BierTalk Spezial 35 – Interview mit Walter Proetzel Reelitz, Braumeister und Bier-TikTok Star aus Lima, Peru

Walter Proetzel Reelitz ist 61 Jahre alt und wohl der größte TikTok-Star der Bierwelt. Unermüdlich erklärt er dem staunenden Publikum die wichtigsten Fakten rund ums Bier, singt, tanzt, verkostet und macht einfach Lust, dieses spannende Getränk kennen zu lernen. Dabei sitzt er nicht in den USA, China oder Taiwan, er kommt aus der Andenhauptstadt Lima und hat eine facettenreiche Familiengeschichte, die sich komplett ums Bier rankt. Im BierTalk berichtet er von seinen vielfältigen Erfahrungen und der peruanischen Bierszene, die unter anderem auch ein eigenes Oktoberfest und eine BierAkademie aufzuweisen hat…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute mal wieder ein Speziell, die Nummer 35 und wir gehen über den Atlantik und zwar nach Süden, nach Südamerika in das ehemalige spanische Vizekönigreich oder auch Inkareich, nämlich nach Peru. Und viele fragen sich so ein bisschen, was hat Peru mit Bier zu tun? Und das frage ich mich ehrlich gesagt auch, dafür haben wir aber einen Gast, nämlich den Walter Proetzel. Und wenn man sich jetzt wundert, was hat dieser Name mit Peru zu tun, würde ich sagen, fragen wir ihn am besten selbst. Walter, wenn du dich vielleicht kurz den Hörern einmal vorstellst.

Walter Proetzel: Dann gehen wir los und danke auch für die Möglichkeit über Bier oder über die Biergeschichte in Peru zu erzählen. Die Braukultur in Peru ist fantastisch, ich möchte in den nächsten Minuten da weiter über Bier erzählen, sprechen. Und mein Name ist Walter Proetzel Reelitz und ich arbeite schon als Braumeister seit 28 Jahren in der größten Brauerei in Peru bei Backus und ich komme von einer Brauerfamilie. Mein Opa war Braumeister, Werner Reelitz, sein Bruder Richard Reelitz war auch Braumeister in Deutschland. Und zwar, mein Opa war Braumeister in Deutschland und in Peru, wir haben eine eigene Brauerei in Vetschau und in Kargow auch, in Europa. Der Bruder von meinem Opa, Richard Reelitz, der war auch Braumeister und hat bei der Bärenbrau in Gießen gearbeitet. Und mein Großonkel war auch Braumeister und ich bin der einzige Braumeister in Peru mit dieser Familientradition.

Markus: Also vielen Dank, das ist schon mal eine ganz spannende Geschichte, werden wir gleich noch ein bisschen einsteigen. Natürlich auch nochmal danke schön, dass du überhaupt dabei bist und mitmachst und deine Zeit opferst. Wir haben ja immerhin einen ganz schönen Zeitunterschied, das heißt, bei mir ist Nachmittag, bei dir ist früh am Morgen. Aber, ja, vielleicht vorneweg nochmal, du bist geboren in Peru oder in Deutschland, wo sind deine Wurzeln?

Walter Proetzel: Ja, die Familie von meinem Opa sind ausgewandert nach Peru. Weil, da ist eine schöne Geschichte, mit der Familie Landmann und deshalb bin ich in Lima geboren und war natürlich in Deutschland, Brauwissen studiert. Und diese Familie, ich erinnere mich jetzt daran, das war da, die Familie Landmann waren Hopfenimporteure in Südamerika und die kannte sich schon mit der Familie Reelitz in Europa. Und als mein Opa auswandern wollte mit der ganzen Familie, kontaktierte er die Familie Landmann in Südamerika. Mein Opa hatte fünf Möglichkeiten, Arbeitsstellen, ja, in Uruguay, Paraguay, glaube ich, Brasilien, Panama und Peru. Und es ist jetzt, ich kann leider dir oder euch die Antwort nicht geben, der Grund, warum mein Opa nach Peru gekommen ist, das werde ich nie wissen. Und das wusste auch meine Mutter nicht.

Markus: Wann war das denn, in welchem Jahr?

Walter Proetzel: 1900 circa 54

Markus: Ah.

Walter Proetzel: 1954, ja, schon lange her, schon lange her.

Markus: Schon lange her.

Walter Proetzel: Schon lange her. Und ich bin 1960 geboren in Lima, aber als ich immer meine Mutter gefragt habe: „Warum ist der Opa oder unser Opa, mein Opa nach Peru gekommen oder ausgewandert“, hat sie nie antworten können.

Markus: Ja, also das heißt, du bist in Lima geboren und dort aufgewachsen. Und hast du dann schon immer gesagt, ich will Brauer werden oder etwas mit Bier machen oder hattest du vielleicht andere Träume als Kind, was du gerne gemacht hättest?

Walter Proetzel: Mein Vater ist Rechtsanwalt und er wollte, dass ich ein Diplomat werde, ja, das ich Rechtsanwalt auch werde und dann Diplomat, ne. Aber ich war der Einzige in der Familie, der diese Brautradition nachvollziehen konnte, der Einzige, keiner hatte Interesse. Und ich muss dir dann erzählen und das habe ich dann vor ein paar Wochen hier in einer Lima-Zeitung erklärt, mein Opa hat mich dann zu der ersten Brauerei da mitgenommen und dann hat er meiner Mutter gesagt: “ Das ist unser nächster Braumeister.“ Mit sechs Jahren war ich in der Brauerei, ich habe nur Maschinen gehört, vieles gerochen, aber ich konnte natürlich nichts verstehen. Und mit zwölf Jahren bekam ich mein erstes Bier und mein Opa erklärte mir: „Guck mal, das ist, was ich mache.“ Und dann habe ich langsam das Bier verstanden, die Braukultur und nicht nur das, sondern auch die Tradition in meiner Familie. Und das war der Hauptgrund, warum ich mich dann von Diplomat auf Braumeister, dann umgeschult habe und dann habe ich Brauwissen in Deutschland studiert. Aber vorher habe ich meine Lehre abgeschlossen in München in der Hacker-Pschorr-Brauerei und dann noch gearbeitet in zwei Brauereien, Löwenbräu und dann noch in Fürstenfeldbruck.

Markus: Ja, also eine spannende Geschichte. Vorher vielleicht noch, wenn wir an Südamerika denken, dann denken wir ja an Fußball. War das nicht auch eine Option für dich, vielleicht eher Fußballer zu werden?

Walter Proetzel: Markus, ich habe Fußball gerne trainiert und ich habe sogar, als ich das erste Mal in Deutschland war 1977, ich habe in München bei 1860 und sogar, und sogar in Bayern bei Bayern München trainiert. Also ich wollte auch Fußballer werden und Fußballtrainer. Und ich war auch Co-Trainer bei FC Wacker in München für die Jugendlichen. Also Sport treibe ich immer noch, Fußball nicht mehr, aber immer Sport, immer noch sportaktiv.

Markus: Und bist du noch Fußballfan von einer Mannschaft in Peru oder auch in Deutschland oder beides?

Walter Proetzel: Ich sagte ja, mit einer bayrischen Mannschaft, Bayern München und Bayern München hat jetzt 3:0 in Barcelona gewonnen und da war ich überglücklich. Und jetzt spielt, glaube ich, Bayern München gegen Atlético Madrid, jetzt im Februar, März. Und in Peru, ja, natürlich habe ich auch eine Mannschaft, die ich nachvollziehe oder nachfolge, ist Cristal, was ich so sehe, unsere Mannschaft in Peru, die ich mag, ne.

Markus: Und wie kam es mit deiner Ausbildung bei Hacker-Pschorr, also wie hast du das überhaupt einfädeln können, dass das geklappt hat? Schreibt man da eine Bewerbung oder bist du nach Deutschland gefahren und hingegangen oder wie ging das?

Walter Proetzel: Nein, das sind Kontakte, die Braumeister, Brauer kennen sich alle überall in der Welt. Und das war ein Kontakt von einem Braumeister damals. Ich glaube, das war, ja, unwichtig jetzt, aber das war ein Kontakt. Dann war die Nachfrage, kann er bei euch dann eine Lehre anfangen? Dann kam das Ja und da war ich der Lehrling auf einmal. Und Herr Troppmann, das war der Braumeister damals, der damaligen Hacker-Pschorr-Brauerei und Herr Scheel, das war der Direktor dieser Brauerei zur damaligen Zeit.

Markus: Und hast du damals auch schon Deutsch gesprochen?

Walter Proetzel: Si, poso presto, ich habe hier die deutsche Schule besucht, Alexander von Humboldt Schule. Wir haben hier auch die Pestalozzi-Schule, ist ja eine Schule, wo man auch Deutsch lernen kann und es gibt verschiedene Schulen auch in Lima, wo man Deutsch lernen kann. Also ich bin schon als Deutscher, natürlich mit der deutschen Sprache und natürlich motiviert, dann mit der Lehre anzufangen.

Markus: Also das finde ich ganz, ganz spannend und auch sehr interessant. Ich war ja schon mehrmals in Südamerika, allerdings bisher nur in Brasilien und Chile. Und habe aber auch das sehr genossen und dieses Lebensgefühl auf dem Kontinent wirklich sehr, sehr gerne gehabt und auch eben die Biervielfalt. Und eben auch, dass viele deutsche Brauereien, zumindest in der Geschichte, die Länder sehr geprägt haben. Vielleicht, bevor wir noch mehr über Bier sprechen, magst du mal uns eines vorstellen und vielleicht eines mit uns trinken, auch wenn es noch früh am Morgen ist?

Walter Proetzel: Kein Problem, ich kann natürlich immer, weil, ich stelle immer die Frage, wann sollte man das Bier genossen oder genießen? Immer und zu jedem Zeitpunkt. Also dann können wir anfangen. Wir werden dann heute mit Cusqueña-Bier, unser Premiumbier in Peru, dann anfangen. Wir haben hier ein schönes Glas, ein Keru, das ist das Keru mit dem zwölfeckigen Stein. In Cusco ja bekannt, die Leute oder Touristen, die in Cusco waren, kennen diesen Stein. Und wir haben hier die Flasche und diese Flasche werden wir jetzt aufmachen, ein Cusqueña, Premiumbier von Peru. Exportieren wir überall, auch nach Europa, nach USA und in Südamerika natürlich. Da machen wir die Bierflasche auf. Wir haben den Saazer Hopfen, wir haben Karamellmalz und Pilsener Malz. Also, dann auf dein Wohl und auf euer Wohl!

Markus: Wunderbar, sa ute würde man sagen oder salute.

Walter Proetzel: Salud.

Markus: Salute, okay.

Walter Proetzel: Tiquero, salud. Also, salud amagos, ja.

Markus: Salud, ich mache mir auch ein Bier auf, aber du kannst ja vorher kurz ein bisschen erzählen, wie du das Bier empfindest, wie es riecht und wie es schmeckt.

Walter Proetzel: Also, typisch Saazer Hopfen, Citrus, ganz fein, ganz feiner Hopfen. Schaum, gefällt mir, ist gut. Und die Farbe natürlich auch, goldig, also nicht so gelb, sondern echt Gold. Und das Beste kommt jetzt, Markus.

Markus: Der Schluck.

Walter Proetzel: Einmal schlucken.

Markus: Genau.

Walter Proetzel: Schmeckt fantastisch. Körper ist gut, nicht so herb, sondern echt sehr gut ist das Bier. Also Hopfen passt und Geschmack bestens, gutes Bier.

Markus: Wunderbar, also jetzt machst du mir richtig Durst. Und ich habe auch in meinem Keller geschaut, was ich noch an Bieren da habe, eben leider nichts aus Peru, aber immerhin noch aus Südamerika. Und da habe ich zum Beispiel Bier aus der Nähe von Santiago oder in Santiago sogar und die benennen sich nach einem Kätzchen. Und da haben sie jetzt ein Oat Meal Stout in der Flasche und ich mache mal auf. Kennst du die vielleicht sogar?

Walter Proetzel: Nein, nein, nein, aber ich war in Chile, 2018 bin ich nach Chile geflogen und ich habe das Bier Cusqueña vorgestellt, allen Restaurants, überall, das war eine tolle Erfahrung. Damals war der Bierkonsum, Cusqueña-Konsum bei 44.000 Hektolitern pro Jahr, 200.000 Hektoliter.

Markus: Ah, dann hattest du Erfolg als Botschafter. Also, ich schenke mir mal ein.

Walter Proetzel: Nein, Markus, aber da gibt es so viel über Bier zu erzählen, weil viele Deutsche, und nicht nur in Peru, sondern auch in Chile, wir haben so viele deutsche, wir haben echt so viele Braukultur in Mittelamerika, Südamerika, viele Deutsche sind ausgewandert. Und die typischen Biere sind Lagerbiere und alle mit diesem Hopfen. Und das sind echt, wir haben sehr gute Braukultur in Brasilien, wie du erzählt hast, und in Chile und sogar in Peru. Vielleicht in Peru mehr bekannt, wie du gesagt hast, für die Inkas. Wir haben ein tolles Bier, also wirklich. Ich erzähle immer, wenn die Touristen nach Peru kommen, was ist das Erste, was die machen, Cusqueña trinken und dann Machu Picchu, aber zuerst Cusqueña.

Markus: Das stimmt, ein gutes Bier muss immer am Anfang stehen auf dem Speiseplan. Und in diesem Sinne, nochmal prost.

Walter Proetzel: Prost, Markus.

Markus: Und ich sage noch ganz kurz, also mein Old Mill Stout hier ist tatsächlich ein typischer Vertreter dieses Bierstils, richtig schöne dunkelbraune Farbe, oben drauf so ein rostfarbener, nussfarbener Schaum und schmeckt tatsächlich auch, wie es sich gehört, eben schön röstig, nussig, sehr weich, also angenehmes spannendes Bier. So ein bisschen das Gegenstück zu deinem, weil, du hast eher ein helles frisches Bier und meins ist jetzt eher so ein dunkleres und ein bisschen röstigeres Bier. Aber spannend, mal schauen, was du uns da noch weiter erzählst. Wie ging es dir denn dann überhaupt, wenn du in Deutschland die Ausbildung gemacht hast und kommst dann zurück nach Peru, macht man da andere Biere oder entwickelt man neue Biere? Oder haben die dich überhaupt rangelassen, also durftest du überhaupt selber Bierrezepte machen, wie war das als du zurückkamst?

Walter Proetzel: Nein, nein, nein, wir haben Rezepte schon seit Jahren in Backus. Wir haben das erste Bier überhaupt in Peru, wurde am 15. Oktober 1863 gebraut. Also wir hatten viele Braumeister und auch kleine Brauereien, aber dann haben sich dann drei Brauereiengruppen, da waren drei Brauereigruppen oder Braugruppen in Peru. Das war südlich von Lima, Cusco, Arequipa. Und mein Opa hat gearbeitet als damals der technische Direktor. Und in der ersten Brauerei, wo mein Opa gearbeitet hat, da ging ich mit ihm als ich klein war. Und, genau, dann sind da neue Brauereien gebaut, 1970 hat eine unglaublich schöne Brauerei, sehr modern, sehr modern. Wir haben die modernste jetzt Flaschenabfüllung in San Juan, stell dir mal vor, im Urwald, ne, mit 30, 40 Grad, also Bierkonsum garantiert. Und da ist das Bier San Juan, das ist das regionale Bier. Dann haben wir eine Brauerei nördlich von Lima. Und in Lima natürlich ist die größte Brauerei Perus, mit einer Ausstoßkapazität von fünf Millionen Hektolitern und wir gehen auf zehn Millionen Hektoliter. Unser Konsum, ich sage mal, per Person, also, ne, liegt bei 44 Liter pro Person. Im Durchschnitt liegt Südamerika bei 60, ne, also wir sind nah dran. Und in Europa liegt ihr bei 70, ne, Deutschland natürlich 120 und in der Tschechischen Republik, glaube ich, bei 140. Also da brauchen wir noch ein bisschen Zeit.

Markus: Ja, aber es scheint ja dann auf jeden Fall ein steigender, wachsender Markt zu sein. Das ist ja schon auf jeden Fall eine spannende Geschichte. Und was für Biere werden da getrunken, helle Lagerbiere oder gibt es auch ein Weißbier oder ein Export oder solche Sachen?

Walter Proetzel: Nein, also Bier hat sich sehr schön entwickelt in Peru. Früher war nur Cristal, das waren Lagerbiere. Und wir haben also Cusqueña, was auch ein Lagerbier ist, exportiert. Aber mit der Zeit, die Craft-Beer-Entwicklung überall in Südamerika ist sehr stark angefangen, also nicht nur in Chile, nicht nur in Brasilien, auch in Peru, auch in Ecuador, also überall sieht man Craft-Beer-Entwicklungen, und die haben die neuen Stile, Bierstile eingeführt. Da siehst du überall sehr schön differenziert die Biere aus Herkunft, Stile, Bierstile und Alkoholgehalt. Und da siehst, wir importieren jetzt Bier aus der ganzen Welt, ne, aus Schottland, aus Deutschland, aus Belgien. Also wir haben eine Biervielfalt in Peru, also immens, immens, ja. Also wir haben von Lagerbiere, auf Ale-Biere, auf dunkle Biere, Weißbiere. Und wir haben sogar bei Backus ein Weißbier auch, CUSQUEÑA Trigo, schmeckt fantastisch. Und das ist das meistgetrunkene Weißbier in Peru.

Markus: Spannend. Macht ihr das mit offener Gärung?

Walter Proetzel: Nein, alles geschlossene Gärung. Also wir haben, stell dir mal vor, zylindro-konische Tanks, 10.000 Hektoliter groß.

Markus: Das ist groß, das stimmt, ja.

Walter Proetzel: Aber, guck mal, ich wollte dir, Markus, auch eigene Fotos zeigen, wie das Bier in Peru angefangen hat. Ich weiß nicht, ob du das sehen kannst, siehst du was?

Markus: Ja, also ich muss es unseren Hörern etwas beschreiben, aber jetzt sehen wir praktisch einen historischen Lagerkeller, wenn ich das richtig sehe, mit Holzfässern unter der Erde. Das kenne ich aus Deutschland, dass man noch Eis sieht, was da irgendwo gestapelt ist, aber es schaut sehr typisch aus, wie wir das kennen, ja.

Walter Proetzel: Diese Holztanks, die haben wir aus Deutschland importiert. Jeder Tank hat eine Kapazität von 87 Hektoliter.

Markus: Das ist ordentlich, ja.

Walter Proetzel: Ja und, guck mal, ein Berieselungskühler. Kannst du dich noch erinnern?

Markus: Oh ja, kann ich auch sehen. Das wird sogar teilweise in Deutschland noch genutzt, zum Beispiel bei der Uerige Brauerei in Düsseldorf. Und das ist ganz spannend, weil da das Bier nämlich außen an dem Metall runter läuft, innen drin läuft dann kaltes Wasser dagegen und damit kann ich eben die Würze runter kühlen. Und das war früher einfach der wichtige Schritt zwischen Kühlschiff und Gärtank, dass man das Bier dann eben gut vergären konnte, ja.

Walter Proetzel: Da wollte ich dir auch ein bisschen Geschichte zeigen. Guck mal an, das ist die Geschichte von der größten Brauerei in Lima, damit ihr alle sehen könnt. Kannst du das Bild sehen?

Markus: Ja, jetzt. Also jetzt sieht man große Tanks außen vor dem Gebäude stehen, sehr große Biertanks. Das sind bestimmt, ja, 1.000 Hektoliter oder so. Wie groß sind die?

Walter Proetzel: 5.000 Hektoliter.

Markus: Ja, Wahnsinn.

Walter Proetzel: 5.000 Hektoliter. In der damaligen Zeit, als ich angefangen habe 93, ich habe bei Backus am 12. April 93 angefangen, wir hatten 21 Tanks, heute haben wir 58. Also, der Konsum steigt. Also wenn du fragst, wenn du heute fragst, Bierimporteure, Craft-Beer, große Brauereien, überall wird Bier getrunken.

Markus: Ja. Na, das ist doch schon mal eine gute Nachricht. Und ich habe das auch so erlebt in Brasilien zum Beispiel, aber auch in Chile, das also grade auch die jungen Leute wirklich sehr gerne Bier trinken und das auch so ein bisschen für sich entdecken. Und in Brasilien zum Beispiel ist es so, dass es dort sehr viele Leute gibt, die zum Beispiel die Ausbildung zum Biersommelier machen und dann auch später damit Geld verdienen wollen, also die das durchaus als Beruf sehen. Ist das in Peru auch so, gibt es da eine interessierte Gruppe an Bier?

Walter Proetzel: Ja, sehr sogar, genauso wie in Chile, Argentinia, Uruguay und Brasilien genauso. Also ich bin der Meinung und ich bin mir sicher, der Bierkonsum wird dann weiter steigen. Weil, Bier muss man verstehen, ne, Bier ist ein sehr komplexes Getränk. Also Bier ist nicht einfach, von heute auf morgen, dass ich Bier herstelle. Und unsere Konsumenten müssen das verstehen. Heutzutage bin ich nicht mehr als Braumeister tätig in der Brauerei, sondern ich teile Braukultur, den Konsumenten, ja und ich zeige denen, was Bierkultur bedeutet. Weißt du, viele Konsumenten denken, Bier ist nur Alkohol und es erfrischt, nicht mehr. Also Lager-Bier, Ale-Bier, die Tradition in Deutschland, Belgien, England, diese ganzen Traditionen, Bier muss man verstehen. Und heute arbeite ich sehr daran, das Food-Pairing mit Bier. Also ich bin ein Mann, ich bin ein Fan, Markus, zum Beispiel Bier, also Cheese and Beer, Cheese and Berr ist für mich einfach toll.

Markus: Ja, also da kann man tolle Sachen machen, müssen wir noch gleich drüber sprechen, Käse und Bier, tolle Kombination. Aber vorher, wo du es grade schon erwähnt hast, da bist du, glaube ich, also soweit ich das weiß, weltweit eigentlich führend, du machst ja bei TikTok Bieraufklärung. Also da gibt es 90- oder 100.000 Follower, die regelmäßig von dir eben kleine Filmchen anschauen, wo du ihnen Dinge über Bier erklärst, also zum Beispiel die richtige Temperatur für Bier. Oder, ich habe gesehen, da gibt es zum Beispiel ein Video, wo du eine Blindverkostung machst, also dir die Augen verbinden lässt und dann vier verschiedene Biere servieren lässt und die dann tatsächlich auch noch erkennst. Also das ist natürlich total spannend. Wie kamst du denn auf die Idee und was bekommst du da für Feedback?

Walter Proetzel: Genau, um ein Bierbraumeister zu sein, musst du einfach üben und üben. Und ich kenne schon einige Biere wie Budweiser und Heineken und was noch und die aus Europa kommen. Das heißt, du musst dir nur ein bisschen Zeit nehmen, dich ein bisschen konzentrieren und dann kannst du natürlich die Differenzierungen als Braumeister erkennen. Und dann kannst du sogar sagen: „Dieses Bier, dieses Bier, dieses Bier“ und die kannst du natürlich alle erkennen, aber dafür brauchst du ein bisschen Praxis. Das ist, was der Braumeister braucht eben, ein bisschen Praxis macht den Meister.

Markus: Ja, das auf jeden Fall. Ich meinte allerdings auch, wie du überhaupt auf TikTok gekommen bist. Also das ist jetzt, also ich bin ja jetzt Mitte 40 und habe auch keinen TikTok-Account also und du bist ja schon, wenn ich das sagen darf, über 60 und hast das eben und bist ja einer der bekanntesten Bierleute sozusagen auf TikTok. Wie kommt man auf die Idee?

Walter Proetzel: Ich gebe dir Recht, am Anfang war TikTok für mich schwierig zu verstehen, weil, natürlich mit den Jahren. Also Instagram, okay, kenne ich, aber TikTok war etwas Neues, etwas Schnelles. Aber ich sah die Möglichkeit oder wir sahen die Möglichkeit als Braumeister mit meinen ganzen Bierkenntnissen, Bierkulturen und so weiter und so fort, einfach mehr über Bier zu zeigen, mehr über Bier zu sprechen. Und ich nutze TikTok aus, um Bier zu zeigen. Braukultur, Bierkultur ist so wichtig, Bier verstehen. Genau, ja, stell dir mal vor, Markus, genau wie mein Opa damals mir gezeigt hat, Bier zu verstehen, also Hopfen, Malz, Wasser, Hefe, das alles zu verstehen, mit der richtigen Temperatur, unterscheiden zwischen Ale-Biere, Lager-Biere, diese kleinen Details, um eben die Bieratmosphäre noch schöner zu machen. Und deshalb nutze ich die Möglichkeit mit TikTok, einfach Bier zu zeigen. Bier zu verkosten, zu genießen und nicht einfach denken, dass Bier einfach nur Alkohol, ein Erfrischungsgetränk ist. No, Bier ist viel mehr. Und deshalb bin ich bei TikTok dabei.

Markus: Ja, also faszinierend, da gibt es sogar Tänze von dir, also ein unglaubliches Portfolio. Wenn jetzt jemand von unseren Hörern sich das anschauen möchte, wie finde ich dich bei TikTok, gibt es da so einen Hashtag oder wie geht das?

Walter Proetzel: Einfach Walter Biermeister, schreibe ich dir aber im Chat, ja und ihr könnt ja suchen. Und das Schöne dabei ist, ich bekomme auch Fragen von den Zuhörern. Ich habe inzwischen 200.000 Zuhörer, also die einfach Interesse haben an Bier. Und es steigt weiter. Also wie du siehst einfach, Bier ist einfach das beste Getränk.

Markus: Großartig. Also es sind sogar 200.000 Follower, das ist ja Wahnsinn. Also, liebe Hörer, wir schreiben das natürlich dann in die Shownotes, dann könnt ihr da auch direkt hingehen und euch das anschauen. Nun ist es ja so, also du machst einerseits Biererziehung so ein bisschen über TikTok, aber du machst auch überhaupt Bierausbildung in Peru, oder? Also bist du da irgendwie dabei auch, bei der Ausbildung von Leuten rund um das Thema Bier?

Walter Proetzel: Ja, ja, in eigenen Brauereien. Wir haben eine Schule, wir haben die BierAkademie, genau.

Markus: Genau, ja.

Walter Proetzel: Die BierAkademie und zwar, diese BierAkademie, und wir sind stolz darauf, wir gehören heute zu der größten Brauerei. Und wir haben vor drei Jahren entschieden, in Peru die Bierakademie zu eröffnen für die ganze Zone. Stell dir mal vor, für Mittelamerika, Südamerika, eine BierAkademie selber in unserer Brauerei zu haben. Wir haben einen Kurs, einen 13-Wochenkurs, ja und vier Wochen und die anderen Wochen in der Brauerei, mit Hausaufgaben. Aber wir sind echt stolz, dass man Peru ausgesucht hat. Ich weiß nicht, Peru ist irgendwie ein Magnet. Weil damals, wie mein Opa nach Peru gekommen ist, weiß man nicht, und warum man die BierAkademie in Peru, sich entschieden. Also irgendwer hat gesagt: „Nein, die BierAkademie muss in Peru sein.“ Und heuer bin ich in der BierAkademie und ich schule nicht nur Leute in der Brauerei am Wasser sozusagen, sondern auch, kommen externe Leute, Restaurants und Konsumenten und ich zeige und ich spreche über Bier und ich zeige. Und ich spreche und ich zeige ihnen, wie das mein Opa damals, genau dasselbe. Ja, Markus, Bier ist das komplexeste Getränk. Und wenn man etwas Natürliches zu sich nehmen möchte, dann denkt man oder dann, denke ich, Bier ist das Beste.

Markus: Ja, also da sind wir auf jeden Fall einer Meinung. Und es freut mich auch total zu hören, dass da eine andere BierAkademie auf der anderen Seite vom Atlantik existiert und floriert, dass das funktioniert. Spannend, also muss ich unbedingt mal vorbeischauen. Ich glaube auch, dass ich das schon verstehen kann, dass man Peru ausgesucht hat als Basis. Weil, ich denke, man braucht ein stabiles Land mit einer guten Biertradition und einer guten Lage auch irgendwie. Und ich glaube, da ist Peru sicherlich vielleicht strategisch ganz günstig gelegen und vielleicht auch noch ein bisschen normaler. Weil, in Brasilien wäre man dann so in diesen ganzen Wust gewesen, was sich da ja an Brauern und Craft-Brauern tut. Also finde ich eine gute Geschichte. Vielleicht nochmal kurz zu dir und deiner Geschichte, du hast eine Familie, du hast eine Frau und hast Töchter. Sind die auch irgendwie im Thema Bier?

Walter Proetzel: Ich habe zwei Töchter, zwei Söhne, zwei Kinder. Jana studiert in der Uni hier in Lima und Kevin ist in Deutschland, in München. Hallo Kevin. Und er hat sich am Anfang nicht für Bier interessiert, aber er ist in Deutschland jetzt, also er hat sich für Bier auch interessiert und kann auch Bier genießen. Und Jana noch nicht, aber so langsam kommt sie. Sie studiert…

Markus: Ernährungswissenschaft, ja.

Walter Proetzel: Ernährungswissenschaft und sie versteht schon langsam das Bier, Bier ist natürlich und Bier macht nicht dick. Also ich weiß nicht, warum man sagt: „Oh je, Bier macht dick.“ Nein, Bier macht nicht dick. Ich kämpfe immer und erkläre, Bier macht nicht dick, genieße dein Bier. Genieße dein Bier, das ich so ich immer, ne.

Markus: Absolut, ja.

Walter Proetzel: Und mein Sohn, der hat eine Lehre abgeschlossen in München und er möchte jetzt eine Umschulung beginnen auf Chemiker. Und vielleicht endet er auf Bier. Und er ist der Einzige, der mit der Biertradition weitermachen kann, sonst bin ich der Letzte, Markus, in der Familie.

Markus: Na, dann hoffen wir mal oder, na, vielleicht ist es ja einer seiner Söhne, die er dann vielleicht mal hat.

Walter Proetzel: Kann sein.

Markus: Man weiß es ja nicht. Vielleicht noch eine Frage zum Thema Peru. Wenn ich da bisher an Bier gedacht hab, ist mir auch immer das Chicha Bier in den Sinn gekommen. Hattest du da schon mal eine Berührung, hast du das mal erlebt vor Ort? Gibt es das überhaupt noch?

Walter Proetzel: Ich empfehle immer, weil, viele Touristen kommen nach Lima, nach Cusco, nehmen den Zug, das ist echt eine Erfahrung, Machu Picchu kennenzulernen, aber ich empfehle immer von Cusco nach Machu Picchu. Diese Reise ist für mich viel schöner. Da siehst du Häuser mit roten Fahnen. Und da, wo die roten Fahnen sind, da trinkt man Chicha. Also, du weißt Beschied, ihr wisst Bescheid, rote Fahnen, Chicha. Also im Süden wird noch viel Chicha getrunken. Aber, wenn du jetzt reingehst auf Victoria Bier, es ist eine Mischung, Bier mit Chicha. Habe ich selber noch nicht verkostet, aber ich so selber noch nicht getrunken, aber wir haben schon eine Mischung zwischen Bier und Chicha.

Markus: Okay, also klingt spannend. Vielleicht für unsere Hörer noch kurz, also Chicha ist so etwas wie das Urbier, was es eben in Südamerika gegeben hat oder gibt. Also zumindest früher war es so, dass die Zutaten dafür von Damen, die es meistens hergestellt haben, gekaut worden sind und man dann diesen Brei / also teilweise saßen die dann zu mehreren, um einen Brei aus Getreide herum und haben den dann abwechselnd gekaut. Und das Ganze ging dann ins Wasser. Und durch die Enzyme aus dem Speichel kann dann eben die Stärke vom Getreide umgewandelt werden in Alkohol, so wie wir das kennen oder überhaupt erst mal abgebaut werden in Zucker und dann später von der Hefe in Alkohol, so rum. Und, ja und das hat natürlich alleine wegen dieser Herstellung, dass das jemand vorher kaut erst mal, natürlich schwierige Assoziationen bei vielen Leuten in Europa. Aber mittlerweile gibt es auch andere Herstellungsmethoden. Aber gibt es noch jemand, der das wirklich auch kaut?

Walter Proetzel: Ja, immer noch.

Markus: Immer noch?

Walter Proetzel: Immer noch, immer noch. Muss man sagen, dass Chicha aus Mais kommt und Mais Morado. Also das hat eine andere Farbe, nicht nur gelb, sondern wir haben da einen Mais mit Violetfarbe und daraus wird Chicha gemacht. Man muss es einfach kennen. Man muss es einfach trinken, ausprobieren. Und wir haben auch dasselbe in Afrika. Auch in Afrika wird auch so ein, Sorghum, glaube ich, mit Sorghum, ne, dieses /

Markus: Genau, Hirse und Sorghum, ja.

Walter Proetzel: Genau, da wird auch dieses Getränk mit Sorghum hergestellt, auch mit Mund, auch mit Speichel.

Markus: Ja, auch der Reiswein in Japan und China war ursprünglich so, dass der tatsächlich gekaut worden ist. Da gab es sogar Vorschriften, dass das nur junge Frauen, also Jungfrauen machen durften mit ganz besonders weißen Zähnen. Also da hat man noch sogar darauf Wert gelegt, sehr spannend. Aber vielleicht nochmal oder möchtest du noch was sagen?

Walter Proetzel: Nein, nein, nein.

Markus: Nein. Vielleicht nochmal kurz zu dem Thema Food-Pairing, da hattest du ja grade schon gesagt, dass dich das sehr interessiert und sehr begeistert. Für uns auch ein wichtiger Punkt und grade auch mit Bier und Käse. Und da ist es bei uns ja so, dass es in Deutschland gar nicht so viele, sage ich jetzt mal in Anführungsstrichen, gute oder unterschiedliche Käsesorten gibt, sondern da müssen wir immer in die Schweiz oder nach Frankreich, um diese Käse eben dann zu nehmen für das Pairing. Wie ist es denn mit Käse in Peru, gibt es dort Käse, Käsereien, guten Käse?

Walter Proetzel: Wir haben sehr guten Käse in Peru. Wir haben eine Reise gemacht vor circa vier Wochen und da war ich in einer Käserei in Peru, einer von den besten Käsereien in Peru, ja. Und da wollte ich denen zeigen, oh je, machen wir ein Cheese-Beer. Nein, aber Käse trinkt man mit Wein. „Einen Moment hier“, habe ich gesagt, „jetzt werden wir das ausprobieren.“ Und am Ende, ja, am Ende haben sie sich so sehr gefreut, die Meisten. Also die haben das sehr schnell gelernt und die haben gesagt: „Es passt fantastisch Bier zu Käse.“ Weil, wir haben das Salzige oder den guten Geschmack vom Käse, aber wir haben den malzigen Geschmack vom Bier und das passt sehr, sehr gut. Und das war, die waren einfach fasziniert, die konnten sich selber nicht vorstellen, dass es passt, das Bier zu Käse passt oder Käse zu Bier. Aber nicht nur zum Käse, sondern wir haben eine sehr gute Gastronomie, sehr gehobene Gastronomie in Peru und wir haben das Bier für unsere Gastronomie. Und weil, wir sprechen nur über peruanische Gastronomie, peruanische Gastronomie, aber was passt am besten zur peruanischen Gastronomie? Und wir sind dabei, schon seit ein paar Monaten, alle, die Leute, die in der Brauerei arbeiten, auch Konsumenten, Restaurants, Chefs, Barman und so weiter zu zeigen, dass Bier auch zu unserer Gastronomie am besten passt. Weil, wir haben natürlich scharfes Essen, wir haben zum Beispiel das gewöhnliche oder das bekannte Ceviche. Aber Ceviche ist nicht immer dasselbe. Das heißt, wir haben ein Ceviche nördlich von Peru, südlich von Peru, also wir haben verschiedene Essgewohnheiten. Und zum Beispiel, stell dir mal vor, wir haben eine sehr schöne Gewohnheit, Bier wird dann begraben für zwölf Monate. Und dann wird das Bier aufgemacht nach zwölf Monaten und dann trinkt man das Bier. Das ist zum Beispiel etwas sehr Typisches. Und denen schmeckt es am besten nach zwölf Monaten.

Markus: Das ist faszinierend. Also ich kenne das aus Berlin, da gab es ja früher die Berliner Weisse und die hat man auch in Sand eingegraben. Und hat man dann auch nach zwölf Monaten oder auch nach zwei, drei Jahren und hat die dann verkauft als Sand Weisse. Und wenn du jetzt da in so einem Geschäft warst und wolltest was ganz Besonderes deinen Gästen bieten, dann hast du so eine Sand Weisse bestellt. Und dann wurde die wirklich ausgegraben und dann auf einem Tablett serviert, durch das ganze Wirtshaus getragen und richtig zelebriert. Und das fanden natürlich dann die Leute toll. Und dann hat man auch gezeigt, wie viel einem die Gäste wert sind, also auch spannend. Ich habe auch so ein bisschen gelesen über die Küche in Peru und habe festgestellt, dass da viele chinesische Einflüsse sind. Also gibt es zum Beispiel ein Gericht, das nennt sich Chifa oder Kiefer oder so ähnlich. Das habe ich, glaube ich, in Chile mal gegessen irgendwo in einem peruanischen Restaurant. Also stimmt das, ist da viel chinesischer Einfluss da?

Walter Proetzel: Ja, wir haben viel chinesischen Einfluss hier in Peru. Und Chifa ist das chinesische Restaurant. Also Chifa ist nicht nur ein Teller, sondern Chifa sagen wir zu allen chinesischen Restaurants, die nennen wir Chifa, ja. Und wir erklären auch immer, was ist hier Typisch, chinesisches Essen mit Inka Kola, ne. Ich dürfte vielleicht nicht Inka Kola sagen, aber es ist eine Gewohnheit, wenn ich Chifa esse, ich trinke Inka Kola. Und wir möchten jetzt zeigen, dass zum Beispiel das Weizenbier zum Chifa oder zum Chifa-Essen sehr gut passt. Und ich glaube, wir haben das seit Monaten schon überprüft, wir selber und tatsächlich, das Weizenbier zum chinesischen Essen passt am besten, passt sehr gut. Auch das belgische, das deutsche und das peruanische Weizenbier.

Markus: Ja, auf jeden Fall. Und überhaupt ist das bei uns auch ein Thema, grade bei der asiatischen Küche sage ich den Leuten immer, das ist perfekt für Bier und eben also eigentlich ganz dumm, dazu einen Wein zu trinken, weil es ja immer um Aroma geht, um Gewürze. Und das verstärkt eben grade die Kohlensäure aus dem Bier richtig schön, der Alkohol bringt das gut zur Geltung. Da wäre man mit einem Wein einfach völlig falsch dran.

Walter Proetzel: So ist es, so ist es, Markus, ganz deiner Meinung und ganz ihrer Meinung, also einfach ausprobieren. Und ich bin der Meinung und ich bin mir sicher, Food Pairing mit Bier ist eine Erfahrung und muss man machen, muss man machen. Und so lernt man eben das Ausprobieren mit Food Pairing mit Bier. Und Bier ist, was ich immer sage, ne, Bier muss man einfach genießen, aber man muss ein bisschen über Bier verstehen und ein bisschen über Bier lernen. Und dann wirst du verstehen, man trinkt nicht nur beim Fußball oder nur eiskalt, sondern man muss einfach lernen, es gibt doch verschiedene Bierstils, wie Ale-Biere und Lager-Biere. Und man muss nicht immer mit drei oder vier Grad Celsius das Bier genießen, sondern man muss, nein, tatsächlich auf die Temperatur aufpassen, dass richtige Einschenken, das richtige Glas haben, das saubere Glas, keinen Plastikbecher. Also man muss schon einiges lernen über Bier, ne.

Markus: Auf jeden Fall. Also dafür haben wir ja die Ausbildung zum Biersommelier zum Beispiel bei uns und ihr habt wahrscheinlich ähnliche Möglichkeiten, wie man sich da eben weiterbilden kann. Ja, das war jetzt ja fast schon ein perfektes Schlusswort, aber eine Frage habe ich noch. Ich habe auch gelesen von einem Bier Namens Bicolor Cristal, was du mitentwickelt hast oder was ihr entwickelt habt. Was hat es denn damit auf sich?

Walter Proetzel: Ja, das ist das Cristal Bicolor, Cristal Bicolor. Lass mich mal anrufen und vielleicht hier ein Telefonat zu machen. Und ich zeige euch die Flaschen, wir sind sehr stolz, dass wir einige der besten Malztypen von der Welt hier in Peru haben und das Malz kommt aus Deutschland, aus der Weyermann Mälzerei.

Markus: Also nicht nur aus Deutschland, sondern aus Bamberg, ja.

Walter Proetzel: Aus Bamberg, ganz genau, aus Cristal Bicolor benutzen wir das speziell Weyermann Malz. Und das ist ein malziges Bier, also es schmeckt mir fantastisch und schmeckt mir am besten also. Und wir haben auch, und da gibt es eine tolle Geschichte, Markus, das zwar für unser Oktoberfest in Peru, haben wir das Rocha entwickelt. Das war der Deutsche, der hat also angefangen mit dem Oktoberfest. Und der ist zu unserer Brauerei gekommen und wir haben das Rocha mit ihm selber entwickelt. Der ist dann am Nachmittag, einmal in der Woche gekommen, mit Wurst und alles und war den ganzen Nachmittag hier bei uns und Bier verkostet mit Wurst. Also das waren tolle Nachmittage, tolle Erfahrungen, tolle Erfahrungen.

Markus: Und Rocha heißt in dem Fall dann ein Rotbier oder wie?

Walter Proetzel: Ein Rotbier, ja. Wenn du mir eine Minute noch gibst, dann kann ich dir die Flaschen bringen und zeigen.

Markus: Ja, gerne.

Walter Proetzel: Gib mir eine Minute. Ich wollte dir auch über ein Bier erzähle, was sehr interessant ist und zwar, das ist Cristal Bier, das meistverkaufte und das meistgetrunkene Bier in Peru. Was ist das interessante an dieser Flasche? Schau mal dir hier genau das Symbol hier, das ist eine, wie soll man, aus Ägypten.

Markus: Eine Sphinx.

Walter Proetzel: Eine Sphinx, ganz genau. Und warum ist das Bier oder Cristal Bier mit einer Sphinx gekennzeichnet? Weil, wir respektieren einer der besten Bierkulturen überhaupt in der Biergeschichte, ne, deshalb hat Bier, unser Cristal Bier zum Beispiel eine Sphinx als Symbol, stell dir das mal vor.

Markus: Das ist schön, faszinierend. Also auch hier wieder als kurze Info, Ägypten ist eben eine der ältesten Bierkulturen, also nicht die älteste, aber eine der ältesten.

Walter Proetzel: Eine der Ältesten.

Markus: Und sie waren die, die es am professionellsten gemacht haben. Also es gab in Ägypten dann schon Brauereien, die die Dimension von Großbrauereien heutiger Zeit erreicht haben. Und interessanter Weise hat man auch rausgefunden, dass die Ägypter für ihre Biere zum Beispiel Datteln verwendet haben, um das ein bisschen zu aromatisieren. Und diese Datteln haben sie am Boden zertreten, um das eben besser lösbar zu machen dann in der Flüssigkeit. Und dabei haben sie Substanzen aus Flechten ins Bier gebracht, die am Boden wachsen und das wiederum hat dann dem Bier eine antibakterielle Wirkung gegeben. Und das ist vielleicht einer der Gründe, warum die Ägypter in der Antike eine verhältnismäßig lange Lebenserwartung haben. Also auch wirklich eine spannende Geschichte, hat viel mit Bier zu tun. Und das freut mich, dass ihr da ein Bier macht, was da dran erinnert, schön.

Walter Proetzel: Und was du gesagt hast, was du gemeint hast, das ist unser speziell Bicolor. Jetzt möchte ich schnell die Farbe euch zeigen, das ist so eine rötliche Farbe.

Markus: Und ganz kurz noch, Bicolor war auch ein Jubiläumsbier zum Jubiläum von Peru, oder?

Walter Proetzel: Ja, das stimmt, genau. Ja, wir haben jetzt 100 Jahre gefeiert und deshalb haben wir dieses Bier, gebraut mit Malz aus Bamberg. Wir wollten einfach die peruanische Fahne irgendwie darstellen mit einer rötlichen Farbe und der weiße Schaum, das ist so unsere peruanische Fahne.

Markus: Perfekt, also das kriegen wir in Deutschland niemals hin, ein schwarz-rot-goldenes Bier, ja.

Walter Proetzel: Perfekter Schaum, die Farbe natürlich rötlich und der Geschmack, also der Geschmack ist natürlich malzig, nicht so herb. Aber mir schmeckt zum Beispiel dieses Bier, einer der Besten überhaupt.

Markus: Na, dann prost. Dann muss ich mir auch noch eins aufmachen so kurz vor Schluss des BierTalks. Ich habe mir noch eins aus Chile mitgenommen. Da geht es wohl darum, grade die einheimischen Ureinwohner ein bisschen in verschiedenen Bierstilen auszudrücken. Und die Brauerei liegt so zwischen Santiago und der Pazifikküste. Da geht es wohl um einen Stamm aus der Atacama-Wüste, also auch ganz interessant. Vielleicht auch ganz interessant aus der peruanischen Sicht, weil das ja das Grenzgebiet ist zwischen Peru und Chile. Und das Bier selber ist ein Brown Ale. Dafür ist es ganz schön dunkel, wenn ich mir das hier so anschaue und hat aber auch die typischen nussigen Aromen von so einem Brown Ale. Ganz lustig, dass ich mir so instinktiv Bierstile rausgesucht habe, die dunkler sind als die, die du dir rausgesucht hast. Aber dein rotes Bier schaut wirklich ganz toll aus, also das gefällt mir auch sehr gut, würde ich auch gerne mal probieren. Also ich muss mal nach Peru kommen, unbedingt.

Walter Proetzel: Und zum Abschluss, Markus, ich möchte mich natürlich nicht nur bedanken für diese Chance, die du mir gegeben hast, was über Peru oder überhaupt über Peru zu sprechen, über die peruanische Gastronomie, Tourismus in Peru und nicht vergessen, das gute Bier in Peru. Und wichtig ist, Markus, wir haben so viele Craft-Brauereien in Peru, wir haben so eine schöne Bierkultur in Peru und deshalb, diese Reise, wenn man nach Cusco oder wenn man nach Peru kommt, man kommt schon Bier-Tours dann organisieren in Peru, also wir haben sehr gute Bier tatsächlich und überall, in den Anden und in Cusco, wir haben so schöne Craft-Brauereien, die man kennen muss. Also man muss einen extra Urlaub machen, nicht nur Machu Picchu, nicht nur die Archäologie, sondern wir haben Gastronomie, wir haben Tourismus, aber wir haben das gute Bier in Peru. Und wichtig ist, was wir immer lehren und zeigen hier in Peru, Bier verstehen, Bier ist nicht nur Alkohol und erfrischend, sondern Bier ist eine der komplexesten Getränke überhaupt in der Welt. Und man muss einfach Bier verstehen, Bierstile kennenlernen und diese ganze Möglichkeit, Food Pairing, Bier genießen und sich eine schöne Zeit nehmen, Markus, wie jetzt mit dir oder mit euch.

Markus: Genau, wunderbar, danke schön für dieses tolle Schlusswort. Und ich kann auch mich nur anschließen, unseren Hörern empfehlen, also unternehmt mal eine Reise nach Südamerika, vielleicht besonders nach Peru, da kann man natürlich auch die Geschichte verbinden mit dem Bier. Und ihr könnt mehr über den Walter eben erfahren über TikTok, über Facebook, wir werden die entsprechenden Links in die Shownotes einbinden und auch natürlich ein paar Artikel über dich und deine Brauerei. Und ich sage vielen, vielen Dank für heute, für die vielen Informationen, für diesen spannenden Einblick in eine ganz andere Welt. Und, ja, gerne bis zum nächsten Mal, da fällt uns bestimmt nochmal ein schöner Termin ein, prost.

Walter Proetzel: Prost, danke, Markus.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 76 – Interview mit Sarah Jäger, Bayerische Bierkönigin und International Beer Sommelière aus Schwandorf

Sarah Jäger konnte als erste Oberpfälzerin der Geschichte das Volk und die Jury von sich überzeugen und den Thron als Bayerische Bierkönigin besteigen. Die Schwandorferin arbeitet seit vielen Jahren in der Branche und sprüht vor Charme und Begeisterung für ihr Lieblingsgetränk. Eine weitere Krönung während der Amtszeit erhielt sie nach dem erfolgreichem Abschluss der Weiterbildung zur International Beer Sommelière, in der sie einen umfassenden Blick in die Bierkulturen jenseits der Grenzen des Freistaates werfen konnte. Im BierTalk erzählt sie von den bewegenden Minuten ihrer Wahl und dem spannenden Weg, den sie seitdem beschreiten durfte – unser Weihnachtsspecial für die treue Hörerschaft…

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Holger: Liebe Freunde, es ist der 76. BierTalk und ein ganz besonders tolles schönes Weihnachtsgeschenk von uns an euch. Und zwar die amtierende Bayerische Bierkönigin am ersten Weihnachtsfeiertag. Mehr geht nicht. Sarah, grüß dich! Schön, dass du da bist. Wir sind ganz stolz, dass wir mit dir die amtierenden Bierkönigin haben, die Bayerische Bierkönigin. Das wäre der Markus auch irgendwann mal geworden, aber er hat einfach so eine schlechte Figur und sieht auch nicht dementsprechend gut aus. Also herzlich willkommen! Vielleicht magst du dich vorstellen kurz den Hörern, weil es gibt auch Nordlichter oder Leute in Peru oder Chile, die uns hören, und die kennen dich vielleicht noch gar nicht.

Sarah Jäger: Servus zusammen! Ich bin die Sarah. Ich bin die amtierende Bayerische Bierkönigin 2021/2022. Ich bin 32 Jahre alt und komme aus Schwandorf in der wunderschönen Oberpfalz. Soll ich noch mehr dazu sagen?

Holger: Steht dir frei. Also wir können auch mit dem Fragen beginnen. Wie wird man Bayerische Bierkönigin? Wie wird man das? Erzähl doch mal!

Sarah Jäger: Es gibt natürlich erst einmal Richtlinien, wie man es denn überhaupt werden kann. Als das Erste ist schon mal, es gibt eine Bierkönigin und keinen Bierkönig. Das ist mal ganz wichtig, weil das fragen mich immer ganz viele Leute. Man muss geboren und wohnhaft in Bayern sein, damit man das bayerische Bier natürlich so gut wie möglich vertreten kann. Und man muss über 21 Jahre alt sein, weil man natürlich die Repräsentantin des Bayerischen Bieres im In- und Ausland ist. Und dann muss man natürlich ganz viel Leidenschaft für das Produkt mitbringen, um das bestmöglich den Leuten näherzubringen.

Holger: War das denn deine Idee, dass du das werden wolltest, oder haben dich Leute darauf angesprochen, dass du doch die ideale Königin wärst? Oder wie war das?

Sarah Jäger: Ich habe es tatsächlich im Internet gelesen und habe mich dann ehrlich gesagt eigentlich auf einen Spaß hin beworben. Also ich habe jetzt nie im Leben damit gerechnet, dass ich wirklich Bayerische Bierkönigin werde. Aber jetzt bin ich natürlich stolz, dass ich das Amt durchführen darf.

Holger: Und wenn man es dann plötzlich wird, also ich gehe davon aus, dass du auch normalen Tätigkeiten nachgehst und dann plötzlich hat man da so ein hohes Amt und ist international unterwegs, und wie geht das dann mit dem Arbeitgeber? Macht der sowas mit?

Sarah Jäger: Ich muss sagen, ich arbeite selber in einer bayerischen Brauerei und das war mit dem Arbeitgeber davor schon abgesprochen. Also ich bin für meine Termine, die ich unterm Tag habe, freigestellt, gehe aber ansonsten ganz normal in die Arbeit. Das heißt, wenn ich mitten in der Nacht heimkomme, dann bin ich auch am nächsten Tag in der Früh um halb sieben wieder im Büro. Das macht‘s natürlich ein bisschen schwierig und ein bisschen anstrengender, aber wie gesagt, also wie vorhin einfach schon erwähnt, wenn man die Leidenschaft zum Produkt hat, dann hält man das gerne durch.

Holger: Das ist ja vorbildlich, also ein Hoch auf die bayerischen Frauen! Markus, das ist auch deine Meinung, oder?

Markus: Absolut! Also ich bin völlig begeistert und habe mich erstmal unheimlich gefreut, dass die Oberpfalz mal an der Reihe ist, weil das hat irgendwie noch gefehlt. Und ich muss auch sagen, ich habe die Wahl mitverfolgt und durfte auch mitwählen und, also ohne jetzt irgendwelche Geheimnisse zu verraten, du warst auch meine Favoritin sozusagen. Und ich fand das auch super sympathisch dann, ihr wart dann irgendwie in der Garage zusammengesessen, zumindest sah das so aus, und diese Freude, das war alles wirklich echt und war toll. Und das fand ich wirklich ganz toll und hat mich auch wirklich sehr berührt. Und deswegen war ich da auch absolut begeistert und bin jetzt auch begeistert. Also du machst das gut. Und das ist gar keine so einfache Position in der jetzigen Zeit gerade mit der Pandemie und da hast du glaube ich echt, es ist gut, dass du das geworden bist, auf jeden Fall.

Holger: Das finde ich auch, unbedingt. Sarah, die anderen sind wirklich international unterwegs gewesen, deine Vorgängerinnen. Es gab auch schon Bierköniginnen oder Ex-Bierköniginnen hier im BierTalk, aber du bist wirklich die allererste amtierende Bayerische Bierkönigin. Und reist du dennoch viel und auch viele Auslandsaufenthalte oder ist das jetzt pandemiebedingt dann doch stark eingeschränkt?

Sarah Jäger: Es ist natürlich eine ganze andere Amtszeit. Also man kann das nicht vergleichen mit den Amtszeiten meiner Vorgängerinnen. Ich war tatsächlich, das weiteste, wo ich weg war, war in Schwetzingen, auch schon fast Ausland, aber ich war tatsächlich, also weggeflogen bin ich natürlich noch nicht. Das ist aber einfach auch in der derzeitigen Situation nicht möglich.

Holger: Bist du darüber traurig oder nicht?

Sarah Jäger: Ja natürlich ist es ein bisschen ärgerlich. Also diese Auslandsreisen, die praktisch die Bierköniginnen machen, das sind schon immer mit die Highlights der Amtszeit. Genauso wie irgendwelche großen Feste oder so, wo man dann den Anstich machen darf. Aber ich meine, man hat davor eigentlich gewusst, auf was man sich einlässt und in welches Jahr man hineingeht. Man hat natürlich gehofft, dass zumindest ein Teil stattfinden kann, aber wer hätte vor zwei Jahren gedacht, dass wir in zwei Jahren immer noch an derselben Stelle sind wie am Anfang im Endeffekt?

Holger: Stimmt! Da hätte ich auf jeden Fall nicht daran gedacht. Und (unv. #00:05:36.4#) auch verboten, also selbst, wenn ich daran gedacht hätte, hätte ich mir den Gedanken verboten. Da können wir doch jetzt mal einen drauf trinken, also dass das bald alles irgendwie vorbei ist und wieder normal wird. Und das ist jetzt ein starkes Statement. Ich hatte mir jetzt gedacht, du hast jetzt Biere ausgewählt für unseren BierTalk und jetzt sucht sich die Bayerische Bierkönigin eben ein Bier aus. Und das ist ja, also das stelle ich mir extrem schwierig vor. Weil das ist ja ein Statement, was du jetzt abgibst. Was ist es denn?

Sarah Jäger: Ich habe mich wirklich schwergetan. Ich bin aber dann trotzdem, also ich habe auf die regionalen Biere bei mir in der Umgebung ein bissel zurückgriffen, um da nicht irgendjemand ein bisschen mehr in den Vordergrund zu stellen. Also ich habe einfach gesagt, ich mach was Regionales, einfach direkt bei mir in den Nachbarorten zwei Biere herzunehmen. Das glaube ich ist die beste Entscheidung, was ich für heute habe treffen können.

Holger: Dann lüfte das Geheimnis.

Sarah Jäger: Ich muss jetzt leider, ich habe meinen Flaschenöffner weggelegt. Ich komme gleich wieder.

Holger: Markus, also ich weiß nicht, ob ihr das jetzt gerade abgesprochen habt, aber das ist wirklich ein Déjà-vu. Weil das war bei der Sabine ganz genauso.

Markus: Absolut! Also sehr, sehr spannend, dass offensichtlich wir jedes Mal dafür sorgen, dass die Königinnen ihren Flaschenöffner verlegen. Aber ist natürlich auch schön, gibt uns mal die Gelegenheit für lustige Off-Talks sozusagen. Bist du auch so froh wie ich, dass die Sarah die Königin geworden ist?

Holger: Ich bin genauso froh mit der Sabine und in Wirklichkeit bin ich auch genauso verliebt. Da haben wir dann da irgendwie uns ausgetauscht, wie toll die Sabine ist. Und wir könnten jetzt natürlich auch uns darüber austauschen, wie toll die Sarah ist. Ich habe damit gerechnet damals, dass du das dann auch rausschneidest, hast du aber nicht getan, und das war natürlich schon, da gab’s peinliche Situationen. Das darf ich dir sagen.

Markus: Aber es war so schön. Also manche Sachen, die sind einfach durch die Situation so toll, die kann man dann einfach nicht rauslassen, weil der Journalist in mir dann einfach sagt, Mensch, das ist so ehrlich und so ernst und so nah irgendwie auch, dass man das einfach drin lassen muss. Und ich glaube, also sowohl du als auch die Sabine seid da sehr gut weggekommen dabei.

Holger: Ja, unbedingt! Also jetzt …

Sarah Jäger: Ich bin jetzt wieder da, gell.

Holger: Jetzt ist sie wieder da. Aber ich weiß nicht, ob du es jetzt gerade noch mitgekriegt hast, also wir hatten eben bei der Sabine genau denselben Moment, wo die Sabine unbedingt in die Küche musste und da haben wir dann halt weitergesprochen. Und ich hätte jetzt vielleicht, wenn du nicht so schnell wieder dagewesen wärst, noch erwähnt, dass du eben so super aussiehst wie immer und sogar dein Diadem auf dem Kopf hast und dich richtig schick gemacht hast, aber untenrum nur eine Jogginghose und Wollsocken (unv. #00:08:41.8#). Aber ich weiß nicht, Markus, das kann man ja vielleicht dann auch schneiden. Okay!

Markus: Ich überlege es.

Holger: Also du bist dann da.

Sarah Jäger: Oh Gott! Ich habe jetzt für euch, und zwar von der Schlossbrauerei Fuchsberg die Kugelhalbe. Hat damit die Verbindung, ich komme aus dem Landkreis Schwandorf oder besser gesagt ich wohne in Schwandorf, und bei uns steht praktisch die größte begehbare Holzkugel seit ein paar Jahren. Die ist über 40 Meter hoch und da gibt’s halt praktisch extra ein Bier dafür. Das ist eben von der Schlossbrauerei Fuchsberg und die habe ich jetzt hier und das ist ein helles Lagerbier. Das ist natürlich nichts so Ausgefallenes, aber trotzdem sehr gut zu trinken. Ich durfte nämlich da meinen ersten Termin als Königin wahrnehmen an der Kugel und da habe ich das Bier auch trinken dürfen. Also wir haben wirklich bei dem Bier einen sehr schönen goldgelben Ton, einen komplett weißen feinporigen, ich würde jetzt so sagen, langanhaltenden Schaum. Wenn man daran riecht, dann kommen natürlich erst einmal diese Malzaromen in die Nase, aber auch ein bisschen Säure. Also es ist jetzt nicht zu malzig, also da ist ein bisschen Säure einfach mit drinnen. Also das ist ein sehr schlankes Bier, ist jetzt nicht zu spritzig auf jeden Fall im Mund. Man hat auch wieder diesen Malzkörper, den man da einfach wirklich spürt und schmeckt. Und es regt definitiv zum Nachtrunk an. Also das ist eigentlich gut für einen Einstieg dieses Bier.

Holger: Sarah, super! Ich finde das super, weil typisch Bayerisch ist sicher mal der Bierstil Helles.

Sarah Jäger: Ja genau!

Holger: Der hat auch eigentlich einen Siegeszug durch die Republik angetreten. Also alle möglichen Brauereien produzieren jetzt Helle. Das ist sicher ein Trend in der Branche. Das kann man so sagen. Selbst Warsteiner hat jetzt eben ein neues Helles herausgebracht. Und wenn du sagst, also diese Holzkugel und so, und dann gibt es doch auch diese schönen kugligen Bierkrüge.

Sarah Jäger: Ja genau!

Holger: Und gehört das dann auch dazu?

Sarah Jäger: Das ist praktisch auch extra dazu gemacht. Aber ich habe keins da, also ich trinke das jetzt aus so einem Teku Becher, Teku Pokal.

Holger: Ah Pokal, Teku Pokal, also ein Verkostungsglas, ein Bierverkostungsglas.

Sarah Jäger: Genau!

Holger: Ich hoffe, dass bei Fuchsberger das die Leute mitbekommen, dass die Bayerische Bierkönigin, im BierTalk das erste Bier eben die Kugelhalbe ist. Also ich (unv. #00:11:40.0#)

Sarah Jäger: Ich habe mir wirklich Gedanken drüber gemacht. Also das war wirklich nicht einfach, was nimmt man da.

Holger: Du wirst lachen, ich habe mir auch den ganzen Tag Gedanken darüber gemacht, was du dir wahrscheinlich auswählst. Aber mir hätte man alle Finger abschneiden können, ich wäre niemals auf die Kugelhalbe von Fuchsberger gekommen. Also Markus, ich weiß nicht, kennst du das, kennst du die Kugelhalbe?

Markus: Nein. Also muss ich auch sagen, also ich kenne Fuchsberger an und für sich, und ich kenne auch dieses Projekt beziehungsweise ich habe das damals mitbekommen, ich glaube, so 2017, 2018 ist das so verkündet worden, 2018 war glaube ich auch der Spatenstich und so.

Sarah Jäger: Ja genau!

Markus: Und fand ich damals schon eine witzige, gewisser Weise auch kuriose, aber spannende Idee, also zu sagen, wir bauen da mal eine Riesenkugel. Aber ich habe nicht mitbekommen, dass es dafür ein Bier gibt. Also deswegen, das ist natürlich sehr, sehr spannend. Jetzt würde mich aber interessieren, also größte begehbare Holzkugel der Welt. Wie gesagt, ich habe in Erinnerung, dass das wirklich ein ganz schön großer Oschi ist. Da, wo sonst solche Sachen gebaut werden, das sind dann so Baumwipfel-Pfade oder irgendwie so, also wo man dann eben zum Beispiel von oben eine besondere Aussicht hat oder sonst irgendwie. Ist das da bei der Holzkugel auch so?

Sarah Jäger: Ja, das liegt direkt am Steinberger See und man hat halt dann einen schönen Blick auf den See und auf die Landschaft, die halt außen rum ist. Und im See ist auch so eine kleine Insel mit drin. Es ist eigentlich sehr schön zum Anschauen.

Markus: Spannend! Also ein bisschen wie der Krombacher See, nur auf Bayerisch.

Sarah Jäger: Ja, so ungefähr.

Markus: Da müssen wir mal hin, Holger, unbedingt.

Holger: Da müssen wir unbedingt hin. Also vielleicht ist es auch gut, wenn die Sarah mal erklärt, wo das überhaupt ist. Ich meine, wir sind jetzt relativ ortskundig und Oberpfalz ist klar, aber ich könnte mir vorstellen, so andere Hörer werden jetzt sagen, hey, die reden die ganz Zeit von Bayern, aber wo ist Oberpfalz? Sarah, erkläre das (unv. #00:13:38.8#)

Sarah Jäger: Wenn man jetzt Bayern anschaut, dann ist es auf der rechten Seite eigentlich so. Sagen wir mal, rechte Seite so mittig gelegen, grenzt an die Tschechei. Und Schwandorf selber liegt dann eigentlich zwischen Regensburg und Weiden, falls das jemand sagt oder Regensburg und Hof, kann man auch nehmen, einfach so auf halber Strecke ungefähr.

Holger: Okay! Sozusagen im Nordosten vom Süden.

Markus: Und da gibt’s ein ganzes Seenland. Also das ist auch was, was mir vorher gar nicht so bewusst war. Als wir haben hier in Franken unser fränkisches Seenland, was auch so eine relativ junge Geburt ist, das es eigentlich erst so seit 20, 30 Jahren gibt. Und was auch ein bisschen interessant ist, weil da doch viele seit 50 Generationen einfach Landwirte, sage ich jetzt mal auf Hochdeutsch, auf einmal zu Tourismus-Gastgebern geworden sind. Und da merkt man, dass die sich mit dieser Rolle ein bisschen schwertun. Wie ist das denn in diesem Oberpfälzer Seenland? Also gibt’s das schon länger oder sind das auch neue Seen? Und wie ist da der Tourismus so drauf?

Sarah Jäger: Ich kann dir, also die Jahreszahl kann ich dir nicht sagen, aber es gibt dieses Oberpfälzer Seenland, und dafür werben wir auch, der Tourismus ist auch da, könnte aber meiner Meinung nach noch mehr ausgebaut werden. Also ich finde einfach, wir haben da in der ganzen Umgebung ein bisschen zu wenig Hotels. Aber ich glaube, die sind da gerade dran, dass die einige Projekte praktisch wirklich durchziehen wollen, um dann die Touristen noch mehr anzulocken. Und dann muss ich natürlich auch Schlafmöglichkeiten bieten können, weil sonst kann ich natürlich die Touristen nicht herholen.

Holger: Durchaus eines deiner Lieblings-Hellen, kann man das so sagen?

Sarah Jäger: Ach, es gibt wirklich so viele Helle und so viele gute helle Biere. Ich habe noch nie gesagt, dass irgendwas mein Lieblingsbier ist, weil ich immer sage, wenn mich jemand fragt, was ist denn dein Lieblingsbier, dann sage ich immer, es kommt auf die Tageszeit drauf an, es kommt darauf an, was ich zum Essen habe. Aber es ist ein sehr gutes trinkbares Helles auf jeden Fall.

Holger: Perfekt! Markus, was hast du uns denn mitgebracht heute?

Markus: Ich habe mir gedacht, ich passe mich da so ein bisschen an, muss ich sagen. Ich habe seit längerem ein Bier in meinem Kühlschrank, das ich schon immer mal probieren wollte und verkosten wollte, und das auch so ein bisschen edel ist, wo ich mir gedacht habe, da brauche ich den richtigen Zeitpunkt und auch die richtigen Leute, um das zu trinken. Ich mach es mal auf. So! Und jetzt kommt das mal ins Glas. So! Also! Jetzt habe ich das hier in meinem Gläschen und wenn man sich das anschaut, also von der Farbe her sind wir bei einem Sonnengelb mit einer leichten Trübung. Obendrauf steht ein sehr, sehr fester kompakter weißer Schaum mit ganz vielen kleinen Bläschen, der auch wirklich echt extrem standhaft ist. Wenn man da so ein bisschen reinriecht, hat man sehr intensive kräutrige Aromen. Ganz interessant, da geht’s so ein bisschen fast so in italienische Kräuter, so ein bisschen wie Estragon, Basilikum, irgendwie sowas. Aha! Und interessanterweise fast auch so ein bisschen weinige Noten. Muss ich mal probieren. Mhm (bejahend). Also extrem spritzig, sehr weich, sehr rund, eine gewisse Süße und hinten raus tatsächlich auch eine schöne Bittere, die relativ lange steht. Spannend! Also was ist das? Das ist auch ein Helles und es ist in einer Klarglas-Flasche, was an sich schon interessant ist. Und es heißt Noam und da draufsteht „Bavaria Berlin Lager born in Weihenstephan“. Also irgendwie ein ganz interessantes Projekt, was jemand in Weihenstephan entwickeln hat lassen und am Anfang zumindest dort hat auch brauen lassen. Wo das jetzt genau gebraut ist, weiß ich ehrlich gesagt gar nicht, lässt sich auch nirgendswo rausfinden. Und die Idee ist eben, ein besonders edles bayerisches Helles zu machen. Und als Besonderheit nimmt man hier den Smaragdhopfen, um so ein bisschen Bittere dazuzugeben und so ein bisschen besondere Aromen. Der hat eben auch dieses Kräutergewürzige ziemlich extrem und eben auch eine kräftige Bittere hinten raus. Ja, also ich war immer sehr skeptisch, muss ich sagen, weil die eben auch so mit dem Anspruch da rangehen, praktisch so aus dem Hellen so eine Art Champagner zu machen, also zumindest vom Anspruch her und vom Preis her auch. Ja, also es ist nicht schlecht, ich würde jetzt nicht sagen, es ist die Krönung aller Hellen, aber es hat tatsächlich einen relativ eigenen Charakter. Ich bin mir allerdings auch nicht ganz sicher, ob die Klarglas-Flasche wirklich die allerbeste Idee ist. Das ist für Bier dann doch auch bei guter Lagerung gar nicht so einfach. Kanntet ihr das?

Sarah Jäger: Nein.

Holger: Ich kenne das und habe es auch schon mal verkostet. Und kann mich aber auch nicht mehr dran erinnern, was da jetzt ganz genau dahintersteht. Also es hat mir irgendjemand mitgebracht, eben auch hier aus Weihenstephan. Also der Weg von mir bis da ist ja nicht weit. Und ich kenne einfach viele, die da studieren und auch da arbeiten. Und das sollte eben so, ja, wie du schon sagst, also so einen edlen Touch haben und eben gerade die Flasche, das Flaschendesign sollte das eben auch noch mal betonen. Aber fürs Produkt, wir wissen ja, Licht und Sauerstoff sind Feinde, ist es eben nicht ideal. Also die Flasche müsste dann in jedem Fall auch UV¬-beständig irgendwie sein und beschichtet sein. Das weiß man natürlich jetzt alles gar nicht.

Markus: Nein, ist sie glaube ich nicht. Und das ist auch von der Füllmenge her 0,34, also irgendwie …

Holger: Mhm (bejahend). Genau!

Markus: … ja auch, also jetzt sage ich mal nicht ganz weit weg vom Klassiker, aber halt schon irgendwie eigen. Hm! Also ja, würde mich mal interessieren, ich muss mal schauen, ob ich da ein bisschen mehr rausfinden kann, wer da so wirklich dahintersteckt. Vor allem, wo es jetzt dann letzten Endes auch gebraut wird und warum da jetzt Bavaria und Berlin in einer Zeile genannt wird, das ist dann doch ein bisschen komisch. Also weil man überhaupt nicht versteht, wo jetzt da der Bezug letzten Endes dafür da ist. Und auch auf der Website, wie gesagt, habe ich extra mal im Vorfeld des BierTalks geguckt, also der Sitz der Gesellschaft ist wohl in Berlin, aber alles andere, hm. Also erstaunlich.

Holger: Ich denke schon, so ein bisschen geht’s Richtung Lifestyle. Man muss die Flasche einfach anschauen, dann ist irgendwie alles, alles, alles gut. Also mich erinnert das oder hat das mehr an „Schöner Wohnen“ als an Berlin oder an Bier oder so erinnert. Und das fand ich eher enttäuschend. Aber wie gesagt, ich habe es schon mal getrunken, aber ich weiß es nicht mehr. Ich kann eigentlich gar nicht mehr so richtig was dazu sagen.

Markus: Naja! Aber jetzt habe ich es mal mit euch verkostet. Auf jeden Fall bin ich froh, das mir für diesen speziellen Moment aufgehoben zu haben. Und wie gesagt, jetzt kennen wir das auch mal. Und mal gucken, vielleicht finden wir da mal noch ein bisschen mehr raus. Aber siehst du, Sarah, was es alles in unserem Bayernland gibt und was man alles mit unserem schönen Hellen veranstaltet. Warsteiner haben wir schon genannt, jetzt haben wir hier dieses Noam Projekt. Also alle toben sich da so ein bisschen aus.

Holger: Nein, absolut! Man hat einmal, ein Augustiner oder ein Tegernseer Hell kann man an jeder Hamburger Tankstelle mittlerweile erwerben. Also das ist ein wirklicher Siegeszug. Das muss man sagen. Und du bist ja eine Botschafterin, Sarah, also deine Aufgabe, die Hauptaufgabe ist ja, die Botschafterin zu sein fürs bayerische Bier, oder?

Sarah Jäger: Ja genau! Und deswegen, also ich bin wirklich stolz, wenn man das jetzt auch einfach wieder sieht, was es einfach bei uns hier in Bayern für tolle Biersorten, Bierstile, Bierarten und was für schöne auch kleine Brauereien es einfach gibt, die so super süffige Bier kreieren, das ist einfach nur Wahnsinn.

Holger: Prima! Lass uns mal ganz kurz zu den Rohstoffen noch gehen. Ich weiß ganz sicher, es gibt eine Hopfenkönigin auch, aber ich weiß gar nicht, ob es auch eine Malzkönigin gibt. Und kennst du die alle?

Sarah Jäger: Ich habe tatsächlich bis jetzt noch keine einzige kennengelernt. Das ist aber einfach auch wirklich Corona-bedingt, weil normalerweise trifft man sich halt einfach auf größeren Veranstaltungen, wo halt dann mehrere Produkt-Königinnen eingeladen werden. Aber Hopfenköniginnen gibt’s auf jeden Fall, aber Malzkönigin habe ich tatsächlich auch noch nicht gehört. Also ich könnte dir jetzt nicht sagen hundertprozentig, dass es die wirklich auch gibt. Aber es gibt alles Mögliche, es gibt Weißwurst-Königin, es gibt eine Honig-Königin, eine Milch-Königin, es gibt eigentlich alles.

Markus: Ich glaube, es gibt tatsächlich auch Malzköniginnen, aber eher so kleiner gesehen von den jeweiligen Regionen her. Aber was ich ganz interessant finde, wir haben hier in Bamberg eine Mälzerei, nämlich die Weyermann Mälzerei und da hat die Sabine Weyermann vor kurzem so eine Art Autobiographie herausgebracht oder rausbringen lassen. Und da ist der Titel „Die Malzkönigin“, wo es also so ein bisschen auch tatsächlich um die Geschichte geht. Und das hat natürlich ganz viel, also einerseits überhaupt von dem Thema, eine Frau in der Brauwelt und wie schaffe ich es dann eben in dieser Männerdomäne, dann so einen Laden aufzubauen, noch dazu dann in diesen Zeiten, wo eben auch gerade das Männliche überall extrem dominiert. Dann ist sie auch sehr stark ins Ausland gegangen, in Amerika zum Beispiel, hat sich da auch durchgesetzt. Also das ist sicherlich eine spannende Geschichte. Ich habe noch nicht Zeit gehabt, das ganze Buch zu lesen, aber war die Auszüge, die ich kennengelernt habe, sind auf jeden Fall spannend. Also das ist sicherlich auch für Leute, die sich da interessieren, in dieses Thema mal so reinzuschnuppern, ist das sicherlich ein kleiner Buchtipp.

Holger: Da muss ich wirklich sagen, das trifft‘s auch voll zu, also Sabine Weyermann ist wirklich die Malzkönigin, und zwar dauerhaft. Da gibt’s eigentlich gar keine Begrenzung der Amtszeit. Das muss man wirklich so sagen. Aber ihr werdet mir nicht böse sein, ihr seid jetzt da schon voll in den (unv. #00:24:21.6#), ich schütte es auch mal ein. So! Und ich habe mir wirklich, wirklich, wirklich heute den ganzen Tag darüber Gedanken gemacht, welche Biere du dir aussuchst, Sarah. Und (unv. #00:24:35.4#) war das absolut sofort eindeutig und klar. Weil ich hatte mir gedacht, na ja, es muss natürlich irgendwie wirklich königlich sein, und wenn man dann in Bayern ist, dann ist klar, es gibt eben Prinz Luitpold von Bayern, den gibt’s ja. Und der hat auch eine Brauerei. In dem Fall ist es eben ganz klar die Schlossbrauerei Kaltenberg, das kennt der ein oder andere vielleicht von den mittelalterlichen Festspielen. Und da gibt’s eben auch einen absoluten Klassiker in der bayerischen Bierwelt, und das ist eben ein naturtrübes Kellerbier. Das Bier heißt: Kaltenberg Schlosskeller naturtrüb. Da habe ich gedacht, nur das kann es sein, Weil Königin und Prinzregent und Bayern und dann ist eigentlich alles sofort klar. Und ich muss sagen, dass ich dieses Bier immer wieder auch gerne (unv. #00:25:45.2#), also das ist sehr harmonisch, ganz schön malzbetont, unglaublich toll ausbalanciert und hat trotzdem so einen gewissen Charakter, hat auch eine ganz kleine Bittere, die ich so liebe, also ist jetzt nicht absolut total nur süß. Und das ist so ein schönes Feierabendbier. Wer mich kennt, weiß ja, die Feierabendbierchen, die liebe ich ganz besonders. Also Prost!

Sarah Jäger: Prost!

Markus: Prost!

Holger: Das kennt ihr aber beide, oder? Also das Bier.

Sarah Jäger: Ich kenne es tatsächlich auch wieder nicht.

Holger: Das musst du unbedingt (unv. #00:26:24.3#)

Sarah Jäger: Tut mir leid.

Markus: Solche Biere dürfen einfach die Donau nach Süden nicht überschreiten, geschweige denn nach Osten.

Holger: Aber mal davon abgesehen, ich kann wirklich sagen, dass eben die Hoheit Prinz Luitpold von Bayern sich richtig persönlich auch kümmert. Also der ist ein Qualitätsverfechter und nimmt sich dem Thema an, ist leidenschaftlicher Brauer auch, und hat eben da diese beiden Braustätten in Kaltenberg und dann in Fürstenfeldbruck mit der König Ludwig Brauerei. Da bleibt kein Auge trocken. Das finde ich auch bemerkenswert, dass eben so eine Tradition da weitergeführt wird und auch beibehalten wird. Es ist vielleicht jetzt kein Bier, was man jetzt in Hamburg an einer Tankstelle kaufen kann, das macht aber auch nichts, weil es auch kein Qualitätskriterium ist, in Hamburg an einer Tankstelle irgendwas zu bekommen, sondern das ist einfach ein schönes bodenständiges bayerisches Kellerbier. Das ist schön und wahr. Ich trinke jetzt einfach noch. Prost!

Markus: Na dann, Prost! Auf jeden Fall!

Sarah Jäger: Prost!

Markus: Ich finde es auch ganz interessant, also ich kenne das Bier natürlich und ich finde es auch wirklich gut, also ist sehr, sehr gut umgesetzt. Und man muss allerdings sagen, dass das eben nicht immer so passiert. Also gerade in Bayern, also im nichtfränkischen Teil von Bayern sozusagen, versuchen sich immer wieder Brauereien an dem Bierstil Kellerbier. Und da habe ich schon schlimme Sachen erlebt. Also auch welche, die dann zum Beispiel ein Kellerbier obergärig brauen. Wo ich mich dann ganz besonders frage, was das soll, weil das eigentlich das Oxymoron schlechthin ist, ein Bier, das davon lebt ein untergäriges Bier zu sein, als obergärige Version zu brauen, und dann eben auch geschmacklich relativ weit weg vom Original. Aber da finde ich, ist das König Ludwig auf jeden Fall ein sehr, sehr guter Vertreter, den ich gerne mag. Und da wünsche ich dir, beglückwünsche ich dich, Holger, das ist eine sehr gute Wahl für so ein vorweihnachtliches Bierchen.

Holger: Vielen Dank, Markus! Sarah, jetzt kann man behaupten, in Bayern gibt es so gut wie jeden Bierstil. Also das kann man wirklich fast behaupten. Was sind denn so Bierstile, die für dich so richtig spannend sind oder Bierstile, die du jetzt erst während deiner Amtszeit für dich entdeckt hast und dich überhaupt nicht mehr loslassen?

Sarah Jäger: Ich muss sagen, natürlich kenne ich, kannte ich davor diese ganz normalen bayerischen Bierstile. Also sagen wir mal, von einem Hellen über Weizen, also einfach diese ganz gemeinen Sachen Pils und so weiter, das, wo man halt bei uns in jedem Wirtshaus kennt. Aber es sind halt dann a) einfach so diese ganzen Sachen mit IPAs oder mit Stouts oder so, das ist halt einfach, also bei mir in der Umgebung kriegt man es eigentlich wirklich fast gar nicht. Also bei mir zumindest hier in Schwandorf, in Regensburg vielleicht schon eher, aber ich wüsste nicht, wo ich hier irgendwo in einem Wirtshaus so einen Bierstil zum Trinken bekommen würde. Aber ich fand auch diese ganzen Sachen wie zum Beispiel, man trinkt jetzt nicht einfach einen Bock, wenn man sich nicht so viel mit dem Thema Bier befasst. Also klar, arbeite ich in einer Brauerei, aber man trinkt eigentlich immer dasselbe. Aber ich finde auch diese ganzen Bockbiere superlecker, supersüffig, also total interessant und echt spannende Bierstile.

Holger: Was ist denn typisch Bayerische Bierkönigin? Also gibt es da irgendwas, was immer, also was Pflicht ist? Oder wie stellt man sich das vor? Man sieht dich immer in so schönen Dirndln zum Beispiel und da hast du immer dein Diadem da auf dem Kopf, die kleine Krone. Gibt’s noch andere Dinge, die einfach dazugehören?

Sarah Jäger: Man hat im Endeffekt die Krone und das Charivari, die gehören halt zur Bierkönigin dazu. Und die hat man auch immer bei jedem Auftritt mit dabei und an sich. Aber sonst sind das eigentlich die Hauptutensilien, was man so als Bierkönigin mit sich herumträgt. Der Brauerbund ist da ganz klar, also wir sind glaube ich die einzige Produktkönigin, die keine Scherpe rum hat. Das kennt man wirklich von den anderen, die haben praktisch diese Scherpe wie bei so Misswahlen oder so rum, wo halt dann oben steht, was für eine Königin sie sind. Aber bei uns gibt’s das eben nicht.

Holger: Und die ganzen Dirndl und so, also da könnte ich mir jetzt vorstellen, da gibt’s Hörer oder Hörerinnen, die das interessiert. Darfst du die dann alle behalten? Oder wie geht das überhaupt, werden die maßgeschneidert für dich oder wer wählt das aus? Also ist es dann irgendwie im Bayerischen Brauerbund, gibt’s da jemand, der dich morgens anruft und sagt, hey, das musst du jetzt heute anziehen? Oder wie geht das?

Sarah Jäger: Nein. Wir haben praktisch einen Dirndl Sponsor, das ist Spieth & Wensky. Und da kriegen wir die Dirndl her. Da habe ich am Anfang für meine Amtszeit halt acht Stück gekriegt, und eine Lederhose und superviele Blusen und Jacken. Ich bin da wirklich perfekt ausgestattet worden. Ich muss sagen, ich schaue wirklich ab und zu, wenn ich auf Veranstaltungen gehe, von wem das ausgeht und wähle dann vielleicht die Farbe noch eher passend zu der Brauerei oder so. Das mache ich jetzt für mich persönlich, das macht wahrscheinlich kein anderer, aber ich mach das halt. Ich finde immer, das gibt ein schönes stimmiges Bild ab, wenn man dann irgendwie mit dem Brauerei-Logo ein Foto macht.

Holger: Nein, sehr gut! (unv. #00:32:11.4#)

Sarah Jäger: Ist vielleicht eine Spinnerei, aber …

Holger: Nein, finde ich schön. Ein Dirndl macht sowieso immer was her. Und dann gibt’s eigentlich auch noch einen Dienstwagen. Also ich habe das schon gesehen, dass du einen richtigen Dienstwagen (unv. #00:32:23.6#) hast.

Sarah Jäger: Ja genau! Man hat halt praktisch seinen Dienstwagen, der wird auch gestellt von der bayerischen Ray. Da muss man sich um nichts kümmern. Man kann wirklich zu jedem Termin fahren und hat Tankkarten. Also ich muss sagen, als Bayerische Bierkönigin hat man schon, das ist schon wirklich was Wertvolles und man muss sich eigentlich um so außen rum nicht mehr um viel kümmern. Also man kriegt ein Diensthandy und man wird eigentlich bestens versorgt. Also das ist jetzt nicht so, dass man sich selber um irgendwie was schauen muss, dass man dann irgendwie noch eine Jacke hat zum Dirndl dazu. Also ich finde das eigentlich wirklich super und bin da wirklich sehr dankbar.

Holger: Und dann, wenn du jetzt so viel rumkommst, dann zu mindestens in der bayerischen Bierwelt, (unv. #00:33:13.0#) jetzt, also Hochzeitsanträge, Heiratsanträge? Ist es viel dann, sag ich mal, wenn die Brauerei in der 15. Generation geführt oder so, also wie ist denn das? Du kommst dann mit ganz vielen Brauern auch zusammen.

Sarah Jäger: Ich habe jetzt noch keinen Heiratsantrag gekriegt.

Holger: Was? Das glaube ich aber nicht.

Sarah Jäger: Nein, also ich muss sagen, ich habe in den letzten sieben Monate so viele neue Leute kennenlernen dürfen und wirklich auch so viele Freundschaften schließen können, und ich muss sagen, wenn man als Bierkönigin auf einen Termin hinkommt, dann ist man natürlich immer einfach das Highlight und jeder würde sich natürlich gern mit einem unterhalten. Das zum Beispiel sehe ich jetzt gerade in der Zeit, wo wir jetzt haben, auch ein bisschen als Vorteil, weil man ist natürlich auf kleineren Veranstaltungen. Und teilweise schaffe ich es dann am Abend, mich mit fast jedem Gast einmal zu unterhalten. Und das finde ich auch sehr toll und glaube ich macht die Leute auch ein bisschen stolz, dass sie sich mal mit der Bayerischen Bierkönigin haben wirklich persönlich unterhalten dürfen.

Holger: Ja, Wahnsinn! Markus, kannst du dir das vorstellen, dass die Männerwelt da, dass sich da noch niemand gefunden hat, der einen Heiratsantrag gemacht hat? Also ich kann mir das gar nicht vorstellen.

Markus: Ich glaube, die sind einfach nur schüchtern. Weil es ist dann doch, ich meine, wenn da die Königin vorfährt, noch dazu mit der eigenen Kutsche und dann eben kommt mit Diadem und Ornat und entsprechenden Dirndln und so weiter, dann ist das natürlich schon eine imposante Erscheinung. Und dann sind die sicherlich alle beeindruckt, aber die denken sich halt alle, na ja gut, das ist einfach eine andere Liga. Da kann ich heimlich und still und leise verehren und kann vielleicht mal anstoßen und mal ein schüchternes Blickchen riskieren, aber mehr, also hier gleich Heiratsanträge zu verteilen, kann ich mir vorstellen, ist wahrscheinlich ein bisschen schwierig. Nichtsdestotrotz kann ich mir schon vorstellen, dass du natürlich viele, eben, wie du sagst, neue Leute kennenlernst, da insgesamt deinen Horizont ganz schön erweiterst. Wie ist das denn für deine Familie auch und so? Also gehen die da ab und zu mit und wie ist da so der Horizont? Sagen die, die Kinder mit, die begleiten dich? Und wie geht’s euch da als Familie?

Sarah Jäger: Die ganze Familie, das war mir auch wichtig, die steht da komplett dahinter. Und zum Beispiel meine Mama, die begleitet mich auch öfter mal. Also sie kann natürlich nicht so oft mit, aber wenn sie Zeit hat, dann kommt sie natürlich sehr gerne mit und findet das natürlich auch immer ganz schön. Wir sind halt eine, sagen wir mal, eine sehr ehrenamtlich aktive Familie und deswegen ist da der Zeitfaktor von jedem einzelnen sehr ausgereizt, dass die jetzt mit mir noch in ganz Bayern rumfahren und von Veranstaltung zu Veranstaltung rennen. Aber meine Mama, die nimmt sich da schon die Zeit und kommt da dann gerne mit, wenn ich sie frage.

Holger: Wir können uns doch jetzt mal vornehmen (unv. #00:36:19.2#) und auf die Mütter zu trinken. Also das ist doch ein wahnsinnig guter Grund miteinander anzustoßen. Und du hast ja noch ein Bier.

Sarah Jäger: Genau!

Holger: Du hast dir direkt zwei ausgesucht. Und das eine (unv. #00:36:36.1#) wie das andere. Und wenn du jetzt dieses Geheimnis auch noch lüften würdest, das wäre toll.

Sarah Jäger: Okay! Wir bleiben natürlich wieder in der näheren Umgebung. Ich habe jetzt noch für euch von der Familienbrauerei Jacob die Winter-Weisse. Weil ich mir gedacht habe, ich will natürlich auch gerne noch ein Winterbier haben. Ich mach das jetzt erst mal auf, weil ich hab’s nämlich wirklich noch nicht probiert und noch nie getrunken und deswegen bin ich jetzt auch wirklich gespannt, wie es denn schmeckt. Ich schenke es mal ein. Habt das ihr schon mal getrunken?

Holger: Ja, ich kenne das.

Markus: Jo, ich hab’s auch schon mal getrunken und ich habe auch tatsächlich eine Flasche da. Der Bayerische Brauerbund hat so einen schönen Neunerpack geschickt mit allen möglichen Winterbieren und da ist es auch dabei. Aber ich habe es noch nicht aufgemacht.

Sarah Jäger: Okay! So! Von der Farbe her würde ich jetzt sagen, sind wir so in einem schönen Kastanienton drinnen. Der Schaum ist für ein Weizen natürlich sehr stabil, sehr feinporig, sehr cremig und steht, also ich habe von Spiegelau diese Suite Bierglas.

Markus: Perfekt!

Sarah Jäger: Und das passt da echt perfekt rein.

Holger: Und der Kastanienfarbton ist sozusagen die Augenfarbe der Bayerischen Bierkönigin.

Sarah Jäger: Ja, das stimmt natürlich auch. Hast du dir das davor angeschaut oder was?

Holger: Ah ja, natürlich! Ich habe deine Weihnachtskarte an meinem Nachtkonsölchen stehen.

Sarah Jäger: Werde ich praktisch immer ins Nachtgebet mit eingebunden?

Holger: Unbedingt, Sarah! Unbedingt!

Sarah Jäger: Also riechen wir mal dran. Man hat da wirklich, also weißbiertypisch diese Bananengerüche. Ist aber auch leicht süßlich, ein bisschen so nach Toastbrot, also weil halt eben dieses Malz und weil halt einfach dieses Röstmalz da noch ein bisschen mit drinnen ist. Ich probiere mal. Ja, wir haben da echt einen malzigen Antrunk. Da ist aber auch wieder dieses Banane vom Geruch her, das kommt halt natürlich im Antrunk jetzt auch wieder mit raus. Es ist nicht zu spritzig, aber total vollmundig. Ja, also man hat auch wirklich im Geschmack einfach so ein bisschen so Karamellnoten mit drinnen, fast wie so ein Mehrkorntoastbrot. Also nicht wie so ein normales, sondern wirklich so ein Mehrkorntoastbrot, die diese verschiedenen Getreidesorten drinnen haben. Und es ist echt eine Süße, also praktisch, das ist wirklich ein Einklang aus Süße und Würze, also total stimmig. Und im Nachtrunk haben wir wirklich eine fruchtige Herbe, aber es bleibt trotzdem total mild. Also wirklich sehr angenehm zum Trinken. Ein sehr schönes Winterbier.

Holger: Herrlich! Und man muss vielleicht auch noch mal so überhaupt die Familienunternehmen, die die Brauereien führen, also auch ganz insbesondere wiederum in Bayern, die muss man auch noch mal hervorheben. Und jetzt haben wir auf die Männer und auf die Mütter getrunken und jetzt können wir eigentlich auch noch auf die Familienbrauereien trinken. Das ist auch noch ein guter Grund.

Markus: Na, dann machen wir das doch.

Holger: Ja, Prost!

Markus: Prost!

Sarah Jäger: Prost!

Holger: Jetzt müssen wir natürlich auch noch mal so nach deinem schönsten Erlebnis oder besonderem Erlebnis als Bayerische Bierkönigin, was muss man da hervorheben? Was ist dir widerfahren, was kein Mensch glauben kann eigentlich?

Sarah Jäger: Ich muss sagen, das intensivste und mit auch das schönste Erlebnis war natürlich der Sommelier-Kurs über euch, weil das ist halt einfach über Wochen gegangen ist und man sich einfach so viel mit dem Thema Bier befassen konnte und ich so viel lernen durfte. Also klar, man weiß davor, man muss als Bayerische Bierkönigin wirklich viel über Bier wissen, weil sonst kann man es gar nicht werden. Aber was ich da einfach noch dazugelernt habe und wie viel spannende Biere ich in der Zeit einfach noch verkosten durfte und trinken durfte, das war natürlich bis jetzt auf jeden Fall ein Highlight. Aber eine Sache, die ist für mich, also ich sage immer, das ist eigentlich das Lustigste, was ich bis jetzt erlebt habe, und zwar war ich in Hirschaid bei der Brauerei Kraus.

Markus: Bei der Hilde.

Sarah Jäger: Bei der Hilde. Genau! Ich habe so viel lachen müssen, weil ich habe nämlich da, da war eine närrische Bierprobe, und wer mich kennt, weiß, ich war schon mal Faschingsprinzessin bei uns hier in Schwandorf, und habe jahrelang in der Garde getanzt. Und für mich war natürlich dann närrische Bierprobe, also das ist eine Faschingsgesellschaft und die macht jetzt da Bierverkostungen, die führe ich dann durch. Und das war ein Abend, ich glaube, ich habe in den letzten zwei Jahren nicht mehr so viel gelacht wie an dem Abend. Die Hilde ist natürlich ein Unikat, das muss man natürlich dann auch noch mal mit dazusagen. Aber war echt sehr spannend und hat echt viel Spaß gemacht.

Markus: Hildegard Kraus, ein absolutes Unikum oder eine Unika oder wie auch immer man das sieht. Aber ganz, in jeder Hinsicht ein Erlebnis, auch die Brauerei.

Sarah Jäger: Ja.

Markus: Ich muss sagen, wir haben da mal die Pressekonferenz gehabt zu irgendeinem unserer Bierkeller-Bücher, also jedenfalls noch relativ am Anfang. Und wir waren halt bei ihr und haben das dort halt einfach gemacht. Und dann hat sie irgendwann das Regiment übernommen und quasi die gesamte Pressekonferenz weiter geschmissen. Aber super, also mit Geschichten erzählt und die Leute wirklich unterhalten. Und das ist einfach, die lebt das, also die hat ein unglaubliches Wissen und eine unglaubliche Geschichte dahinter und Leidenschaft natürlich auch rund um das Thema. Und das ist wirklich toll, also absolut.

Sarah Jäger: Aber ab und zu muss man ihr einfach das Mikro wegnehmen, damit sie nicht mehr weiterredet.

Markus: Ja, ja, also wenn du es ihr nicht wegnimmst, dann redet sie halt …

Sarah Jäger: Genau!

Holger: Mensch, Sarah, es war toll, dass du da warst und dir die Zeit genommen hast für uns. Also mir war das ein echtes Vergnügen. Und überhaupt ist es toll, dich da ein Stück begleiten zu können während deiner Amtszeit. Und ich finde das auch irgendwie ein ganz, ganz tolles Amt, weil das Bier hat das auch wirklich verdient hervorgehoben zu werden, und wie geht das besser als durch so eine charmante nette und schöne Bierkönigin wie du das bist.

Sarah Jäger: Ich sage natürlich vielen Dank für die Einladung und mir hat es natürlich auch viel Spaß gemacht. Und ich habe mich auch wirklich gefreut, dass ihr auf mich zugekommen seid. Und war ein sehr schöner Abend. Ja.

Markus: Ich kann auch nur sagen: Großartig! Holger, du hast eigentlich alle möglichen Worte, die ich sagen könnte, schon vorweggenommen. Insofern also, war mir eine große Ehre. Und Sarah, ich hoffe, wir bleiben noch lange verbunden und werden noch den einen oder anderen schönen Abend mit einem schönen Bierchen haben. Bis dahin! Prost!

Sarah Jäger: Prost! Tschüss!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

 

BierTalk 75 – Interview mit Andreas Eckschmidt und Johannes Lurz von BroBier aus Reckendorf

Andreas Eckschmidt und Johannes Lurz haben die perfekte Bamberger Bierkarriere hingelegt. Klassisch in die Bierkellerkultur hineingewachsen und schon als Kinder durch die örtlichen Brauereien gestöbert, wollten sie bald mehr wissen und versuchten sich – natürlich aus einer Bierlaune heraus – am Hobbybrauen. Die Freunde waren begeistert, der Glühweintopf zu klein und schließlich eine 100-Liter-Anlage selbst zusammengezimmert. Es kam, wie es kommen musste: der Weg führte sie erst nach Breitengüßbach zu Jörg Binkert, dem Vater vieler deutscher Craftbiere, und danach zu Dominik Eichhorn in die Reckendorfer Schlossbrauerei, wo sie nun quasi Untermieter der Brauanlage sind. Doch mittlerweile verbinden die drei auch eine tiefe Freundschaft und großer Respekt – schließlich betrat Dominik mit der Installation des ersten Omnium-Sudhauses der Welt brautechnologisches Neuland, das sie nun gemeinsam regelmäßig erkunden…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute Nummer 75. Und wir haben gleich zwei Gäste, man könnte auch einfach sagen, die Bros oder die von BroBier. Oder wie auch immer man es richtig ausspricht, werden wir gleich sehen. Auf jeden Fall freue ich mich sehr, dass ihr da seid. Und stellt euch doch mal unseren Hörern ein bisschen vor.

Andreas Eckschmidt: Servus! Ich fang einfach mal an. Ich bin der Andi. Ich bin eben einer der beiden Gründer von BroBier. Und neben mir sitzt …

Johannes Lurz: … der Hannes. Servus! Ich bin der zweite Gründer von BroBier. Und wir freuen uns wahnsinnig, dass wir heute dabei sein dürfen.

Markus: Fantastisch, wunderbar! Habe ich es denn richtig ausgesprochen mit Bro oder muss man das ein bisschen spezieller betonen?

Andreas Eckschmidt: Im Prinzip hat es zwei Bedeutungen. Das Bro kommt natürlich von Bruder. Das ist, weil wir einfach seit Kindheitstagen beste Freunde sind. Ich glaube, meine Mutter mag ihn mehr wie mich, ehrlich gesagt. Das ist bei uns immer recht verrückt. Das stand damals einfach mal auf einem Zettel, nachdem wir gebraut haben, aber dazu kommen wir später. Die zweite Bedeutung ist: Wir sind aus Bamberg, wir sind Bamberger Jungs, und wir sprechen ja kein P wie Paula hier in Bamberg. Von daher kommt‘s auch ein bissel von Probieren, steht auf den Flaschen meistens drauf „Probier’s“. Und so ist es ein bisschen eine Doppeldeutigkeit. Die älteren Leute bei uns im Dorf sagen auch ganz oft: Das ist das Probier-Bier, das probieren musst. So ungefähr.

Markus: Das klingt wunderbar! Wunderbar! Ihr seid aber nicht zufällig im Krankenhaus bei der Geburt vertauscht worden, oder so?

Johannes Lurz: Manchmal, also man könnte es erahnen, dass es so ist. Manchmal bin ich mir auch unsicher, wenn er sich mit meinem Vater irgendwie unterhält, ob das tatsächlich so ist. Aber ich denke, dafür sind wir doch unseren Vätern zu ähnlich.

Andreas Eckschmidt: Ja. Auf der einen Seite schon, viele Leute denken es dann auch im Dorf: Hey! Dein Vater war doch gestern noch am Stammtisch. Und ich so: Nee, der war arbeiten. Bis sich dann herauskristallisiert hat, dass er seinen Vater gemeint hat und nicht meinen. Ich finde es immer ein wenig schwierig, weil der Hannes hat noch einen Bruder und den kennen dann die meisten gar nicht.

Markus: Das ist eine sehr witzige Geschichte. Vielleicht wenn wir ganz kurz mal drauf eingehen, wie ihr überhaupt jeweils zu diesem Thema Bier gekommen seid und wie ihr dann zusammen zu diesem Thema Bier gekommen seid?

Johannes Lurz: Das ist eine sehr gute Frage. Also gut, bei mir ist es jetzt so, ich komme aus Reckendorf ursprünglich. Für mich ist das Thema Bier eigentlich schon immer irgendwo präsent. Mein Vater zum Beispiel spielt in der Blasmusik und dadurch sind so Themen wie Kerwa oder sonstiges, bei den Veranstaltungen auch gern Bier getrunken wird, immer irgendwo präsent. Das heißt, ich trinke eigentlich schon immer gerne mal ein Bierchen und das hat mich einfach begeistert. Ich habe gerne Bier getrunken, ich habe gerne auch verschiedene Biere ausprobiert. Und dadurch kommt eigentlich so die Begeisterung hin zum Bier. Und dann regt natürlich das auch irgendwie das Interesse, was eigentlich dahintersteckt. So war das bei mir der Fall.

Andreas Eckschmidt: Bei mir war es relativ einfach, ich war halt immer mit dabei. Also mein Papa spielt halt nicht in der Blaskapelle. Wir sind ursprünglich eigentlich aus Ungarn, da ist so (unv. #00:03:15.5#) in der Nähe. Und dadurch, dass ich da immer dabei war, war das halt dann für mich genauso. Und mein Papa trinkt natürlich auch sehr gerne Bier. Dann waren wir beide mal in Bamberg gesessen auf der Brücke, haben Bier getrunken, und als Bamberger bildet man sich auch irgendwie ein bissel was ein. Ich meine, wir sind Bierstadt und mit den ganzen tollen Brauereien, die wir haben. Und dann haben wir irgendwie gemerkt, dass wir eigentlich gar keine Ahnung von Bier haben. Ich meine Hopfen, Wasser, Malz ist irgendwie drin scheinbar, aber viel mehr wussten wir nicht. Dann haben wir relativ schnell beschlossen, dass wir gesagt haben: Komm! Wir kaufen uns mal ein, zwei Bücher, weil im Internet haben wir damals noch nicht so viel gefunden. Und hat sich jeder von uns ein Buch gekauft, das durchgelesen und dann stand ziemlich schnell fest: Komm! Wir brauen jetzt einfach mal daheim. Ganz klassisch im Glühweinkocher angefangen. Das Einzige, was bei uns vielleicht ein bisschen besonders war, wir haben von Anfang an gesagt, wir wollen da keine Rezepte aus dem Buch nachbrauen oder so, sondern wir wollen von Anfang an eigene Rezepte schreiben und unser eigenes Bier brauen im Prinzip.

Markus: Und dann gab’s Versuchskaninchen, die das probieren mussten?

Johannes Lurz: Ja, natürlich! Also klar, das ist dann das Erste, was man macht. Man ist natürlich das erste Mal, wenn irgendwie was Bierartiges rauskommt bei den Versuchen, ist man natürlich schon sehr stolz darauf. Und das erste, klar, die ersten Versuchskaninchen sind dann die Familie, Freunde.

Andreas Eckschmidt: Tatsächlich auch der Herr Eichhorn, der Dominik.

Johannes Lurz: Ja, richtig!

Andreas Eckschmidt: Weil der hat uns früher mal bei so einer kleinen Wohltätigkeitsorganisation, die wir geleitet haben, unterstützt mit Backstage. Und da haben wir ihn dann natürlich auch gleich ganz stolz das erste Bier gebracht mit einer fränkischen Brotzeit dazu. Das haben wir dann gemeinsam verkostet und probiert. Und der war dann auch sehr begeistert. Und ich glaube, außer dem Dominik, dem Hannes und mir hat keiner wirklich alle Biere getrunken, die wir je gebraut haben. Das ist tatsächlich nur bei uns dreien der Fall.

Markus: Spannende Geschichte! Und ganz kurz für die Hörer noch: Dominik Eichhorn von der Reckendorfer Schlossbrauerei, den hatten wir auch schon im BierTalk. Das ist natürlich sehr spannend, gerade wenn man so einen Mentor oder Begleiter gleich am Anfang so ein bisschen bei sich hat. Er ist glaube ich auch jemand, der wirklich das Herz auf der Zunge hat. Das heißt, der sagt auch dann wirklich, was er denkt und wie er so das Ganze empfindet. Wie ging dann so der Impuls weiter, dass ihr gesagt habt, okay, wir gehen dann jetzt in eine professionellere Richtung und wollen vielleicht auch mal ein Bier verkaufen?

Andreas Eckschmidt: das war dann eigentlich so, beim allerersten Mal haben wir unsere Väter noch geschimpft, wir trinken mehr Bier am Brautag als da rauskommt. Das übrigens dann auch, weil wir eben ein bisschen zu viel im Tee hatten, der Name BroBier entstanden. Am nächsten Tag, wo wir aufgestanden sind und aufräumen wollten, stand das dann einfach auf einem Zettel. Wir wissen beide nicht, von wem von uns beiden das kommt. Dann war der ausschlaggebende Punkt, dem Johannes sein Vater, sein 50. Geburtstag. Und da haben wir dann 100 Liter gebraut gehabt, das kam supergut bei den Leuten an. Die wollten wissen, wo man es kaufen kann. Und konnte man halt nicht, weil wir es nur in der Garage machen. Und dann hat es mit so kleinen Aufträgen angefangen, hey, mal für die Firmenfeier, für den Geburtstag, für die Hochzeit, haben dann auch schon Firma angemeldet ganz klein. Und irgendwann waren wir dem Ganzen überdrüssig, weil wir unser eigenes Bier nicht mehr getrunken haben. Wie es weitergeht, kann der Hannes gerne erzählen.

Johannes Lurz: Gut, es war dann irgendwann, die Entscheidung stand auch oder lag auf dem Tisch, dass man gesagt: Okay, wie machen wir das jetzt irgendwie weiter? Wollen wir das in einem größeren Maßstab irgendwie weiterproduzieren? Was haben wir denn für Möglichkeiten? Und dann sind wir auf die Idee gekommen, dass wir doch einfach mal zu Brauereien gehen und einfach mal nachfragen könnten, gibt’s denn überhaupt grundsätzlich die Möglichkeit, dass man seine eigene Rezeptur irgendwie auf so einer Anlage braut und kann man das überhaupt skalieren? Wenn ich jetzt daheim irgendwie in einem Einkocher oder wir haben uns irgendwann eine 100-Liter-Anlage zusammengeschustert, kann ich das eigentlich vergleichen, die ganzen Werte, die ich jetzt bei uns auf unserem Rezept stehen habe, kann ich das mit so einer großen Anlage vergleichen? Das war eigentlich die größte Schwierigkeit. So sind wir dann zu einer Brauerei, ortsansässigen Brauerei auch, und haben da einfach mal angefragt. Und die waren da natürlich auch begeistert und so ist das irgendwie mal in die professionellere Schiene gekommen, dass wir dann bei einer Brauerei waren, dort brauen durften an einem Brauttag. Und das war eigentlich der Start von dem Ganzen.

Andreas Eckschmidt: Das war damals beim Brauhaus Binkert, den Jörg kennst du logischerweise auch.

Markus: Jo!

Andreas Eckschmidt: Und da haben wir die ersten Sude quasi gemacht. Wir wollten eigentlich schon von Anfang an nach Reckendorf, aber damals hat der Dominik nur das alte 100-Hektoliter-Sudhaus gehabt, und das war für den ersten professionellen Sud deutlich zu viel, grad für unser erstes Bier damals, für das Amber war das eine Riesenmenge, und da haben wir uns einfach bei 15 Hektoliter beim Binkert wesentlich einfacher getan das zu verkaufen.

Markus: Das kann ich mir vorstellen. Und der Jörg ist natürlich auch ein sehr sowohl erfahrener Braumeister als auch eben Technologe. Weil du gerade gesagt hast, natürlich fanden die das gut. Ich muss sagen, das ist schon, also der Jörg findet nicht alles gut. Also müsst ihr ihn schon wirklich überzeugt haben. Und ich kann mir auch vorstellen, dass das bei ihm für euch auch noch mal so einen Schub gegeben hat, weil er, glaube ich, viel Input dann auch noch mal gibt, wenn man dann mit ihm zusammen braut.

Andreas Eckschmidt: Ja. Auf der einen Seite schon, auf der anderen Seite hat er uns aber auch machen lassen. Wir haben damals beispielsweise schon während der Hauptgärung gestopft. War jetzt nicht, weil wir gesagt haben, wir kennen uns da ultragut aus, inzwischen weiß man, dass das auch ganz gut ist für die Biere, aromatisch gesehen. Er hat uns das damals abgeraten, weil es zu viel Aroma raustreibt während der Gärung mit dem CO2. Wir haben da aber vehement darauf bestanden, weil das unser erstes Rezept war. Also er hat uns auch schon machen lassen. Hat natürlich auch Input gegeben, aber wir durften trotzdem frei nach Schnauze unser Ding machen. Das fanden wir auch ganz cool.

Markus: Apropos, wir reden die ganze Zeit über Bier, ich glaube, wir müssen auch mal eins trinken.

Andreas Eckschmidt: Ja, bitte!

Markus: Ich muss zugeben, dass ich von euch aktuell tatsächlich nur eines dahabe. Dafür aber gleich ein richtiges, würde man sagen, nämlich den Weizen-Doppelbock hopfengestopft. Jetzt weiß ich nicht, ob wir den gemeinsam verkosten wollen, dann könnten wir den trinken, oder ob ihr vorher noch was anderes trinken wollt, je nach dem?

Johannes Lurz: Wir haben jetzt beide den Weizen-Doppelbock vor uns stehen und (unv. #00:09:20.5#)

Markus: Na dann! Keine Frage! Dann mache ich ihn auch mal auf. Moment! So! Und gebe den mal ins Gläschen.

Andreas Eckschmidt: Ich hoffe, das klingt von unserer Seite auch so sexy wie von deiner mit dem Einschenken.

Markus: Da werde ich immer wieder danach gefragt oder werden wir immer wieder danach gefragt, ob wir da irgendwie tricksen oder irgendwie nachträglich noch Sounds einspielen. Aber ist gut, dass ihr jetzt so reagiert habt. Nein, es ist wirklich alles live. Ich mach’s halt hier direkt neben dem Mikro. Und wenn man dann eben so einschenkt, dass es eine gewisse Fallhöhe vom Bier gibt, dann passt der Sound auch entsprechend. Aber gut, dass ihr das mal so betont habt. Wunderbar! Ich sag vielleicht mal ganz kurz, wie mein Empfinden hier vom Bier ist, dann könnt ihr ein bisschen gucken, ob ich da auf der richtigen Schiene bin. Also erstmal vom Aussehen her habe ich also eine klare Trübung, aber das gehört sich für so einen Weizenbock auch so. Die Farbe ist so sandorange irgendwie, also eine schöne weiche Farbe mit so einem leichten Orangestich sozusagen. Obendrauf ist dann der Schaum so fein- bis mittelporig. Ist auch leicht getönt. Und insgesamt lächelt mich es auch richtig schön an. Jetzt rieche ich mal rein. Ha! Und da habe ich also einerseits die klassischen Weizenbock-Aromen, also Banane, wie man es so kennt, eher eine reife Banane, schön intensiv, schön fruchtig, dann frisch, ein bisschen Zitrus. Und dann kommen eben auch so Tropenfrucht-Aromen, also so Richtung Papaya, Mango, irgendwie in so eine Richtung, sehr schön, sehr frisch auch, sehr einladend. Jetzt nehme ich mal ein Schlückchen. Ein sehr cremiges Mundgefühl. Es fängt ein bisschen süßer an, wie man es vom Weizenbock erwarten würde. Dann im Mund selber geht’s so über in so leichte Honignoten. Dann kommen diese fruchtigen Aromen, geht eben wieder so in Tropenfrüchte über, in Banane. Wenn man dann runterschluckt, ist es so eine schöne Mischung, wo einerseits dann tatsächlich jetzt auch die Hopfenbittere sich ordentlich zu Wort meldet, aber sich immer wieder abwechselt mit den fruchtigen Noten von der Banane, von den Tropenfrüchten, und fast auch so ein bisschen gewürzige Aromen, noch ein bisschen pfeffrige dabei, vielleicht auch so ein bisschen Guave, also eine sehr schöne Reise durch ganz viele verschiedenen Aromen. Insgesamt also ein sehr dichter und sehr intensiver und auch sehr angenehmer Geschmack. Also von meiner Seite auf jeden Fall schon mal Glückwunsch! Habe ich das einigermaßen richtig erfasst?

Andreas Eckschmidt: Fandest du nicht, dass es ein bisschen salzig schmeckt?

Markus: Moment!

Andreas Eckschmidt: Nach mehr.

Markus: Jetzt hast du mich echt verunsichert. Weil das ist tatsächlich …

Andreas Eckschmidt: Sorry! Auch Entschuldigung an alle Hörer, (unv. #00:12:03.2#) musste jetzt sein.

Markus: Du, ich schneide es sowieso raus. Nein, Quatscht! Natürlich bleibt das drin. Und ist ja auch gut, also den Witz kenne ich schon, aber ich muss sagen, wir hatten das neulich bei einem Bierwettbewerb mal, dass einer am Tisch wirklich behauptet hat, das Bier wäre salty. Und dann haben wir da ewig rumdiskutiert und ich habe dann am Schluss gesagt „Naja! Vielleicht bin ich auf dem Auge einfach etwas blind“ und habe das dann auf sich beruhen lassen. Das hat mich jetzt ein bisschen dran erinnert. Hätte ja sein können, dass ihr so eine Prise Salz rein gebt, machen viele sogar beim Kaffee. Aber es schmeckt tatsächlich nach mehr. Da stimme ich euch auf jeden Fall zu.

Johannes Lurz: Nein, also grundsätzlich bist du mit deiner Beschreibung, also stimmen wir komplett überein, denke ich. Das Schöne finde ich bei dem Weizen-Doppelbock ist einfach, dass es so komplex ist und in so verschiedene Richtungen geht. Es ist wirklich, man schmeckt, das ist ein Weizen irgendwie, also es hat einfach diesen typischen Weizencharakter, es hat den typischen Doppelbock-Charakter, auch diese leichte Süße, das Bananige von dem Weizen. Und dann einfach durch das Hopfengestopfte hat man einfach diese fruchtigen Aromen, das Tropische noch mal mit dabei. Und das alles entfaltet sich irgendwie in unterschiedlichen Phasen. Also je nach dem, im ersten Antrunk und dann aber auch hinten raus noch mal eben eine leichte, ganz leichte Bittere rundet das Ganze ab. Also ich finde, das Bier ist schon rund und gut gelungen und ganz verschiedene Geschmacksrichtungen einfach bei dem Bier.

Andreas Eckschmidt: Ich finde es auch schön, also was wir auch versucht haben zu betonen, es ist dezent hopfengestopft. Also das waren jetzt bei der Hauptgärung und bei der Lagerung waren das ungefähr 80 Kilogramm Sabro bei 200 Hektolitern. Also ist jetzt nicht die Welt, ging uns da aber auch einfach darum, wir wollten einfach nur einen Touch drinnen haben und wir wollten da jetzt nicht irgendwie eine Art Naipa-Verschnitt oder sowas draus machen, sondern es soll ganz klar auch dieses wunderbare Weizen-Doppelbock-Aroma da sein. Es ist nicht das fruchtigste Bier, das man je getrunken hat, aber darum geht’s uns auch gar nicht. Wir lieben beide einfach Weizenbiere und diesen Charakter auch irgendwie darzustellen und ein ganz bissel zu verbinden. War uns wichtig, vor allen Dingen, weil wir das in Kooperation mit der Schlossbrauerei gemacht haben. Und wir stehen beide auch ein bisschen so Vereinigung von Tradition und Moderne. Und das fand der Dominik auch sehr gut. Wir haben da lange über das Rezept zu dritt diskutiert und ich glaube wir sind mehr als zufrieden damit. Jetzt stoßen wir auch endlich mal an.

Johannes Lurz: Das Schöne ist einfach, dass wir damit auch viele Leute erreichen. Ich meine, die Leute, die Zuhörer wissen auch teilweise, dass wir verschiedene Sondersorten, Sonderbiere auch immer zu unserem Standardsortiment machen und brauen. Und der Weizen-Doppelpack, damit spricht man einfach den Weizentrinker an und man spricht den Bocktrinker an. Das passt jetzt perfekt in die weihnachtliche kalte Zeit.

Andreas Eckschmidt: Man spricht auch irgendwie den Spezialbier-Trinker an. Natürlich bei uns original alles nur 0,5. Und für die Leute, die uns vielleicht nicht kennen, wir haben standardmäßig drei Biere, das ist ein Helles Urfränkisch unfiltriert nur mit einem Hopfen und einem Malz gebraut. Wir haben fränkisches Rotbier, das sehr, sehr komplex ist. Das sind knapp acht verschiedene Spezialmalze drin. Ein helles Rauchbier, das einen ganz leichten Rauchgeschmack bloß hat. Und dann kommen eben immer wieder mal Sonderbiere wie IPA, Naipa, Amber, Böcke und worauf wir halt grad Bock haben.

Johannes Lurz: Genau!

Andreas Eckschmidt: Von der Farbe vielleicht noch, was mir eingefallen ist. Dass wir eigentlich da ein ganz schönes Herbstlaub haben in dem Sinne, ganz bunt gemischt, ganz verschiedene Gelb- und Orange-Töne ein bisschen. Also ich finde, mich erinnert das Bier von der Farbe immer ein bisschen an Herbst.

Markus: Und wenn wir schon über die Farbe vom Bier sprechen, dann müssen wir auch über die Farbe vom Etikett sprechen. Wie kommt man denn auf die Idee, das lila zu gestalten?

Andreas Eckschmidt: Ach, das war eigentlich, wie soll man sagen, der Recken Weizenbock hat schon ein bisschen lila Elemente. Und wir fanden die Kombination mit Lila und Gold recht edel. Wir finden auch, das ist ein recht edles Bier in dem Sinne, weil es halt eben so vielschichtig und komplex ist. Und da fanden wir die Kombination lila-gold eigentlich recht schön. Es ist auffällig, ohne dass es auch irgendwie im Auge sticht. Es ist jetzt keine, keine Ahnung, Leuchttürkis oder Pink oder irgendwie sowas, sondern ist eigentlich, fanden wir, eine angenehme Kombination.

Johannes Lurz: Und passt natürlich auch zur Weihnachtszeit. Also jetzt für die kalte Jahreszeit, Weihnachtszeit. D

Markus: Genau! Das wollte ich gerade auch sagen. Dafür ist es natürlich wie die Faust aufs Auge, weil es natürlich so ein bisschen so einen weihnachtlichen, wie so ein eingepacktes Geschenk mit so einem Gold-Schleifchen oder so. Die Assoziation kann man natürlich sehr gut herstellen. Und da steht jetzt auch drauf: Reckendorfer & BroBier. Das heißt, es ist dann so eine offene Collaboration, wie man so schön sagt, also jetzt, was ihr gemeinsam macht, oder wie reiht sich das in eure Reihe ein?

Andreas Eckschmidt: Es ist ein gemeinsames Projekt, das soll auch ein bisschen darstellen, dass wir halt hier in Reckendorf einfach in der Schlossbrauerei zwei Sudhäuser und zwei Brauereien haben. Das ist uns auch eine Herzensangelegenheit. Deswegen wollte der Dominik auch von Anfang an, dass wir hier brauen können, weil er eben von unserer Leidenschaft auch so begeistert war. Und auch, wenn das jetzt ein bisschen blöd klingt, auch für die Zuhörer, aber uns geht es sehr, sehr gegen den Strich, was aktuell in der Braubranche auch abläuft mit den ganzen Etikettenschwindlereien. Da werden Biere von anderen Braueien reingenommen, ein Etikett draufgeklebt, am besten sich auch noch prämieren lassen und Co.. Uns geht das sehr gegen die Meinung, wir sind sehr stolz, dass wir unsere Biere, die ganzen Rezepte selber schreiben, beim Brauen auch größtenteils mit dabei sind. Also wir wollen auch keinen anlügen, wir sind natürlich nicht bei jedem Sud dabei. Wir müssen ja auch noch ausliefern und haben die Firma zu leiten. Aber die Standardbiere werden inzwischen ganz normal gebraut, bei den Sonderbieren sind wir natürlich immer mit dabei, weil hier dann tatsächlich auch ein bissel das Know-how dafür fehlt, wie man das Ganze macht. Aber wir sind wirklich zwei Brauereien und in einem im Prinzip, sind komplett eigenständig hier in Reckendorf, haben auch unsere eigenen Tanks hier. Inzwischen gibt’s auch Investitionen, die gemeinsam getätigt werden wie Hopfenfilter, ein bissel Ausbau vom Hof und, und, und. Und wir sind hier auch sehr froh, dass wir freie Hand haben. Die einzige Begrenzung ist, wir dürfen keine Sauerbiere machen. Aber damit können wir aktuell noch ganz gut leben.

Markus: Ich glaube, das ist ganz gut, damit auch leben zu können. Aber wenn du gerade sagst, die eigene Firma zu leiten, wenn ihr vielleicht da noch ein bisschen was erzählt. Wie hat sich denn das entwickelt und lebt ihr jetzt wirklich vom Thema Bier?

Johannes Lurz: Grundsätzlich, wie hat sich das Ganze entwickelt? Wir beide sind die Gründer von dem Unternehmen auch. Es ist auch noch so, dass wir beide mitbeteiligt an der Firma sind. Bei mir ist es jetzt so, dadurch, dass ich letztes Jahr mit meinem Master fertiggeworden bin, also ich habe Maschinenbau studiert und den Master jetzt letztes Jahr fertiggemacht, und ich wollte jetzt erst mal ins Berufsleben einsteigen, dass ich sage, irgendwann könnte ich mit in die Firma komplett einsteigen. Deswegen, ich bin jetzt nebenbei so und unterstütze natürlich. Wir haben fast täglich Telefonate, bei denen wir irgendwelche Entscheidungen treffen müssen. Und ansonsten bin ich natürlich, wenn ich Urlaub habe oder am Wochenende, mit dabei, liefere mit aus, überprüfe noch mal irgendwelche Drücke und so weiter.

Andreas Eckschmidt: Also es läuft halt recht, also die Anteile von der Firma sind halt zwischen uns beiden mit aufgeteilt. Ich halte natürlich wesentlich mehr, weil ich mach‘s tatsächlich hauptberuflich inzwischen. Aber man darf das auch nicht durch die rosarote Brille sehen, so eine Brauerei ist extrem teuer und wir sind hier halt eben mit am Start, erleichtert uns einige Investitionen, auf der anderen Seite müssen wir natürlich auch Tanks, Kästen, Flaschen, das ganze Marketing-Portfolio im Sinne von Etiketten und, und, und bezahlen. Und davon können wir beide eben nicht leben, bei weitem nicht, auch ich noch nicht. Also man nimmt sich noch ein bisschen aus der Firma raus. Und wir haben halt einen Privatvertrag nochmal zusätzlich, dass er irgendwann mit einsteigen kann, wenn er möchte und wenn auch die Summen und Gehälter passen. Und ansonsten läuft‘s halt so, wenn ich jetzt beispielsweise sage, ich will gern ein Zwicklpils brauen und der Hannes sagte, Zwicklpils habe ich jetzt keinen Bock drauf, dann kann ich es nicht machen. Also das bleibt alles fifty-fifty in den Entscheidungen. Und ansonsten schauen wir, dass wir … Das Gute ist, wir zwei Blödköpfe haben eigentlich eh immer dieselbe Meinung. Also es ist von daher eigentlich immer recht easy.

Markus: Das glaube ich auch, dass ihr euch da immer ganz gut ergänzt und auch da eben gut in euerm Geschmack harmoniert. Was hat euer Umfeld denn dazu gesagt? Also einerseits, was haben so die Kunden und die Biertrinker, wie sind die mit eurer Marke, was kommt da so für Feedback? Und wie ist es mit eurer Familie, wie sehen die das, dass da jetzt eine neue Brauerei entstanden ist?

Johannes Lurz: Grundsätzlich, von unserer Familie bekommen wir natürlich viel Rückhalt. Also die fanden das am Anfang, also es gab auch teilweise Freunde oder Bekannte, die das am Anfang auch ein bisschen vielleicht belächelt haben, als wir in der Garage irgendwie angefangen haben. Also wirklich aber sehr vereinzelt. Die anderen Kumpels, Freunde fanden das natürlich super, konnten auch teilweise mit dabei sein. Wir hatten immer Besuch. Also jedes Mal, wenn wir gebraut haben, war irgendjemand da, der uns zugeschaut hat: Was machen wir eigentlich da? Was ist unser Ziel? Wie funktioniert das? Und waren da auch immer mit interessiert. So war es ursprünglich. Jetzt natürlich, wenn es größer wird, also gibt es wenige von unseren Bekannten, Freundeskreis, Familienkreis, die da irgendwas Negatives drüber sagen.

Andreas Eckschmidt: Zumindest nicht in unser Gesicht.

Johannes Lurz: Ja genau! Zumindest nicht uns … Genau, sagt uns keiner direkt. Deshalb schon mal vielleicht so im Freundes- und Bekanntenkreis und wie gesagt, die unterstützen uns da, geben uns Tipps, Input. Da sind wir auch, herzliches Dankeschön an alle unsere Freunde auch, die uns, egal um was es geht, bei Veranstaltungen und so unterstützen und unter die Arme greifen. Aber jetzt und so von den Biertrinkern, die man jetzt nicht so kennt oder so, da kommt auch positives Feedback erst mal grundsätzlich, wo man sagt, okay, es sind gute Biere, es sind stabile Biere, es ist mal ein bisschen was Neues mit irgendwie einem Twist dabei. Die finden das natürlich gut. Aber es gibt natürlich wie wahrscheinlich bei jedem irgendwo auch negatives Feedback grundsätzlich, wo man aber auch sagen muss, teilweise haben es vielleicht die Leute auch noch nicht mal probiert und haben halt einfach ein bisschen was gegen etwas Neues.

Andreas Eckschmidt: Wir sind tatsächlich eher eine klassische Brauerei. Wir fungieren auch so. Also wir arbeiten um unseren Schornstein herum. Wir sind jetzt nicht groß im Online-Handel. Der ist jetzt seit letzter Woche beispielsweise erst wieder offen. In der Situation, wie wir grad sind, gibt’s uns zweieinhalb Jahre. Wir machen jetzt in dem Jahr knapp oder jetzt zwei Jahre besser gesagt machen wir jetzt knapp 2000 Hektoliter. Da sind wir sehr stolz darauf. Und weil wir halt eben traditionelle Biere machen, Helles unfiltriert mit einem Hopfen, einem Malz, ein fränkische Rotbier, ein Rauchbier ein leichtes. Uns ist halt hier die Kultur wichtig. Wir haben leider nicht den Vorteil, dass irgendjemand mal von unseren Großeltern oder sonstiges eine Brauerei gegründet hat. Aber wir lieben die Braukultur, die Brauszene. Und auch, wenn wir beide keine gelernten Brauer sind, haben wir davor extreme Achtung, uns liegt das extrem am Herzen. Und das ist auch das, was die Kunden glaube ich merken und auch die Leute, dass wir einfach ein Riesen-Respekt vor dem Ganzen haben und uns diese Kultur so wichtig ist. Und wir auf der anderen Seite aber halt auch mal ein Naipa raushauen können und dass die Leute dann auch probieren, was wir eigentlich echt cool finden.

Markus: Ihr habt auf jeden Fall schon eine richtig große Bandbreite schon gemacht und auch vieles immer präsent. Macht ihr denn jetzt alles in Reckendorf oder macht ihr noch einen Teil beim Jörg?

Andreas Eckschmidt: Nein, beim Jörg sind wir schon sehr lange nicht mehr. Wir machen tatsächlich alles in Reckendorf. Einfach aus dem Grund, dass wir hier, also wir sehen uns auch nicht als Gypsy-brauer oder ähnliches an, weil wir haben hier einen festen Platz. Uns gehören hier auch im Prinzip Räumlichkeiten mit. Wir haben hier eigene Tanks stehen, wir greifen stetig ins Baugeschehen mit ein. Auch wenn ich jetzt beispielsweise mal nicht dabei bin, wenn ein Helles gebraut wird. Dann mache ich aber dann, wenn das Bier durchgegoren ist, tun Grünschlauchen. Was heißt durchgegoren, wenn es halt so weit ist, dann mache ich das Grünschlauchen selber. Wir legen überall Hand an, wir sind stetig im Brauprozess mit einbegriffen. Vielleicht nicht so unbedingt zur Sympathie des Braumeisters hier, weil wir halt einfach auch unseren Stiefel durchziehen und es natürlich auch schwierig ist, alles miteinander zu vereinen. Aber für uns ist es halt einfach extrem wichtig und wir gehen mit dem Thema extrem offen um, dass wir hier in der Schlossbrauerei sind. Und ich finde es auch gut, dass zwei Brauereien so zusammenarbeiten können. Da gibt’s, da brodelt auch die Gerüchteküche im Sinne von, unser Rauchbier ist das Recken-Rauchbier, obwohl der gar kein Rauchbier hat, und lauter so Blödsinn, wo wir auch vehement versuchen, dass solche Blödigkeiten verboten gehören, weil es einfach Kundentäuschung ist. Und ein bisschen dazu, dass dem Dominik die Firma gehört und wir hier nur angestellt sind, dann würde ich glaube ich keine 80 Stunden in der Woche mir den Arsch aufreißen und die ganzen Probleme haben, die wir haben. Aber wir machen das mit sehr viel Leidenschaft und ich glaube, das schmeckt der Endverbraucher auch.

Markus: Und bei der Gelegenheit können wir vielleicht auch noch ein bisschen über die Brauanlage an sich sprechen, weil uns nämlich nach dem BierTalk mit dem Dominik klargeworden ist, dass das fast so ein bisschen runtergefallen ist, weil wir das schon eigentlich eher so als ganz normal angesehen haben. Das ist schon auch was Besonderes. Ihr habt schon gesagt, es gibt ein altes Sudhaus und es gibt eben auch ein modernes Sudhaus, was dieses Ziemann Omnium System ist mit einer (unv. #00:25:37.1# Nessie?), die da praktisch statt einem Läuterbottich letzten Endes funktioniert und damit eben ganz andere Stammwürzen, ganz andere Abläufe letzten Endes möglich sind. Vielleicht wollt ihr da ein bisschen erzählen, wie kommt ihr mit dem System zurecht? Gefällt euch das?

Andreas Eckschmidt: Da muss ich jetzt leider Gottes noch mal einen Monolog halten, da bin ich ein kleines bisschen mehr involviert mit. Es ist sehr spannend vorab, es ist sehr interessant, es ist neu, Brauprozesse funktionieren anders wie auf der alten Anlage. Die Amylasen funktionellen kürzer. Wir holen beispielsweise eine Amylase nach dem fertigen Brauvorgang vor bei 83 Grad, wo die eigentlich gar nicht mehr stattfinden dürfte. Funktioniert als kurze Explosion. Wir haben mit dem Janus einen separaten Hopfenkessel quasi, wir können einfach hier Glattwasser abfangen mit einem höheren pH-Wert. Das wird auf einer speziellen Temperatur sagen wir mal zum Kochen gebracht und da lösen sich einfach viel mehr Bitterstoffe in dem Ganzen, man verbraucht weniger Hopfen. Es entsteht eine feinere Bittere. Es ist, glaube ich, sehr schwer, das jetzt hier irgendwie zu erklären. Es ist auf jeden Fall sehr kompliziert gedacht oder wie soll man sagen, nicht kompliziert gedacht, schwierig zu erklären, wenn man nicht davorsteht. Es ist aber halt was komplett Neues. Also auch, wenn hier ein Braumeister zu Besuch ist und wir erklären das, dann sagt der auch manchmal „Hä? Das funktioniert doch gar nicht so“. Und dann muss man erklären „Doch, auf der Anlage klappt das eben so“.

Johannes Lurz: Vielleicht als kleine Ergänzung, ich weiß jetzt nicht, für die Zuhörer natürlich auch, grundsätzlich ist der Läuterprozess komplett anders. Bei einem alten Sudhaus kann man es sich vorstellen, also läutern, um es ganz einfach zu sagen, ist dafür da, eigentlich um das Malz, welches ich verwendet habe, von der Flüssigkeit zu trennen. Normalerweise funktioniert das mit einem Sieb, kann man sich das vorstellen, und durch Schwerkraft sozusagen trennt man dann die Feststoffe von der Flüssigkeit. Und beim Nessie System ist es so, also es heißt Nessie, weil das vier Räder sind, die ausschauen wie so ein, also ein bisschen absteigend, und schaut aus wie so eine Nessie, die irgendwo …

Andreas Eckschmidt: … aus Loch Ness.

Johannes Lurz: Genau! Loch Ness. Und da ist es so, dass man sich das wie Waschmaschinentrommeln vorstellen kann, die sich ganz langsam drehen. Und dann wird eben von Rad zu Rad die Flüssigkeit von den Feststoffen getrennt. So vielleicht erst mal als grobe Unterscheidung davon.

Andreas Eckschmidt: Und da verwenden wir die verschiedenen Flüssigkeiten für die verschiedensten Prozesse. Also wir sitzen eh grad im Sudhaus, wir haben jetzt vor uns im Prinzip drei Behältnisse, große stehen, die alle unterschiedliche Funktionen erfüllen. Ein kleines noch, also es ist sehr komplex. Ich glaube, da könnten wir ein komplettes Video drüber drehen. Was für uns halt interessant ist, also wir benutzen nur die neue Anlage und auch die Nutzung von uns ist am meisten. Wir sind da ganz oft auch irgendwie das Experimentierkaninchen sozusagen, weil wir sind die Ersten weltweit, die auf so einer Anlage ein Rotbier gebraut haben, ein Rauchbier gebraut haben. Amber, jetzt auch mit dem Weizen-Doppelbock, mit dem Naipa, mit den IPAs und Ales im Allgemeinen, die wir machen. Wir stehen da auch sehr arg in Kontakt mit Ziemann mit den Ingenieuren, um uns gegenseitig auszutauschen. Das ist irgendwie ganz verrückt, weil wir sind beide keine gelernten Brauer oder Braumeister und diskutieren dann über Prozesse, die dann hier passieren in Reckendorf bei der Anlage und können da unsere Erfahrungswerte mitteilen. Was extrem spannend war, also auch, wenn andere Leute kommen, man ist da schon irgendwie sagen wir mal in einer Richtung sehr speziell unterwegs und kennt sich dann inzwischen auch sehr, sehr gut da drin aus.

Markus: Das ist fast so ein bisschen wie ein Restart, so kann man sich das vorstellen. Also dass eben letzten Endes mit dieser ganz neuen Anlage auch jemand, der jetzt auf einer alten gelernt hat, erst mal die Dinge wieder neue begreifen muss und eben neu rangehen muss. Und ich finde es auch interessant, dass der Ursprungsgedanke eigentlich war bei der Entwicklung der Anlage, dass gerade für größere Brauereien damit viele Erleichterungen da sind. Und dann hat man eben gemerkt, naja, aber wenn man das Ganze in klein skaliert, dann ist es eben auch für kleine Brauereien sehr spannend, weil ich halt mit ganz anderen Mengen arbeiten kann und eben auch mit ganz anderen Rohstoffmengen arbeiten kann. Und was ihr schon gesagt habt, dass man eben zwischendurch Flüssigkeiten aus dem Prozess rausnehmen kann, was normalerweise gar nicht geht, weil die alle in einem Topf sind. So kann man es eben Stück für Stück machen und kann auch zum Beispiel Rücksicht darauf nehmen, dass beim Hopfen ätherische Öle eine große Rolle spielen. Und wenn ich die halt nur reingeben kann, wenn das Ganze kocht, dann verdampfen mir natürlich viele davon. Wenn ich aber eben Teilflüssigkeiten habe, die zum Beispiel nur 60, 70, 80 Grad haben, dann habe ich da einen anderen Verlust. Und so kann man einfach da ganz spannend arbeiten. Also ich kenne es ja auch nur von der Theorie beziehungsweise von der Praxis als Trinker, Brauen kann ich damit natürlich nicht. Aber ich muss wirklich sagen, ich finde das echt spannend und habe auch schon Vergleichsbiere mit dem Dominik getrunken, wo man auch wirklich merkt, das ist was anderes. Ja, also besser ist, aber schwierig, aber es ist anders. Und es ist oft auch klarer, crisper könnte man sagen so in der Geschmacksausprägung. Es ist auch so ein bisschen finde ich von der Technologie her, dass man sagt, okay, jemand hat halt mal das Automobil erfunden und seitdem arbeiten wir jetzt aktuell immer an diesem Verbrennungsmotor, seit man sich dafür entschieden hat, und ist natürlich jetzt irgendwo dabei, dass man das einfach ausgereizt hat. Und dann ist halt alles, was man da erfinden kann, irgendwie schon erfunden worden. Und bevor man jetzt sagt, wir arbeiten nochmal an sowas, sagt man, okay, wir gehen mal einen Schritt zurück und überlegen uns, vielleicht ist das auch irgendwie ganz anders möglich und fängt dann eben nochmal von vorne an. Und da glaube ich auch, dass diese Technologie natürlich viel Potenzial noch hat, um verbessert und optimiert zu werden. Und da seid ihr jetzt Protagonisten der ersten Stunde, finde ich auch sehr spannend. Fühlt ihr euch auch so?

Andreas Eckschmidt: Ja, irgendwie schon. Es ist sehr spannend, auf der anderen Seite ist es auch ein bisschen ein Wechselbad der Gefühle. Weil es ist cool, das Ganze zu entdecken und rauszufinden, aber jetzt eine Brauerei quasi in der größten Brauereidichte der Welt so gesehen hochzuziehen, wo der Franke im Allgemeinen kritisch gegenüber Neuem ist und nicht unbedingt die offenste Weltkultur manchmal an den Tag legt, so sind wir halt leider Gottes ab und an, und da will man eigentlich, dass alles perfekt funktioniert. Also wir hätten die Brauerei wahrscheinlich leichter starten können, hätten wir auf einem klassischen Sudhaus gebraut, hätte uns wahrscheinlich das Leben extrem einfacher gemacht, vor allem im ersten Jahr. Wir mussten noch einiges rumdoktern, weil einfach auch Probleme entstanden sind, die vorher nicht bewusst waren und die dann irgendwie selber zu zweit oder in Arbeit mit dem Dominik zu lösen, war nicht immer das Einfachste.

Johannes Lurz: Im Endeffekt ist es auch so, dass man zwar damit rechnet, dass der Endverbraucher auch sich denkt, wow, die brauen jetzt hier auf einer ganz neuen Anlage, aber im Endeffekt eigentlich, wenn man ganz ehrlich ist, interessiert das wahrscheinlich vielleicht 5 % von den Leuten, die unser Bier kaufen, dass wir auf so einer Anlage brauen.

Andreas Eckschmidt: Wahrscheinlich (unv. #00:32:38.9#)

Johannes Lurz: Genau! Das heißt, man rechnet zwar damit, dass es Begeisterung irgendwo hervorruft, aber im Endeffekt ist es so, dass bierbegeisterte Leute oder auch die technikinteressierten Leute, die finden sowas schon super, aber mehr irgendwie auch nicht. Das ist der Punkt eigentlich dabei.

Andreas Eckschmidt: Das ist auch nicht (unv. #00:33:01.2#), dass wir da hier auf der Anlage brauen und uns so viele Sachen überlegen müssen oder so viele Sachen austesten. Ich meine, man testet nicht aus und sagt, ha, war ein schöner Test, sondern dann kommt ein Bier bei raus, das verkauft werden muss. Es müssen Rechnungen bezahlt werden. Man liegt nachts wach, weiß nicht, wie man das und das stemmen soll, und dann soll man auch noch rumprobieren. Das war definitiv keine leichte Zeit.

Markus: Aber so ein bisschen auch eine klassische Unternehmergeschichte einfach, wo man am Anfang halt einsteigt und in gewisser Weise auch ein bisschen Lehrgeld zahlt und dann eben Kreativität braucht, Durchhaltevermögen braucht, einfach die die nötige Energie, um dann seinen Laden auch durchzuziehen. Das finde ich schon gut und da kann man euch auch nur großen Respekt letzten Endes zollen. Was würdet ihr denn sagen, von all den Bieren, die ihr so gemacht habt, was waren eure absoluten Tops und vielleicht auch, gab’s einen Flop?

Johannes Lurz: Ich fange mit dem Flop, bei Flop muss ich (unv. #00:33:53.4#). Das passt nämlich super zu dem Nessie-System. Wir haben mal ein 100 % Weizenbier gebraut. Es ist ja normalerweise Weizenbier besteht nie aus 100 % Weizen, sondern ist immer Gerstenmalz mit dabei, weil der Läutervorgang normalerweise auf einem Standardsudhaus nicht möglich ist. Und deswegen dachten wir, hey, mit der neuen Anlage geht das und das wäre doch mal cool zu wissen, wie eigentlich ein Weizen, also Weißbier schmeckt mit 100 % Weizenmalz. Für uns war das wahnsinnig spannend, da was zum Beispiel wieder cool auszuprobieren. Was aber rauskam, war einfach ziemlich flach. Also das Gerstenmalz ist bei dem Weizen auch so, dass es trotzdem für die Vollmundigkeit sorgt, und das hat einfach komplett gefehlt. Das war interessant, das war getreidig irgendwie vom Geschmack her, aber es war einfach, das hat keinen begeistert, das hat keinen interessiert eigentlich, dass jetzt 100 % Weizen drin ist, sondern eigentlich war das so, es war eine Enttäuschung für den Endverbraucher, weil der mit einem Weizen rechnet, mit dem Weizen, wie er es kennt und …

Andreas Eckschmidt: Mit was Bananigem vielleicht auch.

Johannes Lurz: Genau! Und das hat einfach komplett gefehlt. Und deswegen war das vielleicht ein Flop.

Andreas Eckschmidt: Es hat auch einigen Leuten tatsächlich ganz gut geschmeckt, aber es war halt so, wir haben das eigentlich im High Gravity Verfahren gebraut, wir haben eigentlich einen Weizenbock gebraut und haben den dann nach der Gärung ein bisschen runter verdünnt. Und dann war es so, das war einfach nur nelkig und gar nicht bananig. Wir haben eigentlich mit dem Maischsystem und alles geguckt, dass es so bananig wie möglich wird, und Weizen hat auch noch eine ganz leicht saure Note. Es hatte auch einen ganz leichten sauren Stich, ohne dass da jetzt irgendwie Lakto oder sonst was im Spiel war. Es war von der Herstellung ultrainteressant, das war halt auch ultraleicht, da gab‘s gar keinen Widerstand. Also das konntest du schütten wie nichts, aber es war halt, der Endverbraucher hat es einfach nicht gecheckt, sagen wir es mal so.

Markus: Quasi habt ihr Hard Seltzer erfunden.

Andreas Eckschmidt: Nein, das nicht. Das lassen wir uns auch nicht vorwerfen, weil Hard Seltzer ist was ganz anderes. Das weißt du auch.

Markus: Klar, aber da musste ich jetzt auch mal. Dann gehen wir lieber zu den Tops.

Johannes Lurz: Zu den Tops, also grundsätzlich ist es so, die Standardsorten trinkt man natürlich selber wie soll man sagen als Feierabendbier so ein Helles oder so, muss ich sagen, ist in meinen Augen jetzt so wie mein Favourite. Aber ich liebe natürlich auch unsere Sondersorten. Also das fängt an jetzt wie das Naipa, was wir jetzt gebraut hatten, liebe ich einfach. Ich liebe zum Beispiel auch das Freiraum Ale. Aber ich muss wirklich sagen, für mich persönlich, das soll jetzt auch gar keine Werbung oder sonst irgendwas sein, ist einfach der Weizen-Doppelbock das Highlight aktuell. Ich muss wirklich sagen, der schmeckt mir rund um.

Andreas Eckschmidt: Wer hätte es gedacht? Ich bin derselben Meinung. Überraschung! Surprise, Surprise! Ich finde den tatsächlich auch wahnsinnig gut. Was noch von unserem Standardsortiment, ich trinke das Helle natürlich auch sehr viel, mal abends bei der Arbeit oder so zum halben Feierabendbier läuft’s halt einfach hinein, wie Drecksau, wie manch einer sagen würde. Aber eigentlich unser perfektestes Bier ist, glaube ich, das Rotbier. Das ist, glaube ich, so wie es auch früher gewesen wäre. Wir haben eine ganz leichte röstige Note drinnen, die tatsächlich nur auch wegen dem Nessie-System da ist, weil wir ein bissel hellere Biere damit erzeugen können und wir mit dem Carafa Typ II da ein bisschen gegengesteuert haben. Es sind knapp acht verschiedene Spezialmalze drin. Das ist eine Bombe. Wenn das nicht so einen hohen Endvergärungsgrad hätte, könnte man es wahrscheinlich kaum trinken, weil es so intensiv ist. Es hat mir schöne malzige Note. Ich finde das dunkelrote Rubinfarbene wirklich klasse und ich glaube, wir haben selten ein Bier gebraut, das mehr on point ist wie das.

Markus: Ja, also da kann ich euch nur beipflichten. Ich bin ein sehr großer Rotbier-Fan und probiere mich da auch immer wieder gerne durch, was es alles so gibt, und da gehört das auf jeden Fall auch zu meinen Top 3. Finde ich ein ganz, ganz faszinierendes, spannendes Bier mit eben ganz viel Aroma und Dichte. Jetzt, wenn wir das senden, ist der vierte Advent gleich, also der vierte Advent Samstag sozusagen. Das heißt, da würde ich euch zum Abschluss einfach fragen, Mensch, wenn ihr euch was wünschen könntet so zu Weihnachten, zum neuen Jahr für eure Brauerei, für eure Biere, was wären denn so die Wünsche, was steht auf euerm Wunschzettel drauf?

Johannes Lurz: Boah! Ich fange einfach mal an. Wenn ich mir wünschen dürfte, was ich möchte, würde ich mir einen neuen Lagerkeller wünschen.

Andreas Eckschmidt: Ja.

Johannes Lurz: Weil das ist aktuell ein bissel auch die Kapazitätsgrenze, vor allem in den Sommermonaten oder halt Frühling, also Frühjahr und Sommermonate. Wir sind in der Planung und es ist auch aktuell ein Riesenprojekt, aber ein Lagerkeller wäre ganz toll.

Andreas Eckschmidt: Ja, ein Lagerkeller definitiv.

Johannes Lurz: (unv. #00:38:44.6#) eine gute Idee.

Andreas Eckschmidt: Ja, das ist ein kompliziertes Thema, ist schlafraubend. Aber dann würde ich mir glaube ich wünschen einfach Offenheit, einfach, dass die Leute mal was probieren, dass die Leute, naja, komm, es ist doch so.

Johannes Lurz: (unv. #00:39:02.0#) dass es keinen Krieg auf der Welt gibt, dass sich alle Menschen lieben.

Andreas Eckschmidt: Ja, das ist doch auch ein schönes Ziel. Depp! Nein, einfach nur die Offenheit, neue Sachen zu probieren. Weißt du, wenn einem so ein Naipa nicht schmeckt, dann ist es so, aber einfach da mal vielleicht offen ohne Vorurteile ranzugehen. Weil es gibt manchmal Biere, auch die IPAs oder Pale Ales, die da manchmal produzieren, die mehr Tradition wie so ein helles Bier haben. Und dass die Leute vielleicht nicht immer nur ein, was ist gut, und ein, was ist toll, wir haben so viele geile Brauereien hier in Franken. Allein hier im Dorf haben wir insgesamt mit uns drei Brauereien, die alle geil sind. Wir haben in Bamberg so viele super (unv. #00:39:37.0#), im Bamberger Umland. Und wir hoffen einfach nur, dass die Leute mehr fränkisches gutes Bier trinken und einfach offen sind, mal was ausprobieren und einfach die Handwerkskunst schätzen, auch wenn es denen mal nicht schmeckt. Und Weltfrieden.

Markus: Also ihr merkt schon, liebe Hörer, der Weizenbock tut seine Wirkung. Aber ich finde auch den Wunsch absolut berechtigt. Also ob ein Lagerkeller jetzt in den Sack vom Nikolaus oder in den vom Christkind passt, weiß ich nicht, aber all die anderen Sachen sollten drinstecken. Und ich glaube, das kann man wirklich allen mitgeben hier auf den Weg, die auch zuhören, seid offen, probiert, geht ohne Vorurteile an neue Biere ran. Und wenn ihr dann beschließt, sie schmecken euch nicht, ist es gut, vielleicht schmecken sie euch aber doch, dann ist es auch gut oder vielleicht sogar noch besser. Und insofern gebt jedem Bier eine Chance. Euch beiden auf jeden Fall vielen Dank, das war ein sehr spannender BierTalk. Wir haben schön reingeschaut, wie es eben ist, wenn man so eine neue Brauerei aufzieht, auch unter so ganz besonderen Voraussetzungen wie bei euch. Und von meiner Seite aus natürlich auch toi-toi-toi, viel Glück weiterhin für euren Weg.

Johannes Lurz: Vielen Dank, das freut uns, dass wir da sein durften. War ein superangenehmes Gespräch.

Andreas Eckschmidt: Und vielleicht sehen wir uns mal wieder beim Spazierengehen (unv. #00:40:46.7#) mit zwei Bierglas in der Hand und grad mit dem Hund spazieren gehst.

Markus: Genau! Ich packe mal sicherheitshalber ein Gläschen ein.

Johannes Lurz: (unv. #00:40:54.3#)

Markus: Ciao!

Andreas Eckschmidt: Bis dahin! Servus!

Johannes Lurz: Tschüss!

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BierTalk 74 – Interview mit Martin Tietz, Ex-Deutscher Meister der Hobbybrauer aus München

Eher durch einen familiären Zufall wurde Martin Tietz vom leidenschaftlichen Biertrinker zum Hobbybrauer, dann allerdings packte ihn dieses Vergnügen und ließ ihn nicht mehr los. Als Gast bei der Hobbybrauermeisterschaft ließ er sich von dem Wettkampfgedanken begeistern und träumte schließlich davon, selbst auf dem Treppchen zu stehen. Im September 2020 war es dann schließlich soweit: Die Jury wählte sein Irish Red Ale zum besten Bier des Wettbewerbs und machte ihn damit zum Deutschen Meister. Im BierTalk schaut Martin zurück auf diese glorreichen Tage und erzählt von seinen Lieblingsorten in seiner Wahlheimat München…

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Holger: So, liebe BierTalk Freunde, herzlich willkommen zur Folge Nummer 74. Jetzt haben wir natürlich heute auch wieder einen ganz besonderen Gast, und zwar den Martin Tietz. Und da könnte es schon sein, dass einige von euch diesen Namen schon mal gehört haben. Und zwar ist der Martin 2020 der deutsche Meister der Hobbybrauer gewesen, und zwar mit einem Irish Red Ale, das war das Siegerbier, und begeistert seitdem die Szene. Martin, herzlich willkommen! Schön, dass du bei uns bist. Am Mikrofon ist wie immer der Holger und der …

Markus: Markus.

Holger: Prima! Martin, wir würden dich einfach bitten, stell dich doch mal vor. Also wie wird man deutscher Meister der Hobbybrauer, wie kommt man zum Brauen und was machst du in deinem normalen Leben?

Martin Tietz: Oh, jetzt, das sind ganz schön viele Sachen auf einmal. Martin Tietz, ich bin geborener Hamburger, bin aber schon seit 1994 aus Hamburg weggezogen, war dann in Frankfurt ein paar Jahre und bin nach München gezogen 1999. War dann noch drei Jahre im Ausland in Los Angeles für die Allianz tätig, das ist mein Arbeitgeber offiziell. Habe da auch witzigerweise das erste Mal mit dem Bierbrauen Kontakt gehabt. Da habe ich mit einem Arbeitskollegen, der schon länger dort gelebt hat, haben wir ein Weißbier in einer Garage gebraut bei 30 oder 32 Grad Temperatur. Das war auch sehr bananig, also die Vergärung, das wusste ich damals noch nicht, die hat natürlich bei den Temperaturen so ein bisschen auch Aromen hervorgebracht, die man nicht so extrem im Weißbier erwarten würde. Und das hat mich damals noch gar nicht so richtig angefixt, muss ich ehrlich sagen, da war ich nicht so wirklich von dem Thema berührt. Habe aber mein Leben lang gerne Bier getrunken. Also das fing an mit meinem Vater, als ich 16 war oder als ich dann die ersten Kneipenbesuche in Hamburg oder nach dem Tennistraining mit meinen Tennisfreunden. Also Bier hat immer eine Rolle gespielt. Aber das Bierbrauen kam dann eigentlich erst sehr viel später, und zwar war das vor fast genau sechs Jahren zu Weihnachten. Da haben meine Familie und ich das erste Mal seit längerer Zeit damals mal wieder alle gemeinsam Heiligabend gefeiert bei meinen Eltern in Hamburg. Und dort haben wir dann gesagt, da wir uns eigentlich nichts schenken, zieht jeder ein Los, also einen Namen, und derjenige bekommt dann ein Geschenk. Und meine Schwester Anja hat dann meinen Namen gezogen und mir dann ein Geschenk besorgt. Da war die Preisgrenze 50 Euro. Und die hat dann damals gedacht, Mensch, Bier ist ja sein Thema, da schenke ich ihm mal so eine Starterbox. Jetzt darf ich den Namen natürlich vielleicht nicht sagen, aber man kann damit sehr besser brauen. Ist auch die Einstiegsdroge glaube ich für viele, viele Hobbybrauer gewesen, die es dann einmal versucht haben und Gefallen dran gefunden haben. Und so war es dann auch bei mir. Eine schöne Randgeschichte ist auch die, dieses Paket hat damals offiziell 75 Euro gekostet im freien Handel und 50 war die Grenze. Und da hat meine Schwester das bei Ebay erstanden von so ein paar Jungs aus Hamburg, die das übrighatten. Weil sie hat nämlich auch so einen Spaß dran gefunden, dass sie schon gleich dann eine richtige Brauanlage sich angeschafft haben in der Gruppe und das übrighatten. Und das hat sie mir dann erzählt Heiligabend, als ich dann das Geschenk ausgepackt habe. Und ich habe gedacht, was sind denn das für Spinner? Also da irgendwie mit so viel Bier dann anfangen und dann da irgendwie gleich anfangen zu brauen. Das ist schon ein bisschen merkwürdig. Und dieser Spinner war ich dann vier Monate später selber. Ich habe dann eben diese vier Liter Bier gemacht, einmal, zweimal, dreimal und hatte dann aber immer nur vier Liter. Dann habe ich mir so ein zweites Starterpaket gekauft, habe dann an zwei Töpfen am Herd praktisch parallel, vom Timing her nicht so einfach, vor allem mit so rudimentärer Ausstattung, dann eben acht Liter gemacht und das war mir dann irgendwann zu anstrengend. Und dann bin ich 50 geworden und habe mir dann zum Geburtstag dann mir eine Brauanlage geschenkt, eine Braueule, die mir da sehr gut gefallen hat, weil die auch recht viel auch mal selbständig macht. Die maischt dann praktisch das Maisch-Programm alleine durch. Und ich hatte damals noch kleinere Kinder als heute und wollte nicht den ganzen Tag mit dem Brauen beschäftigt sein, wollte mich auch um die Familie kümmern können und habe dann praktisch da meinen Einstieg gefunden in die Hobbybrauer-Szene.

Holger: Wunderbar! Das hat, das müssen wir vielleicht auch noch mal erwähnen, alles stattgefunden eben bei Störtebeker. Und wie bist du denn dahin gekommen? Muss man sich da bewerben? Wird man da berufen oder wie geht das eigentlich? Erzähl doch mal!

Martin Tietz: Das ist eigentlich eine ganz offizielle Veranstaltung, da kann sich praktisch jeder anmelden, der Hobbybrauer ist, also der halt nicht gewerblich braut. Da habe ich von gehört und fand das irgendwie ganz spannend, weil ich auch immer sehr den Kontakt mit Brauern genossen habe, die im Hobbybereich unterwegs sind, oder auch mit Profis, weil das einfach alles coole Leute sind. Ich habe bisher noch keinen kennengelernt, der irgendwie blöd war. Waren natürlich immer nettere oder weniger nette, aber die meisten wirklich echt richtig nett. Und da habe ich gedacht, da fahr ich mal hin. Und bin dann das Jahr vorher 2019 mit meinem besten Freund aus Hamburg, dem Frank Kornblum, dorthin gefahren zu Störtebeker nach Stralsund, und habe da mal mitgemacht. Und da gab‘s dann auch ein Thema, das war halt eben so ein sehr, sehr hopfiges Ale, sehr fruchtig, und da habe ich mal rangetraut. War aber sehr demütig, ich bin da sehr, sehr demütig und geerdet hingefahren.

Holger: Markus, du bist ja quasi eigentlich bei jeder Bierveranstaltung in der Jury. Warst du da auch in der Jury?

Markus: In der Jury war ich noch nicht, aber natürlich bei anderen Hobbybrauer-Wettbewerben. Und ich finde es immer ganz spannend, weil man da einfach erlebt, wie intensiv die Leute dabei sind und wie dieses gemeinsame Fieber für das Brauen einfach so alle erfasst und wie da die Leute fachsimpeln und wie, glaube ich, Menschen, die jetzt mit dem Hobbybrauen gar nichts am Hut haben, wirklich denken, da stehen Leute, die Chinesisch sprechen. Und wie dann aber auch diese gemeinsame Freude aneinander und füreinander ist. Und das finde ich, ist sowas ganz Besonderes, weil diese Atmosphäre dann zum Beispiel auch bei der Siegerehrung so ist, dass nicht irgendwie drei sich freuen und 150 sind enttäuscht, sondern es freuen sich wirklich alle. Und das ist wirklich eine ganz tolle Geschichte. Und da krieg ich immer so ein bisschen Gänsehaut, weil man da einfach wirklich merkt, wie Bier Menschen zusammenführen kann und wie man eben gemeinsam Spaß an diesem Thema haben kann. Und das finde ich, hat man auch bei dir erlebt. Also da habe ich die Siegerehrung nur über Video gesehen, aber ich finde, da kommt dieses Gefühl auch genauso rüber. Und ich glaube, du warst dann auch wirklich überrascht, oder? Hatte man das vorher so ein bisschen im Urin, dass heute was geht?

Martin Tietz: Das kann ich total hundertprozentig bestätigen, was du sagst, Markus. Die Atmosphäre ist unglaublich freundschaftlich. Natürlich will jeder auch ein bisschen konkurrieren mit anderen und man probiert von den Kollegen, und natürlich möchte jeder gewinnen. Aber die Atmosphäre war wirklich ganz toll und ich habe ganz viel Glückwünsche bekommen, auch ehrliche Glückwünsche, und man hat sich mit mir gefreut. Das war ein schönes Gefühl. Und ich weiß auch noch, wie ich 2020, nein, 2019, Entschuldigung, dann das erste Mal dabei war und bei der Siegerehrung dann die (unv. #00:06:25.0# Gröner?) Bagaluten aus Kaltenkirchen, die da gewonnen haben, ich habe die so bewundert und so beneidet. Und ich habe da gestanden und dachte mir so, das möchte ich auch mal erleben, diesen Pokal, der auch übrigens sehr schön ist, möchte ich einmal selber gewinnen. Aber dass es ein Jahr später dann auch wirklich funktioniert, da hatte ich nicht mit gerechnet. Ich fand mein Bier super, ich war sehr, sehr zufrieden und habe es natürlich auch im Vorfeld so ein bisschen mal verteilt und mal geguckt, wie es den Leuten so schmeckt, und habe da auch viel gutes Feedback gekommen. Aber fürs Treppchen oder gerade für den ersten Platz, das ist natürlich auch viel Glück, und da hatte ich nicht mit gerechnet. Ganz ehrlich nicht.

Holger: Mensch, dann beschreib doch mal den Pokal, wenn der so schön ist, wenn der so toll aussieht.

Martin Tietz: Eigentlich ist es ein Holzklotz, aber der ist ein bisschen so Strandgutholz-Optik und hat dann eben so eine kleine silberne Manschette, wo dann eben das Logo vom Deutschen Hobbybrauer-Meisterschafts-Wettbewerb drauf ist für den ersten Platz in Gold. Und der macht sich seit jetzt 15 Monaten super mitten im Wohnzimmer oben auf dem Regal. Und ich gucke den auch wirklich jeden Tag an. Muss ich wirklich zugeben.

Holger: Das funzt ja auch. Wenn da jemand reinkommt und dann diesen Pokal sieht, da ist man auf jeden Fall in „Hab Acht!“. Was kriegt man sonst noch? Also irgendwie eine Kreuzfahrt oder ein dickes Preisgeld für eine richtige Brauerei, oder wie geht das?

Martin Tietz: Nein, es gibt natürlich dann für den Sieger, der darf sein eigenes Bier dann, also sein Rezept dann einbauen dort vor Ort bei Störtebeker in Stralsund, mal eben so 40.000 Liter. Natürlich ein Sprung von meinen 30 oder 50 auf 40.000. Das ist auch schon mal ein anderes Flair mit dem Braumeister dort. Und dann gibt es halt noch 40 Kisten, wenn das Bier fertig ist, von dem eigenen Bier frei Haus geliefert. Das ist fast das Beste, wenn dann der DB Schenker Lkw mit der Hebebühne vor die Haustür fährt in eine Reihenhaussiedlung und die Nachbarn aus dem Fenster gucken und dann sehen, wie der so eine Europalette Kasten Bier mir an die Garage geliefert wird. Das war schon echt cool. Und dann gibt es noch einen Sachpreis.

Holger: So! Jetzt heißt es ja BierTalk, weil wir auch Bier trinken. Und ich habe schon eine ganz trockene Kehle. Markus, wie geht’s dir?

Markus: Ja, ich wäre auch bereit. Natürlich!

Holger: Aber normalerweise natürlich klar, ist der Gast, der ist natürlich immer der erste, der sein Bier da präsentieren darf. Ich gehe davon aus, du hast es dabei, Martin, und es ist vielleicht das Siegerbier? Ich weiß nicht, dürfen wir hoffen?

Martin Tietz: Nein, es ist nicht das Siegerbier. Ich habe jetzt heute mal dabei ein Wiess, ich habe einen Wiess gemacht, also praktisch des Kölsch, was nicht Kölsch sein darf oder Kölsch heißen darf. Kölsch darf nur heißen, was auch in Köln filtriert worden ist, nicht abgefüllt, sondern filtriert. Und es darf auch nur von bestimmten Brauereien gebraut sein. Wenn eine neue Brauerei jetzt in Köln aufmacht, dürfen wir Kölsch auch nicht Kölsch nennen. Also ein Wiess naturtrüb, 10 % Weizenmalz. Und ich meine sogar, 90 % Pilsener, so ein ganz bisschen Kara, so ein Esslöffel, und ein bisschen gehopft mit so 25 bis 30 IBUs ungefähr.

Holger: Ich kenne das eigentlich nur von Gaffel. Gaffel hat doch so ein Wiess, oder?

Martin Tietz: Ja.

Holger: Aber dann mach’s doch mal auf und lass uns teilhaben, wie cool das schmeckt.

Martin Tietz: Ja, ich bin jetzt schon am Einschenken, es ist noch recht frisch. Ich habe heute auch eine Testflasche aufgemacht, ob die Nachgärung schon durch ist. Aber ich sehe gerade, ich rieche mal dran, riecht super, hat eine schöne Farbe, schön golden, auch recht klar schon dafür, dass es noch nicht so lange gereift ist, nachgegoren ist. Aber die Kohlensäure ist noch nicht da. Also das darf gerne noch mal eine Woche liegen, dann ist es bestimmt fertig.

Holger: Okay! Dann müssen wir mit einem anderen Bier weitermachen.

Martin Tietz: Was trinkt ihr denn?

Holger: Markus, was trinkst denn du? Irgendein Kellerbier aus Franken, oder? Oder gibt’s was Spannendes?

Markus: Nö, nö, nö, nö! Ich habe mir gedacht, ich bleibe so dem Thema treu. Also ich muss sagen, ich hatte auch welche von den Siegerbieren vom Martin, weil wir neulich auch gemeinsam ein Tasting gemacht haben. Aber sie haben nicht lange genug durchgehalten. Genauer gesagt, war meine Lust zu groß, deswegen ist davon nichts mehr da. Aber ich kann nur allen sagen, die noch was bekommen, es gibt wohl noch Restbestände bei Störtebeker. Das ist wirklich ein ganz, ganz feiner Tropfen, weil eben diese Ausgewogenheit zwischen Malz und Hopfen da wirklich ganz, ganz toll war. Man darf nicht vergessen, dass das Red Ale so ein bisschen das Gegenstück eigentlich ist zu dem, was wir bei uns als Rotbier kennen. Und das ist auch ein sehr schön ausgewogenes Bier. Also davon habe ich keins mehr, deswegen habe ich dann gedacht, okay, dann versuche ich doch diesem Thema Hobbybrauer ein bisschen treu zu bleiben. Und ich war eben auch in einer Jury eines Hobbybrauer-Wettbewerbs, und zwar bei Maisel, letztes Jahr bei Maisel & Friends. Und da gibt’s jedes Jahr auch eine Hobbybrauer-Messe und eine Meisterschaft. Und dort haben wir auch ein Siegerbier gekürt. Und das war ein Tropical Coast, also ein West Coast IPA, und das habe ich jetzt hier, habe ich zugeschickt bekommen, und habe gedacht, ich warte auf diesen BierTalk, um es zu probieren und mach‘s mal auf. So! Gebe das mal ins Gläschen.

Martin Tietz: Habe ich übrigens auch mitgemacht, war aber nur 40. oder 41. oder so. Also da sieht man schon mal, dass die Leistungsdichte da oben auch sehr eng ist.

Markus: Das stimmt! Das ist auch als Jury wirklich nicht einfach, weil ich meine, im Grunde, es geht um zwei Dinge. Das eine ist erst mal, natürlich gibt’s Vorgaben, was man den Brauern an die Hand gibt, was sie einem machen sollen, in Anführungsstrichen, also was für einen Bierstil sie kreieren sollen. Aber andererseits lässt man die auch bewusst ein bisschen offener als zum Beispiel bei einem normalen Bierwettbewerb, damit eben die Hobbybrauer auch ihre Kreativität und ihre eigenen Ideen und so ein bisschen verwirklichen können. Und dann müssen wir als Jury eben immer schauen, okay, also erstmal, entspricht das noch dem Stil? Und dann, inwieweit hat der, die Hobbybrauer*in da dann alles richtiggemacht erst mal von den reinen normalen Kriterien? Sind da Fehler drin oder so? Und inwieweit ist es dann eben kreativ, besonders interessant, wirklich schön umgesetzt und so weiter? Und da gibt’s dann auch wirklich Diskussionen, wo man dann wirklich kämpft. Also gerade bei dem Wettbewerb war es dann so, dass wir am Ende wirklich lange, lange diskutiert haben, wer gewinnt, weil die oberen zehn Biere relativ eng beieinander waren unserer Meinung nach. Und das war wirklich sehr, sehr spannend. Jetzt rieche ich mal rein. Ah! Und da merkt man schon, das macht wirklich dem Namen absolut Programm. Wir haben hier so tropische Früchte, Mango, Ananas, Orange, Grapefruit, also eine richtig schöne, fruchtige intensive Note. Heißt ja auch Tropical Coast, also das passt wunderbar. Jetzt probiere ich mal. Mmh! Also sehr cremiges Mundgefühl, geht auch fruchtig los, hat dann einen schönen Körper. Also ein bisschen Karamell merkt man, da ist ein bisschen auch was davon, von einer malzigen Seite. Und dann übernimmt eine durchaus kräftige Bittere, die auch lange bleibt, den Mund auch so ein bisschen zusammenzieht. Aber trotzdem bleiben diese fruchtigen Aromen immer präsent. Also das ist so ein richtig schönes Spiel zwischen Bittere und Mango, und dann kommt wieder Bittere, dann kommt Ananas, dann kommt wieder Bittere, dann kommt Orange und so weiter. Also wirklich sehr, sehr spannend, sehr langer Nachtrunk auch. Also wirklich ein ganz, ganz schönes, spannendes Bier. Und vielleicht, dass wir es noch kurz sagen, der Gewinner hieß Fernando (unv. #00:13:05.8# Koppi?). Und der hat eben damals gewonnen. Was heißt damals, ist ja jetzt erst ein halbes, dreiviertel Jahr her. Spannend, auf jeden Fall. Und falls du zuhörst, Fernando, nochmal Glückwunsch, das hast du echt gut gemacht.

Holger: Vielen Dank, Markus! Sehr spannend! Jetzt würde ich gern noch mal ganz kurz zurückspulen ein bisschen. Du hast jetzt gesagt, das ist noch zu erwerben, also das Siegerbier. Wenn wir es jetzt schon nicht hier im BierTalk haben, wie ist es denn zu erwerben? Also auf der Homepage im Shop, bei dir Martin? Oder wie würde das gehen, damit die Hörer vielleicht das ausprobieren können?

Martin Tietz: Eigentlich ist es ausgelaufen. Ich glaube, im Online-Shop gibt es das auch nicht mehr bei Störtebeker. Wenn man Glück hat, noch Restbestände. Das ist natürlich für den Gewinner, den ehemaligen Gewinner, ein bisschen schade, weil das natürlich auch irgendwie toll ist, wenn im Regal im Getränkemarkt die Flaschen stehen mit dem Namen drauf. Meine Schwester hat mir auch berichtet, sie war dann bei Edeka in Hamburg und da standen meine Flaschen dann auch eben, und sie hat die alle geradegerückt, weil die waren schief, und das fand sie doof, dass mein Bier so schief im Regal steht. Das fand ich ganz süß. Aber das gibt’s jetzt nicht mehr. Und jetzt gibt’s dann halt eben ab März, April den Weizenbock, den hopfigen Weizenbock von meinem Nachfolger aus Aachen.

Holger: Es ist auf jeden Fall schwierig, es noch zu bekommen.

Martin Tietz: Es ist, glaube ich, schwierig. Also wenn jemand unbedingt das noch haben will, gibt’s wahrscheinlich nur Restbestände. Ich habe noch nach Kisten in der Garage, die werden auch noch leer, denke ich mal im Laufe der nächsten Wochen oder Monate.

Markus: Ich glaube, bei der Bierothek müsste es noch welche geben in den Restbeständen. Wenn ich mich recht erinnere. Wobei ich sagen muss, bei mir ist vorhin auch das Kopfkino angegangen, weil ich mir vorgestellt habe, was meine Nachbarn sagen würden, wenn da ein Lkw ankommt und wirklich 40 Kästen Bier auf einmal auslädt. Also die sind durchaus gewohnt, dass da Bier ankommt, aber in der Menge, das ist schon eine sehr spannende Geschichte.

Martin Tietz: Ja, das war sehr lustig.

Holger: Martin, mach doch weiter. Du hast doch bestimmt noch eins auf dem Tisch stehen, oder?

Martin Tietz: Klar! Ich habe mir jetzt dann eins aufgemacht, jetzt, wo ich genau weiß, dass das schon richtig schön durch ist und auch schön gereift ist. Das ist ein Indian Pale Ale. Das nennt sich bei mir Sturmflut. Also meine Biere haben auch immer so ein paar Namen, die so ein bisschen auch mit meiner Herkunft zu tun haben oder eben auch mit was Biertypischem. Mein Weißbier heißt Talabfahrt, mein Weizenbock heißt Steilhang. So haben auch diese Namen ein bisschen einen Bezug zur Herkunft. Bei dem Thema Talabfahrt, das war ganz witzig, da hat meine Tochter, die muss, glaube ich, sieben oder acht gewesen sein, die Amelie, da habe ich sie dann gefragt: Du Amelie, ich brauche einen Namen für mein Weißbier. Das muss immer so mit Bergen zu tun haben. Dann sagt sie, nenne es doch Talabfahrt. Das fand ich für eine 8-Jährige sehr bemerkenswert. Und seitdem heißt es halt so. Und das habe ich mir jetzt aufgemacht. Hat auch eine sehr fruchtige Note. Ich versuche halt auch immer so ein bisschen die Balance herzustellen mit einem Bier. Meine IPAs haben jetzt nicht 80 oder 100 IBUs, weil ich finde, dann schmeckt man auch von den Fruchtnoten nicht mehr. Und ich habe auch das Gefühl, man hat das im Hals länger und es kratzt auf der Zunge. Das ist bei mir so, dass ich sehr viel Hopfen in den letzten fünf Minuten Kochzeit oder in den Whirlpool gebe. Halt die Bitterhopfen und die Vorderwürze. Das mache ich eigentlich immer. Also nicht nach zehn Minuten wie einige andere Hobbybrauer, ich mache das immer in die Vorderwürze mit dem Bitterhopfen, weil ich der Meinung bin, dass dann die Hopfung noch ein bisschen weicher wird. Aber das kann auch nur Einbildung sein. Da gibt’s auch keine Beweise für. Hat eine schöne Balance, ist schön hell. Ein bisschen Wiener Malz, ich mag’s ganz gern so ein bisschen goldfarben. Es hat einen schönen Schaum. Das schallert aber auch ordentlich, das hat glaube ich 7 %, und da reicht dann auch eine Halbe gleich während des BierTalks.

Holger: Erklär doch mal, was du so einem Hobbybrauer, der vielleicht so jetzt beginnt, was du dem empfiehlst. Also was sind so sage ich mal seniore Tipps für den Hobbybrauer-Einsteiger? Es könnte ja sein, dass irgendjemand das hört und denkt, ey, komm, ich bestell mir jetzt auch mal so ein Kit und Ziel ist dann deutscher Meister. Wie macht man das dann?

Martin Tietz: Das ist eigentlich nicht schwer. Ich finde, dass man mit relativ wenig Equipment auch gleich zu Beginn schon ein sehr, sehr schönes Bier sich selber brauen kann. Das ist das Schöne an dem Hobby, man muss nicht erst tausende von Euro ausgeben, man kann sehr, sehr klein und einfach anfangen. Also wenn man 150 Euro ausgibt, dann ist man schon so dabei, dass man sich auch mal zehn oder 20 Liter brauen kann. Da gibt’s auch entsprechende Foren bei Facebook, wo man sich auch Hilfe holen kann, oder auch in anderen Quellen.

Holger: Hobbybrauer.de zum Beispiel wäre so eine Adresse.

Martin Tietz: Genau! Was man auf jeden Fall beachten sollte, ist sauber arbeiten. Also dass die Flaschen halt eben, da muss man keine Wissenschaft draus machen, aber dass man da nicht aus der Flasche trinkt zum Beispiel. Das sage ich auch jedem, der ein Bier von mir bekommt für Zuhause. Es wird bei mir nicht aus der Flasche getrunken, es wird aus dem Glas getrunken. Weil die Keime am Flaschenhals von den Körperflüssigkeiten, das kriegt man schlecht wieder sauber. Auch im Brauprozess, gerade im Kaltbereich, wenn ich nach dem Kochen runterkühle, ist halt eben auch Sauberkeit gefragt. Das ist zu beachten. Ansonsten gibt es eigentlich gar nicht viel. Mutig an die Rezepte rangehen, auch gerne mal selber ausprobieren, man muss nicht immer Rezepte im Netz suchen und die genau nachmachen. Es gibt bestimmte Malzsorten, die man als Basismalz uneingeschränkt nehmen kann. Also Pilsener, Wiener und Münchner, die kann man alle 100 % nehmen in meinen Augen, um auch ein schönes Bier zu machen. Dass man halt eben mit so Karamalzen ein bisschen aufpasst und Röstmalzen. Da sind nur halt eben in so bis fünf, sechs Prozent von der Schüttung, maximal vielleicht zehn, wenn man es sehr röstig mag. Ich bin nicht so der Rost-Fan oder Röst-Fan besser gesagt. Aber loslegen und Spaß haben. Das ist einfach eine totale Freude sein eigenes Bier abends zu trinken.

Holger: Hört sich gut an.

Martin Tietz: Für ein IPA, wenn ich jetzt so da mal meine IPA Teste, einen Test mal so anschaue, da würde ich jedem empfehlen, am pH-Wert zu schrauben. Also gerade bei hopfigen Bieren den pH-Wert zu messen und das Bier so ein bisschen bei fünf oder sogar unter fünf einzupendeln. Ist auch ein Tipp von einem Profibrauer, dem Uli Schindler von der Nockherberg Brauerei, der mir auch noch mit Rat und Tat zur Seite gestanden hat in den letzten fünf Jahren. Schönen Gruß an ihn, der hat natürlich auch dazu beigetragen, dass mein Bier heute vernünftig ist. War auch ein Tipp von ihm.

Holger: Tja Markus, das sind gute Informationen. Hast du auch schon mal selbst gebraut übrigens?

Markus: He-he-he-he! Erstmal muss ich sagen, ich glaube, dass die einen oder anderen, die uns zuhören, jetzt das nachvollziehen können, was ich vorhin gesagt habe. Das hört sich vielleicht dann erst mal an so ein bisschen wie Fachchinesisch, aber das ist ja gerade das Spannende eigentlich, wenn man sich da so reinpfriemelt und vor allem, wenn man am Ende dann den Erfolg der eigenen Leistung so ein bisschen genießen kann. Und genau das ist das, woran es bei mir eigentlich hakt. Natürlich habe ich schon öfters versucht zu brauen, aber ich muss sagen, mit dem Ergebnis war ich noch nie wirklich zufrieden. Also liegt sicherlich daran, dass ich einfach diese ganzen Themen, das Ganze akribisch zu machen, was Temperatur angeht, letzten Endes auch die Umgebung, die man erst mal herstellen muss in der entsprechenden Hygiene, damit es für Bier auch alles wunderbar funktioniert, das ist bei mir alles ehrlich gesagt schwierig. Und dann habe ich für mich auch beschlossen, also ich kann natürlich mit unseren Leuten bei Braukursen und so weiter grundsätzlich das Ganze erklären und machen und auch das gut vorführen, aber der geborene Bierbrauer bin ich nicht. Da bleibe ich dann lieber beim geborenen Biertrinker und freue mich dann, dass es eben Leute wie den Martin gibt, die dann so tolle Sachen machen, die ich genießen kann. Ist mir immer wesentlich lieber, muss ich sagen.

Holger: Ja, mir auch. Also mir ist auch lieber, wenn du nicht braust, sondern eher verkostest.

Markus: Dir ist vor allem lieber, wenn du was zu trinken bekommst. Und ich glaube, (unv. #00:19:55.1#)

Holger: Ja, unbedingt, unbedingt! Nein, unbedingt! Bei mir ist es heute ganz, also wirklich ganz einfach. Und zwar habe ich mir gedacht, der Martin wohnt in München, ich wohne in München, was gibt’s dann Besseres als einfach sich einen August auf die Leber zu tackern. Und da das ein bisschen spezieller dann doch werden sollte, habe ich mich dann für ein Augustiner dunkel entschieden. Also nicht so einen einfachen August, sondern schon irgendwie was Spezielleres. Weil normalerweise reden hier alle immer nur vom Hellen und vom Edelstoff, und jetzt nehmen wir mal das schöne Dunkel. Ich mach’s mal auf. So! Jetzt kommt’s auch rein ins Glas. #00:20:32.6#

Martin Tietz: Ein schönes Geräusch.

Holger: Genau! Und da nehmen wir auch mal einen richtigen Schluck. Also nicht irgendwie und so. Da habe ich jetzt auch ein normales Glas genommen und nicht so irgendwie Verkostungsglas und so einen Scheiß, sondern einfach so wie sich das gehört. Erst mal, es ist schon eine ganz wunderbare Farbe. Das ist schon so eine, wie soll ich sagen, Waldhonig, also das ist schon so richtiges Waldhonig, was mir hier entgegenschwebt sozusagen. Ah! Und es riecht auch malzig. Also so wie man sich halt auch dann so einen Alt-Münchner Dunkel vorstellt. Und ich nehme mal einen Schluck, wenn ihr gestattet. Sehr schön! Also es ist so ein röstiges, würziges Malzaroma. Hat keine aufdringliche Süße, wie viele Dunkle auch, sondern es ist so ein bisschen, jetzt gerade so im Haupttrunk, brotig, also so eine schöne Bauernbrot-Charakteristik, die mich da so anlächelt. Und dann kommt auch wieder diese Malzsüße durch, mit ganz leichter Säure vielleicht. Und jetzt so im Nachtrunk, da kommen die Röstaromen hoch und vielleicht sogar ein bisschen Kaffee. Es kann was, also es ist wirklich ein schönes Bier. Und das muss man wirklich dann auch sagen, Augustiner macht ordentliche Biere und ist da auch ganz bodenständig mit ihren Produkten. Und das Dunkle trinke ich einfach gerne. Und wenn man jetzt hier so rausschaut, dann ist es nicht das beste Wetter heute, es ist kalt. Wir hatten auch schon ein bisschen Schnee. Und an so einem Dezembertag wie heute, da ist so ein Dunkles zum Abend einleiten genau richtig, habe ich mir überlegt. Prost!

Markus: Prost! Wobei ich sagen muss, nicht nur an einem Dezembertag. Ich bin generell ein Freund des Dunklen und gerade auch das Augustiner Dunkel und das trinke ich schon gerne auch öfter und durchaus auch im Sommer. Ja, überhaupt, also wie ist das denn, Martin, wenn man da so in München lebt? Hast du da so deine Lieblingsbierecken? Ist das eher traditionell? Ist das eher modern? Oder hast du deine Lieblingsbank, auf der du im Sommer gerne ein Bier verkostet? Wie schaut das da so aus, wie erlebt man dich in München biertrinkend?

Martin Tietz: Die Vielfalt macht’s, genauso wie bei den Bierstilen oder Biersorten ist es auch finde ich mit den Locations in München. Es gibt wunderschöne Biergärten und das liebe ich auch am meisten. Ich glaube, ich bin das größte Opfer, das Biergartenopfer der Corona-Pandemie, weil das Biergartenleben schon sehr eingeschränkt war die letzten zwei Jahre. Und das ist für mich einfach das Größte, an einem schönen Nachmittag sich irgendwo auf eine Bank zu hocken, mit fremden Menschen zu sprechen, sich zwei, drei Weißbiere oder eine Maß zu schädeln und einfach Spaß zu haben und Kontakt zu knüpfen mit netten Menschen. Das macht mir total viel Spaß. Ich bin sehr gern am Nockherberg tatsächlich. Zum einen, weil ich da auch nebenbei so ein bisschen Brauhausführungen mache und ein bisschen Beer Tastings mit so Gruppen. Der Laden ist mir sehr ans Herz gewachsen, muss ich sagen. Die brauen da auch ihr eigenes Bier, gehört zwar zu Paulaner, aber brauen da halt eben selbst. Und das ist auch ein sehr leckeres Helles und sehr gute auch mal spezielle Sorten. Und ansonsten noch ein bisschen Geheimtipp ist HopDog in München, wo man auch sehr gute Bamberger Biere bekommt, also fränkische Biere, fast, also es gibt ganz, ganz viele tolle typische fränkische Biersorten auch am Hahn. Das ist was ganz Besonderes. Das kann ich auch sehr empfehlen.

Holger: Also kann ich auch nur bestätigen, der HopDog ist wirklich gut, Auenstraße, sehr, sehr schön. Und wenn dann schönes Wetter ist, dann noch schön an die Isar tingeln mit einem …

Martin Tietz: Wenn man noch laufen kann, hinterher dann ist die Isar eine gute Idee.

Holger: Siehst du, da ist schon wieder der Unterschied zwischen dem Hobbybrauer und dem Biersommelier. Bei mir geht’s immer ums Genusstrinken. Aber jetzt wissen wir ja bei dir Bescheid. Tja! He-he! Markus, deine Tipps für München, dürfen wir die hören?

Markus: Meine Tipps für München? Ich überleg gerade. Naja, die sind halt mangels großer Erfahrung etwas langweilig, ich denke mal. Also sagen wir mal so, wo man sich immer ganz gut aufgehoben fühlt, ist das Taphouse, da gibt’s immer wieder spannende Biere. Was für mich so ein bisschen Geheimtipp war schon immer, ist die Forschungsbrauerei. Da ist jetzt demnächst unter neuer Ägide wieder Neueröffnung, wird bestimmt auch spannend. Aber das hat einfach auch eine tolle Geschichte und ist eine besondere Ecke, die glaube ich auch viele Münchner gar nicht so kennen. Und natürlich ansonsten das Thema Biergarten, das ist fast so schön wie in Franken. Und gerade so die, die in der Stadt sind, die eben so ein bisschen dann eine Oase der Ruhe in diesem ganzen Treiben bieten, das ist schon immer wieder schön. Und da muss ich echt sagen, ist München schon eine tolle Stadt. Und letzten Endes natürlich auch zum Oktoberfest, wobei ich dann in der Regel nicht auf dem Hauptfesttreiben bin, sondern eben auf der Oiden Wiesn. Was dann auch noch mal ein bisschen was Besonderes ist. Und da versumpfe ich schon auch mal. Also insofern bin ich schon gerne da und erlebe das. Und habe jetzt auch gerade dem Martin ganz interessiert zugehört, weil ich von dieser Nockherberg Brauerei noch gar nicht so viel weiß. Kannst du da vielleicht noch ein bisschen was erzählen, wenn du sagst, du machst da eh Führungen? Gibt’s da vielleicht die spannende Story oder das interessante Detail, was du verraten magst?

Martin Tietz: Der gesamte Nockherberg ist eigentlich eine ganz tolle Geschichte. Da gibt’s eben das Starkbierfest auch in dem Saal. Und das hat auch eine lange Geschichte. Seit 400 Jahren wird dort praktisch Bier gebraut in irgendeiner Form. Erst von den Mönchen, von den Paulaner Mönchen. Und eine wechselnde Geschichte, ist jetzt vor, ich glaube, drei Jahren komplett saniert worden und umgebaut worden. Der Saal fasst 4000 Leute, der Biergarten 2500. Und das Restaurant glaube ich noch mal 500. Sehr gutes Essen von dem Florian Lechner, der ein ehemaliger Sternekoch ist. Und der Schweinsbraten und auch die anderen Gerichte sind vielleicht 2 Euro oder 3 Euro teurer als in einem, ich sag mal, einfachen Wirtshaus in München, aber es lohnt sich, weil das Essen ist einfach Spitze. Und der Service ist nett und ich fühle mich da immer sehr wohl und bin da sehr gerne. Die brauen da eben selber in einer 2000-Liter-Anlage, können zwei Sude am Tag machen. Und das gesamte Bier, was dort ausgeschenkt wird, außer das Weißbier, das kommt aus (unv. #00:26:09.5#) von Paulaner, wird praktisch dort gebraut.

Markus: Na, das hört sich doch toll auch an. Und vor allem auch, ich finde, das ist auch der große Unterschied vielleicht, dass die Dimensionen da in München einfach noch mal anders sind, weil man bei uns also vielleicht von maximal 200 Sitzplätzen redet, und das ist halt dann dort gleich zehnmal so viel. Aber natürlich auch dadurch spannend, weil dieses Come Together natürlich auch noch mal eine große Rolle spielt. Holger, was sind denn deine Lieblingsplätze, wenn wir schon dabei sind?

Holger: Bei mir ist es einfach so, ich bin unheimlich gerne in der Augustiner Bierhalle, Neuhauser Straße. Das ist für mich so eine Location, wo man eigentlich immer hingehen kann. Und man kann vorne sitzen und einfach dem Treiben zuschauen, man kann auch da in einem ganz kleinen Biergarten sich verstecken, der quasi im Innenhof sich befindet. Und dann gibt es auch ein gehobenes Speise-Restaurant. Und eben die Ausstattung und auch die Stuckdecken, die finde ich ganz toll. Dann bin ich sehr gerne im Fraunhofer, das gehört zu Spaten, das ist Fraunhoferstraße, so ein ganz, ganz altes Traditionslokal, wo ich schon bei meinem ersten Aufenthalt in München, also ich lebe jetzt quasi schon zum zweiten Mal hier, das war dann Anfang der 90er Jahre war ich da immer, das finde ich unheimlich großartig. Also Fraunhofer ist auch eine ganz, ganz tolle Location. Natürlich die Biergärten, ich wohne quasi am Chinesischen Turm, also nur vier Minuten fußläufig entfernt. Und da treffen wir uns dann abends als Familie und essen dann da zu Abend. Man darf dann hier alles auch selber mitbringen, außer das Bier natürlich. Aber wir packen dann so einen Picknickkorb und haben eine Brotzeit dabei und gehen da eben dann Abendessen. Und wenn es dann dunkel wird, dann gehen wir schön durch den englischen Garten wieder nach Hause. Also das ist halt auch eine tolle, tolle Sache. Aber wenn du jetzt die Forschungsbrauerei nicht erwähnt hättest, dann hätte ich sie jetzt erwähnt, mit dem Werner Schuegraf, der auch schon im BierTalk hier bei uns Gast war, der in Haidhausen in so einer Popup-Brauerei jetzt die letzten drei Jahre, glaube ich, waren es, eben ganz tolle Biere gemacht haben unter dem Label Hopfenhäcker. Der hat jetzt die Ehre, eben in die Räumlichkeiten der Forschungsbrauerei zu wechseln. Da wäre jetzt am 25.11. Eröffnung gewesen, ist aber natürlich dann den Corona-Themen zum Opfer gefallen. Aber da gibt’s sicher wieder auch erneut eine Eröffnungsfeier. Und da freue ich mich auch schon drauf. Dann natürlich hier ganz klar auch zu erwähnen Biervana als Bierspezialitäten-Laden, wo man immer ungefähr 600 verschiedene Biere bekommt und auch eine sehr gute Beratung bekommt durch den Matthias Thieme und seinem Team. Das ist auch noch mal sicher eine Lieblings-Location von mir. Ach, da gibt’s so viel, ich kann gar nicht aufhören und möchte auch nicht haben, dass irgendwer bös ist, dass ich das jetzt nicht aufgezählt habe. Und zu guter Letzt natürlich dann Giesinger. Also ich meine, das fasziniert mich total, wie halt der Steffen Marx noch vor einigen Jahren in der Birkenau eben auch mehr oder weniger Hobbybrauer war, in der Garage gebraut hat, dann mit dem Simon Rossmann jetzt einen ganz genialen Braumeister gefunden hat. Ein junger Mann, der jetzt schon zweimal in seinem Leben eine eigene Brauanlage hat bauen dürfen und die dann auch noch betreiben dürfen. Und eben überhaupt, diese ganze Erfolgsstory, die haben jetzt ein neues Helles noch mal rausgebracht, also neben der „Erhellung“. Die werden sich auch irgendwann mal auf dem Oktoberfest sein, könnte ich mir vorstellen. Jetzt ja auch mit dem eigenen Brunnen und so. Und ich denke, das ist auch ein Ziel. Und das gönne ich denen auch. Also es gibt insgesamt so viele tolle Sachen und ich bin so gerne hier in München. Die meisten wissen es ja, ich bin eigentlich aus dem Ruhrgebiet, aber hier im freiwilligen Exil in München. Und deshalb wie gesagt einen schönen August auf die Leber tackern, das mache ich jetzt nochmal, schenke mir nochmal ein hier, schönes Dunkles, und erfreue mich.

Martin Tietz: Holger, ich hätte noch einen Geheimtipp für dich. Du kannst auch gerne mal nach Sendling-Westpark kommen. Vor meiner Haustür ist ein kleiner Vorgarten, der Biergarten hat so zwei bis zehn Plätze, es gibt auch eine Brotzeit, ist auch in der Nachbarschaft sehr beliebt. Das ist immer das Schönste, wenn ich mit meinem Nachbarn Jörg so vor der Tür sitze und Nachbarn kommen vom Einkaufen und kehren erst mal bei mir ein und kriegen erst mal ein Bier auf die Faust. Das ist immer ganz nett. Ich muss zwar immer ziemlich viele Flaschen spülen am nächsten Tag dann, aber auch ein Geheimtipp. Kannst dich ja mal anmelden.

Holger: Nee, unbedingt! Also absolut! Es gibt sogar ein Buch, das vollgespickt ist mit Münchner Geheimtipps. Und da bin ich sogar drin. Also das kann man sich gar nicht vorstellen, aber ich habe hier in Schwabing so einen kleinen Keller und da kann man auch brauen und da kann man auch Verkostungen machen und da kann man alles Mögliche machen. Das ist so ein kleines Gewölbe und so, das ist ein richtiger Kleinod hier mitten in Schwabing. Und da bin ich doch tatsächlich als Geheimtipp in diesem Buch drin. Man mag es kaum glauben. Ich weiß auch gar nicht, wie die auf mich kommen ehrlich gesagt. Also ich habe überhaupt keine Ahnung. Da muss irgendwer mal da bei mir gewesen sein bei einer Verkostung und dann haben die dann da so nett darüber geschrieben. Das hat mich natürlich sehr gefreut. Absolut!

Markus: Da hast du bestimmt die Hochprozenter aus dem Keller geholt sozusagen. Und dann ging das Kopfkino los. Aber es ist ja auch schön. Also der Keller ist in der Tat ein Geheimtipp. Muss man halt auch gucken, ob man dahinkommt. Vielleicht noch die Frage, Martin: Wie ist es denn bei dir, du hast doch bestimmt auch eine Vormünchner Geschichte in Bezug auf Bier? Oder hat sich das erst in München so richtig erlebt?

Martin Tietz: Nein, natürlich. Ich habe natürlich in meiner Jugend und als junger Erwachsener überwiegend Pils getrunken in Hamburg. Also die ganzen gängigen Pilssorten, die es so gibt, Flensburger und Jever und Ratsherren gab es damals noch. Und seltener Holsten und Astra. Das war damals noch uncool, heute ist Astra megacool. Da war ich so von der Biervielfalt, mal ein Kristallweizen und ein Hefeweizen, aber das war‘s eigentlich auch schon. Die Liebe zur Vielfalt, die kam dann tatsächlich erst später, fing so, glaube ich, auch an in den USA, in Los Angeles. Da gab‘s eben auch so ein paar Sierra Nevada zum Beispiel oder eben Sam Adams habe ich da oft getrunken. Und da haben mir halt eben diese typischen Ami-Biere nicht so gut geschmeckt wie Coors Light oder Budweiser, das war nicht so meins. Da habe ich halt dann eben auch angefangen, mir mal so die ganzen Biersorten mal genauer anzugucken. Das war vielleicht so ein bisschen der Kickoff in meine Biervielfalt. Hier in München trinke ich eigentlich nur Helles. Ich trinke kaum noch Pils. Ich mag das Helle eigentlich auch sehr gerne. Ich weiß, Markus, du magst Helles nicht so, du bist nicht so der Helle-Fan. Aber ein Dunkles geht auch immer, auch das, was der Holger im Glas hat, das kenne ich auch, das mag ich auch ganz gerne. Also die Vielfalt macht’s, aber ich bin jetzt tatsächlich mehr auf Helles umgestiegen und von dem Pils weggekommen.

Holger: Ich meine, aber da muss man ganz klar sagen, Augustiner Pils ist wirklich auch ein Spitzenprodukt. Also das müsste man auch eigentlich unbedingt mal jetzt hier mit in den BierTalk nehmen. Das muss ich mir vornehmen. Also das ist auch ein ganz, ganz tolles Pils. Das ist wirklich mein Stil und bleibt auch mein Stil. Also ich bin absolut Pils-begeistert und werde es wahrscheinlich mein Leben lang bleiben.

Markus: Und der Maximator, den darf man auch nicht vergessen. Das ist auch ein absolut legendäres Bier. Und da habe ich tatsächlich mal im Augustiner Keller eine Verkostung gehabt, und wir haben da die ganz normalen Biere probiert, und ich habe dann mit den Kellnern ein bisschen mich unterhalten, was sie denn sonst noch so dahaben. Und da hat er mir erzählt, da im Keller, da steht noch eine Kiste von dem Doppelbock, aber der ist abgelaufen. Und die wissen gar nicht, was sie damit eigentlich machen sollen. Und dann habe ich gesagt: Naja, wunderbar! Ich nehme euch das gerne ab diese Last. Und dann haben wir das zu Hause verkostet und der war glaube ich zu dem Zeitpunkt sechs oder sieben Jahre alt. Und natürlich perfekt gelagert dort im Keller. Und das war oder ist ein fantastisches Bier. Ich glaube, zwei Flaschen habe ich noch. Also das kann ich auch jedem nur empfehlen, kriegt man selten, aber Maximator ist auch ein ganz tolles Bockbier, muss man sagen.

Holger: Mensch, da sind wir doch auch schon wieder am Ende unseres BierTalks angelangt. Und das war doch auch wieder eine spannende Reise durch verschiedene Welten. Martin, vielen, vielen Dank für den Ausflug in die Hobbybrauer-Welt und natürlich auch von deinen Berichten der deutschen Meisterschaft. Und natürlich, Markus, vielen Dank auch an dich für deine schöne Begleitung wie immer. Und ich wünsche euch allen noch einen sehr schönen Abend. Vielen, vielen Dank!

Martin Tietz: Vielen Dank! Schöner Abend!

Markus: Ja, schönen Abend auch von mir. Ciao!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 34 – Interview mit Martin „Bobbo“ Bozzetta, Hobbybrauer und Biersommelier aus Bozen, Südtirol

Martin Bozzetta aus der Südtiroler Hauptstadt Bozen fand über seinen Beruf als Kältetechniker zum Thema Bier. Mittlerweile ist er nicht nur sehr erfolgreicher und mehrfach prämierter Hobbybrauer mit seiner „PPT Brewery“, sondern zeichnet als Biersommelier auch maßgeblich bei der Organisation der BeerCraft und des zugehörigen Bierwettbewerbs „KuBo-Award“ in Bozen verantwortlich. Zum Ausgleich quält er sich regelmäßig bei Spartan Races und wuchtet auf extremen Hindernisläufen gigantische Gewichte durch die Gegend. Wieder ein spannender BierTalk mit einem facettenreichen Blick über den bierigen Tellerrand…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute mal wieder auf der Reise, ein bisschen weit, ein bisschen nah, je nachdem wie man es sehen will, wir gehen nämlich nach Italien beziehungsweise nach Südtirol und haben einen ganz spannenden Gast, der natürlich auch viel mit Bier zu tun hat, aber eben nicht nur. Wir haben den lieben Martin zu Gast und mehr verrate ich noch gar nicht, weil, Martin, stelle dich bitte einfach selbst mal kurz vor.

Martin: Ja, hallo Markus, es ist mir eine Freude, hier zu sein. Ich bin, ja, biertechnisch Hobbybrauer, ganz bescheiden, aber nebensächlich auch Biersommelier. Mich freut es, einfach Leute zum Thema Bier versuchen zu begeistern durch Verkostungen, sie mit neuen Bieren oder generell mit Bieren in Kontakt zu bringen. Aber, ja, wo Markus ein wenig gelogen hat, wir sitzen grade in Baden bei Wien und nicht in Bozen oder Südtirol, wir sind bei der Austrian Beer Challenge, haben grade die Verkostungen abgeschlossen. Der Nachmittag war anstrengend und hart, sehr interessant, wir haben die besten oder das beste österreichische Bier erkoren heute Nachmittag und, ja.

Markus: Das war nicht ohne, oder, also war schon ein Job?

Martin: War heftig, also unter 18 Finallistenbieren, also nur eins platzieren in jeder Kategorie, nochmal das eine Beste herauszukristallisieren, war heftig.

Markus: Ja, also das ist immer ein Wahnsinnsthema. Best Of Show nennt man das und das heißt eben, das wirklich jeder Gewinner einer Kategorie dann gegen die jeweils anderen antritt. Und normalerweise ist es ja so, wenn man in einer Kategorie bewertet, dass man ja gewisse Richtlinien hat, wie so ein Bier zu sein hat und dann kann man das auch relativ gut einordnen. Aber wenn es eben verschiedene Kategorien sind, ein Pils, ein Dunkles, ein Bock oder eben auch ein Sauerbier zum Beispiel, dann wird es natürlich schwierig, hier abzustufen und man muss sich immer überlegen, welches ist wie gut gelungen im Rahmen seiner jeweiligen Kategorie. Also spannend und natürlich anstrengend und wir haben auch tatsächlich eben schon ein paar Bierchen hinter uns, wollten aber uns natürlich auch unbedingt noch ein bisschen unterhalten und das machen wir ja jetzt.

Martin: Genau.

Markus: Genau und du hast aber vielleicht auch etwas untertrieben, weil du ja sagst Hobbybrauer, aber du hast ja schon so eine Art Brauerei, also die ja auch schon Preise gewonnen hat und so. Also insofern, wie kamst du denn überhaupt zum Thema Bier?

Martin: Das ist ein extrem altes Thema. Also ich habe oder beziehungsweise, ja, wir haben in der Familie ein uraltes Rezeptbuch meiner Großmutter gefunden aus ungefähr 1994, 95 rum, wo ein Rezept drinstand, Bier. Dann mal brauen. Hat am ersten Abfüllen nicht funktioniert, weil ja drinstand irgendwo, erst wärmen, mit Wasser vermischen, Hopfen dazu und gären und das war schon alles. Jetzt im Nachhinein nach gut 20 Jahren oder auch ein bisschen mehr an Erfahrungen im Homebouring würde ich das Rezept hinbringen, stimmt, damals hat es logischerweise nicht funktioniert. Aber so hat es sich halt ergeben, dass ich halt zusammen mit einem Freund 1997 Zuhause bei ihm in der Küche unsere ersten Biere gebraut haben. Und dann sind wir halt seit damals irgendwo immer drangeblieben und konstant unsere zehn, zwölf, acht zu dem Jahr gemacht haben.

Markus: Ja und wie ist das so in Südtirol, also ist das normal zu sagen, man nimmt Bier als Hobby oder ist das eher was Außergewöhnliches?

Martin: Es ist auf jeden Fall mal was Außergewöhnliches, auch wenn sich so in der letzten Zeit sich einige zum Thema Homebouring hinbewegen. Das macht mir riesen Freude, auch die Leute darin unterstützen zu können. Aber auf jeden Fall, das Thema Bier, Zuhause gebraut oder auch generell Bier, ist noch nicht so ein riesen verbreitetes Thema. Also wir als Bierliebhaber, Biersommeliers, Bier-Dokar haben da noch ein gutes Stück Arbeit zu leisten, um die Leute zu begeistern, aber, die ersten Schritte sind eingeleitet, es gibt auch einige Hobbybrauer. Es gibt auch Homebouring-Contests, wo sich die Biere messen können mit auch Juroren aus allen Ländern der Welt. Und, ja, ich denke, ist mal grundsätzlich auf dem richtigen Weg.

Markus: Wie viel Brauereien gibt es ungefähr so in Südtirol?

Martin: Da triffst du mich grade auf einem schweren Fuss…

Markus: Ja, so aus dem Bauch raus.

Martin: Aus dem Bauch raus, also Professionelle oder Hobby?

Markus: Na, vielleicht eher Professionelle erst mal.

Martin: Professionelle, ja, es gibt die Südtiroler Wirtshausbrauereinen, die dürfen acht bis zehn, zwölf, 14 Stück sein. Also nagel mich bitte nicht fest auf der Nummer, weil, ich bin grade auch zurzeit extrem aktiv in dem Bereich. Es gibt ungefähr acht, zehn, zwölf Hobbybrauer, die ich kenne, mit denen wir auch konstant im Austausch sind und, ja, es tut sich so langsam irgendwas.

Markus: Ich meine, das Schöne in Südtirol ist ja, dass die Leute zumindest schon mal auf Genuss geeicht sind. Also das heißt, es geht einfach drum, egal ob ich jetzt was esse, ob ich was trinke, ob ich was koche, was auch immer ich mache, es geht immer drum eben, dass es ein Genuss ist, dass es ein Gewinn ist, dass es irgendwie eine Freude bereitet und das man auch miteinander entsprechend umgeht mit Respekt. Und das ist was, was ich immer erlebe, wenn ich in Südtirol bin, dass das einfach ein ganz anderes Klima ist als man das bei uns so kennt. Und ich glaube, das ist auch eine gute Basis für das Thema Bier, oder?

Martin: Ja, weil Bier ist ein, glaube ich, seit Aufzeichnung der Geschichte und noch früher, einfach ein Aggregator für Geselligkeit. Also um das Bier gesellt sich die Menschheit und so ist es auch in den Brauereien. Also in den Südtiroler Wirtshausbrauereien oder wir uns gerne treffen, bei einem Bier zu feiern, egal ob es jetzt die grüne Werkzeugkiste ist oder egal was, wir stehen gerne zusammen und reden einfach, ne, wenn auch blöd, aber das gehört dazu.

Markus: Das gehört auch mal dazu. Und es gibt in Südtirol ja auch ein eigenes Bierfestival, wo wir uns auch schon öfters getroffen haben. Vielleicht magst du da zwei, drei Takte dazu erzählen, wie das so entstanden ist und wie so die ersten Male waren.

Martin: Ja, ein sehr spannendes und interessantes, sehr kleines feines Festival in einem mittelalterlichen Schloss Maretsch. Das heißt Craft Beer Festival, findet zu dem 2022 im Mai, es war für Mai, glaube ich, um den 14., 15., 13. rum statt. Nicht auf das Datum festnageln.

Markus: Wir schreiben das dann in die Shownotes vom Podcast.

Martin: Ja, also ein kleines Festival in einem Schloss, wo Großteils Südtiroler Brauereien vertreten sind, aber auch sehr interessante internationale Vertreter der umliegenden Regionen, sei es Österreich, Deutschland, Trentino. Vielleicht kriegen wir auch interessante slowenische Brauereien hin, die ganz tolle Biere machen. Und im Rahmen von diesem Festival gibt es auch ein cooles, ja, Beer-Testing, einen Wettbewerb, wo die Biere vom Festival verkostet werden, auch von Juroren vor Ort bei dem Brauen, wo dann auch die Siegerbiere wirklich vor Ort vorhanden sind, die dann von den Leuten, von interessierten, gekostet werden können. Glaube ich, ist einzigartig, weil weltweit auf den Wettbewerben werden irgendwelche Biere eingereicht, die dann vielleicht grade bei dem Festival nicht verfügbar sind und das ist schon schade.

Markus: Ja, auf jeden Fall. Und ich fand den Ansatz wirklich ganz, ganz toll, muss ich sagen, weil es eben so ist, dass ja bei dem Wettbewerb nur die Brauer teilnehmen können, die auch vor Ort sind. Und dann eben natürlich die Juroren auch tatsächlich zu den Brauern hingehen und dort die Biere verkosten und eben auch Fragen stellen können. Zum Beispiel, was hast du dir dabei gedacht, welche Zutaten hast du verwendet, wo wolltest du hin? Und ich meine, auf der einen Seite, klar, verliert man dann die Anonymität, die man sonst hat, aber auf der anderen Seite sind es alles Brauer aber auch Juroren, die einfach gestandene Leute sind und wo man, glaube ich, auch auf Augenhöhe miteinander redet. Und wo dann ein Brauer auch nicht gleich die beleidigte Leberwurst ist, wenn man eben mal sagt, vielleicht ist bei dem Bier das nicht ganz so gelungen, so habe ich es zumindest erlebt. Und das fand ich auch schon gut, weil es gibt Juroren, die sich, glaube ich, auch so ein bisschen dahinter verstecken, dass sie eben über die Biere reden, ohne dass jemand das mitbekommt. Und so ist das schon auch für beide Seiten, glaube ich, eine spannende Geschichte.

Martin: Ja, wobei die Anonymität findet ja statt am zweiten Tag der Verkostung, weil ja doch die Biere anonym verkostet werden, deswegen. Ja, ganz spannend finde ich auch die Integration oder die Kombination mit den Hobbybrauerbieren, die dann stattfinden. Also es gibt wenige Hobbybrauer in Südtirol verglichen zu vielleicht anderen Regionen, aber es besteht die Chance, dass die Biere dort auch wirklich von Profis, die weltweit Biere testen, die dann beurteilen. Und erstaunlicher Weise, wenn man dann mit denen spricht, ist das Feedback durchweg positiv. Das, ja, das gibt ja neuen Mut, neue Kraft, weiterzumachen.

Markus: Ja, also das fand ich auch ganz toll zu erleben, wie die dann auch miteinander feiern, wenn die Preise übergeben werden und wie man sich wirklich gemeinsam als Hobbybrauer-Community sozusagen füreinander freut. Du hast aber noch eine andere Seite in deinem Leben, die man immer so mitbekommt, du bist da ein sehr durchtrainierter starker, spartanischer Mann, könnte man so sagen, gehst auf entsprechende Wettbewerbe. Wie kam es denn dazu?

Martin: Ja, das war irgendwo so Gruppenzwang. Nee, ich, ja, ich mache Spartan-Rennen, das sind so Hindernisläufe mit zehn, 15, 20 Kilometer Hindernisse. War auch kürzlich bei der Europameisterschaft, habe da, glaube ich, für mein Alter nicht ganz schlecht abgeschlossen. Wobei, mein Kollege war zehn Minuten schneller, das muss ich ja sagen, weil sonst kriege ich es von dem. Nee, es macht mir Spaß, also ich brauche den Sport als Ausgleich zum anderen Job. Ich mache Kältetechnik, Klimatechnik, hat ja auch mit Bier irgendwo zu tun, weil, die Kältetechnik ist ja durch die Brauereien so groß geworden. Ich bin ja auch zum Hobbybrauer oder zu meinem Beruf durch das Bier gekommen. Ja, irgendwo beim Start von jedem Rennen denke ich schon an das Bier danach, deswegen.

Markus: Als besondere Motivation?

Martin: Ja, das spornt mich an, so zum Ziel durchzuhalten.

Markus: Ja, ich habe ja nur die Fotos gesehen bisher, ich war ja noch nie live dabei, aber man sieht dann immer, dass da große Betongewichte gewuchtet werden und andere Hindernisse eben. Also wo der normale Mensch eigentlich schon sagt: „Okay, da gehe ich lieber wieder zurück und trinke ein Bier.“ Das sind schon Herausforderungen, oder?

Martin: Ja, definitiv, aber, ja, es macht mir Spaß. Es gibt manche, die sagen: „Okay, ich bin komplett in der Midlife-Crisis.“ Kann ja auch sein, ich verneine es nicht. Aber, ja, wie gesagt, wir sind eine Gruppe von Freunden, die sehr begeistert dahinter sind. Und wir nehmen auch die Mühe drauf, mal irgendwo hinzufahren, wenn das halt drei, vier, fünf Stunden Weg ist von Bozen. Gleich wie wir hier jetzt von Bozen nach Wien gefahren sind, um hier den Austrian Beer Challenge zu bewerten. Zwar in anderer Gesellschaft, weil, andere Biersommelierkollegen sind derzeit nicht dabei, die auch Spartan machen, aber, ja, nächstes Jahr vielleicht wieder.

Markus: Ja, auf jeden Fall auch ein sehr, sehr spannendes Thema. Und wenn ich noch ein bisschen jünger und vielleicht schlanker wäre, würde mich das, glaube ich, auch interessieren, aber das ist schon vielleicht für mich ein bisschen zu spät, trotzdem /

Martin: Ich glaube, Markus, das kriegen wir hin, dass du das auch mal machst.

Markus: Okay. Also hört am besten weg, nein, wir werden sehen, also, mal gucken. Also grundsätzlich hab ich mal trainiert, aber ist schon ein bisschen her, aber ist auf jeden Fall auch eine ganz, ganz coole Geschichte. Und ich glaube, ist auch so ein Punkt, wo man einfach auch mal an Grenzen geht und auch Grenzen verschiebt, oder?

Martin: Definitiv, ja.

Markus: Also, schon auf jeden Fall auch eine coole Geschichte. Ja, vielleicht noch ganz kurz zurück zum Bier. Was sind so deine Lieblingsbierstile, wo du dich gerne bewegst, vielleicht die du selber machst oder auch, die du am liebsten trinkst?

Martin: Also Lieblingsbierstile kann ich mich konkret nicht festlegen, weil, das hängt immer von der Situation und vom Moment ab. Sagen wir mal, die letzten Biere, die wir gebraut haben oder beziehungsweise die wir dann abgefüllt haben, das Letzte war so ein Imperial Whiskey Barrel Aged Old Brune, das wir bei zwei Bierfestivals gebraut haben, so mit ungefähr 30 Plato Stammwürze, zweieinhalb Jahre im Whiskyfass gelagert und so weiter. Also, Markus, du kriegst morgen eine Flasche, wenn wir uns sehen.

Markus: Oh ja.

Martin: Die habe ich jetzt grad nicht bei der Hand, aber ich habe welche nicht weit weg von hier. Ja, ganz spannend, sobald das Fass leer war, haben wir gesagt: „Nee, wäre schade, das irgendwo zu verlieren.“ Haben wir dann ein Imperial Stout gebraut mit Quick-Hefe vergoren, also zweimal jeweils Doppelsud mit auch 24, 26 Plato Stammwürze und das bleibt da mal drin für die nächsten Jahre. Grade habe ich ein Grape Ale in der Gärung, das mit einem Chardonnay-Most, der grade frisch gewimmt wurde und die Hefeaktivität von dem kommt. Ja, mal schauen, also ich liebe zwar gern trinkfreudigere Biere, aber braue eigentlich für den Eigenbedarf sehr starke und nicht so easy-drinking-Biere.

Markus: Allerdings, also ich kann mir vorstellen, die ein oder anderen Hörer kennen wahrscheinlich schon so diese fassgelagerten Starkbiere wie ein Imperials Stout oder so, glaube aber, dass der ein oder andere vielleicht noch nie was von einem Italian Grape Ale gehört hat. Was ja an sich total faszinierend ist, weil es eben vor allem ein eigener italienischer Bierstil, in Anführungsstrichen, auf jeden Fall ist und etwas ist, was ja zwei Welten zusammenbringt, nämlich den Wein und das Bier. Und natürlich auch in Südtirol, denke ich mal, weil es ja auch ein weinlastiges Land ist, auch nochmal vielleicht die ein oder andere Tür öffnet. Wie siehst du das so, seit das aufgekommen ist, ist das ein Bierstil, der in Italien da an Bedeutung gewinnt?

Martin: Er wird, glaube ich, immer irgendwo so ein Nischenprodukt bleiben, aber ein hochwertiges Nischenprodukt. Grape Ale ist, glaube ich, nicht als Trinkbier zu verstehen. Ist ein Genussbier, dass einfach durch Komplexität, Säure, nicht Säure, keine Ahnung, viele verschiedene Facetten faszinieren kann, aber auf jeden Fall nicht dazu da ist, den Durst zu stillen. Also ein Helles ist dazu sicher besser geeignet.

Markus: Ja, das stimmt. Aber es ist ja auch noch am Anfang seiner Entwicklung. Also wenn ich überlege, so die Ersten, die ich getrunken habe vor ein paar Jahren irgendwann in Rimini bei einem Bierwettbewerb, da hat man gemerkt, es gibt welche, die sind praktisch wie Champagner, hochvergoren, spritzig und wirklich kaum zu unterscheiden von einem guten Sekt oder Champagner. Und dann gibt es halt welche, die dann am Ende wirklich, weiß ich, 15, 16, 17, 18 Prozent haben, richtig schwer sind. Und das ist schon also eine tolle Vielfalt, die sich da innerhalb von dieser Art Bier irgendwie darstellen lässt und ich glaube, das kommt noch.

Martin: Ja, also unseres bauen wir, glaube ich, eher wie einen einfachen Weißwein aus, schon spritzig, weil, die Kohlensäure braucht es. Aber die Basis, 75 Prozent geben wir durch die Bierwürze, 25 Prozent kommt vom Weinmost, wobei die gesamte Gärung, die Hefeaktivität kommt vom Wein. Also hier haben wir praktisch keine Chance, dies zu steuern oder auch keine Lust, dies zu steuern, also das soll so passieren wie es passiert. Es kann auch sein, aus der Erfahrung der letzten Jahre, wir hatten mal eins gemacht, das vielleicht nach einem Jahr so irgendwo, wo wir es das erste Mal verkostet haben, ich sage aber: „Okay, ja, passt, kann man schon trinken, aber war nicht so überwältigend.“ Jetzt, wo es zweieinhalb, drei Jahre hat, ist es irgendwo fantastisch, wow. Das sind Produkte, also nicht mit Bier, mit einem HD oder sowas zu vergleichen, also das muss man wirklich in die Weinschiene setzen, wo einfach auch die Evaluation, die Entwicklung in der Zeit eine sehr wichtige Rolle spielt. Wo man auch warten muss, damit das Produkt auf den Punkt kommt.

Markus: Ja, ich glaube, es ist eine ganz andere Herangehensweise an das Thema Bier, ne. Wo der deutsche Brauer vielleicht wirklich immer eher bei Temperaturen und Zeiten und Maßeinheiten und was weiß ich was ist, geht es da halt wirklich eher um die Entwicklung von Aromen, um überhaupt die Gesamtentwicklung dieses Bieres, dieses Getränks und auch vielleicht den Überraschungen, die dabei passieren. Die nicht immer positiv sind, aber sehr positiv sein können und dann natürlich schon einfach Welten öffnen, die man vorher nicht sich hat vorstellen können. Und das ist schon toll, ja. Wenn jetzt unsere Hörer auch mal nach Südtirol reisen, kriegt man deine Biere irgendwo, außer bei dir?

Martin: Leider nein. Also ich bin wirklich Hobbybrauer, ich mache das für den Eigenbedarf, ich darf die Biere nicht verkaufen. Ich mache das auch nicht, weil, ich habe auch nicht die Menge davon. Aber wenn sich mal jemand wirklich ankündigt und warm ankündigt, dann können wir da drüber reden, dass ich mal eine Flasche öffne bei mir Zuhause und wir können damit anstoßen.

Markus: Perfekt. Ja, wir werden ja auch deine Website mit verlinken im Podcast, dann können die Leute da auch hinschauen und sie können natürlich zur Bier Craft nach Bozen kommen.

Martin: Ja.

Markus: Also wo, ja, für mich ist das ein Pflichttermin eigentlich im Kalender, weil es einfach so ein Zelebrieren ist. Also es gibt viele Bierfestivals, da geht es halt einfach um die Menge oder halt irgendwie, ja, um dieses, weiß ich, lautes Zusammensein, irgendwie mit Musik vielleicht irgendwie noch und halt ganz vielen Lagerbieren, aber in dem Schloss Maretsch ist das einfach was anderes. Das ist was, das ist eine eigene Welt, da hat man dieses alte Gemäuer mit all den Gemälden, die an der Wand sind, mit den Möbeln, die da noch rumstehen. Wo man einfach, wenn sowas in Deutschland stehen würde, dann wäre alles abgesperrt und man dürfte vielleicht mal einen Katalog anschauen oder vielleicht mal durch den ein oder anderen Raum durchgehen, aber es wäre kein lebendiger Ort. Und das, finde ich, ist so der ganz große Unterschied, wenn man eben zu dem Schloss kommt, zum Bierwettbewerb kommt oder zum Festival kommt, weil es an jeder Ecke lebt. Überall sind Menschen, die sich freuen, die Spaß haben und wo man einfach merkt, dass diese Verbindung zwischen Tradition und Moderne und Jugend und allem, einfach richtig gut funktioniert. Und das ist eine Art von Leben, die wir, glaube ich, bei uns in Deutschland schon so ein bisschen verlernt haben und das, ja.

Martin: Wir arbeiten ganz stark drauf hin, dass es dieses Jahr im Mai stattfinden kann. Wir hoffen auf die aktuelle Pandemiesituation, dass dies zulässig wird. Also wir sind ganz stark guter Hoffnung, dass wir richtig abfeiern können.

Markus: Ja, das werden wir auf jeden Fall tun. Und es gibt dort zum Beispiel auch noch Verkostungen, wo man dann mit Schokolade zum Beispiel und so weiter und mit Käse und, ja, wie es halt in Südtirol ist. Also, ihr könnt euch auf jeden Fall freuen. Dir, lieber Martin, vielen Dank für diese schöne Zeit, für diesen schönen BierTalk und ich freue mich auch, wenn wir uns dann bald in Südtirol mal wieder sehen.

Martin: Unbedingt. Danke, Markus.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk English 1 – Talk with archaeologist Chelsea Rose & archivist Tiah Edmunson-Morton (Oregon State University)

The Pacific Northwest is rightfully proud of its thriving microbrewery scene. Most beer lovers probably consider the rise of craft brewing a phenomenon of the past few decades. But the first brewpubs in the Northwest date so far back that archaeologists were called in to excavate the remnants of one in Jacksonville, Oregon. In this BierTalk Episode we talk to archaeologist Chelsea Rose & archivist Tiah Edmunson-Morton, both from Oregon State University, about their findings and the role of women in early Northwest brewing…

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Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Zusammenfassung auf Deutsch:

In der ersten Folge des Podcasts „BierTalk English“ diskutieren die Archäologin Chelsea Rose und die Archivarin Tiah Edmunson-Morton die Braugeschichte des Pazifischen Nordwestens der USA. Rose, eine historische Archäologin, konzentriert sich auf die Besiedlung und Entwicklung des amerikanischen Westens, einschließlich Brauereien und Saloons. Edmunson-Morton, Kuratorin der Oregon Hops and Brewing Archives, arbeitet an einem Buch über Frauen und Brauerei im 19. Jahrhundert in Oregon.

Die Episode behandelt verschiedene Aspekte der Braugeschichte, darunter die Rolle der Frauen im Braugewerbe des 19. Jahrhunderts, die Einwanderung deutscher Brauer während des Goldrausches und den Einfluss dieses Ereignisses auf die Brauindustrie. Es wird auch die familiäre Natur des Braugewerbes und der Einfluss des Temperenzbewegung auf die Alkoholindustrie und die Frauenrechte diskutiert. Ein Schwerpunkt liegt auf der Erforschung der Eagle Brewery in Jacksonville, Oregon, und ihrer Verbindung zu einer deutschen Brauerfamilie. Diese Erkenntnisse werden durch archäologische Grabungen und historische Forschungen gewonnen, einschließlich der Analyse von Zensusdaten und anderen historischen Aufzeichnungen​​.

 

Interviewtext:

Markus: Hello und a warm welcome to our new podcast Beer Talk. Today we start a new experiment and it will be a Beer Talk in English, because normally our podcast is broadcasted in German, but now we have American guests and also a very interesting American topic and so the idea was, why not do it in English? So we will try this today, I hope you will understand everything. Of course, you can write us and we can answer you and now we go deep into the story. We go to Oregon in the Pacific Northwest and there we meet the archaeologist Chelsea Rose from the Southern Oregon University and Tiah Edmunson-Morton, Curator of the Oregon Hops and Brewing Archives at Corvallis, also in Oregon. You will be talking about the Pacific Northwest Brewing History, which is very interesting and maybe also new for you but not new for our two guests. So could you please introduce yourselves shortly to our listeners. #01:01#

Chelsea Rose: Hi, I’m Chelsea Rose, I’m a historical archaeologist based in Southern Oregon and my research really focuses on the settlement and the development of the American West. So breweries and saloons are just one part of that kind of interesting story that I’d like to deconstruct using archaeology. #01:23#

Tiah Edmunson-Morton: My name is Tiah Edmunson-Morton, I’m an Archivist and I work in Oregon State University at the library – Special Collections and Archives Research Center there. I started the Hops and Brewing Archives in 2013 and I do normal archiving stuff, so I put things in boxes and I write guides to collections. But I’m also working on a book about women and brewing in the 19th Century in Oregon. #01:54#

Markus: So that really sounds very interesting. You are talking about brewing, about saloons, about all these good old times. Maybe first we can talk a little bit about what is your actual personal relationship to beer? #02:07#

Chelsea Rose: I don’t really like it! (laughter) I am embarrassed to admit, I’m more of a wine person or whisky person but I do really appreciate the micro-brewery culture in the Pacific Northwest. I think that is really been a nice addition to, you know, options for going out, but I usually order something else! #02:32#

Tiah Edmunson-Morton: That’s the punchline to every joke for me too, but I also really like wine. I do like cider and I like it a good sour beer. I think that is something that I’ve learned the more I’ve gotten to taste lots of different beers. I like sour beers. But I will say that my interest in beer history, agricultural history, is definitely academic. But my great, great grandpa and his brother also grew hops in Eugene – which is about 45 minutes south of where I am in Corvallis – in the early 20th century. So I do have some family connections, agriculturalwise! #03:13#

Markus: So that really sounds good, and I would say we are half way there, because if you already drink wine and spirits and like cider and all these things, there are lots of beers which are quite close to that and maybe can catch you and also bring you into beer and brewing. But also, I think it is very interesting if you say you have a professional approach, a scientific approach, to brewing which is also maybe better than only a drinking approach, I would say. Yes, okay, maybe let’s talk about how you came across the idea of researching on breweries and doing archaeology, doing excavation, which really sounds interesting for us. How did it come, how did it come to this idea? #03:50#

Chelsea Rose: Well, the Eagle Brewery – oh wait a minute – which we excavated this fall, is located in a little town called Jacksonville, Oregon, and it is a really well-preserved kind of 19th century landscape, a lot of the buildings survived up till today. And the private parcel where the brewery, the remains of the brewery is, is owned by these two gentlemen that hired us to take a look at what kind of archaeology might be on this property, because they recognized the historical significance of the property and they wanted to make sure that the archaeology present would be taken into account in some sub-dividing, because it is quite a large parcel right in town. So there is plenty of room to put other houses and stuff in there and they wanted to look into that because they figured if they didn’t do it, the next owner would and they really wanted to make sure it was done the right way with the heritage of this brewery in mind. So we came out and developed a plan to see what was there, where it is on the landscape, what we would want to make sure was protected in the development and what areas they could build roads and houses, or whatever they needed to, on. So that was kind of how we ended up and this site, but I’ve been, as I mentioned, I’ve had a long interest in saloons and breweries and, you know, come across them quite regularly and there are a few, there are other ones in town that I’ve kind of had my eye on in addition to this one. So when this opportunity came up it was really exciting because, you know, that is just one of the really fun dream projects that you want to look into, the myths of the Wild West! And in doing this research I came across Tiah’s work which overlapped just so beautifully. And it became clear that, not only was it this a really cool project because it allowed us an opportunity to interrogate some of the myths of the Wild West surrounding breweries and saloons, but there is this woman at the heart of this story and Tiah had been doing this research to kind of uncover her part of it. That just made it even more interesting to me. #05:58#

Markus: Yes, that really sounds great. Maybe first a short question, if you think on archaeology, or just think about digging, so how deep did you have to go to find something? #06:08#

Chelsea Rose: Yes, so well, you know, in archaeology in the US it is not uncommon for us to do stuff that is much more recent than probably in Germany or other places around the world. So sometimes the stuff we are looking for is even on the surface or, you know, not very deep. So this property we didn’t have to dig very deep to find what we were looking for and, in fact, one of the main research questions we had was this rockpile that is just there right there on the surface and it was really easy to see that these rocks were put there with intention and they represented part of the building that was formerly there. So it was pretty easy to start off with: Okay, dig here. And when I say „dig“, a lot of that really entails moving rocks (laughs) in that particular site. So it totally varies. If you’re down in an area where flooding happens things can be quite deep. If you’re in an area where there is a lot of erosion or wind-blown sediment, stuff can be pretty close to the surface. So the depth isn’t always correlated to age here in Oregon. #07:21#

Markus: One last question about that: I read that you also had to look at the fire insurance records to find exactly the places. Is that a common way, a common approach? #07:30#

Chelsea Rose: Yes, yes, so we not only dig through the dirt, but we dig through the archives wherever we can and take any, you know, artefacts of the past that we can into consideration. So one really important clue to the past in the way cities and homes were set up, especially in the late 19th century, are what are called Sanborn Fire Insurance Maps and that is somebody came along and recorded your building and what size it was, what materials it was made with – was it wood, was it brick? – with the purpose of insuring it against fire. So that means that some buildings are more carefully recorded than others – depending on who had insurance or not – but it is nonetheless a really great record of what historically is on a parcel. So we have several different years for the Eagle Brewery and Saloon parcel and we can kind of track what was there, what kind of/ It is not perfect but it kind of gives us a lot of clues, what was there, what was its function, how was the property laid out. And then in archaeology, one of the fun things is we fill in the gaps. We can confront or corroborate evidence, other lines of evidence. So we don’t pick that as like the ultimate truth, but it is definitely a really important clue that we work with to try to tell the story. #08:59#

Markus: Yes, maybe Tiah you can also explain a little bit from the side of the archivist or of the curator, and maybe also, as you already mentioned, it is also about women your research, so did that also take place in the 19th century? Because if I think of all the movies I’ve seen, I never saw a female brewer in any of these movies. So what about your findings? #09:19#

Tiah Edmunson-Morton: Yes, well I love to dig in my yard and so when Chelsea said that they were doing an archaeology dig I was very excited. It was very different from digging in my yard. It was very different from weeding. I think like I wanted to clean everything up and that was not my task. But I was excited to really look at this overlap between what would have been happening in a domestic setting like a house. And for the Eagle Brewery in particular, well, and really for 19th century breweries period in Oregon, there was often a really close proximity of the house and the brewery or the house and the saloon. So to be able to be in that space where somebody lived that I was researching, but also to just have a kind of visual aid, I guess, to think about how far the house was or where the/ what would it have been like to walk out to do this business. And to see how close the house was to the brewery business sort of confirmed in my mind this idea that these were family businesses and that the man’s name maybe was on the record of the license, or was on that Sanborn map, or in advertisements in the newspaper, but there was no way that this could have been separate, that this home life and this business life could have been separate. So I think you were right in what we see in history or what we see in more popular culture about history and the women definitely were involved in 19th century Oregon. Women have been involved for a very long time and so the idea that men are the brewers is actually a relatively new construct. That wasn’t always the case. In lots of different cultures and lots of different eras women were the brewers because brewing was an aspect of house and food management, or the duties that were related to keeping the house more broadly. So a lot of the women who were brewers in medieval England or in ancient times, they were often displaced by industrialization. So as breweries became more profitable and as brewers became trained and professional, that was often when women were excluded. That they didn’t have the path to get loaned or to get education or to join brewing guilds, as was the case in England. So they were just excluded from the evolving industry and I think it is often about profit. It is often always about profit. And I think what we’re left with is often this sense that men have always done this work. And in Oregon, like I said, the – we can talk more later about what the industry was in Oregon more generally – but in Oregon the customers of these mid-19th century breweries were almost always local. These were small establishments; they were small businesses. Family members were involved in lots of different ways, and these were family businesses. So what we are left with is the story of men working with men, or men drinking with men, but the reality is that women had always contributed to the family venture. To kind of bring it back full circle to this dig, to see that these were literally – I’m trying to think of how many feet it would have been, or how many yards it would be – it’s not very far from the back door of the house, where the house was, to the back door or the front door of where the brewery was. There were vastly more Germans than any other group of people making beer in Oregon, like vastly more! (laughs) The thing is though, is that by the time people arrived in Oregon, by the time the people who became the brewers arrived in Oregon, they for the most part already were brewers. So they arrived with commercial enterprises in mind. That doesn’t mean that women didn’t make beer for home consumption, or maybe for like local trading, but it doesn’t seem like there was the same displacement that happened. It did happen on the East Coast in colonial times for sure, that there were women in the colonies who started to operate taverns or run smaller breweries and then the same thing happened to them. But it doesn’t seem like that was the case in Oregon. I haven’t been able to find any direct records from the women who were in Oregon at that time related to brewing. I’m hopeful that there would be some diaries at the university that maybe, again the other major university just south of me in Eugene, they have a big collection of mid-19th century diaries there that I want to go look at, but covid meant that I wasn’t able to. So it is possible that there will be some records of people who were doing home brewing that was then they were selling or bartering at some level, but it doesn’t seem like that. #15:25#

Markus: Yes, maybe also we talk about, you mentioned it, a lot of Germans coming to the country in these times and we already talked about that it is the time of the Gold Rush. But you also said that people came and had already their business in mind, so they not only came maybe for gold digging. And, I don’t know if you know, we have – I’m from Bamberg, Germany, which is in the southern part of the country – and only a few kilometers away from here live the Strauss family and a guy went to San Francisco, Levi Strauss, and he invented the famous trousers. So also quite interesting history of that when you see and hear which covers that, and so maybe what role did brewing have in this Gold Rush year? Were there really brewers coming and saying, okay we want to make beer for the people who dig for gold or were there people which came for digging and then decided, okay maybe we’ll do better if we do beer? What do you think? #16:17#

Tiah Edmunson-Morton: I’ll give the short answer first and then Chelsea can give the much longer answer because she knows much more. The brewers, a lot of them were chasing gold. They were living in Colorado or California or Idaho before coming to Oregon to settle. So there definitely is a very, very direct connection between people who were miners and then people who became brewers – but also the miners liked to drink. That’s my shorter answer. (laughs) #16:52#

Chelsea Rose: Yes, and I would just say that, you know, the first thing that everybody wanted to come out and get rich quick mining from all over the world. And a lot of times it was to get that seed money to start some other enterprise. Nobody really thought they were going to have a career forever in mining. But one of things that many people realized right away was you could make a lot more money and more consistently by mining the miners, so to speak. So if you could set up some kind of enterprise that could give those miners a very handy way to spend that gold dust and those gold nuggets you would just make way more money way more consistently. So I think that’s where a lot of these enterprises kind of came into play that way. But, you know, it was a really unique moment, it’s really a global event that happened because so many people moved in a really short amount of time from all over the world to this one kind of area. And Oregon, being just north of California, we were just – the Gold Rush made its way up here within a few short years of the first strike in California, bringing lots of folks, lots of disruption, to the people who had been living here and it really had a huge impact on, you know, the way that this landscape changed really quickly. And one of the things that was interesting, especially in Southern Oregon, is people/ The miners came, the businesses came like that, before there was even really large, it wasn’t even a territory here. In fact, it was sovereign native land at that time. But people came and they built breweries and so kind of the shenanigans surrounding that became some of the first laws, that people realized: Hey, we have to kind of rein in some of this. I don’t know if you have come across some of that here with – I know there’s definitely, you know, things targeting violence and all that kind of stuff – but, you know, who could have a saloon, what you had to pay for it. They tried to like pretty quickly get on top of some of that – which is another really interesting aspect of this. #19:00#

Tiah Edmunson-Morton: Yes, and I think that is something that makes it really challenging for those earliest breweries is we want something to be the first, or we want a record of something being the first or second. I mean it’s really, really hard. It’s hard because those systems of government were not yet in place and the tracking was not yet in place. I think it is very like that there were breweries that were essentially opening concurrently. But maybe they weren’t licensed or they weren’t official in the sense of having like federal – they weren’t complying maybe with federal regulations. So I think that the records, the lack of records from that time is really challenging. And I will also say that on the north part of the country, the north-west part of the country, that same sort of extractive work was happening but it was fishing. The early setting it up in the north-west part of Oregon where, again, some of those other early breweries, or early alcohol establishments, were being established wherever there was industry and that industry meant displacement of the people who were there, because there certainly were people in all of these places where these industries set up. #20:27#

Markus: Maybe a short question on data. How many people came in the Gold Rush and where did they come from? #20:33#

Chelsea Rose: Yes, that’s a tricky one to answer too for the exact reason that the records are not great, but I think I read recently that some folks are thinking like 300,000 to California in the initial stages of the Gold Rush. But the answer is complicated because it depends on what, how narrowly you define the Gold Rush because some scholars would consider it just California, just between these few years, and then Oregon had its own Gold Rush starting in the 1850s on. So it’s one of those questions that is really hard to answer. But a lot of folks came in really quickly and it was a pretty abrupt shift to these landscapes. And folks came from all over the world and a lot of them had different motivations. There were, of course, plenty of people already here and, yes, it was a really global phenomenon and some people always intended to come and make money and take it back to the East Coast or back home to wherever they came from. Others really saw it as an opportunity to, you know, advance settler colonialism and build their empire in this „new territory“ that they thought was empty and that they could fill with, you know, whatever they wanted to. So there was a lot, it was a really complex time and it is hard for me to give solid figures on what that looks like. #21:55#

Tiah Edmunson-Morton: Well, and I think that one thing that I have been surprised about, I just finished a huge data project. I looked through the census records from 1850, 1860, 1870, 1880 and then sort of did some spot-searching in review in those in the later years until Prohibition, and looked through city directories, trying to identify actual brewers, seeing how many brewers there were. And I was really surprised at how few people stayed for more than one census cycle. So there were nearly 600 people that I’ve identified, only 40 of those were actually here, 40-ish, were here for more than one census cycle. So there was a, it was a really transitory business. I think people would stay for a few years and then go somewhere else. I don’t know where that „else“ would be. #22:58#

Markus: Maybe they stayed in the States and went somewhere else. But before you mentioned there were a lot of Germans, so is that in the records? Can you see that? #23:07#

Tiah Edmunson-Morton: Yes, absolutely, so many Germans! I wish I had the percentage in front of me. I was looking to see if I actually had it in my notes. It was something really close to like 75 per cent earlier on, certainly. #23:22#

Chelsea Rose: In the brewing industry? #23:23#

Tiah Edmunson-Morton: In the brewing industry, yes. And there were people who were from Austria or from Switzerland or from the part of France that is closest to Germany, so they definitely were coming from that region even if their country, their home country, wasn’t Germany. #23:47#

Markus: That’s the other side of it because at the time, in the 1850s, there was no Germany at all! So it was all these little member states and so you cannot really identify who is German or not but they were German-speaking. And as far as I learned, you had lots of even magazines and journals and newspapers in German and German events and German clubs and all these things. Also, we were talking about the Eagle Brewery, was this also a German based brewery and did it have the name Eagle or was it Adler, the German word, or did you find something like that? #24:22#

Tiah Edmunson-Morton: That was a good question! #24:23#

Chelsea Rose: A really good question, I’ve only ever seen Eagle Brewery. But I wanted to say – and this is a German brewing family, so we’ll get into that in a minute – but one of the interesting things is around the time period, and I think 19th century maybe even, you know, early to mid 19th century, there is a shift in preference for beer from the research I’ve been doing, that shows people are getting a lot more interested in lagers and that is different to brew and the types of structures you build around it are different than you would for like the English brewing. And you probably know way more about this than me, but from what I have read you need to keep it cooler because you have to allow it – what was it? – top fermented versus bottom fermented. So you have to let the beer rest and lager for longer, which means you have to build some way to keep that beer cool. And that has been really interesting for me to read about because you can see again this recursive relationship between people and culture and the things they make and build. And that’s, of course, where archaeologists are always getting interested. So the two breweries in town, in Jacksonville – one being Eagle Brewery we’re talking about – were associated with German brewers and we do see – and especially in this other brewery where there are still the ruins of all these lager caves. So it’s really interesting to see, you know, the type of beer that they are choosing to make definitely is reflected in the landscape and in the archaeology. #25:55#

Markus: That really sounds interesting! This is the major change in the American brewing. When they went from ale to lager and, as far as we know, or I know, it is connected to the German people which were immigrating and they started around the 1840s, 1850s, the first bottom fermenting brewing, lager breweries, and also the other ones, they kept on the top fermenting yeast but tried to ferment as cold as possible and so maybe, you know, the term of the steam beer from Anchor Brewing, for example. Then also a quite interesting things, but maybe that is another topic for another podcast. (laughs) Maybe if you have a look back on this German family of the Eagle Brewery, did you find out something about their living and their history and were there also other breweries there and what happened to them? Did you find out anything about that? #26:47#

Tiah Edmunson-Morton: So much! Oh! I will say that there are some people that it is really easy to research, they leave behind lots of different clues. And then some people you just dig and dig and dig and sometimes you don’t find much at all. In this case we found a lot. Both of the people, both the Wetterers, were born in Germany and I’m not sure exactly when he came over. I can’t remember off the top of my head, but in the late 1840s, early 1850s, was when most of the brewers in Oregon emigrated to America. She also came over at that same time. Most of them landed, I guess, they were in Missouri or the Mid-West for a certain amount of time. So a lot of the early people who were linked to brewing in Oregon came across on the Oregon Trail, one way or another. Some of them failed, but it depended on how much money they had. Whether they could afford to go around by boat, so not overland by boat but on the water by boat. So that was what she did, and she and her family settled in Albany, Oregon, which is – I could ride my bike there if I had some time, so it is really close to where I am now. And she was actually listed in the census as a cooper, so she was doing actual work related to brewing. Her father was a carpenter, but brewers lived with them. Her sister then married a brewer and stayed in Albany, Oregon. They had, Joseph and Frederica married in 1860 and lived in Jacksonville. He died, she lived a long time after he had passed on. They had lots of kids. He also left her with a lot of debts when he died and so there are a lot of really interesting important records related to the business and what was part of the business because there was so much legal strife around it. So we have lots of information about what the property of the bereaved was like. We have lots of information about how many kettles they had or how many bar stools they had. There was also a lot related to them in the newspapers and so there is a lot of really wonderful detail that kind of feels gossipy. It’s very like so and so went to visit her sister, or so and so came to visit. There was one really, really great article that I found that I shared with Chelsea about a lightning strike. There was a lightning strike on the building and it’s told how there was gold in the wallpaper and that the lightning travelled through the wallpaper. So we knew that this house had some definite decorative touches. I think that this thing about reconstructing this business history but also this family history is – Chelsea and I joked, I joked and Chelsea laughed – but this is very much like archaeology. That you really are just, you’re finding little itty-bitty clues and then you’re stringing them together to try to reconstruct what we think happened outside of the more traditional tax records or production records. What was it actually like to live in this place and be in this family? I think there is a benefit to Jacksonville being so – what’s the word I’m looking for, Chelsea? – not stuck in time but preserved. That there’s a real preservation to the town itself, to the properties that are there, to the families that have lived there for a long time. So that’s not the case in Portland, that’s not the case in Oregon City, that’s maybe not even the case in places like Albany which are so smaller towns. There has just been a lot of change and there hasn’t been a lot of change in Jacksonville. I think that makes it easier in a way because people keep talking about the same families and have stories to share. #31:29#

Chelsea Rose: And it is a kind of follow-up on that spot. You know, the original saloon that was adjacent to the brewery and part of it, is still there and is part of the modern owners‘ residence. And across the street there’s a woman, who actually is one of our volunteers, she works with us a lot, she dropped across the street and knew the granddaughter and daughter of the original brewers. So when she was a kid they were pretty old, so she remembered going over there and like checking out the brewery. So we were able to do like oral history with her too, just as a coincidence because she was already coming out to help us on this project. So, you know, there are those kinds of connections that you hope tell the story, but I think that it is important to recognize that, you know, archaeology can take many forms and we’re just looking at artefacts which are things made for and used by humans as the most basic interpretation of that. And that’s documents as well as things that we unearth from the dirt. And we were joking this morning about how going through the census records was really not that much different for screening through all the dirt and finding – we found a million nails out there of this brewery. So, you know, all these little clues that in and of themselves aren’t necessarily that groundbreaking – I guess it is pun intended! – or exciting, but when you start to add them all together, they all provide a thesis to the larger story. And archaeology is always about assemblages and patterns and how things fit together to create a context that you can try to build a story from. #33:04#

Tiah Edmunson-Morton: And I think that is what is, for me, what is so important in thinking about these as family businesses. So not just thinking about them as men drinking with men or men making beer that was consumed by men or that they were allied with sin and vice. That these were/ I think when you start looking at these clues that are left behind and frame them as family enterprises, it really requires that we consider what it is that we think about alcohol, period. But alcohol in the „Wild West“ and I’m doing air quotes which no one can see. (laughter) #33:49#

Chelsea Rose: You know that might also, that reckoning might also kind of tie in to what happened shortly thereafter which was the Temperance Movement, which was women trying to gain power over their relationship with alcohol and how it impacted their lives. So, you know, this is not something I’ve done a lot research into so I can’t really speak to it, but I just as we’re talking that, to me, seems like there’s probably a correlation in some ways. #34:14#

Tiah Edmunson-Morton: That’s something that definitely would surprise me as in Portland in particular which grew vastly larger than any of the other cities that were established at the same time. By the 1890s it was pretty out of control, but it was – there was a lot of violence, there was a lot of drinking and not in the sort of delightful German beer hall kind of way, but it lived up to its reputation from what I can tell. #34:46#

Markus: Yes, very interesting, and I can tell you there were not only nice days in the German (laughter) so also a lot of fighting and things. I just had an idea when you talked about the Temperance Movement, when we see pictures about the Prohibition Era and all these times we always see that the women said „Okay, we don’t want our men being drunk“, it was never about themselves drinking. But I think there is also something which should be considered. #35:14#

Tiah Edmunson-Morton: Well, yes, and I think that that’s really what it was, was they, women were often put in this position where they didn’t control a lot of the factors that impacted their own lives in the way that alcohol played a role within it. For example, I think Frederica’s story can kind of tie into this because after her husband died and she ended up taking over the business, she remarried to an English gentleman a couple of years later and she clearly was fully capable of operating this business and expanded it into, you know, continued to make alcohol as well as beer. And then when she married this new gentleman it all kind of goes downhill and there’s accounts of him getting arrested for starting fights. There are all these/ You know, he claims somebody poured soap into all the beer. And if you kind of read between the lines, you think like, aah, you know, he may be wasn’t the best person to team up with. And her daughter and in oral history says that, you know, when my stepfather came into the picture he just really didn’t have the background and he kind of got out of brewing. But I really think that here this woman had built up this business and worked really hard to save it, and then she remarries and the new guy just kind of drives it into the ground. And she’s stuck in a lot of ways with the consequences of his actions. So I think that is kind of the role that women/ that’s the kind of frustration that leads to the Temperance Movement. And really, when you look at that and the power it had, it is, you know, women totally taking control over new roles in politics and all the ways that they are influencing their communities. And several counties and cities in Southern Oregon went dry long before nationally. So that is another really part of the story women and how they were responding to their environments and trying to take their power back. #37:09#

Chelsea Rose: I haven’t done enough research yet to know, but I’m curious whether there was overlap between the women who were really pushing for temperance and were they in the same community clubs with women who were married to brewers. And that is something that I haven’t done too much research into but I’m really curious about that overlap and whether the wives of brewers were linked to alcohol, or whether they weren’t. And that is something I’m curious to learn more about because I imagine that it could be miserable. (laughter) #37:49#

Markus: It seems that we are starting many new topics today so far. #37:52#

Together: Yeah! (laughter) #37:54#

Markus: But maybe surely back to the Eagle Brewery, so was it the old brewery in the area and how long did they brew? When did they stop? #38:01#

Tiah Edmunson-Morton: Yes, that’s a hard question to answer. The first brewer that I’ve identified was in the 1850 census. He lived in Oregon City, which is the northern part of the State which was then the territorial capital. He was from Germany. I never could find anything more about him. I don’t have a brewery that was opened in 1850. It could be that he just identified as a brewer. The first brewery that I’ve been able to identify in Oregon was through a newspaper ad in 1854, that was in Portland. There was another brewery that was opened in 1856 in Portland and then over the next several years breweries opened in Oregon. So the person who opened the first brewery in Jacksonville was actually an Englishman and the first one who opened the first brewery in Oregon was Englishman. But the sort of irony that these first four Englishmen and then just like the Germans just steamed rolled over the later. So he was the first commercial brewer in Oregon. He opened the brewery in 1856. I think we feel pretty confident in that date. In 1854 he was in a census without an occupation and then the next year, 1855, he was listed on a jury roster with his occupation being brewer. So was he making beer? Probably. Was the commercial brewery then? I don’t know. I think that’s tough. There’s this elusive sentence that I have found but I can’t verify, that there was something in a newspaper, a Californian newspaper, so California and Jacksonville are really close to each other. So there was something in a Californian newspaper from 1852 or 1853 that he had purchased and was running this brewery in Jacksonville. So if that’s the case, then this Jacksonville brewery is the oldest in Oregon. I can’t find that paper because they are really, really rare and so I found different issues of it but I haven’t found the one that supposedly has this 1852 or 1853 date. It feels, it is feeling suspicious to me, like maybe that was a mistype or/ but I can’t verify it until I see it with my eyeballs I won’t say that, but it definitely was one of the first, by far one of the first. #40:44#

Markus: How long did they survive in the next generations or did they stop brewing? #40:48#

Chelsea Rose: There’s under Sanborn maps that the brewery itself is listed as dilapidated and all other accounts seem like by the 1890s they’re not really actively brewing anymore. And I think that there are two factors involved. One, like I said, the new husband did not make good decisions and was not a good partner, so I don’t think he helped this situation at all. But the town of Jacksonville in general was in decline. The railroad which was, you know in the American West it made or could break you. If the railroad came to your town, you’re golden, if it didn’t you are going to, you know, lose out to the town that it did go through. So the town by-passed Jacksonville by about five miles and they went into decline. And that is, so I think a lot of the businesses and stuff folks either thought well, I mean it’s out of town or we just don’t have the consumer base to support it anymore. But that is one of the reasons why Jacksonville is so well-preserved. It is what we call ‚preservation through neglect‘. So there wasn’t a lot of new developments and they didn’t raze buildings to put new ones up. So things were kind of just left as they were by the turn of the century until the 1960s when people started to recognize that it had its own worth as a historical landmark. #42:10#

Tiah Edmunson-Morton: And there was another brewery in Jacksonville, that was the City Brewery which was run by him and he, from what I can tell, came as a dry goods merchant but he was in Jacksonville 1852, 1853, and he ran this other brewery, which seems like it started – I think Wetterer started at that brewery and then sold it and then moved to this location that he’s at – it’s a bit, I’m a little fuzzy on that. But that brewery closed when he died. He died in 1892 and at that point that was when that business went under. #42:57#

Chelsea Rose: And that shows he did leave a bunch of archaeology, that’s where you can see the lager caves fairly well and this whole warren of brick underground, like stone and brick tunnels. And the building that was there was several stories high and you can see kind of how they were using the innovations of artificial cooling to kind of facilitate making beer which is pretty interesting. And that’s another one that I’ve got my eye on for archaeology at some point because I think that would be another really interesting place to look. And they had a brewery-saloon-dance hall kind of thing going on, and so that place definitely is central to a lot of this, you know, Wild West kind of paper cuttings that you read about all the fights and the rally parties and stuff there. #43:44#

Markus: Yes, I definitely have to come over.

Together: Yes, please!

Markus: I really want to see these lager caves. That really sounds very interesting. Maybe just a short question, why you just talked about making alcohol and beer. So was distilling also an important thing, not only brewing? #43:58#

Tiah Edmunson-Morton: Yes, yes, for sure! So they were the/ Definitely hard liquor was popular with the early white settlers, for sure, all over Oregon. (laughs) So there was that, I think that kind of small-scale brewing even before these named breweries. So they were definitely making all sorts of hard liquor. And Joseph Wetterer certainly absolutely distilled, and tax records and ads from newspapers show that he was advertising whisky and brandy and the lager beer. And then after he died in those probate estate records there is information about the distilling equipment and how much liquor is on hand at that time. And the implication that I was drawing, that I draw, is that Frederica, his wife, essentially was saying you can’t repossess this equipment because this is how I’m going to make money. So let me keep this brewing equipment and this distilling equipment and keep operating it because that is how I am going to be able to pay these debts. So, to me, that was pretty clear evidence that she felt like she could make money making liquor. #45:21#

Chelsea Rose: And there are also accounts of, I guess he’s a gauger – is that right? The guy who goes around and like checks the alcohol, what it is like. So he, there are definitely accounts of her producing apple brandy of a fine quality, according to this official that would come through and test it. So she was making brandy. And then just one of the things that kind of show how archaeology definitely reinforces this desire for folks to get alcohol out here. Before these breweries really got their footing and they were making, you know, lager and alcohol, we found archaeological places leading into the early 1850s that have the stoneware ale bottles and stoneware gin that had been imported from Amsterdam. And this is back when anything coming in has to come great distances either on foot, human feet, or via like mules and stuff. So the effort it took to bring this heavy, breakable alcohol out to these remote areas really showed you how much of a priority it was for these folks doing this mining out here originally. #46:28#

Tiah Edmunson-Morton: They were committed! (laughter) #46:30#

Markus: I can imagine, very interesting too. So maybe it’s the last question: All your findings, all your work, did that change your personal view on beer and brewing? #46:38#

Chelsea Rose: Well, for me it is still ongoing because we just finished working out there not too long ago. We have a few more things we’d like to continue to do. One of them is, do some remote sensing to see if we can identify where some of the underground part of the structure was that is now a lawn because there was, according to some documents, like a warren of like these caves and stuff, at the Eagle Brewery spot. So I’m still kind of I haven’t really wrapped my head around it fully, but the idea that families were living here and running this business definitely changed the way I think about it and that is being reinforced in the archaeological record in the buttons and the kind of a daily life type of artefacts that we’re seeing. It’s not just like saloon paraphernalia or anything like that, it’s definitely, you know, the domestic assemblage that you would assume where like a family was living. So that’s really what we’re seeing archaeologically and so that reinforces what Tiah has been saying about these breweries are not what you see in Wild West movies. #47:44#

Tiah Edmunson-Morton: I think what really surprised me. I wouldn’t say that it changed anything because, as Chelsea said, that was what I thought, so it sort of confirmed, I guess, what I was thinking. I think for me – I’ve been interested in women in brewing – 19th century women in brewing – for a few years and have done some on-site research – and we still do on-site research, before covid – but the last year and a half I’ve been doing almost all of my research looking at census trackers online or looking at newspapers online and I can find a lot. I think what really felt sort of overwhelming in a way to me was to be in this place, so the importance of actually going to the place where one of these women lived, talking to somebody who saw the house when it was still there. I think that was really important. There also was this, in the saloon building which is still there, there is a post in the center that had the names and the heights of her children marked on it. And I thought what an amazing record of the way that they were in this saloon building, with the kids, marking how tall the kids were. I think that felt, that sort of wonderful connection of these were people and they were doing the same things that people now do, just because it was the black and white era, and they, you know, didn’t have internet connections where they could talk to each other throughout the world or connect with their families, they still did the same thing. And I think that was probably one of my favorite parts. I mean the nails and the digging that was awesome but to see and be in that place was really special and I think made them seem even more real to me as people who lived lives and did ordinary things. #49:43#

Chelsea Rose: The original billiard table, billiard tables, also down in that saloon basement, largely because it is too heavy to get out. But that’s another really interesting connection to this past as well. #49:56#

Markus: Yes, well, these old times really come back to life a little bit and we really can imagine how these days were and I really am very fond of coming to you and having some beers with you and talking about these times. So for today I say thanks a lot, thanks for your time, thanks for your information and I’ll cross my fingers for your next findings, that you find interesting things, and I’m looking forward to maybe having another series in a few weeks or months and talk about the next thing. Thanks. #50:22#

Tiah Edmunson-Morton: Thank you so much for having us. It has been really fun. #50:25#

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 33 – Interview mit Martin Voigt, Journalist, Videoblogger und Bierfestorganisator aus Wien, Österreich

Martin Voigt wuchs als Kind und Jugendlicher vor allem mit Apfelwein in Frankfurt auf. Aus beruflichen Gründen zog es ihn aber alsbald in die österreichische Hauptstadt, wo er seine Liebe zum Bier entdeckte. Alles begann mit einem verzweifelten Buchprojekt, für das Martin 255 Biere verkostete und seine Familie an den Rand der Verzweiflung brachte. Die Fortsetzung wurde dann allerdings keine Neuauflage, sondern ein Blog, der sich später zum eigenen YouTube-Kanal mit täglichen Biertests mauserte. Doch damit nicht genug, der Wahl-Wiener startete mit dem ersten Craftbierfest in Österreich ein weiteres sehr erfolgreiches Projekt und gilt damit als einer der Begründer der jungen Kreativbierszene der Alpenrepublik. Hört im BierTalk die ganze Geschichte und freut Euch auch auf die Verkostung zweier österreichischer Bier-Klassiker…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute sind wir nochmal in unserem Nachbarland Österreich unterwegs, allerdings treffen wir dort jemanden aus Deutschland. Die ganz genauen Geschichten werden wir natürlich gleich noch hören, ich freue mich auf jeden Fall, Martin, dass du bei uns bist und vielleicht stellst du dich erst mal unseren Hören kurz selbst vor.

Martin Voigt: Ja, erst mal hallo und vielen herzlichen Dank für die Einladung. Mein Name ist Martin Voigt, mich hat es vor 17 Jahren, ja, durchaus von der Bierwüste Frankfurt nach Wien verschlagen. Und aus dem Apfelweinmekka kommend in ein Land voll mit Bierkultur kommend, hatte ich zum Glück Arbeitskollegen, die mich dann irgendwann mal in die Bierkultur eingeführt haben. Und über einen eher Zufall, bin ich zum Thema Bier gekommen beziehungsweise auch zum Schreiben über Bier. Und das hat sich jetzt zu einem Blog entwickelt, der in letzter Zeit sich eher auf YouTube mit Biervideos abspielt. Und ich fühle mich so ein bisschen als Bindeglied zwischen dem Bierkonsumenten, dem Bierinteressierten und den Brauern auf der anderen Seite. Ich versuche in meinen Videos immer so ein bisschen den Brauer vorzustellen, die Biere vorzustellen, ein bisschen Ideen zu geben, was sind denn neue Trends am Markt, was sind neue Biere am Markt. Dass die Leute einfach ein Gefühl dafür kriegen, A) es gibt durchaus ein bisschen mehr als das, was sie im Supermarkt kaufen können, aber auch den Brauereien, die dahinterstehen, dort ein Gesicht zu geben, wer ist denn der Brauer? Wie tickt der, was hat der für Ideen, was möchte der mit seinen Bieren vermitteln und einfach so ein bisschen Geschichten über Bier auch erzählen.

Markus: Das ist dann praktisch Probier-TV, da werden wir gleich noch ein bisschen drüber sprechen. Es gibt aber auch zum Beispiel ein Buch von dir und auch andere Möglichkeiten, wie man dich kennenlernen oder dir begegnen kann. Vielleicht trotzdem, also es klang ja also für den Franken erst mal so, von der Bierwüste in die Bierdiaspora vielleicht. Also aus unserer Sicht von damals, heutzutage wissen wir natürlich schon ein bisschen anders. Aber vielleicht vorneweg, wie kamst du überhaupt zum Thema Bier? War in deiner Urheimat für dich Bier überhaupt ein Thema oder bist du tatsächlich eben in so einen Apfelweintopf gefallen?

Martin Voigt: Ja, also ich habe tatsächlich früher Apfelwein auch selber gemacht. Habe viele Freunde gehabt, die Streuobstwiesen hatten, wir haben die Äpfel gesammelt und haben Apfelwein gemacht. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht und war auch, glaube ich, immer sehr gut trinkbar, also wir haben sehr viel Spaß mit unserem Apfelwein gehabt. Aber Frankfurt, ich glaube, sagt schon vieles aus, zu der Zeit, wo ich jung war, wo wir weggegangen sind, Bier getrunken haben, wir haben kein Bier aus Frankfurt getrunken, das war eher aus Nordhessen. Weil, die Frankfurter Brauereien, das war so ein bisschen als Billig-Bier verschrien und ich glaube, auch im Augenblick noch. Die Marken, die in Frankfurt wirklich beheimatet sind, vielleicht mit den Craft-Beer-Ausnahmen, sind doch jetzt nicht ganz oben mit dabei, wenn man von Biergenuss spricht. Und das hat sich, glaube ich, auch in den Jahren nicht verändert. Das hat sich aber für mich in Wien geändert. Ich war in Frankfurt Apfelweintrinker und habe gerne ein Weißbier getrunken. Und Weißbier war in Österreich immer relativ schwer zu kriegen. Es gibt im In-Viertel viele gute Weißbierbrauereien, aber grundsätzlich ist Österreich ja ein Märzenland und Weißbiere in Wien, das ist schon echt schwierig zu finden und dann macht man sich auf die Suche. Apfelwein gibt es sowieso nicht, außer man hat den importiert. Und wie gesagt, ich hatte einen Arbeitskollegen, der mich dann so mit diesen grade aufkommenden Kleinbrauereien in Kontakt gebracht hat. Und ich hatte ja gesagt, ich bin eher durch einen Zufall dann auch zum Bloggen gekommen. Weil, ich hatte irgendwo auf meiner Lebens-Bucket List den Wunsch, ich wollte ein Buch schreiben. Und für mich war immer das Problem, über was schreibe ich denn jetzt? Also ich wollte, es klingt vielleicht ganz komisch, aber ich wollte einfach nur ein Buch mit schönem harten Einband in der Hand halten, wo mein Name draufsteht, um das dann abhaken zu können. Wie jemand anders vielleicht einen 8.000er besteigen möchte oder mal einen Marathon laufen möchte, so war für mich, ich möchte ein Buch schreiben. Und das lief so ein bisschen parallel zu dem Kollegen, der mich grade so in diese Bierwelt einführte. Und ich dachte mir dann, dass Verhältnis zwischen Deutschen und Österreichern beziehungsweise einem Deutschen, der nach Österreich kommt, ja, die Deutschen und die Österreicher, das ist so eine kleine Hassliebe. Und ich dachte mir, vielleicht ist es eine witzige Geschichte, der Deutsche kommt nach Österreich und lernt die österreichische Bierwelt kennen. Und das ist in Wahrheit proBier!. Der Titel geht auf den Verlag zurück, den habe ich dann aber auch für meinen Blog gekapert und letztendlich dann das TV drangehängt und nachher die Videos gemacht. Und habe damals 2013, 255 österreichische Biere verkostet und habe eigentlich sehr viel Überraschung in meinem Umfeld erzeugt, weil die meisten Leute sagen: „255 Biere? Soviel gibt es überhaupt auf der Welt? Wir reden über Österreich.“ und es ist vermutlich zu dem Zeitpunkt ungefähr ein Viertel gewesen, was die Brauereien in Österreich gebraut haben. Also ich habe dann schon gemerkt, das Wissen um die heimische Bierkultur ist meistens sehr auf den Schornstein der eigenen Brauerei beschränkt. Aber das eben grade diese Kleinbrauereien da sind und das sich in der Bierkultur grade weltweit auch viel tut, das war damals wirklich noch in den Kinderschuhen.

Markus: Das klingt auf jeden Fall spannend, 255 Biere bewusst verkosten, das muss man erst mal machen. Wie hat es denn damals ausgesehen? Also kam da jemand auf dich zu und hat gesagt, Mensch, wir würden gern ein Buch machen, magst du hier Biere testen oder hat dir jemand einfach mal die ganzen Biere vorbeigefahren oder musstest du die selber kaufen oder wie muss ich mir das vorstellen, wie entwickelt sich so ein Projekt, weil, ist ja gar nicht so einfach?

Martin Voigt: Naja, ich hatte ja diese Idee, ich möchte ein Buch schreiben und die Frage war, mache ich was aus meinem beruflichen Alltag? Ich komme aus der Baubranche, fand ich aber dann relativ unspannend. Und irgendwann merkte ich so, Bier könnte eigentlich eine gute Story sein. Und ich habe dieses Buch tatsächlich geschrieben und habe mich dann auf die Suche nach einem Verlag gemacht. Also das Buch war fertig, was, glaube ich, nicht so der allerschlaueste Weg ist. Weil, man trifft natürlich nicht den Bedarf eines Verlags, sondern man hat ein fertiges Produkt und sucht jetzt jemand, der das haben will. Und ich hatte aber das Glück, dass ich einen Verlag aus Tirol bekam, der auch Bierliebhaber zu seinen Lesern zählte. Man hatte sich dem Thema Bier so ein bisschen schon mal angenähert und habe da eigentlich offene Türen eingerannt. Und bis auf ganz wenige Änderungen ist das eigentlich so, wie ich das geplant hab, durchgerutscht. Und für mich war damals eigentlich das Thema erledigt und habe dann aber eben diese Reaktionen bekommen, ja, wann kommt denn Band II raus, mach doch mal weiter. Und wie du es schon richtig gesagt hast, 255 Biere zu verkosten, das ist nicht nur für einen selber eine ziemliche Herausforderung, sondern das muss auch die Familie aushalten. Weil, man macht das ja nicht über drei, vier Jahre, sondern dieses ganze Projekt hat ungefähr vier, fünf Monate gedauert. Die Verkosterei, die Schreiberei war nachher, ich sage mal, eher Beiwerk. Aber das reine Verkosten war doch auf vier, fünf Monate verteilt und das müssen die erst mal durchhalten. Und da war für mich klar, Band II, das tue ich mir nicht mehr an. Aber, ich hatte aus der Vergangenheit schon ein bisschen eine Affinität zum Schreiben und habe dann eben mit Bloggen angefangen. Was ja, glaube ich, eine sehr einfache und moderne Variante ist. Und die Videos sind sozusagen eigentlich nur gekommen, auch wieder mit Rücksicht auf die Familie. Weil, einen Blog-Beitrag über Bier zu schreiben, Fotos da zumachen, du bist ja auch Fotograf, Produktfotographie von Flaschen, das ist richtig, richtig hohe Kunst und da kam dann so ein bisschen der faule Sack in mir durch und ich habe auf einer Blogger-Konferenz in Dublin einen polnischen Bier-Blogger kennengelernt, der sich grade ausschließlich auf YouTube spezialisiert hat. Und da sind zwei Dinge passiert, ich habe meine Liebe für polnische Biere gestartet und mich eigentlich zu dem Zeitpunkt dafür entschieden, dass ich nur noch Videos mache. Weil, sich vor die Kamera zu stellen, das Bier zu verkosten, Anfang und Ende drauf schneiden und die Sache ist erledigt. Und das ist dann sowas, was auch sehr schön sich mit dem familiären Leben vereinbaren lässt und man in einer Familie, wo ich der einzige Biertrinker bin, nicht allzu viel rote Karten gezeigt bekommt.

Markus: Ja, ich stelle mir das grade so ein bisschen bildlich vor, wenn du da innerhalb von vier Monaten 255 Biere verkostest, da ist natürlich die Frau dann irgendwann heimlich mit dem Jutesäckchen aus dem Haus und hat verschiedene Altglascontainer gesucht, damit es nicht so ausschaut, als wäre das hier so ein Alkoholikerhaus. Also kann ich mir schon vorstellen, dass das gar nicht so einfach ist, da sich irgendwie durchzusetzen, oder?

Martin Voigt: Du wirst lachen, ich habe die ganzen Flaschen aufgehoben, weil, ich hätte gerne auf dem Titelbild ein Foto gehabt, das gibt es auch, das Foto, wo ich alle verkosteten Flaschen in der Landkarte Österreichs aufgestellt habe im Wohnzimmer. Es war allein ein Projekt, dieses Foto zu machen. Aber es hat auch den ein oder anderen Karton im Keller gegeben, der ständig im Weg war, weil da eben, keine Ahnung, 80 Flaschen drin waren. Und davon gab es halt vier, fünf am Ende, die, ja, dann nachher für das Foto noch herhalten mussten, also ich konnte die nicht unterwegs wegschmeißen. Und, ja, aber am Ende des Tages habe ich da sehr tolerante Zeitgenossen Zuhause gehabt, die das dann immer lustig fanden. Und die wussten, es ist ja auch irgendwann vorbei und irgendwann ist das Buch mal draußen und dann haben sie auch wieder ihre Ruhe vor meiner Bierverkosterei.

Markus: Okay. Wobei mein Kopfkino weitergeht und ich mir grad die Diskussion vorstelle, wenn das Wohnzimmer in eine Bierlandkarte verwandelt wird. Aber gut, du hast ja auch ein Bier dabei, jetzt bin ich mal gespannt, was du dir ausgesucht hast und lass uns doch mal teilhaben an deinem Geschmack.

Martin Voigt: Ja, ich habe mir überlegt, wenn du schon in Österreich bist, was ist denn so ein typisch österreichisches Bier? Und ich hatte, ehrlich gesagt, zwei Biere zur Auswahl. Ich habe eine Brauerei, ich erwähne das jetzt mal, weil ich glaube, dass diese Brauerei auch in Deutschland sehr gut verfügbar ist und es ein schönes Beispiel dafür ist, was die moderne österreichische Bierwelt machen kann. Ich hätte gerne von Brew Age das Alphatier mitgebracht, ein New England IPA. Warum? Weil ich das erste NEIPA im Supermarkt einfach eine schirre Sensation finde, wenn man sich die Bierwelt vor fünf, sechs, sieben Jahren angeschaut hat, war völlig undenkbar. Und mit Brew Age verbindet mich sehr, sehr viel. Ich habe mich dann aber doch für den klassischeren Weg entschieden, weil, wir sind ja auf einem Bierwettbewerb und in Kärnten ist Loncium Zuhause. Und Loncium ist eine auch kleine Brauerei, die ein sehr breites Sortiment hat und von dem Märzenbier über Weißbier, Pils, New England IPAs, alkoholfreie Biere, Stouts, Weißbier, alles braut und regelmäßig auf internationalen Wettbewerben teilnimmt und da auch immer die österreichische Flagge sehr, sehr hochhält. Weil, ja, du weißt es ja auch, wie es auf Wettbewerben ist, man kann nur gewinnen, wenn man auch teilnimmt. Und das sind sicher Vertreter der österreichischen Brauwelt, die eben auch international die Flagge hochhalten. Und da habe ich ein Wiener Lager jetzt mitgebracht, hier steht Austrian Amber drauf. Aber, ich mache das mal auf.

Markus: Also jetzt hört ihr auch mal, dass wir wirklich jede Falsche immer live öffnen, ja.

Martin Voigt: Ja und ich schenke das da mal ein. Und die Biergeschichte Österreichs ist ja ganz eng mit dem Wiener Lager verbunden. In der Brauerei Schwechat hier vor den Toren Wiens, als Anton Dreher diese Bierspezialität untergäriger Art zum ersten Mal gebraut hat und einen Bierstil kreiert hat, der lange Zeit in Vergessenheit geraten ist. Den viele amerikanische Craft-Beer-Brauereien ja skurriler Weise am Leben erhalten haben und der zum Jubiläum dieses Bierstils vor ein paar Jahren dann auch wieder von österreichischen Craft-Beer-Brauereien aufgegriffen wurde und nicht zuletzt dann auch wieder von der Schwechater Brauerei. Und heute, glaube ich, kann man in Österreich keine Brauerei egal welcher Größe aufmachen, ohne ein Wiener Lager zu haben. Und das von Loncium ist ein wirklich schöner Vertreter. Man sieht diese herrliche, ja, schon Orange, Bernsteinfarbe, klar. Ein schöner Schaum, der auch wunderbar am Glas hängt, nicht zu intensiv. Und auch die Nase, so ganz leichte Fruchtnoten mit drin, aber natürlich grundsätzlich malzdominiert. Ich meine, man sieht es ja auch an der etwas dunkleren Farbe, dass es hier eben eher auf der malzigen Seite Zuhause ist. Und das ist auch ein gutes Beispiel für ein Bier, was jetzt auch ein bisschen an Temperatur gewonnen hat, das liegt unheimlich weich im Mund, die Kohlensäure sehr fein. Dieses leichte Obstige, Fruchtige, verbunden mit den Malznoten, ist einfach ein herrliches, ja, jeden-Tag-Trinkbier. Aber es ist auch ein Bier, in dem man sich verlieren kann, in dem man einfach dann versucht, die Nuancen raus zuarbeiten. Und da ist, finde ich, auch Loncium einfach eine schöne Brauerei, die diese Bierstile, die es in Österreich gab und jetzt wieder gibt, ganz hochhält und einfach einer breiteren Masse dann auch zugänglich macht.

Markus: Ja, wunderbar. Wir haben übrigens auch mal wieder so eine Fastpremiere, einmal haben wir es ja schon geschafft, dass wir gemeinsam in dem BierTalk angestoßen haben, heute können wir es wieder tun.

Martin Voigt: Sehr zum Wohl.

Markus: Wunderbar, zum Wohle. Sehr fein, also ich muss sagen, kann dir nur zustimmen, ist ein ganz tolles Bier. Also allein die Farbe begeistert mich total, also weil das wirklich so ein schönes leuchtendes Orange ist, was sich in diesem Glas da breitmacht. Und oben drauf dann die Nase, wie du schon sagst, also natürlich Karamell und so, aber eben auch so eine fruchtige Note drum rum, also ganz schön und weich. Und ich finde auch immer, wenn man ein Bier etwas wärmer trinkt und es dann immer noch schmeckt, dann ist es auf jeden Fall ein gutes Bier. Weil, das ist ja oft so ein Thema, wenn die Biere zu warm werden und sie dann nicht mehr so schmecken, dann ist es meistens eben vielleicht nicht das Beste. Aber hier merkt man, auch mit seinen jetzt vielleicht so 14 Grad oder so, ist das immer noch wirklich super gut trinkbar.

Martin Voigt: Und das ist auch letztendlich eine Anekdote, die quasi meinen doch etwas holprigen Einstieg in die österreichische Bierszene vielleicht schön beschreibt, dieser Arbeitskollege, von dem ich vorhin geredet hab, der übrigens mittlerweile Franziskaner Mönch ist. Also auch eine sehr lustige Geschichte, der hat sich aus dem irdischen Leben in die geistige Welt verabschiedet. Aber nach wie vor, wir sind auf Facebook befreundet, also auch da sind Franziskaner Mönche zu finden. Der hat mir ein Samichlaus mitgebracht. Und der Samichlaus, ja, eines der durchaus stärkeren Lagerbiere, die es von der Stange gibt. Aus der Schloss Brauerei Eggenberg mittlerweile, ursprünglich, die liegen ja in der Schweiz. Aber mit 14 Volumenprozent Alkohol sicher ein Doppelbock, der es doch eher kerniger drauf hat, den hat er mir mitgebracht. Und ich habe in meiner völligen Ahnungslosigkeit dieses Bier in den Kühlschrank gestellt und dachte mir, das trinkst du heute Abend. Und habe es dann auch mit vier, fünf Grad aus dem Kühlschrank rausgeholt, eingeschenkt, getrunken und zum Telefonhörer gegriffen und habe gesagt: „Was um alles in der Welt hast du mir da mitgegeben?“ Es hat nur nach Alkohol geschmeckt, es war überhaupt kein Genuss. Und die lapidare Antwort war: „Ruf ich in einer halben Stunde wieder an und lass das Bier stehen.“ Und das war eine meiner besten Lektionen für Temperatur. Mein Bier, nach einer halben Stunde im Glas war die Kohlensäure, die bei dem Bier nicht ganz so wichtig ist, natürlich nicht mehr ganz so stark, aber dieses Bier hatte dort nahezu Raumtemperatur und war ein herrlicher Genuss. Und das sind dann so diese Lehren, die man als blutiger Anfänger einfach sein ganzes Bierleben mitnimmt und weiß, Temperatur ist ein ganz wichtiges Thema. Und lieber drei Grad mehr als drei Grad zu wenig und man macht eigentlich nichts falsch und, ja.

Markus: Ja, also völlig richtig. Und ich muss sagen, das ist vielleicht auch so ein kleiner Tipp für die Hörerschaft, also wenn ihr mit österreichischen Bieren anfangen wollt, also, klar, natürlich auch die anderen, die wir jetzt auch schon so genannt haben, aber Samichlaus ist auf jeden Fall eine spannende Geschichte, weil es wirklich ein Bier ist, was sensorisch unheimlich viel zu bieten hat. Auch ein Bier ist, was man durchaus lagern kann. Kann man ja ruhig erzählen, wir hatten gestern Abend ein Menü und haben dann als Abschluss von dem Menü die Samichlaus-Biere von 2001, 2009 und eben aus dem aktuellen Jahr in einer Querverkostung gehabt. Und das ist schon total spannend, wenn man eben merkt, wie sich so ein Bier in 20 Jahren entwickelt und das es sich entwickelt und was da eben für eine tolle Aromatik dabei rauskommt. Also wirklich ganz toll, vielen Dank, sowohl für die Geschichte als auch für dieses tolle Loncium-Bier. Da, muss ich sagen, das ist so die erste österreichische Brauerei, die ich jenseits von Stiegl wirklich bewusst wahrgenommen hab. Und zwar, das ist auch schon viele Jahre her, da hat ein Freund von mir, der hat Sophie Straub von der Drei Kronen Brauerei in Memmelsdorf, der damals Geschäftsführer war von den privaten Braugasthöfen und die hatten eine Tagung irgendwo in Österreich, und hat mir dann Bier mitgebracht. Und das war das Sortiment, was Loncium damals hatte, waren fünf oder sechs Flaschen. Und das war für mich auch so eine Geschichte, wie, du bringst mir aus Österreich Bier mit? Das ist ja erst mal, da ist ein großes Fragezeichen dahinter und so. Und dann habe ich die aber nach und nach verkostet und muss wirklich sagen, das war ein tolles Erlebnis. Und sie waren alle sauber, sie haben super gut auch geschmeckt, waren tolle Beispiele. Und habe dann auch auf die Homepage geschaut und mich so ein bisschen informiert und das ist wirklich ein sehr, sehr gutes Beispiel, was da in Österreich mittlerweile passiert. ja, vielleicht noch eine Frage an der Stelle, wo wir grade bei dem Thema Österreich sind, wenn du von Frankfurt nach Wien gegangen bist, jetzt Wahl-Wiener bist und, glaube ich, erst mal zumindest auch dableiben willst, wie würdest du denn die Unterschiede sehen? Also was ist der Unterschied zwischen Wien und Frankfurt und was hat dich wirklich gepackt, dass du sagst, okay, ich bleibe jetzt da?

Martin Voigt: Eines der Vorurteile, die der Deutsche gegenüber dem Österreicher haben, ist, der Österreicher ist langsam, er ist der Gemütlichere, er tut sich schwer, Geschwindigkeit aufzunehmen im Geschäftsleben. Und eine der ersten Lektionen, die du lernst, ist, völliger Unsinn. Der Österreicher macht es sich einfach nur leichter. Und ich kam aus Frankfurt, habe tatsächlich einen Arbeitstag gehabt, der im Büro o zwischen acht Uhr in der Früh und meistens 21 Uhr am Abend stattgefunden. Also ich war tatsächlich meistens über zwölf Stunden im Büro. Und wenn mal jemand so um vier oder fünf Nachhause gegangen ist, war so der Spruch, nimmst du dir einen halben Tag frei? Und ich bin in eine Welt reingekommen, wo ich schon sagen muss, man verlässt zwischen 16 und 18 Uhr auf jeden Fall das Büro, um acht Uhr in der Früh geht es auch los. Aber man geht nicht zwingend Nachhause, sondern man trifft sich mit Kunden, Arbeitskollegen, Projektpartnern, auch Freunden in einem Lokal, trinkt ein Bier zusammen, bespricht geschäftliche Dinge, bespricht Privates. Und so bekommt man einen persönlichen Bezug zu seinem gegenüber. Das macht einem Türen auf, macht einem aber auch das Geschäftsleben unheimlich viel leichter. Weil, es ist ja eine gewisse Nähe da und man tut sich einfach viel schwerer, jemand, zu dem man eine persönliche Nähe hat, dem, auch wenn im Geschäftsleben mal was schiefgeht, dem einfach spontan den Hals rumzudrehen. Und in Frankfurt war es doch sehr Business Minded, da ist was passiert und das Fallbeil ist runtergegangen und der Kunde war weg. Und hier ist es einfach so, man sitzt beim Glas, das muss nicht unbedingt ein Bier sein, das kann auch der Weiße Spritzer sein, der ja in Wien auch sehr gerne getrunken wird, das kann ein Wein beim Heurigen sein. Übrigens bitte nie den Fehler machen beim Heurigen nach einem Bier zu verlangen. Das war einer meiner ersten Fehler als ich mit Freunden beim Heurigen war und gefragt habe, ob sie auch ein Bier haben? Schneller kann man sich als Deutscher nicht outen. Aber es ist dann einfach dieses persönliche Verhältnis, man kriegt gesagt: „Du, da ist ein Problem, schau, dass das bis nächste Woche erledigt ist“ und dann ist das Thema erledigt. Und man spart sich einfach diesen ganzen Trouble rechts und links des Weges. Und am Ende des Tages, habe ich so ein bisschen das Gefühl, dass die geschäftliche Reisegeschwindigkeit in Österreich teilweise sogar schneller ist als in Deutschland, man merkt es nur nicht so und man macht sich das Leben einfach leichter. Und diese Mentalität ist, glaube ich, viel mehr an meinem persönlichen Naturell als dieses strenge, teilweise sogar roboterhaftige Arbeiten wie ich es in Frankfurt kennengelernt habe. Und ich merke selber, wenn ich zu Geschäftszeiten nochmal in Frankfurt bin, sehe so, wie sich die Bankentürme leeren und die Leute eigentlich nur stur zur S-Bahn, zur U-Bahn oder mit dem eigenen Auto Nachhause fahren, da ist einfach eine richtige Stressatmosphäre da, man will nur noch Nachhause und hat eigentlich nichts mehr, was einen in der Stadt hält. Und in Wien findet das Leben einfach auf der Straße statt. Es gibt auch viele, die sagen: „Es ist so, ja, das Sprungbrett zum Balkan“, also die quasi noch gesicherte Bastion und wo noch ein bisschen Recht und Ordnung herrscht, bevor der Balkan anfängt. Und da ist viel dran, also dieses auf der Straße sitzen, einen Cappuccino trinken, einen Espresso trinken, ein Bier trinken, Wein trinken und im Zweifelsfall auch mal ein bisschen das Leben genießen, das ist schon eine Mentalität, die dem Österreicher, aber speziell auch den Wienern zu eigen ist und da fühle ich mich sehr, sehr wohl.

Markus: Das kann ich sehr gut nachvollziehen, habe auch die Zeit in Wien jetzt sehr genossen, muss ich sagen. Und hat mich auch ein bisschen erinnert, weil, zumindest im Sommer ist es bei uns in Bamberg oft ähnlich, also auch da sitzt man wirklich gerne bei einem Bierchen noch zusammen. Und ich muss auch sagen, es ist einfach, also wenn ich so diese Business-Leute oft sehe, da hat man so das Gefühl, dass das ganze Leben so eine Art Bucket List ist. Also einerseits, man arbeitet so seine Jobsachen ab, aber dann Zuhause muss eben auch, keine Ahnung, das Haus gebaut werden und das Auto gekauft werden, der Baum gepflanzt, der Sohn, was weiß ich was und der Urlaub und der Urlaub, aber am Ende ist es wirklich nur noch ein Abhaken von Dingen, wo man glaubt, dass man die machen muss, um ein gutes Leben zu leben, aber dabei gerät das Leben an sich völlig in Vergessenheit. Und das ist was, was ich immer wieder erlebe, grade weil ich natürlich mit Leuten oft im geschäftlichen Bereich einfach mal ein Bier trinke und wenn man dann merkt, okay, man lehnt sich einfach mal zurück und redet ein bisschen und kommt einander ein bisschen näher, dann baut man eine Beziehung auf, wie du sagst. Und das hat eine ganz andere Qualität, als wenn das eben so rein eine geschäftliche Geschichte ist.

Martin Voigt: Und was ich auch lernen musste, ist, das viele, die in Wien arbeiten, am Wochenende zur Familie in die Bundesländer fahren. Also Österreich ist ja ein sehr zentralistischer Staat, ich glaube, Wien hat so 1,9 Einwohner in der Kernstadt und um die drei Millionen im Umland. Das ist bei achteinhalb Millionen Einwohnern in Gesamtösterreich schon eine ziemliche Konzentration. Und deswegen endet auch die Arbeitswoche meistens Freitags um zwölf Uhr, ein Uhr, da wird dann die Südosttangente, das ist so die Stadtautobahn in Wien, wird verstopft und die Leute fahren in die Bundesländer zu ihren Familien. Jeder hat noch ein Haus auf dem Land, hat Familie. Und wenn die am Montag wieder zurückkommen, die bringen teilweise auch Produkte aus ihrer Heimat mit, unter anderem auch Bier. Der Tiroler bringt dann die Knackwürste mit, Käse aus Vorarlberg und auch dieses kulinarische Austauschen innerhalb des Landes wird dadurch extrem beflügelt. Und wenn man sich jetzt auch mal ein bisschen die Bierlandschaft anschaut, es gibt in Österreich mit der Brauunion, die hinter Marken wie Gösser, Zipfer, Kaiser, Wieselburger steckt, eigentlich nur einen großen internationalen Konzern und alles andere, was sich in der österreichischen Bierlandschaft tummelt, sind lokale kleine Brauereien. Und eigentlich ist der Österreicher schon gewohnt, dass Bier aus seiner Region zu kaufen. Und der Vorarlberger, der bringt natürlich einen Kasten Mohren-Bier mit und der Kärntner bringt möglicherweise einen Kasten Loncium mit und aus dem Süden kommt dann noch das Murauer Bier und so hat jeder auch so ein bisschen über das Bier seine eigene Identität wieder in der Stadt. Und ich war bei Freunden, die einen Bierhandel haben und sah eben Kisten Mohren-Bier dort stehen und das passte jetzt nicht so per se erst mal ins Craft-Beer-Sortiment, was die sonst verkaufen. Aber während ich da saß, kamen drei, vier Vorarlberger rein und nahmen eben eine Kiste des Bieres aus ihrer Heimat mit, weil sie eben in Wien wohnen und wollten das am Wochenende nicht mitnehmen, vielleicht sind sie auch mit dem Zug gefahren. Und Bier schafft in Österreich unheimlich viele lokale Identität und der Österreicher ist auch gewohnt, eben lokal zu kaufen. Und deshalb tun sich auch kleine Craft-Beer-Brauereien irrsinnig leicht, mit jetzt vielleicht nicht dem super freakigen Bieren, da muss es kein IPA sein, da muss es kein Imperial Stout sein, da muss es kein Sauerbier sein, sondern man kann mit einem Märzen, was aber den Namen der Stadt trägt, unheimlich realisieren am Markt. Und das ist einfach schön zu sehen, dass eben über Bier auch Heimat geschaffen wird. Und das ist einfach in Österreich, finde ich, vielleicht jetzt mal in Deutschland abgesehen von Franken, weil da ist es natürlich vielleicht sogar vergleichbar, aber in Österreich ist es landesweit so, dass über Bier, oder auch Wein natürlich , man so ein Stück Heimat an den Arbeitsplatz mitbringen kann und da letztendlich auch Freunde begeistern kann.

Markus: Ja, auf jeden Fall. Und ich denke mal, also Bier schafft Heimat, ist auf jeden Fall etwas, was Österreich und Franken verbindet. Also es gibt ja auch ein Bierland Franken und es gibt ein Bierland Österreich, also da gibt es durchaus ähnliche Strukturen. Und ich habe mich jetzt, während du erzählt hast, auch erinnert, dass ich noch drei Kästen Mohren Eisbock bei mir im Keller habe seit zehn, 15 Jahren. Da muss ich mal eine Flasche rausholen für einen der nächsten BierTalks, der hat sich bestimmt schön entwickelt. Ja, was mich noch interessieren würde, du hast jetzt diese ganzen Biere verkostet und das Buch geschrieben und man merkt ja auch, wie sehr du Teil dieser österreichischen Bierwelt auch irgendwie bist, wie sehr du da auch davon begeistert bist, aber wie haben die denn dich und dein Buch aufgenommen? Also kam das dann überall gut an, sagen die: „Super, genauso muss es sein“ oder gab es da auch den ein oder anderen Brauer, der gesagt hat: „Hej, was will denn der Piefke da“ und so?

Martin Voigt: Du sprichst einen ziemlich wunden Punkt an, weil es war tatsächlich so, dass ich ja als völliger Nobody und aber auch als jemand, der keine Ausbildung in Bier hatte, in diese Szene reingefallen bin und ich hatte einfach nur Spaß an dem, was ich gemacht habe. Und ich habe mir da, glaube ich, schon ein bisschen den Unmut auch bei den Granden der Bierszene zugezogen. Zum einen, was macht der denn da? Es wusste ja keiner, was ich da tue. Und da gab es durchaus auch im Vorfeld des Buchs, gab es den Austausch mit Anwälten, die mich mal mit einstweiligen Verfügungen überziehen wollten, das ist alles nachher gut ausgegangen. Ich habe da auch Fehler gemacht, das weiß ich. Nur, ich habe natürlich diesen Markt aufgewirbelt, weil, ich kann in Wien relativ viel Bier kaufen, auch viele verschiedene Biere, aber nicht 255. Und ich habe dann das gemacht, was ein ahnungsloser Autor für Bierbücher macht, ich habe einfach mal eine Adressliste mit Brauereien rausgesucht und habe ein sehr langes Anschreiben verfasst, habe erklärt, was ich gerne machen möchte und habe gefragt, ob ich das Bier von ihnen kaufen könnte? Für mich war immer ganz wichtig, ich möchte das Bier kaufen. Und natürlich gibt es viele Brauereien, die dann einfach sagen: „Wir finden die Idee super und wir schicken dir das Bier zu und wollen da jetzt auch keine Rechnung sehen.“ Und es gab aber auch Brauereien, die mich kontaktiert haben und gesagt haben: „Besuch uns mal, komm mal vorbei. Wir finden deine Idee super und wir stellen dir Kontakte her.“ Also der Support auf der Brauerseite war viel, viel größer als auf der Seite der, ja, damals existierenden Bierschreiber, Bierausbilder, weil ich ja genau in deren Wasser jetzt fischte. Und ich habe dann versucht, denen ein bisschen klarzumachen, es geht hier nur um mein Buch, wenn das durch ist, seid ihr mich los. Aber der Widerstand wurde immer größer und da habe ich mich dann auch so ein bisschen herausgefordert gefühlt, habe gesagt: „Okay, wenn ihr mich nicht haben wollt, dann bleibe ich.“ Und merkte aber, dass eben genau diese vielleicht alten Gesichter gar nicht mehr so die waren, die jeden Konsumenten angesprochen haben. Und ich habe eine jüngere Generation vielleicht angesprochen, habe mich sehr stark und auch sehr klar auf das Thema Craft-Beer fokussiert, auch wenn in dem Buch natürlich die klassischen Marken auch mit drin sind. Aber ich habe sehr schnell gemerkt, dass mich eigentlich so diese jungen Wilden viel mehr interessieren und habe dann lange Zeit so ein bisschen einen Gegenpol unfreiwilliger Weise gebildet. Und man merkte, den werden wir jetzt nicht mehr los und dann hat man sich angefangen zu arrangieren. Und man kommt dann auch relativ schnell miteinander klar, wenn man sich auch, ich sage mal, nie ausgesprochen, aber so gegenseitig die Claims absteckt und merkt, nee, der will jetzt nicht hier 20 Testings im Monat machen und will auch keine Vorträge bei Brauereien halten, sondern der hat da ein ganz anderes Zielpublikum. Und als wir dann 2014, also eigentlich ein Jahr nachdem ich das Buch geschrieben habe, das Craft Bier Fest in Wien zu dritt gegründet haben, haben wir eine Bewegung losgetreten, wo dann auch selbst der ärgste Kritiker sagen musste: „Ah ja, so ganz schlecht ist der Typ ja nicht für die Bierszene.“ Und da haben wir, glaube ich, dann auch, ich sage mal, durch Taten Überzeugungsarbeit geleistet.

Markus: Also dem kann ich mich nur anschließen. Bevor wir noch kurz über das Craft Bier Fest sprechen, weil ich das durchaus auch ein interessantes Thema finde, habe ich jetzt auch noch ein Bierchen mir hier aus dem Kühlschrank geholt, weil ich gedacht habe, wenn wir schon da sind und gemeinsam ein Bier trinken, habe ich auch eins dabei. Und interessanterweise hat Österreich Deutschland ja auch etwas voraus, nämlich, es gibt in Österreich eine Trappistenbrauerei. Wir hatten auch mal eine in Deutschland, die ist aber mittlerweile geschlossen worden und Bitburger hat das Bier dann im Craftwerk noch irgendwie im Angebot, aber es ist zumindest kein Trappistenbier mehr. Und hier haben wir eben Engelszell und haben von denen verschiedene Trappistenbiere. Und eins haben wir jetzt hier, das ist das Blond, das heißt Nivard, ist in einer schönen Flasche mit einem hellblauen Etikett, selten für Bier eigentlich. Ich mache mal auf und schenke hier mal ein.

Martin Voigt: Vor allem auch selten für Trappistenbiere, die ja häufig auch eher dunkelgehaltene Etiketten haben. Aber die Brauerei Stift Engelszell, glaube ich, ist sehr früh den Weg gegangen, nicht zu versuchen, klassische Trappistenbrauereien zu kopieren, sondern eine eigene Identität zu schaffen. Und das liegt nicht zuletzt daran, dass der irdische Mastermind, der hinter dieser Brauerei steckt, nämlich der Peter Kramer von der Brauerei Hofstetten, der, glaube ich, bei dem Stift relativ viel Überzeugungsarbeit geleistet hat, weil er einfach sich gefreut hat, dass ein Trappistenkloster in der Nähe ist und gesagt hat: „Dann muss es doch auch ein Trappistenbier geben.“ Und ich glaube, nachdem die ersten, ja, Wälle mal eingerissen waren, mittlerweile sind die Trappisten im Kloster sehr begeistert von dem, was sie dort tun, nennen ja auch ihre Biere nach ehemaligen Ordensbrüdern. Und haben auch dem Bierland Österreich über das Trappistenbier, was ja keiner auf der Landkarte hat, auch wieder einen sehr eigenen Stempel aufgedrückt und einfach die Szene wieder um eine Nuance bereichert. Und das finde ich einfach ein sehr schönes Projekt und kommt international gut an. Schafft tollen Tourismus auch in die Gegend, Amerikaner, die auf einmal sagen: „Hej, da gibt es noch eine Trappistenbrauerei in Europa, die wir möglicherweise noch nicht kennen.“ Und am Ende des Tages leben, glaube ich, sowohl die Trappistenmönche beziehungsweise auch die irdischen Hotelanbieter, Gastronomen in der Gegend, relativ gut von diesem Produkt.

Markus: Ja, das glaube ich auch. Übrigens, wer das mal sich näher zu Gemüte führen will, wir haben mit Henri Reuchlin schon mal einen BierTalk gemacht zum Thema Trappisten. Da wird auch ein bisschen erklärt, wo das herkommt und was da dahintersteckt letzten Endes, seine Philosophie. Und hier haben wir eben ein schönes Beispiel, ich stoße mal schnell mit dir an.

Martin Voigt: Zum Wohl.

Markus: Prost, zum Wohl. Beschreibe es vielleicht auch noch kurz, also wir haben jetzt hier ein Blond, würde man sagen. Und das ist natürlich spannend, ähnlich wie zum Beispiel auch im englischen Bereich bei Pale Ale, das muss gar nicht so hell sein, das muss nur deutlich heller sein als die entsprechende wirklich dunklere Variante. Also hier haben wir quasi so ein, ja, einfach gesagt, ein bernsteinfarbenes Bier, es ist auf jeden Fall auch wieder so leicht orangeschimmernd. Das hat eine leichte Trübung, einen schönen, ganz festen Schaum, der auch leicht getönt ist. Jetzt riechen wir nochmal rein. Also schön, das sind diese Noten, die man von Trappistenhefen eben kennt, schön fruchtig, frisch, eine leichte Zitrusnote, ein bisschen Karamell, sogar ein bisschen rote Birnen, ein bisschen Banane, also ein sehr schöne runde Geschichte, dahinter kommen dann natürlich auch so ein bisschen getreidige Noten. Und dann probieren wir mal ein Schlückchen.

Martin Voigt: Und das Stift Engelszell hat ja den unschätzbaren Vorteil, dass es in einer Gegend ist, wo obergärige Biere auch gelernt sind. Also ein Bananenaroma zum Beispiel oder überhaupt ein Fruchtaroma in der Nase erschreckt in Oberösterreich eben niemand. Und man, ja, besetzt dort eine Nische mit einem Blond zum Beispiel, ich meine, es gibt ein klassisches Weißbier aus Stift Engelszell. Und ich weiß nicht, wie viele Trappistenbrauereien es auf der Welt gibt, die ein Weißbier brauen. Und man hat ja immer so das Gefühl, dass muss ein Dubbel, Quadrupel, Tripel sein und das Stift Engelszell hat natürlich diese Bierstile aufgegriffen, aber auch eine lokale Identität, und da sind wir schon wieder bei dem Thema, mit einem Weißbier geschaffen. Und das ist einfach auch, finde ich, ein tolles Merkmal dieser Brauerei, dass es eben als Trappistenbier nicht immer diese klassischen belgischen Bierstile sein müssen.

Markus: Ja, also ich finde, das merkt man auch hier, also das könnte auch ein Bernstein-Weizen sein, was man bei uns in der Nähe irgendwo in Bayern, Franken bekommt. Zusätzlich ist natürlich noch diese belgische Trappistenhefenote oben drauf, aber so vom Grund-Feeling her, von der Karbonisierung, von auch diesem bananigen Ton, wie auch dann diese Karamelltöne aus dem Malz da schön weich und rund sind, also ein sehr, sehr angenehmes spannendes Bier. Und ich überlegen grad, also ich kenne, glaube ich, nur ein Weizen von der Trapp, da steht dann Witbier drauf, ist aber ein klassisches Weizen, also ohne Koriander und Orangenschalen, das ist auch ein schönes Weizen. Aber das ist wirklich, ja, spannend, die ganze Geschichte um das Stift Engelszell. Das werden wir sicherlich auch irgendwann mal beleuchten. Kriegen wir heute aufgrund der Zeit, die wir ja schon fast wieder überschritten haben, nicht mehr hin. Ich wollte mit dir aber noch über dieses Thema Craft Bier Fest sprechen, weil das vielleicht auch noch interessant ist, wie sich das dann so weiterentwickelt hat. Also wenn du da vielleicht nochmal kurz drauf eingehen könntest, wie das so läuft und vielleicht, wie sich auch deiner Meinung nach diese österreichische Szene grade, in welchem Zustand die sich befindet.

Martin Voigt: Also wir haben das Craft Bier Fest 2014 gegründet, auch eigentlich auf eine ganz, ganz wüsste Art und Weise. Wir waren zu dritt und eigentlich waren es der Max Wurzer und ich, wir waren in Amberg auf dem Bierfest damals von der Nicole Püschel.

Markus: Mariahilfberg, ist dass das?

Martin Voigt: Nein, das war The Leading Beers, hieß das damals. Das war so, die ja leider damals schwer erkrankt war, die Nicole und das so als ihr Lebenswerk gesehen hatte, dieses Festival organisiert, es war ein wunderbares Fest. Ich war mit dem Max Wurzer, der damals myBier betrieben hat, also einer der ersten Versand für kleine Brauereien in Österreich und der schon sehr viel auch für diese Szene getan hat. Und wir waren auf diesem Festival und sind dann am Sonntag in einem Zustand zurückgefahren, der, glaube ich, grade so an der Legalitätsgrenze war und wir haben uns eigentlich immer gedacht, warum müssen wir nach Deutschland fahren, um auf ein Bierfestival zu fahren, wo es geile Biere gibt? Und vielleicht auch dieses Bierfestival, das waren nicht die Freak-Craft-Brauereien. Der Alex Himburg war damals, glaube ich, so das Wildeste, was es dort gab und ansonsten waren das sehr viele lokale Brauereien, die auch experimentiert haben mit Hopfen. Es gab ein, kann mich noch sehr gut dran erinnern, ein Weißbier mit Mandarina, Bavaria Hopfen. Aber das war dann auch so ein bisschen die Verrücktheit, die dieses Bier schon hatte und dieses Festival hatte. Also es war jetzt nicht ein Fest, was sich nur mit New England IPAs oder super hopfigen IPAs oder Stouts definiert hat, sondern das waren sehr klassische bayrische Biere dort. Und wir sind nach Wien gekommen und haben eigentlich gedacht, das war 2012, 2013, Entschuldigung, 2013 war es, Ende des Jahres und haben gesagt: „Wir müssen sowas in Wien machen.“ Und dann sind wir auf den Micky Klemsch getroffen, der zur selben Zeit eigentlich eine ähnliche Idee hatte, nur einen ganz anderen Zugang hatte, er kam aus der Eventbranche, also hatte so ein bisschen das Event-Knowhow. Und wir haben uns Anfang Januar 2014 zusammengesetzt und haben dann mal geschaut, haben gesagt: „Eigentlich hätten wir gern im Mai das Fest.“ Und wir haben den Termin festgemacht, ich glaube, 18. Mai war das damals, da wussten wir schon, wann es stattfindet, da haben wir gesagt: „Ja, jetzt müssen wir anfangen zu organisieren.“ Also wir haben uns quasi gesagt, an dem Tag soll es stattfinden und dann haben wir angefangen. Und wir hatten natürlich überhaupt keine Erfahrung, es gab keine Referenzwerte, aber wir haben gemerkt, dass es Getränkehändler, Brauereien in Österreich gegeben hat, die genau darauf gewartet haben, mal zu erfahren, wie tickt denn der Markt überhaupt. Und wenn ich es irgendwo versuche, dann muss ich es natürlich bei der Geographie von Österreich, muss ich es in Wien versuchen, weil, wo sonst soll sowas funktionieren? Und wir haben dann das erste Festival Freitag, Samstag, Sonntag gestartet. Hatten das, glaube ich, schlechteste Wetter, was man sich vorstellen kann, weil die Veranstaltung auch open Air war, wir durften am ersten Tag Zelte gar nicht aufbauen oder diese Pavillonzelte. Es war am Donaukanal, wir haben eine herrliche Indoor-Veranstaltung gehabt mit 500 Gästen. Damals standen so Brauereien wie Bierol, Brew Age, die ja eigentlich jetzt so für diese moderne Bierkultur in Österreich stehen, die standen ganz am Anfang. Die kamen mit ihren ersten Bieren daher und wussten eigentlich auch nicht so, trinkt eigentlich irgendwer unser Bier, gibt es da einen Markt für? Es gab Brauhaus Gusswerk, was ja in der Bioschiene sehr etabliert ist, die so ein bisschen schon eine Fangemeinde hatten, aber es war auch Stiegl dabei, Loncium war dabei, es waren sehr viele klassische Brauereien mit am Start. Und wir hatten einfach eine riesen Gaudi an einem Abend, wo eigentlich keiner seine Zelte aufbauen konnte. Es gab einen kleinen festen Bau, jeder hat seine Biere mit reingebracht und wir sind mit ungefähr 500 Leuten da in diesem Glasbau am Donaukanal gestanden und haben gemerkt, hej, wir sind eine kleine eingeschworene Gemeinschaft, die richtig Bock auf Bier hat, nur die anderen müssen es noch verstehen. Und Samstag war dann das Wetter, ja, es hat ein bisschen geregnet, es war nicht besonders nett, aber es lief so ein bisschen schleppend an. Und das Wetter wurde dann am Nachmittag besser und die Brauereien sind zum Teil bis um vier Uhr in der Früh am Donaukanal gestanden und haben ihr Bier ausgeschenkt. Man muss wissen, der Ort, den wir da ausgewählt haben, ist so in der Nähe vom sogenannten Bermudadreieck, das ist so die Partymeile in Wien, also da stört sich auch keiner über Lärm. Und wir haben um zwölf Uhr das Fest verlassen, haben gesagt: „Also alles, was jetzt passiert, den Ärger mit der Polizei, der gehört euch.“ Und am nächsten Morgen haben wir in ziemlich kleine Augen geschaut und gesagt: „Na, wie lange ist es denn gegangen?“ Und die haben gesagt: „Naja, bis vier, halb fünf haben wir dann schon gemacht, aber dann haben wir auch zugesperrt.“ Und dann kam der Sonntag, herrlichstes Wetter. Der Wiener geht dann sofort raus, es wurde mit Rollerblades, diesen Kickboards, Fahrrädern am Donaukanal gefahren und die Leute sind stehengeblieben, haben gesagt: „Was ist denn da los, Bierfest.“ Und wir hatten, glaube ich, knapp dreieinhalb, 4.000 Besucher allein nur an dem Sonntag. Und am Ende des Sonntags kamen dann die Brauereien zu uns und sagten: „Gut, dass wir nicht drei Tage gutes Wetter hatten, weil, die hätten uns am Freitag, spätestens am Samstagmittag hätten die uns leergesoffen und wir hätten für Sonntag kein Bier mehr gehabt.“ Daran sieht man einfach mal, man war überhaupt nicht auf so eine positive Resonanz eingestellt, man hat überhaupt nicht damit gerechnet, dass diese Biere so gut ankommen. Da gab es, glaube ich, das erste Mal in Wien Punk IPA vom Fass und das ist gelaufen wie die Feuerwehr, weil es einfach neu war. Und das war so ein bisschen die Initialzündung auch für Bierhändler, hej, da gibt es einen Markt, das interessiert die Leute, da gibt es Brauereien, die brauen diese Biere. Und ziemlich genau ein Jahr später hat ja mit Almacén, die BeerLovers in der Gumpendorfer Straße aufgemacht. Ich glaube, einer der größten Craft-Beer-Stores, glaube ich sogar europaweit, mit, ich glaube, mittlerweile fast an die 2.000 verschiedenen Bieren. Und das wäre völlig undenkbar gewesen, ohne diese, ja, die Marktforschung Craft Bier Fest. Und wir dann eigentlich innerhalb von kürzester Zeit zu einer fixen Größe geworden. Und der Micky, der leider auch viel zu früh im letzten Jahr verstorben ist, hatte dann die Idee, wir machen das Fest einfach zweimal, wir machen eine Frühjahrs-Edition und eine Herbst-Edition. Und jeder hat von uns gesagt: „Du bist ja völlig wahnsinnig.“ Und er hat dann aber auch so das Fingerspitzengefühl gehabt, in der Frühjahrs-Edition ein Gastland einzuladen, wo dann Biere aus einem europäischen meist Land präsentiert wurden, Belgien war dabei, Finnland war dabei, Tschechin war dabei. Und das Novemberfest war eigentlich immer das letzte Bierfest für alle Brauereien, die, ja, auch von weiterweg kamen und hatte eine, ja, so quasi das Klassentreffen-zum-Saisonabschluss-Charakteristik. Und die Feiern, nachdem abgebaut worden ist, die sind mittlerweile legendär, die finden, ja, immer am Samstag, wir sind mittlerweile nur noch auf einem zweitägigem Rhythmus, weil, drei Tage hält kein Mensch durch, reduziert worden. Und Samstagabend, wenn dann die Brauereien abgebaut haben und jeder halt so seine halbangebrochenen Fässer noch zusammenschiebt und dann einfach gefeiert wird, weil, es ist das letzte Fest im Jahr. Es wird so ein bisschen resümiert unter der Brauereischaft und es ist einfach, ja, diese freundschaftliche Gefühl, ein Miteinander und jeder hat einfach auf dieses Thema Bier unheimlich viel Lust. Und das ist so ein bisschen der Stempel, den wir, glaube ich, diesem Festival aufgedruckt haben, im Frühjahr ein sehr solides Craft Bier Fest für die Stadt Wien und im November, das letzte Novemberwochenende. Und zum Glück findet es heuer wieder statt in der Marx Halle im dritten Bezirk, eine wunderschöne, von der Architektur her, gestaltete Halle. Und wir werden dann eine schwere Zeit beenden mit einem Craft Bier Fest in der, ja, nach Corona-Zeit, tue ich mich ein bisschen schwer, aber zumindest einer jetzt kontrollierten Corona-Zeit und es wird wieder ein Fest geben. Und das ist einfach ein tolles Zeichen, dass das wieder losgeht und alle sitzen in den Startlöchern und warten nur drauf, die Freunde wieder zu treffen und die Bierwelt hochleben zu lassen.

Markus: Ja, das ist ja auch eine Stimmung, die wir jetzt zum Beispiel auf dem Bierwettbewerb erleben, dass ja wirklich die ganzen internationalen Juroren sich teilweise zwei Jahrelang nicht gesehen haben und wie das so herzlich und mit so viel Freude und Energie und gemeinsamem Gefühl und Freude am Bier einfach abgeht und man merkt, wie das wieder zusammenwächst. Also sehr, sehr schön. Und ja, jetzt haben wir schon mal einen Tipp für die Hörer, wo sie dich erleben können, nämlich dann im November bei dem Fest. Und vielleicht so abschließend noch kurz, wir haben am Anfang schon drüber gesprochen, es gibt diesen YouTube-Kanal proBIER.TV. Wenn du vielleicht da noch den Hörern kurz sagst, wie komme ich dahin, was erwartet mich da und wie kann man sich dir da irgendwie nähern.

Martin Voigt: Ja, also es gibt grundsätzlich die Webseite, das ist immer der einfachste Weg, auch auf den YouTube-Kanal zu kommen, proBIER.TV. Und, ja, der normale Weg, wie Leute zu mir kommen, ist eigentlich über YouTube dann nach proBIER.TV zu suchen, da findet man mich relativ schnell. Ich mache jeden Tag, also sieben Tage die Woche eine Bierverkostung, mit zwei Tagen in der Woche, die, ja, mit Bieren aus Spezialgebieten schon belegt ist, Freitag ist mein Polishbeerfriday. Ich habe vorhin gesagt, ich habe meine Liebe zum polnischen Bier entdeckt und bin fest davon überzeugt, und das sehe ich jetzt mittlerweile auch bei deutschen Craft-Beer-Versendern, die polnische Craft-Beer-Szene ist eine, die leider viel, viel zu unbekannt ist. Es gibt tolle Brauereien, die mit einer wahnsinnig hoher Qualität Biere brauen, die der Craft-Beer-Freak normalerweise für unfassbares Geld aus den USA Hype-Brauereien importiert und man eigentlich gar nicht weiß, dass es ähnliche oder, meiner Meinung nach, teilweise sogar bessere Qualität, weil, die musst du jetzt nicht drei Monate irgendwie über den Atlantik schippern, aus einem Nachbarland wie Polen gibt. Und das versuche ich eben so ein bisschen zu ändern und da komme ich wieder, was ich vorhin gesagt habe, das ist einfach so meine Mission, ich möchte von Bierwelten erzählen, die die Leute vielleicht noch nicht kennen und da ist eben dieser Polishbeerfriday ein Element. Und das zweite Element, was es gibt, ist der Supermarktsamstag, weil, ja, man mich immer ein bisschen kritisiert hat, wenn ich die normalen Biere verkostet habe. Aber, genau über diese normalen Biere findet ja vielleicht ein Weintrinker auch den Zugang zum Bier. Und warum soll auf einem Craft-Beer-Kanal auch normales Bier, was in einem Supermarkt gekauft wird, und das ist die einzige Bedingung, die dieses Bier haben muss, es muss irgendwo auf der Welt aus einem Supermarkt stammen und da versuche ich die Leute eben mit solchen Bieren abzuholen. Das heißt aber nicht, dass es nicht auch ein Craft-Beer gibt, weil mittlerweile das Craft-Beer-Sortiment ja weltweit auch im Supermarkt sehr, sehr hoch ist. Polen, Lidl ist einer der größten Craft-Beer-Händler. Das glaubt man gar nicht, vom Volumen her. Kroatien ist genau dasselbe, Lidl verkauft nach Volumen das meiste Craft-Beer in Kroatien. Und da sieht man mal, dass diese Welt sich einfach anfängt zu drehen und genau da möchte ich die Leute abholen. Ich lade sie auch immer ein, grade für den Supermarktsamstag, mir mal ein bisschen Biertipps zu geben. 50 Prozent sind Leute, die mir vollgesonnen sind und sagen: „Hej, ich habe da ein tolles Bier im Supermarkt gesehen, probier das mal oder, das ist mein Lieblingsbier aus dem Supermarkt. Was sagst denn du dazu?“ Und die anderen 50 Prozent, und ich nehme das tatsächlich auch mit Humor, sind so Biere, wo man sagt: „Jetzt wollen wir mal sehen, wie er das Gesicht verzieht, wenn er es probiert.“ Und insofern ist das immer so ein bisschen mit Augenzwinkern auch manchmal zu sehen und macht einfach riesen Spaß und hält diese Community auch ein bisschen zusammen. Und darum geht es letztendlich, den Spaß beim Bier zu haben. Und den versuche ich zu vermitteln und das ist letztendlich der Sinn und der Zweck dieses Kanals. Und ich mache keine Werbung, ich lasse mich nicht sponsern, was ich vorhin gesagt habe, die meisten Biere, ich sage immer, die meisten Biere, weil es natürlich Brauereien gibt, die inzwischen einem dann auch mal kostenlos da Nachhause schicken oder wenn man sie besucht, einem das Bier auch schenken. Aber grundsätzlich ist schon mein Credo, ich möchte mein Bier bezahlen und möchte dann auch meine Meinung völlig ungefiltert dazu sagen dürfen und das tue ich auch.

Markus: Ja, also dem kann ich nur beipflichten, ist auch meine Philosophie wirklich, also nie nach irgendwelchen Gratis-Bieren oder sowas zu betteln oder zu bitten, sondern mein Anspruch ist auch immer der, ich bezahle es und wenn einem dann mal jemand was schenkt, ist das grundsätzlich okay, aber, eine Abhängigkeit darf da auf gar keinen Fall sein. Ja, also ich muss noch sagen, ich freue mich auch schon drauf, dann Morgen das nächste Video zu sehen. Mal schauen, wie du da oder in welchem Zustand du dann bist nach den 100 Bieren, die wir heute verkosten. Wir müssen jetzt eh gleich noch los zur Best Of Show Verkostung. Euch wünschen wir jetzt noch einen schönen weiteren Tag nach dem BierTalk und vielleicht macht ihr euch auch das ein oder andere Bier aus Österreich oder Polen oder vielleicht auch Deutschland auf. Und vielen Dank, lieber Martin, war ein großes Vergnügen und bis bald mal wieder, tschüss.

Martin Voigt: Servus.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 32 – Interview mit Sam Smith, Inhaber von Samuel Smith’s Brewery in Tadcaster, Großbritannien

Sam Smith trägt einen großen Namen. Schon seit 1758 existiert die Brauerei seiner Vorfahren in der englischen Kleinstadt Tadcaster in Nordengland. Der Ort gilt neben Burton upon Trent als zweites Bier-Mekka der Insel und so nimmt es nicht Wunder, dass die Biere von Sam Smith in der gesamten Welt einen hervorragenden Ruf genießen. Dank einer früheren Kooperation mit der bayerischen Ayinger Brauerei spricht er fließend deutsch und ist schon seit längerem ein guter Freund der BierAkademie und Gastdozent in den Biersommelierkursen. Im BierTalk verkostet er mit Markus und Holger sechs Biere seiner Brauerei, darunter auch einen Cider und das Organic Lager. Ein echter BierTalk der Superlative, wir wünschen viel Spaß beim Zuhören…

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Holger: Hallo Freunde des BierTalks! Wir haben wieder mal ein Special, und zwar die Nummer 32, und gehen nach Great Britain. Unser Gast ist der Sam Smith. Ich sag nur: The Old Brewery. Sam, es ist uns eine große Ehre, dass du bei uns bist. Vielleicht stellst du dich selbst den Hörern vor und sagst auch schon was zu deiner altehrwürdigen Brauerei.

Sam Smith: Danke schön, Holger! Ja, es ist eine große Freude, eine große Ehre, auf dem Podcast eingeladen zu werden. Mein Name ist Sam Smith, ich arbeite bei der Brauerei Samuel Smith. Wir sind eine der ältesten Brauereien Großbritanniens. Wir sitzen ungefähr 250 oder 300 Kilometer nördlich von London entfernt in der Grafschaft Yorkshire. Und wir sind eine ganz alte Brauerei. Die Brauerei wurde im Jahr 1758 gegründet, wurde 90 Jahre später von meiner Familie übernommen. Und ich habe das Glück, die fünfte Generation meiner Familie zu sein, in der Brauerei tätig sein. Wir brauen ein ganz interessantes traditionelles Sortiment an Bieren, die die klassischen englischen Bierstile sind, die durch die neuen Flaschen zur Verfügung stehen oder exportiert werden. Wir freuen uns, dass in der Mitte dieser Craftbier-Bewegung unsere klassischen Biere eigentlich noch relevant und interessanter als vorher sind, weil sie halt die Ursprünge waren, wo die ganze Craftbier-Bewegung herkommt, lang bevor das modisch war.

Holger: Ihr habt schon Craft gemacht, da gab‘s noch gar keine Craft, ne?

Sam Smith: Genau, das stimmt! Das Wort, genau, besteht gar nicht oder bestand gar nicht. Und das war einfach mal ein gutes Bier, normales Bier, das wir sehr gut brauen wollten, lange, lange bevor das ein Wort war.

Holger: Sehr schön! Und Markus, wie geht es dir damit, wenn du Samuel Smith, da läuft einem doch das Wasser im Mund zusammen, oder nicht?

Markus: Ja, auf jeden Fall. Und auf jeden Fall auch Gänsehautfeeling, weil ich sehr gerne in England bin, sehr gerne in London zum Beispiel in den Pubs und großer Fan auch bin von Real Ale. Und dort gibt es natürlich auch einige Sam Smith Pubs. Da bin ich dann auch immer sehr, sehr gerne und habe auch so meine Lieblingsbiere. Also gerade das Porter finde ich ganz, ganz toll, aber auch das Pale Ale und das IPA sind tolle Biere. Und es ist vor allem eine der ganz wenigen Möglichkeiten, diese Bierstile mal so kennenzulernen, wie sie ursprünglich waren. Weil das sonst bei den meisten mittlerweile schon Interpretationen sind und dann viel mit modernen Hopfen oder mit anderen Produktionsmethoden gearbeitet wird. Und das sind auch gute Biere, aber mir macht das auch oft Spaß, mal auf den Ursprung zurückzukommen. Dann noch dazu muss ich sagen: Ich habe die Biere schon lange gekannt und auch lange gerne getrunken und habe dann das Glück gehabt, in Hamburg den Sam zu treffen und dann eben festgestellt, dass er auch noch so gut Deutsch spricht. Das ist natürlich faszinierend und fantastisch und dann haben wir uns auch unterhalten und seitdem bin ich noch mehr Fan davon. Also insofern sehr toll! Ich freue mich sehr auf und über diesen BierTalk.

Holger: Ganz toll! Aber es wird vielleicht auch ein kleines bisschen ein Mix Englisch und Deutsch werden, zum Beispiel Campaign vor Real Ale, das wäre zum Beispiel erklärungsbedürftig. Was ist ein Real Ale?

Sam Smith: Das ist eine gute Frage. Das ist ein Ale, also ein Ale ist ein obergäriges Bier. Das heißt, wird mit einer obergärigen Hefe vergoren und zu höheren Temperaturen als ein untergäriges Bier wie ein Pils. Und normalerweise hat ein Ale so ein obergäriges Bier. Das hat weniger Kohlensäure und das ist vollmündiger als ein untergäriges Bier, als ein Pils, ein Helles. Also das ist Ale. Und dann ein Real Ale ist eine ganz besondere Art Bier, Ale. Das heißt, das ist im Fass vergoren. Also das Bier wird in der Brauerei vergoren wie ein normales Bier. Das ist ein ganz schnelles Verfahren, dauert nur eine Woche, also normale Vergärung dauert, das ist einfach mal, eine normale Vergärung dauert ungefähr eine Woche. Normalerweise wird ein Bier dann gelagert in der Brauerei in einem Tank, aber bei einem Real Ale, da wird gar nichts in der Brauerei gelagert, in einem Tank gelagert, sondern direkt nach der Vergärung wird das in Fässer abgefüllt und ein bisschen die Hefe, es wird auch nicht filtriert. Das heißt, die Hefe ist noch da im Bier. Und es wird gar nicht gekühlt. Das heißt, die Vergärung findet noch statt im Fass und eine zweite Vergärung findet eigentlich im Fass statt. Und dann kommt das in die Gastronomie, in die Kneipe, und das wird gezapft. Und wenn es gezapft wird, dann hört die Vergärung auf und wird gezapft und getrunken. Aber Real Ale heißt, wie gesagt, ein obergäriges Bier, das eine zweite Vergärung ebenfalls hat.

Holger: Jetzt, wenn man so darüber sich unterhält, Real Ale, dann ist es natürlich auch so, dass wir jetzt mal Real Ale auch praktisch erleben müssen. Und dazu müssten wir mal eine Reihenfolge festlegen. Wir haben noch gar nicht so richtig besprochen, wie wir das jetzt hier mit der Reihenfolge machen mit den tollen Bieren, die vor uns stehen. Markus, du darfst dir das Erste aussuchen.

Markus: Ja, das ist wirklich spannend und eine tolle Aufgabe. Vielleicht, um es mal kurz zu sagen, was wir hier haben: Wir haben einmal ein Organic Lager, also ein untergäriges Bier. Da bin ich auch gleich mal gespannt, was der Sam dazu sagt, wie ihm das in die Flasche gekommen ist. Dann haben wir ein Imperial Stout, also ein durchaus kräftiges, dunkles Bier. Da bin ich auch gespannt. Dann ein Nut Brown Ale, was ein sehr schönes Trinkbier sozusagen ist, mag ich sehr, sehr gerne, hat leicht nussige Noten, wie der Name schon sagt, ein Braunbier. Dann gibt’s einen Organic Cider mit Apples, wie es sich gehört, sehr spannend. Und dann haben wir ein Organic Chocolate Stout. Da haben wir dann wirklich richtig Schokolade und Kakao. Das ist vielleicht fast so ein bisschen der Nachtisch. Und dann haben wir noch das IPA. Also insofern gar nicht so einfach. Ich würde mal sagen, ich würde mit dem Brown Ale anfangen. Da fühle ich mich jetzt, glaube ich, gerade am wohlsten. Es sei denn…

Holger: Das ist ja wieder klar, als Franke suchst du dir High Drinkability aus. Aber warum nicht mit dem Cider beginnen?

Markus: Naja, wenn du das möchtest, können wir auch mit Cider anfangen.

Sam Smith: Passt auch!

Holger: Nein, ich meine, das ist ja das, was ich immer sage, ich bin glücklich, wenn du glücklich bist. Also auf jeden Fall! Aber Nut Brown Ale, und ich gebe dir recht, also absolut, kann man immer gut trinken, ist wahnsinnig lecker.

Markus: Wir können ja mal den Sam fragen: Würde der Engländer eher mit dem Cider anfangen oder eher mit dem Brown Ale?

Sam Smith: Ha-ha-ha! Gute Frage! Es ist schwierig, mit wem ich einverstanden bin. Ich muss eigentlich, den Holger wahrscheinlich würde ich wählen, und zwar den Cider am Anfang zu haben.

Markus: Also gut! Dann bin ich überstimmt. Nun machen wir den Cider auf, ist ja auch die größte Flasche. Insofern alles gut! Ich mach mal auf. So! Ist auch ein bisschen Premiere, weil ich glaube, wir hatten noch nie einen Cider im BierTalk, oder Holger?

Holger: Nein, wir hatten noch nie einen Cider im BierTalk. Absolut richtig!

Markus: Faszinierend! Na dann! Wer möchte mal beschreiben? Möchtest du, Holger, soll ich?

Holger: Nein, ich denke, du hattest es nicht haben wollen und wir haben dich jetzt dazu überredet, da darfst du es auch gleich beschreiben.

Markus: Na super! Wunderbar! Ich mache das jetzt mal so ähnlich, wie ich es bei Bier machen würde. Wir haben auf jeden Fall eine ganz, ganz schöne, so hellgoldene Farbe. Und was ich toll finde, ist, dass da so ganz feine Kohlensäurebläschen in Fäden nach oben aufsteigen, so ähnlich wie in einem Champagner. Das ist schon mal ganz schön. Und wenn man reinriecht, dann ist es in der Tat auch ein Aroma, was einen so an einen Champagner oder Sekt erinnert. Hat aber auch natürlich Apfelnoten dabei. Ist ja auch aus Äpfeln gemacht. Ah! Ein bisschen laktische Noten auch und ein bisschen so Gewürz.

Holger: Wenn du vielleicht für die Hörer kurz erklären würdest, was sind laktische Noten? Es kann durchaus Menschen geben außerhalb von Franken, die das nicht wissen.

Markus: Das stimmt! Das hat so ein bisschen milchige Noten, die da so ein bisschen ins Spiel kommen. Das hat was mit der Vergärung zu tun. Jetzt probiere ich mal einen Schluck. Oh ja, da ist ein sehr schönes, aber auch gefährliches Aromenspiel. Also es fängt sehr süß an, geht dann über in so eine leichte Säure und klingt dann sehr harmonisch aus. Dazwischen prickelt es schön auf den Mund. Und ist eigentlich so, dass man gar nicht merkt, dass da überhaupt Alkohol drin ist, geschweige denn die 5 %. Also kann ich mir gut vorstellen, dass da schon manche Leute da sich etwas überschätzt haben. Aber es ist ein tolles Getränk, also macht mir Spaß und ist tatsächlich, muss ich euch recht geben, ein guter Start in so einen BierTalk hineinzugehen. Also in dem Sinne nochmal „Prost!“. Und Holger, vielleicht magst du was ergänzen?

Holger: Ja, also für mich ist es so, wenn ich jetzt hier rausschaue, dann ist es schon irgendwie November. Und dieses Bier erinnert mich einfach noch mal an eine ganz andere Jahreszeit. Das ist, als würde man über so eine blühende Apfelbaumwiese wandern und diese herrlichen Düfte einatmen. Und dann denkt man schon darüber nach, wie das dann irgendwann im Herbst ist, wenn die Äpfel reif werden und man da reinbeißt und es knackt, wenn man den Apfel anbeißt und die Fruchtexplosion dann auf dem Gaumen stattfindet. Und dieses Leichtfüßige habe ich jetzt auch im Mund. Und das erinnert mich ganz furchtbar an Frühling. Und was kann es Besseres geben im November als an Frühling zu denken. Weil ihr müsst euch mal vorstellen, ihr wärt jetzt als Vögelchen geboren irgendwann im Mai und ihr würdet jetzt merken, wie sich die Natur verändert. Und da macht man sich doch Sorgen. Und wenn man dann aber weiß, es kommt wieder Frühling, dann wird alles sofort viel leichter. Aber so ein neugeborenes Vögelchen weiß das gar nicht. Und da denke ich darüber nach, wenn ich dieses Bier trinke oder vielmehr diesen Cider trinke.

Markus: Ich bin mir gar nicht so sicher, ob du sie nicht aus Versehen schon ausgetrunken hast, wenn man dir so zuhört. Aber interessant ist, wenn man bei uns jetzt in Bamberg zu einer Brauerei gehen würde und sagen würde, „Komm! Mach doch mal ein Apfelwein, einen Cider“, dann würde der mir wahrscheinlich den Vogel zeigen und würde sagen „Du spinnst! Ich mache Bier und fertig.“. Sam, wie ist das denn, warum macht ihr Cider? Macht ihr das schon lange? Ist das neu? Und ist das normal in England?

Sam Smith: Zuerst, Holger, möchte ich mich bei dir bedanken für die lebendige Beschreibung. Ich fühle mich also wirklich, das ist sehr schön beschrieben, ich fühle mich, als ob ich jetzt in einem Frühling unter den Bäumen sitze mit der Sonne über uns. Danke! Das war sehr schön. Ja, ist das normal? Ich würde sagen, normalerweise nicht. Die meisten englischen Brauereien brauen keinen Cider, genau, wie du sagst, das ist kein Bier. Und Bierbrauer, Brauereien wollen normalerweise nur Bier brauen. Aber für uns ist das ganz normal, ganz natürlich, dass wir auch gerne Cider möchten. Das Verfahren, einen Cider zu machen, ist nicht ganz anders als ein Bier zu machen. Es ist eigentlich ein bisschen einfacher. Es gibt wenige verschiedene Prozesse und nur in einem Tank vergoren wird das. Und deswegen sind es ähnliche Tanks und bruchsicher und ähnliche Tätigkeiten wie ein Bier zu brauen. Und haben wir gedacht, möchten wir auch ganz gern machen. Cider ist ein relativ, man trinkt, also ich weiß es nicht genau, aber ich schätze, dass vielleicht 5 oder 10 % Cider wird getrunken im Vergleich zu Bier, also schon relativ große Mengen. Und wir wollen einen richtig hochwertigen Cider brauen, das so hochwertig ist und qualitativ hochwertig ist wie unsere Spezialitäten-Biere. Es gibt viele Ciders, die sehr süß sind, die sehr künstlich sind und ganz wenige Äpfel drin haben. Die sind so die Massen-Merkmale Cider, die in sehr, sehr großen Mengen in England getrunken werden, die billigen Ciders. Und es gibt auch einige Ciders, die oft von Bauern in Südwest-England in der Nähe von Bristol gemacht werden. Und die sind oft wolkig und die sind auch relativ sauer und nicht leicht zugänglich für jemand, der Cider nicht so gut trinkt. Also wir wollten nicht richtig süß sein wie die Massenmarkt-Ciders, aber wir wollen genug Süße darin haben, dass es lecker ist und dass normale Profi-Cider-Trinker das schön gut kennenlernen können. Aber wir wollen auch ein bisschen Säure darin haben, so richtig Apfelsäure darin haben. Und das Bier jetzt mit, also das heißt nicht süß, nicht sauer, in der Mitte, schön saftig und lecker und aber ein bisschen Trockenheit dazu auch. Und es wird mit nur biologischen Äpfeln, normale Äpfel enthalten ganz viele künstliche Pestizide und Dünger, und wir sind stolz, dass hier diese Äpfel gar nicht, gar nichts Künstliches reinkommt, die sind aus biologischem Anbau. Und genau wie du sagst, es schmeckt ein bisschen wie die Säure, erinnert ein bisschen vielleicht an Champagner. Und das ist ganz richtig, es wird mit einer Champagner-Hefe vergoren, damit diese feinen Spitzen dastehen.

Markus: Da kommt für mich alles zusammen, muss ich sagen. Also wenn du von dieser Ausgewogenheit sprichst, das ist quasi wie bei einem Kellerbier, nur eben mit Äpfeln. Also insofern sind wir doch wieder ein bisschen zu Hause. Okay, war jetzt vielleicht ein bisschen schwierig der Weg, aber ich finde es ganz witzig. Aber ich finde es überhaupt interessant, dass ihr dieses Thema Biologisch ganz viel in der Brauerei habt. Vielleicht nochmal ganz kurz zu dem Cider: Seit wann gibt es den und ist das für euch ein wachsendes Segment?

Sam Smith: Ja, ich glaube, wir machen diesen Cider seit vielleicht schon seit 15 Jahren, und Cider, der biologische Cider und in den Flaschen. Und ich würde sagen, dass unser, wir machen Cider insgesamt also in Fässer, die wir in den Pubs in England verkaufen, schon seit mehreren Jahren, schon seit 13 Jahren oder so. Aber wir wollen zehn Jahre, genau, wie du sagst, viele von unseren Bieren und unseren Produkten sind mit biologischen Produkten, biologischen Zutaten, nur mit biologischen Zutaten gemacht, wie dieses Cider. Nicht alle, aber es ist ungefähr die Hälfte. Und für uns ist das ganz wichtig. Wie gesagt, besonders bei den Äpfeln ist das ganz, ganz wichtig, weil die so viele künstliche Stoffe, Pestizide und Dünger enthalten, gar nicht bei uns. Auch für Malz und die Hopfen, für die biologischen Biere, das ist ganz wichtig. Und es ist viel, viel besser für die Erde, dass nichts Künstliches drin kommt. Die Wissenschaftler sagen, dass diese Erde viel länger dauern wird. Es hat natürlich Fertility, ich weiß das nicht, wie man das auf Deutsch sagt.

Markus: Fruchtbarkeit, denke ich mir.

Sam Smith: Fruchtbarkeit, genau! Erde hat eine natürliche Fruchtbarkeit, weil es im biologischen Anbau ist, wo das angebaut wird. Und anstatt die normale Erde, wo die Fruchtbarkeit ausstirbt, langsam ausstirbt, das passiert nicht, wenn das Land im biologischen Anbau ist. Deswegen ist das für uns ganz wichtig.

Holger: Und es ist auch noch vegan.

Sam Smith: Es ist auf vegan. Genau!

Holger: Sehr gut! So! Jetzt haben wir genug über Cider gesprochen, jetzt müssen wir zum nächsten Real Ale.

Markus: Darf ich noch eine kleine Sache anmerken?

Holger: Natürlich!

Markus: Nur der Vollständigkeit halber und eben für unsere Hörer noch. Es gibt natürlich den Cider aus den Äpfeln, es gibt aber auch einen Perry, was ich persönlich auch sehr, sehr gut finde. Da wird eben statt Apfel Birne genommen und ich bin ein sehr großer Freund der Birne. Und der Perry hat einen ganz tollen schönen Birnengeschmack. Deswegen, also den mag ich auch sehr gern. Kann ich nur empfehlen. Und es gibt noch andere Fruchtbiere, die dann mit Kirschen, mit Erdbeeren, mit Himbeeren oder mit Aprikosen gemacht sind. Also ein spannender Teil des Portfolios, wenn man sich mit Sam Smith beschäftigt. Klar, sind die Biere im Vordergrund, aber diese fruchtige Ecke sollte man nicht vergessen. So! Jetzt bin ich aber auch schon ruhig.

Holger: Unbedingt! Ganz tolle Ergänzung. Danke dafür! Genau, richtig! Einen Perry finde ich auch super übrigens. Und was man auch vielleicht noch sagen muss, die Etiketten, also das muss man auch noch mal sagen, also nicht nur bei den Fruchtbieren, sondern insgesamt gibt es so unglaublich schöne Etiketten. Und die alleine schon sind es wert, sich einen Samuel Smith zu kaufen oder zu bestellen und dann auch noch mal sich am Etikett zu erfreuen. Also das muss ich auch noch mal sagen. So, jetzt aber! Also du hast jetzt Nut Brown Ale so in den Ring geworfen. Und wenn ich jetzt da richtig, weiß nicht, ich wäre dann doch noch davor bei dem Organic Lager, ehrlich gesagt.

Markus: Naja, gut! Dann müssen wir deiner Münchner Zunge ein bisschen etwas Gutes tun, die auch ein bisschen Ruhrgebietszunge ist. Und deswegen vielleicht lieber auf das Lagerbier. Ist ja auch okay. Und das kenne ich auch noch nicht. Insofern bin ich auch sehr, sehr gespannt drauf. Also von mir aus sehr, sehr gerne. Pure Brewed Organic Lager. Ich mach’s mal auf.

Holger: Mach mal auf! Und Sam, das ist wirklich ein Novum. Wir reden jetzt die ganze Zeit über Real Ale und jetzt kommt auf einmal so ein untergäriges Lagerbier durch die Tür. Also Lager und untergärig, ist das nicht irgendwie böse, also in der Welt der Real Ales? Oder ist das nicht so?

Sam Smith: Ha-ha! Nein, ein gutes Bier ist egal, ob es übergärig ist oder untergärig ist, egal, ob es im Fass ist, in der Flasche ist, in der Dose ist, alle Biere können, kein Bier ist unbedingt böse, nur weil es so eine Sorte ist, so ein Stil ist. Also es handelt sich, böses Bier ist meiner Meinung nach nur das, was mit künstlichen Stoffen gebraut wird und keine gute Qualität hat. Aber nur, dass es untergärig ist, das trinke ich ganz gerne und wir brauen ganz gerne sehr, sehr gutes untergäriges Bier. Aber ja, wie du sagst, das ist kein traditioneller englischer Bierstil, weil es untergärig ist. Aber wir haben die Idee, wir wollen untergäriges Bier auch brauen. In England ist das eigentlich, das ist das meiste Bier, solche Lagerbiere. Aber wir wollen das richtig gut brauen, wir wollen nichts Künstliches brauen, wir wollten das authentisch machen, so wie die beste Brauer in Deutschland und der Tschechei und die besten traditionellen Pils und Helles brauen. So ein richtiges, authentisches untergäriges Bier wollen wir brauen. Das heißt, vor 14 Jahren oder so hat eigentlich dieses Bier, könnte man sagen, seinen Ursprung in Deutschland eigentlich, weil wir eine Verbindung mit der Brauerei Aying bei München hatten. Und wir haben so ihre Biere und Genehmigungen bei unserer Brauerei gebraucht, und wir ließen uns von der Universität Weihenstephan beraten, um ein richtiges untergäriges Bier zu brauen. Und die Genehmigung, die Verbindung mit der Brauerei Aying ist ganz freundlich zu Ende gekommen. Aber seine Ursprünge und wie das Bier, die Prozesse, die Methoden, die wir von ihnen gelernt haben, benutzten wir immer noch, um dieses Bier zu brauen. Und das heißt, nach dem Reinheitsgebot, nur diese vier Rohstoffe. Und das heißt, mit einer untergärigen Hefe vergoren zu ganz niedrigen Temperaturen. Und das heißt, eine sehr lange Lagerung, die in der Regel ungefähr fünf Wochen dauert, bei -1 bis 1 Grad gelagert, damit es ein richtig hochwertiges Lager am Ende kommt. Und das ist eher so, ich würde sagen, es ist, obwohl das Bier, das wir in Bayern gelernt haben, ich würde sagen, dass unser Organic Lager eher in die Richtung Pils ist als Helles. Und das wird auch mit nur biologischem Malz und biologischem Hopfen gebraut. Und das Bier kommt sehr, sehr gut an. Ein seltenes Beispiel von einem sehr, sehr hochwertigen englischen untergärigen Bier.

Holger: Ja, super! Ich habe mir erlaubt, während dem du das so schön erklärt hast, schon einen Schluck zu nehmen und ein bisschen, also ein ganz kleines bisschen bin ich jetzt schon wieder bei der Wiese. Weil es ist einfach so hellgolden im Glas und so eine trockene Gerste ist in der Nase. Und der Antrunk ist auch ein herber, herber als ein typisches bayerisches Helles, also kann an ein Pils erinnern. Und dann so kleine, kleine Säurearomen und dann aber auch Limette und schon wieder ein bisschen Apfel auch habe ich dabei. Aber es ist sehr, sehr schön ausbalanciert, also diese Säure und der Hopfen wirkt total schön ausbalanciert. Und in meinen Augen schmeckt das richtig frisch und blumig und eben nach frischgemähter Wiese. Und da bin ich jetzt dann schon wieder in so einer anderen Jahreszeit, also das wäre jetzt so ein richtig tolles schönes Sommerbier. Aber die goldene Farbe, die passt dann wiederum auch zum Herbst. Und dann muss man auch noch mal sagen, so Authentic Pure Brewed Organic Lager, das ist doch geil. Und auch wieder vegan übrigens. So, Markus! Jetzt bist du dran und darfst mich gerne noch ergänzen.

Markus: Ja, das mache ich natürlich sehr, sehr gerne. Und ich muss auch wirklich sagen, ich bin echt begeistert. Also ein sehr schönes Bier, was sich auch sehr schön trinkt. Ich muss sagen, aus fränkischer Sicht könnte man auch sagen, es ist vielleicht ein bisschen Pils, wobei wahrscheinlich es im Endeffekt doch eher ein Helles ist. Also mir schmeckt das total gut, das ist total weich, es ist total rund. Ich glaube, so ein bisschen das Geheimnis ist das Wasser, weil es wirklich unglaublich weich ist. Ich habe, glaube ich, jetzt in Deutschland, ja, also klingt vielleicht doof, aber ich glaube, ich habe noch nie ein Helles getrunken oder ein helles Lager, wie auch immer, was so schön weich auf der Zunge ist, was sich so schön trinkt. Also das ist ganz, ganz angenehm. Ja, das ist gefährlich auch wieder, weil dadurch trinkt man es natürlich sehr gerne. Und mir hat auch übrigens das Etikett wieder sehr gut gefallen, das macht richtig Lust, macht auch ein bisschen neugierig. Ja, also wirklich sensorisch ganz toll. Ich habe auch noch ein paar Fragen an den Sam, aber vielleicht willst du vorher zu mir noch was ergänzen?

Holger: Nein, ich weiß gar nicht, Sam, wie ist das eigentlich mit den Gläsern? Jetzt könnte ich mir vorstellen, bei diesem schönen Lager, da ist jetzt so ein normales Pint-Glas irgendwie nicht richtig, also meine ich zu mindestens. Wie ist das, wie geht ihr dann mit dem Thema Glaskultur da an der Ecke um?

Sam Smith: Was wir empfehlen, das Glas, unser markiertes Glas für dieses Bier ist eigentlich eher wie ein deutsches Weizenbierglas, so ein engeres und größeres Glas. Das empfehlen wir ganz gerne. Und wenn man das auch in kleinen Mengen genießt und probiert, so ein Weinglas passt eigentlich ganz gut. Aber genau, wie du sagst, ein normales Pint-Glas würde dazu nicht perfekt passen.

Holger: Markus, du hast noch Fragen?

Markus: Ja. Ich meine, einerseits würde mich einfach interessieren, wie das denn überhaupt funktioniert? Also wir wissen ja, eine untergärige Hefe, die man für so ein Lager braucht, tut sich schwer in einer Brauerei, wo viel obergärige Hefe ist, weil die obergärige sich dann meistens durchsetzt. Also wie kriegt ihr das hin, diese beiden Biere parallel zu brauen? Und ja, vielleicht auch so die Idee, was war so euer Vorbild? Also wenn du jetzt gesagt hast, Aying, also hattest du da so ein Pils oder Helles aus Bayern im Kopf? Oder wolltet ihr einfach ein schönes International Lager machen? Oder was war so die Idee?

Sam Smith: Um die erste Frage zu beantworten, wie wir die zwei Hefen beieinander, wie das alles passiert? Also ganz einfach gesagt: Weil unsere Brauer sehr, sehr gut sind und durch ihre Tätigkeiten. Wir haben besondere Tanks, die wir nur für dieses Bier und diese Hefe benutzen. Wir haben unsere ganz traditionellen Schieferbottiche wie unsere Yorkshire Squares, wo wir unsere Ales, unsere obergärigen Biere in diesen einzigartigen Bottichen werden die vergoren. Aber ganz anders in einem anderen Gebäude in der Brauerei sind unsere Stahltanks und nur da wird diese Hefe und dieses Bier gebraut, damit es anders behandelt wird und bei den niedrigeren Temperaturen gebraut und gelagert werden kann. Es gibt einige englische Brauereien, die so ein Lager brauen, aber es wird eigentlich mit ihrer ganz normalen obergärigen Hefe gebraut. Wir sagen, nein, wir wollen das richtig machen, das authentisch machen mit genau der richtigen Hefe. Das Leben für unsere Brauer ist nicht einfacher, ist schwieriger deswegen, aber wir wollen das richtig machen mit der richtigen untergärigen Hefe. Und das schmeckt man, da schmeckt man die Qualität, diese leicht spritzigen Noten, die man in so einem untergärigen Bier erwarten sollte. Warum so dieser Stil? Ja, also wir wollten, das ist ganz viele Jahre her, vor 40 Jahren oder so, wollten wir richtig gutes untergäriges Bier brauen. Die meisten anderen englische Brauereien haben nur billige europäische, ganz große Marken eingekauft oder unter Lizenz dann eingekauft, um in England zu vertreiben. Aber nein, wir wollten unser eigenes brauen und richtig qualitativ hochwertig das brauen. Und haben dann die, also mein Vater ist eigentlich und ein Kollege von ihm sind nach München geflogen, weil die wussten, dass da sehr gutes Bier gebraut wird. Und die haben dann so eine Kneipe in München gefunden, wo das sehr beliebt war, und Aying in großen Mengen gefunden wurde. Und die haben gesagt „Wow! Dieses Bier ist ja super. Und wir wollen diese Brauerei besuchen.“. Die haben dann am nächsten Tag die Brauerei besucht. Haben dann die Besitzer kennengelernt, den Besitzer kennengelernt. Und irgendwie, ich weiß nicht genau, mein Vater konnte kaum Deutsch, der Herr Inselkammer in der Brauerei konnte kaum Englisch, aber irgendwie haben die so ein gutes Gespräch gehabt und eine schöne Beziehung ist zustande gekommen. Wir waren von ihren Bieren sehr beeindruckt und wollten etwas Ähnliches bei uns brauen. Und deswegen ließen wir uns von der Universität Weihenstephan beraten, um das richtig zu machen. Und in ihrer Brauerei, in der Brauerei Aying wird ein Helles, ein sehr, sehr gutes Helles und Jahrhundert-Bier gebraut, so ein Exportbier. Und es wird auch ein Pilsbier getrunken, das sehr herb ist. Und ich würde sagen, dass unser Bier, unser Pure Brewed Organic Lager, das ist ungefähr in der Mitte zwischen diesem ganz herben Pils und diesem sehr malzigem Helles.

Holger: Wer jetzt keine Lust bekommt, mehr Biere von Samuel Smith zu probieren, der ist selbst dran schuld. So! Jetzt, Markus, jetzt kommt die Stunde der Wahrheit.

Markus: Moment, Moment, Moment, Moment!

Holger: Ah!

Markus: Oh! Eine winzige Frage habe ich noch.

Holger: Ah!

Markus: Eine ganz kurze Frage.

Holger: Er lässt uns wieder nicht trinken. Wahnsinn, Wahnsinn!

Markus: Ja, ja, ja, na gut! Du musst halt etwas haushalten. Du hast ja noch ein paar Bier. Nein, ich habe nur noch eine ganz kurze Frage. Und zwar lag ich denn richtig mit dem Wasser? Also verwendet ihr ein besonderes Wasser in Tadcaster und hat das vielleicht auch einen Einfluss auf dieses Bier?

Sam Smith: Das ist eine sehr gute Frage. Wasser ist ja so eine wichtige Zutat. Also bei uns, unser Bier, wir haben unsere eigene Quelle, die vor mehr als 250 Jahren gegraben wurde. Und aus dieser Quelle kommt ein sehr hartes Wasser, das für obergärige Biere sehr perfekt geeignet ist. Und das werden wir schmecken, wenn wir unsere obergärigen Biere probieren. Aber um so ein Lager, so ein untegäriges Bier zu brauen, braucht man ein sehr zartes Wasser. Das heißt, wir verändern unser Wasser, um ein zartes Wasser zu machen, um dieses Bier zu brauen. Und genau, also wir haben uns viel darum gekümmert, das richtige Wasser, um dieses Bier richtig zu brauen, und das behandeln wir, um das herbeizubringen.

Markus: Faszinierend! Danke schön! Und eine allerletzte Frage, damit wir den Holger noch auf die Folter spannen. Ich habe bei euch gesehen, ihr habt auch noch ein Wheat Beer im Portfolio, also ein Weizen. Da hätte ich nur einmal die Frage: Ist das auch so aus dieser deutschen Zeit übernommen? Und vielleicht die Frage: Warum heißt das denn Bier und nicht Ale?

Sam Smith: Wir sind mit der Brauerei Aying in Verbindung gekommen, weil wir Pils brauen oder untergäriges Bier brauen wollten. Und da haben wir auch entdeckt, dass in Deutschland oder in Bayern auch diesen leckeren Bierstil Weizenbier auch ganz gern braut und ganz gern trinkt. Und haben gedacht: Okay! Dann haben wir Lust mal, das auch zu brauen. Und das ist dann zustande gekommen. Wir glauben, was wir brauen, was ganz Gutes gibt. Fast keine englischen Brauereien, die ein Weizenbier brauen, es ist jetzt unser eigenes Rezept nach dem Ende der deutschen Genehmigung. Aber das ist schon ähnlich wie die deutschen, wie die Brauer bayerischen Weizen, ist ganz lecker, kommt sehr, sehr gut an. Es heißt Wheat Beer, nicht Wheat Ale, weil in England, man ist daran gewöhnt, man hat eine Idee im Kopf, was ein Ale ist, das ist so ein bisschen wärmeres Bier, ein bisschen dunkler, ein bisschen vollmundiger. Und ich glaube, während ein Weizenbier ganz anders ist. Das ist nicht so vollmundig wie ein normales Ale und mit diesem Bananengeschmack ist etwas ganz anderes, das ist eine ganz andere Richtung. Und ich glaube, das würden die englischen Trinker verwirren, wenn das sich Ale nennen würde.

Holger: Soll ich noch mal versuchen, wir könnten, also wenn du nicht wieder den Frageonkel machst, jetzt zum nächsten Bier kommen. Und das wäre dann sogar dein Bier. Also was du dir die ganze Zeit schon wünschst. Und jetzt wäre es soweit. Also bist du bereit?

Markus: Ich bin absolut bereit, keine Frage. Aber man muss doch die Gelegenheit nutzen, wenn man den Sam jetzt schon mal am Rohr hat, diese Dinge zu fragen, weil das einfach sehr spannend ist. Also gut, aber jetzt mache ich hier das Nut Brown Ale auf. Ich freue mich schon total. Und …

Holger: Ich auch.

Markus: Ja! Das ist jetzt wieder zu Hause. Ein wunderschönes rotbraunes rostbraunes Bier, klar filtriert, aber sehr schön leuchtend. Es strahlt mich richtig an mit diesem roten Stich im Braun. Oben der Schaum sehr kompakt, auch braun, schön haselnussbraun würde ich sagen, steht auch ganz fest. Jetzt rieche ich mal dran.

Holger: Man müsste noch mal zählen, wie oft du jetzt braun gesagt hast.

Markus: Mache ich selten, aber weil wir jetzt diese ganze Zeit eben was Helles hatten jetzt. Jedenfalls, heißt ja auch Nut Brown Ale. Und es riecht auch noch so. Das heißt, wir haben also ganz schöne Karamellnoten, natürlich nussige Noten in der Nase, ein bisschen rote Beeren, ein bisschen Toffee auch. Ja, richtig schön weich. Das macht richtig Lust, da jetzt auch ein Schlückchen zu nehmen. Mache ich jetzt auch gleich mal. Und das ist auch wieder ganz schön vom Spiel her. Also es fängt an, ist so süß, karamellig, dann ist die Kohlensäure da und die ist so ganz kompakt und moussierend. Also so richtig schön, als würde man praktisch Schaum trinken, so ein bisschen vom Gefühl her. Das macht das auch ein bisschen fluffig. Und dann kommt so eine leichte, bittere Note auch dazu, die überwiegt dann am Schluss immer mehr. Und es bleiben auch so nussige Töne schön im Mund, so wie eine schöne geröstete Haselnuss, wie man das so kennt. Moment! Ich muss noch mal probieren. Jetzt ist das Glas auch schon gleich leer. Aber es trinkt sich total schön, also sehr weich, sehr rund. Und es ist vor allem ein richtig volles Aroma, also ein ganz, ganz dicht, ein schöner, voller Körper. Und dadurch, dass wir diesen schönen karamelligen und cremigen moussierenden Charakter von dem Bier haben, ist das auch so ein richtiges Erlebnis mit jedem Schluck. Also ich bin begeistert, es erfüllt genau meine Erwartungen und deswegen kann ich nur sagen „Prost auf dieses wunderbare Bier!“.

Holger: Ich kann da fast nichts ergänzen, nur dass ich sagen kann, es ist auch seit langer, langer Zeit ein wirkliches Lieblingsbier von mir. Aber das harmoniert mit der fränkischen Zunge fast wie kein anderes Bier. Das sag ich euch. Das ist so harmonisch, malzaromatisch und man glaubt, man lutscht ein Toffee-Bonbon. Auch da, Sam, herzlichen Glückwunsch! Das ist Wahnsinn. Immer noch besser und besser und besser, also das ist einfach schön. Ich kann nur noch mal sagen, wenn man jetzt über Bierkulturen auch spricht und dann natürlich in das tolle Nachbarland Belgien blickt, dann hat man natürlich eine unglaublich spannende Welt. Aber die britische Bierkultur, die ist auch sehr beachtlich und man muss fast hinfahren. Also man muss fast hinfahren und eine britische Bierreise machen. Also das wäre toll. Da wäre dann Tadcaster auf jeden Fall auch ein Halt, wo man durchaus mal zwei Tage verweilen kann. Du kannst vielleicht ein bisschen erzählen, wie sieht‘s bei euch aus? Wie ist es da, wo du lebst? Hat das viele Berge oder ist es gar nicht bergig oder ist das Wetter immer schön wie in Somerset, oder? Wie ist es da bei euch?

Sam Smith: Danke, ich freue mich, dass das Bier so gut ankommt. Genau, wie du sagst, das ist ganz wichtig, ist dieses Thema so Bierkultur. Und wo wir sitzen, im Norden Englands, das, so ein Brown Ale ist ein ganz typischer oder ganz traditioneller Bierstil aus dieser Gegend, aus diesem Gebiet aus dem Norden Englands. Die berühmteste heißt Newcastle Brown Ale. Newcastle ist eine große Stadt im Norden Englands. Aber das Bier ist wahrscheinlich ein bisschen süßer, weil dieses Bier auch so ein richtiges Brown Ale ist, aber ein bisschen trockener ist und diese richtig vollmundige, nussige Geschmacksnoten haben. Ich würde allen empfehlen, so eine britische Bierreise zu machen. Und unsere Heimatstadt Tadcaster sollte auf jeden Fall ein Halt sein. Das ist nur eine ganz kleine Stadt mit 6000 oder 7000 Einwohnern. Das ist fast, also es ist eigentlich ein Dorf, würde man sagen. In dieser Stadt, in dieser ganz kleinen Stadt gibt es drei Brauereien. Das ist fast die Brauerei-Hauptstadt Englands. Es gibt zwei, die sehr, sehr große Brauereien sind. Einmal gehört dem Heineken und einmal gehört dem Molson Coors. Und die sind zwei von den größten Brauereien Großbritanniens, Millionen Hektoliter werden gebraut. Und dann ihr Nachbar sind wir, der ganz kleine Nachbar, der immer noch unabhängig ist und immer noch nicht von den großen Nachbarn ausgetötet worden ist. Und davor haben wir Stolz, dass wir, wenn wir noch überleben in dem Schatten von den Riesen-Brauereien, riesigen Brauereien. Und das ist eine ganz alte Stadt, die wurde von den Römern gegründet. Es gibt keine Berge da, es gibt ganz schöne Flüsse dadurch fließt. Und wir haben Stolz, dass fünf Tage in der Woche wird von uns unser Bier mit unseren Pferden ausgeliefert. Wir haben drei kaltblütige weiße Pferde, die fünf Tage in der Woche Bier auf dem Kutscher da die Fässer ausliefern an die Pubs in der Stadt. Und das ist schon eine ganz schöne Sicht, das jeden Tag zu sehen. Und natürlich gibt es wie bei allen Brauereien diesen ganz schönen Geruch in der Luft, wenn eingemaischt wird.

Holger: Jetzt kriegt man noch mehr Lust. Also Wahnsinn! Jetzt kommen wir vielleicht zu einem Lieblingsbier von mir, nämlich dem Chocolate Stout oder Organic Chocolate Stout. Wir haben jetzt schon gelernt, dass es immer Zutaten sind aus biologischem Anbau und die dann auch mit exzellentem Geschmack begeistern. Ich weiß nicht, seid ihr bereit für dieses tolle Organic Chocolate Stout?

Markus: Na ja, da muss ich mal umdrehen und sagen, ich bin glücklich, wenn du glücklich bist. Und wenn du das jetzt brauchst, dann sollst du es haben. Ich trinke es immer sehr gerne, muss ich sagen. Insofern freue ich mich schon drauf und mach‘s gleich mal auf.

Holger: Sehr gut!

Markus: Was erzählt es dir denn, dieses Bier?

Holger: Ich kann nur sagen, man möchte es gar nicht trinken, sondern man möchte es wegriechen. Das ist unglaublich. Es ist, das ist wirklich wie Schokolade und Kaffee in einem. Man denkt irgendwie an einen warmen Kakao. Was natürlich jetzt wieder wunderbar zur Jahreszeit gehört. Und denkt an Sahne und Zimtkuchen und frisch gebrühtem Kaffee und geröstetem Malz. Ich trinke jetzt mal einen Schluck. Also auch da wieder diese samtige Mundgefühl, was wir heute schon hatten, und diese intensiven Aromen, und dann natürlich auch dieser unglaubliche Mahagoni-Ton im Glas. Da kann man sehen, was Bier sein kann. Oder, Markus?

Markus: Ja, absolut! Ein ganz faszinierendes Bier. Ich stimme dir hundertprozentig zu, alleine schon die Farbe, dieses schöne Mahagoni, dunkle Braun, auch wieder mit einem leichten Rotstich obendrauf, ein schöner dunkelbrauner Schaum. Und dann hat man eben dieses wunderbare schokoladige Aroma. Zumindest für alle, die Schokolade lieben, aber das sind glaube ich 95 % aller Menschen, ist das wirklich ein ganz, ganz großer Genuss. Ich glaube auch für viele eher unbekannt. Also man kennt schon Biere, die leicht schokoladig sind, aber so schokoladig, das ist wirklich selten. Das ist wirklich sehr, sehr schön und erlebe ich auch immer wieder, wenn ich das mit Leuten verkoste, dass die erst mal völlig geflasht sind und eigentlich fast schon denken, wie du schon gesagt hast, man trinkt fast einen Kakao. Und das Ganze dann eben noch als Bier mit der Erfrischung, mit dem Mundgefühl ist ganz faszinierend. Was ich auch noch kennengelernt habe dabei, es gibt zum Beispiel auch dieses Sherry Beer von Sam Smith. Was wir schon probiert haben, ist, dass man dann dieses Chocolate Stout mit dem Sherry Beer mischen kann. Am Ende kommt dann ein Schwarzwälder Kirschkuchen dabei raus, von der Aromatik her. Das ist auch ganz toll, mit Leuten einfach mal zu spielen, weil wir in Deutschland völlig vergessen haben, dass man Biere mischen kann. In anderen Bierkulturen ist es völlig üblich, aber bei uns ist das ganz vergessen. Und mit diesen beiden Bieren zum Beispiel kann man das ganz augenfällig mal demonstrieren. Sam, ich bin dir sehr dankbar für dieses Bier, muss ich wirklich sagen.

Holger: Hier spielt natürlich auch das harte Wasser eine gute Rolle. Das ist für so ein Bier, denke ich, ideal. Und auch dieses samtige Mundgefühl, da kommt dann wieder diese eigene Quelle mit, ich weiß nicht, was ihr habt, wie viel Grad deutsche Härte, aber du hast gerade gesagt, das ist sehr, sehr hart. Das stelle ich mir hier auch ganz besonders optimal vor.

Sam Smith: Das stimmt, das stimmt auf jeden Fall! Das Wasser hat eine sehr große Rolle zu spielen bei diesem Bier und eigentlich bei allen unseren Ales. Das Wasser besitzt über Kalkstein in unserer Stadt und wegen dieses Kalksteins kommt diese Mineralität und das ist perfekt für das Mundgefühl. Genau, wie du sagst. Alle unsere Biere, aller unsere Ales, die sind vollmundig, sie sind malzig und das kommt durch dieses Wasser aus unserer eigenen Quelle, das den Charakter an den Bieren gibt. Was auch passiert, ist, wir haben unsere eigenen einzigartigen Vergärungsbottiche, die heißen Yorkshire Squares. Yorkshire ist unsere Grafschaft und Square ist Vierecken. Und die bestehen aus Schiefer und die sind offene Bottiche. Und durch die Vergärung in diesen Bottichen, die ungefähr eine Woche dauert, entsteht, ist das Bier am Ende so schon vollmundig und hat diesen fast kräftigen Charakter durch diese Vergärungsmethode und auch wegen des Wassers. Und deswegen passt dieses vollmundige Bier sehr, sehr gut zu dem Schokoladengeschmack. Alle beide sind schon balanciert miteinander. Man würde nicht ein dünneres Bier haben wollen mit Schokolade, dünneres Bier vielleicht beim untergärigen Bier perfekt, aber nicht bei so einem kräftigen dunklen Bier will man ein bisschen dieses Mundgefühl haben. Das kommt, diese malzige Mundgefühl, was wegen des Wassers kommt und durch diese Vergärungsmethode. Genau, wie du sagst.

Holger: Wir haben jetzt schon oft so Querverweise auf andere Biere aus eurem Sortiment gemacht, und in dem Zusammenhang möchte ich unbedingt noch hinweisen aufs Oatmeal Stout, auch mit einem unglaublichen Mundgefühl. Und das Taddy Porter, also das ist auch ein Bier, das diesem Bierstil wirklich alle Ehre macht. Markus, kennst du das?

Markus: Ja, absolut! Habe ich vorhin schon gesagt, gerade das Taddy Porter ist eins meiner Lieblingsbiere, das ich wirklich eigentlich immer, wenn ich in London bin, mindestens einmal trinke, meistens öfters, oder mehrere Abende, je nachdem, wie man das sehen mag. Also auf jeden Fall ganz, ganz faszinierend. Und gerade diese dunklen Biere, ich bin sowieso ein Freund der dunklen Biere und der malzbetonten Biere, und das macht mir richtig viel Spaß, weil man das tatsächlich gerade in England nicht immer in der Qualität bekommt. Das gefällt mir wirklich richtig gut. Und auch wieder ein bisschen so der Verweis auf die Geschichte. Auch dieses Porter führt zurück zu den Ursprüngen von dem Bierstil. Da hätte ich jetzt allerdings eine Frage bei diesem Chocolate Stout, das ist wahrscheinlich jetzt kein historisches Bier, oder? Seit wann gibt es das oder wie kamt ihr auf die Idee, da mit Kakaobohnen zu spielen?

Sam Smith: Stout ist bei uns ganz historisch, ganz traditionell, also wir brauen schon Stout und Porter seit 200 Jahren. In unserer ganzen Geschichte haben wir immer Stout gebraut und sehr gutes Stout, richtig gut, weil unser Wasser so gut dafür geeignet ist. Ein gutes Stout hat immer so ein bisschen Geschmack an Schokolade, an trockene Schokolade. Und deswegen kamen wir auf die Idee vor 15 Jahren oder so ein Bier, das eigentlich Kakao benutzen würde, um diesen trockenen Schokoladengeschmack ein bisschen zu verstärken. Genau, also Kakao, biologischer Kakao, was wir hier benutzen, ist kein traditioneller Rohstoff in Bier. Natürlich, ich glaube nicht nach dem Reinheitsgebot. Aber wir haben das Gefühl, wir sollten uns nicht nur auf die vier normalen Zutaten vom Bier, wir sollten uns nicht nur darauf einschränken. Wir haben das Gefühl, das ist so wie ein guter Koch, der möchte ganz interessante verschiedene natürliche hochqualitativ hochwertige Rohstoffe benutzen, um interessantes gutes Bier zu brauen, das zu uns passt, das zu unserem Wasser passt, das zu unserer Gärmethode passt und das zu unserer Geschichte passt, weil wir seit vielen Jahren uns so gut auskennen mit Stout zu brauen.

Holger: Tja! Und jetzt glaubt man gar nicht, dass man jetzt zu einem Finale kommt, was ein wahres Finale ist und seinem Begriff auch alle Ehre macht. Jetzt kommen wir doch dann zum Imperial Stout. Imperial würde man übersetzen als kaiserlich. Und Markus, das obliegt dir jetzt wieder die Ehre, dann das Imperial Stout als Finale ins Glas zu schenken und uns zu berichten, was du erlebst.

Markus: Ja, grundsätzlich sehr gerne, die nehme ich auch total gerne an diese Ehre.

Holger: Aber du hast jetzt noch wieder eine Frage, oder?

Markus: Nein. Oder Jein, je nachdem. Aber haben wir nicht das IPA vergessen?

Holger: Ja, können wir auch machen.

Markus: Wenn du vom Finale sprichst, müssen wir …

Holger: Du möchtest jetzt das India Ale noch mal in die Runde werfen?

Markus: Genau, das kannst ja du machen und dann übernehme ich wieder mit dem Imperial Stout. Das wäre doch eine …

Holger: Ja, du bist so frech, machst du jetzt das India Ale und ich mache das Imperial Stout.

Markus: Das ist unglaublich! Aber gut, dann machen wir das so und dann machen wir das mal auf. Moment! Da muss ich auch sagen, ich trinke es meistens nicht alleine, also nicht nur, dass ich es gerne mit anderen Menschen trinke, sondern ich habe gerne das Pale Ale und das India Ale nebeneinander. Weil ich das so spannend finde, weil es diese beiden klassischen englischen Bierstile sind, die, glaube ich, mehr oder weniger ein gleiches Grundrezept haben, aber das India Ale wesentlich mehr Hopfen hat. Das merkt man hier schon, also wenn man es anschaut, erstmal diese wunderschöne goldene Farbe, die mich schon so ein bisschen anstrahlt, und der schöne weiße Schaum obendrauf. Und dann, wenn man eben reinriecht, dann hat man so diese klassischen, hopfigen Aromen, grasig grün, ein bisschen Zitrus, und sehr intensiv, was einen so richtig auch ein bisschen packt. Und wenn man dann einen Schluck nimmt, Moment!, dann hat man wieder dieses cremige Mundgefühl. Das fängt auch erstmal so ein bisschen malzig an und dann übernimmt aber der Hopfen und übernimmt die Bittere und ist dann richtig intensiv, richtig präsent, nicht zu präsent, und sorgt aber dafür, dass dann, wenn man getrunken hat, so richtig der Mund trocken wird und man dann so nach und nach dieses Bedürfnis hat einfach den nächsten Schluck wieder zu nehmen. Das ist sehr, sehr rund, sehr, sehr schön, sehr angenehm. Und ich finde, man kann, wenn man das dann mit dem Pale Ale zusammen vergleicht, sehr schön diese Evolution von diesem Bierstil mitbekommen, wie man eben merkt, okay, wie funktioniert das, wenn ich mit dem Hopfen mal anders arbeite, aber trotzdem dieser schöne Körper mit dem schönen Malz da ist. Und das gefällt mir richtig gut und deswegen trinke ich das auch gerne und kann nur sagen „Prost!“ und freue mich auch, dass das so ein ursprüngliches India Ale ist, wo ich jetzt nicht sieben, acht Prozent habe und nicht durch Hopfenstopfen ganz viele tropische Früchte oder irgend sowas. Das ist auch toll, aber so wie dieses India Ale sind halt die Biere, die man auch in den Pubs bekommt. Und da merkt man auch, dass das eigentlich auch ein Bier ist, was die Leute einfach gerne mal am Abend trinken, wo es gar nicht um Extreme geht, sondern einfach um ein schönes Bier, was man trinkt. Und Holger, wie geht’s dir?

Holger: Ich stelle mir jetzt einfach einen schönen Burger dazu vor, weil dazu würde es exzellent passen. Aber im Prinzip hast du es getroffen, also ich habe eigentlich nichts zu ergänzen. Sehr schön, sehr schön!

Sam Smith: Dieses Bier ist wie der Markus sagt, das ist so ein ursprüngliches IPA, bevor in den USA dieser Stil da beliebt wurde. Der Stil wurde am Ende des 19. Jahrhunderts erst gebraut, um nach Indien von England nach Indien gebracht zu werden über die Meere. Und es wurde mit mehr Hopfen gebraut, weil der Hopfen dem Bier eine längere Haltbarkeit gegeben hat während der langen Reise, das sehr heiß war. Dieser Stil wurde dann sehr gut angenommen in den USA und da wird das mit amerikanischen Hopfen gebraut. Deswegen haben wir die amerikanische IPA das sehr gut angekommen ist, das oft nach viel Zitrus schmeckte und viele oft nach Pampelmuse und oft manchmal relativ süß ist mit dem New England IPAs und sehr, sehr fruchtig. Aber dieses ist wie es ursprünglich war. Wir glauben ganz ähnlich wie diese ersten IPAs, die in England gebraut wurden für Indien, für die indische Kolonie. Und das war dann nur mit englischen Hopfen gebraut. Das ist mit diesen klassischen Hopfensorten, die heißen Fuggles und Goldings. Und statt Zitrus und Pampelmuse schmecken die nach, die sind schon erdig und fast würzig, würde ich sagen. Wenn die hohen Mengen benutzt werden, so wie in diesem Bier, aber nicht extrem bitter und diese Erdigkeit und diese fast Würzigkeit ist ganz interessant. Das man nur hat, wenn man in großen Mengen englische Hopfen hat. Das ist erst ein interessantes Beispiel davon, das eigentlich ganz selten ist und es passt sehr gut zu dem guten Malzkörper und ist balanciert und nicht extrem oder aggressiv.

Holger: Da kann man nichts mehr sagen, oder Markus?

Markus: Nein, absolut! Ich kann nur unseren Hörern wirklich empfehlen, also einerseits, ihr müsst mal nach England fahren und in den Pubs als Real Ale eben Pale Ales und IPAs und Porters und Stouts verkosten, um einfach mal eine Erdung zu bekommen, einen Eindruck zu bekommen, wie diese Bierstile ursprünglich mal gedacht waren und wie sie schmecken. Dann versteht man auch sehr viel besser, wie die modernen kreativen Bierstile daraus entstanden sind. Und andererseits kann man ihnen auch nur empfehlen, bestellt euch mal dieses Paar aus Pale Ale und India Ale, um auch da den Unterschied mal für sich so ein bisschen zu erfassen und zu memorieren und zu sagen, okay, so ist das gedacht und so ist das gedacht und das ist die Basis. Das ist für mich immer wieder gut und verwende ich auch gerne in unseren Kursen, um den Leuten da so eine Basis auch zu geben, um sich dann später diesem Thema Pale Ale und IPA auf die moderne Art und Weise mit all den Vielfältigkeiten und verschiedenen Stilen, die es da heute gibt, zu nähern. Oh je! Langer Satz. Ich habe noch nicht genug Bier getrunken, aber mache ich jetzt. Prost! Und jetzt kannst du zum Finale.

Holger: Du hast mir die Moderation, quasi die Anmoderation, komplett versaut. Deshalb weiß ich gar nicht mehr, was ich sagen soll. Jetzt kommt halt das Imperial Stout.

Markus: Du hattest glaube ich über Imperial und kaiserlich und sowas gesprochen.

Holger: Ja, ja, genau! Das hatte ich alles gemacht, aber das ist jetzt verpufft. Deshalb, jetzt mach’s halt auf.

Markus: Ach, na gut! Dann versuche ich es noch etwas glorios zu machen, was ja auch schön ist. Also unser Finale für heute ist jetzt unser Imperial Stout. Das kommt schon in einer besonderen Flasche daher, das ist vielleicht auch was, dass diese Flaschen von Samuel Smith sind sehr elegant, also sehr hoch im Verhältnis, und man hat dann oben so eine schöne Gold, wie sagt man, Stanniolpapier, wie auch immer, jedenfalls ein schönes goldenes Papier oben drüber, was das Ganze so ein bisschen krönt wie eine kleine Krone.

Holger: Halsbanderole nennt man das.

Markus: Ja, ja, schon, aber das Material?

Holger: Goldpapier.

Markus: Na gut! So hätte ich es dann auch sagen können. Auf jeden Fall eine goldene Krone oben auf dem Bier und dann versteht man auch, warum das Ding da obendrauf Kronkorken heißt. He-he! Und hier haben wir auch ein ganz, ganz schönes Etikett, was wirklich auch richtig so den Eindruck vermittelt, dass es sich hier um ein ganz edles Bier handelt. Wir sehen da auch ein paar Medaillen drauf zum Beispiel. Und dann steht richtig schön Imperial Stout. Jetzt bin ich mal sehr gespannt, ich mache das mal auf. Ha! Da ist es. Wir haben schon ein bisschen übers Thema Stout gesprochen bei dem Chocolate Stout und jetzt haben wir eine Farbe, die noch intensiver, noch dunkler ist und sehr schön trotzdem diesen leichten orangegoldenen Schimmer hat, rötlich, was so aus dem Glasboden hochleuchtet. Und obendrauf jetzt wirklich ein sehr schöner dunkler und sehr kompakter Schaum. Wenn man das riecht, dann erinnert das einen so ein bisschen an des Chocolate Stout. Also wir haben auch ein bisschen schokoladige Aromen, aber natürlich auch so Kaffee, ein bisschen trockene Beeren, ein bisschen Rosinen, Karamell, Toffee kommt auch wieder rüber, Röstaromen allgemein, ein bisschen Lakritz vielleicht sogar. Ich probiere mal. Hmm! Da merkt man schon, das ist jetzt ein sehr selbstbewusstes Bier. Also das sagt uns richtig viel, erzählt uns so eine richtige Geschichte. Es fängt richtig intensiv an mit diesen Karamellaromen, mit den Röstaromen. Dann übernimmt die Schokolade, dann hat man so ein bisschen wie Malzkaffee fast und dann kommt ein bisschen Lakritz vielleicht dazu, und hintenraus wird’s dann leicht bittersüß, so ein Spiel zwischen beiden Geschmäckern und klingt dann mit diesem cremigen Mundgefühl fast ein bisschen sahnig aus. Also ganz, ganz interessant, ganz, ganz spannend. Und ist dann aber auch dafür, dass es eigentlich mit seinen 7 % gar nicht so schwach ist, trotzdem ein leichter Trunk. Also sehr selbstbewusst, sehr voll, sehr intensiv, aber trotzdem gut zu trinken. Und das ist wirklich ein ganz tolles Bier. Es ist auch mittlerweile, nachdem wir doch schon eine Stunde hier am Reden sind, ein bisschen wärmer geworden. Das tut ihm auch gut, also ein Bier, was durchaus ein bisschen Temperatur vertragen kann. Und wirklich ein grandioses Finale ist, also es schmeckt mir richtig gut. Oder was sagst du, Holger?

Holger: Sage ich ja, Finale. Und ich glaube, das wird in diesen Yorkshire Squares fermentiert, oder nicht, Sam?

Sam Smith: Ja. Da hast du absolut recht. Da wird das auch vergoren, fermentiert und hat immer den gleichen Charakter wie die zwei vorherigen Biere dieses Mundgefühl, diese Malzige, fast Mineralische, Vollmundigkeit, das aus dem Wasser kommt, aus den Yorkshire Squares kommt. Dieses Bier ist ein bisschen stärker, 7 %, aber das heißt, es ist noch vollmundiger als die zwei vorherigen. Aber das ist nicht zu kräftig, nicht zu dick oder es ist immer noch leicht zu trinken, immer noch, man will immer noch einen Schluck nehmen. Und nicht oder sowas wir ein stärkeres Bier sein kann. Und genau, dieser Lakritzengeschmack, ein bisschen bittere Schokolade, ein bisschen …

Markus: Rauchig.

Sam Smith: … rauchig, genau, danke, ein bisschen rauchigen Geschmack, alles schon sehr balanciert, auch intensiv.

Holger: Ich glaube, es ist auch wahnsinnig komplex, oder?

Sam Smith: Mhm (bejahend).

Holger: Das ist so ein richtig komplexes Geschmacksbild. Mir fällt dazu ein, Affogato, wisst ihr, was ein Affogato ist?

Markus: Der Espresso?

Sam Smith: Ich weiß nicht, was das ist.

Holger: Nein, das ist ne Vanilleeiskugel und da wird dann einfach ein Espresso drüber geschüttet, ein heißer Espresso. Und ich könnte mir jetzt vorstellen, das würde mit dem Bier auch gut funktionieren. Also man nimmt eine Vanilleeiskugel und schüttet einfach ein bisschen von diesem Imperial Stout über diese schöne cremige Vanilleeiskugel und löffelt es dann aus. Und dann wird wahrscheinlich an einem Sonntagnachmittag die Schwiegermutter dich anhimmeln und sagen, oh, so einen schönen Eiskaffee habe ich nicht mal in Italien verkosten dürfen. Was gibt es Schöneres als die Schwiegermütter glücklich zu machen, oder?

Sam Smith: Das stimmt, das stimmt! Das kann man gut. Das ähnelt sich schon ein bisschen wie ein Espresso, das man zu einem Affogato gut nutzen könnte. Das ist dieser intensive Kaffeegeschmack. Ich finde, es ist mindestens ganz interessant, wenn ich darüber nachdenke. Also wir sagen, dieses Bier schmeckt ein bisschen nach Kaffee oder Espresso. Solche Biere mit geröstetem Malz würden in Europa, zu mindestens in England, ich glaube auch in Deutschland, schon seit mehreren Jahrhunderten gebraut, schon lang, bevor Kaffee nach Europa gebracht wurde und in großen Mengen getrunken wurde und normal wurde. Das heißt, wir sagen, dieses Bier schmeckt ein bisschen nach Kaffee oder Espresso, aber vor 200 Jahren, als die Europäer Kaffee getrunken, entdeckt haben, hätten sie gesagt, dieses Getränk, dieser Kaffee schmeckt wie mein Bier. Das heißt, Bier ist, solche Bierstände sind ja traditionell, so eine lange Geschichte wie unser Imperial Stout.

Holger: Markus, dir gebührt das Schlusswort, würde ich sagen.

Markus: Ich bin immer noch ganz glücklich und ganz erwärmt von diesem Bier, das mir echt sehr viel Freude macht und das wirklich ein sehr schönes krönendes Finale für unseren BierTalk ist. Und dann sage ich, Sam vielen, vielen Dank! Also das hat uns wirklich richtig viel Freude gemacht, auch mal einen Einblick in die englische Bierwelt mit dir zu bekommen. Und ich hoffe, dass unsere lieben Hörerinnen und Hörer das auch zu schätzen wissen und kann euch nur einladen. Also wohlgemerkt, unser Podcast ist völlig werbefrei, also wir sagen einfach nur unsere Meinung, aber natürlich reden wir auch in der Regel mit Leuten, wo wir wissen erstens, sie wissen was sie tun, und zweitens macht es uns Spaß, mit ihnen ihre Biere zu trinken. Deswegen also hier wirklich ein ganz großes BierTalk-Fest, das wir mit euch zusammen erleben dürfen und ich jetzt mit Holger und Sam zusammen erleben durfte. Also von meiner Seite aus vielen Dank und heute noch einen schönen Abend!

Holger: Dem kann ich mich nur anschließen. Sam, 1000 Dank! Es war wunderbar.

Sam Smith: Danke schön, Holger! Danke schön, Markus! Das war ein großes Vergnügen. Hat mich sehr gefreut und viel Spaß gemacht, die Biere allen vorzustellen.

Markus: Auf jeden Fall!

Holger: Macht’s gut! Ciao!

Markus: Ciao!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 31 – Interview mit Conrad Seidl, dem Bierpapst aus Wien, Österreich

Conrad Seidl ist der Bierpapst. Punkt. Der clevere österreichische Journalist erkannte schon zu Beginn seiner Nebenjob-Karriere in der Bierwelt, welche Bedeutung eine starke Marke hat. Als gläubigem Katholiken und echtem Genussmenschen war ihm die Idee des persönlichen Gerstensaft-Pontifikates nicht fern und so sicherte er sich die Marke und tritt seitdem als Bierpapst auf dem internationalen Parkett auf. Passend dazu verfasste er auch einen Bier-Katechismus sowie über 20 weitere Bücher rund um das Thema Bier, als bekanntestes wohl den „Bier Guide“ für Österreich. Inzwischen gibt es zudem noch einen Youtube-Kanal und eine eigene Bierreportagereihe für eine Fernsehproduktionsfirma. Ganz grundsätzlich ist Conrad außerdem ein feiner, scharfsinniger und humoriger Bierfreund, der nicht zuletzt aufgrund seiner vielen Reisen in die Welt auch viel zu erzählen hat. Freut Euch auf einen spannenden Biertalk mit dem Heiligen Vater des Bieres…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute ein Special aus unserem lieben Nachbarland Österreich entlang der Austrian Beer Challenge, wo wir zum Bier-Verkosten da sind. Ich bin heute mit einem ganz besonderen Gast verabredet, mit dem ich heute auch schon zusammen Biere verkosten und auch schon Staatsmeister küren durfte, nämlich seiner Hoheit oder Eminenz, wie auch immer man das richtig sagt, dem Bierpapst Conrad Seidl. Conrad, stelle dich doch unseren Hörern mal kurz selber vor, damit sie sich ein Bild machen können, mit wem sie es jetzt zu tun haben.

Conrad Seidl: Ich bin der Conrad, ich habe in meiner Jugend begonnen, Bier zu trinken, dies auf einer sehr unprofessionellen Art. Denn ich habe Bier getrunken einfach, weil es mir geschmeckt hat. Später bin ich draufgekommen, es schmeckt viel, viel besser, wenn man über das Bier auch mehr weiß. Ich bin in meinem Hauptberuf, den ich jetzt auch schon an die 40 Jahre ausübe, Redakteur, politischer Redakteur einer Tageszeitung. Wenn du den ganzen Tag über Politik schreibst, brauchst du nachher ein Bier. Ein ist jetzt kein Zahlenwort, es sind mehrere. Und beim Bier lösen sich auch bei vielen Leuten die Zunge. Wenn du mit einem Politiker auf ein Bier gehst, nach dem zweiten Bier erzählt er dir, wie die Dinge wirklich sind. Und daher habe ich auch durchs Bier viel über Politik gelernt. Und durch die Politik das eine oder andere über Bier.

Markus: Vielen Dank! Also zwei Dinge, die wirklich auch ein bisschen zusammengehören. Hast du noch andere Parallelen vielleicht gefunden zwischen Bier und Politik?

Conrad Seidl: Ja. Ein Ding ist, dass natürlich auf dem Markt politische Gesetze herrschen und dass wir gerade in den letzten drei Jahrzehnten, in denen ich mich wirklich sehr intensiv, auch journalistisch mit Bier auseinandergesetzt habe, würde ich eine hohe Konzentration auf dem Markt festgestellt haben. Und dass wir sehen, dass sehr große Bierkonzerne, die drei größten haben ungefähr die Hälfte des Weltbiermarkts, das ist schon ganz ordentlich. Und es ist spannend zu sehen, was die tun gegeneinander, miteinander auf manchen Märkten. Und natürlich ist auch interessant, was da für Biere herauskommen, weil entgegen den allgemeinen Vorurteilen gibt es sehr, sehr viele Biere aus großen Konzernen, die sehr gut trinkbar sind, und einige, die ich aber jetzt nicht erwähne, die ich eher nicht trinken würde.

Markus: Aber das finde ich schon mal eine ganz wichtige Botschaft, wo wir auch als BierAkademie immer versuchen, den Leuten das näher zu bringen, dass eben dieses alte Paradigma groß gegen klein, gut, schlecht, wie auch immer, dass das so einfach nicht stimmt. Sondern dass es einfach Vielfalt gibt und eben auch unterschiedliche Zwecke und Philosophien und eben Anwendungsgebiete.

Conrad Seidl: Und das ist natürlich eine Frage eines politischen Urteils. Es gibt viele Leute, die sehen, dass ihr Konsum, das haben wir so aus der 68er Bewegung übernommen, da war ich noch recht klein, da war ich erst zehn Jahre alt, aber das Prinzip, naja, dein Handeln ist stets ein politisches Handeln. Es gibt Leute, die sind von ihrer Grundhaltung her antikapitalistisch und sagen, ja, von den Großen darfst du nichts kaufen. Die werden dann aber oft sehr demütig, wenn sie von einer Krankheit befallen sind, die sie nur wegbringen durch die Leistungen der großen auf Kapitalismus aufbauenden Pharmakonzerne. Sie sagen dann zwar, ja, in einer sozialistischen Welt wäre das viel besser. Nur in der sozialistischen Welt, wissen wir, gibt es keine wirksamen Medikamente. Es gibt dort meistens nicht einmal gutes Bier.

Markus: Und da können wir, glaube ich, froh sein, wir sind beide viel unterwegs, dass wir schon überall auf der Welt spannende Biere trinken durften. Vielleicht …

Conrad Seidl: Nicht überall auf der Welt. Meine Ausflüge nach Saudi-Arabien, das waren sehr trockene Sachen. In der Wüste und kein Bier, das ist furchtbar.

Markus: Das stimmt! Wobei mir mal ein Braumeister erzählt hat, dass sich so ein saudi-arabischer Prinz einen Anhänger hat bauen lassen, wo er in den Anhänger eine Brauerei nebst Kühlanlage hineingebaut hat. Und wenn die dann ihre Kamelrennen hatten, dann stand dieser Anhänger immer so ein bisschen nebenbei und dann sind die so heimlich währenddessen dahin und haben sich dann ihr Bier geholt. Also ist da vielleicht der Weg des Mannes zum Bier …

Conrad Seidl: Es gibt auch viele Saudis, die zum Beispiel nach Kuwait oder in andere Länder oder Abu Dhabi fahren, wo man dann sagen kann, da kriegt man dann legaler Weise Bier. In Dubai habe ich ein Hofbräuhaus München gesehen, die haben dort einen Brew Pub und da sieht man halt diese Herren im weißen Abendkleid, die halt dort aufs Bier hinkommen. Die kommen aus Saudi-Arabien.

Markus: Interessant finde ich auch, dass es da auf jeden Fall immer auch eine sehr emotionale Bindung zum Thema Bier gibt. Vielleicht jetzt nicht unbedingt in Saudi-Arabien, aber ich erinnere mich an eine Sache, wo ich in China war, und sie mir dann ganz stolz zum Abendessen eine Flasche Tsingtao Bier serviert haben. Allerdings brühwarm und in einem sehr schlecht gespülten Glas. Aber ich musste das und wollte das natürlich auch überspielen, weil für die war das fast schon so ein heiliger Akt zu sagen, wir haben hier jemand aus Deutschland und haben hier von dieser Brauerei ein Bier für dich, und haben das extra für mich geholt. Und da merkt man schon, wie da auch eine Beziehung zum Thema Bier da ist, nicht nur in den klassischen Bierländern, oder?

Conrad Seidl: Es gibt großen Stolz fast überall aufs Bier. Ich habe wahrscheinlich zu einer ähnlichen Zeit wie du das erlebt hast, war ich einmal in Rumänien, da haben wir so kurz nach der Wende eine Zahnklinik hingebracht mit dem Roten Kreuz. Und da hat dann der Bürgermeister ein Essen ausgerichtet, bei dem gab’s lokalen Wein. Und ich habe unhöflicherweise gefragt, ob es nicht ein Bier gäbe. Da hat der Bürgermeister irgendwie verfallen im Gesicht, hat dann aber jemanden beauftragt, im Krankenhaus anzurufen, weil die haben meistens für die Ärzte so zwei, drei Flaschen, zwei, drei Flaschen Bier gehabt, weil dort war die Versorgungslage damals 1990 noch sehr, sehr schlecht. Dann ist tatsächlich mit einer Ambulanz mit Blaulicht das Bier für mich gebracht worden. Das war mir schon sehr peinlich.

Markus: Wobei, da sind wir jetzt bei der anderen Frage, die sich vielleicht der ein oder andere Hörer auch stellt. Wie wird man denn zu einem Bierpapst? Also wie funktioniert das? Hast du irgendwann eine Eingebung gehabt, hat man dich ernannt oder hast du dir irgendwann überlegt? Wie kommst du dazu?

Conrad Seidl: Die Marke Bierpapst habe ich mir schützen lassen. Das ist ein geschützter Markenname, auch um sicherzugehen, dass nicht jemand mit einem Bierpapst-Lokal oder einem Bierpapst-Produkt anderer Qualität auf den Markt kommt. Das ist ein Ding, wo ich sage, ja, ich nütze die Marke, ich bin nicht geneigt, da sehr viel zu lizenzieren, schon gar nicht in Bier, weil da würde meine Neutralität darunter leiden. Aber vielleicht in (unv. #00:07:39.3# Käse?)?

Markus: Das klingt allerdings sehr spannend. Gibt’s denn Attribute rund um dieses Thema Papst, wo du sagst, das findest du spannend? Also man sagt zum Beispiel, der Papst ist unfehlbar oder hat eine gewisse Weisungsbefugnis. Also sind das so Sachen, wo man auch gerne mit diesem Image ein bisschen spielt? Kann ich mir vorstellen …

Conrad Seidl: Selbstverständlich! Nur, wenn man sich mit der Theologie ein bisschen näher beschäftigt, dann weiß man natürlich, es gibt das Unfehlbarkeitsdogma des Papstes auch erst seit dem späten 19 Jahrhundert. Aber diese Unfehlbarkeit ist ja keine absolute. Auch der Heilige Vater in Rom ist so weit fehlbar, dass er sagt, in einer Streitfrage kann er letztgültig entscheiden, bis ihn möglicherweise ein Konzil in der gesamten Weisheit der Kirche richtigstellt. Es ist kein Mensch völlig unfehlbar, aber das Unfehlbarkeitsdogma in der katholischen Kirche hat ja den Sinn, dass man sagt, man schafft zunächst einmal Frieden, Roma locuta causa finita. Jetzt ist mal Ruhe. Und es ist oft sehr wichtig, dass man in Streitfragen sagt, zumindest auf eine Zeit ist einmal Ruhe, dann nachher kann ein Parteitag, wir sind wieder bei der Politik, oder eine Generalversammlung oder was immer, ein Aktionärskonvent, vielleicht in eine andere Richtung vorgehen. Aber es ist schon richtig, dass man ab und zu Frieden schafft, um zu sagen, jetzt reden wir mal über was anderes.

Markus: Und das merken wir auch zum Beispiel an einem Jurytisch, wo ab irgendeinem Zeitpunkt man auch mal sagen muss: Wir einigen uns jetzt und dann ist auch mal gut. Und wir können uns auf die nächsten Dinge praktisch so ein bisschen weiterbewegen.

Conrad Seidl: Da habe ich mal eine Jurysitzung gehabt, das war beim (unv. #00:09:37.6#) Festival, was schon vom Namen her sehr interessant ist, in Monk’s Café in Seattle. Und dort hatten wir so lauter sehr, sehr starke Biere, Barry Wines. Und das war eine Jurysitzung, in der sich alles blockiert hat. Also es war ganz klar, welche 15 oder 20 dieser Starkbiere will man jetzt nicht in weitere Betrachtung ziehen, aber es waren alle einig von den Juroren, welche die drei besten Biere sind. Aber es war so, dass es sechs Juroren waren und jeweils zwei haben eines als das Beste gehabt, und es war unglaublich schwierig, wir mussten diese sehr guten Biere, muss man sagen, glaube ich, fünfmal neu codieren lassen, bis sich dann irgendjemand geschlagen gegeben hat. Das war nicht (unv. #00:10:38.6# ich), aber es hat sich dann jemand geschlagen gegeben, hat gesagt: Okay! Um des lieben Friedens willen haben wir jetzt hier diese Reihung gehabt. Und dann war es gut.

Markus: Vielleicht noch kurz, weil wir gerade da waren, würdest du sagen, du bist ein religiöser Mensch? Ist das auch ein Teil deines Lebens?

Conrad Seidl: Ja, selbstverständlich! Ich glaube, es wäre absurd zu sagen, der Papst ist kein Katholik. Tatsächlich, also auch da muss man sagen, ich habe das Vergnügen, die Ehre, die Auszeichnung, dass ich Mitglied der Bruderschaft Santa Maria dell‘Anima in Rom bin. Das ist einer der letzten rechtlichen Überreste des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. Als dieses im Jahr 1806, nach den Historikern ist der Begriff Reichsdeputationshauptschluss vielleicht noch in Erinnerung, als das Heilige Römische Reich Deutscher Nation aufgelöst worden ist, hat man festgestellt, da gibt es einige Institutionen, die nicht nur dem Kaiser unterstehen, sondern in diesem Fall dem Kaiser und dem Heiligen Vater in Rom. Und das ist die Bruderschaft Santa Maria dell’Anima, eigentlich eingerichtet worden im Mittelalter als eine Betreuung von, damals hat man gesagt, sächsischen Pilgern, also von deutschsprachigen Pilgern, die nach Rom gekommen sind. Und da gibt’s eine Kirche und eine Priester-Bildungsanstalt. Und dann gibt es eben diese Bruderschaft, die direkt dem Heiligen Vater untersteht. Und da habe ich die Ehre, Mitglied zu sein.

Markus: Ja, habe ich auch gelesen, finde ich sehr spannend. Und habe mir dann auch überlegt, da kommt man vielleicht ab und zu auch natürlich wieder zum Bier, aber auch zur Politik, weil zum Beispiel sind Leute Mitglied wie Reiner Haseloff oder auch wie der Bischof Tebartz-van Elst, wo man dann auch immer mal wieder so politische Themen hat. Wird sowas dann in der Bruderschaft auch diskutiert oder muss man da …?

Conrad Seidl: Nein, nein. Nein, das ist eine rein spirituelle Frage. Hier geht es darum, dass man sich darum sorgt, was Seelsorge ist. Dass man sagt, was hat uns Gott zu geben, was hat uns die heilige Maria von den Seelen zu geben. Sie sollte unsere Seelen beflügeln und manchmal tut sie es, manchmal vielleicht nicht ganz so, aber da geht es nicht um irgendwelche kirchenpolitischen oder sonstigen Themen, da geht es um das Wichtigste, was es auf der Welt überhaupt gibt, das ist Seelenheil. Und wir haben als Biertrinker das Glück, dass wir uns zumindest eine Vorstellung vom Seelenheil machen können, wenn wir in der Situation sind, dass wir ein gutes Bier trinken und dann sagen, der Herrgott meint es gut mit uns.

Markus: So! Wie ihr hört, sind wir natürlich auch bei einem Bier, bei einem ganz besonderen Bier. Das bringt uns jetzt wieder zurück zu dem Thema. Vielleicht beschreibst du mal kurz, was wir für ein Bier haben. Das ist ja auch eines, das du mehr oder weniger mit ausgesucht hast, dass es jetzt hier überhaupt da ist. Und ich finde das auf jeden Fall ein ganz spannendes Beispiel für eben ein innovatives, modernes Bier. Aber wie würdest du das beschreiben?

Conrad Seidl: Also ein Bier, das ihr in Deutschland nicht machen dürft, weil das ist kein Reinheitsgebotsbier. Der Name sagt ja schon, Champagne Isabella Sour Ale. Also Sour Ale dürft ihr machen, ihr dürft die Würzesäuren, ihr könnt allem möglichen Tricks mit Milchsäure machen. Aber hier in diesem Fall, man sieht das auch sehr schön, weil die Farbe so ins Orangerosa hineinwirkt. Also für dich im Bamberg muss das eine vertraute Farbe sein. Es dort ein paar schöne Fassaden gibt, die diese Farbe haben.

Markus: Ja.

Conrad Seidl: Und das kommt daher, dass in diesem Sour Ale Traubensaft von der Isabella-Rebe zugesetzt wird. Das ist eine alte Rebe, also eine Rebe aus der Zeit vor dem schrecklichen Einfall der Rebläuse im 19. Jahrhundert. Und das ist ein Direktträger, eine Rebe, die im Ruf steht, dass der daraus gewonnene Wein ziemlich aggressiv macht. Hier also natürlich nur in geringen Mengen dabei. Weil es wird etwas von diesem Traubensaft, dem nachgärenden Bier zugesetzt. Dadurch kommt dann noch einmal Zucker, Fruchtzucker hinein. Und dieser wird dann noch einmal mit einer Champagnerhefe vergoren. Champagnerhefen für so sehr widrige Umstände, höhere Alkoholgehalte, höhere Drücke aushalten. Damit bekommen wir ein sehr stark, englischen Namen, Highly Atannuated Beer. Bei uns würde man sagen, man nennt sie auch fruchtvergorenes Bier. Wenn man hineinriecht, riecht man das, also die Älteren werden sich vielleicht erinnern, in den 1970er Jahren war es eigentlich typisch für den (unv. #00:16:05.2#) Champagner, dass der einen Hefeduft gehabt hat. Wir haben also hier einen leichten Hefeduft. Wir bekommen einen Duft nach Früchten, das ist natürlich von der Isabella-Traube. Da kommt auch sowas, fast eine Erinnerung an Erdbeeren hinein. Und wenn man dann antrinkt, stellt man fest, ein sehr gut eingebautes CO2, eingebaute Säure. Der Hopfen macht hier was, aber er macht‘s nicht bitter, sondern er gibt dem einen leicht adstringierenden Effekt auf dem Obergaumen. Und viele Leute, die das trinken, speziell, wenn man das so in einem normalen Bierglas trinkt, dann schüttest du das hinein und denkst, leichtes Summer Ale. Nein, das ist ein Bier mit 6,8 % Alkohol. Ich habe dasselbe Bier dann einmal aus einem Bordeaux-Glas getrunken. Da trinke ich mit weniger als der halben Geschwindigkeit, weil man es da wirklich dann tröpfchenweise genießt. Und ich bin durchaus ein Mensch, der Starkbiere liebt, aber man muss sie ja nicht im Übermaß genießen, sondern man muss sie genießen.

Markus: Auf jeden Fall! Ich finde es ein ganz, ganz faszinierendes Bier, auch durch dieses schöne Spiel mit der Säure, mit der Fruchtigkeit. Es hat für mich eben auch Elemente von Bierstilen, die gerade so ein bisschen en vogue sind, also diese Italian Red Ales oder auch das brasilianische Catharina Sour, was ja mit diesem Thema spielt. Und lustigerweise heißt die Brauerei, die es macht, auch noch 1516, was der gemeine Bayer vielleicht per se als Affront empfinden würde.

Conrad Seidl: Das war also so gedacht, also ursprünglich hat die Brauerei, die in der Mitte von Wien, die 1516 Brewing Company, als ich mit denen das erste Mal drüber gesprochen: Ja, sie haben vor, eine Gasthausbrauerei zu machen. Und ob ich ihnen einen Tipp geben kann? Erster Tipp: Macht keine Gasthausbrauerei. Es gibt im deutschen Sprachraum leider wirklich viele schlechte Gasthausbrauereien. Ich persönlich bin nicht überzeugt, dass eine Gasthausbrauerei an sich schon ein Magnet ist. Sie muss auch gutes Bier haben. Und das wird halt leider in manchen Gasthausbrauereien unterschätzt, dass es unglaublich viel Technologie und unglaublich viel Fachwissen braucht, um wirklich gute Biere zu brauen. Habe ich gesagt, was wir in Wien brauchen würden, wenn ich mir wünschen dürfte, was für ein Lokal ich gerne in Wien hätte, weil das haben wir nicht, ein American Style Brew Pub. Ja, was ist denn das? Und dann haben wir mal geschaut, erstens einmal, schau, dass du ein paar schöne, damals vor 22, 23 Jahren war das ja noch bei uns in Österreich ziemlich unbekannt, was da in den USA an neuen Bieren geschaffen worden ist mit modernen Hopfensorten. Es waren alle gezüchtet vom Österreicher, Al Arnold, aber bis heute wissen das die meisten Braumeister nicht. Und da gibt’s viele, viele Dinge, die man da hereinnehmen, viele Elemente, die das Amerikanische betonen, von der Speisekarte bis natürlich hin zur Bierkarte. Und die haben das auch tatsächlich gemacht. Und dann habe ich gesagt, wichtig ist, damit das auch glaubwürdig ist, glaubst du einem Italiener, der Pizza macht, aber türkischer Sprache ist? Nein. Ich glaube auch keinem Italiener, der Kebab macht. Nein, Kebab soll der Türke machen, und das ist halt so unsere Vorstellung, und der Italiener soll die Pizza machen. Und genauso ist es, musst du schauen, dass du amerikanische oder zumindest englischsprachige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter findest, die das Bier brauen, die dieses Bier servieren, die das Bier auch den Leuten nahebringen. Weil ich sage mal, dasselbe gilt eigentlich auch für Irish Pubs, in Österreich mehr als in Deutschland, in den meisten deutschen Irish Pubs wirst du auf Deutsch begrüßt. (unv. #00:20:22.8#) Na, so gehst du doch nicht in einen Irish Pub, da willst du englisch angesprochen werden und möchtest auf ein, zwei Stunden einen Irlandurlaub haben. Und ich habe gesagt, macht’s das so, dass die Leute auf ein, zwei Stunden einen Amerikaurlaub haben. Und da brauchst du natürlich das entsprechende Ambiente, du brauchst das entsprechende Personal, und vor allem das entsprechende Bier. Hat nicht funktioniert, muss man sagen. Das erste Jahr war das in ganz schlechter, (unv. #00:20:52.5#) was habe ich denen für einen Rat gegeben? Ich sitze da und zwei, drei andere Gäste sitzen auch noch da in einem Lokal, das sehr viel mehr Leute fassen würde. Und habe das dann auch einmal dem Vater des Besitzers gesagt, der die Finanzierung aufgestellt hatte. Und gesagt „Vielleicht habe ich ja keinen falschen Rat gegeben?“. Sagt er „Ja, wieso denn?“. „Weil ich sehe doch, dass ihr kaum Gäste habt.“. Sagt er „Herr Redakteur, schmeckt dir das Bier bei uns?“. „Na sicher, es schmeckt nach super Bier.“. „Ja, dann machen wir doch alles richtig. Und um mein Geld machst du dir keine Sorgen, gell.“. „Okay, dann werde ich das machen, was man tut, nämlich euer Bier anderen Leuten halt nahebringen.“. Hat er gesagt „Ja, das ist natürlich super, wenn du das tust. Komm gern mit wem immer vorbei.“. Und ich bin mit Politikern und mit Journalisten hingekommen und heute rennt der Laden, das ist fast eine Lizenz zum Gelddrucken.

Markus: Faszinierend, wenn man dir da so zuhört. Und ich glaube, da merkt man auch so ein bisschen deinen zweiten Bierbereich, den du hast, nämlich dieses Thema Biermarketing. Da bist du ja einerseits jemand, der sich selber auch als Marke inszeniert, aber eben auch jemand, der andere berät und ihnen eben Möglichkeiten aufzeigt. Wie bist du da hingekommen und was waren da so prägende Erlebnisse?

Conrad Seidl: Na, prägend ist immer das, was man in den USA erlebt. Also ich habe speziell in den 1990er Jahren immer wieder phasenweise mich in den USA umgeschaut und dann oft monatelang von Kleinbrauerei zu Kleinbrauerei gefahren, geschaut, was die machen. Manche haben es gut gemacht, manche nicht ganz so gut, aber immer mit einem Engagement, das man in Europa beim Bier damals nicht so gekannt hat. Damals haben die Leute in Europa gesagt „Ich mach eh ein gutes Bier. Die Leute, wenn sie ein gutes Bier wollen, sollen sie zu mir kommen und dann kriegen sie ein gutes Bier.“ Ja, das ist ganz nett, aber das ist halt nicht das, wie Menschen tatsächlich reagieren. Denen muss man sagen, was man hat, und man muss es ihnen erklären. Und ich habe damals dann auch viele, in England waren die Leute schon weit, ich bin noch Mitglied der British Guild of Beer Writers geworden, Mitglied von Cameron Life Time Member. Also ich habe gesehen, es gibt viele Leute, die sich darum bemühen, dass über Bier geredet wird. So wie du das tust, ganz, ganz wichtig, den Leuten Gesprächsstoff zu liefern. Selbst wenn sie vielleicht mit nicht allem einverstanden sind, was sie an Gesprächsstoff geliefert bekommen, ist es doch so, dass wenn, stell dir vor, auf einem Bieretikett von einer Bierflasche steht hinten drauf der Herr Braumeister, der dann unten auch mit seinem Namen unterschreibt, hat sich entschlossen, für dieses Bier eine Gerste zu nehmen von der und der Gerstensorte, die dort und dort wächst, und die er da und da vermälzen hat lassen. Einen Hopfen, der von mir aus wächst im Yakima Tal oder auch in der Hallertau oder in Tettnang, es ist diese und diese Sorte. Und damit hat er ein spezielles Rezept, bei dem er jetzt das und das macht, und eine Hefe aus ich weiß nicht woher. Wenn man das den deutschen Brauern vor 30 Jahren gesagt hat: „Interessiert doch kein Schwein. Versteht doch auch keiner.“. Stimmt! Das interessiert nicht alle, und verstehen tun es noch weniger. Aber ich habe dann gesagt „Habt ihr schon einmal einem GTI-Treffen beigewohnt, über was für Details von Ventilen eines Motors die Leute philosophieren und sich wirklich interessieren, obwohl das sind auch nur Autos, die fahren und dann bist du mit dem um nichts schneller bei der Arbeit, aber die Leute haben eine Liebe dazu, wenn sie sich bemühen, ein Wissen um vielleicht auch triviale Dinge zu kümmern und dann sagen „Aber die Zündkerzen von dem sind besser.“. Oder was immer es an Details gibt. Der Genuss wird dadurch erhöht, dass man etwas weiß. Und es gibt Leute, die viel Geld ausgeben zum Beispiel für Weinseminare, unglaubliche Ausbildungen. In meinem Wirtschaftswissenschaftsstudium habe ich gelernt, dass die ökonomische Theorie letztlich darauf aufbaut, dass auf perfekten Märkten es eine vollständige Information gibt und daher zum günstigsten Preis gekauft wird. Nachdem müsste Oettinger natürlich ausschließlich den Markt beherrschen. Tatsache ist aber: Wir sehen das beim Wein, dass Leute sich über Wochen und Monate mit Weinen beschäftigen, nicht, um zum besten Preis einen optimalen Genuss zu bekommen, sondern um sich auch einmal einen noch teureren Wein zu leisten. Und letztlich wirst du von dem einen wie vom anderen betrunken. Nur der Genuss ist halt auch unter anderem damit zu rechtfertigen, dass man sagt, ich habe dafür auch eine Menge Geld bezahlt, dass ich einmal diese spezielle Flasche aus diesem speziellen Weingut gekostet habe. In ähnlicher Weise funktioniert‘s ja auch inzwischen am Biermarkt. Nur ich sag immer: Freunde, schaut’s euch an, um wie viel Geld bei großen Auktionen die Spitzengewächse der Weinwirtschaft versteigert werden. Nicht weil das getrunken wird, aber im Supermarkt, wenn da die Flaschen oder Kisten, die nebenan stehen, dann verstehen die Leute das: Wenn es ein Bier gibt, das 10.000 Euro kostet, dann schaut dann der Preisunterschied und der Sprung von einer Flasche, die irgendwo 60 Cent kostet, zu einer Flasche, die 6 Euro kostet, im Vergleich, dass das ja auch 6000 sein könnte, relativ moderat aus. Und der greift vielleicht gelegentlich zu der 6 Euro Flasche, wo er ein Wow-Geschmackserlebnis bekommt.

Markus: Dem kann ich auch nur zupflichten, dadurch was mir immer so begegnet. Ich habe das Gefühl, es hat oft mit Storytelling zu tun, dass man also wirklich versucht, seinen Biersorten, seiner Brauerei, sich selber Geschichten zu geben, oft an wahren Dingen aufgehängt, manchmal vielleicht auch an kreativen Ideen. Aber am Ende geht es ja auch um Kundenbindung, um Begeisterung, um Multiplikatoren zu schaffen, die dann eben für mich, für meine Marke Botschafter werden und mich dann auch sichtbar machen vielleicht woanders. Und da finde ich, bin ich dir zum Beispiel begegnet zum ersten Mal, als ich ein Buch von dir hatte, das hieß Bier-Katechismus. Da sind wir fast schon wieder ein bisschen zurück beim religiösen Thema. Aber das fand ich ganz toll. Und mittlerweile machst du auch einen Bier-Guide, wo du praktisch die Leute auch so ein bisschen einlädst in die Restaurantszene und eben sagst, hier bekommst du das und da bekommst du das, und kriegst da auch ein sehr positives Feedback von den Gastronomen.

Conrad Seidl: Nicht von allen.

Markus: Nicht von allen, das ist klar, das kenne ich auch. Aber das finde ich auch eine interessante Geschichte. Wie hat sich denn das entwickelt und wie schaust du da jetzt nach den Jahren der Erfahrung auf dieses Projekt auch ein bisschen zurück?

Conrad Seidl: Ja, also der Katechismus gehörte mal neu geschrieben, weil da sind einige Daten drinnen, die jetzt nach inzwischen 23 Jahren veraltet sind, weil sich die Bierszene verändert hat, und glücklicherweise zum Positiven weiter verändert hat. Was du auch angesprochen hast, ist, es gibt natürlich eine Reihe von Geschichterln, die heute so im Umlauf sind. Man weiß, das hat irgendeine Brauerei mal aus Marketinggründen in die Welt gesetzt und die Leute plappern immer noch diese Marketinggeschichten nach. Das ist schon auch störend, weil eine gutklingende, aber falsche Geschichte ganz, ganz schwer aus der Welt zu räumen ist. Wenn ich jetzt wieder darauf hinweise, dass ich politischer Journalist bin und da amerikanische Präsidenten beobachtet habe oder so, dann brauche ich jetzt nicht Namen zu nennen. Aber das sind, ich glaube, die Geschichten, die man verbreitet, sollten wahr sein. Und gute, wahre Geschichten sind auch gute Selbstläufer. Und sie haben das, dass sie den Menschen, die sie gelesen haben und diese weitererzählen können, etwas gegeben, was auch vielen fehlt: Selbstbewusstsein. Wenn du über etwas kompetent reden kannst, dann stärkt das dein Selbstbewusstsein und dann stärkt das das, dass du von dir selber ein besseres Bild bekommst. Wenn du sagst, ich trinke jetzt von 5 Halbe, ist das ganz gut. Aber wenn man sagt, ich trinke 5 halbe Helles und das Helle ist eigentlich das am schwersten zu brauende Bier, und der Braumeister, der hat mir das mal erklärt, weil da brauchst du nämlich, das verzeiht dir keine Fehler beim Brauen. Und dann weiß ich noch, dass das aus einer fränkischen Braugerste und so einem Hopfen von ich weiß nicht Hersbruck gemacht wird, dann hat der doch eine andere Geschichte zu erzählen und dann ist das nicht mehr sein einfaches Helles, wo die Frau sagt „Sauf nicht so viel“, sondern ich genieße es.

Markus: Ja. Dann wird Bier eben auch zur Bierkultur. Und vielleicht, wenn wir zum Abschluss noch ein bisschen schauen, wie Leute dich erleben können, also einmal mit deinen Büchern, mit deinen Veranstaltungen, aber zum Beispiel auch mit deinem quasi Fernsehkanal, oder?

Conrad Seidl: Ja, also ich habe lange Zeit YouTube Videos gemacht, die werden jetzt auch alle wieder neu ausgespielt. Aber das, was ich momentan als das größte Projekt habe, das ist Biertastic. Das ist eine Fernsehserie, die haben wir in englischer Sprache aufgenommen. Für die erste Staffel sind wir nach Shanghai und nach Portland, Oregon und nach Kapstadt, also wo es halt ein gescheites Bier gibt, hingeflogen und haben das eine oder andere gekostet und kommentiert. Und ich geschaut, dass mir der Vogel Strauß nicht den Hut vom Kopf zieht und solche Sachen. Da sind sehr lustige Szenen entstanden. Aber es geht halt ums Bier. Und das gibt’s jetzt zum Abruf auf Vimeo. Das ist kostenpflichtig, weil irgendwie muss man das Projekt ja auch finanzieren. Und ich weiß nicht, wann das dann irgendwann und in manchen Ländern wird das auch, weil ja der englische Markt sehr groß ist, wird das auch im Pay TV oder vielleicht auch Free TV sein. Aber die zweite Staffel kommt jetzt vor Weihnachten heraus, da waren wir in Peru und in Finnland und in New York, und Ägypten, ich bin auf einem Kamel geritten. Glücklicherweise haben sie es nicht aufgenommen, wie ich auf dieses Kamel hinauf bin, weil ich bin nicht schwindelfrei. Und dann sitzt du auf diesem Wüstenschiff und wirst seekrank, dabei hast du gar kein Bier getrunken. Das darfst du ja dort auch nicht, bei den Pyramiden darfst du nicht mal ein Bier trinken, ein schwieriges Land. Aber sie haben halt in der Bierkultur vor Jahrtausenden was geleistet und da geht man halt hin und sagt, ja, gehört auch dazu, dass man das gesehen hat, und dass man dieser Kultur eine Referenz erweist. Wären sie gescheiter gewesen, wären sie vielleicht in der Bierkultur dort, wo Deutschland heute ist. Wenn du mit einem Amerikaner oder einem Chinesen redest und fragst „Wo gibt’s eine Bierkultur?“, sagen alle: Deutschland. Deutschland hat da unglaublich viel gemacht, um sich zu etablieren. Und das darf Deutschland nicht verlieren. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, wenn man sagt, es gibt Millionen Menschen, die davon träumen, dass sie einmal einen Bierurlaub in Franken bei euch machen können, wo du von Brauerei zu Brauerei kurze Wege hast. Ich bin selber da öfter wandern gewesen und das war herrlich, von Brauerei zu Brauerei zu wandern.

Markus: Und das finde ich auch ein ganz wichtiges Ergebnis, glaube ich, aus den ganzen Reisen, die auch ich gemacht habe, dass man einerseits selber Horizonte erweitert, neue Perspektiven bekommt, aber auch diese Wertschätzung erlebt, die eben andere wiederum für unsere Herkunft aus Mitteleuropa haben und auch für das Bier und die Bierkultur. Wir hatten es ja heute schon mal mit anderen Juroren, diese Geschichte, wer eine Reise tut, der hat was zu erzählen. Und du hast auf jeden Fall was zu erzählen, was du heute auch getan hast. Vielen, vielen Dank dafür! Vielen, vielen Dank für deine Zeit! Und vielleicht hören wir uns oder sehen wir uns ja mal wieder im Podcast. Für heute auf jeden Fall nochmal Dankeschön.

Conrad Seidl: Darauf ein Bier!

Markus: Prost!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 30 – Interview mit Martin Seidl, dem Bierobelix vom Brauhaus Haselbach in Braunau am Inn, Österreich

Martin Seidl ist ein echtes Bierurgestein unseres Nachbarlandes Österreich. Als Self-Made-Brauer hat er es bis zum Verantwortlichen erst der Tölzer Mühlfeldbräu und dann vom Brauhaus Haselbach in seiner Heimatstadt Braunau gebracht. Außerdem engagierte sich der gelernte Mechaniker und Sozialpädagoge von Anfang an in der österreichischen Bierkonsumenten-Vereinigung BierIG, mit der er der Alpenrepublik die Lust auf gutes, handwerklich gebrautes Bier zurückbrachte – und auch einen eigenen Bierwettbewerb ins Leben rief, die „Austrian Beer Challenge“, bei der mittlerweile die Staatsmeister des Bierbrauens ermittelt werden. Also ein echtes Bier-Multitalent, noch dazu supersympathisch und Brauer-Hansdampf in allen Kesseln – freut Euch auf einen spannenden BierTalk mit einem guten Einblick in die österreichische Bierseele…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute mal wieder ein richtiges Spezial. Wir sind am Rande der Austrian Beer Challenge, sitzen in Baden bei Wien und haben einen ganz besonderen Gast, der auch etwas mit dem Wettbewerb zu tun hat, bei dem wir jetzt hier sind. Er ist so etwas wie ein Grenzgänger zwischen vielleicht Deutschland, vielleicht Bayern, vielleicht Österreich, vielleicht auch Frankreich. Schließlich sagen viele zu ihm, und er selber auch, er ist der Bier-Obelix. Also lieber Martin, schön, dass du bei uns bist. Stell dich doch bitte mal kurz selbst unseren Hörern vor.

Martin Seidl: Hallo! Ich bin der Martin Seidl aus dem schönen Innviertel, dem bayerischen Teil Österreichs. Ich bin wirklich Grenzgänger, fahre fast jeden Tag nach Simbach am Inn. Das ist ein Stadtteil von Braunau am Inn, das in Oberösterreich liegt. Und Simbach am Inn ist eine Stadt in Bayern, war aber bis 1779 bayerisch. Und meine Freundin hat dort drüben ein Haus und ich bin eigentlich fast jeden Tag drüben nach der Arbeit und arbeite jetzt als Braumeister im Brauhaus Haselbach, das ist auch direkt in Braunau. Und ich bin neun Jahre bis heuer im Frühling Präsident der BierIG, die die Austrian Beer Challenge veranstaltet, gewesen. Ich bin jetzt zwar noch im Vorstand, aber so ein bisschen als graue Eminenz im Hintergrund. Die Austrian Beer Challenge war mal eine Schnapsidee 2003 von mir und ist irgendwie gewachsen. Ich habe davor schon mehrere Jahre hobbygebraut und bin dann durch das irgendwie in die Bierszene reingeschlittert durch Axel Kiesbye halt auch und die BierIG. Und jetzt bin ich halt leidenschaftlicher Bierbrauer.

Markus: Genau! Also eine spannende Geschichte. Für alle, die noch nicht so ganz in diesem Kosmos drin sind, was muss ich mir unter der Austrian Beer Challenge vorstellen? Es ist ein Wettbewerb, ein Wettbewerb, wo sowohl Hobbybiere als auch professionelle Biere eingereicht werden können. Und dann gibt es eine Schar von um die 70 Juroren, die dann dafür da sind, diese Biere entsprechend zu benoten und zu beurteilen, und am Ende werden natürlich Medaillen vergeben. Wer ist die BierIG? Das vielleicht auch noch wichtig, werden wir sowieso noch drüber sprechen, aber so als Kurzinfo: Es gibt Vereinigungen der Bierkonsumenten in ganz Europa in jedem Land, auch in Deutschland, aber eben auch in Österreich, und dort heißt sie eben Bier.IG. Eine sehr spannende Geschichte, werden wir auch gleich noch drüber sprechen. Aber vielleicht vorher noch, ich hatte es ja schon erwähnt, dieser Name Bierobelix, also wo kommt das her und warum nicht vielleicht auch Biermiraculix oder, du heißt ja eigentlich Seidl, das ist ja auch sehr naheliegend für jemand, der mit Bier zu tun hat. Also wie kamst du zu dieser Namensfindung?

Martin Seidl: Eigentlich hat der Axel früher eine Facebook Seite gehabt mit Bierakulix. Und irgendwo hat mich dann immer wieder so ein bisschen, ja, der Axel ist der Bierakulix und mit deiner Körperstatur müsstest du der Bierobelix sein. Und irgendwie ist mir dieser Name hängengeblieben. Ich finde den auch nicht unnett, also ich kann mich sehr gut identifizieren damit, trage halt meistens Bierfässer statt Hinkelsteine.

Markus: Das ist ja auch sehr vernünftig und du bist auch wirklich ein, sage ich mal im positiven Sinne, ein absolutes Schwergewicht in der Bierszene, nicht zuletzt auch in Österreich. Wie müssen wir uns das überhaupt vorstellen? Ich denke, die meisten Hörer von uns sitzen in Deutschland. Wie würdest du die österreichische Bierszene beschreiben? Was ist da anders und was ist ähnlich? Und was geht da so ab?

Martin Seidl: Die Bierszene in Österreich unterscheidet sich wenig von der deutschen, weil wir eigentlich so ein Stammland des Bieres sind, genauso wie Deutschland. Natürlich das Hauptbier bei uns heißt, das ist ein Märzen, aber das ist eigentlich, unser Märzen ist sehr ähnlich dem bayerischen Hellen, weil ein bayerisches Märzen noch mal stärker und dunkler ist. Die Szene ist sehr ähnlich und natürlich die deutsche und österreichische Bierszene ist natürlich sehr vernetzt untereinander. Und das einzige, was halt ein Unterschied ist, der Deutsche geht gerne in den Getränkemarkt, um das Bier zu kaufen, und Getränkemärkte in diesem Sinn gibt es bei uns nicht, sondern bei uns ist das immer bei den Supermärkten angeschlossen. Und da wird halt das nicht so zelebriert wie in Deutschland, dass einfach der Papa am Samstagvormittag noch kurz in den Getränkemarkt fährt und einfach da die Getränke für die ganze Familie für die Woche einkauft. Und bei uns wird nebenbei einfach beim Einkaufen das Bier mitgenommen. Und das ist eigentlich so der gravierende Unterschied eigentlich. Biermäßig sind wir eigentlich sehr ähnlich.

Markus: Ihr habt aber auch kein Reinheitsgebot, oder?

Martin Seidl: Nein, wir haben den Codex Alimentaris Austriaticus. Das ist eigentlich das härteste Lebensmittelgesetz, weil bei uns nichts Künstliches zugelassen ist. Wir dürfen halt auch mit (unv. #00:04:56.9#), man dürfte auch (unv. #00:04:59.0#) nehmen, was bei uns keiner mehr macht. Bis vor ein paar Jahren hat das noch eine größere Brauerei gemacht, aber die machen das auch nicht mehr. Und wir dürfen auch mit Früchten oder Kräutern brauen, das muss alles natürlich sein.

Markus: Genau! Apropos, wenn ihr euch jetzt wundert, normalerweise trinken wir im BierTalk immer mindestens ein Bier, aber nachdem wir im Bierwettbewerb sind, hatten wir heute schon um die 40 und haben noch ungefähr 40 vor uns, und machen deswegen jetzt mal getränkemäßig etwas Pause während wir reden. Ist aber auch vielleicht gar nicht so schlecht. Vielleicht vorneweg: Wie kamst du denn überhaupt zum Thema Bier? Oder war das klar, als du aus dem Muttermund gefallen bist, bist du gleich in den Maßkrug gefallen? Wie muss man sich das vorstellen?

Martin Seidl: Nein, nein! Ich habe immer gerne Bier getrunken. Mit 16 war ich damals von der Jugendfeuerwehr zur aktiven Feuerwehr eingerückt oder übergegangen, und da hat man einfach Bier getrunken. Das war schon immer sowas, was ich einfach gerne getan habe. Das ist jetzt nicht, dass ich mich immer nur betrunken habe, sondern man hat einfach gerne Bier zelebriert und gelebt. Ich lebe auch im Inn-Viertel, was ja bis 1779 bayerisch war. Und bei uns im Bezirk, wo ich wohne, also in Deutschland heißt es ja Landkreis, haben wir noch zehn Brauereien. Natürlich ist man bei uns schon sehr bierlastig. Und da man direkt an der deutschen Grenze wohnt, hat man sowieso mehr Bierbezug. Aber bei mir hat das eigentlich begonnen, meine Ex-Schwiegermutter war bei so einem Buchclub und dann konnte man mitmachen und dann musste man Bücher bestellen. Da war immer relativ schlechte Ware dabei, und irgendwo war mal ein Buch, ein sehr schlechtes Buch, muss ich auch sagen, über Heimbrauen dabei. Und ich habe mir dann einen großen Kochtopf besorgt und habe Bierbrauen begonnen. In diesem Buch stand ein bis zwei Teelöffel Hopfen ohne Alphasäure-Gehalt oder irgendetwas. Ich habe dann mal gedacht, das ist viel zu wenig, dann mal dreimal so viel reingegeben. Die Flaschen sind dann explodiert, weil ich es (unv. #00:06:55.8# falsch?) abgefüllt habe. Und ich bin eigentlich ein relativ ungeduldiger Mensch, dass mir das geblieben ist, wundert mich. Aber es hat mir doch so gefallen, dass ich dann immer wieder mehr Bier produziert habe, weil am Anfang habe ich 20 Liter gebraut 1996, und meine Freunde haben mir zugesehen und haben gesagt „Puh! Das glauben wir nicht, dass der das zuhause macht.“ und haben mehr Bier getrunken als ich gebraut habe. Jetzt habe ich dann mal einen 60-Liter-Kessel gebaut, dann habe ich einen 120er gebaut. Und dann bin ich irgendwie über die Jahre in diese Szene reingeschlittert und konnte nicht mehr raus. Und das ist gut so.

Markus: Allerdings! Da kann man auch nur froh sein. Und was waren so dann Brauereien auf deinem Weg bis da, wo du jetzt bist?

Martin Seidl: Brauereien, das war dann eigentlich, ich habe dann relativ schnell begonnen, eine Eigenmarke, die (unv. #00:07:40.4# Trachiner?) zu gründen und habe dann von zu Hause aus einen Grund bekommen, also zwei Hektar, wo ich Braugerste anbauen konnte. Also jetzt bin ich rausgekommen.

Markus: Die Frage war: Welche Stationen für dich so auf dem Weg …

Martin Seidl: Auf dem Weg, ja, ja. Durch diese Eigenmarke haben wir dann schon immer Bierfestivals, auch auf Bierfestivals ausgeschenkt in (unv. #00:08:09.6#) und so weiter bei den ersten Bierfestivals in Mitteleuropa, die der Axel veranstaltet hat. Und durch das bin ich immer mehr in die Bierszene gekommen. Und irgendwann hat mich Frank Böer angerufen, hat gesagt „Ich brauche dich auf der Baukunst Live!“. Und dann habe ich gesagt: Ich mache 100 Hektoliter im Jahr, also das ist zu klein. „Nein“, er hat gesagt „Genau dich brauche ich, das ist super.“. Und dann bin ich dorthin gefahren mit einem Biertisch und einem Durchlaufkühler und einem Plakat, das selbstgemacht war, und habe dort ausgeschenkt. Und dann ist die Kirsten reingekommen und hat gesagt, die war damals bei der Tölzer Brauerei „Wir machen eine Collabs“. Da habe ich gesagt „Okay, machen wir“. Und irgendwie hatten wir da die schwarze Tinte, die ich schon in Kleinstmengen zu Hause gebraut habe bei uns, haben die Leute das schwarze Bier nicht gemocht. Also dieses Stout, das kannten die nicht. Und dann ist das aber explodiert, weil das Bier gut war, wir haben das miteinander gemacht und Sebastian Heuschneider, der war damals Braumeister, ist dann ausgeschieden aus der Brauerei, weil er nicht mehr wollte, und hat mich als Nachfolger eingestellt. Ich bin eigentlich kein Braumeister, sondern ich bin Mechaniker und Maschinenbaumeister und habe ein Bachelor Studium in Sozialpädagogik. Und bin aber irgendwie durch die Erfahrungen, ich habe über 600 Bierbücher zu Hause, die ich alle gelesen habe, und natürlich auch Kunz und Narziß. Und Freunde wie den Georg Tscheuschner oder den Axel Kiesbye, den Jens Luckert oder den Hubert Hanghofer, wenn die geredet haben, habe ich so Ohren wie ein Elefant bekommen und habe einfach mir das autodidaktisch selbst erlernt. Und bin dann eben in Tölz gewesen als Braumeister, habe dann einfach wieder aufgehört, weil 175 Kilometer jede Woche fahren war für mich zu weit. Und da ich zu Hause die Landwirtschaft noch im Kleinsten betreibe und auch mein Haus noch habe, konnte ich jetzt nicht meine Wurzeln in Tölz festlegen. Und bin ich eben dann über Tölz, dann haben wir, mit dem Hopfenkopf habe ich mich dann zusammengetan, da habe ich sehr viel im Bruckberg bei Landshut gebraut bei der Brauerei Wimmer. Und irgendwie habe ich dann zu Hause auch wieder, und das ist halt so mein Werdegang, und dann im Juni hat mich ein Headhunter angerufen, ob ich, bei uns in der Heimatstadt, da wurde die Brauerei verkauft, der Vorgänger war eigentlich nicht bekannt für gutes Bier, also eigentlich sogar für sehr schlechtes Bier, das darf ich wirklich so sagen, das kann mir auch die Szene so bezeugen, und habe jetzt begonnen, diese Brauerei wieder aufzubauen. Wir sind jetzt so an die knapp 1000 Hektoliter und haben 12 Hekto-Sude. Und da bin ich jetzt halt gelandet. Und schauen wir mal, was die Zukunft bringt. Und ich glaube, dass das noch sehr viel Bier bringen wird.

Markus: Oh ja! Das klingt auf jeden Fall sehr spannend und ist ja jetzt dann auch so eine kleine Lebensaufgabe vielleicht auch, wo du dich auch einbringen kannst. Und du hast gerade noch Landwirtschaft gesagt, das heißt, baust du auch Braurohstoffe an selber?

Martin Seidl: Ja, ja, ich baue Braugerste an. Was aber die letzten zwei Jahr sehr schwierig war. Letztes Jahr ist das noch gegangen, heuer war zuerst Hagel, dann die nächste (unv. #00:11:39.6#). Also heuer musste ich die Ernte, also fünf Tonnen von zwei Hektar Bioanbau, also bin nicht direkt Bier…, sondern biologisch nachhaltig, aber ich habe kein Biozertifikat wegen der Größe, musste ich leider wegwerfen. Weil das am Feld ausgewachsen ist und rote Körner und ich konnte sie nicht vermälzen lassen.

Markus: Schade! Also gar nicht so einfach dann letzten Endes im landwirtschaftlichen Bereich. Kommen wir vielleicht noch mal zurück auf dieses Thema BierIG. Also vielleicht auch, weil sich die Hörer da gar nicht so viel drunter vorstellen können. Was heißt denn für dich eine Bierkonsumenten-Vereinigung? Also wie kommt man da dazu und was treibt diese Menschen um?

Martin Seidl: Eine Bierkonsumenten-Vereinigung geht um das, dass man weg vom Einheitsbier geht, dass man wieder Biervielfalt schafft. Wir hatten so um das Jahr 2000 in Österreich eine Verödung Bierlandschaft. Es wurden viele Brauereien zugeschlossen, es ist dann eine Übernahme des größten Braukonzerns, also der größten Brauerei-Aktiengesellschaft durch einen holländischen Konzern geschehen. Und dann wurde die BierIG gegründet, um diese Wüste wieder blühend zu machen. Und es ist so weit gegangen, dass wir wirklich dann mit Bierfestivals die Leute wieder an gestartet haben, die BierIG hatte am Anfang so um die 100 Mitglieder, jetzt sind wir knapp unter 800. Und dieser Verein ist eben da, um diese Biervielfalt zu stützen. Also am Anfang haben wir es geschafft, die Biervielfalt wiederherzustellen, weil auch dieser Konzern gesehen hat, man kann eigentlich mit Biervielfalt und hat wieder alte Brauereien aufgemacht, alte Biermarken wieder aufleben lassen, alte Bierstile. Und auch die anderen Brauereien haben sich dann bemüht, mehr als nur Helles oder Weizen oder Pils zu brauen. Obwohl das Weizenbier bei uns sich eher auf Oberösterreich bezieht, in der Bayernnähe, und in Wien eher wenig Weizenbier getrunken wird. Aber so auf diese hellen Biere oder Pils, sie haben dann auch wieder Dunkles gemacht. Sie haben wieder begonnen, Wiener Lager zu machen und so weiter. Und das haben wir die ersten 10 Jahre des Vereinsbestehens ja geschafft. Und anfangs war die Austrian Beer Challenge eigentlich nur ein Hobbybrau-Wettbewerb, die ersten fünf Jahre. Und dann wurde das immer weiter ausgeweitet, bis dass alle Brauereien mitmachen durften. Weil wir gesagt haben: Wir haben jetzt die Biervielfalt geschaffen, jetzt müssen wir sie unterstützen, dass sie auch Qualität liefern können. Und dann musst du ihnen eine Bühne bitten und eine Möglichkeit bieten, das professionell von professionellen Juroren bewerten zu lassen. Nicht, dass ich irgendwo ein paar Promis zusammenhole und sage, ja, da, und die machen irgendwie so einen lustigen oberflächlichen Bewerb, sondern hier darf man ja nur als Juror mitarbeiten, wenn man entweder Diplom-Biersommelier ist als gelernte Brauer und Biersommelier oder Bierbotschafter oder Braumeister. Also man muss, oder da jahrelange Erfahrung auch als Juror hat. Also es gibt auch eine Bewerbungsliste. Es kommen natürlich internationale Juroren, die auch bei den größeren Bewerben wir European Beer Star, Brussels Beer Challenge und diese ganzen zertifizierten Bewerbe, wo wir auch, wir sind auch ein zertifizierter Bewerb, wo einfach die schon bewertet haben und die große Erfahrung haben. Und damit die Brauerei, die ihr Bier einreicht, auch wirklich von Spezialisten verkostet wird und nicht einfach mal einer sagt, Mann, ich will jetzt keine Marke nicht, aber sage mal, das (unv. #00:15:29.2# Überdrüber?) Märzen von der und der Brauerei sagt er, das ist das beste und das schmeckt und das bewerte ich, sondern da geht’s wirklich um Sorten typisch, um Qualität, um Bierfehler und so weiter. Und das sind natürlich dann sehr schwieriger Bewerbe natürlich für Brauereien. Und durch diese Juroren auch wissen, wo Bierfehler liegen können und auch feinste Nuancen davon schmecken können. Und dann hat man halt wirklich aber die objektivste Bewertung. Und diese Bühne braucht die Braulandschaft in Österreich, um zu wissen, wo stehe ich mit meinem Bier. Und das macht die BierIG, das ist unsere Verantwortung, dass wir nicht nur schauen, dass Biervielfalt geschaffen wird, wir klären auch Laien auf, wie man Bier verkostet, wie man bewusst Bier trinkt. Und wenn man einfach Bier auch wieder einen Stellenwert gibt, wie man es früher mal hatte, bevor es so industrialisiert wurde.

Markus: Also auf jeden Fall eine sehr, sehr spannende und interessante Geschichte, die auch dahintersteckt. Nochmal kurz als Informationen für die Hörer: Die Hintergrundgeräusche sind, weil wir hier in einem Raum sind, der vorbereitet wird für ein großes Bierkulinarium, was wir heute Abend genießen dürfen. Auch eine schöne Nebenerscheinung dieser ganzen Geschichte, freue ich mich schon drauf. Also deswegen stört euch nicht, wenn es zwischendurch mal klappert und klimpert. Wir waren gerade bei der BierIG und beim Bierwettbewerb. Wenn du so über diese Jahre schaust, kann man sagen, dass diese Medaillen, die vergeben werden, Brauereien oder Brauern dann auch geholfen haben? Also ist das was, was dann einen Effekt hat, wenn man gewinnt, zum Beispiel?

Martin Seidl: Ja schon, weil man sieht ja, dass die in die Medien gehen, wenn die einen Preis machen. Oder wenn man eine Brauerei, ich will jetzt hier auch wieder keine Namen und keine Werbung machen, aber vorbeifährt, man sieht dann schon, dass am Zaun der Brauerei steht „Wir sind Staatsmeister“, es sind ja die Staatsmeisterschaften in Österreich, „Wir sind Staatsmeister“ und das wirklich bewerben, sieht man schon, dass die Brauereien das wollen und dass die natürlich das auch in die Öffentlichkeit tragen, damit sie etwas erreicht haben. Was eigentlich außergewöhnlich ist, weil wir haben 660 Biere eingereicht. Und es wird nicht jeden wie bei anderen, es gibt ja Wettbewerbe, wo halt jeder dann, du bekommst Gold, du bekommst Silber oder irgendwas, sondern es bekommen wirklich nur die ersten drei pro Kategorie einen Preis. Und das bei so vielen Bieren ist das schon eine große Leistung. Und die sind dann auch stolz darauf und die tragen das auch nach außen. Und das finde ich auch gut so, weil der Konsument dann auch sieht: Aha, da gibt es was. Ich kann mich auch bei der BierIG dann informieren, bei was es um Bier überhaupt geht. Nicht nur, dass es einfach ein Dosengetränk ist, dass ich irgendwo beim Pornoschauen trinke und etwas so Schmuddel-Niveau hat, sondern dass Bier auch ein sehr hohes Niveau haben kann. Und eigentlich sehr hohes Niveau hat, nur ob die Bevölkerung das nicht weiß, und das ist auch unsere Aufgabe, das weiterzugeben.

Markus: Ich finde, das merkt man auch. Also ich habe ja jetzt auch schon einige Biere verkosten dürfen beim Wettbewerb, und das Spannende ist tatsächlich, dass man so eine große Bandbreite hat. Dass es natürlich auch ein, in Anführungsstrichen, „normales“ Helles oder Wiener Lager gibt, aber eben auch ein Fruchtbier, ein Kräuterbier, ein holzfassgelagertes Bier, irgendwelche Experimente mit Kräutern oder allen möglichen Dingen, wo man einfach merkt, da passiert auch ganz viel im Kopf, da leben sich Leute aus, die haben Ideen und versuchen dieses Medium Bier auch zu nutzen, um sich so ein bisschen zu verwirklichen und Menschen vielleicht auch ein bisschen eine Freude zu machen. Also das ist vielleicht auch so ein Teil dieser Philosophie, dass Bier auch diese Chance hat, viel mehr zu transportieren als einfach nur Durst zu löschen, sondern da geht’s eben um Kreativität, da geht’s um Geschmack, sich wohlfühlen, Überraschungen, eben interessante Momente, wo man sich auch daran erinnert, wo ich jetzt vielleicht noch weiß, was ich vor fünf Jahren in einer bestimmten Situation getrunken habe, weil das eben so was Besonderes war. Ich glaube, sowas ist schon mit Bier für viele noch was Neues, aber mittlerweile, glaube ich, kommen immer mehr Leute in diesen Genuss. Was mich noch interessieren würde, du hast gesagt, ihr habt das damals ins Leben gerufen. Wie muss ich mir das vorstellen? Sind dann irgendwann mal drei Leute vorm Fernseher beim Fußballgucken und sagen „Jetzt machen wir einen Wettbewerb“ oder wie läuft das?

Martin Seidl: Nein, das war so, bei uns im Dorf gibt es seit Menschengedenken einen Wettbewerb für Most, also den österreichischen Cider. Und da ich schon Bier gebraut hatte und mich immer mit Genuss beschäftigt habe, wurde ich da immer eingeladen als Juror. Und da sitzen dann zehn Männer aus dem Dorf und vielleicht ab und zu eine Frau, und die verkosten dann diesen hausgemachten Most oder wie man in Franken, nicht in Franken sagt, in Frankfurt sagen würden Äppelwoi, wenn ich es richtig sage.

Markus: Ja, Äppelwoi oder so ähnlich.

Martin Seidl: Und dann sage ich zu meinem Freund „Ich kenne jetzt nur zwei Hobbybrauer und man müsste eigentlich, wenn man zehn zusammenbringt, könnten wir einen Wettbewerb machen“. Und irgendwie bin ich dann über einen Arbeitskollegen auf die Homepage vom Dr. Höglinger, vom Herbert Höglinger, gekommen, der alle Kleinbrauer in Österreich besucht. Und den habe ich angeschrieben, und er hat mir dann den Kontakt zum Axel hergestellt. Und irgendwie hatten wir auf einmal auf den Schlag 47 Heimbrauer. Dann haben wir gesagt „Okay, das sind zu viele, machen wir eine Staatsmeisterschaft draus.“. Das war eigentlich eine Schnapsidee. Und dann hat aber der Axel gesagt „Martin, das ist toll, was du da machst. Komm bitte zu uns in die BierIG. Wir haben nächstes Jahr ein Festival, magst du nicht an diesem Festival die Staatsmeisterschaft dieser Haus- und Kleinbrauer ausrichten?“. Dann hatten wir dann gleich im nächsten Jahr Jörg (unv. #00:21:17.9# Drehauser?) ist dann auch noch dazugekommen, und wir hatten nächstes Jahr gleich 97. Und hat sich immer gesteigert. Und dann haben wir gesagt, wir müssen auch den Großen die Möglichkeit geben. Das hat sich eigentlich entwickelt, aber das war eigentlich eine Schnapsidee bei der Mostkost.

Markus: Also von der Schnapsidee zur Staatsmeisterschaft. Das vielleicht noch als Frage: Kann man das einfach so? Also kann man einfach sagen, wir machen jetzt hier einen nationalen Wettbewerb? Oder musste man da bei irgendeiner Autorität nachfragen, ob man da auch eine Medaille österreich-weit draufkleben darf?

Martin Seidl: Nein, also da gibt es eigentlich kein Gesetz dafür. Nur wir haben dann gesagt eben, durch das, dass Axel uns das auch angeboten hat, der ja damals die BierIG gegründet hat, hatten wir dann einen Verband dahinter. Und das ist schon etwas anderes, wenn du einen Verband dahinter hast, also den Verband, die Interessensgemeinschaft der Bierkonsumenten, ist das schon etwas anderes. Und durch das kannst du dich legitimieren, dass du das machst. Und irgendwann (unv. #00:22:19.6#) Brewer oder auch (unv. #00:22:20.6#) und sehr viele internationale Gäste waren da auch schon auf diesem Festival bei uns, und die haben natürlich dort schon als Juroren mitgewirkt. Und irgendwann haben wir dann diese Zertifizierung der (unv. #00:22:30.3#) bekommen und dann ist das eigentlich ein zertifizierter Bewerb von wenigen. Also das sind nur, glaube ich, jetzt Brussels Beer Challenge, Birra dell’anno, European Beer Star und der World Beer Cup zertifiziert. Und irgendein brasilianischer Bierbewerb glaube ich noch, aber ich weiß jetzt nicht genau. Und das ist halt schon, du hast dann schon eine Legitimation. Und jetzt natürlich haben wir auch das Bierland Österreich, also den Verband der österreichischen Brauereien hinter uns, der sagt, das unterstützen wir, wir sind dafür, dass das die Staatsmeisterschaft ist. Und natürlich ist das für mich dann genug Legitimation, dass ich das machen kann.

Markus: Ja, das ist ein gutes Stichwort. Wenn wir vielleicht zum Abschluss noch mal so ein bisschen in die Zukunft blicken, also du hast ja gesagt, das war eine Zeit, wo es schwierig war, wo viele Brauereien zugemacht haben, wo man wirklich Angst haben musste, dass das in so einem mehr oder weniger Einheitsbier endet. Dann habt ihr es geschafft, dieses Ruder praktisch rumzureißen und eben Leute wieder zu motivieren, eine Heimbrauer-Szene auch zu aktivieren und auch für Qualität so ein bisschen zu sorgen über den Wettbewerb. Und jetzt sind wir vielleicht an so einer Schwelle, wo das ja auch geschafft ist, also wo es eine rege Szene an kleinen Brauereien und Heimbrauern gibt. Wie siehst du denn die Entwicklung für die Zukunft? Was sind da für Chancen? Was glaubst du, wenn wir in zehn Jahren nochmal so eine Podcast-Folge machen, worüber sprechen wir dann?

Martin Seidl: Wir haben jetzt durch das, dass ich ja heuer nach neun Jahren einfach ein bisschen in den Hintergrund gerückt bin, in der BierIG ist der Harry Mittermaier, hat das übernommen. Und der ist irrsinnig (unv. #00:24:05.5#), wir haben die letzten Jahre ein irrsinnig tolles Team aufgebaut. Jetzt sind wir auch viel breiter aufgestellt. Und natürlich durch das, dass wir auch ein großes Netzwerk sind, können die Brauer sich vernetzen und damit einfach miteinander viel mehr schaffen und sich einfach austauschen und vielleicht auch eine leichte Konkurrenz sich zu machen, wo der eine sagt, der spricht mit (unv. #00:24:33.4#) beim Fest von uns oder bei einer Veranstaltung, der sagt „Das möchte ich auch machen“, ich mache jetzt auch ein Kräuterbier oder sowas. Ein blödes Beispiel, aber dass sie sich gegenseitig anspornen. Und das ist natürlich, ich glaube, dass das schon noch wächst. Und ich glaube, dass das schon extrem Zukunft hat und auch ein gut organisierter Bierwettbewerb mit tollen Juroren, natürlich auch mit dir und so weiter, und dieser internationalen Jury, kann man schon noch sehr viel machen. Und wir werden sicher noch sehr viele interessante Sachen im Bier sehen aufgrund dieser Bewerbe, die es auch gibt.

Markus: Ja. Also das glaube ich auch. Und ich muss wirklich sagen, das ist toll, was ihr hier auf die Beine stellt, auch wie viele ehrenamtliche Leute einfach da dabei sind und auf welchem wirklich professionellen Niveau das Ganze stattfindet. Und natürlich auch, dass man merkt, dass das, was ihr tut, tatsächlich in die Branche was hineingetragen hat und da auch was bewegt und ja auch die Großen davon überzeugt hat, dass es eine gute Idee ist, eine Biervielfalt auch zu haben, weil es letzten Endes allen nützt. Also insofern vielen, vielen Dank heute für deine Zeit, für dieses Gespräch, das mir sehr viel Spaß gemacht hat. Und jetzt freue mich auf die nächste Runde mit wieder 40 Bieren. Du dich hoffentlich auch.

Martin Seidl: Ja.

Markus: Und gerne bis zum nächsten Mal. Vielleicht müssen wir nicht zehn Jahre warten, mal schauen.

Martin Seidl: Ja, gerne. Danke für das, dass ich die Ehre hatte, mit einer Biergröße in deinem BierTalk zu sein. Da bedanke ich mich.

Markus: Danke auch!

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