Der BierTalk war mal wieder zu Gast, diesmal beim Podcast „Horch amol“ und NN-Online-Chefredakteur Matthias Oberth. Wir sprechen über die fränkische Bierperspektive und die hiesige Lebensart, die das Gebiet rund um Nürnberg, Bamberg, Bayreuth & Co. so liebenswert macht…
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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute ein Spezial, weil wir mal wieder zu Gast sind in einem anderen Podcast. Diesmal in Nürnberg, also gar nicht so weit weg von Bamberg und zwar bei „Horch amol“, das ist der Podcast über Politik und mehr und wird von den „Nürnberger Nachrichten“ veröffentlicht. Und dort reden normalerweise der Chefredakteur Michael Husarek und der Online-Chef Matthias Oberth miteinander, allerdings war der Michael verhindert und deswegen hat sich der Matthias quasi mich ans Mikrofon gewünscht. Ja, heraus kam eine spannende Stunde rund ums Bier und am Ende sogar ein bisschen um den Fußball. Viel Spaß dabei und bleibt uns natürlich treu im BierTalk.
Matthias: Es ist einfach heute wieder einmal so, dass Michael Husarek, der Chefredakteur der „Nürnberger Nachrichten“, sehr, sehr viele Termine hat und ich mir gedacht habe, hm, ehe ich den Podcast ausfallen lasse, hm, stelle ich mir ein Zeidler-Bier neben meinen Computer, werde das dann auch im Laufe dieses Podcasts einschenken und lade mir jemanden ein, der so viel Ahnung von Bier hat, dass es völlig legitim ist, bei diesem Podcast ein Bier zu trinken. Und deshalb freue ich mich auch ganz besonders, dass es geklappt, nämlich Markus Raupach in den Podcast einzuladen. Und Markus Raupach, ja, ich bezeichne ihn wirklich als Bierpapst, ich kenne ihn auch schon relativ lange. Wir haben schon etliche Veranstaltungen auch miteinander durchgeführt und uns auch um Bücher und Apps und alles Mögliche mit Bier gekümmert, also wobei er mit seinem Partner Bastian Böttner federführend war und ist. Und wenn ich so ein bisschen in seine letztjährigen Aktivitäten reinschaue, ich verfolge natürlich über Facebook, was er so treibt, dann lese ich Brasilien, ich lese Belgien, ich lese Tschechin, jetzt im Januar, glaube ich, schon wieder Österreich, also er ist viel unterwegs in Sachen Bier, meistens bei Bierverkostungen und Bierpremierungen. Und deshalb ist meine erste Frage, einerseits herzlich willkommen, Markus, aber die erste Frage, die fränkischen Brauereien sind aber schon noch die Allerbesten, also die oberfränkischen wahrscheinlich, oder?
Markus: Ha, natürlich, sowieso. Also, nein, also auch im Ernst, kann man natürlich sagen, ich werde auch gleich noch ein bisschen was dazu sagen. Trotzdem vorerst mal hallo und ich freue mich auch sehr, hier bei dir sein zu dürfen, und ist ja immer sehr spannend, wenn man sich gegenseitig auch mal so im Podcast besucht. Und, ja, also ich freue mich auf unsere Zeit, ich habe mir auch zwei Bierchen sogar hier hingestellt. Sind noch nicht offen, kann ich mir da überlegen, mit welchem ich anfange, schauen wir mal. Aber gut, zuerst mal zu dem Thema, die fränkischen Brauereien. Naja, natürlich, sie sind halt aus mehreren Gründen besonders spannend, einmal, es ist die Heimat des untergärigen Bieres. Also hier bei uns ist das entstanden, da sind die ältesten Brauereien, die sowas machen und dementsprechend auch die, die am meisten Erfahrung damit haben. Und das ist etwas, dieses Bier wird weltweit Zurzeit, 95 % aller Biere auf der Welt sind untergärige Biere und deswegen, alle Brauer, die irgendwo sind, ob in Japan oder Chile oder Brasilien oder sonst irgendwo, die wollen alle mal nach Franken, um zu sehen, wie es wirklich geht. Und das ist natürlich der Punkt und das schmeckt man auch. Das heißt, unsere Biere haben einfach, international gesagt, die höchste drinkability, auf Fränkisch würde man sagen, es läuft. Und trotzdem gibt es innerhalb dieses Themas doch so viel Varianz, mit den Bockbieren, mit den unterschiedlichen Rezepturen und unterschiedlichen Rohstoffen, Hopfensorten, Hefesorten, die wir haben, Wasser natürlich, sodass auch innerhalb dieser Bierstile so viele Möglichkeiten da sind, dass man bei uns ja wirklich von einem Ort zum anderen gehen kann und immer wieder ein anderes besonders schmackhaftes Bier hat. Und das macht es aus und das macht Spaß und deswegen komme ich natürlich auch immer sehr gerne Nachhause.
Matthias: das ist gut zu hören. Es gibt auch genug zu erzählen über die heimische und fränkische Brauereilandschaft, da passiert ja auch relativ viel, aber ich würde für den Laien, und da zähle ich mich nach wie vor auch dazu, obwohl ich gerne Bier trinke, aber für den Laien vielleicht noch ganz kurz, was ist der Unterschied zwischen untergärig und obergärigen Bier?
Markus: Also ganz grundsätzlich ist das untergärige das jüngere Bier. Das heißt, diese Biere sind aufgetaucht so zum ersten Mal im 14.- 15. Jahrhundert und so richtig durchgesetzt haben sie sich dann ab dem 16. Jahrhundert. Was ist der Unterschied? Sie sind bei kälteren Temperaturen in der Gärung und in der Herstellung und das bedeutet, dass damals schon diese Biere stabiler waren. Kann man sich vorstellen, im Kühlschrank halten die Dinge länger und dementsprechend ist es bei einer kalten Gärung eben auch so, dass es weniger Verunreinigungen, weniger Organismen gibt, die da auch irgendwie eine Rolle spielen. Das heißt, man konnte diese Biere lagern, man konnte sie verkaufen, exportieren und so weiter. Und das war eben der große Vorteil gegenüber den normalen klassischen obergärigen Bieren, die bei warmen Temperaturen entstanden sind, die waren oft nach zwei, drei Tagen schon sauer. Und so hat sich das dann eben durchgesetzt und der Ursprung liegt hier bei uns.
Matthias: Das ist ja mal ganz gut zu hören. Also das heißt, wir waren diejenigen, die dafür gesorgt haben, dass man Bier über einen längeren Zeitraum nicht als Sauerbier sondern als gutes Bier trinken konnte. Jetzt muss man noch dazu sagen, man merkt es aber, glaube ich, schon ja auch an deinen ersten Erzählungen und deiner, ja, Vehemenz, mit dem du auch zum Bier sprechen kannst, du bist natürlich Biersommelier, du bist es auch schon relativ lang. Wie bist du eigentlich zum Bier gekommen? Liegt das daran, wenn man in Bamberg lebt oder geboren ist oder aufwächst, wie auch immer, saugt man das dann mit auf oder gibt es da andere Dinge, die einem zum Bier bringen und zu der Bierleidenschaft?
Markus: Naja, wir werden ja Fränkisches Rom genannt und man weiß ja auch, alle Wege führen nach Rom und so ungefähr ist das mit dem Bier auch. Also es gibt welche, die mich fragen, ob ich zuerst Muttermilch oder Bier bekommen habe? Bin ich mir gar nicht so sicher, weil ich weiß, dass meine Mutter damals nicht gestillt hat, also vielleicht war es wirklich andersrum. Aber egal, lassen wir das mal so bewenden. Aber natürlich, wenn man hier groß wird in Bamberg, vor allem eben in der Zeit damals, 70er-, 80er-Jahre, da war die Bierkultur ja noch viel präsenter und da wächst man so hinein. Natürlich, wir haben jeden Sommer in den diversen Biergärten oder Bierkellern verbracht, das war das Wohnzimmer, wo man mit der Familie, mit den Freunden hin ist. Man hat sein Essen mitgebracht, mit Liebe die Tischdecke ausgebreitet auf der Bierbank und dann eben seine Salate hingestellt und dann den ganzen Nachmittag sich dann dort ebenes sich gutgehenlassen und da wächst man in diese Bierkultur hinein. Allerdings war das für ja damals völlig normal. Das heißt also, für mich war das nix Besonderes und dementsprechend habe ich auch nie drüber nachgedacht, dass es etwas geben könnte, wo das nicht so ist. Und das ist mir so richtig bewusst geworden eigentlich erst, als ich studiert habe. Weil, ich wollte ursprünglich weg aus Bamberg, eben mal ein bisschen was anderes sehen und so und dann war es aber einfach finanziell so schwierig, dass ich am Ende des Tages doch in Bamberg geblieben bin. Und war allerdings einer der ganz wenigen an der Bamberger Uni, die von hier waren. Das heißt, alle anderen kamen eben von sonst wo her und ich habe dann gesagt: „Heute Abend gehen wir dahin und heute Abend gehen wir dahin“ und jedes Mal haben die mir erzählt, das gibt es doch gar nicht, schon wieder eine Brauerei, schon wieder fünf verschiedene Biere und was weiß ich was. Und so hat man das dann kennengelernt, dass das wirklich was Besonderes ist. Und, naja und dann sieht man das mal aus einer anderen Perspektive, aus einem anderen Blickwinkel. Und dann habe ich angefangen mit einer Arbeit für Medien, war das natürlich auch das Bier immer ein großes Thema, habe viel für Gastronomien dann auch gearbeitet. Und daraus sind die ersten Bücher entstanden und dann auch die ersten Biersommelierveranstaltungen. Und als das dann immer besser funktioniert hat, wurde die Deutsche BierAkademie als zweite Firma draus, vor zehn Jahren haben wir damit angefangen. Und, ja und dann haben wir selber angefangen, Biersommeliers auszubilden und so kam eins zum anderen, also mittlerweile eben auch die Bier-Judge-Tätigkeit. Was ja wirklich spannend ist, weil es eine Familie ist, die sich so auf dem Globus 10-, 20-mal im Jahr irgendwo immer trifft und es wirklich ganz liebe, nette Leute sind und man Länder ganz anders kennenlernt, weil man immer kein Tourist ist sondern eben ein Freund und da lernt man Länder anders kennen.
Matthias: Und gleich dazu das entsprechende Bier, ist auch klar.
Markus: Absolut.
Matthias: Ja, lass uns mal ganz kurz, du hast grad schon gesagt, du bist Autor, du hast mit Bastian Böttner, ihr habt zusammen, ich glaube, 2005 war das, habt ihr zum ersten Mal einen Brauereiführer rausgebracht. Also ich würde sie schon fast als legendär bezeichnen, eure zwei Bücher, einmal die Brauereien und Brauereigaststätten in Franken und dann die Bierkeller und Biergärten in Franken, die ihr damals rausgebracht habt und immer wieder neu aufgelegt, immer wieder aktualisiert. Und jetzt ganz aktuell, grade rausgekommen, ein wiederum sehr umfangreiches Werk, es nennt sich Bierland Franken, es sind wieder knapp 300 Brauereien und Brauereigaststätten drin. Warum jetzt Bierland Franken, wie unterscheidet sich das Buch von dem anderen oder was ist neu dran und warum muss man dieses Buch unbedingt haben? Ich habe es zum Glück schon?
Markus: Also haben muss man es schlicht und einfach, wenn man sich gerne mit den fränkischen Brauereien auseinandersetzt, weil es einfach immer der aktuelle Sachstand im Thema ist sozusagen. Also du hast jetzt im Grunde ein Buch, wo eben alle, zumindest zum Zeitpunkt der Veröffentlichung, aktiven fränkischen Brauereien drin sind, mit all ihren Daten, mit ein bisschen Geschichte, mit den Bieren, mit Zusatzinfos, ob du dich mit deinem Wohnmobil dahinstellen kannst und solche Dinge. Und du hast auch immer Bilder dazu und, wie gesagt, auch die Biersorten, auch so ein bisschen Gründungsdatum und Bierdeckel und so für die Nerds, halt alles, was man so gerne hat. Und dementsprechend, deswegen macht das schon Sinn, das zu haben. Es ist keine so riesengroße Investition, wenn man die so ungefähr alle zwei Jahre macht, dann ist das auf jeden Fall billiger als jedes ÖPNV-Ticket oder Netflix-Abo oder sonst irgendwas, also insofern auf jeden Fall eine gute Investition. Und was ist anders? Also im Grunde ist es einfach eine Fortführung der bestehenden Konzepte. Wir haben notgedrungen den Verlag mal wieder wechseln müssen, jetzt haben wir es selber verlegt und deswegen hat das Baby einfach einen neuen Namen bekommen. Und hat aber auch eine inhaltliche Idee, weil wir seitdem es ihn gibt, in dem Verein Bierland Oberfranken aktiv sind, dort auch im Vorstand sind und der hat jetzt vor ein paar Jahren beschlossen, sich eben auch dem gesamtfränkischen Thema zu widmen und eben Bierland Franken auch zu machen. Und dementsprechend ist es auch eine gewisse thematische Deckung, weil man eben sagt, okay, wir unterstützen wirklich alles, was dieser Verein an Zielen hat, nämlich die fränkischen Brauereien zusammen einander näherzubringen und dann anderen Leuten diese fränkische Bierkultur näherzubringen. Genau das wollen wir auch und dementsprechend ist es auch naheliegend, das zusammenzuführen.
Matthias: Jetzt ist es so, du hast es ja grad genannt, Bierland Oberfranken, damit ging es ja ein bisschen los, also die oberfränkischen Brauereien, da haben wir ja auch nach wie vor die größte Brauerei, auf die wir sicherlich auch stolz sein können. Ich selber bin ja ein Mittelfranke und habe gesehen jetzt auch im neuen Buch, dass die mittelfränkischen Einträge sich erweitern, auch Unterfranken hat ordentlich zugelegt. Was ist aus deiner Sicht der Grund? Wir können später noch, müssen wir ja auch, über Brauereiensterben sprechen, war ja viele, viele Jahre ein riesen Thema, aber mir geht es jetzt erst mal so darum, was glaubst du, warum kommen auf einmal wieder mehr Brauereien oder kleine Brauereien dazu und jetzt grade auch in Mittel- und Unterfranken, die ja bislang, vielleicht im Vergleich zu Oberfranken, biertechnisch noch ein bisschen hintendran waren?
Markus: Ich glaube, das ist eine wirklich relativ komplexe Frage. Naja, weil, ich meine, auf der einen Seite, glaube ich, hat man früher immer überlegt, warum sind denn die in Oberfranken immer noch da? Also es war jetzt weniger so die Sichtweise, schön das sie da sind, sondern komisch, dass sie da sind. Und das lag einfach ein bisschen daran, das Oberfranken eigentlich traditionell eher etwas rückständig war, etwas ärmer war, eine sture Bevölkerung hatte, die wenig von anderen Brauereien zu begeistern war und insofern es da viele Gründe gab, auch historisch immer sehr zersplittert war und deswegen gab es auch sehr, sehr viele Braustätten. Also da gibt es viele Gründe, warum das bei uns so war. Und in Unter- und Mittelfranken, das sind ja beides wirtschaftlich sehr viel mehr prosperierende Regionen, beides eher auch, zumindest zum Teil, protestantisch geprägte Regionen und auch welche, die von der Industrialisierung schneller profitiert haben und so. Und dementsprechend war da einfach auch der Fortgang der Konzentration beim Thema Bier schneller und größer. Und ich glaube, deswegen gab es einfach dort auch weniger Brauereien, weil einfach schneller das Thema eben Aufkaufen und das Schließen von kleinen Braustätten und sowas kam oder eben auch einfach so viele Alternativjobs zur Verfügung standen, dass der gemeine Brauereisohn sich dann überlegt hat, na, dann gehe ich vielleicht lieber in die Industrie oder sonst wohin. Da verdiene ich mehr Geld und habe Urlaub und so weiter und muss da nicht Zuhause in der Brauerei schuften. Also das ist so ein bisschen Vergangenheitsthema und wenn man jetzt in die Zukunft schaut, ist es, glaube ich, so, dass endlich das Thema Brauen und Bier wieder sexy geworden ist, würde ich mal so sagen. Also wenn wir in die 90er schauen oder auch Anfang der 00er-Jahre, da war die Brauerei vor Ort eigentlich so ein bisschen die Melkkuh für alle örtlichen Vereine. Wenn man irgendeine Veranstaltung gemacht hat, dann musste die Brauerei halt Werbung schalten, dafür war die gut. Und ansonsten war der Brauer halt einer, der hat den ganzen Tag gearbeitet, der hat nie Urlaub gemacht, ja, das waren komische Typen. Und wenn man dann die Brauereisöhne, also ich hatte in meiner Abiklasse auch einen Sohn zum Beispiel aus einer Brauerei in Trabelsdorf, die es heute auch gar nicht mehr gibt, der hat halt auch erzählt, gegessen wird, was halt die Gäste übriglassen, so ungefähr und, wie gesagt, Urlaub gibt es nicht und alle arbeiten in der Brauerei mit, natürlich kostenlos und dementsprechend ist das kein Leben, das man sich wünscht. Und dementsprechend war auch da für die Nachfolger das sehr unattraktiv, in so einen Beruf hineinzuwachsen. Und da hat sich jetzt einfach massiv was verändert, auch vom Ansehen der Bevölkerung ist der Bierbrauer oder die Bierbrauerin wieder eine spannende Persönlichkeit, ein Handwerker, ein Künstler in gewisser Weise. Das Bier an sich hat einfach einen Stellenwert wieder gewonnen als heimisches Produkt, als Naturprodukt auch, als unterschiedliches, als identitätsstiftendes Produkt und so, also da ist einfach viel passiert. Und glaube ich auch, dass ein Brauer jetzt sagt, okay, wenn ich jetzt eine neue Brauerei irgendwo aufmache, dann bin ich da ein angesehener Teil dieser Gesellschaft und das macht auch wieder Spaß. Und sie haben auch das Selbstbewusstsein, für ihr Bier einen vernünftigen Preis zu verlangen, sodass sie eben auch mal Urlaub machen können oder so, sodass es eben sich mehr einem normalen Geschäftsleben annähert als diesem, ja, diesem doch schwierigen Tun, was so in den 90ern grade so noch angesagt war. Also insofern hat sich das Image von Brauerei und von Bier verändert. Und ein letzter Satz vielleicht noch, was auch noch dazugehört hat, natürlich hatten wir bis in die 80er, 90er diese alten Patriarchen, die diese Familienunternehmen halt geführt haben seit dem Zweiten Weltkrieg und das war auch in den Familien immer ein Thema. Weil, man darf nicht vergessen, es waren Menschen, die haben immer alles richtig gemacht und die wussten immer alles besser. Und wenn du da als Sohn reinwächst und hast dann so einen Vater vor dir, der mit 50, 55 noch in seinem vollen Saft steht, der hat überhaupt kein Interesse, irgendwas zu übergeben oder dir irgendwie eine Entscheidungsfreiheit zu geben oder so. Warum auch, passt ja immer alles und so. Und da haben natürlich ganz viele auch drunter gelitten und auch deswegen gesagt: „Nee, also da habe ich kein Interesse, den Laden zu übernehmen.“ Aber die Generation ist jetzt eben weg. Das heißt, es ist einerseits der Raum da, auch für Nachfolger dahinzugehen und eben andererseits auch der Raum, neue Brauereien zu gründen und beides passiert.
Matthias: Genau, auch bei uns ist eine neue Brauerei entstanden und deswegen habe ich ja gesagt, ich habe ein Zeidler neben den Computer mir hingestellt. Das werde ich jetzt auch mal aufmachen, weil, jetzt haben wir schon fast eine Viertelstunde geredet, du zwar mehr und du müsstest eigentlich noch viel ausgetrockneter sein von der Kehle her als ich. Aber ich habe mir eine Flasche Stamer-Bräu hierhergestellt, weil, das ist eine der Neugründungen hier in Buchheim, ist ein Ortsteil von Burgbernheim, die es jetzt ungefähr seit ein, eineinhalb Jahren ungefähr gibt und, ja, die sich, glaube ich, ganz gut machen. Eine Kleinbrauerei mit einem Bräu, der sich da sehr engagiert. Und ich schenke mir jetzt mal, ich schaue mal, ob das klappt, wenn das jetzt hier ploppt, schauen wir mal. Boah!
Markus: Na, hervorragend.
Matthias: Hervorragend, oder?
Markus: Sensationell, sehr schön.
Matthias: Das war echt, nicht gefaket. Jetzt können wir vielleicht noch gluck, gluck, gluck, vielleicht man das dann auch noch. Na, das ist sehr leise.
Markus: Aber man hört es, doch.
Matthias: Aber man hört es.
Markus: Das ist ja, kriegen wir auch immer beim BierTalk im Podcast, immer so die Anfragen, das wir doch dieses Flaschenöffnen immer einspielen. Aber das stimmt gar nicht, es ist echt. Also insofern, ja, da bin ich jetzt mal gespannt.
Matthias: Genau, du kannst es ja nochmal bestätigen, schau hin, eine wunderbare Schaumkrone habe ich auch noch hinbekommen.
Markus: Oh ja.
Matthias: Im klassischen Willy-Becher natürlich eingeschenkt, auch klar. Ja und es nennt sich Hopfenperle. Ich schaue nochmal drauf, es hat, ja, Malzsorten Pilsener, Hopfensorte die Perle, Select und Saphir. Da kannst du ja jetzt mir ein bisschen was erzählen, während ich hier schon mal einen Schluck nehme.
Markus: Ja, also, ich meine, ganz grundsätzlich, die Hopfenperle ist eben ein hopfenbetontes Bier, man könnte vielleicht auch sagen, eben so eine Art Pils. Und offensichtlich arbeitet er da mit der Technik des Hopfenstopfens. Das heißt, man gibt dann dem kalten Bier in der Kaltphase zumindest auch nochmal etwas Hopfen zu, dadurch kriegt man mehr von den ätherischen Ölen des Hopfens da rüber. Und du könntest jetzt bei Saphir einerseits so eine leichte Zitrusnote haben, andererseits so ein bisschen so kräutige, blumige, bis hin zu so einer Sommerwiese, wenn man so überlegt, wenn man da so eine Heublumenwiese, irgendwie sowas im Kopf hat. Ich weiß nicht, ob du sowas dir grade vorstellen kannst, das sind so typische Aromen. Der Select ist wahrscheinlich eher für die Bittere zuständig, hat aber auch so ein bisschen Zitrusaromen, also so in dem Feld könnte sich das bewegen, wobei das Malz natürlich auch noch das Seinige dazu tut sozusagen.
Matthias: Ich bin so froh, dass das jetzt ein Biersommelier so beschrieben hat. Und er hat vollkommen Recht, also ich habe natürlich, nicht natürlich, ich habe die Zitrusnote geschmeckt, ich hätte es bloß nicht so schön ausdrücken können. Und die Sommerwiese stelle ich mir jetzt auch grad vor, weil ja heute wieder so ein Tag ist, wo die Sonne den ganzen Tag scheint und man irgendwie so ein kleines bisschen das Gefühl bekommt, wie der Frühling ausschauen könnte. Also wunderbar beschrieben, es schmeckt auch sehr gut, es ist auch sehr süffig. Und, ja, also ich freue mich, wie gesagt, darüber, dass es auch hier bei uns in der Gegend sozusagen Nachwuchs gibt. Aber wir haben glücklicherweise ja auch hier, ein bisschen Eigenwerbung darf ich ja im Podcast machen, vor allem, wenn mein Nürnberger Kollege nicht mit am Start ist, dann kann ich hier ganz unbesorgt Bad Windsheim herausstellen. Wir haben ja das Brauhaus Döbler, ist ja auch eine Brauerei, die es seit langer, langer Zeit und die ja jetzt inzwischen auch das Kommunbrauhaus im fränkischen Freigangmuseum betreibt. Also wir sind schon noch sozusagen, können uns glücklich schätzen, dass es so läuft wie es läuft.
Markus: Mit einer äußerst charmanten Juniorchefin, die Katharina, das ist ja, ja, in vielerlei Hinsicht eine ganz wunderbare Brauerei, sagen wir das mal so, sehr schön. Aber ich muss auch sagen, die Stamer-Bräu finde ich interessant, weil meine zweite Leidenschaft, in Anführungsstrichen, sind ja auch die Edelbrände und die haben auch eine große Brennerei. Und ich bin ein großer Freund der dunklen Biere und auch das gibt es dort. Und deswegen ist es in der Tat wirklich schön, dass es sowas gibt und das Brauereien auch noch sich um solche Dinge kümmern. Und grade dunkle Biere sind mittlerweile gar nicht mehr so oft angesagt, also spannend. Aber da muss ich jetzt auch eins aufmachen.
Matthias: Ja, mach du eins auf. Ich sage, es ist an sich ein wunderbarer Übergang erst mal, weil wir jetzt auch ein bisschen über die verschiedenen Biersorten sprechen können. Ich mache noch einen kleinen Werbeblock und sage, also Stamer-Bräu ist, glaube ich, mittwochs, aber sicherheitshalber immer mal im Internet nachschauen, mittwochs geöffnet und an den Wochenenden. Und natürlich die Brauereigaststätte Döbler am Kornmarkt, die ist fast die ganze Woche offen, aber auch immer mal gucken, wann genau die Öffnungszeiten sind. Und das ist eine absolute Empfehlung, in diese urige Brauereiwirtschaft reinzubrechen und dort das ein oder andere Hopfenkaltschalengetränk zu sich zu nehmen. So aber, Markus, was hast du am Start?
Markus: Und natürlich auch im Museum, im Freilandmuseum, das ist auch besonders schön.
Matthias: Selbstverständlich. Du weißt, es ist, wenn man vor Ort ist, geht man immer am seltensten in die Einrichtung, die eigentlich vor der Haustür liegt. Aber das ist Pflichtprogramm eigentlich, vier- bis fünfmal im Jahr, dass man sich im Freilandmuseum sehen lässt und natürlich dann dort auch das gute Bier trinkt.
Markus: Und die Bratwürste, aber gut, lassen wir das mal beiseite. Also ich habe hier jetzt auch ein schönes Bierchen und zwar wurde mir das tatsächlich vom Brauer geschenkt letztes Wochenende. Da habe ich nämlich eine Verkostung moderiert, eine ziemlich umfangreiche und die war im Saal von der Becher Bräu in Bayreuth. Und, ja und der Johnny, der hat seinen Biersommelier bei uns gemacht letztes Jahr, also der Inhaber von Becher Bräu und der hat mir ganz stolz seinen Rauchbock überreicht, den es jetzt an diesem Freitag, also jetzt, wenn es dann am Mittwoch veröffentlicht wird, am Freitag, also übermorgen sozusagen ist dann die Premiere. Und, ja, genau, diesen wunderbaren Rauchbock und den hat er mir mitgegeben unter dem Siegel der Verschwiegenheit. Das brechen wir jetzt mal nonchalant, ist ja egal, man sieht es ja nicht, man hört es nur. Und es ist ganz schön, weil, aus Bayreuth kennt man ja eigentlich meistens nur die Maisel Brauerei. Wobei das Nur jetzt nicht despektierlich klingen soll, ist auch eine wunderbare Brauerei mit tollen Bieren, wo wir viel schon zusammengearbeitet haben, macht mir ganz viel Spaß, dort zu sein. Aber so ein bisschen im Schatten ist dann eben die Becher Bräu und ihre Dependance, die Manns Bräu, die mitten in der Stadt ist, die machen ganz tolles dunkles Bier. Und eben die Becher mit ihrem Saal auch, mit ihrem Lokal, das ist einfach wunderbar, das Essen ist toll. Also, ja, kein Thema und da, ja, mache ich jetzt mal den Rauchbock auf, wir schauen. Ich weiß nicht, wie schön das Öffnen war, aber es war wahrscheinlich zu hören.
Matthias: Ja, sehr gut zu hören.
Markus: Jetzt probiere ich es mal mit dem Blubbern.
Matthias: Ja, da sieht auch, wer der Profi ist, der hat Erstes ein anderes Glas, das fließt das Bier auch schon vom Geräusch her ganz anders rein. Also ich gehe mal davon aus, du kannst es auch gleich erklären, warum du so ein bauchiges Glas nimmst, um wahrscheinlich die Gerüche und alles noch besser darstellen zu können oder mitzubekommen.
Markus: Ja, also sagen wir mal so, es gibt ja einen Unterschied, ob ich jetzt Bier trinke oder ob ich professionell trinke, also so erkläre ich es immer den Leuten bei Verkostungen. Und wenn wir verkosten wollen, dann versuchen wir natürlich, von diesem Bier ein Maximum der Aromen erfassen zu können. Und dafür macht es durchaus Sinn, ein Glas zu haben, was die auch darstellen kann und da hat jetzt zum Beispiel der klassische Willy-Becher so ein bisschen seine Schwächen. Dafür hat er Stärken beim Thema drinkability, natürlich, das ist ja auch gut so. Aber hier ist es eben so, es ist ein bisschen wie ein Weinglas geformt, das sorgt dafür, dass die Aromen, die aus dem Bier rauskommen, sich oben in der Mitte konzentrieren, da, wo dann gleich meine Nase ist, dementsprechend kann ich die dann auch wirklich schön aufnehmen. Dann habe ich vom Glas her selber hier ein Kristallglas. Das heißt, es hat 99 % Lichtdurchlässigkeit, das ist bei so einem normalen Glas vielleicht so 80 %. Das bedeutet, die Biere wirken immer ein bisschen dumpfer, in der Regel haben sie einen Blaustich in so einem normalen Glas, das ist dann für die Farbbeurteilung auch schwierig. Und dann geht es ja immer um das Thema Kohlensäure. Also du hast jetzt einen wunderbaren Schaum, aber der fällt natürlich mit der Zeit dann zusammen. Und wenn man ein Glas hat, das so gebaut ist, dass die Kohlensäure immer wieder sich regenerieren kann, dann kann man da eben auch mehr draus verkosten. Aber das wäre ein eigener Podcast, das Thema Glas und Bier, da kann man Stunden drüber reden, sehr spannend. Das ist einfach unser Verkostungsglas, dass wir uns ausgesucht haben für die BierAkademie und das nehme ich halt auch immer ganz gerne. Und, ja, vom Bier her schaut es ein bisschen ähnlich aus wie deins. Also wir haben hier so ein schönes Goldbraun, würde ich sagen, ein helles goldenes Braun, obendrauf sitzt dann ein schöner weißer, leicht getönter Schaum, schön feinporig. Und wir haben ein opakes Bier, also wir können da nicht durchgucken. Also wenn man durchschauen kann, dann nennt man es glanzfein, wenn man ein bisschen durchschimmern kann, dann ist es opal und wenn man gar nichts mehr sieht, dann nennt man das opak. Also hier richtig opak, viel Hefe noch da drin, unfiltriert, aber ist ja auch gut so, hat man noch mehr Aroma von dem Bier. Und wenn man reinriecht, dann in der Tat ist da diese leichte Rauchnote. Wobei auch das so ein Thema ist, für den Bamberger ist das ja eine leichte Rauchnote, für den Rest der Welt ist es ganz schön viel …
Matthias: Genau.
Markus: … weil wir das einfach gewohnt sind. Das erinnert einen dann so ein bisschen an eine Mischung aus Lagerfeuer und Rauchschinken und sowas, ein bisschen Räucheraal ist vielleicht auch dabei. Und im Hintergrund ist aber auch hier eine Hopfennote. Die ist ganz spannend, die ist ein bisschen kräutrig und dann kommt auch so ein bisschen Akazienhonig, das hat was mit dem malz zu tun. Ein sehr schönes Bier, probieren wir das mal. Tolles Mundgefühl, das heißt, weich, cremig auf der Zunge, es moussiert, spielt so ein bisschen mit dem Gaumen. Es geht süß los, dann fließt es so langsam runter und dann kommt dieser Rauch, entfaltet sich, dann haben wir wieder diese Honignoten und dann, nach dem Schlucken, kommt dann auch eine gewisse Bittere, die bleibt dann auch. Und wenn ich länger rede, dann fängt es an, so ein bisschen meinen Mund auszutrocknen, es zieht sich so ein bisschen zusammen und dann, ja, kriege ich einfach Lust auf den nächsten Schluck. Das ist genau das, was der Johnny sich dabei gedacht hat. Und bei einem Bock natürlich auch gefährlich, weil man dann auch gerne eben den nächsten und nächsten Schluck macht. Also ein sehr schönes Bier, hat auch eine schöne Süße, das passt gut zu diesem Rauchcharakter, sehr rund, sehr harmonisch. das, was ich eben vorhin von den fränkischen Brauereien beschrieben habe. Weil, sowas kann man nicht an der Uni lernen, das hat was mit der DNA des Betriebs zu tun und das ist eben bei uns besonders ausgeprägt, ja.
Matthias: Da hast du grade die DNA des Betriebs genannt, da würde ich nochmal ganz kurz zu dem Rauchbier nachfragen, ist irgendwie ja wirklich was Fränkisches, ja und wahrscheinlich durch Schlenkerla einfach weltbekannt geworden. Manche sagen ja, also ich habe jetzt mal zwei Begriffe, was ich immer wieder lese, als würde man in einen frischgeräucherten Schinken beißen, andere sagen, als würde man in einen Aschenbecher beißen. Also man mag es oder man hasst es, wie siehst du das?
Markus: Naja, erst mal würde ich die Leute fragen, ob sie denn in ihrem Leben schon mal in einen Aschenbecher gebissen haben? Da werden die wenigsten sagen, dass sie diesen Geschmack wirklich kennen. Aber es ist natürlich so, also man muss halt sagen, das Besondere ist, dass nur beim Schlenkerla und beim Spezial, also nur in diesen beiden Bamberger Brauereien es so ist, dass sie auch noch ihr malz selber herstellen. Warum ist das was Besonderes? Weil das noch auf die mittelalterliche Art und Weise passiert. Das heißt, dieses Korn, Getreidekorn ist vom Anfang des Prozesses bis zum Ende immer im Rauch. Kann man sich so vorstellen, wenn wir in unseren Jugendjahren so in der Disco waren und man ist da, was weiß ich, abends um sieben oder sowas rein, morgens um drei oder vier wieder raus und dazwischen wurde ja nur gequalmt, das heißt, noch drei Tage später hast du in jeder Zelle deines Körpers dieses Aroma gehabt. Und so ist es eben bei diesen Malzkörnern auch. Wenn man ein modernes, industriell produziertes Rauchmalz hat, dann ist es meistens so, dass das normal produziertes Malz ist, was dann am Ende des Prozesses nochmal in eine Räucherkammer kommt. Das ist dann so, wenn wir früher durch diese Disco einmal durchgelaufen sind, dann haben wir danach auch nach Rauch gerochen, aber so ein paar Stunden später war das dann auch wieder weg. Und dementsprechend ist einfach die Intensität und die Harmonie und die Durchdringung dieses Raucharomas bei diesen beiden Brauereien anders als beim Rest der Welt. Und das macht es einfach so spannend, weil wir hier auch noch auf dieser historischen Art und Weise unterwegs sind. Und das ist vielleicht noch der Hintergrund, warum diese Biere, wenn man sie zum Beispiel direkt aus dem Lagertank in der Brauerei probiert, da sind die gar nicht so rauchig, weil das da eben noch voll harmonisch voll eingebunden ist. Das entwickelt sich dann erst durch den Abfüllprozess, in der Flasche wird der Rauch ein bisschen kräftiger. Aber das hat natürlich nix damit zu tun, wie früher Leute dieses Bier genossen haben und deswegen hat es auch früher niemanden groß gestört, weil man sich einerseits dran gewöhnt hat und weil es andererseits auch ein sehr harmonischer Genuss war. Und das sieht man heute auch noch, wenn man grade beim Schlenkerla zum Beispiel, hat sich ja seit einigen Jahren diese wunderbare Tradition eingebürgert, dass man auch vor dem Laden steht und dort sein Bier trinkt. Und das ist wirklich spannend, egal wann man da hingeht, also auch zum Beispiel am Mittwochnachmittag oder so, dann findet man vorm Schlenkerla eine Traube von 50, 100, 200, je nachdem, Leuten, die dort einfach stehen mit ihrem Seidler in der Hand und trinken halt ihr Rauchbier. Und das ist eine neue Tradition geworden, die sich seit dem Rauchverbot entwickelt hat. Zeigt aber, wie lebendig das ist und wie dieses Bier immer noch einfach zur Seele der Stadt gehört und das freut mich natürlich.
Matthias: Jetzt hast du ja gesagt, Seele der Stadt und gleichzeitig auch, dass es ja was Historisches ist eigentlich, also es gibt es schon lange, lange Zeit und es gibt auch sozusagen eine wunderbare Begründung dafür, warum diese zwei Rauchbiere auch so besonders rauchig schmecken. Das gibt mir die Gelegenheit, ein bisschen den Bogen zu spannen von der traditionellen Herstellung des Bieres, du hast auch vorhin die Patriarchen genannt und die Brauerei ist schon immer so betrieben worden wie sie immer betrieben wurde und das vielleicht auch ein Grund war für dieses Brauereisterben, eben auch diese einerseits Sturheit, dann diese wahnsinnig viele Arbeit, die es dort zu machen gab, kein Urlaub, ja, ist bestimmt nicht das Angenehmste. Und jetzt wächst aber auch, und wir hatten dieses Brauereisterben ja auch und jetzt wächst aber grade so eine Generation an jungen Brauern heran, die ganz, ganz viel experimentieren, sicherlich auch mit Rauchmalz, aber mit ganz, ganz anderen Dingen, also Stichwort wäre Craftbeer, aber auch ganz allgemein, was halt alles grad rumexperimentiert wird. Die aber wiederum bei dem ein oder anderen Biertrinker, und es sind nicht grad wenige, auf ganz, ganz massive Kritik stoßen, die das als Panscherei bezeichnen, die nicht verstehen, warum wir nicht bei hellem Märzen und Pils bleiben oder bei ihren üblichen vier bis fünf Biersorten, die die Brauerei immer gebraut hat. Und, aber da sprechen wir noch separat drüber, die sich massiv über die Preise empören, die für solche Biere aufgerufen werden. Vielleicht erst mal so aus deiner Sicht, der wirklich diese Szene seit Jahrzehnten eigentlich beobachtet und das alles auch mitbekommen hat, was da grade entsteht und entstanden ist. Ist es aus deiner Sicht ein guter Weg, diese neuen Biere überhaupt zu produzieren, so viel rum zu probieren? Weil, ich sage jetzt mal ganz frech, ein riesen Markt ist es wahrscheinlich nicht, es ist schon was sehr Spezielles oder liege ich da völlig verkehrt, ist es die Zukunft jeder Brauerei?
Markus: Oh ja, ein komplexes Thema. Also vielleicht vorneweg, ich finde, da merkt man immer, dass wir armen Franken in einem Staat zusammenleben müssen mit den Bayern und den Schwaben. Weil, genau diese beiden Eigenschaften, die du grade genannt hast, also so die typische bayrische Eigenschaft ist, das haben wir noch nie gemacht, das brauchen wir nicht, das wollen wir nicht, das braucht es nicht. Und diese typische schwäbische Eigenschaft ist, das ist zu teuer, teurer als vorher, was weiß ich, wir müssen Geld sparen, hin und her. Und eigentlich erlebe ich die meisten Franken, also wenn man hier so die Klassischen hat, hier auch in den Seminaren oder so, in beide Richtungen verhältnismäßig offen. Also das wundert mich auch, aber ist tatsächlich so, weil ich ja auch zum Beispiel Seminare in Bayern, also im typischen bayrischen Gebiet gebe und da sind die Menschen tatsächlich anders. Also da, wenn man nicht als Drittes oder Viertes so ein Augustiner Hell hat oder so, dann wird es kritisch. Das ist hier in Franken tatsächlich anders, da ist man doch in der Regel relativ offen. Und auch was den Preis angeht, wenn die Leute mal verstanden haben, warum Dinge vielleicht etwas teurer sein müssen, wenn sie es nachvollziehen können, dann ist es in der Regel für sie auch okay. Und wir haben durchaus in Franken mehrere Beispiele für Brauereien, die extrem hohe Bierpreise im Verhältnis durchsetzen und damit am Markt auch bestehen können. Also da können wir auch drüber, ein spannendes Thema. Aber egal, also zurück zu diesem ganzen Craft-Thema, da, finde ich, ist schon mal das erste Problem, das es viele Missverständnisse gibt. Also es gibt nicht das Craft-Bier, es gibt dafür keine Definition und es ist auch nicht zwingend so, dass experimentieren also auf der einen Seite auf so großem Level stattfindet und auf der anderen immer bedeutet, dass da komische Sachen im Bier sind. Weil, wir dürfen nicht vergessen, grundsätzlich haben wir unser Reinheitsgebot und 99 % all dieser neuen innovativen craftigen Brauereien bewegen sich im Reinheitsgebot. Also das heißt, die experimentieren mit verschiedenen Malzen, mit verschiedenen Hefen, mit verschiedenen Hopfen, teils auch mit dem Wasser zum Beispiel oder mit so etwas wie Rauchmalz oder mit Holzfässern oder so, also da gibt es innerhalb dieser traditionellen Möglichkeiten, Bier zu brauen, einfach eine große Bandbreite. Und die haben wir in Deutschland eigentlich auch immer gekannt. Die ist nur ein bisschen verlorengegangen über den Ersten Weltkrieg, da gab es Rohstoffmangel, dementsprechend hat sich da die Vielfalt deutlich eingedampft. Dann hatten wir gleich danach die Inflationszeit, das hat dann die Brauereien wirtschaftlich ziemlich in den Ruin getrieben. Dann hatten wir den Zweiten Weltkrieg, wo sie dann auch noch bombardiert, abgebaut, demontiert, was weiß ich was wurden und dementsprechend hatten wir danach eine Stunde null und dann ging es eigentlich hier los mit diesen klassischen 5%-Bieren, die wir heute als Norm kennen. Aber vorher hatten wir auch eine ganz verschiedene große Bandbreite unterschiedlich starker und unterschiedlich schmeckender Biere und da gehen wir schlicht und einfach wieder ein bisschen hin. Und da gibt es eben ganz klassische Beispiele, also wenn wir zum Beispiel beim Schlenkerla sind, die haben zum Beispiel ein Leichtbier im Programm mit 1,2%, was rauchig ist, sie haben zwei alkoholarme Biere mit 0,6, glaube ich oder sowas und 0,9 im Programm ohne Rauch, sie haben einen Doppelbock mit 8% zum Beispiel. Also da gibt es eine riesen Bandbreite verschiedenster Biere, obwohl das nun erwiesenermaßen eine ganz traditionelle klassische Brauerei ist, und so gibt es eben ganz, ganz viele Beispiele. Und dann haben wir natürlich auch die, die jetzt sagen, wir experimentieren auch mal über diese Grenzen hinaus. Das kann man dann sehen wie man will. Also Beispiele wären hier ganz klassisch auch wieder die Mälzerei Weyermann in Bamberg, die ja einfach für ihre internationalen Kunden verschiedenste Rezepturen ausprobieren will und muss und deswegen auch oft nicht unbedingt Rücksicht auf ein Reinheitsgebot nehmen kann, wenn man halt einen Kunden hat, der ein Bier in Indien entwickeln möchte und zum Beispiel, keine Ahnung, Himbeeren darein tun möchte. Dann kann er das natürlich und dann muss ich ihm auch zeigen, wie das geht, also dementsprechend ist das klar. Oder auch der Felix in Nürnberg mit orca brau, der offensichtlich da einen guten Draht zu seinen Behörden hat und da auch viele Dinge machen kann, die andere Brauer wieder nicht machen können, auch cool und spannend. Und ich denke halt, solange das transparent ist, also solange der Verbraucher weiß, zum Beispiel, das ist jetzt ein Bier, das ist mit Himbeeren gebraut, dann kann er sich ja entscheiden, ob er das mag oder nicht. Aber ich würde das per se nicht verteufeln, weil, ich glaube, da wird vieles durcheinandergebracht. Was schwierig bei einem Bier zum Beispiel ist, und das gilt wahrscheinlich für jedes Lebensmittel, wenn eben mit Chemikalien, mit irgendwelchen Beschleunigern, mit irgendwelchen künstlichen Aromen, mit solchen Dingen gearbeitet wird. Und das passiert weder in Deutschland in Sachen Reinheitsgebot, noch bei diesen Craft-Bierbrauereien. Das ist etwas, was man in der Regel bei den großen internationalen Industriebrauern hat, die halt versuchen, ein ganz banales Bier noch schneller und noch billiger zu produzieren und das ist natürlich was, was wir nicht wollen. Aber all diese anderen Dinge, also die hier landläufig so assoziiert werden mit diesem Thema Craft, das sind eigentlich sehr gute natürliche spannende, interessante Dinge. Und wie gesagt, da muss man einfach mal schauen, ob seinen persönlichen Bierhorizont erweitern möchte, ob man sich da traut, ob man sich interessiert. Und das ist, ich sage immer, das ist so ein bisschen wie am Anfang des Lebens, wenn man so das andere Geschlecht entdeckt, jedes Mal lernt man wieder ein bisschen mehr, was man vielleicht nicht mag und dann lernt man auch wieder was, was man mag. Und so ist es beim Bier hat auch, also da gibt es halt Sachen, die möchte man gerne wieder haben und Sachen, die braucht man halt nicht mehr. Und das ist aber eine persönliche Sache und da kann ich jetzt nicht generell sagen, ist alles schlecht, sondern dann habe ich halt meine Vorlieben und meine Themen und damit muss ich halt dann umgehen.
Matthias: Also den Vergleich hatte ich bislang noch nie gehört, aber der ist natürlich fantastisch, um sich an bestimmte neue Biere heranzutasten sozusagen, das zu vergleichen mit, ja, dem Kennenlernen des anderen Geschlechts, wunderbar. Ja, ich hätte noch einen anderen Namen, du hast den Felix von orca brau ja erwähnt, orca macht ja da wirklich sehr, sehr viel, sehr unterschiedliche Dinge, immer in kleinen Auflagen auch. Hat, glaube ich, absolut auch seine Fangemeinde und ich denke, auch völlig zu Recht. Ich würde noch einen zweiten Namen in die Runde werfen wollen, das ist natürlich David Hertl, den wir beide ja auch schon lange kennen. Ich kann mich erinnern, dass er damals bei der ersten Buchvorstellung, damals als ganz, ganz junger Brauer dabei war. Der hat den Saal gerockt, das war unglaublich. Ich habe am Schluss gedacht, wir müssen den irgendwie raustragen, weil der überhaupt nicht aufgehört hat zu erzählen, also nicht zu trinken sondern zu erzählen, und die Leute, der Saal hat getobt. Ein unglaublicher Entertainer auf der einen Seite, auf der anderen Seite, glaube ich, ist er über die Jahre hinweg wirklich zu einem mehr als ernstzunehmenden Brauer geworden. Und trotzdem, und das würde mich jetzt mal bei dir interessieren, er ist jemand, der ja auch in der Szene, und wir zum Beispiel machen ja diese Facebook-Gruppe, wir lieben Bier aus Franken, mit inzwischen über 48.000 Mitglieder, er wird ja immer wieder angefeindet. Und das ist ja zum Teil, ist das ja hasserfüllt, also wo man sich fragt, wie kann das sein? Und das ist jemand, der 10.000 Dinge, hat man den Eindruck, immer wieder ausprobiert, was Neues und mal da und mal da und dann auf einmal dort in der Brauerei und ein Kühlschiff hat und dann dort was macht. Woher kommt das, aus deiner Sicht, dass so ein Mensch, den man doch eigentlich, ja, man muss ihn vielleicht nicht bewundern, aber man muss zumindest anerkennen, was da jemand als Leistung bringt, dass der trotzdem in der Szene dann immer wieder angefeindet wird, aber auch auf der anderen Seite immer wieder eine eiserne und gute Fangemeinde hat. Und das sei ihm ja auch vergönnt, aber er muss auch sich immer wieder Vorwürfen aussetzen, die, denke ich, zum Teil wirklich unter die Gürtellinie gehen.
Markus: Naja, ich denke, der David ist halt jemand, der schon immer polarisiert hat. Also ich kenne ihn wirklich seit seiner ersten Brauerminute, würde ich fast sagen. War ganz lustig, weil ich da in Schlüsselfeld wirklich war, als er angefangen hat, zufällig mehr oder weniger, habe dann auch gleich seine ganze Familie kennengelernt und seitdem sind wir immer wieder zusammen, treffen uns. Er ist auch so ein bisschen bei uns mit im BierAkademie-Team, das heißt, da haben wir öfters miteinander zu tun. Und ich habe ihn zum Beispiel auch in Schneid, die Brauerei, die er da mit dem Kühlschiff übernommen hat, da habe ich ihn so ein bisschen hingebracht. Also das ist auf jeden Fall eine sehr, sehr gute Beziehung, die wir haben, wobei ich trotzdem sicherlich, glaube ich, objektiv darüber sprechen, kein Thema. Wie gesagt, er ist ein Mensch, der polarisiert. Grade am Anfang, da war er jemand, der laut war und schnell geredet hat und von sich natürlich völlig überzeugt war und der wie so eine Dampflok da durchmarschiert ist und da gab es kein Rechts und kein Links. Und das hat natürlich Leute schon auch ein bisschen erschreckt und auch beeindruckt. Und was er aber von Anfang an hatte, und das unterscheidet ihn von vielen anderen dieser Zunft, er hat immer ein Auge gehabt, was wirtschaftlich sinnvoll ist und was am Ende funktioniert und was nicht. Und das ist, glaube ich, das, womit er sich den Neid dann auch erarbeitet hat, weil ich das dann tatsächlich zum Beispiel auf der Consumenta in Nürnberg erlebt habe. Da stehen halt 20 Stände von 20 fränkischen Brauereien, 19 davon sind irgendwelche klassischen Namen, die jeder kennt und die haben halt dann ihr normales Bier da und dann gibt es halt, was weiß ich, 01 für 1,00 Euro und dann stehen die halt sich die Beine in den Bauch. Und der 20. ist der David, der steht da in der Mitte, hat sein ganzes Gedöns da aufgestellt, ist natürlich vom Anfang der Halle bis zum Ende zu hören, hat verrückte Biere dabei und hat dann seine Tonflaschen mit 0,3 für 29,90 Euro und ist am zweiten Tag ausverkauft. Und das ist dann was, wo sich halt diese ganzen anderen fragen, warum? Also wir stehen da, wir machen seit Generationen ein gutes Bier, das ist auch noch viel billiger und es ist wunderbar und es interessiert keinen. Und da hat der David einfach ein unglaubliches Händchen dafür, auch die Stimmung zu schaffen, die Lust zu schaffen, das auszuprobieren, zu ihm persönlich so eine gewisse Beziehung aufzubauen, er kann Storytelling. Das ist halt die Frage, wenn ich einfach nur hinschreibe, ich habe ein Helles, dann ist das nicht spannend. Es ist beim Wil, da kann man wieder den Vergleich ziehen, aber ich lasse jetzt irgendwelche blumigen Vergleiche mal lieber weg, aber die Verpackung macht es halt einfach auch. Also habe ich jetzt ein Bier, ich habe neulich mal als Vergleich, den ich jetzt mal so aus dem Bauch raus sage, ich kreiere ein Bier und ich nenne das zum Beispiel das Wunderseidler. Dann kann ich anfangen zu erzählen, da kann ich sagen, naja, das Malz zum Beispiel, das kommt von einem Bauern bei mir hier um die Ecke, der baut ein paar historische Gerstensorten an, sogar Bio und das bringt er eben persönlich zur Mälzerei und dann landet es hier in meinem Bier. Und der Hopfenbauer, das ist einer, den kenne ich seit meiner Jugend, wir waren schon auf dem Traktor zusammen als fünfjährige und ich komme da immer noch hin. Und mittlerweile hat er von seinem Vater den Hof übernommen und jetzt hole ich da eben den Hopfen und es ist super toller Hopfen, wunderbar und das passt ganz toll. Und mein Wasser, das kommt hier aus der Talsperre. Und natürlich ist das Allgemeinwasser, aber ich habe hier eine Wasseraufbereitung, da bringe ich das Wasser genauso, wie es um 1730 war, als meine Brauerei gegründet worden ist. Und dann ist das natürlich das Wunderseidler, weil, 1750 gab es hier mal das preußische Bierwunder, als Napoleon da war und dann geheilt worden ist durch unser Bier von einem Steinleiden und so ein Bier haben wir jetzt hier. Und schon wird aus diesem ganz banalen hellen Kellerbier ein faszinierendes Bier, wo ich von ganz vielen Seiten sagen kann, ja, das interessiert mich, das ist spannend, da erinnere ich mich dran. Das erzählt mir eine Geschichte und die kann ich auch weitererzählen. Und sowas, das muss ich mit meinem Bier halt machen, ich muss als Brauer interessant sein, als Brauerei interessant sein, muss interessante Biere machen und muss was zu sagen haben. Und das ist, glaube ich, was, was Leute dann eben auch als Kunden überzeugt. Und dann ist auch der Preis egal, weil, dieses Wunderseidler gibt es nur bei mir. Und entweder du zahlst die 5,00 Euro oder du hast es halt nicht. Und dann habe ich auch keinen Vergleich mit irgendwas anderem. Und so ist es da eben beim David oft auch, er hat besondere Namen, er hat besondere Verpackungen, er hat besondere Ideen und dann trinken die Leute eine Gurken-Gose. Wo jeder sagen würde, also Essigwasser kann ich Daheim auch machen. Aber nein, wenn man das entsprechend macht, entsprechend verpackt und, ohne despektierlich zu sein, das ist auch ein tolles Getränk, macht er super als Produkt, ich sage nur, vom Vergleich her, natürlich könnte man auch sagen, das ist eben so ähnlich, es ist immer eine Frage, wie man das tut. Und das ist zum Beispiel auch auf dem Bierfest im Burggraben in Nürnberg immer wieder faszinierend zu sehen, wie unterschiedlich grade auch die Typen wirken.
Matthias: Ja, ja.
Markus: Und natürlich polarisiert das. Und natürlich ist dann in so einer Gruppe, wenn dann so ein Kasten Hertl-Bier für 43,90 im Getränkemarkt steht, dann geht da irgendjemanden sicherlich die Galle, aber meistens haben die das Bier noch nicht getrunken, kennen den David überhaupt nicht, sondern haben nur dieses Preisschild gesehen und regen sich generell da drüber auf. Wobei man in anderen Ländern einfach nur sagen würde, was für ein Brauer, der es schafft, dieses Bier für 43,90 zu verkaufen, wo andere das Problem haben, das für 8,90 zu tun. Und insofern, ja, manchmal muss man auch ein bisschen bewundern.
Matthias: Genau. Also ich glaube, du hast es sehr gut erzählt, gesagt mit dem Storytelling. Ich glaube, insofern war, denke ich auch, der David ein bisschen Pionier und viele haben ja inzwischen nachgezogen und erzählen Geschichten. Und grade das, was du auch genannt hast, aus ihrer Familie, weil da gibt es ja oft genug, die Skurrilen, die etwas anderen Gestalten, die knotzigen Typen, die, ja, die sich allem quergestellt haben, die anders agiert haben als wie die normalen Menschen sozusagen im Dorf oder im Örtchen. Also da merkt man schon, dass viele, viele nachgezogen haben und das ist ja auch gut so und man liest das auch gerne und lässt sich das auch gerne erzählen und ich glaube, den Braustätten tut es ja ganz gut. Ich würde ganz gern aber trotzdem noch ein paar Worte mit dir über diese Preisdiskussionen sprechen. Also die Frage, die natürlich jeder Laie irgendwann mal stellt und die musst du wahrscheinlich alle zwei Wochen beantworten, warum kann Oettinger ein Bier für, ich sage jetzt mal, 5,00 Euro, jetzt werden sie es im Moment nicht mehr so verkaufen, aber ein Kasten Bier, 20 Flaschen 0,5 Liter, für 5,00 Euro verkaufen und warum sagt man, dass eine fränkische Brauerei, die ja inzwischen immer noch für, weiß ich nicht, 13,00, 14,00, 15,00, 16,00 Euro verkauft, warum müssen die so viel verlangen? Und, das ist die anschließende Frage, warum müssten die eigentlich viel mehr verlangen? Weil, wenn man sich im Moment anschaut, wie die Preise für die, ja, die Substanzen, die halt nötig sind für die Energie, nach oben gegangen sind, sagen ja viele Brauer: „Es reicht eigentlich nicht mehr das, was wir im Moment verlangen.“
Markus: Ja, auch das wieder eine sehr komplexe Frage.
Matthias: Mit dem Bier ist es nicht so einfach.
Markus: Aber so ist es mit dem Bier, das ist alles nicht mehr so einfach.
Matthias: Es ist nicht so einfach, es ist nicht nur einfach einschenken und austrinken, da steckt viel dahinter.
Markus: Nein, nein. Also ich meine, erst mal muss man sagen, also Oettinger, es gibt tatsächlich immer noch Oettinger-Sonderangebote für 4,99 den Kasten. da muss man sie allerdings auch ein bisschen in Schutz nehmen, das hat also natürlich auch etwas damit zu tun, das sie ihr Bier verhältnismäßig günstig abgeben, aber oft auch etwas damit zu tun, dass das in Deutschland auch zur Politik der Supermärkte oder Getränkemärkte gehört. Also das heißt, wenn ich jetzt zum Beispiel so einen klassischen großen Supermarkt habe und ich mache dann zum Beispiel in meinem Prospekt dieses Sonderangebot, das Oettinger für 4,99, dann stelle ich das natürlich genau ins hinterste Eck meines Supermarktes und gehe davon aus, dass die Leute am Ende diesen Kasten Oettinger kaufen, wo ich als Supermarkt vielleicht 3,00 oder 4,00 Euro sogar drauflege. Aber auf dem Weg zu diesem Kasten füllen die sich natürlich den Wagen und auf dem Rückweg nochmal. Und durch diesen Effekt, das dafür diese ganzen anderen Produkte in dem Warenkorb landen, habe ich am Ende mehr verdient und habe damit auch diesen Oettinger-Kasten mehr als finanziert. Also das muss man ein bisschen sagen, da können oft die Brauereien auch gar nichts dafür, weil oft die Lebensmitteleinzelhändler oder auch die Getränkehändler diese Preise nutzen, um ihr eigenes Marketing zu betreiben. Dann muss man natürlich sagen, natürlich hat Oettinger auch per se einfach eine andere Preisstruktur, weil sie in ziemlich großen Mengen dieselben Biere machen. das übrigens mit sehr guten Rohstoffen und sehr hoher Qualität, keine Frage. Aber wenn man das eben im großen Maßstab macht, dann kann man das wesentlich billiger produzieren, ist ja klar, als wenn ich das eben immer nur in ganz kleinen Chargen machen muss, weil ich immer dieselbe Zeit brauche. Oder auch anteilig zum Beispiel, was Energiekosten und Räumlichkeiten und so weiter angeht, natürlich bei einem 10-mal so großen Tank einfach andere Kosten pro Liter entfallen als eben bei einem Zehntel davon. Also das muss man einfach auch sagen, dass da der Produktionsprozess günstiger ist. Und dann haben sie an sich natürlich, zumindest unter dem vorherigen Chef, jetzt ist ja seine Tochter am Ruder und wird einiges ändern, aber vorher war es eben so, dass sie ganz bewusst gesagt haben, sie machen so gut wie gar keine Werbung, sehr wenig Marketing und haben eigentlich ihr Geld mehr als Spedition verdient als als Brauerei. Und da muss man auch sehen, dass die ganz knallhart agiert haben. Also wenn du jetzt zum Beispiel ein Getränkehändler warst, dann war eben klar, um 6:59 Uhr kommt der Oettinger-Laster und da ist deine Rampe für 5 Minuten leer, damit der abladen kann und dann fährt der weiter. Und wenn um 6:59 Uhr die Rampe nicht leer war, dann ist der weitergefahren und du hast eine Konventionalstrafe gezahlt und so. Und dementsprechend war das natürlich auch alles anders getacktet. Also insofern, das hat auch einfach ganz banale wirtschaftliche Gründe und dementsprechend kann man das auch schlecht vergleichen mit der klassischen Familienbrauerei, die wir hier in Franken haben. Ohne, wie gesagt, Oettinger dafür zu blamen oder zu bashen, weil, ich meine, letzten Endes, das Bier an sich ist gut, was sie machen. Ich nehme es selten in Verkostungen, weil es mir dafür ein bisschen zu glattgebügelt ist. Aber das ist nicht negativ gemeint, sondern ich brauche halt einfach in Verkostungen Biere mit Ecken und Kanten. Und wenn ich von einem Bier 4 Millionen Hektoliter verkaufen will, dann muss ich es eben möglichst ohne Ecken und Kanten machen, also dementsprechend kann man das dem Bier nicht vorwerfen. Wenn man jetzt auf unsere Familienbrauerei geht, die hat halt unglaublich viele Kostenfaktoren, die jetzt dazu kommen und unglaublich viele Kostenfaktoren, die sie früher nicht wirklich berücksichtigt hat, so, klingt kompliziert. Also bei den jetzigen Dingen, ist klar, das kennen wir alle, wir haben die Energiepreissteigerungen, das wirkt sich aus auf das Etikett, auf den Kronkorken, auf die Logistik, dass das hin- und hertransportiert wird. Wir haben die Einwegfalsche, wir haben den Kasten und so weiter, all diese Dinge, ist alles teurer geworden, Malz hat doppelten Preis mittlerweile, Hopfen 70 % mehr, Abwasser ist teurer geworden. Also allein die ganz normalen Kosten, die ich für mein Bier habe, sind extrem gestiegen und die Brauer können sich halt nur teilrefinanzieren. Also zum Beispiel, sagen wir das Thema Pfand, dann kriege ich ja für so eine klassische Flasche 8 Cent. Wenn ich die irgendwo kaufe, neu, beim Glasladen, dann zahle ich irgendwas zwischen 20 und 30 Cent für so eine Flasche. Das heißt also, allein da legt der Brauer, nur wenn er diese Flasche kauft und in seinen Pfand-Pool gibt, pro Flasche schon mal 12 bis 22 Cent drauf. Noch schlimmer ist es bei Bügelflaschen zum Beispiel, da sind es dann nochmal 20 Cent mehr. Oder auch so ein klassischer Kasten, kriege ich 1,50, glaube ich, Pfand, kosten tut der um die 5,00 bis 6,00 Euro. Und das sind allein schon mal Kosten, allein wenn der 1.000 neue Kästen kauft, hat er schon mal ein paar 1.000 Euro verbraten, die er nie wiederkriegt, weil er das Ganze einfach in sein Pfand-Pool steckt und dafür eben kein adäquates Geld bekommt. Und vor allem nicht, wenn Leute Kästen mit Nachhause nehmen und nicht mehr zurückbringen. Also in dem Pfandsystem steckt ganz viel. Vielleicht noch ein letzter Punkt, bevor es zu ausführlich wird, was da noch dazugehört ist, dass in Deutschland sich da mittlerweile auch ein Zweitsystem etabliert hat. das heißt, es ist nicht so, dass der Getränkehändler deinen Kasten bekommt und dann dir wieder zur Brauerei zurückbringt, sondern es gibt einen Zwischenhändler, der alle Flaschen, alle Kästen aufkauft, sortiert und dann wieder zurückgibt. Und die sind natürlich clever, das heißt, die halten die Dinger auch zurück, wenn die Preise niedrig sind und geben sie her, wenn sie hoch sind. Und manche Kästen liefern sie gar nicht an die Brauerei, weil es sich nicht lohnt, die werden eingeschmolzen und verkauft. Also auch da passiert einfach viel. Okay, also so viel Mal zu diesem Thema. Und dann gibt es hat diese versteckten Kosten, die so bis in die 80er-, 90er oder auch 00er-Jahre nicht wirklich interessiert haben, ganz banal gesagt, das war die Oma oder der Bruder oder auch die Ehefrau, die im Laden immer kostenlos mitgearbeitet haben oder vielleicht für 400,00 Euro angestellt waren oder damals vielleicht 401,00 Euro für die Krankenkasse, aber das war ein lebenslanger Sklavendienst. Den man dann, wenn die Personen dann mal krank wurden oder jetzt auch älter geworden sind, musste man das ersetzen durch normale Mitarbeiter und die haben auf einmal den Mindestlohn und einen vernünftigen Lohn und Urlaub und so weiter. Und da merken die Brauer auf einmal, dass es nie irgendwo einkalkuliert war. Das Gleiche gilt für das Sudhaus, normalerweise baut jede Generation oder vielleicht jede zweite Generation in der Brauerei, baut ein neues Sudhaus. Das würde bedeuten, dass man als Brauer immer wieder was zurücklegen muss, weil, irgendwann ist das Sudhaus kaputt, da brauche ich es wieder neu. Wenn ich das nie mache und nie einkalkuliere, dann kann ich natürlich billiger mein Bier verkaufen, aber irgendwann ist mein Sudhaus im Eimer und dann mache ich halt die Brauerei zu, weil mir keine Bank einen Kredit gibt und so. Also da ist ganz viel, was da einfach wirtschaftlich schwierig ist. Und vielleicht ein allerletzter Punkt, den wir auch noch alle kennen, ist einfach die Corona-Zeit. Da haben wir einerseits das Personalproblem, was immer noch natürlich die Brauereien jetzt beschäftigt und andererseits das Thema, das viele zwar staatliche Hilfen bekommen haben, aber in Kreditform. Das heißt also, sie haben Geld gekriegt und das konnten sie auch verwenden. Und dann war eben festgelegt, zwei Jahre lang müssen sie das nicht zurückbezahlen, aber nach zwei Jahren schon, oft ohne Zinsen, aber es muss eben zurückbezahlt werden. Und diese zwei Jahre laufen jetzt aus, das heißt also, die Brauereien müssen jetzt auch noch zusätzlich diese Kredite eben zurückbezahlen. Und das dann mit den Kosten, die jetzt eh schon mehr werden und so weiter, führt einfach dazu, dass man zumindest zu den alten Preisen wirtschaftlich nicht vernünftig agieren kann. Und so ist es eben so, dass eigentlich eine Brauerei in Franken, wenn sie einigermaßen agieren will, um die 20,00 Euro für ihren Kasten verlangen muss. Deckt sich meiner Meinung nach aber auch mit dem Verbraucherverhalten. Denn, also ich kann mich noch erinnern, in meiner Jugend hat so der klassische, wir haben früher Bauarbeiter gesagt, da gibt es bestimmt mittlerweile einen politisch korrekten Ausdruck dafür, aber diese Leute jedenfalls, die hatten auch ein schönes Leben, aber die haben am Tag im Sommer zwei Kästen Bier getrunken und das war völlig normal. Und heute kauft man sich halt vielleicht noch einen Sixpack in der Woche. Und dementsprechend kann ich mir dann auch ein etwas teureres Bier leisten, wenn ich gar nicht mehr so viel davon trinke, dann ist es, glaube ich, auch okay.
Matthias: Sehr schöne Erklärung. Bei uns hieß das Tapezier-Pils, kann ich mich noch erinnern.
Markus: Auch gut.
Matthias: Ich wollte noch ganz kurz auf einen Punkt eingehen, aber wir kommen immer mehr in die Tiefe zwar, aber das würde mich schon noch kurz interessieren. Ich muss kurz nachdenken, du hast vorhin nämlich so ein Thema angesprochen, genau, jetzt ist es mir wieder eingefallen, du hast so ein Thema angesprochen, Sudhaus kaputt, kannst du dann nicht mehr, ja, du schließt die Brauerei. Oder du lässt an anderer Stelle brauen, das ist mir dann so im Hinterkopf, hat es bei mir so ein bisschen klingeling gemacht, auch so eine Diskussion in Biertrinker- und vielleicht sogar Bierkennerkreisen. Ist das dann noch ein Brauer, wenn er sein Bier woanders brauen lässt nach seiner Rezeptur? Auch eine riesen Diskussion, diese sogenannten Chipsy-Brauer, die halt irgendwo bei einer Braustätte oder halt regelmäßig in einer Braustätte brauen lassen. Wie siehst du diese Entwicklung, die ja durchaus inzwischen eine gewisse Relevanz hat in der Szene?
Markus: Na, ich denke, man muss es zweiseitig sehen. Also auf der einen Seite finde ich es per se nicht schlimm, wenn ich als Verbraucher weiß, dass es so ist, also wenn der Brauer auf die Flasche zum Beispiel drauf schreibt, gebraut bei oder gebraut von oder irgendwie sowas. Dann weiß ich das ja, dann ist es transparent und dann kann ich selber sagen, ist gut oder schlecht. Was ich problematisch finde ist, wenn sich jemand dann noch als eigene Brauerei darstellt und das auch so drauf schreibt und auch so ein bisschen die Story so erzählt und noch vielleicht schöne Bilder von einem Sudhaus oder so. Das finde ich schwierig, weil, das ist ein bisschen Verbraucherverarschung, das finde ich nicht gut. Und wir machen es bei unseren Büchern so, dass wir zumindest, also nach Möglichkeit, man macht natürlich auch Fehler, aber wo wir es machen können, da nehmen wir nur welche auf, wo wir sicher wissen, dass sie auch selber ihr Bier brauen. Also so reines Lohnbrauen ist für mich keine Brauerei. Man muss auch ein bisschen realistisch sein, ich glaube, wenn du jetzt eine gestandene Brauerei hast und bist ein richtig guter Brauer und so weiter und hast aber noch freie Kapazitäten und jetzt jemand anderen in deiner Brauerei brauen, dann glaube ich einfach nicht, dass du sagst, okay, Hans-Josef, hier, kriegst du meinen Schlüssel, du darfst in meiner Brauerei zwei Tage tun und lassen was du willst, danach komme ich wieder und mache mein Zeug. Das ist natürlich Quatsch, also weil, ich will ja meine Brauerei weiter am Laufen haben. Das heißt, in 99 % der Fälle ist es so, dass mehr oder weniger das Rezept gemeinsam besprochen wird, oder vielleicht auch sogar weniger als das, und dann der Brauer, dem die Brauerei gehört, dieses Bier am Ende des Tages herstellt. Also da steht jetzt nicht groß jemand anderes am Kessel und rührt da jetzt rum, sondern es ist halt eine Auftragsarbeit, in der Regel nur bedingt steuerbar von dem, der da als Gypsy-Brauer hingeht. Und wie gesagt, legitim und völlig okay und wenn das Produkt stimmt, für mich auch klar und gut. Aber was ich nicht mag ist, wenn sich solche Leute eben als Brauer hinstellen, weil, das sind sie in dem Fall einfach nicht.
Matthias: Ja, wir haben fast schon eine Stunde miteinander geredet, das ist die Überlänge des Podcasts bei uns, deshalb kommen wir eigentlich jetzt auch schon ein bisschen zum Ende. Du hast dein zweites Bier noch gar nicht vorstellen können, aber vielleicht sagst du zumindest noch, was bei dir neben dem Rechner steht, dass wir das noch mitbekommen und dann komme ich nämlich zur Abschlussfrage, die wie immer die allerschwierigste bei uns im Podcast ist: Aber das sage ich dir natürlich erst, wenn du uns dein zweites Bier noch ganz kurz zumindest gezeigt und, nicht besprochen vielleicht, aber gezeigt hast und gesagt hast, was es ist und warum.
Markus: Okay, das kann ich natürlich gerne machen. Und ich muss wirklich sagen, obwohl ich jetzt immer wieder getrunken habe, aber das ist eben so, so einen Rauchbock, den kann man in Schlucken genießen, den muss nicht in ganz großen Schlucken nehmen, dann hält der auch ein bisschen durch. Wobei er auch wirklich sehr trinkbar ist, also da kann ich mir gut vorstellen, auch mal ein bisschen mehr zuzulangen, aber, egal. Also das ist die eine Seite und natürlich versuche ich immer auch ein bisschen ausgleichend zu sein, deswegen ist das andere Bier, was ich hier habe, tatsächlich auch aus Bayreuth, nämlich von der Maisel Brauerei, das ist deren Bockbier, das sie dieses Jahr gemacht haben. Hat auch eine besondere Geschichte, weil das tatsächlich früher, also so vor 10, 15 Jahren noch, war das Maisel Bayreuther Bockbier immer so ein Geheimtipp. Also da gab es sehr wenig davon, das gab es nur eine ganz kurze Zeit und man konnte auch nicht viel davon kaufen. Und es war aber immer legendär gut und es war auch ein Bier, das man gut lagern konnte. Und das ist grade bei Bockbieren eben spannend, wenn man sowas mal 1, 2, 3, 4, 5 Jahre schön kühl in seinem Keller lagert und dann diese gealterten Versionen genießt und vielleicht sogar mit den Frischen wieder vergleicht. Also kann ich jedem nur empfehlen, das mal auszuprobieren, grade zur Bockbierzeit sich einfach mal 2, 3, 4 dunkle Bockbiere, ein paar Kästen in den Keller zu stellen, das kostet nicht viel und auch nicht viel Platz, und das einfach mal ein paar Jahre vergessen und dann wieder hochholen und probieren und vergleichen, und das konnte man mit dem Bier auch immer gut. Und mittlerweile ist es etwas häufiger zu bekommen, aber es ist immer noch ein sehr, sehr feines Bier und deswegen habe ich da eben auch noch ein Fläschchen gehabt und da habe ich gedacht, wenn ich schon das eine Bayreuther Bier dann für den Talk vorbereite, dann muss ich natürlich das andere auch vorbereiten, das mache ich dann erst nachher auf. Aber, wie gesagt, das kenne ich auch gut, das ist ein schönes braunes Bockbier mit schönen nussigen, ja, bis hin fast schon Nougat-Aromen, ganz angenehm, ganz weich, also auch ein Bier, auf das man sich wirklich freuen kann, so.
Matthias: Ja, wunderbar, sage ich schon mal vielen, vielen Dank. Ich würde mal sagen, es ist nicht unser letzter Podcast, ich muss wieder drauf setzen, dass Michael Husarek wieder irgendwann mal entweder in Urlaub ist oder zu viele Termine hat, dann lade ich mir wieder Markus Raupach ein und dann werden wir auf jeden Fall es schaffen, dann auch zwei Biere zu öffnen und darüber zu sprechen und über die ganze Szene letztendlich, aber vor allem auch natürlich über die fränkischen Brauereien. Und wir freuen uns natürlich auch darüber, das nach wie vor ganz, ganz viele Menschen nicht nur aus Franken diese Brauereien und Brauereigaststätten besuchen und dort ihr Bier auch ganz bewusst konsumieren wollen. Ich finde das immer wieder toll, auch bei uns in der Facebook-Gruppe, wenn du siehst, dass die Leute aus ganz Deutschland und drüber hinaus, ganz bewusst sich dann für ihre Urlaubsreise nach Franken entscheiden, um eben die ein oder andere Brauerei da aufzusuchen. Aber jetzt, Markus, kommt die eigentliche Frage, weil, Bier ist schön, aber eigentlich relativ unwichtig, genauso wie wir ansonsten oft über Politik oder irgendwelche gesellschaftlichen Entwicklungen sprechen, alles vollkommen egal, es geht um den 1. FC Nürnberg und die Frage ist, wann steigt der 1. FC Nürnberg endlich in die 1. Bundesliga auf und wo landet er am Ende dieser Saison? Ich stelle dir die Frage nach einer mehr als peinlichen 0:1-Niederlage im Franken Derby in Fürth, bei dem ich beiwohnen konnte und ich mich echt geniert habe eigentlich, ein Clubfan zu sein.
Markus: Tja, das ist, also das Leben als Clubfan ist tatsächlich kein leichtes. Und ich muss auch sagen, jetzt grade bei dieser Niederlage, wir kennen ja beide wahrscheinlich den Helmut L. aus Fürth, der ein sehr lebendiger Fürther ist und der hat das natürlich mit einem sehr großen süffisanten Unterstrich gepostet, dieses 0:1 beziehungsweise aus seiner Sicht natürlich dieses 1:0. Insofern, ja, das ist schwierig. Grundsätzlich würde ich mir auf jeden Fall wünschen, dass der FC N baldmöglichst wieder in der 1. Liga spielt. Ich kann mich noch an Tage erinnern, ich war damals im Stadion, wo sie gegen Bayern gewonnen haben, das war noch dazu an meinem Geburtstag, also das waren schon tolle Zeiten. Oder ich war auch zum Beispiel zufällig in der Nähe, als sie das letzte Mal aufgestiegen sind und bin dann von der Autobahn runter, hörte im Stadium im Radio und dann direkt vorne hingefahren, ausgestiegen und auf den Rasen und mir mein Stückchen Rasen mitgenommen, also durchaus. Allerdings habe ich dann dieses traumatische Erlebnis gehabt, dass ich mir da eine Dauerkarte gekauft habe für die nächste Saison und dann sind wir ja abgestürzt und sofort wieder in die 2. Liga, das war schon auch bitter.
Matthias: Also du hast alles schon miterlebt, dir brauche ich nichts zu erzählen.
Markus: Ich habe alles miterlebt. Also vielleicht eins vielleicht noch dazu, ich bin auch, glaube ich, einer der ganz wenigen Menschen, die im selben Jahr sowohl den DFB-Pokal als auch die Meisterschale in der Hand hatte. Und zwar war das 2007, da habe ich als Fotograf noch viel gearbeitet und habe damals beim VFB eben fotografiert und beim Club und jeweils bei einer Meisterschaft und dann beim Pokalsieg und durfte dann jeweils kurz Hand anlegen, also war sehr spannend. Aber egal, also deswegen, ich bin dem FC N sehr verbunden, habe allerdings gelernt das, wenn ich im Stadium bin, das Ergebnis durchaus unterschiedlich ausfallen kann. Aber ich freue mich auf jeden Fall absolut, wenn sie baldmöglichst wieder in der 1. Liga spielen, da werde ich schon nochmal wieder vorbeischauen. Ja, diese Saison, es ist schwierig, weil, es ist halt der große Unterschied zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Aber, ja, vielleicht kriegen sie es ja irgendwie hin, im oberen Mittelfeld zu landen, mal schauen, also es sind ja noch ein paar Spieltage. Schön ist es nicht und das ist eben auch das Problem, wenn es so ein bisschen wehtut beim Zuschauen, dann ist es auch schon schwer. Aber es ist trotzdem dieses Gänsehaut-Feeling, wenn man im Stadion ist und die Hymne gespielt wird, das verliert man nicht. Und das ist auch in der 3. Liga schön, also insofern, manchmal ist es eben so, ja.
Matthias: Vielleicht gibt es dann, das wäre noch die allerallerletzte Frage, vielleicht gibt es in der 3. Liga dann ein ganz anderes Bier. was wäre denn dein Wunsch an Bier, was in einem Stadion in Nürnberg oder in Fürth, also in Fürth gibt es ja das Grüner-Bier zumindest, also als ein regional runter gebrochenes Tucher-Bier, aber was wäre denn dein Wunsch, was man in einem Fußballstadion an Bier ausschenken sollte in Nürnberg?
Markus: Boah, das ist in der Tat schwer, weil dann müsste man ja quasi eine Brauerei absolut bevorzugen. Und dazu muss man halt auch wissen, dass es in einem Stadion gar nicht so leicht ist, also wenn man das mal gesehen hat zum Beispiel in der Veltins Arena, was das bedeutet, so ein komplettes Stadion. Also die haben ja praktisch die Braukapazität einer mittelgroßen Brauerei, wird da an einem Spieltag rausgehauen und das alles mit den Leitungen und so weiter, das ist gar nicht so einfach. Also wir könnten da jetzt nicht sagen, wir nehmen die Stamer-Bräu, weil die könnten grade mal 5 Sekunden Bier ausschenken, dann wäre der Jahresausstoß erledigt in so einem Stadion. Das heißt unterm Strich, natürlich muss es einer von den größeren Brauereien sein. Vielleicht würde ich mir ein bisschen mehr Varianz wünschen, weil, man hat ja dann oft einfach immer nur so das Helle. Da vielleicht also gerne mal ein Rotbier, gerne auch mal was Dunkles, vielleicht auch was Leichtes und was Alkoholfreies, also das man da ein bisschen mehr Varianz hat, das fände ich schon ganz gut. Aber ich würde jetzt in der Tat mich schwertun, eine spezielle Brauerei zu bevorzugen, weil das gemein ist, wenn man die Hintergründe nicht weiß. Also wahrscheinlich gibt es in Franken nur 3 oder 4, die in der Lage wären, das Stadion wirklich zu bespielen. Aber das würde jetzt keiner richtig verstehen und würde dann sagen, naja, warum schlägt er denn jetzt die vor? Dementsprechend, also wichtig wäre für mich wirklich, eine Wahlmöglichkeit zu haben, das wäre schön. Man könnte ja vielleicht an verschiedenen Stellen im Stadion verschiedene Biere anbieten, hätte auch was, könnte man die Leute ein bisschen in Bewegung versetzen.
Matthias: In Bewegung versetzen, genau, ja.
Markus: Ja, warum nicht. Aber auf jeden Fall sollte man die Tradition an sich bewahren, dass man auch ein Bier im Stadion trinken kann. Das ist ja eher sogar etwas, was wahrscheinlich auf der Kippe steht demnächst. Und das ist auch eine der wichtigsten Baustellen, wo ich zum Beispiel auch in meiner Tätigkeit als Botschafter für das deutsche Bier unterwegs bin, dafür zu sorgen, dass wir einfach einen vernünftigen Umgang mit dem Thema Alkohol haben, um nicht die gesamte Bierkultur am Ende, zumindest was das Thema alkoholhaltiges Bier angeht, da zu verlieren an solchen Stellen.
Matthias: Da hast du jetzt noch ein Thema angesprochen, die meinen immer schon, es ist die letzte Frage und jetzt würde ich sagen, wir sind am Ende der Sendung angelangt, aber eine Frage habe ich noch, ich bitte um eine kurze Antwort. Du bist Präsident, weil du es grad gesagt hast, ich weiß nicht, ob du darauf angespielt hast, aber du bist Präsident der Vereinigung der Deutschen Bierkonsumenten. Was zum Teufel ist das denn?
Markus: Also es hat in der Tat damit jetzt konkret nichts zu tun, wenn gleich ich tatsächlich, wie gesagt, mich auch sehr starkmache für alkoholfreie und alkoholarme Biere, weil ich es wichtig finde. Die German Beer Consumers Union, also die Vereinigung der Deutschen Bierkonsumenten ist im Grunde die Idee, etwas zu haben, was eben weder auf der Seite der Brauereien, noch auf der Seite des Staates steht, sondern eben mal auf der Seite des Verbrauchers und dessen Interessen vermittelt. Also einerseits eine Transparenz zu haben, was habe ich da für ein Bier, wo kommt das her, warum es so einen Preis und so weiter, aber andererseits eben auch die Vielfalt und das Thema Biersteuer und solche Dinge, gegenüber dem Staat zu vertreten. Und sowas gibt es in ganz Europa, in jedem Land, also in England zum Beispiel die Camerer mit 300.000 Mitgliedern und das gab es in Deutschland eben nicht. Und da habe ich über meine internationalen Tätigkeiten die anderen kennengelernt und dann gesagt: „Wir brauchen sowas in Deutschland auch.“ Deswegen habe ich das initiiert und gegründet und bin auch aktuell noch der Präsident, aber das werde ich sicherlich demnächst mal abgeben. Aber das ist vor allem spannend im europäischen Kontext, weil tatsächlich in Brüssel ganz viel stattfindet in Bezug eben auf Gesetzgebung rund um Bier, Alkohol und so weiter und da brauchen wir Deutsche auch eine Stimme und genau sowas ist die GBCU, also das ist die Idee. Kann übrigens jeder Mitglied werden, 12,00 Euro im Jahr, keine teure Angelegenheit und macht sehr viel Spaß.
Matthias: Wunderbar, damit schließen wir noch mit einem Werbeblock. ich erinnere aber auch nochmal an das Buch Bierland Franken, der Preis ist vorhin gar nicht genannt worden, 24,90 Euro. Also billiger als so mancher Kasten Bier und auf jeden Fall lang haltbar. Und ich habe auch schon durchgeblättert und ich finde es nach wie vor immer wieder toll, viele Anregungen. Man kann viele, viele Ausflüge mit diesem Buch planen, weil auch viele Freizeittipps mit dabei sind, also echt, eine echte Empfehlung, besten Gewissens kann man das den Zuhörern und Zuhörerinnen ans Herz legen. Ich danke dir, Markus, für diese echt spannende, über eine Stunde jetzt schon und wie gesagt, ich würde mich freuen, wenn wir, ja, irgendwann demnächst auch wieder zusammenkommen, um über Bier und vielleicht auch Politik oder was auch immer zu reden. Hat mir Freude gemacht, vielen, vielen Dank und bis zum nächsten Mal.