Heute geht’s ab an die Küste – nach Hamburg, wo unser Gastgeber Markus auf Fiete Matthies trifft. Fiete, ein Braumeister, der einst bei Oli Wesseloh in der Kehrwieder Brauerei startete und mittlerweile mit seiner eigenen Brauerei, Wildwuchs Brauwerk, die Szene rockt, hat einige Überraschungen im Gepäck. Wir sprechen über die Wiederbelebung des Hamburger Senatsbocks und wie Fiete mit einem Bier, das auf Amburana-Holz reifte, beim Senatsbockanstich für Begeisterung sorgte. Außerdem erwartet euch eine echte Geschmacksexplosion: Ein Bockbier, das mit Mandarina Bavaria gehopft wurde und als Bock Orange einen völlig neuen Twist in die traditionelle Bockbierwelt bringt…
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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute macht es mir wieder ganz besonders viel Spaß, weil ich in eine meiner Lieblingsstädte reisen darf, nach Hamburg an die Küste. Ich war sogar grade erst da, weil ich auf einer Messe dort war und da bin ich immer sehr, sehr gerne und natürlich auch wegen des Bieres. Und vor einiger Zeit habe ich da, vor vielen Jahren, ehrlich gesagt, den Fiete Matthies kennengelernt, der war damals noch beim Oli Wesseloh in der Kehrwieder Brauerei und mittlerweile hat er seine eigene Brauerei seit über 10 Jahren. Und das ist natürlich durchaus ein Grund, da ein bisschen drüber zu sprechen. Also, Fiete, erst mal schön, dass du da bist und vielleicht sagst du noch mal zwei, drei Worte zu dir.
Fiete: Ja, moin! Danke für die Einladung, ich freue mich. Ja, ich bin Fiete, Braumeister, also ich habe Braumeister gelernt und dann, ja, wie du schon sagtest, vor gut 10 Jahren Wildwuchs Brauwerk gegründet. Genau und mit Wildwuchs Brauwerk sind wir seid jetzt 6 Jahren auf Wilhelmsburg beheimatet, auf der schönen Elbinsel Wilhelmsburg, wo man unsere Biere probieren kommen darf, wenn man möchte.
Markus: Ja, absolut, also da werden wir natürlich auch noch drüber sprechen, auch über die Hamburger Geographie, das ist ja nicht jedem so komplett geläufig. Und Wildwuchs natürlich vom Namen her auch spannend. Und ich muss sagen, also sowohl, als ich zum letzten Mal auf die Internetseite geschaut habe, da waren, glaube ich, 17 Biere, die ich dort gesehen habe, als auch in dem Karton, den du mir dankenswerter Weise geschickt hast, war wirklich ein ordentlicher Wildwuchs an Dingen. Deswegen könnte das heute ein rekordverdächtiger BierTalk werden, also ich habe satte 9 Biere hier auf dem Tisch stehen und wir haben Mittag! Also an die Hörer, das ist durchaus eine spannende Herausforderung, aber wir kriegen das heute bestimmt hin. Und, ja, vielleicht, bevor wir gleich einsteigen, können wir fast schon sagen, wir fangen vielleicht mit einem Bierchen an. Was denkst du, womit würdest du starten wollen in unserem Talk?
Fiete: Also starten wir grade, weil es ja so schön sonnig ist, vielleicht mit unserer Frau Knolle, mit dem Hellen mit Ingwer, weil, das ist so ein richtig schönes sommerliches Gebräu.
Markus: Ja, das ist ja wunderbar, eine sehr gute Koinzidenz, da habe ich mich schon richtig drauf gefreut, weil Ingwer ist wirklich was, was ich echt total gerne mag, was ich auch in viele Sachen, die ich mir koche oder selbst ins Müsli reintue. Und ich habe auch schon tolle Biere mit Ingwer getrunken, allerdings noch nicht so viele. Berliner Weisse zum Beispiel fand ich ganz spannend, aber ein Helles noch nie. Also da bin ich jetzt sehr gespannt, dann lass uns das mal aufmachen.
Fiete: Kann schon losgehen, ja.
Markus: Ja, ja.
Fiete: Das ist ja tatsächlich eine der schönsten Dinge an unserem Beruf, dass man auch mittags schon Bier trinken darf.
Markus: Ja und das völlig ohne schlechtes Gewissen, es ist ja quasi Arbeit.
Fiete: Richtig.
Markus: Und, ich meine, was man immer den Hörern natürlich sagen muss, wir müssen ja nicht alle gleich austrinken. Also ich werde jetzt sicherlich auch nicht jedes komplett austrinken, aber ich stelle es mir dann halt in den Kühlschrank und habe dann heute noch einen schönen Abend oder lass dann meine Freundin probieren oder wenn sonst jemand vorbeikommt. Das ist ja auch immer eine gute Möglichkeit, da noch mal ein bisschen auch die Werbetrommel zu rühren.
Fiete: Ja, genau.
Markus: Ja, also hier ein schönes Helles, hat ja auch die klassische Farbe. Ist unfiltriert oder?
Fiete: Ist unfiltriert, unsere Biere sind alle unfiltriert, ja. Ja, man riecht schon die Ingwernote und schmecken tut man sie natürlich auch. Wenn man so eine Falsche tatsächlich leermacht, kriegt man auch die Ingwerschärfe auf der Zunge, so wie man sie halt kennt vom Ingwertee oder Ähnlichen. Genau und wir haben hier, ja, im Grunde genommen ein klassisches Helles gebraut. Gar nicht so stark gehopft, als Bitterhopfen haben wir da Mandarina Bavaria drin, aber von dem man eigentlich nicht viel mitbekommt, weil es nur eine Hopfengabe ist. Genau und dann kommt da Ingwer mit rein. Also mit dem Thema Ingwer im Bier habe ich mich schon ein bisschen häufiger beschäftigt, weil ich es einfach gerne mag, so wie du eben auch sagtest, so Ingwer ist grundsätzlich ja was sehr Leckeres. Und wir machen ja mit Wildwuchs, machen wir Bio-Biere und regionale Produkte und so weiter und deswegen war Ingwer immer so ein Thema, was ich gerne gemacht hätte, aber was mit der Regionalität nicht so richtig zusammenpasste. Und dann sind über einen Partner in der Regionalwert AG an Ingwer gekommen, der eine Viertelstunde von unserer Brauerei entfernt wächst, auf dem Hof Wurzelreich. Da war ein Partnertreffen und er hat vorgestellt, was er so macht und meinte, ja, er baut Ingwer an. Und dann dachte ich erst, ich hätte mich verhört, aber dann habe ich ihn hinterher noch mal angerufen, habe gesagt, meintest du wirklich Ingwer? Und dann ja, ich habe hier einen Folientunnel voll mit Ingwer und den baut er an und mal gucken, was daraus wird. Und da habe ich gesagt, ja, wenn das fertig ist, dann sagt Bescheid, ich nehme alles.
Markus: Das ist ja sehr witzig, also finde ich total spannend, müssen wir auch gleich noch mal drüber sprechen, wie so ein Ingwer überhaupt ausschaut. Ich muss sagen, ich kenne ja nur die Knolle, die man letzten Endes dann irgendwo kauft. Noch mal kurz zurück zum Bier, ich finde es ganz faszinieren, wie schön frisch vor allem das in der Nase rüberkommt. Also das ist wirklich so, wie wenn man so ein frisches Stück Ingwer einfach abgeschnitten hat, dieses schönen citrusigen Aromen, die da rüberkommen und dann auch schon dieses typische Ingwer mit dieser leichten Schärfe. Und ich muss auch sagen, das hat man dann auch vom Trinken, ich habe jetzt nicht die ganze Flasche ausgetrunken, merke aber trotzdem, das ist tatsächlich dieses leichte, ja, scharf ist eigentlich ein blödes Wort, aber es ist wärmend, man hat im Grunde, es rinnt so den ganzen Gaumen runter und ist sehr anregend. Und es ergänzt auch das Helle sehr schön, also gibt dem halt einfach einen Charakter noch mit dazu, den man jetzt so nicht gleich erwartet hätte, der aber echt gut passt. Also ja, ich finde das eine sehr gelungene Mischung, auch von der Intensität her. Weil, ich finde, da muss man bei Ingwer ja immer ein bisschen gucken, zu viel ist dann eben zu viel, zu scharf, zu heftig, zu wenig ist dann einfach zu seicht und das gut hinzubekommen. Und ich glaube auch, dass der Mandarina Bavaria zumindest vom Namen her auf jeden Fall gut dazu passt.
Fiete: Ja, genau, ja.
Markus: Das ist sehr, sehr schön. Ja und ganz kurz zu dem Ingwer, also das finde ich toll, wächst der dann in Hamburg oder in Niedersachen oder wo ist?
Fiete: Genau, Niedersachsen, aber direkt an der Hamburger Grenze in Stelle und das ist, ja, eine Gärtnerei. Und das funktioniert so, der Ingwer wird da, ja, so Anfang Juni ungefähr gepflanzt und dann Anfang Oktober geerntet. Das heißt, der hat eine relativ kurze Vegetationszeit hier bei uns. Was dazu führt, dass die Knolle, also rein optisch sieht sie natürlich der Knolle, wie du sie aus dem Supermarkt kennst so, dieses Geflochtene, diese Knubbel, sehr ähnlich, aber die bildet keine Schale aus, das ist eher so eine Art Frühkartoffel, die da geerntet wird. Und diesen Ingwer, den müssen wir dann eben relativ zeitnah verarbeiten, weil er nicht lagerfähig ist, der wird direkt geschnibbelt und wird dann zu Bier gemacht.
Markus: Also kann man auch nicht einfrieren oder irgendwie so?
Fiete: Ja, einfrieren könntest du es schon, aber dann bräuchtest du eine extra Kühltruhe, wie haben wir jetzt nicht und direkt Bier draus machen, finden wir irgendwie sinnvoller.
Markus: Ja, auf jeden Fall, da bin ich absolut bei euch. Das heißt, das Bier gibt es dann auch nicht das ganze Jahr bei euch?
Fiete: Nein, das ist ein Saisonbier, wenn das alle ist, ist es ausgetrunken und dann müssen wir wieder warten bis zur nächsten Ernte.
Markus: Ja, Danke schön, da habe ich ja jetzt Glück gehabt, sehr cool. Also wie schaut denn jetzt so eine Ingwerpflanze aus, also hat das so einen Stamm oder Blütenblätter oder wie ist das?
Fiete: Also von der Optik her ist die Pflanze eigentlich, ja, wie soll man das vergleichen, also die wird so schulterhoch ungefähr. Also es ist ein richtig kleiner Urwald, der da entsteht. Und die Blätter, ja, vielleicht so ein bisschen wie Koriander, so in der Form, aber halt ein richtig hohes Gewächs. Also das erwartet man gar nicht dadurch, dass da nur so eine kleine Knolle dranhängt.
Markus: Und dann bildet der praktisch diese Knollen und dann, wenn man das geerntet hat, nimmt man dann wieder so Restknollen und lässt die im Boden oder so? Also wie machen die das dann, dass im nächsten Jahr wieder Ingwer kommt?
Fiete: Ja, genau, die behalten Saatgut zurück, was sie dann im nächsten Jahr wieder, also das wird dann vorgebrütet in einem Brutschrank, wenn du so willst und wenn das dann austreibt, dann kommt das in die Erde und, ja, dann wird wieder eine neue Ingwerpflanze draus.
Markus: Süß. Also das erklärt dann jetzt auch, warum ich mir Ingwer vielleicht doch nicht als Hauspflanze anschaffen kann, das ist dann doch ein bisschen kompliziert, aber schön, also toll. Und vielleicht noch eins gleich am Anfang geklärt, das ist ja auch ein Bio-Bier, sind alle eure Biere, oder?
Fiete: Genau, all unsere Biere sind Bio-Biere. das ist eigentlich so das, was wir uns von Anfang an vorgenommen haben. Als wir Wildwuchs gegründet haben 2014 haben wir halt gesagt so, ja, Bier gibt es ja schon sehr viel, aber Bio-Bier ist tatsächlich eine Nische. Und persönlich bin ich davon absolut überzeugt, dass das der richtige Weg ist, in der Landwirtschaft eben auf Bio zu setzen und das eben auch im Bierbereich. Also wir kriegen da zwar immer wieder so auf Veranstaltungen dann die Frage so, dann stehen wir da am Bierstand und die lesen, oh, Bio-Brauerei so. Und das Schönste war mal, eine blieb stehen, hat das gelesen und dann sagte sie, sagte, nee, also ich möchte was mit Alkohol und dann ist sie weitergegangen. Also das Bio-Bier durchaus auch Alkohol hat, ich glaube, das haben wir bewiesen in den letzten 10 Jahren. Und grundsätzlich geht es eben dabei um den Anbau, also in erster Linie bei Bio-Bier geht es um eben um den Anbau der Rohstoffe und davon bin ich überzeugt, wie das funktioniert und es funktioniert auch gut. Unsere Gerste kriegen wir inzwischen, also zumindest das Pilsner Malz hier, vom Hof Eggers, der sitzt hier in Hamburg, keine 20 Minuten von uns entfernt und baut da eben die Gerste für uns an. Und das funktioniert super, der Hof läuft gut und von daher ist das, glaube ich, der richtige Weg.
Markus: Auf jeden Fall, also das finde ich auch. Und vielleicht noch mal zur Erklärung zur alle Hörerinnen und Hörer, Bio-Bier heißt, ich habe einerseits also zum Beispiel das Malz, das Getreide in Bio-Qualität, ich habe den Hopfen in Bio-Qualität, ich habe zum Beispiel den Ingwer in Bio-Qualität. Ich muss, glaube ich, auch die Brauerei irgendwie zertifizieren lassen, oder?
Fiete: Ganz genau, ja, wir werden mindestens einmal im Jahr kontrolliert. Zwischendrin kommen die auch mal vorbei, gucken, ob wir auch die Dinge umgesetzt haben, die sie eventuell kritisiert haben oder sie machen einfach so Stichproben, ob das, was wir an Rohstoffen vorrätig haben, auch wirklich Bio-zertifiziert ist. Also das kommt immer Mal wieder vor, wie gesagt, mindestens einmal im Jahr und ein paar Stichproben dann, ob wir auch wirklich das ganze Jahr über mit Bio-Rohstoffen arbeiten.
Markus: Und hat das auch einen Einfluss auf die Hefe?
Fiete: Du meinst, ob die zertifiziert sein muss?
Markus: Ja, also ob man da besondere nehmen muss oder irgendwie so.
Fiete: Nee, das ist tatsächlich ja, die Hefe ist ja ein Mikroorganismus, also ein Lebewesen, wenn du willst. Und wenn du Lebewesen einfach mit Bio-Rohstoffen fütterst, dann werden sie automatisch Bio.
Markus: Okay, ja, das kann ich nachvollziehen.
Fiete: Also wir können nicht die Trockenhefe nehmen, zack in den Tank kippen oder so, sondern wir müssen die schon erst mal anzüchten. Und wenn wir sie dann aber mit unseren schönen Bio-Rohstoffen gefüttert haben, dann dürfen wie sie auch verwenden.
Markus: Ja, na klar, also das Bio-Huhn kommt ja auch nicht als Bio-Ei auf die Welt.
Fiete: Also inzwischen ja, aber anfangs nicht.
Markus: Oder so, genau.
Fiete: Ganz zu Anfang natürlich auch, aber dann wurde ja zwischendrin auch einiges anderes dazwischen gemogelt, unter das Futter.
Markus: Ja, aber das finde ich auf jeden Fall schon mal auch wichtig, dass ihr durchaus auch einfach Botschaften habt und auch Werte habt und die auch lebt und entsprechend auch vertretet. Das ist, glaube ich, auch unheimlich wichtig heutzutage, irgendwie seinen Platz da auch zu finden und seine Botschaften eben auch zu setzen. Vielleicht noch ganz kurz, Wildwuchs, wie kamt ihr auf den Namen?
Fiete: Ja, also Wildwuchs ist so eine, ja, wie soll man sagen, also die Idee kam daher, dass ich eben, als wir das gegründet haben, ich habe das ja mit meinen beiden älteren Geschwistern zusammen gegründet. Die wollten ursprünglich eine Saftschorle mit mir machen beziehungsweise eine Gurkenbrause und da haben wir da so ein bisschen rumexperimentiert. Und dann meinte ich irgendwann, ja, also das schmeckt zwar alles ganz gut, aber ich habe ja Brauer und Mälzer gelernt, Braumeister in Berlin gemacht, wollen wir nicht erst mal mit Bier starten, mit Bio-Bier? Und dann meinten sie, ja, okay, fangen wir damit erst mal an, die Gurkenbrause können wir dann ja später noch dazu machen. Und das war grad so der Hype so Gin Tonic, jeder hat Gin Tonic getrunken, aber man braucht ja zum Gin Tonic immer irgendwas zum Mixen. Also meistens war dann ja immer eine Gurke mit dabei und daher kam die Idee. Naja, auf jeden Fall habe ich gesagt, dann lasst uns lieber eine Bio-Brauerei erst mal gründen und später dann noch Gurkenbrause machen, da kenne ich mich schon ein bisschen besser mit aus, mit Bier. Und dann haben die gesagt, okay, sind sie einverstanden. Und dann habe ich gesagt, ja, das soll aber auch alles unfiltriert sein und es soll nicht unbedingt immer nur die klassischen Bierzutaten drin sein. Also unter anderen vielleicht mal Ingwer, wir haben ein Bier, wo Kaffee drin ist und, ja, so viele verschiedene, mit Holunderblüten haben wir auch ein Bier. Und da kam dann min Bruder auf die Idee und meinte, das, was du da vor hast, da klingt alles eher so nach Wildwuchs. Und weil Wildwuchs ja an sich was sehr Natürliches ist, sehr vielleicht klingt und wir von Anfang an Bio-Rohstoffe verwendet haben, aber nicht uns die Zertifizierung gegönnt haben, sondern die Bio-Zertifizierung, die kam dann erst deutlich später dazu. Deswegen haben wir dann gesagt, lass uns doch diesen Namen Wildwuchs wählen, damit das für alle Konsumenten klar ist, dass sie etwas Naturbelassenes, etwas, ja, ein bisschen Wildwuchs in der Großstadt konsumieren können.
Markus: Genau, also ich denke, das ist vielleicht auch ein Punkt, weil dieses Wort ja so viele verschiedene Facetten hat. Also einmal ganz konkret natürlich eben das, was wild wächst, aber eben auch die Vielfalt. Und auch in so einer Stadt wie Hamburg eben da auch so ein bisschen eine exotische Komponente zu sein, das finde ich eigentlich eine sehr, sehr schöne Idee. Müssen wir gleich noch ein bisschen drüber sprechen, wie das alles so gekommen ist. Aber ich bin mit meinem Hellen durch, was machen wir denn jetzt?
Fiete: Ja, so ein kleiner Schluck Helles war schnell weg, ne?
Markus: Ja, oh ja.
Fiete: Jetzt, ja, vielleicht mit dem Kein Weizen! jetzt weitermachen.
Markus: Da bin ich ja mal sehr gespannt. Auf den ersten Blick liest man ja erst mal Weizen und dann steht eben so ganz klein noch daneben so kein Weizen. Bin ich mal sehr gespannt, was uns da jetzt erwartet. Also es kommt ja optisch schon mal ziemlich weizig rüber, eigentlich. Also relativ hell, sehr trübe, richtig intensiver dichter Schaum, das auf jeden Fall.
Fiete: Und von der Nase?
Markus: Ist auch ein bisschen Banane da, also eher so grüne Banane, würde ich sagen, aber auf jeden Fall auch.
Fiete: Aber es erinnert schon ans Weizen, ne?
Markus: Ja.
Fiete: Genau und das ist tatsächlich auch die Idee bei dem Bier gewesen. Weil, also wenn du dir den Klappentext durchliest, dann steht da ganz schön geschrieben, im Weizen ist halt die Hefe der Star und das wissen ja die Allermeisten nicht. Also von den BierTalk-Hörern wissen das wahrscheinlich schon die Allermeisten, aber so in der breiten Biertrinkermasse denken ja die Allermeisten, ein Weizen können sie nur trinken, wenn da auch Weizenmalz drin ist, und daher kommen eben diese bananig-, nelkenartigen Aromen. Und das wollten wir sozusagen mal aufbrechen, dieses Mysterium, woher eigentlich die Aromen kommen und haben dann gesagt, wir brauen das Bier genauso wie unser Fastmoker, also unser Pilsner Bier. Wir haben gleiche Malze, gleiche Hopfengabe, gleiche Maischführung und so weiter und nur sozusagen im letzten Schritt tauschen wir einmal die Lagerhefe gegen eine Weizenhefe, eine, ja, obergärige Hefe. Und heraus kommt dann einfach so ein Bier, was einem Weizen ähnelt, aber wo der Körper einfach nicht so massiv ist. Also es ist ein Durstlöscher. Beim Weizen haben ja die Allermeisten eher so das Gefühl, eine Mahlzeit zu sich zu nehmen, hat man hier tatsächlich immer noch dieses Erfrischende von einem Lager, dieses Durstlöschende, aber eben mit den Aromen von einem Weizenbier.
Markus: Woah! Also das ist eine sehr, sehr coole Idee. Also ich lese mir immer bewusst die Dinge nicht vorher durch, damit wir möglichst unbedarft an den Podcast rangehen. Ich muss wirklich sagen, ja, also finde ich jetzt ganz spannend, weil auch, wie du es erklärt hast, dann geht man dann auch so ein bisschen durch. Das heißt also, in der Nase hat man dann tatsächlich erst mal die fruchtigen und Bananennoten. Wenn man dann anfängt zu trinken, ist es in der Tat erst mal mehr oder weniger wie ein Pils, also hat dann auch eine ordentliche Bittere. Aber dann kommt eben auch eine Süße und dann ist man wieder so ein bisschen bei dem Weizenthema Zuhause. Und es ist sehr weich, sehr cremig auch im Mund, das ist ganz angenehm vom Mundgefühl. Und es ist eben nicht so satt wie jetzt so ein klassisches Weizen, wie du schon gesagt hast, das macht einen nicht satt, sondern das ist echt ein schönes Getränk. Und ich finde wirklich diese Balance aus einerseits die Süße, die dann da ist und andererseits der Hopfen, der sich doch deutlich bemerkbar macht, das ist eine sehr schöne Kombination, also dass dann hintenraus auch so ein bisschen miteinander jeweils spielt oder gegeneinander ankämpft. Und dann ist es auch schön am Ende, dass der Mund wieder frisch ist für den nächsten Schluck. Also sehr angenehm, sehr spannende Idee, muss ich sagen.
Fiete: Schön.
Markus: Wahnsinn! Und du hast wirklich identisch das Pils-Rezept durchgebraut, nur die Hefe dazu sozusagen?
Fiete: Ganz genau, ja, also die Hefe tauschen wir aus. Beim Fastmoker, da stopfen wir dann noch ein bisschen Hopfen ins Jungbier mit rein. Das machen wir hier nicht, weil der Hopfen dann einfach die Weizenaromen überlagern würde, also das wäre dann zu viel. Aber ansonsten, wie gesagt, von der Malzschüttung und vom Maischen her identisch und auch von der Bitterhopfengabe.
Markus: Ja und ich finde, wie gesagt, es ist schön harmonisch. Also hätte ich jetzt, ehrlich gesagt, wenn mir das jetzt irgendjemand so erzählt hätte da draußen, ich hätte jetzt heute Nachmittag irgendeinen Brauer getroffen und der hätte gesagt, naja, ich habe mal eine Idee, ich mache mal mein Pils-Rezept und am Ende mache ich das mit Weizenhefe, hätte ich wahrscheinlich gesagt, ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist. Aber jetzt weiß ich, dass es eine ist, also sehr, sehr schön, coole Sache. Na, dann lass uns doch noch ein bisschen zu dir selber kommen. Wie kommt es denn, dass du überhaupt Braumeister geworden bist? Was waren denn vorher so deine Gedanken, hast du vielleicht ganz was anderes vorgehabt oder wie kamst du zum Bier?
Fiete: Ja, also eigentlich war das seit meinem 15. Lebensjahr eine ziemlich konstante Linie. Mit 15 habe ich hier in Hamburg ein Praktikum als Brauer und Mälzer gemacht, 6 Wochen Schulpraktikum war das. Und danach war ich eigentlich von dem Thema angetan und bin da drangeblieben, habe noch Abitur gemacht und mich danach direkt auf eine Ausbildungsstelle beworben. Und die habe ich dann auch gekriegt und dann meine Lehrer zum Brauer und Mälzer durchgezogen und im Anschluss dann gesagt, okay, in der Industrie weiß ich jetzt, wie es läuft, jetzt würde ich gern mal wissen, wie kleinere Handwerksbrauereien, ja, ihren Betrieb führen und wie das da abläuft. Weil man doch in der Industrie insgesamt ein bisschen desillusioniert wird, schweres Wort.
Markus: Illusioniert, glaube ich, irgendwie so.
Fiete: Genau. Was einfach mit dem Thema Reinheitsgebot und so weiter, was einem da in der Werbung doch alles mitgeteilt wird so unter anderem. Mein Vater oder beziehungsweise mein Patenonkel, der hat immer viel Bier getrunken, weil Bier ja so gut für die Haut sein soll. Und da meinte ich zu ihm, ja, aber das, was ja eigentlich gut für die haut sein soll, ist ja die Hefe im Bier und das Bier, was du trinkst, da ist ja überhaupt gar keine Hefe drin. Und er so, wie, da ist keine Hefe drin? Ich sage, ja, guck doch mal auf die Zutatenliste, die Hefe ist rausfiltriert. So und das als Beispiel, glaube ich, als bekanntestes Beispiel. Aber es wird eben viel in der Industrie gemacht, was wir mit unserem Bier nicht machen und was ich eben in der Ausbildung gesehen und gelernt habe, wo ich aber gesagt habe, also das ist nicht Bier für mich, sondern das ist ein Industrieprodukt.
Markus: Und dein Patenonkel spricht noch mit dir oder hat noch mit dir gesprochen danach?
Fiete: Ja, der trinkt jetzt unser Bier, also das hat gut funktioniert.
Markus: Perfekt. Also das heißt, im Grunde so die ganze Familie fand die Idee auch von Anfang an gut, auch deine Geschwister und so und freuen sich jetzt über dich?
Fiete: Ganz genau, doch, doch, doch. Also ich habe ja eine relativ große Familie, was den Einstieg dann gemacht hat, weil große Familie heißt ja auch, wenn es denen schmeckt natürlich nur, auch gleich eine große Kundschaft. Genau und das hat doch den Meisten gemundet und viele davon trinken eigentlich fast nur noch unser Bier. Natürlich ist man mal auf Festen irgendwie unterwegs, jetzt grade ist ja in Hamburg der Hafengeburtstag, wo es leider noch nicht überall Wildwuchs zu trinken gibt, aber dann greift der ein oder andere doch noch mal zu einer etwas größeren Brauerei, gezwungenermaßen, aber in der Regel so Zuhause steht bei den Meisten Wildwuchs im Kühlschrank, ja.
Markus: Ja, das ist doch sehr vorbildlich. Und, ja, ich muss auch sagen, wie gesagt, ich war grade erst in Hamburg, also Montag, Dienstag, deswegen konnte ich auch bei dir nicht vorbeikommen, weil du ja immer nur am Wochenende offen hast. Aber ich war da auf einer Messe der OMR, oder war das Dienstag, Mittwoch, also auf jeden Fall so und ich wäre gerne noch geblieben, weil den Hafengeburtstag hätte ich mir so gern mal angeschaut. Also müssen wir eh gleich noch ein bisschen über Hamburg sprechen, da hast du ja bestimmt auch viel zu erzählen. Vielleicht noch ganz kurz, weil, wie gesagt, kennengelernt hatten wir uns ja damals, weil du mit dem Oli zusammen das Kehrwieder aufgebaut hast. Wenn du magst, also nicht, dass du musst, aber wenn du magst, kannst du uns da noch ein bisschen was erzählen, wie das dazu kam und was du da mitgenommen hast aus der Zeit
Fiete: Ja, also wir waren ja im Nachhinein gar nicht so lange zusammen unterwegs. Genau, also wir haben uns ja getroffen und hatten quasi die ähnliche Idee. Ich war grad auf Menorca, habe da bei der Es Moli de Foc, war ich Braumeister und hatte eigentlich mein Ticket schon nach Chile gelöst. Aber ein Kommilitone von mir, der hat Oli auf den Cayman Island kennengelernt, also mein Kommilitone war inzwischen auf den Cayman Island Braumeister und Oli kam da vorbei, weil er da selber früher gearbeitet hat. Und dann erzählte mein Kommilitone ihm, ja, Fiete will eine Brauerei in Hamburg aufbauen. Und daraufhin meldete Oli sich dann bei mir und sagte, ja, ich habe gehört, du willst eine Brauerei in Hamburg machen, ich habe eine ähnliche Idee oder ich habe die gleiche Idee, wollen wir das nicht zusammen machen? Und dann haben wir gesagt, ja gut, dann lass uns doch mal gucken, was Hamburg kann. Und deswegen habe ich dann das Ticket nach Chile storniert. Also Chile war sozusagen so mein nächstes Ziel gewesen und dann tatsächlich, wenn ich da ein paar Jahre gemacht hätte, wäre ich dann wieder zurück nach Hamburg. Und so kam Oli dann quasi, hat er gesagt, lass uns das jetzt machen, ist jetzt eine gute Zeit dafür. Ja und dann haben wir eben, ja, zusammen hier gestartet, nach Flächen gesucht. Und nach zwei Jahren, also wir waren nicht so weit, dass wir eine Fläche gefunden hatten. Wir hatten ein Angebot auf Brauanlage vom Bleckeder Brauhaus zu brauen und ich war dafür, Oli nicht und deswegen habe ich dann hier losgelegt.
Markus: Und sozusagen dein eigenes Ding durchgezogen. Und ist ja auch wunderbar, was draus geworden ist, das finde ich ja am allerbesten, also das ist ja sehr schön, die ganze Vielfalt zu sehen. Und, ja, das war damals halt auch eine Zeit, wo eben so, ich weiß gar nicht, ob es eine Definition dafür gibt, aber es war so die erste Welle, in Anführungsstrichen, von Brauereigründungen im Zuge dieser aufkommenden Craft-Beer-Revolution, in Anführungsstrichen. Ist ja alles schwierig, diese Begriffe so zu verwenden, aber so ungefähr, wo halt dann einfach wirklich Leute versucht haben, mit dem Thema sich dann eben da wirklich was aufzubauen, was umzusetzen. Und was du auf jeden Fall natürlich gemacht hast ist, deinen Pflock da einzuschlagen und dadurch auch im Grunde schon die Duftmarke zu setzen, die ja dann letzten Endes zu dem geführt hat, was du heute tust. Also, ja, toll.
Fiete: Ja, vielleicht sagen wir am besten so, wir haben ja damals geschrieben, wir machen das wie die Hefezellen, wir teilen uns und dadurch wird einfach ein bisschen mehr Vielfalt noch in den Markt gespült so. Weil, wir hatten schon ein paar Differenzen und dann haben wir gesagt, ja, es ist besser, wir machen getrennte Wege so, deswegen.
Markus: Das ist doch auch ganz normal. Ich denke, das weiß auch jeder, der im Leben schon mal eine Beziehung hatte oder Freundschaften hatte oder wie auch immer, Menschen entwickeln sich halt. Und wenn man zu einem gewissen Zeitpunkt zusammenkommt, dann ist man vielleicht auf einer Linie, aber ab diesem Zeitpunkt entwickeln sich ja in der Regel auch nie beide parallel, sondern jeder entwickelt sich halt in seine Richtung weiter. Und das kann zusammenpassen, muss es aber nicht und dann ist es auch völlig in Ordnung, wenn man irgendwann sagt, okay, da ist jetzt halt ein Punkt, wo es sinnvoller ist, dass jeder so Seins macht. Und ich denke, also ist wirklich normal und auch gut so, ehrlich gesagt. Und wenn man die aktuellen Entwicklungen sieht, ist ja Oli mittlerweile nach Bayern, hat sich das ja noch mal in völlig andere Richtungen entwickelt. Also mein Gott, also wie gesagt, ich fand das nur einfach damals schön bei euch beiden, einfach diesen Enthusiasmus zu erleben und diese Freude an dem Thema unterm Strich und eben die Kreativität und diese Aufbruchstimmung rund ums Bier. Und aber auch diese Liebe zu Hamburg, weil das einfach auch ein wichtiger Punkt war, wie in Deutschland ja erst al so ein bisschen fremde Bierbewegung Heimat gefunden hat dadurch, dass sich Leute von vor Ort der Sache angenommen haben. Und ich denke mal, das bist du ja bis heute, ein Hamburger Botschafter für dieses Thema Bier und das ist einfach ganz großartig. Und, genau, deswegen will ich unbedingt auch noch ein bisschen über Hamburg mit dir sprechen. Aber ich muss sagen, ich bin schon wieder durch mit dem Bier. Es tut mir leid, aber die fränkische Trinkgeschwindigkeit ist dann immer so ein bisschen, ich bemühe mich ja zurückzuhalten, aber wir brauchen ein neues Bier.
Fiete: Ja und du bist auch größere Biere in der Regel gewohnt, ne?
Markus: Das stimmt allerdings, ja. Also zumal, das kann man ja hier auch noch mal lüften, dieses Geheimnis, wir haben heute den Tag nach Christi Himmelfahrt und wir haben ja bei uns in Bayern diese Tradition, dass man an Christi Himmelfehart doch unterwegs ist und mal das ein oder andere Bier genießt. Und es gibt hier in Bamberg eine Gesellschaft, eine Ritterschaft sogar, eine selbsternannte Ritterschaft, die jedes Jahr auf Tourt geht sozusagen zur Himmelfahrt. Und das ist aber eine einigermaßen vernünftige Veranstaltung, das heißt, man hat auch Kultur und ein bisschen Wanderung und ein bisschen Natur und so und natürlich auch das ein oder andere Bier. Also insofern habe ich da gestern schon ein bisschen mich durch Franken getrunken, aber freue mich total, jetzt hier mal den Wildwuchs zu haben und eben auch so ein bisschen die Kontraste und andere Ansätze. Und ich meine, hier ist es sehr gutes Bier, aber doch in gewisser Weise auch ein bisschen einheitlich und das ist da natürlich anders. Also, genau, so, lange Rede, nicht so viel Sinn, aber was trinken wir denn jetzt?
Fiete: Ja, vielleicht noch eine kurze Frage, wie lange wird das gehen? Wir haben ja jetzt noch eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs Biere vor uns und wenn du sagst so, eine Dreiviertelstunde, Stunde soll es sein, dann haben wir nicht mehr so viel Zeit.
Markus: Also ich bin ja immer flexibel, es kommt drauf an, ob du noch einen Termin im Anschluss hast.
Fiete: Nee, also geht. Die Hörer, wenn die sagen, oh.
Markus: Na, die müssen sich das dann aufteilen. Also normalerweise, liebe Hörer, hätten wir das jetzt rausgeschnitten, aber wir lassen das jetzt einfach mal drin, damit ihr eben seht, wie das so ist. Nein, also ich denke mal, meistens ist es so, grade bei den längeren BierTalks, das hören die Leute in der Regel sowieso nicht am Stück, sondern man hat vielleicht die 20 Minuten, wo man mal spazieren geht oder einkaufen geht oder sonst irgendwas macht und dann sind ja auch zwei Wochen Zeit, sich so eine Folge anzuhören, dann geht das so Stück für Stück. Oder wenn die sich eben die Biere auch besorgen, also wir werden natürlich in den Shownotes auch den Shop verlinken von Wildwuchs und so weiter, das heißt, ihr könnt euch all die Biere natürlich Nachhause bestellen oder persönlich abholen und dann eben auch mit uns mit verkosten. Und dann kann das vielleicht auch Sinn machen, dass eher Stück für Stück zu machen als alles auf einmal. Also wenn du kannst, ich kann.
Fiete: Ich kann auch.
Markus: Gut, na dann.
Fiete: Sutsche Witbier.
Markus: Okay, sehr schön, ein grünes Bier, also zumindest vom Etikett her, wunderbar. Uih! Also auch wieder ein Schaumwunder, sehr, sehr schöner, richtig fester, ganz feinporiger Schaum, der auch ganz lange hier stehenbleibt, oben auf meinem Glas hier, ganz toll ausschaut. Drunter ein ganz helles, leuchtendes, strahlendes hellgelbes Bier, wunderbar.
Fiete: Ja, schon ganz schön blank, also der Bodensatz bleibt in der Flasche, den müsste man ein bisschen aufschütteln.
Markus: Ja, bei mir ist es nicht so, weil ich sie vorhin, also zumindest bis auf die eingewickelte Flasche, hatte ich alle liegend gelagert, dementsprechend habe ich sie jetzt ja quasi grade erst hingestellt.
Fiete: Sehr gut.
Markus: Dadurch ist das hier in der Tat nicht, der Bodensatz. Aber es ist ja auch ein Qualitätsmerkmal, wenn du einen Bodensatz hast, weil das ja heißt, dass hier wirklich Hefe auch zu Boden sinkt. Für die Hörerinnen und Hörer da draußen natürlich, macht es genauso, dreht die Flasche entweder einmal ganz langsam um, bevor ihr sie aufmacht oder lagert sie eben auch liegend oder, da gibt es ja noch diesen Handgriff, dass ein bisschen zu schwanken, auf jeden Fall nehmt die Hefe mit rein bei diesem Bier.
Fiete: Genau, ein Witbier, ich denke, das ist auch vielen inzwischen geläufig. Also da kennst du dich, glaube ich, besser aus, in Belgien mit Bieren, eine ursprünglich belgische Brauart.
Markus: Ja, also im Grunde ein sehr komplexer Bierstil, wenn man ihn in sich komplett verstehen wollen würde, das müssen wir jetzt nicht. Aber nur so kurz abgekürzt, im Grunde fußt es auf der Basis halt eines Bieres, was man mit Weizen, sogar mit sehr viel Rohfrucht gebraut hat. Und ursprünglich, das war mit eins der ersten Biere überhaupt, die es in der belgischen Ecke gab. Weizen war deswegen so viel da, weil einfach das fruchtbare Rheindelta so viel Weizen auch geliefert hat, dass man da auch Bier draus brauen konnte, nicht nur Brot gemacht hat. Und was dann eben das Spannende ist, dass in den, genauen Jahre weiß ich nicht, 60er oder 70ern, hat dann Pierre Celice in Hoegaarden diesem Bier diese ganz besondere Wendung gegeben mit eben Koriander und Orangenschalen, das, was wir eben heute unter dem belgischen Witbier verstehen. Und das macht es so spannend, weil das einfach diese sehr frischen, schönen Orangennoten sind. Also er hat damals Curacao-Orangen verwendet von dieser niederländischen Karibikinsel und dann eben Koriander, der ja auch so ein bisschen was Blumiges hat und hinten raus aber auch dann die Bittere schön auffängt. Und ein relatives leichtes Bier, dadurch einen schöne Twist gibt so, dass man das als Sommerbier wunderbar verwenden kann. Ich bin ein großer Fan von Witbier, aber ich finde es immer sehr schwierig, dass gut zu balancieren, dass diese Frucht- und Koriandernote nicht alles überdeckt und man da nur so einen sehr seifigen Eindruck hat, dass es eben noch ein Bier bleibt. Aber, soweit ich bis jetzt schon gerochen habe, haben wir das auf jeden Fall hier.
Fiete: Nicht überdeckt, oder?
Markus: Ja, ja, also dass man alles hat. Also wenn ich hier reinrieche, geht es erst mal wirklich eher mit den floralen Noten vom Koriander los, der ist so das Erste, was bei mir ankommt, der bleibt auch relativ lang. Und dahinein drehen sich dann so ein bisschen diese Citrusaromen und ich habe da tatsächlich eine sehr reife, sonnige Orange vor meinen Augen und so ganz im Hintergrund bleibt aber dann trotzdem noch ein bisschen Platz auch für ein bisschen Malzcharakter, so ein bisschen so Weißbrot, ja, so ein helles Brötchen, irgendwie so eine leichte Kornnote und das passt aber auch ja schön. Also insofern, ja, also ich kann alles erkennen mit der Nase, was dazu gehört und das ist schön, dass es eben nicht nur, bum, Orange oder nur, bum, Koriander und das war es dann, oder sehr süß, was es ja oft auch ist, das ist hier sehr schön.
Fiete: Danke schön, das hätte ich nicht besser beschreiben können.
Markus: Danke!
Fiete: Genau, also das ist tatsächlich bei uns entstanden, weil ich einfach selber ein großer Fan bin von Witbieren und ich vielleicht keinen kenne, der das in Bio herstellt, zumindest aus unserer Ecke hier. Und es ist tatsächlich ein Bier, eins, von dem ich eigentlich immer was trinken kann. Ich werde ja viel gefragt, welches ist denn mein Lieblingsbier und ich sage immer, kann ich gar nicht so sagen, also von unseren jetzt oder überhaupt, weil es doch immer situationsabhängig ist. Und weil es immer, ob man nun mittags ein Bier trinkt oder abends ein Bier trinkt, ist ja auch ein großer Unterschied oder ob draußen 25 Grad sind oder nur 2 oder so. Und das hier ist aber tatsächlich eins, was ich das ganze Jahr über doch immer gerne mal so zur Erfrischung konsumiere.
Markus: Ja, also das kann ich voll nachvollziehen und ich finde, im Mund setzt sich das Ganze so ein bisschen fort. Was ich ganz spannend finde für mich, sind diese intensiven ätherischen Öle. Also da schwanke ich grade noch, ob die eher von der Orange kommen oder eher vom Koriander oder vielleicht auch beides, aber das finde ich auf jeden Fall ganz toll im Nachklang, wie lange das bleibt, wie lange man das noch auf der Zunge sozusagen hat, das finde ich sehr intensiv, muss ich sagen. Kannst du sagen, ob es eher Orange oder Koriander ist oder ist es beides?
Fiete: Also dadurch, dass ich weiß, dass wir beides zu gleichen Anteilen drin haben, also ein bisschen mehr Koriander tatsächlich als Orangenschale, aber nicht großartig, würde ich tatsächlich darauf tippen, dass es von beiden kommt. Ja, wir arbeiten hier mit Koriandersamen und die Orangenschale, also ich habe das erste Mal Witbier auch auf Menorca gebraut, sozusagen im Auftrag meines damaligen Chefs da und damals haben wir mit Orangenschalenstückchen gearbeitet. Also im Grunde genommen so, wie du sie von der Schale runterpullst, aber in getrockneter Weise. Und wir machen hier, weil ich das noch aromatischer finde, dass so, dass wir die Schale noch mal malen, also das wir wirklich richtig Pulver, also Orangenschalenpulver am Ende haben. Und auf die Weise, finde ich, ja, hat man am Ende mehr, wie du sagst, von diesem Floralen, von diesen ätherischen Ölen dann am Ende im Bier mit drin.
Markus: Und bleibt das dann letzten Endes auch im Bier oder wird das mit irgendeinen der natürlichen Filtrationsprozesse wieder mit rausgenommen?
Fiete: Die Schale und die Orange?
Markus: Ja, also wenn es das ein Pulver ist. Weil, wenn du es als Pulver zugibst, dann löst sich das ja wahrscheinlich ziemlich gut auf oder?
Fiete: Ja, genau, also es sinkt genauso wie die Hefe zu Boden. Und alles, was zu Boden sinkt, ziehen wir dann halt über den Bodensatz mit raus. Wir haben ja unsere Reifung des Bieres, also das Bier liegt 3 Wochen lang bei uns im Tank nach der Gärung und alles, was da zu Boden sinkt, ja, das kommt dann eben mit raus. Aber in dem Bodensatz, den wir hier unten in der Flasche haben, oder wie bei dir, du hast es ja ein bisschen trüber, da kann durchaus Orangenschale oder auch Koriander noch mit drin sein, ja.
Markus: Also es kann sich auch mit der Zeit vielleicht sogar noch ein bisschen weiterentwickeln, also finde ich cool. Und vielleicht auch als Hinweis, dass ist gar nicht so normal, dass jemand sagt, ich lagere mein Bier über 3 Wochen. Da gibt es viele Brauereien, die das so nicht machen und das dann auch so nicht funktionieren kann. Also insofern sehr, sehr gut und gibt dem Bier natürlich auch Zeit, sich zu harmonisieren und ein schönes Aroma auszubilden, was grade mit diesen ganzen verschiedenen Komponenten natürlich wichtig ist, dass die sich eben zusammenfinden und am Schluss da sind. Also was ich auch sehr gerne mag, es hat mit diesen 5,2% auch einen schönen alkoholischen Charakter, der auch gut ist, der sehr frisch das begleitet, diesen ganzen Aromen. Schönes Witbier, wirklich sehr gelungen. Und ich glaube, also ich habe zumindest noch kein anderes Bio-Witbier bewusst getrunken. Also vielleicht unbewusst, ich kann jetzt nicht sagen, das gibt es gar nicht, aber ich kann mich zumindest nicht an eins erinnern, sagen wir es mal so.
Fiete: Ja, genau, ich kenne auch keins so. Und zur Lagerung, also hier bei dem Witbier, genau, da machen wir 3 Wochen Lagerung bei den Bieren, aber hier wollen wir eben auch ein bisschen Bodensatz in der Flasche haben. Bei unseren Lagerbieren, beim Pils, zum Beispiel Fastmoker oder auch beim schlanken Lager, da haben wir eher Lagerzeiten von so, ja, 4 bis 5 Wochen. Also da sind wir noch ein bisschen länger im Tank.
Markus: Noch ein bisschen drüber, das ist ja auch gut so, also für untergärige Biere sowieso. Noch ganz kurz, es heißt ja eigentlich Sutsche, was heißt denn das?
Fiete: Sutsche, ach so, Sutsche ist so, ja, mach mal ein bisschen sutsche, mach mal ein bisschen gemütlich so, entspann dich einfach mal, so.
Markus: Chill die Basis, so ungefähr.
Fiete: Genau, ja. Heute mache ich mal sutsche, heute mache ich mal einen ganz gemütlichen Tag.
Markus: Wie machst du das denn mit den Behörden? Weil, wir hatten ja vorher schon das Thema Reinheitsgebot, das ist ja definitiv kein Reinheitsgebotsbier. Bist du da auch zu denen gegangen, hast gesagt, mach mal sutsche hier oder wie seid ihr da übereingekommen?
Fiete: Genau, ich habe denen geschrieben, hier, ich will ein Witbier machen, mach mal sutsche bei euch. Nein, wir haben ja hier in Hamburg ein relativ, ja, unkompliziertes Verfahren, sage ich mal so. Wenn wir besondere Biere brauen wollen, dann gibt es ein Formular, das müssen wir ausfüllen. Da schreiben wir rein, ja, also im Grunde genommen die Angaben der Rohstoffe in Gramm pro Liter, vom Malz angefangen, über den Hopfen, bis hin dann zu den besonderen Zutaten, muss alles aufgeführt werden. Das wird eingereicht, dann wird das geprüft, dann gibt es vielleicht noch mal eine Korrektur, in der Regel hatte ich das in letzter Zeit eher nicht. Und dann gibt es eine Rechnung und dann dürfen wir brauen.
Markus: Und Korrektur würde heißen, die korrigieren was am Rezept oder an dem, wie du das deklarieren sollst?
Fiete: Ja, also Deklaration, da kümmern die sich eigentlich weniger drum. Also es darf halt nur Bier draufstehen, wenn es auch eine Genehmigung hat, ansonsten muss ein Bier Mischgetränk eben sein, wenn es denn ein Biermischgetränk ist, das ist ja auch wieder definiert. Also ich kann halt nicht, hier in diesem Fall geben wir ja auch schon die Orangenschale und den Koriander, der landet zum einen im Whirlpool, zum anderen kommt der noch mal mit in die Gärung mit dazu beziehungsweise am Ende der Gärung und das ist dann per Definition kein Biermischgetränk mehr, weil es mit verbraut wird, die besondere Zutat und deswegen dürfte ich hier nicht Biermischgetränk draufschreiben. Und bei anderen Bieren schreiben wir eben Biermischgetränk drauf, dann brauche ich gar keinen Behördengang machen. Aber was war deine Frage?
Markus: Das weiß ich auch schon nicht mehr. Nein, Quatsch. Aber was mir grade einfällt, natürlich, also das Biermischgetränk macht das Leben natürlich auch immer etwas leichter. Aber das bedeutet, dass man eben ein fertig produziertes normales reinheitsgebotskonformes Bier mit irgendwas anderen danach mischt, da kann man ja alles Mögliche tun. Die Frage war halt einfach nur, wie entspannt oder wie sutsche die da in Hamburg mittlerweile sind? Aber offensichtlich habt ihr da einfach eine gute Lösung gefunden, das ist ja schön.
Fiete: Genau, also nach Nachfrage, hattest du gesagt, also wir haben gleich, werden wir gleich noch mal trinken, unser Broid. Da musste ich tatsächlich ein bisschen mehr mit denen, ja, hin- und herschreiben, ein paar Dinge klarstellen, weil wir da mit Brot arbeiten anstelle von Malz. Und was ich nicht wusste, wo es, glaube ich, auch keinen Hinweis in irgendwelchen Gesetzen zu gibt, ist, dass der Anteil des Brotes die Bierkategorie nicht verändern darf. Also ich darf aus einem Vollbier nicht ein Starkbier machen mithilfe der besonderen Zutat, in diesem Fall Brot. Und da musste ich dann eben die Rezeptur noch mal ein bisschen ändern, die Gesamtschüttung reduzieren, sodass ich entweder gleich beim Starkbier lande oder beim Vollbier bleibe.
Markus: Praktisch das man sagt, man darf durch die Zugabe von potenziell vergärbaren anderen Zuckerlieferanten, sagen wir mal so, jetzt nicht den steuerlichen Charakter des Bieres, das eben vorher als eben Vollbier oder Starkbier eingebraut wird, verändern. Das ist ja auch interessant. Ich habe mal gehört, dass es mit Brot gar nicht so einfach ist, weil es ja auch immer drum geht, also zumindest manche haben ja am Anfang die Überlegung gehabt, wir nehmen einfach Brot, was in der Bäckerei übrig ist, was die nicht mehr verkaufen können. Und dann war zumindest mal die Diskussion, dass man eben sagt, wenn dieses Lebensmittel praktisch, ich sage mal salopp gesagt, abgelaufen ist, also nicht mehr in den Verzehr gebracht werden soll, dass man damit dann eben eigentlich auch kein anderes herstellen darf, was dann wieder verzehrbar sein soll. Also irgendwie, das war auf jeden Fall ziemlich kompliziert. Das war, als hier der Erste mal auf die Idee kam, in Franken so ein Brotbier zu machen. Mittlerweile geht es ja, mittlerweile gibt es das auch, aber das war damals eben eine große Diskussion, ob man mit einem quasi nicht mehr verkaufsfähigen Brot ein verkaufsfähiges Bier herstellen kann. Naja, egal. Aber ihr merkt schon, liebe Hörerinnen und Hörer, es ist nicht so einfach.
Fiete: Ja, aber das Brot, was wir jetzt verwenden, das ist ja noch verkaufsfähig, es ist halt nicht mehr vom Kunden gewünscht. Also wenn ich zum Bäcker gehe oder die Meisten zum Bäcker gehen, dann wollen die ja ein frisches Brot kaufen und nicht eins, was schon 3 Tage alt ist so.
Markus: Ja, natürlich, nur das war eben damals der Gedanke. Also dieser Erste, der auf die Idee kam, hat halt gesagt, naja gut, wir schmeißen so viel Brot weg und eigentlich wäre es doch sinnvoll, wenn wir damit noch irgendwas Sinnvolles machen und dann lass uns doch Bier damit machen, das war die damalige Idee eben. Und dann haben die Behörden eben so als erste Reaktion gesagt, nee, also wenn das Brot ist, was ihr normalerweise wegwerfen würdet, sage ich jetzt mal so, dann könnt ihr daraus eben kein Bier brauen. Aber die Diskussion, wie gesagt, die ging dann weiter, ich habe die gar nicht weiterverfolgt und mittlerweile gibt es solche Biere ja auch bei uns. Also apropos, wollen wir es vielleicht auch gleich aufmachen, wenn wir schon drüber reden?
Fiete: Ja, wo wir grad dabei sind.
Markus: Es schadet ja nicht. So, Moment. So, also farblich passt es auf jeden Fall sehr gut zum Witbier, auch ein richtig schön Helles. Noch ein Ticken heller, würde ich fast sagen, sehr, sehr sonnig und auch wieder ein schöner Schaum.
Fiete: Und hier hast du hoffentlich auch den Bodensatz mit drin.
Markus: Ja, ja, ist komplett trüb oder geheimnisvoll, würde ich ja sagen, also es schimmert so, scheint, leuchtet. Und viele, viele fruchtige Aromen, so süße Tropenfrüchte, Pfirsich, aber auch ein bisschen so beerige Geschichten, also sehr harmonisch auf jeden Fall, schön von der Nase her. Ist es außer dem Brotanteil ganz normal oder habt ihr da noch irgendwelche anderen Tricks, Kniffe, besonderen Zutaten, sonst irgendwas verwendet?
Fiete: Also wir haben noch Haferflocken mit drin, also Wasser, Gerstenmalz, Brot, Haferflocken, ja und das ist eigentlich der Malzkörper, wenn du so willst. Und dann haben wir natürlich noch Hopfen, da eine ganze Menge drin und auch hopfengestopft.
Markus: Ja, also bei dem Hopfen, finde ich, es geht sehr in diese gelben Früchte so eben, also Pfirsich, Maracuja, ein bisschen, was weiß ich, Honigmelone, ein bisschen Citrus natürlich auch und so im Hintergrund hat man dann auch noch ein bisschen, ja, fast so eine erdbeerige Note vielleicht noch, aber auf jeden Fall sehr komplex und sehr rund, also finde ich sehr spannend. Was sind das für Hopfen, die da drin sind?
Fiete: Ariana, Cascade, Hüll Melon und Mandarina Bavaria, also im Grunde genommen alles, was du aufgezählt hast.
Markus: Cool. Also Mandarina magst du oder, als Hopfen?
Fiete: Ja, Mandarina mag ich, ja, den setzen wir viel ein. Zum einen, weil er wahnsinnig gut schmeckt, zum anderen, weil unser Hopfenlieferant, der Bio Friedrich, eben den auch viel anbaut. Also wir haben ja als Bio-Brauerei, müssen wir ja Bio-Hopfen verwenden und da ist es auch tatsächlich so, dass wir da schon ein paar Jahre ein bisschen Knappheit hatten am Hopfenmarkt. Und deswegen haben wir dann zwischendrin unsere Bitterhopfengabe auf Mandarina Bavaria umgestellt bei vielen Bieren, weil der eben verfügbar war. Aber, unser Bock Orange, kennst du ja auch, das ist ja eins unserer allerersten Biere, das habe ich tatsächlich bewusst mit Mandarina Bavaria gebraut, weil ich den Hopfen einfach auch wahnsinnig gerne mag.
Markus: Also ich finde den auch toll, sowohl von der Sensorik als auch als Pflanze so. Weil, also zumindest, soweit ich das gelernt habe oder erfahren habe, ist Mandarina Bavaria ein Hopfen, der sehr, sehr gut mit den ganzen klimatischen Schwankungen zurechtkommt und auch mit Trockenperioden zurechtkommt und auch verhältnismäßig resistent gegen alle möglichen Schädlinge und so weiter ist. Und eigentlich auch einer der Hopfen, den man als Hopfenbauer jetzt im Grunde anbauen sollte, weil der am besten wohl damit zurechtkommt, was grade eben die Trockenheit in Deutschland und so weiter angeht. Und da kann ich mir vorstellen, dass grade deswegen vielleicht auch viele Bio-Bauern auf Mandarina setzen, weil sie da wissen, okay, da habe ich einen gewissen Ertrag, der ist relativ stabil.
Fiete: Ja, ja, genau, ja, genau, wahrscheinlich. Also da haben wir eben, wie gesagt, eine gute Verfügbarkeit. Und, ja, das ist ja eine Züchtung aus, jetzt muss ich nachdenken, Cascade ist auf jeden Fall mit drin und war denn die zweite noch?
Markus: Also das müsste ich auch nachlesen, aber es ist auf jeden Fall, also Mandarina Bavaria hat auf jeden Fall auch eine spannende Geschichte. Und überhaupt, und das ist vielleicht was, wo sich alle mal damit beschäftigen können, wie Hopfenforschung an sich funktioniert, wie komplex das ist. Und allein in Deutschland, wie lange es gedauert hat, bis unser Hopfenforschungsinstitut wirklich mal richtig gute Ergebnisse hervorgebracht hat, aber Gott sei Dank tut es das ja jetzt. Und Ariana ist auch ein Beispiel dafür, finde ich. Und, ja, also hier ist es wirklich, die Mischung ist sehr, sehr gelungen. Ich finde auch hier wieder den Körper fast ein bisschen ähnlich zum Witbier. Also verhältnismäßig schlank, eine klare leicht alkoholische Note, die ja auch dazu gehört und das mischt sich dann sehr schön mit diesen ganzen fruchtigen Hopfenaromen, aber es ist eben nicht so schwer, sage ich mal, wie viele New England IPAs, die auch schon wieder so ein bisschen Richtung Mahlzeit gehen so. Und das trinkt sich hier doch sehr schön weg.
Fiete: Ja, hier finde ich tatsächlich allerdings im Gegensatz zum Witbier eben, dass man ein deutlich weicheres Mundgefühl hat, also das man eher so eine Samtigkeit, ja, vom Mundgefühl.
Markus: Stimmt, da hast du Recht, ja. Wie kamt ihr auf die Idee mit dem Brot?
Fiete: Da kam die Bäckerei zu uns oder auf uns zu, besser gesagt, wir arbeiten da mit der Bio-Bäckerei Bahde zusammen. Sie bekommen von uns Treber, backen daraus ihr Brauerlaib. Und irgendwann meinte er dann so, ej, wie wäre es denn, wenn ihr mit dem Brot, was bei uns liegenbleibt, dann, ja, wieder ein Bier macht? Also so eine Art Kreislaufwirtschaft, also wir machen Bier, die backen Brot, das Brot landet wieder bei uns, wir machen wieder Bier draus. Also so ein, ja, kein geschlossener Kreis natürlich, aber es ist auf jeden Fall ein bisschen was gegen die Lebensmittelverschwendung. Und, ja, das macht Spaß, das Bier. Und auch das Brauen ist natürlich eine ganz andere Geschichte, da würde ich jetzt übertreiben, wenn ich sage, das macht Spaß. Weil wir durch das Brot und natürlich auch durch die Haferflocken einen ziemlich geringen Schmelzenanteil im Läuterbottich haben, also dass ist das Bier, wo wir sprichwörtlich am Ende geläutert sind, wenn wir durch den Läuterbottich durch sind, weil es doch sehr, sehr langsam läuft.
Markus: Da muss viel gerührt werden und gemacht werden und getan.
Fiete: Genau.
Markus: Aber wie kann ich mir das überhaupt vorstellen oder überhaupt in der Entwicklung? Also sagt man dann, okay, ich habe hier eine Schüttung und da habe ich normalerweise soundso viel Kilo Malz und jetzt habe ich halt dieses Brot und da nehme ich vielleicht mal ungefähr genauso viel Brot oder wie auch immer? Rechnet man da und wie geht es dann weiter, nehme ich dann einfach meinen Kessel und schmeiße da ein paar Laibe Brot rein oder wie geht das?
Fiete: Ja, so haben wir das im Grunde genommen gemacht. Also wir haben so eine kleine Versuchsanlage, da gehen 30 Liter, kriegen wir daraus im Optimalfall, 30 Liter Heizwürze, also das ist die Braueule, mit der wir da arbeiten. Und da haben wir ein Brot von Bahde bekommen, haben mit der kleinen Anlage ein bisschen experimentiert, geguckt, wie hoch können wir bei der Anlage gehen, damit am Ende das Läutern überhaupt noch funktioniert? Und die hat dann relativ, ja, schnell, sind wir da an die Grenzen gestoßen. Und dann haben wir gesagt, okay, dann trauen wir uns aber auf der großen Anlage noch mal ein paar Prozent mehr zu und das hat auch funktioniert. Also wie gesagt, ist unser Bier, was wir am längsten läutern aktuell, also wir sind da so um die 4, 5 Stunden dabei. Wir haben ja eine Brauanlage, mit der wir 2.000 Liter Bier, also 20 Hektoliter Bier herstellen können pro Sud. Und während wir bei unserem Pils oder bei unserem schlanken Lager, so auch beim Sutsche, wo ja auch relativ viel Weizen drin ist, da haben wir so Läuterzeiten von um die 1 1/2 bis 2 Stunden, sind wir halt hier bei 4, 4 1/2 Stunden dabei.
Markus: Woah, das ist wirklich lang und jedes Mal ein kleines Stoßgebet, dass es überhaupt klappt wahrscheinlich.
Fiete: Ganz genau, ja.
Markus: Und warum grade ein New England IPA aus dem Brot? Also andere würden vielleicht sagen, ich mache, was weiß ich, ein Rotbier, ein Dunkles, irgendwas, wo diese Brotaromen auch rüberkommen. Wie kam da die Idee?
Fiete: Einfach, weil wir noch ein New England IPA machen wollten. Weil wir noch mal da alles aus unseren Hopfen, die uns zur Verfügung stehen, rauskitzeln wollten und deswegen wollten wir ein New England IPA machen. Und die Kombination aus dem Brot mit den fruchtigen Hopfennoten, also dadurch, dass Brot drin ist, haben wir das Salz, was wir noch mit eintragen und dazu dann eben diese fruchtigen Noten vom Hopfen, musste ich so ein bisschen ans Kuchenbacken denken, wo du dann, wenn du so eine Zitronentarte machst oder wie auch immer, ja auch immer deine Prise Salz mit reinschmeißt, dachte ich, das müsste hier ziemlich gut passen.
Markus: Ja, ich glaube auch, das ist wirklich eine sehr clevere Idee, ähnlich wie vorhin bei dem Kein Weizen!, weil, also das ist eher was Unerwartetes mit einem wirklich guten Ergebnis, also das ist ja keine Frage. Aber ich glaube auch jetzt zum Beispiel, wenn man jetzt an die Bäckerei denkt, jeder erwartet hätte, dass da halt dann ein malzlastiges oder brotaromenlastiges Bier dabei rauskommt, eher ein Dunkles und vielleicht eher ein süßes oder so. Und ich glaube, für die ist das auch dann völlig überraschend, auch für die Kunden, dass sie sagen, Mensch, so ein frisches, fruchtiges, fröhliches, leichtes, schönes Bierchen, was da rauskommt, das ist, glaube ich, da auch noch mal was, wo man, glaube ich, auch Kunden begeistern kann, die vielleicht eine ganz andere Erwartungshaltung von einem Brotbier erst mal haben. Gab es da Rückmeldungen von denen?
Fiete: Von den Kunden?
Markus: Ja und von der Bäckerei, ja.
Fiete: Ja, ja, klar, also durchweg positive Rückmeldungen, sage ich mal so. Weil viele kommen eben so und sagen, ja, wir haben hier ein Brotbier und dann denken die Leute als allererstes so an so einen Brottrunk. Ich weiß nicht, ob du sowas schon mal getrunken hast.
Markus: So ein Kwas oder sowas.
Fiete: Ja, ja, genau, eher was Säuerliches so und, ich sage mal, so ein Nahrungsergänzungsmittel, wenn du so willst. Und dann sind die tatsächlich sehr positiv überrascht, wenn sie doch so ein erfrischend fruchtiges Getränk serviert bekommen.
Markus: Also wirklich eine sehr schöne gelungene Geschichte. Eine Frage vielleicht noch, ist das dann vom Verhältnis her, wenn du sagst, du nimmst vorher, sagen wir mal 10 Kilo Malz, nimmt man dann auch 10 Kilo Brot oder sind das eher 20 Kilo oder eher 5 oder wie kann man sich das vorstellen?
Fiete: Wir haben nur einen Anteil von 15 Prozent Brot mit drin.
Markus: Ja, klar, ich meine, wenn ich jetzt Malz ersetze durch Brot, also ist das dann eher so 1:1?
Fiete: Das ist 1:1, ja.
Markus: Ah ja, okay, interessant. Schön, also vielen Dank, toll, wieder eine interessante, schöne Horizonterweiterung. Womit machen wir weiter?
Fiete: Ja, dann machen wir doch kurz, weil wir grade dabei sind, bei Malzersatzstoffen, machen wir doch mit dem Körbs, mit dem Pumpkin Ale weiter.
Markus: Sehr schön. Na, da bin ich gespannt, schon ewig kein Pumpkin Ale mehr getrunken, mache ich mich gleich mal ran. Sage ich ja immer scherzhaft in der Ausbildung, das ist der einzige echte amerikanische Bierstil und alles andere haben sie ja mehr oder weniger übernommen, aber der Kürbis, das ist ihrs auf jeden Fall. Wobei, das ist dann wieder ein bisschen desillusioniert worden neulich durch einen BierTalk, den ich mit dem amerikanischen ersten Erfinder sozusagen vom Pumpkin Ale gemacht habe und der mir dann erzählt hat, das erste Kürbis-Bier war eigentlich ziemlich grausam und bis er dann festgestellt hat, das Aroma kommt nicht vom Kürbis, sondern er muss einfach nur dieses Gewürz verwenden, was man eben für den Kürbis nimmt. Und dann kann man zwar trotzdem noch Kürbis ins Bier tun, aber das Aroma, was die Leute erwarten, ist dann eben eins, das oft durch Gewürze eher rauskommt als durch Kürbis. das hat mich dann damals etwas desillusioniert. Aber können wir gleich mal sprechen, wie ihr das macht, gucken wir mal. Auf jeden eine schöne richtig satte goldene Farbe habe ich jetzt hier.
Fiete: Ja, genau.
Markus: Und auch wieder einen sehr schönen Schaum.
Fiete: Fast schon so ein bisschen wie ein Kürbis, die Farbe.
Markus: Ja, stimmt, ja, so ein Hokkaido, aber der an der Schattenseite gelegen hat, aber so in etwa, genau, ja. Oh ja, also in der Nase tatsächlich, und erinnert mich aber auch ein bisschen an das Helle von vorhin mit dem Ingwer, hat eine schöne Orangennote irgendwie auch dabei, auch die typischen Kürbisgewürze, so ein bisschen was Nelkiges. Aber riecht auch wieder sehr frisch, finde ich und auch ein bisschen süß fast.
Fiete: Ja, auch leider darf man ja Bier nicht als erfrischend bewerben, aber es ist es, meiner Meinung nach.
Markus: Ja, auf jeden Fall. Also was ich hier auch ganz toll finde, ich habe jetzt grad den ersten Schluck hinter mir, im positiven Sinn, es fängt sehr süß an, ist dann aber sehr schlank und im Abgang hat man dann die Bittere, die da dem wirklich sehr gut tut. Also weil, dann ist man wieder ein bisschen abgeholt und ist wieder auf der Bierseite. Und dazwischen finden all die Kürbisaromen statt, die man sich da so vorstellt. Ja, aber es sind bestimmt auch Gewürze drin oder?
Fiete: Es sind auch Gewürze drin, genau. Wir haben Nelke mit drin, wir haben Anis mit drin, wir haben Kardamom mit drin und auch hier wieder unseren Ingwer vom Hof Wurzelreich.
Markus: Ah, okay, na, dann lag ich ja gar nicht so falsch. Spannend, schön! War das von vorneherein klar oder habt ihr gesagt, der Ingwer, der passt da bestimmt dazu, probieren wir mal?
Fiete: Ja, also als wir das gebraut haben, haben wir gesagt, den hauen wir da auf jeden Fall mit rein. Aber wir hatten, lass mich lügen, ich glaube, zuerst, genau, wir haben zuerst unser Ingwer Bier gemacht und haben dann gesagt, okay, jetzt, wo wir ein Kürbis machen, also ein bisschen Ingwer könnte da eben auch nicht schaden so und dann haben wir da noch eine Note Ingwer mit reingehauen.
Markus: So geht es mir ja beim Kochen, denke ich mir auch, ein bisschen Ingwer kann nicht schaden.
Fiete: Genau, in der Suppe.
Markus: Ein bisschen Ingwer, ein bisschen Zimt geht immer, ja.
Fiete: Kürbissuppe, hast du ja auch viele, die da mit Ingwer arbeiten.
Markus: Stimmt.
Fiete: Und ich glaube, das war unsere Idee dahinter, als wir das gemacht haben. Aber das ist halt auch ein Produkt, wo viele dann sagen, ja, hast du eben selber schon gesagt, also Kürbisgeschmack meintest du ja eben, können sich viele im Bier nicht so richtig vorstellen. Aber der liefert ja in erster Linie, liefert der ja Stärke und das war auch die Idee dahinter. Also damals, als wir das Erste gebraut haben hier, haben wir noch nicht unsere Gerte hier aus Hamburg bekommen, sondern überwiegend aus eurer Ecke oder beziehungsweise aus der Rhön. Mit der Rhöner Mälzerei arbeiten wir von Anfang zusammen, das ist ein guter Partner von uns und die beziehen halt ihre Gerste von sich quasi um den Pudding rum. Und wir haben halt gedacht, naja, wenn wir noch ein bisschen regionaler werden wollen, dann müssen wir einfach auch ein paar Rohstoffe aus unserer Ecke hier verwenden. Und was gab es da im wahrsten Sinne des Wortes naheliegender als Kürbis im Herbst zu verwenden.
Markus: Ja, stimmt. Also ich bin ein großer Freund des Kürbis-Biers, ich mag das sehr gerne. Spannend fand ich, wir haben ja hier bei uns den David Hertl, den du vielleicht auch schon mal gesehen und erlebt hast auf irgendeiner Bierveranstaltung und der hat da auch ganz am Anfang seiner Karriere mal ein Kürbis-Bier gemacht. Und das Spannende war, er hatte damals, glaube ich, noch nicht so wirklich unter Kontrolle, was dann in der Flasche so alles noch passiert. Und ich hatte das dann mal bei einem unserer Bier- und Whiskyseminare und da hatten wir eben einen schönen Kentucky Bourbon und ich wollte da eben das Kürbis-Bier dazu pairen und habe dann diese Flasche aufgemacht und die hatte so viel Druck, dass schon die komplette Flasche im Raum entleert hat. Da war dann der Whisky-Händler auch nur bedingt begeistert, aber auf jeden Fall eine sehr spannende Geschichte. Mittlerweile ist das natürlich beim David auch alles wunderbar. Und hier, muss ich sagen, was mir jetzt auch noch mal sehr auffällt, wo du es gesagt hast, man merkt im Nachtrunk natürlich auch den Ingwer noch mal schön, also diese wärmende Schärfe. Das passt ja auch, das ist ja ein Bier, was eigentlich so im Oktober vielleicht auch angesiedelt ist oder so im Herbst auf jeden Fall, da ist das auf jeden Fall sehr schön. Und der doch eher schlanke Körper, finde ich, wird dadurch noch mal ein bisschen runder.
Fiete: Ja, wird noch ein bisschen untermalt, ja.
Markus: Also macht sich echt gut.
Fiete: Genau, ja, das sind jetzt unsere letzten Flaschen und wird das erst im Oktober, brauen wir es dann wieder. Und dann haben wir wieder 6.000 Flaschen zur Verfügung und die gehen dann eben raus bis sie weg sind. Also ist auch ein saisonales Bier.
Markus: Ja, also wunderbar. Kann man auch den Hörerinnen und Hörern da draußen saßen, unbedingt dann auch mit in euren Warenkorb legen, sobald es wieder verfügbar ist oder wenn es verfügbar ist. Cool! Aber Apropos, ihr braut, man kann auch mit euch zusammen brauen oder?
Fiete: Ja, das definitiv. Also wir bieten zum einen Braukurse an, dass man tatsächlich mal mit uns quasi gemeinsam auf der kleinen Anlage braut. Aber was wir auch viel haben ist, dass Leute uns anschreiben und sagen, kann man mal einen Tag bei euch mitlaufen, so wirklich auf der großen Anlage dabei sein, wie wir dort arbeiten. Und, ja, auch das ist in der Regel kein Problem. Also das ist auch eine unserer Ideen gewesen, als wir die Brauerei hier gegründet haben, dass wir gesagt haben, wir wollen eine erlebbare Brauerei sein und nicht hinter verschlossenen Mauern machen, was wir da wollen so, sondern wirklich, die Leute sollen gucken können, was sie konsumieren.
Markus: Das heißt also, man kann mehr oder weniger einfach vorbeikommen und mal einen Blick hinter die Kulissen werfen und wenn man es vorher ausmacht, eben auch den Prozess miterleben sozusagen?
Fiete: Genau. Also wir produzieren halt immer Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und natürlich hat dann der Brauer oder die grad abfüllen, nicht jetzt ausführlich Zeit, da alles Mögliche zu erklären, aber man kann schon in die Anlage reingucken, gucken, was hier läuft und so weiter. Und wenn man wirklich so einen komplett informativen Tag haben möchte, dann muss man einfach einen Braukurs machen.
Markus: Ja, also das kann man ja nur empfehlen, also das unbedingt tun, generell. Weil, ich finde, man kann da immer viel dazulernen und kann einfach euch ein bisschen über die Schulter schauen und Ideen, Inspirationen mitnehmen. Wenn du von wir sprichst, wie groß ist der Betrieb mittlerweile?
Fiete: Aktuell sind wir 15 Leute.
Markus: Das ist ja auch eine Herausforderung oder, also auf einmal so Chef von so einem größeren Team, das ist doch eine Herausforderung oder?
Fiete: Ja, das ist auf jeden Fall was, was man nicht lernt, sondern was man dann lernt, aber was man nicht in der Ausbildung lernt, dass man sagt, okay, hier Teamführung. Aber, ich glaube, wir haben ein sehr gutes Team. Klar muss ich immer gucken, weil ich nun mal Gründer und Geschäftsführer bin, habe ich natürlich eine andere Brille als jemand, der hier seine Ausbildung macht oder der hier Angestellter ist, aber im Großen und Ganzen so, wenn wir unsere Teamausflüge machen, sind wir eigentlich ein sehr gutes Team und ich glaube, auch ein sehr stabiles Team. Also wir bleiben so in dem, wie wir sind, glaube ich, hoffentlich noch lange zusammen.
Markus: Und deine Geschwister sind auch noch mit im Boot teilweise oder so?
Fiete: Ja, die sind noch wobei. Wobei der eine, der kümmert sich überwiegend ums Design, also die sind nicht im täglichen Geschäft. Und der andere kümmert sich so um finanzielle Angelegenheiten, zum Beispiel um das Darlehen, was hier für die Brauanlage aufgenommen haben, da war er federführend. Oder, letztes Jahr konnten wir endlich unsere PV-Anlage auf dem Dach montieren und auch dafür brauchten wir dann wieder eine Finanzspritze und um solche Themen kümmert er sich hauptsächlich. Und ansonsten sind hier halt noch mein Cousin und meine Frau mit im Team, mein, wie heißt das, Schwippschwager, also der Freund von meiner Schwägerin. Also ziemlich familiärer Betrieb so. Unser einer Mitarbeiter, der macht tatsächlich grad Elternzeit, aber der meinte irgendwann Mal scherzhaft, er durfte hier anfangen zu arbeiten, ohne meine Schwester heiraten zu müssen.
Markus: Ja, das ist mal eine komplett neue Definition von Familienbetrieb, aber sehr gut. Ja und ich kann mir auch wirklich vorstellen, das ist ja was, ich rede ja eben durchaus häufiger mal mit Brauern, die eben dann schon so ein paar Jahre hinter sich haben und die dann einfach irgendwann sagen, Mensch, ich habe angefangen, ich wollte einfach gutes Bier machen und das war eben auch gut. Und das hat bedeutet, wir sind gewachsen und größer geworden und mittlerweile habe ich einfach 70, 80 Prozent meiner Zeit mit Bürokratie und Leuteführung und eben Finanzen und was weiß ich was für ein Zeug zu tun und Bierbrauen mache ich eigentlich nur noch ab und an Mal. Und da sind viele auch gar nicht so glücklich damit. Und ich glaube, das ist dann, wenn man dann so ein Team hat, wo man die Aufgaben so ein bisschen verteilen kann, vielleicht auch ganz gut, kannst du dich mehr dem widmen, was du am liebsten machst.
Fiete: Ja, also das, was du grade beschrieben hast, das trifft ich teilweise tatsächlich auch, also diese Bürokratie ist nun wirklich nicht mein Steckenpferd, aber sie muss gemacht werden und ich mache sie auch. Und das Brauen an sich kommt, aus meiner Sicht, tatsächlich auch etwas zu kurz. Aber, also grade diese Woche habe ich wieder einen Sud gemacht und wenn ich dann braue, dann macht es mir nach wie vor Spaß.
Markus: Er kann es noch, sehr gut, wunderbar. Ich bin mit dem Kürbis jetzt auch durch und wir haben immer noch 4. Es hört nicht auf, aber du bist selber schuld, also insofern bin ich da raus. Wir müssen natürlich auch nicht alle probieren.
Fiete: Du bist glücklich, wenn du mal ein paar Bierchen trinken kannst, aber ich verkoste sie gern auch mit dir.
Markus: Na klar.
Fiete: Lass uns mit dem Mucki Hop weitermachen.
Markus: Ja, da sind wir wieder zurück in der IPA-Ecke. Moment, so. Oh ja, von der Farbe ziemlich ähnlich zum Kürbis-Bier.
Fiete: Genau.
Markus: Hat auch viel Pfirsich für mich in der Nase. Ein bisschen weniger drum rum, dafür ein bisschen mehr auch Malzaromen mit dabei. Ein bisschen Tee auch, also so schwarzen Tee, sehr interessant. Ja und auch ein bisschen gelbe Früchte, ein bisschen Citrus, ein bisschen, ja, die Melone von vorhin ist vielleicht auch wieder ein bisschen da. Bin ich mal gespannt, was sind da für Hopfen drin?
Fiete: Also am Sonntag war ich auf dem Gottorfer Landmarkt und da hatte ich das Bier auch dabei, vom Fass. Und dann hat sich das einer bestellt und sagte, habt ihr da Erdbeeren mit verarbeitet? Also es ist der Hüll Melon da drin, also als dominierender Hopfen und auch also der Mandarina Bavaria als Bitterhopfen, aber der Hüll Melon dann als gestopfte Variante.
Markus: Schön. Also ich muss sagen, dieser Hauch Tee, so ein bisschen Earl-Grey-mäßig ist das, ganz spannend, fast so ein bisschen rauchig, also sehr interessant. Das macht sich gut, vermischt sich gut mit der Bittere auch.
Fiete: Ja, aber das, was du beschreibst, das kommt, glaube ich, durch die Malzschüttung.
Markus: Okay, umso besser, als Bamberger, muss man natürlich sagen, wunderbar. Das heißt, was habt ihr da drin?
Fiete: Malze?
Markus: Also wenn du sagst, es kommt daher, also was vermutest du?
Fiete: Ja, genau, also wir haben da drin Carared und wir haben Münchner Typ 2 da mit drin, wir haben auch ein bisschen Caraaroma mit drin. Aber dadurch, dass wir mit diesen handwerklichen Mälzereien arbeiten, haben wir dann doch manchmal ein bisschen mehr Raucharomen in den Malzen mit drin als sonst üblich für die Malzsorten.
Markus: Ja, also wirklich sehr schön. Also für mich vermischt sich das schön, dieser Touch von Rauch. Also da gab es ja früher diese russischen Tees, die auch so einen leichten Hauch von Rauch hatten, aber habe ich schon lange nicht mehr, aber daran erinnert es mich ein bisschen. Und eben mit diesen Citrusaromen, ja, auch wieder schön Orange, Pfirsich, Melone dazu dann, das hat was. Also man kann ja auch Orange smoken, habe ich neulich mal gelernt, geht auch, also insofern. Aber, ich meine, es ist jetzt nicht so intensiv, dass man sagen würde, das ist ein Rauchbier, aber es ist einfach sehr schön, wie es das begleitet und wie es vor allem diese Brücke zur Bittere schlägt, das gefällt mir sehr gut, weil man doch hier merkt, dass ist ein IPA, das hat ein bisschen mehr Körper, das wärmt auch ein bisschen dazu und hat dann eben hinten raus auch eine schöne selbstbewusste Bittere. Und die dann aber zusammen mit den fruchtigen Aromen und mit diesem Touch an Rauch echt sehr schön, sehr rund wird. Das ist so dazwischen oder, zwischen einem Britischen und einem Amerikanischen so.
Fiete: Ja, genau, ja, das ist so ein Mittelweg, wenn du willst.
Markus: Habt ihr denn viele Kunden aus England auch?
Fiete: Nee, so Touristen oder so, die Meisten sind tatsächlich die Hamburger, die bei uns Bier kaufen.
Markus: Ja, weil ich jetzt neulich gehört habe, dass viele Engländer eben rüberkommen nach Hamburg, um da entsprechend dem Bier zu frönen.
Fiete: Also wir haben natürlich Neu-Hamburger, wenn du so willst, die auch aus Großbritannien kommen, aber so nicht das breite Publikum, sondern eher vereinzelt welche. Oder aus den Niederlanden, viele kommen aus den Niederlanden, würde ich eher sagen. Das ist ja auch schon die Richtung.
Markus: Stimmt, ist ja fast. Naja, die Niederlande sind schon auch interessant, weil die so biermäßig so ganz eigen sind. Also die haben ja sich fast abgekoppelt eigentlich von der restlichen Entwicklung in Europa und haben eher so eine amerikanische Bierkultur, also was das Craft-Beer-Thema angeht, angenommen und haben da eine riesen große Palette. Und haben vielleicht auch deswegen einen großen Nachholbedarf, was so Klassiker eben aus England oder aus Deutschland angeht. Und ich habe viele Freunde von da und wir haben dieses Jahr auch einen Niederländer als Gastbrauer bei uns auf dem Fränkischen Bierfest. Bin ich mal gespannt, wie die Biere so ankommen, das ist durchaus interessant. Wir wollten ja noch über die Hamburger Geographie sprechen, ganz kurz zumindest. Also den meisten Leuten ist ja bewusst, okay, da gibt es die Elbe, die dann eben raus ins Meer fließt und da gibt es die Alster und, ja, da gibt es das Millerntor-Stadion und das andere Stadion und so, je nachdem, auf welcher Seite man da eben grade so steht. Wie muss man sich das so ein bisschen vorstellen, also wo ungefähr seid ihr und wie schaut es da aus?
Fiete: Also wir sind, ich glaube, geographisch gesehen, ziemlich in der Mitte von Hamburg beziehungsweise von dem, ja, neuen Hamburg ist auch übertrieben, es gibt ja seit den 30er-Jahren, ist Hamburg ja so Hamburg, wie wir es jetzt kennen. Und vorher gab es halt die Stadt Harburg und die Stadt Altona und dann die Stadt Hamburg, die alle sehr dicht beieinander sind. Und wenn man von Hamburg nach Harburg fährt, dann fährt man über die Elbinsel Wilhelmsburg, die größte Binneninsel Europas, also Binnengewässer und, ja, genau, da sind wir beheimatet. Und die Elbinsel Wilhelmsburg ist tatsächlich eine richtige Insel, also man kommt hier nur über Brücken rauf oder eben mit der Fähre. Also es gibt die Autobahn, es gibt eine Autobahnbrücke auf die Insel Wilhelmsburg und dann von der Elbinsel Wilhelmsburg wieder nach Hamburg rein, ja, da muss man rüber, wenn man nach Hamburg will, ja.
Markus: Und du bist selber auch gebürtiger Hamburger?
Fiete: Früher habe ich immer gesagt, ich komme aus Finkenwerder und bin auf der Lüneburger Siet von Finkenwerder geboren, aber auch die gehört schon seit den 1930er-Jahren mit zu Hamburg. Das ist die Nachbarinsel von Wilhelmsburg, die allerdings keine Insel mehr ist seit 1962. Da war ja die große Sturmflut hier und damals hat man dann die Süderelbe, die im Süden von Finkenwerder verläuft, die hat man vom Hauptstrom abgetrennt, sodass es sie zwar noch gibt, aber eigentlich nur noch als Binnensee, wenn man so will, also eingedeicht in die Elbe. Und da bin ich geboren und aufgewachsen und da wohne ich auch inzwischen wieder, also ich muss immer zweimal über die Elbe rüber, wenn ich zu uns in die Brauerei möchte.
Markus: Aber das machst du mit dem Auto oder mit einem Bootchen?
Fiete: Am liebsten mit einem Boot, aber doch sehr selten. Also in den 6 Jahren, in denen wir jetzt hier sind, bin ich tatsächlich nur ein einziges Mal mit dem Boot hergekommen.
Markus: Ja, aber immerhin. Und was ich neulich gehört habe, es gibt jetzt in Hamburg eine ziemlich schräge Nummer, ein Bus, der ein amphibischer Bus ist. Das heißt, man macht dann erst eine Stadtrundfahrt mit dem Bus und dann fährt der eben auch einmal ins Wasser und macht dann als Boot weiter, irgendwie so. Hast du davon schon gehört?
Fiete: Ja, ja, den gibt es auch, glaube ich, seit 4 Jahren oder so schon. Das Bescheuerte an dem Bus ist tatsächlich, dass er seine Qualitäten gar nicht ausnutzt. Also der fährt da in Billbrook, glaube ich, irgendwo, fährt der in die Elbe rein und dann fährt der auf der Elbe eine Tour und fährt auf der gleichen Ausfahrt wieder rum. Aber es ist nicht so, dass er als Verkehrsmittel funktioniert, weil das wäre ja tatsächlich, wir haben ja leider so ein bisschen Verkehrsprobleme, wir sind die staureichste Stadt Deutschlands. Was unter anderem daran liegt, dass wir eben nur zwei Elbquerungen haben und zwar einmal den Elbtunnel, also den neuen Elbtunnel und dann die Süderelb-Brücken. Und alles, was aus dem Süden kommt oder in den Süden möchte, muss eben diese beiden Passagen nutzen. Und das sorgt eben dafür, dass dann Leute aus Wilhelmsburg, wenn die nach Hamburg wollen, viel im Stau stehen, weil auf den Strecken immer irgendwas ist. Also vor, ich glaube, jetzt schon wieder fast 2 Jahren hat mal unter den Elbbrücken ein LKW gebrannt, deswegen war dann der S-Bahn-Verkehr eingeschränkt, dann ist mal ein Schiff gegen die Elbbrücken gefahren, dann konnten die Autos da nicht mehr rüber und solche Scherze gibt es halt am laufenden Band und das bringt dann den Verkehr doch zum Erliegen. Und deswegen ist so ein Amphibien-Bus, der in der Stadt unterwegs ist, dann ins Wasser kann und auf der anderen Seite wieder raus kann, eigentlich total die clevere Möglichkeit. Aber aus irgendwelchen Gründen, ich meine, die Dinger sind sau teuer in der Anschaffung und dann vielleicht wahrscheinlich wirtschaftlich nicht zu betreiben, aber grundsätzlich wäre das eigentlich eine super Alternative zur Bahn oder zum Auto.
Markus: Ja, also das ist auf jeden Fall eine gute Anregung, das stimmt. Also ich muss sagen, ich habe das letzte Mal, glaube ich, als ich über die Elbe musste, bin ich einfach über Glückstadt gefahren, da gibt es ja auch noch eine Fähre. das ist allerdings schon ein Umweg, ehrlicher Weise, aber es ist natürlich irgendwie auch schön, dass mal so rum zu machen. Also Hamburg finde ich überhaupt eine Stadt, die man von so vielen verschiedenen Facetten erleben kann. Ich habe auch mal, ich weiß nicht, ob ich das schon mal erzählt habe, aber ich habe auf jeden Fall mal bewusst gesagt, ich setze mich mal einen ganzen Tag lang dahin, wo es diese Schiffsbegrüßungsanlage gibt. Da habe ich mir ein schönes Buch mitgenommen und es war ein schöner Sommertag und da saß ich die ganze Zeit draußen. Und jedes Schiff, das vorbeikommt, wird die Hymne gespielt und ein Kapitän, mehr oder weniger Kapitän, erzählt dann ein bisschen was dazu. Und irgendwie, also dieses besondere Flair dieser Stadt kann man auf so viele verschiedene Art und Weisen erleben, das ist wirklich toll. Also kann ich jedem nur empfehlen, Hamburg ist immer eine Reise wert und da kann man natürlich dann auch euch besuchen, sowieso.
Fiete: Ja und man kann tatsächlich auch, wo wir bei dem Thema Schiff grade sind, aus Hamburg oder von der Alster bis zu uns, direkt hinter die Brauerei rudern, wenn man möchte, wenn man gut rudern kann oder eben mit einem Sportboot fahren. Gut, auf der Alster darf man nicht Sportboot fahren, aber wenn man eins hat, also wir haben hier unseren Jaffe-Davids-Kanal, der ist fußläufig 2 Minuten von unserem Eingangstor zu erreichen und von da aus kann man bis nach Hamburg mit dem Schiff oder eben nach Finkenwerder oder die Elbe rauf nach Niedersachsen, Schleswig-Holstein, wohin man auch will.
Markus: Cool! Also da habe ich schon wieder was für meine Bucket List, wunderbar. Apropos Bucket List, wir haben noch drei Biere, da müssen wir jetzt noch durch. Wobei, zwei davon, glaube ich, können wir ziemlich parallel verkosten, aber eins ist auf jeden Fall noch extra oder?
Fiete: Ja, genau, wir machen noch mal den Bock Orange vorweg, würde ich sagen.
Markus: Ja, ein sehr denkwürdiges Bier, also für mich zumindest, weil mich das an eine Zeit erinnert, die ja jetzt doch schon mittlerweile 3 1/2 Jahre her ist. Alle werden sich vielleicht so ein bisschen erinnern, die Pandemiezeit und wir haben damals ja alles Mögliche versucht, online zu machen und auch Online-Tastings und so weiter. Und da kam dann bei uns die Idee auf, einen Bierwettbewerb zu machen und den komplett online zu machen. Also dahinter steckt die Lieblingsbieridee von dem Bierwettbewerb. Das heißt, es durften Leute einfach ihre Lieblingsbiere einreichen, ohne dass die Brauereien wirklich was davon mitbekommen haben und dann ist das eben durch verschiedene Instanzen durchgelaufen bis zu einem Finale. Und da war dann eben das Bock Orange eins von den 3 topp Bieren am Ende vom Lieblingsbierwettbewerb, vom ersten. Und das fand ich total schön, also weil es damals auch so eine herzerwärmende Story einfach war, in einer Zeit, wo jeder gedacht hat, wie geht die Welt überhaupt noch weiter, gehen wir alle den Bach runter, was weiß ich, das war ja wirklich nicht so einfach und deswegen erinnere ich mich da immer wieder dran, wenn ich dieses Bier habe. Ja, aber können wir gleich noch drüber reden. Also auf jeden Fall natürlich ein tolles Bier, auch die Farbe hier, so schön karamellig.
Fiete: Weißt du, wer das eingereicht hat, das Bier?
Markus: Jetzt nicht mehr auswendig, nee.
Fiete: Boris.
Markus: Oh, dann ist es natürlich noch mal denkwürdiger, Wahnsinn. Also Boris Georgiev, der Herausgeber eigentlich von dem Biermagazin, dass wir hier mal hatten, Craftbeer-Magazin, es hieß ja auch das Craftbeer-Magazin und der leider dann verstorben ist zwischenzeitlich, ein guter Freund, umso mehr denkwürdig.
Fiete: Umso mehr, ne.
Markus: Dann kann man erst mal vielleicht einfach nur mal auf Boris anstoßen und einen Schluck nehmen, prost!
Fiete: Auf Boris.
Markus: Auf Boris. Also jeder, der da noch ein bisschen reinspüren will, es gibt mit Boris auch einen BierTalk, wo er erzählt und das ist ein Zeitdokument mittlerweile. Und schade, dass so ein lieber Mensch nicht mehr unter ist, aber auf jeden Fall können wir ihm auf diese Art und Weise noch mal gedenken. Und, ja, also zurück zum Bier, es ist wirklich also optisch schon eine Augenweide, dieses schöne Rotbraun, auch wieder schön strahlend. Und dann, der Name ist natürlich Programm, Bock Orange. Das heißt, auf der einen Seite habe ich die Orange und das geht tatsächlich so ein bisschen fast in so eine Blutorangennote über. Und auf der anderen Seite den Bock, das heißt, ich habe natürlich eine schöne wärmende intensive alkoholische Note da drin, ein bisschen Karamell, ein bisschen durchaus auch diesen Karamellmalzcharakter dabei. Und, ja, vielleicht auch ein bisschen rote Beeren, die da vielleicht noch mit eine Rolle spielen, was schön zu der Orange passt und insgesamt einen richtig schönen, ja, wie es auch draufsteht, ein Obstkorb, steht da drauf, auf der Flasche, stimmt auch, also alles so ein bisschen da. Tolles Bier, Gratulation mal wieder, das habe ich sehr gern.
Fiete: Danke schön. Ja, das ist tatsächlich das zweite Bier, was wir auf den Markt gebracht haben nach dem Fastmoker Pils. War für uns klar, wir brauchen einen weiteren traditionellen eigentlich deutschen Bierstil mit einem Bockbier, der ein bisschen eine neue Idee erleben soll. Und deswegen haben wir den mit 10 Kilo Mandarina Bavaria auf 2.000 Liter gestopft und, ja, das ist sozusagen das Ergebnis dahinter. Und du hast es grade gesagt, so dieses Alkoholische für ein Bockbier ist da, aber das sticht ja nicht raus. Also du hast natürlich die Schwere eines Bockbieres, aber nicht so diesen spritigen Geschmack. Und die Quittung, die kriegt man, wenn man die Flasche leer hat, dann merkt man die 7,9% doch sehr.
Markus: Dann dreht sich die Welt, ja, das auf jeden Fall. Ja und es ist ja von der Stammwürze her, ich habe jetzt grad mal hintendrauf doch geguckt, 18%, sind wir ja schon im Doppelbockbereich eigentlich, also da ist schon ordentlich was los hier im Programm. Und praktisch eine Hommage an Mandarina Bavaria so ein bisschen dann auch, ne?
Fiete: Genau, ganz genau, ja. Also das ist tatsächlich ein Single Hop Bock Orange, wie man auf Neudeutsch sagen würde.
Markus: Ich überlege grade, ob man da eine Abkürzung, die man aussprechen kann, hinbekommt, ich glaube nicht.
Fiete: Das ist schwierig, ja.
Markus: Nein, wir lassen das mal lieber bleiben. Nein, aber es ist also wirklich ein ganz, ganz tolles Bier, was einfach auch das Potenzial von so einem Bockbier noch mal zeigt, also wie viel man auf der Basis von so einem Bock machen kann, wenn man einfach dann entsprechend mit dem Hopfen spielt. Und dann eben ganz weit weg ist von dem, was jetzt, was weiß ich, ein sehr guter klassischer Bock wie ein Celebrator oder sowas natürlich auch liefert, aber hier eben mit dem ganzen Hopfen, mit der Fruchtigkeit, das ist einfach noch mal eine andere Nummer. Und das ist auch schön und passt vielleicht auch schön zu Hamburg und passt auch zu euch eben als Wildwuchs, das mal anders zu interpretieren, anders zu gehen, toll, ja. Du hast grade gesagt, dein Bruder macht das Design. Also das heißt auch die Etiketten, die ich jetzt hier alle so habe, sind aus der Familie sozusagen?
Fiete: Ja, genau, die Farben hat er ausgewählt. Also das Grundmotiv, dieser Zackenkreis mit einem Kopf, den hat ein Kumpel von uns entworfen, der eine Werbeagentur hatte. Und mein Bruder, der hat dann eben mit diesem Motiv gespielt. Also das Mucki Hop zum Beispiel hier, da ist ja so ein durchtrainierter Oberkörper mit drauf, den hat er entworfen.
Markus: Das ist auch schön, es ist ja quasi dein Kopf eigentlich, in der Urfassung so ein bisschen und mit dem Thema dann einfach zu spielen, finde ich witzig. Also grade bei dem Mucki Hop ist natürlich besonders witzig, dass man sagt, man setzt mal seinen Kopf eben auf so einen Muscle Buddy.
Fiete: Das ist nicht mein Körper.
Markus: Ja, wer weiß. Nein, aber man hat es ja dann auch beim Kürbis zum Beispiel, da ist dann eben ein klassischer Halloween-Fiete-Kürbis sozusagen, ist auch sehr schön geworden. Und, ja, beim nächsten Bier wird es dann zur Kuh oder, ich weiß es gar nicht, was ist es denn, schon oder?
Fiete: Ein Bock.
Markus: Ah der Bock, okay.
Fiete: Ein Ziegenbock. Ja, also zu dem Logo vielleicht mal noch ein kurz, ein Kumpel von uns, wie gesagt, der diese Werbeagentur hatte, Hund von Welt hieß die, der meinte, als wir mit der Idee eines eigenen Bieres, einer eigenen Brauerei, an ihn ran getragen haben, meinte er so, es ist wichtig, dass die Leute sehen, wer das Bier macht und wer dahintersteht. Und deswegen meinte er, man müsste da meinen Kopf irgendwie mit rauf bringen. Und dann meinte ich aber, nachdem dann mein Cousin dabei war und dann auch der Nächste dazu kam, meinte ich, naja, ich mache es ja im Grunde genommen nicht alleine, sondern wir sind ja hier ein Team und nur durch das Team haben wir eben den Erfolg und deswegen ist es nicht richtig, wenn da nur ein Foto von mir ist. Und da meinte er, ja, gut, was willst du denn dann haben? Und sein Hund ist sein Logo gewesen in stilisierter Variante. Und dann saßen wir da eben und mir fiel nix ein und dann meinte ich dann eben, na gut, ich will aussehen wie dein Hund, weil, so kann es tatsächlich jeder von uns sein. Und das funktioniert auch ganz gut. Unser jetziger Geselle, damals Azubi, der stand mal in Stade auf einem Bierfest und da kamen die Leute zu ihm, ej, Herr Wildwuchs, wir haben Sie gestern in der Zeitung gesehen. Oder mein Cousin, der mir auch schon ein paarmal beim Ausschank geholfen hat, der hat einen etwas dunkleren Teint, der ist in Venezuela geboren und aufgewachsen, also meine Mutter kommt da auch her und dem sieht man deutlich an, dass er eigentlich, ja, also keine deutschen Vorfahren hat, in dem Sinne. Und trotzdem kommen die Leute zu ihm, ej, Sie sind doch das da auf dem Logo. Weil, er hat auch einen Bart und die Wurzel ist gar nicht so wild dabei, sondern vor allen Dingen der Bart macht es, dass die Leute immer denken, dass derjenige, der hinterm Tresen steht, der ist automatisch auch der Mensch auf dem Bild vorne drauf.
Markus: Ja, das stimmt, das ist schon sehr clever gemacht. Und ist zumindest auch eine Arbeitsplatzbeschreibung, also egal wen ihr einstellt, es muss jemand sein, der irgendwie so eine Art Bart hat.
Fiete: Ja, nicht mal das ist bei allen der Fall, aber funktioniert irgendwie trotzdem. Also meine Frau zum Beispiel, die hat keinen Bart und die arbeitet hier ja auch.
Markus: Was macht die eigentlich?
Fiete: Die macht in erster Linie, organisiert sie hier die ganzen Veranstaltungen, die bei uns in der Brauerei sind. Also gestern zum Beispiel war ja hier Chillen und Grillen, nennen wir das. Da kommen dann die ganzen Radfahrer durch den Elbtunnel oder aus Niedersachsen hierher oder eben auch aus Wilhelmsburg und machen hier eine kleine Erfrischungspause, essen ein Würstchen, trinken ein Bierchen. Aber wir haben ja nicht nur Himmelsfahrt, sondern auch an den Wochenenden geöffnet, machen Song Slam hier und Bierquiz, das macht sie in erster Linie, macht die ganze Öffentlichkeitsarbeit. Also alles, was ihr bei Facebook und Instagram und so weiter seht, das geht durch ihre Feder sozusagen oder ihre Kamera, das ist ja das Meiste. Und in der Regel auch, wenn uns jemand über die Moin-Adresse schreibt, landet das auch bei ihr auf dem Schreibtisch.
Markus: Okay, also perfekt. An dieser Stelle schon mal einen ganz lieben Gruß an sie. Das ist wunderbar und auch toll, wenn sie dich da so unterstützen kann und wenn ihr gemeinsam dann an dem Wildwuchs-Team eben weiterarbeiten könnt. Und, ja, wir haben ja grade schon besprochen, es gibt eben ein letztes Bier oder ein Doppelbier, das wir jetzt quasi sozusagen haben, wo dann der Bock eine Rolle spielt. Jetzt überlege ich grade, ob wir jemals im BierTalk schon den Senatsbock erklärt haben, ich glaube nicht. Wollen wir es vielleicht so machen, dass wir den normalen Senatsbock erst mal aufmachen und du vielleicht noch zwei, drei Worte zum Senatsbock überhaupt machst, damit die Leute das verstehen und wir das dann vergleichen mit dem anderen?
Fiete: Ja gerne.
Markus: Wunderbar, dann machen wir doch mal. Also ein Senatsbock, was dahintersteht, werden wir gleich hören.
Fiete: Genau, der Senatsbock, solange du einschenkst und probierst, kann ich ja schon mal erzählen, der Senatsbock ist tatsächlich eine, ja, ziemlich Hamburger Tradition, wenn man so will. Die ist, ja, weiß ich nicht genau, 50er-, 60er-Jahren in Hamburg entstanden. Da haben die großen Brauereien in Hamburg sich zusammengetan und haben gesagt, wie können sie eigentlich das miese Biergeschäft im Januar, Februar ein bisschen ankurbeln? Sie haben gesagt, okay, sie läuten die 5. Jahreszeit ein, mit dem Senatsbock ist das dann die Senatsbockzeit und haben gemeinsam einen Doppelbock gebraut. Und diese Tradition, die hat, ja, relativ lange angehalten, ist dann aber eingeschlafen, nachdem die großen Brauereien nach und nach von der Bildfläche verschwunden sind, aufgekauft wurden, zusammengelegt wurden. Also Astra St. Pauli, Bavaria eben von der Holsten geschluckt früher, die Elbschloss Brauerei von der St. Pauli Bavaria geschluckt worden und dann die Bill, weiß ich gar nicht, wo die geblieben ist und die Winterhuder, das Winterhuder Brauhaus und so weiter, also die sind nach und nach alle hier aus Hamburg, ja, also die Braustätten sind aus Hamburg verschwunden, in einer aufgegangen. So und dann sind, ich glaube, das war auch 2014 oder 13, weiß ich nicht mehr genau, haben wir uns getroffen und haben gesagt so, eigentlich müssen wir diese Tradition wieder aufleben lassen und haben dann gesagt so, wir machen aber nicht einen gemeinsamen Bock, sondern alle, die in Hamburg brauen. Und bei dem ersten Treffen war ich noch dabei und dann haben wir ja eine Zeitlang in Bleckede gebraut. Und Bleckede ist ja nun nicht Hamburg, sondern 60 Kilometer elbaufwärts, also gehört zu Niedersachsen und deswegen durften wir die ersten 3 Jahre nicht mitmachen. Naja, auf jeden Fall haben wir gesagt, alle, die in Hamburg brauen und, ja, dabei sein wollen, die müssen das gleiche Rezept, was die Maischschüttung angeht, verwenden. Und dürfen aber darüber hinaus entscheiden, welche Hefe oder welchen Hopfen und so weiter sie verwenden. Also wir haben alle die gleichen Basismalze und so entstehen dann, inzwischen sind es, glaube ich, 8 verschiedene Bockbiere, die dann Ende Januar fertig sind, ausgeschenkt werden beim großen Senatsbockanstich und danach dann auch natürlich solange konsumiert werden können, bis sie ausgetrunken sind.
Markus: Ja und da sind wir ja froh, dass wir noch was davon haben. Also auf jeden Fall ein ganz interessantes Projekt einfach auch, dass man sagt so, man kann in dieser Stadt dann auch bei diesem Thema zusammenfinden.
Fiete: Ja, ich glaube, ist weltweit einmalig, dass sich so viele Brauereien zusammentun und sagen, wir machen eine gemeinsame Aktion.
Markus: Ja und es gibt auch diesen gemeinsamen Anstich mit diesem Fest dann dazu, genau.
Fiete: Also wir haben einen Verein gegründet, das ist der Hamburger Senatsbockverein und alle teilnehmenden Brauereien sind in diesem Verein organisiert. Es gibt, wie bei jedem Verein, einen Vereinsvorsitzenden, einen Stellvertreter und so weiter und die haben die meisten Aufgaben, was den Anstich angeht, das Ganze zu organisieren. Die machen das gut, also an dieser Stelle wunderbar, herzlichen Dank an die Leute. Philip Bollhorn, Julia Wesseloh und Tina Küster in diesem Jahr, die das wirklich gut gemacht haben. Nicht Philip Bollhorn, Philip Kreutzer heißt der.
Markus: Tja, Dinge ändern sich.
Fiete: Genau. Ja, genau und das macht Spaß, wenn wir dann zusammenkommen, ein paar Bierchen da trinken.
Markus: Und ich muss sagen, also dieser jetzt, den ich habe, der ist sehr, sehr dunkel, im wahrsten Sinne des Wortes, also sowohl optisch als auch von der Aromatik her. Also ganz viel Kaffee, Lakritz, Schokolade, viele, viele Röstaromen, die da mit dabei sind. Also kommt fast rüber wie so ein Stout, also sehr, sehr intensive Röstaromen. Im Glas natürlich wirklich sehr, sehr schwarzbraun, schöner Schaum. Bildet auch so ein bisschen Schlieren im Glas, also wir merken schon, der ist ein bisschen kräftiger, noch nicht ganz so viel, aber, ja, doch, hat schon ein bisschen was. Und ganz auffällig im Mund ist dieses sehr sämige Mundgefühl, dass ihr da hinbekommen habt, sehr cremig. Eine schöne Süße auch noch, also da ist offensichtlich noch Restzucker mit drin in einer sehr angenehmen Art und Weise. Was es dann sehr rund macht und auch diese Röstaromen ein bisschen abfängt und dann bugsiert es die so ein bisschen in eine Milchschokoladenrichtung. Was mir persönlich sehr gut gefällt, also das macht es dann also von dem doch sehr strengen Röstgeruch hinten raus wieder sehr rund, sehr weich. Und das ist jetzt eure Interpretation sozusagen, also wenn ich jetzt die von anderen hätte, wären die wieder anders?
Fiete: Die wären wieder anders, genau, das ist unsere Interpretation. Und wir haben da die letzten Jahre tatsächlich nicht so wahnsinnig viel variiert, weil wir uns tatsächlich immer wieder auf den Bock freuen. Also das ist ja auch eine limitierte Geschichte, die Ende Januar angefangen wird auszuschenken. Und genauso, wie du es grade gesagt hast, also wir haben diese Restsüße da drin, wir haben 18,3 % Stammwürze. Also 18 % Stammwürze ist bei allen das Minimum, was erreicht werden muss.
Markus: Also Doppelbock.
Fiete: Genau. Und wir haben hier ja nur 6 1/2 % Alkohol. Also wir haben ja vorher den Bock Orange getrunken, sind da bei 7,9 und hier sind wir bei 6 1/2 % Alkohol. Also anhand dessen kann man schon erkennen, wir haben hier eine Restsüße drin. Und wir sind dann auf der Veranstaltung immer das Bier, wo die Leute dann hinkommen und sagen, ja, ich brauche mal ein bisschen was, wo von ich nicht sofort so richtig duhn werde. Ja, jeder hat noch ein Zweitbier dabei, also wir haben meistens dann unser Lager noch dabei. Aber mit 6 1/2 % sind wir, glaube ich, immer der Bock, der am wenigsten Alkohol hat, aber dann eben diese Restsüße, oder wie ein Kollege von mir mal sagte, das ist ja ein richtiges Nährbier, was ihr da herstellt, so viel Gehalt, wie da noch mit drinsteckt. Und das finde ich persönlich an dem aber so wahnsinnig gut, dass es wirklich dieses Schokoladige, dieses Milchschokoladige, ich bin da ganz bei dir, also ich bin auch ein großer Schokoladenfan und genau das kommt bei dem Bier eigentlich so rüber.
Markus: Ja, also wirklich ganz großartig. Und das ist ja auch also ein Erfolgsrezept, glaube ich einfach, wenn man es schafft, eben bei so einem Doppelbockrezept zu versuchen, den Alkoholgehalt eher ein bisschen weiter unten zu halten, um dann halt diese schöne Restsüße, diesen schönen Körper, dieses Mundgefühl, das alles so ein bisschen zu kriegen, was das Bier dann unheimlich weich und sehr angenehm macht und die Leute eben nicht sofort umbrummt. Und was ich auch toll finde, diese Biere lassen sich in der Regel super schön lagern. Ich weiß ich gar nicht, habt ihr mal davon welche aufgehoben oder sind die eh immer alle ausgetrunken?
Fiete: Die sind in der Regel alle ausgetrunken, also es dauert schon so bis Ende Mai, aber dann ist eigentlich die letzte Flasche bei uns aus den Kellern verschwunden. Und wir haben natürlich unsere Rückstellproben, die wir zurückhalten, aber die stehen in der Regel warm so, wie sie halt gegebenenfalls im Supermarkt leider auch stehen. Und die entwickeln sich natürlich auf eine ganz andere Art und Weise, ja.
Markus: Genau, ja. Aber das kann man dann vielleicht einfach mal, also sowohl, wenn ihr Lust drauf habt, aber auf jeden Fall auch den Hörerinnen und Hörern mal empfehlen, nehmt mal ein paar von den Flaschen und stellt die mal für 2, 3, 4 Jahre in den Keller, schön kühl, dunkel lagern. Also ich habe damit wirklich sehr, sehr gute Erfahrungen gemacht und auch schon viele Leute überrascht. Also ein Bier mit ähnlichen Charakteristika, dass dann so, ja, ich glaube, so 3 Jahre alt war oder so, habe dann die Etiketten runter gemacht und habe das den Leuten zu einer Blindverkostung gegeben. Und die haben dann wirklich erstens in den höchsten Tönen geschwärmt und waren dann sensorisch auch wirklich bei so einem belgischen Dubbel oder Quadrupel oder so, weil die Alterungsaromen da halt noch ein bisschen was damit machen. Und auf jeden Fall spannend, aber auch so, auch frisch, ein wunderschönes Bier. Also mich holt ihr mit der Schokoladennote auf jeden Fall ab. Ich bin leider auch ein großer Freund der Schokolade, da konnte ich gar nicht umhin, das ist einfach so.
Fiete: Die Malzschüttungsidee, woran sich der Verein ja orientiert hat, die stammt ja tatsächlich aus, ich glaube, Ende der 50er- Jahre, Anfang 60er-Jahre, als die ersten Biere da gebraut wurden und wir hatten nur eine schriftliche Überlieferung von diesem Bier. So und dann haben wir, also wir dann das erste Jahr mitgemacht haben, also als wir dann nach Hamburg hier gezogen sind und dann auch hier gebraut haben, durften wir dann ja auch einen Senatsbock herstellen. Und ein Kunde von uns ist der Heimathafen in Kiel, das ist so, ja, ein kleiner Laden mit lauter Delikatessen, haben viele schöne Weine, haben tolle Schokoladen und eben auch unser Bier und die beliefern wir, seitdem es uns gibt. Und die machen, wenn ich das richtig verstanden habe, nebenbei auch so Entrümplungen, dass sie, wenn irgendjemand, ja, sein Haus aufgibt, seine Wohnung aufgibt, dann gehen sie dahin und gucken, was gibt es da noch für Schätze und nehmen ihm die ab. Und unter anderem, da haben sie dann zwei Falschen Hamburger Senatsbock ausgekramt und zwar welche, die noch von der Holsten Brauerei gebraut wurden, wo das Etikett noch drauf ist mit Bild und so weiter. Und eine von diesen Flaschen, also mutmaßlich, wir hatten hier neulich ein Treffen vom Deutschen Brau- und Malzmeisterbund, also von unserer Landesgruppe hier und da sind ja ältere Brauer dabei gewesen, die haben die Flasche gesehen und haben gesagt, boaw ej, das war vor meiner Zeit. Also diese Flaschen waren wahrscheinlich so 40, 50 Jahre alt, kommt das hin?
Markus: Das kann gut sein, ja, ja, bestimmt, ja.
Fiete: Ja, genau. Und wir haben eine davon aufgemacht, die andere steht bei uns noch unten voll. Und das CO2 ist raus, der Kronkorken, also dem sieht man auch an, dass er alt ist, der ist ein bisschen verrostet und dann entweicht natürlich das CO2, aber das Bier, was da drin ist, war wahnsinnig lecker. So schall, wenn man das so auf Deutsch sagen möchte, aber das Bier, Dörrobstaromen noch und nöcher, Trockenpflaume und so weiter, also ein richtig leckeres Bier.
Markus: Woah, also das kannte ich noch nicht, dass es so alte Flaschen überhaupt gibt von solchen Bieren. Ich habe für Berliner Weisse mal das gemacht und habe Berliner Weisse aus den 70ern gekauft, noch gefunden und die damals präsentiert, als ich mein erstes Berlin-Buch vorgestellt habe. Das war schon spannend, aber mit so einem dunklen Doppelbock ist das noch mal eine geilere Nummer. Also schön, freut mich, dass ihr dieses tolle Erlebnis haben konntet.
Fiete: Ja, eine volle Flasche steht da noch, ich weiß immer nicht, ich bin mir nie sicher, ob ich die aufmachen sollte oder ob ich sie geschlossen lasse.
Markus: Also zumindest wäre es extrem vermessen von mir zu behaupten, ich würde sie gern mit dir verkosten, aber es wird sich bestimmt eine tolle Gelegenheit dafür ergeben. Also ich glaube, ich würde sie nicht ewig aufheben. Oder, was du machen könntest, du könntest dich mal mit Basti von Lemke kurzschließen, ob man hefemäßig da noch irgendwas machen kann, aber das glaube ich fast nicht, bei einem untergärigen Bier.
Fiete: Ja, weiß ich auch nicht. Ich weiß auch nicht mehr, muss ich mal nachgucken, ob überhaupt ein Bodensatz drin ist oder ob die damals schon filtriert haben.
Markus: Zumal die Bockbiere damals ja auch wirklich 8, 10 Wochen gelagert worden sind, also wie auch immer. Aber das wäre noch eine Nummer, die ich vielleicht mal wählen würde, den Basti Oberwalder, der sich da echt gut auskennt, ob der vielleicht noch eine Idee hat, was man damit machen kann, bevor man sie aufmacht, aber wie auch immer. Gut, wir haben noch diese eingewickelte Flasche, da bin ich ja mal gespannt, die hat ja was mit dem Senatsbock zu tun oder?
Fiete: Ganz genau, ja. Das ist ja ein Senatsbock, den wir auf Amburana-Holz reifen lassen haben. Und zwar haben wir von unserem diesjährigen Senatsbock, den wir gebraut haben, ein paar Fässer abgezogen und diese Fässer, vorher Amburana-Holz da reingelegt und dann das Bier quasi draufgelassen haben. Also wir hatten Kirsche, Eiche, Amburana und was hatten wir noch, ich glaube, das waren die drei, ne?
Markus: Ich glaube ja, ja, also wenn ich mich richtig erinnere. Also es gäbe natürlich noch andere Hölzer, aber ich glaube, es war das, was ihr damals mitgenommen habt.
Fiete: Genau, die haben wir ja von dir bekommen auf der BrauBeviale und haben das ausprobiert. Und dieses Amburana, das hat mich wirklich umgehauen vom Aroma.
Markus: Also da bin ich jetzt mal gespannt. Ich wickle das jetzt hier mal aus, können die Hörer gleich live mitverfolgen, wie ich hier hoffentlich durch die Verpackung durchkomme. Es wird, es wird, so. Ah oder doch nicht? Moment, so, da sind wir. Und weil es ja vom Fass abgefüllt ist, also eine kleine Bügelflasche. Ich mache mal den Plopptest. Ja, war ein ordentliches Plopp, sehr schön. Uih, macht auch noch Schaum und, oh, macht tatsächlich krasses Amburana-Aroma. Das ist ja Wahnsinn, obwohl ich jetzt echt weit davon weg war. Oh, nicht schlecht Herr Specht, schön. Ja, kann ich mir vorstellen, dass das gut funktioniert hat. Das ist praktisch so ein Mon Cheri mit ein bisschen Zimt und Tonkabohne.
Fiete: Vanille.
Markus: Oh ja, sehr schön, woah.
Fiete: Wir hatten davon ein 20-Liter-Fass mit zum Senatsbockanstich, den wir bei uns an unserem Tresen sozusagen angeschlagen haben, nachdem der offizielle Anstich da war. Und dieses Fass, das war innerhalb von, ich glaube, 10 oder 15 Minuten leer. Also wir haben es aufgemacht, ein Glas nach dem anderen drunter gehalten und alle waren hellauf begeistert.
Markus: Es ist ja auch Wahnsinn, also muss ich wirklich sagen. Ich meine, also für die Hörer noch mal zur Aufklärung, es gibt eine Firma, die ich kennengelernt habe vor ein paar Jahren, ein amerikanisches Startup, die sich damit beschäftigen eben, wie man die ganze Holzaromatik in Bier oder andere Getränke bringen kann, ohne dass man gleich mit ganzen Fässern hantieren muss, einfach auch unter Nachhaltigkeitsaspekten und natürlich auch unter Vielfaltsaspekten, dass man verschiedene Hölzer verwenden kann. Und ich habe beschlossen, denen ein bisschen zu helfen, einfach Leute zu finden, die damit experimentieren, die mit ausprobieren. Und so sind wir dann eben auf der Brau zusammengekommen und ich habe euch ein paar von diesen Holzspiralen, die sind so eben in einer Art Spiralenschnitt gemacht, damit man maximale Oberfläche hat und schnell einen Übertrag von den Aromen, das habt ihr dann eben genommen. Und ich finde es total toll, dass jetzt so als Ergebnis zu haben, weil mir auch nicht bewusst war, ob das jetzt wirklich so toll ist, ich fand es jetzt einfach von den Eckdaten her ziemlich cool, aber im Ergebnis, wenn man dann was damit macht. Das ist schon, also diese Eigenschaft von Amburana-Holz, das ist eins der Hölzer, die man eben im Tropenwald findet. Wobei man ganz bewusst natürlich sagen muss, das sind zertifizierte Hölzer, die jetzt nicht einfach wild geschlagen werden, sondern da sind Plantagen und das ist alles natürlich ordentlich sauber dokumentiert.
Fiete: Ja, das ist auch relativ schnellwachsendes Holz, eher so wie eine Weide.
Markus: Genau, schnellwachsendes Holz, richtig, genau. Und das bildet halt unheimlich viele ätherische Öle, viele Aromen, ist es relativ leichtes Holz und hat eben dann die Möglichkeit, wenn man das mit Wein, mit Bier, mit Spirituosen verwendet, da eine tolle Aromatik reinzubringen. Und hier, finde ich, passt es fast perfekt wie Arsch auf Eimer zu diesem Bier, weil wir diese Restsüße haben. Also ich finde, die verbindet sich noch mal, dass wir fast zu einem Pasty Stout, könnte man fast sagen, also das ist großartig.
Fiete: Ja, da braucht man dann schon fast keine Schokolade mehr, wenn man so eine Flexibilität im Bier hat mit den ganzen Aromen.
Markus: Wunderbar! Aber auch sau gefährlich. Also ich fand vorhin auch schon den Bock Orange sehr gefährlich, weil man auch da den Alkohol nicht sofort gemerkt hat, aber hier erst recht. Also das ist schon, woah, krasse Sache. Also ganz wichtig, das soll natürlich kein Werbe-Podcast sein oder so, wir haben einfach nur gedacht, wir bauen das hier mit rein, um einfach die Erfahrung zu teilen. Und das finde ich auch sehr, sehr schön und ich finde auch gut, dass offensichtlich die Leute davon auch entsprechend begeistert waren. Und, ja, wer weiß, was sich daraus in Zukunft noch entwickelt. Also das heißt aber, dieses Senatsbock-Thema wird auf jeden Fall weitergespielt und weiterentwickelt? Und auch von allen Hamburger Brauereien letzten Endes oder gibt es da Tendenzen, dass in irgendeine Richtung zu verändern, nee, ne?
Fiete: Nee, bisher nicht, also alle, die dabei sind, wollen dabeibleiben und wir wollen das Thema auch weiter voranbringen. Also, wie gesagt, es ist, glaube ich, so einmalig und es macht Spaß, also ist ein schönes Event und, ja.
Markus: Also jetzt haben wir schon ganz viele Tipps für Leute, die mal nach Hamburg kommen wollen, also grundsätzlich, schaut auf jeden Fall bei Wildwuchs vorbei, sowieso. Und bei den Terminideen, Senatsbockanstich wäre natürlich wahrscheinlich ein toller Termin, das zu machen oder eben Hafengeburtstag oder eine der vielen anderen schönen Hamburg-Termine. Man kann sich auf jeden Fall bei euch melden, man kann bei euch einen Braukurs buchen und man kann einfach vorbeikommen und Bier abholen, denke ich mal.
Fiete: Braukurs, Bier-Tasting, Brauereiführung, eigentlich gibt es immer was zu erleben bei uns. Und wenn mich nicht alles täuscht, ist im nächsten Jahr am 24. Januar der Senatsbockanstich, 24. Januar 25.
Markus: Okay, also dann landet das jetzt schon mal in meinem Terminkalender und in ihrem hoffentlich auch. Und dann sind wir jetzt immerhin noch knapp unter 2 Stunden geblieben, das ist schon mal gut. Vielen Dank für deine Geduld und für deine Ausdauer und für diese wunderbaren Biere. Das hat sehr, sehr viel Spaß gemacht und war ein toller Einblick und ich glaube, es lässt einen auch richtig schön verstehen, was Wildwuchs eben heißt, also dass man diese Vielfalt hat und dass man dabei trotzdem eben dem Bio-Bier treu bleibt und dieser Idee dahinter. Und das ist wirklich sehr, sehr schön und ich freue mich, wenn alle oder möglichst viele Hörerinnen und Hörer das entsprechend nachvollziehen können. Vielen Dank für deine Zeit, vielen Dank für deine Biere und auf jeden Fall dir toi, toi, toi, alles Gute weiterhin mit Wildwuchs und mit deinem Team.
Fiete: Markus, vielen Dank dir, dass du dir die Zeit genommen hast. Also mir hat das auch großen Spaß gemacht, ich, ja, mache sowas gerne und mit dir erst recht.
Markus: Perfekt, Danke schön!
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