BierTalk 81 – Interview mit Matthias Richter vom Bayerischen Bahnhof (Gosebrauerei) in Leipzig

Auch wenn der Bayerische Bahnhof früher nie wirklich für Bier stand, so war das 1842 eingeweihte Leipziger Gebäude doch ein Vorbote der damals neuen Zeit und der Verbindung zwischen den beiden stolzen Königreichen. Es bedurfte dann auch eines bayerisch-fränkischen Brauers, dem Ort ein neues, bieriges Leben einzuhauchen. Brauereibesitzer Thomas Schneider aus Weissenburg nahm sich Ende der 1990er Jahre der Aufgabe an, aus dem maroden Bahnhofsrest mit vielen Bombentreffern wieder ein lebendiges Stück Alltagskultur zu machen. Gesagt – getan: Der heutige Bayerische Bahnhof als Gasthaus- und Gosebrauerei entstand und mit ihm die Wiedergeburt eines fast ausgestorbenen Bierstils. Genauso wie die Berliner Weisse war die Leipziger Gose kurz vor der Wende selbst am Ende und es bedurfte wahren Pioniergeistes, ihr wieder zum alten Stellenwert zu verhelfen. Das tat Thomas Schneider auch, erkor die Gose zum Bier der Brauerei und startete zur Jahrtausendwende mit dem Brauen. 2002 kam unser Gesprächspartner Matthias Richter ins Spiel, der seitdem international wie kein anderer für das Thema Gose steht. Bescheiden und professionell, dadurch genau der richtige Mann am richtigen Ort, entwickelte er die bestehenden Rezepturen weiter und kreierte unter anderem einen Goseator, den er noch dazu in verschiedene Holzfässer zur Reifung legte. Im BierTalk erzählt er von seiner Geschichte und gibt wertvolle Tipps für Hobbybrauer, die sich vielleicht einmal selbst dem salzig-sauren Vergnügen aus dem Freistaat hingeben wollen…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute machen wir wieder eine spannende Reise zu einem historischen Bierstil, nämlich zur Gose und zwar nach Leipzig. Und dort haben wir einen ganz besonderen Brauer zu Gast, der von vielen auch so ein bisschen als the god father of Gose bezeichnet wird, wie auch immer, aber der sich schon lange damit beschäftigt, unheimlich viel drüber weiß und einfach die Referenz sozusagen eigentlich ist, wenn es um diesen Bierstil international geht. Und da freue ich mich wirklich sehr, dass der Matthias Richter heute bei uns am Mikrofon ist. Hallo, Matthias, vielleicht stellst du dich nochmal ganz kurz den Hörern vor, falls dich jemand noch nicht kennen sollte.

Matthias Richter: Ja, hallo, mein Name ist Matthias Richter, bin Braumeister im Bayrischen Bahnhof in Leipzig seit 2003 und bin seit über 20 Jahren Brauer und Mälzer.

Markus: Über 20 Jahre Brauer und Mälzer, da wäre vielleicht schon mal die allererste Frage, war das für dich im Leben klar, dass du das machen willst oder wolltest du vielleicht Papst werden oder sonst irgendwas anderes als Kind?

Matthias Richter: Nee, ich wollte tatsächlich recht zeitig Brauer werden. Also es war so, in der Schule gab es so mehrere Varianten, da war Buchdrucker dabei und Beleuchter und Brauer war aber das Interessanteste da an der ganzen Geschichte.

Markus: Ja und dann konntest du als junger Man auch schon mal reinschnuppern ins Brauen?

Matthias Richter: Nee, eigentlich gar nicht, also ich wollte Brauer werden, habe mich dann bei mehreren Brauereien beworben, bin dann auch mit dem Motorrad rumgefahren und habe Brauereien besucht. Und die Erste, wo ich angehalten habe, da habe ich dann eine Lehrstelle bekommen und habe eine dreijährige Ausbildung gemacht und das war für mich der perfekte Weg.

Markus: Wo war das, bei welcher Brauerei?

Matthias Richter: Ich habe in Krostitz, bei Ur-Krostitzer gelernt, das ist in der Nähe von Leipzig.

Markus: Und das war noch zu DDR-Zeiten, oder?

Matthias Richter: Nein, nein, so alt bin ich nun auch nicht. Also ich bin 45, ich habe Mitte der 90er angefangen mit Lernen.

Markus: Wie kommst du denn dann zum Thema Gose, das ist ja nun eine ganz andere Richtung?

Matthias Richter: Das kam dann erst, ich sage mal, im Laufe des Studiums. Also ich habe nach der Ausbildung ein Studium zum Diplombraumeister in Berlin gemacht und da ging das dann so ein bisschen mehr los, ich sage mal, so mit handwerklichen Brauen auch, also zumindest da auch mal zu gucken, in die Richtung. Und ich hatte eigentlich Glück, dass direkt nach dem Studium die Stelle am Bayrischen Bahnhof frei wurde.

Markus: Das heißt, du bist da mehr oder weniger ins kalte Wasser rein gesprungen?

Matthias Richter: Ja, so ein bisschen, also brauen konnte ich. Gose kannte ich, hatte aber noch keine gebraut und, ja, der Rest kam dann quasi beim Arbeiten.

Markus: Ja und was viele ja nicht wissen, ist, du braust ja dort auch ganz normale Biere, kann man sagen. War das auch von Anfang an so, dass es eben für das Gasthaus die Standardbiere auch gibt?

Matthias Richter: Also wir hatten schon immer vier Biere gehabt, seitdem ich dort bin. Das ist ein Pilsener, was ein bisschen, ich sage mal, floraler gehopft ist, ein Schwarzbier, ein Weißbier und Gose als Spezialität.

Markus: Und bei der Gose-Rezeptur, war da schon was vorhanden oder hast du dir das erarbeiten müssen, wie gingst du da ran an die Sache?

Matthias Richter: Ich bin ja nicht der erste Braumeister im Bayrischen Bahnhof, also ich habe im Prinzip die Rezeptur so übernommen wie sie war und die ist auch seitdem nicht verändert. Also wir brauen seit über 20 Jahren die Gose na demselben Rezept.

Markus: Und weißt du was, wo dieses Rezept herkommt oder hat das dann der Braumeister vor dir kreiert?

Matthias Richter: Also das hat er mit dem Besitzer zusammen, glaube ich, gemacht, mit dem Herrn Schneider, der ist ja auch Braumeister. Und die haben aus alten Rezepturen im Prinzip das Rezept für die Brauerei entwickelt, also zusammen auch mit dem anderen Hersteller. Weil, die Brauerei ist für Gose konzipiert, also wir haben dort ein Sauergutbehälter, der wesentlich größer ist als in anderen Brauereien. Also wir ziehen im Prinzip unsere eigenen Milchsäurekultur dort her.

Markus: Ja, da hast du grad noch ein ganz interessantes Stichwort gebracht. Bevor wir mit der Gose weitermachen, der Besitzer, der Herr Schneider, das wissen ja auch viele nicht, das sozusagen eigentlich ja das eine bayrische Brauerei beziehungsweise fränkische Brauerei ist aus Weißenburg, die eben dann erst den Bayrischen Bahnhof dazu genommen haben und mittlerweile gar komplett nach Leipzig sozusagen umgezogen sind. Merkst du denn da auch was von diesen fränkisch, sächsischen Spannungsfeld?

Matthias Richter: Was meinst du mit Spannungsfeld?

Markus: Ja, denken die vielleicht anders oder ist da die Herangehensweise anders oder ist das einfach eine nette Zusammenarbeit?

Matthias Richter: Nein, das ist eine gute Zusammenarbeit. Also ich sage mal, Brauer ist Brauer, da ist, glaube ich, egal, ob er nun aus Franken kommt oder von der Küste. Also Brauer funktionieren zusammen eigentlich immer recht gut.

Markus: Das stimmt, das habe ich auch schon so oft erlebt. Ja, zurück zur Gose, also du hast dann die Rezeptur übernommen. Da finde ich vielleicht noch ganz interessant, ich habe auch mit dem Odin Paul schon gesprochen von dem Brauhaus in Goslar. Und der hat die Geschichte erzählt, dass die Gose in Goslar ursprünglich keinen oder nur ganz wenig säuerliche Noten hatte und dass diese säuerlichen Noten sozusagen eigentlich über den Transportweg dann, bis dass dann mal in Leipzig angekommen ist, ins Bier gekommen sind. Und dass man dann eben gesagt hat: „Okay, in Leipzig reproduziert man das, was man kennt“ und dass dadurch praktisch diese Säure eben jetzt in der Leipziger Gose, im Unterschied zum Beispiel zur Goslarer Gose, so präsent ist. Kanntest du diese Herleitung, siehst du das auch so?

Matthias Richter: Also ich kannte jetzt diese Herleitung von der Gose nicht so direkt, aber das Ganze macht Sinn. Also ich kenne den ähnlichen Fall vom Löwener Bier in Belgien, dass in Löwen auch nie selber ein Sauerbier war, aber außerhalb von Löwen immer als Sauerbier bekannt. Also ist eine ähnliche Geschichte, also das wird damals bei der Gose mit Sicherheit auch so funktioniert haben. Weil, die haben ja in Goslar die Gose quasi als Jungbier oder als frisches Bier getrunken und über den Transport ist es dann halt versäuert. Und das war ja in Leipzig im Prinzip auch so, man konnte früher selber entscheiden, welchen Reifegrad man von der Gose in einer Gosen-Schenke trinken wollte. Also eine junge Gose war noch nicht sauer, die war halt eher, ich sage mal, wie Weißbier mit Koriander. Und erst die mittelgereifte Gose entwickelt die Säure, ja. Die mittelgereifte Gose ist so ein bisschen mit unserer zu vergleichen. Da gab es früher halt noch die alte Gose und die war halt so richtig, richtig, sauer, weil die Milchsäurebakterien da lange Zeit hatten, richtig zu arbeiten.

Markus: Und weißt du, welche Altersstufen das ungefähr waren, die man da ausgeschenkt hat?

Matthias Richter: Also von der Zeit her weiß ich es nicht, wie lange die Reifegrade sind, also es ist jetzt auch nicht wirklich irgendwo überliefert. Aber ich denke mal, das sind schon zwei, drei Monate, was eine alte Gose war, die dann im Keller im Prinzip gelagert hat.

Markus: Was ja jetzt für ein Bier gar nicht so alt klingt, aber natürlich für ein lebendiges Bier, wo die Milchsäure arbeitet, dann eben schon eine ordentliche Zeit ist.

Matthias Richter: Ja, ja. Wird wahrscheinlich auch so ein bisschen abhängig von der Jahreszeit gewesen sein.

Markus: Das stimmt.

Matthias Richter: Und auch von der Gaststätte selber, es gab ja verschiedene Schenken, wo man früher Gose hatte. Und ich sage mal, wer einen wärmeren Keller gehabt hat, da hat es halt was eher Säure gezogen und bei den anderen hat es halt was länger gedauert. Also das wird auch sehr individuell gewesen sein.

Markus: Kann man wahrscheinlich auch ein bisschen vergleichen mit dem Real Ale in England, wo ja …

Matthias Richter: Ja, im Prinzip schon, genau.

Markus: Genau, wo die Brauereien ja praktisch ein Jungbier ausliefern und die Wirte das dann selber in ihren Kellern jeweils endlagern. Und das ist auch nach Kellertemperatur und Zeit und Kompetenz des Wirts sehr unterschiedlich, was dabei rauskommt. Ja, wo wir grade bei dem internationalen Thema sind, die Gose hat ja einen großen, ja, man kann schon fast sagen, Hype zwischendurch erlebt, grade in den USA, grade bei den Craft-Brauern, aber auch zum Beispiel in Südamerika. Da war ich auch schon öfters und habe dann wirklich spannende Varianten von einer Guaven-Gose über diverse andere Regenwaldfrüchte bis hin zu Mix-Pickles-Interpretationen erlebt. Hast du davon auch was mitbekommen, besuchen die dich, bist du da mal unterwegs, sprichst du mit den Leuten?

Matthias Richter: Also ich habe ein, zwei Schilder hier Zuhause in meinem Flur hängen von Brauereien, die quasi ein Gose-Label haben. Also da ist schon ein Austausch vorhanden.

Markus: Und was fragen die dich dann so?

Matthias Richter: Also grundsätzlich geht es immer um die Rezeptur, die ich natürlich nicht verrate. Aber, ich sage mal, man kann ja so ein bisschen Richtung vorgeben und es wird halt auch viel gefragt, wie man das modern im Prinzip interpretieren kann, ja. Also jetzt auch für Brauer, die jetzt nicht unbedingt eine kombinierte Gärung mit Milchsäurebakterien machen wollen, da gebe ich dann schon ein paar Tipps.

Markus: Ja, apropos, jetzt müssen wir, glaube ich, mal zur Praxis kommen und ihr habt euer Bier ja in zwei verschiedenen Gebinden, also einmal in so einer 0,3er-Flasche und einmal in einer ganz besonderen 0,75er-Flasche. Und die schaut im Grunde so aus, dass man unten ein relativ bauchiges Unterteil hat und dann einen ziemlich langen hohen Hals, also das Ganze ist bestimmt, na, so 40, 50 Zentimeter hoch. Und dann hat man oben einen Bügelverschluss und kann da aufmachen und durch diesen langen Hals ausschenken. Das mache ich jetzt mal, dann können wir das mal zusammen verkosten. Ich schaue mal, ob das Plop rüberkommt. Oh ja! So, also wie schon gehört, ich habe jetzt diese große Flasche genommen. Gibt es da einen Unterschied zwischen der großen und der kleinen?

Matthias Richter: Ja, also die große Flasche, das ist quasi unsere Schmuckflasche, da ist die Gose nicht pasteurisiert, in der kleinen Flasche ist sie pasteurisiert. Einfach, weil wir da auch deutschlandweit im Handel so ein bisschen sind und, wie soll ich sagen, der Kunde und der Handel nicht immer so mit naturbelassenen Bieren kann.

Markus: Ja, das stimmt, kann ich mir gut vorstellen. Und das heißt also, ich sollte auch die anderen hohen Flaschen, die ich jetzt habe, die großen Flaschen, nicht zu lange aufheben oder kann man die auch bewusst lagern?

Matthias Richter: Ja, man kann das schon bewusst machen, wichtig ist da halt wirklich, dass die kühl lagert. Weil, die kommt halt irgendwann in die Autolyse und dann ist die nicht mehr so lecker.

Markus: Kühl heißt, eher so acht Grad oder vier Grad oder zwei Grad oder null Grad?

Matthias Richter: Ja, null Grad ist zu kalt, aber so Kühlschrank ist immer gut.

Markus: Also so sechs, acht Grad?

Matthias Richter: Ja. Wir haben halt bei unserer Gose, ist es so, da sind keine lebendigen Milchsäurebakterien im Bier drin, wir machen ja kesselsauer, weil wir den Gärkeller für alle Biere verwenden. Also wir haben jetzt keinen separaten Gärkeller für die Gose und deswegen ist das Risiko zu groß, dass wir da eine Infektion kriegen und deswegen ist auch die Gose in der großen Flasche ohne Milchsäurebakterien im fertigen Bier.

Markus: Okay, also das heißt, ihr säuert praktisch das Bier während des Brauprozesses und …

Matthias Richter: Genau.

Markus: … dann ist durch das Kochen, sind die Bakterien eh tot …

Matthias Richter: Genau.

Markus: … und dann kann man dann normal damit weiterarbeiten wieder.

Matthias Richter: Ja, ja. Also ist lebendige Hefe drin, aber keine lebendigen Milchsäurebakterien.

Markus: Okay. Und ich bin jetzt ein lebendiger Trinker und nähere mich dem Ganzen mal. Und wenn man sich das anschaut, also das Bier an sich hat so ein schönes Orange, sattes Orange, leuchtet mir entgegen. Ist leicht trüb, ist ja auch klar, ist ein unfiltriertes Bier. Und oben drauf ein sehr, sehr feiner schöner weißer Schaum, der auch sehr gut steht. Wir haben jetzt ein bisschen gesprochen und der steht trotzdem immer noch wie eine Eins, wunderbar. Ich rieche mal rein. Ja, das ist jetzt schon sehr spannend, also da haben wir schön die Koriandernoten, also dieses gewürzige Intensive, was eben der Koriander mit sich bringt. Man hat auch schon so ein bisschen den Eindruck, wie wenn man so am Meer steht und einatmet, da hat man ja auch so einen Hauch von diesem Salz, was man ja eigentlich nur schmecken kann, aber irgendwie hat man es tatsächlich so ein bisschen in der Nase. Dann hat man so ein bisschen Citrusnoten, so Orange, Zitronenschale, aber auch ein bisschen Apfel, so ein Apfel, ja, reifer Apfel. Jetzt probiere ich mal ein Schlückchen. Und ist ein sehr spannendes Spiel so von drei Grundaromen. Also es geht erst mal so eine Mischung aus süß und salzig los, dann geht das Süße ein bisschen zurück, die Säure kommt, übernimmt. Dann kommt aber die Süße wieder dazu und dann habe ich am Anfang die Fruchtigkeit und hinten raus kommt immer mehr das Gewürzige, aber auch klassische Malzaromaten. Also auch das ist da, wie man es eigentlich von einem klassischen Bier kennt. Und so klingt das Ganze dann auch aus, das Salz begleitet das so ein bisschen und macht dann auch den Mund wieder schön frisch. Also ein sehr spannender, interessanter Trunk. Ja, wie optimiert man sowas, also auf welche Sachen achtest du, was ist dir wichtig bei dem Bier?

Matthias Richter: Also wichtig ist erst mal beim Salz, dass darf nicht zu salzig sein. Also das Salz liegt eigentlich so, ich sage mal, an der Geschmacksschwelle. Wer jetzt für Salz sensibel ist, der wird es schmecken. Wer nicht so sensibel auf Salz ist, für den ist das eher so ein Mineralton und das ist eigentlich auch, ich sage mal, gewünscht. Es soll halt tatsächlich kein salziges Bier sein, sondern einfach nur durch das Salz soll es gut zu trinken sein. Also der Ursprung von dem Salz kommt höchstwahrscheinlich aus Goslar. Also man hat früher auf keinen Fall Salz in das Bier gegeben, weil Salz viel, viel zu teuer war, aber in Goslar das Wasser war halt sehr mineralig, also fast ein bisschen salzhaltig. Und das später dann in Leipzig nachzumachen, hat man dort ein bisschen Kochsalz dazugegeben als dann Salz nicht mehr so teuer war.

Markus: Ja, also ich denke, das ist auch vielleicht was, was die Hörer mal selber probieren könnten, also wenn ihr im Supermarkt seid oder im Getränkemarkt und da mal schaut, wenn es verschiedene Mineralwasser gibt, da steht ja immer drauf, was drin ist, so vom Mineraliengehalt. Und da könntet ihr euch einfach mal eins aussuchen, wo viel Natrium drin isst, vielleicht mal eins, wo viel Kalzium drin ist und ein eher neutrales und dann einfach mal diese Wässer bewusst verkosten, dann nehmt ihr wirklich bewusst war, welchen Unterschied es eben macht, was ich für Wasser zum brauen nehmen und letzten Endes dann auch, wie das beim Bier verändert. Und ich bin da total bei dir, ich glaube auch, dass eben dieses sehr mineralige Wasser aus Goslar, aus den Harzer Bergen, da sicherlich der Ursprung ist für dieses, ja, leicht Salzige. Ich finde, es kommt so im Nachgang, ist es dann so ein bisschen da, aber es ist wirklich sehr angenehm, sehr schön. Liege ich da mit meiner Beschreibung grundsätzlich richtig?

Matthias Richter: Ja, also die ist perfekt! Die Säure trägt das Salz auch ein kleines bisschen mit.

Markus: Ja, das ist spannend, also man hat ja normalerweise eher so zwei von den Grundaromen, die irgendwie hier eine Rolle spielen, süß und bitter oder bei den dunklen Bieren vielleicht noch so ein bisschen Umami, aber das ist dann wirklich spannend, wenn die drei sich da so ergänzen. Ja und du experimentierst ja auch ein bisschen. Also als ich dich besucht habe zum ersten Mal, das ist ja schon lange her, das müsste 2015 oder 14 oder 13 irgendwie so gewesen sein, da hattest du grade einen Gosiator, da hast du mir auch eine Flasche mitgegeben. Die steht auch immer noch im Keller, irgendwann mache ich die mal auf. Aber, experimentierst du mit der Gose auch, machst du da verschiedene Varianten?

Matthias Richter: Also haben wir über die Jahre tatsächlich relativ viel gemacht, das hat so die letzten zwei, drei Jahre ein bisschen nachgelassen, weil einfach relativ gut zu tun ist. Aber wir haben so vor zehn Jahren angefangen, weil wir die Möglichkeit hatten mit dem US-Markt, dort auch die Sachen zu verkaufen. Also wir haben Gose auch mit verschiedenen Gewürzen gemacht, Orangenschalen und, ich sage auch mal, Kardamom und solche Sachen ausprobiert und wir haben relativ zeitig diese Gosiator-Linie aufgelegt. Das ist ein Gose-Doppelbock, also ist eigentlich kein historischer Bierstil, aber das passte recht gut, da ist wesentlich mehr Koriander dran. Er hat einen ziemlich kräftigen Malzkörper, da deckt den Alkohol eigentlich ganz gut ab. Und dann haben wir das Bier auf verschiedenen Fässern noch zusätzlich gelagert. Also mein Favorit war damals Tequila, wir hatten ein frisch entleertes Tequila-Fass und haben den Gosiator da knapp ein Jahr drauf liegenlassen und das war eine total tolle Kombination von dem Tequila, von dem Holz und von dieser wirklich kräftigen Gose.

Markus: Kann ich mir sehr gut vorstellen. Wenn man auch noch überlegt, in meiner Jungend hatten wir Tequila ja mit Zitrone und Salz …

Matthias Richter: Genau.

Markus: … insofern passt das ja auch von der Aromatik her richtig gut.

Matthias Richter: Ja.

Markus: Spannend, ja. Und was würdest du denn so sagen, wenn wir jetzt auch so an die Hobbybrauer unter den Hörern denken, was muss man denn beachten, wenn man so mit Gewürzen oder eben auch Salz oder solchen Sachen braut, gibt es da Sachen, wo man richtig was falschmachen kann? Ja, gibt es etwas aus deiner Trickkiste, was du verraten magst?

Matthias Richter: Also direkt falschmachen kann man nix, also man sollte sich halt immer so ein bisschen ran tasten, grade beim Salz. Also das Spannende am Salz ist, nicht zu viel, sondern grade so, dass man es nicht mehr merkt. Das ist eigentlich, also für mich zumindest, das Perfekte beim Salz. Dann kann man bei der Säure halt auch ein bisschen spielen. Also wir haben halt einen PH-Wert bei unserer Gose so von 3,6, 3,7 so im Schnitt, man kann das aber auch saurer machen oder halt ein bisschen weniger an der Säure machen, also hat man extrem viele Möglichkeiten. Man kann auch, haben wir auch schon probiert, ist aber kommerziell ein bisschen schwierig, Koriander stopfen, macht nochmal ein bisschen anderen Aromaeindruck. Aber da muss man ein bisschen aufpassen, Gewürze sind manchmal ein bisschen belastet mit Keimen, also man kann sich da eine Infektion ziemlich schnell reinholen. Aber zum Probieren ist das super spannend.

Markus: Das ist ja durchaus auch was, was man beim Hopfen erleben kann, also dass man beim Stopfen dann auch Infektionen damit hervorrufen kann, wenn man Pech hat sozusagen.

Matthias Richter: Ja, wobei, beim Hopfen ist es seltener, weil der ja schon mal grade gegen Milchsäure, bietet der ja einen guten Schutz oder gegen Milchsäurebakterien.

Markus: Wenn wir von Koriander sprechen, sprechen wir ja immer nur von den Samen, oder?

Matthias Richter: Ja, genau.

Markus: Hast du auch schon mal probiert, mit den Kernen was zu machen?

Matthias Richter: Nein, also Blätter, funktioniert da nicht besonders. Weil, Blätter haben immer so ein bisschen, wenn man da so Salat macht, hat an dieses leicht Seifige, das hätte man dann nachher im Bier auch. Und Blätter machen auch immer so ein bisschen krautigen Geschmack.

Markus: Also ganz bewusst die Samen verwenden.

Matthias Richter: Ja, ja.

Markus: Okay. Jetzt, wenn ich mir eure Speisekarte anschaue, da empfehlt ihr verschiedene Sachen zur Gose, also unter anderem eine Haxensülze und einen gebackenen Camembert. Hast du da persönlich Favoriten, wenn du Speisen kombinierst mit der Gose, was denkst du, ist gut?

Matthias Richter: Also ich bin da tatsächlich nicht so geeignet, weil ich bei manchen Sachen ein bisschen einen eigenen Geschmack habe.

Markus: Und was schmeckt dir persönlich am besten?

Matthias Richter: Zur Gose?

Markus: Mhm.

Matthias Richter: Nix weiter.

Markus: Ah, okay.

Matthias Richter: Also es ist tatsächlich so, für mich ist Gose das Erfrischungsgetränk. Also das ist eigentlich das Bier gegen den Durst, wenn ich im Sommer ins Gasthaus komme.

Markus: Kannst du dich noch erinnern, wann du deine erste Gose getrunken hast?

Matthias Richter: Ja, 2003, als ich im Bayrischen Bahnhof angefangen habe.

Markus: Das heißt also, du bist dahin, wusstest, dass du dieses Bier machen wirst, aber hast es vor der Stelle, bevor du angetreten bist, noch nicht probiert gehabt?

Matthias Richter: Nein.

Markus: Das ist ja auch witzig. Und wie habt ihr dann die ersten Sude, hast du das noch gemeinsam gemacht mit dem vorherigen Braumeister?

Matthias Richter: Also der war schon nicht mehr da, aber der Herr Schneider konnte ja im Prinzip auch dieses oder die Brauerei bedienen, der hat die ja mit aufgebaut und hat mir dann im Prinzip dann alles gezeigt. Und, ja, ich habe das dann so übernommen.

Markus: Ist der heute auch noch ab und zu im Brauhaus?

Matthias Richter: Ja, er ist regelmäßig da.

Markus: Und mischt dann auch ein bisschen mit?

Matthias Richter: In der Brauerei jetzt nicht mehr so viel.

Markus: Okay. Ich kann mich erinnern, also ich habe ihn besucht und auch seine Brauerei öfters, als sie noch in Weißenburg waren. Die hatten dort auch einen wunderschönen Bierkeller, den Araunerskeller. Das ist so mitten im Wald, ist ja doch so ein bisschen auch eine leicht hügelige Gegend, im Altmühltal, da unten. Und da fließen auch so ein bisschen Franken, Schwaben und Bayern zusammen. Also die Leute, die da sind, die haben irgendwie von allen Volksstämmen so ein bisschen was. Ein sehr quirliges, witziges Volk, wo ich sehr, sehr gerne bin. Und auch schon lange gastronomische Prägung, weil das ja früher alles Römergebiet war. Also da gibt es auch Affinität in Richtung Wein und was weiß ich was, also wirklich spannend. Und das stelle ich mir schon interessant vor, wenn so jemand dann sagt: „Ich gehe da weg und gehe dann nach Leipzig.“ Aber ich glaube, da wirst du wenig mitbekommen haben, du kennst ihn ja nur dort, oder?

Matthias Richter: Ich kenne ihn hauptsächlich aus Leipzig, ja.

Markus: Okay. Ja, was sind denn noch so deine Ideen, was du mit der Gose noch so anstellen möchtest in Zukunft? Hast du noch so, ja, Sachen, die du schon immer mal machen wolltest oder wo du gedacht hast, ah, packe ich jetzt demnächst mal an?

Matthias Richter: Also ich muss mal gucken, also ich würde tatsächlich gern nochmal so eine Gosiator-Serie auflegen und vielleicht nochmal gucken, ob man noch ein paar andere Fässer benutzen kann, um das so ein bisschen auszubauen, müssen wir mal gucken. Aber das ist halt auch ein bisschen eine Zeitfrage und auch eine Platzfrage. Wir sind halt über die Jahre recht gut gewachsen mit der Brauerei und sind schon ganz gut an der Kapazitätsgrenze, da ist nicht mehr so viel Spielraum.

Markus: Wie hat sich das denn in der Pandemie entwickelt, ward ihr da schwer betroffen oder habt ihr dann auch mehr versendet?

Matthias Richter: Ach, also Pandemie war halt oder ist halt schwierig. Wir machen ja 80 Prozent von unserem Ausstoß im Gasthaus und wenn das halt zu ist, verkaufen wir halt auch die 80 Prozent nicht, also wir haben uns dann auf die restlichen 20 gestützt. Und wir haben aber den Vorteil, dass wir seit 2005 noch ein Tochterunternehmen haben, das ist die Firma Wilhelm Horn und wir stellen Spirituosen her. Und die Spirituosen haben sich auch während des Lockdowns gut verkauft.

Markus: Das heißt, du destillierst dann auch mal?

Matthias Richter: Ja, also wir machen den Leipziger Allasch, was eine andere Leipziger Spezialität ist, das ist ein Kümmellikör. Und den hat man früher, ähnlich wie in Berlin den Kümmel zur Berliner Weissen, in Leipzig mit der Gose zusammen getrunken und zwar hat man den in die Gose rein gekippt. Und der Zucker aus dem Likör, also der ist wirklich sehr süß, der hat im Prinzip die Säure rausgenommen. Und früher war ja die Gose in den Bauchflaschen mit lebendigen Milchsäurebakterien, war dadurch natürlich auch ein bisschen verdauungsanregend. Und man hoffte mit dem Kümmel, dass so ein bisschen einzubremsen. Wobei, das ist halt vom Geschmack her, also man muss das mögen, diese Kombination aus dem, das ist wirklich ein sehr kräftiger Kümmel, mit dem Bier zusammen.

Markus: Ja, das kann ich mir vorstellen. Vielleicht da auch noch für die Hörer als Ergänzung, diese Flasche, wie der Matthias auch grade gesagt hat, mit diesem sehr hohen Hals hatte früher eben auch, soweit ich das weiß, die Bewandtnis, dass die dann oben so einen Pfropf gebildet haben, diesen …

Matthias Richter: Ja, genau, das hatte eine Funktion.

Markus: Genau und dann hat sich praktisch natürlich verschlossen und konnte dadurch eben auch besser gelagert werden, also deswegen also dieser lange Hals.

Matthias Richter: Das war halt früher so, das ist halt auch wieder ähnlich wie beim Real Ale, dass man das Bier als Jungbier von der Brauerei in die Wirtschaften gefahren hat. Und die Schenken hatten halt früher im Keller einen Bottich oder ein Holzfass, da kam das Bier halt rein. Die Wirte füllten selber diese Flaschen und haben die Flaschen dann halt unverschlossen im Keller zur Nachgärung stehenlassen. Und durch den langen Hals stieg da halt Hefe mit auf, die ist oben getrocknet und hat das dann verschlossen. Und zwar teilweise sogar so dicht, dass sich da die Kohlensäure drin binden konnte und das war dann nachher ein moussierendes Getränk.

Markus: Von der Berliner Weisse weiß ich ja, dass man da ganz bewusst nach alten Flaschen gesucht hat, um da eben noch alte Hefestämme zu finden und auch überhaupt die Sensorik nochmal zu sehen, wie das eben so bei gereiften Flaschen ist. Kennst du Ähnliches auch von der Gose, also gibt es da auch alte Flaschen, die noch von älteren Chargen aufgetaucht sind, die man analysiert hat, gibt es sowas?

Matthias Richter: Also das gibt es, aber ob die jetzt analysiert worden sind, das weiß ich nicht so genau. Also ich selber habe noch zwei in der Kühlzelle stehen, die sind noch verschlossen. Die wollte ich eigentlich auch so lassen! Also es waren mal vier, ich habe die anderen zwei verkostet und das war tatsächlich noch ein, ich sage mal, zwar oxidiertes, aber immer noch gut zu trinkendes Bier.

Markus: Von wann waren die und von welcher Brauerei?

Matthias Richter: Die waren Anfang der 90er und zwar von der Dahlener Heide Brauerei.

Markus: Das war ja die Letzte, die praktisch die Kontinuität so ein bisschen gewahrt.

Matthias Richter: Genau.

Markus: Ja, wie ist es denn heute in Leipzig, also wenn ich da jetzt hinkomme, also, klar, Bayrischer Bahnhof, bei euch, logisch, aber wenn ich sonst noch Gose trinken will, kannst du da noch ein paar Tipps geben, wo man das schön erleben kann?

Matthias Richter: Ja, also mein absoluter Tipp wäre, da hat man alle Gosen auf einem Haufen sozusagen, das ist in der Gosen Schenke in Leipzig Gohlis. Dort kriegt man drei Gosen, das ist einmal die Ritterguts Gose, unsere Gose und selber haben die dort auch eine kleine Brauerei und machen auch eine eigene Gose.

Markus: Ist das die Ohne Bedenken Geschenke?

Matthias Richter: Genau.

Markus: Genau. Ah, wunderbar, ja, sehr schön! Also das kann man auf jeden Fall empfehlen. Natürlich gibt es auch tolle Literatur. Also auch hier könnt ihr euch gerne, liebe Hörer, mal weiterbilden, wenn ihr wollt, spannende Geschichte. Ja, ich habe noch zwei Sachen, also einerseits würde ich gern nochmal in den Allasch einsteigen.

Matthias Richter: Gerne.

Markus: Wie war das denn, also ihr habt ja gesagt, ihr macht eine Destillerie, wollt selber eben Liköre ansetzen. Wie kommt man da auf die Rezeptur und bist du zufrieden mit dem aktuellen Ergebnis?

Matthias Richter: Also beim Allasch war es im Prinzip auch wieder wie bei der Gose, das ist ein historischer Likör, der wurde von der Firma Wilhelm Horn schon wirklich lange, lange, lange hergestellt. Wir haben die Rezeptur mit übernommen und haben die dann nur an unsere Betriebsgröße angepasst. Und später dann, wir haben die Destille noch nicht ganz so lange, als wir dann die eigene Destille hatten, dass dann immer noch ein bisschen auf die Rohstoffe angepasst. Und mittlerweile ist das Kümmelaroma ein bisschen intensiver als in dem Ursprünglichen. Das ist ein bisschen komplexer, auch weil einfach, wenn ich selber destilliere, da ganz andere Möglichkeiten habe als wenn ich es machen lasse.

Markus: Und muss ich mir das so vorstellen, dass du dann quasi so eine Art Kümmelgeist machst und den auch später zum Likör machst?

Matthias Richter: Genau. Also ich nehme wirklich viel Kümmel, den weiche ich ein und destilliere dann im Prinzip fast, bis der Kümmelsamen trocken ist, das ab. Also beim Kümmel kann man sehr viel ab destillieren und das wird dann nochmal in einem Reinigungsbrand im Prinzip rektifiziert und dann nimmt man das als Grundbasis für den Likör. Kommt halt, wie gesagt, sehr viel Zucker dazu, ein bisschen Wasser und dann ist der Likör eigentlich auch schon fertig.

Markus: Also zweimal destilliert und dann eigentlich nur noch Wasser und Zucker und …

Matthias Richter: Genau, ja.

Markus: Spannend! Okay, also muss ich unbedingt auch mal probieren. Ich kenne das aus München, da wurde ja auch der Münchner Kümmel wiederbelebt und ist jetzt sogar irgendwie auf der Liste der geographisch geschützten Produkte und sowas. In Bayern, die sind da auch sehr stolz drauf. Aber da muss man natürlich auch mal das Leipziger Gegenstück dann probieren.

Matthias Richter: Gerne.

Markus: Ja, das Zweite, was du vorhin schon angesprochen hast, ihr macht ja auch ein Schwarzbier. Das ist ja auch so ein Bierstil, den es vor allem in der reinen Form eigentlich kaum gibt. Wie würdest du denn euer Schwarzbier charakterisieren?

Matthias Richter: Also bei unserem Schwarzbier ist es tatsächlich so, dass ich das so ein bisschen meinen persönlichen Geschmack dann auch unterworfen habe, wo ich dort angefangen habe. Also es ist halt tatsächlich sehr röstig, es ist eine wirklich gute Menge an Röstmalz dran. Es hat im Gegensatz zu den anderen Schwarzbieren, also Schwarzbier ist in Ostdeutschland doch ein recht beliebtes Bier gewesen, was aber immer recht schlank war. Und ich habe dem Ganzen ein bisschen mehr Körper gegeben und den Körper aber mit dem Hopfen ein bisschen abgefangen. Also es ist, geht so ein klein wenig Richtung Stout, es ist aber ein Schwarzbier.

Markus: Und ist untergärig?

Matthias Richter: Ist untergärig, ja, ja.

Markus: Genau. Ah ja, ja, spannend. Also finde ich auch insofern sehr interessant, als da ja immer dieser Dualismus praktisch ist zwischen den Bayrisch Dunkel, was es zum Beispiel auch in der Schneider Brauerei in Weißenburg gegeben hat. Das eben eher süßlich, weniger intensiv, röstig, eher so eben Karamell, Schokolade, in diese Richtung, mit sehr viel Körper, sehr viel Süße. Und dann eben als Gegenstück so dieses Schwarzbier eher schlank, eher röstig, aus Thüringen und Sachsen. Und das finde ich auch eine sehr interessante Geschichte. Und wie gesagt, das wird halt von den Brauern oft so ein bisschen, ja, wie soll man sagen, also auf manchen Bieren steht Schwarzbier drauf und ist eher ein Dunkles drin oder andersrum. Das ist für den Verbraucher, glaube ich, auch ein bisschen schwierig. Insofern hört sich das für mich sehr spannend an, was du da machst. Wenn du euren Absatz insgesamt siehst, welchen Anteil haben denn da die Gose oder das Schwarzbier ungefähr?

Matthias Richter: Also die Gose ist schon mit das Hauptbier. Wobei, da gibt es ein bisschen jahreszeitlich, schwankt das. Also in der Sommerzeit ist definitiv das Hauptbier, in der Winterzeit geht es ein bisschen zurück. Also ein Drittel der Jahresproduktion ist Gose, ein Drittel ist Pilsener. Wir sind in Deutschland, Deutschland ist ein Pils-Land. Und das restliche Drittel teilt sich eigentlich das Schwarzbier mit dem Hefeweizen.

Markus: Euer Pilsner heißt Schaffner Pils.

Matthias Richter: Genau.

Markus: Das ist eher wegen Bahnhof, ne, also?

Matthias Richter: Ja, also die Biere haben, außer die Gose, alle einen Bahnhofsbezug. Also das Pilsner ist halt Schaffner, das Schwarzbier ist der Heizer und das Hefeweizen ist der Kuppler. Und dann haben wir saisonal vor Weihnachten noch den Prellbock, das ist ein dunkles Bier, da ist der Name auch ein klein wenig Programm.

Markus: Ja, das hört sich auf jeden Fall auch sehr gut an. Ja, nun bist du 20 Jahre da, da ist natürlich auch so ein bisschen die Frage also einerseits, siehst du dich da auch noch 20 Jahre und andererseits, wie sieht es denn da mit dem Nachwuchs aus? Hast du Azubis, kommen da Leute, um zu lernen, wie sind da so die Situationen?

Matthias Richter: Also beim Nachwuchs sieht es eigentlich gar nicht so schlecht aus. Der Brauerberuf ist nach wie vor ungebrochen beliebt und es sind zum Teil halt auch Ältere, die das lernen wollen. Also mit älter meine ich jetzt nicht 15-, 16-, 17-Jährige, sondern zum Teil als zweiter Berufsweg, dann so Mitte 20, die das machen wollen. Also da sehe ich eigentlich kein großes Problem. Und ich selber bin seit 20 Jahren oder fast 20 Jahren da und kann mir weitere 20 Jahre auch noch vorstellen.

Markus: Okay. Ja, vielleicht hört der Herr Schneider ja zu, dann ist ja alles gut. Hast du da auch mittlerweile vor Ort so ein bisschen dich gesättelt, Familie und so weiter?

Matthias Richter: Ja, ja, habe ich. Ja, also meine Frau arbeitet im Bahnhof.

Markus: Ah!

Matthias Richter: Die habe ich dort kennengelernt.

Markus: Wunderbar, das passt, das hört sich doch sehr, sehr schön an. Hast du noch einen letzten Tipp an alle Hobbybrauer unter uns, die sich mal an eine Gose ran wagen sollen, was sollten sie auf jeden Fall machen und was sollten sie auf jeden Fall nicht machen?

Matthias Richter: Also auf jeden Fall für den ersten Versuch, würde ich sagen, Hälfte helles Gerstenmalz, helles Weizenmalz, einfaches Maischprogramm, also einfach Infusion. Dann auch bei der Hefe irgendeine neutrale obergärige Hefe, also Kölsch-Hefe, Altbier-Hefe, sowas dann nehmen. Beim Hopfen ein bisschen dezent arbeiten. Wobei, man kann das Ganze auch Hopfenstopfen, das passt mit manchen Hopfen gut mit dem Koriander zusammen. Milchsäure, wenn man sich das nicht selber herziehen möchte, kann man sich eine Röstmilchsäure kaufen oder Sauergut. Für den Anfang zum Testen kann man das machen, später kann man sich dann auch mal selber hinsetzen und eine Milchsäure ziehen. Wobei das halt auch ein bisschen tricky ist, wenn man das Zuhause macht, weil man einfach die Temperatur nicht genau halten kann. Ja, beim Koriander, am besten frisch mahlen, das ist wichtig.

Markus: Genau. In Amerika habe ich mal erlebt, da hat mir eine Brauerin erzählt, ja, für ihre Gose, sie nimmt einfach immer einen Becher Joghurt und schmeißt den vorher in den Kessel. Scheint funktioniert zu haben.

Matthias Richter: Ja, das geht, also wenn man naturbelassenen Joghurt hat, kann man sich durchaus die Milchsäurebakterien daraus kultivieren, das geht.

Markus: Ja, also lustig auf jeden Fall. Dann bedanke ich mich ganz, ganz herzlich für dieses tolle Gespräch, für die vielen Hintergrundinfos und, ja, für deine Bereitschaft, zur Verfügung zu stehen. Und, ja und natürlich auch dafür, dass du dieses tolle Bier machst. Ich habe die Flasche jetzt schon fast leer, also man sieht, es läuft, auch in Franken, also sehr schön. Vielen, vielen Dank, dir noch einen schönen weiteren Tag und bis bald.

Matthias Richter: Ich habe noch was ganz Wichtiges.

Markus: Ja.

Matthias Richter: Beim Gose trinken darf man auf keinen Fall Prost sagen, sondern beim Gose trinken heißt das Gosianer.

Markus: Dann, Gosianer!

Matthias Richter: Gosianer!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk English 3 – Talk with Lana Svitankova from Kyiv, Ukraine, working for Varvar Brewery and 1st Certified Cicerone

Lana Svitankova comes from the capital of Ukraine and started only to her honeymoon with the theme of beer. It was then that she got to know Czech beers and fell in love with the barley juice. Further trips to Belgium and other beer countries followed until she became the first Certified Cicerone in Ukraine to become a beer professional. She now works for founder Vasily Mikulin’s Varvar Brewery. There, they even developed their own Ukrainian beer style, Ukrainian Golden Ale, strong, sweet and with a hint of coriander. Lana also translated several classics of craft beer literature into Ukrainian and has already written her own books and articles. In the podcast, we talk about her story and the current situation just days after the Russian invasion of her homeland…

Kommt in unsere Facebook-Gruppe und diskutiert mit: https://www.facebook.com/groups/bierakademie

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Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Zusammenfassung auf Deutsch:

Lana Svitankova die erste zertifizierte Cicerone in der Ukraine, arbeitet für die Varvar Brewery und hat ihre Leidenschaft für Bier während ihrer Flitterwochen in Prag entdeckt, wo sie ihr erstes markantes Biererlebnis mit einem dunklen Master-Bier hatte. Ihre Reisen führten sie durch verschiedene Bierländer, wobei ihr Interesse vor allem belgischen und britischen Bieren galt. Lana engagiert sich stark in der Bierkultur der Ukraine, übersetzt Bierliteratur ins Ukrainische und schreibt eigene Bücher und Artikel.

Lana beschreibt die Bierkultur in der Schweiz, wo sie lebt, als sehr vielfältig, mit vielen kleinen, lokalen Brauereien, die verschiedene Bierstile anbieten. Sie vergleicht dies mit der Bierkultur in der Ukraine, die seit der ersten Craft-Bier-Brauerei im Jahr 2012 eine rasante Entwicklung durchgemacht hat. Die ukrainische Bierlandschaft sei geprägt von einem breiten Spektrum an Bierstilen, von traditionellen Massenmarkt-Lagern bis hin zu experimentellen Craft-Bieren.

Das Interview wurde kurz nach der russischen Invasion in der Ukraine geführt, und Lana spricht über die aktuelle Lage in ihrer Heimat. Sie äußert sich dankbar für die internationale Unterstützung und Solidarität innerhalb der Biergemeinschaft. Trotz der schwierigen Situation betont Lana ihre Liebe und Leidenschaft für die Bierkultur und ihre Absicht, diese weiterhin zu fördern und zu entwickeln​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​.

 

Interviewtext:

Markus Raupach: Hello, and welcome to our podcast BierTalk. Today we have another episode in our English version of the BierTalk and we have a nice guest from the Eastern European region. We have Lana Svitankova from Ukraine, but she’s living in Switzerland. Of course, we now have very special days thinking about Ukraine. We are also talking about her and her beer relationship and her beer scene, and what she does with beer, but also about the actual situation of Ukraine. But Lana, first, maybe you introduce yourself and let us know something about you.

Lana Svitankova: Hello, Markus, hello, all listeners. I’m super happy to be invited here and I’m really honoured and humbled to be with you today. My name is Lana and I’ve been working in beer for, I guess, five or six, six years already. I’m a talking head for Varvar Brew in Kyiv. So usually I do all the communication stuff, introductions, international collaborations, helping them to connect to another world, in other countries, meeting new people. Also I do some educational work in Ukrainian and translate books into Ukrainian from English. So I usually do whatever I can to promote beer culture in Ukraine as well, telling people that beer is not just usual yellow, bubbly stuff, but way more. Not only about flavours of beer, but also wonderful world of beer people who are ready, come to your help anytime. These days, I’m extremely happy to be in this industry, because I’m getting so much words of support and actions of support, and I’m incredibly thankful for that.

Markus Raupach: Maybe let’s start with your personal beer history. So can you remember when you had your first beer and what then brought you into the really beer world that you got deeper and deeper in it?

Lana Svitankova: It’s quite easy. I remember that glass of beer really good because it was one of my first trips to Europe. It was a honeymoon trip to Prague and there I drank a glass of dark master. So I was super impressed and my thought was like, beer can be something like this. I need to know more about that. So it was almost 14 years ago and since then, I keep thinking about beer, talking about beer and writing about beer. So that was one of, I don’t know, like the eye opening moment. I think the second was Rodenbach. I said like, “This is not beer,” and I still really like this beer as an example of not beer. But it is. So this is the surprise which can jump at you and you either like it or not. But you won’t be ever thinking of beer in the same way as you thought before.

Markus Raupach: Yes, and that’s really the great range between if you have the typical bohemian easy drinking lager and then you have the Rodenbach, the sour beers and special beers with all these wood taste and not easy drinking but with a lot of aroma and very, very interesting and very special. So I really can understand this and then you got into beer as a beer drinker and what brought you then for to working for the industry? Also you’re now a journalist, you had books about beer. How did that come?

Lana Svitankova: Basically, I just, I like flavourful stuff. I like food. I like beer. So I continue to explore it on my own. When I like something I want to know everything about it. So I started reading books. I don’t think there were movies that time, but I think it was mostly books and all my vacations eventually turned into beer-cations. So everything was rotating around beer. I looked for breweries when I travelled somewhere. I’ve been looking for special kinds of beer like beer which is produced only in this country or in this exact city. So yeah, I drank a lot and I am not ashamed of that. Because I was so curious about all things beer, then the first craft beer started beer in Ukraine. I was super keen to know more about that as well and I got to know the owner of a brewery I’m working for. I approached him and asked like, “Do you want to make a beer running club?” So basically the brewery is located not far from a small lake and then you run from a brewery and do a one circle around the lake, it will be a five-kilometre distance. So he said, “Yeah, if you’re organising that, I’m all hands for it.” So once in two weeks, we gathered at the brewery, change into our running gear, took a five-kilometre run and then everybody got their special medal, a free glass of beer. It also was a desire to show that people who drink beer, they’re not like, you know, like the stereotypical thing that people who drink beer, they just drink it on the sofa, watching TV, doing nothing and beer is like a reason for obesity and everything like that. So they’re not fit. They don’t like sports. It’s just not true because like we’ve been running and then we drank beer. We talked about beery things, we talk about like beer travels as well and it was like a really, really nice time. After a few months, Vasil, who’s the owner, approached me and asked me to join the team. So that’s how it happened. Since then, I’ve been doing so much stuff more and more and they’ve been so supportive about that. So yeah, I am like heels over the head in love with beer and I do what I love, I love what I do and I don’t see myself stopping anywhere in the nearest future. I want to keep doing that as long as I can.

Markus Raupach: You’re really unstoppable with that. So I really can approve that and we’ll come back to that in a second. Maybe just one thing, you talked about that you came to be with the honeymoon and you make beer holidays out of your normal vacations. But you have your husband. What does he say? Is it that, does he say, “Okay, that was always my dream?” Or does he say, “Oh God?” What is his opinion?

Lana Svitankova: Oh, I have to say I’m very lucky because he also likes beer. Well, it was a drink of choice from the very beginning. So we don’t drink like distils, almost never. But we started exploring distils because we want to know what the drinks are which makes so good bottles to H Beer. So he likes the beer, he enjoys beer as well. So it makes easier to taste more beer, so I don’t have to finish a bottle myself, we always share it. So it’s very nice and very convenient.

Markus Raupach: That’s good. So you have, you can drink more different beers, and you can enjoy it together. So that’s always a nice thing. Perfect. Maybe a last thing about that, you now live in Switzerland. What is the beer culture in Switzerland? Do you feel comfortable with that? Or is it a little bit strange? What is the beer there?

Lana Svitankova: Well, I have to be honest, I was extremely surprised and I got to know that Switzerland is a country with the highest number of breweries per capita in the world. Because they have so many breweries. Mostly, they are super small, super local and tiny, located in small cities, or even villages, and you can only try their beers when you go there. So I really like this thing to go somewhere, to explore new places and to try new beers. So I have a small map, like a Google Map, and I’m pointing breweries I’ve been already. So it’s about a bit more than 100 already into here. So it’s a, you know, like a quest of sorts. The type of beers which are popular, mostly it’s like a lot of like German style beers, like Bell’s Lager. Some produce more modern styles like IPAs and the French-speaking part is more into wild sour beers. I think it because they I make a lot of wines there and the palate is more accustomed to kind of this kind of flavour. So yeah, it’s also very varied and interesting, and you can always find something for yourself, no matter which beer you prefer.

Markus Raupach: That sounds interesting and like also a big variety, and if you compare that with the Ukrainian beer scene, at least as it was until one week before, how would you describe that? Was it quiet in the beginning? Or did it already reach a certain point? Which beers did they mainly or do they mainly produce that varies the palate of the Ukrainians?

Lana Svitankova: So I think we should start from the very beginning. Basically, the first brewery which called itself craft brewery, was founded in 2012. It was a contract brewery. So basically, it was two guys brewing at a small brewing site of restaurant brewery, which produced, you know, like this classical restaurant pub style beers like pale lager, weak beer and dark lager, for example, maybe porter. So they used that system to brew more interesting, unusual beers. They brewed IPAs, porter stouts and later in 2015, we had the first wave of craft breweries, which brewed more, I don’t know, like, more brave styles, I would say. Because usually yes, in Ukraine, people mostly drink mass market lager. But I have to say they have a sweet tooth. So mass market lagers, they are more I would say on the Czech style lagers, more malty, so more sweet. Not that like crisp and dry as German lagers. So one of the first beers, which were super popular, at least at the brewery I worked for, was golden ale and milk stout. Both of them are kind of sweet. So like, it was 60% of all the brewery brewed and it still is. So people really like sweet beer. But if we are talking about now, I mean, until a few days ago, we have craft beer, which is available in supermarket, which is more accessible, not that aggressively experimental I would say. But also we have a part of craft beer, which is like, hugely weird. Now we have a small, geeky audience which can consume whatever you brew. So it doesn’t matter if you add, I don’t know, the most crazy ingredients. Like we had recently a beer which emulated borscht. So it was a beer with beetroot, black pepper, lactobacillus for sour cream. So they can drink whatever you do and it’s really good because it gives breweries a freedom to play with ingredients. But at the same time, usually they never brew the same beer again. So this is good and this is bad at the same time for me at least. I would like breweries to at least brew the beers people like a lot, because sometimes you drink something, you really like it and you can’t drink that ever again because they are going do the next one, next one, next one. So yeah, it’s a bit like I would say, it’s steady in this sense. There is accessible beers, which get more people in craft, who open new beer for them. Like I really like to call this not even a craft but a new wave of beer. So it doesn’t matter which style they brew. Like it’s different. It’s something different. They never had that before. Another part is like hugely experimental stuff. Previously, then something new happened in the world and everybody started copying that. I would say maybe a gap of two or three years had to be closed before it comes to Ukraine. But now, whenever happens, whatever new technique or whenever new style or variety of beers, it’s there. For example, we already had even like this cold brew, cold IPAs, or this, how do they name it? Like oat cream IPAs, which Other Half in US does. So like we have it all. So we are trying to be like super progressive and super experimental as well. So this is what distinguishes it a bit from Switzerland. So here, they don’t have this like booming market for like this crazy stuff, I guess for now.

Markus Raupach: You also have in Ukraine, manufacturers of brewery equipment. So as far as I know, there are many German brewers and craft brewers who got their equipment from Ukrainian companies. So that’s also interesting that there’s also the knowledge about how to make brewing systems.

Lana Svitankova: It’s also a really interesting thing, because in Ukraine, a lot of people still think that all the best stuff is imported. It doesn’t matter if it’s equipment, if it’s beer. So people are eager to pay more money for imported beer, even if it’s an IPA, which sat I don’t know how long in a container crossing the Atlantic. Than a locally brewed IPA, which is super fresh, just from the fermenter. But like we are trying to move with that and to explain to people that this is fresher, this is better. But bit by bit they begin to understand that themselves. They just compare tastes and yeah, that’s it. So this is the same with equipment. I think it’s cheaper for European brewers as well, but I think like all the people, all the brewers who strive for, I don’t know, recognition maybe, almost all of them use imported equipment. But we also have really great engineers. So for example, at Varvar we assembled our first brewery ourselves. So it was like 500 litres brewing kettle, and 500 litres fermenters. We assembled it ourselves. Now we have a bigger system, but this system, which is smaller, we use it for experimental brews and for sour program.

Markus Raupach: As Ukraine is such a big country, so it is almost as big as whole western Europe, can you still say it’s more or less one beer culture? Or is there also a difference between maybe the western part, the eastern part, the central, the different palates or different ideas of beer?

Lana Svitankova: Oh, I don’t think so because everybody’s mostly drinking the same. If we’re talking about maybe tradition of consumption alcohol drinks, I wouldn’t say we have a drink of preference. So like, in every region, people drink everything with alcohol, like beet kvass, beet cider, beet mead, beer, wine, or distils. We have everything because Ukraine is such a huge country, like as you said, we have a beer belt for growing or producing or enjoying beer. We have a wine belt in the south, and we have a vodka belt in the north. So basically we have everything with alcohol.

Markus Raupach: You already wrote books or also translated books and comics. Did you do it in Ukrainian or in Russian and how did that work? How did the people react on your books?

Lana Svitankova: So I translate everything into Ukrainian because previously, we mostly had no literature about beer in Ukrainian. So I think there was one book which was translated specifically for Carlsberg for internal usage, but I don’t remember any like specific books on beer. So in 2017, when we’ve done Randy Mosher Tasting Beer, it was basically the first beer encyclopaedia in Ukrainian. I do this to promote beer culture and my language. So this is like two birds with one stone. People were like, I thought like how many people would buy a book about beer in Ukrainian. Actually, I know for sure that the next one, comic, which was about history of beer, is in its second round already. So people are interested in that and it makes a nice gift for, I don’t know, for some celebration birthday or whatever. I think I have never heard anybody being unhappy about using Ukrainian for that. So we have three books already and I have a fourth translated, but I’m looking for a publisher for that. But yeah, that will have to wait obviously. Also, I’ve done a book myself about beer tending. So basically, we had this problem with places, bars, pubs, venues which serve beer, but sometimes it’s not properly done. Barmen don’t have enough knowledge about beer, about styles, about like courtesy, or just like how to pour beer. So everybody’s saying, like, “Where can we get this information, because like, we don’t speak English, we can’t find anything to read about that.” So I wanted to write like a small booklet, just a short one, so this is how it’s done in simple words, without being too, you know, technical or too snobbish. Because like people don’t like when you try to tell them like you are doing this, like this and doing that, like that. So this is how it should be done. So I tried to be as friendly as possible and this small leaflet turned into 300 words, so basically, it’s 100 pages. A friend of mine, he helped me to make it like good, nice looking PDF out of that and his wife made illustrations for that. So we made this book and we called it like A Small Book of Beer Tending and it’s available for free. So now nobody can find an excuse, “I don’t have anything to read or like, I don’t earn enough money for education,” or whatever. So it’s done and it’s free, and people download it and they use it for their stuff in venues. Also, I’ve heard that people who are just interested in beer, enjoy reading it, because it’s like, it’s not only about beer tending in terms like, you have to be a sommelier, or barman or server of beer. They just read it to expand their knowledge. We plan to print it like in a hard copy, but yes, again, everything happened. So a bit later, a bit.

Markus Raupach: So you came into being in these two worlds, I think. So you get more and more often to go to the Ukraine. So how often have you been there in the last month or the last year?

Lana Svitankova: Well, basically, before Covid I went like, each two months. After Covid I haven’t been there for I think a year and a half. But we met over Zooms and in chats, using all the, thank you modern technologies for connecting us. So now I don’t know.

Markus Raupach: Do you know about your family? Are they safe? Your friends? Or do you know anything about what’s going on?

Lana Svitankova: I’m keeping in touch with them all the time and for now, my family and my friends, brewery team are unhurt. Hopefully it will stay this way. So like yeah, I was super nervous and basically freaking out this two days. But yeah, now I’m a bit calmer because a lot of good news are coming in and beer industry friends helping, offering help, housing for people, jobs, financial support. They almost made me cry with happiness.

Markus Raupach: This is really great to hear and to see how the beer world also comes together and closes in and tries to get support and to help the Ukrainian brewers and also to be on their side. You read many things they do. They raise money, they offer opportunities and things. So that’s really, really good to hear. But in general, were you surprised about the development? Or did you expect that it’s such a big scale aggression?

Lana Svitankova: Well, we live in, like a modern world. Like nobody doing that. So I think, I know some friends of mine were saying, like, “We expected that. We told you. Like, be prepared.” But you know, I think it’s kind of a brain thing. You just can’t process something like that. You don’t believe it. So like, we’ve been in denial all the time. So it’s something unbelievable, like, even now, sometimes I feel detached, like I’m watching an apocalyptical movie. So it’s so hard to believe this is going on, actually, right now. So yes, for me, it was a surprise for me. But in terms like this happened, I’m not surprised this is possible in, how to say this? I’m not surprised by his action, but I’m surprised by the thing, which is, like the crossing the border. So yeah.

Markus Raupach: What I think is, all he did in the last eight years brought more and more the Ukrainian people away from Russia and more into Europe. So do you think that that is also a process that may be continuing whatever will happen?

Lana Svitankova: To be honest, I’m not sure what to say about that. But yeah, Ukrainian people would never want to go back into the arms of Russia, that’s for sure. Especially now, never again that so many people died. Actually the war started eight years ago and like that time, everybody said, like we don’t want to do and to have anything in common. But now, like, it’s the whole country. Because like, I don’t know what Vasil feels now and the whole team of Varvar like, who founded the brewery, because they had to flee from Donetsk eight years ago. So they started anew in Kyiv and now they have to relive this nightmare. So yeah, people would never forget.

Markus Raupach: Today, you have been to the UN building in Geneva and you were the demonstration. So what were your impressions from the people there? What did they say? How was the mood?

Lana Svitankova: I was extremely happy to see a lot of locals and a lot of people from different countries. I’ve seen flags of Lithuania, I think Polish flags. I think Georgian flags, Slovakian people are supporting this and you know, it’s such a relief to understand that people are not silent about this. Because eight years ago, the world was mostly silent about that and now they’re so loud. They express their support, they demand actions from the government. They help, again sending money, accepting people to their homes who flee from Ukraine. They have helped refugees. I would be happier then, I wouldn’t know people are so good, because of the circumstances. But now I’m extremely happy and proud about humanity in general.

Markus Raupach: The world now is starting to stand together. Maybe that’s also something if people which are listening to us, and they want to help, do you know a good way how to help someone who’s raising money where you could maybe visit a special website or another possibility for people who want to help?

Lana Svitankova: There is a huge number of charities and even National Bank of Ukraine established a special bank account which accepts all the financial aid. Anybody can give from anywhere in the world. It’s multi-currency account, so you can go and donate there. You can go and rally for, at the meetings, demonstrations, you can write your representative in parliament, government, demanding actions. I think everybody can do something on the personal level. I know that it won’t be fair to call for this, but as a beer person, I would never ever set my foot again in any venue or shop selling Russian beer, or any event inviting Russian breweries. You can do the same. You can just ignore or just even say, “No, I won’t buy this because this money goes for aggression.”

Markus Raupach: That’s maybe the only consequence you can really make out of this. So thanks a lot from my side and I wish of course all the best for you and for your family, for your friends and also try to help wherever I can. Also to our listeners, we will put the links on the show notes so you can also follow this. I hope we can meet again and talk about Ukrainian beer in a better situation.

Lana Svitankova: It is better to meet in Kyiv and raise the glass and drink some normal or some super exciting experimental beers. We have really nice beer. We have nice places. We have nice people. Come visit after all this.

Markus Raupach: Thanks a lot.

Lana Svitankova: Thank you.

BierTalk – Der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 80 – Interview mit Odin Paul vom Brauhaus Goslar

Er hat den wohl besten Namen, den ein gestandener Brauer aus dem deutschen Norden haben kann: Odin Paul. Der Bierliebhaber und Braumeister blickt auf einen Bilderbuchlebenslauf zurück, Brauerlehre, Braumeisterstudium, Traumjob, fünf Kinder, die auch schon im Betrieb mitmischen – schöner geht es eigentlich nicht. Heute, mehr als 30 Jahre, nachdem er zum ersten Mal in einem Braukessel rühren durfte, ist ihm das Brauen in Leib und Seele übergegangen – und er brennt für einen fast vergessenen deutschen Bierstil: Die Gose. Allerdings ein gänzlich anderes Bier als das, was man vielleicht aus Leipzig kennt. Und noch dazu dessen Vorfahr. Eine wirklich spannende Geschichte, die Odin im Biertalk ausführlich erzählt und auch die Geheimnisse hinter seiner Gose verrät…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute machen wir einen ganz spannenden Ausflug, es geht in den Harz zu einem kleinen Städtchen mit einem großen Namen, nämlich nach Goslar. Und wer ein bisschen sich in der Bierwelt auskennt, kennt einen Bierstil, der zumindest die ersten Buchstaben gemeinsam hat, nämlich die Gose und natürlich tatsächlich kommt sie von da. Wie das genau ist, da sprechen wir genau mit dem Mann, um den es nämlich dabei geht, nämlich den Odin Paul, der dort Braumeister ist im Brauhaus zu Goslar. Und so bin ich sehr, sehr glücklich und freue mich, dass du heute unser Gast bist. Und vielleicht stellst du dich erst mal den Hörern kurz selber vor.

Odin Paul: Ja, hallo Markus, liebe Hörer, Odin Paul, 1969 geboren in der wunderschönen Stadt Braunschweig, bin ich auch in Goslar nur Zugereister. Und bin hier nach einer Brauerlehre im Oberharz in Altenau und ein Studium zum Diplombraumeister in Berlin, 2003 wieder nach Goslar gekommen und habe danach angefangen, die Gose hier zu brauen. Habe fünf Kinder und bin glücklich verheiratet und wohne auch in der wunderschönen Goslarer Altstadt.

Markus: Also das klingt ja quasi nach einem Bilderbuchlebenslauf, also, fantastisch. Fünf Kinder, erst mal Glückwunsch! Und danke schön, auch aus meiner Sicht, das ist toll, dass du was auch in dieser Hinsicht für unsere Gesellschaft tust, perfekt. Vielleicht die Frage noch vorneweg, das klang jetzt wirklich so sehr straight, war das für dich schon immer klar, Thema Bier, Braumeister oder musstest du da erst rein finden?

Odin Paul: Das war für mich ganz, ganz früh klar. Mit anderthalb Jahren habe ich für die Brauerei Moy in Freising, für das Brauhaus dort schon Werbung gemacht als kleiner Knirps, als meine Eltern mit mir in Weihenstephan in irgendeinem Biergarten saßen und der Werbefotograf der Moyschen Brauerei vorbeikam und von mir ein Foto gemacht hat, wie ich die Neige meiner Eltern angesetzt habe und geleert habe. Mit 16 bin ich dann in ein Braunschweiger Berufsinformationszentrum gegangen, habe mir die dort vorhandenen Werbefilme über Brauer und Mälzer angeschaut, fand das ganz, ganz toll. Habe mir gleich überlegt, also Brauer lernen, das möchte ich. Ich möchte das danach studieren und irgendwann auch eine eigene Brauerei haben. Was ich dann auch so in dieser Abfolge sozusagen dann auch geschafft habe.

Markus: Also wirklich nochmal Bilderbuch. Und wenn ich nochmal nachdenke, wenn du das so erzählst, so als Kind schon für Werbung, da gibt es doch diesen lustigen Prozesse von dem, der auf dem Nirwana-Cover von Never Mind drauf ist, der da mehrere Millionen jetzt irgendwie fordert. Das kann die aber noch nicht in den Sinn, oder, nochmal bei der Brauerei anzuklopfen und zu sagen, Mensch, mindestens einen Kasten Bier wäre das doch wert, oder?

Odin Paul: Tatsächlich musste meine Mutter oder mein Vater oder beide ein Schriftstück unterschreiben, dass sie da in der Folgezeit keine Ansprüche erheben werden. Und ich war damals, wie gesagt, ich bin 1969 geboren, war da anderthalb, also Anfang der 70er-Jahre zusammen mit so einem wirklichen Ur-Bayern mit Rauschebart und Filzhut, dann in der ganzen Region Freising auf den Werbetafeln zu sehen.

Markus: Also wirklich ein bekannter Mann, sehr spannend. Und jetzt, wenn ich den normalen Braumeister frage so, was würdest du gerne für Bier brauen und so, dann sind die ja normalerweise auch nach dem Reinheitsgebot ausgebildet. Und wie kommt man dann zu diesem Thema Gose, das ja doch ein bisschen anders funktioniert, hat dich das im Studium schon fasziniert oder wie ging das für dich?

Odin Paul: Nee, leider im Studium überhaupt noch nicht. Da, muss ich auch sagen, da war dieses Studium in Berlin an der VEB, war da doch recht konservativ noch 1992 bis 97, als ich da war, mit Aufbaustudium, da wurden so die Biere fernab des Reinheitsgebotes wirklich nur ganz peripher behandelt. Afrikanische Biere so ein bisschen, weil wir da eben auch einige Studentenkollegen hatten aus diesen Bereichen. Erst tatsächlich, als ich 2003 hier nach Goslar gekommen bin, habe ich den alten Braumeister aus Goslar kennengelernt, der vor mir die Gose gebraut hat und da mal bei einem Fest, Stadtfest hier zusammengesessen. Der hat mich angesprochen, hier, Paul, Mensch, ich bin so alt, habe Gicht, bin krank und kann nicht mehr so richtig, können Sie nicht die Gose weiterführen für mich, weiter brauen? Ich habe dann Rücksprache gehalten mit meinem damaligen Chef, dem Herrn Kolberg von der Altenauer Brauerei und der sagte: „Odin, macht das unbedingt! Mensch, das ist ein obergäriges Bier, wir in Altenau stellen nur untergärig her, du bist überhaupt gar keine Konkurrenz. Und wäre doch schade, wenn dieses tolle Bier, dieses alte Bier verschwinden würde, mach es.“ Und dann habe ich dann eben am 01.03.2004 angefangen mit der Selbstständigkeit und parallel zur Arbeit in der Altenauer Brauerei als Abfüllmeister, die Gose produziert.

Markus: Das war dann der Andreas Wagenführer, oder, der Alte?

Odin Paul: Genau, der Andreas war das, ja.

Markus: Und der hatte damit wieder angefangen oder hatte der auch schon noch einen Vorgänger?

Odin Paul: Nee, der hatte das angefangen. Der hatte sich 1990, so um den Dreh, ins Stadtarchiv begeben hier und hat nach den alten Rezepten geguckt und dann die ein wenig modifiziert und wieder angefangen, die Gose zu brauen. Und der hat sie, dem können wir es eigentlich verdanken, dass die Gose hier in Goslar überhaupt wieder ins Gespräch gekommen ist und angeboten wurde, denn davor wurde es ja viele, viele Jahre gar nicht gebraut, Jahrzehnte nicht gebraut.

Markus: Ja und auch natürlich vorher in Leipzig auch noch nicht, die haben ja erst 2000 wieder angefangen, also durchaus eine schöne Vorgeschichte. Und jetzt, bevor wir die Gose dann auch gleich verkosten, vielleicht mal vorneweg, das ist ja ein Bier, was eben durch einen leicht salzigen, leicht säuerlichen, auch ein bisschen würzigen Geschmack geprägt ist. Nun habe ich in den Archiven so ein bisschen gelesen, die Gose gibt es ja schon seit ungefähr 1000, also 995 wurde sie wohl zum ersten Mal erwähnt. Und soweit ich das gelesen habe, geht es drum, dass dieses Salzige im Flusswasser zu dieser Zeit auch da war. Ist das so, weißt du da was drüber? Und wie macht ihr das, setzt ihr das zu oder nehmt ihr noch original Flusswasser aus dem Harz, wie ist das bei euch?

Odin Paul: Also, das Wasser nehmen wir nicht mehr aus dem Fluss. Oberflächenwasser darf man zur Herstellung von Lebensmitteln auch nicht verwenden. Das heißt, ich nehme ganz normales Stadtwasser hier, das mir zur Verfügung gestellt wird von Harz Energie, also das ist das ganz normale Stadtwasser, mit 3,8 Grad deutscher Härter, aber ein sehr weiches Wasser, sehr angenehm damit zu brauen. Über das Salz, aber auch über die andere zweite Zutat, Koriander, gibt es verschiedene Quelle. Und meine Quelle, die ich auch immer dann zitiere, ist die, dass das Salz nur dazugegeben worden ist, um den Geschmack von Malz und Hopfen zu verstärken. Dass das Wasser recht salzig war, kann ich so nicht bestätigen. Was ich sagen kann, ist zum Beispiel, die Gose hat ja ihren Namen von dem Fluss Gose und dieser Gose-Fluss, der kommt aus dem Oberharz. Und kurz vor Goslar, bevor die verseuchten, schmutzigen Abzugswässer aus dem Bergbau gekommen sind und in die Gose flossen, die Abzug fließt in die Gose, wurde die Gose in einen Kanal durch die Stadt Goslar gelegt und dieses Wasser war sehr rein, weil es eben nicht belastet war durch die Bergbauabwasser. Und aus diesem Kanal, Gose-Kanal, wurde dann das Wasser zum Bierbrauen verwendet. Aber auch reichere Haushalte, die sich leisten konnten, in sogenannten Piepen, ausgehöhlten Baumstämmen, das Wasser in den eigenen Haushalt zu führen, hatten die Möglichkeit, das Wasser direkt ins Haus zu bekommen. Und aus diesem Gose-Kanal wurde eben das Wasser zum Bierbrauen verwendet. Und das war relativ rein und ob es salzhaltig war, kann ich jetzt so nicht bestätigen.

Markus: Okay, ja, wie gesagt, es gibt ja wie bei ganz vielen anderen Bierstilen auch, eine Menge Mythen, die sich darum ranken, insofern, ja, spannend. Gibt es diesen Kanal noch oder ist der heute überbaut?

Odin Paul: Der ist überbaut, der ist im Pflaster drin, in den Straßen und Wegen. Teilwiese sogar noch angedeutet durch sich abhebende Bepflasterung, das sind dann kleinere rote Steine, die kann man dann in dem ganz normalen Kopfsteinpflaster sehen, aber nur teilweise noch.

Markus: Also nochmal ein Grund, warum man auch nach Goslar mal kommen sollte, um sich das so ein bisschen anzuschauen. Ja, nun hast du die beiden Biere mir auch geschickt und wir haben hier jetzt ein Helles und ein Dunkles. Also das finde ich auch schon mal sehr spannend, dass es die Gose eben nicht nur in einer Variante gibt, sondern in zweien. Und, ja, nun verkosten wir die gerne auch gemeinsam. Mit welchem würdest du denn gerne anfangen, mit dem Hellen oder mit dem Dunklen?

Odin Paul: Fangen wir mit dem Hellen an, weil die Röstaromen im Dunklen, würde ich dann gern danach einfach mal verkosten.

Markus: Okay, also, dann machen wir mal auf. So! So, also schon mal ein sehr, sehr schönes Bier, also allein von der Optik her. Es hat so einen ganz tollen rotorange Glanzschimmer, der mir so entgegen strahlt. Ich habe jetzt so den Anfang der Falsche eingeschenkt, das ist sehr klar, also ich kann da quasi durchschauen. Oben drauf dann ein richtig schöner feinporiger weißer Schaum. Und, ja, jetzt rieche ich mal kurz dran. Ah, ja, das ist erstaunlich blumig, also da habe ich viele so florale Noten, dann kommt auch der Koriander rüber, richtig schön Gewürzaromen. Ein bisschen Citrus vielleicht auch, ein bisschen rote Beeren und wie gesagt, auch so richtig blumige Aromen. Hast du das auch so in der Nase?

Odin Paul: Habe ich auch so in der Nase. Was mir genau wie dir als Erstes auffällt, ist, dass das Bier doch recht klar ist. Also der Tank liegt schon ziemlich lange, von dem diese Flaschen sind und, ja, bei uns hier in der Gastronomie, wo wir es ja auch ausschenken, da ist es mal ein bisschen trüber, mal ein bisschen naturgeklärter. Also das wechselt da so ein bisschen, also wir haben da nie die gleiche sozusagen Klarheit oder Glanzfeinheit im Bier.

Markus: Ja, muss ja auch nicht, also ist ja ein ursprüngliches Bier und das ist ja, grundsätzlich gesehen mal, ein unfiltriertes Bier. Also ich bin wirklich mit dieser blumigen Nase, das ist ein sehr schönes Spiel, also wenn man sich so Wildrosen vorstellt und dann eben noch so Koriander, das ist so ein bisschen die Kombination. Jetzt kommt die Stunde der Wahrheit, ich nehme mal einen Schluck. Prost! Sehr schön! Also da geht es weiter, es ist weiterhin dieses Blumige, sehr Florale. Fast so wie Jasmintee, finde ich. Dann hat man diese Koriandernoten, ganz leicht was Salziges, aber sehr, sehr reduziert. Auch wenig Säure, muss ich sagen, hätte ich jetzt, ehrlich gesagt, ein bisschen mehr erwartet. Es ist sehr, also nicht, dass es sein muss, aber einfach, wenn mir jemand sagt, hier Gose, hätte ich einfach erwartet, dass es saurer ist. Aber ist super schön zu trinken und hinten raus eine deutliche Bittere. Also auch wieder eine, die einen jetzt nicht erschlägt, aber die sehr präsent ist, die danach den Mund auch sehr schön austrocknet, sodass ich auch danach wieder fast auf null gestellt bin und auch Lust bekomme auf den nächsten Schluck. Also sehr interessant, spannende Geschichte. Ist das ein Rezept, was du weiter ausgefeilt hast, wie hast du es übernommen?

Odin Paul: Ja, Markus, also ich habe das eigentliche Rezept von Herrn Wagenführer übernommen und das ein wenig verändert. Ich habe zum Beispiel den Weizenanteil erhöht, ich habe die Salz- und Koriandergabe erhöht. Wobei man ja sagen muss, das sind ja alles Naturprodukte und auch, wenn wir immer die gleiche Menge an Koriander und Salz gebe, so ist trotzdem mal die Koriandernote ausgeprägter und mal nicht. Und jetzt, finde ich auch, dieses leicht Zitronenartige ist klar zu erkennen und diese Bitterheit, diese ausgeprägte Hopfennote am Ende, die fällt mir jetzt auch bei diesem Sud extrem auf. Das ist es nur manchmal so, dass das Zitronenartige vom Koriander, ich möchte fast sagen, das Seifenartige, wenn es mal da zu extrem wird, über dieser Bitterkeit eben liegt und diese Hopfigkeit kann man dann gar nicht so wahrnehmen. Aber bei diesem hier, muss ich sagen, das ist echt toll. Weil, ich finde es toll, wenn die Gose eben auch noch so eine ordentliche Hopfennote hat. Und das hat dieses hier wirklich sehr, sehr gut, muss ich sagen.

Markus: Ja und auf jeden Fall ein richtiges Trinkbier. Also ich kann mir gut vorstellen, da im Gasthaus zu sitzen und da eben drei, vier schön davon gemütlich wegzutrinken. Es ist ein verhältnismäßig leichtes Bier mit so 4,7. Also leicht ist relativ, aber halt jetzt kein Starkbier oder so. Und 30 Bittereinheiten, steht auf der Flasche, das merkt man ja da auch. Ich denke, dass der Saphirhopfen vielleicht auch mit dieser Citrusnote, die der ja sowieso hat, da vielleicht auch ein bisschen sich verbindet mit dem Bier, oder?

Odin Paul: Richtig. Und ich bin in ganz großer Fan von dem Saphir und genau deswegen geben wir ihn auch, damit da schon so eine gewisse Frische kommt und eine kleine zitronenartige Note. Das hat der Saphir, der ist echt einer unserer Lieblingshopfen. Der Bitterhopfen, den wir nehmen, ist die Perle, von dem ich auch ein ganz großer Fan bin. Ist ein sehr konservativer Hopfen eigentlich, aber den nehmen wir als erste Hopfengabe und in der zweiten Hopfengabe, die wir dann auch fünf Minuten vorm Ausschlagen nehmen, da kommt der Saphir dazu, zusammen mit dem Salz und Koriander.

Markus: Also wirklich spannend. Darfst du denn verraten, wie viel Salz da ungefähr drin ist oder willst du lieber nicht? Also wir wollen hier keine Betriebsgeheimnisse verraten.

Odin Paul: Da habe ich kein Problem mit. 1.200 Liter schlagen wir mit einem Sud aus, heize Würze und da geben wir 500 Gramm Koriander, gemahlen und 500 Gramm Salz dazu.

Markus: Danke schön! Das wäre jetzt auch nochmal eine Frage gewesen, beim Koriander sind es dann die Samen, die da zugibt?

Odin Paul: Die gemahlenen Samenkörner, genau. Die Körner selber, die haben zwar auch, wenn man drauf beißt, eine schöne Zitronennote, allerdings sind geben die nicht so ihren Geschmack beim Bierbrauen ab und da sind die gemahlenen Samenkörner, so ein braunes Mehl eben, deutlich besser. Aber eben, schwankt auch, weil es ein Naturprodukt ist, manchmal haben wir da eine ausgeprägtere Koriandernote und mal eben ein bisschen weniger.

Markus: Und wenn ihr da so ein bisschen in die Geschichte zurückschaut, ist auch der Koriander schon immer da gewesen oder gab es da vielleicht so Kräutermischungen? Und hat sich Goslar selber versorgt, hat es vielleicht eigene, ich sage jetzt mal, Hopfengärten gehabt oder wie muss ich mir das vorstellen, auch so in der früheren Zeit, wie die Gose so entstanden ist?

Odin Paul: Also was den Hopfen angeht, ist hier nur 20 Kilometer weiter nördlich, in Hornburg ein sehr, sehr bekanntes Hopfenanbaugebiet gewesen, bis 1800, 1850 ungefähr. Noch weiter nördlich, Braunschweig, war auch ein sehr bekanntes Hopfenanbaugebiet, Braunschweig, Helmstedt rüber, das allerdings auch so 1800, 1850 stillgelegt worden ist. Aber da hatte man eben die Möglichkeit, den Hopfen her zu bekommen. Was den Koriander angeht, Goslar gehörte zur Hanse und war damit natürlich gut verbunden mit verschiedenen Märkten und konnte Gewürze, Kräuter beziehen. Man hat vorher, bevor man sich auf Salz und Koriander festgelegt hatte, viele Brauversuche, Sude gemacht mit Zimt, Anis, Kümmel, Ingwer, man hat einiges ausprobiert und geblieben ist man dann beim Salz und Koriander. Und da habe ich die ältesten Quellen, sind so von 1500, 1520, wo man sagte: „So, jetzt wurde da nur noch Salz und Koriander verwendet.“

Markus: Das finde ich sehr spannend, weil die Hanse ja als Handelsverbund Bier wirklich als Hauptexportgut für sich auch hatte und da ja Unmengen nach ganz Europa exportiert hat und für sich ja auch den Hopfen entdeckt hat so als Pflanze, um das Bier haltbar zu machen. Letzten Endes auch ein bisschen, um zu sparen, weil, vorher hat man Haltbarkeit halt mit viel Alkohol erreicht. Und wenn ich das dann mit Hopfen machen kann, dann muss ich nicht mehr ganz so viel Malz nehmen, das macht es natürlich auch ein bisschen günstiger. Da finde ich es ganz interessant, da hat Goslar ja so ein bisschen eine Sonderrolle gespielt, wenn man sagt, wir haben jetzt praktisch doch noch ein Biergewürz und machen da unseren eigenen Stiefel sozusagen. Weiß man denn, inwieweit Goslar sein Bier exportiert hat?

Odin Paul: Ja, das war erst mal hier in der Gegend sehr beliebt. Als es im Oberharz noch gar keine Brauereien gab, wurde das Goslarische Bier schon in den Oberharz exportiert, transportiert, bis dann die Oberharzer anfingen, selber Brauereien zu gründen in Zellerfeld, in Clausthal, in Lautental, in Altenau zum Beispiel. Diese Brauerei gibt es ja Gott sei Dank immer noch! Das war hier in der näheren Umgebung. Dann wurde das Bier tatsächlich auch exportiert von Hamburg bis nach Wien, von Sachsen bis nach Belgien in der Blütezeit der Gose. So zwischen 1400 und 1700 war das der Fall und wurde hier in Goslar sogar von über 380 sozusagen Braugerechtsamen hergestellt. Das waren Inhaber von Braugerechtigkeiten. Und weshalb wurde das Bier soweit exportiert, denn es gab ja auch andernorts Brauereien? Weil einfach nach einem kurzen heftigen Krieg zwischen der Stadt Goslar und dem Herzog von Braunschweig und Wolfenbüttel, den die Goslarer verloren haben, alle Einnahmen aus Forst und Bergbau, und das war natürlich hier in Goslar die Einnahmequelle, an diesen Herzog fielen. Und da musste man sich was anderes ausdenken, wie konnte das Geld in den Stadtsäckel wieder kommen? Und da hat man gesagt: „Okay, dann exportieren wir eben unser Bier, wir brauen mehr Bier“, deswegen auch so viele Brauherren. Und das Bier wurde dann eben von Hamburg bis nach Wien, von Sachsen bis nach Belgien exportiert. Und in dieser Zeit, in der es exportiert wurde, entstanden auf dem Transport, auf dem Exportweg, also zum Beispiel Halberstadt, Aschersleben, Dessau, Leipzig, dorthin, eigene Brauereien und die haben dann auch angefangen, selber die Gose zu brauen. Deshalb ist die Gose zwar ursprünglich aus Goslar, aber es gibt nur Matthias Richter im Bayrischen Bahnhof in Leipzig, der die Gose herstellt, sondern es gab eben auch eine Zeit, wo die Gose in anderen Orten auch hergestellt worden ist.

Markus: Ja, heute ist es sogar eine globale Erscheinung, muss ich sagen. Also ich habe auch schon in Brasilien, wenn ich da war zum Beispiel, um Biere für einen Wettbewerb zu verkosten, da gab es dann auch Gose. Lustiger Weise nehmen die da natürlich alles Mögliche, was man so im Regenwald findet und tun das dann auch in dieses Bier. Und dort geht es weniger wie jetzt hier auch um die Trinkbarkeit, sondern da geht es dann um die Extreme, das heißt, da sind die dann oft sehr sauer oder sehr salzig oder repräsentieren dann halt irgendwelche verrückten Zutaten. Also ich erinnere mich an eines, das hatte dann praktisch den Geschmack so von Mix Pickles, wie man das so aus England kennt, also ganz spannend. Du hast es grad erwähnt, es gibt ja diesen anderen, in Anführungsstrichen, großen Namen für Gose, nämlich Leipzig und dort gibt es ja, weil es vor Ort gebraut wird, die Gose von Matthias Richter. Jetzt nicht um zu sagen, das ist besser oder schlechter, aber wenn du einfach so sagst, vom Unterschied her, hat das für dich auch historische Gründe oder denkst du, also da ist es, glaube ich, insgesamt ein bisschen gleichzeitig süßer und saurer, ja, siehst du da andere Zielrichtungen oder wie hast du für dich das festgelegt?

Odin Paul: Nee, da sehe ich schon die historischen Gründe als ausschlaggebend. In dieser Blütezeit der Goslarischen Gose wurde sie ja hier in Goslar verkauft, um den Kirchturm herum, sage ich mal. Es gab eine Reihe Brauverfahren, jede durfte brauen, nacheinander wurden Zeiten vergeben, damit auch jeder die Chance hatte, das Bier zu verkaufen. Da konnte das Bier gar nicht alt werden, gar nicht sauer werden. Und deshalb war das Bier hier in Goslar auch nicht sauer, wie andern Orts eben auch ja keine mit Absicht sauren Biere hergestellt worden sind. Durch diesen Export erst, diese langen Transportwege mit Pferdefuhrwerk, tagelang, Wochen vielleicht sogar unterwegs, konnte es eben sein, dass die Gose beim Konsumenten in Leipzig, in Sachsen, irgendwo eben sauer angekommen ist und trotzdem hat man es getrunken, aber es konnte eben, musste nicht unbedingt, aber es konnte sauer geworden sein. Und das macht sich der Matthias beziehungsweise der Bayrische Bahnhof, im Allgemeinen aber auch andere Produzenten, die Döllnitzer Ritterguts Gose zum Beispiel ja auch, zu Nutze und sagen: „Nee, wir kennen das Bier nicht anders. Beim Odin in Goslar ist es nicht sauer, aber bei uns kam es immer sauer an, wir produzieren es sauer.“ Und deshalb, Bayrischer Bahnhof und die Döllnitzer eben, die das dann eben mit einer sauren Note, mit einer Milchsäure beim Maischen, schon herstellen.

Markus: Also das finde ich jetzt extrem faszinierend und auch eine tolle Geschichte und erinnert mich nochmal an Brasilien. Weil, was ich ganz spannend fand, natürlich gibt es dort auch jede Menge Brauereien, die zum Beispiel die modernen amerikanischen Bierstile nachbrauen, also Pale Ales, IPAs. Und so und dann haben wir uns im Wettbewerb gewundert, warum fast alle dieser Biere den bei uns als Fehlgeschmack bekannten Geschmack von einer Oxidation hatten. Und dann haben wir mal ein bisschen nachgeforscht und auch die Brauer gefragt und dann war das derselbe Effekt. Weil, wenn die die Biere aus Amerika importiert haben, dann hatten die halt schon drei, vier Monate mindestens auf dem Buckel, bis die überhaupt da waren, wurden da zwischendurch erhitzt und was weiß ich was alles, das heißt, die kamen in der Regel oxidiert an. Und dann haben die Brauer das verkostet und haben dann gemerkt oder gedacht, das gehört so und haben dann tatsächlich in ihrem Prozess diesen Geschmack auch rekreiert sozusagen, also reproduziert. Und das kann man dann ja so praktisch auch sehen, dass dann die Leipziger gesagt haben: „Gut, bei uns ist es eben säuerlich und dann müssen wir das auch so machen“ und haben dann einen Weg dafür gefunden, sehr witzig.

Odin Paul: Ja, witzig.

Markus: Spannend. Okay, also dann würde ich sagen, probieren wir doch noch Nummer zwei, hier die dunkle Gose. Da mache ich jetzt gleich mal auf, so. So! Und ich muss auch sagen, ich habe die jetzt beide mit viel Respekt aufgemacht, weil die letzten Chargen, die ich hatte, hatten ganz schön Druck. Aber die sind jetzt total brav, sehr geschmeidig. Und, ja, wenn man sich das Ganze anschaut, ist meins jetzt ein bisschen trüber, was aber den Bierschimmer sogar noch ein bisschen erhöht, also ist richtig geheimnisvoll. Es ist jetzt, ja, so rot, gold, würde ich sagen, bräunlich, aber mit einem ganz schönen eben Schein drin. Oben drauf haben wir jetzt auch wieder so einen schönen Schaum, der jetzt aber ein bisschen getönt ist. Klar, haben wir jetzt auch dunkle Malze mit dabei. Und, ja, jetzt rieche ich mal rein. Also vom Geruch her ist es ähnlich, also auch wieder dieses Florale und ein bisschen der Koriander, aber das wird jetzt abgerundet mit so ein bisschen karamelligen Noten. Also da kommen dann tatsächlich die dunkleren Malze ein bisschen rüber. Ich würde auch sagen, ein bisschen nussig. Ja, sehr spannend, auch die roten Beeren sind alle wieder da. Hast du da andere Zutaten jenseits des Malzes drin oder ein anderes Verhältnis? Oder wie geht es dir überhaupt mit der Nase, entschuldige?

Odin Paul: Also ich sehe das genauso wie du, rieche das genauso wie du. Da nehmen wir ein Röstmalz und ein Kara-Dunkel. Ansonsten sind die Zutaten genau dieselben, auch was die Koriander- und Salzmenge angeht und Hopfen auch.

Markus: Also sehr interessant! Bei mir kommt jetzt das Salz intensiver rüber, also das habe ich jetzt hier mehr als in dem anderen. Dafür kommt mir die Bittere ein bisschen wenige stark. Und ich habe auch den Eindruck, dass ich so eine leichte säuerliche Note, die aber wahrscheinlich in dem Fall jetzt von den Röstmalzen kommt, auch mit dabei habe. Also insgesamt vom Geschmack her noch ein bisschen komplexer, noch in viel mehr verschiedene Richtungen, nicht weniger drinkable sozusagen. Also es ist sehr schön, auch angenehm. Ich bin ja generell ein Fan der dunklen Biere und finde es eigentlich toll, wie grade dieses Röstige, Nussige sich mit diesem Gewürzigen schön verbindet. Kann ich mir auch super gut zu vielen Gerichten vorstellen, auch zu asiatischen Gerichten zum Beispiel, aber auch zu so einem Klassiker. Ich weiß nicht, was isst man denn bei euch in Goslar so typisch, wenn man ins Wirtshaus geht, was muss man probiert haben?

Odin Paul: Also bei uns im Brauhaus läuft der Goslarer Bierbraten am besten mit einer dunklen Gose-Bier-Soße, und da verwenden wir auch tatsächlich das dunkle Gose-Bier. Wir haben einige Harzer-Gerichte, sind dafür auch ausgezeichnet mit regionalen Zertifikaten, aber auch als typisch Harz zertifiziert, mit dem ganzen Restaurant und den Bieren. Und deshalb haben wir eben Harzer Gerichte viel und auch, ja, die Klassiker dürfen nicht fehlen, ein Jäger schnitzel kommt dann gleich an Nummer zwei, hinter dem Bierbraten, aber eben auch sowas wie Hackus und Kniste oder warmen Linsensalat an Birnenspalten können wir hier auf der Karte finden, was alte Gerichte hier aus dem Harz und aus Goslar sind.

Markus: Also bei dem Vorletzten bin ich etwas ausgestiegen, Pakus und Kniste, ist das richtig, was ist das?

Odin Paul: Hackus, Gehacktes, das ist im Darm hergestellt, Hackfleisch, gepresst zu einer Wurst und das wird in Scheiben angeboten. Und eine Kniste gibt es dazu. Das ist eine, umgangssprachlich sagt man, eine Ofenkartoffel. Das ist eine große Kartoffel, die in der Mitte geteilt wird, in der Pfanne gebacken und danach noch mit Gewürzen bestreut. Und das gibt es dann entweder mit Kräuterschmand oder eben nur Hackus dazu oder als Beilage zu einem schönen Harzer Höhenviehgericht. Und, ja, das ist so auch ein Harzer Urgericht.

Markus: Wahnsinn! Also jetzt kriege ich auch noch richtig Hunger. Nochmal ein Grund, mal bei auch aufzuschlagen, sehr, sehr spannend. Wie geht es dir mit dem Geschmack, siehst du da auch so ein bisschen den Unterschied zum Hellen, wie ich es grad so beschrieben habe?

Odin Paul: Ja, sehe ich genauso. Ich finde auch, trotz des Röstmalzes, trotz des Kara-Dunkel, wie du es gesagt hast, sind da auch florale Noten zu erkennen. Das finde ich immer wieder faszinierend an der dunklen Gose. Und, normalerweise, jetzt bei dieser Charge merkt man es nicht so, ist bei der dunklen Gose, und ich weiß nicht warum, dieses Zitronige, dieses Seifige vom Koriander noch ausgeprägter. Und wir nehmen übrigens die Gose, die dunkle, sehr, sehr gern zum Stopfen, weil bei der dunklen Gose noch mehr die Noten dieser Hopfenöle zur Geltung kommen. Wir machen da einige Versuche immer mit verschiedenen Hopfensorten, auch immer wieder neuen Hopfensorten, die angeboten werden, da machen wir immer so kleine Chargen nur. Und das kommt bei der dunklen Gose viel besser zur Geltung als bei der hellen Gose. Ich kann es mir nicht erklären, denn das Röstmalz ist ja schon, wie du es ja auch selber gesagt hast, im Gegensatz zur hellen Gose, deutlich dominanter. Und diese Toffee-Röstmalznoten sollten ja eigentlich dann so einen Geschmack vom Koriander überdecken. Aber, nee, ist genau das Gegenteil der Fall. Normalerweise ist die dunkle Gose, ja, viel ausgeprägter vom Koriandergeschmack als die helle.

Markus: Auf jeden Fall ein sehr, sehr feines Bier, also mag ich auch gerne. Und ich wüsste jetzt gar nicht, wenn ich mich entscheiden müsste, wäre ich jetzt gar nicht sicher, welche ich lieber mag. Aber auf jeden Fall beide tolle Biere, also Gratulation schon mal an dieser Stelle! Freue ich mich schon drauf, wir werden die demnächst auch im Sommelierkurs verkosten. Da bin ich schon gespannt, denen dann auch ein bisschen was erzählen zu können und auf unseren BierTalk verweisen, der bis dahin Online sein wird. Vielleicht noch eine Frage, bei der Berliner Weisse zum Beispiel ist ja so, dass man die auch früher gerne länger gelagert hat, bevor man sie dann ausgeschenkt hat. Kennst du das aus der Gose auch, also gab es da auch Lagerung oder habt ihr sowas schon mal probiert, ob das sich verändert in der Lagerzeit?

Odin Paul: Ich habe tatsächlich mit meinem Brauer Arne jetzt vor einem Dreivierteljahr damit angefangen. Wir haben im Frühsommer letzten Jahres eine neue Abfüllanlage installiert hier, wir füllen jetzt mittlerweile nur 0,33-Liter-Flaschen ab, vorher waren wir ja bei den halben Litern. Und mit dieser neuen Abfüllanlage haben wir Rückstellproben zurückgelegt und wollen die dann immer so alle paar Monate oder Jahre auch, wir haben da ausreichend zurückgelegt, dann eben verkosten. Vorher haben wir das noch nicht gemacht, deshalb kann ich dazu nichts sagen. Ich hatte allerdings, ganz witzig, ich hatte auch, ich glaube, im Sommer, bin ich zufällig an eine Londree Weisse aus Berlin gekommen, die Ewigkeiten beim Nachbarn im Fachwerkhaus im Keller lagen. Und die habe ich dann auch mal verkostet, ich weiß nicht, über 40 Jahre alt! Und die fand ich, ja, schon sehr, sehr ausgewogen und ein bisschen säuerlich war sie auch, aber es war ja wirklich ein ganz, ganz tolles Bier! Von daher freue ich mich auf die Langzeitproben, die wir da mit der Gose zu haben werden dann vielleicht Ende nächsten Jahres.

Markus: Na, da müssen wir da nochmal eine Wiederholung aufnehmen oder ein Nachfolge-Podcast, da bin ich mal gespannt, was du da erzählst. Ja, also bei der Berliner Weisse kenne ich das auch. Ich habe vor vielen Jahren ja mal ein Buch geschrieben über alle Berliner Brauereien und dann haben wir eine Pressekonferenz gemacht und dafür hatte ich bei eBay auch so eine alte Kiste Londree Weisse ersteigert aus den 70ern, Anfang der 70er. Und die haben wir dann bei dieser Pressekonferenz aufgemacht. Und das war natürlich eine Show an und für sich schon, aber eben auch sensorisch ein Erlebnis, wie ausgewogen, wie harmonisch diese wirklich uralten Biere waren. Also tolle Geschichte, da bin ich mal gespannt. Was mit bei Matthias Richter mal begegnet ist, der hat ja zum Beispiel einen Gosiator auch schon gebraut, also ein Doppelbock aus der Gose. Habt ihr das auch schon mal probiert, so in die Starkbierrichtung was zu tun?

Odin Paul: Ja, aber nicht auf Gose-Basis, da sind wir ganz konservativ beim Maibock und beim Doppelbock, ohne Salz und Koriander. Habe den Gosiator von Matthias aber auch schon probiert und finde den sehr gut, sehr gelungen. Wir sind da, was die Bockbiere angeht, aber da ein bisschen konservativer aufgestellt.

Markus: Ja, muss ja auch nicht. Also den Gosiator, hatte er mir damals eine Falsche geschenkt. Ich muss aber zugeben, ich habe die immer noch im Keller. Also es gibt da so Biere, die hat man im Keller, die warten immer auf den richtigen Moment und irgendwie kommt der nie. Also ich glaube, demnächst muss ich die mal aufmachen. Ja, was ich noch auf eurer Seite gesehen hab, ist, ihr macht ja mit den Gosen auch Mischgetränke sozusagen. Also das gibt es mit Banane oder mit Cola oder mit Früchten oder Limo oder Sirup. Sind das auch so Geschichten, die man von früher her kennt oder von euch eher so moderne Adaptionen?

Odin Paul: Das sind moderne Adaption, das ist das, was der Konsument haben möchte. So ein Krefelder, sage ich mal, so ein Bier mit Cola, das bieten wir hier an. Eine Bowle, es gibt ja eigentlich eine Altbier-Bowle, da machen wir die dunkle Gose eben mit Früchten. Das sind Adaptionen an die Neuzeit sozusagen einfach, weil der Kunde es haben möchte, der Gast es haben möchte.

Markus: Stelle ich mir trotzdem sehr spannend vor, das muss ich, glaube ich, auch mal probieren. Und vielleicht noch eine Frage, viele Leute assoziieren mit der Gose ja auch diese Flasche mit diesem typischen langen Hals. Ist das eher eine Leipziger Nummer oder gab es sowas in Goslar auch?

Odin Paul: Das gab es in Goslar auch, ich hatte da auch einige Paletten mal abgefüllt. Ist auch wirklich eine ganz flippige Geschichte, finde ich. Und Matthias macht das ja immer noch und die exportieren ja sogar ihre Gose bis in die USA, also das ist ja wirklich da ein Verkaufsschlager. Das hat ja den einfachen Hintergrund, dass die Gose abgefüllt worden ist im Mittelalter in diese Flaschen, die obergärige Hefen in diesen langen Flaschenhals nach oben gestiegen ist, dort einen natürlichen Pfropfen bildete. Und der Wirt hat ja dann beim Ausschank diesen Pfropfen durch eine zackige Handbewegung aus dem Handgelenk sozusagen geschlagen und der Pfropfen fiel auf den Boden und dann konnte dann eben aus dieser Flasche erst getrunken werden beziehungsweise konnte aus dieser Flasche ausgeschenkt werden. Und deshalb lagen ganz viele Pfropfen dann in diesen Gosen-Schänken auf dem Boden. Die wurden dann abends nach Zapfenstreich dann zusammengefegt und, ja, entsorgt. Und das ist allerdings wirklich etwas, wo ich Quellen nur gelesen habe, die sich dann in Leipzig abgespielt haben.

Markus: Ja, auf jeden Fall auch interessant, was man da in solche Richtungen noch früher so alles getrieben hat. Ja, du hast fünf Kinder, wie viele davon sind mit Gose aufgewachsen?

Odin Paul: Tatsächlich dürfen nur zwei davon Bier trinken, der eine ist 16, der andere 25. Der Älteste ist übrigens auch gelernter Brauer und Mälzer, also da haben wir schon mal einen in die richtige Richtung hinbekommen. Und die nachfolgenden Jungs arbeiten schon hier in der Gastronomie mit. Also da erfahre ich ganz tolle Unterstützung.

Markus: Ja, Wahnsinn, also der Bilderbuchlebenslauf geht weiter, ich bin echt total begeistert, sehr schön. Ja, hast du noch Beziehungen zu deiner alten Brauerei, zu der Altenauer, wo du herkamst?

Odin Paul: Unbedingt, auch wenn die seit 2003 recht durch wechselhaftes Fahrwasser gefahren sind mit Besitzerwechseln und Braumeisterwechseln sind sie jetzt auch erst wieder seid, ich glaube, Mai oder April letzten Jahres in neue Hände gekommen, in die Hände eines Braumeisters Kilian. Aus Bamberg übrigens kommt der Knabe.

Markus: Sehr gut.

Odin Paul: Und, ja, der macht das sehr ordentlich und die Verbindung ist wirklich sehr intensiv. Nicht nur, dass ich gern Malzbier und alkoholfreies Bier hier in meinem Brauhaus verkaufe, ich brauche auch immer mal wieder technologische Unterstützung, und sei es nur, dass ich meine Fässer dort waschen lassen darf oder eben auch Leergut, weil ich keine Flaschenwaschmaschine habe, auch Leergut waschen darf dort, ist das wirklich ein tolles Miteinander weiterhin.

Markus: Das ist immer gut zu hören, wenn die Brauer zusammenarbeiten, sehr schön. Vielleicht zum Abschluss noch eine Frage, ich habe auch gesehen, ihr habt ja, wie du schon gesagt hast, diese saisonalen Spezialitäten, jetzt grade gibt es eine Schoko-Gose. Das würde ich ja wirklich total gerne mal probieren, aber so schnell werde ich es vielleicht nicht schaffen, aber, das ist spannend. Hast du vielleicht so einen kleinen Ausblick für unsere Hörer, was wir im Jahr, vielleicht noch dieses Jahr, an Spezialitäten bei euch zu erwarten haben, dass sie sich ein bisschen freuen können auf ihren Besuch?

Odin Paul: Also, da ich davon ausgehe, dass wir ab Mitte April, Anfang Mai, wieder sowas Ähnliches wie Normalität hier in Deutschland bekommen, werden wir auch erst ab Mai wieder Saisonbiere herstellen, also beginnend mit dem Maibock. Das Märzen-Bier würden wir, wie der Name ja schon sagt, im Märzen ausgeschenkt, was wir im Märzen anbieten wollen, dieses Jahr leider wegfallen lassen, weil der Umsatz in der Gastronomie einfach so weggebrochen ist oder eingebrochen ist. Und deshalb fangen wir mit dem Maibock an, dann im Sommer einige Biere wieder stopfen mit verschiedenen Hopfensorten. Und dann kommt eins der beliebtesten Saisonbiere, der Rote Oktober, im Oktober, mit einem Rotmalz hergestellt, bevor wir dann kurz vor dem Weihnachtsmarkt hier in Goslar mit dem Doppelbock da weitermachen. Zwischendurch immer wieder Biere stopfen und eben auch was anderes uns ausdenken. Also wir wollen mal wieder Stacheln, das haben wir lange nicht gemacht. Das würden wir wahrscheinlich jetzt nochmal im Februar anbieten, das ist immer so ein kleiner Hingucker für die Gäste. Ja und dann mal gucken, ich hoffe, dass das dann im nächsten Jahr aber dann wieder relativ normal läuft und wir all unsere Saisonbiere herstellen können, wie wir so auf dem Plan haben.

Markus: Ja, das hoffen wir alle, dass es möglichst bald wieder in eine normale Schiene zurückläuft. grade in der Gastronomie, grade für die Brauereien. Und wir werden natürlich auch für die Hörer verlinken, dass man bei euch, brauhaus-goslar. de, diese Biere auch bestellen kann, also es gibt einen Shop und man kann eben auch vorbeikommen. Und ich muss auch sagen, ich bin dir da sehr dankbar, du bist der erste lebendige Mensch mit dem Namen Odin, den ich kennengelernt habe und dann gleich noch so ein netter und liebenswerter wie du, das ist wirklich ganz toll. Und du hast jetzt eins noch unterschlagen, euer Doppelbock trägt ja auch einen tolle Namen, nämlich Odinator. Also da freue ich mich auf jeden Fall auch schon drauf. Für heute vielen, vielen Dank für die Infos, dafür, dass du die Zeit hattest, dass wir die Biere verkosten konnten. Und dann wünsche ich dir noch einen schönen Tag und wir haben ja Ende der Woche, also eine schöne Restwoche und einen guten Start ins Wochenende.

Odin Paul: Markus, vielen, vielen Dank für das Gespräch. Zum Ende noch mein alter Werbespruch über die Gose aus dem Mittelalter, aus der Zeit, als sie bis nach Leipzig exportiert worden ist. Es ist ein hurtig Bier, die Goslarische Gose, man denkt, sie ist im Bauch, da ist sie in der Hose, Gosianer, tschüss.

Markus: Tschüss.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk English 2 – Talk with Shachar Hertz, owner of Israels largest Beer Shop and Beer Education Centre from Tel Aviv

Shachar Hertz grew up in Israel and found his love for beer when he moved to New York for college. There, at the beginning of the new millennium, the craft beer craze was just getting rolling, so he transferred to UC Davis in California and graduated with a degree in Brewing and Packaging. Back in Israel, he wanted to open a brewery, but decided to open a beer store and a small beer school where he teaches hobby brewers how to brew beer. Along the way, he started a second career as an International Beer Judge. In our podcast episode, Shachar tells his story and reports on the emerging beer market in Israel…

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Zusammenfassung auf Deutsch:

Shachar Hertz wuchs in Israel auf und entdeckte seine Liebe zum Bier während seines Studiums in New York. Dort erlebte er den Anfang des Craft-Beer-Booms und entschied sich, an der UC Davis in Kalifornien Brauerei und Verpackung zu studieren. Zurück in Israel gründete er statt einer Brauerei ein Biergeschäft und eine kleine Bierschule, wo er Hobbybrauern das Bierbrauen beibringt. Außerdem begann er eine zweite Karriere als internationaler Bier-Richter.

Hertz diskutiert auch die aufkommende Bierszene in Israel. Er bemerkt, dass Israelis zunehmend neue Biergeschmacksrichtungen entdecken und sich von ihren gewohnten Bieren abwenden, um Craft-Biere zu erkunden. Es gibt etwa 20 kleine Craft-Brauereien in Israel, von denen die meisten traditionelle Bierstile brauen, obwohl Hertz sich mehr Experimentierfreude wünscht. Viele Israelis lernen das Brauen zu Hause und Hertz bietet Kurse und Seminare an, um zukünftige Craft-Brauereien zu unterstützen. Außerdem diskutiert er die Herausforderungen und Möglichkeiten des Imports ausländischer Biere nach Israel und die Beteiligung von Arabern an der Bierkultur, wobei muslimische Araber auf alkoholfreie Biere angewiesen sind.

Hertz spricht auch über die Entwicklung von Bierpaarungen mit Essen in Israel, den Einfluss der Corona-Pandemie auf die Bierszene und die Bedeutung der Kühllagerung in Israels warmem Klima. Trotz des Fehlens offizieller Bierschulen in Israel betont Hertz die Wichtigkeit der Bierbildung und hofft, dass sich das bald ändert. Er teilt seine Erfahrungen mit internationalen Bierreisen und Bierwettbewerben und äußert den Wunsch, irgendwann seine eigene Brauerei zu eröffnen​​.

 

Interviewtext:

Markus Raupach: Hello, and welcome to our podcast, BierTalk. Today we record the second episode of our English podcast. And we make a little journey to the Near East, as we say. We go to Israel and meet a dear friend of me, Shachar Hertz, who owns the largest beer store in the country, is also an international beer judge and we meet quite often somewhere in the world. And so I’m very happy to welcome you in the podcast, and maybe you introduce yourself a little bit to the listeners.

Shachar Hertz: Thank you very much, Markus. It’s a pleasure to be here. So I’m Shachar Hertz. I am from Israel. I’m Israeli. I’m one of the local beer experts. And as Markus said, I’m also a beer judge and an owner of a company called Beer and Beyond, which is the largest beer shop and beer school in Israel. I’m also doing some beer tours around the world from time to time and mostly I deal with educating the Israeli people about beer, how to appreciate it, how to know more about it, and hopefully, how to drink a bit more.

Markus Raupach: For us, it sounds a little bit uncommon that people in Israel are drinking beer or in larger scale. So how did you yourself come into the beer thing? And what do you think about the Israeli beer scene?

Shachar Hertz: Well, as a classic Israeli, I was also a bit into alcoholic beverages as a younger person, but beer was not one of my favourite drinks growing up. And when I say growing up, I of course, don’t mean growing up as a kid, but growing up as an adult. But I happened to move to the United States when I was 25 and spend five years in New York. And in those years, which was the early 2000, I was exposed to the amazing craft beer revolution that was going on back then. And I completely fell in love with beer while living in the States. This is also where I went deeply into this hobby. It was a hobby at the beginning, but pretty fast, it became something that I really wanted to do professionally.

So I went to school at UC Davis, in California. And after my five years in the States were done, I got back to Israel and all I wanted is to make other people go through the same process that I did. Make them fall in love with beer and make them realize that beer is a completely different beverage than what they thought about. So that was about 15 years ago when I got back here. But it’s not surprising that Israel is drinking alcohol. It is allowed in the Jewish religion to drink, even the opposite. Like we have to drink wine of course at Shabbat dinners, for example, it’s a mitzvah. But regardless if you’re religious or not, Israelis drink alcohol. But we don’t drink a lot. We do not have a very long history of drinking or tradition or a culture of drinking alcohol. So I found myself trying to raise something that was almost nonexistent here. But slowly, but surely we see it growing.

Markus Raupach: Yeah, that really sounds interesting. What we had here, I’m also researching a lot of the Jewish culture in Germany, and there was maybe about 100 years ago, a big discussion if it is allowed to drink beer for the Jewish high festival days. And then there was a rabbi who said, “If the beer is the wine of the country, then it’s allowed to drink also beer.” So that means if it’s a beer country, you can drink beer and if it’s a wine country, you have to drink wine. So did you know about that?

Shachar Hertz: No. It’s nice to hear. But it makes perfect sense to me. Like if you are Jewish and you live in a country that is not a wine country and beer is like the dominant or main beverage of choice, so yeah, why not? It just makes sense.

Shachar Hertz: I’m saying that Israel is a wine country. Before it’s a beer country, it’s a wine country. So people who don’t need to make that choice. Unfortunately, they go with wine on those festivities. But more and more people are discovering beer and they switch to beer sometimes.

Markus Raupach: Yeah, it’s very interesting. In Germany the Jewish community had a big part in development of brewing. So for example, they invented our deposit system for bottles, or they also invented the hop pellets and things like that. So it’s really interesting how big the impact is of the Jewish people in Germany and brewing. In Israel, you say that people are not really used to drinking beer, but is it a growing market? And is it more the young people or more the older ones?

Shachar Hertz: We definitely see it growing because we pretty much didn’t have work to go down. We could only go up. Like the consumption was, and still is one of the lowest in the world. So the only way is to go up and we see that going up slightly in the last few years. But then the most, or the more interesting change that we see is not necessarily more drinking, but drinking differently. Israelis are discovering the new flavours of beer or the new world or the craft beers, and they start to switch their usual beer, the one that they were used to drink, and they explore other flavours. And this we see going on like significantly in the last few years.

Markus Raupach: And you also become more and more breweries, as far as I know. So I know about the Dancing Camel, for example. But I think there are now many breweries in Israel.

Shachar Hertz: Yeah, we have about 20+ small craft breweries in the country right now. They were all opened, I would say, within two or three waves of opening that we saw here. The first one was actually started with the Dancing Camel. They were the first ever Israeli craft beer brewery to open in Israel. That was 2006. And from 2006 to 2008, we saw like eight, nine breweries opening, and then we had a short break. And then in 2010, to 12, another eight or nine were opened, and a bit more later on. So now we have 20+ and it’s pretty much a status quo in the last few years, maybe a new one gets opened, a new one is closing. So we’re staying at the same number.

Markus Raupach: And what types of beer are they producing? So the typical craft beer styles, or is there a special thing also?

Shachar Hertz: That’s a bit of a complicated question, not because I don’t know the answer, but because I have a lot to say about this subject.

Markus Raupach: We have time.

Shachar Hertz: The Israeli breweries, the craft ones, the new ones are not among the most brave ones, I would say. Most of them go more for the traditional styles, the styles that they think that the Israeli consumers are looking for, which makes sense in a way. I mean, it’s okay, you can create a weak beer or a pale ale or an amber. It’s a new market. It’s a new industry. You don’t want to go immediately to the craziest and most extreme beer styles. But looking back 15 years ago when this is all started, I was hoping that it would take less time for those breweries to start to explore new styles and be more brave. And unfortunately, I see that most of them are sticking to the same good old classic beer styles and recipes, and don’t really make a lot of changes. But parallel to that we do have a few breweries that do the opposite. They do a lot of different beers throughout the years, they explore with local ingredients and different styles. But I would really like to see more breweries going to that direction, because I think this is something that the consumers will really know how to appreciate.

Markus Raupach: Is there a typical Israeli beer style or a typical ingredient from Israel, which is used for beer?

Shachar Hertz: No, not yet. We are a country that is known for having a lot of spices and fruits and herbs and vegetables. But for now, there isn’t like one or a couple ingredients that I see that are being used more popularly within the breweries. But I guess it has to do with what I said earlier that the experimentation level is still low and most of the breweries are sticking to the classic ingredients.

Markus Raupach: And as you have the largest beer store in the country, so you’ll also have beers from foreign breweries like American or English or German ones. And is it easy to bring these beers in and how is the acceptance by the customers?

Shachar Hertz: The acceptance is amazing. Israelis are very open minded and as I said before, they really want to try a lot of new flavours. So within the export market, the import market, actually, we see a lot of beers coming in into Israel. It’s not easy to bring alcoholic beverages into Israel. The regulation is a bit complicated and expensive and cumbersome, but we have some importers that are really into beer and they really try their best to bring the top of the crop of the world leading brands. And I think that Israel actually for a country that is so small and with such a small beer industry and low beer consumption, I think we have a great variety of international brands available.

Markus Raupach: I see when I look for your shop, there are very many interesting breweries and many well-known breweries, but also some Israeli breweries. And I also, something like a network hub for brewers. So can people, do they come to you and ask about beer and brewing and education and maybe brewers will ask for connections? Is that also a little bit of your role?

Shachar Hertz: Yes, of course. I have, I guess, some parts, either small or medium or big in almost all of the breweries that were opened here in the last 15 years. I mean, I am trying to help them and give my consultancy services to them in order for them to create the best beers and promote their brands in the best way. And we teach people how to make beer at home. And as you know, home brewing is the engine that pretty much starting every future craft brewery. They all start by brewing at home and we have a great network of home brewers. We have classes and seminars all the time in order to encourage them to become better at their hobby and eventually open their own first brewery.

Markus Raupach: That’s really amazing. Maybe also the Arab part of the country, do they also drink beer? Because the religion normally is forbidding the alcohol. Is there also an Arab beer culture?

Shachar Hertz: Much, much, much less. But we must remember that Arabs are also have different religions. The Muslims, of course, cannot drink any alcohol whatsoever. Even if a beer is considered a non-alcoholic but it has up to 0.5 alcohol in it, they cannot drink it. So we see a very actually big industry of 0.0 alcohol beers that is being sold for the Arab market and brands like Carlsberg and Heineken and Bavaria, they do greatly with those products within that market. But the Christian Arabs, they are allowed to drink. So we do have a brewery that is called Taybeh that is located in the Palestinian territories in a village that is 100% Christian Arabs. And their brewery was actually the first one in the Middle East. Even before the Dancing Camel. I call Dancing Camel the first Israeli craft brewery. But Taybeh Brewing is the first Middle Eastern craft brewery. I guess they were opened back in 1994 and they make great beers that are also available in other countries, and they also brew their beers under contract in Germany actually.

Markus Raupach: And did you realize any difference in taste between the Israeli and the Arab people? Do they like different beers?

Shachar Hertz: No, it’s pretty much the same. The palate of the average Middle Eastern, it’s pretty much the same. Our food is similar, our flavours are similar. I’m guessing that most people, like lagers and wheat beers are popular. But the Taybeh Brewing are making a great variety of beers, IPAs, ambers, and beers with spices and local herbs as well. Stouts.

Markus Raupach: I also think you have such a big variety of interesting foods and spices and fruits. So there may be a lot of opportunities for doing food pairing things. Is that also something that’s now coming up in Israel to do food pairings, maybe with beer, with wine with your food?

Shachar Hertz: Yes, we see that starting. It’s not very popular yet because restaurants are usually the last type of businesses to get into the craft beer scene. Because those products as you know, are more expensive than your mainstream beers and the restaurant needs to be profitable and they’re not sure that they’ll be able to sell it. But we have a great variety of restaurants here and entrepreneurs that look at things a bit differently and they’re more open minded, and they know that the only way for them to make their restaurant or their business more unique and attractive for customers is to be different. And what’s the best way of being different other than creating a menu with a great selection of special wines and craft beers and do pairings? We are encouraging that a lot. We try our best to push those restaurants to do those things. It will take time for it to be more popular, but we’re definitely pushing.

Markus Raupach: And also you had lockdowns during the Corona crisis. Did this affect also the beer industry and the beer scene?

Shachar Hertz: Yeah, yeah for sure. It’s actually, yeah, it’s a great question because I just had a discussion about it yesterday. There was a launch of a new beer by one of the local breweries and a lot of people from the industry were there. Veterans that, you know, that they saw all the industry coming up together like I did in the last 15 years, and we just went through memory lane. And we got all the way until the last two years and we all realized that those last two years were so different in so many ways. Mostly actually, in a good way because what happened is that most people stayed at home and drank most of their beer at home, and not outside. And when you drink a beer at home and you have all the time in the world, because you have nothing else to do except focusing on what you’re drinking, so you start looking at the bottle or the can and read the label and look at the ingredients and realise that you don’t know what an ale is. And you’re like getting to be curious and a lot of people discovered new flavours in beer within those two years. And they started to buy much more beer at home and drink at home. Pubs and bars and restaurants, of course, we’re doing badly at those times. But the consumers found a way to enjoy beer within those strange periods of times. So we saw the craft beers sales of like takeaways and home deliveries going up significantly. And a lot of new customers that discovered craft beers, thanks to the fact that they were just locked at home, getting curious about what they drink.

Markus Raupach: They had the time to learn and discover and see. And you are doing this home delivery. So as I know, Israel is a quite warm country. Are there issues with cooling chain and things like that to bring the beer in a good shape to the customer?

Shachar Hertz: No, not really, because we are a warm country and not only beer, you know, food, and every other sensitive product that needs to be shipped across the country needs to be kept cool. So most of the logistics companies and delivery companies they know that and they do their best to, you know, keep it cool. The warm climate is mostly affecting pubs and bars that don’t have like, you know, like proper cooling system or draft system for their kegs and keep the beer out when it’s warm outside. Sometimes that creates a lot of foaming problems and beers that go bad. But it’s all about education. And as long as more businesses will understand the importance of keeping beer cold, we will see less than less of that affect.

Markus Raupach: Is there something like a beer school or beer education or something like that in Israel?

Shachar Hertz: Officially, we don’t have a beer school or an academic place to study about beer. Our business is pretty much the only one that calls itself a school but it’s not like an official school. We just educate and do a lot of classes and seminars and courses. But that’s as close as we can get to a beer school. I think it’s also a matter of time. We also didn’t have wine schools here in the country 20 years ago, and now we have like three or four. So when the wine revolution here in Israel started earlier, now it’s beer time, and I’m pretty sure that if it’s not going to be me opening one in the future, I’m sure that there will be somebody who will try and go for that.

Markus Raupach: And I also looked at the website and there’s also your beer education and brewing education. And did you have interesting experiences, especially experiences maybe in your seminars? Are there special things you remember?

Shachar Hertz: Yes, I mean, you never forget the faces of the people that they realise that something that looks completely unrelated to beer for them. Like looking at the raw materials, looking at hop pellets for the first time or putting a hop pellet in your mouth and try to realize the flavour of it, it’s a bit shocking for somebody who doesn’t know what hop is, and the part that it has in beer. And then when the course ends, like three or four weeks later, they taste the beer that we brew together, and they’re like, “Oh, now I connect the flavour that I put in my mouth from this palette in the beer,” and everything becoming much clearer for them and it’s very nice to look at their face when they realize how the beer process goes from start to finish.

Markus Raupach: Yeah, that’s really true. And I also saw you do beer Olympics. What is this?

Shachar Hertz: Yes. Because we try so hard to promote this beverage that’s called beer, we really need to be as flexible as we can, as imaginative as we can in order to reach more potential customers. And one of the, I guess, markets in Israel that we aim for, is to try and offer let’s say, high tech companies or people that work at some workplace, beer activities. You know, every company is putting some effort into making their employees a bit happier. Sometimes they take them to some field trips, sometimes they go to a restaurant, and sometimes they just call us to come and do some beer tasting or this beer Olympics, which is a product that we developed that is more fun, and not just okay, sit and listen a bit about beer. But let’s play some games around it. Not necessarily drinking games, but just funny stuff, like building up the tallest tower that you can from beer coasters. Or trying to blind taste few beers and guess their names. Stuff like that, that people are … they don’t really need to know anything about beer to have fun with it and it just makes them connect to this beverage a bit more.

Markus Raupach: Yeah, that really sounds great. Maybe back to you and yourself a little bit. So you are also travelling because of beers. Are you going to the international competitions? And how did that start? And what are your feelings if you think about beer judging internationally?

Shachar Hertz: Yes, definitely one of my favourite things to do. Not surprisingly, travelling in general, is something that I liked since I was young. Actually, my beer travels started before the judgings. I mean, one thing led to the other of course. But about a decade ago, I decided to add this element to our company and start to offer beer trips around the world for Israelis because I know from my past experience that once you travel to the origin of a certain beer and you experience the brewing process and you meet the people behind the beers, and you see new countries in different traditions and cultures of beers, something is happening to you. Like inside you. Something makes you like this beer much more.

So I wanted to take as many Israelis as possible to other countries to the you know, the main and major beer destinations like Belgium and Germany, Czech Republic, the UK and even the United States. We did a couple of trips all the way there. And I started to do that like a few times a year, not as a main business, but like from time to time. And in one of those trips that was to Belgium, I mean in one of my pre-trips that I went before the group trip I went to Liege and I happened to be there right at the time where the Brussels beer challenge competition was taking place. I think it was 2013. And yeah, and I got to meet the organizer, Luke and we talked and like I told him a bit about myself and he said, “Okay, next year I’m going to call you to like judge,” and this is how it started for me with the judging.

And then I did a few other competitions as well because as you know, this is a small group of colleagues and friends, they all know each other and they recommend one another to other companies, to other competitions, and this is how. And also for me with the judging, I really, really like it. I think it’s a great experience. I mean, I tasted so many different beers in my life, but it’s a different setup. It’s an official tasting. I like the ceremony behind those things and, you know, make an impact, a small personal impact on a beer by giving it a professional review. And I think it’s something that I would keep and enjoy doing as long as I can.

Markus Raupach: Yes, that’s really the same thing I feel. I think the good thing, it’s both, it’s professional, but it’s also family. And that’s really, so you’re really with your heart in the thing and you have very nice people around you and you meet people from all over the world, which you normally never would have had the possibility to meet and you really make friends. And that’s the great thing.

Shachar Hertz: And the people are amazing. Like, beer people in general, whether it’s professional people or just regular consumers, there’s something with this beverage that attracts the good kind of people. And I think it’s really like the thing I like most about beer is that. Is the people that are around this beverage. They’re all good people.

Markus Raupach: Yes.

Shachar Hertz: Amazing.

Markus Raupach: Totally. So maybe we are close to the end of the podcast. Maybe a question: do you have a favourite beer or a favourite beer style, which you like most?

Shachar Hertz: Of course, the question that I’m getting asked the most. I grew to like this question. Once I used to really like rolling my eyes and like how can I answer such a thing? But now I’m getting to actually enjoy answering because I give a different answer each and every time. But at the end of the day, if I have, I mean a specific beer, it’s impossible to choose. But styles, yes for sure. I know by now, after trying so many, I think that if I will end up drinking only altbier from Dusseldorf throughout my entire life, I will be totally okay.

Markus Raupach: That sounds a good thing, especially if you go around the city and have all these different altbiers.

Shachar Hertz: Yes, yes. I really, I really like it. I think it’s the perfect combination of like, it’s the most balanced of all styles. You have everything in it. You have the malt flavour, the hop flavour, the alcohol content is just where you need it, perfectly drinkable. Just super, super nice.

Markus Raupach: And also if you have surrounding with the pubs there and so it’s great, yeah.

Shachar Hertz: Yes. The atmosphere is amazing.

Markus Raupach: Is there many, maybe one special wish or one thing you really would like to do in the beer world, which you didn’t have, which you didn’t do before?

Shachar Hertz: Yes, for sure. There’s one very major element in the beer world that I still didn’t step into, which is to actually have a brewery or be part of a brewery. I thought at the beginning, when I finished my studies at UC Davis, that this is what I’m going to do. I’m going to go back to Israel and open a brewery. But pretty fast, I realized that it’s maybe not the right time. The industry is like almost not existent. So I put that aside. And then I just went so deeply into the business that I have today and I put the dream of having a brewery still in the drawer. But I’m guessing that at some point in the future, I would like to be a part of a brewing business and create my own beers.

Markus Raupach: That sounds great and then I will be very happy to be one of your guests. So thanks a lot for this little insight into your life and into the Israeli beer culture. And so I wish you a nice day today and I’m looking forward to see you in the next beer judging meeting in the near future.

Shachar Hertz: Thank you so much, Markus. Prost.

Markus Raupach: Prost. Thanks and bye.

Shachar Hertz: Bye-bye.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 38 – Interview mit Roxane Bicker, Archäologin, Pädagogin und Autorin aus München

Roxane Bicker wollte eigentlich professionelle Landwirtin werden, beschloss dann aber als Kasseler Stadtkind, auf die Archäologie umzusteigen. Im Studium führte sie Ausgrabungen in Einbeck gegenüber der Brauerei durch und entdeckte so ihre Faszination fürs Bier, die sie auch im neuen Fachgebiet als Museumspädagogin im Staatlichen Museum Ägyptischer Kunst in München ausleben konnte. Denn 2016 stand das Jubiläum des Reinheitsgebotes an – und das Museumsteam wollte mit einem besonderen Experiment etwas dazu beitragen: Mit großem Aufwand rekonstruierten Roxane Bicker und ihre MitstreiterInnen ein ägyptisches Bier aus der Antike und betraten damit sozusagen Brauer-Neuland. Im Podcast berichtet sie über das Ergebnis und die vielen faszinierenden weiteren Parallelen der ägyptischen Geschichte mit unserer heutigen Kultur…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute mal mit einer ganz, ganz speziellen Geschichte und zwar habe ich eine liebe Kollegin, Historikerin, Ägyptologin, die auch einen Podcast macht, auch als Autorin aktiv ist, auch Pädagogin ist, also ganz viele spannende Felder bedient, mit denen ich mich auch selber gerne beschäftige. Und, sie hat eben auch ganz spannende Dinge um das Thema Bier herausgefunden und selbst schon ausprobiert. Kurzum wir haben Roxane Bicker zu Gast und ich würde dich bitten, dich mal ganz kurz unseren Hörern selbst vorzustellen.

Roxane Bicker: Ja, es ist ja eigentlich fast schon alles gesagt, was man zu mir wissen. Also, Roxane Bicker, ich arbeite seit Anfang 2005 im Ägyptischen Museum in München. Ich habe die Leitung der Kulturvermittlung inne, also alles, was sich mit Veranstaltungen im Museum, mit Führung, mit Vorträgen beschäftigt und bin, ja, mehr zufällig über das altägyptische Bier gestolpert und habe mich 2016 damit etwas genauer auseinandergesetzt. Hintergrund des Ganzen, 2016 jährte sich das bayrische Reinheitsgebot zum 500. Mal und wir, die wir uns mit dem alten Ägypten beschäftigen, können da ja nur müde lächeln, denn Bier in Ägypten gibt es bereits seit 5.000 Jahren. Das heißt, wir haben also dieses Jubiläum zum Anlass genommen, uns auch von fachlicher Seite, von Museumsseite aus, etwas mit dem Bier zu beschäftigen.

Markus: Ja und da gibt es ja auch ein ganz tolles Video, dass wir auch verlinken werden in den Shownotes, wo du einen Vortrag zu dem Thema hältst und eben auch verweist auf eine Aktion, über die wir bestimmt gleich noch sprechen werden. Vielleicht vorneweg noch, wie kommt man überhaupt auf diese Idee, grade Ägyptologie zu studieren? Also war das schon immer so ein Wunsch für dich oder bist du da so rein gestolpert?

Roxane Bicker: Ja, also ich bin da wirklich mehr rein gestolpert. Ursprünglich habe ich direkt nach dem Abitur angefangen, Ökolandbau, also Landwirtschaft zu studieren. Ich habe ein Jahr auf einem Bauernhof gearbeitet, bin dann an die Uni gewechselt, habe dann aber festgestellt, dass es so als Stadtkind doch nicht das ganz Wahre ist, wenn man keinen Bauernhof im Hintergrund hat. Und habe dann das Studienfach gewechselt zur Ägyptologie, unter anderen und zur Ur- und Frühgeschichte. Man kann sich vorstellen, meine Eltern haben die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, erst macht das Kind Ökolandbau und dann auch noch Ägyptologie. Aber ich habe festgestellt, die Ägyptologie ist wirklich das, was mich fasziniert, auch wenn ich dort relativ unbedarft rein gestolpert bin. Es war also nicht wie bei vielen anderen der Wunsch von klein auf, Ägyptologie zu studieren, sondern es war mehr der Zufall, der mich hingebracht hat. Ich habe in anderen Dingen auch schon früher zu Schulzeiten im Museum gearbeitet und habe dann beides zusammengebracht, also die Leidenschaft für die Ägyptologie und die Museumsarbeit. Und im Fach, nach dem Ende des Studiums, einen Job zu kriegen, dazu muss ich sagen, einen unbefristeten Vollzeitjob in der Ägyptologie, das ist eigentlich besser ein Sechser im Lotto, wenn auch nicht ganz so gut bezahlt.

Markus: Ja, das klingt wirklich nach einem Jackpot sozusagen. Also grade, wenn es einfach das Thema ist, das einen bewegt und mit dem man sich beschäftigen kann und wo man dann eben auch entsprechend in die Vermittlung gehen kann, das finde ich natürlich schon toll. Und ich habe mich auch ein bisschen umgesehen auf den verschiedenen Websites auch vom Museum und da sieht man ja auch, dass du da sehr aktiv bist und dass es da auch viele pädagogische Angebote gibt, bis hin zu einem Hieroglyphenkurs. Also da habe ich mal kurz reingeschaut, das hat mich, ehrlich gesagt, schon fast überfordert, aber total spannend. Also wie kommst du auf diese pädagogische Schiene?

Roxane Bicker: Auch das liegt mir schon sehr lange. Ich habe ja eben gesagt, ich habe schon zu Schulzeiten auch im Museumsbereich gearbeitet. Ich war aktiv in einem Astronomie-Verein, in der Sternwarte und habe da zu Schulzeiten die Jugendgruppe geleitet. Das heißt also, diese pädagogische Anleitung, diese Kulturvermittlung liegt mir irgendwie auch im Blut und das bietet sich dann im Museumsbereich natürlich an. Also grade auch dieser Kontakt zu den Menschen, das, was mir Spaß macht, was mich bewegt, nahezubringen, das ist eigentlich das Beste und dafür bietet sich das Museum mit dem Fachbereich Ägyptologie eigentlich wirklich gut an.

Markus: Ja und das ist auch ein bisschen das, was uns verbindet, weil ich eben auch wirklich sehr, grade für dieses Thema Bier und die Kulturgeschichte rund ums Thema Bier, mich interessiere und das eben auch gerne vermittle. Und da sind wir jetzt auch schon bei dem entscheidenden Punkt, so bei meinen Recherchen in der Biergeschichte bin ich ja unter anderem dann bei den Sumerern so auf die ersten Schriftzeichen für Bier gestoßen, die dann praktisch so diese Amphoren symbolisieren. Im Ägyptischen habe ich dann gelesen, da überschneidet sich dieses Thema Bier und Brot.

Roxane Bicker: Genau.

Markus: Wie ist das mit dem Thema Bier, also ab wann kannte die Bier und wie haben die das dargestellt und wie ist die Nähe zu Brot?

Roxane Bicker: Also Brot- und Bierherstellung hing im alten Ägypten sehr eng zusammen. Die ersten Hinweise auf Brauereien im alten Ägypten, die gehen auf die ganz, ganz frühe Zeit zurück, also in die Zeit 3700 bis 3500 vor Christus, da hat man archäologisch vergrabene Brauanlagen in Ägypten. Brot und Bier waren im alten Ägypten Grundnahrungsmittel. Das Bier finden wir im Alltag in der Religion, im Diesseits, im Jenseits und auch in der Medizin, es ist also im Leben der alten Ägypter überall mit drin und überall immer zu finden. Und es war nicht nur das Grundnahrungsmittel, sondern Arbeiter im alten Ägypten wurden auch mit Brot und Bier bezahlt. So wissen wir beispielsweise, dass das Existenzminimum im alten Ägypten bei fünf Broten und zwei Krügen Bier am Tag lag. Also von daher finden wir das wirklich überall und wir finden auch sehr, sehr viele Textzeugnisse aus dem alten Ägypten. Wir finden beispielsweise in der Lehre des Ani zu Zeiten des Neuen Reiches so um 1300 vor Christus einen Text, in dem heißt es: Übernimm dich nicht beim Bier trinken! Du fällst hin mit schwankenden Beinen und keiner reicht dir die Hand. Deine Genossen sagen: „Geh Heim, der du genug getrunken hast.“ Wer kommt und dich sucht, um etwas zu besprechen, der findet dich im Staub liegend wie ein Kind. Und deine Freunde gehen weiter und sagen: „Weg mit diesem, er ist betrunken.“ Also wirklich aus dem Leben heraus gegriffen. Wir wissen auch über Starkbierfeste, die der Göttin Sachmet geweiht waren. Wir finden das Bier in Liebesliedern wiedergegeben, wir finden es in Totentexten, also wirklich überall.

Markus: Ja, wir haben auch regelmäßig zu Gast den Matthew Adams, der in Abydos die Ausgrabungen leitet.

Roxane Bicker: Ja, genau.

Markus: Und der hat ja so eine richtige Großbrauerei eigentlich ausgegraben. Und wir haben dann mit ihm zusammen mal hochgerechnet, dass das ja eine Produktionskapazität ist alleine dort, die ungefähr zehn Prozent von dem ausmacht, was der deutsche Biermarkt aktuell hergibt. Also das ist schon eine richtig große Menge und das heißt, es war wirklich ein Volksgetränk. Und hat man denn neben Bier noch irgendwas anderes auch getrunken?

Roxane Bicker: Ja, man hat auch Wein getrunken, das war allerdings mehr nur für die Hochstehenden. Warum nun das Bier als Grundnahrungsmittel, ich meine Ägypten ist das Land am Nil, man würde ja eigentlich eher zum Wasser greifen, aber, das Nil-Wasser dadurch, dass die Leute sich dort auch gewaschen haben, das sie an dem Nil gewohnt haben, das es aber auch sehr verschmutzt sein konnte, konnte das normale Wasser Krankheiten auslösen. Und das Bier, das leicht alkoholhaltig ist, das war halt wesentlich gesünder und deswegen hat man das Bier als Grundnahrungsmittel, als Basisgetränk angenommen.

Markus: Das heißt, also auch, wenn man zum Beispiel so einen Getreidebrei, so eine Art Müsli oder so gemacht hat, hat man das dann eher mit Bier zubereitet als mit Wasser?

Roxane Bicker: Ja, wahrscheinlich. Also das Bier, was wir im alten Ägypten haben, wie gesagt, man hat zwar diese Starkbierfeste, aber das, was man so alltäglich getrunken hat, was auch die Kinder getrunken haben, das wird nur sehr, sehr leicht alkoholhaltig gewesen sein und das hat man dann wirklich für alles andere wahrscheinlich benutzt. Das Problem ist, genau können wir es nicht sagen, denn wir haben natürlich keine Rezepte aus dem alten Ägypten überliefert, was man wo wie gekocht hat. Man ist da also immer sehr auf die archäologischen Funde angewiesen und die sind nicht immer ganz einfach zu untersuchen nach der langen Zeit, die seitdem schon vergangen ist.

Markus: Ja, das stimmt. Wobei der Matthew Adams mir erzählt hat, dass er jetzt wirklich drauf und dran ist, so ein altes Bier mal zu rekonstruieren, also da bin ich sehr gespannt.

Roxane Bicker: Ja, also da gibt es sehr, sehr viele Rekonstruktionsversuche. Ich meine, klar, was anderes haben wir mit unserem Nachbrauen, was wir zu der Zeit im Museum gemacht haben, auch nicht getan. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie man das Ganze gemacht hat. Ich sage immer, es wird nicht das eine Bierrezept in Ägypten gegeben haben. Wenn wir hier aus Bayern, wenn wir mal bei verschiedenen Leuten nachfragen, wie deren Obazda-Rezept ist, da wird man wahrscheinlich auch 20 Familien fragen und 30 Rezepte bekommen. Und genauso wird das auch im alten Ägypten gewesen sein, man hat einerseits natürlich diese fast industrielle Produktion, wie dort in Abydos, wo man mehrere 10.000 Liter in einem Brauvorgang produziert hat, aber, das war natürlich wirklich so für die großen Paläste und für die großen Pyramidenbaustätten beispielsweise. Aber man hat natürlich auch Zuhause gebraut, also für den Hausgebrauch, für den Alltag hat man direkt Zuhause das Bier angesetzt und da wird jeder sein eigenes Rezept mit seinen eigenen Spezialitäten gehabt haben.

Markus: Ja, ich habe auch gelesen, das eben die Sumerer zum Beispiel über 160 verschiedene Worte für Bier kannten, also dementsprechend muss es ja dann auch ziemlich verschiedene Sorten oder Rezepturen gegeben haben, wenn das denn so stimmt. Also da sind wir noch bei so einem Punkt, also wir steigen ja eh gleich noch in eine kleine Bierverkostung ein, aber vorher hätte ich noch eine Frage, du hast da grade auch so mit erwähnt, Bier war auch Medizin. Und nachdem sich ja immer so viele Mythen und Sachen darum rankten, gibt es zum Beispiel eine Dokumentation, in der erzählt wird, dass es wohl im ägyptischen Boden, in diesen Bodenflechten, die da sind, etwas gibt, was antibakterielle Substanzen produziert und was dann über dieses, dass man Datteln zugegeben hat, die man vorher am Boden zertreten hat, dass das dann ins Bier kam. Also ist das so, kann man das wirklich sagen?

Roxane Bicker: Da müsste ich jetzt nachgucken, wie genau die Untersuchungen, die naturwissenschaftlichen Untersuchungen aus diesen Brauereien sind. Also was ich weiß ist, dass man relativ viel Zeug in diesem Bier gefunden hat. Ich meine, es geht hin bis zu Traubenkernen, die wahrscheinlich für die Hefe gesorgt haben. Eben natürlich sowas wie Datteln, wie Feigen, die man auch zur Süßung des Bieres verwendet hat. Man hat in einer von diesen ganz frühen Brauereien auch Taumel-Lolch gefunden. Das ist ein Kraut, Taumel, ne, so eine Art Rauschmittel. Wo man auch nicht genau weiß, ist das jetzt beabsichtigt zugegeben worden, um die Wirkung des Bieres zu verstärken oder ist das nur einfach zufällig mit dem Getreide dort hineingelangt. Also, das ist immer die Frage, was war beabsichtigt und was ist dort einfach mehr zufällig mit rein geraten? Das wird wirklich relativ schwierig nachzuweisen sein.

Markus: Kannte man den Rausch?

Roxane Bicker: Ja, definitiv. Wir haben es ja eben schon gehört, ne, er liegt am Boden und mit ihm ist nichts mehr anzufangen. Und man hat den Rausch auch ganz bewusst herbeigeführt eben bei solchen Starkbierfesten, wo es darum ging, sich, um es mit heutigen Worten zu sagen, richtig abzuschießen. Da ist das Oktoberfest ein Waisenkind dagegen.

Markus: Apropos Oktoberfest, wir wollen natürlich in diesem BierTalk auch ein Bierchen trinken und da würde ich jetzt dir natürlich den Vortritt lassen logischerweise als unser Gast. Und was hast du denn mitgebracht und vielleicht auch, wie ist denn deine persönliche Beziehung zum Thema Bier, wenn du eine hast?

Roxane Bicker: Das war gar nicht so einfach, mich zu entscheiden, als du gesagt hast, wir können gerne auch ein Bier da mit aufmachen, habe ich natürlich hin und her überlegt, ja, welches nimmt man denn? Wir haben damals im Museum 2016 zu unserer Bieraktion ein nachgebrautes Pharaonenbier uns eingekauft gehabt. Danach habe ich natürlich sofort geguckt, das ist leider nicht mehr verfügbar. Die zweite Wahl wäre gewesen, dass wir ein ägyptisches Bier nehmen, was man in Ägypten bekommt, das ist das Stella-Bier. Das war aber auch nicht so schnell aufzutreiben. Dann habe ich mich zurückerinnert, ich komme ursprünglich aus dem Kasseler Bereich, dort gibt es die Hütt Brauerei und die ursprünglich Kasseler Martini Brauerei, ist aber hier im Münchner Raum auch nicht wirklich zu bekommen. Eine Verbindung zum Bier habe ich noch, in dem ich während Studiumszeiten in Einbeck gegraben habe, Ausgrabungen durchgeführt habe, zwei Lehrgrabungen in unmittelbarer Nähe zur Brauerei in Einbeck. Und es hat auf der Grabung morgens immer ganz wunderbar gerochen. Aber auch das Einbecker Bier war hier nicht wirklich zu bekommen. Und so bin ich dann doch bei einer Münchner Sorte hängengeblieben und habe mir ausgesucht, ein Giesinger. Und das Giesinger Bräu ist ja die jüngste Brauerei in München und ist erst 2006 gegründet worden. Damals noch in einer Garage, inzwischen sind sie schon richtig groß geworden. Und deswegen habe ich mir gedacht, bleiben wir halt ganz einfach und profan in München.

Markus: Ja, das ist doch auch eine gute Wahl. Also es hieß am Anfang ja auch das Bierlaboratorium.

Roxane Bicker: Genau.

Markus: Also hatte ja auch so ein bisschen einen Anspruch und wir hatten den Brauer ja auch schon bei uns im BierTalk. Also, insofern bin ich mal gespannt. Kannst du gerne mal aufmachen und uns ein bisschen teilhaben lassen, was das denn für eines ist und wie es dir schmeckt.

Roxane Bicker: Da bin ich jetzt nämlich mal sehr gespannt. Also ich trinke natürlich schon Bier, aber das wirklich so zu verkosten, mal gucken, was du jetzt da von mir hörst. Also, wir schütten das Ganze erst mal ein. Ich habe ja in der Tat sogar ein Bierverkostungsglas hier vorne vor mir.

Markus: Sensation.

Roxane Bicker: Ja, wir haben nämlich mal einen schönen Bieradventskalender gehabt und da war auch so ein Verkostungsglas dabei. So, ich habe es eingeschüttet, es ist natürlich wieder riesen großer Schaum oben drauf. Schlecht eingeschüttet! Prost!

Markus: Prost, auf jeden Fall. Und das mit dem Schaum ist gar nicht schlimm, weil, bei uns in Deutschland ist der Schaum ja sogar eher etwas Positives. Und wenn ein Bier ordentlich Schaum hat, ist es auf jeden Fall mal ein gutes Zeichen also.

Roxane Bicker: Das auf jeden Fall, es ist kein schales Bier. Also es ist ein Giesinger Münchner Hell und es hat so einen relativ süßlichen Geschmack. Also ich finde es ziemlich mild und ein bisschen süßlich im Abgang. Durchaus schmackhaft, ja. Ich weiß, beim Whisky ist es ja immer so, man hat dann irgendwie im Abgang Äpfel- und Citrusnoten und so. Da bin ich ja total Banause, dem schmecke ich immer nicht raus.

Markus: Das ist erstens nicht schlimm, zweitens Übung und drittens, bei so einem Hellen auch schwer, weil das einfach, wie du schon gesagt hast, das ist ein leichtes Bier, das ist ausgewogen, das ist ein bisschen eher süß und ist einfach so ein schönes Allround-Bier.

Roxane Bicker: Genau.

Markus: Passt perfekt zu jeder Brotzeit, passt in den Biergarten, passt aber jetzt auch so im Homeoffice.

Roxane Bicker: Genau. Ich habe mich in der Tat heute schon den ganzen Tag drauf gefreut, ja.

Markus: Na, dann freue ich mich ja und hoffe, dass es dir schmeckt.

Roxane Bicker: Auf jeden Fall.

Markus: Und, ja und muss auch sagen, also das Giesinger Hell ist ja eine relativ neue Kreation, die sie jetzt, ich glaube, erst letztes Jahr auf den Markt gebracht haben.

Roxane Bicker: Ja, genau, genau.

Markus: Und ich war da im, wann war das, November, glaube ich, vor Ort, als wir den European Beer Star hatten, ein Bierwettbewerb und haben da bei den Giesingern unsere Auftaktveranstaltung gehabt und konnten das dann auch probieren, noch vom allerersten Sud. Und das ist auch spannend, so ein Bier mal, also ich meine, du gräbst ja immer Sachen aus, wenn sie schon 1.000e von Jahren alt sind und das ist jetzt mal ein Bier, was wir in seiner Entstehung verkosten können.

Roxane Bicker: Ja, ich meine, das ist ja auch wunderbar, ne. Ich finde, das ist auch was ganz Spannendes.

Markus: Ist ja mal so ein bisschen Seite. So, jetzt kriege ich aber auch Durst und mache mir mal meins auf. In der Tat, also solche Biere, nachgebraute ägyptische Biere, es ist nicht einfach. Also ich persönlich kenne eigentlich nur in Berlin die Köpenicker Brauerei, aber ich weiß nicht, ob sie es aktuell überhaupt machen, auf jeden Fall gab es das, glaube ich, nie in der Flasche. Und das war eben auch so ein ägyptisches Bier, auch mit Datteln und Honig und sehr kräftig und ziemlich gefährlich auch. Also war bestimmt zweistellig vom Alkoholgehalt. Also wer da mal vorbeikommt, der Max Ruppert ist das, der das da macht in der Köpenicker Brauerei. Und sein Vater, der hat da ganz viel geforscht und hat unter andrem eben das alte ägyptische Rezept dort mit Leuten in Berlin aus dem Museen eben gefunden. Und hat dann später auch Rezepte aus dem Mittelalter und aus der frühen Neuzeit gemacht und hat dann eben so Köpenicker Urbiere und das Bier des Großen Kurfürsten und sowas, das hat er alles wiederbelebt und eben auch dieses Ägyptische, das ist das Einzige, dass ich kenne. Und ich habe mal von einem aus Amerika gehört, wo man tatsächlich versucht hat, aufgrund von Funden in der Archäologie was zu rekonstruieren, aber das ist natürlich mittlerweile nicht mehr erhältlich, ne.

Roxane Bicker: Ja, aber es ist auch einfach halt auch unglaublich schwierig, also von den wenigen Funden, die man hat, da dann wirklich auf ein Rezept, auf eine Mengenangabe zu schließen. Also das haben wir ja dann auch festgestellt mit unserem Probebrau, das ist nicht so ganz einfach, also da zu sagen, du nimmst soundso viel davon und soundso viel davon, dem genauen Mischverhältnis und dann lässt du es solange stehen und dann kochst du es oder machst sonst irgendwas. Das kann man halt nicht machen, also das ist wirklich einfach eine Sache des Ausprobierens.

Markus: Ja, also da muss man wirklich viel probieren. Noch einen Satz, bevor ich gleich mein Bier aufmache, der Vater von dem Max Ruppert hat ja unter anderem eben auch dieses preußische Bier rekonstruiert. Und damals hat er das so gemacht, dass er das Rezept auch nicht direkt gefunden hat, aber er hat dann die Bestellungen und die Steuererklärungen dazu gefunden. Und hat dann praktisch aufgrund der Mengen, die da jeweils bestellt worden sind von den verschiedenen Rohstoffen und wie viel Bier dann am Ende des Tages ausgeliefert und verkauft worden ist, da dann auf das Rezept geschlossen. Also ob das dann am Ende gepasst hat, weiß man auch nicht. Aber, gut, ich habe deswegen mir gedacht, dann nehme ich wenigstens einen Rohstoff, der ziemlich sicher auch im ägyptischen Bier verwendet worden ist, nämlich Emmer, also diese Urgetreide. Und das macht grade die Camba Bavaria am Chiemsee, macht so eine Serie mit historischen Bierstilen und hat unter anderem auch ein Emmer-Bier rausgebracht. Das mache ich jetzt mal auf. So, gucken wir mal. Also Schaumentwicklung ist hier auch ordentlich, aber, das darf es auch haben, also da ist ja nicht nur Emmer drin, sondern auch Weizen. Also ein obergäriges Bier eben so in der Weißbiertradition und da hat man ja mehr Kohlensäure und deswegen auch mehr Schaum. Es ist so sonnengelb, würde ich sagen, hat eine leichte Trübung, Schaum ist auch ein bisschen gefärbt. Und es riecht tatsächlich ähnlich wie ein Weißbier, so ein bisschen wir eine grüne Banane habe ich da in der Nase, ein bisschen leichte Citrusaromen auch. Jetzt probiere ich das mal. Also sehr weich, sehr rund. Ein schönes Spiel zwischen Säure und Süße und man merkt auch, dass es intensiv ist, also intensiver als ein normales Weißbier. Und in der Tat ist der Körper auch ein bisschen anders, als man es vom Weizen kennt, ein bisschen kantiger, würde ich sagen.

Roxane Bicker: Ursprünglicher fast, ne?

Markus: Vielleicht ursprünglich, wer weiß. Also ansonsten kenne ich das zum Beispiel auch von der Riedenburger Brauerei, die machen ja auch so Urbiere.

Roxane Bicker: Das wäre eben meine zweite Wahl noch gewesen, da hatte ich auch gesehen, die haben ein Emmer-Bier, ja.

Markus: Genau und ein Einkorn-Bier. Also wenn du das noch nicht probiert hast, das ist ein sehr interessantes Bier. Also da kann man so ein bisschen in diese Zeit zurückschauen. Und da sind wir vielleicht auch bei dem Thema, das uns so ein bisschen zusammengebracht hat und du hast ja auch schon erwähnt, ihr habt nachgebraut. Wie kam es denn dazu, wie ist denn da die Geschichte drum rum und was kam am Ende dabei raus?

Roxane Bicker: Ja, wir haben uns gedacht, wir wollen nun einfach nicht nur über das Bier erzählen, sondern wir wollen uns wirklich auch mal in der Experimentalarchäologie betätigen und wollen schauen, ob wir denn auch ein altägyptisches Bier zusammenkriegen. Nun und dann stellte sich die Frage nach dem Rezept. Man hat eine Überlieferung aus dem alten Ägypten, die stammt allerdings aus der Zeit um 400 nach Christus von einem Herrn Zosimos aus Panopolis. Und der sagt in seinem Rezept: „Nimm helle reine schöne Gerste. Male die Körner und bereite Brote. Das heißt, Malzbrote, in dem du Sauerteig wie zu gewöhnlichem Brot hinzugibst. Dann röste diese Brote, aber nur oberflächlich. Und wenn sie Farbe bekommen, so kläre ein süßes Wasser ab und seihe es durch einen Seiher oder ein feines Sieb.“ Das heißt, wir haben uns gedacht, wir machen keine Experimente mit Emmer oder mit Einkorn, sondern wir beziehen uns auf den guten Zosimos und nehmen reine Gerste. Wir haben ja am Anfang schön gehört, dass in Ägypten das Brotbacken sehr eng mit dem Bierbrauen zusammenhing, man findet das auch in den Darstellungen immer gemeinsam und ich selbst betätige mich auch hobbymäßig beim Brot backen, das heißt, ich habe einen eigens angezüchteten Sauerteig. Der ist nun für das Brot backen meistens aus Roggen, aber den kann man ziemlich gut umzüchten. Das heißt, ich habe aus diesem Roggensauerteig mit Gerstenmehl einen Gerstensauerteig hergestellt.

Markus: So ein bisschen wie ein Haustier, oder?

Roxane Bicker: Ja, so ein bisschen, genau, also einfach anfüttern, wachsen lassen und dann ist daraus also ein Gerstensauerteig geworden. Den habe ich mit Gerstenmehl und Gerstenmalz gemischt, denn Zosimos beschreibt in seinen Text vorher, wie man Gerstenmalz herstellt. Und das Ganze mit Wasser verbunden, zu einem Teig gemacht und ein wenig gehen lassen. Das Ganze habe ich dann in einen Fladen in der Tat angebacken, dass sich außen eine Kruste bildet, aber innen das Ganze noch fast roh ist. Gerste hat nun nicht allzu viele Kleberstoffe. Das heißt, also fürs Brotbacken eignet sich das nicht wirklich gut und wenn man diese Fladen aus dem Backofen herausgenommen hat, dann sind sie einem auch fast schon in den Händen zerbröselt, aber fürs Bierbrauen umso besser. In den Darstellungen, die wir aus dem alten Ägypten kennen, da finden wir in der Tat die des Teigknetens und dann finden wir Darstellungen von Menschen, die in Gefäßen drinstehen und dort also etwas mit den Füssen zertreten. Das kennt man ja auch von der Weinherstellung. Das heißt, man hat also diese angebackenen Fladen genommen und mit Wasser übergossen, zu einem schönen Brei zermantscht. Wir haben das nur mit den Händen gemacht, wir sind also nicht leibhaftig mit den Füssen in diese Gefäße rein gestiefelt, wir haben es wirklich nur so ein bisschen, in kleineren Mengen vermischt. Das Ganze haben wir dann erst mal oder habe ich in meiner ersten, in meinem allerersten Versuch stehen gelassen, ich habe es also nicht gleich abgeseiht, so in einem Eimer bei mir hier in der Küche gemacht. Und am nächsten Tag ist diese Flüssigkeit fast pechschwarz geworden. Da habe ich gedacht, oh Gott, was ist denn jetzt hier passiert, ob das überhaupt noch was wird? Deckel wieder vorsichtig drauf gelegt, habe es noch einen Tag stehenlassen und dann ist das Ganze umgeschlagen und war dann wirklich goldgelb und hat richtig hörbar geblubbert. Das heißt, die Hefe hat also ihr Werk getan und hat angefangen, das ganze schön zu vergären. Und ich habe es dann noch ein paar Tage stehenlassen. Und dann wollten wir es eigentlich durch ein Leinentuch abseihen, aber diese Masse war so dickflüssig, dass sie uns das ganze Leinentuch verstopft hat und es ist da nicht sehr Flüssigkeit nachher bei rausgekommen. Wir haben das Ganze dann im Museum noch ein bisschen optimiert. Wir haben uns auch von einer bekannten Töpferin drei Gefäße, drei Biergefäße nachtöpfern lassen, sodass wir das also für unsere Präsentation im Museum auch wenigstens ein bisschen unterfüttern konnten. Und das Bier, was wir dann dort herausbekommen haben, hat nicht so viel Ähnlichkeit mit unserem Bier gehabt. Das war von der Farbe her so bernsteinfarben, kann man sagen, es hatte einen leicht säuerlichen Geschmack, brotig, fast zitronenartig. Also es hat so ein bisschen an Apfelessig erinnert. Also mit unserem Bier nicht wirklich vom Geschmack zu vergleichen, aber wenn man sich das als Grundnahrungsmittel, gerade in der altägyptischen Wüstenhitze vorstellt, dann war das mit Sicherheit sehr, sehr erfrischend. Der Vater von einer mir bekannten Ägyptologin ist auch Brauer, der hat uns unser selbstgebrautes Bier dann untersucht. Das heißt, wir haben also sogar die Untersuchung von unserem selbstgebrauten Bier und die Stammwürze bei unserem lag bei neun Prozent. Es hat einen leichten Alkohol gehabt von nur 1,6 Prozent. Also kein Starkbier, betrunken wurde man davon definitiv nicht. Ein sehr niedrigen PH-Wert, wahrscheinlich weil bei uns sehr viel Milchsäuregärung auch drin war. Und was uns ein wenig, würde ich sagen, geschockt hat als Münchner, aber es war ein Bier der Art Berliner Weisse, das wir hergestellt haben. Ja, wir haben es dann ein paarmal noch nachgebraut. Wir hatten eine Präsentation mit dem Bayrischen Rundfunk, sind dazu rausgefahren hier vor die Tore von München auf den Bajuwarenhof in Kirchheim, die haben nämlich einen bajuwarischen Lehmbackofen nachgebaut und da haben wir dann unsere Brotfladen drin gebacken. Das ist halt dem ägyptischen Ofen doch etwas ähnlicher als der heimische Elektroofen. Und haben da dann auch live vor Ort noch einmal gebraut und auch das ist durchaus was geworden.

Markus: Ja, also faszinierend, bei mir ist jetzt das Kopfkino ständig gewechselt, was da so alles passiert, also wirklich spannend, wirklich faszinierend. Ein paar Fragen habe ich in der Tat, die mir so gekommen sind. Erst mal dieses Thema, dass Sie eben Brote gebacken haben, um damit dann Bier zu brauen.

Roxane Bicker: Genau, genau.

Markus: Warum mache ich das eigentlich? Also ich könnte, wenn ich eh Malz herstelle, könnte ich doch auch einfach direkt Bier brauen, also warum macht man diese Brote?

Roxane Bicker: Ich habe keine Ahnung, also die Frage ist halt, ja, warum? Durch das Backen bildet sich ja in diesem Brot auch noch so ein bisschen Zuckerstärke. Vielleicht half das einfach noch besser bei der Vergärung. Also man ist ja wirklich, man hat ja wirklich mit diesem reinen Sauerteig angefangen, man hat ja keine zusätzliche Hefe mehr mit dazugegeben. Außer manchen Rezepten Traubenkerne oder auch Traubenhüllen, an denen sich natürliche Hefen abgesetzt haben. Aber irgendwie muss dieses leichte Anbacken, diese leichte Kruste des Brotes dafür gesorgt haben, das dieser Sud besser geht. Ich muss dazu sagen, wir sind da ja vollkommen unbedarft dran gegangen. Also ich habe noch nie in meinem Leben vorher gebraut, ich habe keine Ahnung, wie ein normaler Bierbrauprozess funktioniert, ich habe nur gedacht, Zosimos hat das so beschrieben, wie probieren das jetzt einfach aus. Die alten Ägypter werden sich auch nicht große wissenschaftliche Gedanken drum gemacht haben, man hat es halt einfach getan und es hat funktioniert.

Markus: Ja, eben, also es hat ja auch funktioniert.

Roxane Bicker: Genau.

Markus: Wenn ich jetzt mal überlege, so von der Bierseite her, also wenn ich dieses Brot backe, habe ich auf jeden Fall die sogenannte Maillard-Reaktion. Das heißt, also man kriegt eben eine dunklere Farbe, man kriegt ein bisschen so diese Röstaromatik, die karamellige Aromen mit hin. Was auch der Fall ist also grade, ich habe, während du erzählt hast, mir schon aufgeschrieben Berliner Weisse, bevor du es gesagt hast, weil es in diese Richtung klingt. Und da ist es zum Beispiel so, dass die traditionelle Berliner Weisse auch nicht mehr gekocht wird. Also sprich und das ist ja da auch nicht der Fall und vielleicht nimmt man das auf diesem Wege vielleicht ein bisschen vorweg. Ich habe mir auch mal überlegt, ob das vielleicht sogar eine Möglichkeit war, Getreide quasi haltbarer zu machen, in dem man es in Brote bäckt, die man dann vielleicht besser aufheben kann als Getreide.

Roxane Bicker: Ja, aber dadurch, dass die innen noch wirklich fast roh sind, halten die sich auch nicht unbedingt länger. Das ist ja allgemein das Problem, ich meine, Ägypten, Wüstenland, heiß, da hält sich das Bier auch nicht lange. Das heißt, es muss also wirklich wahrscheinlich jeden Tag frisch gebraut worden sein und hat sich maximal zwei bis drei Tage gehalten und war zum sofortigen Genuss bestimmt. Also das war nicht viel mit Vorratshaltung.

Markus: Ja, das stimmt. Und was auch wichtig ist, in der heutigen Braukunst kennen wir das ja so, dass man das Bier erst mal so macht, dass man aus dem Malz Zucker entstehen lässt und dann in einem zweiten Schritt später die Hefe aus dem Zucker den Alkohol machen lässt. Und in den alten Kulturen, eigentlich bis zur frühen Neuzeit, war das so, dass dieser Prozess gleichzeitig stattgefunden hat. Also es wurde gleichzeitig praktisch die Stärke in Zucker umgewandelt, aber es gab auch schon Gärung, sodass eben sofort Alkohol entstanden ist und dadurch ging das auch so schnell. Dadurch konnte ich auch so ein Bier dann quasi sofort trinken und musste nicht eben noch eine Woche warten oder so.

Roxane Bicker: Genau, genau. Aber was du gesagt hast von wegen dem Kochen, also auch das hat man in Ägypten nachgewiesen. Das heißt, es muss also wirklich beide Möglichkeiten gegeben haben. Grade in diesen frühzeitlichen Brauereien, die man ausgegraben hat, da hat man auch Hinweise darauf, dass man das Getreide gekocht hat. Da hat man nämlich auch große Krüge, die auf so einer Art Feuerstellen, Dauerfeuerstellen gestanden sind. Also da hat man wirklich auch mit dieser Kochmethode gearbeitet.

Markus: Faszinierend. Und eine Frage noch zur Hefe. Habt ihr überhaupt etwas zugesetzt oder habt ihr dem einfach seinen Gang gelassen?

Roxane Bicker: Genau, also ich habe nur meinen Sauerteig genommen, der eben schon auch etwas älter ist und damit entsprechend triebstark. Den habe ich auch wirklich selbst herangezüchtet, also nur mit Mehl und Wasser und dann stehenlassen und durch die natürlichen Hefen in der Luft beginnt der dann auch zu blubbern und zu gären und zu treiben.

Markus: Ja, also es sind dann wirklich die Hefen, die da in der Luft sind. Und das ist, und ich glaube auch, also wie du schon sagtest, die Milchsäure, die hat da auf jeden Fall ihren Anteil gehabt, sicherlich auch damals in Ägypten. Und klar, bei dem Klima ist vielleicht so eine leichte Säure vielleicht auch ganz gut.

Roxane Bicker: Ja.

Markus: Und es macht das Bier natürlich auch haltbar, also wenn man dann sowohl Säurekomponenten hat als auch Alkohol hat, ist natürlich beides auch gut für die Haltbarkeit von Bier. Und hast du denn schon mal so eine klassische Berliner Weisse, also nicht das, was man mit Sirup mischt, sondern was jetzt auch so die kleinen Brauereien wieder so nachbrauen nach alten Rezepturen, hast du sowas schon mal probiert?

Roxane Bicker: Nee, bisher nicht. Also in der Tat, so eine mit Waldmeister- oder Himbeersirup, das habe ich schon mal getrunken, aber so eine ganz Ursprüngliche leider bisher noch nicht.

Markus: Okay, also dann werden wir das mal bei Gelegenheit nachholen, wenn ich mal wieder in München bin, komme ich mal im Museum vorbei.

Roxane Bicker: Unbedingt, genau und dann trinken wir eine Berliner Weisse, ja, in München, genau.

Markus: Ja, aber interessant eigentlich, weil ich grade an einem Artikel recherchiere über die Biergeschichte von Berlin. Und worauf ich da auch gestoßen bin, ist, dass man auch über die Archäologie auf dem Barnim, das ist so nördlich von Berlin so ein Hügel, da hat man tatsächlich nachweisen können, das es schon 2500 vor Christus auch dort eine Bierherstellung gab, die auch relativ ähnlich der ägyptischen war. Also so vom Vorgehen her und wie man das so gemacht hat, auch mit Brot backen und so. Und interessanter Weise, als die Römer dann auf die Germanen gestoßen sind und so, haben die zwar erzählt, dass die Bier brauen, aber diese Nähe zu dem Ägyptischen, haben die nie irgendwie aufgeschrieben. Also weil, das wäre interessant gewesen, wie diese unv. #00:32:01-8#

Roxane Bicker: Ja, ja, klar, ja. Also ich meine, es geht ja inzwischen noch weiter zurück, man hat ja die Befunde aus Göbekli Tepe, da geht die Bierherstellung ja ins 10. Jahrtausend vor Christus zurück. Also ich meine, auch das ist ja unglaublich faszinierend, da hat man dann noch ältere Biervorkommen als bei den alten Ägyptern.

Markus: Ja, also das ist total faszinierend und das ist, soweit ich weiß, aktuell auch der älteste Beweis sozusagen rund ums Bier. Also, ja, insofern faszinierend, weil, das heißt einfach, dass Bier die Menschheit eigentlich begleitet, sogar noch vor der Zeit, bevor sie sesshaft wurde, bevor man eine umfangreiche Sprache oder Schrift oder sowas entwickelt hat. Also das ist schon eine interessante Sache, so ein Kulturgetränk, was auch viel länger zum Beispiel schon bei Menschen ist, als bewusst hergestellter Wein oder eben auch gebackenes Brot. Also, ja, toll, insofern, schön.

Roxane Bicker: Und von den alten Ägyptern wissen wir ja, ohne das Bier würde es die Menschheit heute ja sowieso überhaupt nicht mehr geben. Es gibt nämlich eine Geschichte aus dem alten Ägypten über die Göttin Sachmet, die löwenköpfige Göttin. In Ägypten glaubte man, dass in früherer Zeit die Götter zusammen mit den Menschen auf der Erde gelebt haben. Und der Herrscher damals über Götter und Menschen, das war der Sonnengott Re. Normalerweise sind die Menschen zu ihm in den Tempel gekommen, haben gebetet, haben gesungen, habe ihm Opfergaben gegeben, aber irgendwann haben sie damit aufgehört, nur gesagt: „Naja, der bringt uns eh nichts mehr.“ Re war enttäuscht, böse, wollte die Menschen bestrafen. Also großer Gott tut man das nicht selbst und so hat er sich eine Tochter geschaffen, die wilde und ungestüme Göttin Sachmet und hat Sachmet auf die Menschheit losgelassen. Und Sachmet hat mit Zähnen und Klauen, mit Feuer und Schwert die Menschheit dezimiert, bis die Menschen so viel Angst hatten, dass sie wieder zurück in den Tempel zu Re gekehrt sind, ihn angefleht haben, ihnen zu helfen. Re hatte also sein Ziel erreicht, wollte zu Sachmet hingehen und sie beruhigen, hat gesagt Sachmet: „Unser Plan ist aufgegangen, alles gut, du kannst jetzt aufhören.“ Sachmet hingegen war in einem solchen Blutrausch verfallen, das sie androhte, alle Menschen, die allerletzten auf Erden, umzubringen. Musste also ein zweiter Plan her und so hat Re die Menschen in seinem Tempel versammelt und sie haben in der Nacht heimlich große Mengen an Bier gebraut. Nicht das einfache Bier, was wir hergestellt haben, sondern das richtig gute Starkbier. Und das haben sie mit Ocker rot gefärbt und haben dieses Bier am Morgen auf den Feldern Ägyptens ausgekippt. Und als Sachmet aus ihrem Schlaf aufgewacht ist, sie diese großen Mengen an roter Flüssigkeit gesehen, hat natürlich gedacht, das wäre Blut und hat sich als blutrünstige Göttin darauf gestürzt, hat es aufgeschleckt und war danach so betrunken, dass sie Re keinen Widerstand mehr geleistet hat. Er konnte sie zähmen, zu sich in den Himmel holen. Die Menschheit war Dank des Bieres gerettet und Sachmet stand ab dieser Zeit auf der Seite der Menschen, ist nur noch mit dem König als Begleitung in den Krieg gezogen und war, spannender Weise, auch die Göttin der Heilkunst und der Ärzte. Also, Dank des ägyptischen Bieres gibt es und die Menschheit heute überhaupt noch.

Markus: Poh, krasse Geschichte. Hatte auch ein bisschen Saulus und Paulus irgendwie, ne.

Roxane Bicker: Ja, genau, also die Bekehrung.

Markus: Ja und hört sich auch so ein bisschen an wie die älteste Vampirgeschichte der Menschheit, oder?

Roxane Bicker: Ja, so ein wenig, genau.

Markus: Faszinierend. Ja, da sind wir vielleicht noch ein bisschen bei den anderen Facetten, die dich ausmachen. Also zum Beispiel bist du ja auch Autorin, hast schon viele Bücher geschrieben, denkst dir da wirklich sehr spannende, faszinierende, durchaus auch mal grausame Geschichten aus. Wie kommt man überhaupt zum Schriftstellertum dann und was bewegt dich da so?

Roxane Bicker: Also auch das liegt schon lange, lange zurück, also soweit ich mich erinnere, habe ich immer sehr, sehr gerne gelesen und es ist vom Lesen aus nur ein kleiner Schritt, dass man sich selbst Geschichten ausdenkt und die dann auch irgendwann zu Papier bringt. Bis da wirklich das erste Buch entstanden ist, da hat es allerdings ein bisschen gebraucht und die Bekanntschaft mit hier einer Münchner Schriftstellerein, Diana Hillebrand, die unter anderem bei uns im Museum für ihr neustes Kinderbuch recherchiert hat und mich dann wieder aufs Schreiben gebracht hat. Und wen ich da einmal angefangen habe, dann war dort kein Halten mehr. Ich habe 2016 wirklich wieder intensiv das Schreiben angefangen, es sind in dieser Zeit vier Romane inzwischen herausgekommen. Eine ganze Reihe von Kurzgeschichten, die manchmal öfters mit dem alten Ägypten natürlich auch zu tun haben, definitiv aber keine ganz klassischen altägyptischen Geschichten sind. Das heißt, ich nehme also die Kultur des alten Ägypten auch immer nur als eine Inspirationsquelle, um sie dann in andere fantastische Geschichten mit einzubinden. Aus reinem Eigennutz entstanden, ist ein Verein hier in München, die Münchner Schreiberlinge, wo wir uns als schreibende Personen zusammengetan haben, um uns gegenseitig auszutauschen, zu unterstützen, voneinander zu profitieren. Und seit letztem Jahr sind wir sogar ein eingetragener gemeinnütziger Verein und haben, so es Corona denn zulässt, noch eine ganze Reihe von Plänen.

Markus: Ja, ist auf jeden Fall auch eine sehr spannende Facette. Und ich muss auch, also ich habe so ein bisschen reingeguckt, also Buch habe ich natürlich noch keins, das werde ich noch nachholen.

Roxane Bicker: Noch, noch, ne.

Markus: Noch, genau. Aber, was du eben so schreibst, was da alles so passiert ist, da geht es ja dann durchaus auch mal zur Sache.

Roxane Bicker: Natürlich.

Markus: Und ich habe mal einen Workshop besucht mit Markus Heitz, der da gesagt hat, ja, also am wichtigsten für ihn ist eigentlich, dass er vorher praktisch so ein Storyboard schon irgendwie macht und die Personen entwickelt und das dann irgendwie so zusammenfasst. Also einen ganzen Roman an sich habe ich noch nicht geschrieben, bei mir sind es eher Sachbücher, wobei ich ab und zu so Geschichten einbinde, und soweit habe ich mich jetzt noch nicht gewagt. Aber wie ist das denn bei dir, entwickelst du vorher so deine Storyboards und deine Personen oder kommt das eher so aus dir raus, wie kommt das bei dir?

Roxane Bicker: Ja, also man unterscheidet zwei Arten von schreibenden Personen, das sind einmal die Plotter. So wie Markus Heitz, die also wirklich alles detailliert sich aufschreiben und schon genau, bevor sie das erste Wort geschrieben haben, wissen, was in einem solchen Roman passiert. Und dann gibt es die Pencer, von Englisch pence, die das Ganze auf dem Hosenboden machen, wo die ganze Geschichte beim Schreiben überhaupt sich erst entwickelt. Und das ist eher meine Herangehensweise. Das heißt, ich habe eine erste Idee vielleicht im Kopf, ich habe eine Person im Kopf, ein paar wenige Szenen, vielleicht einen ganz, ganz groben Rahmen, wo ich irgendwie hin will und dann entwickelt sich die Geschichte beim Schreiben. Und das ist vor allem auch meine Motivation, dass ich am Geschichten schreiben dran bleibe, denn ich weiß ja selbst noch nicht wie es ausgeht und was alles passiert, sondern das entwickelt sich wirklich erst direkt im Prozess. Und wenn ich wissen will, wie die Geschichte ausgeht, ja, dann muss ich sie halt notgedrungen zu Ende schreiben.

Markus: Also, das ist eine sehr, sehr schöne Herangehensweise und auch eine tolle Motivation, finde ich. Und da hattest du jetzt wahrscheinlich in dieser ganzen verrückten Pandemiezeit, da waren ja auch die Museen geschlossen, wahrscheinlich unfreiwillig auch relativ viel Zeit. Hast du da auch viel geschrieben?

Roxane Bicker: Schön wäre es gewesen, wenn ich da wirklich viel Zeit gehabt habe, man weiß ja, eigentlich hat man dann eher noch weniger Zeit. Ich bin mit meiner ersten Buchveröffentlichung, in der Tat, genau in die Corona-Zeit reingerutscht, mein erster Roman ist nämlich 2020 im März erschienen, genau da, wo alles losging.

Markus: Perfekt.

Roxane Bicker: Ja, perfekt, also perfekt für die Leute zum Lesen, eher weniger perfekt für mich, weil Lesungen und so weiter natürlich auch ausgesetzt waren. Ich versuche das Ganze irgendwie, den Vollzeitjob im Museum, die Familie, die ja auch noch ein wenig Aufmerksamkeit braucht, die anderen Freizeitaktivitäten und das Schreiben einigermaßen gleich zu gewichten, es ist nicht immer ganz einfach. Und es gibt auch solche Phasen, wo ich halt mal mehr schreibe und mal weniger, aber im Großen und Ganzen funktioniert das schon. Ich bin ein Frühaufsteher, also von daher falle ich meistens am Wochenende auch schon um sechs Uhr aus dem Bett, wenn die anderen noch schlafen und das ist dann meistens meine Schreibzeit am Wochenende in den frühen Morgenstunden.

Markus: Das stimmt, das ist irgendwie die produktivste Zeit, wenn alle anderen noch schlafen, wenn keine E-Mails kommen, gar nichts, dann kann man da in aller Ruhe, da stimmt.

Roxane Bicker: kann man sich da genau drauf konzentrieren, ja, das stimmt.

Markus: Ja, ich habe noch eine Frage so zu deinem Museumsschaffen. So, wenn man den normalen Menschen da draußen fragt, ja, was stellst du dir unter Museumspädagogik vor, dann sagen die, naja, das ist halt jemand, der mit Schulklassen durchs Museum läuft oder so. Und wie das bei dir, also bist du die, die mit Schulklassen mit durchs Museum läuft, was steckt da alles dahinter?

Roxane Bicker: Ja, ich bin die dahintersteht, das Leute mit Schulklassen durchs Museum laufen können. Ja, die Leute stellen sich den Museumsjob immer sehr interessant vor, man hat viel Zeit und kann sich kluge Gedanken machen, wandelt durch die einsamen Museumshallen, steht vor seinen Kunstwerken und denkt darüber nach. Nee, es ist eigentlich ein Bürojob wie jeder andere auch. Das heißt, ich komme morgens in unser Büro, ich sitze den ganzen Tag am Computer und am Telefon. Und wenn ich Glück habe, dann komme ich an einem Tag auch mal unten ins Museum in die Ausstellung, meistens sehe ich das aber eher nicht. Das heißt, unser Job ist einfach wirklich die Verwaltung, das, was die Leute vom Museum nämlich nicht sehen, was alles dahintersteht. Wir entwickeln die ganzen Programme, wir entwickeln die Vorträge. Wir halten natürlich selbst auch Vorträge, wir halten auch selbst Führungen, aber ich bin vor allem auch dafür verantwortlich, die ganzen Führungen einzubuchen, mit den Lehrern zu verhandeln, die über 450 Schulklassen, die wir in normalen Jahren haben, dann auf die einzelnen Führungskräfte zu verteilen. Also es ist eher das Entwickeln von Programmen und die ganze Organisation, die dahintersteht.

Markus: Und es richtet sich aber auch nicht nur an Kinder und Jugendliche, sondern durchaus auch an Erwachsene?

Roxane Bicker: Deswegen sind wir von dem Begriff der Museumspädagogik inzwischen auch etwas abgekommen, weil Pädagogik verbinden die meisten Leute ja wirklich mit Schulklassen, mit Kindern. Aber Kulturvermittlung ist für alle gedacht, das geht von den ganz Kleinen, vom Kindergraten bis zu den Senioren, Erwachsenenführung. Also alles, was im Museum Vermittlung ist, das fällt in meinen Aufgabenbereich und da gehören nicht nur die Kinder dazu, sondern auch alle anderen, die natürlich auch angeleitet werden wollen, die auch neue Dinge über das alte Ägypten erfahren wollen. Und grad in den letzten zwei Jahren sind wir sehr auf den digitalen Bereich umgeschwenkt, notgedrungen, wenn das Museum zu hat und keine Menschen zu uns kommen können. Das heißt, wir haben jetzt auch angefangen, Vorträge digital bereitzustellen. Wir haben seit letztem Jahr, wie du schon sagtest, auch selbst einen Podcast, wir haben eine digitale Ausstellung geschaffen. Und auch so etwas gehört natürlich zu den Aufgaben dazu.

Markus: Ja, da gibt es einen Bamberger Lehrstuhlinhaber in der Pädagogik, der dann eben dieses Wort Pädagogik, das ja vom Ursprung her schon mit Kindern zu tun hat, umgemünzt hat und eben Andragogik draus gemacht hat, um dann eben das auf die gesamten Leute sozusagen zu beziehen.

Roxane Bicker: Auf die Menschen, genau.

Markus: Das finde ich auch sehr, sehr richtig und natürlich auch sehr, sehr wichtig. Gibt es denn für dich auch diesen internationalen Austausch, trotz der ganzen pädagogischen Arbeit, auch mit anderen Archäologen, mit dem Matthew zum Beispiel oder so, wo du auch an deinen Themen noch dran bleiben kannst?

Roxane Bicker: Ja, also das ist das Schöne an der Museumsarbeit, dass man natürlich immer wieder sich auch neue Themen erarbeitet, sei es für Vorträge, sei es für neue Artikel in unserer Museumszeitschrift oder so. Dass man sich also immer wieder auch austauscht, dass man natürlich auch mit den Kolleg: innen aus dem In- und Ausland sich austauscht und dort etwas macht, also das gehört auf jeden Fall dazu. Es wäre schön, wenn dafür mehr Zeit bliebe, aber das ist leider auch immer etwas zurückstecken müssen hinter der ganzen Organisation.

Markus: Ja, du hast schon erwähnt, du machst auch den Podcast. Das wäre für mich was, was ich zum Abschluss noch gerne kurz mit dir besprechen würde, grade aus Eigeninteresse natürlich auch. Also wie kamt ihr da drauf, wie sucht ihr euch eure Folgen aus? Auf was für Herausforderungen seid ihr so gestoßen, bis es da mal losging?

Roxane Bicker: Wir haben das eigentlich genauso gemacht wie mit dem altägyptischen Bierbrauen, wir haben von nichts eine Ahnung gehabt und haben einfach mal ausprobiert und haben uns auf dem Weg nach und nach verbessert. Mein Kollege, Doktor Arnulf Schlüter und ich, wir hören beide gerne Podcasts und wollten das eigentlich auch selbst schon immer mal ausprobieren, und haben dann gedacht, naja, okay, dann gucken wir halt mal, wie das funktioniert. Wir sind bei uns durchs Museum gegangen, haben die Tonqualität aller Räume ausprobiert, wo kann man sich am besten hinsetzen, dass man eine möglichst rauschfreie, schallfreie Aufnahme hat? Sind dann gelandet in einer kleinen Abstellkammer, einem Abstellraum in der Restaurierung, der wirklich von allem total abgeschirmt ist. Inzwischen haben wir den Raum auch schön ausgekleidet mit Pyramidenschaumstoff und haben auch an der Technik ein bisschen gefeilt. Wir haben am Anfang also so einen wirklich ganz, ganz einfachen Recorder gehabt, inzwischen ist die Ausstattung etwas professioneller. Wir sind inzwischen in der zweiten Staffel unseres Podcasts angekommen. Die erste Staffel hat zehn Folgen umfasst, wo wir das Museum vorgestellt haben, wo wir mit Mitgliedern unseres Teams gesprochen haben, wo wir die verschiedenen Arbeitsbereiche des Museums vorgestellt haben. Und jetzt in der zweiten Staffel unseres Podcasts suchen wir uns immer verschiedene Themengebiete aus der altägyptischen Kultur aus, beleuchten die. Und das läuft eigentlich relativ gut und ich denke, wir werden damit auch weitermachen. Wir haben am Anfang in der ersten Staffel wirklich alle zwei Wochen eine Podcast-Folge produziert, inzwischen sind wir auf den monatlichen Rhythmus übergegangen und auch da schaffen wir es wirklich immer nur kurz vor knapp, unsere Folge aufzunehmen. Deswegen, umso mehr Bewunderung, dass du schon so viele Folgen produziert hast. Es braucht doch immer auch ein bisschen Zeit und Vorbereitung, bis man wirklich eine gute Folge dann auch hinkriegt.

Markus: Ja, auf jeden Fall und natürlich auch die Nachbereitung, aber es klingt auf jeden Fall schon super gut. Ich habe mir vorhin so Dreiviertel von dem Weihnachts-Podcast angehört und das fand ich auch sehr, sehr spannend eben, wie da auch schon wieder einfach diese kulturgeschichtlichen Bezüge sind. Dass das, was wir eben so als Maria kennen, eigentlich eine ägyptische Wurzel hat.

Roxane Bicker: Genau.

Markus: Also da, finde ich auch, es gibt so viele Denkanstöße. Und das ist auch was, was ich immer wieder versuche, grade beim Thema Bier, auch den Leuten nahezubringen, das einfach Horizonte erweitert werden müssen und das man das in der Gesamtheit einfach denken muss, in allen Dimensionen. Also sei es jetzt über den Globus, sei es über die Zeit, sei es über die verschiedenen Kulturen, es hängt alles mit allem zusammen, wie man so schön sagt. Und nur wenn man das versteht, dann kann man auch das verstehen, was jetzt ist. Und das fand ich auch an der Archäologie immer so spannend und muss sagen, seitdem ich jetzt eben auch Leute persönlich besser kenne, die sich damit beschäftigen, ist das für mich nochmal interessanter geworden.

Roxane Bicker: Das kann ich glauben. Als Empfehlung zum Reinhören unbedingt unsere Halloween-Folge aus dem letzten Jahr, da haben wir nämlich eine Spezial, extra lange Folge gemacht, die sich mit Verbrechen im alten Ägypten beschäftigt. Weil, True Crime und so weiter, das boomt, haben wir uns gedacht, das können wir auch und zwar auf der historischen Schiene und haben uns wirklich mit Mord und Totschlag im alten Ägypten beschäftigt. Und das ist so gut angekommen, dass wir dieses Jahr unsere Vortragsreihe darauf ausgelegt haben und die einzelnen dort angesprochenen Themengebiete jetzt nochmal ausführlich beleuchten.

Markus: Also da bin ich gespannt. Da steht da sogar, wir gehen bis zu den Feuerseen der Höhle, also das ist ja schon krass. Also werden wir natürlich in den Shownotes auf jeden Fall verlinken. Vielleicht noch so als Abschlussfrage an dich, wenn du dir frei aussuchen könntest, als Archäologin irgendwas auszugraben, was wäre dein Wunschziel, was würdest du gerne ausbuddeln?

Roxane Bicker: Eigentlich gar nichts, die Ausgrabungsarbeit, die überlasse ich lieber anderen. Ich bin Museumsmensch, ich lasse andere graben und präsentiere dann und vermittle dann im Museum das, was andere gezeigt haben oder was andere ausgebuddelt haben.

Markus: Okay, das ist natürlich auch sehr gut und auch sehr wichtig. Insofern sage ich 1.000-Dank für diesen wirklich sehr spannenden Podcast, für diesen Ritt durch die Geschichte und für viele tolle Einblicke. Und ich denke mal, das wird unseren Hörern und Hörerinnen auch so gegangen sein und vielleicht meldet sich ja der ein oder die andere mal bei dir im Museum und dann kann man da ja ein bisschen nachbereiten. Danke schön und dir noch heute einen wunderschönen Tag.

Roxane Bicker: Ich sage danke schön, dass ich dagewesen sein durfte, dass ich über das Bier mal wieder habe plaudern können. Und unbedingt die Einladung, uns im Ägyptischen Museum in München zu besuchen, live und vor Ort, wir haben nämlich auch, man muss sie etwas suchen, aber man findet sie, Bierkrüge aus dem alten Ägypten ausgestellt. Oder, man besucht uns digital, in unserer digitalen Ausstellung oder auf YouTube und hört sich unsere Vorträge an, wo man eben auch meinen Vortrag zum altägyptischen Bier findet.

Markus: Genau, das wird gemacht. Vielen Dank und, ja, wie gesagt, noch viel Spaß heute.

Roxane Bicker: Tschau.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 37 – Interview mit Susanne Kneidl, Erfinderin der Dosensterne aus Steinhöring

Sie ist die Herrin der Sterne, zumindest der Dosensterne: Susanne Kneidl. Vor vielen Jahren kam der heute 66jährigen die Idee, aus alten Bierdosen wunderschöne Wand- und Christbaumgehänge bzw. einfach innovative Dekoobjekte zu erschaffen. Die Basis ist dabei der Fröbelstern, ein Archetyp für selbstgebastelten Weihnachtsschmuck vom Begründer der Kindergartenbewegung, Friedrich Fröbel, der schon im 18. Jahrhundert von der Idee fasziniert war, aus vier langen Streifen einen Stern entstehen zu lassen. Genau das macht Susanne jetzt auch und verwandelt in ca. 20 Minuten mühsamer Hand- und Kleinstarbeit eine Bierdose in einen Stern. Spannenderweise rief das auch schon die Anwälte des FC Bayern auf den Plan, um zu prüfen, ob die Markenrechte des „Sterns des Südens“ durch die kreativen Recyclingbasteleien berührt sein könnten. Im BierTalk erzählt Susanne ihre Geschichte und gibt auch ein paar Tipps zum Basteln, wenn Ihr selbst mal Hand anlegen wollt…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute haben wir den 24. Januar, ein ganz besonderer Tag, nämlich der Tag der Dose. Und dafür haben wir uns auch eine ganz besondere Gästin eingeladen, die aus den Dosen Sterne zaubert. Ja und was es genau damit auf sich hat, werden wir jetzt gleich hören. Liebe Susanne Kneidl, stell dich doch unseren Hörern bitte mal kurz selbst vor.

Susanne Kneidl: Ja, hallo Markus, grüß Gott nach Bamberg, ich freue mich, dass ich auf dieser Ebene ein bisschen was über meine Dosen und Bierdosensterne erzählen darf. Mein Name ist Susanne Kneidl, ich wohne in Steinhöring, das liegt östlich von München, zwischen München und Wasserburg. Ich lebe hier seit über 30 Jahren mit meinem Mann und zwei Söhnen. Ja und jetzt sind wir eigentlich schon mitten drin im Thema Bierdose, heute, 24. Januar, Tag der Bierdose und ich kann doch einiges berichten.

Markus: Ja, da bin ich doch mal sehr gespannt. Vielleicht mal vorneweg, wie kommst du überhaupt zu diesem Thema, also einerseits zum Bier und andererseits zur Dose?

Susanne Kneidl: Ja, das ist eine sehr spannende Geschichte, das beginnt alles im Jahre 2003, da wurde ja von unserer Regierung das Dosenpfand eingeführt und vor dem Dosenpfand habe ich gesehen, in der freien Natur, überall lagen diese Bierdosen rum. Ich bin Sommer wie Winter da vorbeigekommen, das Material ist ja Alu, es hat sich nicht verändert und da habe ich gedacht, das kann ja eigentlich nicht so wertlos sein, ich nehme mir mal eine Dose mit und probiere mal, was ich aus dieser Dose fabrizieren kann. Das war natürlich am Anfang sehr schwierig, diesem Material erst einmal beizukommen. Ich habe mal eine Dose zerlegt und dann mal geschaut, was kann ich mit diesem Material anfangen. Es war Alu, es gibt ja auch Weißblech und das Alu ist etwas leichter, es ist auch leichter zum zerschneiden. Ja und so, Schritt für Schritt, habe ich mich an dieses Material herangetastet.

Markus: Und hattest du vorher auch zum Thema Bier schon eine Beziehung oder hast du eine Beziehung zum Thema Bier?

Susanne Kneidl: Ja, ich habe immer eine Beziehung zum Thema Bier. Meine Heimatstadt ist Hannover, das ist ja noch nicht so doll bierig, da gibt es ja nur, sagen wir mal, drei so Biersäulen, aber es hat mich immer schon nach Süddeutschland gezogen, ja und vielleicht war das Bier auch so ein bisschen ausschlaggebend.

Markus: Ja, was viele ja nicht wissen ist, das aus Hannover zum Beispiel das ganze deutsche Efes-Bier kommt, was es ja zum Beispiel auch in Dosen gibt. Du hast ja grade schon erwähnt, es gibt unterschiedliche Materialien, Alu und Weißblech. Hat sich da in letzter Zeit was verändert oder siehst du da einen Trend oder ist das immer so eine Überraschung, wenn du eine Dose hast, ist es mal aus dem einen, mal aus dem anderen?

Susanne Kneidl: Ja, also interessant ist schon, das Material hat sich im Laufe der Zeit sehr verändert, das Alu ist immer dünner geworden. Weißblech verarbeite ich nicht mehr, es lässt sich sehr schlecht schneiden und die Sterne als Ergebnis schauen einfach nicht so exakt und präzise aus. Mein bevorzugtes Material ist eben Aluminium.

Markus: Ja und jetzt müssen wir den Hörern vielleicht noch ein bisschen schildern, wie schaut sowas überhaut aus. Du hast mir ja ein paar Beispiele geschickt und da gibt es jetzt also kleine Sterne, würde ich mal sagen, die sind vielleicht so drei Zentimeter im Durchmesser, haben acht Zacken und in der Mitte sieht man sehr schön noch die Motive, die auf der Dose waren, und die gibt es dann einmal am Bändchen. Und was ich ja sehr schön finde ist, dass dann der Öffner der Dose, diese kleine Lasche oder wie man das bezeichnet, das hängt dann auch dran so quasi als Befestigungsmöglichkeit und dann gibt es dieselben aber auch mit einem Magneten, sodass ich die dann zum Beispiel an meinen Kühlschrank hinmachen kann. Dann habe ich noch einen ganz Großen, der ist auch faszinierend, das ist eher so eine Art Dosenwürfel, den finde ich auch toll. Also der hat vielleicht so sechs Zentimeter oder so und ist, glaube ich, zusammengesetzt aus, ah, sechs von diesen kleineren Sternen und, ja, hängt auch an so einer Lasche. Also sehr schön, also finde ich ganz toll. Wie kamst du da überhaupt drauf?

Susanne Kneidl: Ja, prima, ich möchte noch ein bisschen weiter ausholen und zwar, wo ich mit dem Material angefangen habe, habe ich erst mal überlegt, wie händel ich das und so weiter. Und die Basis von dem ganzen Stern ist ein sogenannter Fröbelstern. Dieser Fröbelstern, der wird ursprünglich aus Papier hergestellt und ich habe diesen Fröbelstern in dieses Dosenmaterial umgesetzt. Der Fröbelstern, ich hole nochmal weiter aus, der Fröbelstern besteht aus vier Streifen, vier gleiche Streifen werden verfaltet und das ist bei der Dose auch der Fall. Das heißt, ich muss die Dose in vier gleiche Streifen schneiden und die werden dann miteinander verfaltet. Das Ergebnis ist dann eben ein Stern zum Hängen, Magnet oder, wenn ich die Sterne miteinander verbinde, einzelne, entsteht ein räumliches Gebilde, zum Beispiel ein Würfel. Das ist aber ein sehr langer Prozess gewesen, den Würfel habe ich erst 2020 fertigstellen können.

Markus: Ja, dafür ist er aber auch wirklich ganz besonders schön gelungen. Also das ist wirklich, kann man den Hörern nur an der Stelle mal sagen, das ist echt eine ganz besondere Zier, der gefällt mir richtig gut. Also ich kann mich auch erinnern, als Kind habe ich ganz viel gebastelt und natürlich grade zur Weihnachtszeit, da hatte man natürlich als Kind, als Schüler viel Zeit und konnte dann auch alles Mögliche machen und tun. Und da habe ich auch so Sterne gemacht, auch mit so Papier, was dann auf der einen Seite golden war, auf der anderen farbig und dann ergeben sich da natürlich ganz schöne Motive. Hast du da Bastelerfahrung mitgebracht oder hast du dir die erst angeeignet, als du auf diese Dosenidee kamst?

Susanne Kneidl: Also ich habe immer schon gern gebastelt und mit Papier und so weiter gehändelt und das ist eigentlich so mein Ding. Und, ja, wie gesagt, das ist halt, der Dosenstern hat sich erst allmählich entwickelt und, ja, man muss das Material eben anders händeln wie Papier, das ist eine ganz andere Technik. Es kann jeder machen, das sage ich immer auf Messen und auf Ausstellungen, jeder kann das versuchen. Da habe ich mal einen Tipp an unserer Hörer, geht einmal in den Baumarkt, holt euch einmal so einen Messstreifen, das ist so ein meterlanger, das kennt ja jeder, die hängen da überall rum und aus den vier Streifen lässt sich dann ein Fröbelstern machen. Nochmal zu dem Herrn Fröbel. Der Herr Fröbel hat den ersten Kindergarten entwickelt in Thüringen, den Kindergarten gibt es immer noch heute. Natürlich hat dieser Kindergarten auch ein paar Dosensterne, ist ja ganz klar. Und der Fröbelstern gehört auch zu den mathematischen Basteleien.

Markus: Also ein gutes Stück Kultur und Kulturerbe irgendwie auch. Ja, vielleicht noch die Frage, wenn du jetzt sagst, Dosensterne, die haben natürlich eine ganz klare Zielrichtung, das heißt, eher so Weihnachten. Hast du da noch Produkte quasi, die man außerhalb der Weihnachtszeit hat oder ist das für dich so ein Fokus auf Weihnachten?

Susanne Kneidl: Ja, das ist immer so die Krux, bei diesen Dosensternen sagt dann immer jemand: „Hach, ist denn heute schon wieder Weihnachten.“ Ich versuche seit Jahren schon, aus dieser Weihnachtsschiene rauszukommen und da habe ich den sogenannten Urlaubsstern entwickelt. Das ergab sich aus Campingurlauben in Kroatien et cetera, dort haben die Campingleute ja oft ihre eigenen Dosen mitgebracht. Und ich habe da so einen kleinen Stand und erkläre was über Dosensterne und dann sagen die: „Ja, das ist ja ganz toll. Ich gebe dir jetzt die Dosen mit und dann schickst du mir die fertigen Sterne und da haben wir eine tolle Urlaubserinnerung.“

Markus: Das ist natürlich eine ganz schöne Idee, bringt mich aber noch auf eine andere Frage. Wie ist denn das in Sachen Hygiene? Also wenn so eine Dose ja jetzt irgendwie länger rumliegt, da war dann, was weiß ich, ein Radler drin oder Bier oder irgendwie so, dann kommen da doch auch Keime und das wird irgendwie eklig oder so. Also wie machst du das sauber und wie schaffst du das auch, ohne dass du dich selber verletzt, mit diesem Material gut umzugehen?

Susanne Kneidl: Ja, also Verletzung sind eines, es war also früher fürchterlich, Hansaplast war mein treuester Begleiter. Natürlich brauche ich das jetzt nicht mehr, weil ich das eben vom Material und vom Handling her gut machen kann. Hygiene ist es so, wenn ich jetzt Dosen bekomme, die tue ich erst mal in mein Lager und mache mal gar nichts. Und wenn ich jetzt sehe, aha, ich brauche jetzt diese Dose, weil sie eine bestimmte Farbe hat oder ist ein bestimmtes Hopfenmuster drauf oder irgendwas, dann tue ich erst einmal die Dose und den Deckel ab und dann wird das kurz in warmen Wasser aufgeweicht und mit der Bürste ein bisschen behandelt und dann ist das ruck zuck sauber. Das Material, das ist nicht irgendwie, das nimmt nicht irgendwie was an. Manchmal krabbelt da so ein kleines Tierchen, aber das ist harmlos.

Markus: Okay. Ja, nun heißt das Ganze ja BierTalk, deswegen habe ich mir auch extra ein Bier natürlich rausgesucht zum Tag der Dose und logischerweise auch ein Dosenbier. Ich mache es mal auf.

Susanne Kneidl: Ja, sehr gut, hört sich gut an.

Markus: Hört sich gut an, genau, ich schütte es mal hier in mein Glas. Genau, so, also das ist jetzt eine Dose von guten Freunden von mir und zwar aus Koblenz von der Gutsbrüder Brauerei oder Gutsbrüder Bier, wie sie sich auch nennen. Und da steht drauf, ein Kveik IPA. Heißt also, wenn man sich das anschaut, sieht man auch schon sehr schön, also man hat ein sehr trübes, sehr hell orangefarbenes Bier, was einen so richtig anstrahlt. Oben drüber hat man dann einen sehr feinen, sehr stabilen großen dichten Schaum, der ist so leicht getönt. Ich rieche mal rein. Ja, ganz intensive fruchtige Aromen, Pfirsich, Mango, Orange, Papaya, also ganz frische fruchtige Aromen, das macht richtig Lust, viel Citrus auch. Ich probiere mal ein Schlückchen. Also ist sehr, sehr schön, sehr weich, sehr rund und sehr hoch vergoren, also nicht sehr süß. Ein sehr angenehmes spritziges Bier, um diesen Tag der Dose zu feiern. Und da erschließt sich mir gleich nochmal eine Frage. Das ist jetzt eine Dose, die besteht ursprünglich einfach nur aus dem Blech, ohne Aufdruck und der Philip, der klebt dann so einen Aufkleber drauf. Wie kommst du denn mit solchen Dosen zurecht?

Susanne Kneidl: Das ist technisch möglich. Ich habe von Frau Gruber schon diverse Dosen verarbeitet, aber dieser Aufkleber, der doppelt dann das Alumaterial doch ziemlich auf, man kann die Dose schlecht falten. Und ich weiß nicht, im Laufe der Zeit schwindet auch der Aufkleber. Also Dosen mit Aufkleber habe ich nicht so gerne. Ja, das ist einfach von der Verarbeitung her etwas schwieriger.

Markus: Okay, dann werde ich das dem Philip mal sagen, dann muss er mal welche bedrucken lassen. Aber das klang ja jetzt auch so, als hättest du da durchaus schon Kontakt zu Brauereien. Also gab es da oder gibt es da Aufträge? Und wie kriegt man das dann auch hin? Du hast das bei mir so schön bei dem Stern zum Beispiel, den du mir geschickt hast, da ist da in der Mitte ganz schön das Logo oder das IPA sieht man hier auch schön. Also es ist so, dass das dann auch wirklich richtig gut ausschaut im Endprodukt. Das ist gar nicht so einfach, oder?

Susanne Kneidl: Nein, das war ein ganz langer Werdensgang. Am Anfang war ja das Handwerkliche, stand im Vordergrund und es war mir eigentlich gar nicht möglich, diese Information der Dose auf den Stern direkt zu übertragen. Ich habe da sehr lange umeinander gefummelt, kann ich eigentlich nur sagen, bis ich einmal diesen Stern richtig lesen konnte. Also wo ist jetzt der Zacken genau, wie viel Zentimeter, wie ist der Raster. Und das ist eigentlich das Interessante, und wo ist auch der Symmetriepunkt? Das Symmetriezentrum ist in der Mitte. Und man muss sich das so vorstellen, wenn ich jetzt irgendwie die Information der Dose mitteilen will, dann muss ich genau an das Raster halten und sonst kommt da gar nichts rüber. Und das ist ja eigentlich der Auftrag von dem ganzen Stern, eine Information rüberzubringen. Das heißt, durch diese Falttechnik wird die ursprüngliche Information in einen anderen Kontext gesetzt. Und da komme ich dann wieder dazu, Möglichkeiten zu den Brauereien und so weiter zu schaffen, weil, die Informationen sind ja eigentlich klar. Es sind ja Zeichen drauf, zum Beispiel Hopfen, Weizenährensymbole, Jahreszeichen und so weiter und da komme ich in diese Bierschiene rein.

Markus: Und gab es jetzt Brauereien, die dich da schon beauftragt haben oder mit denen du engeren Kontakt hast, für die du häufiger was machst?

Susanne Kneidl: Ja, ich habe einmal einen großen Auftrag gehabt von der Brauerei Sternberg, glaube ich, in Leipzig war das. Die haben auch ein sehr schönes Logo und da passt das genau, das Logo passt genau in dieses Maß von dem Stern rein. Und das ist auch das Wichtige. Wenn ich jetzt große Buchstaben oder was habe oder das Design der Dose nicht auf diesen Stern passt, dann passt auch der Stern nicht und er sagt nichts aus und es wird gar nichts.

Markus: Ich habe auf deiner Website ein bisschen gestöbert und habe gesehen, es gibt auch noch so ein paar besondere Sachen, zum Beispiel ein Insektenhotel. Wie muss ich mir das denn vorstellen?

Susanne Kneidl: Ja, das ist praktisch so ein Würfel, die Sterne werden miteinander verbunden und es entsteht ein Hohlraum und der Hohlraum kann mit Holzwolle bestückt werden. Ich habe einmal eine Zeitlang das im Garten hängen gehabt und das Ergebnis war, dass sich kleine Spinnen da drin aufgehalten haben. Also es ist jetzt eher nicht für Insekten gedacht, sondern für Spinnen. Aber man muss das halt immer alles ausprobieren, sowas gibt es ja auch nicht. Und ich denke auch, ich bin die Einzige, die sich mit den Dosen in dieser Form auch beschäftigt.

Markus: Also das glaube ich auch, da ist mir noch nix untergekommen in diese Richtung. Hast du denn auch ein bisschen damit zu kämpfen, das es ja durchaus noch vor allem, glaube ich, Leute unserer Generation und älter gibt, die bei Dosen eher so ein negatives Image damit verbinden? Kriegst du da was mit?

Susanne Kneidl: Ja, die älteren Herrschaften, die haben immer den Eindruck, es schmeckt so metallisch oder so. Aber die Dose hat sich ja auch technisch entwickelt, sie wird ja mit einem leichten Belag besprüht, sodass also völlig geschmacksneutrales Bier rüberkommt. Und ich muss auch ehrlich sagen, es sollte vielleicht ein bisschen mehr dran gearbeitet werden, es ist ja, kann kein Licht in die Dose dringen so wie bei der Flasche und es gibt dann immer die Sache Flasche, Dose, was ist da und was ist da. Und da kann man immer abwägen, welches Produkt ist für welchen Zweck am besten, nehme ich jetzt die Dose mit auf den Berg oder nehme ich die Flasche auf den Berg?

Markus: Absolut. Ja und grade bei dem Thema, wir verschicken etwas, ist das natürlich immer mittlerweile sehr, sehr wichtig. Und, ich meine, grundsätzlich, das hatten wir ja im BierTalk auch schon immer wieder mal, ist es ja so, dass die Dose eigentlich das perfekte Behältnis für Bier ist, weil sie eben lichtdicht ist, weil sie luftdicht. Wie ein kleines Fass eigentlich, weil man sie eben auch gut verschicken und transportieren kann. Entscheidend ist einfach nur, dass man nicht aus der Dose trinkt, sondern dass man dann eben ein schönes Glas hat, in das man dann so Dinge gibt und dann hat man eigentlich alles richtig gemacht. Und wie du auch schon sagst, ist die Dose des Jahres 2022 nicht mehr die Dose des Jahrs 1980, wo ich als Kind vielleicht noch mit der Limo aus dem Aldi oder Norma oder sowas auf die Schulausflüge gegangen bin und das hat dann tatsächlich metallisch geschmeckt. Aber das ist ja schon lange her, quasi wie aus einer völlig anderen Zeit. Ja, was hast du denn als Kindheitserinnerungen an Dosen?

Susanne Kneidl: Ja, eigentlich gar nicht viel. Ich habe halt, also normalerweise war halt die Flasche immer noch das ganz, Kunststoff hat es ja nun auch nicht damals so gegeben. Also Flasche und Glas war halt eigentlich so das Gebinde.

Markus: Du hast auch die Dosen schon so ein bisschen um die Welt gebracht. Ich habe da zum Beispiel von einem Projekt gelesen aus Manila. Was hat es denn damit auf sich und hast du noch so andere Post vielleicht bekommen, wo deine Sterne sich über die Welt verteilt haben?

Susanne Kneidl: Ja, Manila war ganz interessant, da hat sich jemand gemeldet aus einer diplomatischen Angelegenheit. Die haben ein Projekt unterstützt, wo die Einwohner da, ja, wie soll ich sagen, ein soziales Projekt, was mit den Dosen und so weiter unterstützt werden sollte. Ja, das war eigentlich eins der auch interessantesten Sachen. Ich habe dann Sterne verschickt, wie die das weiter gehandhabt haben, das weiß ich jetzt da nicht. Interessant war jetzt auch zum Beispiel die Aktion von der Biersommelier-Weltmeisterschaft in Brasilien. Das war Klaus Artmann, hat mich gebeten, ein Gastgeschenk zu machen für die Weltmeisterschaft und das habe ich dann auch umgesetzt. Es waren Sterne dabei, da war natürlich ein Fußball drauf, Brasilien, Fußball, ist ganz klar. Oder zum Beispiel auch Schloss Kaltenberg, da war dann das Schloss drauf. Man meinte, das schaut so ähnlich aus wie Neuschwanstein, war aber Kaltenberg. Ja und das sind so besondere Sachen, die dann gekommen sind.

Markus: Ja, also die Dosensterne so ein bisschen als Botschafter. Was mir dabei noch einfällt ist, du redest ja die ganze Zeit, dass du Sterne machst, da machst und so weiter. Wie lange braucht man denn für so einen Stern und ist das für dich quasi so eine Art Hauptberuf?

Susanne Kneidl: Nein, es ist absolutes Hobby. Also das ist Hobby und das entwickelt sich immer wieder weiter. Ja und was halt noch wichtig war, ich war sechsmal Aussteller auf der Braukunst Live! und da hat man natürlich auch sehr engen Kontakt zum Bier, das ist natürlich ganz, ganz toll.

Markus: Und wie lange brauchst du für so einen Stern? Wie muss ich mir das vorstellen, du suchst das raus, schneidest das zu? Machst du da ganz viele Streifen und machst dann erst deine Sterne oder machst du immer Stern nach Stern, wie muss ich mir das vorstellen?

Susanne Kneidl: Also ich muss schon genau überlegen, bevor ich eine Dose zerlege, wo ist halt diese Information. Vom Zerlegen bis zum Finish sind es 20 bis 25 Minuten, für einen Stern.

Markus: Wow, also da steckt richtig viel Arbeit drin. Insofern sind die ja eigentlich dann verhältnismäßig günstig, oder, also?

Susanne Kneidl: Ja, ich muss ja nicht meinen Lebensunterhalt damit verdienen. Und ich sage auch immer: „Jeder Schüler soll die Gelegenheit haben, sich so einen Stern irgendwie aufzuhängen.“ Oder vielleicht als Erinnerung, wenn er auf dem Schulausflug war, dass er sagt: „Ich möchte gern so einen Stern haben.“ Also das ist kein Problem.

Markus: Vielleicht noch für die Hörer so ein bisschen, damit man sich das vorstellen kann, wie schaut es denn bei dir Zuhause aus, also hängen da überall Sterne rum? Und wie schaut es vielleicht an Weihnachten aus, ist dann quasi ein komplett sternumrahmter Baum, wie muss man sich das vorstellen?

Susanne Kneidl: Also ich setze die Sterne im Privatbereich sehr reduziert ein, man muss ja nicht ständig über so einen Stern drüber fallen. Ich habe eine Werkstatt, das ist ganz einfach, da ist ein Schreibtisch, eine Papierhebelmaschine und eine ganz normale Haushaltsschere, Lineal, Bleistift und das war es dann schon.

Markus: Okay. Und dein Weihnachtsbaum hat dann auch nur so zwei, drei und dann hängen daneben noch so schöne Kügelchen und so?

Susanne Kneidl: Nein, der Christbaum ist ganz traditionell geschmückt, es hängt nur eine Lampe umeinander und, ja, ganz reduziert.

Markus: Na gut. Was ich noch gelesen habe, was ja auch wirklich spannend ist grade in Bezug jetzt auf dieses Jahr, du hast auch einen Wiesn-Stern schon mal entwickelt. Es wird ja hoffentlich dieses Jahr wieder eine Wiesn geben, hast du da auch schon Ideen, dich da drauf vorzubereiten, vielleicht jetzt auch wegen der neuen Wiesn, nach drei Jahren endlich wieder Wiesn, da irgendwas zu machen?

Susanne Kneidl: Ja, Vorbereitung ist immer schlecht, ich muss ja erst immer warten, bis die Dose auf dem Markt ist und dann kann ich entscheiden, wie ich die Information aus der Dose raushole. Also erst kommt immer die Brauerei und dann kommt der Stern.

Markus: Also da muss man ein richtiges Dosen-Management sozusagen haben.

Susanne Kneidl: Genau, genauso ist das.

Markus: Ja, faszinierend. Also, dann bedanke ich mich bei dir ganz herzlich für diesen spannenden Einblick. Wir werden für die Hörer natürlich in den Shownotes deine Seite auch verlinken, ich sage es auch nochmal, www.dosensterne.de und dann kann man sich die auch besorgen. Und eben nicht nur für Weihnachten, sondern eigentlich für das ganze Jahr. Also bei mir liegen sie hier auch auf dem Schreibtisch beziehungsweise hängen und zaubern mir immer so ein Lächeln über die Lippen, wenn ich mir die anschaue. Also vielen Dank und dir heute noch einen wunderschönen weiteren Tag.

Susanne Kneidl: Markus, vielen Dank und grüß Gott nach Bamberg.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 36 – Interview mit Jacco den Hartog, Teilhaber der Homeland Brewery in Amsterdam, Niederlande

Jacco den Hartog stammt aus gleich zwei großen und altehrwürdigen Brauerfamilien aus den Niederlanden – und ist dennoch der einzige seiner Generation, der dem Thema treu geblieben ist. Während seines Studiums in Berlin lernte er die dortige Bierszene und seine Freundin kennen und nahm das Wissen über die eine und die Hand der anderen mit zurück in die Niederlande, wo er erst für den Großkonzern AB InBev tätig war und dann mehr oder weniger aus einer Bierlaune heraus in die gerade erst gegründete Homeland Brewery im Herzen der Altstadt Amsterdams einstieg. Dort ist Jacco heute vor allem für das Marketing verantwortlich und reist als Botschafter der Brauerei durchs Land. Wir haben ihn vor Ort getroffen und dieses Treffen nun online in einer Podcast-Folge wiederholt…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute mal wieder ein Speziell, weil wir über die Grenzen gehen. Wir schauen in die Niederlande oder wie der gemeine Deutsche sagt, nach Holland und haben dort einen spannenden Gast von einer spannenden Brauerei aus einer spannenden Stadt, nämlich den Jacco. Und, Jacco, am besten stellst du dich kurz selber vor und dann reden wir ein bisschen weiter.

Jacco den Hartog: Wunderbar, schönen guten Tag, Jacco hier aus Amsterdam von Homeland Brauerei. Ich bin kommerziell verantwortlich für die Brauerei, auch Eigentümer der Brauerei und, ja, wir sind seit, ich würde sagen, so sechs Jahren hier unterwegs. Und ich selber komme auch aus einer Bierbraufamilie, bin damit aufgewachsen. Damals war es vor allem Pilsener, aber, ja, seit, ich würde sagen, ungefähr zehn Jahren auch echt so richtig im Craft, wo wie wir das hier nennen, eingerollt, ja, so.

Markus: Vielen Dank schon mal. Und wir haben uns getroffen vor ungefähr drei, vier Monaten, da war ich in Amsterdam mit einem guten Freund unterwegs, mit Theo und der hat mich zu euch geführt. Und das war ein sehr spannender Besuch in der Brauerei, werden wir gleich noch ein bisschen mehr drüber sprechen. Vielleicht vorneweg zwei Fragen, die sich die Hörer vielleicht stellen, erst mal, wie kommt es, dass du so gut Deutsch sprichst?

Jacco den Hartog: Ich habe in Berlin und in Münster gewohnt, in Berlin eineinhalb Jahre, in Münster ungefähr ein halbes Jahr. Und habe mir auch eine deutsche Freundin ausgesucht, was auch geholfen hat. Die wohnt hier mit mir in Amsterdam seit drei Jahren. Ja, es ist wohl eine witzige Geschichte auch, weil, ich habe halt mein Studium in Enschede gemacht. Und in Enschede, da gibt es eigentlich auch ziemlich viele Deutsche, ja, das hat mich irgendwie ein bisschen gestört manchmal. Es gab so viele Deutsche in Enschede, die da studiert haben, die waren da für sechs Jahre da und ich dachte mir immer, das ist doch total schade, dass sie hier in einem Ausland wohnen eigentlich, aber nichts mit der Sprache tun. Also die sind immer, ja, öfter mal Deutsche untereinander gewesen. Und dann dachte ich, wenn ich dann nach Berlin gehe, dann, ja, ich kann das nicht sagen und dann nicht selber auch Deutsch lernen. Habe dann einen Kurs gemacht in Berlin und habe dann meine Freundin kennengelernt. Und was witzig war, sie hat tatsächlich auch in Enschede studiert, ich habe sie damals nicht kennengelernt, sie hat Holländisch gelernt. Das aber war auch vor zwei Jahren für sie damals und dann haben wir gesagt, nach meinem Kurs: „Komm, wir tauschen mal die Sprache.“ Das heißt, ich habe nur Deutsch gesprochen und sie hat nur Holländisch gesprochen. Und dann hat man zwei Monate lang ungefähr kein richtiges Gespräch, weil, man korrigiert die ganze Zeit, aber, ja, nach zwei Monaten haben wir wohl beide eigentlich ziemlich fließend Deutsch und Holländisch gesprochen. Und, ja, seitdem, wir sprechen Zuhause eigentlich auch nur immer Deutsch. Sie arbeitet auf Holländisch, ich arbeite auf Holländisch, wir wohnen hier beide in Holland und um auch die Sprache noch ein bisschen, ja, zu üben, wird bei uns eigentlich Zuhause, ja, ich würde sagen, 80 Prozent Deutsch gesprochen.

Markus: Ja, das ist ja wirklich spannend zu hören und kann ich ja irgendwie nachvollziehen, dass man so nach zwei Monaten dann doch endlich mal ins Gespräch kommt.

Jacco den Hartog: Ja, ja, auch mal geil, ne.

Markus: Absolut. Vielleicht noch eine Frage, wie kommst du denn überhaupt zum Thema Bier? War das schon ein Wunsch, als du ein kleiner Junge warst oder wann hat sich das bei dir so entwickelt?

Jacco den Hartog: Ich bin damit aufgewachsen tatsächlich. Also mein Opa hat zusammen mit seinen zwei Brüdern eine Bierbrauerei in Limburg, das ist ein Bundesland, Südholland. Das heißt, ja, auf Holländisch gibt es eine Aussprache, das heißt eigentlich, mit der Flasche, war schon immer in meiner Umgebung irgendwie. Und mein Opa hat damals der Brauerei, die heißt Maes, der ist damals zusammengegangen mit Christoph, was eine Pilsner-Brauerei aus Belgien ist, der auch zu meiner Familie gehört, die sind damals zusammengegangen. Und die sind dann später wieder zusammengegangen mit Maes Pilsner, was auch belgisch ist. Und das gibt es noch immer, das ist im Portfolio von Heineken mittlerweile. Es gab eine andere Seite von meiner Familie, gab es die Familie Schnieder und die gehören Domus. Und Domus ist auch eine holländische Biermarke, ich weiß nicht, ob es die noch gibt. In Deutschland, ich glaube nicht, ich habe es niemals gesehen eigentlich. Aber das heißt, Bier war eigentlich schon immer in meiner Umgebung. Und als ich damals meinen zweiten Master fertiggemacht hab in Berlin, wenn man sich Unternehmen aussucht, wo man arbeiten kann und schon immer Bier in seiner Umgebung hatte, ja, dann sucht man auch ein bisschen in die Richtung. Und das heißt, ich habe mich damals beworben bei Heineken und bei AB InBev. Ja, AB InBev kennen die Meisten natürlich auch, wurde in Deutschland groß für Franziskaner und Becks und so. Und ich wollte gern lernen in einem Großunternehmen, um dann irgendwann, ja, runterzugehen in ein kleineres Unternehmen. Und habe damals dann, ja, angefangen mit einem Sales Marketing Traineechip bei AB InBev. Das habe ich eineinhalb Jahre gemacht und dann danach ein Jahr im Marketing, war ich noch unterwegs. Und, ja, dann gab es hier die Chance, auch witziger Weise über Familie, bei dem, muss ich sagen, Cousin von meiner Mutter, also der Sohn von dem Bruder von meinem Opa, der war hier Direktor von dieser Brauerei geworden. Das war damals echt noch eine kleine Brauerei, wir hatten vier Tanks oder so und ein 1.000 Liter Brauhaus. Und die haben miteinander gesprochen. Und er war grade rübergekommen zu dieser Brauerei, er war normalerweise in der Festivalwelt unterwegs und hatte nicht so viel Ahnung. Und dann habe ich einfach ein paar Mal mit ihm Bier getrunken, um ihm ein bisschen zu helfen, wie macht man den kommerziellen Teil von einer Brauerei, weil, da lag nicht seine Erfahrung. Und dann hat er noch ein paar Mal irgendwie gesagt so: „Ja, okay, aber vielleicht musst du das dann mal machen.“ Und, ja, bin ich rübergekommen und habe ich hier vor drei Jahren angefangen, ein kleines Teil der Brauerei gekriegt auch und seitdem hier unterwegs. Und was auch witzig ist daran, mein Opa war halt kommerziell verantwortlich für die Maes Brauerei damals, und das ist dann verkauft worden. Und meine Mutter kommt aus einer Familie von acht Kindern, die fanden das alle total schade. Jetzt sind meine Onkel und Tante, die sind alle mega stolz, es gibt wieder jemand innerhalb der Familie, der wieder in der Bierwelt beschäftigt ist und tatsächlich auch in die gleiche Rolle als mein Opa damals.

Markus: Ja, das kann ich mir vorstellen. Und dann kannst du ja auf den Familienfesten immer stolz ein eigenes Bier präsentieren, das ist für dich eine schöne Geschichte.

Jacco den Hartog: So ist es.

Markus: Und vielleicht noch ganz kurz für die Hörer, die Homeland Brewery, wo die jetzt bist, du hast gesagt, du bist da dazu gekommen, als es die schon gab. Kannst du vielleicht noch zwei, drei Sätze zur Brauerei erzählen, wie die gegründet worden ist, wo vielleicht der Name herkommt und wo ihr jetzt so steht?

Jacco den Hartog: Ja, sicher. Ja, der Name Homeland, auf Deutsch sagt man Heimathafen. Und der Grund ist, die Brauerei ist auf dem alten Marinegelände im Zentrum Amsterdam. Vorher war das Gelände total abgeschlossen, aber jetzt ist es teilweise offen und sind da ein paar Unternehmen drauf. Und wir sind hier auf dem alten Marinegelände und sind auch direkt an dem alten Handelshafen von Amsterdam. Das heißt, es gibt hier eine große und lange, ja, maritime Geschichte und da kommt auch der Name der Brauerei eigentlich her. Der Name und das Design von all unseren Bieren ist auch alles maritim. Es gibt so eine lange maritime Geschichte und die möchten wir halt weitererzählen, aber dann in Bierform, so muss ich es ein bisschen sagen. Ist vor sechs Jahren gegründet worden, damals eigentlich sehr klein, hinter der Küche von unserer Kneipe, was direkt auch ein Restaurant und Hotel ist. Und da ist es in 2016 gegründet worden, erst mal eigentlich nur, um da für unseren eigenen Verbrauch ein bisschen Bier zu brauen. War auch am Anfang mehr hobbymäßig als das es echt richtig, ja, ein Business war. Ja, das Witzige ist, dass die zwei Gründer damals, die sind halt beide auch ziemlich viel in der Gastronomie und in der Festivalwelt unterwegs, sind erfolgreiche Unternehmen und haben ein riesen Netzwerk. Und davon sind halt viele vorbeigekommen, fanden das eigentlich alles sehr cool und dann haben sie sich überlegt, okay, vielleicht müssen wir dann auch tatsächlich mal eine richtige Brauerei als separates Unternehmen daraus aufbauen. So ging es los eigentlich. Haben wir vor drei Jahren nur eine Brauerei gekauft, die ungefähr zehnmal so groß war als die alte und sind wir auch umgezogen. Also wir sind, ja, hinter der Küche war nicht genug Platz mehr, also wir sind jetzt im Hangar, ungefähr 100 Meter entfernt, noch immer im Zentrum Amsterdam. Ja, einer der schönsten Orte, würde ich sagen, im Zentrum, man kann schwimmen, schönen Ausblick, natürlich. Ja und die Brauerei ist eigentlich immer gegründet worden auf zwei, das sind halt zwei wichtige Sachen für uns, der eine ist Qualität und der andere ist Nachhaltigkeit. Von den zwei Sachen aus machen wir eigentlich fast jede Entscheidung, die wir hier machen. Und da kann ich auch ein paar Beispiele dazu erzählen. Also qualitätsmäßig, ja, wir kennen einander natürlich eigentlich, weil, letztes Jahr sind wir bei der Dutch Beer Challenge, das ist ein hollandbreiter Wettbewerb, wenn es geht um Bier. Ich sage auswendig, 540 verschiedene Biere, 110 Brauereien und 27 Kategorien oder so. Und das war eigentlich das erste Mal, dass wir richtig mitgemacht haben und haben wir auch direkt als einzige Brauerei vier Preise gewonnen, zweimal Gold, zweimal Silber. Ja, das sagt natürlich was über unsere Qualität. Und, ja, über Nachhaltigkeit, da machen wir so viel mit, da kann ich auch mega viel darüber erzählen. Ich weiß nicht, ob das wichtig ist, aber

Markus: Auf jeden Fall, also da können wir gleich noch drüber sprechen. Ich finde, also Nachhaltigkeit ist einer der beiden großen Trends, glaube ich, was das Bierbrauen in der Zukunft so angeht, weil es einfach ein wichtiger Punkt ist, grade für die junge Käuferschicht oder die jetzt eben jetzt noch jung ist, sagen wir mal so, die aber später die wichtigen Kaufentscheidungen trifft. Die wollen schon wissen, wie nachhaltig ist das Bier, inwieweit kümmert sich die Brauerei auch um das Thema eben Umwelt, Klimawandel. Und da ist es wirklich wichtig, dass man Antworten hat. Vielleicht da kurz, bevor wir da drauf eingehen, noch kurz für die Hörer nochmal die Schilderung, wo sind wir überhaupt, um sich das nochmal vorzustellen. Also Amsterdam, wunderschöne Stadt mit den Grachten, das kennt man ja. Und dann gibt es das Schifffahrtsmuseum, also da kann man überhaupt empfehlen, wer mal nach Amsterdam kommt, da natürlich auf jeden Fall hinschauen. Und da nebendran war, glaube ich, früher so eine Art Akademie oder Kaserne, irgendwie was Militärisches, glaube ich. Und wenn man da so durchgeht, dann gibt es dort eben die Pension Homeland, also praktisch eine Art Hotel und ein ehemaliges Offizierscasino, würde ich mal sagen oder ein Kapitäns-Pub, wie auch immer man das bezeichnet und da gibt es eben auch eure Biere mit einer wunderbaren Aussicht. Da liegt auch ein altes VOC-Schiff von der ostindischen Kompanie, ein Segelschiff, was man anschauen kann. Es gibt eben ein Schwimmbad, also wirklich toll auch vom Ambiente, vom ganzen drum rum. Und auch in dieser Pension, in dem kleinen Restaurant, das ist wirklich eine ganz tolle Atmosphäre, da das Bier zu genießen, weil man wirklich so ein bisschen eine Zeitreise auch hat, das ist so wie in die 80er, 90er vielleicht zurück. Und am Eingang habe ich auch so ein kleines Holzfass gesehen. Da war, glaube ich, noch Bier drin, oder, macht ihr das?

Jacco den Hartog: Ja, stimmt, wir haben verschiedene, wie sagt man, fassgelagert, sagt man auf Deutsch, ne?

Markus: Genau, ja.

Jacco den Hartog: Barrel-Aged-Projekte, wir machen verschiedene dunkle Biere, wovon wir, ja, jedes Jahr, ich würde sagen, so zwischen drei und fünf halt rausbringen. Und wir machen dieses Jahr für das erste Mal auch zwei verschiedene Projekte mit Ved-Fermentierung, bretted, mit Bred. Das ist eine, die du gesehen in Pension, weil das Bred, die Hefe, die ist tatsächlich, also die ist sehr lecker aber auch gefährlich, wenn man die in seine normale Brauerei kriegt, für andere Biere und so. Und deswegen liegen die Fässer in Pension.

Markus: Ja, sind sozusagen im Hotel, ist ja auch nicht schlecht. Genau, jetzt haben wir die ganze Zeit über euer Bier gesprochen beziehungsweise werden wir jetzt auch gleich noch tun. Und die haben ja auch ganz tolle Namen, wie du schon gesagt hast, alles hat das was mit Seefahrt, mit der maritimen Geschichte zu tun. Und, ja, vielleicht hast du auch ein Bier, was du mit uns verkosten möchtest, wo du uns vielleicht ein bisschen erzählen willst, wie es ausschaut, wie es schmeckt und wie es heißt?

Jacco den Hartog: Habe ich auf jeden Fall. Immer schwierig, wenn es um sein eigenes Portfolio geht, aber, ja, ich habe doch mal meinen Liebling mitgenommen, der heißt Lorre. Ist ein Hinweis, ich weiß nicht, ob das auf Deutsch auch so ist, aber auf Holländisch sagt man, Lorre ist halt der Papagei. Sagt man das so?

Markus: Ja, das sagt man, ist ein beliebter Name für Papageien, ja.

Jacco den Hartog: Ja, Papagei, ja, genau und der heißt immer in den Comics und so, heißt der immer Lorre und deswegen haben wir den so genannt. Und das ist Bier ist ein sweet and sour. Ja, es ist eigentlich witzig, wie man von fast nur Pils trinken ins Craftbeer geht. Und dann, ja, so wie man Rotwein trinken lernen muss, war das für mich sauer, ich fand das am Anfang echt gar nichts. Aber ich bin mittlerweile echt total verliebt in saure Biere. Und unser Sweet and Sour ist halt ein Ghetto Sour. Sehr sauer auch, 3.1 pH und dann ins Gleichgewicht gebracht mit mega viel Mango und Passionsfruit, Passionsfrucht.

Markus: Ja, Passionsfrucht.

Jacco den Hartog: Passionsfrucht, genau. Und, ja, das ist, ja, es ist so ein kräftiges Bier, irgendwie nur fünf Prozent, aber vom Geschmack her, die Balance zwischen sauer und fruchtig, ja, ist für mich echt total super, vor allem, wenn die Sonne ein bisschen scheint. Und obwohl es jetzt Winter, ist es noch eigentlich immer mein Lieblingsbier. Wenn ich mal ein Bier aufmache hier auf der Brauerei, dann ist es eigentlich fast immer der, halt meine Leibe eigentlich.

Markus: Dann sage ich mal, prost, wunderbar.

Jacco den Hartog: Ja, prost.

Markus: Gut, dann mache ich mal auch eins auf. So und ich muss ja zugeben, ich habe von euch natürlich Biere mitgenommen, aber ich habe sie tatsächlich in der Zwischenzeit alle schon ausgetrunken, ich konnte da nicht an mich halten. Aber ich habe grade mal in meinem Keller geschaut und ich habe noch ein anderes Bier aus den Niederlanden gefunden und zwar einen Herbstbock von der Brauerei De Leckerei, die ja auch nicht weit von euch ist, und ich gieße das hier mal kurz in Glas ein. Und das finde ich auch ganz spannend, weil wir hier eben so ein klassisches Bier haben, also einen Herbstbock. Du hast dir jetzt ein, ja, modernes Bier ist fast schon der falsche Ausdruck, halt einfach ein mutiges Bier, ein spannendes Bier, was mit den Aromen mehr spielt, ausgesucht. Bei mir ist es jetzt so, ich habe auch eine sehr schöne Farbe im Glas, ein sehr schönes Braun mit so einem leichten Rotschimmer. Und es riecht sehr, sehr malzig, sehr süß und auch im Mund haben wir viel malzige und brotige Aromen, also erinnert tatsächlich an ein klassisches Bockbier. Und da kann man vielleicht auch noch für die Hörer sagen, dass es in den Niederlanden ja eine eigene Bockbiertradition gibt, die tatsächlich so ein bisschen auf der deutschen Bockbiertradition fußt, aber so ein bisschen auch vom Marketing der großen Brauereien übernommen worden ist. Und dort startet die Bockbiersaison viel früher als bei uns, also schon im September. Und es sind natürlich alles obergärige Bockbiere, aber gibt es durchaus auch sehr spannende Kandidaten. Und da sind wir vielleicht auch noch bei einem Punkt, wie ist es denn bei euch, also einerseits, wo sortiert ihr euch ein mit euren Bieren? Und wie ist das überhaupt in den Niederlanden, wir denken ja immer, okay, da gibt es eigentlich nur Heineken Pils, aber es ist ja gar nicht so, da gibt es ja ganz viele spannende Biere und Brauereien, also wie müssen wir uns die Bierwelt in den Niederlanden vorstellen?

Jacco den Hartog: Ja, es ist schon längst nicht nur Heineken mehr eigentlich, es ist ein weit entwickelte Bierwelt mittlerweile hier in Holland. Wenn ich es richtig sage, haben wir mittlerweile auch, ich glaube, über 1.000, 1.100 registrierte Brauereien mittlerweile. Das sind sogar, ich glaube, mehr als in Belgien, was natürlich eine lange Biergeschichte hat. Es gibt hier eigentlich, naja, alles, würde ich nicht so richtig sagen, na, schon eigentlich, es gibt fast in jeder Richtung. Bevor es echt losging, gab es eigentlich nur Pils und dann gab es halt die belgischen traditionellen Biere vor allem, ne, so die Trappisten und so. Aber mittlerweile, also wenn ich auch schaue, was wir halt im Portfolio haben, wir haben Session, wir haben IPA, wir haben Doppel-IPA, wir haben New England IPA, wir haben sour, wir haben verschiedene Barrel-Aged-Projekte, es gibt ein Weißbier, es gibt ein Blondbier. Ich würde sagen, in Holland, es ist ein bisschen so, wie es in der USA sich entwickelt hat. Also die USA ist ein bisschen, also weit voraus, würde ich sagen und man sieht, dass es in Europa langsam auch ein bisschen in die Richtung geht. Aber es gibt mittlerweile so eine Menge an Optionen, so breit, was natürlich auch total spannend ist, ne, weil, die Welt entwickelt sich halt so und was halt total cool ist. Man kann so viele neue Sachen immer mal probieren, es gibt so viele unterschiedliche Sorten Biere, unterschiedliche Brauereien mittlerweile auch, die alle mit ihrer eigenen Idee sozusagen rangehen. Und für uns ist die Richtung eigentlich ein bisschen, wir haben halt zwei Richtungen, wir haben jedes Jahr, haben wir eine Menge an Specials. Das sind halt sehr experimentelle Biere. Dieses Jahr zum Beispiel haben wir auch eine Innovation, wir machen ein Old Ill. Also das ist nur mit Hafer gemacht und das können wir machen, weil wir einen Myra-Filter haben. Kann ich später auch noch was drüber erklären, sehr interessant. Aber das ist etwas, was es noch überhaupt nicht so richtig gibt auf dem Markt. An der anderen Seite habe wir unser festes Portfolio und das sind halt ein bisschen, ich würde fast sagen, in Holland traditionelle Stile, aber dann wohl mit unserer eigenen Idee dahinter. Die sind alle ziemlich ausgesprochen, würde ich sagen, aber was auch gut daran ist, dass sie wohl leicht zu trinken sind, also einfach zu trinken sind. Es sind nicht überkomplizierte Biere, dafür haben wir halt unseren Special-Faim. Und das ist halt, was die meisten Leute an Homeland auch mögen, es ist echt Qualität, gutes Bier und man kann es auch gut und einfach trinken. Ob es ein Zeebonk ist, der New England IPA von 7.1 Prozent ist oder unseren Ketelbinkie, was halt ein Session ist. Ja, alle sind halt sehr geschmackvoll und sehr angenehm zu trinken und nicht extrem ausgesprochen sozusagen.

Markus: Ja, also grade bei den Namen haben wir grade schon gehört, ist das sehr, sehr spannend. Und ich kann auch nur bestätigen aus meiner eigenen Erfahrung, als ich bei euch in dem Pub war oder in dem Kapitänscasino oder wie auch immer man das bezeichnet, da gibt es ja auch die Möglichkeit, so einen Sampler zu haben, wo man dann drei, vier, fünf verschiedene Biere auch probieren kann in kleinen Mengen. Und ich fand sie alle sehr, sehr gut und auch eben sehr schön leicht trinkbar, viele hatten einfach einen besonderen Twist, eine besondere Idee. Und mein Favorit war tatsächlich das Session IPA, weil das unglaublich fruchtig war, unglaublich voll, toller Körper, man hat gar nicht gemerkt, dass das weniger Alkohol hat. Und sehr, sehr einfach spannend von der Aromatik her, das hat mir sehr, sehr gut gefallen. Also, Kompliment.

Jacco den Hartog: Ja, danke. Wir können halt mehr mit unserem Malzrezept spielen. Und das Ketelbinkie ist ein gutes Beispiel davon, der ist nämlich mit 70 Prozent Hafer und Weizen gebraut und das gibt denen auch so ein aromisches, so einen vollen Geschmack. Und das ist halt, ja, total, ich liebe das auch, so nach Lorre ist Ketelbinkie tatsächlich mein Liebling.

Markus: Hah, dann haben wir doch was gemeinsam. Ja, wo wir grade schon drüber gesprochen haben, also es geht um einen Maischefilter. Das ist was, was man bei uns in Deutschland relativ selten, zumindest bei den kleinen Brauereien sieht. Und man muss sich das so vorstellen, dass eben statt einem Läuterbottich praktisch die gesamte Flüssigkeit durch ein Filtersystem durchgepumpt wird, wodurch man eben zum Beispiel, wenn man mit sehr hohen Stammwürzen, mit viel Getreide arbeitet, wo ein Läuterbottich zum Beispiel verstopfen kann, wo es schwierig wird überhaupt am Ende den Prozess am Laufen zu halten, da kann man mit einem Maischefilter sehr viel besser arbeiten. Und ist halt ein ganz anderes System, aber eben ein sehr, sehr effizientes und bei uns, wie gesagt, kennt man das eher von Großbrauereien. Also zum Beispiel Berliner Kindl hat da einen mit am Start, aber eben in großer Dimension. Hatte ihr das von Anfang an schon immer oder habt ihr da irgendwann die Idee gehabt, wir kaufen sowas?

Jacco den Hartog: Ich habe grade schon erzählt, dass wir ja umgezogen sind vor drei Jahren ungefähr und dann haben wir halt eine neue Brauerei gekauft. Und den haben wir direkt dazugekauft, weil wieder von Qualität und Nachhaltigkeit, von dem Gedanken aus, ist es halt eine super Lösung. Der Vorteil ist halt, man muss nicht unbedingt mit 50 Prozent mit Gerste brauen, Ketelbinkie, wir haben grade darüber gesprochen, ein gutes Beispiel. Und es ist auch nochmal viel nachhaltiger, weil, man braucht auch tatsächlich 20 Prozent weniger Malz, um das gleiche Zuckerniveau, sagt man Plato auch in Deutschland bei Bier?

Markus: Ja, Stammwürze oder Plato.

Jacco den Hartog: Um das zu kriegen. Und man verbraucht auch weniger Wasser, man kriegt halt 15 bis 20 Prozent mehr Bier im Endeffekt raus. Und für uns war das, als wir die Möglichkeit hatten, dachten wir halt, das passt halt total zu unserer Idee und ist auch für uns ein Gutes, wir können das halt super benutzen. Weil, es gibt halt sehr viel Konkurrenz hier in Holland natürlich und das bringt uns die Möglichkeit, um auch mehr zu experimentieren als andere Brauereien und das bringt uns natürlich einen Vorteil.

Markus: Ja, wo wir grade schon drüber gesprochen haben, Nachhaltigkeit, wollten wir ja nochmal ein bisschen tiefer einsteigen. Ist das vielleicht auch grade in Amsterdam oder in den Niederlanden ein größeres Thema, weil ihr ja durch einen möglichen Anstieg des Meeresspiegels zum Beispiel, viel direkter betroffen seid als zum Beispiel wir hier in Bamberg, wo man ein bisschen höher liegt? Ist das so, also gibt es da ein höheres Bewusstsein oder wie kommt es zu diesem Trend Nachhaltigkeit bei euch?

Jacco den Hartog: Ja, ich würde sagen, es ist in Amsterdam auf jeden Fall, ja, echt ein Thema, ich würde auch sagen, Holland-breit eigentlich auch voll und, ja, so langsam auch wohl weltweit. Und, ja, für uns ist es einfach eine wichtige Sache, um das auch mitzunehmen in unsere Entscheidungen. In Amsterdam wird da wohl vielleicht mehr danach gefragt als in Groningen zum Beispiel. Aber auch da sieht man wohl, dass es echt, ja, echt eine wichtige Sache ist, ne. Wir kriegen halt öfter mal E-Mails oder wir werden angerufen von Leuten, die halt zu uns gekommen sind, weil die es wichtig finden, wenn sie mit Lieferanten zusammenarbeiten. Und das sind da nicht nur Kunden aus Amsterdam, aber aus ganz Holland, die es einfach wichtig finden, dass ihre Partner auch einen nachhaltigen Blick haben, was sie machen. Und ich weiß nicht genau, wie das in Deutschland, kann ich dir nicht so richtig sagen, wie wichtig das ist. Aber es sind halt so ein paar Sachen, die uns halt, es bringt uns auch was, das zu machen, aber, ja, vor allem finden wir es wichtig, dass, ja, wir halt leckeres Bier machen, aber dann mit so wenig Impact wie möglich sozusagen.

Markus: Genau, also quasi mit einem guten Gewissen, könnte man sagen.

Jacco den Hartog: Ja.

Markus: Es ist ja bei uns in Deutschland, ist es so, ich glaube, es sind so zwei Motivationen. Das eine ist tatsächlich, ähnlich wie bei euch, auch einfach das Thema Verantwortung, Zukunft, Umwelt. Also da auch versuchen, seinen Fußabdruck zu klein wie möglich zu halten und eben auch zu versuchen, also einen Teil dazu beizutragen, dass man insgesamt von diesen hohen Emissionen runterkommt. Und das andere ist allerdings auch schon das Thema Preis. Also weil man einfach merkt, wenn man deutlich weniger Wasser verbraucht, deutlich weniger Energie, weniger Rohstoffe, weniger in der Lieferung zum Beispiel hat und so weiter, regionaler ist mit seinen Rohstoffen, dann spart man am Ende des Tages mittlerweile auch wirklich Geld. Und das sind, glaube ich, beides Motivationen, die gleichzeitig dazu beitragen, dass auch bei uns vor allem so kleine und mittelgroße Brauereien immer mehr das Thema für sich entdecken. Und da eben auch in innovative Technik investieren, was weiß ich, ihren Fuhrpark umstellen, ihr Gebinde verändern, bis hin zu eben Hackschnitzelheizungen, Wasserschichtenspeicher und so weiter. Da gibt es viele technische Möglichkeiten, um eben energetisch und um überhaupt da irgendwie CO²-reduzierend zu arbeiten. Es ist ja auch ein großes Thema und wenn man an die zukünftigen Generationen denkt, auch ein sehr wichtiges. Und man will ja trotzdem weiterhin gutes Bier trinken, das hat ja auch was damit zu tun, denke ich mal. Wie schätzt du überhaupt so den Biermarkt bei euch ein, sind die Leute offen für eure Biere oder müsst ihr oft noch überzeugen, wie läuft das?

Jacco den Hartog: Das kommt ein bisschen drauf an, wo man auch hingeht. Ich würde sagen, die Spezialbierwelt, die entwickelt sich echt schnell in Holland und die Leute finden es auch echt spannend und sind auch interessiert und möchten auch neue Sachen probieren. Man merkt wohl, dass es wohl einen Unterschied gibt zwischen, ich würde sagen, Amsterdam, Utrecht, Rotterdam, so die Region, da sind die Leute halt total interessiert. Man merkt wohl, wenn man Richtung Süden geht zum Beispiel oder Richtung Norden, dass Leute da ein bisschen traditioneller sein können. Aber auch da merkt man halt, ich finde, immer ein gutes Beispiel, wenn man im Albert Heijn, ne, das ist ein holländischer Supermarkt, der größte in Holland, wenn man da vor einem Bierregal steht und das vergleicht zu, lass uns sagen, vor fünf Jahren oder so, vor fünf Jahren, wenn da acht Meter Bier war, dann waren die sechs Meter Pils und dann zwei, drei Meter mit Leffe. Und jetzt steht man vor den Regalen, der Pils ist vielleicht vier Meter und der Rest ist einfach alles Spezialbier. Und das zeigt eigentlich, wie interessiert Holländer sind in Spezialbieren. Ich glaube auch echt, das es zu tun hat mit den, ja, wir sagen, Gesundheitstrend halt. Leute, die sind sich bewusst auch von Alkohol und die trinken das noch wohl gerne, aber wenn sie dann was trinken, dann möchten sie auch echt was haben zum genießen sozusagen. Und da sieht man halt, das in Holland, aber auch in ganz Europa, die ganze Menge, ganzes Volumen, alles zusammengeschmissen sozusagen, wird halt kleiner, aber innerhalb dieses Volumen wächst halt Spezialbier echt krass schnell. Und Alkoholfrei in Holland auch und das ist halt, weil die Leute, ja, der Markt ist bereit dafür. Die Leute, die Konsumenten sind interessiert, um neue Sachen zu probieren. Also von daher, würde ich sagen, dass der Markt eigentlich sehr gut ist, auch für uns. Man kriegt auch direkt auch viel Konkurrenz, weil, der Markt ist halt gut und wir sind halt nicht die Einzigen, es gibt halt nochmal 1.000 andere Leute, die das Gleiche versuchen wie wir. Und in Amsterdam ist das eigentlich am krassesten, weil, in Amsterdam selbst gibt es schon 24 registrierte Brauereien. Wir können uns nicht beschweren, es geht echt gut.

Markus: Das freut mich ja für euch. Und du hast grade noch einen zweiten Trend erwähnt, der bei uns auch tatsächlich immer wichtiger und immer größer wird, das ist das Thema alkoholfrei. Und wenn ich da bei euch auf die Seite schaue, dann finde ich zwar eine Rubrik alkoholfrei, aber da finde ich momentan nur T-Shirts. Plant ihr auch alkoholfreie Biere oder habt ihr schon welche im Sortiment?

Jacco den Hartog: Ja, im Moment haben wir kein alkoholfreies, wir kriegen wohl eines. Eines der interessantesten Sachen von meinen Job ist halt, ich komme halt von Großunternehmen aus, ja, wir waren damals zum Beispiel auch schon lange beschäftigt mit 0,0 und wichtiger Markt, wächst halt. Und als ich nach Homeland kam, ja, ich arbeite hier mit zwei Brauern zusammen und die haben halt Passion für, was sie machen und so. Und, ja, am Anfang war das so eine schwierige Geschichte, weil die sagen halt: „Ja, es ist kein Bier.“ Da ist kein Alkohol drin, das ist nicht fermentiert, dann ist es kein Bier. Man fragt auch nicht einen Barista um einen Decaf zu machen, das passt irgendwie nicht. Und, ja, man merkt halt voll, es gibt da eine gesunde Spannung sozusagen. Aber, ja, dieses Jahr kommt da wohl eines. Weil, wir sehen auch in Holland, dass der Markt, ja, Leute, die haben trotzdem Bock auf diesen Genießmoment, aber möchten nicht immer Alkohol dazu haben. Und, ja, dafür ist halt alkoholfreies Bier eine super Option. Es ist natürlich wohl für eine kleinere Brauerei echt schwierig, um ein gutes alkoholfreies Bier zu machen. Weil, ein Großteil des Geschmacks kann auch von Hefe kommen. Und von daher sind wir eigentlich schon ein Jahr unterwegs, verschiedene Experimente zu machen, wie wir dann tatsächlich auch eins machen können, wovon wir selber auch echt sagen: „Das gehört zu uns, zu unserer Identität und das bringen wir auf den Markt.“

Markus: Ja, da bin ich auch schon sehr gespannt. Und man kann ja auch sagen, ein erster Anfang ist ja schon euer Session IPA, das hat ja nur dreieinhalb Prozent, da kann man auf jeden Fall auch schon mal leichter trinken und einsteigen. Ja, dann bedanke ich mich bei dir ganz herzlich für diese kleine Reise. Wir werden natürlich in den Shownotes sowohl auf die Brauerei verlinken als auch auf den Shop. Kann man eure Biere eigentlich kaufen aus Deutschland, wenn man im Shop einkauft, liefert ihr?

Jacco den Hartog: Ja, liefern wir. Also wir nicht selbst natürlich, aber, ja, schicken wir, kein Problem.

Markus: Ja, wunderbar. Also dann werden wir das ordentlich verlinken. Und, ja, dann vielen, vielen Dank für diesen kleinen Einblick. Die heute noch einen ganz schönen spannenden Tag in Amsterdam und hoffentlich bald einen Ausstieg aus eurem Lockdown, dass ihr auch wieder euer Bier ausschenken könnt.

Jacco den Hartog: Danke, dass ich da sein möchte und es war echt wunderbar. Schönen Tag gewünscht dann allen und danke schön.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 79 – Interview mit Max und Julius Göttl von der Braubar „Treber & Trester“ aus Stuttgart-Feuerbach

Max und Julius Göttl sind klassische Quereinsteiger im Brau- und Gastrogeschäft. Den letzten Stoß in die richtige Richtung gab ihnen ihr Vater, der eine Brauanlage zum Geschenk machte, aber als Gegenleistung jederzeit frisches, selbst gebrautes Bier verlangte. Schließlich kam noch eine geeignete Location in die Familie und schon war – allen Corona-Unbilden zum Trotz – im Juni 2021 das „Treber & Trester“ in Stuttgart-Feuerbach eröffnet. Seitdem kreieren die beiden unermüdlich neue Biersorten, bieten eine feine facettenreiche Speisekarte und eben jede Menge rund um Treber und Trester, sprich Bier, Wein und Spirituosen an. Am besten hört Ihr gleich die ganze Geschichte hier im BierTalk…

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Holger: Herzlich willkommen zur 79. Folge und wir haben natürlich wieder ganz besondere Gäste und zwar Treber und Trester aus Feuerbach, ja. Und was das genau ist und wo das genau ist, erklären uns jetzt gleich die beiden. Herzlich willkommen, schön, das ihr da seid und, ja, your stage.

Max Göttl: Hallo, ich bin der Max Göttl und den anderen, den ihr hört, ist der Julius Göttl und wir haben vor Kurzen in Stuttgart eine Bar eröffnet, wo wir unser eigenes Bier brauen und auch ausschenken.

Holger: Also das heißt, Feuerbach ist in Stuttgart?

Max Göttl: Feuerbach ist in Stuttgart, genau, das ist ein Stadtteil von Stuttgart.

Holger: Und was heißt jetzt, eigenes Bier brauen?

Max Göttl: Also im Grunde genommen war das eine ganz witzige Geschichte, wir haben vor drei Jahren hobbymäßig das Bierbrauen angefangen und sind dann irgendwann zu dieser Gastronomie gekommen, mehr oder weniger zufällig. Und haben dann natürlich gedacht, jetzt müssen wir natürlich das Bier, das wir über diese zwei Jahre gebraut haben, auch natürlich in der Gastro anbieten, genau.

Holger: Also war das alles gar nicht geplant, also das ihr Gastronomen werdet und Brauer oder wie kann man sich das vorstellen?

Max Göttl: Also nicht wirklich, der Julius, der ist beruflich Koch und deswegen hat er natürlich schon was mit der Gastro zu tun. Aber, zu dieser Gastronomie sind wir jetzt in dem Fall deswegen gekommen, weil wir das Haus gekauft haben, in dem sich die Gastro befindet. Und die Gastro, die war unbenutzt und dann haben wir uns gedacht, wenn wir jetzt mal die Möglichkeit haben, sowas auszuprobieren und grad für den Julius ist das ja auch eine sehr wichtige Erfahrung, ziehen wir das jetzt einfach mal durch, ja.

Holger: Ah ja. Und wenn man sich jetzt Treber und Trester nennt, dann fürchtet man sich natürlich als BierTalk-Hörer, weil Trester, sind ja die anderen. Und …

Max Göttl: Genau.

Holger: … aber gut, in Stuttgart trinkt ja eh nur Trollinger, oder?

Max Göttl: Trollinger und Pils. Also wir kommen ja, wie du, Holger vielleicht weißt, aus ein bisschen einer Winzerfamilie beziehungsweise mein Vater, der ist Hobbywinzer und daher wollten wir auf jeden Fall in unserer Bar auch unseren eigenen Schnaps, unseren eigenen Wein und da jetzt da auch noch das eigene Bier dazu kommt, haben wir gedacht, was besser als Treber und Trester. Und es ist auch wirklich, der Name kommt wohl recht gut an bei den Kunden, weil er genau dieses wiederspiegelt, was bedeutet das überhaupt und auch, ah, ja, das Bit war das. Ah, ich habe wieder was gelernt und dadurch merke ich mir vielleicht den Namen auch.

Holger: Und ist das so eine klassische Kneipe oder ist das eher ein Restaurant oder ein Sternelokal oder wie sieht das aus bei euch?

Max Göttl: Also wir wollten es eigentlich als klassische Kneipe eröffnen, aber, wie gesagt, mein Bruder, der ist Koch und hat auch schon sehr viel Erfahrung und kann da sicherlich auch gleich selber was dazu sagen. Und deswegen haben wir mit Essen, mit kleinen Speisen angefangen und unsere Karte ist wöchentlich frisch produziert von uns. Zwar immer eine kleine Karte, die sich wöchentlich wechselt, aber bisher ist das Feedback doch sehr, sehr positiv, sowohl beim Essen als auch beim Trinken.

Holger: Ja, Julius, dann sag doch mal was zu dir, wie wird man denn Koch und wie wird man dann zum Brauer

Julius Göttl: Jetzt muss ich ganz kurz, ich habe …

Holger: Ich habe ja gelernt, das muss ich vielleicht noch sagen, ich habe ja gelernt, Köche sind ganz schlechte Brauer, aber das erkläre ich dann noch.

Julius Göttl: Ich muss ganz kurz, ich habe ein Baby auf dem Schoss, ich muss das ganz kurz abgeben, ich bin in einer Sekunde wieder da.

Holger: Ist alles live, da müssen jetzt die Frauen ran und uns wieder mal retten als Männer, wie das immer so ist.

Max Göttl: Ja, man denkt ja immer bei so einem Kind, das kann nie früh genug bei so einem BierTalk teilnehmen, aber dort war es jetzt mit einem Monat doch zu früh.

Julius Göttl: Okay, ich laufe einfach mit ihr rum, das klappt dann schon.

Holger: Ah ja, och, ist auch noch eine sie, ja.

Julius Göttl: Eine sie. Ja, das ist wahrscheinlich das Baby, das am öftesten eine Bar besucht hat in ihrem Alter. Also, genau, jetzt zu mir, ich habe Koch gelernt und ich habe zufälligerweise mir den Podcast von euch letzte Woche angehört oder wenn das ausgestrahlt wird, das ist schon ein paar Wochen her, über Peru. Und ich war auch in Peru, vier Monate lang und habe natürlich auch dieses Cusqueña-Bier probiert, ein sehr gutes Bier, und auch andere Biere von dort. Und jetzt haben wir diese Option gehabt, diese bar zu eröffnen, haben uns die Skills immer weiter angeeignet, unter anderem, wie gesagt, wir kommen auch aus einer Winzerfamilie und kennen uns schon ein bisschen aus mit Fermentation. Und dann haben wir uns irgendwann überlegt, okay, wir würden gern das mit dem Bierbrauen weitermachen. Und dann hat uns unser Vater, ein Braumeister 50, nee, ein Braumeister 20 gesponsert und hat gesagt, okay, dafür will er aber immer selbstgebrautes Bier. Und mit diesem Gerät brauen wir jetzt nach wie vor unsere, jedes Mal 30 Liter Bier pro Brauung, zwei- bis dreimal die Woche.

Holger: Ja und welche Stile macht ihr dann da?

Max Göttl: Also wir haben am Anfang, das haben wir, glaube ich, das ist wahrscheinlich auch ganz gut, wenn man mit diesem Brauen das erste Mal anfängt, haben wir diesen Speidel Braumeister gehabt. Und von Speidel gab es dann immer so diese Pakete, da ist dann Hopfen, Malz und Hefe, alles schon abgewogen und da gibt es wie so einen, das kann man sich vorstellen wie bei so einem Thermomix, dann ein Rezept, wie man das genau machen muss. Und da haben wir dann alle möglichen Stile von Speidel, also ein Weißbier, ein Pils, ein Helles, ein Kellerbier, mal durchprobiert unv. #00:06:13-8# Und als nächsten Schritt haben wir uns da halt gesagt, jetzt versuchen wir das mal mit unseren eigenen Zutaten. Weil, diese Pakete, die sind natürlich etwas teurer, wie wenn man auf Größe Mengen Malz und Hopfen bestellt. Und dann haben wir das immer versucht, nachzubrauen mit unserem eigenen Malz und Hopfen und haben echt alle Stile mal durchprobiert. Und irgendwann haben wir gesagt: „Okay, diese Bareröffnung kommt immer näher, wir brauchen jetzt ein Standardbier, das nicht jedes Bier anders schmeckt.“ Und dann haben wir nochmal geschaut, was hat uns am besten geschmeckt und haben uns dann für ein, also das ist dann unser quasi Typ 1, haben wir es genannt, für ein Kellerbier. Also ein Lagerbier, das ist eigentlich unfiltriert, aber bei uns, muss man schon sagen, du wirst es nachher eh probieren, Holger, sieht es fast unfiltriert aus. Und als zweites Bier haben wir uns für ein böhmisches Pils entschieden. Und die werden jetzt immer so quasi abwechselnd gebraut.

Holger: Sehr gut. Mensch, Markus, wen du das jetzt so hörst, eigentlich ist das ja total bekloppt, oder, zu der Zeit oder in diesen Zeiten eine Gastronomie zu eröffnen und dann ins Biergeschäft einzusteigen, da muss man schon ein bisschen bekloppt sein, oder?

Markus: Ja, da muss man ein bisschen bekloppt sein. Aber ich glaube, es hat auch was damit zu tun, wenn man einfach für Treber und Trester beider maßen brennt, dann hat man das vielleicht so ein bisschen in sich. Und ich glaube auch, wenn man dann anfängt eben mit Brauen, wenn man seine Versuche macht, wenn die Leute das toll finden und wenn sich dann so eine Gelegenheit ergibt mit so einer Gastro, dann muss es vielleicht irgendwie auch einfach raus. Also insofern kann ich das schon nachvollziehen und finde es spannend. Und ich habe auch das Gefühl, dass ihr ja als Familie so ein bisschen dahintersteckt, das hilft ja dann doch auch über solche Zeiten hindurch ganz gut, voranzukommen und vielleicht das auch zu überstehen und dann vielleicht erstrecht gestärkt aus der Sache rauszukommen. Und ich muss euch sagen, ich habe bei dem Trester eigentlich zu allererst an Grappa gedacht, also jetzt weniger an Wein, sondern tatsächlich eher an Brände. Und ihr habt ja auch schon gesagt oder angesprochen, dass es da durchaus auch Brände gibt. Also, das wäre doch auch mal eine Idee, oder, dass man aus Treber und Trester einen Grappa zusammenbrennt oder so? Habt ihr eine Brennerei in der Familie?

Max Göttl: Also wir haben keine Brennerei, wir bringen unseren Trester, und der Trester ist ja in erster Linie nur der Abfall des Weines und kann, was ich jetzt auch gelernt habe, auch als Synonym für Treber verwendet werden. Und auf jeden Fall, diesen Abfall, also da ist dann noch ein bisschen Restzucker drin, das ist schon gepresst, aber man kann selber entscheiden, will ich das jetzt auf bis zu fünf Prozent oder ein Prozent auspressen. Und wir lassen dann immer fünf Prozent Saft in den Trauben drin und lassen das gären und bringen das dann zu einer Brennerei, die ist 150 Meter von uns entfernt, also ist eine kleine Brennerei. Und das mit der Brennerei haben wir uns tatsächlich auch schon mal überlegt. Aber Brennrecht ist ja nicht ganz einfach, also muss ich ja dann eins erwerben. Und uns geht auch langsam der Platz aus, weil wir uns jetzt eher dafür entschieden haben, das Brauen weiter zu verfolgen und eine größere Brauanlage installieren wollen. Dann hat man natürlich irgendwann keinen Platz mehr für noch einen Brennkessel.

Markus: Ja, war auch nur so eine kleine Schnapsidee von mir. Aber vielleicht noch ganz kurz, jetzt haben wir ja vom Julius also auch noch nicht so ganz gehört, wie er zu dem Thema Koch gekommen ist, da bin ich immer noch gespannt. Aber vielleicht vorher, Max, wie ist es denn bei dir, also wie kommst du denn überhaupt in die Kulinarik und ist das jetzt deine erste Station oder was hast du schon so alles hinter dir, bevor das jetzt hier losgeht?

Max Göttl: Also ich habe in München angefangen zu studieren, erst Mechatronik, dann Medieninformatik und im Endeffekt dann Informatik. Und wie das dann halt so ist, zieht man mit 18 nach München und braucht einen Nebenjob. Und da habe ich dann an einer Currywurstbude am Münchener Hauptbahnhof angefangen. Und das hat mir sehr viel Spaß gemacht und da habe ich meine ersten Erfahrungen mit der Gastro gehabt. Es gab auch irgendwann mal so diesen Zeitpunkt, dass wir uns überlegt haben, diese Currywurstbude zu übernehmen. Dazu ist es dann aber doch nicht gekommen, aber da wusste ich dann schon, also diese Gastro reizt mich schon auch ein bisschen. Wobei ich dann halt, wie gesagt, Informatik studiert habe und das natürlich wenig mit der Gastro zu tun hat. Und ich dann dadurch, dass ich Informatik studiert habe, auch nicht damit gerechnet habe, dass ich eine Gastro eröffne, aber halt diesen Plan hatte, wir wollen uns eine Immobilie kaufen, weil wir gesehen haben, das hat sicherlich eine Zukunft. Und dann haben wir halt zufällig genau diese, also wir haben uns etliche Immobilien angeschaut und es ist immer nicht geworden. Und dann haben wir eine gefunden und die hat uns gleich zugesagt. Und dann war da unten auch die Gastro drin und da haben wir gedacht, okay, das können wir jetzt nicht einfach vermieten, sondern das müssen wir jetzt einfach selber mal ausprobieren. Und bisher hatten wir natürlich am Anfang sehr viel Aufwand und Stress, aber es ist auch sehr viel Spaß. Und dann, wenn man sieht, das Freunde und Familie, die da mithelfen und auch Spaß daran haben, dann hat es sich bisher auf jeden Fall sehr gelohnt, genau.

Holger: Ja, Julius, jetzt musst du noch weitererzählen, wie das mit dem Koch genau war.

Julius Göttl: Also ich bin auch tatsächlich meinem Bruder hinterher nach München gezogen und dachte, okay, jetzt habe ich Abitur, jetzt muss ich ja eigentlich auch studieren, das gehört sich ja so. Und habe dann auch in drei Jahren drei verschiedene Studiengänge angefangen, habe aber eigentlich immer darüber nachgedacht, was koche ich als Nächstes in der WG, worauf habe ich Lust? Habe immer einfach gerne gekocht und dann irgendwann nach drei Jahren habe ich gesagt: „Okay, jetzt probierst du es einfach mal, machst ein Praktikum in der Küche.“ Aus einem Praktikum wurden dann mehrere und dann habe ich mich irgendwann entschieden, okay, dann fängst du jetzt halt mit 23 doch noch die Ausbildung an als Koch und das hat mir sehr zugesagt. Dann habe ich die in der Schlosswirtschaft Schwaige in München damals gemacht, wo wir auch schon Bier-Menüs hatten. Das war, die haben immer ganz eng mit Jochen Schweitzer zusammengearbeitet, das hat mich damals auch schon fasziniert. Ja, genau und meine letzte Station war tatsächlich Küchenchef in einer Schulküche, bevor wir dann unsere eigene Gastronomie eröffnet haben.

Holger: Hört sich wirklich spannend an, aber jetzt so langsam müssen wir ja zum Bier übergehen.

Markus: Ich habe auch schon Durst.

Holger: Ja, ja, unbedingt also. Aber, das ist jetzt wirklich so, ihr habt uns ja das Bier zur Verfügung gestellt und bei Markus ist jetzt leider nix angekommen, aber bei mir auf jeden Fall. Und, ja, wer soll anfangen, also wollt ihr anfangen, soll ich anfangen, weiß nicht. Ich habe ja hier zwei Flaschen.

Max Göttl: Genau.

Holger: Die kann ich jetzt mal hier so hochholen, so. Also das ist jetzt so, ihr habt ja keine Flaschenbierproduktion, sondern habt jetzt Flaschen, wahrscheinlich so leere aus dem Getränkemarkt geklaut und habt die gereinigt und …

Max Göttl: Also man muss dazu sagen, wir waren schon bei der Flaschenbierproduktion, eben da, wo wir hobbymäßig angefangen haben, haben wir alles in Flaschen abgefüllt. Aber dadurch, dass natürlich die Gastro so gut funktioniert hat mit einfach brauen vergären lassen und dann direkt ins Fass füllen und dann einfach wieder vom Keller nach oben zapfen und die Leute …

Holger: Direkt in die Kehle der Kunden, ja.

Max Göttl: Genau, die Leute, die lieben es so sehr. Wir müssten nochmal mehr brauen und auch, es wäre nochmal mehr Aufwand, wieder in Flaschen abzufüllen. Und das steht schon auch wieder auf unserer Agenda, aber, wie gesagt, eigentlich geht es bei uns erst mal darum, dass wir jetzt mehr Kapazität, also mehr Bier brauchen. Weil, momentan brauen wir zwei-, dreimal die Woche und das ist am Wochenende dann wieder weg, also fünf Wochen später oder wenn es dann halt gereift ist.

Holger: Sehr gut! Also bei mir steht jetzt, also da sind ganz einfache Etiketten drauf, wenn man das so sagen darf und da steht jetzt BB, ne, BB, sag mal.

Max Göttl: Das ist Brüder Bräu …

Holger: Ah ja.

Max Göttl: … so haben wir unser Bier erst mal getauft.

Holger: Genau, das bietet sich ja an, ihr seid ja Brüder.

Max Göttl: Genau, ja.

Holger: Ja und dann Typ 1, ne.

Max Göttl: Das ist in dem Fall unser erstes Bier, das wir den Kunden angeboten haben und das ist ein Kellerbier Schrägstrich Lager.

Julius Göttl: Oder Festbier, ich glaube, es war als Festbier deklariert, als es damals von Speidel kam und wir haben es halt immer weiter verfeinert.

Max Göttl: Aber ist ein Festbier nicht obergärig?

Julius Göttl: Nein.

Holger: Nein.

Max Göttl: Ah ja, okay, dann kann es auch ein Festbier gewesen sein.

Holger: Wir werden ja der Sache gleich mal auf den Grund gehen.

Max Göttl: Genau, ja.

Holger: Und die andere Flasche, da steht halt auch BB drauf für Brüder Bräu und dann Typ 2, ne.

Max Göttl: Genau, das ist unser böhmisches Pils.

Holger: Typ 1 und Typ 2 erinnern mich ja so ein bisschen an Diabetes, aber im Anfangsstadium kann man das ja so machen. Und für mich ist das ja total super, weil, ich kenne mich jetzt aus. Also ihr dürft jetzt sagen, Typ 1 oder Typ 2, was soll ich machen?

Max Göttl: Also ich würde sagen, du fängst mit dem Typ 1 an, dann kriegst du es genau in der Reihenfolge, wie es auch unsere Kunden bekommen haben, dann kannst du dementsprechend …

Holger: Ja, sehr gut. Also dann mache ich es mal auf.

Max Göttl: Wie gesagt, das ist jetzt halt vom Zapf gefüllt, das heißt, Kohlensäurekarbonisierung wird da nicht mehr arg viel drin sein. Das ist natürlich ein bisschen schade, aber hoffentlich funktioniert der Geschmack.

Holger: Also das stimmt genau, also Kohlensäure, also der Sommelier würde ja jetzt sagen, mit sehr geringen Rezenz, ja.

Max Göttl: Genau, ja.

Holger: Ne, das würde er sagen, also insofern, ja, Schaum ist keiner da. Aber, es ist Flüssigkeit im Glas, es duftet schön, ja und man hat eine deutliche Hopfennote direkt in der Nase. Das Bier hat so eine etwas dunklere Farbe, also man könnte schon sagen, ja, eher Festbier als jetzt Lagerbier. Und das, was ihr schon angekündigt habt, trifft auch zu, also es ist so leicht opak, ja, aber man sieht, es ist wirklich sehr gut abgelagert und wirkt fast wie filtriert, ja. Ich genehmige mir jetzt mal ein Schlückchen.

Max Göttl: Die Spannung steigt.

Holger: Ja, genau, die Spannung steigt, ja, ich muss ein bisschen drüber nachdenken. Also wie gesagt, die Kohlensäure ist wirklich komplett draußen und was ich jetzt habe, ist ganz am Anfang im Antrunk, habe ich so brotige Noten, sehr malzig. Und jetzt aber im frühen Nachtrunk gibt es hinten raus schon eine schöne Bittere, die eben auch animiert, nochmal einen Schluck zu trinken. Und ich würde schon, also die Vollmundigkeit, die spricht schon eher für ein Festbier …

Max Göttl: Okay.

Holger: … eigentlich ein Lagerbier, das muss ich schon sagen.

Max Göttl: Dann hat der Julius wahrscheinlich Recht, dann haben wir das von dem Festbier abgeleitet und ich habe mich da getäuscht.

Julius Göttl: Was wir anders machen, ich glaube, wir haben ein bisschen ein anderes Malzschema wie das Originalrezept. Und wir haben, was wir immer bei all unseren Bieren machen, ist Hopfen stopfen, 45 Gramm auf 30 Liter. Also wenn die Hauptgärung abgeschlossen ist nach fünf, sechs Tagen bei 15 Grad, dann können wir Hopfen stopfen für nochmal mindestens eine, manchmal sogar zwei Wochen bei vier Grad und dann füllen wir es erst ab. Dadurch entsteht natürlich auch eine natürliche Filtrierung, weil sich das Meiste unten absetzt.

Holger: Genau und das ist auch das, was ich sofort in der Nase hatte, also diese Hopfennote, das hatte ich ja gesagt und so kam es mir halt auch vor, dass das eben ein kaltgehopftes Bier ist. Mit welchem Hopfen macht ihr das denn?

Max Göttl: Wirst du dir aber vielleicht sogar denken können, es ist ein sehr bekannter Citrushopfen und zwar der Cascade.

Holger: Cascade meinst du, ja, okay.

Julius Göttl: Cascade, aber am Anfang ist, was haben wir noch drin, Tettnanger ist drin.

Max Göttl: Kommt jetzt aufs Bier drauf an. Ah ja, genau, beim Dings ist es Tettnanger und, nee, dann, ich glaube, nur Tettnanger und beim zweiten Mal wird es schon mit Cascade gehopft.

Julius Göttl: Ja.

Holger: Ja, Mensch, super! Also jetzt der Nachtrunk ja voll da und der ist auch da und bleibt da. Also das ist auch eine schöne Sache, das das Bier nicht sofort die Kehle runter rinnt und weg ist, sondern es ist weiterhin präsent. Und die Bittere, die ist da und beschäftigt mich auch also und ich mag das ja. Also der Markus ist ja nur so ein Weichei, der gar nicht, also bittere Biere sind für den wirklich gar nix. Also der kennt ja eigentlich nur Kellerbier, weil Oberfranken, ihr wisst ja. Markus, bist du noch da?

Markus: Ich bin noch da und höre mir das ganz lustig an.

Holger: Ah ja.

Markus: Aber ich habe mir auch noch ein Bierchen geholt. Also wenn ihr dann mal fertig seid, dann mache ich mir auch noch eins auf, weil ich natürlich jetzt Durst bekommen habe.

Holger: Naja, nee, unbedingt, unbedingt! Nee, also es ist spannend, auf jeden Fall sehr spannend und, ja, man muss mal zu euch kommen und das mal auch dann vom Fass, ganz mit Kohlensäure und Schaum probieren, das ist auch nochmal klasse. Habt ihr auch noch andere Biere? Also jetzt habt ihr ja eigene, das eigene selbstgebraute Bier und bietet ihr auch noch andere Flaschenbiere an oder andere Fassbiere? Habt ihr ein Portfolio und wenn ja, welches und warum?

Max Göttl: Also wir haben uns hauptsächlich, also zunächst mal haben wir noch ein weiteres Bier standardgemäß am Zapf und das ist das Meckatzer.

Holger: Jawohl, also Meckatzer Pils, ja.

Max Göttl: Meckatzer Weißgold, das ist ein bisschen eine Mischung zwischen Hellem und Pils.

Holger: Ja, genau, das ist dieses Sonntagsbier, ne, Weißbier so ein bisschen, ja, genau.

Max Göttl: Genau, Sonntagsbier, das ist sehr, sehr beliebt Und ich hatte jetzt vor Kurzem auch den Vertreter da und der hat auch nur nochmal das bestätigt, was ich von meinen ganzen Kunden höre, Meckatzer ist hier in dem Raum beliebt und jeder, der das einmal am Zapf hat, nimmt das eigentlich nicht mehr weg. Wir haben uns natürlich auch mal irgendwann überlegt, sollen wir jetzt da mal ein bisschen einen Wechsel reinbringen. Aber dadurch, dass wir drei Zapf haben, setzen wir einfach immer auf Zapf eins das Meckatzer, auf zwei das Selbstgebraute und beim dritten haben wir dann immer so ein bisschen einen Wechsel drin. Der Julius war zum Beispiel vor Kurzem in Belgien und hat da ein paar Fässer belgisches Bier mitgebracht. Das Problem ist nur, das Meckatzer und unser eigenes so gern getrunken wird, dass die Meisten gar nicht erst wissen wollen, was auf dem dritten Zapf ist. Und deswegen wird das Bier zwar nicht schlecht, weil wir es dann rechtzeitig trinken, aber oft nicht ganz von den Kunden leergetrunken.

Holger: Ja, sehr gut, also Meckatzer ist auf jeden Fall ein ganz tolles Produkt. Und die haben ja mehrere Bierstile im Angebot und das Weißgold ist in der Tat sozusagen das Brot- und Butter-Meckatzer. Und wenn er hört, also Michael Weiß ist der Brauereiinhaber, also herzliche Grüße, ganz, ganz tolle Brauerei und auch eine schöne Gastronomie, wunderbar. So, Markus, jetzt hast du dir was rausgeholt und jetzt bin ich ja ganz gespannt, auf was du jetzt genau Lust bekommen hast, nachdem du mir so intensiv zugehört hast.

Markus: Ja, also, na, ich habe mir halt gedacht, okay, dann nehme ich mir was passendes, was vielleicht auch, ja, also insgesamt wirklich passt. Und zwar haben wir ja einen lieben Freund und Sommelier-Kollegen, den Michael Friedrich, der in Chemnitz braut, dort eine sehr, sehr schöne kleine Brauerei sich aufgebaut hat und jetzt auch sehr erfolgreich war bei den Biersommelier Weltmeisterschaften. Und der letzten Endes so wir ihr eben auch mal so im ganz, ganz kleinen Stil angefangen hat und sich eben auch so eine kleine eigene Bierlinie aufgebaut hat. Und der hat mir neulich ein kleines Paketchen geschickt zu Weihnachten und da war ein Session-Lager drin. Da habe ich mir gedacht, okay, das passt ja eigentlich ganz gut zu dem, was ihr jetzt grad so erzählt habt, also untergärig, leicht hopfengestopft. Und probieren wir mal, wie der das umgesetzt hat. Hopsa, das ist schon mal wesentlich mehr karbonisiert, würde man so sagen, kommt mit einem ordentlichen Druck aus der Flasche. Und ist auch opak, also da kann man auch nicht durchgucken, also auch unfiltriert. Oben drauf ein schöner fester Schaum und vom Geruch her sind wir hier eher so in der getreidigen Ecke Zuhause. Also, ja, so wirklich, wie wenn man so nach einem frisch gedroschenen Getreide, da so hin riecht, so riecht die Nase komplett. Probieren wir mal. Ja, also sehr viel Kohlensäure! Man müsste am besten die beiden Biere mischen, also eures und seins, dann wären wir, glaube ich, an der Idealvariante. Aber das ist jetzt auch schon so ein bisschen am Ende seiner Zeit angelangt, das merkt man natürlich, aber es hat auf jeden Fall auch eine schöne malzige Note. Und dafür, dass es verhältnismäßig leicht ist, also das heißt ja, Session-Lager heißt ja, nicht so stark. Wobei, mit 4,2 Prozent ist das schon fast auf Normalstärke, aber es ist ein bisschen weniger intensiv vom Körper. Und hinten raus, tatsächlich merkt man auch hier eine gewisse Bittere. Und der Holger hat zwar Recht, also ich bin jetzt nicht so der super Fan von super bitteren Bieren, aber so ein bisschen gehört das mittlerweile für mich schon auch dazu, und hat er sicher auch gut umgesetzt. Also den habe ich auch schon besucht, öfters und das ist ja ganz spannend, weil seine Brauerei auch wirklich so ein bisschen so ein Sammelsurium ist, mit alten und neuen Sachen und er hat auch so ein mini Museum dabei. Und, ja, der hat auch eine spannende Geschichte, wie er selber zum Brauen kommt, den werden wir vielleicht auch mal zum BierTalk einladen. Aber das fände ich bei euch noch interessant, also wie habt ihr euch dieses Thema Bierbrauen denn überhaupt beigebracht? Also habt ihr da einfach ein Buch gelesen oder seid ihr zu einer Brauerei gegangen oder wie kamt ihr überhaupt dazu zu sagen, wir machen da jetzt selber ein Bier und bringen das bis zur Verkaufsreife sozusagen?

Max Göttl: Also das war hauptsächlich Julius seine Idee. Wie gesagt, wir kommen aus einer Winzerfamilie und dann kam der Julius einfach her, komm Max, wir brauen jetzt Bier! Ich war erst mal sehr dagegen, weil ich ganz genau wusste, dass ist eigentlich hauptsächlich abspülen und habe mich dann aber trotzdem da reinziehen lassen. Und das Meiste haben wir, wie gesagt, also erst mal mit Rezepten von Speidel direkt, viel übers Internet und dann kommen halt diese ganzen Fehler. Weil, am Anfang macht man natürlich alles perfekt, aber dann wird man nachlässig, dann arbeitet man nicht mehr sauber. Dann denkt man, man kann einfach irgendwie ein Freestyle-Bier machen und macht sein eigenes Maischschema und dann kippt das Bier oder sonst irgendwas. Und dann muss man sich halt nach und nach immer mehr den Problemen widmen und lernt darüber. Also das Internet ist ja da grenzenlos, kann man sich eigentlich alles aneignen und die wichtigen Sachen aneignen zum Bier brauen. Und dann haben wir dadurch, dass wir die Gastro eröffnet haben, konnten dieses eigene Bier anbieten, sind auch ein paar Biersommeliers, Bierbrauer et cetera auf uns zugekommen und wollten auch mal mit uns brauen. Also einmal haben wir einen Mikrobiologen, der uns die mikrobiologische Seite erklärt hat. Und dann hatten wir einen, der Bierbrauer studiert hat, der dann mit diesem, ich weiß gar nicht mehr den Titel des Buches, aber wo im Grunde genommen er sagt, das ist die Bibel der Bierbrauer. Und das hat er uns gebracht und da konnten wir uns auch nochmal rein lesen. Und es war immer so ein Stück für Stück, du hast ein kleines Problem, weißt nicht weiter, dann googelst du erst mal oder schaust, wie haben die anderen das gelöst. Und dann denkst du dir, ah, okay, daran wird es wahrscheinlich liegen, also muss ich irgendwas anpassen. Und dann hat immer natürlich die gute Literatur, um das alles noch genauer rauszufinden.

Markus: Tja, also sozusagen ein bisschen Selbststudium nachgeholt, mit viel Unterstützung auch von allen Seiten, aber das ist spannend. Und ich glaube, so letzten Endes, ein bisschen so war es eben bei vielen in der Branche. Und das ist auch ganz spannend, weil es halt einfach nochmal ein anderes Herangehen an das Thema ist. Also da hätte ich vielleicht noch eine Frage an den Julius, ist das parallel, so wie man zum Beispiel an das Kochen rangeht, also? Oder andersrum gesagt, bei mir ist es ja zum Beispiel so, meine allererste richtige Profession war ja das Fotografieren. Und da ist der ganz große Unterschied, wenn du halt so ein Wald- und Wiesenfotograf bist, dann gehst du halt raus, machst 20.000 Bilder und am Ende hast du drei oder vier, die sind gut. Und wenn man das Ganze professionell macht, dann hat man vorher seine Bilder im Kopf, geht raus, macht zehn Bilder und drei oder vier sind gut, also ein ganz anderes Herangehen. Und ist das beim Kochen genauso und kann man das dann auch mit dem Thema Bier so ein bisschen vergleichen oder wie würdest du das sagen?

Julius Göttl: Also beim Kochen ist es tatsächlich einfach die Erfahrung, die man hat, je öfters man was kocht, je öfters man was macht, desto besser wird es. Und das ist beim Bier brauen genauso. Wir haben dann dadurch, dass wir dann die Möglichkeit hatten, wirklich zwei- bis dreimal die Woche zu brauen und du bist die ganze Zeit da und machst dann mal den Fehler und korrigierst ihn und den Fehler und dadurch wird man einfach immer besser. Und außerdem lernst du in der Küche als Koch, lernst du unglaublich effizient zu arbeiten und das kommt dir beim Bier brauen natürlich auch zugute. Dann kannst du natürlich super schnell abspülen, wie der Max schon sagte, das ist schon auch eine große Arbeit.

Holger: Ja, ich muss ja noch nachliefern, warum jetzt Köche schlechte Brauer sind, oder?

Max Göttl: Ja, ja, genau.

Julius Göttl: Ach ja?

Max Göttl: Ist auch interessant, ja.

Holger: Naja, also einmal, also auf jeden Fall, ich glaube, da habt ihr vollkommen Recht, Learning by Doing ist, glaube ich, beim Brauen ganz wichtig und das ist noch wichtiger als Wissen, ne, also ist das Können und Können kommt eigentlich nur von üben. Und warum, sind jetzt Köche eigentlich schlechte Brauer, Heimbrauer? Also die Köche sind ja meistens ziemlich kreativ und probieren dann auch während des Prozesses aus. Und dann kommt es auch nicht so genau und irgendwie schmeckt es dann ja auch und so und die müssen ja nicht reproduzieren. Also, sage ich mal, Konditoren zum Beispiel, sind wahrscheinlich besser Hobbybrauer. Weil die Köche ja eigentlich gar nicht so exakt arbeiten, wie das beim Brauen eigentlich notwendig ist. So stelle ich mir das halt vor, deshalb behaupte ich halt immer, Köche sind schlechte Heimbrauer.

Julius Göttl: Das stimmt tatsächlich. Also ich erwische mich schon selber auch oft, wie ich in so einem Freestyle-Prozess komme, wo ich sage: „Ach komm, jetzt mach mal hier noch ein bisschen was von dem und das könnte und könnte ja passen.“ Aber dadurch passt sich das Bier auch immer weiter an und wird so, es stagniert nie, es verändert sich immer ein bisschen, mal besser, mal schlechter. Und man muss sich halt dann immer gut Notizen machen, weil, man weiß es erst nach acht Wochen, wie das Bier dann schmeckt. Aber dadurch kann sich ein Bier immer weiterentwickeln.

Holger: Ja, sehr gut. Und jetzt sollten wir vielleicht euch auch noch die Gelegenheit geben, ein Bier zu verkosten. Weil, ihr habt ja grade schon gesagt, mein Gott, wir kommen vor Durst hier um und wir wollen ja nicht gemein sein.

Julius Göttl: Ja, tatsächlich bin ich jetzt grad in Österreich, ich bin gar nicht in Stuttgart. Und wenn ich jetzt in der Bar sitzen würde, würde ich natürlich ein eigenes von uns trinken.

Max Göttl: Aber, Julius, du kannst ja vielleicht eins, was trinkt man denn in Österreich, du kannst ja das Mal.

Julius Göttl: Ja, ich würde jetzt eigentlich ein Gösser Märzen trinken. Das ist so das Standardbier, was man hier trinkt. Aber ich habe leider gestern Abend das Letzte getrunken und keins nachgeholt.

Holger: Großer Fehler.

Julius Göttl: Großer Fehler, also da muss ich passen.

Max Göttl: Und ich habe eine von dem böhmischen Pils, dass ich dir auch geschickt habe, habe ich mir auch eins abgefüllt, dass ich etwa dasselbe schmecken kann wie du. Aber da würde ich auf dich dann noch warten, bis du deins aufmachst.

Holger: Ja, komm, dann machen wir das doch zusammen, also du machst deins auf, ich mache meins auf.

Max Göttl: Ja.

Holger: Und dann sprichst du drüber, was habt ihr euch überlegt, warum böhmisches Pils und so weiter. Und ich kann ja auch vielleicht irgendwas sagen. Also jetzt machen wir es mal.

Max Göttl: Ah, hier ist sogar noch ein bisschen Kohlensäure drin.

Holger: Habe ich ja gehört, ja, also, jawohl!

Max Göttl: Das könnte natürlich auch daran liegen … ja, wobei, nee, das war alles Kühlkette, das heißt, da kann nicht nochmal nachgegärt sein. Aber vielleicht habe ich es besser abgefüllt. Also böhmisches Pils deswegen, weil, in Stuttgart wird schon, also es entwickelt sich irgendwie eine Kultur, dass es mehr zum Hellen geht. Also als ich aufgewachsen bin in Stuttgart war es standardgemäß, dass man ein frisches Bier in einer Bar gezapft gekriegt hat, das es ein Pils war. Inzwischen werden die Biere aus Bayern, also grad die hellen Biere beliebter. Und trotzdem ist es so, dass viele Leute in Stuttgart nochmal nach einem Pils fragen. Ich glaube, im Ruhrgebiet ist es ähnlich, da wird ja auch Pils eher getrunken als Helles, oder?

Holger: Auf jeden Fall, Ruhrgebiet ist Pils.

Max Göttl: Genau und deswegen haben wir uns für ein böhmisches Pils entschieden.

Holger: Ja, sehr gut. Also ich habe das ja jetzt schon geöffnet und habe es mir auch schon eingeschenkt. Also es ist ein ganz kleines, kleines bisschen schon noch eine Kohlensäure da, aber schwach, ja, also es reicht nicht, da wirklich einen Schaum zu produzieren. Wenn ich jetzt rein rieche ins Glas, dann habe ich wirklich diese typische Butternote, die so ein böhmisches Pils eben auch mitbringt. Und ich mache jetzt mal einen Schluck. Ah ja, mhm, genau, also da kommt jetzt auch da nochmal so eine Hopfennote darin. Also auch hier würde ich jetzt behaupten, ist wahrscheinlich ein bisschen gestopft worden.

Max Göttl: Genau, das Stopfthema haben wir beibehalten, weil das einfach, die Leute sind zu uns gekommen und haben gesagt: „Bow, krass! Man schmeckt richtig das Fruchtige, den Citrusgeschmack raus.“ Und da haben wir gedacht, das wollen wir, da wir jetzt nicht beide Biere gleichzeitig anbieten, sondern immer im Wechsel, wollen wir jetzt auch nicht, dass die Leute dann enttäuscht sind beim Pils-Bier und deswegen haben wir das Hopfenstopfen, Citrushopfenstopfen beigegeben. Auch wenn das vielleicht für ein böhmisches Pils untypisch ist, aber das ist dann quasi unser eigene Note.

Holger: Ja, nee, aber mir taugt es gut, ja. Also was du noch ergänzen kannst, also bei mir steht jetzt drauf, am 24.11. ist es abgefüllt, gebraut. Wahrscheinlich gebraut, oder?

Julius Göttl: Gebraut, ja.

Max Göttl: Das ist das Braudatum, genau. Also ich muss sagen, bei mir kommt es schon, vielleicht liegt es an meiner Flasche, aber ich finde, das hat schon ein bisschen einen Fehlton drin. Also so diesen ein bisschen süßlichen Geruch. Ich weiß nicht, wie gesagt, das könnte auch an meiner Flasche liegen, aber das ist normalerweise bei dem Pils nicht der Fall.

Holger: Naja also ich habe hier eben so eine Diacetylnote in der Nase und die findet sich auch im Trunk, aber ist jetzt nicht so …

Max Göttl: Nicht unangenehm.

Holger: … dass ich jetzt das als Bierfehler deklarieren würde. Sondern, in meinen Augen gehört ja so eine leichte Diacetylnote auch zu diesem Bierstil. Also ich würde jetzt hier also keine Infektion oder so erkennen können, also bei mir passt es.

Max Göttl: Gut. Also wie gesagt, das ist auch immer mit diesem in Flasche füllen, dann ist kein Druck mehr drauf oder nur noch wenig vielleicht. Das ist bei mir auch ein bisschen anders, ich bin halt, wie gesagt, das frische Bier gewohnt und dadurch, dass es jetzt zwei Wochen in der Flasche stand, ist das für mich vielleicht dann doch nochmal anders als vom Zapf.

Holger: Also auf jeden Fall, das wird sicher so sein, aber ich kenne es ja eben nur so, wie ich es jetzt hier habe. Und das bedeutet ja, es würde sich lohnen, eben wirklich zu euch zu kommen. Und wenn das dann überhaupt nix wird und ich denke, mein Gott, was brauen die da, kann ich ja immer dann noch ein Weißgold trinken, ja oder ein …

Markus: Sehe ich genauso.

Max Göttl: Wir haben auch noch andere Biere. Also wir versuchen jetzt unser, also grad das Flaschenbierarsenal, noch ein bisschen zu erweitern mit regionalen, so ein bisschen noch kleineren unbekannten Brauereien. Zum Beispiel haben wir von unv. #00:35:31-6# die sind grad dabei, mehrere unterschiedliche saisonale Biere auszuprobieren. Die machen halt Kartoffelbier und ein Freepare, was ein alkoholfreies IPA darstellen sollen. Was gab es noch? Ein Vierkornbier, also die haben auch tolle unterschiedliche Sorten. Und auch die, da war auch mal ein Sommelier bei uns, der wollte eben auch bei uns mal so eine Art Sommelier-Veranstaltung veranstalten, was dann wegen Corona ausgefallen ist. Aber auch der Vertreter von Meckatz hat gesagt, da hätte er auch mal Interesse. Und wenn auch ihr Interesse habt, sowas mal bei uns zu machen, dann seid ihr natürlich da herzlich eingeladen.

Holger: Ja, das ist doch ein Angebot. Vielleicht wirklich nochmal zu den Räumlichkeiten, zur Gaststätte, ist das so eine Traditionskneipe, die ihr da übernommen habt? Gibt es da vielleicht irgendwie was Besonderes zu zusagen, oder?

Max Göttl: Also die Kneipe, die wir übernommen haben, das war, bevor sie wegen Corona geschlossen hatte, hatte sie aber nur noch selten offen und nur so für Veranstaltungen. Das war alles sehr, die Fenster waren alle zugemacht, die Öffnungszeiten waren eher so von 20 bis fünf Uhr morgens und so Veranstaltungen, mal unv. #00:36:54-7# und sowas. Also es hatte einen gewissen Ruf in Feuerbach und wir haben das schon nochmal komplett umgekrempelt. Also wie gesagt, es gibt wieder Essen, es kommt wieder Licht rein und geregelte Öffnungszeiten. Natürlich machen wir auch Veranstaltungen, aber versuchen halt schon, dieses Selfmade, regional, Essen, Trinken et cetera so ein bisschen den Leuten hier in Feuerbach auch wieder beizubringen. Und solche Bars wie uns, gibt es vielleicht in der Stuttgarter Innenstadt schon die ein oder andere, aber in Feuerbach haben wir momentan da eigentlich so gut wie keine Konkurrenz. Es gab zwar ein paar ganz gute Restaurants und es gibt auch gute Kneipen, aber so eine Mischung wie bei uns, da sind wir zufällig auf was Einzigartiges gestoßen. Und wir haben auch viel Platz, also die Gastronomie hat 120 Quadratmeter, drei Räume und wir haben es halt mit Kamin gemütlich eingerichtet.

Holger: Dann könnte man ja sagen, okay, bei dem Treber, ne, da kann man dann jetzt auch noch Brot machen oder also?

Max Göttl: haben wir.

Holger: Ah ja, ah ja.

Max Göttl: Also wir nutzen, oder was heißt wir, hauptsächlich ist das natürlich Julius sein Job, aber wir nutzen oft die Abfälle vom Bierbrauen, um daraus noch Treberbrot zu machen, was auch vorangehend ist.

Julius Göttl: Das ist ja die Idee hinter Treber und Trester, dass Nachhaltige, das wir haben, das wir sowohl aus dem Treber noch das Treberbrot herstellen und aus dem Trester den Tresterbrand. Und natürlich, was auch ein großes Thema ist, unser Bier kommt im Prinzip aus der Leitung der Bar. Das ist immer das Schöne an einer Hausbrauerei. Und wahrscheinlich sind wir die kleinste Hausbrauerei Stuttgarts, mit 30 Liter pro Brauung.

Max Göttl: Pro Brauung. Das, was natürlich dann auch zu unserem nächsten Plan führt, wir haben hinten, das war früher eine Metzgerei in der Gastro und da haben wir … der Raum, der sieht noch furchtbar aus, den müssen wir renovieren. Aber unser Plan war so, dass wir vielleicht auf einen 150 oder 200 Liter-Braukessel umsteigen und das da hinten in die Metzgerei einbauen. Und im Idealfall dann im Keller gekühlte Gärtanks haben und das nur noch von der Metzgerei runter schlauchen müssten und dann vom Keller wieder, nach dem Abfüllprozess, direkt vom Keller wieder hoch ins Fass zu bekommen. Dann wäre der Kreislauf quasi geschlossen.

Holger: Und wie sind eigentlich die Zukunftspläne, also wenn man jetzt sagt, okay, wie ist es in fünf Jahren und wie ist es in zehn Jahren? Wie soll sich das alles entwickeln da mit dem Treber und Trester?

Max Göttl: Also wir haben von Anfang gesagt, es soll uns hauptsächlich Spaß machen. Also das ist jetzt nicht, dass wir davon abhängig sind von diesem, was wir da verdienen, sondern wir können das schon so fahren, da wir nur von Donnerstag bis Samstag offen haben und inzwischen auch genügend Angestellte, dass man jetzt da keine 40-Stundenwoche mehr hat. Am Anfang war es natürlich viel mehr, aber jetzt nach und nach merkt man natürlich schon, die schlimmen Reparaturen sind weg, den Leuten gefällt es und der Umsatz passt mehr oder weniger auch. Und jetzt ist natürlich die Frage, wie wird es weitergehen? Und ich persönlich und Julius, glaube ich, auch, haben uns so ein bisschen diese Dateline von einem Jahr gesetzt. Wir haben am 10.06.2021 eröffnet und haben uns gesagt so, bis 10.06.22 sollte der Laden so selbstständig laufen, dass wir auch sagen, ein Tag die Woche von mir und ein Tag die Woche von Julius reicht, um das am Laufen zu halten und den Rest sollen die Angestellten so ein bisschen für uns übernehmen. Und das wir uns dann weiteren Projekten, wie zum Beispiel Brauanlage bauen, die Küche erweitern et cetera zuwenden könnten, dieses Treber und Trester schon über die nächsten Jahre ein bisschen so beliebter zu machen, vergrößern. Und grad dieses Brauen, wenn die Leute in der Woche 90 Liter Bier trinken und wir dreimal die Woche brauen, dann ist das halt Arbeitszeit, die man natürlich durch eine andere Brauanlage sehr schnell verbessern könnte. Also die Wirtschaftlichkeit fehlt grad beim Bierbrauen noch stark.

Holger: Ja, aber das ist doch einfach, soll der Papa nochmal richtig in die Tasche greifen.

Max Göttl: Ja, der ist grad schon dabei, der hat sich bei dem ganzen Projekt auch was gesichert und zwar hat er gesagt, er unterstützt uns und als Gegenleistung will er aber den einen Teil des Kellers für sich haben, dass er das für seinen Wein ausbauen kann. Und wir sind jetzt grad dabei, das zu fliesen, Abwasser, Zuwasser, Waschmaschine et cetera alles reinzulegen, dass der endlich auch hier seinen eigenen Weinkeller hat. Wobei, er weiß natürlich noch nicht, wie viel Bier wir da auch noch lagern werden, deswegen.

Holger: Ja, man muss ihm halt irgendwann mal sagen, dass Wei ja eigentlich ziemlich eindimensional ist im Vergleich zu Bier.

Max Göttl: Das musst du mit ihm besprechen.

Holger: Ja, das habe ich schon oft versucht, mit ihm zu besprechen. Wir waren ja zusammen in Schweden zum Beispiel und dann ist dann die Veltins Brauerei war dann zum Beispiel ein Sponsor. Und er steht dann halt immer einfach dann mit seinem Trollinger oder Trollinger mit Lehmberger oder was weiß ich, was der da immer trinkt. Und jetzt auch auf der Sachsentour, dann immer nur mit dem Weinglas gesehen. Und ich habe es so ein bisschen aufgegeben, also ich zähle da jetzt ganz auf euch.

Julius Göttl: Also unser eigenes Bier trinkt er sehr gerne. Aber auch nur eins und dann geht es mit Wein weiter.

Holger: Naja, es sei ihm vergönnt. Ja, Mensch, also jetzt haben wir doch schön wieder einen Einblick bekommen in die Stuttgarter Szene oder in die Feuerbacher Szene. Mir gefällt das ja viel besser, Feuerbach finde ich irgendwie geil und Stuttgart, naja. Ich habe ja mal in Esslingen gewohnt, ja und da gibt es ja so eine Rivalität zwischen den Stuttgartern und den Esslingern. Also Feuerbach, der Begriff Feuerbach, der gefällt mir einfach besser. Und, ja, das war schön, dass wir mit uns die Zeit verbracht habt. Und die Kleine war ja jetzt doch ganz ruhig, also.

Julius Göttl: Ja, ich habe sie tatsächlich weitergegeben, aber sie ist immer noch im gleichen Raum, also sie war ruhig, ja.

Holger: Ja, sehr schön, sehr schön, also aus der kann nur was werden, also das geht gar nicht anders. Oder was meinst du, Markus?

Markus: Auf jeden Fall, Nachwuchs können wir gebrauchen. Und wer weiß, in was der Schnuller getunkt worden ist, aber das wollen wir jetzt hier vielleicht nicht größer diskutieren.

Holger: Ja, sehr gut! Also, dann hoffe ich, dass es euch auch Spaß gemacht hat. Also mir hat es auf jeden Fall unglaublich Spaß gemacht, ich habe zwei spannende Biere kennengelernt, die ich vielleicht natürlich noch nie vorher getrunken hatte. Und das ist immer gut, was ganz Neues zu entdecken und vielen Dank dafür. Und ich wünsche euch noch einen schönen Tag und vor allen Dingen, dass das alles so wird wie ihr euch das selber wünscht!

Max Göttl: Wir hoffen natürlich sehr, dass ihr vielleicht mal in Stuttgart bei Treber und Trester vorbeikommt.

Julius Göttl: Genau, wir freuen uns.

Max Göttl: Aber sagt Bescheid, dass wir auch richtig große Auswahl an unterschiedlichen besonderen Bieren da haben.

Julius Göttl: Mich hat es auch sehr gefreut, euch so in einer lockeren Gesprächsrunde kennenzulernen.

Holger: Sehr gut.

Julius Göttl: Ich folge eurem Podcast.

Holger: Sehr gut, der ist immer gut. Wie viele machen das mittlerweile, Markus, ich weiß es gar nicht genau.

Markus: Also ganz genau weiß ich es auch nicht, aber wir haben so eine stabile Hörerschaft von um die 20.000, also sind schon ein paar Leute dabei.

Julius Göttl: Wow, das ist cool.

Holger: Wunderbar. Also und die sollen jetzt alle nach Feuerbach gehen und Treber und Trester erkunden und natürlich die Brüder-Bräu-Biere probieren. Macht es gut, Freunde, bis zum nächsten Mal, tschüss.

Markus: Tschüss.

Julius Göttl: Tschüss.

Max Göttl: Tschau.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 78 – Interview mit Andreas Dick, Hopfenbauer, Biersommelier und Brauer aus Holsthum bei Bitburg

Der Hopfen wurde Andreas Dick quasi in die Wiege gelegt. Schließlich bewirtschaftet seine Familie die letzten Flächen des ehemaligen Hopfenanbaugebietes in der Grenzregion zwischen Belgien, Luxemburg und der Eifel. Hier wächst der berühmte Bitburger Siegelhopfen – und Andreas war bereits als Kind „vom Hopfen gekratzt“, so dass ihn das Grüne Gold nie wieder losgelassen hat. Bevor er jedoch selbst auf dem Hof durchstartete, absolvierte er noch die Ausbildung zum Brauer und zum professionellen Landwirt, lernte zahlreiche Betriebe in verschiedenen Regionen kennen und wurde Biersommelier. Auch vor der Kamera machte Andreas eine gute Figur, allerdings „nur“ als Handmodel, das den Bitburger Siegelhopfen durch die Finger rinnen lässt. 2021 betrat er wieder Neuland und kreierte seinen ersten Hopfengin namens „Gin 8“, den wir im Biertalk live verkosteten…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute haben wir die Nummer 78 und begeben uns auf eine kleine Reise, zumindest wenn man das von Bamberg und München aus sieht, wo ja Holger und ich sitzen, wir gehen nämlich in die Eifel. Und was es damit genau auf sich hat, wird uns bestimmt unser Gast gleich erzählen, der Andreas Dick, der unter anderem ein Hopfenbauer ist. Erst mal grüß dich, dass du da bist und vielleicht stellst du dich mal kurz ein bisschen vor, dass die Leute so einen Eindruck haben, mit wem wir es heute zu tun haben.

Andreas Dick: Ja, hallo da draußen, hallo Markus, hallo Holger. Ja, ihr seid jetzt quasi in der Toskana der Eifel, wenn man das jetzt geographisch ein bisschen sagen möchte, so nennen wir das ganz gerne hier bei uns in der Südeifel. Da werde ich nachher vielleicht auch noch beim Hopfen nochmal, bei unserem Anbau drauf zurückkommen auch. Ja, ich bin Hopfenbauer aus Leidenschaft, habe aber erst mal, bevor ich den elterlichen Betrieb übernommen habe, Bierbrauer gelernt. Extra nochmal nachgeschaut, 96 habe ich in der Bitburger Brauerei meine Ausbildung gemacht. Habe dann eine Zeitlang, ja, eine gewisse Zeit noch im Labor gearbeitet, Betriebskontrolle und bin dann nach Süddeutschland gegangen, zwei Jahre an den schönen Bodensee zu dem Betrieb von Doktor Bernhard Locher, heute Hopfengut No 20. Denke ich, die Bierkenner, die Bierfreunde und Hopfenfreunde, kennen auch diesen Betrieb und dieses tolle Anwesen mit dem Museum. Das war genau die Zeit, als ich unten war, als das aufgebaut worden ist. Dann bin ich noch ein Jahr in die Herzen der Hallertau gekommen, zum Betrieb und Gründer der IGN, der Interessensgenossenschaft Niederlauterbach. Hopfenbauer, die sich zusammengefasst haben, Georg Breitner, also auch eine ganz tolle Zeit da unten gewesen. Und habe dann, 2008 war es, Zuhause den elterlichen Betrieb übernommen. Ja, mein Vater war Existenzgründer, also ich bin erst zweite Generation Hopfenbauer. Habe noch zwei Geschwister, mein älterer Bruder ist Arzt geworden und meine jüngere Schwester ist, ja, Lehrerin geworden, Biologie, also alle irgendwie dann doch so naturwissenschaftlich zusammen gewesen. Ja und für mich ist eben Hopfen, ja, nicht nur Arbeit, sondern Leidenschaft, es gibt fast keinen Tag, wo ich nicht gerne arbeiten gehe.

Markus: Ah, das sind doch mal schöne Worte. Und, ja, wenn ich mich so erinnere, Tettnang, Hopfengut No 20 war ich auch schon. Da gibt es ja unter anderem auch einen Hopfenhimmel, also wo man so wirklich hochsteigen kann und sich das Ganze anschauen kann, also, sehr spannend. Du sprichst von der Toskana. Holger, kannst du das verstehen, warst du schon mal in der Eifel?

Holger: Oh, ich war schon mal in der Eifel, hatte natürlich schlechtes Wetter. Und ich muss die Hörer ja warnen, es ist ja gar kein BierTalk diesmal sondern en Gin-Talk. Also das muss ich vielleicht auch noch vorwegschicken, wir müssen heute Gin verkosten, also so Hopfen-Gin. Aber da können wir ja vielleicht noch später drauf kommen. Also wie gesagt, ich war schon in der Eifel und was ich da also unglaublich finde ist, da gibt es ein ganz tolles Museum, aber da weiß ich gar nicht ganz genau, ob es jetzt die Eifel ist oder der Westerwald, das ist das Raiffeisenmuseum also und da pilgern doch tatsächlich viele Japaner hin. Also wer da mal in der Ecke ist, kann das mal suchen. Ich weiß gar nicht, ist dass das Raiffeisenmuseum, ist das in der Eifel?

Andreas Dick: Nee, es ist dann tatsächlich Richtung Westerwald. Bei uns aber, wenn wir es jetzt ein bisschen geographisch einordnen möchten, wir liegen ja hier in so einem Dreiländereck. Nach Luxemburg habe ich jetzt vielleicht grade mal sieben Minuten, also Luxemburg, Deutschland, Belgien, wir unten eher nahe an Luxemburg. Da kennen vielleicht einige die Echtenacher Springprozession, das ist ja, was immer an Pfingsten stattfindet, ein katholisches Fest. Also auch wir von der Schule, wo die Kinder zum Beispiel jetzt in der Schule sind im Gymnasium, gehen dahin. Da wird ja dann auf eine bestimmte Polka-Musik getanzt, immer zwei Schritte vor, ein Schritt zurück. Man trinkt natürlich danach auch gerne ein Bier. Und dann vielleicht auch noch Trier, ist mit Sicherheit vielen bekannt als älteste Stadt Deutschlands und auch da ist natürlich so ein Publikumsmagnet. Und grade Trier, das hat dann wieder was mit der Toskana in der Eifel zu tun. Holsthum, da, wo ich herkomme, unser Ort, das sind 600 Einwohner, die hier wohnen. Wir liegen in einem sehr engen Tal und wir profitieren eben von der warmen Luft, die aus dem Weinbaugebiet der Mosel kommt, also wir haben hier ein sehr mildes Klima bei uns im Tal. Die Meisten verbinden ja mit der Eifel, so wie du grad gesagt hast, Holger, schlechtes Wetter und vielleicht dann auch ein raues Wetter. Meist ist das dann eher der Westerwald gewesen, wo die Leute waren oder eben die Hocheifel. Aber bei uns tatsächlich, wir sind hier eine Region, die sehr viele Streuobstwiesen, sehr viele Streuobstflächen hat. Also ich alleine habe über 1.000 Obstbäume auch stehen, die sind eigentlich eher zum Hobby. Ist auch der Bezug dann vielleicht zum Brennen da, weil mich selber auch Stoffbesitzer und Brenner bin. Und, ja und dann haben wir natürlich auch die Niederschläge, die wir brauchen, grade für den Hopfen brauchen und haben dann aber ein relativ warmes Klima, weil wir eben geschützt in diesem Tal liegen.

Holger: Ah ja, okay, also dann kann ich wirklich nur mich entschuldigen, dass ich das örtlich so verhauen hab. Aber der Nürburgring, der ist ja da und eben einfach strukturschwaches Gebiet, oder, und dann hat man da versucht, irgendwie Tourismus anzusiedeln. Und die Eifel hat ja so eine Nähe dann auch zu Koblenz und Köln, aber so richtig Tourismus aus diesen Städten oder so? Also irgendwie, die Eifel ist für mich immer so ein …

Andreas Dick: Ja, da muss ich dir jetzt widersprechen, da muss ich dir widersprechen.

Holger: Ja, bitte.

Andreas Dick: Also Erstens, der Nürburgring ist eher Richtung Norden. Und da hast du schon Recht, da hat man was gebaut, was nie hätte gebaut werden dürfen, dieses Eventzentrum am Nürburgring. Aber, wenn du nochmal bei uns hier in der Region bist, dann machen wir mal eine touristische Reise. Wir machen einmal hier bei uns genau in der Südeifel, bei uns hier in der Verbandsgemeinde haben wir zum Beispiel ein Naturkundemuseum. Das ist aufgebaut einmal auf … vielleicht kennst du den Begriff auch, die Teufelsschlucht, das ist ein wunderbares Naturdenkmal, wo man durch ganz tiefe Schluchten geht. Und da haben wir vor drei, vier Jahren, haben wir da ein ganz tolles Projekt mit den Gemeinden, mit der Verbandsgemeinde gemacht, wo wir einen Dinopark. Aber nicht so, dass man das jetzt irgendwie als reine Plastikimitatorengeschichte jetzt ansehen sollte, sondern wirklich als pädagogisch sehr hochwertig. Wir haben sogar einen Restaurateur da, der immer wieder mal vor den Kinderaugen etwas baut. Und da sind mittlerweile in diesem Jahr die Zahlen, mich sitze selber da eben mit im Verwaltungsrat, deshalb weiß ich das, wir haben über 100.000 Besucher dieses Jahr gehabt. Und das ist natürlich erst mal eine richtig tolle Zahl, und da haben wir auch eine Wertschöpfung. Weil, das sind ja Leute, die aus dem Gebiet, grade aus dem Rhein-Main-Gebiet kommen, die vielleicht aus Luxemburg kommen, aus Belgien kommen, aber grade eben aus Köln, aus Bonn, aus Düsseldorf. Und die Leute nutzen das einmal als Tagestour, aber eben auch für sich dann vielleicht zwei oder drei Tage länger in der Eifel, in der Großregion aufzuhalten. Luxemburg, die Stadt nicht weit von uns entfernt. Trier, wie gesagt, mit den ganz tollen Weingütern und auch mit der Bierkultur, die auch da mittlerweile da ist. Ja und das sind halt Wertschöpfungen, die bis hin in unseren Dorf dann rein reichen. Die Leute wollen irgendwo schlafen, die wollen ein ehrliches Essen haben, die wollen ein gutes Bier haben und so profitieren dann wirklich auch die vielen Restaurants und Landgasthöfe bei uns. Das haben wir grade jetzt in der Corona-Zeit gesehen, dass unsere Gastronomen, die hier in der Region sind, gar nicht meckern konnten. Also da war, also wenn ich dann sonntags … im Moment ist bei uns viel Arbeit auf den Felder, kommen wir ja nachher noch dazu, also müssen wir jede Gutwetterphase ausnutzen oder generell, wenn wir auch im Hopfen am Bearbeiten sind mit Fremdarbeitskräften, da geht es dann natürlich auch durch in den Wochentagen. Ja und das macht dann schon Spaß, an den vollen Gasthäusern vorbeizufahren. Weil, wenn Bier getrunken wird, wird natürlich Hopfen gebraucht und das ist das, was ich eigentlich verkaufen will.

Markus: Ja, das ist ja sehr schön zu hören. Und ich muss auch sagen, also ich war sowohl in Trier schon als auch in Luxemburg schon, fand das von der Region her wirklich wunderschön, kann ich jedem nur empfehlen. Auch da zu wandern in den Weinbergen und drum rum und dann einzukehren in den verschiedenen Gastronomien, das hat viel Spaß gemacht. An das Bier und den Hopfen habe ich da tatsächlich nicht so gedacht, das ist mir erst so in den Fokus gerückt, als wir so in näheren Kontakt kamen. Und deswegen habe ich mich auch so sehr gefreut und habe mich jetzt auch gefreut, dass wir die Kurve wieder gekriegt haben, zurück zum Bier und zurück zum Hopfen. Was mich so bei deiner Geschichte noch interessieren würde, wann sind denn da die Weichen gestellt worden? Also wenn du so großgeworden bist, wann kam die Idee Bier, wann kam der Hopfen ins Spiel, wieso nicht beim Bier geblieben oder wieso nicht gleich Hopfen gemacht? Oder wenn du jetzt sagst, du hast auch noch Streuobstwiesen, wieso nicht gleich in die Brennerecke? Also was sind da so Wegpunkte gewesen, die dich in diese Richtung geschubst haben, wo du jetzt so bist?

Andreas Dick: Also da muss ich oder darf ich auf meinen Vater zurückkommen, auf meine Eltern, auch auf meine Mutter zurückkommen. Meine Geschwister, wir hatten immer die freie Wahl, was wir machen und wir wurden immer gefördert mit unseren Dingen, die wir gerne machen. Und somit war es bei uns, obwohl ja der Betrieb, mein Vater natürlich schon damals stolz war auf seinen Betrieb, es wurde nie drauf hingelenkt, dass irgendeiner von uns den Betrieb machen musste, also wir haben die Zeit bekommen. Und das Schlimmste, was bei mir mittlerweile in der Ausbildung, wenn ich das heute grad in der Landwirtschaft so sehe, ist, dass die Leute manchmal so betriebsblind sind, grad die jungen Leute, die ihre Lehre vielleicht sogar Zuhause auf dem Betrieb machen dürfen, das ist ja in der Landwirtschaft möglich, und gar nicht mal so groß rauskommen. Und ich glaube, das ist, grad wenn man so jung ist, relativ schwer. Und ich habe auch die Freiheiten gehabt erst mal. Ja, meine Geschwister waren auf dem Gymnasium. Als ich wollte, dann konnte ich nicht und als ich konnte, da wollte ich nicht mehr, also habe ich es etwas anders gemacht. Ich bin dann auf die Handelsschule gegangen, also ich kann auch noch Steno schreiben. War der letzte Jahrgang, glaube ich, der das damals noch lernen musste. Und bin dann eben, ja, weil ich einfach Spaß hatte an dem Produkt Bier, einmal im praktischen Sinne als junger Mann, aber auch, wie es gebraut wird, dann an die Brauerei gekommen. Habe mich da auch ganz normal beworben. Ja, vielleicht hatte ich einen Vorteil, dass ich der Sohn vom Hopfenbauer war, aber ich habe es in der Abschlussprüfung gesehen, dass wir eben, mein Jahrgang und ich auch selber, einer der Besten waren. Also wir haben das Vertrauen auch dann der Brauerei damals … ich habe unter Herrn Hagemann gelernt, also wer in der Brauwirtschaft so die Zeiten von früher kennt, Herr Hagemann ist ja schon eine sehr, sehr große Dominanz gewesen, dominanter Brauer gewesen, ein tolles Erscheinungsbild. Und, ja, da konnte man schon froh sein, wenn man da durch diese harte Schule bei ihm gegangen ist. Und das hat auch allen von uns auch gut geholfen. Ja und dadurch war ich dann reif gewesen. Ich habe dann Zivildienst gemacht in der Schwerstbehindertenbetreuung und hatte einen, ja, Pflegefall, mit dem ich später auch noch in meinem späteren Leben als Urlaubsvertretung, mit ihm in Portugal war, in Spanien war. Also irgendwie habe ich schon viele Dinge gemacht, immer auch abgeschlossen und Dinge gemacht, die mich irgendwie geprägt haben, im sozialen Bereich, genauso eben in meinem beruflichen Bereich. Und dann war ich alt genug. Ich war dann 24, 25 Jahre alt, um dann sagen zu können, ja, ich möchte den elterlichen Betrieb übernehmen. Und das ist was anderes, wie wenn man mit 16 das sagt. Ich habe auch bei uns Zuhause, es war immer ein gutes Arbeiten. Natürlich gibt es dann, wenn man so ein Generationenbetrieb ist, mit den eigenen Eltern im Betrieb ist, immer vielleicht auch mal, ja, Reibungspunkte. Aber da, wo gerieben wird, da gibt es auch Wärme und dann kommt man auch weiter. Und so, glaube ich, haben wir unseren Betrieb ganz gut aufgebaut. Mein Vater als Existenzgründer hat das von Sudetendeutschen übernommen, die den Hopfen bei uns nicht mehr weitermachen wollten in der Region, dreieinhalb Hektar damals. Mit 18 Jahren den Betrieb übernommen und hat das Ganze dann auch wirklich komplett neu aufgebaut. Und somit sind dann, ja, heute auf knapp 22 Hektar. Und jetzt kommt, Klammer auf, vor dem Hochwasser im Juli 2021 und, ja, stecken so jetzt eben voll im Wiederaufbau. Also es ist eine ganz neue Epoche, die jetzt gekommen ist.

Markus: Ja, spannend zu hören und da werden wir auch gleich noch ein bisschen drüber sprechen. Der Holger hat ja schon angedeutet, wir werden heute auf jeden Fall auch Gin verkosten dürfen.

Andreas Dick: Ja, genau, ja.

Markus: Da bin ich schon sehr, sehr gespannt. Ich muss aber zugeben, ich habe mir auch ein Bierchen noch hingestellt. Auch, weil ich dann mal probieren will, ob das vielleicht sogar als Cocktail funktioniert. Jetzt weiß ich gar nicht, wie es bei ist. Also für die Hörer, wir haben jetzt eigentlich noch morgens, also deswegen sei es verziehen, wenn jemand von den anderen beiden hier jetzt kein Bierchen trinken darf oder will oder kann. Ja, wie ist es bei euch, sonst würde ich nämlich meins mal aufmachen, ich bekomme langsam Durst.

Andreas Dick: Ja, trink du ganz gerne dein Bier. Ich habe mir jetzt tatsächlich erst mal den Gin zwar hingestellt zum Riechen und grad zum Nippen, aber für den Durst habe ich mir ein Wasser hingestellt. Weil, ich werde hier nach dem Talk wieder auf den Bagger springen, auf einen 12-Tonner und da heißt es natürlich, da einen klaren Kopf zu behalten und dann ist das Bier da heute Morgen noch ein bisschen früh.

Markus: Okay. Und Holger, bei dir?

Holger: Bei mir ist es ähnlich, also ich habe auch mir jetzt ein ganz kleines bisschen Gin eingegossen und bin schon vom Geruch wirklich sehr begeistert und habe ansonsten auch nur ein Glas Wasser hier stehen. Also, wie du erwähnt hast, es ist morgens und ich habe auch nicht frei, ich muss arbeiten oder darf arbeiten. Und, ja, nee, also ich halte es so, wie der Andreas grade erklärt hat, absolut.

Markus: Na gut, dann trinke ich euch mal schnell was vor und wir können ja dann auch schnell zum Gin übergehen, aber es darf ja keinen BierTalk geben, wo wir nicht wenigstens ein Bier aufmachen. Also mache ich mal auf, Moment. So.

Andreas Dick: Ja, das hört sich ja schon mal gut an …

Markus: Genau.

Andreas Dick: … also dieses Zischen. Ja, also ich glaube auch, grad die Corona-Zeit, dieses Trinken Zuhause, was ja auch eine Gefahr immer bedeutet, wenn man etwas labiler ist, aber das ist auch eine große Chance gewesen, glaube ich, für viele, also für viele, die mit Bierspezialitäten auf den Markt gegangen sind und auch mit anderen Dingen. Und letztendlich, da komme ich jetzt nochmal auf den Gin, ich hatte ja am Anfang überhaupt gar nicht vor, ich sage mal, diesen Markt Zuhause zu sehen, sondern ich hatte mich ja mit der Idee komplett ja in der Gastro gesehen. Und das hat dann Corona leider erst mal kaputtgemacht, aber, in Anführungszeichen, leider. Weil die Leute doch Zuhause genießen wollen, das haben wir jetzt über die letzten Tage ja auch wieder gesehen. Jetzt grad im neuen Jahr, Weihnachten, Sylvester ist vorbei, also die Leute wollte genießen, egal wie.

Markus: Das stimmt, auf jeden Fall. Das merken wir auch in den vielen Online-Testings, die wir so machen von der BierAkademie, dass da die Nachfrage tatsächlich ungebrochen ist und auch eine gewisse Experimentierfreude und Entdeckerlust. Und die Leute bestellen sich halt mal dann eben ein Fläschchen und wenn das nix war, dann ist es auch kein riesen Drama. Also das ist insofern wirklich offensichtlich ganz spannend. Ich lasse euch jetzt mal teilhaben, vielleicht könnt ihr ja erraten, was es für ein Bier ist. Also weil, wir beschäftigen uns ja heute mit dem Thema Hopfen vor allem auch, also habe ich mir natürlich ein Bier gesucht, was da auch relativ ikonisch für diesen Rohstoff steht. Das ist ein deutsches, um nicht zu sagen ein bayrisches Bier. Von der Farbe her haben wir ein leuchtendes Orange, es ist leicht trüb, also ist unfiltriert und wir haben einen schöne cremefarbenen Schaum oben drauf stehen. Wenn man so rein riecht, haben wir ganz viel so Südfrüchte, Ananas, Banane, aber auch Mango, Weiniges.

Andreas Dick: Sag mal, ein obergäriges Bier?

Markus: Ja, ein obergäriges Bier. Sehr gut, du bist auf dem richtigen Trip.

Andreas Dick: Also obergäriges Bier …

Holger: Ja, Banane, ja.

Andreas Dick: Eben, eben, eben, also die Banane, denke ich mal, kommt nicht vom Hopfen, sondern dann von der obergärigen Hefe.

Markus: Aha.

Andreas Dick: Und du sagst jetzt, ist hopfenbetont, weil die tropischen Früchte, die du jetzt beschrieben hast, die kommen dann eher vom Hopfen. Ist es ein hopfengestopftes Bier?

Markus: Ja, auf jeden Fall. Ich probiere mal ein Schlückchen. Ein extrem weiches, cremiges Mundgefühl. Relativ wenig bitter, fängt sehr schön fruchtig an. Leichte Citrusnoten, dann kommt eben dieser Fruchtkorb mit Banane, Mango, sehr schön ausgewogen. Man merkt auch, dass es ein bisschen kräftiger ist, einen ordentlichen Körper hat, auch einen ordentlichen Alkoholgehalt. Schön wärmend im Abgang und ganz lange bleiben diese hopfigen Noten stehen. Also ein sehr, sehr schönes Bier und eben auch eines, was so als eines der Ersten in Deutschland, die das Thema Hopfen so aufs Tablett gebracht hat.

Andreas Dick: Bis du bei Schneider Weisse?

Markus: Ganz genau, richtig.

Andreas Dick: Gut, dann bist du bei, ich weiß jetzt nicht ganz genau, Tap7?

Markus: Fast, fünf.

Andreas Dick: Okay.

Markus: Genau, die Hopfen Weisse.

Andreas Dick: Gut.

Holger: Ja, die Hopfen Weisse, ja.

Andreas Dick: Also man muss jetzt sagen, Bilder ist aus, also wir sehen es tatsächlich nicht.

Markus: Nein! Nein, nein, die Bilder sind aus. Also ihr habt das sehr gut gemacht, wunderbar. Ja, ich habe mir gedacht, weil ich irgendwie …

Holger: Ich habe ja gar nichts gemacht.

Markus: Na, doch, du hast zumindest mitgedacht, das ist ja schon mal auch gut. Und, wie gesagt, meine Idee, ich werde nachher dann auch mal probieren, wie sich das dann so mit dem Gin vielleicht sogar mischen lässt, ich bin mal gespannt. Ich habe mir auch ein paar Gedanken gemacht, wie man vielleicht Bier und Gin da überhaupt zusammenbringen kann, können wir ja später nochmal ein bisschen sprechen. Ja, vielleicht noch ganz kurz, bevor der Holger dann mal mit dem Gin einsteigen kann, da bin ich mal gespannt, wie der Holger so einen Gin verkostet, vielleicht kurz vorher, wie kommt es denn da dazu? Also wann ist das so in dir gereift, warum grade Gin und wie so die Rezepturideen und so, also wie kam es zu dieser Sache?

Andreas Dick: Also man muss dazu sagen, dass wir bei uns im Betrieb, also ich und mein Onkel, hier in Holsthum immer hochwertigen Schnaps gebrannt haben. Also ich habe allein 1.000 Obstbäume stehen, das meiste im Hochstamm. Alles sehr gepflegt, ich habe bei mir keine Mistelzweige dran, nicht wie in anderen vielen Bäumen, also wir arbeiten auch sehr viel dran. Davon mal gesagt, wenn du einen großen Hochstamm hast, da brauchst du mindestens fünf, sechs Stunden, bis du den richtig schön geputzt hast im Jahr und da machen wir auch uns viel Arbeit. Und vor allem, bei uns in der Region gibt es die sogenannte Nelchesbirne, das ist die Nagelesbirne, ist so eine französische Birnenart, die bei uns sehr bekannt ist, die aber nicht zum Essen ist, sondern eher rein zum Schnaps brennen. Und der Schnapsmarkt, mit dem Wegfall des Kontingents beziehungsweise der Übernahme, wie wir unsere Steuern eben als Rohmaterial mit Schnaps bezahlen konnten, das hat uns natürlich hier in der Region hart getroffen. Viele haben von außen dann den Schnaps billiger produzieren können, aber, Qualität setzt sich durch. Jetzt ist es aber so, dass ich immer gerne auch Gin getrunken habe. Also es geht wirklich so auf die Phase zurück, wo wir früher mit dem Musikverein durch die Gegend gezogen sind und wenn Bier da nicht mehr ging, dann ging Gin immer. Und, ja, da muss man einfach sagen, da habe ich mir natürlich einen tollen Partner gesucht. Also das ist meine Marke, GIN 8 ist meine Marke und GIN 8 ist entstanden über, ja, Bernhard Zender, Brenner, mittlerweile in siebter Generation. Ist bei mir im Nachbarort, das ist, musst du dir vorstellen, einmal über den Hügel rüber, man kannte sich sowieso schon. Und er hat einen ganz tollen Gin, der nennt sich 1806. 1806 ist nämlich auch das Gründungsdatum seiner Brennerei. Und, ja, mit ihm habe ich dann, ja, viel Kontakt gehabt, wir haben uns Ideen überlegt und wir haben 50 verschiedene Sude gemacht auf so einer kleinen Dreiliteranlage, 50 Stück und keiner ist schlecht. Wir haben dann so kleine Fläschchen verteilt und haben die dann an Bierleute, es waren Fernsehköche dabei, es waren Bierkoryphäen dabei, es war aber auch ganz normale Verbraucher dabei, wo ich wusste, die trinken ganz gerne was in dieser Richtung. Und dann haben wir uns ran getastet in den Rezepturen. Die einen Rezepturen, die waren eben mehr, ja, Wacholder-lastig, die anderen Rezepturen waren mehr Hopfen-lastig und irgendwann und letztendlich habe ich mich dann gegen Bernhard durchgesetzt. Bernhard war eher der Wacholder-lastige und ich wollte schon mehr Hopfenaroma drin haben. Ich wollte aber auch das Hopfenaroma so drin haben, dass es, ja, auch für jedermann zu trinken ist. Es soll ja nicht nur eine reine Hopfenbombe sein, wie jetzt bei einem IPA mit reiner Bittereinheiten, wo zwar vier, fünf Prozent der Konsumenten sagen: „Hej, geil“, aber wir wollen es ja auch verkaufen können. Und, ja und dann kam auch für mich was, und das ist ja ein ganzes Netzwerkprojekt, dann kamen aber viele Sachen zusammen. Also ich hatte tatsächlich als allererstes mal nachgehört bei der Brauerei und mir das auch nochmal vertraglich abgesichert, dass ich eben auch vorne Bitburger Siegelhopfen drauf schreiben darf und kann, weil ich eigentlich meinen Hopfen komplett an die Bitburger Brauerei verkaufe und somit, klar, keinen Bitburger Siegelhopfen unv. #00:22:03-3# also ich nehme da immer eine gewisse Menge wieder zurück. Und das habe ich mir als erstes eben erst mal abgesichert. Und da war es auch so, dass es ganz am Anfang hieß, ja, okay, mach du das, aber bitte keine Außendienstmitarbeiter ansprechen, und mit dem Alkohol aus dem Brennbereich haben wir ja erst mal nichts zu tun. Das habe ich dann respektiert und akzeptiert, habe aber schon gemerkt, dass ich immer wieder mal Fragen aus der Gastronomie bekam, als die das gehört haben. Und mein Glücksgriff war aber dann auch, und das war auch was von der Brauerei, vor fünf Jahren hat die Brauerei den neuen Werbefilm gemacht. Also ihr erinnert euch, die Bitburger Siegelhopfenfelder, wo diese Drohne über unser Tal fliegt und diese unheimlich zarte Hand den Hopfen aufmacht, das bin ja ich. Fürs Gesicht hat es nicht gereicht, aber als Handmodell durfte ich dann mitmachen. Und damals habe ich dann der Agentur bei diversen Kleinigkeiten helfen können, sodass die wirklich einen Drehtag retten konnten. Also es war einmal so ein Steiger, den wir besorgt hatten, weil der Steiger, den sie eigentlich hatten, war zu klein, und so haben wir da ein bisschen geholfen. Und damals hat dann der Herr Koch, einer der, ja, Aufsichtsräte beziehungsweise, nee, ist Geschäftsführer von Deepblue, eine ganz große Agentur in Hamburg, hat dann zu mir gesagt: „Andreas, wenn du mal was hast, eine Idee hast, dann komm zu uns, wir helfen dir.“ Und so war es dann, so konnte ich dann 2019, 2020 erst mal an die Agentur ran treten. Und deshalb habt ihr ja zum Beispiel auch mit einer jungen netten Dame kommuniziert, ich habe seitdem auf freundschaftlicher Basis eine Agentur, Deepblue, die weltweit große Firmen hat, also wie Bitburger, wie McDonalds, wie Mercedes. Ja, da sitzen fünf Leute und helfen mir. Wir haben zusammen die Flasche konzipiert, wir wollten was anderes, wir wollten was haben, wo die Leute halt direkt drauf schauen, auch beim Namen, GIN 8. Also es heißt nicht, weil es jetzt die Probe Nummer acht ist oder weil jetzt acht unv. #00:24:11-2# drin sind, sondern, GIN 8 bezieht sich auf den Hopfen, unseren Cascade und die Sorte Solero, die im Gin ist, die von der Gemarkung Nummer acht kommen, auf der acht. Und so hat das Ganze so angefangen, Form zu nehmen und, ja, da haben wir jetzt dieses Jahr ein ganz tolles Jahr abschließen können.

Holger: Für mich ist ja Gin einfach nur ein Hipster-Getränk eigentlich, ne, also. Und du hörst dich eigentlich gar nicht an wie ein Hipster und erklär mir doch mal, was dich überhaupt begeistert an dem Zeugs. Weil, also für mich ist ja Gin einfach billig sozusagen in der Herstellung, in der Marge großartig und Wacholder ist die Basis und dann knallen die irgendwie 47 Kräuter rein und 136 Kräuter und wie du sagst, jeder Batch ist gut. Dann schön abgefüllt, 60 Euro pro Flasche kassieren und alle freuen sich, toll, wunderbar. Also erklär doch mal, also.

Andreas Dick: Da sieht man, dass du deine Flasche nicht selbst gekauft hast, die kostet keine 60 Euro, sondern 36,50 Euro. Nee, Holger, Spaß beiseite, nehmen wir doch mal direkt das Thema mit dem Bier auf, du hast direkt das richtige Wort genannt, Hipster. Das stört mich ja an dieser ganzen Craft-Beer-Szene, es kann doch nicht sein, ich werde da auf den Gin auch gleich nochmal zurückkommen, beim Craft Beer ist es doch dasselbe, die Diskussion kriege ich doch tagtäglich, wenn ich irgendwo in den sozialen Medien unterwegs bin und kriege ich jedes Mal mit, wenn es um das Thema zum Beispiel Bitburger Brauerei geht. Man hat so das Gefühl, das man als Bierbrauer und, ja, als Bierbrauer braucht man ein Karohemd, man braucht einen Vollbart, man braucht vielleicht noch ein Tattow und dann macht man mit irgendeiner Agentur, macht man ein Agentur-Bier. Das gibt es leider auch beim Gin, das man einfach eine Geschichte erfindet und dann irgendeinen hippen Kerl oder Dame davorstellt und dann so sein Bier verkauft.

Holger: Wie lief das jetzt noch mit der Hamburger Agentur, wie hieß die noch?

Andreas Dick: Deepblue.

Holger: Ah ja. Aber dann machst du das ja ganz genauso.

Andreas Dick: Nein, das ist ja auf freundschaftlicher Basis. Die Leute habe ich ja kennengelernt, die kennen mich ja. Das ist ja nicht, die Geschichte, die dahintersteht, die wird ja gelebt und das ist was anderes, da kommt es ja wieder nicht auf die Größe an. Wenn ich irgendwo unterwegs bin und sage: „Ich trinke ganz gern ein Bitburger Pils“ und das sagst du irgendwo auf einer Craft-Beer-Messe, dann wirst du ja quasi von Blicken erschlagen, Fernseh-Bier, da steckt eine große Agentur dahinter, da steckt Industrie-Bier. Dasselbe gilt ja jetzt, wie gesagt, auch für den Gin. Ja und dann sagt man aber: „Leute, wir kennen den Chef, wir kennen die Lieferanten, persönlich, wir sind bei der Produktion dabei.“ Wir haben privaten Kontakt, man hat soziale Kontakte und das macht für mich eben so ein Getränk, das macht auch mein Getränk dann eben weg von dieser Schiene Agentur-Geschichten, hin zu, ja, handwerklich gebrauten Geschichten und da kommt es ja nicht auf die Größe an. Also ich, jetzt zum Beispiel von unserem Gin, Bernhard Zender und ich, also Morgen ist wieder Brenntag, dann bin ich auch wieder in der Brennerei und das ist, du hast schon Recht, die Basis ist natürlich erst mal immer gleich. Aber das haben wir doch beim Bier auch. Beim Bier wissen wir auch, welche Zutaten rein kommen. Und wie viel Leute brauen ein schlechtes Bier, da gibt es leider auch genügend Leute und wie viel Leute brauen ein gutes Bier und manche Leute haben natürlich auch Spitzen-Biere. Und da fängt es dann einfach an! Und da habe ich ja einfach auch den Bernhard Zender und genauso auch bei mir, wir haben da so unsere Eigenheiten gehabt. Und du musst dir vorstellen, wir sind mit einer Idee bei dem Gin rangegangen wie ein Künstler vielleicht, wo er weiß, er will ein Bild malen und vor einer weißen Leinwand. Und dann fängst du an, wirklich über Aromen nachzudenken, dass es harmonisch wird, dass es eben dich nicht erschlägt. Das ist auch grad beim Hopfen, da kannst du ja so viel verkehrt machen, wo du sagst, du hast eine Hopfen-Bombe oder du hast eben was anderes oder was verwässertes, und das macht, glaube ich, dann eben das aus. Es gibt so viele gute Produkte und ich glaube, beim Gin ist es heute anders. Es war ein Hipster-Getränk, ja, aber Gin hat sich mittlerweile von den Konsumenten dazu geändert, dass die Leute, ähnlich wie bei einem guten Bier oder eben auch wie bei einem Wein, in ihrer Hausbar immer einen guten Gin drin haben. Die haben nicht einen guten Whisky. Beim Whisky-Trinker, der Whisky-Trinker, das ist etwas sehr Spezielles. Aber beim Gin hast du den jugendlichen Trinker, also jugendlichen Trinker natürlich, jetzt müssen wir aufpassen, also alles über 18, du hast den Trinker, der eben, ja, etwas mischen will, der vielleicht auf den Preis gar nicht so drauf achtet, die Spanne eben eher bei diesen Billigprodukten, die industriell hergestellt worden sind. Das schmeckst du auch, das merkst du auch am nächsten Tag. Oder du hast halt Leute, die Wert legen auf ein gutes Produkt. Dann geht das in den Bereich wie jetzt zum Beispiel, wie du gesagt hast, 60 Euro. Nur, 60 Euro, gebe ich dir Recht, für eine 0,5-Liter-Flasche, da muss die schon, ja, ich weiß nicht, da muss der Wacholder schon bei Mondschein von jungen Männern oder jungen Frauen gepflückt worden sein, ich weiß nicht, da muss schon eine richtig gute Geschichte dahinter sein, weil, das ist dann natürlich auch ein Preis, der richtig, ja, der muss nachvollziehbar sein. Es muss immer ein ehrliches Produkt sein, das, glaube ich, habe ich mit meinem Produkt schon …

Holger: Also, okay, dann gehen wir doch mal die Sache an, oder, also …

Andreas Dick: Ja, jetzt haben wir so viel gesprochen. Jetzt rieche ich erst mal rein, du musst ja erst mal gar nicht trinken.

Holger: Nee, nee, also pass auf, also da haben wir ja wieder so eine Parallelität dann zu der Craft-Beer-Welt, und das stimmt schon, was du sagst, natürlich da ist auch viel hippes Zeug dabei und so. Aber grad wir zwei, also Markus und ich, wir sind ja immer Leute, die von Anfang an schon, also da hat die Craft-Beer-Welle erst eigentlich begonnen in Deutschland, immer gesagt haben: „Wir stehen für Bier in Summe und glauben einfach, dass wir hier in Deutschland unglaublich tolle Produkte haben und Brauer haben.“ Und grade auch will ich also wirklich insbesondere eine Lanze brechen eben auch grade, ja, für die großen Brauereien oder wie du sagst jetzt, die Fernseh-Brauereien und da dann auch Bitburger, also großartige Produkte. Also ich habe jetzt zum Beispiel jetzt so um die Weihnachtszeit den Winterbock getrunken, ja und da kann ich nur sagen, unglaublich, toll gemacht. Und auch das Pils, also das Pils ist ja auch nicht einfach. Also Pils ist schlank und trocken, verzeiht keine Fehler. Und wenn du jetzt ein hopfengestopftes Bier hast, gut, da kann man auch nochmal ein bisschen hinten raus korrigieren, ja. Aber, jetzt zum Produkt und da haben wir halt die Parallelität, finde ich, zuerst mal sogar auch in der Flasche. Also es ist eben einfach ein besonderes Flaschendesign jetzt, was vor mir steht. Eine tolle schöne Farbe, also in so einem Grünton, ja und dann sehr reduziert also GIN 8 und da drüber dann eben als Grafik so eine Hopfendolde, ja und dann eben EIFEL HOP GIN, also das macht dann schon irgendwie Lust, dann doch mal sich damit zu beschäftigen. Also ich rieche jetzt mal da so rein. Ah ja, also ganz klar, finde ich jetzt, also wie gesagt, ich habe überhaupt keine Ahnung von Gin, weil, ich trinke nur Bier und Wasser und mehr muss der Mensch ja auch nicht trinken. Also da ist vollkommen so die Wacholdernote im Vordergrund für mich, also nehme den Wacholder sehr schön wahr, sehr angenehm. Beißt nicht in der Nase, also riecht auch nicht sprittig oder so, sondern wirklich wunderbar hat man eben diese Wacholdernote. Aber kommt auch so ein bisschen was Süßliches in die Nase. So den Hopfen kann ich nicht erahnen, aber ich bin ja auch so ein alter Mann, also da ist die Sensorik vielleicht auch gar nicht mehr so gut ausgeprägt. Also jetzt nehme ich mal ein Schlückchen. Ah ja, ah ja, also, ja, man merkt natürlich den Alkohol. Mir wird es jetzt schon warm so von unten heraus. Und muss da aber auch sagen, also es ist ziemlich ausgewogen und jetzt merke ich im Nachtrunk, kommt eben also so eine Süße auf, so würzige Nuancen. Und da bin ich der Meinung, da hat man so einen Aromahopfen. Ich könnte jetzt absolut nicht sagen, was drin ist, könnte ich jetzt natürlich nachlesen und so. Ich habe auch so eine ganz kleine Citrusnote. Und was mir halt auch wahnsinnig gut, also gut gefällt, was mir auch an den Bieren, die sehr komplex sind, sehr gut gefällt, ist, dass der Nachtrunk immer neue Dinge eröffnet. Also man kann sich im Nachtrunk sehr gut mit dem Getränk beschäftigen. Jetzt wäre natürlich, also wenn man jetzt wirklich Profi wäre, würde man sich natürlich jetzt sofort über ein Tonic Water unterhalten und wie muss das sein und wie muss das gemischt werden und so. Aber der Markus hat mir schon gestern gesagt: „Holger, nein, ein guter Gin, da braucht es kein Tonic Water, den kann man auch so trinken.“ Das war mir zum Beispiel auch überhaupt nicht bewusst. Also so würde ich es mal verkosten. Also ich weiß jetzt nicht, ob du, jetzt war ich ja so frech, aber jetzt wieder ganz sachlich, also passt das, was ich jetzt erzählt habe?

Andreas Dick: Also passt absolut. Und genau das, was Markus jetzt gestern dir gesagt hat, das hätte ich dir jetzt zum Beispiel auch gesagt, probier einfach mal, wenn du mal die Gelegenheit hast, andere Gins. Also grad, ja, letztes Jahr war bei Aldi zum Beispiel auch ein Hopfen-Gin für 6,90 Euro, das war eine Frechheit. Also natürlich, wenn du den dann mischst im Cocktail, dann dominieren andere Aromen, aber dafür produziere ich ja nicht so ein ehrliches Produkt wie beim Bier oder jetzt bei unserem Gin, dass du das Ganze dann so mit Zuckerwasser und mit anderen Dingen, abgeläuterten Zucker, dann eine Süße reinbringst, dass du ihn trinken kannst. Ein guter Gin muss pur zu trinken sein! Das hast du jetzt gemacht. Du hättest, wen er dir nicht geschmeckt hätte, dann hättest du, weil du es jetzt wirklich da probiert hast, das wäre eine ganz andere Reaktion auch für den Hörer gewesen. On the Rocks, ich finde es halt immer gut mit Eis. Und beim Tonic Water, da empfehle ich, weil, dann kommen die Hopfennoten noch besser raus, ich empfehle immer, beim Tonic ist es ja so schön aufgebaut eben in Farben und vor allem immer die Gelben, egal welche Sorten, ob das Thomas Henry oder Fever Tree, das sind jetzt so mal, die mir jetzt als Erste einfallen, die ganz gut kombiniert sind oder zu kombinieren sind mit meinem Gin. Benutzt immer den Gelben, das ist der Indian Tonic Water, der unterstützt dieses Citrushafte und dann kommen die Hopfennoten hinten nochmal besser raus.

Holger: Ja, sehr gut. Aber, jetzt lass uns doch mal ganz kurz noch über das Thema Preis-, Leistungsverhältnis sprechen. Also du weißt ja selber, du hast Brauer gelernt und du weißt ja, man kann sich beim Bier schon sehr viel Mühe geben, ja, also wirklich sehr viel Mühe. Und wenn ich da jetzt eben so ein tolles Bier, beispielsweise wie der Markus jetzt verkostet hat, also eine Hopfen-Weisse von Schneider, Tap 5, also kriege ich jetzt hier im Getränkemarkt bei uns hier in München wahrscheinlich für 1,29 Euro. Und warum soll ich jetzt dafür 36 Euro zahlen, verstehe ich nicht.

Andreas Dick: Weil es nicht zu vergleichen ist, weil es nicht zu vergleichen ist. Also es ist, du musst es ja beim Bier, wir haben bei den Rohstoffen von der Produktion her natürlich die Masse, die da natürlich den Preis billig macht. Wenn wir jetzt beim Schnaps, beim Gin, uns die Destillen anschauen, da reden wir ja von kleineren Mengen. Dann reden wir allein von der Rohstoffbesorgung, wenn ich allein die Flasche sehe, das ist ja ein ganz anderer Unterschied, ob es, ich denke mal, bei Schneider-Weisse, wie viel Flaschen werden die im Etikett produzieren, mit Sicherheit 500.000 bis 800.000 mindestens von dieser einen Sorte. Da hast du natürlich ganz andere Produktionskosten wie jetzt bei so einer Flasche, wo wir jetzt eine Auflage haben dieses Jahr von 5.000. Dann ist es aber auch, und das war es mir von vorneherein wert, ich habe mir natürlich den Markt angeschaut und der Markt von den Verkaufsfähigen, dass man sagen kann, man kann damit auch in die Masse gehen, da liegen wir ungefähr zwischen 28 Euro und 38 Euro. Jetzt habe ich einen Lohnbrenner, den ich nicht drücken möchte. Ich könnte vielleicht günstiger produzieren, irgendwo, aber ich habe mir einen Betrieb ausgesucht, der direkt bei mir in der Nachbarschaft ist. Einen Brenner rausgesucht, der im Grunde dasselbe verdient im Grunde wie ich, aber es ist immer noch meine Marke. Und du musst ja auch erst mal einen Brenner finden, der, in Anführungszeichen, also Bernhard, wenn du zuhörst, du weißt, wie ich das meine, nur damit zufrieden ist, Lohnbrenner zu sein. Obwohl, wenn du mal hinten drauf schaust auf die Flasche, es steht bei mir auf jeder Flasche drauf. Es wird bei mir nicht verheimlicht, dass ich, Andreas Dick, als Name, nicht bei mir auf dem Hof die eigene Brennerei habe, sondern wer das Etikett beziehungsweise die Flasche natürlich liest, wo es hinten drauf steht, der kommt direkt dahinter, dass auch der Bernhard mein Lohnbrenner ist, die Brennerei dahinter genannt wird, wenn man googelt, in den sozialen Medien schaut, kommt man da hin.

Holger: Und freundschaftlich verbunden ist, das steht extra da drauf.

Andreas Dick: Das ist auch so, das ist auch so! Das ist ja nicht nur, also viele würden es nur so drauf schreiben, bei uns ist es ja aber auch so, weil man sich in der Eifel einfach kennt und schätzt. Wir sind ja, wir brauchen immer lange in der Eifel, bis man Freundschaften knüpft, aber dann halten sie auch. Und das ist ja auch das Schöne eben über Generationen, er ist eine andere Generation wie ich. Er hat aber auch natürlich seinen Sohn in den Startlöchern und wir drei, das macht einfach Spaß, das ist eine ganz tolle Sache. Und wir haben ja auch unsere Erfolge schon reingefahren. Viele, die auf dem Markt sind, da liest man nicht viel drüber. Was haben wir jetzt dieses Jahr, was habe ich dieses Jahr geschafft? Wir haben geschafft, nach Italien die ersten zwei Paletten zu verkaufen. Und wir werden es auch jetzt schon schaffen, wir haben die erste Palette, halbe Palette, jetzt nach Ghana verkauft. Auch das ist alles Netzwerk, wo ich eben auf meine Sommelier-Tätigkeit als Biersommelier zurückgreifen kann, wo man über die Jahre sich so ein bisschen so einen Markt aufgebaut hat. Und das funktioniert nicht immer, dass funktioniert nur mit Leuten, die auch, ich sage mal, sich riechen können. Aber das ist das Schöne an dem Markt.

Markus: Qualität setzt sich durch. Und du hast auch grad so den internationalen Aspekt angesprochen, weil, das finde ich auch sehr spannend, ich bin ja neben dem Biersommelier-Dasein auch Edelbrand-Sommelier und da auch zum Beispiel in der Jury von den World Gin Awards. Und da hatten wir letztes Jahr auch die Verkostung natürlich, alles Online, also kamen bei mir Zuhause ein paar 100 kleine Fläschchen mit Gins an, die wir dann an mehreren Tagen zusammen verkostet haben. Und das ist natürlich dann auch so ein Thema, also wenn man so diese wirkliche Bandbreite dann also einerseits innerhalb verschiedener Gin-Kategorien, die es da gibt, the Bastard Gin oder Dry Gin oder was auch immer, gibt es ja eine sehr große Variante, eine Variantenvielfalt, so rum. Dann lernt man das auch nochmal ganz anders schätzen und man kann natürlich auch Qualität nochmal ein bisschen anders einordnen. Und das muss ich auch wirklich sagen, das ist mir beim Verkosten von deinem Gin wirklich aufgefallen, dass er ganz besonders harmonisch ist, ganz besonders weich, ganz besonders rund und das tatsächlich eine andere Qualität ist als das, was man oft so normalerweise vorgesetzt bekommt. Und vielleicht noch eine Sache, damit unsere Hörer das auch richtig einordnen können und vielleicht noch zwei Fakten, also erst mal, was ist denn überhaupt ein Gin? Wir haben ja schon mehrmals gehört, Wacholder spielt da eine Rolle. Also im Grunde ist das ein Wacholdergeist. Bedeutet also, wir nehmen neutralen Alkohol, ganz normalen reinen Alkohol, legen da drin dann Wacholderbeeren in der Regel ein. Dann zieht das eine gewisse Zeit und danach kommt das in die Brennblase, wird destilliert. Und über das Destillieren gehen dann die ätherischen Öle aus den Wacholderbeeren, die haben in der Regel eben so Citrusaromen, klassisches Wacholderaroma, was man kennt, aber auch so festige, ja, so Waldaromen, so alles Mögliche, was so in der Wacholderbeere eben drin stecken kann. Und das Ganze landet dann mit dem destillierten Alkohol im Röhrchen sozusagen und man hat es dann eben destilliert. Und das Besondere beim Gin ist, dass man dann eben jetzt sagt, okay, in diesem Vorgang, also zwischen dem Erhitzen dieses Alkohols mit dem Wacholder und dem Destillieren, wenn es dann über die Haube abzieht, da hänge ich nochmal einen Korb rein. Den nennt man Aromakorb und da gebe ich dann zum Beispiel Gewürze rein oder Obst oder was weiß ich, verschiedene Dinge eben, wo der Hopfen, wo dann eben das Destillat durchströmt, während es zum Geistrohr geht und damit nimmt es eben diese Aromen auch nochmal mit. Und damit kann ich dann eben dem Gin nochmal andere Aromen geben, also einmal, was lege ich in den Alkohol ein und was habe ich dann eben in diesem Aromakorb und habe dann diese Vielfalt. Und das macht natürlich dann auch ein bisschen die Kunst aus, in welchem Mischungsverhältnis was, wann, wie mache ich da, welche Rohstoffe verwende ich, wie sind die, sind die getrocknet, sind die frisch, kann ich eben entsprechend dann das steuern. Und vielleicht noch ein Letztes, was auch noch wichtig ist, Holger, wo ich dir noch mit auf den Weg geben will. Beim Bier ist es natürlich so, wenn ich so eine Flasche habe, dann habe ich da halt ein paar Cent an Steuern, die an den Staat gehen, beim Gin ist das ein bisschen anders. Also wenn wir zum Beispiel den GIN 8 hier nehmen mit 43 Prozent, müssten so um die 4,50 Euro alleine an Alkoholsteuer drin stecken, die der Staat kassiert und dann haben wir nochmal die Mehrwertsteuer für den gesamten Betrag, ungefähr sechs Euro oder so. Das heißt also, wir haben über zehn Euro, die alleine direkt in die Steuersäckel gehen, bevor überhaupt irgendjemand was damit verdient. Und das ist natürlich auch nochmal eine andere Nummer als jetzt bei einer Bierflasche, wo sich das doch eher in Grenzen hält. Andreas, hast du da auch noch dazu lernen müssen bei diesem ganzen Prozess, sowohl was die Herstellung als auch die Steuern angeht oder war dir das schon ins Blut übergegangen von deiner Geschichte her?

Andreas Dick: Nee, es war schon so, also wenn du so einen erfahrenen Brenner hast wie den Bernhard, dann lernst du immer was dazu. Also jeder Brenntag, die Geschichten, also wenn einer so auch mit so viel Leidenschaft sowas macht, das macht schon Spaß. Ich meine, selber habe ich auch beim Apfelbrand und beim Birnenbrand meine Erfahrungen ja gemacht und, denke ich mal, kann auch damit umgehen. Aber allein die Destille, die Bernhard hat, also er hat einmal eine Destille für ganz normalen Obstbrand zu machen und er hat eben auch eine reine Gin-Destille. Und da schaut gerne ml auf seine Internetseite, das ist wie ein Wohnzimmer, wenn du da drin bist. Und du hast es grad noch gesagt, Edelbrand-Sommelier, auch das ist so ein Wunsch von mir, angemeldet bin ich jetzt für so einen Kurs in Dülmen. Und auch da sehe ich, also du kannst ja nie auslernen. Das ist, dieser Markt, das ist ja, auch beim Bier, vor allem dann auch über die Ufer schauen, wie andere es machen. Bei euch bei der BierAkademie genauso, wenn ich da die Programme sehe also auch da werden wir uns mit Sicherheit irgendwann wiedersehen bei Veranstaltungen. Das darf auch nicht aufhören, also immer weitermachen, immer wieder mal reinschauen. Jetzt beim Gin zum Beispiel, ein ganz großes Thema bei mir ist das Thema, wenn man den Markt sich anschaut, tatsächlich alkoholfreie Destillate. Auch das ist ein Thema, denke ich mal, für die nächsten Jahre. Und tatsächlich ähnlich wie beim Bier, fassgereifte Produkte, und in beiden Bereichen bin ich am testen.

Markus: Also bei alkoholfreien Gins bin ich immer noch ein bisschen skeptisch, muss ich sagen, weil, eigentlich ist das dann ja Wasser mit irgendwelchen Aromen. Aber, wer weiß.

Andreas Dick: Ja, ja, ja, ja, ja, da hast du Recht und lass uns da nochmal in einem Jahr drüber reden dann, weil, ich denke, dafür habe ich genügend Erfahrung aus der Bierbranche, es sollte ein Gin sein, genau, also anders, es soll kein Wasserdestillat sein, da hast du Recht.

Holger: Ich bin ja immer ein Freund der schlauen Zitate, ja und da hat Gerhard Hauptmann doch mal gesagt, „Sobald man in einer Sache Meister geworden ist, soll man in einer neuen Schüler werden“ und das passt ja genau, Andreas, auf das, was du grade gesagt hast.

Andreas Dick: Genau.

Holger: Und ich kann das also wirklich sagen, ich bin wirklich leidenschaftlicher Biertrinker, das muss man einfach so sagen. Und auch die Ausbildung in dem Zusammenhang, vor allen Dingen auch die Ausbildung zum Biersommelier, haben da nochmal ganz neue Themen für mich eröffnet und Bier ist so unerschöpflich, für mich zu mindestens, dass ich wahrscheinlich dabei bleibe, ja. Aber trotzdem, Freund Markus ist ja Edelbrand-Sommelier und noch zusätzlich Käse-Sommelier und was uns natürlich alle vereint, ist der Genuss, ja und es wäre vielleicht wirklich mal, Markus, eine gute Idee, mit dem Bus ein paar nette Freunde einzuladen und dann einfach mal in die Eifel zu fahren, also, ja, in die Südeifel und Andreas zu besuchen, da über den Hopfen zu lernen, über den Siegelhopfen und natürlich, fahren vielleicht noch zu der Destillerie, ja, zum Freund sozusagen. Und, ja, also das wäre doch mal, also das wäre eine gute Idee, oder nicht?

Markus: Ja.

Andreas Dick: Ihr seid gerne eingeladen.

Markus: Ja, super, also da freue ich mich und ich muss jetzt sagen, ich habe jetzt auch grade mal, während du gesprochen hast, Holger, den Gin in die Hopfen-Weisse gegeben. Und ich muss wirklich sagen, das matcht, also das funktioniert sehr, sehr schön. Es intensiviert nochmal das hopfige Aroma, grade hinten raus, dafür dominiert natürlich die Nase jetzt, ein bisschen mehr der Wacholder, aber es ist insgesamt sehr rund, sehr harmonisch. Also da kann man die Hörer nur einladen, probiert das ruhig auch mal aus, ein bisschen damit zu spielen. Ich glaube auch, man kann das mit einem ganz normalen Pils machen, das muss man dann vielleicht nur noch ein bisschen was dazugeben, vielleicht ein bisschen Limettensirup oder vielleicht sogar im Sommer eine Kugel Apfeleis oder so, also kann ich mir gut vorstellen, damit ein bisschen zu spielen und ein bisschen, ja, einfach den Genuss nochmal in andere Dimensionen zu tragen.

Andreas Dick: Genau, wir dürfen vor den Sachen, Markus, auch keine Angst haben. Also das ist ja jetzt nicht, ich will ja auch, wenn wir über, ich sage mal, Bier-Cocktails, damit ging es ja los oder auch mit so einer Kombination, so ein Bier Royal, das ist ja was mit Gin und Bier. Also ich habe bei mir auf der Seite zum Beispiel auch ein ganz tolles Rezept mit dem Winterbock. Was machen wir mit so einem Cocktail? Wir schaffen es, mit so einem Bier-Cocktail oder Gin-Cocktail in einen Bereich zu kommen, der im Moment oft von Wein oder Sekt immer noch dominiert wird. Und wenn wir mit einem Cocktailgetränk es schaffen, eben in diesen Bereich reinzukommen und grad bei einem Essen, bei einem Dessert oder vorher beim Aperitif, Digestif, während dem Essen es schaffen, den Wein zu verdrängen, dann haben wir doch unsere Arbeit als Hopfenfreunde, als Bierfreunde ja gemacht. Und deshalb arbeitet das nicht gegeneinander, sondern man soll es einfach mal ausprobieren. Ich bin ja auch ein Freund, Fassbrause zum Beispiel, also grade den Gin zum Beispiel mit der Fassbrause zu kombinieren im Sommer. Das ist das Einfachste, wie man als Gastronom, der vielleicht von, ja, sowas mit anbieten kann, weil, es wird immer den ein oder anderen Trinker geben, auch in einer bieraffinen Kneipe, der vielleicht eben, ja, doch ganz gerne sowas trinken würde. Und dann habe ich, da muss man ja auch wieder rechnen, da habe ich ja auf so einer Flasche oder auch im Glas bei so einem Cocktail mit einer Fassbrause, eine ganz interessante Gewinnspanne als Gastronom.

Markus: Genau, das ist ja das, was am Ende bei den Gastronomen immer zählt, sie wollen eigentlich Geld verdienen, mit was auch immer. Ja und, Holger, wir haben ja auch schon Bier-Cocktails entwickelt, also durchaus eine spannende Geschichte, wo, glaube ich, auch viel Potenzial noch drinsteckt. Ich denke mal, bevor wir jetzt so langsam Richtung Schlusskurve einbiegen sozusagen auf unserem virtuellen Nürburgring, fände ich es noch total spannend drüber zu reden, wie es dir jetzt grade als Hopfenbauer eben mit dieser Überschwemmungsgeschichte im Ahrtal ergangen ist. Vielleicht magst du da mal ein bisschen erzählen, wie war für dich dieses Erlebnis, wie hast du diese Tage mitbekommen und was ist seitdem passiert?

Andreas Dick: Also Ahrtal ist ja das eine Gebiet, was ganz schrecklich vom Hochwasser betroffen ist. Wir sind hier ja in der Eifel und von der Eifel hat man am Anfang das gar nicht so mitbekommen, aber wir haben natürlich auch, wir haben leider auch Tote zu beklagen. Wir haben bei uns grade im Ort zum Beispiel auch einige Häuser, die abgerissen werden müssen. Und man muss sich so vorstellen, von meinem 22 Hektar Hopfen stehen eigentlich nur noch drei Hektar, die anderen sind vernichtet. So, das Lebenswerk von meinem Vater ist vernichtet, das war so die erste Reaktion nach dem 14. Juli, morgens um sechs Uhr, als mein Vater und ich eben, ja, wir kamen nicht weit, 50 Meter von unserem Betrieb weitergegangen sind und das erste Feld oder die ersten Hopfenmasten zum Teil an uns vorbei haben schwimmen sehen beziehungsweise gesehen haben, was für eine Wassermasse da ist. Ich habe abends vorher noch bei Facebook so ein, ja, wir hatten 110 Liter den Tag vorher und wir hatten aber sehr gut aufgeschlossene Böden, wir haben ein ganz tolles Bodenlebewesen, auch da setze ich sehr viel Wert bei mir im Betrieb und ich habe da noch gepostet, nasser Fuß, warmer Kopf. Das wir mit dem Regen, mit dem Hochwasser, das war bis der Zeit damals, abends, ein ganz normales Hochwasser, was wir kennen, auch während der Saison kennen, was nicht schlimm ist. Aber dann kamen ja oben in Aachen, im Kölner Raum, in Belgien im Raum, kamen ja in wenigen Stunden über 200 Liter Niederschlag runter. Und dann hatten wir eine Flutwelle hier gehabt, die nicht auf einen Schlag kam, aber man muss sich vorstellen, zum Teil ist der Fluss zehn Meter angewachsen und das hat natürlich alles mitgerissen Ja, dann ist man erst mal, dann steht man erst mal da und weiß nicht, wie es weitergehen soll. Und was dann aber kam, auch das an der Ahr, genauso wie in der Eifel und vor allem bei mir im Betrieb, das war dann die große Solidarität. Das waren Hopfenbauern aus Tettnang, aus Bayern, aus Elbe-Saale, also aus ganz Deutschland. Landwirte hier bei uns aus der Region, die ihre Hilfe angeboten haben, Jan und Roman Niewodnizanskii, beide aus der Bitburger Brauerei, haben ihre Hilfe angeboten und auch gemacht und, ja, dann ging das los. Und seit dem 14. Juli, 15 Juli, ich habe es gestern noch in der Familie nochmal gesagt, habe ich jetzt sechs Tage nicht gearbeitet. Also bei uns ging es jetzt komplett durch. Also man läuft nicht auf dem Zahnfleisch, aber man ist natürlich erst mal müde. Aber was mich antreibt und das ist die Idee, die jetzt entstanden ist, die auch möglich ist, den Hopfen neu aufzubauen. Auch das war ein Thema, wo mein Vater, der jetzt bald 80 Jahre alt wird, aber fit ist, also Hopfen macht fit, für da draußen, die Zuhörer, also er ist wirklich jemand, der jeden Tag noch im Betrieb noch mitarbeitet und dem man aber das Alter nicht ansieht. Das war für ihn schon schwierig, auch das zu verstehen, dass wir nicht um seines Lebenswillen das Ganze wieder aufbauen, weil, dann würden wir ja eins zu eins alles aufbauen, dann würden wir nicht aus dem Hochwasser lernen, sondern wir bauen für die nächste Generation auf. Und deshalb wird das Thema Nachhaltigkeit eine ganz große Rolle bei uns spielen. Deshalb wird das Thema Hochwasserschutz eine ganz große Rolle spielen. Wir werden vielleicht ein oder zwei Hektar verlieren, in Anführungszeichen, dem Fluss zurückgeben, aber wir werden die Möglichkeit jetzt nutzen, auf andere Sorten vielleicht umzuschwenken, die besser mit Extremtemperaturen zurechtkommen. Weil das hier, war das eine Extrem, das andere Extrem sind die Trockenheiten und da müssen wir uns einfach neu aufstellen. Und das ewige Wachstum kann es auch nicht sein. Also ich glaube, unser Betrieb wird mit 18 Hektar zum Beispiel ein ganz toller Betrieb sein und da drauf arbeite ich jetzt hin.

Holger: Also das hört sich auf jeden Fall super motiviert an und es ja großartig, wenn man dann den Kopf nicht in den Sand steckt und nach vorne schaut. Und ich denke, da sind dann wirklich die Menschen, wie der Niewo zum Beispiel, der ja auch schon im BierTalk war übrigens, ja, wenn man dann weiß, solche Größen auch, ja, sind an der Seite und das sind Menschen, die an einen glauben, die einem ja auch eine Zukunft schenken, Vertrauen geben und Halt geben. Und das finde ich jetzt auch grade in den Zeiten so unglaublich wichtig, dass die Begegnungen zwischen den Menschen es eigentlich ausmachen. Und dann bin ich sofort wieder bei dem Thema Bier, das ist ja für mich eben Bier auch, ja, Bier ist eben get togehter, ja.

Andreas Dick: Genau, Bier verbindet, Bier verbindet. Es ist eben auch, wie du grad richtig gesagt hast, es ist, das sind halt Familienunternehmen. Und da sind wir wieder bei dem Begriff Fernsehbrauerei. Das Familienunternehmen Bitburger Brauerei, ich meine, wir sind hier ein eigenständiger Betrieb, das Bitburger Siegelhopfen ist ja im Grunde erst mal meine Marke. Ich verkaufe meinen Hopfen an die Bitburger Brauerei und dadurch, dass wir ihn bei uns siegeln lassen, wird es zum Bitburger Siegelhopfen. Also, beide Familienunternehmen haben hier wirklich sich direkt zusammengesetzt und haben eigentlich relativ schnell, er und ich, umgeschaltet und gesagt: „Wo wollen wir“ … und werden sicherlich drei Jahre brauchen für den Wiederaufbau, das dauert einfach so lange. Alleine die Pflanze braucht ja schon mal zwei Jahre, bis drei Jahre, bis sie wieder voll ertragsfähig ist. Brauerei hat genügend Hopfen auf Lager liegen, also die werden zwei Jahre jetzt, also es geht genau auf, sagen wir mal so. Aber auch nicht nur diese großen Begegnungen, sondern auch die kleinen Begegnungen. Also gestern Abend hat bei mir noch eine Frau angerufen, die Teresa aus Bayern, die haben einen schönen Hopfenbaubetrieb. Der Mann hatte leider eine Erkrankung, ist aber auch wieder fit. Und beide haben gesagt: „Wir können zusammen kommen, mein Mann kann Traktor fahren, ich kann dann vielleicht andere Arbeiten machen.“ Genauso wie andere, grad aus Bayern oder aus Tettnang. Also Hopfenbauern sind auch schon ganz besondere, wie soll ich sagen, Schlag von Mensch und man hält, obwohl man so weit auseinander ist, dann wirklich zusammen. Und das macht einfach Spaß und das motiviert. Und vielleicht sind wir als Landwirte, als Hopfenbauer, wir sind es gewöhnt, dass was abstirbt oder das was kaputtgeht und im nächsten Jahr wieder neuwächst. Und das ist aber auch so eben genau das, wie es jetzt so mein Gefühl ist, es ist jetzt was kaputtgegangen, aber der Grundstock ist ja noch da, unser Boden ist noch da und jetzt bauen wir es eben auf, bauen es für die nächste Generation wieder auf. Ob sie es machen möchte, das wissen wir heute noch nicht, aber wir machen auf jeden Fall mal die Weichen. Und das ist noch so ein Spruch eben, den kennt aber auch jeder. Und deshalb ist das wichtig, dass ihr wirklich mal wieder zu uns dann oder zu uns in den Hopfen kommt. Man muss halt vom Hopfen gekratzt worden sein, dann kommt man auch nicht mehr davon los.

Markus: Ja, das stimmt. Vielleicht noch eine Frage dazu, wenn du jetzt sagst, von deinem Hopfen war so viel weg, war das weggeschwemmt oder sind da die Pflanzen einfach abgeknickt oder wie muss ich mir das vorstellen? Also ist da jetzt praktisch Tabularasa, fangt ihr von Null wieder an oder sind da noch Stöcke im Boden oder gibt es den Boden gar nicht mehr, also wie schaut das aus?

Andreas Dick: Also wir haben Flächen, da steht gar nichts mehr drauf. Da ist keine Gerüstanlage mehr, das ist abgerissen, die liegen kilometerweit entfernt. Wir haben aber auch Anlagen, wo nur der Hopfen abgerissen war. Oder, wir haben auch eine Anlage, da hat das so schwer reingeschlagen, das Wasser, da sind Löcher drin gewesen so groß wie LKWs, also hätte man ganze Häuser drin verstecken können. Was uns und mir gutgetan hat, also viele meckern drüber, aber ich muss ehrlich sagen, die Fluthilfe hat bei mir schon geholfen, also die Unterstützung des Landes, des Bundes und eben auch der DLR, Dienstleistung für den ländlichen Raum, die mich da unterstützt haben über die Gutachten, das hat halt geholfen, bei uns ging es relativ schnell. Und dann schläfst du auch dann wieder gut, wenn du weißt, du hast die finanziellen Möglichkeiten. Wir müssen auch eine Pflichtversicherung bekommen, da bin ich mir sicher. Also es ist ja eine Frage, kann man sowas versichern? Also ich war gegen Hagel und ich bin gegen Sturm versichert gewesen, aber solch ein Hochwasser, dagegen, ja, das war bis Dato, konntest du dich gar nicht gegen versichern.

Markus: Hm, also auf jeden Fall drastisch zu hören. Und da kann man ja nur ganz fest die Daumen drücken, dass ihr da die Kurve kriegt und dann auch mit den anderen Sorten einsteigt. Das wäre vielleicht noch so eine abschließende Frage von mir, du hast ja vorhin erwähnt, dass du da Cascade-Hopfen und Solera-Hopfen und sowas da stehen hast. Wenn wir eigentlich so Bitburger Siegelhopfen hören, da denkt man halt eher, na gut, das sind halt irgendwelche klassischen deutschen Sorten, die halt im typischen Pils einfach drin sind. Und vor allem, wenn du eben sagst, du musst auch oder lieferst ja alles bei der Brauerei ab, wie ist das, bist du da frei im Pflanzen von Sorten? Und was machen die dann mit deinem Cascade-Hopfen, wo landet der dann?

Andreas Dick: Also das Schöne ist auch, und dann, das muss man sich dann einfach mal auf der Zunge zergehen beziehungsweise im Ohr einfach erklingen lassen, was wir und Bitburger machen, glaube ich, das können die wenigsten Brauereien beziehungsweise die wenigsten Hopfenbauern, wir probieren aus. Wir machen Reihenversuche, wir machen Reihenversuche auch jetzt, dieses Jahr wieder mit Tango, mit Acoja, mit Zuchtstämmen, die vielleicht noch keinen Namen haben. Also wir haben auch die ganzen Flavour-Hopfen ausprobiert, wo man 100 Reben davon hatte und dann in der Versuchsbrauerei ganz tolle Versuche gemacht haben. Einmal für die Brauereiseite, auf der anderen Seite aber auch für uns als Hopfenpflanzer, dann Schlüsse draus zu ziehen, ist das eine Sorte, die vielleicht bei uns im Betrieb oder anderswo in Deutschland eine Rolle spielen könnte? Da bin ich ja auch für Hüll, für das Zuchtzentrum, gar nicht mal so uninteressant, weil ich hier oben alleine bin, ein ganz anderes Klima habe, wo man das Ganze dann, ganz andere Rückschlüsse ziehen kann. Wir haben natürlich, womit ich mein Geld verdiene, sind erst mal die traditionellen Sorten. Das ist eine wunderbare Perle, eine Tradition. Ich hatte auch noch einen ganz alten Hallertauer Mittelfrühstamm. Da müssen wir mal schauen, wieweit der das Hochwasser leider überstanden hat. Weil, das war so ein Klon, den gibt es nicht nochmal auf der Welt, den gibt es nur bei mir. Also das wäre schon bitter, wenn der Hopfen weg wäre. Ich werde auf jeden Fall probieren, da die ein oder andere Pflanze zu retten, um damit wieder, zu mindestens nachher, auf eine ganze Reihe, auf 100 oder 150 Pflanzen zu kommen. Dann haben wir im Bitterstoffbereich natürlich, da kommen wir als Hopfenbauer nicht dran vorbei, einen Herkules und ein Magnum. Wobei ich den Magnum bei mir jetzt eher sehe, dass der verschwinden wird. Und, ja, Cascade vor allem, davon habe ich über einen Hektar. Ja, Cascade wandert tatsächlich in viele Sonderbiere mit rein von Bitburger. Also grad eben auch, was Bitburger jetzt, der Grünhopfensud, war ja komplett von Cascade gestopft worden mit meinem Hopfen. genau auch, ja, bei vielen Bieren von Craftwerk, wo dieses Bier dann oder der Hopfen mit rein kommt. Also der ist auch eine feste Größe geworden. Wenn man den sich vergleicht, das sieht man auch bei der Perle vor allem, also wir haben ja im zehnjährigen Durchschnitt bei der Perle über 20 Prozent höhere Inhaltstoffe wie das, was die Brauerei im Schnitt einkauft. Und da sieht man, dass wir eben, und da sind wieder bei dem Eingangswort, der Toskana der Eifel, das Klima bei uns hier im Tal ist ideal für Hopfen. Und da werden wir eben, nicht bei allen Sorten, aber bei vielen Sorten haben wir eben ein ganz tolles eigenes Aroma. Und das ist auch bei unserem Cascade so, den kann man nicht mit einem anderen deutschen Cascade vergleichen. Da sind wirklich, und da sind wir stolz drauf, sehr nah am amerikanischen Cascade, was die Aromapunkte angeht.

Markus: Tja, also da bleibt uns ja nur, Holger, wir müssen da hin, oder, also sollte direkt auf dem Plan dieses Jahr irgendwann stehen.

Andreas Dick: Auf jeden Fall.

Holger: Unbedingt, also wirklich unbedingt also. Und, ja, eigentlich war es ja schon ein perfektes Schlusswort, vom Hopfen gekratzt werden und das ist auf jeden Fall, Andreas, dir heute gelungen, mich vom Hopfen zu kratzen, ja. Also ich werde sicher kein begeisterter Gin-Trinker und forste jetzt nicht das Internet durch nach ganz tollen Produkten, ich denke, ich bleibe beim Bier, aber trotzdem, war sehr, sehr interessant, sehr spannend. Und, ja, ich kann dir nur und deinem Betrieb und deiner Familie alles Gute für die Zukunft wünschen und die Chancen, die sich vielleicht aus so einer Katastrophe auch ergeben, dass die gut genutzt werden können. Und dass dann vielleicht dann in drei Jahren oder vier Jahren postum, dass du sagen kannst, Mensch, es war damals schrecklich, aber eigentlich war das auch toll jetzt, so wie wir jetzt dastehen. Und grade so eine neue Sorte wie Tango, die dann vielleicht besser mit der Trockenheit auch zurechtkommt, dafür ist sie ja auch gezüchtet, die kann man dann jetzt neu anfangen. Also vielleicht ergibt sich daraus was, ich wünsche es dir auf jeden Fall. Vielen, vielen Dank für deine Zeit, es war kurzweilig und sehr interessant.

Andreas Dick: Toll, vielen Dank.

Markus: Ja, vielen Dank auch von meiner Seite und, ja, dann freue ich mich auf ein baldiges persönliches Wiedersehen. Und an euch alle da draußen, ihr könnt also bedenkenlos euch gerne ein schönes Bitburger, gerne auch den Winterbock, den finde ich echt sensationell, einschenken, wenn ihr auf den Andreas anstoßen wollt oder eben euch so ein schönes Fläschchen GIN 8 bestellen, warum nicht. Also, bis dahin und an euch beide nochmal danke schön, bis zum nächsten Mal.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 77 – Interview mit Helmut Knöpfle, Whisky-Experte, Markenbotschafter und Keeper of the Quaich aus Hausham

Für die 77. Folge, also eine echte Schnapszahl, haben wir uns einen wahren Spirituosenkenner eingeladen, Helmut Knöpfle. Der bekennende Whisky-Fan startete vor über 30 Jahren bei Coca Cola in die Welt der Getränke, fand aber dann in Tennessee seine wahre Bestimmung. Weitere Stationen führten ihn rund um die Welt und in über 4.000 Whiskyverkostungen und -seminare, die er leitete. Seit Januar 2022 ist Helmut nun in Oberbayern heimisch geworden, wo er für die Destillerie Lantenhammer neue Strategien entwickelt. Im Podcast erzählt er über seine bewegte und teils auch beschwipste Geschichte und berichtet, was einen Whisky-Fachmann wie ihn auch heute noch antreibt, ständig auf der Suche nach neuen Entdeckungen und Informationen zu sein…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute Nummer 77 und weil es eine Schnapszahl ist, haben wir gedacht, wir gehen vielleicht auch mal ein bisschen weg vom Bier und ein bisschen hin zum Schnaps beziehungsweise zum Whisky und haben uns dafür einen ganz besonderen Gast eingeladen, nämlich den Helmut Knöpfle, der seines Zeichens Whisky-Botschafter, Whisky-Experte, Whisky-Fachmann ist, auch diverse Titel hat. Das werden wir alles noch besprechen, aber, Helmut, vielleicht stellst du dich einfach mal ganz kurz unseren Hörern selber vor.

Helmut Knöpfle: Wie du schon gesagt hast, Helmut Knöpfle, ich bin seit 1994 in der Getränke- und Spirituosenindustrie tätig und habe diesen Job als Markenbotschafter fast ausschließlich gemacht, die letzten Jahre. War eigentlich ständig unterwegs bei den Endverbrauchern, bei Kunden, bei Auszubildenden und bin immer noch, nach mittlerweile knapp 30 Jahren im Geschäft und habe die Freude bisher noch nicht verloren, mit Leuten über Whisky, über Spirituosen, über den Genussmoment zu sprechen.

Markus: Ja und das ist ja auch was, was uns beide so ein bisschen vereint, also ich sowohl auf der Bier- als auch auf der Spirituosenschiene, du mit dem Schwerpunkt der Spirituose. Aber da vielleicht noch so als Frage, du bist ja bestimmt nicht aus dem Muttermund gefallen und hattest sofort die Whisky-Flasche in der Hand, also wie kam denn dieser Übergang, dass du dich für das Thema überhaupt interessiert hast, wie kommt man da als junger Mensch darein?

Helmut Knöpfle: Ja, das ist eine, ja, eine lange Geschichte, wenn man so möchte, die reicht zurück bis ins Jahr 1994. Ich habe nicht in der Spirituosenindustrie gestartet, sondern bei einem alkoholfreien Getränkehersteller, nämlich bei Coca Cola. Und, ja, Coca Cola, der Hauptsitz liegt in Atlanta und da war ich auch das ein oder andere Mal. Und an einem verlängerten Wochenende wollte ich eben auch die Umgebung kennenlernen und so führte mich der Weg, ja, Richtung Tennessee, Richtung Kentucky und kleben blieben oder klebengeblieben bin ich da bei einer sehr bekannten Marke aus dem US-Bundesstaat Tennessee, nämlich Jack Daniels. Und so war mein Weg eigentlich gezeichnet, dass ich irgendwann Mal Coca Cola verlassen werde und, ja, mich Richtung Hochprozentig orientiere und meinen nächsten beruflichen Weg im Jahr 1998/99 beschreite mit dem, wie gesagt, Hochprozentigen im Hause Jack Daniels, Tennessee Whisky.

Markus: Und wie muss ich mir das vorstellen, also heißt das, du sitzt dann da und trinkst jeden Tag Whiskey oder du reist durch die Gegend und trinkst mit anderen Leuten Whisky oder was ist da so der genaue Job sozusagen?

Helmut Knöpfle: Der Job als Ambasador wird natürlich vielfach von Leuten, die Seminare abends besuchen, die sagen natürlich: „Wow, hast du einen coolen Job, du bist die ganze Zeit unterwegs und kannst Whisky trinken von früh bis spät und so weiter.“ So ist es eigentlich überhaupt nicht! Weil, ein Seminar zu halten, darf natürlich nicht unter Einfluss des Alkohols stattfinden, sondern als Brand Ambasador, als Markenbotschafter. Wenn man ein Seminar leitet oder ein Seminar durchführt oder eine Verkostung, ist man immer der Erste, der da ist, der die Location vorbereitet, aufbaut, den Beamer einrichtet beispielsweise, eine Leinwand aufstellt, alles verkabelt, die Kabel am Boden festklebt und so weiter, die Gläser aufstellt, die Testingsets und so weiter, alles soweit vorbereitet. Es ist ja, wir sind ja die Markenbotschafter hier in Deutschland oder weltweit, wir sind ja mehr oder weniger eine Ein-Mann-Show. Wir bereiten die Bühne vor, wir tanzen oder singen oder sprechen auf der Bühne und hinterher wird alles wieder aufgeräumt, saubergemacht, eingepackt und dann zum Nächsten gefahren. Das heißt also, ich bin spätestens gegen 16, 17 Uhr beim Kunden oder in der Veranstaltungsstätte, bereite alles vor, habe dann ab 19 Uhr für zwei, drei, vier, teilweise fünf Stunden den Vortrag über die verschiedenen Whiskys, die Herstellung, also die gesamte Entstehungsgeschichte, auch die gesetzlichen Hintergründe, natürlich auch die Verkostung. Und das kann dann durchaus mal, durchaus, ja, um die vier, fünf Stunden dauern. Und gegen ein Uhr morgens oder halb zwei Uhr morgens ist man dann fertig und begibt sich dann zurück ins Hotel, fällt ins Bett, schläft sofort. Und am nächsten Tag gegen acht ist man wieder auf der Straße und fährt dann zum Nächsten. Also es ist nicht so, dass man davon ausgehen kann, dass man jetzt nur die ganze Zeit Party macht, sondern die Zuhörer, die ja auch Geld bezahlen, 59 Euro, 119 Euro, je nach Qualitäten, die verkostet werden, die möchten auch natürlich den größtmöglichsten Nutzen und den größtmöglichsten Spaßfaktor natürlich für ihr Teilnahmegebühr haben. Und auch viel wissen und Geschichten und natürlich auch so ein paar humorvolle Geschichten hören, die es zu erfahren gibt innerhalb der Geschichten, die man eben zu erzählen hat.

Markus: ja, jetzt hast du mich so ein bisschen auch in eine kleine Zeitreise geschickt, muss ich sagen. Weil, wenn man mich so vor zweieinhalb Jahren gefragt hätte, wie das mit den Bierverkostungen ist, dann hätte ich das genauso erzählt. Also, klar, man fährt dahin, man bereitet es vor, man macht abends das Testing, fällt dann irgendwann im Hotel ins Bett. Und dann kam ja jetzt diese ganze Pandemiesituation. Wie war das denn für dich, hast du da auch dann, wie wir jetzt, das Ganze in Richtung Online umgeswitcht oder wie hat es dann für dich sich verändert?

Helmut Knöpfle: Das war eine nicht einfache Situation, die ganze Pandemiegeschichte, weil, ich bin es ja gewohnt, vor Leuten zu stehen. Man hat vor sich, von mir aus 20, 30, teilweise sogar über 100 Personen, die ich sehen kann, deren Reaktion ich sehen kann. Wo ich sehe, welcher humoristische Ansatz funktioniert, wann kann ich die Leute zum Lachen bringen, wann kann ich sie begeistern, um eben einen möglichst langen Zeitraum die Leute an mich zu binden von der Konzentration her. Weil, man trinkt ja Alkohol zwischendurch und natürlich wird auch der Gesprächsbedarf der Zuhörer irgendwann mal ungehalten, dass man sich seinem Nachbarn mitteilen möchte. Und wenn du drei, vier, fünf Stunden auf der Bühne stehst und erzählst was, das ist schon eine relativ lange Zeit. Also die Kommunikation, auch wenn es nur über die Blicke ist, ist in dem Bereich des Markenbotschafters und der Verkostung sehr, sehr wichtig. So, jetzt schlägt die Pandemie ein, es kann nur noch über den Bildschirm stattfinden. Du siehst teilweise nur die Köpfe, teilweise hast du auch nur einen schwarzen Bildschirm und man weiß nicht, wie ist die Reaktion. Auch wenn die Kostproben natürlich vorher verschickt sind und so weiter, man spricht drüber, ist es sehr, sehr schwierig auch mit der Emotion, die Leute zu begleiten. Und ich habe bei mir festgestellt, die ersten Testings, die ich Online durchgeführt habe, ich war aufgeregter und am Ende verschwitzter, als würde ich vor 100 Leuten eine Verkostung leiten, weil ich gestresster war aus dem Nichtwissen, kommt mein Vortrag, kommen die Worte an, kommen die Informationen an, stimmt die Paarung aus Geschichte, Geschichten und Humor? Weil man eben die Reaktion am Bildschirm nicht so genau sehen kann als in einer Menge, die sich dann auch selbst befeuern und eine gewisse Eigendynamik entwickeln. Also ist es, also für mich war es erheblich schwieriger und schwerer, nur am Bildschirm zu sitzen und über Whisky und über den Genussmoment zu philosophieren, ja, das stimmt.

Markus: Ja, also das ist wirklich eine echte Herausforderung. Mittlerweile, muss ich sagen, komme ich damit ganz gut zurecht. Es ist eben anders, man kann es nicht ganz genau vergleichen, man muss ein bisschen anders damit umgehen. Und manchmal hat man tatsächlich die Situation, die du grade geschildert hast, man hat da nur sechs, sieben schwarze Bildschirme vor sich und das ist dann wirklich nicht schön. Also, vielleicht an der Stelle mal ein Aufruf an alle, die jetzt hier vielleicht zuhören und mal bei Testings teilnehmen, also seit so nett und schaltet eure Kamera an, damit es auch eine wirklich Feedback-Situation gibt. Ja, nun hast du grade von den Geschichten erzählt, die man da erzählt. Also vielleicht, wie viele Testings hast du insgesamt gemacht? Und hast du so eine Lieblingsgeschichte, wo du sagst, die ist echt so ein Knaller, die bringe ich besonders gerne?

Helmut Knöpfle: Ja, es gibt tatsächlich eine Geschichte. Um auf deine erste Frage einzugehen, wie viele Testings habe ich bereits hinter mir, es müssten so an die 4.000 Vorträge mittlerweile sein. Das sind so aufs Jahr runter gebrochen, 120, 150 Vorträge. Also schon daran kann man erkennen, dass ich … natürlich in den Sommermonaten sind es mehr Schulungen an Berufsschulen, in den dunklen Monaten, also von, sagen wir mal, September bis März, April ist es dann eher die Verkostungsveranstaltung, die beginnt um 18, 19 Uhr. Also von dem her ist es schon, ja, auch jahreszeitlich unterschiedlich. So, jetzt bin ich aber so weit im Sprechen drin, dass ich das eine vom anderen vergesse. Du sagtest, die schöne Geschichte, eine schöne Geschichte, ja, die gibt es tatsächlich. Ich war mal mit einem sehr netten, sehr geschätzten Kollegen unterwegs, nämlich Richtung Insel Islay zur Whisky-Brennerei Bowmore. Und das, was ich da erfahren habe, das war also mal richtig lustig. Wir saßen im Flughafen in Glasgow und warteten auf den Flieger nach Islay, also zu dem kleinen Flughafen auf die Insel Islay. So, nach drei, vier Stunden Verspätung, weil eben auf der Insel Islay so ein Sturm getobt hatte oder es so windig war, dass der Flieger nicht landen konnte, wurde also der Flug immer pro Stunde verschoben, verschoben, verschoben. Irgendwann Mal kam der Pilot in den Wartesaal, es waren ja bloß 18 Leute, die da hingeflogen sind und hat gesagt: „So, wir versuchen jetzt mal rüber zufliegen.“ Wir gehen zum Flieger, steigen ein, fliegen los. Der Flug von Glasgow nach Islay dauert ja nur 20, 25 Minuten, da sagt der Pilot: „Wenn es klappt, dann werden wir landen und dort bleiben. Wenn der Wind allerdings so stark ist, dass wir nicht unten bleiben können, nicht landen können, dann starten wir durch und in einer Stunde sind wir wieder zurück in Glasgow.“ So, ist also da schon mal eine verrückte Geschichte einfach, einen Landeanflug zu probieren, ob es geht oder nicht. Und wir sitzen also dann im Flieger, ist schon einige Zeit her, der Kollege, den ich dabei hatte, der hatte in seinem Handgepäck eine 02-Literflasche Glenmorangi, den Zehnjährigen dabei. So, wir sitzen drin, der Pilot sagt: „Bitte fest anschnallen und unbedingt angeschnallt bleiben, es könnte nämlich etwas bumpy, etwas holprig werden bei dem Flug von Glasgow nach Islay.“ Okay, mein Kollege, der auch ein bisschen Flugangst hatte und immer noch hat, nimmt diese 0,2-Liter-Whisky-Flasche aus seinem Handgepäck, zieht die auf einen Satz runter, also auf Ex leert der 0,2 Liter aus, guckt mich mit großen Augen an und sagt: „In meiner Familie machen wir das immer so.“ Und diese Geschichte, die erzähle ich tatsächlich bei vielen, vielen Testings. Weil, es ist tatsächlich so, wenn du Flugangst hast und in einem kleinen Flieger, propellergesteuert, da der ja besser zu steuern ist als eine Turbinenmaschine, grad in so stürmischen, ja, Eigenschaften auf der Insel Islay mit dem Landeanflug, da kann es für den ein oder anderen, der also das Fliegen und Achterbahnfahren vielleicht nicht so gerne mag, durchaus etwas kritisch werden. Und der Whisky hat durchaus geholfen, also der Kollege rechts neben mir am Fenster war richtig entspannt, hat das dann auch genossen. Und ich war ebenfalls froh, dass er also da nicht mit dem Kreislauf Schwierigkeiten bekommen hat oder sonstige Sachen zu beklagen hatte. Und das ist eine der sehr eindrucksvollen Geschichten, die ich, wie gesagt, immer gerne erzähle, wenn es also um die Anreise zur Insel Islay geht.

Markus: Ja und noch dazu eine, die du auch selbst erlebt hast, also das macht die Sache ja auch nochmal authentischer und spannender. Und interessant, dass Whisky da durchaus auch mal so eine Wirkung entfalten kann. Ja, was ich auch noch sehr interessant finde, für uns in der BierAkademie war es ja so, dass wir die Ersten waren, die so mit diesem Thema Foodpairing professionell gearbeitet haben, grade mit Bier und Schokolade, mit Bier und Käse und du warst, glaube ich, der Erste, der das Ganze mit Whisky gemacht hat. Also wie man dann eben grade mit der Spirituose Whisky, die ja schon eine Herausforderung ist durch ihren höheren Alkoholgehalt und dadurch, dass man eben normalerweise nicht 0,2 pro Gang trinken kann und das dann mit einem Diner oder mit einem Menü zu kombinieren. Wie hast du das entwickelt, wie kam das an, wie haben da die Leute reagiert?

Helmut Knöpfle: Das reicht auch einige Jahre zurück, das war ja so die Situation, nur eben ein nacktes Whisky-Testing zu haben ohne Essensbegleitung. Dann gab es zwischendurch schon, hat man mal, ja, Landjäger und so ein Bauernbrot mit dazu gereicht. Aber so im Laufe der Zeit war eben die Idee, wieso kombiniert man nicht Whisky mit einem entsprechenden Menü, so wie es beispielsweise bei einer Weinverkostung oder bei einem Wein-Menü oft schon zelebriert wird und auch durchgeführt wird. So, ob ich jetzt der Allererste war, kann ich nicht mit 100-prozentiger Sicherheit sagen. Was ich weiß, dass es zu dem Zeitpunkt, wo ich unterwegs gewesen bin, zum Beispiel im Europäischen Hof in Heidelberg, war das ein absolutes Novum, fünf oder sechs Whiskys aus Schottland, also Single Malt Scotch Whiskys zu präsentieren, in Verbindung mit einem schönen Menü, natürlich abgestimmt auf die Geschmackseindrücke des Whiskys. Und mit einer Gruppe von Leuten, die sich natürlich auch nicht gegenseitig kannten, weil sie sich einfach im Hotel angemeldet hatten, zu einem Whisky-Desgustationsmenü. Und das war, so in den Anfangszeiten war es eben ein komplett, ja, ein Novum könnte man sagen, in dieser Szene, weil es bis zu diesem Zeitpunkt, Anfang der 2000, noch nicht so in der Gänze, wie es heute durchgeführt wird, bekannt gewesen ist. Und da gibt es ja die verschiedensten Abwandlungen. Hat man Meeresfrüchte oder nimmt man Wildgerichte oder nimmt man nur das heimische Rind beispielsweise oder die heimischen Tiere oder nur fokussiert auf, ja, vegetarisch oder vegan, wenn es sein möchte, da sind viele verschiedene Dinge und Möglichkeiten und Speisenabfolgen natürlich möglich. Das auch einen großen Spaß macht für denjenigen, der an einem Diner oder an einer, ja, Diner-Whisky-Verkostung teilnimmt, weil es auch ganz neue Geschmacksvarianten auf der Zunge, auf dem Gaumen hervorbringt und, ja, so eine neue Situation beschreibt. Weil, wenn ich hergehe und, ja, würde sagen, genießt man denn nur einen rauchigen Whisky mit einer rauchigen Zigarre im Nachgang nach einem Diner, dann stelle ich oftmals die Frage, isst du denn gerne Schokoladeneis mit Schokoladensoße oder Vanilleeis mit Vanillesoße? Natürlich eher selten. Man nimmt ja oftmals die gegensätzlichen Produkte, also Vanilleeis und Schokoladensoße oder Vanilleeis und heiße Himbeeren, also immer die gegensätzlichen Dinge, die sich anziehen. Genauso kann man das auch im Whisky-Segment natürlich ansteuern und zelebrieren, dass man nicht einen rauchigen Whisky mit einer rauchigen Zigarre logischerweise, sondern einen rauchige Zigarre mit einem Sherry-lastigen Whisky kombiniert, um eben diese Geschmacksnuancen gegen sich zu pushen und einen größeren Genussmoment zu haben. Weil, Rauch und Rauch blendet sich im gewissen Sinne auch gegenseitig aus. Und das größere oder der größere Geschmacksmoment ist so mit den gegensätzlichen Geschmackswelten noch besser herauszuarbeiten und noch schöner zu genießen.

Markus: Ja, sehr, sehr spannend. Und ich kenne das ja durchaus vom Bier, da gibt es ja auch das Rauchbier, grade hier in Bamberg und da war es eben am Anfang auch immer so, dass die Leute gesagt haben: „Ja, da musst du halt den rauchigen Schinken, den rauchigen Käse oder irgendwie so dazu nehmen.“ Das geht auch irgendwie, also kann man schon machen, weil es eben in gewisser Weise harmonisch ist, aber es ist eben nicht wirklich spannend, weil man halt nur mehr vom Selben hat, aber eben nix anderes. Und da haben wir zum Beispiel tatsächlich auch über ein Whisky- und Bier-Seminar, wo wir dann mit Whiskys gearbeitet haben und mit Bieren und mit Essen dann rausgefunden, dass es zum Beispiel eine ganz tolle Zimtpraline von unserem örtlichen Schokolatier gibt, die sowohl sehr schön zu einem Rauchbier-Doppelbock passt als auch zu einem eher rauchigem Whisky. Also wo man dann wirklich auch mit der süßen Ecke da zum Beispiel mal arbeiten kann und das hat echt gut funktioniert. Also insofern, Foodpairing ist super spannend. Also ich hatte so dieses Jahr, nee, letztes Jahr einen sehr krassen Moment, da war ich in Österreich und die Herausforderung war, dass der Koch sich ein Menü überlegt hatte von zehn Gängen, die alle mit Innereien gemacht waren und dazu wollte er dann jeweils passende Biere haben. Und das ist schon mal von der Anzahl der Biere natürlich krass, zehn Stück und dann vielleicht noch einen Aperitif und Digestif oder irgendwie so und natürlich dann diese speziellen Gerichte, die ich jetzt ja nun auch nicht alle kannte. Das ist ja auch so ein Punkt, das man ja sich ein bisschen was drunter vorstellen muss, aromatisch, was da jetzt auf dem Teller landet, um dann irgendwas zu finden, was sich da kombiniert. Wie gehst du da so ran, ist es für dich eher so, dass du sagst, du hast die und die Whisky-Palette und wir suchen was passendes zu Essen oder erlebst du es auch, dass jemand sagt, ich habe das und das Menü und bringe mir mal was Spirituosenmäßiges dazu, wie funktioniert das bei dir?

Helmut Knöpfle: Da bin ich schon so, ja, ein kleiner Egoist, weil, ich suche mir natürlich auch gerne, wenn ich ein Degustationsmenü moderiere und begleite und habe die Möglichkeit, mit dem Chefkoch mir was auszudenken, dann nehme ich natürlich auch gerne die Dinge, die ich gerne esse und gerne auf dem Teller habe natürlich, um da so eine Speisenfolge zu kreieren, die auch mir schmeckt, logischer Weise. Das ist der eine Punkt, wie man es machen kann. Das andere ist natürlich auch, dass der Chefkoch oder der Hotelinhaber oder der Veranstalter auch natürlich seine Ideen mit einbringen kann, was er denn gerne als, ja, Menüvorschlag, ja, haben möchte, weil es eben zum Haus passt oder zum Restaurant passt. Und von diesen verschiedenen Gesichtspunkten muss man eben dann die dazu passenden oder auch nicht passenden Whiskys aussuchen, damit sie eine möglichst komplexe Spanne an, ja, Degustationsvariationen hervorbringen. Ist ganz spannend einmal, weil ich grade sagte, was dazu passt und was dazu nicht passt, weil grade, wenn etwas absolut nicht passt, komplett polarisierend ist, dann ist es auch wieder so, dass man einen gewissen Reiz daran findet und dann, ja, unbewusst sucht, wo denn hier die Parallelen sein können, wo sie gar nicht vorhanden sein können, weil sie eben so weit auseinanderliegen, eben wie Vanilleeis und Schokoladensoße. Und das macht das ganze System, wenn man so möchte, macht es sehr interessant in der Zusammenführung der verschiedenen Whiskys zu den Menüfolgen. Weil, wenn man, sagen wir mal, 40, 50 verschiedene Whiskys aus einem Unternehmensportfolio zusammenführt, ist es wie ein Lottospiel eigentlich, ich habe sieben Whiskys aus möglichen 50 aus dem Portfolio. Und genauso wie beim Lottospiel habe ich die Möglichkeit, dass man also mehrere 100 Variationen dadurch erstellen kann, nur das Zusammenfügen der Whiskys in Kombination mit dem Paaren der Speisen dazu, um eine ordentliche und schöne Abfolge auf der einen Seite haben zu können und natürlich auch einen schönen Gaumenschmaus, eine Explosion, wie es ja oftmals bezeichnet wird, wie ein kleines Feuerwerk von einem Menü zum anderen. Und das macht die ganze Verkostungslinie, wenn man also das als Menü bezeichnet, so spannend und so interessant, weil es nahezu unendliche Möglichkeiten gibt, Speisen und Whisky zusammenzuführen.

Markus: Ja, generell Foodpairing ist für mich auch immer eine ganz spannende Geschichte, weil es ja so ist, dass man eigentlich zwei Dinge zusammenführt, die alleine schon gut sind, aber zusammen eben noch ein bisschen besser und überraschend. Und, ja, es vielleicht im Idealfall auch so ist, das keiner von den beiden gewinnt. Nun heißt das Ganze ja BierTalk und deswegen sollten wir zumindest mal ein Bierchen aufmachen. Es sei dir natürlich verziehen, dass du in diesem Moment jetzt nicht zu einem Bierchen greifen möchtest, ich habe aber mal eins ausgesucht, was auch ganz gut zu dem Thema heute passt. Ich mache es mal kurz auf, das hat hier nämlich erst mal oben so eine Schutzkappe und dann einen normalen Kronkorken.

Helmut Knöpfle: Dieses Geräusch macht Lust.

Markus: Ja, ne. Ich würde es dir jetzt gerne rüber reichen, aber das machen wir dann mal persönlich, wenn wir uns wieder treffen. Also wie schaut das Ganze aus? Ich habe jetzt hier in dem Glas ein Bier oder zumindest ein Getränk, sagen wir mal so, was so ein orange, braun hat, aber mit einem relativ intensiven Rotstich drin. Also das ist fast schon wie mit roten Beeren getränkt, so ungefähr schaut es aus. Oben drauf sitzt ein schöner weißer Schaum, leicht getönt. Und wenn man da dran riecht, dann ist es sehr fruchtig und auch so gewürzig, man hat so fast Gewürztraminer als Eindruck, dann geht es so ein bisschen in die Himbeere auch, in die Erdbeere. Also sehr spannend, sehr fruchtig. Ich probiere mal ein Schlückchen. Das ist sehr spannend, also es geht los und erinnert einen erst mal an Bier, also man hat ein bisschen malzige Aromen, ein bisschen Getreide, ein bisschen so wie Toast, aber dann kommen auch wieder diese fruchtigen Aromen. Dann hat es was von Apfel, geht dann auch wieder so in diese Gewürztraminer-weinigen Aromen und dann geht es über in rote Beeren, Kirsche, Himbeere, hinten raus kommt dann auch eine gewisse Säure. Und das bleibt relativ lange auch nach dem Trunk und, ja, ist eine sehr interessante, spannende Geschichte. Was habe ich da für ein Bier? Das nennt sich Zwei Welten und kommt von meinem Freund David Hartl, der hier eine Brauerei in der Nähe von Bamberg hat. Und der war vor Kurzem in Südtirol und hat dort mit einer Brauerei aus Südtirol zusammen ein Bier gemacht. Und das ist eben nicht nur ein Bier, sondern ein Bier-Wein-Hybrid. Das heißt, sie haben dann eben auch Trauben genommen von Weinbergen vor Ort und haben dann das Malz und die Trauben zusammen vergoren. Und das gibt sogar einen Bierstil, der nennt sich Italian Grape Ale, den die Italienern so ein bisschen für sich reklamieren, wo man eben dieses Zusammenspiel von Trauben und Getreide für die Erzeugung eines bierähnlichen Getränkes am Ende eben nutzt. Und das ist wirklich spannend und eine tolle Mariage, könnte man sagen, die sehr viel Spaß macht. Wir haben uns ja auch mal drüber unterhalten, das gibt es ja auch im Whisky-Bereich, dass man zum Beispiel einen Whisky nimmt und n ein gebrauchtes Fass gibt, wo zum Beispiel vorher ein IPA oder ein Stout oder sowas drin war. Wie hast du das so erlebt? Und eigentlich sozusagen ist ja Whisky doch sehr nah am Bier, also gibt es da für dich nicht doch eine gewisse Affinität?

Helmut Knöpfle: Die Affinität ist grundsätzlich natürlich gegeben, weil da, ja, einige Produktionsschritte sicher sehr, sehr ähnlich sind, wenn nicht sogar gleich. Nur, was eben das Bier vom Whisky unterscheidet, ist die Destillation und natürlich die jahrelange Einlagerung. Und, ja, wenn man so in der Geschichte zurückschaut, war ja das Fass ursprünglich als Transportmittel sehr, sehr wichtig, auch mit dieser typischen Bogenform, damit man es auch gut rollen und gut um die Kurve bringen konnte. Weil, ein zylindrisches Fass mit einem Inhalt von 200 Kilo Flüssigkeit, plus nochmal 50 Kilo Holz als zylindrischer Körper, wäre unmöglich, zwar nach vorne und zurück zu rollen, aber man würde es sehr, sehr schwer um die Kurve bringen. Deshalb hat so ein Fass auch so eine leichte Bogenform mit einer Auflagefläche, die vielleicht, ja, so groß ist wie zwei Briefmarken. Und mit diesem kleinen Punkt kann man natürlich so ein Fass auch angenehm durchs Lagerhaus rollen oder wo auch immer es hin muss. Und im Laufe der Zeit kam man ja auf die Idee, den Whisky ins Holzfass zu legen, um dem auch gewisse Holznoten, dieses Vanillin und die Bestandteile des Holzes angedeihen zu lassen. Das war ja vor 300 Jahren in Amerika, dachte man ja ursprünglich, es ist ein Negativmerkmal für den Whisky. Weil, der wurde beispielsweise produziert in Kentucky, wurde in Transportmaterial eingefüllt, also in Fässer eingefüllt, wurde auf einen Waggon gelegt, mit Pferden und ging dann beispielsweise von Kentucky dort durch die ganzen Staaten hindurch Richtung Westen, von mir aus, nach San Franzisco oder wo auch immer hin. Da waren die schon mal ein halbes Jahr unterwegs mit so einem Pferdefuhrwerk. Und im Laufe der Zeit auch durch den Einfluss der Hitze, hat natürlich der Whisky, sehr hochprozentig, mit 60, 65, 70 Prozent Fassstärke, wie man so schön sagt oder so, wie er aus dem Brennkessel kam, hat der natürlich gearbeitet mit dem Holz und hat aus dem Holz Geschmacksanteile extrahiert, Farbanteile extrahiert. Und noch vor, ja, 300 Jahren dachte man, als man ankam beispielsweise in San Franzisco, dass es für den Whisky ein Negativmerkmal ist, wenn der jetzt plötzlich Farbe bekam im Laufe der Zeit. Und es hat Jahrzehnte gedauert, bis man festgestellt hat, das der eigentlich runder, angenehmer, weicher und viel besser trinkbar geworden ist durch die Lagerung im Holzfass, und so hat sich im Laufe der Zeit die Holzfasslagerung entwickelt. Wir haben ja in Schottland diese Mindestlagerzeit von drei Jahren in einem Holzfass, und meistens sind die Whiskys natürlich älter, sieben Jahre, zehn, zwölf, 15, 18, 20, 25. Und je länger natürlich der Whisky Kontakt hat mit dem Holz, desto angenehmer bis zu einem bestimmten Grad wird er natürlich und desto mehr verschiedene Duftanteile, Geschmacksanteile extrahiert er natürlich aus dem Holz und wird zu dem, wie wir ihn kennen natürlich.

Markus: Ja und das finde ich jetzt ganz spannend, was du sagst, weil, das wusste ich jetzt so auch noch nicht. Bedeutet das eigentlich, dass dann die Holzfasslagerung von Amerika nach Schottland rückwärts exportiert wurde oder haben die Schotten das vorher auch schon so gemacht?

Helmut Knöpfle: Das ist eine gute Frage. Das muss wahrscheinlich auch in Schottland parallel gelaufen sein, dass man dort auch Fässer verwendet hat, um natürlich den Whisky einzulagern. Weil, seit wann wird in Amerika Whisky hergestellt? 200, 300 Jahre, 1766, wann auch immer. Seit wann wird in Schottland Whisky hergestellt? Es ging los im Jahr 1494. Also, da ist Schottland weit, weit voran und hat zu der Zeit auch schon natürlich ein Transportmedium oder ein Lagermedium gebraucht. Und wer waren denn die Leute, die in Amerika Fuß gefasst haben? Die ursprünglichen Einwohner, das waren die, die Christoph Kolumbus natürlich fälschlicherweise als Indianer bezeichnet hat, als er auf der Suche nach Indien war, das ist das eine. Die haben vielleicht geraucht, um mal, in Anführungszeichen, zu sprechen, aber sie konnten keinen Whisky, keine Destillate herstellen. Das waren die Einwanderer, kommend aus Irland, aus Schottland beispielsweise, aus Europa, die die Kunst der Destillation dabei hatten und sich natürlich das vorhandene Getreide, zunächst mal der Roggen, sich das zunutze gemacht haben und daraus Alkohol hergestellt haben. Also die Schotten mit ihren Ursprungspunkten, einmal Schottland natürlich und einmal auch aus dem Jahr 1296 nach Christus, als in Irland zum ersten Mal urkundlich dokumentiert der Whisky oder dieses Wasser des Lebens, das unv. #00:31:34-5# dokumentiert worden ist, liegt erheblich länger zurück als die Kunst der Destillation und der Whisky-Lagerung in den amerikanischen Fässern.

Markus: Ja, faszinierend. Also spätestens jetzt haben, glaube ich, alle Hörer mitbekommen, dass du wirklich ein echter Whisky-Experte bist. Wie wird man das eigentlich, also gibt es dafür eine Fachausbildung oder musstest du da irgendwo in die Lehre gehen oder wie eignet man sich so ein Wissen an?

Helmut Knöpfle: Ja, das ist, ja, dauert zunächst eine lange Zeit. Da erzähle ich gleich noch ein paar Geschichten auch dazu. Ja, spätestens jetzt, sagtest du, weiß der Hörer. Ja, ich muss da auch mich selbst etwas im Zaum halten, weil der Gesprächspartner, du zum Beispiel, du fragst mich für fünf Pfennig und bekommst für eine Mark eine Antwort. Und dann wird das Ding natürlich, dann sprechen wir nicht eine Stunde, sondern drei Stunden über das Thema Whisky. Weil, wenn ich im Reden bin, fällt mir natürlich das noch ein und das noch ein und das könnte ich noch erzählen. Und dann werden die Abende, die geplant sind mit zwei, zweieinhalb Stunden, die werden dann plötzlich zu vier, viereinhalb und fünf Stunden, von der Länge her. Und das ist ja auch das Schöne und das Angenehme dabei, das man über das Thema Whisky eigentlich nicht diskutieren kann. Ist jetzt so ein bisschen, ja, mit spitzer Zunge gesprochen, worauf ich hinaus will, wenn du fünf, sechs, acht Whiskys getrunken hast bei einer Verkostung oder bei einem Testing, beim Seminar, dann bist du auch nicht mehr so richtig in der Lage zu diskutieren, sondern, und das ist der schöne Effekt dabei, du bist in der Lage zu philosophieren. Und ich habe bei allen Whisky-Testing, also bei diesen 4.000 zurückliegenden Whisky-Testings, habe ich immer erfahren, dass der Whisky die Leute zusammenbringt, sie nicht aggressiv macht, sondern sie in die Philosophie führt und Freundschaften schließt. Und das ist das Wunderbare daran, drum mache ich diese Whisky-Testings auch sehr, sehr gerne, egal in welchem Kundenkreis oder in welchem Segment, ob das Motoradclubs sind, ob das Sommeliers sind, ob das Bierspezialisten sind oder einfach nur Konsumenten, die einfach gerne mal einen Whisky genießen. Wenn die Leute unter dem Dach des Whiskys, unter diesem schönen Baldachin Whisky zusammensitzen, dann sind sie in der Lage zu philosophieren, Freundschaften zu schließen und einfach das Leben zu genießen. Deine Frage, wie wird man zum Whisky-Experten, es ist auf der einen Seite natürlich die Liebe zur Spirituose, auf der anderen Seite auch die Liebe zu den Menschen. Vor Leuten zu stehen, den Leuten eine Information zu bringen, die sie vielleicht noch nicht in dieser Gänze kennen, natürlich auch die Leute zu unterhalten, einen schönen Abend zu gestalten oder eine schöne Zeit zu gestalten, um so ein bisschen Information, Hintergrundwissen und die Tiefe der Spirituose des Whiskys zu erklären, um eben noch bewusster genießen zu können. Wie wird man zum Whisky- oder zum Spirituosen-Spezialisten? Es sind Unmengen an Büchern zu lesen, an Fachliteratur zu lesen, viele Termine im Austausch mit Brennmeistern, mit anderen Markenbotschaftern, die Brennereien natürlich zu besuchen. Selbst auch viel Whisky zu probieren, nicht in Menge, sondern von der Unterschiedlichkeit natürlich und seinen eigenen Horizont innerhalb dieses kleinen Universums erheblich zu erweitern, um auch so einen gewissen Draufblick zu haben, was ist möglich innerhalb dieser kleinen Welt und was macht am meisten Spaß und worüber lässt sich wohl am besten informieren oder philosophieren in dem Fall. Der Punkt ist natürlich, jeder Küchenmeister, jeder Installateur, jeder Bäckermeister, der sich für sein Fach interessiert, hat genauso ein großes Wissen über sein Fachgebiet wie ein anderer beispielsweise. Also ein Universitätsprofessor weiß natürlich auch viel, weil er das schon über Jahrzehnte hinweg macht und weil er jeden Tag sich mit seiner Materie beschäftigt und sich dafür interessiert und nicht zweimal pro Woche zum Handballspielen geht, dann zum Fußballspielen und dann noch zum Schafkopfen beispielsweise. Also, man ist schon irgendwo getrieben von einem Wissensdurst und der geht ja immer weiter. Du läufst bis zum Horizont, möchtest erfahren, was ist dort. Dann stehst du am Horizont und siehst wieder einen Horizont und gehst wieder weiter und möchtest das noch wissen, das noch wissen. Und das ist so diese schöne Gegebenheit, dass das Aufsaugen des Wissens niemals endet. Also dass das Lernen über den Genuss über Whisky, über jedwedes Thema, hat niemals ein Ende. Und das ist das Schöne für uns Menschen, dass wir immer eine Aufgabe haben.

Markus: Das stimmt, das treibt einen an und lässt einen auch immer wieder neugierig sein. Und man muss natürlich auch sagen, es ist einfach noch diese zweite Komponente, also das eine ist, dieses Wissen der Materie an und für sich und das zweite ist eben, wie gebe ich das weiter, wie gehe ich da mit Leuten um, wie vermittle ich das dann, und das ist ja sicherlich nochmal eine andere Herausforderung. Apropos, ich habe bei dir gesehen, du hast noch so einen schönen Titel, ich hoffe, ich spreche ihn richtig aus, da steht Keeper of the Quaich. Habe ich es richtig ausgesprochen und was bedeutet das?

Helmut Knöpfle: Ja, du hast es richtig ausgesprochen, Keeper of the Quaich sagen viele. Auf Deutsch übersetzt heißt dieser Titel, der Hüter der Schale. Die Schale, das ist so ein Trinkgefäß, ein typisches Trinkgefäß aus Schottland. Man muss das mit beiden Händen fassen, kommt aus der früheren Zeit, damit man seinem Gegenüber, wenn beispielsweise die verfeindeten Clans, die jetzt Frieden schließen oder irgendwelche Leute, die sich eben treffen und sich vielleicht nicht so grün waren ursprünglich, dass man beide Hände an dieser Schale hatte. Also nicht parallel zum Trinken noch ein Messer oder eine Waffe ziehen konnte, um den anderen zu verletzen, um die tatsächliche Freundschaft zu begießen und darauf anzustoßen. Deshalb hat man also da in Schottland diesen Quaich, diese Schale gehabt, um eben, ja, sich zuzuprosten oder sich eine gute Gesundheit mit dem Anstoßen zu wünschen. Und da gibt es seit dem Jahr 1989 eine Vereinigung in Schottland, die Leute, die sich besonders verdient gemacht haben zum Thema Scotch Whisky, die werden berufen, ausgesucht, eingeladen nach Schottland auf Blair Castle und werden in einer großen Zeremonie mit dem Titel, der auf Lebenszeit gilt, Keeper of the Quaich, ausgezeichnet. Und man muss sich das vorstellen wie so eine Art Firmung, man wird aufgerufen, es wird ein, ja, es wird erzählt über die Dinge, die man geleistet hat im Scotch-Whisky-Business. Und zur Zeremonie legt man die rechte Hand an einen übergroßen Quaich, an eine große Schale und schwört gewissermaßen die ewige Treue auf den Scotch Whisky und wird somit in den Stand der Keepers of the Quaich erhoben. Und dann ist eine große abendliche Feier mit verschiedenen Duks, mit Earls, mit Royals aus Schottland und wird also dann in diesen Stand der Keepers of the Quaich berufen oder erhoben, wenn man so möchte. Ausgezeichnet natürlich mit einer Urkunde, die hier auch im Büro hinter mir hängt. Und das war, ich gucke mal drauf, am 26. März 2018 auf Blair Castle in Schottland. Und die eigene, wenn ich da noch weitererzählen darf, die eigene Zeremonie, die Hand an die Schale zu legen und auf den Whisky zu schwören und die Auszeichnung zu bekommen, das ist das eine, was also sehr, sehr beeindruckend ist, wo schon beim Erzählen sich bei mir die Haare aufstellen und um einen Stehplatz raufen. Aber das, was ebenfalls gleichsam bedeutsam und beeindruckend war für mich, ist der Abend, wo es also ein Whisky-Diner gab, natürlich mit Haggis und so weiter, wo also diese Royals, die auch zuhause bleiben hätten können, sich Deutschland sucht den Superstar anschauen oder was weiß ich im schottischen Fernsehen kommt, nein, die kommen auch zu dieser Zelebration, zu diesem Abend. Und dann steht einer von den Duks auf, geht nach vorne auf die Bühne und singt Acapella, alleine, ohne Begleitung, ein schottisches Lied vom Burns zum Beispiel. Also dann ein anderer, der sich kaum auf den Händen halten konnte, steht auf und ist mit zittrigen Händen und spricht zu den neuen Keepers. Also ich war der einzig Deutsche, der im Jahr 2018 in diesen Stand erhoben wurde, es waren 29 andere weltweit, die diesen Titel bekamen. Und erst im Nachgang habe ich dann mitgekriegt, dass dieser Royal, der mit zitternden Händen sich auf den Tisch gestützt hat, dass der im Krieg sechsmal verwundet worden ist und mit einem Rollstuhl kam und extra aufstehen wollte, sich eben mit den Händen am Tisch abgestützt hat, um zu den neuen Keepers of the Quaich zu sprechen. Und das ist, also das war für mich mal absolut beeindruckend, dass jemand kommt, der an den Rollstuhl gefesselt ist, gezeichnet vom Krieg, von wo auch immer her und spricht zu mir, zu einem kleinen Licht, der Whisky-Testings macht in Deutschland, spricht zu mir und freut sich, dass ich jetzt einer von den Keepers bin. Und das ist mal richtig beeindruckend und das begleitet mich das ganze Leben. Auch dieser Titel, es ist nicht, dass ich mich jetzt da auszeichne mit dem Titel, sondern es ist also nicht so, dass der Titel den Mann ehrt, nach meinem Verständnis, sondern der Mann ehrt den Titel. Also so, wie ich vorgehe, so wie ich bin zu den Menschen in den Testings, zu meinen Nachbarn, zu meinen Kollegen, ist es der Mann, der den Titel ehrt. Also ich habe auch etwas zu ehren, weil ich eben diesen Titel verliehen bekommen habe. Und das ist ganz wichtig und sehr beeindruckend für mich seit dieser Zeit, seit dem 26. März 2018.

Markus: Es gibt in der Bierwelt was Ähnliches, das ist die Knighthood of the Brewer´s Paddle in Brüssel, wo man dann eben auch als Bierfachmann sozusagen in den Ritterstand erhoben werden kann für das belgische Bier. Und das ist auch sehr, sehr stark zeremoniell und ist auch immer mit viel Gänsehaut verbunden. Und wie du schon sagst, das ist eben so, dass diese Leute, die diese Auszeichnung bekommen, dann eben auch erst Recht den Titel ehren, also dann eben auch aktiv sind. Und das ist vielleicht noch ein Punkt, über den wir reden sollten in dem Podcast, wie man dich denn erleben kann. Und da gibt es die ganz einfache Version, man kann dich als Buchautor erleben, weil, du hast auch schon ein paar Bücher geschrieben, oder?

Helmut Knöpfle: Genau, bei dem Thema, wenn du sagst, ein paar Bücher, dann hört sich das an wie zehn, 15, 20 Stück, ein Paar muss man in dem Fall auch wirklich nehmen, es sind nämlich nur zwei. Eins davon hat den Titel, Praxishandbuch Bar und Gastronomie. Das hat auch eine schöne Geschichte eigentlich als Hintergrund. Nämlich als ich angefangen habe, in der alkoholfreien Getränkeindustrie unterwegs zu sein, das war ich von einem Gastronomen zum anderen. Ich hatte in dem kleinen Gebiet, das ich betreut hatte bei Coca Cola, 550 Kunden, Gastronomie, Betriebsmärkte, alles Mögliche. Und ich habe mir bei jedem, es gab ja so, und das gibt es auch heute noch, so kleine Bedienungsblöcke und die hatte ich immer im Auto dabei und habe mir immer Notizen gemacht, was ist eigentlich interessant bei dem Gastronom, was macht der Gastronom gut oder der Veranstalter oder der Hotelbesitzer, was macht er richtig schlecht und wo ist es zu verbessern. Habe ich mir nur für mich eben auf Bedienungsblockzettel aufgeschrieben und das Ganze über einen Zeitraum von fünf Jahren. Ich habe die Zettel, habe ich gesammelt in einer großen Schuhschachtel, wo so Winterstiefel drin sind. Diese Schuhschachtel, die war echt gefüllt bis ganz nach oben hin. So, jetzt habe ich irgendwann Mal mir überlegt, was mache ich mit dem ganzen Papier? Ich schmeiße das jetzt einfach weg, weil es sowieso nur rumsteht. Und dann fing ich an, diese Zettel auszusortieren und nach bestimmten Themenfeldern zu kategorisieren. Und dann ging es los, da könnte man da eine Abhandlung schreiben, da eine Abhandlung schreiben. Und mehr und mehr, es dauerte vielleicht so ein Dreivierteljahr, Jahr ungefähr, hatte ich mir dann natürlich auch als Ziel gesetzt, dass mal in einer Word-Datei runter zuschreiben, da hatte ich circa 280 Seiten an Material zusammengefasst. Und so ist das dann entstanden, dass man über einen Verlag, dass sich da ein Buch draus entwickelt hat. Das war das Erste, also das Praxishandbuch Bar und Gastronomie. Und das zweite ist relativ jung, das kam jetzt im Jahr 2019, glaube ich, auf den Markt, über die Tätigkeit in der, ja, an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Wo wir auch unserer beider Link haben, wenn ich bei dir in Kulmbach beispielsweise bin mit der Ausbildung zum Edelbrand-Sommelier. Und da wurde ich gefragt über die Dinge, die ich in Weihenstephan spreche, ob man da nicht die Möglichkeit findet, ebenfalls ein Buch zu schreiben? Und dann habe ich natürlich sehr großspurig gesagt: „Natürlich, das mache ich innerhalb von einem halben Jahr, ist das fertig. Und wie viel Seiten sollen geschrieben werden?“ Sagen die: „Ja, locker 200.“ So und dann habe also diesen Autorenvertrag unterschrieben und habe mir gedacht, naja, innerhalb der Sommerferien werde ich mal schnell ein Buch schreiben. Ich saß da, den ersten Tag saß ich da, mir ist nichts eingefallen, ich konnte mich mit der Gliederung nicht arrangieren, am zweiten Tag saß ich da, ich war am Boden zerstört. Ich war soweit, dass ich bei der Verlagsansprechpartnerin angerufen habe und ich wollte diesen Autorenvertrag, wollte ich stornieren. Gott sei Dank hatte die auch Urlaub, ich habe nur auf Band gesprochen, bitte rufen Sie mich zurück, ich muss da was sagen. Und am dritten Tag weil ich so entspannt war, weil ich jetzt keinen Druck mehr hatte, plötzlich ist die Feder gelaufen und innerhalb von vier, viereinhalb Monaten haben sich 194 Seiten, Marketing, Information zusammengefunden auf Papier. Und so entstand ein Buch, Marketing für Brenner. Also für Obstbrenner, wie kann der lokale Obstbrenner, der nur eine kleine Menge natürlich an Spirituosen herstellt, wie kann der in seiner Umgebung noch effektiver werden, wie findet er den Weg in die Gastronomie, zum Facheinzelhandel, zum Fachgroßhandel mit seiner Menge, die er eben herstellen kann, um eben so ein bisschen mehr auf sich aufmerksam zu machen und seine regionalen Produkte schön anbieten und verkaufen kann. Und somit sind also bisher zwei Bücher entstanden, auch natürlich mit viel Herzblut logischerweise, ja, um einfach dem Menschen oder dem Leser etwas Gutes zu tun.

Markus: Ja, das hast du auf jeden Fall, also die beiden Bücher stehen bei mir natürlich auch im Regal und sind auch in Benutzung. Und du hast wirklich sehr schön diesen Moment beschrieben, das geht mir auch immer so, wenn es eben drum geht, das nächste Buchprojekt anzufangen oder den nächsten Artikel oder so. Es ist nicht so, dass man sich hinsetzen kann und sagt: „Ich schreibe jetzt los.“ Sondern es braucht einfach den Punkt, manchmal ist das ein Tag, manchmal sind es zwei, manchmal ist es auch eine Woche, manchmal sind es zwei, bis der Punkt einfach erreicht ist, wo es dann läuft, aber dann läuft es. Also das muss man einfach überschreiten und dann ist es spannend und dann ist dann auch dieser kreative Prozess am Laufen und das finde ich wirklich ganz toll. Und wie ist es, wenn man dich jetzt persönlich erleben will, also was müsste ich da jetzt tun, um zum Beispiel mit dir ein Testing erleben zu können?

Helmut Knöpfle: Du hast ja auch meine Privatnummer natürlich, du rufst mich an, wir stimmen einen Termin ab und dann komme ich zu dir, also ist relativ unkompliziert. Da ich ja in neuer Position bin in einer sehr bekannten oberbayrischen Obstbrennerei, die auch Rum und Whisky und Liköre herstellt, geht die ganze Organisation natürlich seit dem 01. Januar diesen Jahres über die Firma logischerweise. Also kann der Interessent, der Wiederverkäufer oder der, für den es interessant ist, ja, kann mich natürlich ansprechen und dann werde ich genauso einen Termin vereinbaren und ein Whisky-Testing, ein Obstbrand-Testing oder was auch immer der spezielle Gusto ist, dann vor Ort durchführen.

Markus: Vielleicht so als Abschlussfrage, wie kamst du denn da dann hin? Also was bringt einen von diesen ganzen schottischen Highlands und Schlössern und Lords und was auch immer, bringt einen dann dazu, ins Voralpenland zu wechseln und sich da dann mit Obstbränden zu beschäftigen?

Helmut Knöpfle: Das ist auch eine sehr persönliche Entscheidung, möchte ich mal sagen. Ich bin jetzt seit dem Jahr 1994 nur in der Industrie tätig. Industrie heißt also, weit über 2.000 Mitarbeiter, weltweit natürlich. Coca Cola hat erheblich mehr, Campari hat mehr, Schlummberger hat vielleicht ein bisschen weniger, Morisson Bowmore hat weltweit auch mit Santori sehr, sehr viele Mitarbeiter. Also man ist schon irgendwo ein sehr stark leuchtendes Birnchen, aber man ist immer nur ein kleiner Punkt in einem großen Unternehmen. Und die Entscheidungen oder die Ideen, die ich gerne umsetzen möchte, ist bei einem großen Unternehmen erheblich schwieriger durchzusetzen als bei einem kleineren Unternehmer. Man muss sich das vorstellen, du hast ein großes Tankschiff auf dem Ozean, der fährt langsam mit einer großen gewaltigen Masse durch das Weltmeer. Bis der mal eine 45°-Drehung oder eine 90°-Drehung machen kann, braucht es erheblich Energie, erheblich Zeit im Vergleich zu einem kleinen Sportboot. Das kleine Sportboot macht zack, zack und hat sofort eine 180°-Wendung oder eine 90°-Biege drin. Also man kann in einem kleinen Unternehmen erheblich schneller, effizienter und nach eigenen Ermessen reagieren, auf den Markt reagieren, im Vergleich zu einem großen Unternehmen. Ich spreche verschiedene Werbemaßnahmen an oder verschiedene Testings, die anders gestaltet werden können oder die Produktion von neuen Whiskys oder mehr auf Fassstärke zu gehen. Da sind in einem kleinen Unternehmen die Entscheidungswege erheblich kürzer, erheblich schneller als in einem großen Unternehmen erst mal eine E-Mail zu schreiben, dann in ein Meeting zu gehen, in nochmal eins, dann braucht man Schulterblick, dann muss man nochmal eine Schleife drehen und so vergehen Wochen um Wochen, bis eine Entscheidung zu einem Produkt oder zu einer Kategorie gefällt werden. Im Vergleich zu einem kleinen Unternehmen wie Lantenhammer in Hausham hier am Schliersee. Da ist die Firmenleitung, das sind vier, fünf Leute, die eine Entscheidung treffen können und mit denen kann ich direkt sprechen und dann ist eine neue Maßgabe, ist sehr, sehr schnell und effizient herbeigeführt. Und das ist so für die letzten Jahre meines beruflichen Lebens, ich bin ja auch nicht mehr der Jüngste, ist es so ein schöner Wechsel in einem effizienten, schnell, entscheidungsträchtigen Unternehmen nochmal tätig zu werden, um einfach die Erfahrung, die ich jetzt über die letzten 30 Jahre erworben habe, nochmal richtig auszureißen und in große Effizienz umsetzen zu können.

Markus: Und hast du schon ein Projekt, wo du jetzt sagst, okay, das will ich auf jeden Fall jetzt in der nächsten Zeit priorisieren, umsetzen? Was möchtest du da bewegen, gibt es da einen Punkt?

Helmut Knöpfle: Die Projekte, ist natürlich auch eine gewisse Geheimhaltung, wo ich jetzt nicht alles natürlich raus lassen darf. Es geht auf der einen Seite natürlich um neue Produkte, um Produktentwicklungen. Auch das genaue Beobachten des Marktes, wird denn der Whisky-Markt … wir gehen mal 40, 50 Jahre zurück, da war Cognac ein sehr, sehr wesentliches Produkt innerhalb … wenn man das jetzt auf den deutschen Markt bezieht, das war mit Chantre, mit Asbach, das Rüscherl zum Beispiel, da war also der Cognac sehr, sehr manifestiert innerhalb des deutschen Marktes. Und mehr und mehr kam in dieser Partyszene beispielsweise der Beam-Cola, Jim-Beam-Cola oder der Jacky-Cola, der also vom Asbach, wenn man das so nennen möchte als Produkt, der hat große Verluste hinnehmen müssen. So und der typische Jacky-Cola-Trinker, der wird ja irgendwann mal heiraten. Der geht mit 18 in die Discothek, hat seinen ersten Kontakt mit Jacky-Cola, wird dann irgendwann mal weggeheiratet. Ist 28 Jahre alt und muss dann hoffen, dass die Schwiegermutter oder der Schwiegervater mit einer ordentlichen Flasche Single Malt Scotch Whisky ankommt, weil er ja nicht mehr weg darf, weil er Hausarrest hat von seiner Frau, nicht mehr in die Discothek kann, aber doch weiterhin genießen möchte. So und inwieweit trägt sich der Whisky, der ja eine lange, lange Hochzeit mittlerweile hat, wie lange trägt der sich noch und was kommt nach dem Whisky? Haben wir zwingend nur den Single Malt Scotch Whisky als, ja, das wesentliche Produkt auf dem Markt? Nein, natürlich nicht! Wir haben asiatische Whiskys aus Taiwan, aus Japan, wir haben so viele deutsche Hersteller, die mittlerweile auch einen sehr, sehr guten Whisky herstellen- Das ist nur das Segment Whisky, aber was kommt nach dem Whisky? Hat der Cognac ein Revival? Wird es der Rum sein? Wie ist es denn mit dem Gin, wir haben ja auch unendliche Gins. Und das ist so meine Aufgabe als Markenbotschafter, ich bin so das Bindeglied zwischen Vertrieb und Marketing. Also ich bin derjenige, so im übertragenen Sinn gesprochen, ich bin derjenige, der das Parkett besorgt, der das Marketing installiert, das Parkett, damit der Vertrieb ordentlich drauf tanzen kann. Das will heißen, dass ich konkret auch auf der Suche bin nach neuen Trinkanlässen oder nach bestehenden Trinkanlässen, die auszufeilen und einen Genussmoment für die nächste Generation, die in das legal drinking age kommt, dementsprechend auch verfügbares Einkommen hat, um einen neuen Getränke- oder trinkanlass, einen Trinkimpuls, einen Genussimpuls zu erfahren und das in eine neue Welt, wenn man so möchte, zu bringen, um eben den Genussmoment nicht im Sande verlaufen zu lassen, sondern einen neuen Moment zu schaffen für eine kommende Generation. Schwierig ausgedrückt, da lässt sich auch philosophieren bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag, aber es ist durchaus wichtig und interessant, diesen Genussmoment, also nicht das Wirkungstrinken, sondern das Genusstrinken mit Sinn und Verstand weiterhin hochzuhalten, natürlich auch in einem entsprechenden Luxussegment oder in einem Preissegment, um dem Menschen, dem Konsumenten, der sich dafür interessiert, eine schöne Zeit am Abend oder am Wochenende zu bereiten.

Markus: Ja, absolut und das ist auch eine Herausforderung, die ja zum Beispiel die Bierwelt genauso kennt. Und da muss ich sagen, das wäre vielleicht dann mal ein weiterer Podcast mit dir, den wir in ein paar Monaten vielleicht mal machen können, wie sich da so weiterentwickelt hat. Weil wir in der Bierecke ja zum Beispiel das Thema haben, da geht man ja jetzt auch mal weg vom Thema Alkohol und sagt, okay, dann ist eben der Bereich alkoholfreie Bier ein großer Wachstumsmarkt, der ja jetzt in den Sommern teilweise schon bis zu 30 Prozent ausmacht und wo man auch weiß, dass bei den jüngeren Zielgruppen das tatsächlich ein immer, immer größeres und wichtigeres Segment wird. Was es natürlich auch bei der Spirituose gibt, aber das ist natürlich sehr viel schwerer vorstellbar, wie man einen 40 Jahre alten fassgereiften Whisky in einer alkoholfreien Variante darstellen möchte. Also, wie gesagt, da können wir vielleicht mal einen eigenen Podcast dazu machen, fände ich auch sehr spannend. Vielleicht zum Abschluss noch, gibt es so eine Sache, wo du sagst, das ist so mein größtes Learning oder mein größtes Highlight, was ich aus meiner ganzen Zeit als Markenbotschafter mit all meinen Seminaren so mitnehme?

Helmut Knöpfle: Wenn ich zurückblicke auf 4.000 Veranstaltungen, ich habe oftmals och Bilder von Veranstaltungsstätten, von Situationen, von lustigen Sachen, von beeindruckenden Sachen, ich habe ja auch die ganzen Seminarre, die Vorträge, ich habe überall ein Formblatt dazu. Ich kann es nicht mehr unbedingt als Bild verknüpfen, manchmal zuordnen, weil es einfach schon zu viel ist. Dazwischen liegen auch pro Jahr um die 80.000 Kilometer, die ich zurücklege. Das sind mittlerweile zusammengerechnet knapp über zwei Millionen Kilometer, die ich auf deutschen Straßen im Auto zurückgelegt habe. Und da ist natürlich auf diesen langen Fahrten, wird natürlich viel telefoniert und viel sinniert und viel überlegt, was interessiert den Menschen oder was könnte den Leuten am heutigen Abend besonders viel Spaß machen. Und was ist das Highlight aus 4.000 Seminaren, die man als Vortragsredner hinter sich gelassen hat? Da gibt es nur einen Extrakt daraus, nämlich, wenn die Leute nach zwei, drei, vier, wie auch immer wie vielen Stunden, wenn die am Abend zufrieden sind, wenn sie sagen, das hat ihnen gefallen, es war ein netter Abend, sowas könnte man gerne wiederholen, sie haben was Neues erfahren, sie haben gelacht, sie haben Spaß gehabt bei der Verkostung, sie haben neue Geschmacksvarianten entdeckt zum einen. Und was für mich jedes Mal ein Highlight ist, ein kleines Highlight bei jedem Abend, wenn die Seminarteilnehmer, es müssen nicht alle sein natürlich, wenn ein, zwei, drei Leute kommen, verabschieden sich persönlich mit Handschlag bei mir, haben vielleicht noch die Zeitschrift Der Whisky Botschafter dabei und ich soll ihnen unterschreiben drauf, eine kleine Widmung dazu schreiben, das ist für mich so das Brot oder der Honig, der runter läuft nach einem langen Abend, der Dank der Leute, wenn man sich mit einem Handschlag, jetzt mittlerweile ist es ja nur die Faust, die zusammenstößt oder der Ellbogen beispielsweise, aber wenn die Leute zufrieden sind, mit einem Lächeln zufrieden nach einem Seminar rausgehen aus dem Veranstaltungsraum oder dem Lokal und einfach den Abend genossen haben und ich ihnen eine schöne Zeit bereiten konnte, dann habe ich mein kleines Highlight, das mittlerweile über 1.000e sind, erfahren. Und das mich dann auch zufrieden ins Hotel oder nachhause kommen lässt, wo ich sage: „Ich habe den Menschen was Gutes getan.“ Ich hatte selber natürlich auch Spaß dabei und es haben sich Freundschaften gefunden und so ist es einfach so, wie eine Wolke, auf der man schwebt und in guter Zufriedenheit in die Zukunft gehen kann, mit dem, was man, ja, aus der Vergangenheit mitnimmt.

Markus: Ja, also da hast du mir völlig aus der Seele gesprochen, das geht mir auch so. Ich denke mal, das ist einfach toll zu sehen, dass man bei den Leuten was bewirkt, dass man auch von der Einstellung her ein bisschen was verändert. ich höre oft so nach einem Testing, dass die dann zu mir in der Verabschiedung sagen: „Ich werde ein Bier nie wieder so trinken wie vorher“ und das ist schon mal einfach eine Sichtweise, wo man wirklich was verändert hat und wo man auch sagt: „Okay, das war jetzt natürlich ein Genussabend, aber es war schon auch was, wo man Leuten wirklich was mitgeben konnte.“ Ja und du hast uns und mir heute auf jeden Fall auch viel mitgegeben. Also auf jeden Fall vielen, vielen Dank für diese tolle BierTalk-Stunde mit dir. Heute mal ganz abseits vom Bier, aber sehr nah beim Whisky, der ja im Grunde von der Grundsubstanz her auch ein Bier ist, also dann doch wieder ein bisschen BierTalk. Und, ja, von meiner Seite aus vielen, vielen Dank und wer weiß, vielleicht machen wir mal eine Fortsetzung und schauen mal, was du so in einem halben Jahr, Jahr, dann schon umsetzen konntest und gucken mal ein bisschen bei Lantenhammer rein, was du so angestellt hast, vielen Dank.

Helmut Knöpfle: Sehr gerne, es war mir eine große Ehre und ich wünsche viel Spaß beim Hören. Und weiterhin auch bei dir in deinem Podcast, lieber Markus, viel Spaß bei vielen interessanten Gesprächen, die in der Zukunft noch kommen werden. Und ich bin hocherfreut, dass ich die Nummer 77 hatte, die sogenannte Schnapszahl, vielen Dank.

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