BierTalk Spezial 42 – Interview mit Hans Bombeke, Beer Judge und Bier-Dozent aus Antwerpen, Belgien

Hans Bombeke, unser zweiter Gesprächspartner während der Beer Craft 2022 in Südtirol, lebt Bier, genauer gesagt, er ist Bier. Schließlich arbeitet er nach eigener Aussage 26 Stunden am Tag für sein Lieblingsgetränk. Als Belgier kommt er zudem noch aus dem Ursprungsland einer großartigen Bierkultur und ist mittlerweile weltweit im Zeichen des Gersten- und Weizensaftes unterwegs. Sein Lieblingsmissionsland ist dabei Südtirol, dessen junge Bierszene der sympathische Lehrer mit der Pfeife seit den ersten Stunden begleitet…

Kommt in unsere Facebook-Gruppe und diskutiert mit: https://www.facebook.com/groups/bierakademie

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute sind wir immer noch live auf der Beer Craft in Bozen in Südtirol. Und jetzt an einem ganz besonderen Stand, weil wir zwar in Italien sind, wo es auch viel deutsche, österreichische Kultureinschläge gibt, aber jetzt haben wir Hans Bombeke und er kommt, ja, gar nicht aus Südtirol und hat auch ganz andere Biere, hat aber ganz viel damit zu tun. Vielleicht, Hans, stellst du dich mal kurz unseren Hörern selbst vor.

Hans: Ja, wo soll ich anfangen, das ist schwierig. Ich bin, ja, ganz aktiv in der Bierwelt, das heißt also, also Witz sage ich schon, wenn etwas mit Bier zu tun hat, dann mache ich es. Also das heißt, spazieren, verkosten, erzählen, schreiben, brauen. Beruflich bin ich Lehrer und den Kurses Bier kenne ich an der Antwerpener Hotelschule. Also ich bin, ja, 26 Stunden pro Tag mit Bier tätig.

Markus: Also wenn Bier ein Lebewesen wäre, dann wäre es Hans, könnte man sagen?

Hans: Nö, das ist vielleicht übertrieben, aber schon, ja, ja, ja.

Markus: Ja und du hast was ganz Besonderes uns jetzt grade auch schon eingeschenkt, nämlich ein Lambic vom Fass.

Hans: Vom Fass.

Markus: Beides ist ja selten, also ein reines Lambic zu bekommen und dann noch vom Fass. Insofern, ja, vielleicht, magst du kurz erzählen, was du uns da mitgebracht hast?

Hans: Ich habe altes Lambic von Albertson dabei. Weil auch hier in Südtirol, Bierwelt, ist ganz viel zu tun über sogenannte Sour-Ales. Und jetzt darf ich vielleicht, ein bisschen verrate ich, das Ganze Sour-Ale-Geschehen verneinen, weil, es gibt, meiner Meinung nach, zu viele Fehler. Es genügt nicht, Sauerbier zu machen, das ist zu einfach. Und Lambic ist eigentlich das Gegenteil, das ist historisches Bier. Ich werde, glaube ich, nicht übertreiben, wenn ich behaupte, dass ich das älteste industrielle Bier der Welt, was noch immer auf Basis von gewissen alten Prozessen gebraucht wird. Vielleicht mit inzwischen modernen Mitteln, aber die ganze Idee ist Jahrhunderte alt. Und da möchte ich gerne die Kollegen einladen, so ein Lambic zu verkosten und mal reinzuschauen, dass es sich nicht um Sauerbier handelt, aber ganz sanft, früchtig und spontan gegoren. Weil, man kann Wildhefe heutzutage in Reinkultur kaufen und rein schütten. Okay, der Effekt wird interessant sein, aber bei Lambic handelt es sich tatsächlich um Spontangärung und da handelt es sich nicht um eine Reinkultur von Wildhefen, aber eine Mischung eigentlich, ein Komplex von mehreren, vielleicht 70, 80 verschiedenen Mikroorganismen, die alle eine Rolle spielen. Und das ist halt die Kunst, das Lambic gut zu brauen und dann nachher mit diesen nicht 100 Prozent kontrollierten Resultat etwas zusammenzustellen, was dann für den Brau, Gose wird. Und das ist pure Kunst, das ist pure Kunst.

Markus: Also da sprechen wir dann vom Blending?

Hans: Ja, mischen, wir nennen das, ja, verschneiden. Also eine traditionelle Größe ist eigentlich zusammengestellt meistens aus drei Lambicen, drei Jahrgänge vom Lambic, ein, zwei und drei Jahre alt. Es gibt Ausnahmen, es gibt zum Beispiel, vor zwei Wochen ist der neue Mega-Blend vorgestellt. Das sind dann zehn Lambics, das ist Ausnahme. unv. #00:05:00-7# macht dann wieder Mono-Blend, der sucht sich ein riesen Fass und macht dann daraus etwas. Also es gibt Möglichkeiten, aber alles innerhalb der traditionellen Grenze, denn das ist wahnsinnig interessant.

Markus: Ja, also absolut und kann man auch den Hörern nur empfehlen, wenn ihr mal in der Nähe von Brüssel seid, im Südwesten, da ist dieses Tal rund um den Fluss Lambiek und da hat man all das beisammen. Und wir können ja gleich noch ein bisschen über unv. #00:05:30-8# Vorher vielleicht jetzt, dass wir den Hörern ein bisschen den Mund wässrig machen, was haben wir hier im Glas? Also ein wunderschönes typisches Lambic. Das heißt, natürlich kein Schaum, kommt ja aus dem Fass, aber eben eine richtig schöne, so orange-braune Farbe. Und wenn man da dran riecht …

Hans: Und trüb, ja.

Markus: Ja, trüb, natürlich, genau. Dann hat man so diese typischen wilden Hefenoten. Also viele sagen ja so Pferdedecke, in so eine Richtung, Apfel.

Hans: Ja, im Allgemeinen Bauernhof so ein bisschen. Ja, angenehm soll es sein, aber so ein bisschen, ja, Stadel vielleicht, ein bisschen Pferdedecke, Bauernhof.

Markus: Ja und ich kann nur sagen, bei uns in Franken haben wir ja ganz viel auch Apfelwein, Apfelmost und da gibt es ja auch noch viel, was wild vergoren wird und das ist dann auch diese Richtung.

Hans: Ja, ja, stimmt. Und dann vom Geschmack her, würde ich sagen, sehr früchtig, also Richtung Äpfel oder vielleicht auch ein bisschen Pfirsich drin. Und das ist natürlich merkwürdig, weil, es hat mit Obst nix zu tun, ja und das ist so wahnsinnig. Und das übrigens, das ist ganz interessant, weil, das hängt dann von Fass zu Fass ab. Da gibt es Fässer, die einen ganz anderen Geschmack haben, ganz andere Aromen, ganz andere Noten, ist besonders interessant. Und dann kommt wieder die Kunst, die verschiedenen Lambics zusammenzubringen, sechs Monate ruhen zu lassen im Keller und dann zu sagen: „Das ist jetzt meine Gose.“ Also die sind nicht nur Fachmänner, das sind auch, ja, richtige Künstler.

Markus: Ja, also weil man ja auch wirklich ein bisschen in die Zukunft schauen muss. Man muss überlegen, was wird da noch draus und wie vereinigen sich die zusammen und was habe ich am Ende? Und ich finde wirklich die Dimension sehr spannend, weil, man hat natürlich eine gewisse Säure, man hat dazwischen eine gewisse Süße und dann kommt natürlich das Bittere dazu und ein bisschen Umami vielleicht.

Hans: Ein bisschen Bittere schon, aber nicht so viel.

Markus: Nein, also wie ein Apfel mit einer sehr dicken, ledrigen Schale, hat man ja auch eine gewisse Bittere, also das ist spannend.

Hans: Und unv. #00:07:58-6# wie kein anderes Bier. Das ist, ja, Lambic kann man übrigens auch den ganzen Tag trinken, ohne Katergefahr. Das ist ein bisschen, ja, man sollte sich ein bisschen gewöhnen, aber das ist so sauber, so rein vom Einhalt. Ich habe es, wie immer, schon öfters übertrieben im Volumen, aber vom Lambic nie einen Kater gehabt, nie.

Markus: Ja, geht mir auch so. Und dann kann man wieder nur empfehlen, wenn ihr eben mal in der Gegend seid, da gibt es die Bier-Cafés und da gibt es dann die Möglichkeit, zum Beispiel fünf oder zehn verschiedene Lambics in kleinen Gläschen zu haben, die dann zusammen zu verkosten, vielleicht selbst ein bisschen zu blenden. Also das ist total spannend, dann mit diesen Bieren auch zu experimentieren. Und da gibt es einen ganz berühmten Laden, die Versicherung gegen den großen Durst, den kennen wir beide gut. Und das ist sicherlich so ein Einstieg, wenn man sich der Sache nähert.

Hans: Das stimmt.

Markus: Und das ist wirklich eine tolle Kultur. Und da sind wir jetzt auch ein bisschen bei dir, wir haben noch gar nicht so wirklich drüber gesprochen, wie kommst du überhaupt in dieses Thema? Also wann ist der Hans mal so auf die Welt gekommen und wie kommt er dann zum Bier?

Hans: Ich muss ehrlich sagen, ich weiß es nicht so gut mehr. Irgendwo in den 80er-Jahren haben wir mit dem Studentenverein so jedes Jahr eine Brauerei besucht, das weiß ich noch. Rodenbach war dabei, unv. #00:09:35-4# war dabei und das hat natürlich ein bisschen seine Spur hinterlassen. Aber dann ist eigentlich, ja, so immer, ja, immer weiter gefahren, immer tiefer. Bin dann in eine Gastwirtschaft, die habe ich übernommen, da war dann Rodenbach vom Fass, habe ich behalten. Da gab es jedes Jahr einen Rodenbach-Besuch, was spektakulär war, weil, es ist gutes Bier, es ist eine schöne Brauerei. Und Studenten gegenüber waren die ganz sozial.

Markus: Aufgeschlossen, könnte man sagen.

Hans: Ja und dann haben wir in 93 ein Geschäft übernommen, unv. #00:10:39-4# in Antwerpen und dann haben wir uns ein bisschen im Voraus so gefragt, was machen wir da? Und dann gesagt, gut, Bierspezialitäten, aber nicht unbedingt wahnsinnig viel. Es gab schon den Kulminator und alle anderen Projekten in diesem Sinn, Gastwirtschaften mit über 1.000 Bieren, haben alle Konkurs gemacht. Also wir haben gesagt: „100 Bier“, aber schön Gleichgewicht, ein Clausthaler rein, viele kleine Trappisten sollen da sein, ein gutes Angebot von Gose. Und haben wir auch angefangen, so die ersten Verkostungen zu begleiten, weil, das gab es nicht, Anfang der 90er-Jahre gab es das einfach nicht. Und da haben wir doch ganz, ganz viel Erfolg gehabt, von Tourismus und so weiter und natürlich, das eine kommt mit dem anderen. Brauereien sind, wie muss ich sagen, Türen öffnen sich und dann gab es Brauereien, zum Beispiel auch diese Gose-Brauereien, gab es fast keine Distribution, nur die zwei oder drei Gose. Aber das bin ich jede vier, fünf Monate mit dem Auto selbst gefahren. Und dann, 40 Jahre später, kommen Leute zu mir und sagen: „Ja, aber du kennst all diese Leute.“ Ja, natürlich und, ja, objektive Beer-Provers haben Schluss gemacht, ist Zythos entstanden. Aber wir waren damals unv. #00:12:55-7# Mitglied vom OBP und bei Zythos können nur Vereine Mitglied sein. Und, ja, also, ha, Donnerwetter, was machen wir jetzt? Ja, gut, stiften wir selbst mal einen Verein in Antwerpen. Und hopp, wieder öffnen sich andere Türen, ne. Und, ja, später habe ich dann eine Ausbildung für Lehrer gefolgt, eigentlich nicht mit dem Ziel, Lehrer zu werden, aber nur mit dem Ziel, kann ich noch etwas studiere? Geht das noch, wenn ich jetzt was nachdrücklich lese, bleibt das drin, ne? Und, ja, dann kommt ein Telefon, ja, der Direktor von der Hotelschule in Antwerpen, können wir mal reden, weil, es gibt gesetzlich die Möglichkeit, einen Bierkurs einzurichten, möchten Sie das machen? Das ist jetzt 13 Jahre her und bin noch immer da. Und wieder öffnen sich Türen. Ja und dann, anfangs habe ich gesagt: „Ja, gut, ich kenne schon etwas von Bier, aber möchte vielleicht technisch auch mehr wissen.“ Habe dann Braukunst gemacht in Anderlecht, ja, war spitze. Nachher habe ich das natürlich im Kurs gebrauchen können, aber inzwischen bin ich auch gefragt als Brauer in unv. #00:14:42-2# in Antwerpen und wieder öffnen sich Türen. Und wieder, verstehst du, das ist so lustig, die Bierwelt ist eine kleine Welt, ja, die kennen sich. Und das spürt man hier in Südtirol auch, ja.

Markus: Ja, also das stimmt, du hast da was ganz wichtiges gesagt, es öffnen sich Türen und das ist eigentlich der Satz, der immer drunter steht. Also wenn man in der Bierwelt unterwegs ist, egal wohin man geht, egal wo auf der Welt, egal mit wem und wenn man ein bisschen zu der Bierwelt gehört, dann gehen Türen einfach auf, man lernt Leute kennen, man kernt Brauer kennen, Biere kennen, ja.

Hans: Ja, wichtig dabei ist, Markus, für mich und das habe ich mir einige Monate noch als Leitmotiv genommen, wo Leute sagen: „Ja, aber du kennst jeden.“ Stimmt schon, ist nicht ganz die Wahrheit, ich kenne nicht jeden, aber viele Leute. Aber woher kommt das? Und dann sage ich immer: „weil ich schon 40 Jahre ja sage.“ Und heutzutage gibt es viele Leute, die jeden Grund suchen, nein sagen zu können und dann beklagen sie sich, niemand zu kennen. Na, entschuldige, setzt dich da ins Eck und nix geschieht. Und das ist genauso in meiner Relation mit Südtirol und Südtiroler Brauern. 20 Jahre, bin ich zum ersten Mal beim Hopfen & Co. reingekommen, habe dann eigentlich fast acht oder neun Jahre nicht mehr da in den Ferien gemacht, Schluss, ja. Und dann kommt unv. #00:16:40-6# auf einem Mal auf dem Citrus-Bier-Festival zu mir und sagte so in dem schönen italienischen Englisch: „Hans, you shut come with me, ich have Südtiroler Brewer.“ Und da habe ich gesagt: „Du, unv. #00:17:00-7# du spinnst.“ Weil, in Südtirol gibt es nur zwei, das ist Forst und Hopfen und die kenne ich. Also ist er dann zu mir getreten, ah, aber wir haben uns neun Jahre hier getroffen bei Hopfen & Co., das war der unv. #00:17:15-0#

Markus: Ja.

Hans: Inzwischen ist das geschehen, ist das geschehen, ist das geschehen und dann habe ich unmittelbar gesagt, dieses Jahr fahre ich zurück. Es gibt keinen anderen Weg, ich muss zurück. Ja, seitdem komme ich jedes Jahr. Das war also Batzen, ja, war dann die zweite Kleine. Es ist unglaublich, aber inzwischen gibt es 25 Brauereien in Südtirol, das ist absoluter Wahnsinn.

Markus: Also das finde ich überhaupt nochmal interessant, weil du ja einen Blick ein bisschen von außen hast und von innen. Also das heißt, wenn du jetzt nochmal unseren Hörern kurz ein bisschen erzählst, was muss ich mir denn jetzt vorstellen unter Südtirol und Bier? Weil, viele haben ja nur Wein und Kalterer See im Kopf, aber das ist ja schon was anderes, ne?

Hans: Es ist so, einige Jahre her, ist ein ganz interessantes Buch ausgegeben worden über Bier in Südtirol. Und dieses Buch vertritt die Stellung, dass Bier wahrscheinlich schon 1.000 Jahre bekannt ist in Südtirol. Und da hat es natürlich immer Spannungen gegeben zwischen Wein und Bier und, ja, letztendlich hat Wein gesiegt, ja, sollte man sagen. Der einzige, lass uns sagen, Vertreter von der Brauwelt war Forst, die haben sich, wie die großen Jungs öfters machen, die haben sich nicht geschämt, um alles andere zu erdrücken, ja.

Markus: Platt zu machen, sagt man bei uns.

Hans: Platt zu machen, ja, ja, okay. Da kann man einen Vorwurf machen, aber gut, das geschieht nur, lass uns sagen, historische Tatsache.

Markus: Eben, es sind Sünden der Vergangenheit und das ist bei fast allen großen Brauereien so, dass es eben zwischen den 70er- und 90er-Jahren anders da …

Hans: Und die haben so richtig ein Monopol gehabt und das auch ganz strikt ausgeübt, ja. Erinnere dich, ich glaube, unv. #00:19:29-8# das war, ich glaube, der Erste oder Zweite da in Meran, die haben die einfach übernommen und Schluss, ja. Aber dann ist natürlich die ganze neue Welle gekommen und das ist wahnsinnig interessant, weil, es gibt nicht nur 25 kleinere Brauereien, es gibt auch 25 Philosophien. Und das ist so wahnsinnig, es gibt ganz kleine Brauer, die etwas machen, ja, es gibt Größere, die Spitzenbiere machen, die auch in Ausbildung, spitze gemacht haben. Und das Nette ist, die helfen einander, das sind 25 Hände, die zusammenstoßen und das ist fabelhaft. Das sieht im Ausland schon öfters, aber doch nicht so wie hier.

Markus: Also ich glaube, es war lange Zeit eher selten. Also da, wo ich herkomme, in Franken, sowieso, also da wäre man früher, hätte man niemals zehn Brauer an einen Tisch setzen können. Auch das hat sich ein bisschen geändert. Und wenn die sich früher getroffen haben, dann haben sie sich gegenseitig die Hektoliter vorgelogen, was das Zeug hält, aber, wie gesagt, da hat sich viel geändert. Ich finde aber, das ist vielleicht noch der Punkt, wo sich der Kreis schließt, wo du mit diesen belgischen Bieren hier sehr gut her passt, weil ja hier auch viel experimentiert wird, es geht auch um Spontanvergärung, es geht um diese Mischung zwischen Wein und Bier, um Mut, um Aromen, um Fässer. Und das, glaube ich, ist etwas, was man mit den belgischen Bieren durchaus ein bisschen vergleichen kann oder auch inspirieren kann. Also fühlst du das auch so, wenn Leute an deinem Stand sind?

Hans: Ja, erstens natürlich bringe ich Biere mit, die ich selbst verteidigen kann. Ne, das sind nicht meine Biere, das sind nicht Biere, die ich selbst gebraut habe, aber unv. #00:21:44-7# ist natürlich eine ikonische Brauerei, Het Nest ist eine super Brauerei, die Biere sind alle, da kann man sagen, ich trinke die nicht gerne, aber man kann nie sagen, die Biere sind nicht in Ordnung.

Markus: Ja.

Hans: Ja, das ist eine Geschmacksache, aber technische Qualität absolut spitze. Und dann natürlich das spontan gegorene Bier und dann kommen so all diese Brauer, kommen dann vorbei und sind mal gespannt, ah ja, das ist jetzt Richtiges, spontan gegoren. Ja, das ist einfach, so soll es sein.

Markus: Und da gibt es auch irgendwie einen Lernprozess, habe ich so den Eindruck, also das wirklich viele italienische Brauer mit dieser Spontanvergärung jetzt ein bisschen auch gucken, in eine Qualitätsschiene, in ein Denken zu kommen, wie man das aus Belgien kennt, ne?

Hans: Ja, aber wie gesagt, die sind jetzt noch in Stufe Sour-Ale und die sollten so langsam Richtung Spontangärung und das ist ein Unterschied. Und da sollte man auch den Stolz haben, wenn das Bier nicht gut ist, das wegzuwerfen oder zu destillieren. Und das, vielleicht sehen die das noch nicht, ja, aber das kommt schon. Ich hätte nicht so lange Diskussion mit Jungs, die haben von einer Brauerei in Rovereto, ich werde keinen Namen nennen, haben die Bier getrunken, haben gesagt: „Guck, wahrscheinlich ist es ein ganz teures Bier gewesen, aber es gibt Essig.“ Und nein, das ist nicht gut.“ Ja, aber, Hans, so und so und diese Brauerei und das. Entschuldige, scheißegal, Essig, nein, Punkt! Inzwischen habe ich, nicht so lange her, von dieser Brauerei aufs Neue was getrunken, kein Essig mehr drin, schon sauer, ja, aber Milchsäure und keine Essigsäure, fabelhaft.

Markus: Okay. Vielleicht wollen wir zum Schluss noch unseren Hörern vielleicht zwei Brauereien oder Marken vorstellen, die du hier hast, die die vielleicht noch gar nicht so kennen. Das Erste haben wir hier im Glas und unv. #00:24:27-9# was gibt es denn dazu zu sagen, wenn jetzt jemand das noch nicht kennt, wie würdest du das jemanden vorstellen?

Hans: Das ist eine Traditionsbrauerei, natürlich, die braut nicht selbst, es ist eine Stakerei, nennen wir das, die kaufen also die Würze bei Boon. Boon braut spezifisch für unv. #00:24:53-9# aber wenn die Würze fertig ist, kommt nach die nach unv. #00:24:59-3# und vergärt da weiter in den Fässern von unv. #00:25:03-3# Es ist eine ganz alte Brauerei, ich glaube, 1880, da irgendwo, die nicht so lange geschlossen wurde. Und ein Kunde, damals ein junger Bub, der hat einfach gesagt: „Nee, das macht man nicht“ und der hat es gekauft. Und seitdem hat er Schritt für Schritt, ich kann es nicht sagen, ich bin nur Zuschauer, aber ich meine wohl, der hat jeden letzten Euro wieder ins Geschäft gesteckt, das Nachbarhaus gekauft. Auf der anderen Seite war damals eine wahnsinnig schöne Gastwirtschaft, die ist geschlossen worden, ist ein Blumengeschäft reingekommen. Er hat inzwischen auch das Gebäude gekauft, hat wieder da die Gastwirtschaft geöffnet, alles fabelhaft in Ordnung. Also so baut er Schritt für Schritt weiter, alte Fässer gehen raus, neue kommen rein und Schritt für Schritt baut er auf und das ist, ja, mit Grund, um dieses Bier anzubieten. Die Geschichte ist interessant, aber es gibt in der Brauereiwelt, wie in anderen Geschäftssektoren, gibt es Leute, die nix anderes machen als Geschichtchen schreiben. Am Ende kennt man die schon, ne, da geht es wieder los. Aber unv. #00:27:18-1# ist pur Natur, die Geschichte stimmt.

Markus: Ja und die Produkte sind auch einfach überzeugend.

Hans: Und die Produkte sind, ne, genauso mit unseren Bieren von Nest, das ist auch so eine Geschichte, aber die stimmt. Das sind Freunde, die 25 Jahre her, haben die Frauen jede Wochen Kochabend gemacht und die Männer alleingelassen. Und da haben die Männer sich zusammengesetzt und gesagt, Kochabend, Bierabend, okay, Bierabend. Und dann, nächsten Schritt, zwei, drei Jahre später, ja, aber Bierabend und was, wenn wir selbst brauen? Da haben die angefangen, einen Brauabend zu machen und jetzt steht da eine riesen Brauerei, die wahnsinnig unv. #00:28:06-4# ist, weil die auch eine so einfache wie wunderbare Marketingtour haben. Weil, die sind in Turnhout, Turnhout ist Weltstadt der Spielkartendruckerei und alle Etiketten haben was mit Kartenspielen zu tun. Also die haben irgendwo eine Welt geöffnet für sich selbst, die weltweit bekannt ist, weil, weltweit wird mit Karten gespielt. Aber, und da kommt es wieder, nicht nur die Geschichte ist lustig und interessant, die Biere sind gut. Und das ist am Ende immer das Einzige, was eigentlich zählt.

Markus: Zählt, ja.

Hans: Und das sieht man hier auch und mit aller Respekt für jeden, aber, die Rock´n´Roll Geschichte in der Bierwelt stört mich. Ich habe nix gegen Rock´n´Roll, ne, aber es gibt so einen gewissen Klub junger Leute heutzutage, die sagen: „Ah, guck, dieser Brauer hat einen langen Bart, ist voll tätowiert, hat ein Hütchen mit einer Feder auf dem Kopf, das ist eine gute Werbung.“ Und dann sage ich: „Nee“, echte Frage ist, ist sein Bier in Ordnung und dann darf er sein wie er will. Ja und dann kommen die Jungs, ja, du bist oldschool. Ja, ja, ist gut möglich.

Markus: Ja, aber oldschool ist manchmal auch good school. Und ich meine, das ist ja fast schon ein gutes Schlusswort, ich würde nur sehr gerne noch kurz über unv. #00:30:00-5# sprechen mit De Cam, den du ja hier auch hast. Und das ist auch so ein kleiner Geheimtipp, wenn ihr eben mal nach Belgien fahrt, liebe Hörer, dann diesen kleinen Umweg zu machen, einfach bei De Cam vorbeizuschauen, weil man die Biere relativ selten bekommt und das ist sehr, sehr schön, dass du die hier hast. Und wie lange kennst du Karl-Heinz schon?

Hans: Auch vielleicht 30, 40 Jahre, ich weiß es nicht. Aber ist auch so einer, wo ich damals hinfuhr, um Bier zu kaufen. Und dann kommt so, wie lange ist das her, 25 Jahre, ist in Gooik, das ist die Gemeinde, wo De Cam situiert ist. In Gooik gibt es im Juli ein Volksmusikfestival, aber auch wieder pur, nicht Volksrock. Und ich bin da ein bisschen Liebhaber und kommt man natürlich auf dieses Festival, kann man auch Lambic trinken, ja. Und dann ist das für mich so jedes Jahr, einkaufen gehen und Lambic kaufen. Karl ist ein fabelhafter Mensch, der macht immer Krach und ist nie glücklich, der verspottet alles und jeden, aber tief in seinem Herzen ist er ein Magier, weil, er macht so saubere schöne Gose. Und ist, ich weiß nicht, wie lange das her ist, aber er hat angefangen zum Beispiel statt Sauerkirsche, was traditionell und allgemein ist, hat er auch mit Pflaumen experimentiert, mit Pfirsichen und so weiter. Und, ja, es hat mich jemand kontaktiert, zwei Wochen her und hat gesagt: „Ja und was, wenn Sie jetzt diesen Aprikosen-Lambic von De Cam auch präsentieren?“ Und da habe ich gesagt: „Ja, ich habe schon fünf Biere da, aber, gut, kein Problem.“ Ja, hat er gesagt, weil, ich bin von Bozen oder die Gegend und ich habe unv. #00:32:39-2# diese Aprikosen gebracht, das sind also Südtiroler Früchte.

Markus: Ja und genau deswegen wollte ich dahin.

Hans: Kein Zweifel, da geht es wieder, ja, komm mal mit.

Markus: Genau, also weil, da schließt sich nämlich der Kreis und das wollte ich gerne am Schluss noch euch, liebe Hörer, mitteilen, dass eben das auch das Spannende ist, dass die Bierwelt in sich dann wieder zusammenfindet und dann eben sowas Spannendes passiert wie Südtiroler Aprikosen, die in einem belgischen Lambic landen, um dann am Ende wieder zurückzukommen als weltbekanntes Aprikosen-Lambic oder Aprikosen-Gose, je nachdem wie man es genau bezeichnet.

Hans: Ja, ich denke nur, wahnsinnig teuer, aber natürlich, so eine Flasche braucht vier, fünf Jahre Arbeit, also das bekommt man nicht umsonst. Und das sollte man vielleicht auch mitgeben, wenn man so unv. #00:33:36-3# kauft und das ist derselbe Preis wie andere Biere, dann ist es wahrscheinlich kein Traditionsbier. Weil, die Traditionsbiere, die brauchen ganz, ganz lange, sind meistens auch mit echten Früchten gemacht. Also alles, was billig ist, wird da vermieden. Ja, nee, aber versuchen. Und ich weiß natürlich, pass auf, für deutsche Bierliebhaber ist das ganz schwieriges Bier, weil, das ist eine ganz hohe Stufe, wo man drüber muss. Aber wenn man da durchdringt, in diesem Bier, in diesem Lambic und Gose, dann weiß man, dass das super ist.

Markus: Also manchmal ist der Horizont zwar hoch, aber wenn man drüber ist, hat man eine neue Welt entdeckt, und das ist natürlich sehr schön. Also, lieber Hans, vielen, vielen Dank, das war ein ganz spannender Talk mit dir. Ich wünsche dir noch ganz viel Spaß in der Bierwelt, wir werden uns hoffentlich noch oft sehen. Und natürlich heute noch viel Erfolg auf dem Fest und nochmal Danke.

Hans: Ich hoffe es, ich hoffe es, das Wetter ist gut, wenn viele Leute kommen, Spaß gibt es immer, auch wenn keine kommen.

Markus: Dafür werden wir im Zweifelsfall sorgen, danke.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

Mehr lesen

Die Bierfeen sind erwacht

Vier Nachwuchsbrauerinnen präsentierten „HolladieBierfee“ Memmelsdorf/Trebgast/Hof. „Girls! Have fun!“ Unter diesem Motto präsentierten Yvonne Wernlein (Brauerei Haberstumpf, Trebgast), Isabella Straub (Brauerei Drei Kronen, Memmelsdorf) und die Schwestern Gisela und Monika Meinel-Hansen…

Wegweiser durch den regionalen Bierkosmos

Faltkarte „Bamberger Bierwelten“ vorgestellt Zum Auftakt in das Jubiläumsjahr „500 Jahre Bayerisches Reinheitsgebot“ haben Bürgermeister Dr. Christian Lange und Landrat Johannes Kalb beim BAMBERG Tourismus & Kongress Service einen handlichen…