes zu haben, nehme ich in der Regel lieber was anderes.

Iris: Aber das Heiliger Rasen ging für dich, ja? Weil, das hat ja schon sehr pilsig geschmeckt so.

Markus: Ja, aber das war ja eine ganze Geschichte, die man da getrunken hat. Das waren ja zig-1.000 Menschen, stolz auf diesen Verein, also Blut, Schweiß, Tränen, was weiß ich was alles.

Iris: Du glaubst nicht, was da im Rasen alles drin war, den mussten wir echt gut saubermachen vorher.

Markus: Eben, also ich meine, da schwamm ja so viel mit, also insofern, da ist es dann auch egal fast schon.

Iris: Ja, okay, ja, gut. Ja, also was ich halt sagen wollte ist, wir haben ja schon einfach dadurch, dass wir auf der Reeperbahn sind und auch ein relativ großer Laden, haben wir sehr viel Laufkundschaft und auch sehr viel Touri-Verkehr. Über die wir uns natürlich auch freuen, also wir sind stolz, dass die ASTRA als eine Location wahrnehmen, wo sie mal hin müssen, wenn sie in Hamburg sind. Und das Ding ist aber natürlich auch, dass diese Leute uns, weil ja die Hauptsorten im Supermarkt deutschlandweit verfügbar sind, hauptsächlich uns für unsere großen Biere kennen. Also die kennen uns für das ASTRA URTYP oder für die RAKETE oder für das ROTLICHT vielleicht und wenn die dann natürlich zu uns auf den Kiez kommen, dann möchten die auch gerne sowas wie das URTYP trinken und haben jetzt vielleicht nicht so die riesige Affinität, was die Bierstilvielfalt angeht. Das heißt, dass die Biere, die wir bei uns brauen, also die müssen so ein bisschen die Tür aufmachen. Also wir können nicht so richtig crazy Biere machen, wo man den allerersten Schluck nimmt und denkt so, ach du Scheiße, was ist das denn, hat das überhaupt noch was mit Bier zu tun, sondern müssen halt so ein bisschen gucken, dass wir die Leute zwar überraschen, aber nicht überfordern. Und das Ding mit dem STIMULATOR, so wie er früher war, der war einfach zu krass. Der war zu heftig, der war zu doll, der hatte so viel Säure und war zu fett gleichzeitig und zu weizig. Also ich persönlich fand, das war ein grandioses und sehr leckeres Bier, aber es war ein bisschen zu weit weg von dem, was man halt als Person, die sonst eher bei den konventionelleren Bierstilen unterwegs ist, von Bier erwarten würde. Und deswegen ist das Bier halt nicht so gut gelaufen. Also das war wirklich, in unseren Absätzen war der STIMULATOR immer ganz unten, ganz abgeschlagen. Und dann haben wir gedacht, Mensch, wir müssen da irgendwas beim STIMULATOR, damit der sich halt so ein bisschen angleicht. Weil das ist natürlich auch ätzend, wenn du halt so ein Bier hast, was sich dann im Vergleich zu den anderen fast gar nicht verkauft. Ja und dann haben wir den STIMULATOR ein bisschen angepasst, das ist jetzt kein Weizen-Doppelbock mehr, sondern das ist jetzt ein Gersten-Doppelbock und ein bisschen mehr an dem, was Leute, die … ja, habe ich schon erklärt, du weißt, was ich meine.

Markus: Ihr habt quasi den STIMULATOR stimuliert, so könnte man das sagen.

Iris: Ja, genau. Der STIMULATOR hat übrigens auch ein gutes Tape Handle bei uns, ist dir das schon manchmal aufgefallen?

Markus: Nein.

Iris: Das ist ein Massagestab.

Markus: Oh, ein Massagestab, okay, gut, sehr schön. Also da werde ich nächstes Mal noch genauer hinschauen, wird gemacht, versprochen.

Iris: Sehr gut.

Markus: Also sensorisch finde ich auf jeden Fall wahnsinnig schön das Mundgefühl, so richtig weich, cremig, rund. Es kommt auch erst mal ein bisschen unschuldig daher, wie so ein Malzbier fast, also im positiven Sinne, sehr süß, also nicht zu süß, aber halt einfach auf dieser süßen Seite. Dann ein bisschen Karamell, ein bisschen Lakritz, ein bisschen so, ja, fast melassig. Also wirklich eine tolle interessante Malznote dabei und dann auch ein bisschen was Fruchtiges, finde ich auch spannend, sehr rund. Und auch hinten die Bittere ist durchaus da, also es hat doch was, aber sehr schön eingebunden, fängt eben diesen wuchtigen süßen Körper auch gut ab. Und hat dann ja auch nur, in Anführungsstrichen, 7%, das finde ich auch ganz ordentlich. Ist das denn von der Stammwürze her, falls du das weißt, ein Doppelbock?

Iris: Ja, ja, ist 18 Grad.

Markus: Woah! Also dann hat man natürlich auch den Grund, warum wir hier die Süße haben, weil viel Restsüße drin ist. Da kann ich mir vorstellen, dass das wirklich die Leute ganz schön wegbeamt bei euch, weil sich das so schön trinkt, ne?

Iris: Ja, das geht auf jeden Fall gut runter. Und wir haben ja auch häufiger so Partyverkehr bei uns, mal so Gruppen aus England oder so, die bestellen sich gerne mal den 3-Liter-Tower davon, die haben dann auch genug nach einem.

Markus: Ja, das wollte ich sowieso noch fragen, in welchen Formen es das Bier bei euch gibt? Weil ich habe zum Beispiel letztes Mal auch einfach, weil es mich interessiert hat, mal den URTYP und den, muss ich auch sagen, also frisch gezapft vom Hahn ist das auch ein richtig geiles Bier. Also das ist halt auch einfach der Punkt, also oft hat es was damit einfach zu tun, wie frisch ist das Bier und wie weit ist der Weg praktisch von der Brauerei und vom Fass ins Glas und das hat mich da auch wirklich überzeugt. Auch, wie gesagt, wenn ich sonst kein Pils-Fan bin, aber das fand ich echt gut. Und was gibt es überhaupt so bei euch für Größen, also geht es bis zum Maßkrug? Du hast ja grade gesagt, bis zu 3 Liter, das ist dann schon ein Eimer, ne?

Iris: Ja, das ist halt dieser Tower, den kennst du vielleicht, wo man sich unten so selber was raus zapfen kann. Ich persönlich bin jetzt nicht der allergrößte Fan von diesen Towern, aber die haben schon eine gute Signalwirkung. Also wenn die an so einem Tisch stehen, dann sehen das andere Tische. Man merkt das grade im Sommer auf der Terrasse gut, also wenn ein Tower verkauft wurde, dann sind auf einmal 10 Tower verkauft.

Markus: Tut ihr da Eiswürfel rein?

Iris: Nee. Aber die haben so ein Inlay, also von oben steckt man dann quasi noch so eine Metallsäule rein, wo man die Eiswürfel rein tut. Also wir tun es nicht direkt ins Bier und da sind die dann.

Markus: Genau. Weil da war ich nämlich ganz schockiert, ich glaube, das war in Belgien oder in Italien, ich weiß gar nicht mehr genau, aber jedenfalls war in einer Kneipe, die hatten auch Tower und die haben tatsächlich in den Tower, also in das Bier dann tonnenweise Eiswürfel reingekippt. Das fand ich dann schon ein bisschen strainge.

Iris: Abgefahren. Ja, das habe ich in China häufiger erlebt. Aber in Belgien, hast du gesagt, war das?

Markus: Ich weiß nicht mehr genau, ob es Belgien oder Italien war, war halt so eine klassische Kneipe, wo man eher Standard-Lagerbier trinkt, also jetzt kein wirklicher Bier-Place. Und ich habe einfach nur die Tower gesehen und habe mich dafür interessiert und als ich dann näher hingeguckt habe, habe ich festgestellt, oh Gott, das ist ja alles voll mit Eis. Das fand ich dann echt, ja, war krass.

Iris: Ja, also das machen wir nicht. Wir machen da schon Eis rein, aber das ist dann eine indirekte abgeschlossene Kühlung. Also keine Angst, wir verwässern unser ASTRA nicht selber. Ja und neben den 3-Liter-Towern gibt es natürlich auch normale Gläser bei uns zu kaufen, also man kann entweder 0,25 kaufen oder eben 4. Und ansonsten gibt es auch noch ein paar Biere direkt aus der 0,33-Knolle, also aus der Steiniflasche, wir nennen die ja Knolle bei uns. Ja und das war es dann eigentlich auch an Optionen, aber reicht, denke ich.

Markus: Ja und alle, die jetzt nicht sofort zu euch kommen können, die können im Onlineshop zumindest zuschlagen, ne?

Iris: Genau, ja. Weil unsere Sorten, wir brauen ja nicht so viel davon, habe ja schon erzählt, das ist ja nur so ein 10-Hekto-Sudwerk und von daher gibt es das nicht im Supermarkt. Aber man kann unter astra-shop.de, kann man sich die Sorten Nachhause bestellen, entweder in der Knolle oder auch im 5-Liter-Fass.

Markus: Ja, also genügend Auswahl. Bleibt uns noch ein wichtiges Thema oder vielleicht sind es sogar zwei, ich weiß gar nicht so genau. Es bleibt uns auf jeden Fall diese schwarze Flasche, unetikettiert, die ganz geheimnisvoll auf meinem Schreibtisch rumsteht und dieses Thema SENATSBOCK. Hat das was miteinander zu tun?

Iris: Ja, das hat was miteinander zu tun. Also die unetikettierte Flasche, das ist unser diesjähriger SENATSBOCK. Die ist nicht etikettiert, weil unsere ganzen Flachen schon weg waren und ich wollte auch in der Runde aber trotzdem noch den SENATSBOCK mitschicken, deswegen habe ich Merlin gebeten, obwohl wir keine Etiketten mehr haben, dann noch mal so ein paar Flaschen abzufüllen und das hat er netter Weise für mich getan.

Markus: Ja und das ist auch unglaublich dankenswert! Weil, ich war vor Kurzem ja noch in Hamburg und habe da beim Christian Temme im Braustättchen einen Rauchbierabend gestaltet mit einem Freund aus Polen zusammen, wo wir dann alle möglichen Rauchbiere verkostet haben. Am Schluss waren es, glaube ich, 13 oder so, war eine Menge. Und da kamen wir an und er hat uns total vorgeschwärmt von diesem wunderbaren SENATSBOCK und dann hatte er keinen mehr. Und das ist ja das Schlimmste, was einem passieren kann, wenn Menschen über ein ganz tolles Bier reden und dann ist es nicht da. Und dann, als ich Heim kam, habe ich dann die Kiste von euch gesehen und habe die Flasche gesehen und habe mir gedacht, wenn ich Glück hab, dann ist es das. Und ich hatte dir ja zwischendurch noch eine SMS geschrieben, die mich auch hoffnungsvoll gestimmt hat. Insofern bin ich da jetzt wirklich sehr voller freudiger Erwartung und wenn du nichts dagegen hast, würde ich es mal aufmachen.

Iris: Ja, mach das mal auf, ich erzähle einfach mal, was das für eine Variante ist, solange. Also beim SENATSBOCK-Brauprojekt geht es darum, das mehrere Hamburger Brauereien gemeinschaftlich brauen. Jedes Jahr wird ein dunkler Doppelbock gebraut und theoretisch ist die Malzschüttung immer die gleiche. Das hat sich mittlerweile so ein bisschen aufgeweicht, aber die restlichen Zutaten, kann dann jede Brauerei selber kreativ werden und eine eigene Variante des Hamburger SENATSBOCK brauen. Das passiert dann, also releast werden die dann immer Ende Januar und da stellen dann alle Brauereien ihren diesjährigen Hamburger SENATSBOCK vor. Die Biere heißen auch alle gleich, das macht es auch so ein bisschen interessant. Und wir sind jetzt das 3. Mal dabei und haben dieses Jahr eine Variante mit, na, weißt du es schon oder soll ich es sagen?

Markus: Es ist unglaublich! Es ist wirklich unglaublich, weil ich bin persönlich ein ganz großer Fan, ich muss ja fast sagen, ich bin ein Fan von allen möglichen Süßigkeiten, aber insbesondere After Eight habe ich schon immer sehr, sehr gerne gemocht. Und auch dieser tollen Geruch und diese Mischung aus Minze und dunkler Schokolade hat mich immer total geflasht und total abgeholt. Und wenn man die erste Nase nimmt, ist das total präsent, also als würde man die Packung grade aufreißen und die Nase reinhalten, mitten rein und dann hat man das. Also wenn ich jetzt nicht ganz falsch liege, dann wäre das in diesem Fall Minze, oder?

Iris: Ja, genau, wir haben da mit Minze gearbeitet und noch mit Kakao in Nips und in Pulverform und haben dann quasi unser ASTRA-EIGHT gemacht.

Markus: Also ich habe es auch grade probiert, bestätigt sich auch im Mund. Also ein kleines bisschen anders, weil noch eine gewisse Säurenote mit dabei ist, die einfach vom Röstmalz kommt, aber an sich, also großartig, dieses Spiel aus dieser Minze, die ja auch sehr frisch ist. Das ätherische Öl, das bleibt einem ja im Mund an jeder Stelle irgendwo da. Auch nach dem Trunk ist das noch da und ist immer wieder präsent und dazwischen diese schokoladigen röstigen Noten von dem Bier, ja, also eine tolle Mischung. Also ich weiß gar nicht, wer das ursprünglich mal erfunden hat. Falls es die Engländer waren, bin ich ihnen auf jeden Fall sehr dankbar dafür. Und das ist toll und natürlich auch Hammeridee, sowas mit einem Bier zu machen.

Iris: Ja, danke.

Markus: Wie kam das an?

Iris: Das kam sehr gut an, also da war ich auch sehr happy. Wir versuchen ja jedes Jahr eine etwas ausgefallene Doppelbock-Variante zu machen, also wir geben uns nicht damit zufrieden, dann einfach einen ganz normalen dunklen Doppelbock zu brauen. Und haben aber dann trotzdem immer noch den Anspruch, dass wir dieses Bier in einem Wort oder einem Satz erklären können. Das ist dann am Ende so ein bisschen limitierend, aber, ich finde, das sorgt dann auch dafür, dass wir halt nicht nur ein Bier haben, was gut schmeckt, sondern auch noch so eine Story drum herum. Und ich bin der Meinung, das haben wir hier mit dem Hamburger SENATSBOCK ASTRA-EIGHT Edition auch wieder ganz gut geschafft.

Markus: Ja, also das Bild ist sofort im Kopf da, wenn du ASTRA EIGHT sagst, weiß man sofort, was gemeint ist. Gab es da keinen Ärger so mit den After-Eight-Jungs, von wegen Namensähnlichkeit oder so oder sind die da locker?

Iris: Ach, ich glaube, also wir haben nicht gefragt, aber wir haben ja auch nicht After Eight draufgeschrieben. Und am Ende, ich meine, wir haben von diesem Bier jetzt 10 Hekto gebraut, das ist ja auch quasi sofort wieder weg, da, glaube ich, passiert nix mehr.

Markus: Ja, das ist der ganz große Vorteil bei solchen Suden, weil die sind dann einfach Geschichte, bevor sich irgendjemand beschweren kann und dann ist das auch völlig okay. Und ich finde das auch total cool und das ist für mich wirklich, also mindestens 49 %, was euch auch ausmacht, in meinen Augen ist dieser wirklich sehr kreative Umgang mit den Namen, dieses Spiel mit den Bezeichnungen, auch mit eben dem Bezug immer wieder auf Hamburg und auch die Reeperbahn und all das und da natürlich auch die Kreativität in den Bieren, das entsprechend umzusetzen.

Iris: Ja, danke schön.

Markus: Und damit auch Akzente zu setzen, das ist ja auch so ein Punkt, das macht ja auch nicht jeder. Und da habt ihr vielleicht durch eure Stellung auch die Möglichkeit und die Freiheit, das auch ein bisschen zu machen. Und umso besser, also wir leben ja in einer Zeit, wo die deutschen Craft-Biere nicht die allerbeste Zeit haben und das ist es toll, dass es eben sowas gibt und das ihr die Möglichkeiten habt. Und das euer Laden wirklich brummt, auch das finde ich toll. Als ich da war, war ich richtig froh zu sehen, dass das einfach voll ist, dass da Leute Spaß haben, dass es lebendige Bierkultur ist, die gelebt wird. Das ist schön und wichtig und macht dann auch ein bisschen hoffnungsfroh. Und dieses Bier auch, also weil, das ist eine tolle Entwicklung. Habt ihr da echte Minze genommen oder wie lief das?

Iris: Nee, wir haben tatsächlich das erst mal mit echter Minze probiert, aber das hat nicht viel für die Sensorik getan. Das kam dann irgendwie so ein bisschen moderig raus und deswegen sind wir dann auf Pfefferminztee übergegangen, aber das hat dann sehr gut geklappt.

Markus: Ja, das hat sogar super gut geklappt. Erinnert mich ein bisschen an ein Gespräch, dass ich mit dem Basti von Lemke hatte auch hier im BierTalk, über den Waldmeister. Und da haben die auch vieles probiert, um eben die Waldmeister Weisse mit Waldmeister zu machen. Und ich glaube, am Ende war es dann eine Tiefkühlgeschichte, die das dann hingekriegt hat, aber nach vielen, vielen Versuchen. Und insofern, es ist tatsächlich nicht so leicht, das Bier mit solchen Sachen anzureichern. Aber hier auf jeden Fall, das Ergebnis gibt euch auf jeden Fall Recht. Und da gibt es wahrscheinlich hoffentlich in der Zukunft noch viele andere ähnliche kreative und spannende Ansätze.

Iris: Du, bestimmt. Also das ist auch das, was mir am meisten Spaß macht, was Merlin auch am meisten Spaß macht und wir haben für dieses Jahr schon ein paar richtig geile Sachen in der Pipeline. Also ich bin total excited, grade Richtung Sommer, da wird ein Bier rauskommen, was ich mir schon seit zwei Jahren, na, nicht zwei Jahre, was ich mir seit einem Jahr ungefähr wünsche und von dem ich vollends überzeugt bin. Also ich bin gespannt, was du dann dazu sagst, ich schicke dir dann eine Flasche, wenn du es nicht nach Hamburg schaffst.

Markus: Okay. Also ich werde es auf jeden Fall auch mal nach Hamburg schaffen, die Frage ist, ob ich es rechtzeitig schaffe, aber das können wir dann ja noch tun. Und euch auf jeden Fall. liebe Hörer :innen da draußen, der unbedingte Tipp, also Hamburg ist natürlich immer eine Reise wert, sowieso als Stadt. Also da bin ich auch sehr, sehr gerne und ich persönlich bin dann auch sehr gerne auf dem Wasser, mache dann einfach mal so eine Rundfahrt mit so einer kleinen Hafenschaluppe oder Barkasse oder wie immer man das nennt und fahre da einfach rum und genieße die Atmosphäre.

Iris: Ich habe an der Stelle so einen ganz kleinen Tipp als Hamburgerin und zwar, wenn man sich die Barkassenfahrt sparen möchte, dann kann man auch einfach die Fähre nehmen, die Fähre ist nämlich im hvv-Ticket mit drin. Also das heißt, wenn man ein Deutschlandticket hat oder eine Tageskarte oder so, kann man kostenlos mit dieser Fähre fahren. Und die Fähre ist das letzte öffentliche Verkehrsmittel in Hamburg, auf dem es erlaubt ist, Alkohol zu trinken. Das heißt, bei gutem Wetter kann man sich oben auf die Fähre setzen mit einem big Bier und das ist der schönste Ort der Stadt.

Markus: Woah, also das flasht mich jetzt. Von wo nach wo fährt die?

Iris: Ja, die fährt da von den Landungsbrücken nach Ovelgönne zum Beispiel. Also es gibt so, ich glaube, 3 verschiedene Routen. Und die fährt aber auch wieder zurück, also man kann sich einfach draufsetzen und dann fährt man hin, fährt man zurück. Dauert dann so, weiß nicht, 45 Minuten. Und man kann ein bisschen den Hafen angucken und dabei ganz entspannt das Bier vom Kiosk trinken, das sind die besten Momente.

Markus: Also das ist ein toller Tipp, vielen Dank, den nehme ich sehr, sehr gerne mit. Und ich gebe noch einen letzten von meiner Seite, was ich mal gemacht habe vor 2, 3 Jahren. Ich habe mich mal an einem schönen sonnigen Tag einfach, das ist etwas nördlich von Hamburg, da, wo die Schiffsbegrüßungsanlage steht, da rausgesetzt. Da gibt es dann so eine Terrasse, mehrere sogar, wo man sich hinsetzen kann und eben auch ein schönes Bierchen trinken kann und dann fahren eben die ganzen Schiffe so in die Elbe rein oder die Elbe entlang. Und dann gibt es da so ausgemusterte Kapitäne, die dann dastehen und wirklich jedes einzelne Schiff begrüßen mit Nationalhymne, ein bisschen was dazu erzählen, was es geladen hat und was es so macht und dazu noch einen Schwank aus ihrem Leben, wie auch immer. Also es hat auch manchmal etwas Zotiges, aber es ist auch wirklich sehr interessant und sehr international. Und auch noch mal eine Möglichkeit, wenn jemand einfach dieses ganz besondere Hamburg-Flair mal haben will, was man sonst eben in der ganzen Republik nicht hat, da kann man das vielleicht auch mal probieren. Also, ja, danke schön, liebe Iris, das war ein ganz, ganz toller Einblick in deine Welt und in deine Brauerei und alles, was dein Leben so ausmacht, vielen, vielen Dank. Ich freue mich, dass wir uns bald wieder sehen und dann auch gemeinsam das ein oder andere Bier genießen. Und dir auf jeden Fall heute noch einen schönen Tag.

Iris: Ja, dir auch noch einen schönen Abend. Und ich hoffe, dass du die Flaschen, die du jetzt alle aufgerissen hast, auch schön brav austrinkst.

Markus: Okay, wird gemacht. Wir Männer machen ja immer, was die Frauen sagen, also werde ich das auch tun.

Iris: Sehr gut.

Markus: Also bis dann, tschau.

Iris: Tschüss.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 136 – Interview mit Kerstin Gößl und Vladimir Kloz vom alkoholfreien Restaurant Sägemühle aus Hiltpoltstein

Im fränkischen Gasthof „Zur Sägemühle“ in Hiltpoltstein haben Kerstin Gößl und Vladimir Kloz eine bemerkenswerte Entscheidung getroffen: Seit dem 13. Januar 2024 ist ihr Lokal der erste in Bayern, der komplett auf Alkohol verzichtet. Diese radikale Umstellung folgte Vladimir Kloz‘ Kampf mit der Alkoholabhängigkeit und dem Wunsch, eine Umgebung zu schaffen, die seine Genesung unterstützt. Die Reaktion der Gäste? Überwältigend positiv. Der Gasthof, bekannt für seine Offenheit gegenüber vegetarischen, veganen sowie gluten- und laktosefreien Gerichten, erweitert sein Angebot nun um eine Vielzahl alkoholfreier Getränke – ein mutiger Schritt, der zeigt, wie ein persönlicher Kampf zu einer inspirierenden Geschäftsidee werden kann. Im BierTalk erzählen die beiden von Ihrer Geschichte und den verschiedenen Herausforderungen auf dem Weg dorthin…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute machen wir eine kleine Reise, gar nicht weit weg von Bamberg, wir gehen in die Fränkische Schweiz und gehen dort zu Kerstin Gössel und ihrem Mann Vladimir Klotz, die dort einen Gasthof betreiben. Und es ist nicht nur irgendein Gasthof, es ist ein Gasthof, der in vielerlei Hinsicht sich Herausforderungen gestellt hat, neue Themen aufgenommen hat, glutenfrei zum Beispiel, aber auch alkoholfrei. Und dahinter steckt natürlich auch eine Geschichte und wir werden heute ein bisschen drüber sprechen. Und ich bin sehr froh, dass ihr beide da seid. Und vielleicht stellt ihr euch ganz kurz unseren Hörern mal selber vor.

Kerstin: Ja, hallo, ich bin die Kerstin Gössel. Ja, gebürtig hier aus Hildburgstein tatsächlich. Habe über 20 Jahre in Ebermannstadt gelebt, da haben mein Mann und ich zusammen ein kleines Café gehabt in Ebermannstadt selber und sind dann 2019 wieder, ja, zurück in meine Heimat quasi, nach Großenohe.

Vladimir: Ja, ich bin Vladimir Klotz, ja, was soll ich sagen?

Kerstin: Dass du auch Tschechien bist zum Beispiel.

Vladimir: Ach so, das stimmt. Ja, ich bin ein tschechischer Lump. Ich bin Koch hier, erst in der Konditorei. Sag du alles, du kannst das.

Kerstin: Ja und wir betreiben halt den Gasthof jetzt mittlerweile seit fünf Jahren. Haben immer wieder unsere, ja, Konzepte angepasst, verbessert. Man muss sich ja auch weiterentwickeln.

Markus: Ja, absolut. Und vielleicht nehmen wir unsere Hörer erst noch kurz ein bisschen mit auf die Reise, wo sind wir denn überhaupt? Also was heißt Fränkische Schweiz, wie schaut es da aus, was muss man sich da vorstellen?

Kerstin: Okay, also die Fränkische Schweiz, die hat also tatsächlich ihren Namen von dem Abgleich an die Schweiz an sich, weil wir sehr hügelig unterwegs sind, sage ich mal. Direkt oberhalb von uns, da sind die Franken 3 Zinnen, also das Original gibt es ja in den Dolomiten und wir hier in der Fränkischen Schweiz, wir haben eben ganz, ganz viele Kletterfelsen. Wir sind ein weltbekanntes Klettergebiet, Wanderregion, für Radfahrer ideal, Naturpark, der Felsensteiner Forst ist auch ein Naturschutzgebiet, der ist sehr weitläufig. Und wir sind hier quasi in der südlichen Fränkischen Schweiz, so nennt sich das. Wir sind am Rand vom Landkreis Bayreuth, am Rand vom Nürnberger Land, also Nürnberger Landkreis, Erlangen, Höchstadt, Fürth, also wir sitzen quasi mittendrin. Wir haben von uns bis nach Nürnberg zum Flughafen sind es 32 km, nach Forchheim sind es 25, nach Bamberg sind es 50 km, also wir sitzen schön mittendrin quasi im Zentrum. Wir haben ein sehr großes Einzugsgebiet hier in der Fränkischen.

Markus: Ja, also wirklich eben im Herzen Frankens und das ist ja schon seit vielen, vielen Jahrzehnten oder vielleicht sogar Jahrhunderten ein Erholungsgebiet, ein Tourismusgebiet, wie man heute auch sagt und man kann ganz viele, viele schöne Sachen. Und du bist da groß geworden, Kerstin. Bist du da auch schon unterwegs gewesen, gewandert als Junge oder wie bist du so, wie hast du das so gemacht?

Kerstin: Ja, also ich kann mich erinnern, so wie ich noch Kind war, so um die 10, 11 Jahre oder noch kleiner, da hat es bei uns in der Region tatsächlich auch immer so Wandertage gegeben, wo man dann so Wanderpokale gewinnen konnte, so Familienwandern und sowas, wo man dann einfach den Familien auch diese Wanderregion näher gebracht hat. Und ich muss ganz ehrlich sagen, in dieser Corona-Phase haben das ganz viele wieder für sich entdeckt, die Fränkische Schweiz, einfach als Wanderregion, Ausflüge zu machen. Wir sind hier eben in diesem Großenoher Tal, wir sind hier wirklich in einem der schönsten Täler der Fränkischen Schweiz, wo wirklich ganz viele Tagesausflügler unterwegs sind zum Klettern, Radfahren, Wandern. Motorrad fahren ist ja für die Fränkische auch sehr heiß begehrt, eben weil es kurvenreich ist, so wie in der Schweiz auch, daher eben der Name.

Markus: Ja, absolut. Und ich muss sagen, ich bin ja selber oft da, es ist wirklich einfach wunder, wunder, wunderschön und leicht zu erreichen auch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Also deswegen auch ein unbedingter Tipp an alle Hörer: innen da draußen, also unbedingt mal da vorbeischauen und da eignet sich natürlich euer Gasthof perfekt, kommen wir gleich dazu. Vorher vielleicht noch an den Vladimir, wo kommst du eigentlich her, wo ungefähr in Tschechien, wo und wie bist du da so groß geworden?

Vladimir: Na ich bin Nordtschechei oben, so zwischen Dresden und Prag. Zum Beispiel die historische Stadt, wie Theresien.

Kerstin: Theresienstadt.

Vladimir: Theresienstadt, das ist 2 km, das ist das Lager in …

Kerstin: Das ist das Konzentrationslager gewesen, das ist auch da ein Ausflugsziel, dass man auch das Lager anschauen kann. Theresienstadt heißt das, es ist 2 km von Leitmeritz oder Litomerice weg und das liegt genau zwischen Dresden und Prag, genau zwischendrin.

Vladimir: Da gibt es auch die Region oben Tschechei, die Region Tschechische Schweiz.

Kerstin: Genau. Das ist so ein Gebirgszug, quasi die Fränkische Schweiz, dann kommt die Sächsische Schweiz und die Böhmische Schweiz oder Tschechische Schweiz, das ist ein Gebirgszug, wie sagt man da, Gebirgs?

Vladimir: Eine geologische oder geologische einfach. Das ist so identisch, zu viele Steine, zu viel Burg, Naturpark, das ist circa identisch.

Kerstin: Identisch.

Markus: Ist auch sehr schön, habe ich auch tatsächlich von allen Seiten schon bereist, also sowohl von der Sächsischen als auch der Tschechischen, als auch natürlich der Fränkischen Seite und, ja, also sehr eindrucksvoll, sehr spannend, besonders im Sommer natürlich, wenn da dann entsprechend auch das Wetter zum Wandern passt. Wie habt ihr beide euch denn dann kennengelernt?

Kerstin: Wie haben wir uns kennengelernt? Wie wir uns das erste Mal gesehen haben, ja, das war wie so eine Story aus Rosamunde Pilcher irgendwie. Also er war Pferdepfleger in dem Stall, wo ich mein Pferd stehen hatte. Er war wirklich der Pferdepfleger.

Markus: Ja, Wahnsinn. Ja und dann hat es irgendwann gefunkt und dann habt ihr gesagt, jetzt machen wir zusammen weiter.

Kerstin: Ja, genau.

Vladimir: Und später diese Story, das ist wirklich, ich sage es immer, ist Rosamunde Pilcher und Danielle Steel sitzen im Café und sprechen und machen neuen Roman, diese zwei Frauen.

Markus: Ja, das kann ich mir gut vorstellen. Ja, ihr habt dann als erstes dieses Café zusammen aufgemacht. Wie kam es dazu, habt ihr beide Erfahrungen vorher gehabt in der Gastronomie?

Kerstin: Naja, das ist halt, wenn man so sein Leben einmal komplett resetet und neu startet, dann überlegt man sich, wie soll der gemeinsame Weg weitergehen. Und ich bin gelernte Konditorin, es war schon immer mein Traum, so ein eigenes Café oder Lokal zu haben und mein Mann, der Vladi, der hat in der Tschechei, Tschechien muss man ja sagen, Tschechei darf man ja nicht mehr sagen, Tschechien, ja oft im Service gearbeitet oder als Kellner oder in Lokalen ausgeholfen. Dann hat er mal so als Barkeeper gearbeitet in so einem Underground, wie hat das geheißen, Dynamo Hardrock Café.

Vladimir: Hardrock Café.

Kerstin: Ja, genau, Dynamo Hardrock Café, das ist so ein richtiges Underground Hardrock Café. Und, ja und dann hat man gesagt, okay warum probiert man es nicht einfach, warum versuchen wir es nicht einfach, das gemeinsam zu machen? Dass war einfach unser gemeinsamer Nenner, ja und dann haben wir das gemacht. Dann haben wir uns da in Ebermannstadt, war dann eben schon länger ein Café leer gestanden und haben uns da dann quasi dafür interessiert und auch dann gepachtet und ja, und dann haben wir das probiert. Und dann hat sich das hier in Großenohe ergeben und dann sind wir halt hier, ja, genau.

Markus: Ja und dann hast du viele, viele süße Sachen gemacht im Café und was hat sich dann, ja, da kommen wir gleich noch dazu, habt ihr natürlich immer noch.

Kerstin: Ich habe immer gesagt, das war unser Testobjekt, ob wir sowas überhaupt hinbekommen und ja, wie es scheint, hat es ja funktioniert.

Markus: Ja und dass ihr auch beide zusammen funktioniert. Und war es dann da schon so, dass bei dir dieses Thema Allergie, Unverträglichkeit aufgetaucht ist, Kerstin?

Kerstin: Also ich selber bin Allergikerin, ich reagiere auf Gewürze und Aromastoffe und musste auch deshalb meinen, ja, Konditorberuf an den Nagel hängen. Also ich hatte mich, das muss ich vielleicht noch kurz dazu sagen, ich hatte mich 2014 noch bei meinem Exmann zu Hause, hatte ich mich schon als Konditorin selbständig gemacht. Habe dann nur so Torten auf Bestellung gemacht, so Fondants, Modellagen gemacht und 3D-Torten und so, Motivtorten und so Zeugs. Nur auf Bestellung für Hochzeiten, Geburtstage, Taufen und was es alles gibt. Und dann haben aber wir uns kennengelernt und dann, ich war ja schon selbständig und daher war also diese Option auch mit diesem Café gegeben, wo wir gesagt haben, okay wir können das probieren, ich habe das Wissen und ich darf so was auch machen. Ja und dann einfach dieser Betriebswechsel, klar. Und diese Allergiegeschichten, das war also tatsächlich schon gegeben, schon von der Zeit, wo ich nur Torten gemacht habe, wurden auch bei mir schon öfter glutenfreie Torten oder laktosefreie Sachen bestellt und die Leute haben einfach gemerkt gehabt, okay, die arbeitet da vernünftig, arbeitet zuverlässig und auch sauber. Der Begriff klingt zwar immer ein bisschen blöd, sauber, was ist sauber? Aber gerade bei Gluten zum Beispiel oder Laktose muss einfach auch eine Kontamination ausgeschlossen sein, damit Leute mit Zöliakie, Glutenunverträglichkeiten, keine Probleme haben. Und da waren die Leute bei mir einfach sicher, dass ich das machen kann, dass das da eben ordnungsgemäß ist.

Vladimir: Kein Risiko, Kontamination.

Kerstin: Genau.

Markus: Ja und das ist ja auch ein ganz wichtiges Thema. Tatsächlich in Deutschland noch relativ stiefmütterlich.

Kerstin: Ja.

Markus: Aber ich bin ja sehr viel im Ausland unterwegs, also in Italien zum Beispiel ist das seit vielen Jahren absolut klar, es gibt in nahezu jeder Pizzeria auch die glutenfreie Alternative, in England zum Beispiel auch, also viele, viele andere Länder. Und ich erlebe es auch oft bei Touristen, die wir hier betreuen über die BierAkademie oder wir haben auch so Tastings auf Kreuzfahrtschiffen, auf diesen Flusskreuzfahrtschiffen, dass dann wirklich auch die Frage immer ist, haben sie eine glutenfreie Alternative? Und insofern, glaube ich, habt ihr da, also ohne das jetzt bewusst erstmal zu wollen, aber notgedrungen einen Nerv getroffen und es ist auf jeden Fall sicherlich eine gute Sache und eine sinnvolle Sache, dass auch so zu machen. Merkst du denn für dich dann auch, dass es dir gesundheitlich dadurch besser geht?

Kerstin: Ja, weil ich, das ist der nächste Punkt, wir haben also das Konzept hier in der Sägemühle dann 2019 im Herbst, also wir haben 2019 im April hier eröffnet, das Lokal und das Lokal war ungefähr acht oder zehn Jahre komplett geschlossen, da war gar nichts drauf. Und wir haben dann 2019, genau Karfreitag war unser erster Tag hier und haben, ja, einen wahnsinnigen Run erlebt. Da hatten wir aber noch nicht komplett glutenfreie Küche, da haben wir noch gemischt gearbeitet. Und haben dann im, ja, ich weiß gar nicht mehr, August, September, glaube ich, war es, also Richtung Herbst, Spätsommer, Herbst, haben wir dann komplett auf glutenfrei umgestellt. Und haben tatsächlich dadurch eine Alleinstellung in ganz Oberfranken erlangt, weil das ist Wahnsinn, was wir da für einen Zulauf bekommen haben aus ganz Deutschland. Und wir haben dann auch immer wieder das Konzept verbessert. Ich backe ja Brot, Brötchen, Laugenstangen und so, das verschicke ich in ganz Deutschland. Ich habe letzte Woche jetzt auch eine Anfrage aus Österreich bekommen, dass ich da glutenfreies Brot hinschicke, weil die, sie hat gesagt, sie sitzt irgendwo, sie wohnt auf meiner Berghütte da oben und sie kommt nirgendwo an glutenfreies Brot ran. Und das ist wirklich ein Thema, wo sehr aktuell ist. Und dann hat sich bei mir tatsächlich vor zwei Jahren selber eine Zöliakie bemerkbar gemacht. Also ich habe tatsächlich selber Zöliakie, wahrscheinlich schon seit meiner Kindheit und das wurde halt jetzt erst festgestellt, diagnostiziert. Und natürlich bekommt mir das dann viel, viel besser, klar, logisch. Ich muss ja jetzt glutenfrei leben.

Markus: Ja und ihr verschickt ja auch mittlerweile eure Sachen in die ganze Republik. Da kommen wir nachher sowieso noch dazu. Aber jetzt vielleicht mal kurz zu den neuesten Entwicklungen, ihr habt ja dann irgendwie festgestellt, dass es da bei euch beiden noch so was Drittes gibt, das Thema Alkohol. Wie ist das denn überhaupt aufgekommen?

Kerstin: Naja gut, das Thema Alkohol ist halt bei meinem Mann, ja, schon seit sieben Jahren ungefähr, ja, viel zu präsent, sage ich mal. Gut, das ist natürlich schon die Anfangszeit gewesen, wo wir uns kennengelernt haben, aber wenn man sich so neu kennenlernt, dann nimmt man das vielleicht dann noch nicht so wahr oder, ja, schaut da nicht so drauf und freilich trinkt man selber auch was und man merkt es vielleicht auch noch nicht so oder will es auch gar nicht merken. Aber dann, wie so der Alltag kam und halt auch der Stress in der Gastro und alles Mögliche, da, ja, ist halt dieses Thema leider immer mehr präsent geworden mit dem Alkohol.

Vladimir: Das ist für mich auch neu, machen Essen wirklich heute. Ich bin nur Hobbykoch. Und was ist die Phase, mache ins Wasser springen.

Kerstin: Ja, ins kalte Wasser geschmissen, ja, genau. Und dann ist halt diese Grenze zwischen, mal was trinken und man braucht es, zu sehr verschwommen. Und es hat sich einfach dann eine Alkoholkrankheit, ja, leider, leider eingeschlichen.

Vladimir: Die ersten zwei Jahre für mich ist wirklich schwer, diese psychische Problematik, zum Beispiel Rezension. Die ersten zwei Jahre, nun jetzt ich vielleicht drei, vier Jahre ich nicht gucken vor Rezension. Aber das macht mir wirklich Schmerzen, das macht mich …

Kerstin: Ja, Stress einfach.

Vladimir: Schreib, ich koche Fäkalien zum Beispiel in der Rezension. Aber das ist immer anonym. Aber jetzt, ich lange Zeit brauche akzeptieren, nicht akzeptieren das oder was ich sage, einfach ignorieren, Rezension.

Kerstin: Naja und dann ist halt schwierig dann, von dieser Alkoholkrankheit alleine wegzukommen, wenn es dann schon mal ein Stadium erreicht hat, wo jede Pore im Körper nach Alkohol schreit und du trinken musst, weil du sonst nicht funktionieren kannst. Und das war halt jetzt dann am 1. Januar soweit, dass er selber gesagt hat, okay ich kann nicht mehr, ich kann einfach nicht mehr. Entweder, das war wirklich, das ist jetzt ein Zitat von ihm, er saß wirklich in der Küche, hat geweint und hat zu mir gesagt, also entweder fahren die mich morgen auf den Friedhof oder ich schaffe ab morgen wirklich den Alkohol wegzulassen. Ja, gesagt, getan. Und dann habe ich ihn gefragt, ja und was willst du jetzt eigentlich? Willst du auf den Friedhof oder willst du weiter leben, willst du weitermachen, willst du aufhören zu trinken? Ja, er will aufhören. Und dann habe ich den Krankenwagen gerufen. So ist das dann gekommen mit dem alkoholfrei.

Vladimir: Problem andere ist, ich probiere lange Zeit, alleine mache ich das, mit keiner Hilfe. Aber ich mache das vielleicht, wenn ich nicht arbeite im Gasthof oder apropos, wir leben im Gasthof. Ich nur spazieren, ich nur gehe nach unten, die Treppe und hier ist immer das Schenk, hier ist immer Bier. Andere Person muss einkaufen, kaufen Bier oder kaufen die Flasche Alkohol. Ich, nein, ich nur gehe nach unten in Lokal und ich habe alles. Das ist schwer oder das ist für Alkoholiker nicht gut.

Markus: Ja, da hat man immer die Versuchung. Und ja, vielleicht noch ganz kurz zu dieser Zeit, wo sich das so entwickelt hat. Das heißt, es ging einerseits darum, der Stress, die Überforderung vielleicht auch, auch dieses Umgehen mit negativem Feedback, gerade weil soziale Medien da so gnadenlos sein können und mal Leute halt eben durch das Anonyme alles Mögliche schreiben. Und das heißt, das war für dich oder euch einfach eine Option, dass irgendwie zu bewältigen. Aber wie hast du das dann wahrgenommen, Kerstin, also hast du das bewusst wahrgenommen, dass das mehr wird, dass es schlimmer wird oder wie ging es dir?

Kerstin: Ja, also dieses exzessive Trinken, das wurde halt immer häufiger. Und was natürlich auch oft zu Streit geführt hat, weil immer gerade dann, wenn wir Freitags öffnen, dann hat er früh schon angefangen zu trinken und ich habe immer gesagt, unter der Woche ist mir das scheißegal, er muss nicht funktionieren, ja, wir haben dann zu. Ich habe dann auch die Öffnungszeiten angepasst, dass er einfach die Ruhe hat unter der Woche, den Stress abbauen kann. Wir haben nur noch Freitag, Samstag, Sonntag auf, was uns zwei auch reicht. Gut, in der ganzen Corona-blablabla hat sich das auch so ergeben, dass wir kein Personal mehr haben.

Vladimir: Das ist das andere Thema. Das ist nicht, ja, wir zwei arbeiten im Gasthof, hat zu viel Stress. Aber das erste Projekt, das Stadtcafé, zu viel Stress, später macht das Leben, startet ab null, neu, dieses Projekt. Okay, erste Jahre, bis heute habe keine Ahnung, hier ist neu offen, aber acht Jahre minimal ist das zu hier. Wir wandern, 20 Leute wandern, oh, hier ist offen, oh, ich bin letzte Zeit hier in fünf Jahren, das ist immer zu. Und später, andere Jahre kamen hier dieses Corona, zwei Jahre Corona-Zeit, anderer Stress. Später, wir haben kein Personal und lastet drei Jahre hier alleine. Nur zwei Leute. Ich bin alleine in Küche, Kerstin macht alleine Service und ich zu viel vorbereiten, Bäckerei, Konditorei, dieses. Das ist das ganz alles zusammen Stress. Nicht nur, wir arbeiten da so, aber diese fünf Jahre, das ist wirklich, oder sechs Jahre, das ist Hardcore. Das ist wirklich, das ist nicht normal vor Start des Business. Das ist Risiko jedes Business, diese Corona-Zeit, dieses alles zusammen, das ist wirklich schwer.

Kerstin: Ja und es kommt halt auch immer auf den Menschen selber drauf an. Ich habe auch nicht angefangen zu trinken, ja, ich bin aber ganz anders gestrickt wie mein Mann. Und er hat halt vorher schon getrunken und da war halt einfach, die Grenze ist zu schnell verschwommen zwischen mal was trinken und ich brauche den Alkohol. Das ist, vielleicht liegt es auch ein bisschen da dran, er ist halt auch aus Tschechien und da ist die Mentalität auch ein bisschen anders wie hier, das Trinkverhalten vielleicht auch wenig anders. Gut, kommt dem Bayrischen etwas nahe, aber ist trotzdem anders als hier in Deutschland. Und es ist auch, wenn wir zum Beispiel nach Tschechien gefahren sind, seinen Bruder zu besuchen, da war das immer, wir machen Tour de Bier.

Vladimir: Tour de Bier, ja.

Kerstin: Tour de Bier, weil da hat, da gibt es in jedem kleinen Dorf gibt es eine eigene Brauerei.

Vladimir: Hier ist neue Brauerei.

Kerstin: In der Garage. Und da war das auch schwer irgendwie zu sagen, nee, wir trinken jetzt nichts. Das wäre eine Beleidigung auch für seinen Bruder gewesen.

Vladimir: Ja, du musst probieren, das ist Neue, das ist mein Freund und wir machen gutes Bier.

Kerstin: Ja und wie soll man da irgendwie vom Alkohol wegkommen, wenn der immer präsent ist? Das ist immer normal zu trinken. Und es ist auch, das ist ja ein ganz gutes Beispiel, was ich dann auch oft anwende, egal welchen Film man im Fernsehen, Kino, egal wo anschaut, ist ein Problem zu bewältigen, wird Alkohol getrunken. Ob das schon beim Kochen ist, da wird schon der Wein halb leer gesoffen, bevor der überhaupt im Essen landet oder ist ein Problem, dann wird Whisky getrunken oder man sitzt an der Bar und trinkt. Da sitzt keiner mit einem Spezi da. Und das ist wirklich ein gesellschaftliches Problem, weil das zur Normalität geworden ist, das ist kein Genussmittel mehr. In Bayern heißt es ja auch, Bier ist ein Grundnahrungsmittel. Und das finde ich einfach falsch, weil das wirklich verharmlost wird, es wird runter gespielt und das ist nicht richtig.

Vladimir: Das ist der alte Joke, Spaß oder im Internet diese Memme. Das ist ein Foto von einer schönen Frau mit diesem typischen Gebräu, auf dem Oktoberfest, haben dieses Double Beer. Und kommen tschechische Leute, sagen, Oktoberfest, das ist ein Tag, wo deutsche Leute trinken an einem Tag, was normal, mittlere …

Kerstin: Durchschnittlich.

Vladimir: böhmische Person, tschechische Person.

Markus: Also ist da tatsächlich so, dass der Pro-Kopf-Verbrauch in Tschechien ungefähr doppelt so hoch ist wie in Deutschland. Wobei ich sagen muss, ich würde da das Deutsche sogar gar nicht so fürchterlich runter spielen, weil wir gerade in unserer Region, gerade in Franken, auch in Bayern, viele, viele Leute haben, die das ähnlich sehen und wo das Bier eigentlich oft gar nicht als alkoholisches Getränk in dem Sinne gesehen wird, sondern das ist halt einfach das, wo man jeden Tag zwei, drei, vier, wie auch immer, trinkt und viele Leute sich dessen überhaupt nicht bewusst sind, was sie da eigentlich tun. Und das ist durchaus auch für uns natürlich als BierAkademie immer wieder ein Thema, Leute drauf hinzuweisen, da sensibel zu sein. Da bin ich euch auch sehr dankbar, dass ihr das so offen und so klar schildert. Und ich hoffe, die Hörer und Hörerinnen haben da jetzt auch gut zugehört und achten auch auf ihren eigenen Konsum, auf ihr eigenes Verhalten, weil das einfach sehr wichtig ist. Die Grenze ist schnell erreicht, schnell überschritten und das Zurück ist fast nicht möglich. Und wie ihr schon gesagt habt, irgendwann ist eben der Punkt, wo man es dann einfach braucht.

Kerstin: Ja und da ist einfach auch das Problem, ich habe es halt wirklich jahrelang auch von meinem Mann gesehen, wenn dann immer wieder so dieser Druck da war, früh, ah, eigentlich will ich ja nichts trinken, eigentlich will ich aufhören, aber ich muss, sonst schaffe ich den Tag nicht. Und wenn jetzt auch diese ganzen Kommentare, was gerade über Facebook auch kommt, was das ist doch ein Schmarrn und da braucht man doch ein Bier dazu. Weiß du, jeder, der dieses gute Essen, dieses geile leckere Essen nur genießen kann, wenn das Bier mit Alkohol daneben steht, der hat wirklich ein Problem. Das hat dann nichts mehr damit zu tun, das Essen zu genießen, sondern ich kann das nur noch schön finden und genießen, wenn der Alkohol dabei ist. Und das ist, das finde ich nicht mehr richtig. Ich will Alkohol oder Bier, nicht Verteuflung, um Gottes Willen, mir schmeckt auch ein gutes Bier, glutenfrei natürlich, ja, für mich persönlich, ich will das auch überhaupt nicht verteufeln, aber wenn man einfach die Grenze nicht mehr selber wahrnimmt, wo ist es für mich einfach was Schönes, ein frisches Bier zu trinken oder wo ist es, ich kann das Essen nur dann genießen, wenn ich meinen Alkohol dabei habe, dann wird es problematisch. Und das wissen viele nicht mehr.

Markus: Ja, nee, absolut, also dem kann ich nichts hinzufügen, das hast du genau auf den Punkt gebracht. Wir kommen auch gleich zu dem, wie ihr euer Gasthaus dann umgestellt habt. Noch eine Frage dann, es gibt dann diesen Tag, wo das praktisch ein kompletter Zusammenbruch ist. Den Krankenwagen zu holen, finde ich dann schon auch einen krassen Schritt. Und wie haben die dann reagiert? Also du hast da angerufen und gesagt, ja, mein Mann ist hier und was passiert dann, wie ging das dann weiter?

Kerstin: Also, das war also tatsächlich so, ich habe erst einmal im Internet geguckt, Entzugsklinik, ja, was kann ich mich mit meinem Mann jetzt am besten machen? Weil, ich habe natürlich auch gewusst, wenn er jetzt heute in diesem Moment sagt, er will weg, dann muss er jetzt weg. Der will nicht erst in zwei Tagen, drei Wochen, sonst wann weg, sondern jetzt, das muss jetzt passieren. Ich musste quasi die Gelegenheit beim Schopf packen. Bin dann in Erlangen bei einer Klinik rausgekommen, in der Kopfklinik, habe dann dort in der Ambulanz angerufen und der Arzt hat mir dann gesagt, naja, das ist gar nicht so einfach, die machen da nur so einen systematischen Entzug, da geht es erst über mehrere Wochen mit Telefonaten und Gesprächen. Dann habe ich gesagt, ja, das ist aber schlecht, weil er will ja jetzt weg. Wir können uns das einfach nicht leisten, weil ich weiß nicht, ob er in drei Tagen auch noch weg will, er will ja jetzt weg. Dann hat der zu mir gesagt, na, da gibt es die andere Möglichkeit, ich rufe einfach die Ambulanz und dann müssen die den mitnehmen. Also gesagt, getan, ich habe dann meinen Mann nochmal gefragt, weil ich ja immer wollte, dass es wirklich von ihm ausgeht, was möchtest du, soll ich die Ambulanz anrufen? Ja. Also dann habe ich das gemacht und habe dann gleich die Tasche gepackt. Ich bin da etwas rigoros, habe dann gleich die Tasche gepackt, habe das denen hingestellt und habe zu denen gesagt, also es ist mir Wurst was ihr macht, der geht heute nicht mehr nach Hause, ich habe das denen also wirklich so gesagt. Dann hat er gesagt, okay, das ist nicht so einfach, weil, wenn er nach Hause will heute Abend, wenn der nüchtern ist, dann müssen wir den Heim lassen. Und dann hat er mich gefragt, ob er denn aggressiv wird oder sich selbst gefährdet oder mich gefährdet oder wie auch immer? Dann habe ich gesagt, naja, wenn er wirklich seinen Pegel hat, dann wird er sehr cholerisch und dann kann es auch schon mal sein, dass er die Gäste anschreit, weil ihm das grade jetzt nicht passt, dass der am Tresen steht. Und dann hat der das gleich reingeschrieben, Gefahr für andere, so blöd wie es klingt und dann mussten die den behalten, auch wenn der am Abend nach Hause gewollt hätte. Mir war es einfach wichtig, dass er da drinnen bleibt und behandelt wird. Es ging aber grundsätzlich wirklich von ihm aus, er wollte ja weg. Aber ich war mir in dem Moment einfach auch gar nicht sicher, wie er dann reagiert, wenn er nüchtern ist, weil er war ja schon sturzbetrunken, wie die ihn abgeholt haben und das um die Mittagszeit. Also wie hätten wir dann den 1. Januar bis abends durchhalten sollen, wenn er mittags, bevor wir aufmachen, schon sturzbesoffen war? Das hätten wir ja gar nicht schaffen können, geschweige denn, wie hätten wir die nächste Zeit überleben sollen, die nächste Saison, die nächsten Jahre? Das hätte überhaupt nicht funktioniert. Also musste es an dem Tag sein. Und ich muss ehrlich sagen, für mich war es der schönste Jahresbeginn, den ich mir hätte wünschen können.

Markus: Und dann fährt das Auto weg, du bist alleine.

Kerstin: Genau.

Markus: Was war dann?

Kerstin: Ja, dann war natürlich, ich habe natürlich dann schon Kuchen und alles vorbereitet gehabt, Sachen da, die halt ein neues zu Hause gesucht haben quasi, ich hatte ja schon Sachen vorbereitet und auch Reservierungen hatten wir für den Tag. So, habe ich mir gedacht, was machst du jetzt mit den Leuten? Habe dann, ja, aus meiner Not raus, habe ich erst einmal gelogen und habe gesagt, ja, mein Mann ist vom Krankenwagen geholt worden, der hatte zu hohen Blutdruck. Was in dem Fall auch gar nicht gelogen war, sondern ich habe nur die Hälfte davon nicht gesagt, was dann los war. Naja, der Tag, der ging dann auch vorbei und ich habe dann am nächsten Tag, habe ich dann einen Post gestartet auf Facebook, eben mit der Bekanntgabe, dass eben einmal zu ist jetzt erst einmal, weil eben der Koch, mein Mann, mit dem Krankenwagen abgeholt wurde, der ist im Krankenhaus und ich werde rechtzeitig bekanntgeben, wann denn wieder offen ist. So, das war mein Statement. Und dann kam also nur positiv, nur gute Besserung und alles Gute und wie es halt so ist. Und ich habe ihn dann, weiß ich gar nicht, an dem Dienstag gleich besucht, am 2. Januar oder 3. Januar habe ich ihn in der Klinik besucht.

Vladimir: Aber das ist auch diese Sekunde, sagst du gute Besserung.

Kerstin: Gute Besserung.

Vladimir: Ich habe Angst, meine Leute haben Info, ich bin Alkoholiker, ich bin in Klinik in Detox, die Leute wechseln.

Kerstin: Ja, die kehren uns den Rücken.

Vladimir: Ja. Aber nein, die Leute, unsere Kundschaft sagt diese positiv, ja, Vladi, du bist gut, du machst gut.

Kerstin: Naja, aber du musst sagen, du hast dann, ich habe ja in erster Linie noch gar nichts davon geschrieben gehabt, dass er wegen Alkoholentzug in der Klinik ist. Ich habe nur ganz neutral geschrieben, es ist jetzt einmal zu, weil eben er im Krankenhaus ist, gar nicht geschrieben warum, weshalb, sondern nur, dass er weg ist. Und da kamen schon   nur positive Reaktionen, ganz viele, mit alles Gute und wird schon wieder und erholt euch gut und blablabla. Und dann hat er das kommentiert, er hat dann meinen Post kommentiert und hat quasi geschrieben, dass er auf Entzug weg ist und dass er jetzt dem Dämon Alkohol den Rücken kehren möchte, dass er den los haben will. Er hat sich öffentlich auf der Sägemühlenseite in Facebook bei den Gästen und bei mir für die vielen cholerischen Momente entschuldigt und freut sich drauf, nach sieben Jahren seine Gäste und mich nüchtern zu sehen. Das war sein Kommentar dann zu meinem Post, was ich ganz neutral geschrieben habe. Und daraufhin ist das so explodiert, es kamen eigentlich nur positive Rückmeldungen, mich haben die Leute privat angeschrieben, angerufen, woah, sehr mutig. Also von Leuten, wo ich jahrelang nichts mehr gehört habe zum Beispiel, die haben mich angeschrieben und mich beglückwünscht oder uns beglückwünscht, dass wir diesen Schritt gehen. So und dann war die Katze aus dem Sack.

Markus: Ja und das ist, also muss ich auch nochmal sagen, unglaublich mutig und, ja, für mich eine große menschliche Größe, das schaffen ja viele, viele andere eben überhaupt nicht, auch so damit umzugehen und auch in die Öffentlichkeit zu gehen. Dann habt ihr also beschlossen, wir stellen das Lokal um, weil die Alternative, einfach weiterzumachen, würde ja bedeuten, dem Alkohol wieder Platz einzuräumen und genau das wolltet ihr ja nicht. Das heißt, du hast dann erstmal zu Hause alles weggeräumt, alles verändert und dann überlegt, wie kann ich ein Gasthaus ohne Alkohol weiterführen?

Kerstin: Naja, ich muss ganz ehrlich sagen, mit diesen Alkoholexzessen, was ich ja leider die letzten Jahre immer wieder erfahren musste ja, ist der Gedanke schon des Öfteren bei mir im Kopf rumgespukt, ich habe schon so oft zu mir selber gesagt, am liebsten würde ich den scheiß Alkohol, alles raushauen. Ja, mich regt das auf, weil wenn nichts da ist, kann er nichts trinken. So war das immer für mich und ich habe auch schon seit zwei Jahren, seit drei Jahren jetzt schon keinen Schnaps mehr da, weil, ja, das war zu mindestens dann schon mal, das der Schnaps nicht mehr mit im Spiel war, dann war es ja nur noch das Bier, ja. Dann hat es halt ein bisschen länger gedauert, bis er seinen Pegel drauf hatte. So blöd wie es klingt, ja, aber so war es auch. Und, ja, ich habe dann überlegt, was machen wir, wie geht es denn weiter? Wie machen wir das hier weiter, dass das weiterlaufen kann? Ich weiß auch, dass mein Mann in der Beziehung mit Alkohol vielleicht jetzt nicht so stabil ist so wie manch anderer. Das ist ja auch, jeder Alkoholkranke ist da ja anders gestrickt. Der eine, der schafft es von jetzt auf gleich und der andere braucht halt einfach seine Zeit. Und es ist halt doch eine lange Zeit gewesen, wo er wirklich exzessiv getrunken hat. Und, ja, wie war es dann? Ich habe so mir gedacht, am besten wäre es jetzt wirklich, den kompletten Alkohol zu verbannen, wegzutun und das Ganze auf alkoholfrei zu machen. Okay, was spricht dagegen, so Pro und Kontra für mich gemacht. Habe dann den Herrn Zier vom Landratsamt Forchheim und von der Lebensmittelüberwachung angerufen. Wir kennen uns sehr gut, das ist der zuständige Beamte, der für uns die Kontrollen durchführt und alles oder bei uns. Habe den angerufen und habe gesagt, du, was hältst denn du davon, so und so ist es, der Vladi ist gerade weg auf Entzug und ich würde gerne, ich habe da so eine Idee und eigentlich fast im gleichen Moment haben wir die gleiche Idee gesagt. Der sagt, Mensch, hau den Alkohol raus und ich so, ich möchte den Alkohol raushauen.

Vladimir: Paul.

Kerstin: Ja, der Paul. Ja und da hat der gesagt, das ist die beste Idee, mach das. Wenn ich es jemanden zutraue, dann traue ich das euch zu, das durchzuziehen und dass das auch funktioniert.

Vladimir: Der Mann, das ist keine Bürokraft. Der ist wirklich für Leute. Das ist nicht einer, ich habe diesen scheiß Job, nein.

Kerstin: Der kümmert sich auch um seine Gaststätten, für die er zuständig ist.

Vladimir: Das ist Fun, diese Gastro.

Kerstin: Ja. Naja und dann habe ich also gesagt, okay, was habe ich noch alles an Alkohol da, was muss ich wegbringen? Habe dann unser, naja, unsere Brauerei, ist jetzt vielleicht in Anführungsstrichen gesetzt, die Brauerei ist seit über 40 Jahren auf der Gaststätte, seitdem es das Lokal überhaupt gibt und haben ja eigentlich auch nur davon profitiert, dass wir die übernommen haben, weil sonst hätten sie hier weiterhin kein Bier verkaufen können. Aber da bestand nie irgendein Vertrag oder so was, also wir sind da nicht Brauerei gebunden gewesen. Ich habe das nur gemacht, weil es halt eben schon immer so war. Es steht auch auf den Gläsern Kleinbrauerei Friedmann drauf und draußen hängt noch eine Tafel mit Brauerei Friedman, Gasthof zur Sägemühle blabla, aber die haben hier eigentlich nichts zu sagen. Und habe dann dort angerufen und habe gesagt, Mensch, wie schaut es denn aus, so und so ist es, kann ich euch den Restbestand zurückbringen? Und dann haben die gesagt, naja, das ist kein Problem. Ich kann es nicht trinken, weil ich ja Zöliakie habe und was soll ich dann mit den fünf, sechs Kästen Bier noch machen was da rumstehen und den angestochenen Fässern? Weil, nehmen brauche ich das nach drei Wochen auch nicht mehr, das ist ja schlechtes das Bier. Das ist ja Quatsch, müsste ich eh wegschütten. Habe denen also alles zurückgebracht. Da war natürlich die Meinung dazu nicht so positiv, muss ich sagen. Naja, die finden das ein wenig für einen Quatsch was wir machen. Aber das sei mal dahingestellt, das können sie denken wie sie wollen. Das ist immer noch unser Lokal und wir können machen was wir wollen, ja. Für mich war es einfach wichtig, dass, wenn er nach Hause kommt, dass hier kein Tropfen Alkohol mehr ist. Das war für mich ganz, ganz wichtig, weil ich weiß, wie er ist. Er ist in der Beziehung, ich sage es jetzt mal wirklich salopp, wie ein Trüffelschwein, der hätte den überall gefunden, egal wo ich irgendwas versteckt hätte. Entweder riecht er das durch die Flaschen, ich weiß es nicht. Jedenfalls, ich wollte es auch für mich, einfach für die Sicherheit und auch ihn zu schützen, keinen Alkohol mehr da haben.

Markus: Na, das ist ja auch ganz wichtig, denke ich mal, eben als Schutz, aus Selbstschutz. Und das ist ja auch gar nicht so einfach, weil klar reden wir über Bier und Wein und gut, Schnaps gab es eh schon keinen mehr, aber man hat ja dann auch in der Küche zum Beispiel, denke ich mal, Alkohol, auch in der Konditorei wird ja immer wieder Alkohol verwendet. Also hast du da dann auch überall geschaut was weg muss sozusagen?

Kerstin: Also ich muss ganz ehrlich sagen, zum Beispiel, bestes Beispiel ist Schwarzwälder Kirsch. Da habe ich schon seit zwei Jahren, mache ich da keinen Alkohol mehr rein. Gehört ja normalerweise Kirschwasser rein. Aber das, was mir die letzten zwei Jahre aufgefallen ist, dass immer mehr Kinder ganz fixiert auf diese Schwarzwälder Kirschtorte waren und ich darf es nicht rausgeben. Was andere Konditoreien machen, weiß ich nicht, ja, oder Cafés, aber ich darf und hätte es auch nicht gemacht, weil, wie gesagt, Schnaps drin ist. Habe dann auch die eine oder andere Diskussion mit den Eltern gehabt. Äh, daheim essen die auch immer Schwarzwälder. Können sie machen wie sie wollen, aber bei mir gibt es das nicht, weil es einfach unter den Jugendschutz fällt. Und habe dann bloß noch mit dem Kirschsaft von den Schattenmorellen, was man für die Füllung ja braucht, mit dem Saft getränkt, fertig. Und das hat unterm Strich keiner gemerkt, ja. Die war immer schön brav aufgegessen, jeder hat es gegessen, es hat geschmeckt. Ich habe mein Geld, jeder ist zufrieden, Punkt. Apfelweintorte war halt bloß Apfelsaft drin, auch kein Wein mehr. Ich habe dann bloß noch so, ja, jetzt auch nicht mehr, vorher hatte ich dann immer in den Apfelwein noch diesen Restbestand vom Glühwein, von der Adventszeit mit aufgebraucht, aber den habe ich dieses Jahr tatsächlich weggeschüttet. Andererseits hätte er den wahrscheinlich gar nicht getrunken, weil das hat ihm eh nie geschmeckt, er ist eher Bier, es war halt immer nur Bier, schon gar nicht, Wein. Weiß ich nicht, hast du Wein manchmal getrunken?

Vladimir: Ich bleibe bei Bier.

Kerstin: Ja, da hättest du wahrscheinlich auch Desinfektionsmittel getrunken, keine Ahnung. Das war jetzt böse von mir, aber ich bin manchmal etwas sarkastisch. Ja, aber es braucht es auch nicht, ja. Zum Beispiel, klar, im Wildgulasch zum Beispiel, da war freilich Rotwein drin. Aber um den Geschmack abzurunden, kannst du auch einen Traubensaft nehmen. Im Gericht selber schmeckst du es nicht mehr, ob da jetzt richtig ein Wein drin ist oder ob da Traubensaft drin ist. Der Alkoholiker darf natürlich oder Ex-Alkoholiker oder trockener Alkoholiker, Alkoholkrank, wie immer man das formulieren mag, man will ja keinem auf die Füße treten, der soll natürlich keinen Wein drin haben. Aber um diesen süßlichen Geschmack, diesen weinähnlichen, kann man auch Traubensaft verwenden. Man muss aber auch gar nichts rein tun, das schmeckt deswegen genauso gut.

Markus: Ja, also da gibt es ja viele Alternativen, Gott sei Dank.

Kerstin: Genau.

Markus: Und das heißt, du hast dann dafür gesorgt, es ist nichts mehr da, kein Alkohol mehr. Und dann ist natürlich die Frage, es kommen Gäste und die haben natürlich auch Erwartungshaltungen, das heißt, sie wollen auch mal ein Bier trinken und dann habt ihr gesagt, okay, dann nehmen wir mal alkoholfreies Bier. Wie ging das dann und an wen habt ihr euch da gewendet und wie habt ihr das Sortiment zusammengestellt?

Kerstin: Das war ein Ding. Es war dann eben dieser Entschluss gefasst, wir machen alles alkoholfrei. Also das war noch in dieser Vorphase, bevor er wieder vom Krankenhaus Heim kam. Musste ich ja quasi aus dem Nichts raus dann alles umkrempeln, Speisekarten, Getränkekarten umkrempeln. So bloß, mit dem Thema alkoholfreies Bier, pah ich habe gewusst, es gibt viele, aber welche gut sind, welche fränkisch sind, hm. Also wen fragst du jetzt dann? Und dann ist mir in letzter Zeit immer, sind mir so kurze YouTube-Videos über die Füße gefallen, der hat auch eine Facebook-Seite, Frankens Bierwelt, der Thomas Hölzel. Und der geht quasi immer wieder mal in so Brauereien rein, wenn die irgendein neues Bier zum Vorstellen haben oder spricht über die Entstehungsgeschichte oder unterhält sich einfach. Das sind immer so kurze Videos, so von 5 bis 10 Minuten, sage ich mal. Und habe dann einfach den angeschrieben über Messenger und habe gesagt, Mensch, ich habe das schon öfter gesehen von dir und ich denke, du könntest mir da weiterhelfen, wir haben das und das vor, das und das ist eben gerade Fakt, ob er nicht mir eine Liste geben könnte von fränkischen Brauereien, die eben gutes alkoholfreies Bier machen. Und so ist dann eben ein Gespräch draus entstanden und der hat mir dann also auch eine Liste geschickt, was ihm spontan einfiel. Und dann kam plötzlich, weißt du was, wir machen ein Video. Ich so, Schmarrn, wir können jetzt kein Video machen, ja, ich muss erst einmal zum Friseur, zur Kosmetik, ich muss mich erstmal hübsch machen, so. Wir können jetzt da kein Video machen, so ein Blödsinn, das schaut doch keiner an. Ja, von wegen. Also dann haben wir das Video gemacht und das ist natürlich gleich eingeschlagen wie eine Bombe. Also das sind, da merkt man einfach, das sind immer nur 10 Prozent, die nörgeln, immer nur 10 Prozent. Das ist egal welches Thema, es sind immer 10 Prozent und die fallen mittlerweile gar nicht mehr ins Gewicht, weil die werden immer weniger. Diese 10 Prozent reduzieren sich auf immer weniger runter, weil es immer mehr positive Rückmeldungen gibt. Und daraufhin ist dann die Presse auf mich zugekommen, Fernsehsender und so ist eben diese ganze Ding ins Laufen gekommen. Was ja eigentlich gar nicht so beabsichtigt war von uns, sondern dieses Video mit dem Thomas Hölzel, das war ja eigentlich mehr gedacht, einfach nicht, um uns zu bewerben, sondern einfach nur die Alternative aufzuzeigen, dass es hier viele alkoholfreie leckere Biere gibt, mehr nicht.

Markus: Ja, aber irgendwie habt ihr dann einen Nerv getroffen anscheinend.

Kerstin: Aber einen richtigen Nerv, voll ins Schwarze.

Markus: Und ich meine, letzten Endes ist es ja, hoffe ich, und das ist für mich auch ein Punkt gewesen euch zu kontaktieren, hilft es euch ja, also sowohl in wirtschaftlicher Hinsicht aber eben auch in persönlicher Hinsicht, weil es ja auch eine Bestätigung ist, dass man da den richtigen Weg geht. Und es ist vielleicht auch was, was andere inspiriert oder ihnen hilft, auch diesen Schritt dann irgendwie zu gehen, den eigenen Konsum entsprechend anzuschauen und dann eben vielleicht auch nach Hilfe zu suchen und sich das einzugestehen. Und was ich auch ganz wichtig finde, also ohne jetzt eure Brauerei speziell zu nennen, aber generell, ich habe ja mit vielen Brauereien insbesondere auch in Franken Kontakt, und immer wieder merke ich da, dass da eine ganz große Hemmnis, ein ganz großes Problem noch besteht, sich mit dem Thema alkoholfreies Bier zu beschäftigen. Viele verweigern das überhaupt als Bier anzusehen und sehen überhaupt nicht, dass sie als Brauereien eigentlich alle Kompetenzen haben, Getränke herzustellen auch ohne Alkohol. Und dass bei vielen, gerade bei den Brauereien, die es schon über lange Zeit gibt, gab es vor dem 19. Jahrhundert lange Zeit, wo man viel Leichtbier hergestellt hat, wo das ganz normal war in Brauereien und das hat sich ja eigentlich erst so richtig nach dem 1. und 2. Weltkrieg verabschiedet, dass die dann alle auf die heutigen 5-Prozent-Biere gegangen sind. Und das ist vielen gar nicht bewusst und sind da eben völlig beratungsresistent. Und auch deswegen finde ich das sehr, sehr wichtig, dass euer Thema da entsprechend auch raus kommt. Wie habt ihr euer Sortiment zusammengestellt? Das sind ausschließlich fränkische Biere?

Kerstin: Also, warte mal, jetzt muss ich tatsächlich mal schnell eine Speisekarte holen, Moment.

Markus: Okay.

Kerstin: Also es sind an die 25 verschiedene Biere.

Markus: Ja, Wahnsinn.

Kerstin: Und zwar, oh Gott, soll ich mal kurz ein paar vorlesen?

Markus: Also ein paar, also wir sind ein werbefreier Podcast, das bedeutet, du kannst nennen was auch immer du möchtest. Aber du musst nicht, also wie du willst.

Kerstin: Also wir haben zum Beispiel, also was wirklich regional ist, vom Rittmayer haben wir das Weizen- und das Kellerbier, zum Beispiel. Dann haben wir Greifbräu in Forchheim, haben wir auch das Weizen, das Helle und das alkoholfreie Radler. Dann Staffelberg, haben wir drei verschiedene, Winkler Bräu aus Lengenfeld. Dann Wiethaler, das ist bei Lauf da drüben. Die sind zum Beispiel auf mich zugekommen und haben gesagt, Mensch, wir haben da auch drei ganz leckere alkoholfreie Alternativen, ob sie nicht den Bierfahrer mal vorbeischicken dürfen. Und die machen zum Beispiel dieses alkoholfreie Malzbier, der Wiethaler, machen die schon seit, jetzt müsste ich lügen, ich glaube, seit 1965 oder sowas und seither wirklich sehr gut. Dann vom Spalter aus Fürth haben wir was da, also das sind verschiedene. Das Einzige, was wir also wirklich nicht regional haben, das ist von Bitburger, das 0,0. Clausthaler haben wir noch mit drin. Aber, als fränkisch haben wir das Kulmbacher Edelherb, das ist auch 0,0. Weil das war mir auch wichtig, dass wir minimal 2 haben, die 0,0 Prozent haben, weil alle anderen haben ja doch 0,5.

Markus: Genau, das ist auch noch ein Unterschied, der vielen Leuten nicht bewusst ist, dass es eben dieses halbe Prozent ist. Wo jetzt einfach, sage ich mal, jemand der keine Schwierigkeiten mit dem Thema Alkohol hat, für den ist das, glaube ich, grundsätzlich mal egal, ob er 0,5 oder 0,0 trinkt. Auch aus gesundheitlichen Gründen normalerweise alles kein Thema, aber in dem Moment, wo es eben um eine Alkoholkrankheit geht, ist es durchaus wichtig. Da mal kurz gefragt, wie haltet ihr das selber? Also probiert Vladimir solche Biere auch oder lässt er da lieber die Finger davon?

Kerstin: Er hat, glaube ich, bis jetzt zweimal eins probiert. Aber er sagt, mal einen Schluck, das hat er bis jetzt, zweimal, hast du eins probiert, alkoholfreies Bier hier jetzt, seitdem du daheim bist, zweimal. Und es schmeckt ihm nicht. Also jetzt nicht an sich das Bier, sondern er hat einfach keinen Appetit auf Bier.

Markus: Ja, das ist ja dann eigentlich auch gut so. Und würdet ihr dann sagen, also jetzt haben wir Aufnahmezeitpunkt Ende Februar, hat sich da jetzt schon so ein bisschen ein neues Normal für euch eingestellt?

Kerstin: Ja, es ist so rappelvoll, das ist unglaublich, was wir für einen Run hier haben. Also das ist völlig ungewöhnlich für Februar, weil das ist normalerweise in der Gastronomie saure Gurkenzeit, Januar, Februar und wir sind auf Biergartenniveau. Also wir haben wirklich, das ist Tendenz steigend. Also wenn das so weiter geht, dann brauchen wir uns wirklich überhaupt keine Sorgen machen.

Markus: Perfekt, also da drücke ich natürlich alle Daumen, dass das auch so weitergeht. Eine Frage habe ich noch zum Abschluss, weil mir das auch sehr positiv aufgefallen ist, ihr habt ja auch diesen Lieferservice. Das heißt, wenn jetzt jemand sagt, er kann jetzt nicht unbedingt in die Fränkische Schweiz direkt fahren zu euch oder macht das vielleicht erst zum Urlaub oder so, aber man kann ja trotzdem sich von euch schon was schicken lassen.

Kerstin: Genau.

Markus: Wie ist das entstanden und was gibt es da und wie funktioniert das?

Kerstin: Also entstanden ist das, das ist eins der positiven Sachen, die wirklich in der Corona-Zeit entstanden sind, weil wir sind auf viele Sachen gekommen, da wären wir so wahrscheinlich nie drauf gekommen. Zum Beispiel uns draußen hinzustellen und den ganzen Winter über draußen zu grillen und unser Essen to Go draußen zu verkaufen und eben auch Essen ein zu vakuumieren. Das war mal zum einen eben auch gedacht, um so Reste, Portionen haltbar zu machen, die man dann vielleicht noch einmal ein paar Tage später nochmal anbieten kann. Das kann man ja durch vakuumieren eben länger haltbar machen. Und auch unseren Leuten, die eben auf Gluten verzichten müssen und auch auf Laktose zum Beispiel, die Möglichkeit zu bieten, leckeres gutes Essen daheim zu genießen, ohne eben selber kochen zu müssen. Und das wurde wirklich sehr, sehr gerne wahrgenommen, grade eben in dieser Corona-Zeit. Weil, mit diesem Homeschooling, mit Homeoffice und die haben einfach keinen Bock dann gehabt, daheim noch zu kochen, so haben die Kinder sich was warm machen können und es war einfach jedem geholfen. Wir haben dann da wirklich ein großes Repertoire aufgefahren, ob das mal Rouladen waren oder ob das Schweinsbraten war, vegane Geschichten, ja, unsere leckere vegane Küche eben mit dabei, wirklich verschiedenste Sachen. Dann die böhmischen Knödel portionsweise vakuumiert, dann mal Spätzle gemacht, ach weiß der Geier alles, das war so bis Gulasch, dann Rinderbraten, alles Mögliche. Ja und das hat sich dann eigentlich so weiter gehalten. Und jetzt ist es halt auch so, wir verschicken fertig gebratene Cordon Bleu oder Schnitzel. Die Leute, die wirklich Zöliakie haben, die haben fast alle zu Hause eine Heißluftfritteuse. Das ist also wirklich ein ganz geniales Teil, die hauen dann so Schnitzel, fertig gebraten von uns, vakuumiert bekommen, für ein paar Minuten in die Heißluftfritteuse und haben ein leckeres Schnitzel wie frisch aus der Pfanne, ja. Und, ja und halt hauptsächlich auch das Brot, Brötchen, Laugenstangen und solche Sachen werden halt auch von mir sonntags gebacken und das verschicke ich dann immer montags mit DHL und ist im Normalfall Dienstag oder Mittwoch, ist es dann beim Kunden.

Markus: Ja, wunderbar. Also ganz viele tolle Gelegenheiten, euch auch zu Hause zu erleben und zu genießen. Ich kann mir vorstellen, wenn da dann irgendjemand Fragen hat, dann stehst du da gerne zur Seite, wie man es genau dann richtig wieder zubereitet. Und es gibt auch die Sellerieschnitzel zum Beispiel, habe ich gelesen.

Kerstin: Genau.

Markus: Also wirklich auch für Leute, die jetzt kein Fleisch essen. Also eine sehr tolle vielfältige Küche, die ihr da anbietet. Dann von meiner Seite aus vielen, vielen, vielen Dank an euch beide, insbesondere natürlich auch an Vladimir, dass du da so offen damit umgehst und da auch ich drüber berichten kann. Aber ich hoffe, dass das viele andere auch aufweckt, beziehungsweise ermutigt, eben ihr eigenes Leben ein bisschen anzuschauen und all die anderen eben auch zum Nachdenken zu bringen, ob es denn unbedingt immer das Bier sein muss, das alkoholhaltige Bier zum Essen oder eben auch mal ein anderes. Also nochmal vielen Dank. Ich hoffe, ich kann demnächst selber mal bei euch vorbeischauen und viele, viele Hörer hoffentlich auch. Dann drücke ich euch ganz fest die Daumen und heute auf jeden Fall dann noch einen schönen und erholsamen Ruhetag euch beiden.

Kerstin: Vielen lieben Dank.

Vladimir: Danke.

 

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de.

BierTalk 135 – Interview mit den angehenden Braumeistern Jakub Leda (Polen) und Sani (Thailand)

In unserer neuesten Episode von BierTalk haben wir eine ganz besondere Aufnahme direkt aus Bamberg. Gastgeber Markus empfängt zwei spannende Gäste: Jakub Leder aus Polen und Sani aus Thailand. Jakub, Braumeister in der Familienbrauerei Jedlinka und Student an der TU München, teilt seine Reise vom Telekommunikationstechniker zum passionierten Brauer. Er gibt Einblicke in die polnische Craftbeer-Szene und die Tradition der Fasslagerung.

Sani, ebenfalls Student in Weihenstephan, erzählt von seinem Weg aus der konservativen thailändischen Gesellschaft ins deutsche Brauwesen und seine Pläne, die erste Craft-Brauerei in Thailand zu eröffnen. Zusammen mit Jakub plant er, einzigartige Biere für thailändische Restaurants in Europa zu kreieren.

Erlebt die Geschichten, die Leidenschaft und die Visionen dieser beiden angehenden internationalen Braumeister…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute mal wieder etwas Besonderes, aber diesmal wirklich ganz speziell, weil ich Zuhause bin und Gäste habe. Das heißt, wir sind hier in Bamberg und haben aber die Welt zu Gast, nämlich Polen und Thailand, sehr spannend. Ihr seid beide zu mir ins Büro gekommen, sehr schön, dass ihr da seid. Fangen wir mit dem Jakub an, Jakub Leda, du kommst aus Polen ursprünglich und bist heute hier, vielleicht stellst du dich ganz kurz unseren Hörern mal selber vor.

Jakub: Also, ja, Servus, also ich bin Jakub, ich komme aus Polen. Also ich bin Braumeister in der Familienbrauerei in Niederschlesien und gleichzeitig, studiere an der TUM in Freising Brauwesen, also Diplombraumeister, genau, so, ja. Und ich heute ein bisschen erzähle über Bier mit Markus, also wir haben das Thema zusammen probiert, also ein paar Bierchen, also du warst schon vor ein paar Wochen bei uns in der Brauerei und vielleicht kannst du ein bisschen mehr sagen.

Markus: Auf jeden Fall. Und ich muss sagen, das wäre auch ein schöner Titel für den Podcast, Bier mit Markus. Muss ich mir mal überlegen, ist eigentlich eine schöne Idee. Ja, also auf jeden Fall schön, das du da bist und du hast auch schon das Stichwort gegeben, Freising, Weihenstephan, du studierst hier, ihr beide studiert hier. Sani, wir werden dich gleich noch vorstellen, wir reden erst kurz noch ein bisschen mit Jakub. Und das heißt also, du gehst dem Brauen auch mal so wissenschaftlich jetzt auf den Grund. Aber an sich, also wie kamst du überhaupt zum Thema Bier, war das wegen der Familie oder hattest du irgendwie immer schon Lust, das zu machen?

Jakub: Also das ist eigentlich gute Frage. Also vor ein paar Jahren, ich war gar nix in Bierindustrie also, sondern ich war mehr in Telekommunikation, also ich habe Technikerschule beendet. Und gleichzeitig, also mein Vater hatte die Idee, Brauerei aufzubauen, als ich 16 war, ja, genau. Und, ja, das erste Mal habe ich mit Brauwesen zu tun habe, als ich 16 war, aber kann ich eigentlich nicht so viel offiziell, weil das in Polen erst ab 18 legal ist. Nicht wie in Deutschland, leider, also. Ja und dann Schritt bei Schritt, also ich war mehr in das, das war sehr interessant, also ein bisschen anders als IT-Dinge und ich habe schon mein Interesse. Und, ja, das war schon am Anfang, ich habe ich auch sehr gute Braumeister, er hat mich viel be …

Markus: Viel beigebracht.

Jakub: Ja, beigebracht, ja, genau. Und dann habe ich schon meine Adventure mit Bier angefangen, aber meistens, also das wegen Familie da und ich mache das weiter.

Markus: Ja und also für alle, die mal hinfahren wollen, es ist die Brauerei Jedlinka. Und wie schon gesagt, ich war da vor einigen Wochen vor Ort, ein wunderschönes Anwesen, eine wunderschöne Gegend, ganz liebe Menschen natürlich. Und auch wirklich tolle Biere, das hat mich echt begeistert, weil ihr ja eigentlich eine relativ kleine Brauerei habt, aber sehr viele verschiedene Biere und die alle in sehr guter Qualität macht, da muss ich wirklich sagen, Hut ab, das muss man erstmal hinbekommen. Aber wie ging das denn für dich weiter? Also dein Vater hat gesagt, er macht da die Brauerei, hat dann angefangen, du warst dann irgendwie so mal mit dabei und ist dann irgendwann der Schalter bei der im Kopf, hat sich umgelegt oder hast du ein Bier getrunken und beschlossen, das muss ich machen?

Jakub: Eigentlich bis 18 Jahre alt, ich habe keinen Alkohol da getrunken, würde ich sagen, weil ich war halbprofessionell Fußballspieler.

Markus: Oh!

Jakub: Aber dann habe ich meine deutsche Sprache angefangen zu lernen also und dann, deutsche Sprache kommt immer mit Bier dazu. Ja und es war so, habe ich weitergemacht mit Brauerei, also nicht nur bei uns habe ich gearbeitet, aber danach habe ich auch Praktika gemacht in Deutschland, in Polen in anderen Brauereien, aber immer mit Hauptbraumeister. Hat mich viel, viel gelernt, also besonders noch mit traditionellen Bierstilen wie Pils oder Weizen. Das ist so speziell von ihm, ich bin mehr Richtung neue Welle, also Bier von neuer Welle, also Hazy IPA, IPA, diese Richtung. Aber wir müssen auch natürlich sowas Traditionelles und was Neues wagen und deswegen haben wir auch diese Barel-Aged-Produkte.

Markus: Genau, da sprichst du es an, also deswegen war ich auch dort, weil ihr ein neues Bier präsentiert habt, eben ein fassgelagertes Bier, ein Baltic Porter. Was ja eigentlich so ein bisschen das Aushängeschild in der polnischen Bierwelt ist oder eins der beiden Aushängeschilder, das andere ist das Grodzisky. Und ihr habt dann gleich verschiedene Versionen davon gemacht, also ein normales Baltic Porter, dann habt ihr es in zwei verschiedene Holzfässer eingelegt und dann habt ihr noch einen Eisbock draus gemacht. Also eine sehr große Vielfalt, durchaus alkoholisch und an einem sehr schönen Ort. Also vielleicht erzählst du uns noch ein bisschen, wo ist das denn, was ist das denn für ein Anwesen, wo die Brauerei ist, was erlebt man da, wenn dahin fährt?

Jakub: Also unsere Brauerei ist in Jedlina-Zdrój, also auf Deutsch ist es Charlottenbrunn, eine Stunde von Breslau, also Richtung Tschechien und 20 Minuten von Waldenburg. Und in Jedlinka Bräu, also wir haben eine ganze Komplex, das ist mit Brauerei, Hotel, Hostel, Schloss und zwei Restaurants. Das war schon Brauerei in Vergangenheit in diesem Ort, also vor Ersten Weltkrieg und danach haben sie die Geräte übernommen für Waffen und andere Dinge, also nicht so gut, diese Geschichte. Aber sicher in diesem Ort, das war Brauerei, Gasthaus und Brennerei auch. Ja und das ist schöne 5.000-Leute-Dorf, also mit Gebirge, Eule-Gebirge, ja also das ist sehr schön, ist es dort.

Markus: Ja, also wirklich wunderschön mit einem Wald, sehr idyllisch mit einem Flüsschen dazwischen. Und dann eben, es gibt ja viele Schlösser da auch in der Gegend, also wirklich was zum anschauen und eben auch die Brauerei mit dem Restaurant, wo man auch gut essen kann. Also wirklich, ja, eine faszinierende Geschichte. Ihr habt sogar Lamas dort, habe ich gesehen, ne?

Jakub: Lamas und Alpaccas auch, ja. Also es gibt eigentlich auch viel Singletrack-Strecke, also daneben, also über 500 Kilometer insgesamt in diesem Gebiet. Ja, als es ist, wie du warst, kannst du, also ein Wochenende ist zu wenig, also eine Woche auch. Also ich würde sagen, optimal wären zwei Wochen dort, alles zu sehen und alles zu machen und jedes Bier also zu probieren.

Markus: Perfekt! Also dann wissen die Hörer schon, was sie machen sollen, zwei Wochen Urlaub buchen und zu euch kommen. Vielleicht so ganz generell, viele haben ja noch gar keine so richtige Vorstellung, gibt es in Polen überhaupt einen Biermarkt, was für Biere trinken die Polen, wie muss man sich das vorstellen?

Jakub: Ja, also in Polen und besonders diese Craftbeer-Bühne ist auch ziemlich groß. Also ich würde sagen, also hast du mehr zum Auswählen im Supermarkt auch, besondere Bierstile, als in Deutschland. Also in Deutschland ist es mehr traditionell, wie zum Beispiel hast du immer Hefe oder so, dann hast du Pils, Helles und Weizen, dunkles Weizen und alkoholfreies Bier und in Polen hast du auch im kleinen Supermarkt, hast du IPA, New England IPA. Also es ist viel zu viel, weil es gibt in Polen viele Brauereien, welche brauen nur auf Vertrag. Also sie bestellen einfach Bierbrauer und sie verkaufen seine eigene Brend. Ja, aber diese Craft-Bühne ist nicht so groß, aber mit jedem Jahr, also Leute trinken mehr bessere Qualität, bessere Biere als auf die Menge. Also drei oder vier gute IPA-Biere oder Bockbiere, also etwas stärke oder Stout, sind auch so darunter. Also ich würde sagen, nicht nur Imperial Stout, aber auch normale traditionell und Baltic Porter auch. Also ich würde sagen, dass ist auch wegen Trick, weil diese Zeit in Barel-Aged-Produkte, das waren ja Russian Imperial Stout und grade es ist so ein bisschen komplizierter da und deswegen Baltic Porter kommt, also berühmter, also im Barel-Aged-Segment kommen die Biere. Also wir haben dann auch gemacht, ziemlich auch gute Bierstile, welche war nicht so gut gemarkt oder …

 

Markus: Ja, war nicht so vertreten auf dem Markt vorher. Aber das stimmt, also das finde ich auch ein schönes Beispiel für den Einfallsreichtum auch der Brauer, die dann sagen, okay mit Russian Imperial Stout ist es in der Tat problematisch, da finden wir einen anderen Weg. Und ich finde überhaupt, ich war ja schon öfters jetzt in Polen und auch bei den Bierwettbewerben, es ist eine sehr lebendige Bierszene, die sehr jung ist auch, es gibt viele Hobbybrauer auch in Polen. Und ist eins von zwei Ländern in Europa, finde ich, wo es eben nicht so einen traditionellen Einfluss gibt, sondern wo man tatsächlich erstmal über diese amerikanische Craftbeer-Szene viel Einfluss bekommen hat und sich dem erstmal gewidmet hat und jetzt so in einem zweiten Schritt auch die klassischen Biere für sich entdeckt. Das andere Land für mich sind die Niederlande und ein bisschen kann man vielleicht auch Skandinavien sehen, da ist es ja auch ein bisschen so. Aber wie ist es, habt ihr dann von Anfang gesagt, ihr wollt auch die untergärigen Lagerbierstile machen oder habt ihr erstmal auch angefangen mit den klassischen amerikanischen Craft-Bieren wie eben IPA und Pale Ale und so?

Jakub: Also, ja, dann in Polen, ich würde sagen, das fängt an also vor 13 Jahren bei Pinta Brauerei. Also ich glaube, sie waren einer von den Ersten, also was hat so IPA gebraut. Wie zum Beispiel Attachmelo aber war auch AleBrowar, also die beiden, hat das gebraut, also ihr Braumeister. Er arbeitet, ich glaube, grade im Fermentis, also mit Hefe, er war schon auch auf der Premiere. Ja, aber in Polen hat das gut funktioniert mit starkbitteren Bieren. Aber das ist wie bei scharfen Essen, würde ich sagen, das muss man ein bisschen trainieren, scharfes Essen zu essen und dann kann man mehr bittere Biere trinken. Aber das ist schon, so können wir ein bisschen mehr experimentieren, also das ist nicht so blockiert wie in Deutschland, aber andere Dinge in Polen sind schwieriger. Zum Beispiel mit Etiketten, aber da werde ich nicht erzählen, über das heute. Ja und ein bisschen Biersteuer ist auch fast dreimal teurer als in Polen, also in Deutschland ist es günstiger als in Polen mit Biersteuer. Deswegen musst du auch so von einer anderen Alternative als so Helles oder so und Leute würden deine Produkte auswählen vom Schrank. Musst du so auch mit Etikett spielen, also immer die IPA-Biere haben so voll mit Color, also viel Farbe drin. Und, ja, musst du dann erstmal vom Schrank auswählen und da trinken

Markus: Ja, das stimmt, also viele Leute kaufen Bier, ähnlich wie Wein auch, nach dem Aussehen, nach dem Etikett. Und da erinnere ich mich noch an eine schöne Geschichte mit eurem neuen Bier, ihr habt ja auch ein besonderes Etikett gemacht und dieses Etikett ist mit einer Künstlerin entstanden und hat praktisch eine Metaebene. Das heißt, man hat eine App auf dem Mobiltelefon und kann das dann einscannen und dann erweckt sich das Etikett zum Leben, also es fängt an, sich zu bewegen, es fängt an, dass da Musik entsteht über dem Bildschirm. Das ist eine ganz faszinierende Geschichte, wir seid ihr auf die Idee gekommen?

Jakub: Also diese Künstlerin ist unsere Bekannte und das erste Mal, wir haben gesehen diese Bilder, also diese Technologie heißt Reality Augment, haben das gesehen und dann das gleichzeitig, wir waren bei unserem ersten Projekt mit Barel-Aged-Bieren. Und deswegen, ja, wieso nicht so das nutzen gleich, also auf dem Etikett. Kannst du das auch auf T-Shirt nutzen, aber das ist ein bisschen schwieriger mit diesen Punkten, wenn das bewegt sich. Ja, aber bei Bieretikett, also Bier ist auch Kunst, würde ich sagen, deswegen kannst du das ein bisschen mischen, also diese Kunst. Weil, das ist nicht so typisches Bier so, dieses Barel Aged Baltic Porter. Weil du trinkst nicht einfach direkt von Flasche oder vom Glas, sondern das ist am besten, das schmeckt mit so Dessert so, mit Brownie oder Eis dazu. Und das dauert ein bisschen Zeit, dass es mehr so Richtung Whisky-Demonstration, also mit 150 Milliliter oder 100 Milliliter dazu, aber was dazu noch machen. Natürlich kannst du über Bier fokussieren auch mal Essen, aber in der heutigen Zeit ist es sehr wichtig auch, wir so viel Social Media haben, wie also TikTok, Instagram, Leute müssen immer ins Handy gucken, deswegen kannst du auch mit Bier gucken und dieses Etikette bewegt sich. Und vielleicht in der Zukunft können wir noch mehr diese Technologie nutzen und es würde noch besser, also vielleicht kannst du das ohne diese Art nutzen, sondern direkt von einer Kamera mit einem Handy, das würde noch besser. Aber schauen wir, wie das ist.

Markus: Ja, auf jeden Fall faszinierend. Und ich habe das vorher noch nie gesehen, muss ich sagen, also wirklich toll. Und ich finde ja auch schön, solche Innovationen live miterleben zu dürfen. Insofern, also vielen Dank dafür. Wie sieht dein weiterer Plan aus? Also du studierst jetzt erstmal in Weihenstephan, wie lang hast du noch und wie soll es dann weitergehen?

Jakub: Also ich habe, ich würde sagen, vielleicht noch eineinhalb Jahre und dann das zweite Diplom, aber schauen, das ist immer, das verstellt sich wegen Arbeit natürlich. Weil ich bin meistens, also bei jeder möglichen Pause in Jedlinka so zum Arbeiten. Weil ich bin an der Uni, das ist mehr Homeoffice-Arbeit, also mit Bierrezepte, also neue Technologie, wir vergrößern immer, also die ganze Zeit unsere Brauerei, deswegen also möchten wir auch ein paar neue Technologien, deswegen ich bin verantwortlich für das. Aber, ja und zur Uni dann, ich würde sagen, noch zwei Jahre maximal mit Diplomarbeit. Und, ja, dann, was werde ich machen? Natürlich weiter in Brauerei entwickeln, aber ich habe auch noch ein paar andere Projekte. Mein bester Kumpel von der Uni, wir haben uns kennengelernt im ersten Jahr und, ja, in der Zukunft möchten wir eine Brauerei in Thailand eröffnen, aber bis diese Zeit vielleicht was schon in Europa, bei Verträgen Bier brauen und verkaufen als so Thai-Produkt. Aber vielleicht, Sani kann inzwischen mehr erzählen.

Markus: Ja, spannend. Also jetzt kommt unser zweiter Gast mit ins Spiel und erstmal auch hallo an dich, schön das du hier bist. Und vielleicht stellst du dich auch ganz kurz unseren Hörern …

Sani: Hej, servus, also Hörer. Ja, also ich bin der Sani, ich komme aus Thailand und ich mache grade Braumeister hier …

Markus: Auch in Weihenstephan.

Sani: … auch in Weihenstephan

Markus: Und du kommst ausThailand. Wie kommt man auf die Idee, dass man sagt, ich bin jetzt in Thailand und ich gehe jetzt nach Deutschland und mache Braumeister?

Sani: Das ist eine lange Geschichte, aber war so total interessant, würdet ihr sagen. Also überlege mal vor da so, also ich bin von einer konservativen Familie, ja. Also heißt, also in Thailand meistens, Bier wird als Tabugetränk oder Alkohol wird als Tabuthema so gesehen. Und also einmal, also es war immer so, ich habe, bevor ich nach Thailand gekommen bin, habe ich erstmal so fünf oder sechs unterschiedliche Arbeit, bei Porsche gearbeitet in Thailand und dann am Ende, also ich habe herausgefunden, dass ich hier lieber, weil vorher mal so, weil ich studiert in Teilen. Also ich habe Biotechnologie studiert und habe ich eine Chance gehabt, also in einer großen Brauerei eine Chance, gearbeitet, also für vier Monate so, habe ich ein Praktikum gemacht, also vier Monate. Und danach habe ich fünf Jahre gearbeitet und dann hier war mein Lieber einfach so.

Markus: Und dann hast du gesagt, okay, das möchte ich beruflich machen.

Sani: Ja, genau, da will ich Beruf machen und da so, ich bin zu meinen Eltern gekommen, Papa, Mama, ich will Bier lernen. Und sie denken, bist du bescheuert? Ja wirklich, also ich meine das ernst und ich will das, also ich will Bier lernen. Überlege dir mal, ich werde in Zukunft, also in Thailand es gibt also keinen Braumeister, ich werde der erste Braumeister in Thailand.

Markus: Woah!

Sani: Und wie viele Chancen werde ich da bekommen? Danach haben die erstmal so gelassen, okay, mach was du willst, Sani.

Markus: Und dann bist du gleich nach Deutschland oder hast du überlegt?

Sani: Gleich nach Deutschland, genau. Also ich bin hier in Deutschland also nach Duisburg gekommen, habe da ein Praktikum gemacht. Nee, erstmal so Deutsch gelernt für ein Jahr. Und zum Glück habe ich dann meinen Lehrer, also deutsch Lehrer kennengelernt und der hat mir gesagt, okay, Sani, ich kenne schon so, mein Kumpel, der arbeitet in der Brauerei als Braumeister, willst du ein Praktikum dort machen? Ich habe sofort ja gesagt, ne, so eine Chance so gibt es nie auf der Straße. Und dann habe ich also bei Brauerei Königshof gearbeitet für ein Jahr und dann, habe hier also angefangen, also in Weihenstephan zu studieren, ja, genau.

Markus: Okay. Und dann auch schon die Idee gehabt, später mal in Thailand eine Brauerei aufzumachen?

Sani: Ja, genau, das wäre da so mein zukünftiger Plan. Aber davor müssen wir auch sowas arbeiten, ich meine, wir müssen erstmal unsere Bekanntheit grad erhöhen erstmal. Dabei machen wir dann ein Bier so für thailändische Ketten, Restaurants in Holland. Also bringen einfach so Esstische, auf die Tische, Genuss in die Brauerei, also mit thailändischen Essen. Weil wir so, wir sind da so Braumeister und wir wissen schon, okay, das Bier passt gut zu diesem Essen. Thailändisches Essen hat komplexe Eigenschaften, auch scharf, unser Bier muss besonders sein, ja.

Markus: Und hast du da einen Geheimtipp, was man machen muss bei einem Bier oder willst du das nicht verraten?

Sani: Ich kann es auch nicht verraten.

Markus: Okay. Aber was ich ganz spannend finde oder vielleicht vorher noch, wie habt ihr euch dann kennengelernt, einfach zufällig oder war …

Sani: Einfach zufällig. Ja, also wir haben vor der Bibliothek kennengelernt, einfach so.

Markus: Wahnsinn.

Sani: Ja.

Markus: Was ich total schön finde ist, dass man einfach ein anderes Denken offensichtlich mittlerweile hat, ihr trefft euch aus ganz unterschiedlichen Ländern und plant dann in wieder einem anderen Land mal loszulegen und so. Das ist schon ein sehr internationales, globales Denken, das finde ich ziemlich cool. Wie erlebt ihr sonst die anderen Studierenden, sind die auch so drauf wie ihr oder gibt es da Unterschiede?

Sani: Da ist schon ein Unterschied eigentlich. Ich meine also, wir kommen uns richtig klar, also wir klicken oder so, das ist einfach so besonders zwischen uns, deswegen. Also ich meine, ich sehe ihn als Bruder und er sieht mich auch als Bruder so. Ich meine, also wenn wir wirklich zusammenarbeiten möchten, also ich muss erstmal so ihm glauben oder jemand glauben, ja, hier. Also ich meine, wenn ich hier in Deutschland bin, ich suche auf jeden Fall so jemanden, also dem ich so glauben oder vertrauen so kann. Ich sehe schon so, ich habe wirklich so eine Vision, ich weiß schon, was ich machen möchte und in welche Richtung muss ich gehen, ja. Und Gott sei Dank habe ich jetzt gute Partner.

Markus: Ja, das ist schön, dass ihr euch gefunden habt.

Sani: Genau.

Markus: Warum ausgerechnet in Holland anfangen, gibt es da einen speziellen Grund?

Sani: Ah, okay. Also ich kenne da schon einen Besitzer, der hat sieben Niederlassungen, also thailändische Restaurants. Und ich habe mal gesagt, also okay, können wir vielleicht also bei dir unsere Bier so verkaufen? Und er hat ja gesagt, einfach so.

Markus: Okay, das ist ja perfekt.

Sani: Ja.

Markus: Und warst du auch schon mal in Polen?

Sani: Ja, öfter mal, ja, öfter mal. Wir haben auch sogar so ein Hopfengebiet zusammen, zusammen was aufgebaut.

Markus: Woah!

Sani: Das war in früherer Zeit, war super lustig. Ich musste dann, weißt du, in so einer Säule machen.

Jakub: Masten.

Sani: Masten, ja, ungefähr so neun Meter hoch und wir mussten einfach so mit einer Leiter hochklettern und dann so ein Seil, zusammen was verbinden. Ja, auch gefährlich, aber ist okay. Herausforderung.

Markus: Absolut, ja. Ist das ein neues Hopfengebiet, wo ihr das gemacht habt?

Jakub: Nee, also ich glaube, du hast das gesehen, aber das war im Januar, deswegen, es waren nur diese Masten. Aber Hopfensorte, also haben wir polnische, also eigentlich tschechoslowakischer Marynka.

Markus: Marynka, ja.

Jakub: Das ist irgendwie, also wir brauen mit grünem Hopfen einmal im Jahr, also Pils mit Marynka-Dolden. Also das ist immer auf unserem Oktoberfest, wir haben auch Oktoberfest, immer das vorletzte Septemberwochenende, also bei uns und dann immer acht Biersorten, also mit Anzapfen auch.

Markus: Perfekt. Also jetzt wissen die Hörer genau und die Hörerinnen, wann sie wo sein müssen, nämlich Anfang September bei euch in Polen in der Brauerei. Ich bin sehr gespannt dann, wenn ich dann das erste Bier aus eurer gemeinsamen Produktion verkosten darf. Vielen Dank, das ihr hier wart und ein bisschen erzählt habt. Und, ja, jetzt werden wir gemeinsam ein bisschen Bamberg erkunden und sind schon sehr gespannt, was die Stadt uns bieten wird. Also nochmal vielen Dank, dass ihr da wart.

Sani: Danke dir.

Jakub: Ja, vielen Dank.

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BierTalk 134 – Interview II mit Martin Knab, Altbraumeister der Brauerei Schlenkerla / Heller Bräu, Bamberg

Im zweiten Teil des Podcasts „BierTalk“ vertieft Markus das Gespräch mit Martin Knab, Altbraumeister von Schlenkerla. Martin beschreibt, wie er zur Idee kam, ein Weizenbier bei Schlenkerla einzuführen, trotz anfänglicher Skepsis und technischer Herausforderungen. Die Einführung des Weizenbiers führte zu Anpassungen in der Brauerei, um obergärige Biere herzustellen. Martin betont die harmonische Kombination von Rauch- und obergärigen Aromen im Weizenbier und erzählt von weiteren Entwicklungen, wie dem Fastenbier und einem Doppelbock, der besondere Aromen durch Eichenrauch erhielt. Markus und Martin diskutieren auch die Herausforderungen beim Fassverkauf von Weißbier und die erfolgreiche Einführung von Biervariationen wie dem „Kräusen“, einem leichteren Sommerbier. Martin teilt historische Einblicke in die Brauerei und die Entwicklung von Spezialitäten wie dem Hansla und Heinzlein, welche die traditionelle Braukunst Bambergers widerspiegeln. Die Diskussion beleuchtet die kreative Balance zwischen Tradition und Innovation in der Schlenkerla-Brauerei…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute der zweite Teil unserer Doppelfolge mit Schlenkerla-Altbraumeister Martin Knab aus Bamberg. Wir haben in dem ersten Teil der Doppelfolge schon ein bisschen drüber gesprochen, wie sich sein Leben entwickelt hat, wie er zum Bier kam, wie er dann über das Allgäu und Niederbayern nach Franken gefunden hat und schließlich dann in Bamberg seine Zelte aufschlagen wollte und das auch gemacht hat. Ja und jetzt steigen wir ein und schauen mal, wie sich das hier dann vor Ort im Schlenkerla entwickelt hat.

Markus: Wie kam es denn überhaupt dazu, dass du dann gedacht hast, lass uns mal ein neues Bier machen oder hast du das überhaupt gesagt, kam das von woanders, wie lief das?

Martin: Also das war beim ersten Gespräch, hat mich der Seniorchef dann gefragt, was ich denn anders machen würde oder wo ich mir was vorstellen würde? Da habe ich gesagt: „Also was ich mir gut vorstellen könnte, wäre ein Weißbier zu machen, ja oder Weizen“. Ja, dann hat er, ja, hm, hm. Wie ich dann eben fest da war, dann habe ich das wieder ins Gespräch gebracht und dann hat er gemeint, ja, könnte man ja mal ausprobieren. Und, ja gut, dann haben wir es irgendwann mal in Angriff genommen. War dann auch ganz lustig, die Brauerei war natürlich für obergäriges Bier überhaupt nicht vorbereitet, ja. Die Gärgefäße müssen andere sein, ja, die müssen offen sein, wir haben geschlossene Gärtanks da oben, schon seit 1980. Und da habe ich dann gesagt: „Okay, wenn wir das anständig machen wollen, dann muss ich das woanders machen.“ Habe aber auch eine Brauerei gekannt, bei der ich während meiner LGA-Zeit schon das Weizen eingeführt hatte und die habe ich eben gefragt, ob sie es machen würden? Also ich bringe das Malz mit, ich bringe den Hopfen mit, bringe die Hefe mit, sie müssen nur brauen, vergären, abfüllen, etikettieren tun wir es dann selber wieder, ja. Also war ein bisschen umständlich, aber es ging nicht anders und das haben wir dann, ich glaube, im April 98, haben wir es dann eingeführt. Und haben dann, wie wir so gemerkt haben, ja, das kommt eigentlich nicht schlecht an, überlegt, was können wir denn in der Brauerei machen, damit wir die Obergärung auch in der Brauerei machen können? Dann haben wir eben vom Schulz einen der Gärtanks aufschneiden lassen, dass der offen ist und haben wir dann das da so rum gemacht. Und, ja, das ging eigentlich bis, ich glaube, 2010, haben wir dann einen richtigen Weißbier-Gärtank dann erst installiert. Aber das ging mit diesem Provisorium und nichts ist ja so dauerhaft wie ein Selbiges, ja, ging das eigentlich auch ganz gut. Wir waren in der Produktionsmenge ein bisschen beschränkt, weil da war die Sudgröße auf 43 Hektoliter einfach beschränkt, weil dann hat der Tank geendet, ja. Überlaufen lassen braucht man ihn ja auch nicht da. Und, ja, aber wie gesagt, das ist eigentlich dann ganz gut angekommen. Und ich finde auch dieses Raucharoma und das obergärige Aroma, die vertragen sich wunderbar so miteinander, ja. Und das war eigentlich die Vision, die ich dahinter hatte, weil ich ja gewusst habe, wie ein Obergäriges schmeckt, was auch da dahintersteckt, welche Substanzen und ich habe auch gewusst, was beim Rauchgeschmack, welche Substanzen da dahinterstecken. Und dann habe ich gesagt, die kann man eigentlich kombinieren, ja und das ist eigentlich auch ganz gut geworden, ne, ja.

Markus: Ja, also ich sage ja immer, so ein bisschen wie so eine Banane auf dem Grill. Wir können es ja mal ins Licht rücken, wenn du es mal kurz rüber reichst, also so schaut es dann eben heute aus, das Weizen. Und ich denke, es war damals aus mehrerlei Hinsicht was Besonderes, also weil ja an sich Weißbier keine fränkische Spezialität ist, das heißt, es gab nur ganz, ganz wenige fränkische Brauereien, die sich des Weißbieres angenommen haben. Natürlich, die ein oder andere Überregionale kennt man.

Martin: Die Meisten, ja.

Markus: Oder eine Zeitlang, als Gutmann noch zu Franken gehört hat, war das auch mal eine fränkische Weißbierbrauerei, aber an sich war Weizen jetzt kein klassischer fränkischer Bierstil. Das heißt, die Meisten haben es nicht selber gemacht oder gar nicht gemacht. Das ist das eine und das andere dann eben, wenn man es dann macht, auch noch mit dem Raucharoma, ist ja nochmal eine Nummer oben drauf. Wobei ich mich jetzt grade mal frage, wenn ich mich in die Lage dieser anderen Brauerei versetze, jetzt kommt da der Typ mit seinem Rauchmalz an und wenn ich mir jetzt überlege, dass euer Lager ja durchaus auch ein bisschen Rauchcharakter hat, obwohl da gar kein Rauch im Bier selber in der Rezeptur eine Rolle spielt, hatten die nicht Angst, dass du mit diesem Rauchmalz die ganze Brauerei verräucherst?

Martin: Nee, wir haben das so gemacht, dass das der letzte Sud in der Woche war und danach wird sowieso saubergemacht und dann ist auch das ganze Aroma draußen, ne. Also das kriegt man organisatorisch hin.

Markus: Und die Leute hier, wie haben die das so angenommen in der Wirtschaft und so?

Martin: Ach, das ging eigentlich ganz gut, s waren etliche experimentierfreudige Gäste dabei, die haben also das am Anfang, ging das relativ zack, zack, zack. Also es hat sich auch schnell ein bestimmter Produktionsrhythmus dann eingependelt, ja, also.

Markus: Es besteht ja zur Hälfte aus dem klassischen Gerstenrauchmalz und zur Hälfte aus einem ganz normalen Weizenmalz.

Martin: Ja, das Verhältnis ist 60:40.

Markus: Okay, 60:40.

Martin: Also 60 Prozent Weizenmalz, 40 Prozent Gerstenmalz, ja.

Markus: Genau. Und war da jemals der Gedanke, auch das Weizenmalz als Rauchmalz herzustellen?

Martin: Nein, überhaupt nicht. Weizen verhält sich ein bisschen anders, wenn man vermälzt, ja. Es wär auch dann, ich muss dann den Weizen irgendwo, also das Getreide in einem extra Silo haben, das Malz dann auch wieder in einem extra Silo und so viele Silos haben wir dann auch wieder nicht. Also das war eigentlich nie angedacht. Zumal es eigentlich gar nicht so verkehrt ist, weil die beiden, das Märzen und das Weizen, die haben die gleiche Stammwürze, ja. Und dadurch, dass da eben ein gewisser Weizenmalzanteil drin ist, ist das Raucharoma natürlich um ein ziemliches Level niedriger. Und dann haben wir die beiden Biere, die dann nicht gleich daherkommen, sondern auch gewisse Abstufungen im Rauchgeschmack haben, also von daher ist das gar nicht mal so unpassend gewesen.

Markus: Ja, ja und natürlich hat das Hefearoma dann auch Raum, wo es sich entfalten kann. Gab es das jemals im Fass?

Martin: Ich habe mal ein paar Fässer abgefüllt, vor allen Dingen für ausländische Kunden, ja. Das ist aber im Prinzip kein Problem, das Problem beim Fass-Weizen entsteht erst beim Ausschank.

Markus: Ja, eben, ja.

Martin: Da muss man halt drauf Obacht geben. Und da haben wir schon Ende der 80er-Jahre in Passau etwas Lehrgeld bezahlen müssen, dass man eben beim Ausschank nicht mit reiner CO² ausschenkt, ja. Weil, wenn so ein Fass dann zwei, drei Tage am Hahn hängt und du hast dauernd ein CO²-Polster da drauf und du musst da schon immer mal wieder einen Druck drauf geben, dann reichert sich das Bier auch wieder mit CO² an und du musst mit einem noch größeren Druck draufgehen, um das CO² im Bier zu halten und dann wird es irgendwann mal unmöglich, das dann auszuschenken, ja. Und wenn man aber mit Mischgas das macht, also mit der Mischung aus Stickstoff und Kohlendioxid, dann ist das Problem gelöst, ja.

Markus: Naja und hier hat man ja eh noch die Besonderheit, das ja alles aus dem Holzfass ausgeschenkt wird, also eben ohne überhaupt Gas und ohne klassische Schankanlage und ohne Kühlung und all das, also das heißt, die Fässer müssen auch entsprechend leer werden. Und ginge das überhaupt mit Weißbier?

Martin: Es ginge, man könnte es machen, ja, aber es ist nicht praktikabel einfach, ja, weil dann die Mengen doch zu gering sind, die am Tag dann ausgeschenkt werden, weil man weiß e dann auch nie so genau. Und bevor dann jetzt am Tag meinetwegen ein Fass Weizen ausschenkt und dann de Rest wieder aus der Flasche macht, dann kann man gleich alles aus der Flasche machen.

Markus: Genau. Und ihr macht da Flaschengärung?

Martin: Ja.

Markus: Ja, okay.

Martin: Ja, das ist eigentlich die klassische Art, Weißbier zu produzieren. Weil man lässt ja ein Weißbier im Gärbehälter abgären, das heißt also, es ist kein vergärbarer Extrakt mehr drin. Man gibt dann wieder vergärbaren Extrakt in Form Würze dazu. Den muss man natürlich genau ausrechnen, wie viel man braucht, ja. Und dann wird das abgefüllt und die Hefe, die noch im Bier drin ist, die vergärt das dann in der Flasche und das Kohlendioxid, das dabei entsteht, bei der Gärung, kann natürlich aus der verschlossenen Flasche nicht mehr entweichen und reichert sich so im Bier an. Und deswegen muss man es vorher genau ausrechnen, was man braucht.

Markus: Tja, also dein erster Streich sozusagen.

Martin: Mein erstes Kind hier, ja.

Markus: Waren dann auch alle zufrieden?

Martin: Ja.

Markus: Und dann hat man gesagt, okay, das hat er gut gemacht, jetzt darf er nochmal?

Martin: Ja, das ging dann also los, wie der Matthias drüben übernommen hatte dann. Dann hat er gemeint, ja, wir könnten ein Fastenbier machen. Ich sage: „Ja, können wir.“ Ein Fastenbier ist ja eigentlich ein Bockbier.

Markus: Also der Osterbock sozusagen.

Martin: Weil nach der alten mönchischen Tradition, Flüssiges bricht Fasten nicht, haben die Mönche natürlich das Bier, das sie in der Fastenzeit getrunken haben, stärker eingebraut. Also feste Nahrung durften sie ja nur einmal am Tag zu sich nehmen, den Rest haben sie flüssig gemacht. Und je höher die Stammwürze, umso höher der Nährwert, ja. Und dann haben wir da eben das Fastenbier gemacht, aber wir wollten jetzt keinen Urbock 2.0 machen, weil das wäre langweilig gewesen, ne. Und da ist jetzt eben auch eine Malzmischung drin, es ist nicht rein aus Rauchmalz gemacht, sondern wir geben noch ein bisschen Pilsner Malz dazu, um das eben von dem Urbock zu unterscheiden auch, ja. Und mit dem Hopfen habe ich da ein bisschen gespielt. Also da im Urbock und im Märzen ist nur Bitterhopfen drin. Der reicht auch dafür aus, weil der muss durch die Bittere ein Gegengewicht zum Rauchgeschmack herstellen. Hier ist jetzt der Rauchgeschmack nicht mehr so vorherrschend, da kriegt der Hopfen eine Chance, ja, mit Aromen. Und da haben wir dann Aromahopfen auch dazu genommen, vor allen Dingen den Mandarina Bavaria, ein wunderbarer Aromahopfen, einer meiner Lieblingshopfen inzwischen, und der Spalter Select, ja. Auch eine Weiterzüchtung der alten Spalter Landsorte, hat das Aromaprofil von der alten Spalter Landsorte, ist aber vom Ertrag her besser. Und der spielt da auch noch ein bisschen eine Rolle mit, ja, wie auch beim Lager.

Markus: Ja, was ich schön finde ist, grade diese Mandarina-Bavaria-Noten, die gehen da ja so in diese roten Beeren ein bisschen und das unterstützt natürlich auch das Raucharoma schön, also die beiden passen wirklich gut zusammen.

Martin: Sind gute Teamplayer, die zwei, ja.

Markus: Ja, also ein feines Bier. Heute ist es nicht mehr ganz im Bockbierbereich, ne, aber …

Martin: Doch. Doch, doch

Markus: Doch, ah ja, doch noch, okay.

Martin: Wir haben es am Anfang eben nicht als Bockbier gemacht.

Markus: Ach so.

Martin: Bis irgendwann, es hat dann einmal ein höchst richterliches Urteil gegeben, das also, was als Fastenbier bezeichnet wird, muss Bockbier sein, das heißt, es muss mindestens 16 Prozent Stammwürze haben. Wir haben es aber dann auch von der Stammwürze am unteren Ende angesiedelt, ja, während der Urbock bei 17,5 liegt, ist der so bei 16,2, 16,3, ja und hat dadurch auch etwas weniger Alkohol. Dadurch unterscheiden sich die Biere dann auch. Und du kannst ja nicht irgendwo dann immer wieder auf das Gleiche rauskommen, sondern du musst dann schon ein bisschen differenzieren auch, ja.

Markus: Und dann warst du schon im Starkbierbereich und hast gedacht, okay, jetzt setzen wir noch einen oben drauf.

Martin: Ja, das ist ein bisschen anders gegangen, ja,

Markus: Okay.

Martin: Unser zweites European-Beer-Star-Siegerbier, ja. Die Eiche ist eigentlich daraus entstanden, dass mein Chef irgendwann mal mich gefragt hat, ob wir denn unbedingt immer das Malz im Ofenfeuer herstellen müssen? Ich habe gesagt: „Ja, in Stein gemeißelt ist nix, ja, da können wir es auch so nehmen.“ Da hat er gemeint, ja, können wir ja auch mal Eiche probieren. Ja, dann haben wir das Holz besorgt und haben mal eine Darre mit Eiche gemacht, das war 2009 irgendwann mal, ja. Und, ja, dann haben wir das Malz natürlich in ein extra Silo gelegt, ja und dann habe ich im Labor mal so ein paar Maischversuche gemacht. Ich habe ja schon beim Darren gemerkt, also die Eiche brennt anders und sie riecht anders als die Buche beim Verbrennen, ja. Also vollkommen andere Aromen sind das, obwohl die beiden Bäume ja miteinander verwandt sind, aber trotzdem, vollkommen anders. Und dann habe ich das auch mit Maischversuchen im Labor bestätigt bekommen und dann haben wir da so mal ein bisschen rumgerätselt, was machen wir jetzt eigentlich damit? Und da habe ich gesagt: „Naja, wir haben ein Märzen, wir haben einen Bock, bleibt eigentlich nur noch ein Doppelbock übrig, ja.“

Markus: Logisch, ja.

Martin: Wenn, dann müssen wir ja in der Stammwürze nach oben gehen, ja. Mit so einem gehaltvollen Malz da ein Leichtbier zu machen, das ist irgendwo widersinnig, ja. Und, ja, dann hat er eben gemeint, ja, dann machen Sie mal. Und dadurch, dass das Eichenholzaroma viel feiner ziseliert ist gegenüber dem Buchenholzaroma, habe ich da auch dann Aromahopfen mit dazu genommen und zwar auch den Spalter Select. Und das ist eigentlich ganz gut eingeschlagen. Und das hat wirklich sehr, sehr differenzierte Aromen. Man muss es mal warm probieren, damit man so ein paar spezielle Aromen raus schmeckt. Und eins der speziellsten Aromen da drin ist Vanille. Und die Vanille kommt aus der Eiche. Jeder Whisky hat Vanille-Aromen und Whisky lagert in Eichenfässern, die innendrin angekockelt worden sind, ja. Und bei uns machen wir es genau umgekehrt, wir verbrennen das Eichenholz und jagen den Rauch durch die Grünmalzschicht durch. Aber die Chemie, die dahintersteckt, ist die gleiche, ja. Und das Ergebnis ist dann zwangsläufig natürlich auch ein Ähnliches, ja. Wobei natürlich hier die Vanille-Aromen viel geringer konzentriert sind als beim Whisky. Naja, ein Whisky hat eine Trinkstärke von 40% Alkohol, da haben wir ein Fünftel davon, ne, also insofern sind die Aromen natürlich auch anders verteilt. Aber so vom Grund her ist es das Gleiche.

Markus: Ja und man muss sagen, das war damals schon ein ganz besonderes Bier. Also einerseits vom Geschmacksprofil her hat man wirklich erstmal gedacht, das war vielleicht irgendwie im Holzfass, wie auch immer. Und es war auch überhaupt was Neues, was Spezielles, was man so noch nicht gekannt hat. Und dann gab es ja nur diesen einen Sud, den es dann ab 01. Dezember gab am Anfang. Und der war dann auch relativ bald weg und dann gab es das nicht mehr.

Martin: Der war schnell futsch, ja.

Markus: Und dann war das wirklich so ein Bier, da ist ja dann langsam so die Bierwelt ein bisschen erwacht und dann war das eins der seltensten Biere, die bei fast allen irgendwie auf der Liste standen. Und es war wirklich was Besonderes, überhaupt ein paar Flaschen davon zu haben. Das weiß ich noch, so in dieser Anfangszeit da, immer, wenn ich dann jemanden welche mitgebracht habe, die sind da auf die Knie gegangen, dass sie endlich dieses tolle Bier bekommen. Und dazu muss man ja auch nochmal sagen also für alle, die jetzt noch nicht das Glück hatten, im Schlenkerla in der Brauerei gewesen zu sein, es ist ja auch noch eine sehr historische Brau- oder, ja, doch Brauereianlage, die eben in die Tiefe geht. Und das heißt, wenn wir bei den Lagerkellern sind, dann sind wir wirklich im Keller, also ein paar Meter unter der Erde im über 600 Jahre alten Stollen, wo heute noch die Lagertanks liegen. Und ihr lasst diesem Bier auch wirklich Zeit und das merkt man dem auch an. Dieses Harmonische, Runde, die drinkability letzten Endes, das kommt daher. Und für mich ist das immer wieder ein Fest, wenn wir, was weiß ich, so im September, Oktober, wann auch immer, da oben sind und dann eben mal so eine Eiche verkosten vom Lagerkeller, die dann eben schon monatelang oder noch länger da drin liegt, das ist unglaublich und das kann man jedem nur empfehlen. Und ist das etwas, was du auch mitgenommen hast oder was du da neu entdeckt hast, diese langen Lagerzeiten?

Martin: Also die langen Lagerzeiten, die habe ich eigentlich schon immer postuliert, weil, Bier braucht auch ein bisschen Ruhe, ja. Und ich muss dem Zeit lassen zum Ausreifen. Das heißt ja nicht umsonst ausreifen. Und reifen ist ja kein Vorgang, der so mit einem Fingerschnipper geht, sondern es dauert halt, ja. Ist von Bier zu Bier verschieden. Das Lager Hell ist nach fünf, sechs Wochen fertig, das Märzen ist nach sechs, acht Wochen fertig, der Bock braucht 15 Wochen ungefähr und ein Doppelbock kriegt ein halbes Jahr oder länger. Also wir haben ihn auch manchmal ein Jahr lang liegen, also das kommt auch vor, ja. Aber der wird nicht schlechter, der wird eigentlich immer besser, je länger das er liegt.

Markus: Und damit einher geht ja eigentlich auch noch eine Geschichte, die damit verbunden ist, denn ihr wart, ich glaube, es war die erste deutsche Brauerei, die wirklich ein Jahrgangsbier gemacht hat. Also die dann gesagt hat, okay, ich lagere dieses Bier bewusst vier Jahre, bei mir, in der Brauerei, auf der Hefe, in der Flasche und gebe es erst dann raus als Jahrgangsedition.

Martin: Das ha wir hier, ja.

Markus: Genau, das haben wir hier. Jetzt modern mit diesem roten Wachssiegel. Wir haben auch noch ein altes Fastenbier, das auch diesen Prozess durchlaufen hat.

Martin: Das mit den Alukappen, ja.

Markus: Genau, früher hatten die diese schönen goldenen Alukappen, also beides natürlich sehr interessant. Und ich weiß auch noch, damals, als es das zum ersten Mal gab, war, glaube ich, 2012, da durfte jeder maximal zwei Flaschen kaufen. Eine Flasche hat 6,90 Euro, glaube ich, gekostet und es war damals sehr viel Geld für ein Bier. Und die meisten Leute hier haben überhaupt nicht verstanden, also weder die Begrenzung der Menge, noch das man für zwei Flaschen so viel zahlt wie sonst für einen Kasten, das war schon erstaunlich. Und damit hat die Brauerei auch Maßstäbe gesetzt, muss man sagen. Die Nächste, die nachgezogen ist, war dann Schneider mit dem Aventinus, den sie entsprechend lang gelagert, in Papier eingewickelt haben. Wobei, den gab es nur zwei Jahre. Also das ist ja gekommen um zu bleiben und das war auch toll. Wessen Idee war das?

Martin: Wir sind da von unserem amerikanischen Importeur ein bisschen angestoßen worden, weil der hat gesagt: „In Amerika gibt es das, ja, könnt ihr das nicht auch mal probieren?“ Und da haben wir gesagt: „Ja, probieren können wir das schon, kein Problem.“ Weil, wenn das Bier mit Hefe abgefüllt, also es wird ja abgefüllt in die Flasche mit Hefe, unfiltriert und dann lassen wir es im Keller stehen. Im Keller deswegen, weil da ist es schön kühl, da ist es dunkel, das sind die zwei Voraussetzungen, dass man Bier lang liegenlassen kann, ja. Und die dritte Voraussetzung ist, es muss auch eine gewisse Stammwürze haben. Also mit einem Lager Hell braucht man sowas nicht machen, ja, das funktioniert nicht, ja. Aber mit einem kräftigen Bier, also ab Bockstärke kann man es machen. Und diese Biere, die werden dann auch immer besser, die verändern sich nämlich auch noch im Laufe der Zeit und die kriegen eine Weichheit und ein Aromaprofil, dass das frisch abgefüllte Bier noch gar nicht so entfalten kann. Also das sind schon Sachen, die sind werden sehr bemerkenswert. Aber das sind Leibhabersachen, das ist nix für die breite Masse, ja. Da wirst du auch nie riesen Mengen verkaufen davon, ja aber für Liebhaber und die werden ja auch immer mehr …

Markus: Das stimmt.

Martin: … ist das schon so ein besonderes Stück, ja.

Markus: In der Zeit haben auch in Amerika ein paar Leute das Bier ins Fass gelegt, also soweit ich weiß.

Martin: Ja, ja.

Markus: Hast du da mal was probieren können?

Martin: Nee, habe ich nicht, nein.

Markus: Na, da geht es uns gleich. Aber interessiert hätte mich das auch, also was da wohl dabei rauskommt, wenn man das noch im Fass lagert. Also auch wieder eine ganz spannende schöne Facette an der Rauchbierbrauerei, in die Starkbiere eben zu gehen oder hier in die obergärigen Biere. Und man sieht schon, du hast dann angefangen, wirklich dieses Portfolio einfach auch sensorisch deutlich zu erweitern und einfach vielleicht auch neue Grenzen so ein bisschen auszuloten und auch der Brauerei damit ein bisschen Vorsprung zu geben.

Martin: Ja, das war aber natürlich auch immer in enger Absprache mit dem Chef und eng abgestimmt. Weil letztendlich, er ist ja der Bundeskanzler hier herinnen, er bestimmt die Richtlinien der Politik, ja.

Markus: Absolut. Also, ja, also so viel Mal dazu. Wir werden jetzt gleich mal auf die neusten Entwicklungen zurückkommen, also zurückkommen, dann da hinkommen und da geht es dann durchaus auch mal um ein bisschen weniger Alkohol. Prost!

Martin: Prost!

Markus: Ja, wir sind immer noch im wunderschönen Schlenkerla, haben uns jetzt grade schon über die ersten Biere unterhalten, die du dann selbst mit entwickelt oder entwickelt hast. Und da waren wir jetzt am Ende praktisch so bei der Krone der Schöpfung angelangt so ein bisschen, also beim Doppelbock, der dann noch als Jahrgangsbier ausgebaut wird. Und haben uns auch schon drüber unterhalten, wie besonders die Brauerei einfach ist, auch von ihrer Anlage, von ihrer Struktur und die wird ja auch immer noch so gelebt und am Leben erhalten und jetzt auch grade wieder weitergebaut. Also das ist schon faszinierend, überhaupt sowas in einer Stadt zu bewahren, wo man so räumlich beengt ist, in jeder Hinsicht. Andere hätten die ja schon längst auf die grüne Wiese gestellt wahrscheinlich, ne?

Martin: Ja, in Ermangelung einer grünen Wiese…

Markus: Okay, also man könnte natürlich sagen, also hinter der Brauerei gibt es ja noch das Gelände vom ehemaligen Biergarten, den könnte man ja vielleicht verwenden.

Martin: Ja, da hat die Sternwarte was dagegen.

Markus: Okay, ja, gut. Aber, also für alle, die mal nach Bamberg kommen, das ist auf jeden Fall auch einen Besuch wert, dann auf den Stephansberg hoch, dort ist dann auch ein anderer Bierkeller oder zwei sogar. Bei uns sind Bierkeller ja oben auf den Hügeln, weil man da eben auf dem Keller sitzt, wo das Bier drunter gelagert wurde. Und dann gibt es da sogar noch einen Fassaufzug, den man anschauen kann in einen von denen. Und das ist einfach von der ganzen Anlage her faszinierend. Und da steht sogar eine Sternwarte, eine der ersten modernen Sternwarten, die es damals überhaupt gegeben hat.

Martin: Richtig, ja.

Markus: Also Bamberg durchaus auch ein bisschen richtungsweisend damals in dieser Stadt.

Martin: Ja, Wissenschaftsstandard.

Markus: Und wie ich immer über Bamberg sage, unsere Stadt am bedeutesten, als sie gegründet worden ist und seitdem befinden wir uns, zumindest politisch, in einem ständigen Niedergang. Aber jetzt ist es vielleicht wieder ein bisschen aufgehoben, nachdem wir ja das Bier für uns entdeckt haben. Ja und nun hast du die Kurve gekriegt, sagen wir mal, du bist im Alkohol ganz oben angekommen und dann habt ihr euch überlegt, was können wir denn am anderen Ende der Fahnenstange machen oder wie kam es dazu?

Martin: Ja, das waren zwei Überlegungen, also einmal, es wurde von den Gästen immer wieder mal gewünscht, dass man für den Sommer ein etwas leichteres Bier haben. Weil das Märzen mit 5,1% Alkohol ist natürlich schon gut bestückt und dann war halt die Überlegung, können wir da was anderes machen? Ich hätte ja gern das Lager einfach unfiltriert in Fässer abgefüllt und hier ausgeschenkt, aber da steht natürlich die Philosophie des Hauses dagegen, das hier nur Rauchbiere zum Ausschenken kommen. Und dann sind wir halt auf den Trichter gekommen, dann machen wir halt eins, wir nehmen ein Lagerbier ab und kräusen das mit einem Märzen noch einmal auf. Also aufkräusen ist ein Vorgang, den man während der Bierproduktion machen kann, wenn man die Nachgärung nochmal ordentlich anschubsen möchte, ja. Da eben in ein Bier, das vielleicht nicht so gescheit vergoren ist, nochmal frisches Jungbier dazugegeben zu einem gewissen Prozentsatz, darf man nicht zu viel machen und dadurch wird die Nachgärung nochmal angeschubst und der Extrakt nochmal ordentlich vergoren. Und das haben wir halt gemacht und das ist eben das Kräusen dann rausgekommen. Das ist eigentlich aus zwei Grundbieren gemacht, aus dem Lager und aus dem Märzen.

Markus: Können wir eigentlich Mama und Papa noch dazustellen, ne, eigentlich so ungefähr.

Martin: Ja, hier, machen wir es da so, ja.

Markus: Und das ist ungefähr so zwei Drittel hier, ein Drittel da, oder?

Martin: Ja, das ist weiter auf dem Lager drüben, die genauen Prozentzahlen werde ich natürlich nicht verraten, ne.

Markus: Ja, wir haben natürlich Betriebsgeheimnisse, logisch.

Martin: Ja. Aber jeder, der das im Glas sieht, kann sich ungefähr vorstellen, wie viel Märzen, wie viel Lager da drin ist, ja.

Markus: Und wenn ich jetzt überlege, also selbst heute noch, wenn ich durch Franken fahren würde und würde so den gemeinen Biertrinker sagen, was hältst denn du davon, wenn ich zwei Biere miteinander mische, dann würden 98 Prozent, würden mir eine Ohrfeige geben.

Martin: Das ist eine Todsünde.

Markus: Und das heißt ja was, das zu machen. Also war das einfach kein Thema, nehmen das die Leute gar nicht wahr oder habt ihr einfach bewusst gesagt, letzten Endes ist es ja eine alte Methode. Und wenn man also ganz kurz noch ausgreift in ähnliche Bierkulturen, die tschechische Bierkultur, da ist es ja immer üblich, Biere zu mischen.

Martin: Das ist da eine Hausordnung, ja.

Markus: Also es ist gar kein Sakrileg, aber hier halt. Aber wie seid ihr damit zurechtgekommen?

Martin: Also ich bin da vollkommen schmerzfrei, weil so kannst du auch andere Bierstile kreieren und die kannst du dann notfalls wieder in einer eigenen Produktion machen oder du machst es halt immer so, ja. Man kann natürlich das nicht beliebig in allen Schattierungen machen, ja, es müssen da schon ein bisschen so die Gegensätze zusammenkommen, wie hier, Mama und Papa, ja und dann kommt da was raus, was auch lebensfähig ist. Und das eigentlich von Anfang an hingehauen. Das war übrigens bei allen Bieren, die wir gemacht haben hier, da hat immer der erste Schuss gesessen, ja.

Markus: Was vielleicht auch ein bisschen auf deine Kunst zurückzuführen ist.

Martin: Ja, es ist ein bisschen so die Erfahrung, die man halt sammelt im Laufe der Zeit. Was ich ganz zu Anfang ja schon gesagt habe, wenn du aus der Uni kommst, bist du vollgestopft mit Wissen, weißt es aber nicht direkt so anzuwenden, ja. Und du kriegst aber im Laufe der Zeit natürlich Erfahrungen und diese Erfahrungen, die kondensieren sich halt dann irgendwo in solchen Sachen, ja.

Markus: Und das Kräusen ist dann aber am Ende ein filtriertes Bier?

Martin: Nein, ist unfiltriert.

Markus: Ah, okay.

Martin: Und das ist ja halt auch nochmal was Besonderes, ja, die üblichen Kellerbiere hier in Franken sind ja eigentlich alle unfiltriert, ja. Und dem haben wir damit auch ein bisschen Rechnung getragen, ja.

Markus: Da können wir vielleicht noch kurz vorgreifen, ihr habt dann ja in der Pandemiezeit dieses Thema unfiltriert auch nochmal ein bisschen für euch entdeckt, da gab es ja dann die Biere teilweise in der unfiltrierten Form.

Martin: Ja, das war auch auf Kundenanforderung. Das Lager Hell haben wir als unfiltriertes gemacht, das wollten die Schweden unbedingt mal haben, ja. Und das haben wir dann auch hier in Deutschland als Sonderedition dann herausgegeben. Das Märzen kommt zum Tag der Rauchbierbewahrung, das ist der 23. Juli immer, auch als unfiltriertes Bier zum Ausschank. Der 23. Juli deswegen, weil am 23. Juli 1635 in England das erste Patent auf eine rauchfreie Dare erteilt wurde. Und das hat mein Chef irgendwann mal in den letzten Jahren entdeckt und hat dann natürlich gleich daraus wieder einen Festtag gemacht. Aber solche Events muss man machen, ne, die schreien danach, ja.

Markus: Ja, muss man machen, schreien danach. Also was ich ganz toll an Matthias finde ist, dass er sich halt wirklich um diese historischen Dinge bemüht und da auch sehr exakt ist. Also viele erfinden ja irgendwelche netten Storys und so, aber er ist ja wirklich jemand, der nimmt das ganz genau und ist da auch entsprechend gründlich und macht dann auch was draus. Und das, muss ich sagen, bewundere ich sehr. Und grade dieser Tag der Rauchbierbewahrung ist natürlich also für Bamberg nochmal ein Feiertag.

Martin: Mit Sicherheit, ja.

Markus: Ja und auch, dass man das offen macht und sagt, da gehören alle dazu, die eben das klassische Rauchbier produzieren, finde ich auch gut. Und damit bereichert das unseren Jahreskreislauf noch um ein spannendes Datum. Also da unbedingt auch mal vorbeikommen und da gibt es dann hier eben frisch vom Fass.

Martin: Mit speziellen Speisemöglichkeiten.

Markus: Ja, außerdem, richtig. Da kommen wir vielleicht ganz am Schluss noch dazu, auch da hat sich ja noch einiges getan. Aber, genau und dann warst du jetzt hier schon mal auf dem Weg, also Richtung eines 4%-Bieres, sagen wir mal und dann ging es noch weiter. Also vielleicht auch nochmal, was ich ganz toll finde, wie vorhin schon gesagt, eigentlich habe ich Schlenkerla immer mit sehr traditionell, sehr dem Alten verhaftet, so wahrgenommen und man nimmt ja eigentlich eher an, dass so eine Brauerei dann eben eher ein bisschen behäbig ist, was Innovationen und solche Dinge angeht. Aber dann habe ich jetzt eben erlebt, wie ihr es doch immer wieder schafft, also einerseits auch innovativ zu sein, neue Wege zu gehen, neue Trends auch zu entdecken, sich auch Herausforderungen zu stellen, die sich einfach am Markt ergeben und dabei aber der Schiene treu zu bleiben, also in diesem Setting, wie ein Schlenkerla ist, wie es funktioniert, zu bleiben. Und das, finde ich, ist auch eine gewisse Kunst, das hinzubekommen, ne.

Martin: Ja, Tradition heißt ja, nicht die Glut hüten, sondern die Flamme weitertragen. Und das ist eigentlich auch einer der Leitsprüche von Matthias Trum, dass wir natürlich auf Bewährten aufbauen, aber das natürlich auch zum Teil, ja, in die heutige Zeit umsetzen oder interpretieren muss, ja. Und so ist eben diese leichte Linie entstanden. Die hat eigentlich einen Hauptgrund, warum wir die gemacht haben, wir wurden immer wieder gefragt, ob es das Schlenkerla nicht als alkoholfreies Bier gäbe? Ich habe es probiert, also es gibt so bestimmte Gärverfahren, da kann man das hinkriegen, die waren alle unbefriedigend, also was da rausgekommen ist. Das habe ich im so fünf- bis zehn-Liter-Maßstab gemacht, ja, um mal die Orientierung zu haben, wo könnte es denn hinlaufen, ja. Und das hat mir alles nicht geschmeckt, da habe ich gesagt: „Das hat keinen Sinn, das geht nicht.“ Und dann hat er, und da kommen wir jetzt ein bisschen hier in die Familienchronik rein, etwas entdeckt von seinem Urururgroßvater, Konrad Graser war das, ja. Der Konrad Graser hatte 1840 die Brauerei am Michelsberg gepachtet, die hat er bis 1866 gehabt, also 26 Jahre lang.

Markus: Kleiner Einschub, das ist Bambergs wahrscheinlich älteste Brauerei, die wir haben oder hatten.

Martin: Ja, wir haben sie nicht mehr, da ist jetzt das Brauereimuseum drin.

Markus: Richtig, genau.

Martin: Und der Konrad Graser hat dann 1866 hier diese Brauerei und Gastwirtschaft gekauft, wo wir uns jetzt befinden, damals unter dem Namen Heller Bräu im Handelsregister gestanden, unter dem Namen stehen wir auch heute noch drin, ja. Und dem Konrad Graser sein Sohn, der Andreas Graser hat dann den Namen Schlenkerla auf die Brauerei gebracht. Wobei es nicht er war, sondern die Stammgäste hier, die ob seines Ganges den Namen Schlenkerla, weil er ein wenig geschlenkert hat immer mit den Armen, verpasst haben. Und unter dem Namen sind wir halt auch bekannt, unter dem Namen Heller Bräu nicht, aber das nur so nebenher. Ja und dieser Konrad Graser hat während der Zeit, während er am Michelsberg oben war, auch noch eine alte Bamberger Biersorte gebraut, nämlich das Heinzlein und Hansla, ja. Das war ein sogenanntes Nachgussbier. Wie das genau passiert, das müssen wir nicht jetzt groß erläutern und breittreten, vorstellen. Weil, das haben wir dann auch ein bisschen in dem automatischen Betriebsablauf, den wir haben, integrieren müssen, es waren ein paar Kunstgriffe notwendig. Auf alle Fälle ist das also, beim Abläutern hört man ein bisschen früher auf und dann fängt man das, was da noch drin ist, gesondert auf. Das hat natürlich eine sehr, sehr niedrige Stammwürze und die Stammwürze wird hauptsächlich dargestellt als nicht vergärbaren Anteil. Das heißt, es entsteht da sehr, sehr wenig Alkohol dabei. Und das ist ein Bier gewesen im 19. Jahrhundert hier in Bamberg, das auch an Kinder verfüttert wurde? Warum? Weil Bier bis Mitte des 19. Jahrhunderts in ganz Deutschland oder ganz Mitteleuropa das gesündeste Lebensmittel war, das es jemals gegeben hat. Weil Bier muss während seiner Herstellung gekocht werden und damit ist es steril. Und dadurch, dass auch Hopfen drin, haben auch krankheitserregende Bakterien keinerlei Chance, sich da zu vermehren. Und so haben wir also das Heinzlein und Hansla aus den alten Büchern von Konrad Graser eben entdeckt. Und ich habe dann in etlichen Versuchen dann, die haben dann großtechnisch erfolgen müssen, versucht, dieses relativ rudimentär beschriebene Verfahren natürlich, nachzuempfinden und auch was draus zu machen, dass man dann das auch in eine automatische Sudhaussteuerung mit reinbringt. Das sind ja zwei Sachen, die man da beachten muss. Und da ist dann eben das Hansla rausgekommen, das ist rauchige Variante und zweimal Heinzlein, das ist die nichtrauchige Variante, nämlich als Helles und als Dunkles, ja.

Markus: Genau, die kamen ein bisschen später. Also ich kann mich noch erinnern, vielleicht noch allgemein gesagt, Hansla war praktisch ein Gattungsbegriff, sage ich mal so. Also Brauereien haben eben aus ihrer Malzmischung einen ersten, manchmal sogar einen zweiten Aufguss gemacht, wo normales Bier dabei raus kam und dann war eben der letzte Aufguss meistens der Dritte, war dann so ein Nachgussbier, wo man halt nochmal das Malz ausgelaugt hat. Das hat dann zwar noch Geschmack gehabt und eben ein bisschen Stammwürze, aber nicht mehr viel und dabei kam dann eben das raus, was man landläufig überall hier bei uns in der Gegend das Heinzlein oder Hansla genannt hat. Und es war eben das Bier für, sagen wir mal, die ärmeren Leute, die kranken, die Kinder, wie auch immer, also je nachdem. Manche Kranke haben auch bewusst das starke Bier bekommen, um sie zu nähren, also je nachdem. Aber das war einfach so das Alltagsgetränk, weil es eben diesen Produktionsprozess unterlaufen war, der ein steriles Getränk erzeugt hat, wie wir heute wissen. Damals wusste man einfach, es ist gut, das zu trinken und auf jeden Fall besser als irgendwelches Wasser aus irgendeinem Reservoire, was man sonst wo hatte. Und damit war das eigentlich landläufig so üblich und ist dann verschwunden, als die modernen Technologien des Brauens aufkamen und dann auch die moderne Mälzerei und überhaupt die Industrialisierung dann dazu geführt hat, dass wir das haben, was wir heute haben an Wirtschaft, an Getränkewirtschaft. Und jetzt eben das wiederzuentdecken, finde ich ganz toll. Und ich kann mich noch erinnern, der Matthias hat mir das dann erzählt, ich war, glaube ich, sogar ziemlich genau hier zu dem Zeitpunkt und hat dann mir erzählt, er macht das jetzt oder ihr macht das jetzt und er hätte da auch mal was da. Und dann ist er hinter den Tresen, hat uns eine Flasche geholt, ohne Etikett war damals noch und hat mir das dann so eingeschenkt, was ich denn davon halte und ich war von vorneherein begeistert. Und es war dann auch so, dass von diesen Probeflaschen, die er so hatte, die waren innerhalb von wenigen Tagen weg, weil alle Leute begeistert waren. Und für mich, muss ich sagen, hat es einfach eine neue Möglichkeit geschaffen, weil ich kann so jetzt halt auch mittags zum Beispiel mit Gästen, mit Kunden, wie auch immer, hier reinkommen, kann zwei, drei, wenn ich Lust habe, sogar vier Bier trinken, die mir schmecken, die Rauchcharakter haben und ich bin eben danach nicht von dem Alkohol in irgendeiner Art und Weise beeinflusst. Und das ist natürlich eine schöne Geschichte und trifft auch genau einen Nerv der Zeit und das fand ich auch so toll, diese Vision damals schon zu haben, dass das ein großer neuer Trend wird. Und da wart ihr auch in Bamberg ziemlich vorne dran mit einem eigenen und noch dazu mit diesem eigenen Charakter. Wer kam denn auf die Idee, die Nichtrauchigen zu machen oder war das von Anfang an?

Martin: Das war eigentlich von Anfang an angedacht, wenn wir die rauchige Variante machen, dann sollten wir auch ausprobieren, ob wir nichtrauchige machen können, ja. Weil das ist, wie gesagt, der Rauchgeschmack, der kommt da auf Grund der sehr, sehr niedrigen Stammwürze, aber der Rauchgeschmack ist relativ kräftigt. Der kommt eigentlich deutlicher durch als beim Märzen, wo er bei der Stammwürze ein bisschen kaschiert wird mit, ja. Und das ist nicht jedermanns Sache, drum haben wir auch gleich gesagt, machen wir das als Helles. Und wenn es ein helles Bier ist, kannst du ein dunkles auch gleich machen, das ist dann eine sehr, sehr leichte Übung, ja. Aber das war eigentlich von Anfang an so gedacht. Versuchskarnickel war das, ja und wie das geklappt hat, waren die zwei relativ schnell entwickelt, also das ging dann ratz fatz, ja.

Markus: Also ich muss auch sagen, ich finde grade das Dunkle ganz toll, weil wir das auch bei uns in den Kursen einsetzen also als Beispielbier eben auch so für mittelalterliche Nachgussbiere, weil es eben etwa zumindest da hinkommt und sich Leute eben vorstellen können, wie damals Biere also in Ansätzen waren. Ganz genau nachvollziehen kann es sowieso nicht, aber zumindest sich dem so ein bisschen nähern. Und, ja, ist ganz toll, dass es das gibt. Und damit ist ja auch eine neue Marke wieder eingeführt oder eingeführt worden, mit dem Hansla.

Martin: Richtig, ja.

Markus: Mit eigenen Kästen sogar, also spannend. Ja und damit war eben auch noch ein anderer Trend eingeläutet, nämlich zu sagen, wir verlassen auch mal diese Schlenkerla-Pfade und nennen auch mal andere Dinge bei anderen Namen, Heinzlein. Und da kommt dann noch was aus dieser Konrad-Graser-Ecke, ne.

Martin: Das ist diese hier.

Markus: Genau. Also da muss man vielleicht noch eins dazu sagen, du hast ja grade so im Nebensatz erwähnt, dass du wir hier das Brauereimuseum in Bamberg haben. Tolle Einrichtung übrigens, vereinsgeführt in eben Bambergs ältester Brauerei, über 1.000 Jahre alt, die Braustruktur da unten, mit tollen Exponaten und an sich sehr, sehr schön. Ich bin da auch schon lange Mitglied, war auch eine Zeitlang im Vorstand. Und du bist seit einigen Jahren der erste Vorstand, für den Laden sozusagen verantwortlich.

Martin: Seit fünf Jahren, ja.

Markus: Genau. Und da kommt dann, weil Michelsberg, das ist da oben, da ist ein Kloster. Das Spannende an dem Kloster ist vor allem die Decke dieses Klosters, denn an die Decke der Kirche haben die Mönche ein Herbariums gemalt, also ihre damaligen …

Martin: Ja, den Himmelsgarten, ja.

Markus: … Kräuter, was man so kannte aus aller Herrenländer. Und das ist praktisch wie ein Buch zum angucken. Und sie hatten eben auch eine entsprechend große Terrasse, wo wahrscheinlich auch mal Hopfen angebaut worden ist, dann auch Wein angebaut worden ist. Und das Ganze ist auch so eine tolle Location, ein toller Ort, wo man eben sein kann. Und da hat man dann gesagt, jetzt wollen wir auch mal ein Bier.

Martin: Ja, das Bier ist entstanden eigentlich dadurch, dass im Jahr 2021 die Klosterkirche St. Michael ihr 1.000-jähriges Weihejubiläum hatte. Jetzt war 2021 ja eins der heftigsten Corona-Jahre, da war also mit einem Fest für 1.000 Jahre Kirchweihe nix möglich. Außerdem ist ja eh eine Baustelle grade am Michelsberg oben, da ist es eh schwierig, ja. Jetzt haben wir im Museumsverein ein knappes Jahr vorher 2.700-Liter-Bügelverschlussflaschen geschenkt bekommen, ja, von der Faust Brau in Miltenberg, die wollten sie wegschmeißen, haben sie uns gefragt, ob wir sie brauchen können? Haben wir gesagt: „Ja, die nehmen wir erst einmal. Wir wissen zwar noch nicht, was wir damit anstellen, aber wir nehmen sie mal.“

Markus: Da war der Eisbock drin normalerweise…

Martin: Ja, also 0,7 …

Markus: Ja, ja, genau, ja.

Martin: … das ist eine ungewöhnliche Flaschengröße, ja. Und wie dann eben das dann so in das Jahr 2021 hineingegangen ist, dann haben wir also gesehen, also mit Fest für 1.000-jährige Kirchweihe geht nix. Da haben wir gesagt: „Wir machen ein Festbier und das füllen wir in diese Flaschen ab. Und das verkaufen wir dann auch über die Stiftsläden und über das Museum.“ Und dann habe ich meinen Chef eben gefragt, ob er denn vom Konrad Graser was habe? Weil ich habe gewusst, er hat alle, sämtliche alten Sudbücher von ihm, die hütet er wie einen Schatz. Und dann hat er gesagt, ja, er sucht was raus. Und dann hat er mir den Sud Nummer 13 aus dem Jahr 1840 gegeben. 13, wir sind ja nicht abergläubisch. Und das waren natürlich relativ rudimentäre Angaben da drin, soundso viele Scheffel Malz hat soundso viele Eimer Bier gegeben. Das mussten wir also erst einmal umrechnen, wie viel Kilogramm Malz das waren, wie viel Hektoliter Bier rausgekommen sind. Gut, bei einem Hektoliter weiß man ungefähr, die Sudgröße war damals so um die 30 Hekto, also viel mehr kann es auch nicht gewesen sein, ja. Die einzig vernünftige Angabe in dem Rezept war, das 23 Kilogramm Hopfen drin waren. Gut, dann haben wir also aus diesen Angaben, die man dann umrechnen konnte, haben wir zurückgerechnet, was könnte es gewesen sein. Und was war es dann, es war ein Märzen und mit 13,4 Stammwürze. Und wir haben aber dann auch gesagt, wir machen da kein Schlenkerla 2.0 draus, ja, obwohl damals am Michelsberg oben wahrscheinlich auch Rauchbier gemacht wurde. Es gab zwar in Bamberg schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein paar Brauereien, die auch nicht Rauchbiere gemacht haben, aber in der Regel, die Meisten waren doch rauchig.

Markus: Hatten die dann eigene Mälzereien oder haben die es zugekauft?

Martin: Nee, das ist dann Kaufmalz gewesen, ja. Das ist auch so, das Berufsbild des Brauers und Mälzer, das hat sich ja so ab Beginn des 19. Jahrhunderts ein bisschen auseinanderentwickelt, weil eben die Industrialisierung natürlich auch mit sich gebracht hat, wenn man größere Produktionseinheiten hat, hat man natürlich einen Kostendegressionseffekt. Und den haben dann natürlich die Handelsmälzereien ausgenutzt, um ihr Malz den Brauern preiswerter anzubieten, als wenn sie die Rohstoffe kaufen, die selber vermälzen mit einem Haufen Aufwand. So ist das dann gewesen und die Handelsmälzereien haben schon etliche dann auch rauchfreie Malze herstellen können, schon vor Beginn des 20. Jahrhunderts. Und wir haben aber trotzdem bewusst uns entschieden, wir machen kein Rauchbier sondern ein Nichtrauchbier, aber wir machen auch nicht da ein beliebig einfaches Helles, sondern machen da so ein mittelfarbiges, bernsteinfarbiges Bier mit 13,4 Stammwürze und natürlich mit Spalter Hopfen. Den gibt es ja heute noch, die alte Spalter Landsorte gibt es heute noch. Und das haben wir dann abgefüllt in der Pax Bräu in Oberelsbach. Weil der kann Bügel abfüllen, das ist natürlich auch die Voraussetzung, dass man das machen kann. Und da haben wir auch gesagt: „Wir machen einen Sud und dann ist gut und dann sind wir fertig, ja.“ Und wie der eine Sud dann zum Verkauf gekommen ist, haben wir relativ schnell festgestellt, das reicht hinten und vorne nicht, was wir gemacht haben, da müssen wir noch einen machen. Da haben wir also noch einen gemacht, haben dann den auch wieder bei der Pax Bräu gemacht und ausreifen lassen und dann abgefüllt. Und wie wir den dann abgefüllt hatten, war es also ungefähr so, dass der erste Sud, die letzte Flasche weg war und da ist die Nächste dann in den Verkauf, hat gut zusammengepasst. Und mit dem Ende des Jahres 2021 war auch dann die letzte Flasche verkauft und dann haben mich die Stiftsläden gefragt, gibt es das nächstes Jahr wieder? Da sage ich: „Nee, also bei aller Liebe.“ Das haben wir ja alles ehrenamtlich gemacht, also nicht nur ich allein, meine Kollegen waren da alle mit dabei und da stecken ein Haufen Stunden drin. Und wir mussten auch immer zur Pax Bräu rauf fahren, die sind 120 Kilometer einfach von hier weg, also ja, da hat man schon ein bisschen einen Aufwand und das im Ehrenamt, das wollten wir dann auch nicht, uns dauernd da dran binden. Und dann habe ich meinen Chef gefragt, ob wir das nicht im Schlenkerla machen könnten und dann in Halbliterflaschen abfüllen? Und das hat er sofort begeistert aufgenommen, hat dann eben mit der Stiftsverwaltung die geschäftlichen Bedingungen dann ausgehandelt. Da sind sie sich auch relativ schnell handelseinig gewesen und dann haben wir das eben mit Beginn des Jahres 22 als Stiftsgartenbier hier rausgebracht. Und das sind eben jetzt diese vier Konrad-Graser-Biere, die dann heuer, nee, letztes Jahr 2023, wir haben ja schon 2024, ja, dann noch um zwei besondere Rauchbiere erweitert worden sind, auf die kommen wir jetzt zum Schluss.

Markus: Auf die kommen wir gleich noch zum Schluss. Und noch eine Frage, also Stiftgartenbier, das war ja dann für dich auch die Zeit, wo du dich langsam aus dem aktiven Dienst verabschiedet hast, oder?

Martin: Ich war da schon im Ruhestand. Also ich habe ja in 2015 begonnen, meine Arbeitszeit zu reduzieren, da hat der Michael ja schon die volle Verantwortung übernommen gehabt am 01. Februar 15. Ich war noch so ein bisschen im Hintergrund, habe aber versucht, ihm möglichst wenig reinzureden. Weil ich mag das bei mir auch nicht und dann kann ich es bei anderen auch nicht machen, ja. Außerdem verderben viele Köche den Brei, ja. Also das tut nicht gut, dass man da mehrere Schnäbel da drin hat, also hat er das alleine gemacht, ich habe andere Aufgaben gehabt. Das war auch genügend, wir haben da den Keller ausgebaut, da war ich auch gut beschäftigt und habe dann auch noch Führungen gemacht und habe meine Arbeitszeit immer weiter reduziert und bin dann am 1. August 21 in Ruhestand gegangen.

Markus: Ja und das finde ich auch faszinierend, wie gut und harmonisch das tatsächlich funktioniert hat und immer noch funktioniert. Und du bist ja immer noch da oben als Führer da und natürlich auch irgendwie als Repräsentant in gewisser Weise und Ansprechpartner und all das, was eben einfach auch dazu gehört, wenn man so lange für so viele Biere auch Mitverantwortung gezeichnet hat. Eine Frage noch zum Stiftgartenbier, da kam ja dann sogar Bamberg auch mit dazu, ne?

Martin: Ja, es gibt hier in Bamberg einen Gärtner, den Emmerling, der baut verschiedene Hopfen an. Da kommt pro Hopfensorte nicht übermäßig viel raus, aber er hat da eben verschiedene gehabt und er hat auch einen schönen Aromahopfen gehabt, einen Tettnanger. Den haben wir dann eben in dieses Bier mit rein als Doldenhopfen, normal nehmen wir ja Pellets hier. Und da konnten wir also auch nicht allzu viel davon verwenden, weil sonst haben wir mit den Produktionsanlagen ein bisschen Schwierigkeiten, ja, die sind nicht für Doldenhopfen ausgelegt, ja. Aber dass bisschen, was wir da verwendet haben als letzte Gabe, es ist eh nie viel in der letzten Gabe drin, das haben wir dann mit Bamberger Hopfen gemacht, drum ist das auch ausgelobt auf dem Etikett.

Markus: Also ein richtiges Stück Bamberg sozusagen. Und auch schon wieder etwas Richtungsweisendes, weil dieses Spiel mit den Aromen geht ja dann weiter, wir kommen aus einer Zeit, wo du ja vorher schon bei den Starkbieren mit dem Eichenholz ausprobiert hast, jetzt hier wieder andere Aromen probiert. Und dann entscheidet sich die Brauerei zu sagen, okay, lass uns mal diese Pfad noch ein bisschen weitergehen und wir haben es ausprobiert mit Buchenholz, wir haben es ausprobiert mit Eichenholz. Das sind die klassischen Hölzer, die man eigentlich aus der Geschichte auch so kennt. Aber jetzt kommt es dann zu zwei noch anderen ganz tollen Bieren, deren Malze jetzt eben mit anderen Holzsorten hergestellt worden sind. Da vielleicht mal eine generelle Frage vom Wording, wie man so schön sagt, ist es richtig, wenn ich sage, das Malz wird über in dem Fall jetzt Kirsch- oder Erlenholz geräuchert oder sagt man getrocknet oder im Rauch, was ist das richtige Wording, das man das so sagt, wie man …

Martin: Also ich würde immer sagen, es wird über einem offenen Buchenholzfeuer oder Eichenholzfeuer oder Erlenholzfeuer oder Weichselholzfeuer gedarrt, ja.

Markus: Gedarrt, okay, ja.

Martin: Weil der Vorgang heißt einfach Darren. Dem Räuchern haftet schon wieder irgendwie so Chemie an, ja. Wobei, es ist ja vollkommen wurscht, also es ist alles Chemie, was wir hier machen.

Markus: Richtig.

Martin: Ja, es ist angewandte Chemie letztendlich, ja. Ganz letztendlich ist es angewandte Physik, weil die Physik ist die Königin sämtlicher Naturwissenschaften, ja.

Markus: Das stimmt. Wobei man eben sagen muss, ich glaube, das ist vielleicht auch deswegen wichtig, weil es ja auch ein Unterschied in der Herstellung vom klassischen Rauchmalz gibt. Beziehungsweise eigentlich ist es ja die klassische mitteleuropäische Art und Weise …

Martin: Richtig, ja.

Markus: … Malz herzustellen, das man eben Holz als Feuerungsmittel verwendet. Und wo Holz ist, ist Rauch und der geht natürlich dann auch ins Getreide. Die moderne Rauchmalzherstellung macht das jetzt meistens so, dass man schon ein fertiges Malz hat, zum Beispiel ein Pilsner Malz oder so und das dann im Nachhinein dann eben wirklich bewusst räuchert, da kann man vielleicht vom Räuchern sprechen. Und das ist dann eben auch vom Geschmacksprofil her ein bisschen anders und von der Art und Weise. Deswegen hat es auch noch keiner geschafft, diesen Bieren hier nahe zu kommen in Sachen Malz. Wobei ich eine Sache sagen muss, das kann ich jetzt gleich schon mal vorwegnehmen, weil ich das ganz spannend finde, die Weichsel hat ja sehr viel Furore gemacht, also die Erle natürlich auch, aber die Weichsel kam ja zuerst und ich finde auch die Kombination hier besonders gelungen, kommen wir auch gleich noch dazu. Und ein Freund von mir, der in Berlin in einer Brauereien Braumeister ist, der hat sich überlegt, wie kann er dem denn irgendwie nahekommen? Und natürlich kriegt er Malz nicht, logisch, das heißt also, er hat kein Malz, was über Kirschholz gedarrt worden ist, aber er hat dann dem Bier, also er hat mit normalem Rauchmalz sozusagen ein Bier hergestellt und hat dem dann Kirschholz zugefügt. Und interessanter Weise, ich habe das neulich vor Ort in Berlin probiert, kommt es dem relativ nahe, also es ist nicht ganz da, aber es ist da. Das ist eigentlich das, was du vornhin gesagt hast, dass der Holzcharakter über das eine oder andere ins Bier kommt, dass das eben funktioniert. Aber vielleicht gehen wir zurück zum Anfang, wie hast du denn davon erfahren, warst du da noch involviert, wie war das?

Martin: Da war ich nicht mehr involviert, ich habe es aber natürlich mitbekommen, dass eben auch die beiden Konrad-Graser-Biere ähnlich sein sollen dann, ja. Und das zunächst einmal mit Kirschholz und zwar Sauerkirsche, die Sauerkirsche ist die Weichsel, ja, das probiert wurde und das Malz war gut, ja. Und da haben wir dann oder hat der Michael dann ein Rotbier draus gemacht. Und dann haben wir Erlenholz gehabt, die Erlen waren, glaube ich, sogar hier aus dem Hain. Da haben nämlich ein paar Bäume dran glauben müssen, weil sie aus Verkehrssicherungspflicht heraus gefällt werden mussten und da haben wir dann das Holz gekriegt davon, haben es zwei Jahre abgelagert.

Markus: Also Bamberger Holz, ja, krass, okay.

Martin: Und haben eben dann das Erlenbier gemacht. Und die Erle ist auch ganz bewusste als Schwarzbier, um auch hier die farblichen Nuancen zu zeigen, wie man spielen kann auch mit Farbe beim Bier. Und was natürlich auch bestimmte Geschmackseindrücke hat. Ich meine, ein Schwarzbier, das hat immer auch so Röstaromen mit drin, das ist klar, dass muss es haben, ja. Und die Weichsel, die hat so leicht süßliche Aromen drin. Das kommt aus dem Holz, das Holz schmeckt nämlich ähnlich wie die Frucht, ja und das ist eigentlich das Interessante da dran, ja.

Markus: Ja und das zahlt auch ein bisschen ein, ich habe es ja vorhin schon erwähnt, was ich so spannend finde, dass man sagt, wir sind innovativ und kreativ, bleiben in unserem Spektrum, aber toben uns trotzdem aus. Also wenn dich jetzt jemand gefragt hätte, sagen wir mal vor 20 Jahren, Schlenkerla macht ein neues Bier, dann hätte man sich vielleicht vorstellen können, wir machen ein Rotbier oder ein Schwarzbier oder vielleicht vorstellen können, wir machen ein Kirschrauchmalz oder ein Erlenrauchmalz. Aber diese Kombination, zu sagen, wir machen ein besonderes Malz und suchen uns dann auch dazu passend einen Bierstil, der mit den Aromen dann auch besonders gut kann, das, finde ich, ist ein Kniff, den fand ich wirklich, der setzt dem so ein bisschen die Krone auf und war für mich bei beiden Bieren eine Offenbarung. Also in der Weichsel hat man wirklich diese schöne fruchtigen Noten, die wirklich in so eine Kirscharomatik geht.

Martin: Ja, die so an rote Früchte erinnern, ja.

Markus: Ja, also ganz rund, ganz weich. Die drinkability, wie man so schön sagt …

Martin: Richtig, ja.

Markus: … ist auch nicht so stark vom Bier her, hat eine gewisse Süße, toll. Und bei der Erle eben dieses Röstige, Schokoladige, wo fast schon ein bisschen Tonkabohne, was weiß ich was. Also das ist wirklich total anders, hat aber trotzdem diese Rauchnote, das Holz kommt schön rüber. Und das ist wirklich, ja, toll. Und was hast du gesagt, als du die Ersten probiert hast?

Martin: Ja, woah! Ja, nee, das sind klasse Biere, da kann man nix sagen also. Und das ist ja auch das Tolle, wie ich angefangen habe, haben wir drei gemacht, wie ich aufgehört habe waren es 13, jetzt sind es 15. Und kein Sortenkannibalismus, ne, also da steckt echtes Wachstum dahinter, ja, also mengenmäßiges Wachstum. Es hat nicht eine Sorte die andere gefressen und das Volumen ist das gleiche geblieben, sondern das Volumen ist gewachsen. Die prozentuale Verteilung der Sorten hat sich natürlich geändert, das ist klar, aber das hätte sich so oder so geändert, ja oder wir hätten das Wachstum gar nicht so darstellen können, wenn wir bei den drei Sorten geblieben wären. Also da bin ich fest davon überzeugt, dass eben die neuen Sorten auch eine gewisse geschmackliche Bereicherung gebracht haben und dadurch auch ermöglicht haben, dass man mehr Publikum anspricht, ja.

Markus: Kann man da auch ein bisschen, wenn man zurückschaut, sowas wie Stolz empfinden oder eine gewisse Befriedigung oder wie auch immer? Stolz, finde ich, ist manchmal ein schwieriges Wort, aber das man so sagt, also du kannst ja wirklich auf eine Leistung zurückblicken, die Brauerei steht gut, sie hat ihr Sorten, das Wachstum war auch mengenmäßig da. Die Leute, die jetzt da sind, ihr seid alle im Reinen, das funktioniert, das ist wie eine Familie. Ist das schön?

Martin: Ja, also ich bin auch sehr zufrieden. Stolz empfinde ich keinen, das ist ein falsches Gefühl. Also ich kann das nie verstehen, wenn da die Rechten rumschreien, ich bin stolz, Deutscher zu sein. Da kann keiner was dafür, wir sind zufälligerweise hier geboren. Haben wir viel Glück gehabt, ja, mehr nicht, ja. Aber ich bin sehr zufrieden und ich bin auch froh, dass ich so viel machen durfte. Also das mir da nicht irgendwelche Fesseln angelegt worden sind, sondern dass ich da durchaus im Rahmen der Vorgaben natürlich, die wir gemeinsam erarbeitet hatten, dann eigentlich freie Hand hatte und es ist immer was Gutes rausgekommen und das ist eigentlich das Schöne da dran.

Markus: Ja, dem gibt es nichts mehr hinzuzufügen, zumindest von meiner Seite, ich weiß nicht, ob du noch was ergänzen möchtest.

Martin: Nein, eigentlich nicht.

Markus: Dann lass uns nochmal anstoßen, Prost! Genießt gerne auch die Biere, kann man ja überall bekommen.

Martin: Prost.

Markus: Prost und, ja.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 133 – Interview I mit Martin Knab, Altbraumeister der Brauerei Schlenkerla / Heller Bräu, Bamberg

In der neuesten Folge von BierTalk taucht Markus tief in die Welt des Brauwesens ein und interviewt Martin Knab, den erfahrenen Braumeister aus Bamberg. Der Podcast beginnt in der historischen Rauchbierbrauerei Schlenkerla, wo Martin seine beeindruckende Laufbahn von den Anfängen in Kaufbeuren bis zu den innovativen Entwicklungen in Bamberg erzählt. Dieser erste Teil des Gesprächs offenbart Martins frühe Leidenschaft für Bier und seine Entscheidung, Brauwesen zu studieren. Durch Ferienjobs in einer Brauerei lernte er das Handwerk praktisch kennen. Die Episode zeichnet auch Martins Weg durch verschiedene Brauereien nach, wobei er jeweils tiefgreifende technische und geschmackliche Verbesserungen einführte. Besonders interessant sind seine Anekdoten über die Herausforderungen und Veränderungen in der Brauindustrie, die historische und regionale Einblicke bieten. Die Geschichte schließt mit Martins Ankunft in Bamberg, wo er die Brauerei Schlenkerla prägte. Dieses Gespräch lässt Bierliebhaber tiefer in die faszinierende Welt des Bierbrauens eintauchen und weckt die Vorfreude auf den zweiten Teil des Interviews…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute der erste Teil einer spannenden Doppelfolge, wir befinden uns im Schlenkerla in Bamberg in der historischen Rauchbierbrauerei und treffen dort den Altbraumeister Martin Knab. Er ist derjenige, der zum Schlenkerla gekommen ist, als es dort grade mal drei Biere gab. In seiner Zeit hat sich dieses Portfolio vergrößert auf elf, heute sind es, glaube ich, 13 oder 15 Sorten, eine Menge. Und wir sind natürlich glücklich und froh, dass er mit uns ein bisschen seine Geschichte teilen will. In der ersten Folge, die wir jetzt gleich beginnen, werden wir uns einfach mal ein bisschen mit dem Anfang befassen, das heißt, wie ist der Martin in das Bierleben, in das Brauerleben gestartet und wie hat sich die Geschichte so weiterentwickelt, bis er dann nach Bamberg gekommen ist. In der nächsten Folge werden wir dann sehen, wie sein Wirken sich in Bamberg entwickelt hat, wie der Anfang im Schlenkerla war und vor allem, was er dann in seiner Zeit alles bewegt hat und letzten Endes, was danach auch schon wieder passiert ist. Also ihr könnte euch freuen und jetzt steigen wir ein mit dem Interview mit Martin Knab.

Markus: Ja, also, der kleine Martin, wann ist er auf diese Welt gekommen, was ist da passiert, wo war das?

Martin: Am 21. April 1956, übrigens genau 30 Jahre nach der Queen Elisabeth von England, bin ich in Kaufbeuren im Allgäu auf die Welt gekommen. Habe dann nach Kindergarten, Grundschule, Gymnasium, 1975 Abitur gemacht und habe dann Brauwesen und Getränketechnologie in Weihenstephan studiert, nach der Ableistung meines Wehrdienstes.

Markus: Wie kam es dazu, dass du ausgerechnet Brauwesen dann studiert hast?

Martin: Ich habe ab meinem 16. Lebensjahr in der damaligen Rosen Brauerei in Kaufbeuren immer wieder Ferienarbeit gemacht. Das hat sich hauptsächlich da drauf erstreckt, dass ich beim Bierausfahren dabei war und mitgeholfen habe, dass es für die Fahrer nicht so schwer wird. Und in dann dadurch auch natürlich mit dem Bier in Berührung gekommen, habe das schätzen und lieben gelernt und habe dann eben entschieden, dass ich dieses auch studieren möchte, weil es auch meinen Neigungen sehr entgegenkam. Weil, meine Neigungen liegen halt nun mal bei Mathematik, Physik und Chemie, weniger bei den Sprachen, obwohl ich an einem normalen sprachlichen Gymnasium war.

Markus: Bei den Bierfahrern gab es da Personen, die dich auch ein bisschen beeindruckt oder vielleicht auch ein bisschen geleitet haben?

Martin: Ja, also einer war gelernter Brauer und der hat natürlich dann schon auch für den Beruf geworben. Der war auch immer nur aushilfsweise als Bierfahrer eingesetzt, wenn halt mal Not am Mann war. Und mit dem habe ich mich auch ganz gut verstanden und dann ist da so der Wunsch gekommen, dass zu machen. Was halt natürlich ein bisschen schwierig war, nach dem Abitur da noch eine mindestens zweieinhalbjährige Lehre anzuhängen und dann erst studieren, zumal der Wehrdienst auch noch dazwischengekommen ist. Dann wäre ich altermäßig ziemlich weit hinausgekommen. Dann habe ich das entschieden, dass ich das nicht mache, sondern studienbegleitend, dann immer wieder in den Ferien Praktika gemacht und so auch die Brauertätigkeiten auch gelernt habe, ohne jetzt einen richtigen Berufsabschluss da gemacht zu haben.

Markus: Also das war keine offizielle Lehre, sondern du hast halt immer wieder, wenn du Zeit hattest, wenn du Ferien hattest, warst du da.

Martin: Ja, ich war in den verschiedenen Abteilungen, habe da mitgeholfen und habe da natürlich auch Einblicke bekommen, was da so alles zu tun ist und habe das auch lieben und schätzen gelernt. Und das hat mir auch während meines Studiums sehr geholfen. Ich habe wirklich alles auch von der Pike auf gelernt, sogar das Mälzen, was jetzt nicht das Lieblingsfach sämtlicher Brauer ist.

Markus: Ja.

Martin: Ich war abgesehen davon auch Zeit meines Lebens immer Brauer und Mälzer, ja.

Markus: Ja und das heißt, war das dann so ein bisschen auch ein Sondermodel für dich, was die Brauerei dann gemacht hat, weil es jetzt eigentlich nicht normal ist, dass man sagt, jemand ist da immer wieder da?

Martin: Ich sage mal so, es war, ich habe ja der Brauerei auch einen Nutzen gebracht, ich konnte ja dann die Leute auch vertreten. Und es war eigentlich auch von der Studienordnung so vorgesehen, man konnte ohne Lehre das studieren, aber man musste natürlich die dementsprechenden Praktika vorweisen.

Markus: Und die haben dich auch ein bisschen bezahlt, also nicht nur in Bier?

Martin: Ja, ja, ja, ich habe schon ein bisschen Geld gekriegt auch noch dafür. Das hat mir natürlich auch geholfen, das Studium zu finanzieren, ja.

Markus: Apropos, wie war das damals mit dem Haustrunk? Also wie viel hat man damals so bekommen?

Martin: Das war ein Kasten in der Woche, ja. Den hat auch jeder gekriegt, also auch die vorübergehend Beschäftigten haben das bekommen. Und das war auch ganz gut, da habe ich auch meine Freunde immer ganz gut versorgen können.

Markus: Vielleicht ein kleiner Vorgriff, wie ist das heute?

Martin: Heute gibt es knapp zwei Kästen in der Woche für die Tarifbeschäftigten, das ist auch tarifvertraglich festgelegt. Und da kann man mit dem Freundeskreis auch immer wieder mal einen heben.

Markus: Also hat es fast so ein bisschen zugenommen. Finde ich interessant, weil man ja immer denkt, das ist vielleicht eher was, was man reduziert hat, ist dann eher was, wo man sogar mehr hat.

Martin: Genau, es ist eigentlich gleich geblieben. Ich meine, ich war damals ja kein Tarifbeschäftigter, drum habe ich einen Kasten gehabt, aber die anderen haben damals auch so. Steuertechnisch war es, glaube ich, 16 Liter in der Woche, ja, wenn ich das noch so richtig im Kopf habe, also knapp zwei Kästen Bier, ja.

Markus: Also auch auf jeden Fall …

Martin: Hat sich nicht geändert, das ist ja auch tarifvertraglich festgelegt, ja.

Markus: Ja und ist ja auch spannend irgendwie, wenn man sagt, okay, als Brauer, man hat eben neben dem reinen monetären Lohn auch noch den flüssigen Lohn. Und der ist natürlich auch dann ein bisschen davon abhängig, wie du performst, würde man heute sagen. Also wenn dein Bier gut ist, dann hast du was, wenn nicht so, dann hast du vielleicht ein Problem da.

Martin: Tja, da hat man ja selber die Hand drauf.

Markus: Allerdings. Ja, also dann hast du da studiert und, ja und dann, also war dann schon der Plan, da in Kaufbeuren in der Brauerei einzusteigen oder wie war das?

Martin: Naja, das war damals, ich bin 1981 fertiggeworden, es war nicht ganz einfach, die Beschäftigungssituation allgemein in Deutschland war nicht die beste. Und bei uns in unserer Branche war es natürlich auch geprägt durch Ausstoßrückgang, den wir ja heute immer noch zu beklagen haben. Aber die richtig fetten Jahre, um das mal etwas salopp auszudrücken, die waren einfach vorbei, ja, die Jahre, wo stetiges Wachstum in den Brauereien, die Zeit war vorbei. Die Brauereien haben gespart, es sind auch Betriebe geschlossen worden oder Betriebe, die haben funktioniert, einen Betrieb zugemacht und so weiter. Also diese ganze Problematik, die wir heute auch noch haben, die hat es damals schon gegeben. Und da war es also gar nicht so einfach, was zu bekommen und du musstest eigentlich auch vor allen Dingen als Absolvent nehmen, was halt der Markt grad geboten hat und wer dich auch haben wollte, ja. Das eine ist ja das, was der Markt bietet, aber das andere ist halt, man muss ja auch zusammenkommen irgendwie, ja.

Markus: Richtig. Ist auch ein sehr menschliches Thema natürlich auch. Und unterhält man sich da dann in Weihenstephan schon mal, wo man vielleicht hingeht, gibt es da vielleicht Connections, kommen da vielleicht Headhunter oder so, wie muss man sich das vorstellen?

Martin: Headhunter auf so junge Absolventen wahrscheinlich weniger, man muss ja auch erst Erfahrungen sammeln, ja. Man kommt aus der Uni raus, vollgestopft mit Wissen, was ja nicht verkehrt ist, aber so die Umsetzung in die Praxis, ja, dass man einfach nicht dauernd jetzt groß irgendwo nachdenken muss und Probleme hin- und herwälzen, sondern es muss eigentlich so eine Problemlösung, muss aus der Pistole rauskommen, ja. Das kannst du als Absolvent nicht, ja. Und da ist es ganz gut, wenn man eben da auch anfängt in Positionen, wo man nicht so an entscheidender Stelle sitzt. Also ich habe ja im Labor angefangen, das ist so die klassische Karriere, sagen wir mal so. Da konnte ich in Kaufbeuren in der Aktienbrauerei 1982 von Februar bis Ende November den Laborleiter vertreten. Weil die Aktienbrauerei hat damals eine Füllerei gebaut und da war der Laborleiter eigentlich mit der Baustelle ziemlich beschäftigt und dann hat eben der Vorstand von der Aktienbrauerei beschlossen, dass man eben da eine Aushilfe beschäftigt mit einem zeitlich begrenzten Vertrag. Und das habe dann zufälliger Weise ich bekommen. Und das ist mir eigentlich auch ganz gut zu pass gekommen. Ich musste mir erst einmal keine neue Wohnung suchen und konnte da wirklich gute Erfahrungen sammeln und auch ein paar neue Methoden einführen, grad was die Mikrobiologie anbelangt. Und, ja, nachdem der Vertrag Ende November ausgelaufen war, habe ich natürlich so ab September suchen müssen, wo gibt es was, ja. Und, ja, da gibt es halt nur eins, Brauwelt abonnieren und die Stellen und die Brauwelt von hinten rein lesen, weil die Stellenanzeigen hinten drinstehen, ne.

Markus: Okay.

Martin: Und, ja, da war eben dann irgendwann mal eine Stelle in Passau ausgeschrieben, in der Löwen Brauereien. Die hatten damals noch kein Labor, die wollten aber eins aufbauen und sie mussten eigentlich auch eins aufbauen, weil in der Größenordnung ohne Labor zu arbeiten, ist eigentlich Blindflug. Und das sollte man eigentlich vermeiden, dass man nicht von irgendwelchen Dingen überrascht wird, von denen man bis dahin keine Ahnung hatte, ja. Und das habe ich nach etlichen hin und her, die Stelle bekommen und, ach, da habe ich halt dann ein Labor aufgebaut, Labor gemacht und da auch wirklich etliche Schwachstellen aufdecken können und die haben wir dann auch beseitigen können, ja.

Markus: Das Thema Labor ist dann was, wo man im Studium wirklich gut drauf vorbereitet wird?

Martin: Da wird man gut vorbereitet drauf und das macht schon im Hauptstudium einen Großteil aus, sowohl die chemisch-technische Analyse als auch die mikrobiologische Analyse. Und das ist schon ein Werkzeug, mit dem kann man hantieren. Und es sind ja auch viele meiner Kollegen zum Beispiel in der pharmazeutischen Industrie tätig, weil sie eben ein wirklich solides mikrobiologisches Fundament haben, auf dem sie aufbauen können. Und es ist ja im Prinzip wurscht, mit welchen Mikroben man hantiert, man muss wissen, was sie machen, man muss wissen, wie man sie behandelt und man muss wissen, wie man auch diejenigen fernhält, die man nicht haben möchte, ja.

Markus: Ja, das wollte ich grade fragen, wenn jetzt jemand dabei ist, der zuschaut, zuhört und sich überlegt, okay, Labor, Brauerei, Reinheitsgebot, warum eigentlich oder so? Also man kennt vielleicht die Hefe, die ist wahrscheinlich eher was Gutes, aber was heißt das, also was ist so ein Alltag im Labor, warum ist man da überhaupt?

Martin: Ja, es gliedert sich auf in die mikrobiologische Analyse und die chemisch-technische. Die chemisch-technische ist manchmal apparativ ein bisschen aufwendig, die rentiert sich nur für ganz große Brauereien. Aber man kann ja bestimmte Untersuchungen auch weggeben an Labore, die sich da drauf spezialisiert haben und die das auch in Massen machen können, wo dann der finanzielle Aufwand sich in Grenzen hält. Bestimmte Sachen kann man natürlich selber machen, Stammzellenvergärung und solche Sachen. Das sind ja auch wichtige Parameter, mit denen man hantieren muss. Und, ja, die Mikrobiologie, da kann man aber sehr, sehr viel selber machen und es geht halt schon los bei der Hefe. Die Hefe ist natürlich unsere wichtigste Mitarbeiterin und die sollten wir auch sehr, sehr pfleglich behandeln, tun wir ja auch und die soll man nicht zu sehr ärgern und man soll auch schauen oder man muss auch schauen, dass sie rein bleibt. Das heißt, dass eben keine anderen Mikroorganismen sich da einschleichen. Und die kann man eigentlich schon ab relativ geringen Konzentrationen nachweisen, das geht über bestimmte Anreicherungsmethoden. Und das sind hauptsächlich Milchsäurebakterien, die uns da Ärger bereiten können. Und wenn man die halt früh genug entdeckt, dann weiß man auch, dass man solche Chargen separieren muss, die muss man beobachten und dann kann man immer noch entscheiden, was man damit macht. Man wird in der Regel nie ein Bier wegschütten müssen deswegen, aber man muss halt schon gucken, was kann ich noch machen damit, ja.

Markus: Und war das damals noch so, dass man die Hefe häufiger geführt hat als heute, hat sich da was verändert oder ist das ungefähr gleich geblieben?

Martin: Man hat sie damals vielleicht ein bisschen häufiger verwendet, aber man kann also merken, wenn eine Hefe sieben-, acht-, neunmal gegangen ist, durch eine Gärung durch, dann schwächelt sie ein bisschen. Dann lässt die Gärleistung nach, dann ist auch das Aromaprofil nicht mehr das Beste und dann sollte man sie auch wechseln. Man hat früher öfters mal so 12-, 15-mal die Hefe geführt und da macht man heute eigentlich nicht mehr, zumal man auch andere Methoden hat. Man kann ja über Propagation oder Assimilation sich ständig neue Hefe herziehen und die dann mit der Betriebshefe mischen. Das ist eigentlich das Beste, was man machen kann. Und dann kann man die führen, sechs-, sieben-, achtmal und man hat immer genug Hefe da, weil sich die Hefe ja während der Gärung auf das Drei- bis Vierfache ihres Volumens vermehrt und da hat man dann natürlich immer im Überschuss, ja.

Markus: Ja, insofern noch ganz kurz zurück zu Kaufbeuren, Aktienbrauerei. Da ist mir persönlich sehr in Erinnerung der Doppelbock. Gab es den damals schon?

Martin: Ja, den gab es damals schon. Wobei der bekanntere Doppelbock in Kaufbeuren war der von der Rosen Brauerei, der hatte den Namen Buronator. Buron ist die lateinische Schreibweise von Kaufbeuren, ja. Und Buronator, Ator hintendran, sind immer Doppelböcke und es war ein dunkler Doppelbock in einer 0,5-Liter-Steinflasche, sehr seltene Flasche, die dann auch noch mit Alufolie den Kronkorken zugemacht hat. Und da haben wir noch einen aus Spritzgussmaterial-gefertigtem Bock angehängt.

Markus: Ach, Wahnsinn!

Martin: War schon ziemlich aufwendig, ja.

Markus: Ja, na, das kennen wir ja eigentlich nur noch von der Ayinger Brauereien, die ja hier so einen kleinen Plastikbock dran hatten, also mittlerweile ist das ja auch Geschichte. Wobei, den Buronator macht jetzt heute aber die Aktienbrauerei.

Martin: Den macht die Aktienbrauerei, weil die ja die Rosen Brauerei Ende der 80er-, Anfang der 90er-Jahre, soweit ich das noch im Kopf habe, übernommen hat, weil da hat es ein bisschen wirtschaftliche Schwierigkeiten gegeben.

Markus: Naja, ist ja immer nicht so einfach. Okay, dann gehst du nach Passau. Wunderschöne Stadt, 3-Flüsse-Stadt, auch tolle Brauereien. Ich selber war mal in Hacklberg, in diesen ganzen Kellern, die da noch so sind und so, also wirklich sehr beeindruckend. Da lebt es sich auch schön, oder?

Martin: Da lebt es sich gut, da habe ich auch meine Frau kennengelernt. Und, ja, aber nach achteinhalb Jahren war dann Zeit für Veränderung da und dann habe ich eben geschaut, wo gibt es denn was? Und dann war Nürnberg, die Tucher Brauerei, die hatten da auch für das Labor wieder jemand gesucht. Und da habe ich das mikrobiologische Labor geleitet dann, ein Jahr lang aber nur. Habe aber auch zugleich Aufgaben, Planungsaufgaben bekommen. Das war ganz gut, weil es einfach das erste Mal, dass ich ein Projekt auch durchziehen musste. Das war die Weißbierproduktion zu vereinheitlichen und dann auch zusammen mit dem Vorstand natürlich festzulegen, was brauchen wir dafür noch alles und wie können wir das auch wirtschaftlich machen. Das hat mir schon geholfen, so mal zu schauen, was muss man eigentlich machen, wenn du was baust, ja. Weil, das kriegst du im Studium auch nur theoretisch erklärt, ja und wenn du das praktisch machst, ist was vollkommen anderes, ja.

Markus: Und dann sind da ja in Nürnberg diese Franken. Das war doch für dich dann schon ein gewisser Kulturschock, oder?

Martin: War ein Kulturschock, ja. Aber dadurch, meine beiden Eltern sind Franken, ja …

Markus: Ah okay, gut.

Martin: … war der Kulturschock nicht allzu groß. Wobei, die Menschenart ist halt im Allgäu aufgewachsen und die Sprache war dann schon sehr gewöhnungsbedürftig. Wobei jetzt, wenn ich mit meinen alten Freunden rede, sagen sie immer, du redest ja Fränkisch, ja. Also die Konsonanten werden immer weicher, ist so, ja.

Markus: Es mischt sich, ja. Ja, also das heißt, du näherst dich immer mehr Bamberg an.

Martin: Ja.

Markus: Das ist natürlich schon schön. Die Tucher Brauerei hat ja auch eine sehr, sehr große und langjährige Geschichte und Tradition.

Martin: Richtig, ja.

Markus: Großes städtisches Brauhaus, auch eins der Ersten, der Ältesten, auch mit Weißbier zum Beispiel.

Martin: Richtig, ja.

Markus: Ja, warst du da noch in diesem alten ehrwürdigen Zwei … nicht Zweistädtesudhaus, in diesem großen, wo die beiden zusammen waren, das Reif Bräu und da Tucher?

Martin: Ja, das war am Schillerplatz …

Markus: Genau.

Martin: … also im Nürnberger Norden. Und ein wunderschönes Sudhaus, ja. Das Gebäude steht auch heute noch.

Markus: Ja.

Martin: Das ist auch denkmalgeschützt, soweit ich weiß, ja. Und das waren wirklich zwei Brauereien, die so Rücken an Rücken gebaut sind und der Lagerkeller war das verbindende Element. Alles ziemlich altertümlich noch, ja, lauter Aluminiumtanks, riesen Dinger und mit Raumkühlung, also nicht grad optimal, aber es ging. Und ich war ja 1990 dort, das war das Jahr des größten Ausstoßes der Tucher, soweit ich das noch im Kopf hab, weil das war das Jahr der Grenzöffnung natürlich und wir haben lastenwagenweise Bier in die neuen Bundesländer geliefert. Ich bin dann auch von der Tucher aus in zwei Brauereien geschickt worden, wo man gemeint hat, man könnte da kooperieren. Es ist aber beiden nix geworden. Ich glaube, die Tucher weint dem auch keine Träne nach. Ja und dann hat sich aber relativ zufällig was ergeben, ein Studienkollege von mir war in der Landesgewerbeanstalt, in der Versuchsanstalt für Bierbrauerei und der hat mir gesagt, du, horch her, ich höre da auf, willst du meinen Posten übernehmen? Da habe ich natürlich auch das übliche Bewerbungsverfahren durchlaufen, aber dadurch, dass ich natürlich ein bisschen eher was gewusst habe, habe ich die Nase vorne dran gehabt ein bisschen und war auch mit Abteilungsleiter bekannt, weil der ist einmal im Jahr nach Passau gekommen, von daher hat man natürlich da schon Kontakte gehabt. Und, ja, dann habe ich da als Betriebsberater angefangen 1992.

Markus: Das ist ja interessant, hat Professor Narziß auch mal gemacht, ne.

Martin: Ja, der hat dann auch, wie er das spitzgekriegt hat und dann hat er mich irgendwann mal in Weihenstephan getroffen und da sagt: „Ach, jetzt sind wir ja Kollegen.“

Markus: Ja, der hat mal erzählt, wie er damals mit seinem ersten Auto da immer rumgefahren ist und so. Der war ja kurz nach dem Krieg dann da und das war schon interessant auch.

Martin: Nur mit dem Unterschied, der Professor Narziß hat da natürlich seine Doktorarbeit geschrieben dort, zu sowas bin ich nie gekommen.

Markus: Ja, Prost.

Martin: Prost.

Markus: Vielleicht noch kurz zu Tucher, also das alte Sudhaus kann man heute noch oder wieder besichtigen, sehr, sehr schön. Dort haben sie eine kleine Brauerei noch mit reingestellt, die sie am Brombachsee von einer Brauerei übernommen haben und dort machen sie jetzt das Nürnberger Rotbier mit Holzfasslagerung von einem Doppelbock. Sehr spannend, wenn ihr das mal anschauen wollt. Und gegenüber ist die Schiller Klause, ein wunderbarer Hort der Gastlichkeit, wo ich immer wieder gerne hingehe. Die unter anderem auch ihren Eierlikör selber machen. War das damals auch schon so?

Martin: Nee, die Schiller Klause, die kenne ich gar nicht. Also die …

Markus: Oh! Dann …

Martin: Wobei, ich bin in Nürnberg, ich war kaum in irgendwelchen Kneipen gegangen, weil da waren dann die Arbeitstage schon ziemlich lang. Und ich habe damals auch noch Handball gespielt, da bin ich dann ins Handballtraining gegangen und dann habe ich lieber mit meinen Mannschaftskameraden im Vereinsheim noch einen getrunken und dann bin ich wieder Heim. Aber so, normalweggegangen kaum, also höchstens, wir sind mal zum Essen gegangen oder sowas, ja. Weil, die ersten paar Jahre in Nürnberg war ich alleine, die Frau noch in Passau und immer so gegenseitig gependelt. Und, ja, dann war natürlich unter der Woche wenig mit aus der Stadt.

Markus: Also warst du ein braver Ehemann, der dann eher …

Martin: Natürlich, ja.

Markus: … Zuhause geblieben ist und so, genau.

Martin: Ja, ich war ja die meiste Zeit eh in der Brauerei, von daher war es wurscht.

Markus: Okay. Ja und dann Betriebsberater, hat dich das dann wieder nach Passau zurückgeführt, oder?

Martin: Nein. Also wir haben da keine festen Gebiete gehabt, ich war ein paarmal in Niederbayern auch, aber ich bin auch nach Baden-Württemberg rüber gekommen und nach Thüringen auch. Und das war eigentlich sehr interessant, weil da hast du dann erst gemerkt, was haben die kleinen Brauereien eigentlich so für Probleme, ja. Und das war eigentlich ganz gut, konnte man viele lösen, ja und auch mit einfachsten Mitteln. Und das war auch eine Zeit, diese sechs Jahre, wo ich in der Betriebsberatung da war, das war eine Zeit, wo ich viel gelernt habe auch. Weil, wenn du viele Betriebe siehst, lernst du natürlich auch viel, ja. Wenn du nur einen Betrieb siehst, weißt du auch nur, was der so macht.

Markus: Richtig.

Martin: Aber es gehen viele Betriebe die Dinge ganz unterschiedlich an. Und das ist ja auch das Spannende bei der Brauerei, ja. Das ist ja nicht wie beim Metallverarbeiter, ja, da kann man Schema F machen, ne, muss man ja …

Markus: Ja, eben.

Martin: … sonst kommt nix Gleiches raus, ja.

Markus: Genau und Bier ist eben nicht Bier. Lass uns nochmal anstoßen und dann können wir ja mal schauen, prost, wie die Geschichte gleich weitergeht. So, ja, wir waren bei der Betriebsberatung angekommen und haben vorher auch schon ein bisschen drüber gesprochen, dass du auch über die Grenze geschaut hast. Das finde ich noch interessant. Was hat man denn so in den 90ern erlebt, wenn man da so rübergefahren ist in die neuen Bundesländer. Also ich habe selber ja mal ein Buch geschrieben über die Brauereien in Sachsen und Thüringen, ein paar Jahre später, aber die haben mir natürlich alle ihre Geschichte erzählt und grade eben die vielen Unmöglichkeiten, Unwägbarkeiten, die so Ende der DDR-Zeit alle aufgekommen sind. Du hast das ja hautnah erlebt dann, ja.

Martin: Die waren Weltmeister im improvisieren, das muss man einfach schon sagen, weil, DDR war einfach Mangelwirtschaft, ja. Und die mussten halt mit dem wenigen, was sie zugeteilt bekommen haben, irgendwie zurechtkommen, ja. Es hat ein paar privilegierte Brauereien gegeben wie die Wernesgrüner zum Beispiel, weil die haben für den Export gebraut, damit die DDR ein paar Devisen kriegt, ja, die Radeberger auch, ja. Also es waren da so ein paar Leuchttürme, waren ja da, aber der Rest, der die Bevölkerung zu versorgen hatte. Und das war wirklich so, sie hatten sie zu versorgen, ja, also sie hatten nicht das, was es in Westdeutschland gegeben hat, in der Bundesrepublik, den Konkurrenzdruck, sondern die hatten den anderen Druck, sie mussten die Bevölkerung versorgen. Und jetzt, wie das System umgeswicht ist, sind die natürlich ins kalte Wasser geschmissen worden, ja und zwar ins fürchterlich kalte Wasser, ja. Also da hat es auch menschliche Schicksale gegeben. Aber es hat natürlich auch Leute gegeben, die genau sowas sich gewünscht haben und die halt ein bisschen ein Stehvermögen gehabt haben und sich da auch durchgekämpft haben. Und es ist ja auch viel mit Kooperationen, mit bundesrepublikanischen Brauereien gegangen, die da auch mit investiert haben, die auch zum Teil Betriebe gekauft haben. Wobei das nicht die Königslösung war in jedem Fall. Aber so Kooperationen hat es gegeben und da ist dann schon eigentlich ganz gut was entstanden in Thüringen und Sachsen, wo ich jedenfalls hingekommen bin.

Markus: Ja, also das habe ich auch so erfahren, das also diese schnellen Aufkäufe, wo dann der kleine westdeutsche Brauereibesitzer zu einer großen ostdeutschen Brauerei gefahren ist und die dann mal eben so gekauft hat, das hat in der Regel nicht funktioniert, muss man sagen. Und es kam halt auch noch dazu, das eigentlich ja ein bisschen unfair auch das Verhalten der Bevölkerung dort ja so war, dass man von einen Tag auf den anderen dem bekannten Produkt nicht mehr vertraut hat und die wollten alle das West-Bier haben. Da kam dann noch mit dazu, das die Ost-Biere halt stammwürzemäßig runtergegangen sind, dass man schon seit vielen, vielen Jahren das Problem hatte, das viele Biere schlecht waren, dass man die grünen Flaschen gar nicht genommen hat, Trübe generell ein negatives Merkmal war. Und dementsprechend einfach wirklich diese Bindung, die wir hier so haben, also zu unseren lokalen Brauereien, das hat da jetzt nicht stattgefunden, erstmal also, ja.

Martin: Das ist ziemlich abrupt sogar abgeschnitten gewesen. Das war ja auch zu meiner Tucher-Zeit noch so, da war ja die Grenzöffnung grad ganz neu und da konnten man einfach fast jedes West-Bier rüberfahren. Warum? Weil es auch nach vier Wochen in der Flasche immer noch klar war und nicht trüb geworden ist, wie die da drüben. Ich möchte also den Kollegen im Osten da keine schlechten Noten ausstellen, sie hatten einfach auch nicht die Möglichkeiten, ne.

Markus: Richtig, ja.

Martin: Und da haben wir dann in einer Brauerei, ich weiß noch, da bin ich von der Tucher aus rübergeschickt worden, den Namen sage ich jetzt nicht, ja, da waren die hygienischen Verhältnisse, sagen wir mal, durchaus verbesserungswürdig. Und da haben wir einmal einfach die Brauerei von oben bis unten mit einem Desinfektionsschaum eingesprüht, den einwirken lassen und schon war ein ganz anderer Geruch da in dem Gebäude drin, ja. Und dann haben wir uns halt die einzelnen Produktionsschritte vorgenommen und haben dann da Verbesserungen gemacht und dann war das Bier dann auch plötzlich wieder um einiges besser. Aber insgesamt die technische Ausstattung auch dieser Brauerei war zum Teil, ja, miserabel.

Markus: Ja, die sind ja im Grunde stehengeblieben mit dem Zweiten Weltkrieg …

Martin: Richtig.

Markus: … weil sie dann abgeschnitten waren von aller Versorgung, was sie eben vorher hatten, weil einfach die Betriebe plötzlich außerhalb der Landesgrenzen waren. Und, ja und dann eben noch das Thema, dass man diese Brauereien zu den Kombinaten zusammengefasst hat und …

Martin: Richtig, richtig, ja, diese Getränkekombinate, ja.

Markus: Ja, das ist auch eine spannende Geschichte, die wir jetzt heute nicht ewig behandeln. Aber es ist auf jeden Fall sehr interessant, weil es trotzdem spannend ist einerseits, wie diese Bierkultur überlebt hat in manchen kleinen Betrieben, was sie dann auch teilweise für museale Brauereien erhalten hat. Also als ich drüben war, da gab es noch welche, die mit Dampfmaschinen gearbeitet haben, mit Kühlschiff, mit Berieselungskühler, wie man sich das vorstellt. Und natürlich auch die ganze Geschichte um den Elbe-Saale-Hopfen, der ja gemacht worden ist, um die DDR zu versorgen und deswegen heute Deutschlands zweitgrößtes Hopfenanbaugebiet ist, auch aus politischen Gründen, also sehr interessant auf jeden Fall. Aber gut, als du gehst dann weiter und wie ziehen sich die Kreise enger Richtung Bamberg zusammen?

Martin: Naja gut, dadurch, dass ich in der Landesgewerbeanstalt war, habe ich natürlich vieles mitbekommen, was in der Brauerszene so abläuft, auch so das Stellenkarussell natürlich, ja. Und ein Kollege von mir, der war da mal in Kutzenberg in der Lungenklinik gelegen und den habe ich dann besucht einmal, weil ich da zufälligerweise in der Ecke zu tun hatte, ja, ja, komm, schaust du bei ihm vorbei. Und dann hat er zu mir gesagt: „Herr Knab, wissen Sie jemand, der der Nachfolger für den Braumeister im Schlenkerla machen kann?“ Da habe ich kurz überlegt, sage ich: „Ja, da würde ich jemanden kennen.“ Ja wen? Da sage ich: „Der steht vor Ihnen.“

Markus: Perfekt! Sehr gut.

Martin: Ja und dann hat er gemeint, ja, dann müssen Sie sich halt drum kümmern, ja. Ja, dann habe ich angerufen, also einen Tag drauf habe ich dann angerufen hier und dann haben wir da relativ schnell Termin ausgemacht gehabt und haben da, ich glaube, drei Stunden lang, uns unterhalten. Haben wir auch den Betrieb natürlich angeschaut und dann habe ich schon gewusst, da kann man was machen, ja.

Markus: Hast dich verliebt da.

Martin: Da sind auch die nötigen finanziellen Mittel da, dass man auch investieren kann, ja. Und das ist ja, da dran krankt es bei vielen kleineren Brauereien, dass die einen Investitionsstau haben und dann einfach nicht mehr wissen, wo sie anfangen sollen, ja. Also man muss schon ständig irgendwas machen. Und da war auch die Bereitschaft da, etwas zu machen, ja.

Markus: Finde ich sehr interessant, also weil, ich meine, heute, klar, heute kennt jeder Schlenkerla, auch international, das ist eine große Marke, das ist interessant, auch hier in der Wirtschaft ist eigentlich immer was los. Wenn ich mich erinnere, so in den 90ern, da war ich grade im Bamberger Domchor, war grade so im Männerchor angekommen, in einem Alter, wo man dann jeden Sonntag nach der Messe oben im Dom runter ist und hier Frühschoppen gemacht hat und so.

Martin: So die Stimmen ölen, ja?

Markus: Genau, ja, also dann im Nachhinein geölt, aber auch egal. Und das war immer sehr, sehr schön und auch beeindruckend. Trotzdem habe ich das wirklich noch sehr, sehr, ja, konservativ oder halt so in Erinnerung, wie man es jetzt aus, es gibt ja so einen historischen schwarz-weiß-Film noch vom Schlenkerla ….

Martin: Ja, mit dem Lohmeyer, ja.

Markus: Mit dem Lohmeyer, genau, das ist sehr in …

Martin: Genau, den kenne ich auch, ja.

Markus: Und so habe ich das, ehrlich gesagt, auch noch in Erinnerung. Und hatte das damals schon einen überregionalen Stellenwert oder war das noch eher noch so ein Geheimnis, Schätzchen, wie auch immer?

Martin: Also international waren wir damals schon, zwar nicht in dem Umfang wie jetzt, aber so ein paar Kunden im Ausland hatten wir schon, ja. Vor allen Dingen im europäischen Ausland, aber wir hatten auch einen in den Vereinigten Staaten schon, der hat aber bloß so zweimal im Jahr was abgerufen, ja. Und das hat sich dann erst ziemlich deutlich geändert, wie der Junior Matthias Trum dann übernommen hat im März 2003, aber bis dahin, ich habe am 01.07.97 hier angefangen, hat man eigentlich da bedient, was zu bedienen war, aber so riesen große Aktionen, um neue Kunden zu generieren, die sind nicht so gelaufen, ja.

Markus: Weißt du noch, wann du dein erstes Rauchbier getrunken hast?

Martin: Ja, das weiß schon. Das war 1980 …

Markus: Oh! Okay.

Martin: … während dem Studium. Da habe ich eine Zeitlang mit einem Kommilitonen aus Schweinfurt zusammengewohnt und wir hatten es immer so gemacht, wenn einer Heim gefahren ist, also in die Heimatgegend, dann hat er einen Kasten Bier mitgebracht, also irgendeins, musste nicht immer der gleiche sein. Und den haben wir dann zusammen vernichtet. Und da hat der Harald, so hat der geheißen, der hatte einmal einen Kasten Schlenkerla da mitgebracht gehabt. Und da hocken wir abends da in der Küche zusammen und machen das Erste auf und ich trinke das und sage: „Harald, den Kasten, den kannst du alleine trinken.“ Ja, also das war wirklich ein Kulturschock, ein richtiger Kulturschock. Aber ich bin dann in LGA wieder mit dem Bier in Berührung gekommen, weil Schlenkerla war ja Kunde von uns und wir mussten dann natürlich auch immer wieder Biere verkosten. Und da habe ich mich dann so allmählich heran gerobbt, an dieses Bier.

Markus: Was hättest du dem Harald damals gesagt, wenn er dir gesagt hätte, pass auf, da wirst du mal Braumeister.

Martin: Du spinnst wohl.

Markus: Ja, als dann näherst du dich der Sache. Und wie, heute würde man ja sagen, das Onboarding, also wie ging das so, als du hier in Bamberg ankamst, mit der Stadt, mit der Brauerei, wie bist du da so warmgeworden, war das easy, war das schön oder war das auch ein bisschen holprig?

Martin: Also die Stadt war mir ja nicht unbekannt. Wir sind 1994 in unser Haus in Hirschaid eingezogen, da waren wir ja ein bisschen außerhalb, ja und von daher waren wir auch immer wieder Mal an Wochenenden hierhin, haben so die Stadt erkundet. Und sie gefällt uns beiden natürlich, ja und von daher war die Stadt kein Fremdkörper für mich, ja. Bei der Brauerei, gut, da musste ich natürlich, als kleine Brauerei, musste ich die Leute kennenlernen. Und da gibt es halt solche und solche Typen, immer, ja. Also der Oberbrauer, der dort tätig war, mit dem habe ich sehr gut zusammengearbeitet, der ist leider schon verstorben. Und der war die Ruhe selbst, ja und hat so Seins vor sich hingemacht. Und den habe ich dann auch immer wieder gefragt, wie ist das do so vom zeitlichen Ablauf, welche Organisationsstrukturen da, ja. Weil ich habe mir ja den Übergang so vorgestellt gehabt, mein Vorgänger hört auf, am 30.06. und ich fange an am 01.07.. Nicht, dass ich was gegen meinen Vorgänger habe, mit dem verstehe ich mich heute noch gut, ja, der war lange Zeit mein stellvertretender Vorsitzender im Museumsverein, ja. Aber ich wollte einfach nicht das eins zu eins weitermachen wie bisher, sondern einfach die Leute fragen, was war, wie habt ihr es gemacht und was meint ihr, könnte man anders machen, ne? Und letztendlich haben wir erst einmal nicht viel geändert, weil man nicht viel ändern musste auch, ja, die Organisation war ganz in Ordnung. Es war ein relativ festgegossenes Schema, das beim damaligen Ausstoß auch durchaus praktikabel war, ja. Und das ging auch fünf Jahre, ja, wo der Ausstoß immer so blimblim, in der Lage war, ja, das ging eigentlich erst los, wie dann der Matthias drüben übernommen hatte. Weil, der hat das Potenzial schon gesehen und war auch durchaus gewillt, dieses Potenzial zu heben, ja und da gingen dann natürlich auch die größeren Investitionen los. Bei seinem Vater haben wir natürlich auch Investitionen gemacht. Das Erste, was wir gemacht haben, war ein neuer Flaschenfüller, weil der alte war wirklich untragbar. Und das war ein riesen Act, ja. Aber das geht halt auch nur, wenn eine Brauerei gesund ist, ja. Es müssen die Mittel da sein, das man investieren kann, ansonsten geht das nicht, ja.

Markus: Ja und man muss auch sehen hier, das war auch eine Zeit, wo auch Bamberg so ein bisschen aufgewacht ist. Also da …

Martin: Richtig, ja.

Markus: … wurden wir Weltkulturerbe, da hat man überhaupt auf dieses Thema Tourismus angefangen mehr Wert zu legen. Die Gastronomie hat sich dem auch ein bisschen gestellt.

Martin: Richtig.

Markus: Also da war dann auf einmal auch so was eine Brauerei und noch dazu eine weltweit einzigartige Brauerei, zumindest also Brauereiart, die es nur in Bamberg zweimal gibt, aber im Grunde halt einzigartig ist. Das war einfach ein Pfund, wo dann auch wirklich die Bamberger und auch die Offiziellen und alle da ganz anders damit umgegangen sind. Also das war sicherlich auch was, wo man dann diese positive Aufwertung und Wertschätzung irgendwie so ein bisschen mitnehmen kann, denke ich.

Martin: Das ist vollkommen richtig, also dieses Alte, das Honorige, das man in dem Film vom Lohmeyer noch durchaus betont sogar, ja, das war doch jetzt hier verschwunden. Und da hat mit Sicherheit der Weltkulturerbetitel viel dazu beigetragen und der damit einhergehende Boom des Tourismus, ja. Da bin ich schon fest überzeugt davon, dass das eigentlich so der Schalter war, der umgelegt werden musste, damit das etwas verschnarchte Bamberg weltoffener wird.

Markus: Das stimmt.

Martin: Und das sieht man jetzt heute, die letzten 20 Jahre schon eigentlich überall, ja, da ist nix mehr so ein bisschen, die deutschen Kleinstädter, ja. Das ist nicht mehr da, es ist eine Weltstadt geworden, ja.

Markus: Das stimmt, ja. Nee, also auf jeden Fall, der Austausch ist größer, insgesamt also. Genau, wir kommen jetzt auch gleich noch ein bisschen zu den Bieren. Eine Frage nochmal vorweg, und hast grade so nebenbei gesagt, du bist dann 94 nach Hirschaid gezogen. War das dann schon eine bewusste Entscheidung, also war das da noch in dieser Gewerbegeschichte oder wie …

Martin: Da war ich natürlich noch in der Landesgewerbeanstalt. Aber meine Frau, die ist Bibliothekarin, die hat sich dann 92 nach Bamberg versetzen lassen …

Markus: Aha.

Martin: … ja und ich war in Nürnberg beschäftigt und dann haben wir gesagt: „Ja, dann müssen wir an der Bahnlinie zwischen Bamberg und Nürnberg was finden.“ Weil, also Maßgabe war, wir bleiben bei einem Auto. Wir haben nie mehr als ein Auto gehabt, ja und da haben wir auch immer hingekriegt, ja. Und das ich eben mit dem Zug nach Nürnberg fahren kann oder wenn ich das Auto brauche, weil ich ja auch im Außendienst unterwegs war, dass sie mit dem Zug nach Bamberg fahren kann also. Und das war eigentlich die Entscheidung für Hirschaid. Wenn ich gewusst hätte, das ich irgendwann mal in Bamberg lande, dann hätten wir uns natürlich hier gleich eine Bleibe gesucht, das ist klar, aber das kannst du nicht riechen, sowas, ja.

Markus: Nee. Und da seid ihr heute noch?

Martin: Da sind wir heute noch. Und ich meine, wenn man ein eigenes Haus hat, da bin ich halt auch nicht so wie die meisten Amerikaner, denen das ja scheißegal ist mehr oder weniger, bin ich heue hier, bin ich morgen da, Hütte verkaufen, dort wieder eine kaufen. Also da sind die Deutschen auch durchaus anders gestrickt, ja.

Markus: Ja, okay, dann sagen wir mal wieder Prost …

Martin: Ja, Prost.

Markus: … und widmen uns dann den Bieren. Ja, jetzt haben wir grad drüber gesprochen, ihr in Hirschaid, euer Häuschen, deine Frau in Bamberg als Bibliothekarin sozusagen. Was hat sie denn überhaupt zu dem Ganzen gesagt, also als sie dich kennengelernt hat und gesagt, Mensch, der ist Brauer, lächelt eine Frau da oder hat sie da Angst oder wie ist das?

Martin: Nee, Angst hat sie keine gehabt. Nö, das war eigentlich, war alles in Ordnung. Und die hat dann natürlich vielleicht auch entdeckt, dass ihr das Bier auch schmeckt.

Markus: Ah ja. Also ihr trinkt gerne auch mal eins gemeinsam?

Martin: Ja, natürlich, natürlich, ja.

Markus: Sehr schön. Und sie war dann schon immer in dem Buchsektor sozusagen, Bibliothekswesen tätig?

Martin: Ja, das hat sie nach dem Abitur, die Ausbildung gemacht in der Bayrischen Staatsbibliothek, glaube ich, ist. Aber frag mich sowas nicht so genau, das ist nicht …

Markus: Nein, nein, nein. Aber ist ja interessant, also weil, letzten Endes sind es ja auch Lebenswege, die zusammenkommen und dann auch zusammen weitergehen.

Martin: Ja, ja.

Markus: Und man erlebt es ja oft bei vielen Leuten, dass sich das dann auch wieder ein bisschen auseinander entwickelt. Und es ist, glaube ich, viel Arbeit, dass man eben sagt, man bringt das ein Leben lang zusammen. Das, finde ich, ist schon auch eine Leistung irgendwie, ne?

Martin: Ja, ich sage mal so, viel Glück dabei und, ja, man muss ein bisschen tolerant sein von beiden Seiten und dann geht das auch. Und, ja, ich sage ja immer, Pack schlägt sich, Pack verträgt sich und dann kommt man auch immer wieder zusammen, dann ist es auch gut, ja. Und was ich halt so feststelle, das ist jetzt gesellschaftspolitisch ein bisschen, dass die Leute auch kein Durchhaltevermögen mehr haben. Da tauchen die ersten Schwierigkeiten am Horizont auf, push, geht man auseinander, ja. Also finde ich nicht gut, die Entwicklung, ja. Und das ist überhaupt, das überträgt sich dann auch auf die ganze Gesellschaft. Wir leben ja inzwischen in einer Empörungsgesellschaft, dass es alles zu spät. Und da hält keiner mehr irgendwas aus, sondern die Regierung muss weg, dann kommen die anderen, die Regierung muss auch weg, ja. Und, gut, die asozialen Medien tun ihr übriges, ja. Aber die Leute haben, glaube ich, viele nicht einmal irgendein Ziel mehr vor Augen, wo sie sagen können, da möchte ich irgendwann mal hinkommen, sondern mal so, mal so, mal so, mal so. Und immer so dieser leichte Erfolg, der einem ja von vielen Influezerinnen vor allen Dingen vorgegaukelt wird, den gibt es nicht, ja.

Markus: Klar. Ja, mir ist das neulich so bewusst geworden, da habe ich einen Artikel gelesen, da ging es drum, dass bei einer ganz normalen Firma, die jetzt halt mit den aktuellen Zeiten ein bisschen zu kämpfen hat, einfach ein Berater angerufen hat und gesagt hat: „Naja, also ihr seid ja da, aber ihr habt jetzt grade schwere Zeiten. Wie wäre es denn, wenn ihr Insolvenz anmeldet, dann machen Sie persönlich als Inhaber am Ende daraus mehr Gewinn, als wenn Sie das weiterführen.“ Und das ist so das Denken, was dahintersteckt, wenn man überlegt, so eine Brauerei, die ja halt seit 10, 15 Generationen existiert, die lebt ja davon, dass es Zeiten gibt, in denen man eben investiert oder zubuttert oder eben auch eben nix rausziehen kann und dafür gibt es dann wieder Zeiten, wo andere davon vielleicht profitieren. Aber man nimmt dieses Unternehmen als, sage ich mal, wie so ein Lebewesen auch wahr, dem man immer was gibt und was nimmt und wo das eben Hand in Hand ist. Und es war anderes ist, als wenn ich sage, in dem Moment, wo es mir nix mehr bringt, schmeiße ich es weg. Und das ist, glaube ich, grade für Brauereien auch ein Thema, grade wo wir über Schlenkerla und drüber reden, dass die da eben noch Investitionsmöglichkeiten immer hatten. Das ist einfach die Kunst, glaube ich, als Unternehmer, das wirklich auch zu leben und mit diesem Unternehmen gemeinsam zu existieren, so gesagt.

Martin: Ja, ja, ich meine, das gab es ja im Altertum schon, ja, siehe Bibel, Altes Testament, die sieben fetten Jahre, die sieben mageren Jahre, ja. Damit haben die Ägypter auch auskommen müssen, ne. Sind sie ja auch.

Markus: Sind sie auch, genau.

Martin: Aber bei uns muss immer alles nur so nach oben gehen, ja und wenn das nicht der Fall ist, dann gehören die da oben alle weg, ja. Und die anderen machen es auch nicht besser, ja, also.

Markus: Ja.

Martin: Das sind halt nun mal, wir haben gewisse Rahmenbedingungen, in denen bewegen wir uns, in denen müssen wir uns bewegen, weil die können wir nicht ändern, ja, zumindest viele nicht, ja. Und vor allen Dingen, die größte Rahmenbedingung, die wir auch überhaupt nicht ändern können, ist natürlich das Klima bei uns, ja.

Markus: Richtig.

Martin: Und da können wir nur irgendwas dafür tun, dass es nicht gar so schlimm wird wie es schon ist, ja, um den Karl Valentin zu zitieren.

Markus: Ja, richtig. Auch da, also letzte Anekdote, bevor wir dann zum Bier kommen. Aber ich habe neulich einen Workshop gehabt, auch mit einem Unternehmen, weil es ging drum, so eine Vision zu entwickeln für die Zukunft. Und die Aufgabenstellung war, wie stellt ihr euch die Welt in 2060 vor? Und nun waren das insgesamt 25 Leute, durchaus höherrangig und alle haben ein absolut negatives Bild gezeigt. Also haben gesagt, in 2060, da leben wir entweder unter der Erde oder wir haben uns einen zweiten Planeten gesucht oder was weiß ich was. Aber es hat keiner irgendwie den Eindruck vermittelt, wir schaffen das und wir finden dann einen Weg und wir haben dann auch ein blühendes Land, sage ich mal. Und das finde ich schon, macht mich nachdenklich, wenn man sieht, dass Leute in einem Unternehmen, auch durchaus in Führungspositionen, dass die schon in gewisser Weise fatalistisch sind. Denn, wie sollen die denn jetzt noch positiv agieren, wenn sie selber nicht dran glauben, dass man das irgendwann schafft? Aber, na gut.

Martin: Ja, gut, es gibt ja den alten Spruch, wenn man jemand für was begeistern möchte, muss man von der Sache selber begeistert sein, sonst funktioniert das überhaupt nicht, ja. Und mit dem Spruch hat ja der Lafontaine damals den Scharping vom SPD-Vorsitz raus gekickt, zum Beispiel, ja. Und wenn wir die Dinge linear so fortschreiben, wie sie Zurzeit laufen, dann kann ich den Pessimismus verstehen, ja. Wenn man aber nicht den Mut aufbringt zu sagen, wir müssen was ändern und es wird vielleicht oder mit ziemlicher Sicherheit an unserem Wohlstand was abknapsen. Weil für umsonst kriegst du nix, ganz einfach, ja. Nix ist umsonst, nur der Tod und der kostet das Leben, ne.

Markus: Ja.

Martin: Und da muss man halt investieren, aber halt auch in der Hoffnung, dass die Investition was bringt, ja. Nicht nächstes Jahr und nicht übernächstes Jahr, aber vielleicht in 20, 30 Jahren. Und dieses Durchhaltevermögen, das vermisse ich, ja, das vermisse ich ganz, ganz schwer. Weil wir haben eigentlich nur die Chance, das zu tun, was uns die Wissenschaft sagt, ja und die Wissenschaft ist sehr eindeutig, bis auf ein paar Spinner, die sich da immer so ein bisschen außerhalb stellen, aber Spinner hat man überall, ja, wir müssen was tun. Und letztendlich die Dekarbonisierung der gesamten Industrie ist alternativlos, auch wenn ich den Begriff sehr ungern gebrauche, weil in einer Demokratie sollte nichts alternativlos sein, aber in wissenschaftlichen Dingen gibt es halt Dinge, die alternativlos sind. Die Natur exerziert ihre Gesetze gnadenlos, vollkommen gnadenlos und vollkommen emotionslos, ja. Die Emotionen bringt der Mensch rein, ja. Aber jetzt gleiten wir sehr in Philosophische ab.

Markus: Naja, aber wir kommen ja ein bisschen auch zum Thema Bier, weil, also grade eine Rauchbierbrauerei lebt auch ein bisschen vom Karbon, sage ich mal …

Martin: Ja, ja, richtig.

Markus: … weil natürlich da Holz durchaus eine Rolle spielt. Trotzdem, ist grade für Brauereien heutzutage das auch eine Herausforderung, ressourcensparend, ressourcenschonend …

Martin: Richtig, ja.

Markus: … zu arbeiten. Viele schaffen es, aber auch schon bis zu einem guten Grad, man ist da auf einem guten Weg. Und jetzt schauen wir einfach nochmal zurück, du kommst da im Schlenkerla an, du bist dann dort inthronisiert, sagen wir mal und da gibt es drei Biere. Also wir sie ja auch hier stehen, da gibt es das Märzen, da gibt es den Urbock und da gibt es das Lager sozusagen. Also Märzen und Urbock, das ist ja im Grunde in der guten alten Tradition, sage ich mal, die beiden Klassiker, die es in fast allen Brauereien hier in Franken gab. Manchmal eher als Pärchen von Kellerbier und Märzen und dann vielleicht noch einen Bock oder so, aber zumindest so in diesem Rahmen. Das waren wahrscheinlich auch historische Rezepte, die mehr oder weniger unverändert waren. Das Lager ist heute ja was Besonderes, war es damals auch schon. Wie ging es dir, als du die drei Biere vorgefunden hast, was ist da so in deinem Kopf passiert?

Martin: Na gut, die habe ich angenommen wie sie sind, bleibt mir ja nix anderes übrig. Und ich habe natürlich schon versucht, die auch so zu gestalten, dass man sie gern trinkt, ja. Also ein Kollege von mir, ehemaliger Chefredakteur von der Brauwelt, der hat irgendwann mal zu mir gesagt: „Du hast dem Märzen eine drinkability verliehen.“ Also es ist ja so, wenn ich ein Bier trinke, dann sollte es den Wunsch erzeugen, das nächste gleich hinterherzuschicken, ja.

Markus: Ja.

Martin: Und das haben wir beim Märzen durchaus geschafft. Wobei das eigentlich nur ganz, ganz kleine Sachen waren, ich habe halt auch das angewandt, was ich in der LGA gelernt hatte, ja und was ich auch immer geprägt habe. Ich habe immer gesagt, Leute, schaut auf eure Vergärungen! Das Bier muss ordentlich vergoren sein, ja. Der Zucker, den wir im Sudhaus gebildet haben, der muss halt nahezu komplett in Alkohol umgewandelt werden und nicht nur zu Dreiviertel oder sowas, ja. Und wenn man sich da ein bisschen drum kümmert, dann weiß man auch, wo man eingreifen kann, dann sieht man schon, wo es ein bisschen hängt, wo man noch was besser machen kann. Und das waren eigentlich so die Sachen, mit denen ich da am Anfang ein bisschen gekämpft habe. Und geschaut auch, dass die Mikrobiologie in Ordnung ist. Da waren immer so ein paar kleine Punkte, es war nicht viel, aber ein paar kleine Punkte waren es und die haben wir dann auch durch konsequente Reinigungs durchaus in den Griff bekommen. Und, ja, aber wie gesagt, mir war es wichtig, dass die Vergärungen ordentlich sind und das sie auch immer relativ gleichmäßig sind, ja. Also ich kann nicht einmal ein Bier haben, das hochvergoren ist und das Nächste, was rauskommt, ist dann irgendwo, läuft da geschmacksmäßig breit auseinander, weil es einfach sehr niedrig vergoren ist. Das geht nicht so, das kann man nicht machen, ja.

Markus: Ja, also nehmen wir es ruhig mal hier in die Hand. Also die Meisten werden es kennen von euch, das klassische Schlenkerla Märzen. Vielleicht noch eine Frage, wenn du dich erinnerst, in deiner WG hast du ja damals einen Kasten mitgebracht bekommen und hast erstmal gesagt, nicht so meins.

Martin: Ja, richtig, ja.

Markus: Und dann hast du eben gesagt, jetzt hast durch die drinkability der Sachen ein bisschen angenommen. Was ist denn oder was würdest du sagen, ist der Unterschied zwischen dem, was du damals in der WG bekommen hast und dem, was du dann draus gemacht hast? Also kann man das konkret sagen, was da so …

Martin: So direkt vergleichen kann man es nicht ganz. Es war zwar damals auch ein Märzen, aber das ist ziemlich krachend dahergekommen, ja. Und das ist eigentlich schon im Laufe der Zeit, also das Kracherte ist ein bisschen abgemildert gewesen. Was halt ich dann geschaut habe ist, das wirklich die Vergärungen alle gleichmäßig sind, ja. Das ich immer halbwegs gleichmäßig so mit einem Unterschied von, ja, plus/minus zwei, drei Prozentpunkte im Vergärungsgrad, ist ja ein prozentualer Wert, ja, dass ich da nicht große Schwankungen habe, ja.

Markus: Kracherts im Sinne von rauchig oder von …

Martin: Ja, da war das Rauchige sehr krachend dahergekommen, ja.

Markus: Und ist das vielleicht auch ein Grund, warum das Märzen hier sich als das Hauptbier etabliert hat, dass die Vergärung früher nicht so hoch war und man deswegen es generell schon mal stärker eingebraut hat?

Martin: Nee, also das Märzen, das hat historische Gründe. Es gab bis weit ins 19. Jahrhundert hinein Vorschriften, das waren feuerpolizeiliche Vorschriften hauptsächlich, dass man von Georgi bis Michaeli nicht brauen durfte, ja, also vom 23. April bis zum 29. September. Und um natürlich über den Sommer genügend Biervorräte zu haben, haben die Brauer dann früher die letzen Biere, die sie gemacht haben, stärker eingebraut, ja. Ja und die letzten Biere haben sie im März gemacht, da kommt der Name her, ja. Und lustiger Weise, wir hatten beim Professor Narziß das Sudhauspraktikum und waren wir immer so Gruppen zu vier, fünf Leuten und da musste jede Gruppe ein Bier machen. Natürlich haben sich alle damals, 1980, auf ein Pils gestürzt, ja. Da habe ich gesagt: „Nö, das will ich nicht“, habe meine Kommilitonen überzeugt, habe gesagt: „Wir machen ein Märzen.“ Ja, schau her, wo bin ich gelandet?

Markus: Ja, ja.

Martin: Und ungefähr nach dem Verfahren, also das Maischverfahren ist ungefähr das, was wir übertragen.

Markus: Nicht schlecht. Aber worauf ich raus wollte ist, im Spezial zum Beispiel, da habe ich ja auch ein Märzen, aber das ist nach wie vor eher eine Spezialität, in Anführungsstrichen oder ist eher eine Nische und da gibt es eben das ursprüngliche Kellerbier, sage ich mal, gibt es als Lagerbier.

Martin: Das Lager, ja.

Markus: Und das ist schon außergewöhnlich, warum man hier im Hause dieses ursprüngliche, eigentliche Lager, also die leichtere Version von dem Märzen, gar nicht mehr hat, sondern das Märzen eben von vorneherein das Hauptthema ist.

Martin: Das war eigentlich immer, soweit ich zurückdenken kann, war das die Hauptsorte, ja. Und war vielleicht auch so ein bisschen das Unterscheidungsmerkmal zum Spezi, ja. Es ist ja nicht so, dass man sich irgendwo bekämpft, aber man muss sich auch ein bisschen unterscheiden, ja. Womöglich ist das einer der Gründe. Aber ich kenne das Schlenkerla nicht anders als das Märzen. Das Lager, das nächste da, hier, dieses, also das …

Markus: Ja, es wird blau.

Martin: … ist ein Nichtrauchbier, ja, deswegen wird es auch hier nicht ausgeschenkt. Und das ist eigentlich, ja, aus einer Not heraus geboren worden. Die Brauerei hat früher, das ist so in den 20er-Jahren, letztes Jahrhundert war das schon, das Bahnbetriebswerk hier beliefert und die wollten das Märzen nicht, das war ihnen zu stark und zu rauchig. Da musste da also was her, was ohne Rauch. Und da ist das Lager geboren worden, ja. Und das hat halt nur 11,5 Stammwürze, das Märzen hat 13,5 Stammwürze, macht sich natürlich im Alkoholgehalt bemerkbar. Und das ist ein vollkommen anderer Bierstil. Die stehen beide nebeneinander und tun sich nicht weh gegenseitig, ja.

Markus: Ja. Werden aber im selben Sudhaus gebraut?

Martin: Ja.

Markus: Und früher war es ja auch schon so, dass man die Hefe aus der ganz normalen Brauerei eben, wo auch mit dem Rauchmalz gebraut worden ist, dann eben auch für das verwendet hat. Das heißt, das Malz hat man dann auch schon immer zugekauft dafür?

Martin: Ja, das war immer gekauft, das Pilsner Malz, ja.

Markus: Und dieser Rauchcharakter, der ja dann über die Hefe trotzdem rein kommt, ich habe da neulich mal so ein bisschen nachgelesen, das muss früher mal noch intensiver gewesen sein und ist jetzt weniger geworden. Kann man das so sehen oder ist das so eine persönliche Wahrnehmung vielleicht?

Martin: Das würde ich eher in das Kapitel persönliche Wahrnehmung schieben. Weil es ist immer so, also da haben wir schon auch immer Wert gelegt drauf, dass die Hefe, die wir hernehmen, mindestens zwei-, dreimal durch ein Märzen gegangen ist, ja. Weil dann lagert die Hefe einfach genügend rauchig schmeckende Partikel an und die gibt sie dann in eine Würze, die eben keinerlei rauchig schmeckende Partikel hat, wieder ab.

Markus: Ja und das macht dieses Bier so einzigartig. Also ist für mich zum Beispiel in jedem Biersommelierkurs, den wir machen, ist das das erste Bier, was wir trinken, weil ich mit den Leuten da ja immer die Sensorik übe. Und mir geht es drum, ich will ihnen ein Bier geben, was sie definitiv, also außer, sie kommen jetzt von hier, aber sonst so noch nicht getrunken haben.

Martin: Richtig.

Markus: Wenn jemand ein normales Helles hat, okay oder halt, was weiß ich, ein Kellerbier oder alle Möglichen, aber sowas jetzt, also was erst so unscheinbar daherkommt wie ein Helles und eine schöne Bitternote auch hat, aber dann eben dieses Rauchige dazu, vom Alkohol nicht so hoch. Also das ist was, wo ich sensorisch einfach, wo Leute wirklich denken müssen und reinriechen müssen, was die Leute beschäftigt und wo man schon mal so ein bisschen Schubladen aufmachen kann, ohne jetzt komplett in die internationale Trickkiste zu greifen, deswegen finde ich das so schön. Und das ist auch einfach ein super tolles Sommerbier, finde ich. Das kann man richtig schön aus einem großen bauchigen Glas, ist das im Sommer woah!

Martin: Klar.

Markus: Magst du auch gern?

Martin: Ja, ist eigentlich das Hauptbier bei uns Daheim. Also das Märzen, habe ich auch immer eins Daheim, aber meine Frau bevorzugt das Lager und das trinken wir eigentlich am meisten auch zu zweit dann.

Markus: Und du warst ja logischerweise dann auch in der Mälzerei, also im Schlenkerla, ist das ja nicht getrennt. Wenn, dann macht man alles, ne?

Martin: Ja, ja. Ich habe während des Studiums das Mälzen ganz praktisch gelernt. Das war, ja, anstrengend, weil da musste ich auch mitten in der Nacht raus. Und der Malzmeister damals, der war da gnadenlos, wenn du fertig bist, bist du fertig, ja und dann kannst du wieder Heim gehen. War aber gut, ich habe viel gelernt da und das war sehr, sehr schön. Und in Passau, wie ich war, hatten wir auch eine Brauereimälzerei noch. Da habe ich natürlich davon auch profitieren können und habe da auch ein bisschen was verbessern können. Und die haben wir aber dann irgendwann mal aufgegeben, A) weil wir den Platz für was anderes gebraucht haben und B) weil es einfach auch wirtschaftlich nicht mehr darstellbar war. Also der Preisunterschied zwischen Gerste und Malz hat die Produktionskosten unterschritten und dann ist es natürlich irgendwo widersinnig, das selber zu machen.

Markus: Ja. Wobei man halt sagen muss, im Schlenkerla und auch im Spezial ist das einfach so besonders, dass man ja da gar nicht anders kann.

Martin: Nee, da musst du.

Markus: Also die könnten ja jetzt nicht sagen, wir kaufen irgendein Rauchmalz zu …

Martin: Nee, nie im Leben.

Markus: … weil das einfach einen komplett anderen Charakter hat. Und außerdem bedeutet es ja auch bei der Personalauswahl, da muss ich dann eben jemanden holen, der auch Erfahrung in einer traditionellen Mälzerei irgendwie hat. Also auch der Michael, der ja jetzt Braumeister ist, war ja bei Augustina und hat ja da die entsprechende Erfahrung.

Martin: Richtig, ja.

Markus: Und ich war da auch schon unten und ich finde es faszinierend, was die da unterirdisch mit ihrer Tennenmälzerei da so alles anstellen. Und das heißt, also ohne wirkliche gute Mälzerfahrung kann man im Schlenkerla eigentlich nicht arbeite, ne?

Martin: Nee, also ein bisschen Ahnung sollte man schon haben davon, ja, es erleichtert die Sache doch.

Markus: Das stimmt. Ja, ja und es ist eben nicht nur das Knöpfchen drücken, das ist da mit dem Rauchmalz, das ist halt was anderes.

Martin: Ja, wir gehen in der ganzen Brauerei grundsätzlich mit lebendigen Sachen um, ja und lebendige Sachen muss ich anders anfassen als ein Stück Eisen oder Stahl oder sonst irgendwas, ja. Oder auch ein Stück Holz, dass ich als Schreiner zu Möbel verarbeite, ja, das ist was vollkommen anderes, ja, da muss ich exakt sein. Und da kann ich es auch voraussagen. Bei lebendigen Sachen kann ich nicht genau voraussagen, was die machen, weil die Natur macht was sie will, nicht was wir wollen, ne. Und wir müssen die Natur halt in die Richtung schubsen ein bisschen, ob sie den Weg dann zu Ende geht oder nicht, das haben wir nicht immer ganz in der Hand.

Markus: Aber ihr tut euer Bestes.

Martin: So ist es, ja.

Markus: Und da können wir auch noch kurz über den Bock reden. Das ist ja insofern auch spannend, weil, also erstmal der Urbock, das ist der erste Bock, der angestochen wird in Bamberg. Also das ist dann schon relativ früh im Bockbierjahreskreislauf, wird das Ganze ja schon zelebriert. Führt mich auch dazu, wenn du hier dann so angekommen bist in der Bamberger Bierkultur, wir haben ja dieses Thema Bockbieranstich. Das wird, glaube ich, sonst wo in Bayern nicht so intensiv gelebt. Wie ging es dir denn damit? Also kannst du dich an deinen ersten Bockbieranstich erinnern, wie hast du das so erlebt?

Martin: Ja natürlich. Wobei die Ersten so bis zum Jahr 2003 wahrscheinlich, gehe ich mal davon aus, dass es da auch so allmählich nach oben gegangen ist, hat auch ein bisschen was mit der Bockbierkultur überhaupt zu tun, was auch die anderen Brauereien hier in Bamberg betreiben, da ist das einfach immer mehr zum Event geworden. Der Erste, den habe ich 1997 erlebt, da war natürlich hier die Wirtschaft proppenvoll, mit dem entsprechenden Lärmpegel. Und damals ist auch noch geraucht worden, also da war hier ziemlicher Neben herinnen auch noch. Und da ist einfach, ja, das Märzen durch den Bock ersetzt gewesen und das Märzen hat dann bloß so eine Randrolle gespielt. Und da war halt dann so ein Bockanstich, ja, was haben wir da gehabt, vielleicht 10, 15 Hektoliter Bier, ja und das war es dann auch. Und dann ist so den Rest der Bockbierzeit, die jetzt ja bis Dreikönig geht, ist das so dahin getröpfelt. Und das hat sich dann irgendwann mal gewaltig geändert dadurch, dass wir den Bockanstich dann in den Hof hinaus verlegt haben, ja, weil eben auch der Event-Charakter immer weiter zugenommen hat. Und da mussten wir den jungen Leuten, die da natürlich hauptsächlich dann vertreten sind, auch Platz bieten, ja und da hat sich der Hof natürlich angeboten, der hat danach geschrien, nach sowas, ja. Und da sind dann die Mengen ganz andere geworden, ja.

Markus: Aber generell, also für alle, die das jetzt nicht so kennen oder wissen, es ist eben so, dass man hier bei uns in Franken hauptsächlich und auch in der Bamberger Gegend eben das neue Bockbier des Jahres, in der Regel geht es da um den Winterbock, entsprechend zelebriert. Sprich, da gibt es dann einen Tag, wo es eben angestochen wird, zum ersten Mal ausgeschenkt wird. Da kommen dann wirklich aus der ganzen Stadt 100e, teilweise 1.000e von Leuten zusammen und stehen teilweise eine halbe Stunde, eine Stunde an für ein Bier, was wirklich sehr erstaunlich ist eigentlich. Und es gibt auch, also ist zwar ein Event, aber ist jetzt nicht so, dass wir dann, was weiß ich, drei Musikbühnen und fünf …

Martin: Nee, brauchen wir nicht.

Markus: Essenswägen haben oder so, es geht wirklich nur um das Bier. Und das ist wirklich faszinierend und ist dann auch für die Leute, die hier leben und das gerne machen, so ein Teil des Jahreskalenders. Weil dann habe ich praktisch alle zwei, drei, vier, fünf Tage, kann ich zu einer anderen Brauerei gehen und dort eben das neue Bockbier trinken. Und das ist wirklich eine sehr schöne Tradition, die auch vor allem das Miteinander und diese gemeinsam gelebte Bierkultur sehr belebt. Und, man muss auch sagen, es kommt sehr, sehr selten zu Ausfallserscheinungen, die man normalerweise mit dem Thema Bockbier verbindet, irgendwie scheinen die Leute damit halbwegs gut umgehen zu können.

Martin: Die können offensichtlich ganz gut damit umgehen. Und die Bockanstiche, die gehen ja so reihum durch, Schlenkerla ist immer der Erste, erster Donnerstag im Oktober, es sei denn, es ist der 2. Oktober. Das haben wir einmal gemacht, da gehen die Leute nicht mehr Heim, weil am nächsten Tag Feiertag ist. Und das zieht sich ja bis Ende November, der Greifenklau ist, glaube ich, einer der Letzten dann, da ist der Bockanstich dann schon öfters im Schneegestöber gewesen, ja.

Markus: Richtig, ja.

Martin: Aber es ist überall ein riesen Event geworden. Und das ist auch gut so, also mir gefällt das auch, ja.

Markus: Ja, nee, absolut, ja.

Martin: Es muss ja nicht jeden Tag Halligalli sein, aber einen Tag Halligalli, das ist auch mal in Ordnung, ja.

Markus: Ja und einfach das Bier auch ein bisschen zu wertschätzen und zu ehren gehört auch dazu. Ja, dann vielen Dank schon mal dafür, wir werden gleich noch über den nächsten Bockbierschlag unter anderem sprechen, den du ja dann mit initiiert hast. Aber jetzt sind wir erstmal da bei dem, was du vorgefunden hast und das war auf jeden Fall schon mal ein schönes Trio, also prost.

Markus: Soweit der erste Teil unseres Interviews mit Martin Knab und jetzt könnt ihr euch freuen auf Teil 2, entweder, wenn ihr jetzt gleich die Folge bei der Veröffentlichung gehört habt, dann wird es noch zwei Wochen dauern, bis die zweite Folge kommt. Ansonsten, wenn ihr das hier später in der Mediathek findet, dann einfach auf die nächste Folge klicken.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 132 – Interview mit Dirk Alberti, Braumeister bei der Köstritzer Schwarzbierbrauerei, Bad Köstritz

In dieser Episode entführen wir euch nach Thüringen, ins Herz der Brauereilandschaft Deutschlands. Wir besuchen Bad Köstritz, eine Stadt, die nicht nur für ihre historische Brauerei berühmt ist, sondern auch für einen einzigartigen Bierstil, der Bierliebhaber weit über die regionalen Grenzen hinaus begeistert: Das Schwarzbier. Unser Gast, Braumeister Dirk Alberti, ist – nicht nur – auf dem Gebiet natürlich Profi und führt uns durch die faszinierende Geschichte, die in jedem Schluck Köstritzer Bier steckt. Taucht mit uns ein in eine Welt, wo Tradition auf Innovation trifft und wo jedes Bier eine Geschichte zu erzählen hat…

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BierTalk – Gespräche über und beim Bier.

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute machen wir eine kleine Reise nach Thüringen zu einer sehr berühmten Brauerei, nach Bad Köstritz, eine Brauerei mit einer langen Geschichte und mit einem eigenen Bier- oder sogar Bierstil. Und natürlich auch mit einem Braumeister, den haben wir heute da, Dirk Alberti, schön das du hier bist. Und vielleicht stellst du dich ganz kurz mal unseren Hörern selber vor.

Dirk: Ja, hall Markus, grüß dich. Wie gesagt, mein Name ist Dirk Alberti, ich bin 42 Jahre alt, verheiratet, habe zwei Kinder. Und bin seit 1997 hier in der Brauerei und habe drei Jahre Brauer gelernt und habe dann später noch meinen Meister gemacht. Und diese Position über ich seit 2016 aus.

Markus: Wahnsinn, also quasi ein alter Haudegen an dieser Stelle. Und wir haben uns kennengelernt, als du dabei warst beim Finale vom Lieblingsbier, wo auch euer Bier eben mit dabei war, bei den Finalbieren und hast schon viel erzählt und da bin ich eben auf die Idee gekommen, wir müssen unbedingt auch mal einen BierTalk machen. Und ich habe vor vielen Jahren mal ein Buch geschrieben über alle Brauereien in Sachsen und Thüringen, da war ich auch schon bei euch unterwegs und war damals auch schon sehr beeindruckt. Aber vielleicht magst du unseren Hörern mal kurz so einen kleinen Eindruck geben, wo ist denn Bad Köstritz überhaupt, wie schaut es da aus, was ist da so los, wie muss ich mir das vorstellen?

Dirk: Ja, wo liegt Bad Köstritz, Bad Köstritz liegt in der Nähe von Gera, ziemlich nahegelegen an der Autobahn, auch in der Nähe vom Hermsdorfer Kreuz. Also da ist die A9 und A4, kreuzen sich da, da am Hermsdorfer Kreuz ist, ist man eigentlich schon fast in Bad Köstritz. Ja, liegt hier schön in der Nähe vom Eleonarental, Bad Köstritz, wo wir natürlich auch unser Brauwasser her bekommen. Bei uns hier natürlich in Thüringen, im schönen grünen Herzen Deutschlands gelegen.

Markus: Und du bist auch von dort?

Dirk: Ich komme aus der Nähe, von Gera, also ich bin in Gera geboren und habe auf einem Dorf in der Nähe ein Haus gebaut und da wohne ich seit 2010.

Markus: Ja und was ich bei meinen Recherchen damals auch rausgefunden habe ist, dass vor einigen 100 Jahren Studenten sogar aus Jena nach Bad Köstritz geritten sind, vier Stunden lang, um ein Bier dort zu genießen. Also das ist schon ein gewisser Huckepack, den man da mitnimmt, also eine Stadt mit Biertradition. Und wie ging es denn bei dir, also wie bist du überhaupt zum Thema Bier gekommen, war das für dich schon immer klar oder, ja, wie lief das?

Dirk: Also immer klar war es noch nicht. Wann habe ich angefangen? Das erste Bier, glaube ich, so zur Jugendweihe mal gekostet. Und dann war eigentlich der Berufswunsch KFZ-Mechaniker, war klassisch Junge, Moped gefahren und viel geschraubt, gebastelt. Und ich habe eine ältere Schwester, die ist drei Jahre vor mir fertiggeworden mit der Schule, nee, stopp, nur ein Jahr vor mir fertiggeworden. Und die hatte sich in der Brauerei beworben für den kaufmännischen Bereich und hat dann mal zu mir gesagt, wo ich dran war mit bewerben, ja, warum bewirbst du dich nicht in der Brauerei als Brauer? Habe ich gesagt, mhm, okay. Also ich hatte das so gar nicht auf dem Schirm, aber meine Schwester hat mich da quasi so hingeführt, hingebracht. Und dann habe ich ein Praktikum gemacht in der Brauerei und habe gedacht, oh, das ist es, das ist viel, viel besser wie KFZ-Mechaniker und damit war der Berufswunsch dann geebnet.

Markus: Ja, da schraubt man dann an wesentlich größeren Kesseln rum. Und man muss auch sagen, ist natürlich eine schöne Geschichte, von der großen Schwester zum Bier verführt, warum nicht. Apropos vom Bier verführt, wir haben ja hier auch ganz viele schöne Biere stehen, die ihr mir geschickt habt und nachdem es doch einige sind, sollten wir die natürlich auch verkosten und nicht zulange damit warten. Mit welchem würdest du denn einsteigen wollen?

Dirk: Also ich würde gerne mit unserem Edelpils anfangen. Kosten so klassisch in der Brauerei eigentlich immer von hell nach dunkel.

Markus: Dann machen wir das doch, wunderbar, also Edelpils. Und wie hättest du es gerne, willst erst du ein bisschen was sagen, soll ich ein bisschen was sagen, wie möchtest du gerne an diese Bierverkostungen rangehen, was ist dir lieb?

Dirk: Ja, also ich würde als Erstes was sagen und dann, ja, dann kosten wir und dann können wir uns ja gegenseitig noch ergänzen.

Markus: Unbedingt, wunderbar. Also dann mache ich es jetzt schon mal parallel auf und dann freue ich mich schon mal auf das Edelpils.

Dirk: Das klang schon mal gut.

Markus: So, da ist es.

Dirk: Ja, also ich rieche jetzt erstmal rein. Und unser Edelpils hat einen schönen Malzcharakter, nicht zu stark. Und im Geruch merke ich auch unsere schöne Hopfennote, unseren Aromahopfen. Wir haben beim Edelpils zwei Hopfengaben, eine am Anfang der Kochung und am Ende der Kochung nochmal eine Aromahopfengabe, die wir seit einigen Jahren machen und die, denke ich, kommt dem Bier auch sehr, sehr zu Gute. Ja, ansonsten, trinke ich mal kurz einen Schluck. Unser Edelpils zeichnet sich dadurch aus, dass wir, finde ich, einen recht schlanken Malzkörper haben. Was ich persönlich für ein Pils immer bevorzuge, mir schmeckt das einfach besser als so ein würziges mastiges Bier. Hier, wie gesagt, unser Malzkörper ist schön angenehm schlank und mit unserem Aromahopfen funktioniert das super im Geschmack. Und von der Farbe her ist es genau sortentypisch wie ein Pils. Wir haben im Fertigbier ungefähr 8 EBC-Farbeinheiten.

Markus: Ein wunderschönes Pils auf jeden Fall, wie du schon gesagt hast. Also optisch richtig schön goldgelb strahlt einen das hier an, ein helles Goldgelb. Schöner weißer Schaum auch, wie sich das gehört und wie du auch gesagt hast, in der Nase ganz toll die schönen Hopfennoten, die man dann auch sofort schmeckt. Was ich auch toll finde ist, dass da Mundgefühl so schön ist. Also obwohl es ja relativ schlank ist, hat man trotzdem ein volles Mundgefühl, eine schöne Cremigkeit auch. Und auch die Bittere ist sehr präsent, also nicht too mutch, aber sehr präsent und bleibt auch lange und macht am Ende dadurch natürlich auch einen sehr frischen Eindruck, sodass man dann auch wirklich richtig Lust auf den nächsten Schluck hat, also wie sich das bei so einem Pils gehört. Und da merkt man auch wieder, dass die Pilskompetenz wirklich grade in Thüringen, in Sachsen unheimlich hoch ist, lange gewachsen ist, da schon viele Jahre existiert und ihr einfach das richtige Wasser dafür habt und das merkt man diesem Bier unglaublich an. Also ja, wirklich sehr schön. Warst du schon immer Pilsfan?

Dirk: Ja, also mit Pils angefangen zu trinken, habe dann schon relativ schnell auch gerne die bitteren Biere bevorzugt. Und, ja, da kommt man natürlich an einem Pils schwer vorbei, weil ja das Pils immer noch mit das am stärksten Gehopfte fast ist bei uns, außer dann später das Pale Ale. Ja, die, sage ich mal, Spezialbiere, wie Pale Ale oder dann auch Kellerbiere, die kamen ja alle erst später so in den letzten Jahren, deswegen auch jetzt immer noch ein klassischer Pilstrinker, ja.

Markus: Und das heißt, die klassischen Sorten in Bad Köstritz sind praktisch das Pils und das Schwarzbier?

Dirk: Unser Edelpils, das Kellerbier und das Schwarzbier, ja.

Markus: Ah ja, genau, okay. Also die es auch schon immer gibt oder schon länger gibt zumindest, genau. Darfst du sagen, wie viele Bittereinheiten dieses Bier hat?

Dirk: Das Edelpils hat ungefähr 26 Bittereinheiten.

Markus: Ah ja. Aber das kommt deutlich rüber, wirkt sogar ein bisschen mehr für mich im Mund, das ist sehr, sehr intensiv, sehr schön.

Dirk: Das denkt man nicht bei dem Bier. Manche würden sagen, ja, 26 Bittereinheiten für ein Pils ist relativ wenig. Aber geschmacklich kommt es mehr rüber.

Markus: Ja, wie läuft das denn der Brauerausbildung, wann ging es los, dass die dich dann auch rangelassen haben zum Beispiel so ein Pils zu machen, durftest du das relativ bald?

Dirk: Jetzt als Azubi?

Markus: Ja, wie du da so losgelegt hast, wie ging das? Also nehmen die dich an die Hand und da hast du erstmal nur Kaffee gebracht oder wie läuft das?

Dirk: Nein, bei uns, wir durchlaufen alle Abteilungen. Also bei uns geht es ganz klassisch der Reihenfolge nach. Bei uns in der Rohstoffannahme und Lagerung, heißt das bei uns, da wird das Malz eingelagert und dann für das Sudhaus, für die einzelnen Sude bereitgestellt. Ja, da lernt man erstmal alles über Malz. Das ist ja auch in der Schule in der Ausbildung das Erste, was man so mit lernt, Wasser und Malz. Und, ja, erstmal Malz annehmen, lagern, bereitstellen. Und dann läuft man immer mit einem Brauer mit, also man ist nicht alleine und wird halt sukzessive ran geführt, dass man das natürlich schnell alleine kann. Man hat dann immer, wie gesagt, einen Brauer an seiner Seite und dann geht es klassisch weiter von der Rohstoffannahme zum Sudhaus. Dann vom Sudhaus in die Gärung, nach der Gärung Filtration und dann zum Schluss der Ausbildung noch Flaschenkeller, als Abfüllung, ganz klassisch Flasche und Fass. Ja und so hat man immer den Überblick über alle Abteilungen und ist auch wirklich viele, viele Wochen in den Abteilungen. Also man hält sich da wirklich sehr genau an den Ausbildungsplan, sodass, ja, die Aufgaben eines Brauers auch ordentlich vermittelt werden können.

Markus: Ja und das ist ja einiges. Und ihr seid ja auch kein so ganz kleiner Laden. Also wie viel Leute arbeiten denn ungefähr so mit dir zusammen an dem Köstritzer Bier?

Dirk: 160 Leute ungefähr.

Markus: Woah! Das heißt, da gibt es bestimmt auch eine Kantine und ein Haustrunk und alles, was so dazugehört, oder?

Dirk: Ja, gibt es auf jeden Fall. Haustrunk ist das Wichtigste mit.

Markus: Ja. Wie viel bekommst du da an Haustrunk?

Dirk: Oh, das wird nicht verraten.

Markus: Oh, okay. Aber ausreichend auf jeden Fall?

Dirk: Ja, es ist, man hat ja viele Freunde und Familie und Fußball, es kann immer mehr sein.

Markus: Das heißt, es gibt bei dir auch ein Leben neben der Brauerei sozusagen?

Dirk: Ja natürlich!

Markus: Wenn du sagst Fußball und so, also bist du aktiv?

Dirk: Also Fußball nicht mehr ganz so aktiv, bin ja auch schon etwas älter. Nein, ich gehe aber in meiner Freizeit noch joggen und mache auch sonst gerne ein paar sportliche Aktivitäten noch nebenbei. Ja, ich mache Bierbrauen auch Zuhause als Hobbybrauer gerne mit meinen Nachbarn. Wir haben da im Dorf so eine kleine Bierrunde und da wird auch immer Mal was angesetzt, ein Sud.

Markus: Das ist ja sehr spannend. Was hast du da daheim stehen, so einen kleinen Braumeister oder eine Braueule oder was?

Dirk: Nein, wir haben einfach ein paar größere Töpfe gekauft, einer ist mit Rührwerk und ansonsten zwei Gasbrenner und dann noch Schläuche, Pumpe, Wärmetauscher, haben wir uns dann mal zugelegt. Dadurch, dass es, glaube ich, durch zehn Mann ging, war es auch alles relativ erschwinglich. Aber, ja, denke ich, eine recht gute Brauausstattung, mit der wir ganz leckere Biere auch Zuhause machen.

Markus: Das kann ich mir vorstellen, ja und du weißt ja auch wie es geht, also insofern ist das natürlich perfekt. Was für Sorten gibt es da und wie entscheidet ihr euch, welche Sorten ihr macht?

Dirk: Also ich gebe es ja meistens vor, logischerweise. Ich hatte aber Letztens auch einen Kumpel vom Fußball, der gesagt hat, kannst du auch ein Alt brauen? Da habe ich gesagt, ja, können wir machen. Und er hatte da ein Bier mitgebracht, was er gerne trinkt und da hat er gesagt, kannst du nachbrauen? Ich habe dann gesagt, nachbrauen kann ich es nicht, aber wir machen es besser. Und ihm hat es dann im Nachhinein auch sehr, sehr gut geschmeckt.

Markus: Klasse, na, da wäre ich gern dabei gewesen, sehr schön. Ja, zurück zum Pils, ist das auch das Bier, was ihr am meisten verkauft oder haben andre Biere da größere Anteile?

Dirk: Nein, das Edelpils ist unsere Sorte, die wir am meisten verkaufen.

Markus: Ja, also ist auch bei mir schon weg, also zumindest der Schluck, den ich mir gegönnt habe jetzt hier. Wir nehmen ja am Morgen auf, kann man den Hörern ja ruhig sagen, da muss man auch natürlich haushalten mit seinem Bierkonsum, logisch, immer, aber da besonders. Ja, wenn du willst, könnten wir ein weiteres Bier in Angriff nehmen, wenn du schon kannst, je nachdem.

Dirk: Ja, wir haben als Nächstes ja das Kellerbier. Das Edelpils ist hauptsächlich in Ostdeutschland, wird das ja verkauft, ist kein nationales Bier oder Biersorte. Ja, aber jetzt kommen wir ja zum Kellerbier und das wird ja deutschlandweit vertrieben.

Markus: Okay, ja, da bin ich mal gespannt. Grade als Franke bin ich natürlich auf dem Kellerbierohr besonders hellhörig, schauen wir mal.

Dirk: Ich halte das Glas grade erstmal hoch, gegen das Licht und kann dann hier sehen, dass es schon leicht opal ist. Daran ist schon mal zu erkennen, dass das Kellerbier bei uns separiert wird und nicht filtriert wird. Und das Kellerbier hat eine schöne Bernsteinfarbe und auch einen schönen cremigen Schaum dazu. Und wenn man reinriecht, riecht man schon so leicht karamellige Noten, die man dann auch, ja, beim Trinken dann auch wieder schmeckt und erkennt. Kellerbier, ein bisschen stärker eingebraut wie das Edelpils. Wir haben ungefähr 12,7 % Stammwürze mit einem Alkoholgehalt von 5,4%.

Markus: Das ist schon eine ordentliche Hausnummer, aber ist auch richtig. Also ich muss auch sagen, die richtig guten Kellerbiere, die wir hier auch in Franken haben, das sind meistens auch die, die so von der Stammwürze eher so bei 12,5 liegen und da ein bisschen mehr Körper einfach haben. Ich finde auch, als die Farbe begeistert mich total, weil es so ein richtig leuchtendes schönes Braun ist mit so einem leichten Orangeschimmer eben auch und wie du schon sagst, so ein bisschen opal, also man doch ein bisschen Hefe drin. Das heißt, bei euch wird das mit einer Zentrifuge gemacht sozusagen oder?

Dirk: Mit einem Separator, ja.

Markus: Einem Separator, genau. Ja und natürlich das Karamellige in der Nase, sehr schön. Und so ein bisschen vielleicht der Unterschied zu den Kellerbieren, die wir hier haben, es ist nicht so süß, also man hat doch mehr einfach auch einen schlanken Charakter, was es natürlich auch wieder schön trinkbar macht. Und grade, wenn ihr sagt, ihr wollt national damit Erfolg haben, ist das, glaube ich, ein ganz wichtiger Punkt. Aber sehr schön finde ich auch den Abgang, den Nachtrunk sozusagen, weil sich das schön mischt, also diese malzigen Aromen, dieses Karamellige, Nussige vielleicht auch ein bisschen. Mit durchaus auch einer bitteren Note, also sehr schön. Und damit deutlich anders als das Pils und ein bisschen intensiver und natürlich auch ein bisschen malzbetonter, aber trotzdem eben sehr trinkbar, drinkable, wie man so schön auf Englisch sagt, schönes Kellerbier. Und, ja, das ist aber trotzdem die Neueste von euren Standardentwicklungen oder wie muss man sich das vorstellen?

Dirk: Nein, das Neueste sind unsere Biermischgetränke, das ist das Schwarzbier Kirsch und das Kellerbier Limette.

Markus: Ah, okay. Und Bad Köstritz ja auch eine lange untergärige Tradition, das heißt, ihr habt auch so alte Lagerkeller und sowas noch?

Dirk: Also wir haben eine historische Brauerei hier auf unserem Gelände, die aber ja nicht mehr in Betrieb ist. In der Brauerei, wo wir jetzt brauen oder in den Gebäuden, sage ich mal, das ist 1987 in Betrieb gegangen. Das Sudhaus war, glaube ich, am 11. November, wurde der erste Sud eingebraut, 1987. Und in den Gebäuden wird jetzt noch Bier gebraut, vergoren und abgefüllt. Also man hatte zu DDR-Zeiten alles neugebaut. Und hier in der alten historischen Brauerei haben wir mal das alte Sudhaus vor ein paar Jahren wieder hergerichtet quasi. Bei uns heißt es historisches Sudhaus, so ist als Museum ist das angelegt, was man sich dann ja auch gerne bei Brauereiführungen mit angucken kann. Und dann haben wir ja vorne noch unseren sogenannten Dreiseitenhof, unser Besucherzentrum, wo die Brauereiführungen starten und enden, wo wir unsere Gäste begrüßen und wo es dann auch das ein oder andere Bier zu verkosten gibt.

Markus: Ja, das macht mal richtig Lust, dass ich bald mal wieder vorbeischaue, weil, als ich letztes Mal da war, gab es das ja noch nicht. Was ich aber auch sehr interessant fand war, dass grade in der DDR-Zeit die Brauerei ja eine sehr interessante Geschichte hat. Also sie waren am Anfang ja tatsächlich einer der wenigen, die in den Westen auch exportiert haben und dann gab es ja diesen Neubau eben Ende der 80er-Jahre. Wodurch ja im Grunde dann zur Wendezeit das eine der ganz wenigen Brauereien waren, die wirklich mehr oder weniger State of the Art waren und sofort produzieren konnten. Hast du die Zeit bewusst miterlebt, die Wendezeit?

Dirk: Nein, ich war da ja neun Jahre alt, zur Wende.

Markus: Ah, okay.

Dirk: Nee, von daher, also vom Bier her gar nicht. Man hört so die ein oder anderen Sachen von älteren Brauern, wie das halt so dann nach der Wende war. Ja, die Brauerei war für DDR-Verhältnisse theoretisch auf dem neuesten Stand der Technik, man hat dann ja aber trotzdem schnell im Sudhaus wieder Läuterbottich und Würzepfanne ausgetauscht, weil es dann wohl doch nicht so das Richtige war. Und wir hatten dann halt zur Wende schon große Gärtanks, also zylindokonische Tanks und an der Technik hat sich auch bis heute nichts geändert.

Markus: Ja und ich fand es auch interessant, dass eben zu Ende der DDR-Zeit, da waren ja ganz viele verschiedene Betriebe beteiligt an diesem Neubau und das war natürlich dann auch ein bisschen konfus mit diesen ganzen vielen verschiedenen Partnern und insofern hat es dann durchaus auch Sinn gemacht, dass dann nochmal neu oder wieder einzurichten sozusagen. Ihr habt dann ja auch die Kooperation mit Bitburger eingegangen. Merkt ihr da im alltäglichen Leben was von der Zusammenarbeit?

Dirk: Ja, auf jeden Fall, also das geht ja los beim Einkauf, es wird ja viel über die Bitburger Braugruppe gesteuert. Alles so, die ganze QS, man tauscht sich da aus in der Braugruppe. Man ist ständig im Austausch mit Marketing, mit Vertrieb, ja, gibt viele, viele Bereiche, mit der Logistik, wo wir zusammenarbeiten. Und, ja, da gibt es immer Berührungspunkte, wo man doch immer wieder mit den Kollegen aus den einzelnen Standorten ins Gespräch kommt.

Markus: Ja und ich denke, auch viel Know How, was man dann von A nach B und wieder zurück transferieren kann. Ich hatte vor einigen Jahren schon einen BierTalk mit dem Jan Niewodniczanski, der dann ja natürlich auch die Craftwerk-Geschichte mit initiiert hat und da ja auch viel, ja, Impulse gesetzt hat. Und ich denke mal, das ist vielleicht auch ein bisschen was, was euch dann zu so Sachen wie dem Pale Ale inspiriert hat oder war das eure eigene Entwicklung?

Dirk: Ich glaube, das kam schon eher aus der Richtung von der Versuchsbrauerei. Wir waren ja da mit dem Pale Ale die Ersten hier in der Gruppe, Craftwerk, das kam ja alles dann erst später. Ja, daher kam das. Sicherlich, der Her Niewodniczanski ist ja bekennender Pale-Ale-Fan, soweit ich das weiß. Und für uns war es natürlich ein komplett neues Feld, so ein Bier zu brauen, aber halt, ja, auch sehr interessant. Ja und wie gesagt, es gibt ja verschiedene auch Expertenteams in der Bierherstellung, in der Qualitätssicherung, es gibt Expertenteams für Energie, für Technik. Ja, so hält man sich halt immer auf dem Laufenden, was generell in der Braubranche so los ist.

Markus: Genau und so zum Pale Ale kommen wir ja auch gleich noch. Warst du schon mal in Bitburg?

Dirk: Also ich war in der Lehre, war ich auf jeden Fall in Bitburg mal eine ganze Woche. Da gab es so einen Azubiaustausch, der jetzt auch wieder ins Leben gerufen wird, das wir unsere Azubis mal nach Bitburg schicken. Die Bitburger ist ja doch deutlich größer als Brauerei, dass sie das auch mal sehen in Bitburg. Ja, ansonsten zu, ja, Schulungen, zum Brauereifest in Bitburg. Also wo Bitburg 200 Jahre gefeiert hat, war ich in Bitburg. Also Fußballturniere, es gibt ja auch so ein Braugruppenturnier, was versucht wird, jedes Jahr stattfinden zu lassen. Das kommt ja jetzt alles so ein bisschen wieder nach Corona. Ja, dieses Jahr fahren wir nach Duisburg zum Braugruppenfußballturnier. Und letztes Jahr hat das erste Mal Köstritz den Titel geholt, mal gucken, ob wir den wieder verteidigen können.

Markus: Also das finde ich auf jeden Fall eine super Geschichte und drücke ich euch natürlich ganz fest die Daumen, dass ihr das wieder schafft. Und, ja, dann lass uns zurück nach Köstritz gehen, wir haben ja jetzt noch das Schwarzbier, also wenn du mit deinem Kellerbier schon durch bist. Also mich hat es auch wieder sehr schnell gepackt, muss ich sagen.

Dirk: Wir können gerne mit dem Schwarzbier starten.

Markus: Ja, gut, na, da bin ich ja mal sehr gespannt, weil das ja wirklich auch immer in der Bierwelt so ein Thema ist, also viele wissen ja gar nicht wirklich, was ein Schwarzbier ist beziehungsweise verwechseln es dann auch gerne mit einem Münchner Dunkel und dann gibt es wüste Geschichten rauf und runter. Und auch deswegen habe ich mich so gefreut, dass wir heute mal miteinander sprechen, weil dann können wir uns mal das Original vornehme und eben mal drüber sprechen, wie es denn wirklich gehört. Also freue ich mich schon drauf, ich mache es grad mal auf und bin gespannt, was du uns dazu erzählst.

Dirk: Ja, also unser Köstritzer Schwarzbier, wie der Name schon sagt, Schwarzbier ist hier wirklich, ja, schwarz, da ist der Name Programm. Ein sehr dunkles Bier mit fast 100 EBC-Farbeinheiten. Ist ähnlich stark gehopft trotzdem, wie unser Edelpils. Es wurde vom Rezept her auch so angelegt, dass es trinkbar ist wie ein Edelpils, sich aber doch geschmacklich in Richtung Schwarzbier dann abhebt. Es ist bewusst gewollt so, dass das Schwarzbier genauso gut trinkbar ist wie ein, ich sage mal, wie ein Pils oder wie ein helles Bier. Weil viele denken immer, ah, ein Schwarzbier ist schwer, ist stark. Gibt es doch immer noch nach wie vor viele Vorurteile dem Schwarzbier gegenüber und wir wollen das bewusst genauso trinkbar machen wie ein Pils. Das ist, denke ich, uns auch ganz gut gelungen. Hier beim Schwarzbier wieder durch das Malz natürlich ein toller cremiger stabiler Schaum. Im Geruch, dann merkt man natürlich deutlich das Röstmalz, was dann gleich Richtung Kaffee, also Kaffee würde mir als Erstes einfallen, wenn man reinriecht. Ja und wenn man den ersten Schluck trinkt, dann merkt man natürlich auch die Röstaromen, klar, ist ja viel dunkles Malz drin. Und, ja, ich denke, dann im Abgang kommt es dann doch leichter rüber wie viele das denken, dass ein Schwarzbier doch nicht so stark ist.

Markus: Ja, das ist mir, ehrlich gesagt, auch aufgefallen, dass viele Leute denken, das dunkle Biere automatisch immer stärker sind vom Alkohol, schwerer sind vom Körper. Und das müssen sie ja gar nicht sein, also das ist ja einfach nur ein Missverständnis sozusagen. Und ich muss auch sagen, also was mich total begeistert, also einerseits die Farbe, klar und es ist ja nicht nur schwarz, sondern da ist ja auch so ein bisschen Mahagoni, Ebenholz, so ein bisschen braune Töne sind in diesem schwarzen ja drin. Also es leuchtet auch so ein bisschen, hat einen leichten Rotstich vielleicht sogar, das gefällt mir richtig gut. Und in der Nase, wie du sagst, Kaffee, vielleicht noch ein bisschen Lakritz, vielleicht noch ein bisschen Schokolade, also sehr schön diese röstigen dunklen Aromen eben aus dem Malz. Auch im Mund wieder eine unglaubliche Cremigkeit, was ich sehr schön finde, und viel schlanker natürlich als jetzt zum Beispiel ein Dunkles. Und hinten raus, das finde ich sehr spannend, für mich ist die Bittere wirklich sehr schön balanciert aus der Malzbittere durch das Röstmalz und der Hopfenbittere. Und wenn du jetzt sagst, da ist trotzdem quasi dieselbe Menge Bitterhopfen drin, wie wir es beim Pils haben, dann ist das wirklich unglaublich gut balanciert und eingebunden, gefällt mir richtig gut und macht damit einen richtig schönen runden Abgang, einen schönen Trunk sozusagen. Meine allererste Begegnung mit dem Bier war, dass mir die Leute gesagt haben, das ist ein schwarzes Pils. Das ist es aber nicht wirklich oder, oder könnte man das so sagen?

Dirk: Nein, also ein schwarzes Pils ist es nicht, es ist einfach nur genauso gut trinkbar. Es hat, wie du schon gesagt hast, die gleichen Bittereinheiten, es hat genauso 4,8% Alkohol. Man hätte es natürlich stärker machen können, aber es war bewusst nicht gewollt, ja, um sich einfach von den anderen Schwarzbieren, was es so gibt, auch abzuheben.

Markus: Und gibt es da historische Überlieferungen oder Rezepte, die man da auch in der Brauerei hat?

Dirk: Also es gibt sicherlich historische Rezepte, die ich aber nicht habe. Die Rezepte, die mir vorliegen, ist alles, was nach der Wende ist. Es wurde ja schon kurz nach der Wende das Schwarzbier so gebraut, wie wir es jetzt immer noch brauen. Die Schwarzbiere zu DDR-Zeiten waren ja ganz anders gebraut, mit Zucker, das ist ja alles nicht mehr nach Reinheitsgebot und da wurde ja umgestellt.

Markus: Richtig. Also ich meine, das war klar, in der DDR-Zeit war Zucker ja tatsächlich ein sehr spannendes Thema, was ich dann auch in meiner Recherche so gelernt habe, das zum Beispiel auch daran lag, dass man als sozialistischer Bruderstaat den anderen Staat Kuba unheimlich unterstützen musste und deswegen alle anderen Ostblockstaaten Zucker gekauft haben, weil dass das einzige Exportgut war, was Kuba so in größerer Menge exportieren konnte. Und da lag eben überall eine Menge Zucker rum und keiner wusste so Recht was zu tun. Und in der DDR war es eben grade die Brauwirtschaft, die gesagt hat, wir können diesen Zucker nutzen, weil wir sowieso auch einen gewissen Rohstoffmangel haben und deswegen wurde da auch der Zuckeranteil im Bier relativ hoch. Muss man jetzt auch sagen, das ist eigentlich gar nicht schlimm, von der Brautechnologie her ist es halt einfach nur so, dass der Zucker halt wesentlich weniger Aroma mit sich bringt als jetzt eben ein Malz und deswegen haben wir jetzt natürlich bei den dunklen Malzen einen ganz anderen Charakter. Darfst du irgendwie drüber sprechen, was für dunkle Malze da drin sind oder vielleicht sogar ein bisschen, in welchem Verhältnis?

Dirk: Also wir verwenden Pilsner Malz, Münchner Malz und Röstmalz für unser Schwarzbier.

Markus: Und das Röstmalz ist dann dieses ganz extrem stark gedarrte Malz, wo ich dann wirklich diese kaffeeartigen Aromen habe und das Münchner bringt halt einfach schön den Körper mit zur Geltung und ein bisschen diese schokoladigen Noten auch. Also wirklich, ja, tolles Bier. Und ich muss sagen, das Letzte habe ich tatsächlich getrunken vor ungefähr einer Woche, da habe ich einen Workshop gehabt in Frankfurt und war dann auch bei einem Restaurant abends und die hatten die ganze Palette aus der Bitburger Gruppe. Und da muss ich wirklich sagen, das Schwarzbier war für mich also der Hit auch zum Essen, es gab eine richtig schöne Pizza und da hat sich das wunderbar miteinander vermischt und war auch ein toller Genuss, hatte ich auch zwei oder drei an dem Abend, also sehr schön auf jeden Fall. Und wie machst du das eigentlich so, also zwei Pils, ein Schwarzbier oder so, wenn du unterwegs bist oder bist du dann schon eher beim Pils?

Dirk: Ich starte in der Regel mit einem Pils und dann überlege ich mir, was ich esse, je nachdem, was die Speisekarte halt hergibt und dann schwenke ich auch schon mal um zu einem Kellerbier oder Schwarzbier. Kann auch im Biergarten im Sommer jetzt auch mal ein Weizen sein, aber wenn es natürlich ein gutes Köstritzer Edelpils gibt, dann nehme ich lieber das.

Markus: Ja klar, das sollte man natürlich auch tun. Als Brauer, was würdest du sagen, ist da jetzt der Hauptunterschied beim Schwarzbier neben den Malzen, gibt es da auch vom Prozess her andere Unterschiede?

Dirk: Im Prinzip nicht, es sind beide sehr untergärige Biere. Das Maischprogramm beim Schwarzbier ist natürlich ein deutlich intensiveres. Ansonsten bei uns, die Sudgrößen sind die gleichen, ja logisch, die Malzmischung ist eine andere, aber ansonsten, technologisch, Gärung, Tanks, Tankbelegung, Zeiten, ist in der Regel sehr, sehr ähnlich.

Markus: Und intensiveres Maischen heißt einfach länger kochen oder längere Rasten oder wie kann man sich das vorstellen?

Dirk: Wir fangen beim Schwarzbier tiefer an mit einmaischen, von der Temperatur her und halten dann die Rasten deutlich länger und damit halt auch intensiver.

Markus: Ja, dann kann dieses Bier sich so schön entwickelt wie es tut. Die Hefe führt ihr einmal oder mehrmals?

Dirk: Also wir haben eine Hefereinzuchtanlage, wo wir unsere Hefe wöchentlich neu herziehen, diese Hefe geht dann erstmal ausschließlich ins Edelpils. Und die Hefe wird dann geerntet und diese Erntehefe geht dann wahlweise ins Kellerbier, Schwarzbier oder Spezialpils und danach wird sie dann gezogen und wird dann verkauft. Also unsere Hefe wird maximal zweimal benutzt.

Markus: Und verkauft dann an andere Brauereien sozusagen?

Dirk: Nein, das ist eigentlich, wir haben da einen spezieller Abholer, der das abholt für uns, aber die Hefe geht nicht an andere Brauereien.

Markus: Ah so, okay. Aber du nimmst das zum Beispiel für euren Heimbrauverein, oder, nehme ich mal an.

Dirk: Ja natürlich. Ist einfach Vorteilnahme, wenn man in einer Brauerei arbeitet.

Markus: Absolut, ja, ja. Und die Hefen, das ist natürlich ein großes Thema, weil die Hefe ist ja im Grunde wie ein Haustier und so ein bisschen auch eben domestiziert, das sie ihren Job richtig gut macht und dann am Ende eben auch in dem Fall jetzt richtig schöne klare Biere macht, ohne das sie irgendwelche Aromen mit sich bringt. Das ist natürlich bei unserem nächsten Bier anders, bei dem Pale Ale, da haben wir auch eine andere Hefe. Wie war das so, als ihr das bei euch eingeführt habt, hast du da ein bisschen gedacht, hm, müssen wir das wirklich tun oder hast du dich drauf gefreut, wie lief das so?

Dirk: Also ich bin tatsächlich mit dem Pale Ale wirklich erst in Kontakt gekommen, wo es bei uns eingeführt wurde. Ich war davor, muss ich gestehen, als Brauer wirklich sehr, sehr Pils-lastig unterwegs und habe dann eigentlich erstmal, ja, was heißt interessiert, ist falsch, aber erstmal so über den Tellerrand geguckt, ach Mensch, es gibt ja doch noch viel, viel mehr. Und, ja, wie gesagt, da erstmal mit dem Bier, mit dem Pale Ale in Berührung gekommen und dachte, huch, Mensch, das ist ja was Tolles. Und dann geht das ganz natürlich los, dann beschäftigt man sich mit Hopfensorten, mit nochmal ganz anderen Bieren, mit ganz anderen Braustilen, was es alles gibt. Ja, ab da wird es erst nochmal, hat man, ja, seinen Beruf nochmal ganz anders wahrgenommen, das man nicht immer nur, ja, Pils braut und Schwarzbier braut, sondern das noch viele, viele anderen Sachen möglich sind mit immer wieder nur den gleichen vier Zutaten, Wasser, Malz, Hopfen, Hefe und es kommen wahnsinnig unterschiedliche Biere raus.

Markus: Also das finde ich jetzt super spannend, dass du das sagst und finde ich auch sehr interessant, dass dieses Bier ja für dich dann praktisch so den Auftakt gegeben hat, sich so ein bisschen auch die Bierwelt anzuschauen und zu gucken, was es da eben noch so für andere schöne Töchter in dem ganzen Stall gibt sozusagen. Ich mache mal mein Pale Ale auch auf, ich glaube, du hast es schon gemacht und dann bin ich mal gespannt, was du dazu sagst.

Dirk: Ja, also wie gesagt, das erste Mal mit Pale Ale in Berührung gekommen und ich kann mich da noch genau dran erinnern, das erste Mal reingerochen und war wirklich geflasht von diesen Citrusnoten oder überhaupt von diesem ganzen Aroma, was so ein Bier liefern kann. Und das, denke ich, riecht man auch hier wieder, unser Pale Ale hat ein sehr, sehr Citrus-starken oder einen starken Citrusgeruch, Geschmack, den man hier auch deutlich wahrnimmt. Das Pale Ale wird in der Würzepfanne gehopft, es wird im Whirlpool gehopft und wir haben dann auch im Kaltlagerbereich, also nach der Gärung wird es dann nochmal kaltgestopft, unser Pale Ale und da kommen natürlich die Aromasorten oder Aromanoten deutlich durch. Das, denke ich, das riecht man und kann das beim Pale Ale dann auch super schmecken.

Markus: Absolut, also da bin ich voll dabei. Und ich muss auch sagen, was ich sehr schön finde, es ist echt ein klassisches Pale Ale. Also schon von der Farbe her sind wir ziemlich nah beim Kellerbier und das ist ja im Grunde auch, wenn man so die Historie ein bisschen bemüht, ist das ja auch so, also da sind diese Biere ja auch nah beieinander, nur das wir dann eben hier diese intensive Hopfennote haben. Und da, muss ich sagen, ist auch schon in der Nase so, wie du sagst, dieses viele Citrus und dazu kommt aber auch noch so ein harziges Kiefern-, Tannennadelgeruch, der da eben auch mit dabei ist. Und ein sehr frischer Hopfengeruch, was auch schön ist, also wirklich, der macht richtig Lust, sich der Sache mal zu nähern und ist wirklich ein ganz krasser Kontrast zu den anderen Bieren. Also da kann ich mir gut vorstellen, dass das bei euch tatsächlich so ein Aha-Erlebnis für viele war in der Brauerei, das man wirklich mal was völlig anderes macht und einen Rohstoff da eben auch zur Geltung kommen lässt, der vorher natürlich auch wichtig war, aber eher so ein bisschen halt Teil des Ganzen. Und jetzt darf er hier mal die erste Geige spielen, das ist natürlich schon richtig, richtig schön. Darfst du sagen, was für Hopfen da drin sind?

Dirk: Also wir nehmen ganz klar Citra-Hopfen, wir nehmen Blanc dazu, Tradition und Perle.

Markus: Interessant! Also Hallertauer Blanc finde ich einen Wahnsinns Hopfen, der oft auch ziemlich so eine Wundertüte ist, also wo verschiedene Aromen sich auch entwickeln können, grade über die Zeit. Und der ursprünglich eigentlich so ein bisschen Weißwein-, Sauvignac-Noten hat, aber eben auch eine schöne Fruchtigkeit, je nachdem wie man den verwendet. Wobei, viele Brauer habe ich nicht mehr, ehrlich gesagt, die ihn benutzen, da finde ich schön, dass ihr ihn nehmt. Kommen diese Hopfen bei auch aus dem Elbe-Saale-Gebiet auch?

Dirk: Also wir haben speziell für Edelpils, nehmen wir Hopfen direkt aus dem Anbaugebiet Elbe-Saale. Der ist dann auch, ja, möglichweise auch in den anderen Biersorten mit drin. Da wird schon auf Regionalität geachtet, auf jeden Fall.

Markus: Das ist vielleicht auch eine interessante Geschichte, das ja wirklich dieses Elbe-Saale-Hopfenanbaugebiet, also historisch war das tatsächlich ein Hopfenanbaugebiet, aber dann im 19. Jahrhundert ist es quasi verschwunden. Und man hat dann nach dem Zweiten Weltkrieg, als die DDR eben gesagt hat, okay, wir sind jetzt ein eigener Staat und wir haben eine Brauindustrie, aber wir haben eben keinen Hopfen mehr, da musste man tatsächlich den Hopfen gegen harte Währung aus der Bundesrepublik importieren. Und logischerweise wollte man das nach Möglichkeit eben nicht mehr haben und hat man dann eben beschlossen, man wiederbelebt dieses Hopfenanbaugebiet im Elbe-Saale-Bereich und es wurde dann nach und nach eben aufgebaut, und hat tatsächlich erst 1990 zur Wende die Kapazität endlich gehabt, die man geplant hat, nämlich man konnte dann die ganze DDR-Wirtschat mit Hopfen versorgen. Allerdings war das eben dann das Wendejahr, was natürlich dann bedeutet hat, dass sich das Ganze dann geöffnet hat. Aber dadurch haben wir eben heute das zweitgrößte deutsche Hopfenanbaugebiet eben an der Elbe und der Saale mit ganz tollen, spannenden, interessanten Hopfen und das bereichert natürlich die Landschaft auch ungemein. Habt ihr für das Pale Ale schon immer dieselben Hopfen gehabt oder wird da auch ein bisschen experimentiert?

Dirk: Nein, wir haben also für das Pale Ale, seitdem es die Rezeptur gibt, verwenden wir immer den gleichen Hopfen. Und wie gesagt, bei uns, mit dem Hopfenanbaugebiet Elbe-Saale, wir haben es ja wirklich vor der Haustür, für uns natürlich absolut praktisch, auch für die Azubis. Ich war letztes Jahr erst im September mit den Azubis wieder bei einem Hopfenbauer gewesen und haben uns das alles Mal angeguckt, wie sich so eine Hopfenpflanze entwickelt. Und da war dann auch Erntezeit, da konnte man schön sehen, wie die Hopfenpflanzen geerntet wurden, wie die Dolden abgemacht wurden, wie der Hopfen verpackt wurde, verarbeitet wird er ja dann in der Hallertau. Ja, von daher sehr interessant immer wieder, wie aufwendig doch auch Hopfenanbau ist. Desto mehr weiß man dann wieder vielleicht zu schätzen, wenn es dann im Bier ist und seinen guten Zweck erfüllt.

Markus: Ja und ich muss sagen, ich bin ja regelmäßig in der Hallertau zur Hopfenernte, aber das erinnert mich jetzt dran, das ich unbedingt auch mal zu euch eben fahren sollte zu dieser Zeit. Weil, was ich so spannend finde ist, dass dann wirklich die Dörfer, wo eben die Hopfenbauern liegen, die riechen dann tagelang, wochenlang einfach nur nach Hopfen. Also ich erinnere mich da, wenn ich früh im Hotel bin und die Fenster aufmache, dann kommt schon ein riesen Schwall an Hopfenaroma rein und da bekommt man dann auch wirklich nochmal richtig Lust, eben grad auf solche Biere wie dieses Pale Ale. Und ich muss auch wirklich sagen, für mich ist es ein sehr schönes Pale Ale, was so den Twist irgendwie zwischen dem Klassischen, was jetzt die Malzmischung und die Farbe und die Bittere und so angeht, aber eben auch ein bisschen dem Modernen, was eben die Hopfen- und die Aromanoten angeht, die es hat. Also im Grunde ein Pale Ale, was Leute abholt, die jetzt zum Beispiel vorher Schwarzbier und Pils getrunken haben und sie nicht total überfordert, wie das vielleicht bei manchen sehr krassen Pale Ales aus den sogenannten Craftbeer-Brauereien zum Beispiel ist, die halt dann sehr viel extremer unterwegs sind, und das muss man ja vielleicht auch nicht. Ich glaube, ihr habt das 2014 eingeführt, oder, kann das sein?

Dirk: Ja, 2014 stimmt. Und, ja, wie du sagst, ein Pale Ale darf da nicht zu bitter sein, weil das ja doch schon ein krasser Sprung ist von einem Pils oder Schwarzbier zu so einem Bier, das muss man erstmal mögen. Man muss dann erstmal sich damit, ja, sicherlich auch beschäftigen, ja, warum ist das so oder was ist das jetzt für ein Bierstil. Was hier natürlich dem Bier immer wieder zu Gute kommt ja auch, ist klar, das ist ja obergärig, Pale Ale, allein das macht ja schon wahnsinnig viel an Geschmack aus, obergärige Hefe, die hat ja ein ganz anderes Fruchtaroma. Und das im Zusammenspiel mit dem Hopfen macht das Bier halt dann so besonders.

Markus: Wie war das für euch Brauer, dass man gesagt hat, Mensch, wie nehmen jetzt eine obergärige Hefe mit rein, hat man da erstmal ein bisschen skeptisch geschaut? Wie macht ihr das heute, teilt ihr das, trennt ihr das in der Brauerei?

Dirk: Ja, früher, also wenn ich jetzt da von mir ausgehe, früher hat man in der Berufsschule gelernt, untergärige Hefe und obergärige Hefe niemals in einer Anlage oder einer Hefereinzucht. Und natürlich haben dann alle, auch die älteren Brauer, erstmal so skeptisch geguckt, hm, ja, was machen wir da jetzt eigentlich? Aber wir haben ja eine sehr, sehr moderne Hefereinzuchtanlage, wir können das sehr, sehr gut trennen und können problemlos verschiedene Hefen gleichzeitig herführen und auch verarbeiten. Ja, der Brauer ist ja allgemein immer erstmal sehr vorsichtig, aber mit unserer Technologie, so wie wir sie haben, alles kein Problem.

Markus: Ja, das denke ich mir. Und wenn ich mich richtig erinnere, war damals das Pale Ale ja auch nicht alleine, sondern es kam zusammen mit einem Vit-Bier. War das auch bei euch gebraut und war das dann eine gewisse Herausforderung durch die anderen Zutaten?

Dirk: Also das Vit-Bier war auch bei uns gebraut. Ja, durch die Zugabe der Gewürze, das war natürlich schon auch was Neues für uns, aber auch das haben wir technisch gelöst. Und, ja, war ja auch ein obergäriges Bier und auch das ging problemlos dann bei uns herzustellen.

Markus: Was haben da so deine Freunde, deine Familie dazu gesagt, als du die beiden Biere zum ersten Mal Nachhause mitgebracht hast?

Dirk: Die waren, glaube ich, noch überraschter über Geschmack. Ich sage mal, als Brauer weiß man ja schon, was man so alles mit Malz und Hopfen anstellen kann aber, ja, für den, der jetzt so gar nicht groß mit Bier was zu tun hat, der es eigentlich nur kauft und trinkt, sage ich mal und dann so ein Bier hingestellt bekommt, was völlig anders schmeckt, war die Überraschung doch sehr, sehr groß. Und das merke ich auch bei mir Zuhause, wie gesagt, in dieser kleinen Bierrunde, die es da gibt, denen habe ich dann erstmal erklärt oder auch beim Bierbrauen erklärt, was man so alles machen kann oder warum ein Bier anders schmeckt. Und für die, die haben sich dann auch erstmal so geöffnet auch für andere Biere, so für ein Pale Ale. Die hatten da, würde ich mir sonst nie kaufen. Dieses Bewusstsein schaffen, das es auch noch andere Biere gibt, das ist halt da auch immer sehr interessant.

Markus: Apropos, hast du dann selber auch ein bisschen weiter noch rumprobiert oder bist du vielleicht sogar ein bisschen rumgefahren und hast andere Biere verkostet? Ist das so ein Anstoß, den man da kriegt?

Dirk: Also ich habe schon Biere im Internet bestellt, andere Biere. Und ansonsten trinke ich im Urlaub immer gerne das Bier, was es dort dann auch regional gibt, also da koste ich mich dann auch schon durch. Und, ja, also ich will ja nicht in Urlaub fahren und dann immer wieder nur das gleiche Bier zu trinken, man muss ja oder ich will ja als Brauer oder Braumeister auch meine Augen und Ohren offen halten, was es denn alles noch so gibt und dann kostet man sich natürlich auch durch.

Markus: Ja klar. Also ich meine, das ist immer die Horrorvorstellung der deutschen Touristen, die nach Mallorca dann zum Schnitzelwirt gehen und dort dann halt irgendwelches Münchner Bier und Schnitzel essen und trinken. Das macht natürlich keinen Sinn, grade wenn man im Urlaub unterwegs ist, will man ja die Kultur haben und so. Gibt es da irgendwas, was dir in Erinnerung geblieben ist, wo du sagst, das fandest du besonders spannend, war ein besonderes Erlebnis?

Dirk: Ich finde generell, meine Schwester wohnt ja in der Nähe von Bamberg, generell die Vielfalt an sich, ich würde jetzt nicht so ein spezielles Bier oder Brauerei hervorheben, einfach die ganze Vielfalt. Wir haben so viele Brauereien und so viele verschiedene Biere, das finde ich einfach wahnsinnig interessant. Das, ja, ganz viele ein Pils brauen und jedes Pils schmeckt aber anders und, wie gesagt, alle haben aber immer wieder nur die gleichen Voraussetzungen, immer wieder nur die vier Zutaten und das ist halt so spannend, das jedes Bier irgendwie anders schmeckt.

Markus: Ja und das geht jetzt auch ein bisschen runter wie Öl, wenn du grade sagst, in der Bamberger Gegend, da fühlst du dich auch Zuhause, was das Thema Bier angeht, ist natürlich spannend. Und es ist so, also das ist ja grade das Tolle eigentlich, das wirklich die Brauer alle mit derselben Grundbasis spielen, aber eben bei jedem ein bisschen was anderes dabei raus kommt und man unterschiedlich Akzente setzen kann und natürlich auch auf seinen jeweiligen lokalen Geschmack, den die Leute haben, auch dann entsprechend eingehen kann. Und, ja, wir haben noch ein Bier beziehungsweise ein Biermischgetränk, das wir auch noch verkosten wollen. Da bin ich selber sehr gespannt drauf, weil es sich ja um eine Mischung aus Schwarzbier und Kirsche handelt. Wie neu ist das?

Dirk: 2019 wurde das eingeführt mit dem Kellerbier Limette zusammen, genau.

Markus: Ah ja, okay, genau, da gibt es jetzt zwei, also einmal die Kirsche mit dem Schwarzbier und einmal die Limette mit dem Kellerbier. Wenn wir jetzt sagen Kirsche und Schwarzbier, wie muss ich mir das vorstellen, also ihr macht praktisch euer fertiges Schwarzbier und mischt es dann mit Kirschsaft oder wie funktioniert das?

Dirk: Also wir stellen die Limo her, die Kirschlimo und mischen das dann mit unserem fertigen Schwarzbier, genau.

Markus: Na gut, dann müssen wir das mal aufmachen, bin ich auch mal sehr gespannt drauf. So. Hah! Also bevor du anfängst, ganz kurz, was ich ganz spannend finde ist, dass die Kirsche ja tatsächlich auch in der Farbe vom Bier eine Rolle spielt. Also schon beim Einschenken sieht man, wie dieses Bier tatsächlich, ja, eine richtig schöne rote Kirschnote in diesem schwarz vom Schwarzbier hat. Also das gefällt mir schon ganz toll, aber ich will dir gar nix vorwegnehmen.

Dirk: Also ich finde, also dass das Rote nicht nur im Bier ist, man sieht diese rötliche Farbe auch schon im Schaum ein bisschen durch. Was es schon sehr interessant macht, schon rein vom Anblick her. Und klar, beim Einschenken kommt sofort die Kirschnote durch. Und, ja, wir haben hier ein Biermischgetränk mit 60 % Bier, 40 %, wie gesagt, unser Kirsch drin. Und die Kirsche kommt sehr stark durch im Geruch. Und beim Geschmack war uns wichtig, dass das als Biermischgetränk nicht zu süß ist und ich denke, hier harmoniert das sehr, sehr gut zusammen. Und der Schwarzbiercharakter kommt trotzdem noch durch, also die Kirsche ist nicht zu dominant beim Trinken und, ja, man schmeckt auf jeden Fall raus, das Schwarzbier die Basis ist dafür.

Markus: Ja, das auf jeden Fall. Und ich muss sagen, mir kommt es ein bisschen vor wie die Mischung aus einer Schwarzwälder Kirschtorte und einem Dominostein. Also man hat dieses Schokoladige mit der Kirschnote und dann hat man aber auch so einen marzipanigen Nachgeschmack und dann kommt auch das, was man von diesem Teiganteil beim Dominostein, hinten raus wird das dann wieder ein bisschen trockener und ist dann auch richtig ein schönes Finale. Und die Süße, wie du schon sagst, ist nicht so dominant, sondern die ist so dazwischen und ist auch da, aber ist jetzt nicht so extrem, wie man das oft so bei Mischgetränken hat und dadurch ist es tatsächlich eindeutig noch als Bier wiederzuerkennen. Wie entwickelt man sowas? Also habt ihr einfach losgelegt oder habt ihr da viele Verschiedene gemacht und dann entschieden, wie läuft sowas?

Dirk: Also wir haben ja in Bitburg die Versuchsbrauerei und in der Regel, ich sage mal, kann man sich in der Braugruppe vorstellen, wir wollen ein Neuprodukt einführen, dann überlegt man sich, was will man machen. Und dann kriegt die Versuchsbrauerei quasi einen Auftrag, verschiedene Rezepturen zu entwickeln. Und wenn die Biere dann fertig sind, dann kommen die hier nach Köstritz, werden verschickt. Und dann gibt es ja in Köstritz eine Verkosterrunde, die sich aus, ja, Mitarbeitern aus verschiedenen Abteilungen zusammensetzt, das sind Mitarbeiter aus dem Labor, Brauer, eigentlich Querbeet. Und dann wird verkostet und dann, klar, dann gibt es ein ganz normales Ranking und das Bier, was am besten abschneidet, sagt man dann, okay, das könnte unsere Rezeptur sein. Und dann wird da nochmal eventuell mit der Versuchsbrauerei nochmal optimiert. Und dann wird, ja, mit allen, mit Marketing, mit Vertrieb, wird dann die Entscheidung getroffen, wird es das Produkt oder wird es nicht.

Markus: Und habt ihr auch andere Varianten probiert neben Kirsche? Also, keine Ahnung, mit Himbeere oder mit Waldmeister oder mit sonst irgendwas oder war Kirsche tatsächlich die erste Wahl?

Dirk: Kirsche war die erste Wahl, also da haben wir keine anderen.

Markus: Ja, war auf jeden Fall eine gute Wahl. Also ein schönes Mischgetränk und auch etwas, was ich mir gut vorstellen sowohl im Sommer mal im Biergarten als eben auch im Winter mal so gemütlich im Lokal zu trinken, wenn man halt nicht die ganz starke Keule haben will oder einfach Lust hat auf so eine schöne Mischung von Frucht und Bier. Was euch sicherlich gut gelungen ist, also dafür schon mal vielen Dank. Ja, jetzt sind wir ziemlich am Ende angelangt. Gibt es noch etwas, was du loswerden möchtest, was du uns noch erzählen möchtest?

Dirk: Also es gibt ja, um nochmal auf das Schwarzbier auch zurückzukommen, immer die Meinung so, wie gesagt, was wir vorhin schon hatten, dunkle Biere, stark und schwer und viel Alkohol, unser Schwarzbier ist auch ein super Bier für den Biergarten im Sommer. So ein richtig schönes kaltes Schwarzbier, das geht runter wie Öl, es muss nicht immer Pils sein im Sommer. Wie gesagt, unser Schwarzbier, ja, kann man auch super in der heißen Jahreszeit trinken. Ja und ansonsten, wer unsere Biere erleben möchte, ist gerne eingeladen zu einer Brauereiführung, der kann sich auf der Internetseite bei uns informieren. Wie gesagt, wir haben hier unser Besucherzentrum, wir bieten Brauereirundgänge an mit Verkostung. Und, ja, dann hoffen wir doch, das der ein oder andere dann nicht das letzte Mal in Köstritz gewesen ist.

Markus: Das hoffe ich doch auch, also ich werde mich sicherlich einreihen und auch bei der Brauereiführung sobald wie möglich mal wieder dabei sein und mir das anschauen, wie es jetzt ausschaut. Und kann das auch allen nur empfehlen, weil letzten Endes ist genau das ja ein toller Teil der Bierkultur, dass man eben vor Ort sein kann und die Menschen erleben kann und die Brauereien erleben kann, wo das Bier ja letzten Endes herkommt, also da freue ich mich schon drauf. Und wir werden auch alles in den Shownotes verlinken, sodass die Hörer das entsprechend auch sehen. Dann sage ich vielen, vielen Dank, auch für diesen Satz, es muss nimmer Pils sein, das passt natürlich auch sehr schön, weil, ich glaube, viele Köstritz wirklich auch mit dem Schwarzbier assoziieren und das natürlich einfach ein ganz wichtiger Teil der ganzen Geschichte ist. Also dir vielen Dank und noch eine schöne Zeit, heute noch einen schönen Arbeitstag, ich hoffe, er ist nicht zu sehr beeinträchtigt durch diese ganze Verkostung, die wir jetzt schon gemacht haben. Und dann bis bald vor Ort.

Dirk: Okay, Markus, vielen Dank, bis dahin, tschüss.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 59 – Interview mit Dr. Andreas Urban, Braumeister bei der Schwechater Brauerei in Wien, Österreich

Entdecke die faszinierende Welt des Wiener Lagers mit Andreas Urban, Braumeister bei der legendären Schwechater Brauerei! Mit Andreas tauchen wir tief in die Geschichte und das Handwerk hinter einem der traditionsreichsten Bierstile der Welt ein. Er teilt dabei seine spannende Reise von einem Neugierigen der Lebensmitteltechnologie zum Hüter eben dieses Wiener Lagers und erzählt, wie ein fast vergessener Bierstil durch Leidenschaft und Hingabe zu neuem Leben erweckt wurde. Der Braumeister verrät auch, wie Du das beste aus Deinem Besuch in der Wiege des Wiener Lagers machst und wie die Schwechater Brauerei die Bierkultur mit jedem Schluck lebendig hält…

Kommt in unsere Facebook-Gruppe und diskutiert mit: https://www.facebook.com/groups/bierakademie

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute reisen wir in vielerlei Hinsicht an einen wichtigen Ort, einen wichtigen Zeitpunkt auch in der Geschichte des Bieres, denn wir nehmen die seltene Gelegenheit wahr und gehen mal dahin, wo ein Bierstil seinen Ursprung hat. Und das kann man ja nur noch ganz selten tun und es gibt eben einen, nämlich das Wiener Lager. Und dementsprechend ist auch klar, wir sind in Wien, wir sind bei der Schwechater Brauerei und wir sind dort bei Andreas Urban. Wunderbar, schön das du dir Zeit genommen hast! Toll, dass wir auch Biere haben, die wir zusammen verkosten können. Vielleicht stellst und dich einfach mal ganz kurz unseren Hörern selber vor.

Andreas: Ja, ein herzliches Grüß Gott vor den Toren Wiens aus der Brauerei Schwechat. Zu meiner Person, ich habe Lebensmittel- und Biertechnologie an der Universität für Bodenkultur in Wien studiert, Diplomarbeit und Dissertation schon im Bereich Bier gemacht. Und bin aktiv, sage ich mal, seit gut 1992 in der Bierbranche aktiv tätig. Und um einige Jahre zu überspringen, seit gut 15 Jahren hier Braumeister in der Brauerei Schwechat, an der Wiege des Wiener Lagers. Und das, glaube ich, ist ja auch ein großer Punkt, den wir heute behandeln wollen.

Markus: Ja, auf jeden Fall. Und wie gesagt, es ist ja auch nur noch ganz selten möglich, dass man sowas machen kann. Und, ja, da bist du ja quasi schon ein alter Hase, in Anführungsstrichen.

Andreas: Das ist richtig, ja.

Markus: Ja und wir sehen uns ja immer regelmäßig bei Bierwettbewerben, wenn es eben drum geht, Biere zu beurteilen und zu beschreiben. Und, ja und da sind wir eben auch ins Gespräch gekommen. Und ich muss aber sagen, bevor wir zu dem Wiener Lager an sich kommen, vielleicht noch ein bisschen mehr zu dir.

Andreas: Ja.

Markus: Wie bist du überhaupt zu dem Thema Bier gekommen, war das von Anfang klar oder wolltest du Rennfahrer werden?

Andreas: Am Anfang war es nicht wirklich klar. Als ich mit dem Studium begonnen habe, hätte mich eher die Lebensmitteluntersuchung, Lebensmittelkontrolle interessiert. Habe dann auch mal für ein Jahr Praxis gemacht und das war zu einer Zeit, wo die Beamten dort damals noch mit der Polaroid-Kamera Fotos geschossen haben von den gezogenen Lebensmittelproben und einfach nur extrem viel Bürokratie gemacht haben, um die Proben zu beschreiben und dann in die jeweiligen Fachlabors weitergeleitet. Das hat mich dann abgehalten, diesen Weg weiter zu beschreiten. Und wir haben einen Professor für Technologie der Brauerei an der Uni gehabt, der gemeint hat, ja, es gibt auch die Möglichkeit, Diplomarbeit zu machen. Und das habe ich dann gemacht und irgendwie bin ich dann so in dieses Milieu hineingerutscht, was mir sehr gut gefallen hat. Ich habe dann auch damals noch an der Versuchsstation für das Gärungsgewerbe gearbeitet, wo auch die Berufsschule für Brauer und Getränketechniker, damals hat es noch geheißen Brauer und Mälzer, gewesen ist. Habe dort auch unterrichtet und habe die Zeit dann auch nach dem Diplom genützt, die Dissertation dort zu machen. Und so ist man dann irgendwie in diese Branche gekommen und hat sich auch, wenn man so will, in der kleinen Branche präsentiert. Und ich bin dann 1992 damals noch in die Brau AG in Linz, im Headquarter habe ich begonnen, mittlerweile ist es die Brau Union Österreich AG. Und über die Stationen Linz, Headquarter Qualitätssicherung Zentrallabor, dann über die Brauerei Wieselburg, wo ich die Qualitätssicherung geleitet habe und seit Ende 2001 bin ich in Schwechat und eben seit gut 15 Jahren auch Braumeister am Standort. Biersommelierausbildung habe ich gemacht. Wir kennen uns, wie du richtig erwähnt hast, von diversen Judgegings, wo wir bei Bierprämierungen in der Jury sitzen, ob das European Beer Star ist, ob das bei der Brussels Beer Challenge ist oder, ich denke, wahrscheinlich auch wieder in Las Vegas jetzt beim World Beer Cup, der im April ist. Also Bier, wie soll ich sagen, bewegt mich schon. In meinen Adern ist zwar Blut, aber wahrscheinlich auch immer ein moderates Maß an Bier.

Markus: Das hast du schön gesagt. Ja und in Vegas werden wir uns, als so Gott will, auf jeden Fall auch sehen. Also Flüge sind schon gebucht, ich bin sehr gespannt …

Andreas: Ja, genau.

Markus: … war noch nie da, wird sicherlich interessant. Vielleicht noch kurz, wo kommst du ursprünglich her und was gab es da für ein Bier? Und weißt du noch, wie du überhaupt zu dem Thema Bier kamst?

Andreas: Ja, also es ist nicht so, dass ich aus einer Bierdynastie oder Brauerdynastie komme, ich bin quasi ein Quereinsteiger, ich bin der Erste in meiner Generation. Vielleicht auch der Letzte, weil die Kinder sich in andere Richtungen entwickeln, aber ist auch gut so. Ja, das ist eine gute Frage, wenn du mich jetzt nach der ersten Biersorte oder Marke, die ich getrunken habe? Ist natürlich abhängig, ich habe auch während des Studiums praktiziert, zwei Sommer hindurch in der Puntigamer Brauerei in Graz, aber auch in der Brauerei Schwechat. Und, ja, ich kann es jetzt, ehrlich gesagt, das ist eine Schande, aber ich kann es gar nicht sagen, welches Bier zuerst. Aber ich weiß, es war sicher noch, als ich größer geworden bin, war prinzipiell die Flasche. Aber möglicherweise war es vielleicht sogar ein Zipfer oder auch ein Schwechater, ich kann es nicht wirklich sagen.

Markus: Na, ist ja nicht schlimm. Also wahrscheinlich jedenfalls ein helles Bier?

Andreas: Ja, ja, also definitiv. Der Zugang war über ein Märzen oder Lager Bier. Wobei Märzen, muss man sagen für die deutschen Freunde, ist jetzt nicht das Wies´n Märzen, sondern unser österreichisches Märzen, wo es ja auch eine eigene Kategorie mittlerweile seit mehreren Jahren beim European Beer Star auch gibt. Das unterscheidet sich von eurem Hellen insofern ein wenig, als es etwas stärker gehopft ist, etwas mehr Alkohol hat um ein paar Zehntel. Ja und das war sicher der erste Schritt, um überhaupt mit dem Biergeschmack und dem Bier was anzufangen.

Markus: Ja und dann kommst du eben zur Wiege des Wiener Lager. Da vielleicht werden wir noch ein bisschen drüber reden. Also wir haben ja grade gesagt, eigentlich das helle Bier vorher schon in Österreich, bei uns ja letzten Endes auch mit dem Thema Pils und dann gibt es eben so einen Bierstil, der ja sogar mit Wien, mit der Hauptstadt von Österreich verbunden ist und der fast von der Bildfläche verschwunden war, der eher in Mittelamerika, in den USA irgendwo noch präsent war, aber eben weniger Zuhause. Wie war das, also als du dann nach Schwechat kamst, war das da schon ein Thema oder hat sich das erst wieder entwickelt, wie war das?

Andreas: Nein, nein, das hat sich wirklich erst entwickelt. Also vielleicht, warum dieser Bierstil mit dieser Bernsteinfarbe verschwunden ist, das war natürlich dann auch dem Umstand geschuldet, dass dann unmittelbar, nachdem Anton Dreher 1841 in diesem Bierstil mit dem Wiener Lager mehr oder minder going public rund um den Erdball gestartet hat, ist da ein Jahr später Josef Groll mit dem Pilsbier, das da noch heller gewesen ist, auf der Bildfläche der Brauer erschienen. Und über die Jahre hindurch sind die Biere dann auch immer heller geworden, sodass dann wir dann eben bei diesem Lager- oder Märzen-Bier oder bei dem Hellen gelandet sind. Und es ist richtig, die einzige Brauerei, wenn man so will, die in Österreich noch ein wenig diesen Wiener-Lager-Bierstil gepflegt hat, aber auch es nicht als solches tituliert hat, war die Brauerei Weitra und da relativ nahe zur Brauerei Zwettl im Waldviertel, also nördliches Österreich. Und richtig, es gab dann auch Theresianer, die haben die italienische Brauerei, die hat auch ein Wiener Lager gehabt, also über Jahre hindurch und in Österreich war es eigentlich komplett verschwunden. Und bei uns war es dann so, dass wir 2016 das aufgegriffen haben, weil das waren dann genau 175 Jahre seitdem Zeitpunkt, wo eben 1841 Anton Dreher, der Ältere, diesen Bierstil mehr oder minder, ja, kreiert, mehrere, sagen wir mal, Einzelteile, ein Mosaik zusammengesetzt hat. Damit meine ich eine neue Mälzungstechnologie, indirekte Beheizung, ich meine untergärige Hefe, damit meine ich auch kalte Gärbedingungen, kalte Lagerbedingungen, lange Lagerung bei kalten Temperaturen. Das alles zusammen hat ja dann den Wiener-Lager-Bierstil geprägt. Ja und eben der Anlass war, 175 Jahre, von 1841 her gerechnet. Und das war dann mehr oder minder der Startschuss, dass wir nachempfunden haben oder wir haben es interpretiert, wie das Wiener Lager, der Wiener-Lager-Bierstil geschmeckt haben muss. Ich muss dazu sagen, es ist leider nicht so, dass wir ins Archiv gegangen sind und irgendwo ein bisschen Staub von Büchern weggeblasen und die Originalrezeptur gefunden haben. Sondern über andere Literaturstellen, Beschreibungen von den Bieren, auch wie die Biere dann bei den diversen Weltausstellungen, sowohl in London als auch Paris, wo immer wieder sehr große Erfolge mit diesem Bierstil gefeiert wurden, Berichte darüber gelesen und eben es jetzt in diese Richtung interpretiert und gebraut. Haben den Herren damit auch, dass dann der Bierstil in Österreich plötzlich wieder en vogue war, ich möchte es nicht verheimlichen, das auch die Kollegen im 16. Bezirk Ottakring mit dem Wiener Original genauso in die gleiche Kerne geschlagen oder gebraut haben und ein paar andere kleinere Brauereien. Bis hin dazu, dass sich auch, seien es Hausbierbrauereien oder auch Hobbybrauer, plötzlich auch wieder mit diesem Bierstil befassen. Und das, finde ich, ist generell sehr gut. Das ist ein toller Beitrag zur Bierkultur und zur Diversifizierung zu den unterschiedlichen Bierstilen. Vielleicht ein Satz da noch zu meiner Person, ich bin auch hier ehrenamtlich Präsident vom Bund Österreichischer Braumeister und Brauereitechniker und da ist mir generell die österreichische Bierkultur, ganz egal ob große, kleine Brauereien, Konzernbrauerei, Privatbrauerei, generell ist mir sehr wichtig, etwas für die Bierkultur zu tun und zu bewerkstelligen. Und, genau, da freut es mich eben, dass es in Österreich selbst wiederdiesen Bierstil gibt. Und wir haben auch ein bisschen damals noch mit Doemens, als dort der European Beer Star abgehandelt wurde und die Kategorien mehr oder minder definiert und festgelegt wurden, ein paar Jahre kämpfen müssen, dass das Wiener Lager zu einem eigene Bierstil, auch eine eigene Kategorie wurde und nicht irgendwo bei dem Amber Lager mit läuft.

Markus: Ja, da habt ihr sehr wohl daran getan. Und ich glaube, es ist auch wirklich wichtig, grade auch für die Brauer eben aus einem Land, dass man so einen eigenen Bierstil hat, so eine gewisse Ikone irgendwie hat, hinter der man sich auch mal versammeln kann. Und ich habe die Diskussion jetzt grade erst miterlebt mir den polnischen Brauern, die eben ihr Baltic Porter haben und ihr Grodiczky haben, worauf sie sehr stolz sind. Was auch dort unheimlich die Euphorie entfacht und man eben da versucht, auch so eine gewisse Identität mit Bier selber zu haben und da ist das natürlich cool. Ich würde, bevor wir es gleich probieren, vielleicht noch kurz in die Geschichte ein bisschen einsteigen und zwar so, ich würde vielleicht ein bisschen erzählen, was ich so aus dem Vorfeld in Erinnerung habe und dann kannst du ja vielleicht ein bisschen erzählen, wie das dann vor Ort in Schwechat so ein bisschen weitergegangen ist. Also im Grunde gab es diese, sage ich mal, Spionagereise, in Anführungsstrichen, von Sedlmayer, Lederer und Dreher. Also interessant auch, ein Österreicher, ein Franke und ein Bayer, die zusammen nach England fahren und nach Schottland und dort eben die Bierkultur unter die Lupe nehmen beziehungsweise sogar unter den hohlen Gehstock, in dem sie Bogen ziehen, in dem sie sich das Ganze anschauen. Und dort war man damals gute 100 Jahre weiter als der ganze Kontinent. Und dieses Wissen nehmen die mit und haben dann an verschiedenen Punkten eben Dinge, wo sie ansetzen können. Einmal natürlich die Technologie an sich, Labortechnik, überhaupt Messungen von Temperaturen, von Stammwürzen, all das.

Andreas: Ja, Saccharomet war die Vorstufe von Saccharomter, ist dann auch schon in England bekannt gewesen, dort war einfach das Zentrum der Bierkultur, der Bierbrauereitechnologie, muss man vielmehr sagen, ja.

Markus: Richtig, genau. Und dann kommen die eben zurück und erfinden aber dann auch eben diese moderne Art des Mälzens. Das heißt, es gibt dann eben diese heutigen Standardmalze, Pilsner Malz, Münchner Malz, Wiener Malz, die sich dann natürlich am Ende auch in einem gewissen Bierstil niederschlagen. Und dann muss man aber noch das Panoptikum sehen vor Ort in Schwechat, wo man dann diese sehr, sehr, für damalige Verhältnisse, moderne Brauerei hat, mit gigantischen Eisweihern, wo dann eben auch entsprechend Eis geerntet wird, um kalt arbeiten zu können. Wo dann später auch die Dampfmaschine steht, eine der Ersten. Also wo man immer vorne dran ist und das weiter entwickelt und da dann eben auch diesen eigenen Bierstil hat. Und das finde ich interessant, wie war das denn so, als der Anton Dreher da zurückkam, wie hat sich das denn vor Ort entwickelt? Und wie sieht es die Brauerei aus der heutigen Perspektive, was da damals in den 1840er-, 50er-Jahren passiert ist?

Andreas: Es wäre schon spannend, könnte man eine Zeitreise machen und sich mit ihm unterhalten, mit Anton Dreher, dem Älteren, wie das gewesen ist. Es war ja so, er kam zurück und hat aber sein ganzes Wissen nicht an die Brauerei rundherum weitergegeben. Und da gab es auch diesen Ausspruch, also quasi Anton Dreher kommt zurück und ist dümmer als zuvor, weil er eben sich nicht so in die Karten blicken ließ. Es sind unterschiedlichste Dinge. Wo bei uns noch ein Holzkühlschiff in Verwendung war, hat er schon das Ganze gesehen und dann aus Metall. Dieser ganze Umstieg von direkte auf indirekte Befeuerung, wie sich das ausgewirkt hat in England im Pale Ale oder bei uns halt dann, dieses Wiener Malz, wo ich nur mit heißer Luft, als Wasserdampf dann ausscheide. Das Malz war viel heller, es ist nicht angebrannt gewesen und nicht diese rauchigen, also brenzligen Röstnoten gehabt. Und was auch noch dazu kam, plötzlich waren dann nicht mehr Tonkrüge aktuell, sondern es waren dann auch Glaskrüge leistbar, ja. Das heißt, wenn ich das Bier im Glas hatte, habe ich die hellere Farbe gesehen. Ich habe auch gesehen, obwohl der Filter noch nicht mehr oder minder erfunden wurde, dass durch die lange kalte Lagerung einfach es zu einem Absetzverhalten von Hefezellen, von den Eiweißpartikeln, von Druckstoffen gekommen ist und das Bier dann auch schon blanker erschienen ist. Und das war natürlich revolutionär und daher auch der große Erfolg. Auch wenn jetzt, wenn wir das Wiener Lager haben und sagen, naja, hell, so wirklich hell ist es ja nicht, es hat ja diese Bernsteinfarbe. Aber im Vergleich zu den Bieren, die früher gewesen sind, die ja fast in Dunkelbraun, Schwarz gegangen sind, war das natürlich ein starker Sprung, wenn man so will. Ja, vielerlei Hinsicht, die Dampfmaschine, das ist richtig. Die Eiskeller, die er angelegt hat. Wo wir quasi Nebenflüsse von der Donau, Seitenarme, wo im Winter das Eis geschnitten wurde, dann im Eiskeller die Eisblöcke gelagert, um halt möglichst, bis hin fast rund ums Jahr brauen zu können. Was ja bei uns schon möglich war, während, wenn ich jetzt an Bayern denke, gab es ja da ein Verbot, dass in der warmen Jahreszeit nicht gebraut werden darf. Wenn ich mich nicht irre, dann zwischen Josefe und Michael, zwischen April und Ende September, da wurde ja nicht gebraut. Dann gab es den Brausilvester am 30. September und dann ging es ja wieder los mit dem neuen Braujahr, wenn man so will. Das hat es bei uns dann nicht so gegeben. Und natürlich auch die, wie soll ich sagen, die Kooperation dann mit Karl von Linde. Und das war aber dann schon sein Sohn, der Anton Dreher, der Jüngere, der aber dann zuerst, und das ist manchmal vielleicht falsch dargestellt, die erste Kältemaschine gab es da nicht in Schwechat, sondern in Triest. Wo dann wirklich der erste funktionierende Maschinentyp also eingebaut oder installiert wurde. Der Grund ist vielleicht auch darin zu sehen, dass allein von der geografischen Lage wohl Triest immer schon wärmere Temperaturen hatte als hier im Wiener Raum. Und dann, eine der nächsten Kältemaschinen gab es dann eben auch hier in Schwechat. Und auch, weil du vorher diese Zusammenarbeit und diese Bierreise, Studienreise angesprochen hast mit Gabriel Sedlmayr primär, das hat ja noch über viele hindurch, gab es ja diese Freundschaft. Und man darf nicht außer Acht lassen, Sedlmayr selbst war ja der eigentlich, der in Auftrag gegeben hat bei Karl von Linde, eine Kältemaschine zu produzieren. Nur er hat dann durch die Rückschläge, die der Karl von Linde hatte, wo dann teilweise Maschinen explodiert sind und, und, und, hat er dann den Geldhahn etwas zugedreht. Aber alles in allem, diese Verbindung hat lange Zeit sehr viele Früchte getragen zwischen dem bayrischen Sedlmayr und dem, ja, bei Wien, in Schwechat befindlichen Anton Dreher oder Anton Dreher, der Ältere beziehungsweise der Jüngere.

Markus: Genau, also in beiden Fällen eben klassische Familiendynastien, die sich mit diesem Thema eben auch auseinandersetzen. Und vielleicht auch für die Hörer, um das noch ein bisschen einzuordnen, Triest, heute Italien, damals aber schon seit zig Jahren, wenn nicht sogar 100en von Jahren, eben österreichisch. Deswegen ganz normal eigentlich für …

Andreas: Ja.

Markus: … für einen Österreicher zu sagen, dann gehe ich eben in die klimatisch sinnvollste Ecke und mache das eben dort. Und natürlich auch eine große Stadt, eine Handelsstadt, eine Hafenstadt mit vielen Leuten, wo natürlich auch wirtschaftlich das sehr interessant war, ne.

Andreas: Das hat ja auch mitgeholfen, dass dann Exporte gestartet sind, nicht nur in ersten Kühlwaggons dann quasi im europäischen Festland, wo Anton Dreher … Wir haben einen noch bei uns unmittelbar vor den Toren der Brauerei stehen, einen Holzwaggon, wo dann Eisblöcke quasi unterhalb des normalen Bodens gelagert waren zum Kühlen des Waggons, wo die Bierfässer drinnen waren. Wenn zum Beispiel jetzt zur Weltausstellung nach Paris die Fässer transportiert wurden, dann ist halt in gewissen Abständen das Eis bei den Bahnhöfen erneuert worden, sodass man wirklich eine, wollen wir es nennen, Kühlkette aufrechtgehalten. Und dieses Wissen hat natürlich nicht nur, ja, also die Geschmackstabilität hat da sehr davon profitiert. So sind dann die Biere auch vor Ort eben, sei es in London bei der Weltausstellung oder auch in Paris, natürlich toll angekommen, keine Frage.

Markus: Ja und vielleicht noch ein Wort zum Sommerbrauverbot, muss man auch kurz, weil ja nicht immer alle Hörer ständig unsere Bücher lesen und sich damit beschäftigen. Es ist aber natürlich eine ganz spannende Geschichte, dass man eben aus dem 16. Jahrhundert das noch in Bayern hatte, dass man gesagt hat, okay, wir brauen wirklich nur zwischen Michaeli und Georgi und dazwischen eben nicht. Und das war ein Gesetz, was tatsächlich bis 1865 in Kraft geblieben ist. Und die Österreicher waren mit Schuld dran, in Anführungsstrichen, dass es dann endlich gefallen ist, weil die eben über die Grenze Bier über Bier exportiert haben im Sommer und die bayrischen Brauer haben immer mehr in die Röhre geguckt. Und haben dann zwar so ein bisschen in so einer bayrischen mir-san-mir-Mentalität die Grenzen etwas verschoben und dann bis im Juni, bis im Juli gebraut, aber war schwierig. Und dann hat man eben in einem großen Prozess, wo man dann auch die Regierung entsprechend unter Druck gesetzt hat, geschafft, dass dann am 19. Mai 1865 endlich das aufgehoben war und dann konnte man quasi auf Augenhöhe sein. Und dann kam natürlich tatsächlich auch relativ bald das Helle auf den Markt und dann waren einfach wieder so ein bisschen gleiche Verhältnisse hergestellt. Aber super spannend.

Andreas: Ja.

Markus: Also Biergeschichte ist ja überhaupt ein unglaublich spannendes Thema, mit dem ich mich sehr gerne beschäftige und weswegen ich auch so große Freude habe, dass wir heute über dieses tolle Thema und über dieses Bier reden können. Wobei wir es vielleicht auch mal trinken sollten.

Andreas: Ja, ja!

Markus: Du hast jetzt ja dankenswerter Weise mir einen Fourpack geschickt, also vier und in dem Fall Dosen von diesem wunderbaren Wiener Lager. Was auch von der Aufmachung her schon wirklich mir sehr gut gefällt. Schöner historischer Schriftzug, man sieht auch den Anton Dreher drauf, 1841, also wie es sich gehört. Und ich mache mal auf. Ich glaube, du kannst es mir gleich tun, oder?

Andreas: Ja. Ich habe mir auch in dem Fall eine Dose hergestellt, weil wir in Schwechat auch das Dosenkompetenzzentrum der Brau Union sind. Gibt aber natürlich das Bier auch im Fass und auch in unserer grünen Nostalgieflasche. Wo wir beginnend eigentlich 1999 unseren Schwechater Zwickl, diese Flasche, diese Nostalgieflasche wieder zum Leben erweckt haben so quasi, die Form spricht den früheren Bierflaschen, wie sie noch in der sogenannten Sturzkiste auch gewesen sind. Das waren Holzkisten, wo mehr als, ich glaube, es waren 26 Flaschen, wo dann auch, um den Platz auszunutzen, ungefähr sechs Flaschen dann über Kopf drinnen waren in der Kiste. Wir haben es bei uns noch am Exkursionsweg, so ein paar Relikte. Ja, ja, aber wie gesagt, um den Postweg auf jeden Fall, dass die Dosen oder das Bier sicher ankommt, habe ich in dem Fall die Dose gewählt.

Markus: Ja, nein, da bin ich dir auch sehr dankbar. Zumal ich sagen muss, also ich habe es ja noch nicht geschafft, vor Ort in der Brauerei zu sein. Ich glaube, es gibt ja auch ein Brauereimuseum …

Andreas: Ja.

Markus: … und so, also das muss unbedingt, steht auf meiner Liste, hoffentlich vielleicht sogar dieses Jahr zu tun.

Andreas: Gern!

Markus: Aber letztes Mal war es eben so, da kam ich vom österreichischen Bierwettbewerb, der da noch in Baden war und hatte ungefähr fünf Minuten auf dem Bahnhof in Wien, um dann weiterzufahren, und bin dann wirklich in den nächsten Kiosk quasi rein gerannt, habe mir diese wunderbare schöne grüne Flasche geschnappt, habe sie bezahlt und bin in den Zug und Nachhause gefahren. Und man muss wirklich sagen, es ist eine tolle Flasche, da hat man auch echt was in der Hand. Ich war am Anfang ein bisschen verwundert, weil die grüne Flasche natürlich immer nicht so vorteilhaft sein kann, aber wenn sie entsprechend gut behandelt, ich habe sie von hinten rausgenommen und bei mir auch schön kühl gehabt und dann auch gleich verkostet, war toll.

Andreas: Ja, ja.

Markus: Trotzdem bin ich jetzt gespannt hier auf die Dose, wie sich das jetzt … Komplett ohne Licht, ja. Hah, ach ist das schön! Also ich muss ja als Bamberger sagen, ich bin ja mit eben eher braunen und dunklen Bieren großgeworden, das ist meine Welt und so schön, also wirklich wunderschön, wie das hier im Glas ist, das macht richtig Lust. Also wir sind bei einer sehr hellen Kastanie oder, man könnte fast sagen, es hat einen Orangestich, also es strahlt mich richtig an.

Andreas: Ja, ja, genau, das ist, was wir auch meinen, der typische orangene Reflex. Und das Ganze, kann man sagen, kommt natürlich nur dann gut zur Geltung, das Bier ist ganz fein filtriert, dann kommt auch dieser orange Reflex oder dieses Feuer sehr gut durch. Auch wenn wir wissen, dass damals eben zu Zeiten von Anton Dreher, die Filtration eigentlich noch nicht gegeben hat.

Markus: Ja und da muss man ja auch sagen, wie du es vorhin schon gesagt hast, ich glaube, das ist vielen Leuten ja nicht bewusst, früher hat man diese Biere ja mindestens drei Monate gelagert, manchmal sogar länger. Und das bedeutet einfach, dass die Hefe sich absetzt und diese Biere waren in der Regel fast blank. Also das wir so filtrierte Biere haben, wie wir das heute so kennen, das ist ja erst im 20. Jahrhundert, hat sich das so durchgesetzt. Insofern, boah, also wunderbar! Es hat auch einen tollen Geruch, muss ich sagen. Also hier die ganze Umgebung hier in meinem kleinen Podcast-Studio, alles riecht so karamellig, nussig.

Andreas: Ja, ja.

Markus: Ein bisschen so nach Toffee.

Andreas: Ja, also diese Karamellnoten, die sind durchaus gewünscht.

Markus: Ja, na hoffe ich doch!

Andreas: Und ich finde, auch wirklich sehr schön. Wir haben einen sehr dichten feinporigen Schaum und der hat da so eine ganz leichte Ocker-Creme-Farbe. Das, finde ich, ist auch, ja, ist ein schönes Gesamtbild. Und wenn du, wie du richtig sagst, trotzdem diese Karamellnote, leichte Malznoten und dann, glaube ich, ist es soweit, dass man auch einen Schluck nehmen sollte.

Markus: Unbedingt, Prost! Also sehr cremig.

Andreas: Ja, es zieht sich, aus meiner Sicht, diese Karamellnote durchaus sehr schön weiter. Es ist, würde ich sagen, typgerechte Vollmundigkeit, nicht übertrieben, aber man merkt schon, es hat einen gewissen Körper mit einer leichten Malzsüße, ohne das es aber wirklich als süß empfunden wird. Und wenn du ein bisschen zuwartest, im Nachtrunk hast du einerseits doch ein bisschen so eine Röstbittere auf der einen Seite, aber auf der anderen Seite, wir verwenden auch als letzte Hopfengabe den Saazer Hopfen. Vielleicht aus dem Grund auch, weil Anton Dreher, der Ältere, auch in Tschechen in der Gegend um Saaz auch Hopfenfelder besessen hat. Also er hat überhaupt viele landwirtschaftliche Betriebe besessen, unter anderen auch einen erstanden eben im Bereich Tschechen, um auch unabhängig zu sein, was den Hopfen betrifft. Er hatte auch landwirtschaftliche Güter gehabt, wo Gerste angebaut wurde. Das heißt, er hat auch versucht, ja, mal sagen, autark zu sein, was die Rohstoffe betrifft, weil er die ganzen Felder und Ländereien besessen hat. Ja und das war so, um das abzuschließen mit dem Saazer Hopfen, um dem Ganzen noch mehr Stimmigkeit oder auch Identizität zu verleihen.

Markus: Ja, also finde ich, merkt man auch so im Nachgang, dieses recht typische Aroma, ein bisschen harzig, klare definierte Bittere, wie man das auch von den Pilsener Bieren zum Beispiel kennt. Und finde ich auch hier wieder historisch natürlich total gut, dass man sagt, okay, man nimmt dann den Saazer Hopfen. Das ist ja so das ursprüngliche Hopfenkulturanbaugebiet, heute Zatec in der Tschechischen Republik eben, wo im Grunde der Kulturhopfen an sich jetzt auch herkommt. Und natürlich haben die dann damals in Österreich, Ungarn, da auch die Qualität gesucht und dann eben auch verwendet für dieses Bier. Und das ist interessant, weil genauso dann auch im Pilsener gelandet ist und dort seine Arbeit verrichtet. Also was ich wirklich total schön finde, ist dieses Schlanke. Also wenn wir hier bei uns so Biere von dieser Farbe haben, dann sind die deutlich süßer und sind deutlich gehaltvoller, haben weniger Karbonisierung, haben weniger Hopfenbittere. Das ist in der Tat ein großer Unterschied, aber man merkt trotzdem, dass eben die Karamellmalze drin sind, so eine leichte Röstmalznote ist dabei. Aber es ist viel leichter, es trinkt sich viel angenehmer. Und die hohe Kohlensäure macht es auch sehr frisch, also gefällt mir gut.

Andreas: Was man auch dazu sagen muss, es hilft natürlich auch etwas, ein gewisser kleiner, aber doch Anteil an Melanoidinmalz, das ja in der Schwenkphase sich länger hält. Ja, also wir sind durchaus zufrieden, dass es sich so darstellt.

Markus: Ja, nee, also wunderbar und kann man, wie gesagt, allen Hörern und Hörerinnen nur empfehlen, dass auch mal zu verkosten, natürlich idealerweise vor Ort oder dann eben auch mal Zuhause, je nachdem.

Andreas: Ich wollte noch sagen, das große Problem ist, dass es leider, und das ist Konzernentscheidung, aber so ist es halt, wenn man zu einem Konzern gehört, muss man schon dazu sagen, leider im Ausland, wenn man so will oder in den nahegelegenen umgebenden Ländern leider nicht erhältlich ist. Also man muss unbedingt in den Wiener Raum fahren, aber es lohnt sich ja sowieso, Wien zu besuchen und Umgebung.

Markus: Absolut! Und, ja, was natürlich auch wunderbar ist, also jetzt von meiner Warte aus gesprochen, es gibt ja einen Zug, der fährt durch, von Nürnberg bis nach Wien. Das ist man, glaube ich, insgesamt vier Stunden unterwegs, das ist gar nicht so dramatisch.

Andreas: Das ist richtig, das ist sensationell. Das habe ich zuletzt erlebt, als ich eben beim European Beer Star, wo die Verkostung eben in Nürnberg war. Es ist unglaublich, das schafft man mit keinem Auto. Also das ist zu empfehlen, mit und ohne Deutscher Bahn.

Markus: Ja, na, manchmal hat man ja die österreichischen Wägen, also es wechselt ja so ein bisschen ab.

Andreas: Ja, ja, es ist mal so, mal so. Auch die österreichische Bundesbahn, ist nicht alles Gold was glänzt.

Markus: Ja, naja, aber ihr habt auch die besseren Speisewägen, dass muss man zum Beispiel auch sagen und das bessere Kaffeeangebot. Aber relativ.

Andreas: Okay.

Markus: Also alle, die mich kennen, wissen, dass ich ein sehr pensionierter Bahnfahrer bin und das kommt mir natürlich tatsächlich unheimlich entgegen. Und insofern, also eine Reise nach Österreich und besonders auch nach Wien ist immer zu empfehlen, ganz grundsätzlich.

Andreas: Ja.

Markus: Was man noch sagen muss, gibt es denn überhaupt irgendwelche historischen Aufzeichnungen, wie diese Biere geschmeckt haben oder welche Rezepturen sie genau hatten oder ist das alles irgendwie weg?

Andreas: Naja, es ist eher, würde ich sagen, nur mehr aus diversen anderen Unterlagen, wo man so daraus schließen kann, wie es geschmeckt haben wird. Wir haben, ehrlich gesagt, keine Unterlagen. Wir haben zwar noch diverse Aufzeichnungen, da aber leider kein Wiener Lager mehr vorgekommen ist. Und was mir aber sehr geholfen hat, einen, den wir, glaube ich, alle kennen, der Conrad Seidl in seiner Funktion als Bierpapst, mit dem ich auch immer wieder Kontakt habe, hat mir eine Ausgabe des Journal of the Society of Arts von 1869 zukommen lassen, wo über das nach London importierte Dreher-Bier berichtet wird. Und da schreiben sie, es sei heller und klar, mit einem kräftigen, dichten Schaum, süß und wohlschmeckender als englische Bier, so wie leicht getreidigen Geschmack. Die Hopfung sei betont und die Bittere mit Fortdauer der Wahrnehmung nach einer Minute zunehmend spürbar. Die Bierfarbe war zwischen Kupfer und einem leichten rötlich-braun angesiedelt. Das Bier, obwohl nicht filtriert, nahezu blank aufgrund der langen kühlen Lagerung. Ich glaube, dem ist gar nicht viel hinzuzufügen. Aber es war leider nicht so, dass wir ins Archiv gingen und die Rezeptur gefunden haben, schade natürlich. Es ist immer so, wenn es zu Übersiedlungen kommt und früher war die Zentrale in Wien direkt auf der Landstraße und wenn dann etwas aufgelassen wird, gibt es leider Leute, die den einfachen Weg wählen, alles wegzuwerfen. Dramatisch vor allem für Bierhistoriker, wie du auch einer bist. Aber, ja, so ist es mal und man muss eben damit zurechtkommen, was man vorfindet. Vielleicht noch erwähnt, du bist ja im Besitz des Buches über die Geschichte der Brauerei Schwechat …

Markus: Ja.

Andreas: .. Wo ich mit anderen Kollegen, Alfred Paleczny und dem anderen Bierhistoriker Christian Springer, ein Buch über die Geschichte der Brauerei Schwechat eben verfasst habe. Und die haben dann doch eine Fülle an Unterlagen geschichtlicher Natur, gar nicht so sehr über den Bierstil, aber über die Entwicklung von Anton Dreher, dem Älteren und seinem Vater noch, wie sie aus Deutschland gekommen sind, wo sie dann in Klein Schwechat sesshaft wurden. Ja, also es ist durchaus spannend. Grad die Rezeptur als solche, mit der kann ich nicht dienen.

Markus: Naja, aber das ging ja schon ziemlich nah. Also man muss ja auch immer vergleichen, wenn das jetzt aus einem englischen Umfeld war, dann hatten die ja zu dieser Zeit ihre Biere zum Vergleich. Und wenn man dann eben …

Andreas: Ja, genau.

Markus: … dann kommt man da ja ziemlich gut mit dieser Beschreibung hin. Vielleicht dieses relativ Süße finde ich ganz interessant. Aber es lag vielleicht einfach daran, dass man damals diese ganz hohen Vergärungsgrade vielleicht so nicht erreicht hat, wie das heute ist.

Andreas: Ja, wird stimmen, ja.

Markus: Ja, aber, ja und was ich auch wichtig finde, ist, Schwechat war ja bis in die 1920er-Jahre oder sowas, war das ja gar nicht Wien, sondern es war eine eigenständige Gemeinde, eine eigenständige Stadt und dann wurde es ja erst zum Wien, oder?

Andreas: Ja, also es war so, Klein Schwechat kam dann zu Wien und wurde erst viel, viel später wieder … also jetzt sind wir lokalisiert zu Niederösterreich. Vieleicht 300 Meter und ich bin schon an der Wiener Stadtgrenze. Wenn ich jetzt von meinem Büro hinausschaue, dann gibt es da vorne die Klederinger Straße, läuft da drüben, das sind vielleicht 70 Meter entfernt, auf der rüberen Seite ist schon Wien. Also wir sind wirklich, drum sage ich immer so gerne, vor den Toren Wiens befinden wir uns.

Markus: Ja und was damit zusammenhängt, ist eben die Frage, dieser Begriff Wiener Lager, ist dann eher ein, ich sage mal, moderner Begriff, also kommt der erst im 20 Jahrhundert auf oder hat man das …

Andreas: Nein, nein, das war schon das Vienna Lager, das ist auch so in dem englischen Artikel von 1869, steht Vienna Lager.

Markus: Ah, okay.

Andreas: Also da waren wir Großraum Wien oder Wien, ja, ja, das ….

Markus: Interessant. Ja und interessant auch, dass ja viele Auswanderer, die da eben aus Österreich ausgewandert sind, ähnlich wie auch Brauer, die eben zum Beispiel aus Deutschland weggegangen sind nach Amerika, dann eben ihre Rezepturen, ihre Hefen mitgenommen haben und dort ihre Biere gemacht haben. Und dass es dann eben in Mexiko, in Texas große, ja, Brauereien gab und bis heute noch gibt, wo mehr oder weniger ein Wiener Lager hergestellt wird …

Andreas: Ja.

Markus: … was dann lange Zeit eben größer war als das eigentliche im Mutterland. Habt ihr da mal Verbindungen irgendwie hergestellt?

Andreas: Nein, nicht wirklich. Es ist zwar auch interessant, dass sich der Name Dreher noch hält, wir kennen es wahrscheinlich alle, die irgendwo in Italien Urlaub gemacht haben. Da gibt es einerseits das Dreher Bier, das aber natürlich eher ein Helles ist. Beziehungsweise in Ungarn gibt es auch noch ein Dreher Bier, wo sogar noch das alte Logo Verwendung findet mit dem weißen Dreieck auf rotem Grund. Aber, ja Kontakt mit Mexiko haben wir aufgenommen, nein. Aber es ist ja generell so, wie du richtig sagst, sind ja viele amerikanische Brauereien so entstanden, dass eben vermutlich, also mehrheitlich deutsche Brauer, ob das jetzt Coors, ob das Miller und so gewesen ist, die sind ja alle, oder Budweiser, Budweiser, aus Deutschland gekommen und haben dort die Bierbranche zum Leben erweckt, wenn man so will. Das wissen ja die wenigstens. Und da gibt es ja in der Brauwelt den Günther Thömmes, der hat sich da sehr verdient gemacht hat und, genau, immer diese Dynastien und Geschlechter, die Wichtigen aus der Braubranche, ja, ermittelt hat, ja.

Markus: Vielleicht nochmal zurück zur Brauerei, ihr macht ja jetzt nicht nur Wiener Lager, also das ist natürlich heute unser Thema und ist auch der große Star für Leute, die sich eben für das Thema Bier interessieren. Was gibt es denn sonst so?

Andreas: Es ist so, unsere Hauptmarke ist natürlich ein klassisches Schwechater, wenn man so will, bei uns heißt es Schwechater Bier, also ein Lagerbier, das die Farbe wie ein Helles hat mit 11,6 Stammwürze und 5,0 Alkohol. Vielleicht dazu gesagt, was wir jetzt im Glas haben, hat 12,8 Stammwürze und 5,3% Alkohol. Wir haben, wie schon vorher kurz erwähnt, als wir über die Glasflasche gesprochen, die Nostalgieflasche, wir haben unser, in einigen Teilen würde man Kellerbier sagen, aber wir sagen, es ist das Schwechater Zwickl, das ist auch der Begriff, der im Osten Österreichs eigentlich der Gängige ist, mit 12,5 Stammwürze und 5,2% Alkohol. Wie gesagt, die Hauptmarke ist das Schwechater Bier, das gibt es mit dem roten Etikett oder die rote Dose. Dann produzieren wir ein alkoholfreies Schwechater, das ist das Schlossgold, eine Marke, wo wir die Lizenz übernommen haben damals noch vom Feldschlösschen von der Schweiz. Die quasi auf gleicher Basis wie ein Clausthaler, nur über das Kältekontaktverfahren, also kurze Kontaktzeit der Hefen mit der Würze, nur ganz wenig Gärungsnebenprodukte, die da zwischenzeitlich entstehen. Kurze Kontaktzeit bei zwei bis fünf Grad vielleicht fünf Tage und dann natürlich entfernen der Hefe, auch schon die Gärung gestoppt. Das ist die Variante, wie wir die beiden Alkoholfreien machen. Sind nicht 100-prozentig alkoholfrei. Aber ich glaube, das ist ja wie bei euch auch, <0,5 maximal =0,5% Alkohol, also das bewegt sich dann tatsächlich irgendwo bei 0,3% und davon wird man sicher keinen Rausch sich anzüchten können. Ja und dann einmal im Jahr und das macht Freude, weil dort sind wir immer etwas kreativ und jedes Jahr etwas anders gestaltet, die Rezeptur, einen Schwechater Zwickl Bock, der nahezu an eure Bezeichnung Doppelbock herankommt, wenn er 17,7 Stammwürze und, sage ich mal, so bei 7,5 bis 7,7% Alkohol hat. Das ist natürlich dann die Königsdisziplin, wo wir auch ein bisschen an der Rezeptur schrauben können. Sonst, muss ich sagen, sind wir natürlich als eine Brauerei, die 1,1, 1,2 Millionen Hektoliter im Jahr produziert und abfüllt, natürlich, was die Kreativität mit kleinen Suden und neuer Sorten, sind wir da etwas eingeschränkt. Aber jeder hat halt seine Berechtigung und ich kann durchaus gut damit leben, die Qualität von Schwechater Bieren hochzuhalten, ohne kreativ sein zu müssen und irgendein Pastry Stout zu kreieren.

Markus: Ja, das stimmt. Und letzten Endes, ich meine, ist ja auch gut, wenn man sich auf das konzentriert, was man schlicht und einfach am besten kann.

Andreas: Ja.

Markus: Und das ist ja auch gut so. Was mich noch interessieren würde, du hast mir ja in der Dose geschickt und bei uns in Deutschland ist das Thema Dose ja, ich würde mal sagen, immer noch so gut wie am Anfang. Also muss man ja sagen, wir hatten ja Getränkedosen bis um 2000, dann sind die mehr oder weniger verschwunden mit der Einführung von unserem Grünen-Punkt-System und dem Pfandsystem für Dosen, dann waren die weg vom Markt, zumindest was das Thema Bier angeht. Und dann kam die Dose langsam wieder über sowas wie Prosecco und so und jetzt feiert sie so ein bisschen Renaissance, weil eben viele grad kleinere Brauereien, Craft-Brauer sagen, es ist einfacher zu verschicken, es ist einfacher zu händeln.

Andreas: Gewichtsstabilität ist natürlich ein ganz enormes Plus und die Geschmacksstabilität damit gegeben ist. Du sprichst da einen Punkt an und stichst in eine furchtbare Wunde, weil, wie du wahrscheinlich weißt, vielleicht ist aus dem Grund die Frage gestellt, mit Anfang, als mit Jänner 2025 wird es auch in Österreich ein Dosenpfand und ein Pfand auf PET-Flaschen geben. Wie sich das entwickelt, ich hoffe, man hat aus, wenn mir jetzt erlaubt ist zu sagen, aus den Fehlern, die gleich bei unseren Nachbaren, also bei euch passiert sind, dass man so ein Pfand nicht beginnt. Aber ich glaube, diese 25 Cent, die sind fix. Man muss auch dazu sagen, dass das Flaschenpfand von ursprünglichen 1 Cent pro Flasche, wird auch auf 20 Cent angehoben, leider nicht ganz auf das Dosenniveau. Ich glaube, das größte Problem ist nicht die Bereitschaft, 25 Cent mehr zu zahlen, weil für die Flasche sind es dann auch 20 Cent mehr, aber du hast Zuhause das Handling. Jetzt muss ich die Dosen aufheben, ich darf sie nicht zusammendrücken, weil irgendwo gibt es eine EAN-Code oder wie auch immer, der dann eingelesen werden muss und erkannt werden muss. Da, glaube ich, also das ist für mich eigentlich der größte Knackpunkt. Aber, ja, mal sehen, es ist, ja, unsere Achillesferse, ja.

Markus: Ja, aber momentan seid ihr schon ein Dosenkompetenzzentrum.

Andreas: Ja, ja. Und es ist auch, in Österreich ist es so, dass wir, was die Dose betrifft, bewegen wir uns so gesamt, was den Gebindemix betrifft, so ungefähr bei, ja, 26, 28 Prozent, also wir nähern uns der 30 Prozent, die in der Dose verkauft werden. Hat natürlich auch noch etwas Aufschwung genommen seit Corona, wo generell der Lebensmittelhandel und der Bierverkauf im Lebensmittelhandel gestiegen ist. Und wie wahrscheinlich generell, in eurem Lande genauso, Gastronomie zurückgegangen ist. Viele, die gemerkt haben, ja, Zuhause Bier trinken ist auch nett. Sie gehen weniger weg, konsumieren weniger. Und ich glaube, Gastronomie ist in all unseren Ländern, ja, geprügelt und täglich sperrt irgendein Wirt zu, ne.

Markus: Ja, das nimmt leider Gottes zu und auch immer mehr Gestalt an, weil es in Europa so ein bisschen zeitversetzt passiert, habe ich den Eindruck. Also aus Irland zum Beispiel kamen ja die ersten Horrorbotschaften schon vor zwei Jahren, dass da mittlerweile jeder vierte Pub geschlossen ist und dieser Trend eben weiter anhält. Und bei uns scheint es langsam auch Realität zu werden. Aber gut, wir müssen sehen, da ist vielleicht auch einiges an Marktbereinigung im Gange, die mittelfristig so oder so passiert wäre, das kann auch sein. Aber auf jeden Fall mahnt es, mit Sachverstand an die Sache ranzugehen. Das Gute, glaube ich, für euch ist, dass die Dose ja nicht von so einem negativen Image kommt wie das bei uns damals war, da war das ja wirklich das Billigbier. Und die Dose war auch damals, ehrlich gesagt, in den 90ern, da hat man noch das Metallische geschmeckt, da war das auch ein dickes Metallding und das hatte nicht das, was heute diese Dosen haben, diese gewisse Eleganz und eben die Geschmacksstabilität. Also insofern, das glaube ich, also da hoffe ich jedenfalls, wünsche ich euch, dass das nicht zu sehr reinhaut.

Andreas: Wegbereiter sind unter anderen, ob bewusst oder unbewusst, einige von den kleineren Brauereien, damit meine ich bis hin zu den Craft-Brewerys. In Österreich die Erste war Bevog, das ist an der Grenze zu Slowenien, also in Radkersburg genau genommen, in der Steiermark. Das war der Erste, der gesagt hat, sein Bier kommt in die Dose. Und gut, von Amerika brauchen wir gar nicht reden, da ist es Gang und Gäbe, das Bier teilweise nur mehr in der Dose ist. Und was mir besonders gefällt, wenn du bei uns dein Bier in einem Siphon abfüllen lässt im Bierlokal, dann haben die dort ihre Dose, wo sie dann sich fast, umgerechnet ungefähr ein Liter Bier abfüllen, je nachdem, was grad on tape ist und dann kommt noch der Deckel drauf, Dosenfalz drauf, zack. Und, ja, es ist einfach, die Lichtundurchlässigkeit und damit eine längere Haltbarkeit, Geschmackstabilität, das kann man nicht leugnen. Und der Eindruck, dass das Bier dann metalisch schmeckt, das ist, ja, hält sich über Generationen, ist aber durch nichts gerechtfertigt. Ein Dreiglas hast, gleiches Bier, Flasche und Dose, wird man nicht signifikant den Unterschied merken.

Markus: Ja, wenn überhaupt dann meistens eher zum Negativen von manchen Flaschen.

Andreas: Wenn es über eine gewisse Lagerzeit geht, ja, genau.

Markus: Also dementsprechend, jede Dose ist ja wie ein kleines Fass. Ja, dann …

Andreas: Genau, ein Nano-Keg.

Markus: Genau. Das ist ja ein schöner Ausdruck, den werde ich mir auf jeden Fall merken. Ja, dann vielen Dank für deine Zeit und  die vielen Infos. Vielleicht magst du am Schluss noch einen kleinen Tipp geben, wenn jetzt Leute sagen, sie wollen eben mal zu euch. Was ist die beste Jahreszeit, um bei euch vorbeizuschauen? Gibt es ein paar Tipps drum rum, die du Leuten noch geben würdest, die sagen, sie wollen Wiener Lager erleben?

Andreas: Also wenn es eine Gruppe so ab fünf ist, dann können sie natürlich auch eine Exkursion bei uns buchen, wo sie durchgeführt werden auf den Spuren von Anton Dreher. Und dann nachher auch im Brauhaus unsere Schwechater Triologie, die Hopfenperle, ein filtriertes, quasi pilsartiges Bier, dann eben das Zwickl und das Wiener Lager zu verkosten. Wir haben auch einen schönen Gastgarten bei dem Brauhaus dabei mit aus einer anderen Location stammend, verpflanzten Kastanienbäumen. ja, also ich würde sagen, grade am Wochenende sind keine Führungen, das ist vielleicht ein Manko, aber wenn man in der heißen Jahreszeit, auch an einem Freitag geht es sich noch aus, da wird auf jeden Fall produziert und abgefüllt. Ja, immer eine Reise wert. Und ganz simpel und www.schwechater.at kommt man auf die Website und dann kann man sich schon informieren und Kontakt aufnehmen und eine Exkursion sich organisieren.

Markus: Wunderbar, dann nehmen wir diese Tipp so mit. Und wünsche ich dir heute noch einen wunderschönen weiteren Tag und sage nochmal vielen Dank für deine Zeit.

Andreas: Ja, danke ebenso, hat mich sehr gefreut. Und, ja, dann würde ich schließen mit dem Spruch, Hopf und Malz, Gott erhalt´s. Es hat mich sehr gefreut, bye, bye.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 131 – Interview mit Jonas Trummer, Head Brewer bei der Little Atlantique Brewery in Nantes, Frankreich

In dieser Folge von BierTalk entführen wir Sie auf eine geschmackvolle Reise quer durch Europa – von den Hopfenfeldern Deutschlands über die Brauereien Polens bis hin zu den Craft Beer Pubs Frankreichs. Unser spezieller Gast, der weitgereiste Braumeister Jonas Trummer, teilt seine Anekdoten aus der Welt des Bieres mit uns und geht mit uns auf eine Reise durch die Geheimnisse der aktuellen europäischen Bierkultur, von traditionellen Brauverfahren bis zu experimentellen Craft Bieren. Schenken Sie sich ein kühles Glas ein und stoßen Sie mit uns an – auf eine Episode voller Entdeckungen und leidenschaftlicher Bierliebe…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute machen wir eine kleine europäische Reise, wir sind natürlich in Deutschland, aber irgendwie auch in Polen und irgendwie auch in Frankreich und sonst wo auf der Welt. Also schauen wir einfach mal. Ich freue mich sehr, dass Jonas Trummer bei uns ist, ein eben europäisch erfahrener Brauer. Und, ja, vielleicht, Jonas, stellst du dich mal selber kurz unseren Hörern vor.

Jonas: Ja, guten Tag. Dankeschön für die Einladung, Markus! Mein Name ist Jonas Trummer, wie du schon gesagt hast, Braumeister aus Leidenschaft, aber auch promovierter Brauingenieur. Und momentan in Frankreich tätig in Nantes, 60 Kilometer weit weg von der Atlantikküste.

Markus: Ja, auf jeden Fall eine spannende Ecke. Also insgesamt ja Frankreich jetzt grade die europäische Biernation, könnte man fast sagen, also sowohl was die Anzahl als auch, was die Vielfalt zum Beispiel angeht und auch den Drive, der da irgendwie in der Szene ist. Auf der anderen Seite, Atlantik auch interessant. Ich habe mir da zum Beispiel vor einigen Jahren ein Bier bestellt, was mit Spirulina-Algen hergestellt worden ist und das war dann ein blaues Bier. Fand ich auch super interessant, also man ist da wirklich sehr kreativ. Und ich glaube, man hört auch, dass du eher so aus dem Südwesten von Deutschland kommst, dachte ich zumindest. Aber ja, vielleicht kannst du uns da ein bisschen aufklären, also wie hat es dich überhaupt zum Brauen verschlagen?

Jonas: Ja, genau, das hast du schon richtig gehört, ich strenge mich an, so gut wie möglich Hochdeutsch zu reden, aber ich bin tatsächlich aus dem Nordbadischen, aus dem Neckar-Odenwald-Kreis. Was dann ja auch gar nicht so weit weg ist dann wieder zu euch rüber ins Frankenland. Und, genau, dass ist mein süddeutscher Einschlag. Und wie das so ist nun mal in der Region und im Dörflichen, ganz genauso wie im Frankenland, da ist man von jungen Jahren natürlich auch schon auf den Sportfesten und Musikfesten mit dem Bier in Kontakt. Und da hat mir das damals schon zugesagt und ich wollte einfach noch mehr darüber wissen schon in jungen Jahren. Und da kam das eigentlich so mit dem ersten Kontakt, dass ich gesagt hab, für das einwöchige Praktikum, dass man im Gymnasium machen muss, also wenn man da so 15, 16 Jahre alt ist, da bin ich dann zu der Tucher Brauerei nach Nürnberg gegangen tatsächlich. Und das war so die erste Erfahrung für mich auch im Technischen und im Wissenschaftlichen, wie das eigentlich mit dem Bier funktioniert. Und das war eine wunderbare Woche dort in Nürnberg. Das war dann noch in der alten Brauerei in der Stadt und da hat es auch wirklich sehr viel Spaß gemacht. Für mich war das eine neue Erfahrung, mit 16 Jahren da um sechs Uhr morgens aufzutauchen. Um neun Uhr gab es ein paar Pfandmarken in die Hand und es hat geheißen, trink ein Bier, wenn du willst, wir trinken alle eins. Heißt, das war schon sehr interessant damals.

Markus: Ja und irgendwie auch eine Einführung ins Frankenland, ne?

Jonas: Ganz genau, das war so die erste Einführung ins Frankenland auch.

Markus: Und vielleicht können wir an der Stelle ganz kurz noch aufräumen mit dem Mythos, dass man in solchen Brauereien gar nicht wirklich Bier braut, sondern nur auf Knöpfe drückt. Das ist nicht sondern, ne?

Jonas: In der neuen Tucher Brauerei war ich noch nicht. In der Alten war es tatsächlich sondern, dass noch viel auch mehr Handarbeit war. Und das muss ich dann tatsächlich sagen, ja, man muss nicht immer Knöpfe drücken, aber es gibt natürlich auch sehr große Brauereien, wollte viele Knöpfe gedrückt werden, aber ohne das Handwerkliche kommt man nie aus in einer Brauerei heutzutage.

Markus: Genau, das ist der entscheidende Punkt, ohne kommen man da nicht weiter. Aber ich habe dich völlig unterbrochen, also du bist jetzt im Frankenland vom fränkischen Biervirus auch am Morgen infiziert. Wie geht es weiter?

Jonas: Das war gigantisch natürlich dann mit der Tucher Brauerei und da ich mir schon sondern mit 16, ja, das könnte man ja eventuell studieren. Ich sehe, diesen Studiengang gibt es. Meine Eltern waren dachte nicht sondern ganz begeistert davon damals, die haben gesagt: „Jonas, werde doch Lehrer und braue ein bisschen hobbymäßig.“ Und insofern war es noch nicht ganz klar. Ich habe dann aber mir so ein, wie viele andere in unserem Metier, auch ein Bierbrauset gekauft mit 16 und dachte die ersten Biere gemacht. Da sind auch einige Flaschen explodiert. Viele Grüße an meinen Vater, der musste das aushalten, dass im Keller die Flaschen explodieren. Und das war so die erste Erfahrung mit dem selber Brauen dann. Aber dann nach dem Abitur, um mich nochmal zu vergewissern, dass ich das studieren möchte auch, war ich dann bei der Rothaus Brauerei für sechs Monate und habe da ein Praktikum gemacht, quasi ein Vorpraktikum für das Studium des Brauwesens- und Getränketechnologie in Weihenstephan. Und da war mir dann auch klar danach, das möchte ich unbedingt machen. Weil einerseits, Brauerei Rothaus wunderbar, wunderbar gelegen, hochmodern und sehr, sehr nette Menschen. Heißt, da hat mir das wirklich sehr gefallen, in einer Brauerei zu arbeiten und da noch mehr drüber zu wissen. Und so kam es, dass ich mich dazu entschlossen habe, nach Freising zu gehen nach Weihenstephan, ja.

Markus: Wahnsinn, das ist echt spannend. Und ich finde es sehr schön, dass du eben auch sagst, okay, du warst zwar bei den größeren Läden, aber eben auch da macht es Spaß, da trifft man einfach tolle Leute, die mit viel Motivation an diesem Lieblingsgetränk arbeiten und am Ende kommt eben auch was Gutes dabei raus, das ist schön. Apropos, wir reden die ganze Zeit über Bier, aber wir haben keins. Jetzt haben wir uns im Vorfeld ja so ein bisschen abgesprochen, dass wir einfach jeder ein, zwei Bierchen holen und mal gucken, was man so hat. Magst du dir schon eins aufmachen oder ist es dir noch zu früh?

Jonas: Für mich ist es in Ordnung, wir können gern eins aufmachen, ich habe schon gut frühstückt vorher.

Markus: Na wunderbar. Ja, magst du anfangen oder soll ich, wie du willst.

Jonas: Ja, also ich stelle das erste Bier mal vor, bevor ich es einschenke. Was ich mir hier geholt habe, wie gesagt, in Nantes, Frankreich, gibt es viele Craft-Beer-Shops und es gibt eine sehr gute Auswahl an internationalen Bieren, Craft Beer, aber auch traditionell, weniger deutsche Biere, die man findet. Umso mehr bin ich froh, dass ich hier den Weihenstephaner Vitus gefunden habe und den schon sicherlich zwei Jahre nicht mehr getrunken habe und der mich auch ein bisschen ans Studium erinnert. Und da hoffe ich, dass er immer noch so gut schmeckt wie damals. An Preisen mangelt es ihm ja nicht.

Markus: Nein, das auf gar keinen Fall. Und ich muss sagen, ich war letztes Jahr erst in Weihenstephan vor Ort und habe auch da mal wieder einen Vitus genossen und es ist und bleicht nach wie vor ein wunderbares, unglaublich aromatisches, komplexes, tolles Bier. Und auch ein schöner Start in so einen Sonntagmorgen, finde ich nicht schlecht, coole Nummer! Bin ich gleich gespannt, was du erzählst. Und ich muss sagen, es bringt mich auch ein bisschen zurück an die Anfänge von der BierAkademie, weil einer unserer allerersten Aufträge war, dass wir in Frankreich Ausbildungen gemacht haben für eine Getränkemarke, die nannte sich oder nennt sich R&B, also Wein und Bier. Und die waren oder sind in den Industriegebieten nahe der großen Städte jeweils und haben eben große Auswahl an Weinen aber eben auch internationalen Bieren, viele deutsche Biere, viele belgische Biere und da gibt es auch noch Salami und so ein bisschen anderes Zeugs. Und da hat sich dann damals eben so vor 10, 15 Jahren so die rebellische Jugend Frankreichs getroffen, wenn sie eben mal nicht das machen wollten, was ihre Eltern machen. Und das war so der Anfang dieser ganzen Biergeschichte, die ja jetzt in Frankreich natürlich ganz anders ausschaut. Gibt es die R&B-Stores noch?

Jonas: Die gibt es tatsächlich noch. Hier in Nantes sind circa drei in den Außenbereichen. Und da verkaufen wir natürlich auch unser Bier hin tatsächlich, ja.

Markus: Ja, das ist ja wunderbar. Haben wir ein bisschen, haben wir da auch einen Anteil dran. Aber jetzt zurück zu deinem Vitus.

Jonas: Ja, genau, also ich mache mal auf. Und leider keine Weißbierglas hier, weil, die habe ich alle in der Brauerei stehen, ja, wir in der Brauereien nur die Pint-Gläser haben und nicht sagen, Weißbier kann man leider nur aus einem Weißbierglas trinken, drum habe ich mein Weißbierglas dort geparkt. Aber ich habe hier ein schönes Teku.

Markus: Absolut!

Jonas: Das macht es natürlich auch.

Markus: Ja, ist ja auch ein unglaublich aromatisches Bier, wo man ganz viel eben der Hefearomen letzten Endes hat. Macht ihr in eurer Brauerei in Nantes auch deutsche Bierstile?

Jonas: Ja. Also wie du dich ja gut auskennst in Frankreich, die ganz traditionellen oder die kleinen Brauereien, die damals angefangen haben, die sind ja mehr auf die belgischen Bierstile dann, haben die angefangen. Und in Frankreich ist es ja immer noch so, dass die Konsumenten oftmals nur unterscheiden zwischen einem Blonden, einem Braunen und einem Dunklen und einem Bernsteinfarbenen. Und da ist eigentlich immer klar, dass es sich grundsätzlich um einen belgischen Stil handelt. Heißt es Blonde, ist es ein belgisches Blonde, meistens natürlich auch dann mit einer belgischen Hefe vergoren, wo dann diese Phenole und Ester abgibt, was es ein bisschen gewürzig gemacht. Und das Brune, das Braune, ja natürlich auch ein belgisches Braunbier. Und das Ambre, das Bernsteinbier ist normalerweise auch dann sowas wie ein Dubbel oder ein Tripel. Und da haben wir das ganz anders angegangen bei uns in der Brauerei hier, bei uns ist das Blonde ein American Pale Ale. Heißt, schön fruchtig, mit amerikanischen Hopfen, kaltgestopft natürlich. Und unser Ambre ist kein belgisches Dubbel oder sondern ein Doppelbock und richtig schön, ganz fein vergoren, ohne irgendwelche Nebenprodukte, heißt, das ist clean. Und dann haben wir ein Schwarzbier, das ist natürlich dann auch ein deutscher Bierstil, das ist unser schwarzes Bier. Und zusätzlich das Blanche, das Weißbier. Machen wir kein belgisches Witbier, sondern ein bayrisches Weißbier.

Markus: Woah, beeindruckendes Programm!

Jonas: Das sind so die Hauptbierstile. Aber kann ich nachher noch ein bisschen mehr drüber erzählen, was für Biere wir hier noch machen. Ganz, ganz viele verschiedene Craft-Beer-Stile, die sehr, sehr interessant sind und die man in Deutschland meistens so nicht findet in kleineren oder mittelständischen Brauereien.

Markus: Genau, das Ganze heißt Atlantique Brewery, glaube ich, ne?

Jonas: Genau, Little Atlantique Brewery. Und das ist gelegen unten an der Loire, also am Fluss. Und das wurde umgebaut, das war früher mal eine Seifenfabrik und das Gebäude, das war brachgelegen jetzt für 80 Jahre und das wurde umgebaut vor fünf Jahren. Und das haben sie wirklich gigantisch gemacht, ein Holzbau, das sieht aus ein bisschen wie eine Kathedrale, Platz für bis zu 800.000 Leute. Heißt, ein richtig schöner großen Biergarten außen und dann natürlich die zugehörige Küche. Die in Frankreich natürlich auch immer ein bisschen anders aussieht wie jetzt in deutschen Biergärten, sondern es ist auch schon ein bisschen mehr diese Haute Cuisine mit ihrem Mittagstisch, aber abends dann auch mal Burger oder Fish & Chips. Und das ist wunderbar gelegen und ist jetzt seit fünf Jahren am Laufen und stetig am wachsen.

Markus: Ja, also wunderbar. Und Nantes überhaupt, also ich war in den 90ern tatsächlich zuletzt da, also ist schon ein bisschen her, aber habe nur sehr, sehr positive, wunderschöne Erinnerungen an die Stadt und an die Architektur und alles, was sich so entlang der Loire schlängelt. Aber ich glaube, wir müssen zuerst zurück zum Bier, ich habe dich schon wieder unterbrochen mit dem Vitus. Wie läuft es denn?

Jonas: Ich habe noch gar nicht reingerochen, das werde ich jetzt mal machen. Ja, ist immer noch so gigantisch wie früher. Also ganz, ganz viele Ester und die Banane ist natürlich stark im Vordergrund hier. Auch mit ganz wenig Nelke und man riecht, dass es vollmundig sein wird. Also ich werde mal einen Schluck trinken.

Markus: Prost auf jeden Fall!

Jonas: Prost! Wirklich gigantisch, ja. Vollmundig, die Banane ist da. Die 7,7% Alkohol, die auf der Flasche stehen, schmeckt man gar nicht wirklich raus, es macht es halt einfach auch sehr drinkable. Und ein klasse Bier! Also freut mich, dass ich es gefunden habe.

Markus: Ja und freut mich, dass du es hier im Talk vorstellst. Ich glaube, den Vitus haben wir noch nie, aber es ist wirklich ein absolut sensationelles Bier, was ich auch immer wieder gerne bei Tastings verwende. Ist einfach auch eine Bank, also da kann man sich drauf verlassen, das ist eben einfach immer gut. Und es lässt sich auch ein bisschen lagern, das heißt, man muss da jetzt nicht unbedingt auf das MHD groß schauen. Also wirklich eine ganz, ganz schöne Geschichte. Jetzt muss ich aber sagen, mir läuft so ein bisschen das Wasser im Mund zusammen, also muss ich auch ein Bier aufmachen.

Jonas: Jawohl.

Markus: Jawohl und ich habe tatsächlich mal in meinen Kühlschrank geschaut, was da noch an schönen Nettigkeiten rumsteht. Und ich war mal wieder in der Jury vom Bierwettbewerb von Maisel´s, so ein Hobbybrauwettbewerb bei der Home Brew letztes Jahr und da hat dann das Hopy Dunkel gewonnen. Und dann haben sie mir jetzt eine der ersten Flaschen von diesem dann groß gebrauten Gewinnersud geschickt. Ich habe es aber selber noch nie probiert, deswegen werde ich das jetzt mal tun. War eine ganz spannende Geschichte, weil wir in der Jury dann viel diskutiert haben, wenn ich diese Vorgabe gebe Hopy Dunkel, was ist wichtiger? Also das wir wirklich ein schönes Dunkel haben, dass da eben die Malzaromen, diese, ja, sagen wir mal Röstaromen, Schokolade, Kaffee, was da so dazugehört, eben schön präsent ist oder ist es wichtiger, dieses Hopy im Vordergrund zu haben, also sehr intensive hopfige, blumige, fruchtige, was weiß ich was für Aromen? Und da gab es dann tatsächlich logischerweise auch so zwei Strömungen in der Jury. Und auch von den eingereichten Bieren, da waren teilweise welche dabei, die waren hell. Was dann irgendwie schon ein bisschen grenzwertig war, fand ich. Bis hin zu eben absoluten stoutigen Röstgaranten, sage ich mal so. Aber dieses hier hat gewonnen, das war dann, glaube ich, ein ganz guter Kompromiss, auch ein ganz lieber Brauer. Ich mache mal auf, so. So, also in der französischen Bierwelt würde man das unter den Ambre wahrscheinlich, bernsteinfarbenen Bieren. Wobei es relativ dunkler Bernstein ist, also sowas zwischen Bernstein und Kastanie, könnte ich mir vorstellen. Der Schaum ist auch richtig schön getönt, lädt ein. Ja und in der Nase hat man tatsächlich diesen Twist, also einerseits ein bisschen so nussige Aromen, obwohl man das Röstige tatsächlich riecht. Aber auf der anderen Seite so Stachelbeere, ein bisschen tatsächlich auch so gelbe Früchte und ein bisschen rote Beeren vielleicht im Hintergrund, also tatsächlich auch schön fruchtig. Ich probiere mal. Hm, mhm, sehr fein. Also ein toller Twist. Das fängt relativ süß an, da kommen dann diese schönen malzigen Aromen. Dann kommt das Hopfige und hinten raus eine kräftige, lange, intensive Bittere, das macht das ganze schön rund. Also der Paul Schüssler hat es gewonnen, von Friedie´s Brauhaus. Kennen tatsächlich die ein oder anderen, haben wir hier auch schon im Podcast. Und wirklich, also auch jetzt, wo es ein paar Tage schon in meinem Kühlschrank steht, hat toll gewonnen, ist ein wunderbares Bier und hat auch zu Recht diesen Wettbewerb gewonnen. Sehr schön, mal was Kreatives. Und da sind wir ja schon wieder bei Frankreich, oder? Also wie kamst denn du überhaupt auf die Idee, dann nach Frankreich zu kommen?

Jonas: Ja, gut, das hat sich so entwickelt. Die ganzen Jahre war ich ja eigentlich im europäischen Umland unterwegs, muss man sagen. Genau, ich greife vielleicht mal ein bisschen zuvor noch. Während dem Studium war ich auch schon dann in Budapest für ein Erasmus-Jahr. Und in meiner Masterarbeit in Weihenstephan bin ich dann auch sechs Monate nach Irland gegangen und das war in Cork an der Universität bei der Professorin Elke Arendt. Und das hat ja schon der Martin Zarnkow erwähnt im letzten Podcast, dass er dort auch promoviert hat. Und zu der Zeit war der Martin Zarnkow mein quasi Masterarbeitvater. Insofern haben wir da diese Connection und ich muss sagen, eine sehr enge Verbindung. Und ich hoffe auch, dass ich ihn dieses Jahr bald wiedersehe und es wird wahrscheinlich so sein, weil er auch zu einer Konferenz kommt, die ich nachher noch kurz vorstellen werde. Und, genau, da war ich dann auch in Irland und bin da rumgekommen. Aber dann ging es für mich erstmal nach dem Studium in Freising fast ins Frankenland, aber noch auf der badischen Seite, da war ich dann bei der Distelhäuser Brauerei in Tauberbischofsheim. Und die ist ja jetzt nicht allzu klein, aber ich sage mal, für Deutschland eine mittelständische Brauerei, die sehr gut aufgestellt ist und natürlich eine ganz, ganz lange Tradition hat, auch beim Slow Brewing mitmacht. Heißt, da wird wirklich Wert drauf gelegt, dass die Biere lang ausgelagert sind und traditionell hergestellt werden. Und da war ich im Qualitätsmanagement als Betriebskontrolleur und war eigentlich für das Labor zuständig. Und das hat mir auch wirklich sehr, sehr viel Spaß gemacht dort. Und da freue ich mich auch immer, weil, das ist eine halbe Stunde von meinem Dorf weg, aber immer, wenn ich mal in die Heimat komme, dann wird eigentlich nur Distelhäuser Pils getrunken. Das überhaupt auch dieses Jahr oder letztes Jahr den goldenen Preis European Beer Star gewonnen hat für das Pils.

Markus: Völlig zu Recht. Und Distelhäuser überhaupt eine spannende Brauerei, weil sie eben so in diesem Feld zwischen Baden-Württemberg und Bayern und Franken irgendwie liegt und auch viel ausstrahlt. Also viel in die Würzburger Gegend auch exportiert zum Beispiel und da auch relativ bekannt ist. Und ich muss sagen, ich erinnere mich, ich weiß nicht, ob das zu der Zeit war, wo du da warst, da haben die mal ein neues Bier rausgebracht, das nannten sie dann Distel Blond. Also würde man die Werbung heute vielleicht schon wieder ein bisschen anders gestalten. Also damals war so eine nette blonde Dame aus den 60ern, würde ich sagen, auf den Covern überall, auf den Etiketten und so. Aber das hat ziemlich eingeschlagen und war eine sehr spannende Geschichte, eine der ersten traditionellen Brauereien, die mal so einen ganz anderen Weg gegangen ist. Ich weiß nicht, war das zu deiner Zeit?

Jonas: Ja, ganz genau. Und da war ich super froh drum, weil leider Gottes wurde uns in Freising damals noch nicht viel von Craft Beer vermittelt, da ist das noch nicht angekommen in Deutschland. Und als ich dann bei der Distelhäuser war, waren das tatsächlich die Ersten, die angefangen haben mit diesem Blond, was ja eigentlich ein American Pale Ale ist, unfiltriert. Und das hat allen so gut geschmeckt. Also mein Haustrunk war 80 Prozent nur dieses Distelhäuser Blond. Und ich bin sehr froh, dass sie es immer noch produzieren. Ich glaube, die Flasche hat sich geändert, bin mir aber nicht ganz sicher, aber es wird immer noch produziert. Und die Distelhäuser hat damals auch schon angefangen in ihrer Versuchsbrauerei mit Stout, mit Porter, mit IPA, dass dann auch auf einem großen Sudhaus gebraut wurde. Und die hatten damals auch diese Craft-Beer-Schiene, die dann aber leider nicht ganz so gut gelaufen ist zu dem Zeitpunkt und die wurde dann wieder eingestellt, soweit ich weiß.

Markus: Ja, das ist ja leider Gottes eine Entwicklung, die wir doch jetzt aktuell bei vielen Brauereien in Deutschland sehen, also dass das Sortiment kleiner wird, also sowohl vom Gebinde als auch von der Anzahl der verschiedenen Biere, die es gibt. Und, ja, also das vor keinem halt macht, auch nicht vor den großen Namen. Und das ist schon, ja, also zum allerersten Mal wehgetan hat es mir ein bisschen bei der Brauerei, die ich grade trinke. Weil, Maisel & Friend´s hatte ein wunderbares Schoko-Porter, also es war einfach ein schönes Porter mit ganz vielen Schokoladenaromen. Und das war eigentlich mein Lieblingsbier und das war so das erste Mal, wo ich da so mitbekommen habe vor ein paar Jahren, dass von dieser immer größeren Range diese Brauereien auch wie Stieg´l oder Riegele oder eben Maisel aufgebaut haben, dass man da dann zurückgeht und das wieder ein bisschen reduziert. Und das Porter war eben damals das erste Opfer, sagen wir mal sozusagen. Aber das nimmt tatsächlich zu, keine so schöne Entwicklung, muss ich sagen. Aber gut, bleiben wir erstmal bei dir. Also, genau, du warst jetzt dann, was war die letzte Station, wo wir drüber gesprochen haben, du warst dann bei Distelhaus, genau, also dort, genau.

Jonas: Da hatte ich auch die schöne Erfahrung, nach Schweden mal zu gehen. Da haben wir den Austausch gemacht über das Jis-Projekt. Das ist organisiert von Herrn Metzger von der Berufsschule Karstadt für die Brauer und der hat es damals ins Leben gerufen. Und der hat da unseren Flaschenkellermeister, den Ludwig gefragt, ob er nicht Lust hat, da mal einen Austausch zu machen, zwei Wochen? Und da habe ich gesagt: „Da komme ich auch mit.“ Und da waren wir dann in der Närke Brauerei in Ørebro in Schweden für zwei Wochen und haben da einen Austausch gemacht im Technischen und mal geschaut, wie die da so das Bier brauen. Und das war sehr, sehr interessant, eine sehr, sehr kleine Brauerei. Aber soweit ich weiß, sind die bei der Weltbier-Homepage immer noch auf dem ersten Platz mit ihrem sehr, sehr dunklen starken Stout. Heißt, die haben sich da spezialisiert auf diese starken dunklen Biere, wie man sie auch oft aus Schweden oder aus dem Norden kennt. Das war super interessant und mal in Schweden auch zum Austausch zu sein. Und, genau und dann ging es für mich eigentlich Richtung PhD, Richtung Doktorandenprojekt.

Markus: Nochmal ganz kurz zu dem Thema Schweden, das finde ich nämlich total spannend. Jetzt weiß ich gar nicht, ob wir uns da dann schon kennengelernt haben. Weil ich habe damals für einen Austausch, vor dem Herrn Metzger, ein Bierkulinarium gemacht und das war super spannend. Weil er hat mir damals erzählt, er hat eben jetzt für sein Hefeprojekt Leute aus Deutschland, aber auch Leute aus Schottland und aus Schweden. Und er wollte dann die irgendwie zusammenbringen an einem Abend, um so halt ein bisschen die Verständigung anzuregen und so, das war wohl eher am Anfang des Projektes. Und dann habe ich lang drüber nachgedacht, was tun? Und die Berit von Närke zum Beispiel kannte ich schon, weil die früher mit dem Andreas Gensthaler auch zusammen schon Sachen gemacht hat, der wiederum ein Freund von mir ist. Und habe dann so ein bisschen rumtelefoniert und mir überlegt und kam dann auf die Idee, okay, dann machen wir es einfach so, dass wir ein 10-Gang-Menü machen, wo wir immer eine Speise aus Schweden und ein Bier aus Schottland oder andersrum kombinieren. Und da gab es dann halt so Sachen wie zum Beispiel Surströmming, der Hering in der Dose, der dann platzt, wenn man ihn aufmacht und endlos stinkt. Oder Haggis zum Beispiel oder dann dieses Bier aus Schweden mit dem Drüsensekret von irgendeinem Tier, also eine sehr, sehr spannende Geschichte, bis zur Blausuppe. Und geändert hat es dann in einem fränkischen Finale. War auf jeden Fall ein sehr denkwürdiger Abend. Aber ich weiß nicht, da warst du wahrscheinlich noch nicht dabei, oder?

Jonas: Da war ich noch nicht dabei. Ich glaube, das war das Eröffnen von dem Hefeprojekt. Das muss das Jahr vorher gewesen sein, so dieses Inaugurationstreffen oder das war das Jahr danach, wo sie dann auch den Sud gemacht haben mit den Schotten, da bin ich mir nicht ganz sicher.

Markus: Ich auch nicht, aber ist ja nicht so wichtig. Aber ich fand es auf jeden Fall sehr spannend, weil wirklich die schwedische Craft-Beer-Welt ja auch nochmal was ganz anderes ist. Und Schweden ist so ein bisschen der Hidden Champion irgendwie. Also es gibt ja da auch 4-, 500 Brauereien, aber denken viele Leute ja so gar nicht dran, ist bei vielen nicht auf dem Schirm. Und spanend und cool, dass du da auch schon reingeschaut hast.

Jonas: Auf jeden Fall spannend, nicht nur Schweden, ganz Skandinavien. Und wenn man dann wieder ein bisschen weiter rüber schaut ins Baltikum, Litauen ist da natürlich auch ein Vorreiter und Estland, da sind sehr, sehr gute Brauereien. Und da braucht man gar nicht mit anfangen da mit Farmhouse Ales und diese ganzen Hefen, die da gezüchtet werden von den Hausbrauern. Also gigantisch, was da auch passiert.

Markus: Cool! Und dich hat es dann aber erstmal nach Belgien verschlagen, ne?

Jonas: Ich war auch in Belgien, aber ich war dann vor allem in Krakau, in Polen. Da habe ich mich beworben auf ein Doktorandenprojekt, dass es so eigentlich noch nie gab und auch dann nicht mehr weiter fortgeführt wurde. Da musste ich mich damals bewerben und auch mit schwerem Herzen dann von Distelhäuser weg, aber das Projekt hat sich zu gut angehört. Und zwar dass das European Joint Doctorate in full sciences, aber natürlich auf Bier spezialisiert, Projekt. Und da waren acht Stellen ausgeschrieben und das war für sechs Universitäten. Heißt, da war die Technische Uni Berlin dabei, dann war Carl Löwen dabei in Gent, die Universität Gent, Nottingham war dabei, Kopenhagen und Krakau. Und das ist natürlich ein super Angebot, wenn du weißt, dass du an sechs Universitäten deine Ausbildung kriegst. Und zusätzlich war da auch noch Carlsberg mit am Start, FlavorActiV, die diese Sensorikkapseln herstellen, die du ja kennst und die VLB in Berlin als wichtiger Partner. Und der letzte Partner war Bootmalt, der jetzt mittlerweile das größte Mälzereikonglomerat der Welt ist, soweit ich weiß. Genau und das war ein super Projekt. Und ich war vor allem in Krakau dann an der Universität als meine Hauptuniversität und als meine Zweituniversität war ich ein halbes Jahr lang in Gent an der Universität von Gent. Und das war wirklich ein super Projekt und mein Thema war eigentlich die Forschung an alternativen Rohstoffen zum Vermälzen und dann zum Bierherstellen.

Markus: Ja, da ging es vor allem um Linsen, habe ich gelesen. Kann man aus Linsen Bier brauen?

Jonas: Genau. Da kam so, also hört sich vielleicht ein bisschen verrückt erstmal an, aber wir haben uns da Gedanken gemacht, an was forschen wir man jetzt? Das ist ein europäisches Projekt, es sollte was ganz Neues sein. Und ich habe ja natürlich schon die Erfahrung gehabt von meinem Studium in Freising und dann habe ich mich noch weiter schlaugemacht und dann ein Liquid Show Review gemacht und geschrieben. Und dann kam es so raus, ja, es wurde natürlich schon an vielen geforscht und die meisten Getreide sind eigentlich schon so abgehakt, was angeht Bier und Mälzen, funktioniert es, funktioniert es nicht? Und da haben wir gesehen, ja, es gibt noch Möglichkeiten, aber warum nicht mal was ganz Neues machen, wo noch gar niemand dran geforscht hat und wo noch nix publiziert wurde? Und dann habe ich mir so Gedanken gemacht, vielleicht auch mal Hülsenfrüchte. Und im Endeffekt habe ich mich dann dafür entschieden, mich auf grüne Linsen zu spezialisiere. Weil, das Doktorandenprojekt war auf drei Jahre angesetzt, heißt, es war nicht viel Zeit. Da bin ich dann gleich ran und habe mich spezialisiert auf die grünen Linsen. Und habe vor der Mälzung natürlich ganz viele Analysen gemacht und dann bin ich Schritt für Schritt durchgegangen in den Laboranalysen. Bis zum Schluss, bis man da ein Bier gebraut hat auf einer 100-Liter-Anlage und das natürlich dann auch verkostet wurde. Und am Schluss dann die Doktorarbeit drüber geschrieben. Heißt, war was ganz Neues, mal einen neuen Weg gegangen. Aber die wichtigste Erkenntnis oder von meinem Doktorandenprojekt, es funktioniert, man kann mit grünen Linsen Malz herstellen und dann auch Bier.

Markus: Faszinierend! Kommt da von den Linsen auch ein Aroma ins Bier?

Jonas: Ganz klar! Und das ist ja bei Hülsenfrüchten immer so, wir wissen ja, wie es riecht, wenn man die kocht, ob das jetzt Erbsen sind oder Linsen oder Bohnen, die haben alle bestimmte Stoffe, die ein wenig so erbsig riechen. Und das Schöne beim Vermälzen ist, da kann man diese Stoffe dann auch abbauen. Weil erstmal tun wir ja das Korn keimen lassen und dann werden ganz viele von den Stoffen schon abgebaut. Und dann danach, wenn wir das abgarren, heißt trocknen, können wir ja nochmal einstellen, wie dunkle soll das Malz eigentlich werden. Und dadurch dann auch viele Maja-Aromen herstellen, Melanoidine, die dann richtig schöne Karamellaromen reinbringen, wo man danach dann gar nicht mehr dieses Erbsige hat. Heißt, da muss man einfach den Prozess anpassen und dann kann man das richtig schön einstellen und dann bringen die so was richtig schönes Nussiges rein in das Bier, also wirklich interessant.

Markus: Klingt nach einem Brown Ale, sehr schön. Aber heißt das, es wäre tatsächlich eine eventuell gangbare Alternative, solche Stoffe auch für das Bierbrauen zu verwenden oder ist das von der Technik oder von den Kosten her eher schwierig?

Jonas: Ganz klar, dass ist eine Option. Wenn wir in die Zukunft schauen sowieso, wir wissen ja, dass der Gerstenanbau zurück gehen wird, vor allem in Europa, aufgrund von der Klimasituation. Heißt, da kann man dann angepasste Linsen zum Beispiel anbauen stattdessen. Aber jetzt schon ist es auf jeden Fall eine Energieersparnis. Weil, ich habe gesehen, man braucht viel weniger Wasser zum Beispiel bei dem Weichen, was der erste Schritt ist bei der Vermälzung und danach, die Keimung an sich ist nur 50 Prozent der Zeit wie jetzt bei dem Gerstenkorn. Heißt, da haben wir schon mal wieder Zeit eingespart und dadurch hat man ganz viel Energie eingespart. Und leider Gottes natürlich, diese Hülsenfrüchte haben ein bisschen mehr Proteine wie ein Getreidekorn. Deswegen hat so ein Grünlingsmalz einen Extrakt von circa 60 Prozent, was im Vergleich Gerstenmalz mit 80 Prozent, was 20 Prozent weniger ist. Aber zum Beispiel genauso viel jetzt ein Buchweizenmalz oder ein Sorgummalz, die haben auch nicht mehr. Und was das Schöne ist bei dem Linsenmalz ist auch, da muss man das Korn nicht vorkochen, wie es jetzt zum Beispiel bei einem Mais wäre oder beim Reis, das kann man einfach mit einmaischen. Wenn man das gemischt mit einem Gerstenmalz, sind dann die Enzyme vom Gerstenmalz mehr als genug, um das dann auch mit zu verkleistern und dann zu verzuckern.

Markus: Hast du da jetzt quasi ein Patent drauf? Also wenn jetzt eine Brauerei sagt, sie möchte das gern machen, muss die zu dir kommen oder wie funktioniert das?

Jonas: Leider nicht. Ich hätte es machen können, falls ich nicht in einem europäischen Projekt gewesen wäre. Heißt, das Projekt war von der EU gesponsert und der Holer ist ein twenty-twenty und da darf man dann keine Patente anmelden.

Markus: Okay. Ist also offen für alle?

Jonas: Genau. Das ist ja die schöne Sache an der Wissenschaft von der EU, offen für alle und es ist alles publiziert, das ist frei zugänglich und jeder kann sich das anschauen. Und was vielleicht auch noch ganz interessant ist, mit so einem Linsenmalz, diese Hülsenfrüchte, die haben ja kein Gluten. Heißt, mit einem bestimmten Anteil von Linsenmalz kann man dann auch ganz schnell unter den Low-in-Gluten-Schwellenwert kommen und da dann ein glutenfreies oder ein weniger-Gluten-Bier herstellen. Das ist auch ganz interessant zum Beispiel.

Markus: Absolut. Das ist ja auch ein ganz neuer Trend, in Anführungsstrichen. Also ich habe das schon vor vielen Jahren in Italien kennengelernt, da ist das Thema glutenfrei ja schon lange sehr groß. Ich habe es dann in England mitbekommen und mittlerweile ist es auch bei uns durchaus eine Nummer oder auch in den USA zum Beispiel. Und das wird sicherlich zunehmen, also die Frage eben, wie man ein glutenfreies Bier herstellen kann? Und auf dem Weg ist es natürlich wirklich relativ einfach. Also bliebe noch die klassische Frage, ich überlege grade mal, nach dem Reinheitsgebot wird das wahrscheinlich schwierig, obwohl es sich um ein in Deutschland heimisches Produkt handelt, ne, aktuell zumindest noch, wird es schwierig?

Jonas: Genau. Ich denke, es wäre möglich, man müsste es halt unter einer Bierspezialität anmelden. Aber es sollte möglich sein, mit Linsen oder mit Linsenmalz zu brauen in Deutschland und dass das regelkonform ist, genau. Außerhalb von Deutschland gar kein Problem natürlich.

Markus: Ja, stimmt, als besonderes Bier geht es auf jeden Fall. Also sehr, sehr spannend, schöne Geschichte, also toll. Vielleicht für die Hobbybrauer unter uns, ist es kompliziert, so ein Linsenmalz selber herzustellen?

Jonas: Auf keinen Fall, das ist ganz einfach. Das Schöne ist, dass die Linsen eine ganz, ganz hohe Keimfähigkeit haben. Heißt, nach ungefähr, ich sage mal maximal 20 Stunden, aber schon so nach 16 Stunden sind die soweit angekeimt, dass man sie aus dem Wasser rausnehmen kann und dann vielleicht noch zwei Tage keimen und danach abtrocknen. Und das kann man ganz schön im Ofen machen, ohne Probleme. Ich würde da vorschlagen, um ein bisschen diese erbsigen Noten abzubauen und schöne Karamellaromen aufzubauen, würde ich so 100 Grad vorschlagen zum Abtrocknen. Also ganz langsam anfangen mit 50 Grad und danach bei 100 Grad ab dann und dann kann das jeder Daheim herstellen, gar kein Problem.

Markus: Und ich würde noch eine Rauchdarre dazu empfehlen, kann man ein Rauchlinsenbier machen, das ist bestimmt auch lustig. Schön!

Jonas: Ganz sicherlich, ist mal was Neues.

Markus: Ja, du hast jetzt grade erzählt, du warst in Krakau. Da war ich jetzt auch schon mehrmals, ist ja auch eine wunderschöne Stadt mit natürlich ganz, ganz viel Geschichte, auch Wissenschaftsgeschichte, immer hin- und hergewechselt zwischen allen möglichen europäischen Ländern. Und ist ja jetzt ganz lebendiger Bestandteil der genauso lebendigen polnischen Bierszene. Und ich glaube, du warst da ja auch in den entscheidenden Jahren, wo das in Polen so richtig losgegangen ist. Vielleicht magst du uns da noch ein bisschen was erzählen, wie du das so erlebt hast und wie es heute auch in Polen so ist.

Jonas: Als ich da dann nach Krakau kam für das Doktorandenprojekt, das war 2017, da war diese Craft-Beer-Szene schon in vollem Gange in Polen. Da war ich richtig überrascht, weil ich das ja auch so nicht aus Deutschland gewohnt war. Und das war tatsächlich so, dass es damals schon sicherlich fast 10 Jahre lang in Polen angefangen hat mit diesem Craft-Beer-Hype und dieser Craft-Beer-Szene. Heißt, das war in vollem Gange, als ich dort ankam und an jeder Ecke hat man da Craft-Beer-Kneipen gefunden oder wie sie sie dort nennen, die Multitabs mit ganz vielen Zapfhähnen. Und immer mehr Brauereien haben aufgemacht. Natürlich haben auch etliche zugemacht wieder, wie es nun mal ist in der Craft-Beer-Szene, aber dieser Hype war vorhanden und man hat ihn auch gespürt. Und das hat natürlich auch einen großen Einfluss gehabt auf die Unis dann. Bei uns im brautechnologischen Department haben wir dann immer mehr Anfragen gehabt, könnt ihr mal für uns einen Versuchssud machen auf eurer Versuchsanlage oder wollt ihr für uns nicht die Hefe propagieren, solche Sachen. Und wirklich interessant. Und da waren auch Bierstile, die man so vielleicht nur gehört hat, dass es die in den USA gibt. Aber ich muss ehrlich sagen, Polen war für mich da so einer der Ersten, der wirklich dann wie die Amerikaner das Craft Beer gemacht. Die Italiener waren natürlich noch ein bisschen vorher, aber die sind mehr traditioneller geblieben mit ihrer arti ginale. Und das war schon sehr, sehr interessant zu sehen in Polen, wie dieser Hype da tatsächlich angefangen ist und angenommen wurde.

Markus: Ja, auf jeden Fall ein Wahnsinn, auch wie jung das dort ist, wie lebendig, wie groß auch die Hobbybrauerszene dort ist. Und ich glaube, das ist auch genauso wie du es gesagt hast, das finde ich auch spannend, wenn man so Europa anschaut, die Italiener haben doch sehr auf Belgien geschaut zum Beispiel und auch zum Beispiel, die Franzosen schauen auch eher auf die belgischen Bierstile. Und es gibt eigentlich nur zwei Länder oder zwei größere Bierländer, sage ich mal, die Niederlande und Polen, die wirklich eher den amerikanischen Trend übernommen haben und gar nicht so in die Nachbarländer geguckt haben. Die baltischen Staaten wahrscheinlich auch, das könnte man sicherlich dazu auch rechnen, zum gewissen Teil auch Skandinavien. Aber das ist schon wirklich interessant, weil dadurch haben wir auch in Europa so eine ganz unterschiedliche Bierkultur. Aber das würde ich auch allen nur empfehlen, unbedingt mal in Polen vorbeizuschauen. Ich bin da immer öfter und habe da mittlerweile auch richtig gute Freunde, auch zum Beispiel in Grodzisz, wo eben das ursprüngliche Grodzisz, das Grätzer Bier herkommt. Oder auch viele, die einfach gutes Baltic-Porter machen, wo wir halt einfach dadurch auch zwei echte polnische Bierstile haben, wo sie auch sehr stolz drauf sind und auch sehr kreativ damit sind. Also habe ich wirklich ganz, ganz toll und positiv erlebt. Also, ja, war für mich einer der ganz großen Überraschungen in den letzten Jahren, wie schön und lebendig und offen auch die Bierszene in Polen ist.

Jonas: Umso mehr habe ich mich gefreut, dass ich nach meinem Doktorandenprojekt dann auch dort bleiben konnte. Weil da hat ja eine Brauerei aufgemacht, die dir was sagt, wo du ja auch schon öfters warst jetzt, in Krakau in der Studentenstadt und die haben einen Braumeister gebraucht. Und die haben gesagt: „Die Brauerei wird in zwei Monaten eröffnet, Jonas, hättest du nicht Interesse?“ Und da hat mich das sehr gefreut, dass ich dort bleiben konnte in Krakau. Und das ist die Browar Górniczo-Hutniczy, BGH abgekürzt, und das ist im größten Studentenveranstaltungszentrum von Polen. Und da warst du ja auch schon, Markus, ne?

Markus: Genau, da war ich auch schon, da ist jedes Jahr auch ein Bierwettbewerb und ein Kongress dazu. Und, ja, absolut faszinierend und auch von der Anlage her schön. Also ich finde es auch wirklich toll, wie grade dieses kreative Umgehen mit den Anlagen dort da ist und trotzdem aber auch eine richtig gute handwerkliche Tätigkeit. Also wenn man jetzt in anderen Ländern ist, dann hat man oft eine Brauanlage, da würde man jetzt in Deutschland sagen, hm, würde das Ordnungsamt vielleicht eher zumachen oder so. Und das hat man in Polen überhaupt nicht, also da ist alles pikfein sauber gepflegt und dazu aber noch diese kreative Ade. Das ist eine schöne Verbindung, finde ich.

Jonas: Auf jeden Fall. Also da legen sie sehr, sehr Wert drauf in Polen und es gibt kaum eine Brauerei, die nicht sauber ist oder auf dem neuesten modernsten Stand. Und sie kaufen sehr, sehr oft deutsche Ware. das ist teilweise aus Bamberg natürlich, ich werde jetzt nicht alle Markennamen nennen, aber aus Bamberg wird ganz viel in Polen gebaut, Sudhäuser, aber auch andere deutsche Hersteller, die dort gut verkaufen in Polen. Und das ist natürlich schön zu sehen, dass sie da auch wirklich Wert drauf legen auf das Material.

Markus: Ja, das auf jeden Fall. Und da hast du dann ungefähr zwei Jahre noch verbracht oder drei Jahre, in Polen?

Jonas: Genau, da durfte dann auch zwei Jahre sein und alle Bierstile entwickeln, alle Rezepte schreiben, alle Prozesse festlegen. Heißt, das hat mich sehr, sehr gefreut, dass mit aufzubauen. Und ich durfte es dann auch übergeben an einen guten Freund, der jetzt Braumeister ist. Aber das Schönste natürlich für mich ist, dass die Rezepte die gleichen geblieben sind und immer noch bei jedem Wettbewerb, bei dem sie mitmachen, ganz viele Preise gewinnen. Also die ganzen traditionellen Bierstiele wie Pils, Märzen, Weißbier, der Maibock, die gewinnen immer Preise und da bin ich ganz froh drum. Und umso mehr freue ich mich natürlich, wenn ich immer wieder zurückkommen kann ab und zu und die dann wieder probieren kann.

Markus: Und ich muss wirklich sagen, was mich fasziniert, ich tue mich unheimlich schwer mit der polnischen Sprache. Du hast das aber in der kurzen Zeit ganz gut gelernt, ne, wie macht man das?

Jonas: Ja, klar, also ich habe es irgendwann dann angefangen, doch zu lernen nach so eineinhalb Jahren dort mit einer Sprachlehrerin. Natürlich hat es auch geholfen, dass ich eine polnische Freundin hatte, da ist man dann noch mehr unter Zugzwang. Aber wenn man erstmal reingekommen ist, dann macht es wirklich Spaß, da mit den Einheimischen zu reden. Die Polen sind sehr, sehr offen und man kann Fehler machen mit polnisch. Sie reden auch alle super Englisch, heißt, da kann man immer hin- und herschwenken und das macht sehr, sehr viel Spaß, diese Sprache zu lernen. Und ist sehr hilfreich auch mit anderen slawischen Sprachen. Und, genau, das bringt mich vielleicht zum nächsten Punkt, nachdem ich dann in der Brauerei war dort in Krakau, da war es dann halt leider so, dass ja Corona kam und dann ist es nicht so ganz gut gelaufen. Und ich musste aber noch meine Doktorarbeit fertigschreiben, aber habe nie Zeit dafür gehabt. Und dann habe ich gesagt: „Ich mache eine Auszeit für ein halbes Jahr.“ Und da habe ich ein Angebot bekommen von einem Freund von mir, das ich ein halbes Jahr lang in Montenegro auf ein Steinhaus in den Bergen aufpassen kann. Da habe ich gesagt: „Da fahre ich hin und da schreibe ich meine Doktorarbeit, das Buch und bin in der Natur.“ Und das hat auch super geklappt und war eine wunderbare Zeit, mit viel Hausbrauen dann in dem Steinhaus, was natürlich auch wieder schön war, dass ich nicht vom Bier weggekommen bin und vom Brauen.

Markus: Also das klingt ja wirklich faszinierend! Steinhaus in den Bergen ist praktisch eine Hütte nur aus Stein und schon relativ weit oben oder wie muss man sich das vorstellen?

Jonas: Ja, das war auch mal eine Ölfabrik und das wurde umgebaut zu einem Wohnhaus, also schon recht groß. Und das war in den Bergen auf so ungefähr 1.000 Meter Höhe, aber das waren nur fünf Kilometer unten vom Meer weg. Heißt, man konnte mit dem Fahrrad auch mal ans Meer runterfahren oder hoch in die Berge zum wandern. Also wunderbar, der beste Platz, um eigentlich eine Doktorarbeit zu schreiben. Nach einem halben Jahr war es dann auch in Ordnung und drum bin ich dann nach Frankreich gekommen.

Markus: Ja, aber das finde ich schon, also sowas, muss ich sagen, hätte ich in meinem Leben auch gerne mal gemacht, also für so ein halbes Jahr mal komplett für sich, auf sich konzentrieren und so ein Projekt durchziehen mit der Natur. Klingt auf jeden Fall irgendwie sehr romantisch. Hatte wahrscheinlich auch seine Tücken, aber, ja, vielleicht auch spannend eben oder gut für dich, um diesen Übergang dann woandershin wieder hinzubekommen. Und das hat sich dann schon währenddessen abgezeichnet mit Frankreich oder erst später?

Jonas: Ganz genau. Nein, es war ja klar, dass ich nachdem, wenn die Doktorarbeit fertiggeschrieben ist, mich wieder wo bewerbe. Und es waren ein paar Sachen in Aussicht. Im Endeffekt habe ich mich dann entschieden zwischen Schweden auch wieder, Schweden, Deutschland oder Frankreich, welcher soll es werden? Und im Endeffekt habe ich mich dann für Frankreich entschieden. Schweden war mir zu dem Zeitpunkt ein bisschen kalt, Deutschland war mir zu früh, wieder in die Heimat zurückzukommen. Und Frankreich hat mich ein bisschen gereizt, weil ich die Sprache schon fast vergessen hatte von der Schule her. Und da dachte ich, Sprache wieder lernen, die Brauerei ist super aufgestellt und die sind am wachsen und da kann ich neue Rezepte einbringen. Heißt, habe ich mich für Frankreich entschieden und das war auch die richtige Entscheidung so, ja.

Markus: Das heißt, die haben dich gezielt kontaktiert oder hast du es irgendwo gefunden?

Jonas: Die haben das ausgeschrieben gehabt bei LinkedIN und da habe ich mich dann beworben und da haben sie mich eingeladen. Und haben wir uns super verstanden gleich und so kam das zustande.

Markus: Fantastisch. Apropos, wie geht es denn deinem Vitus, ist da überhaupt noch was davon da?

Jonas: Grade eben den letzten Schluck getrunken.

Markus: Hah, was für ein Timing. Hast du dir noch ein zweites aufgehoben oder denkst du, es reicht erstmal?

Jonas: Ich habe den Vitus nicht ganz leer getrunken, heißt, nur die halbe Flasche, aber das Teku-Glas ist grad leer.

Markus: Okay.

Jonas: Und ich habe noch ein zweites Bier, das vielleicht ganz interessant ist, um es vorzustellen, ja.

Markus: Na dann, auf, auf.

Jonas: Gut. Ich schwenke nochmal das Glas aus mit Wasser.

Markus: Natürlich, mache ich bei mir auch mal schnell.

Jonas: Also ich habe noch ein Bier gefunden, dass ist von der Nothern Monk Brewery, die sind in Leeds in England. Und die sind hier in Frankreich, nicht nur in Frankreich, auch in England und Europa, aber vielleicht weniger in Deutschland, die sind sehr bekannt hier für ihre Craft-Biere. Heißt, die machen diesen ganzen verrückten Stouts und ganz viele IPAs. Und hier habe ich ein Bier, das heißt Nord. Das ist ein Hazy IPA, heißt New England IPA. Und das ist zusammen gebraut mit der Mack Brauerei. Ich weiß nicht, ob die dir was sagt, die ist in Tromsö, in Norwegen, das ist die nördlichst gelegene Brauerei der Welt. Und da haben die dieses New England IPA gebraut zusammen, 6,2%. Und da bin ich mal gespannt, weil ich hier in Frankreich viel stärker mit den New England IPAs zu tun hatte wie zuvor und auch ganz viele braue. Insofern ist das für mich ganz interessant, wie jetzt dieses hier ist. Dann machen wir mal auf.

Markus: Ja, mach mal auf, da bin ich gespannt. Und, ja, vielleicht währenddessen kurz erzählt, in Leeds, da war ich auch schon mehrmals. Ist eine wahnsinnig interessante Stadt, auch von ihrer Geschichte her. War mal praktisch die Textilhauptstadt der Welt und hat daher auch noch richtig viele historische Gebäude eben aus den Anfängen der Industrialisierung. Hatte damals auch globale Bedeutung, unheimlich viel Geld. Ganz interessant, das sieht man zum Beispiel, ein Industriegebäude ist so ein bisschen nachgebaut nach einem alten ägyptischen Tempel, also wir faszinierend. Es gab so einen Turm in der Stadt, der so aussieht wie so ein italienischer Glockenturm und so, also wirklich sehr interessant aus dieser Zeit. Und sie sind eben jetzt auch in dieser ganzen Craft-Beer-Bewegung durchaus mit dabei. Ich habe drei Brauereien dort kennengelernt, einmal den Klassiker, sage ich mal in Anführungsstrichen, Kirkstall, das sind so mit die Ersten. Und der Inhaber vor allem hat viele andere mit initiiert, ganz spannende, interessante, tolle Geschichte. Die haben auch viele schöne Pubs, also lohnt sich auf jeden Fall, da mal hinzuschauen. Und dann war ich bei North Brewing, die jetzt mittlerweile soweit ich weiß, auch von Kirkstall mitgeführt werden, aber noch eigenständig brauen. Die haben sogar zwei Braustätten, sehr schöne klassische britische Biere auch. Und dann eben Nothern Monk, die in so einem alten Backsteinkogus sitzen, etwas außerhalb der Innenstadt, würde ich sagen. Im Keller eben die Brauerei, oben drüber ein ganz schöner, moderner, toller Taproom. Und die sind wir total experimentell, total kreativ, mit sehr vielen interessanten, spannenden Bieren, bis hin zu irgendwelchen Pastry Stouts und was weiß ich was. Also da habe ich schon alles Mögliche probiert und auch alles wir sehr, sehr gut. Sehr interessant, tolle Ecke auf jeden Fall. Und, ja, weiß nicht, warst du da schon mal vor Ort?

Jonas: Nein. Hört sich aber gigantisch an, also da müsste ich auf jeden Fall mal hin und die Biere probieren dort vor Ort natürlich. Es schmeckt vor Ort immer besser wie exportiert und hört sich echt super an.

Markus: Ja, also wirklich wunderschön, auch der Fluss, der Kanal. Und man darf auch nicht vergessen, um die Ecke liegt Tadcaster, wo Sam Smith ist mit der Brauerei, die auch unglaublich ist als historische Brauerei einfach, was man dort alles sehen und erleben kann, die Biere sowieso. Also, ja, England überhaupt auch immer eine Bierreise wert aus vielen Gründen, in vielen Dimensionen. Aber ja, wir schweifen ein bisschen ab. Wobei, wir schweifen gar nicht ab, wir sind ja bei deinem Bier. Wie ist es denn?

Jonas: Also vom Aussehen her wie es sein soll. Man kann nicht durchschauen, es ist wirklich sehr, sehr trüb. Ja, es sieht auch schon cremig aus. Und die Farbe ist wie ein leicht dunklerer Orangensaft, ein bisschen wie ein trüber Apfelsaft, aber in der Nase auf jeden Fall wie es sein soll, sehr citrusartig, Grapefruit. Also auf jeden Fall mehr bei den Citrusfrüchten als wie Ananas, ganz leicht Kokosnuss. Aber im Geschmack ein bisschen atypisch für ein New England IPA, mehr grüne Aromen, so ein bisschen mehr, ja, vegital sagt der Franzose. Also ist mehr gewürzartig jetzt im Geschmack und, ja, mehr diese grünen Aromen. Das ist interessant, aber nicht schlecht, also ist auf jeden Fall ein leckeres Bier.

Markus: Na fein, Glückwunsch auf jeden Fall. Und ist ja auch schön, mal diesen anderen Weg zu gehen. Weil ich denke, diese extrem Fruchtigen, da gibt es ja jetzt ganz, ganz viele. Und wir können auch gleich nochmal sprechen über diesen ganz neuen Trend mit diesen fire-list-Bieren, wo man dann eben nochmal richtig über die Thiole Fruchtaromen da rausholt. Ich muss sagen, ich mache auch mal schnell mein Bierchen auf, ich habe mir auch noch eins rausgesucht. Und zwar habe ich noch so ein weihnachtliches Überbleibsel gefunden, könnte man sagen. Und zwar habe ich von Kühn Kunz Rosen ein Bierchen bekommen, das nennt sich Schrille Nacht. Und das ist auch witzig, weil den Inhaber kenne ich schon ewig. Der Wendelin, der war damals in einem unserer allerersten Masterclasses von der BierAkademie und seitdem sind wir in Kontakt geblieben und auch immer wieder bei Bierveranstaltungen gesehen. Und der macht immer so einen Ritt auf der Rasierklinge zwischen dem, was er eben so machen darf und was er machen will. Und schafft es aber eigentlich sehr, sehr gut, auch mit sehr vielen kreativen Bieren. Und hier haben wir eine Kooperation auch, also er hat nicht alleine, sondern in dem Fall mit, auch in Mainz, Schwarze Rose, Sind vier Jungs, soweit ich weiß, die sich da eben seit ungefähr 2019/20 auch dem Bier verschrieben haben und halt eben ein deutsches Weihnachtsbier gemacht. Wobei, sie nennen es Winter IPA, Winter Indian Pale Ale. Und, ja, habe ich schon gesagt, dass es Schrille Nacht heißt, ich weiß es nicht, aber ich sage es nochmal. Und mache ich mal auf, Schrille Nacht. So. Also Farbe jetzt hier etwas heller. So, Wald, na, hm, hm, hm, überlege, BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de Honig, aber ist kein Waldhonig, das wäre dunkler. Also vielleicht so eine Mischung aus Wald- und Blütenhonig, wenn es sowas gibt, keine Ahnung, aber BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de so. Und, oh ja, in der Nase sehr viel die Gewürzaromen, Kardamon, Piment, Citrus, ein bisschen auch so teeartige Aromen, ein bisschen Apfel, Birne. Mhm, interessant. Ganz im Hintergrund tatsächlich auch ein bisschen Bier und ein bisschen Honig. Schauen wir mal. Mhm, ah ja, tolle Mischung. Also geht auch wieder eher süßlich los. Wobei es gar nicht so stark ist, hat 6,8. Dann sehr cremig, sehr moussierend auf der Zunge. Und da kommen dann tatsächlich einerseits die Bittere und andererseits die Gewürze mit den ganzen ätherischen Ölen. Und schmeckt man auch, da sind auch so Tannen- oder Kiefernnadeln drin, das kommt ganz stark und bleibt dann auch lang. Und hat dann fast so ein bisschen eine mentholige Wirkung, also erfrischt so ein bisschen, vor allem im Nachtrunk. Tolle, spannende Reise. Hat ein bisschen auch die Stachelbeeren, die ich grade schon bei dem anderen Bier hatte. Also, ja, interessant. Also es geht auch in Deutschland und es gehen auch solche kreativen Biere. Sehr schön, schmeckt. Also Schrille Nacht, auch eine Empfehlung, falls es das in diesem Jahr wieder geben sollte. Fein. Ja, da sind wir auch schon bei den ganz Kreativen. Ja, da sind wir jetzt schon bei den ganzen richtig kreativen Bieren und vielleicht dann auch tatsächlich ein bisschen bei dir in Frankreich angekommen. Da kannst du uns vielleicht auch ein bisschen mitnehmen auf diese Reise. Also du kommst da an und ich weiß nicht, wie viel Vorwissen du hattest, aber das muss ja auch dann die Zeit gewesen sein, wo in Frankreich grade so das Richtung Höhepunkt gestrebt ist. Also heute haben wir ja, ich würde sagen, es sind jetzt wieder so 3.500 Brauereien, es waren mal über 4.000 kurz, aber eine riesen Zahl auf jeden Fall. Viele, viele kleine, viele, viele Experimente und eben sehr, sehr viel Kreativität, sehr kreativ, sehr wirbelig irgendwie die Szene. Und, ja, wie hast du das erlebt und wie hast du dich da eingefügt und was hast du dann in deiner Brauerei sozusagen draus gemacht?

Jonas: Ja, genau, also das war wirklich eine Überraschung und war wunderbar zu sehen, was es hier denn auch für eine Biervielfalt gibt. Natürlich viele kleine Brauereien, wie wir gesagt haben, die sich auf belgische Bierstile festgelegt haben, aber auch ganz, ganz viele neue Craft-Bier-Brauereien, die hier waren als ich ankam und die immer noch aufmachen. Heißt, als ich hier angekommen bin, das war dann grad noch das Ende von Covid, von Corona, da war dass das erste Jahr, wo eigentlich wieder hier aufgemacht wurde im Frühjahr und die Brauerei durchstarten konnte mit ihrem Verkauf auch vor Ort. Und wie vorher schon gesagt, unsere Hauptsorten sind eigentlich diese Grundsorten, ein Doppelbock, ein American Pale Ale, ein IPA, ein Weißbier, ein bayrisches und ein Schwarzbier. Aber von dem an der Seite haben wir als Brauer, also wir sind vier Brauer, ich als Braumeister und die drei anderen Brauer dazu, da können wir machen was wir wollen. Und da tun wir natürlich dann brainstormen, welche Biere wären gut? Wir müssen uns natürlich mit dem Verkauf auch kurzschließen, was würde er am liebsten verkaufen? Und der Verkauf verkauft natürlich am liebsten auch Craft-Biere momentan, die IPAs sind. Heißt, wir machen ganz viele New England IPA-Sachen, Dubble New England IPA, wo dann viel mit Haferflocken gebraut wird, viel mit starkem Weizenmalzanteil. Aber was wir auch gemacht haben jetzt in letzter Zeit, waren diese Pastry Sours. Heißt, ein sauervergorenes Bier im Würzekessel und danach abgekocht und normal vergoren mit der Hefe. Und das dann mit ganz vielen Früchten vermischt, mit Vanille, eventuell mit Laktose und das ist dann wirklich dieses Pastry, dieses Gebäck. Und diese Biere sind auch sehr, sehr interessant und ich bin sehr, sehr froh drum, dass ich das hier brauen kann in Frankreich, da ja alles außerhalb vom Reinheitsgebot ist. Und hier ist es auch kein Problem, mal Enzyme zuzugeben, weil, es ist außerhalb vom Reinheitsgebot hier. Und manchmal macht es auch Sinn, wenn man zum Beispiel ein Puree-IPA macht, heißt, ein Trocken-IPA, wo dann wirklich kein Extrakt mehr drin sein soll. Und diese Biere sind auch wirklich interessant und gigantisch.

Markus: Ja, also das klingt nach einer tollen Spielwiese auch für Brauer. Und ich erinnere mich da an ein lustiges Erlebnis mit meinen englischen Beer-Judge-Kollegen Tim Web. Mit dem war ich in Krakau vorletztes Jahr beim Bierwettbewerb und er sollte dann in der Kategorie Pastry Sour die Biere bewerten. Und er hat ich dann geweigert und hat es tatsächlich nicht gemacht, weil er gesagt hat, für ihn ist das kein Bier. Und daraus hat sich dann große Diskussion entsponnen. Wobei ich sagen muss, also für mich ist es auf jeden Fall auch Bier, man muss diese ganzen verschiedenen Dinge einfach so nehmen wie sie sind und halt dann als Judge auch innerhalb der Kategorien, wo sie sind, entsprechend bewerten. Aber tim ist natürlich auch eine Koryphäe und eine Legende. Das ist so jemand, dem kann man das auch nicht krummnehmen, zumal er das auf eine sehr charmante englische Art gemacht hat und wir genügend Judges waren, um das dann noch zu beurteilen. Und dann hast du aber oft auch auf der anderen Seite Leute, die sagen: „Naja, so ein Pastry Sour, da kippst du halt ein bisschen was zusammen und dann kommt immer irgendwie was dabei raus.“ Aber das stimmt gar nicht. Also das wirklich genau zu harmonisieren, zu balancieren, dass dann am Ende auch was schön Trinkbares, ein tolles Erlebnis dabei rauskommt und alle Zutaten irgendwie erkennbar sind, das ist gar nicht so einfach, oder?

Jonas: Ganz genau, das muss alles miteinander harmonisieren. Das fängt schon an mit der Milchsäuregärung, die muss ja auch schön ablaufen, da muss man die richtigen Milchsäurebakterien raussuchen. Und wenn das schon nicht funktioniert, dann ist es schon nicht harmonisiert danach. Dann, natürlich kommt es drauf an, welche Früchte man sich raussucht. Aber das muss ja auch ausbalanciert sein von der Menge her und dann alles ausbalanciert mit der Vanille, wie viel Restextrakt man drin hat. Heißt, dass ist nicht ganz einfach und insofern ist das schon ein Stil, der zurecht vorhanden ist. Und ich würde es auch ein Bier nennen. Nichtsdestotrotz sage ich auch, mir ist ein Pils lieber. Aber ein Pastry Sour ist auf jeden Fall auch zu Recht ein Bierstil, auf jeden Fall.

Markus: Ja, das sind irgendwie so zwei Lehren, die ich über diese ganze Craft-Beer-Welle gewonnen habe. Also auf der einen Seite diese Vielfalt und Kreativität unglaublich zu schätzen und zu würdigen und zu respektieren, aber auf der anderen Seite auch wirklich wieder zu schätzen, was ein richtig gut gebrautes klassisches Pils, Helles, Dunkles, wie auch immer, sein kann. Also irgendwie für beide Seiten hat das für mich eine Aufwertung gebracht und das finde ich auch wirklich gut, weil letzten Endes kommt das ja dann dem Bier an sich zu Gute, könnte man so sagen. Wie sind denn die Franzosen in der Brauerei, was kommen denn da für Leute, was trinken die gerne? Gibt es da auch bestimmte Kombinationen vielleicht mit dem Essen, was es gibt oder so?

Jonas: Ja, sicherlich. Also bei uns machen wir viele Food Paring und wir schlagen immer vor, welches Bier zu welchem Gericht passt. Und die Franzosen sind, wie ich vorhin am Anfang gesagt hab, ganz viele kennen einfach nur die Farben von einem Bier und wissen dann gar nicht, was es eigentlich ist. Heißt, unser Service tut die dann auch ein bisschen aufklären und erklärt jeden Bierstil und wie er schmeckt und welche Aromen der hat. Es ist ganz wichtig, da auch ein bisschen die auszubilden, die Klienten. Und, genau, die sind sehr fokussiert auf diese neuen Craft-Beer-Stile. IPA ist eigentlich immer zu finden in jeder Kneipe, findet man neben einem Lager auch ein IPA. Das wird so in Deutschland ja nicht sein. Und das ist eine schöne Entwicklung auf jeden Fall. Und was bei uns noch ist, die Leute sind sehr interessiert, unsere neuen saisonalen Biere immer zu probieren. Heißt, die kommen natürlich dann vorbei und sagen: „Habt ihr was Neues, was gibt es hier?“ Und da haben wir auch immer, das habe ich noch gar nicht erwähnt, immer diese Barrel-Aged-Biere, wo ich jedes Jahr eins mache. Ob das jetzt ein Baltic Porter ist oder ein Imperial Stout, die haben wir auch immer da. Und dann werden die auch teilweise mit Stickstoff gezapft, dass die noch ein bisschen cremiger sind wie so ein Stout. Und da muss ich sagen, sind die französischen Leute sehr, sehr interessiert. Aber, wie wir grad gesagt haben, auch wie die Brauer, ist das Blonde, das Lagerbier hier immer noch im Vordergrund. Und da habe ich bei uns in der Brauerei auch ein Lager entwickelt mit einer neuen Hefe. Eine neue Hefe, die bei höheren Temperaturen vergären kann und somit das Bier ein bisschen schneller herstellen können wie die traditionelle Lagerherstellung. Und dieses Bier schmeckt klasse und mittlerweile ist das unser zweitbester Verkaufsschlager schon, dieses Lagerbier. Heißt, die Leute wollen Neues, aber natürlich wollen sie auch ein richtig schönes knackiges und sauberes Lagerbier.

Markus: Genau und beides zusammen ist ja eigentlich immer so die Idealvorstellung, die man in so einer Kneipe praktisch hat. Ich war letztes Jahr in Frankreich in Nancy, da war unter anderem auch ein Kongress und eine Messe auch, wo man viele Brauereien auch kennengelernt hat. Dieses Jahr ist das Brewers Forum ja in Lille. Ich weiß nicht, ob wir uns da vielleicht sogar sehen, müssen wir mal schauen. Und ich muss sagen, ich habe so ein bisschen auch gemerkt, dass in Frankreich eben die Sputze wohl so ein bisschen erreicht ist und wir so ein bisschen übers Zeit jetzt rübergehen. Es hat eben auch schon abgenommen, natürlich auch wegen der aktuellen Energiepreissituation und so. Wie erlebst du die französische Brauereiszene grade?

Jonas: Ka, leider Gottes ist es so, dass wirklich einige kleine Brauereien zumachen. Ich merke es hier in der Region auch ganz stark, weil hier in Nantes und im Umkreis gibt es sicherlich 40, 50 Brauereien, wo von viele natürlich auch ganz klein sind und da machen schon einige zu, man bekommt es mit. Und ich bekomme es dann natürlich auch mit, dass die Braumeister oder die Besitzer dann neue Arbeit suchen wollen. Insofern ist das schwierig, die Situation. Und man muss sich wirklich gut aufstellen als Brauerei, man muss ein gutes Wachstum haben und man muss gut verknüpft sein mit den Distributoren auch zu den einzelnen Kneipen. Heißt, wie du sagst, in Frankreich geht es leider natürlich auch jetzt ein bisschen in die Rezension, was Brauereineuaufbau und was an Brauereien zumacht, sind mehr und mehr Brauereien momentan.

Markus: Ja, aber trotzdem bleibt ja ein Großteil der Vielfalt und das ist ja auch schön. Wie sind denn deine weiteren Pläne? Also ich glaube, du wirst jetzt in Frankreich nicht mehr allzu lange bleiben, oder?

Jonas: Genau. Also ich habe vorgesehen damals, dass ich ungefähr zwei Jahre hier bleibe. Und so habe ich es mir jetzt auch weiter vorgenommen und ich werde so in ein, zwei Monaten hier die Seile abbrechen und habe schon drei, vier neue Sachen im Gespräch, wo ich anfange. Da will ich noch nicht weiter vorneweggreifen. Aber was ich vorher noch mache, ich helfe meinem ehemaligen Doktorvater von Krakau momentan dabei, seine brautechnologische Konferenz vorzubereiten. Die ist in der Nähe von Krakau und die ist alle zwei Jahre und das ist eine sehr, sehr interessante Konferenz. Da wird auch der Martin Zarnkow vorbeikommen und eine Präsentation geben. Heißt, da freue ich mich, wenn ich ihn wiedersehe. Und vielleicht willst du ja auch vorbeikommen, Markus, das ist wirklich sehr interessant. Sehr schön gelegen in den Bergen auch, so in den Hügeln und ein sehr schönes Hotel mit Wellness, kann man nur empfehlen.

Markus: Also es klingt immer besser. Wann wird das denn ungefähr sein?

Jonas: Diese Konferenz, die heißt SZDF, das ist szdf.com und die ist vom 8. bis zum 10. Mai.

Markus: Ah ja, okay. Na, da werde ich gleich mal, wenn wir fertig sind, im Kalender schauen, würde ich, wenn es irgendwie geht, tatsächlich gerne machen, weil ich auch noch nie im Sommer in der Ecke da unten war, sondern immer nur im Winter mit ganz viel Schnee und Eis. Was auch schön ist, aber wäre auch mal schön, dass dort im Sommer bei warmen Temperaturen zu erleben. Ja, cool. Also vielen Dank für diesen tollen Einblick in deine Welt und deine Geschichte. Gibt es sonst noch irgendwas, was du uns mit auf den Weg geben willst oder unseren Zuhörer: Innen?

Jonas: Nein. Ich möchte mich auch recht herzlich bedanken für das schöne Gespräch und für den Austausch. Und ich hoffe, wir sehen uns natürlich in Polen dann zur Konferenz. Wenn nicht, wie du gesagt hast, in Lille, denke ich auch, dass es möglich ist. Und wenn alles nicht klappt, dann komme ich einfach nach Bamberg.

Markus: Das sowieso, also da bist du immer herzlich eingeladen und sehr, sehr gerne gesehen, freue ich mich drauf. Aber ich bin mir ziemlich sicher, eine der beiden anderen Wege wird vorher auch funktionieren. Also dir auf jeden Fall heute noch einen schönen Tag, gut angefangen mit guten Bieren hast du ihn. Vielen Dank auch für die Biere, über die du uns erzählt hast und für deine Zeit sowieso. Und ja, dann alles Gute und bis bald.

Jonas: Vielen Dank dir, Markus.

 

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 130 – Interview mit Jean Pierre Bourg, Bierliebhaber aus Frankreich und Franken

In der heutigen Folge von BierTalk tauchen wir ein in eine Geschichte, die nicht nur die Grenzen von Ländern, sondern auch von Kulturen und Generationen überschreitet. Unser Gast, Jean Pierre Bourg, ein französischer Bierenthusiast, hat seine Liebe zum Bier aus seiner Heimat mitgebracht und sie in der herzlichen Umarmung Frankens wiederentdeckt. Von den windgeküssten Küsten Le Havres bis zu den gemütlichen Brauereien Oberfrankens, Jean Pierres Reise ist eine Hommage an die universelle Sprache des Biers. Heben Sie mit uns das Glas auf die Entdeckung von verborgenen Bierjuwelen, auf die Freude am gemeinsamen Genuss und auf die unzähligen Geschichten, die in jedem Schluck stecken. Willkommen bei BierTalk – eine Folge, die beweist, dass es nie zu spät ist, seine Leidenschaft zu leben und dass die Liebe zum Bier keine Grenzen kennt…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute gibt es tatsächlich wiedermal etwas Besonderes und zwar sind wir zwar in Bamberg, aber wir haben trotzdem einen internationalen Gast, nämlich Jean Pierre Bourg aus Frankreich, jetzt habe ich es doch wieder falsch ausgesprochen – Bourg – jetzt war es, glaube ich, richtig, aber er wird es gleich selbst nochmal sagen. Und, ja, aus Frankreich, aber er hat eine neue Wahlheimat gefunden nämlich Franken. Und das ist schön und schön, dass du hier bist, Jean Pierre und, ja, vielleicht stellst du dich erstmal kurz unseren Hörern selber vor.

Jean Pierre: Hallo zusammen! Ich bin der Jean Pierre Bourg, 71 Jahre alt, in die Rente gekommen, habe 50 Jahre lang 200 Meter vom Ozean in Le Havre gewohnt, also ein halbes Jahrhundert. Und mit der Rente, da ich kein Seemann bin, habe ich gedacht, na, am Meer kannst du nicht bleiben und verbringe deine Rente wo es dir gefällt. Und wo es mir gefällt, das ist Oberfranken und speziell die Fränkische Schweiz.

Markus: Und speziell die fränkischen Biere, das ist ja auch das, was uns ein bisschen zusammengebracht hat, was für dich ja auch ein bisschen Lebenselixier vielleicht auch ist. Wann beginnt denn deine persönliche Biergeschichte?

Jean Pierre: Also meine persönliche Biergeschichte beginnt schon mit der Geburt. Ich bin keine zehn Kilometer von einer Brauerei geboren, die heißt Brasserie Jenlain, genau Brasserie Duyck, die eine Linie Jenlain-Biere in Frankreich hergestellt. Und ist seit Anfang der 60er-Jahre hochgekommen durch die nahegelegene Großstadt Lille, Universitätsstadt. Und dieses Bier, dieses Bière de Garde hat einen großen Andrang bei den Studenten gefunden. Also ich bin zehn Kilometer geboren davon und auch zehn Kilometer von einer etwas kleineren Brauerei, die es damals noch gar nicht gab. Diese Brauerei hat eine spezielle Besonderheit und zwar, die liegt genau auf der Grenze zwischen Belgien und Frankreich, belgisches en Nord und Frankreich Departement de Nord. Wenn du in die Brauerei reinkommst, bist du in Frankreich. Wenn du in der Wirtschaft bist, bist du noch in Frankreich, bestellst du eine Kiste 75-Zentiliter-Flaschen Bier, musst du zwei Meter weiter kommen an die Rampe und dort bist du in Belgien und gibst deinen Zoll da, ja, unglaublich.

Markus: Und wie heißt diese Brauerei?

Jean Pierre: Brasserie Au Baron, Au Baron.

Markus: Habe ich schon mal gehört.

Jean Pierre: Die bringen ein Bière de Garde, die mit Jenlain, also Jenlain sitze ich, eine tiefe Stufe, Cuvée des Jonquilles, die machen da. Das ist ein Bière de Garde, wirklich ein super Bier, einfaches Bier, aber trinkbar, trinkbar, trinkbar.

Markus: Da muss man vielleicht auch für die Hörer ein bisschen aufklären. Also Bière de Garde, das ist ein französischer Bierstil, ein obergäriges Bier, aber wenn man es übersetzt, heißt es ja eigentlich ein Lagerbier, also ein Bier, was gelagert wurde. Und wenn ich jetzt so von der Sensorik, würde ich sagen, dass ist so ähnlich wie ein Kellerbier hier bei uns.

Jean Pierre: So etwa.

Markus: Also ein sehr schön einfach trinkbares, ausgewogenes, angenehmes, rundes, weiches Bier. Meistens auch so bräunlich, nicht zu hell. Und, ja, also das kennt man bei uns ganz wenig und es gibt tatsächlich nur in dieser Ecke, glaube ich, Brauereien, die das traditionell herstellen.

Jean Pierre: Nein, nein, Bière de Garde, die kann man schon mit einem Saison vergleichen. Die war gebraut, um die Leute, die auf den Feldern arbeiten im Sommer, also etwas Flüssigkeit zu geben. Aber die Bière de Garde, das ist schon fast ein Bock, also ein Bière de Garde, Cuvée des Jonquilles, das sind 7%.

Markus: Oh!

Jean Pierre: Aber die merkst du nicht. In der Wärme, das passt, passt, passt, trinkbar, trinkbar.

Markus: Ja und man weiß ja auch nicht, wie diese Biere früher waren. Da waren sie wahrscheinlich nicht so stark vom Alkohol.

Jean Pierre: Ja, ja.

Markus: Aber nichtsdestotrotz und schön finde ich auch, man kann die ja in der Regel, wie du schon gesagt hast, auch in dieser großen Flasche kaufen, zum Beispiel gibt es ja 0,75. Also da ist das dann schon auch eine Ansage, dass muss man dann auch erstmal schaffen.

Jean Pierre: Ja und das ist ja auch ein Fall, aber diese 75-Zentiliter-Flasche ist praktisch, um ein Bier zu teilen, also zusammen zu trinken, ja. Also zweimal 37 Zentiliter, perfekt und dann kommt die nächste Flasche.

Markus: Genau. Und man hat meistens einen Bügelverschluss, also man kann die auch wieder zumachen und so. Also sehr spannend. Kannst du dich noch erinnern, wann du zum ersten Mal überhaupt Bier getrunken hast?

Jean Pierre: Nein, nein. Also damals, ich bin 52 geboren, im vorigen Jahrhundert und, nein, ich kann mich nicht erinnern. Also die Brasserie Duyck gab es seit etwa 1920 und Brasserie Au Baron, die diesen Cuvée des Jonquilles herstellt, hat die Brauerei 1889 eröffnet, erst sehr spät. Aber die ist noch eine junge Brauerei und die ist in Frankreich also hoch berühmt, hoch berühmt.

Markus: Ja. Und dann bist du also groß geworden, hast das Bier kennengelernt. Was hast du dann beruflich gemacht, hattest du da mit Bier was zu tun?

Jean Pierre: Ja, also ich hatte mit Bier überhaupt nichts zu tun mit meinem Beruf. Ich war in einem Büro mit einem Bleistift und ich habe mit Ziffern und Steuer gearbeitet, also in einer Steuerkanzlei, ja, über 40 Jahre. Aber dafür, da ist der Kopf, der arbeitet, dann gibt es eine Belohnung, ein Bier zu genießen am Abend, das war super.

Markus: Ja, apropos, das sollten wir auch tun, bevor wir hier zu lange mit leerem und vor allem trockenen Mund sitzen. Du hast ja ein wunderbares Bier mitgebracht, also schon mal vielen Dank an dieser Stelle, nämlich den Huppendorfer Heller Kathrein Bock. Sehr gespannt, habe ich noch nicht getrunken dieses Jahr. Dann habe ich noch ein paar Biere auch da. Also du kannst gerne auswählen, mit was möchtest du denn gerne anfangen? Wollen wir das gleich?

Jean Pierre: Ja.

Markus: Also dann machen wir mal auf. Genau, ich mache hier mal. Also Huppendorf, für alle, die es nicht wissen, in der Nähe von Bamberg eine dieser vielen, vielen Brauereien, die wir hier haben. Moment, so, es ist auf, ich mache rein. So und noch ein Glas.

Jean Pierre: Dankeschön!

Markus: So, wunderbar! Ach, ist das schön! Also schon mal, nochmal vielen Dank für dieses tolle Bier, dass du das mitgebracht hast. Also schon mal ganz toll im Glas, so richtig Honiggold, könnte man sagen. Schöner weißer Schaum, steht wie eine eins, klarfiltriertes Bier. Also riecht auch schön, also grasig, ein bisschen Heu, ein bisschen die Blumenwiese, wie man so schön sagt, ein bisschen Honig, ein bisschen Karamell. Also sehr, sehr spannend. Wie geht es dir?

Jean Pierre: Einladend.

Markus: Ja, einladend, auf jeden Fall. Was sagst du vom Geruch her, außer einladend, gibt es noch was, was dir einfällt?

Jean Pierre: Ich habe immer diese Basis, also dann Malt, Malt ist tatsächlich im Bier. Malt muss man riechen und das riecht man da. Und da kommen ja die honigen Töne.

Markus: Ja und man kann, also ich habe da oft die Assoziation so an ein französisches Baguette, wenn das frischgebacken ist, aus dem Ofen kommt, hat man auch schon, das kommt vom Malz, dieser Geruch.

Jean Pierre: Ja.

Markus: Sehr schön, ein toller Geruch. Dann würde ich sagen Prost! Ups, heute haben sie nicht geklungen. Mal schauen. Nee, Gläser wollen heute nicht, also Prost. Tja, wunderbar! Also ein ganz großartiger heller Bock, sehr schön wärmend, ja.

Jean Pierre: Also die Wärme kommt erst danach, die kommt nicht vor. Aber das ist süßig, Honig also.

Markus: Ja und ganz toll finde ich auch das Mundgefühl, also so im Mund, wie das moussiert und der ganze Mund ist voll. Ja, das bleibt ganz lange, also ein ganz intensives wunderbar schönes Bier. Ist das eine deiner Lieblingsbrauereien in Huppendorf?

Jean Pierre: Ja, ja. Also warum ich nach Oberfranken gekommen bin …

Markus: Ja, klären wir das doch mal.

Jean Pierre: … also als ich noch Student war, bin ich ein bisschen, ziemlich überall, in der damaligen Bundesrepublik gereist, durch die DDR, die war noch da. Und ich habe auch sehr nette Jobs in Deutschland gemacht, in Mannheim, Köln, Berlin und immer für das Bier interessiert, aber nur so, also Bier gehört dazu, mehr nicht. Und einmal in einer Zeitschrift habe ich einen Artikel gelesen, die Stadt Bamberg organisiert oder bietet ein Bierseminar eine Woche lang, nur über das Bier. Dann habe ich gesagt, das musst du probieren, machen. Habe ich mich angemeldet. Und das war 1985 …

Markus: Woah!

Jean Pierre: … bin ich zum ersten Mal in Bamberg gewesen, eine Woche lang. Eine kleine Gruppe, wir waren zehn, zwölf Leute aus verschiedenen Ecken, alle deutsch, eine internationale Beteiligung. Und das war wunderbar, nur über das Bier und mit einem Programm, nicht nur da, aber mit einem Programm, ein Braumeister mit uns als Lehrer. War eine tolle, tolle Woche. Ein Jahr danach habe ich das wiederholt, also andere Brauereien so, war alles super. Und bei einer Blindverkostung hat der Braumeister gesagt, eines müssen die Leute wissen, hier in Bamberg im Sommer ab 16 Uhr verlassen die Bürger ihre Stadt. Und warum verlassen sie ihre Stadt? Um Platz für die Touristen da, die in Bussen nach Bamberg strömen und alle Kneipen füllen. Und dann hat jemand einen Finger gehoben und eine Frage gestellt, Herr Lehrer, wenn Sie sprechen von, wenn die Leute herkommen, die Bamberger hinfahren, können Sie uns ein paar Adressen, Anschriften von diesen kleinen Landbrauereien nenne? Man kann nicht alle besuchen. Und die drei Namen, die damals gegeben wurden, war Huppendorf drin und dadurch bin ich nach Huppendorf gekommen.

Markus: Und hast die Familie dann auch kennengelernt, nehme ich mal an.

Jean Pierre: Aber ja. Also der Opa, also der Michael mit Frau Kunigunde, der Johannes, der damals noch …

Markus: Ja, eben, der hat es ja jetzt, der Johannes, ne?

Jean Pierre: Ja, ja.

Markus: Genau, ja.

Jean Pierre: Und erst danach ist der André erst gekommen. Also drei Generationen wurden krasser.

Markus: Ja, die machen aber viele tolle Sachen und viele richtige Sachen. Also einerseits natürlich ihr tolles Bier, das auch in der Bamberger Stadt sehr bekannt ist, also man hat den Spitznamen Huppy und meint damit eigentlich das Vollbier.

Jean Pierre: Ja, okay.

Markus: Und hinter dem Vollbier versteckt sich, ja, ist schwierig, das genau zu definieren, heute würde man vielleicht sagen, hm, vielleicht ein Export oder ein Helles, ich weiß es gar nicht, wie man es genau bezeichnen würde.

Jean Pierre: Ja, Vollbier, das ist mehr Bernsteinfarbe, ja.

Markus: Ja, ja, es geht mehr in diese Richtung.

Jean Pierre: Also ein Export Bernstein, das ist schon, ja, für die Franken, das ist kein Problem.

Markus: Ja, ja, wir sind da ja sehr …

Jean Pierre: Ja, ja, ja, ganz genau, ja, ja.

Markus: Ja, naja, das ist, es ist einfach, du hast ja gesagt, wir sind in den 80er-Jahren und damals haben sich die Leute hier in den Brauereien überhaupt nicht drum gekümmert, was ein Bierstil ist. Sie haben halt ihr Bier gemacht. Und diese Biere haben sich bis heute gehalten und deswegen stehen da halt so Sachen drauf wie Vollbier, was man in keinem einzigen Bierstilkatalog heute finden kann, weil das ja eigentlich nur eine Bezeichnung für die Steuer ist. Aber es ist eben ein filtriertes Bier, deswegen kann man nicht sagen, es ist ein Kellerbier. Also wir sind irgendwo bei einem schönen bernsteinfarbenen Bier.

Jean Pierre: Also das sicher. Also der Huppy, das ist kein Keller …

Markus: Nee.

Jean Pierre: … denn ein Keller ist trüb, für mich.

Markus: Genau, richtig, genau, das kann keins sein, ja.

Jean Pierre: Und das Vollbier ist perfekt.

Markus: Absolut, ja

Jean Pierre: Also in diesem Sinn ist das kein Keller. Aber zwischen Keller und Vollbier, also gibt es keinen großen Unterschied.

Markus: Ja, ja.

Jean Pierre: Und das Lustige ist, also beide fließen, also kommen sehr, sehr gut in der Kehle und das unkompliziert. So soll für mich Bier sein. Also du musst gar keine Fragen stellen da, das ist keine Universität, ja, das muss einfach reinkommen und dabei hast du Spaß.

Markus: Ja.

Jean Pierre: Und wenn Geschmack drin ist, also nicht nur reines Wasser, ja, es muss etwas mehr sein.

Markus: Ja und das ist der Grund, warum ich persönlich kein Fan vom Hellen bin, weil mir ist das immer zu wenig irgendwie vom Geschmack her, muss ich sagen.

Jean Pierre: Ja, die Süßigkeit ist drin, aber mehr ist schwer zu finden, ja, im Hellen. Und hier in diesem Bock hast du was und das bleibt lange, lange, lange im …

Markus: Am Gaumen.

Jean Pierre: … am Gaumen, ja.

Markus: Ja, nee, also was ich ganz toll finde ist, man hat dieses intensive Aroma, man hat den Honig und die Süße und das Getreide und alles drum und dran und auch den Alkohol. Das merkt man auch, das fließt runter, das wärmt ein bisschen. Aber dann, wenn man getrunken hat, kommt dann diese Bittere und räumt alles wieder ein bisschen auf und man ist ziemlich schnell wieder da, wo man vorher war und ist wieder bereit für den nächsten Schluck. Das hat er echt gut gemacht, weil man eben zwar ein sehr kräftiges Bier hat mit 7,5%, aber es läuft, wie du grade so schön gesagt hast.

Jean Pierre: Ja.

Markus: Und das ist natürlich auch das Gefährliche grade an den fränkischen Bockbieren, die sind oft sehr, sehr eingängig, sage ich mal so.

Jean Pierre: Ja, aber das hat was drin, die bieten was, ja, also.

Markus: Ja, auf jeden Fall.

Jean Pierre: Ja. Also das war das Kapitel Huppendorf. Und was für mich sehr schön war, das Huppendorf auch eine Wirtschaft hatte mit Nächtigungsmöglichkeiten. Das heißt, du bist dort auf der Höhe, fast am Ende der Welt und wenn du ein bisschen zu viel genossen hast, kein Problem, ein Bett hast du dort und es ist kein Problem. Und die Leute sind nicht schockiert, warum, nein. Ein paar Stunden und dann ist alles wieder gut, kein Problem.

Markus: Ja. Also das ist überhaupt bei vielen fränkischen Brauereien, ist das so, dass man eben noch übernachten kann, das es Gasthöfe sind. Und das macht natürlich die Sache auch besonders schön. Wie war das denn, hast du deinen Freunden in Frankreich dann erzählt von deinen Biererlebnissen hier in Franken, wie haben die das aufgenommen?

Jean Pierre: Die können das nicht verstehen.

Markus: Okay.

Jean Pierre: Und schon, also in Frankreich, muss man sagen, also Bier ist jetzt im Trend.

Markus: Jetzt?

Jean Pierre: Also Frankreich im Moment hat die größte Zahl von Brauereien in Europa.

Markus: Ja.

Jean Pierre: Unglaublich!

Markus: Unglaublich.

Jean Pierre: Unglaublich. Aber die Meisten, also 2.500 im Moment, also 60 oder 70, also rund 1.000 mehr als Deutschland. Das glaubt niemand, aber so ist es. Aber das sind kleine, kleine Mikrobrauereien und man muss sich wirklich die Frage stellen, ob sie wirtschaftlich sind? Denn der Biergenießer, der ist immer bereit, ein Bier zu probieren. Aber wenn nichts drin ist, dann hat der Brauer verloren, sein Bier trinkst du nicht mehr.

Markus: Ja.

Jean Pierre: Und hier in Franken, du kannst nichts falschmachen, alle, alle schmecken gut, du kannst überall kommen. In Frankreich ist das nicht so. Und, ja, noch ein paar Jahre dauern, aber wir sind schon, ja, in solchem Punkt, in Zahlen, durch das Volumen, bei Weitem nicht in Volumen. Aber von diesen 2.500 und ein paar Brauereien, da sind ein paar Brauereien, die sind wirklich gut, aber wenig.

Markus: Ja. Gut, aber ich glaube auch, das wird sich entwickeln.

Jean Pierre: Ja.

Markus: Also ich finde es überhaupt sehr spannend, Frankreich ist so das letzte Land, glaube ich, in Europa, wo dieser Craft-Beer-Boom so eingeschlagen hat. Und ja, wie du sagst, es gibt viele, die jetzt einfach mal loslegen und auf die Wirtschaftlichkeit nicht wirklich Wert legen und die es auch schwer hatten jetzt mit der Pandemie, mit der Energiekrise, mit den Preise. Und deswegen sind auch 20 Prozent, glaube ich, sowas, sind in letzter Zeit geschlossen worden. Aber es sind immer mehr und mehr auch Gute dabei. Also ich war letztes Jahr in Nancy und habe da viele Brauereien drum rum besucht. Und da war auch ein Beer Festival, wo noch mehr Brauereien dann auf diesem Festival waren und wir konnten das alles probieren. Und da waren richtig, richtig gute Biere, experimentelle Bier natürlich auch.

Jean Pierre: Ja.

Markus: Also das ist dann auch etwas anderes als in Franken, wo wirklich, man legt Wert drauf, dass man einfach ein gut trinkbares schönes Bier hat, was zur klassischen Brotzeit, zum klassischen fränkischen Essen einfach gut passt und nicht bremst und einfach angenehm ist. Und dort ist es schon so, dass man sich ausprobiert und das man eben mal verrückte amerikanische Biere macht. Mal auch mit eigenen französischen Zutaten spielt, mit Kastanien, mit Honig, mit Lavendel oder auch mit Algen zum Beispiel hatte ich schon französische Biere und so, also da gibt es ganz, ganz spannende Geschichten. Und wo man auch versucht so, die eigene Geschichte ein bisschen wieder zu entdecken, weil es ja durchaus auch schon mal eine Bierkultur in Frankreich auch gegeben hat, die ein bisschen auch wieder verschwunden ist und da geht man jetzt auch wieder hin. Und deswegen, also ich finde das ein ganz tolles Land, grade jetzt auch. Also insofern, liebe Hörer da draußen, wer die Gelegenheit hat, unbedingt nach Frankreich fahren und dieses wunderschöne Land natürlich erleben, aber eben auch diese neue Bierkultur, das ist wirklich beeindruckend. Und Lille ist ja ein anderes Zentrum jetzt grade der Bierkultur. Da werde ich dieses Jahr auch sein, da ist ja das Brewers Forum und da sind auch viele Ausflüge, da freue ich mich schon sehr drauf, ja. Ja, aber du hast dann für dich, als du dann beschlossen hast, du gehst komplett hier rüber, war das eine spontane Entscheidung, oder?

Jean Pierre: Ja. Also ich war total in meinem Beruf, also professionell drin und plötzlich ist die Rente gekommen, also in ein paar Monaten da. Also mit allem, was in Frankreich passiert, habe ich gesagt, Frankreich ade, Oberfranken helau.

Markus: Genau.

Jean Pierre: So und das war spontan und das bereue ich nicht. Ich habe zwei Leidenschaften, Bier genießen und auch was für den Körper tun. Also ich bin ein Sauna-Fanatiker! Also meine Tage sind zu kurz.

Markus: Also das haben wir gemeinsam, ich bin auch sehr gerne in der Sauna. Das finde ich schon großartig, macht mir auch sehr viel Freude, ist super entspannend und ja.

Jean Pierre: Ich habe dich noch nicht in Obernsees getroffen.

Markus: Ja, weil ich meistens in der Obermain Therme bin.

Jean Pierre: Ah!

Markus: Also für euch Hörer, in Franken gibt es mehrere Thermen.

Jean Pierre: Ja.

Markus: Aber hier zwischen Bamberg und Bayreuth sind vor allem zwei, die Obermain Therme, die in Bad Staffelstein ist, auch eine tolle Bierstadt.

Jean Pierre: Ja.

Markus: Und eben die Therme Obernsees, die ein bisschen außerhalb von Bayreuth liegt oder Kulmbach, je nachdem, wie man das sehen mag. Beides wunderschöne Plätze. Für mich aus Bamberg ist die Obermain Therme einfach näher.

Jean Pierre: Nicht sehr weit.

Markus: Ich bin in einer Viertelstunde da und das ist natürlich einfach. Aber Obernsees war ich auch schon, aber selten, muss ich sagen, trotzdem auch schön. Und es gibt noch Weitere, also in ganz Franken, eigentlich überall, bis runter Richtung Mittelfranken, wo es dann an den alten Römerstraßen dann ganz tolle Thermen gibt, eben in Weißenburg zum Beispiel oder so, Treuchtlingen, also wunderbar, schön. Ja, also das sind zwei Leidenschaften, die man gut verbinden kann, glaube ich.

Jean Pierre: Ja.

Markus: Wenn du jetzt in Sachen Bier unterwegs bist, ich habe schon gesehen, du hast unser Buch auch dabei und sammelst auch dann Etiketten oder Bierdeckel oder wie läuft das?

Jean Pierre: Ja, also ich habe Bierdeckel gesammelt, aber das ist schwer zu glauben, aber die Bierdeckel nehmen viel Platz,

Markus: Oh ja!

Jean Pierre: … im Volumen. Also bin ich auf Bieretiketten gekommen und dann ist es etwas einfacher. Also was ich sammele, das sind alle Bücher über das Bier erzählen. Also ich habe englische, französische, deutsche, tschechische Bierbücher und ist schon eine …

Markus: Eine ordentliche Bibliothek.

Jean Pierre: … ordentliche Sammlung. Ich bin schon stolz drauf, ja.

Markus: Das kannst du sein! Weil, es ist gar nicht so einfach, also vor allem, wenn man international versucht Literatur zu bekommen. Also jetzt mittlerweile geht es etwas besser, aber …

Jean Pierre: Italienische.

Markus: Ja, die sind aber sehr schwer zu bekommen. Also ich habe letztes Jahr zum Beispiel die beiden neuen Bücher von Teo Musso …

Jean Pierre: Den Teo, ne.

Markus: Ja und das war total schwierig, weil man die in Deutschland ja nicht kaufen kann. Ich habe dann über einen italienischen Freund, der hat mir die besorgt und dann geschickt. Also man muss erstmal wissen, dass es die gibt. Also das ist doch eine spannende Sache, ja.

Jean Pierre: Teo Musso in Piemont oder so.

Markus: Ja, das ist immer relativ.

Jean Pierre: Ein wunderbarer Mensch, also …

Markus: Ja.

Jean Pierre: .. klar im Kopf und ruhig. Und der hat viel, viel für den italienischen Bierruf gemacht, ja.

Markus: Ja, überhaupt für die ganze europäische Bierkultur. Er hat das Teku-Glas ja mit entwickelt.

Jean Pierre: Ja, ja, ja.

Markus: Und mit seinen Bieren, eben Birra Baladin, ist er Vorreiter.

Jean Pierre: Baladin.

Markus: Ja, ja, Baladin, ja, ja, natürlich, ist er Vorreiter ja in ganz vielen Stilen auch gewesen.

Jean Pierre: Ja, ja.

Markus: Also für mich das faszinierendste Bier hat er mir vorletztes Jahr gegeben. Er hat ja seinen Eisbock, den nennt er ja Xyauyù, also nach …

Jean Pierre: Xyauyù ist ja auch nun huh!

Markus: Genau. Witziger Weise ein Bier, dass er nach den Lauten benannt hat, die sein Sohn gemacht hat als er klein war. Und da hat er eine Version gemacht, die hat er in ein japanisches Sake-Fass, nein, doch, Sake-Fass, genau.

Jean Pierre: Xyauyù gibt es mehrere, eine Linie also.

Markus: Ja und das fand ich total faszinierend, also wie man damit spielt, das habe ich vorher noch nie so erlebt. Zumal man auch da dann wirklich dieses Umami, das ist so intensiv, also sehr spannend. Also, ja und er ist da wirklich jemand, der, ja, als Person unglaublich toll ist, aber eben auch seine Biere da für ihn sprechen.

Jean Pierre: Der hat eine sehr nette Frau, die aus Marokko kommt …

Markus: Aha.

Jean Pierre: … und die spricht Französisch.

Markus: Ah!

Jean Pierre: Und der Teo, parlez-vous francais, ja.

Markus: Das wollte ich grade noch fragen, wenn du so viele Bücher hast aus allen möglichen Ländern, sprichst du dann auch die Sprachen, also Tschechisch zum Beispiel?

Jean Pierre: Ich verstehe schon Tschechisch, sprechen ist etwas anders, ein paar Worte, ja, gar kein Problem, aber lesen, verstehen, ja, schon. Aber was alles mit dem Biervokabular oder Wortschatz zu tun hat, ein tschechisches Gespräch, das ist für mich schwieriger. Aber mit den Bierwörtern hautsächlich, das …

Markus: Das kriegt man dann doch drauf, das stimmt, ja.

Jean Pierre: Ja, ja.

Markus: Bist du dann auch viel unterwegs? Also besuchst du dann auch in Tschechien oder Italien oder in Norddeutschland oder so?

Jean Pierre: Also für mich war die Pandemie also eine echte Katastrophe. Ich war immer unterwegs, also in der Rente habe ich gesagt, Oberfranken, Oberfranken, aber ein bisschen Luft, also Tschechien, Italien, Frankreich, Belgien. Aber mit der Pandemie war alles … und nach der Pandemie bleibe ich hier. Nur Anfang November voriges Jahr, also das waren schon dreieinhalb Jahre, dass ich nicht mehr in der Tschechien war, und dort habe ich also Anfang November eine Woche lang in Prag verbracht und habe mich mit Bier beschäftigt.

Markus: Ja, das kann man in Tschechien sowieso, in Prag ganz besonders. Andere Orte, die man sicherlich kennt ist Pilsen zum Beispiel natürlich, Budweis kennt man vielleicht logischerweise, das sind ja so Namen, die man so hat.

Jean Pierre: Ja.

Markus: Aber Prag hat auch viele Brauereien, auch viele kleine Brauereien, Klosterbrauereien, Craft-Brauereien, ja.

Jean Pierre: Die Stadt Prag ist flächenmäßig sehr groß, sehr groß, über 500 Quadratkilometer. Und im Moment, da sind über 50 Braustätten in Prag. Und die Meisten, die liegen in einem Viertel, wo überhaupt kein Tourist hinkommt. Und das ist sehr faszinierend, sehr schöne Biere.

Markus: Und wie bist du da unterwegs, bist du mit dem Auto oder mit Bus?

Jean Pierre: Da fahre ich mit dem Auto und in Prag ohne Auto, nur die öffentliche Mittel, dann hast du kein Problem.

Markus: Ja, kommt man mit Straßenbahnen und so, kommt man da ja gut …

Jean Pierre: Ja, ja,

Markus: Wunderbar.

Jean Pierre: Ja, alles kombinieren, Straßenbahn und Bahn, Busse, Züge, ja, alles, ja.

Markus: Wunderbar. Hast du noch einen Plan, wo du demnächst vielleicht hin möchtest, hast du eine Idee, wo du als Nächstes, wenn du mal wieder unterwegs sein möchtest, wo du hin möchtest?

Jean Pierre: Nee, ich habe mehrere Programme für eine Woche. Frankreich, Belgien, Tschechei, Italien, die sind da in meinem Kopf. Und ich werde noch versuchen, aber ich weiß ja nicht, wie das klappt, ich habe ein Problem mit meinem Reisepass, der geht im April zu Ende und ich muss mal sehen, wie ich als Franzose meinen Reisepass verlängern kann. Also muss ich mich im Konsulat oder wie kann ich meinen französischen Reisepass verlängern?

Markus: Das ist eine gute Frage.

Jean Pierre: Denn ich würde gern nochmal in die La Belle Province hinfliegen und danach zurückkommen, ja, also in Quebec, ja.

Markus: Ja. Warst du da schon mal in Kanada?

Jean Pierre: Ja, ja, viel, viel, viel.

Markus: Ja, da gibt es mittlerweile ja auch eine Bierrevolution so ein bisschen und auch sehr unterschiedlich. Im Französischsprachigen Teil, das ist ganz anders als im englischsprachigen Teil.

Jean Pierre: Ja.

Markus: Und auch je nach Land, also es gibt ja dort auch Bundesländer oder Staaten und das ist auch nochmal anders, genau. Also fand ich auch sehr interessant. Die hatten mir mal, eine französische Brauerei, eine kanadisch-französische Brauerei hatten wir mal als Gast auf dem Bierfest in Nürnberg, Brasserie du Bois Blanc.

Jean Pierre: Bitte?

Markus: Brasserie du Bois Blanc hieß die.

Jean Pierre: Brasserie du Bois Blanc?

Markus: Ja.

Jean Pierre: Aber ja.

Markus: Und die waren großartig, ganz liebe Jungs und tolle Biere und die haben eben auch viel erzählt. Und insofern, also das auch so ein Tipp. Also es ist sowieso wie du sagst, wenn man über das Bier die Welt erkundet, dann geht man oft in Ecken, wo man als Tourist normalerweise nicht hinkommt.

Jean Pierre: Ja, ja.

Markus: Und das ist dann doch ein ganz anderes Erlebnis eigentlich der Menschen und auch der Ländern und natürlich der Kultur, also insofern auch eine Empfehlung.

Jean Pierre: Ja und ich werde in Montreal, also die größte Stadt in der Provinz Quebec, dort sein. Also man braucht nicht raus von Montreal, in Montreal kann man eine Weltbierreise machen. Also britische, amerikanische, brasilianische, französische aus Quebec, alle Bierstile der Welt findest du in Montreal. Unglaublich, wirklich.

Markus: Faszinierend. Ein bisschen wie Berlin, zumindest vor einiger Zeit. Da sind allerdings einige leider schon wieder weg, aber es gab oder gibt immer noch eine große Vielfalt natürlich. Also, ja, spannend. Okay, dann sage ich dir ganz, ganz vielen Dank. Jetzt ist tatsächlich auch unser Bockbier ausgetrunken. Also vielen, vielen Dank für deine Zeit und für die Infos und den Einblick in dein Leben! Ich wünsche dir noch ganz viel Freude mit unseren fränkischen Bieren und freue mich schon, wenn wir uns dann …

Jean Pierre: Magisch, also wirklich, du bist nie enttäuscht.

Markus: Das stimmt.

Jean Pierre: Das kann passieren, es ist was passiert im Bier da. Aber nein, das passt immer.

Markus: Das ist das beste Schlusswort überhaupt. Also nochmal vielen Dank und dann bis zum nächsten Bier und euch noch eine schöne Zeit!

Jean Pierre: Ja, danke schön.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 58 – Interview mit Fred Scheer, Bierberater aus Nolensville, Tennessee, USA

In der heutigen Episode von BierTalk tauchen wir ein in die faszinierende Welt der Craft-Bier-Kultur der USA, einem Land, das sich in den letzten Jahrzehnten von einer einheitsbreiigen Bierlandschaft zu einem Paradies für Bierliebhaber und -kenner entwickelt hat. Unser Gast ist kein Geringerer als Fred Scheer, ein Pionier der amerikanischen Craft-Bier-Bewegung, dessen Lebenswerk von Deutschland über Wisconsin bis nach Tennessee reicht. Scheers Reise begann vor vier Jahrzehnten, inspiriert von der legendären Figur Professor Narziß und einer zufälligen Begegnung, die sein Leben für immer verändern sollte. Er landete in einer Zeit in den USA, als das Land gerade einmal 20 Brauereien zählte und die Vielfalt des Biers auf ein Minimum reduziert war. Doch Scheers Abenteuerlust und sein unermüdlicher Einsatz für Qualität und Innovation führten ihn zu einer bahnbrechenden Rolle bei der Capital Brewery in Madison, Wisconsin, wo er als deutscher Braumeister die Craft-Bier-Revolution mitgestaltete.

Fred Scheers Erzählungen führen uns durch die Höhen und Tiefen der Bierbranche, von den frühen Tagen, als Craft-Bier noch ein Fremdwort war, bis hin zu seinen bahnbrechenden Experimenten bei Pabst, wo er die Grenzen des Möglichen auslotete – von Clear-Beer bis hin zu alkoholfreien Bieren, die weit über die damaligen Standards hinausgingen. Seine Geschichten spiegeln nicht nur die Evolution der Bierkultur in den USA wider, sondern auch die persönliche Reise eines Mannes, der sein Leben der Perfektionierung des Brauhandwerks gewidmet hat.

Heute, in seiner „Ruhestandsphase“, setzt Fred Scheer sein Engagement für die Bierwelt bei Mill Creek Brewing in Tennessee fort, wo er mit seiner Erfahrung und Leidenschaft neue Generationen von Brauern inspiriert. Sein Einfluss erstreckt sich über Kontinente und Generationen, ein lebendes Zeugnis dafür, wie weit Leidenschaft und Hingabe einen führen können.

Begleiten Sie uns auf dieser inspirierenden Reise durch Fred Scheers Bierwelt, eine Geschichte, die nicht nur Bierenthusiasten begeistern wird, sondern jeden, der verstehen möchte, wie Innovation, Tradition und unermüdlicher Einsatz die Landschaft einer ganzen Branche verändern können…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute machen wir wieder eine Reise und zwar über den großen Teich in ein großes Land mit einer großen Bierkultur und einem großen Biermarkt, nämlich in die USA und treffen dort einen ganz spannenden Menschen, der sich dort auch ganz viel um das Bier verdient gemacht hat. Und da bin ich schon ganz gespannt, es ist der Fred Scheer und heute ist er Mitbegründer der Mill Creek Brewery in Nolensville, in Tennessee, und hatte aber viele, viele andere Stationen. Und, ja, ich freue mich schon, dass wir uns da drüber unterhalten und sage jetzt erstmal hallo! Und vielleicht sagst du zwei, drei Sätze zu dir selber, dass unsere Hörer dich kennenlernen.

Fred: Okay. Guten Morgen, Markus. Mit meinem Deutsch, okay, geht noch ganz gut, aber nach 40 Jahren, da kann schon mal was schieflaufen. Ich bin ungefähr vor 40 Jahren, bin ich hier rübergekommen, da hat mich der Professor Narziß, der hat mich da mit einem angesetzt, mit einem Ed Janus in Madison, Wisconsin, und da habe ich dann angefangen hier in Amerika.

Markus: Also 40 Jahre, das ist ja wirklich eine lange Zeit, das heißt, wir reden da ja von 1990, 1980, diese Zeit?

Fred: Ja, ja.

Markus: Das ist ja eigentlich eine Zeit, wo die Bierkultur oder, ich sage mal, die Biervielfalt in den USA, zumindest so, wie ich das gelernt und gelesen hab, eher so an ihrem Tiefpunkt war. Also wo wir im ganzen Land noch 20 Brauereien hatten, wo mehr oder weniger eine Einheitskultur geherrscht hat und wo dieses Craftbeer-Thema aber an der Westküste schon angefangen hatte, so ein bisschen Fuß zu fassen. Also warum bist du überhaupt da rüber und wie hast du das dann vor Ort erlebt?

Fred: Da hat der Ed Janus, das war der President von der Capital Brewery in Madison, Wisconsin und die haben einen deutschen Braumeister gesucht. Und ich hatte einfach nix Besseres zu tun und habe ich dann ja gesagt. Und ich hatte ihn kennengelernt im Dezember und im Februar habe ich hier in Madison, Wisconsin Fuß gefasst. Und da haben wir dann, wir waren die dritte Craft-Brewery damals in dem Lande.

Markus: In den ganzen USA?

Fred: Ja.

Markus: Woah! Und wie muss man sich das damals vorstellen? Also ist man da normalerweise rumgefahren und konnte wählen zwischen Bud Light und Cours Light oder so oder wie war da so die Bierwelt, die man so vorgefunden hat?

Fred: Ja, da hat es ja nichts anderes gegeben, Bud Light, Miller Light, Cours Light, sonst hat es nichts gegeben. Und die anderen Biere, ich weiß noch, wenn ich in die Brauerei, in die Gaststätte oder Restaurant oder was rein bin, unser Bier vorgestellt, die haben mich anguckt, als ob ich aus dem siebten Himmel rausgekommen bin, weißt du, es war unglaublich. Und dann habe ich immer gesehen, die haben Salz in das Bier rein geschüttet, damit sie Schaum kriegen. Also ich habe Sachen erlebt, du, das kannst du dir gar nicht vorstellen, aber es war halt damals so, ne.

Markus: Ja. Also ich kann mich noch erinnern, dass man bei uns Reiskörner ins Bier gemacht hat, damit da eben ein bisschen Karbonisierung aufsteigt und so, aber Salz ist natürlich nochmal heftiger. Also Craft Brewery heißt dann praktisch, also die haben dich angeheiert, weil sie vorhatten, in dieses Business einzusteigen …

Fred: Ja.

Markus: … und hatten dann auch schon einen Plan, bestimmte Bierstile zu machen?

Fred: Ja, das waren deutsche Biere, wollten die, also Pils und ein Dunkel und ein Bockbier. Und mehr wollten wir nicht machen und haben wir auch nicht gemacht. Und da haben wir uns da, weißt du, du kannst dich ja nur auf eine Sache ganz groß verstärken, ja. Du kannst nicht, wie die Amis das machen, so 20 Biere haben, ja. Und da haben wir dann angefangen mit Capital Pils, dann Capital Dark und dann zur Weihnachtszeit ein Bockbier.

Markus: Und wie haben die Leute drauf reagiert, wenn man denen dann zum ersten Mal so ein Pils …

Fred: Wunderbar, wunderbar, einwandfrei, einwandfrei. Damals hatte ich noch so einen riesen großen Schnurbart und da hatten die von der Brauerei als Werbung mein schönes Gesicht mit einem bayrischen Hut und auf den Bussen, auf der Seite von den Bussen. Und da war immer die Information drüber, Capital Brewery, Middleton in Wisconsin und da sind die Leute gekommen, ja. Und da haben die noch nie solche Biere getrunken, ich würde sagen, 70 Prozent von denen haben solche Biere gar nicht getrunken, die wussten das gar nicht. Und dann, so ging das weiter. Und dann haben wir im ersten Jahr, haben wir 15.000 gemacht, 15.000 Barrel. Und dann, als ich wegging, waren es 32.000.

Markus: Wann bist du weg, nach wie viel Jahren?

Fred: Ich war zweieinhalb Jahre da.

Markus: Okay, dann war es ja eine richtige Leistung, also alles verdoppelt sozusagen.

Fred: Ja.

Markus: Und aber trotzdem nur die drei Sorten oder waren dann schon welche dazugekommen?

Fred: Als ich wegging, nur die drei Sorten und dann nach einem Jahr hatten sie 15.

Markus: Woah! Ab dann mit den klassischen IPA und was man eben so weiter hat?

Fred: Oh ja, oh ja und die waren schrecklich, die waren schrecklich.

Markus: Gibt es die Brauerei noch?

Fred: Ja, oh ja.

Markus: Was machen sie heute für Biere?

Fred: Auch immer noch das Gleiche. Wenn das eine nicht mehr verkauft wird, machen sie wieder ein neues.

Markus: Hm. Okay.

Fred: Also, ich würde sagen, von den IPAs, Indian Pale Ales, das Beste, dass ich getrunken habe, war in Hamburg. Da ist einer, ich weiß jetzt nicht mehr, ist eine Kleinbrauerei, die haben einen amerikanischen Braumeister da. Da war ich vor 25 Jahren, war ich da. Du weißt ja, dass ich mit Krones war, ne?

Markus: Mhm.

Fred: Und die haben eine Krones Anlage und da war ich da oben in Hamburg. Wunderbares, wunderbares IPA hat der gemacht. Ich weiß auch nicht, ob die Brauerei noch auf ist oder nicht. Aber hier in Amerika, da war am Anfang, war das ein ganz bekanntes IPA, ich würde den Namen sagen. Und der hat am Anfang in den 80er-Jahren wunderbar geschmeckt, wunderbar. Heute kannst du die gar nicht mehr aufmachen und trinken, ist schade. Dadurch habe ich aber bei Pabst angefangen.

Markus: Ja, also bevor wir vielleicht noch gleich weitergeh nach deinen zweieinhalb Jahren, vielleicht nochmal ganz kurz zurück. Du hast ja in Deutschland Braumeister gelernt, studiert.

Fred: Ja.

Markus: Und wie kam das denn überhaupt, also wo bist du großgeworden und wie kamst du auf die Idee mit dem Thema Bier?

Fred: Ich bin im Saarland aufgewachsen. Du weißt ja, wo das Saarland ist.

Markus: Ja, ganz links.

Fred: Ganz links, auf jeden Fall bin ich da aufgewachsen. Mein Vater war im Verkauf bei der Becker Brauerei in St. Ingbert. Und ich war immer ein fauler Hund, ich wollte nix machen, ne. Und da hat mein Vater, der kannte den Braumeister gut, hat mein Vater eines Tages gesagt: „Okay, wenn du nichts machst, dann lernst du Brauer.“ Und dann habe ich angefangen, Brauer zu lernen, drei Jahre war da, ja. Und der Braumeister war fantastisch, ja, Braumeister Schwarz. Und dann habe ich mich entschieden, da hatte ich noch nicht meine Gesellenprüfung gemacht, da habe ich mich entschieden, dass ich meinen Braumeister machen will. Und wie ich das ihm gesagt habe, hat der sofort angefangen, da war ich im Labor, da war ich überall, ja. Und da war ich mit 19, war ich Biersieder. Das hat es gar nicht gegeben damals, dass ein junger Kerl das machen darf, ne. Auf jeden Fall und dann bin ich weg und war dann noch in der Bundeswehr und habe dann meinen Braumeister bei Doemens gemacht.

Markus: Genau und bist dann quasi direkt in die USA abgeworben worden sozusagen.

Fred: Bin ich ungefähr, ja, genau, bin ich danach weg.

Markus: Tja. Okay, dann springen wir nochmal zurück, also dann warst du bei deiner ersten Station. Und dann nach zweieinhalb Jahren, wie ging das dann weiter?

Fred: Da hat mich, da war einer, wie hieß der noch, Karl Strauß. Hast du den Namen schon mal gehört?

Markus: Ja.

Fred: Onkel Karl, eines Tages kommt der in die Brauerei. Schön, habe ich mich gefreut, so eine Person. Ein schönes Bier habe ich ihm kredenzt, auf jeden Fall, da sagte er: „Hör mal, hast du Spaß, woanders hinzugehen?“ Ich sage: „Das kommt drauf an.“ Und da sagte er: „Ja, dann müssen wir uns mal drüber unterhalten.“ Und dann habe ich gesagt: „Wo denn?“ Sagt der: „Ja, in Milwaukee.“ Da habe ich gesagt: „Och, das ist ja nicht weit von hier.“ Und da sagt er: „Ja, bei Pabst Brewing.“ Wir waren damals die fünftgrößte Brauerei in der Welt. Und da sagte er: „Ich muss einen haben, der national und international alles macht im Bereich Technik.“ Und unbekannterweise so Pabst so, das habe ich noch nie gehört, bin ich dahin und habe dann da angefangen, die ganze Sache zu werfen. Auch international, China und so, war auch mehrere Male in Australien und weiß Gott, wo ich überall war. Und die Brauerei war so schlecht, die Tanks, da habe ich Angst gehabt durchzugehen, habe ich gemeint, die fallen um. Also es war alles so auf die letzte Nadel. Und, ja, dann, ich habe zugesagt natürlich wegen Geld, war ganz toll. Kann ich ja jetzt sagen, ich bin ja getimte.

Markus: Naja und in den 80ern, 90ern viel Geld in den USA, das war viel Geld in der Welt, ja.

Fred: Oh ja, oh ja. Und dann auch die Reisen, wir hatten fünf Jahre unser eigenen Jet, international. Den haben die nachher an Miller Brewing verkauft. Und eines Tages, ich habe immer als Junge dran gedacht, als junger, weil mein Vater immer seinen Haustrunk und alles mit Nachhause gebracht, den ich geklaut habe und da hat er gesagt: „Hauch mich mal an.“ Da sagt er: „Hast du mir schon wieder das Bier geklaut.“ Und da habe ich gedacht, Mensch, das muss doch mal irgendwo, dass man ein Bier herstellt, dass nicht riecht und wenn du es im Glas hast, sieht aus wie Wasser. Und da habe ich mich da dran geklammert wie verrückt. Und da habe ich das Eisenklar entwickelt. Schon mal was davon gehört?

Markus: Nein.

Fred: Das ist ein Clear-Beer, ein klares Bier. Kannst du mit auf die Straße gehen, sieht ja keiner, dass es Bier ist.

Markus: Hat auch keinen Schaum?

Fred: Es hat im Anfang ein bisschen Schaum, aber dann war der weg. Aber die Limonade hat ja auch einen Schaum, wenn du sie einschenkst, ne …

Markus: Stimmt.

Fred: … ganz so schwupp, weg ist sie. Und da habe ich das gemacht, da war ich stolz wie so ein kleiner König. Aber das konnte ich …

Markus: Und wie macht man das? Also das heißt, du verwendest dann kein Malz …

Fred: Doch.

Markus: …  oder ganz wenig oder wie?

Fred: Es ist 60 Prozent Bier und 40 Prozent ist es Limonade, …

Markus: Ach so.

Fred: … Zitronenlimonade. Aber, die Filtration ist ganz, ganz scharf. Die ist also so scharf, dass du mit Hochdruck das durchdrückst, ja. Und hat einfach hingehauen. Und nachher haben wir das zu Course, glaube ich, verkauft, ja. Genauso habe ich mir gedacht, Mensch, damals ein Alkoholfreies, hat ja keiner geglaubt, ne und da habe ich gesagt: „Ja, dann mache ich ein Alkoholfreies.“ Und wie das auf die Sache kam, war, wenn ich in die Brauereien bei Pabst da rumgefahren bin, geflogen bin und bin ich in die Brauerei immer rein und das Erste, was ich gemacht habe, bin ins Sudhaus, schönen guten Tag. Weißt du, mit den Leuten, mit den Brauern, weil die waren ja alle schon in den 70er-Jahre, ja. Da habe ich da immer so 30, 40, 50 Donuts gekauft, dann haben wir da gesessen, die gegessen und Kaffee getrunken und uns unterhalten. Und eines Tages kam ich nach Milwaukee und der Hauptbrauer, Hauptbiersieder war nicht da, ich sage: „Wo ist der denn?“ Ja, der ist im Krankenhaus, der hat Kidney, wie heißt das, …

Markus: Niere.

Fred: … hat er Schwierigkeiten. Bin ich dahin und da hat er da gelegen und da haben die das Blut ausgetauscht. Und da hast du nur immer da gehört, pttt, sch, pttt, sch. Habe ich zuerst nur geguckt, da habe ich den Doktor gefragt, ja, wie geht denn das? Und da sagt er: „Ja, da geht das Blut rein und hier unten kommt es raus.“ Habe ich gesagt: „Ja, das sehe ich ja auch, aber was wird?“ Sagt er: „Alles, was kleinmolekular ist, kommt durch, aber größere Sachen kommen nicht durch.“ Habe ich gesagt: „Wie wäre denn das mit Alkohol? “ Ja“, sagt er, „der bleibt raus, der geht nicht rein.“ Und da habe ich so eine Maschine gekauft und bei Pabst oben haben wir sie unters Dach gestellt, das keiner sie sehen kann. Und da haben wir das Hauptbier, haben wir davon ein Alkoholfreies gemacht. Wir sind runter bis auf 0,5. Und den Alkohol, den wir raus, den konnten wir ja nicht in das Abwasser machen, den haben wir dann rausgenommen, in einen Tank rein und dann später in ein anderes Bier rein. Und da haben wir das entwickelt, das Olde English 800. Das war also das Bier in den braunen Bags, weißt du, wo die immer auf der Straße …

Markus: Okay, wo keiner sehen durfte, was da drin ist, genau, ja.

Fred: Und da haben wir das davon gemacht. Ich weiß auch nicht, ob die das heute noch haben oder nicht. Aber auf jeden Fall, da hat es mir dann Spaß gemacht, solche Sachen konnte ich da machen, ne.

Markus: Ah, das ist ja interessant. Also das heißt, ihr habt eine Dialyseanlage gekauft …

Fred: Ja.

Markus: … und habt die. Also, ich meine, heutzutage ist das ja durchaus einer der Standardprozesse bei der Entalkoholisierung, aber damals war das ja sehr innovativ. Also ich würde mal vermuten, wahrscheinlich wart ihr mit die Ersten, die sowas gemacht haben.

Fred: Ja, oh ja. Und wir haben die ganzen Brauereien, nicht die ganzen, die meisten Brauereien zugemacht, Pabst und haben die an die Chinesen geschenkt. Da haben die da in Chaozhou einen Bierpark, einen Pabst-Park, haben die die alle wieder aufgebaut, ne.

Markus: Als Ausstellungsstücke, oder?

Fred: Nee.

Markus: Oder zum Benutzen?

Fred: Zum Benutzen. Naja, mehr kann ich da nicht sagen. Die haben aber, die Amerikaner hier, die haben jede Menge Geld da dran gemacht.

Markus: Faszinierend, also das ist auf jeden Fall eine sehr interessante Geschichte. Vielleicht noch eine Frage zu dem Blue Ribbon oder vielleicht überhaupt generell zu den Pabst-Bieren. Soweit ich das mitbekommen habe, war es ja so, dass man immer mehr in die adjuncts gegangen ist und immer mehr raus aus den Malzen. Hast du diesen Prozess noch mitbekommen oder war das schon in einem Stadium, wo es jetzt auch ist, als du da warst?

Fred: Das war schon da drin, ja. Die Probleme kamen, das kann ich ja ruhig sagen, weil da waren verschiedene da, die Technik, Marketing und Sales, die waren hier oben und die haben uns gedrückt und die haben immer gemeint, die können machen was sie wollen, ja. Und da haben die auch angefangen mit, immer höher der Corn Syrup und solche Sachen, das war also, das war Wahnsinn. Und ich konnte da auch nicht viel machen. Weil hier in Amerika, Sales, die haben die Hand über alles. Wenn dir ein Braumeister hier sagt, dass er über alles entscheidet, dann lügt er, ja.

Markus: Okay, also alles capital driven sozusagen.

Fred: Genau, genau.

Markus: Hm. Okay. Also dann warst du bei Pabst, wie lange warst du da?

Fred: Fünf Jahre, dann konnte ich es nicht mehr aushalten.

Markus: Also es kam nicht noch jemand mit noch einem besseren Angebot, sondern du hast einfach gesagt, es reicht?

Fred: Doch, doch.

Markus: Ja, okay.

Fred: Doch, ja. Da kam Krones und dann bin ich bei Krones, da habe ich da angefangen als Direktor für Brewing and Malting. Und das war schön, das war schön. Haben wir da die Brauereien ausgebaut und Engineer. Da habe ganz tolle Leute kennengelernt, also richtige Könner, ne.

Markus: Also im Grunde Brauanlagen verkauft und aufgebaut. Weltweit oder war USA der Markt oder weltweit?

Fred: Weltweit.

Markus: Okay.

Fred: Mein Aufgabengebiet war Nordamerika und Central-Amerika, Carribbean und Canada. Und hier in Amerika haben wir, also die Größte war ja die 107 Hektoliter-Brauerei, da haben wir ein, zwei verkauft, das war ein Wahnsinn. In Canada und dann ging es natürlich los in der Carribbean. Weil in Carribbean, die Inseln, jetzt musst du genau zuhören, die Inseln machen immer die Werbung, dass das Wasser von der Quelle kommt.

Markus: Naja, vielleicht auf der ein oder anderen gibt es vielleicht eine, ich weiß es nicht, ich war da noch nie.

Fred: Ja, ich wollte auch nicht zusehen. Nur die Schwierigkeit da ist, weil du ja immer die hohen Temperaturen hast und das Salzwasser verdunstet und da hast du immer Oxidieren und das war also schlimm. Aber die machen gute Biere, die Biere in der Karibik, man, die sind gut. Warst du schon mal da gewesen mit deinem Podcast?

Markus: Nein. Na, lass mal überlegen. Also kommt drauf an, wo man Karibik ansetzt, ich war schon mal an der Mexikanischen Küste, glaube ich und Kolumbien, aber noch nicht auf einer von den Inseln. Also das steht vielleicht auch noch an, …

Fred: Ja, ja, ja.

Markus: … mal gucken.

Fred: Das ist sehr gut, sehr gut machen die das.

Markus: Es gibt dort auch einen Bierwettbewerb, den Copa Caribe. Da war ich auch schon mal eingeladen, da konnte ich damals nicht. Da werde ich jetzt mal versuchen, dass ich da mal hinkam. Weil grundsätzlich interessiert mich das schon sehr, weil diese Inseln ja auch alle so unterschiedlich sind, dadurch, dass die diese Kolonialgeschichte haben. Das die einen halt den Dänen gehört haben oder den Holländern oder den Engländern logischerweise, den Franzosen, den Spaniern, Portugiesen, da waren ja alle irgendwie und teilweise über 100e von Jahren und damit gibt es dann eben schon auch kulturelle Prägungen und architektonisch und überhaupt. Und dann natürlich der ganze Bevölkerungsmischmasch, der dort logischerweise herrscht, auch durch die Sklaverei damals und so, also mit all den Eigenschaften oder Nebenkriegsschauplätzen, die da eben auch noch bestehen. Aber grundsätzlich ist das heute, glaube ich, eine ganz interessante Kultur. Ich erlebe es zumindest, wenn ich Menschen von dort treffe, mit ganz viel Lebensfreude, mit einer sehr lebendigen Art, mit einer sehr offenen Art, mit einer sehr kreativen Art auch und auch mit einem Spaß am Ausprobieren von Geschmäckern und Aromen. Und ich kann mir vorstellen, wenn man das ins Bier überträgt, dann ist das schon was anderes, als wenn ich, sagen wir mal, einen Braumeister in Grönland hab, der von seinem Mindset einfach ganz woanders steht, insofern ist das sicher spannend.

Fred: Na, die haben da in der Karibik sehr viele deutsche Braumeister. Und da ist einer in der Brauerei, ist eine deutsche Brauerei, also von deutschen Einwanderern und der Braumeister ist ein Einheimischer, sein Deutsch ist fantastisch. Und da hat er mir erzählt, wie er so ein kleiner Junge war, sechs oder sieben, die hatten Zuhause kein Geld. Und er hat noch nie Schuhe gesehen, bis er die in der Brauerei gesehen hat, mit Schuhen rumlaufen. Und da hat er da angefangen in der Brauerei, weißt du, Flaschen sortieren als Kind und so weiter. Und da kam der Braumeister, das war ein deutscher, da kam der einmal zu ihm und hat gesagt: „Was willst du denn mal werden, wenn du größer bist?“ Da sagt er: „I want your Job.“

Markus: Klar.

Fred: Das hat dem Deutschen so gut gefallen, der hat Brauer gelernt in der Brauerei in der Karibik. Und dann nach zwei Jahren hat er ihn nach Deutschland geschickt, nach Saarbrücken, da war Stone, Language. Da hat er Deutsch gelernt innerhalb von anderthalb Jahren. Und dann ist er nach Doemens und hat da innerhalb von zwei Jahren seinen Braumeister gemacht und ist dann wieder zurück. Und da hat der Deutsche, da hat der die Schlüssel geholt von der Brauerei, hat sie ihm gegeben, da hat er gesagt: „Du bist jetzt der Braumeister.“

Markus: Now you got my job.

Fred: Ja, unheimlich, unheimlich.

Markus: Großartig, da ist eine tolle Geschichte, ja.

Fred: Ja. Für den gibt es auch nur deutsche Sachen. Nur die Schwierigkeit ist mit dem Malz, Malz und Hopfen, ja. Die kriegen sehr wenig Kontakt, um nach Malz nach der Karibik zu kriegen, ja. Also das holen sie hier in Amerika, aber das ist ja eine andere Sache. Du musst dich mal mit den deutschen Mälzern unterhalten.

Markus: Ja, also das Feld ist ja noch groß, also da kann man noch vieles tun, spannend auf jeden Fall. Aber das war ja jetzt nur ein kleiner Einblick, aber ich denke, da hast du an ganz, ganz vielen Stellen einfach tolle Geschichten und tolle Menschen erlebt und kannst da auf einen ganz reichen Schatz zurückgreifen. Können wir ja gleich nochmal drauf einsteigen. Was mich noch interessieren würde, wir haben uns dann ja getroffen letztes Jahr oder dieses Jahr, kommt drauf an, der Podcast wird 2024 ausgespielt, das heißt, dann war es letztes Jahr. Wir zeichnen das grad kurz vor Silvester auf, dementsprechend sagen wir jetzt noch dieses Jahr. Aber haben wir uns getroffen, als ich in Nashville war beim World Beer Cup und dann haben wir da einen Ausflug gemacht mit ein paar Judges und waren dann in der Mill Creek Brauerei oder bei Mill Creek Brewing und dort haben wir dann dich getroffen. Und das ist ja so ein bisschen dein Ruhestandsprojekt, könnte man vielleicht sagen, also wo du dich engagierst und die Leute berätst und unterstützt. Und das fand ich ja insgesamt als Brauerei eine sensationelle Anlage. Also um das den Hörern mal so ein bisschen zu beschreiben, im Grunde hat man eine ziemlich große Halle, mal so grundsätzlich, in der Mitte, ziemlich in der Mitte steht die Brauanlage mit allem, was dazugehört, also Abfüllung, Tanks, das Brauhaus natürlich, alles drum und dran. Vorne dran entsprechend dann einen Tap, ein Ort, wo man eben die ganzen Biere ausschenkt logischerweise. Dann, da gibt es noch Foodtrucks, die dann da rumstehen, teilweise in der Hale, teilweise außerhalb der Halle. Und dann gibt es Vergnügungsbereiche mit Spielautomaten, man hat Bereiche, wo man seinen Hund mitbringen kann, …

Fred: Ja.

Markus: … es gibt Spielplätze auch für Kinder zum Beispiel also. Und das Ganze entwickelt sich dann zu einem Treffpunkt der Leute, die einfach längere Zeit dort hinkommen und die auch als Familien da hinkommen, die da ihre Kindergeburtstage feiern. Und das könnte man sich ja bei uns ganz schwer vorstellen, also überhaupt eine Brauerei in so einem Einraumkonzept. Das wäre bei uns wahrscheinlich nicht mal erlaubt von der ganzen hygienischen Geschichte her. Und auf der anderen Seite eben auch die Möglichkeit zu sagen, okay, wir bringen in eine Brauerei, wir bringen unseren Hund mit rein, wie auch immer und alle haben da Spaß und wachsen auch in ein Leben mit Brauerei mit Bier hinein. Das ist natürlich schon schön. Also magst du uns vielleicht ein bisschen mitnehmen, wie es überhaupt zu diesem Projekt kam und wie sich das so entwickelt hat.

Fred: Die Idee kam, weil, die Halle war leer, da war überhaupt nichts drin, ne. Und da hat einer von den Leuten, der da wohnt, darf man die Namen sagen hier, ja Chris war das damals und da hat der die Idee gehabt, naja, dann bauen wir hier eine Brauerei rein und alles Mögliche. Und er hat mit mir zusammen und haben wir das angefangen. Die Brauerei, die hat er gebraucht gekauft, ne, das waren 15 Barrel, das sind 18 Hektoliter oder 20 Hektoliter. Und die Tanks, wir haben sieben Tanks jetzt da, eine kleine Hefeanlage mit fünf-Hektolitertanks. Und die Biere sind nicht filtriert, werden unfiltriert abgefüllt. Deshalb haben wir auch die Toiletten größer gebaut. Und dann haben wir vor dem Sudhaus, die große Halle, da haben wir die bayrischen Tische, die dastehen.

Markus: Stimmt, es schaut aus, wie in einem bayrischen Biergarten. Das ist richtig, ja.

Fred: Ja, da kamen die Leute. Weil, also bei uns in der Brauerei dürfen die Leute ihr eigenes Essen mitbringen, ne, die kommen da mit Töpfen rein und alles Mögliche. Und dadurch machst du auch sehr viele Kunden, ne. Und dann haben wir vorne die Wirtschaft gebaut, die Bar. Und da können im Ganzen, können 500, 600 Leute darein, ne und dann noch vorne dran der Biergarten, da passen ungefähr 100 rein. Also ein ganzes Erlebnis, die Brauerei und alles Mögliche ist ein Erlebnis. Wir machen Besichtigungen, die Leute sind also unheimlich wissensbegierig, was da läuft. Und deshalb hatte ich auch die andere Brauerei, der andere Brew Pub, wo wir hin waren, hatte ich den auch ausgesucht, weil die zwei Gaststätten oder Brauereien, das sind die Einzigen, wo es ein Biererlebnis gibt.

Markus: War das Bearded Iris, die anderen, oder?

Fred: Ja, Bearded Iris.

Markus: Genau, das war auch ganz, ganz toll, ja.

Fred: Ja, hast du ja gesehen, du kannst ja hingehen, wo du da hingehst, zwischen den Tanks, solange, wie du nicht rauchst. Bier klauen darfst du auch, musst nur aufpassen, dass keiner die Polizei ruft, ne. Also das ist schon unheimlich. Und dann auch, ich rede nur von den Zweien hier, ne, als ich mit denen gesprochen habe, habe ich zuerst den Mill Creek, da habe ich gesagt: „Hör mal, hier ungefähr 30, 40 deutsche Braumeister oder Brauer, Braumeiser, Journalisten und so, das müssen wir da mal machen.“ Sagt er: „Okay, kein Problem, bauen wir alles auf, da können die sich reinsetzen“, wo wir waren, ne, da können sie machen was sie wollen. Und Bier wird solange, wie sie trinken, haben sie Bier. Und dann habe ich auch noch Essen da beigeholt. Also die haben sich da sehr gefreut, dass wir da waren.

Markus: Ja, nee, es war auch ein toller Abend, auf jeden Fall, ja.

Fred: Ich glaube nicht, findest du sowas noch in Deutschland?

Markus: Also es kommt drauf an, in der direkten Art und Weise natürlich nicht. Vor allem nicht in der Kombination, dass man jetzt da doch die eher jungen Unternehmer hat, die ja wirklich sich da grade was aufbauen und auch ganz anders so ein bisschen von ihrem Spirit, von ihrem Mindset dabei sind und das dann in Kombination mit einem auch eher traditionellen Denken und so, das gibt es bei uns jetzt nicht so oft. Aber es ist überhaupt schwierig zu vergleichen. Also ich fand jetzt beide Locations wirklich einzigartig in ihrer Art und Weise. Und bei Bearded Iris fand ich es halt interessant, dass die jetzt auch schon ein bisschen über diesen allerersten Schritt hinaus waren. Also normalerweise fängt man ja erstmal dann irgendwie jung an und hat dann sein junges Team und dann haben alle nur die Brauerei im Kopf und dann arbeitet man 24 Stunden da dran und alles ist gut. Aber dann werden ja irgendwann älter und kriegen Frauen und haben Kinder und so weiter oder andersrum, wie auch immer, aber jedenfalls sind dann andere Dinge im Leben auch wichtig und dementsprechend verändern sich dann so ein bisschen die Prioritäten. Und da waren die so mittendrin, in diesem Prozess, aber trotzdem hat da die Brauerei und das Entwickeln der Brauerei den höchsten Stellenwert gehabt. Und was ich so interessant fand war, egal, wo ich da in den USA bei den Brauereien gefragt hab, war immer so die erste Antwort, wenn ich gefragt habe, ja, was wollt ihr eigentlich, was ist euer Ziel und dann war die Antwort immer, ja, we wanna grow. Also so, also das heißt, wir wollen wachsen. Und wenn man sie dann ein bisschen weitergefragt hat, dann wussten sie ganz genau, nächstes Jahr machen wir so viel und in zwei Jahren machen wir so viel und dann so viel und dann sind wir so groß und dann verkaufen wir irgendwann oder so. Und das ist, glaube ich, der größte Unterschied. Weil, wenn man bei uns zu einer Brauerei geht, also die, die es schon länger gibt, die wollen in der Regel nicht wachsen. Also grade hier bei uns in Franken, in Bayern die vielen kleinen Familienbrauereien, die haben ihre Größe und die haben sie teilweise seit 50, 100 Jahren, länger und wollen gar nicht mehr, weil sie sagen, okay, mit dem, was wir produzieren, sind wir zufrieden, wir verkaufen, was wir machen, ist alles schön, wir überleben da auch gut und alles ist in Ordnung. Und andersrum, viele junge Neugründer haben nicht so einen ganz konkreten Plan, also die fangen halt mal irgendwie an. Und man muss ja manchmal für Kapital auch so einen Businessplan sich machen lassen, dann schreiben die halt irgendwas darein. Aber dass die das wirklich so verinnerlichen, wie ich das in den USA erlebt habe, das gibt es jetzt da nicht. Und das ist schon ein großer Unterschied, finde ich.

Fred: Die Brauereien, die kleinen Brauereien, mit denen ich noch sehr viel und denen ich helfe, ich habe da immer von der Brauwelt international, von der Lydia, denen gebe ich immer die Zeitschrift. Da sind die wie kleine Könige, die freuen sich so drauf, weil hier gibt es ja sowas gar nicht. Und die ganze Technik und alles Mögliche, was da drin ist, da habe ich ja den Fehler gemacht, dass ich denen die Zeitschriften gebe. Und ich musste mir eine andere Email-Adresse holen und alles Mögliche, weil da kamen 3-, 400 Emails am Tag, 3-, 400 Anrufe, wie ist das, was ist das? Weil die Amerikaner ja nicht Brauer lernen. Ich glaube, da ist keiner dabei, der Brauer gelernt hat. Und da hatte ich mir damals überlegt, warum soll man das nicht auch so als Lehrgänge? Und da habe ich dann Lehrgänge gemacht, da waren so immer 50, 60 Leute da und die dann ein Certificate gekriegt haben mit dem Brauerwappen, dass sie an dem Lehrgang teilgenommen haben. Da freuen sich die Amerikaner hier ganz groß, ne. Aber im Großen und Ganzen, die lernen ja nicht Brauer und es gibt auch keine Institution wie Doemens, Weihenstephan und Ulmen, gibt es ja hier nicht, ne. Es gibt einige, drei, vier, die sind nach Berlin und nach München und haben da ihren Braumeister gemacht. Einen kenne ich, der ist aber jetzt bei Budweiser, der war Soldat und ist dann dageblieben, hat dann seinen Braumeister gemacht, ne, so. Aber im großen Ganzen, die bauen eine Brauerei auf, haben ihr eigenes kleines bisschen Kapital, jede Menge Investor und dann nach drei, vier Jahren verkaufen sie, ne. Wir haben ja da genug Beispiele hier. Guckst du jetzt Anchor Brewing, das war Sapporo. Ich bin mal gespannt, wer die jetzt kriegt.

Markus: Ja, wenn sie überhaupt noch offen hat. Also da, soweit ich weiß, bauen sie, glaube ich, das Sudhaus mittlerweile schon ab. Das ist natürlich schon sehr schade. Aber gut. Klar, aber man könnte ja auch sagen learning by brewing, wenn man das versucht, so ein bisschen runter zu brechen. Was ich ja interessant fand bei Mill Creek war auch die Range an Bieren. Also einerseits, klar, klassisch moderne Craft-Biere, wie man sie bei uns jetzt auch kennen würde, ein Cold IPA und jede Menge verschiedene IPAs und Pale Ale und so weiter, aber eben auch ein Jack Pilsener zum Beispiel. Und dann interessanterweise auch ein Light, American Light Lager und von diesem Light Lager noch eine Premiumversion. Wobei ich da bis heute nicht verstanden habe, was der Unterschied ist, aber gut. Aber auch ein Mexican Lager und so, also wirklich eine ziemlich große Bandbreite unterschiedlichster Bierstile. Und das fand ich auch wieder erstaunlich, das ist auch ein bisschen was, was es bei uns gibt, das viele Craft-Brauereien jetzt eben auch anfangen, ganz klassische Bierstile wie ein Helles oder ein Pils oder sowas zu machen. Vielleicht auch, weil es verlangt wird, aber bei dem American Light Lager war ich schon erstaunt. Aber ist das da trotzdem auch von einer Craft-Brewery anders als das Original, sage ich mal?

Fred: Die versuchen das Original zu machen, ob es gelingt, das sei dahingestellt, ja. Aber wie bei uns, wir haben das ja nur nach Nachfragen. Da wird einmal im Monat, werden die ganzen, die Bartenders, die Verkäufer, die sitzen zusammen und da wird diskutiert, was verlangen die Leute, ja. Und dann, den Braumeister holen wir dazu und dann, willst du das machen oder nicht? Das ist ganz allein ihm seine Entscheidung, da redet ihm keiner rein. Ich habe da zu viel gesehen, wo Verkauf und diese, dem Techniker reinreden und dann klappt es nicht. So, das muss er entscheiden, ne. Genauso wie ja Great American Beerfestival, da kriegt er immer nur ein one-way-Ticket nach Denver und besser, er gewinnt da was.

Markus: Sonst darf er nicht mehr kommen. Und was habt ihr schon gewonnen an Preisen.

Fred: Wir haben jede Menge, jede Menge, verschiedene. Weißt du, hier gibt es ja an jeder Ecke, gibt es Bierverkostung, ne. Und jetzt fangen sie ja in Deutschland auch an, ne, der Kilian.

Markus: Ja, ja, auf jeden Fall. Also Bierwettbewerb meinst du jetzt vor allem, genau, da. Klar, wir haben bei uns den European Beer Star, der ja ein großer und alter Wettbewerb ist, der zweitälteste nach dem World Beer Cup sozusagen.

Fred: Ja.

Markus: Und, ja, in Amerika gibt es natürlich überall größere, kleinere Bierwettbewerbe.

Fred: An jeder Ecke.

Markus: Naja, ist ja auch schön.

Fred: Ja.

Markus: Ja, aber vielleicht zum Abschluss noch ein bisschen, wie ist denn die aktuelle Situation? Also bei uns in Europa, wir haben ja tatsächlich jetzt einiges mitzumachen wegen der Gesamtsituation. Also wir kamen ja aus der Pandemie schon ziemlich angeschlagen raus und dann kam ja mehr oder weniger der schon schwellende Ukraine-Krieg, der dann nochmal eins draufgekriegt hat und dementsprechend aber dann die Energiepreissituation. Jetzt insgesamt ist das Ganze offensichtlich ein bisschen schwierig und man merkt eben, wie die Konsumenten weniger für Bier ausgeben, vor allem weniger teure Biere jetzt vielleicht auch kaufen und man insgesamt so eine gewisse Zurückhaltung merkt und wir tatsächlich jetzt auch die ein oder andere Brauerei schon haben, die zumacht. Wobei es in Deutschland noch nicht so intensiv ist. In Frankreich zum Beispiel hat dieses Jahr ungefähr ein Drittel der Brauereien geschlossen. Das ist viel, weil vorher ein großes Wachstum war. Also Frankreich ist momentan in Europa das Land mit den meisten Brauereien, mit über 3.000 und da ist eben jetzt dann ein Drittel schon viel. Also der einzige Markt, der sich da erstaunlich robust zeigt, ist der Polnische. Aber, ich weiß nicht, wie ist das denn in Amerika, also wie läuft es bei euch grade, sind die eher happy oder eher weniger, wie sieht man das?

Fred: Das ist eine ganz interessante Frage, in Amerika ungefähr, ich würde sagen, ungefähr 20, 25 Prozent der Brauereien schließen. Also ich würde sagen, von fünf neuen Brauereien, eine wird geschlossen. Die sind da, jeder denkt, die können da schnell … Hier in Amerika sagt man, you make a quick buck, willst du schnell einen Dollar oder Geld machen, ne. Und das ist das verkehrte Denken, ja. Und die anderen vier Brauereien, die bleiben dann noch auf, drei, vier Jahre und dann haben sie, glaube ich, vielleicht drei, vier Investoren. Dann kommen zwei, die sagen: „Ej, ich will mein Geld, aus.“ Weißt du, dann sind nur noch drei auf von den fünf. Und das ist hier in Amerika sehr schlecht, auch die Qualität. Wirklich ein cooles Beispiel ist, da war einer, der hat eine Brauerei in Florida aufgebaut, der kam von Bayern Und da haben die den auch eingeladen gehabt als Jugde, als Verkoster. Und da kam er in seinem bayrischen Anzug und alles Mögliche. Und da war auch sein Bier, auch dabei, ne und das war furchtbar, das war voll Diacethyl und alles. Das hat ihm auch nichts soweit ausgemacht, wir haben ihm das alle gesagt. Und dann, das Jahr später kam er wieder, aber wir haben das gar nicht gewusst, das war er. Wie heißen die Franzosen mit den Cappys?

Markus: Ah, diesen Dreizack oder Dreispitz oder so, mhm.

Fred: Ja und da kam er mit so einem ganz dünnen Schnurbart, da haben wir gesagt: „Bist du das?“ Ja. Hast du die Brauerei noch? Sagt er: „Nee, als ich zurück kam nach Florida, habe ich die ganzen Biere, die infiziert waren, habe ich dann als belgische Biere verkauft.“ Der hat die Brauerei heute noch.

Markus: Aber eben als belgische Brauerei.

Fred: Ja, Wahnsinn, Wahnsinn. Aber der hat es natürlich gemacht, ne. Und ich habe ihn schon lange nicht mehr gesehen, vielleicht hat er die Brauerei schon verkauft, wer weiß das, ja. Es gibt auch nicht mehr so viele Deutsche hier. Einer war dabei, den habe ich mal gehört, Oliver Wesseloh, der war hier Verkäufer und wie ich gehört habe, hat der hier eine Brauerei aufgemacht.

Markus: In Hamburg, ja, Kehrwieder.

Fred: Ja, genau. Uns sonst, ja, es waren viele Deutsche da, die Brauereien aufgebaut habe und wie sie am Laufen waren, sind sie wieder zurück nach Deutschland.

Markus: Tja. Naja, haben dann ein neues Glück versucht, insofern auf jeden Fall eine sehr interessante Entwicklung. Ja, was hast du noch vor in Sachen Bier, bei Mill Creek zum Beispiel vielleicht noch ein Barrel-Aged-Thema zu etablieren oder gibt es irgendwas, wo du sagst, das würde dich vielleicht noch reizen, so ein Projekt?

Fred: Barleywine, ein schöner guter Barleywine und dann in 350-ml-Flaschen rein und dann so ein Glas Barleywine. Das war auch vorher bei Anchor Brewing, die hatten einen fantastischen Barleywine. Gibt es leider nicht mehr.

Markus: Das war das Old Foghorn, oder?

Fred: Ja, genau, genau.

Markus: Ein wunderbares Bier, ja.

Fred: Ach, ach war das und dann …

Markus: Ich hab noch ein paar Flaschen im Keller, aber nicht mehr viele.

Fred: Oh! Ja?

Markus: Ja.

Fred: Wann soll ich vorbeikommen?

Markus: Naja, nächstes Jahr.

Fred: Und dann ist Samuel Adams, der hat ja fantastische Starkbiere und der Jim macht da ein unheimlich gutes Starkbier.

Markus: Ja, ich meine, allen voran natürlich Utopias. Wobei ich das …

Fred: Ja.

Markus: … leider Gottes nur ein einziges Mal trinken durfte. Aber immerhin, also es gibt, glaube ich, gar nicht so viele Leute, die das jemals trinken durften …

Fred: Nee.

Markus: … zumindest außerhalb der USA. Und bei mir war das vor, ich glaube, fünf oder sechs Jahren, da hatten die das nämlich eingereicht beim European Beer Star. Und dann hat es beim European Beer Star natürlich auch die Goldmedaille gewonnen.

Fred: Ja.

Markus: Und es gibt da immer die Nacht der Sieger, wo dann alle Judges und alle prämierten Biere an einem Abend zusammen sind sozusagen und die Brauer auch, wenn sie denn da sind, und dann werden praktisch die Restflaschen, oder was heißt die Restflaschen, die Flaschen der prämierten Biere eben verkostet und da war dann eben auch das Utopias da. Und das war dann schon, da war natürlich eine lange Schlange und jeder wollte dahin und natürlich hat dann jeder auch nur einen kleines bisschen, damit auch jeder was bekommt. Und das Schöne war, am Ende habe ich dann eine von den leeren Flaschen noch mitnehmen können, das ist natürlich auch schön, weil das sind so Keramikflaschen, die im Grunde auch schon wie ein Sudkessel, ganz großartig. Und das sind Biere, die man halt, also wenn man jetzt bei eBays schaut oder so, dann können die Flaschen 2-, 3-, 4.000 Dollar kosten, eine und wenn man sie überhaupt bekommt. Also da ist es eher eine Frage der Verfügbarkeit und nicht unbedingt eine Frage des Preises. Und, ja, das ist natürlich ganz großes Bierkino, sagen wir mal so und ist auch immer lustig, wenn man das hier jemanden in Deutschland erzählt, weil die natürlich von einem Flaschenpreis von 60 Cent kommen und dann ist so eine 5.000-Dollar-Nummer, ist völlig unvorstellbar für irgendjemand in Deutschland. Also insofern, ja, ist ja auch irgendwie krass. Aber das stimmt, die gibt es natürlich auch noch. Und, ja, also dann hoffe ich mal, dass wir uns nächstes Jahr beziehungsweise, wenn der Podcast ausgestrahlt wird, dieses Jahr vielleicht wieder sehen. Ich werde wieder da sein beim World Beer Cup, diesmal ist er ja in Las Vegas. Mal schauen, vielleicht ergeben sich ja irgendwelche Zwischenpunkte, wäre schön.

Fred: Ja, genau, du bist immer herzlich eingeladen und wir haben uns alle sehr gefreut.

Markus: Ja, ja, ich mich auch, also war eine großartige Geschichte. Und insofern sage ich nochmal vielen, vielen Dank jetzt auch für deine Zeit und für den kleinen Einblick so in deine Geschichte. Und dir natürlich alles Gute, deiner Familie alles Gute und aus der heutigen Perspektive auch alles Gute für das neue Jahr. Und, ja, dann freue ich mich, wenn wir uns mal wiedersehen und wünsche dir heute noch einen wunderschönen weiteren Tag.

Fred: Danke, dir auch. Alles klar, Dankeschön.

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