BierTalk 9 – Interview mit Gisela Meinel-Hansen von der Brauerei Meinel aus Hof

Drei Frauen – eine Brauerei. Das ist vielleicht sogar das Erfolgsgeheimnis der Brauerei Meinel in Hof. Vor kurzem übernahmen die beiden Schwestern Monika und Gisela Meinel-Hansen das Ruder und führen jetzt das Unternehmen mit viel Schwung durch das nicht immer ruhige Fahrwasser. Gisela ist aber nicht nur Braumeisterin, sondern auch Mutter, Vorsitzende von Bierland Oberfranken und Präsidentin des Bundes der Doemensianer. Und vor knapp zehn Jahren startete sie das Label „HolladieBierfee“ – ein Bier von Frauen für Frauen. Grund genug für Markus Raupach und Holger Hahn, mit ihr bei einem BierTalk die Meinel-Biere zu verkosten und über den spannenden Alltag in Hof zu sprechen…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu unserem BierTalk Nummer 9, wie immer mit mir, dem Markus und …

Holger: … mir, dem Holger.

Markus: Dieses Mal ganz besonders schön für uns, wir haben unsere erste Dame im BierTalk, und das ist die Gisi Meinel-Hansen, die sich jetzt vielleicht kurz ein bisschen selber vorstellt.

Gisela Meinel-Hansen: Hallo, liebe Biergenießer, vielen herzlichen Dank für die Einladung, lieber Holger, lieber Markus. Ich bin die Gisi Meinel-Hansen, Biersommelier und Braumeisterin hier bei uns in der Meinel Bräu im schönen Hof in Bayern ganz oben. 30 Jahre bin ich alt und braue schon ziemlich lange Bier. Wir hier in der Brauerei machen 80 verschiedene Biersorten, darunter 7 klassische, einfach, die es das ganze Jahr über gibt, solange sie nicht ausgetrunken sind, und dann sozusagen immer die restlichen wechselnd saisonal. Ich freue mich, 3 Sorten mit euch beiden verkosten zu können.

 

Familienbrauerei mit Geschichte

Markus: Klingt doch schon mal sehr verheißungsvoll. Man muss vielleicht noch dazusagen, das ist ja eine richtige Familienbrauerei mit einer ganz langen Geschichte. Wenn man jetzt so auf deinen Vater zum Beispiel mal guckt, in den reinfühlt, der hat sich wahrscheinlich gedacht, Mensch, zwei Töchter, wie geht das weiter mit der Brauerei? Und dann sind sie auf einmal beides Brauerinnen und sind jetzt auch beide in der Brauerei, das ist natürlich schon toll. Kann man bei euch schon von einer Erfolgsgeschichte sprechen, oder?

Gisela Meinel-Hansen: Unser Papa hat sich da glaube ich sehr gefreut und die Mama auch. Und zusammen ist es echt ganz schön, momentan in der Geschäftsbrauerei bin ich mit meiner Schwester und noch mit meiner Mutter, also wir sind so ein Drei-Mädel-Haus und haben damit auch 70 Prozent Frauenanteil. Das ist echt megaschön und die besten Beratungstipps kriegen wir von unserem Papa, den wir immer anrufen können, wenn wir irgendwelche Fragen haben. Ein toller Familienbetrieb und wir freuen uns Bier zu brauen jeden Tag und das Schöne ist, dass wir das natürlich auch in dieser Zeit dürfen.

Markus: Holger, bist du da beeindruckt? Könntest du dir deine Tochter auch als Brauerin vorstellen?

Holger: Also die Stella kann ich mir als Brauerin nicht vorstellen, aber beeindruckt bin ich trotzdem. Man weiß ja auch nie, was kommt. Auf jeden Fall hat Vater Meinel aus meiner Sicht alles richtiggemacht. Sie sind ja nicht nur Brauerinnen geworden, sondern sind auch sausympathisch.

Markus: Das hast du schön gesagt. Und Gisi – apropos: sollten wir einfach schon mal ein Bierchen zusammen trinken, mit welchem möchtest du denn gerne anfangen?

Gisela Meinel-Hansen: Ich würde heute gerne mit euch zusammen das Kellermärzen trinken, das ist ganz neu, gibt’s seit Anfang April, also genaugenommen seit dem 1. April. Ich mache mal auf.

Markus: Da machen wir doch mit.

Holger: Ich mach’s auch mal auf.

 

Ein Kellerbier aus Hof

Gisela Meinel-Hansen: Sehr gut. Und beim Einschenken merkt man schon, Kellermärzen, Keller lässt ja auch so ein bisschen immer darauf hinweisen, dass es vom Biertyp eigentlich ein naturtrübes Bier ist. Das war auch uns ganz wichtig, wir hatten auch immer ein naturtrübes Bier in der Range, und haben das jetzt aber sozusagen aus zwei naturtrüben Bieren eines gemacht und das ist unser Kellermärzen mit einem anderen Hopfen, dem Pure und der Perle. Ein Märzen ist ja ein Festbier, sehr malzbetont mit viel Wiener Malz, drei verschiedenen Karamell-Malzen, einem kleinen Anteil Pilsner Malz. Ja, ihr Lieben und jetzt haben wir es ja auch im Glas und wir sehen eine echt schöne Trübung, sehr samtig, Karamellbonbon von der Farbe her, sehr stabil im Schaum. Kann man dann mal so das Näschen da reinstecken, dann riecht man die malzigen leicht süßlichen Aromen, aber natürlich auch so diese Frische der Hefe. Das Bier ist lang abgelagert, 7 bis 8 Wochen. Wir lassen das lange auslagern, streben einen relativ hohen Endverklärungsgrad an, weil wir keine Kurzzeiterhitzung oder Pasteurisierung haben. Das heißt, dass die Hefe einmal gut absetzt, das tut sie auch sehr schön, dass sie eine schöne Vorklärung haben und der hohe Endverklärungsgrad ermöglicht uns dann trotzdem eine relative Stabilität, wenn wir das in die Flasche füllen, ohne das nochmal zu erhitzen. Vier Monate MHD geben wir auf das Produkt, aber jetzt sollten wir mal trinken, Jungs, glaube ich. Vom CO2-Gehalt liegen wir da so ein bisschen unter dem klassischen Pils oder dem klassischen Hellen, 4,9 / 5 Gramm pro Liter. Das ist nicht so wahnsinnig spritzig, aber das steht einem Kellerbier sehr gut. Die Rohstoffe sind alle aus ökologischem Anbau. Der Clou bei der Sache ist nämlich einfach, man kann es zu vielen Gelegenheiten trinken, ein rundes Bier und passt eigentlich so gut auch zu einer Brotzeit hervorragend.

Markus: Wahnsinn! Da sind wir jetzt ganz schön platt, oder Holger? Mir fehlen grad die Worte.

Holger: Also was kann man da noch hinzufügen? Also ich habe jetzt die ganze Zeit währenddessen die Flasche angeschaut, naturtrüb und nachhaltig, und damit meint sie ja dann wahrscheinlich, dass alles aus biologischem Anbau kommt und auch Bio-Aromahopfen drin ist und so. Oder was ist mit Nachhaltigkeit genau gemeint?

 

Nachhaltigkeit in der Brauerei

Gisela Meinel-Hansen: Einmal, weil wir ein Projekt schon seit fast 8 Jahren unterstützen, und zwar ist das hier im Hofer Land eine Muschel, die Flussperlmuschel, die vom Aussterben bedroht ist. Und der Bund Naturschutz kümmert sich seit sehr vielen Jahren um diese Flussperlmuschel, dass sie hier sich vermehrt, eine Vermehrungsstation. Und mit dem Bier unterstützen wir vor allem dieses Projekt, weil uns die Wasserqualität so sehr am Herzen liegt, die sehr gut hier in Oberfranken ist. Allerdings möchten wir natürlich diesen Schatz bewahren. Und wir haben uns dazu entschlossen, nicht nur die Flussperlmuschel zu unterstützten, sondern auch andere Projekte, wenn einfach Dinge an uns herangetragen werden. Da haben wir gesagt, können wir das mit dem Bier ganz gut machen und das ist für uns einfach diese Nachhaltigkeit, dass wir einfach mit dem Erlös ein bisschen was zurückgeben. Und du hast noch mal angesprochen, lieber Holger, Pure und Perle, die beiden Aromahopfen neben dem schönen Bier. Pure ist sozusagen eine Nachzüchtung von Hersbrucker Spät aus dem Anbaugebiet Hersbruck, das ja jetzt zur Hallertau gehört.

Markus: Genau, aber immer noch örtlich und überhaupt in Franken geblieben ist, …

Gisela Meinel-Hansen: Genau.

Markus: … aber da eben angegliedert ist. Das finde ich auch eine sehr witzige Geschichte eigentlich. Aber es ist beim Wein übrigens auch so, es gibt ein Weinanbaugebiet an der Donau und dieses Weinanbaugebiet gehört zum Frankenwein, also auch irgendwie ganz spannend.

Gisela Meinel-Hansen: Oh.

 

Mensch ärgere Dich nicht!

Markus: Das ist der Baierwein. Also was mir übrigens auffällt, das Logo finde ich ganz spannend, weil ihr habt ja vorher euer klassisches Logo gehabt mit dem M. Das muss man sich so vorstellen, wie so eine Spielfigur von „Mensch, ärgere dich nicht!“ kann man sich das glaube ich vorstellen, für jemand, der das nicht im Kopf hat. Und oben in dem Kopf ist eine Damen-Silhouette und unten der Teil war praktisch ein M und sah dann aus wie ein großer Rock. Und jetzt habt ihr praktisch den Körper weggelassen und wir sehen nur noch dieses Kopfteil mit der Dame, die ein Bier trinkt. Ist das Absicht, habt ihr euch da ein bisschen verändert bewusst?

Gisela Meinel-Hansen: Richtig, genau. Auch seit dem 1. April, und zwar war für uns immer ein bisschen die Problematik, dass wir ein einheitliches Erscheinungsbild hatten. Das war ja mal vor 30 Jahren nicht unglaublich wichtig für eine Brauerei, aber heutzutage ist der Wiedererkennungswert auch für uns kleine Brauereien unglaublich wichtig. Und wir hatten witzigerweise natürlich unglaublich viele Varianten unseres Firmenlogos und auch unglaublich viele verschiedene Farben. Und das war jetzt eigentlich fast eine 5-jährige Arbeit, dass sich alle Generationen auch einig sind, dass wir sozusagen uns auf einen Farbton und ein Logo einigen. Und das war gar nicht so einfach, weil wir uns entscheiden mussten, war ist für uns auf dem Etikett wichtiger, einmal das Logo und danach eine Brauerei, oder ist es die Biersorte? Und deswegen haben wir gesagt, den wichtigsten Teil von ihr, ihren Kopf, und dass sie Bier trinkt, also eine biertrinkende Frau, den erhalten wir. Die Dame, die das tut, die ist nämlich auch mit uns verwandt, das ist unsere Urururgroßmutter, das soll die zusagen darstellen. War Wirtin in unserer Brauereigaststätte und hatte zwei Söhne und einer davon war der erste gelernte oder hauptberufliche Bierbrauer.

Markus: Holger, du bist doch ein Fan von solchen grafischen Sachen, was sagst du dazu?

 

Die Urururgroßmutter als Logo

Holger: Ich find es super. Also das habe ich da auch direkt drauf angesprochen. Ich finde das schön, also das neue Logo. Ein bisschen abgewichen ist man ja dann beim Blümla, aber das finde ich eben auch einfach prima. Ist ja auch ein Bier, was nicht immer zur Verfügung steht, so wie ich das jetzt kapiert habe. Ich finde das gut. Was hast du gesagt, die Urururgroßmutter?

Gisela Meinel-Hansen: Genau.

Holger: Das ist was. Gibt es da ein Foto oder woher weiß man das mit der Dame?

Gisela Meinel-Hansen: Genau, ich glaube, es ist eher eine Zeichnung. Und da ist sie eben einmal als Wirtin gemalt, also sie war eine recht robuste stämmige Frau. Trug immer relativ weite Kleider, wahrscheinlich war das auch, warum der damalige Zeichner oder Illustrator auf diesem sehr voluminösen Körper kam. Und dann wollte der, glaube ich, die Initialen Georg Meinel, das war dann ihr Enkel, den wollte der einfach dann noch mit reinpacken. Das war glaube ich so die Idee davon. Denn können wir leider nicht mehr befragen, weil wir auch gar nicht leider wissen, wer es gemacht hat. Und deswegen wissen wir auch nicht, ob der Nachfahren hätte, aber so haben wir uns das hergeleitet. Da hatten wir eine echt ganz tolle Kalligrafin, die Andrea Wunderlich, auch Oberfränkin und Biertrinkerin, und die hat sich der Sache angenommen und das hat dann echt gut funktioniert.

Holger: Oben in dem Etikett ist dann immer auch noch beschrieben, was einen erwartet so ein bisschen.

Gisela Meinel-Hansen: Genau.

Holger: Und wenn man sich das Dunkle zum Beispiel anschaut, dann passt es ganz besonders zu der Ururoma, verführerisch und malzig.

Gisela Meinel-Hansen: Ja, sehr gut Holger, sehr gut erkannt!

 

Verführerisch – die Brauerei mit drei Damen

Markus: Apropos verführerisch und malzig, wenn man das so als zwei Schwestern so eine Brauerei übernimmt oder plant zu übernehmen und dann vielleicht jeder noch einen Anhang hat oder so, wie entwickelt sich das? Ich meine, du bist mittlerweile sogar Mutter geworden. Wie kann man sich das vorstellen, ist das so ein Familienkosmos oder wie habt ihr das so ein bisschen miteinander ausgemacht?

Gisela Meinel-Hansen: Ja, das ist wirklich ein Familienkosmos. Man versucht sich halt abzustimmen, was hat der eine oder andere in seinem beruflichen Leben noch vor, bevor er vielleicht nach Hause geht. Das eine sind die Pläne, wie das immer so schön ist, und das andere ist, was dann auch wirklich passiert. Wir beide durften auch etwas früher sozusagen in den elterlichen Betrieb dann einsteigen. War aber auch sehr gut, wenn zwei Generationen in einem Betrieb sind, natürlich war das sehr spannend und sehr aufregend teilweise. Derzeit ist es so, dass der Freund meiner Schwester seit einem guten Jahr bei uns ist. Das war natürlich auch so eine Sache, weil ich glaube, es ist einfach ganz einfach wie in jeder Beziehung, egal auf welcher Ebene, du brauchst einfach Spielregeln. Und es ist natürlich schon sehr schwierig, das eine ist der Job und das andere ist das Privatleben. Und das sagen wir immer ganz weise, sollte man gut voneinander trennen. Das ist in einem Familienunternehmen zeitweise herausforderungsvoll, aber man braucht da einfach einen guten Plan. Bis jetzt toi, toi toi.

Holger: Ich habe Durst.

Markus: Na dann.

Gisela Meinel-Hansen: Ja, okay, dann machen wir mal das nächste auf, oder Holger?

 

Holger hat Durst

Holger: Ja gerne.

Gisela Meinel-Hansen: Hervorragend. Und zwar ist das unser Hopfenzupfer.

Markus: Ein kleines Fläschchen.

Gisela Meinel-Hansen: Genau.

Holger: Und mit dem „Mensch, ärgere dich nicht“ Frauchen sozusagen.

 

Der Hofer Hopfenzupfer

Gisela Meinel-Hansen: Ja, stimmt, genau, die mit der Halsschleife und dann hat sie auch noch ein bisschen andere Haare. Unser Hopfenzupfer – wenn man ihn jetzt eingeschenkt hat, sieht man so eine leichte, ganz leichte Opaleszenz. Das kommt daher, weil das Bier an sich naturtrüb ist, aber sehr gut abgelagert. Von der Farbe her ist es weizenfarben, würde ich sagen. Es hat auch einen stabilen Schaum, zu 100 Prozent gehopft aus frischen grünen Doldenhopfen. Wir haben hier keinen Hopfengarten um die Ecke, und vor sieben Jahren hatten wir einfach die Idee zu sagen, wie bringen wir den Hopfen unter den Biergenießern irgendwie näher. Da ist uns eben eingefallen, wir könnten doch ein Hopfenzupfer-Fest veranstalten und ein Großteil unseres Hopfens bekommen wir aus dem Anbaugebiet Spalt, nicht sehr weit von uns entfernt und mit dem LKW sind es circa eineinhalb Stunden. Und da fahren wir in der Früh zu unserem Hopfenbauer und holen uns da den frischesten Hopfen, bevor er auf die Darre kommt. Und dann nehmen wir den Hopfen mit, der hat dann circa einen Wassergehalt von 70 bis 80 Prozent. Und dann muss der natürlich schnell verarbeitet werden innerhalb von acht bis zehn Stunden. Daheim warten dann schon die vielen Helfer auf uns. Wenn man eine Metze, das ist bei uns ein kleiner 5-Liter-Eimer Hopfen von den Ranken gezupft hat, dann gibt es einen Hopfenlohn und das ist dann sozusagen auch Freibier oder eine Freilimo, je nachdem. Das ist eigentlich ein sehr buntgemischter Tag, meistens sind wir um 14 Uhr mit dem Zupfen fertig. An dem Tag brauen wir natürlich dann den Hopfenzupfer ein. Dann kommt das Bier auch wirklich erst zu Nikolaus raus, im Dezember. Meist reichen die zwei Sude, die wir einbrauen, bis Juli. Aber damit wir jetzt nicht verdursten, lieber Holger, einfach mal das Näschen reinstecken und das ist total schön, weil das so genau Gegenteil ist vom Kellermärzen, man riecht einfach ganz schön wirklich den Hopfen. Man kann es sich, glaube ich, sehr gut vorstellen, wenn man die Augen zumacht, dass man da in so einem Hopfengarten steht oder direkt in der Hopfendarre, wenn man das schon mal konnte. Oder wenn man jetzt zum Beispiel über eine Bergwiese geht und da ist frisch gemäht, also man hat einfach diese grünen grasigen Aromen von leicht getrockneten Bergblüten oder Gras oder Heu oder eben Hopfen im Aroma schon in der Nase. Das ist eigentlich das, was uns an dem Bier total fasziniert. Und jetzt zum Wohle, ihr zwei Hübschen!

Markus: Zum Wohle!

 

Das volle Hopfenaroma

Gisela Meinel-Hansen: Da merkt man jetzt natürlich auch, es ist gleich mit dem ersten Schluck auf der Zunge tonangebend natürlich der Hopfen. Es wirkt wunderbar herb. Ich finde, es ist sehr schön ausgeglichen, es bleibt im Mundraum, es bleibt auf der Zunge, aber es ist nicht so, dass es bin die Mundwinkel saust und da irgendwie jetzt so hängenbleibt und da jetzt ganz bitter wirken würde wie vielleicht eine herbe Medizin. Es ist da und wir schmecken die Fülle des Hopfens, wenn wir wieder ausatmen. Dann haben wir diesen retronasalen Effekt und das finde ich total schön. Und das Witzige ist, es ist natürlich jedes Jahr anders. Klar, weil jedes Jahr ist es auch so, dass wir zum Erntezeitpunkt andere Sorten bekommen. Das macht uns aber gar nichts. Und es ist einfach spannend, wenn der am 6. Dezember jedes Jahr rauskommt, wie wird der denn ein bisschen schmecken? Und viele haben natürlich einfach mitgezupft und wir wissen, der Hopfen ist ein Naturprodukt, oftmals sind die Dolden viel kleiner oder dann viel größer, je nachdem wie das Hopfenjahr wettertechnisch war. Und das ist einfach das, was uns so auch begeistert, und was der Mensch dann auch versteht zu lernen, dass es was ganz Natürliches ist und dass es die Kunst des Bierbrauens eigentlich ist, auch für die wunderbaren Rohstoffe, die ja immer unterschiedlich qualitätsbedingt sind, die gleichbleibende Qualität zu halten. Zu was passt der Hopfenzupfer? Wir finden, natürlich zu sehr würzigen oder einen gut gereiften Bergkäse, zu allen Wildgerichten, aber auch zu einer schönen Gans. Hunger!

Markus: Ja jetzt, wo du es sagst, merke ich es auch langsam.

Gisela Meinel-Hansen: Ok.

 

Grünhopfenbiere als Spezialität

Markus: Ich bin ein ganz großer Fan von diesen Frischhopfen- oder Grünhopfen-Bieren, die jetzt in den letzten Jahren immer mehr wieder gemacht werden, weil es einfach aromatisch was ganz Besonderes ist und weil man sehr schön die eigentlichen pflanzlichen Aromen merkt, die eben in den normalen Hopfenprodukten von den Pellets bis zum Extrakt relativ stark schon rausgenommen worden sind, wo man da einfach noch sehr, sehr nahe am eigentlichen Produkt ist. Das finde ich auch toll, dass ihr das macht und das auch wiederbelebt. Und ich kann mir auch vorstellen, dass es dem Holger mit dem Pils als Bierstil oder Imperial Pils gut geht, oder? Das magst du doch.

Holger: Ich mag das, wenn die Biere halt so eine Bittere haben und dass das auch so trocken ist. Also das Getränk ist dann so trocken und schlank und macht auch sowieso dann Lust auf einen zweiten Schluck. Und was ich auch noch tollfinde, ist eben das gemeinsame Erlebnis. Also wirklich bei so einem Hopfenzupfer-Fest da kann man wirklich die Leute so richtig mit dem Rohstoff auch mal in Verbindung bringen und dann erleben die auch, wie unglaublich intensiv so eine Dolde ist, also wenn man die halt so aufreißt und daran riecht. Und dann ist so der ganze Raum, auch wenn es draußen ist eigentlich, füllt sich ja voll mit diesem Hopfenaromen und so. Und das finde ich schon einfach prima. Und Saisonbiere finde ich sowieso klasse. Und Imperial Pils, also immer, wenn einer zu mir sagt so, du musst auf eine einsame Insel und du hast nur ein einziges Bier, was du mitnimmst, dann ist es immer ein Imperial Pils, und zwar das Trumer Imperial Pils, was ich so besonders tollfinde, aber das schmeckt mir auch sehr gut hier.

 

Erlebnis Hopfenanbaugebiet

Markus: Das ist doch schön. Ich meine, an der Stelle sollten wir vielleicht auch wirklich den Hören und Hörerinnen empfehlen: Wenn ihr mal die Gelegenheit habt zur Hopfenerntezeit rund um September, Anfang September bis Ende September ungefähr, in die Hopfenanbaugebiete zu gehen, übernachtet dort vielleicht mal. Das ist total faszinierend, wenn man da früh die Fenster aufmacht und der ganze Ort riecht nach Hopfen. Als das ist ganz intensiv, ganz eigener Geruch, dann auch mal in so einen Hopfengarten zu gehen, da eben die Aromen wahrzunehmen und dann auch in die Betriebe, wo der Hopfen dann gezupft wird. Das ist ein tolles Erlebnis, und wenn man da so richtig drin war, dann riecht man selber auch noch zwei, drei Tage lang danach. Also ganz spannend und toll, dass ihr euch um sowas auch verdient macht. Das ist schon großartig. Du bist auch engagiert bei Doemens zum Beispiel oder auch im Bierland Oberfranken. Wie ist das so, wenn man neben der Familie und der Familienbrauerei und dem ganzen Drumherum dann eben noch solche Ehrenamtsjobs hat? Wie empfindest du das?

 

Immaterielles Welterbe Genussregion Oberfranken

Holger: Die Jobs sind auf jeden Fall Leidenschaft und das ist einfach wunderbar zu sehen wie das ist, weil alleine aus meiner Vita, wenn man so will, ich bin aufgewachsen mit über sieben Brauereien bei uns in der Stadt Hof. Meine Mama war immer engagiert, für Bier was zu tun. Egal ob das jetzt aus der Nachbarbrauerei kam oder nicht, und ich glaube einfach, das wurde uns ein bisschen überliefert wie das Engagement für Bier auf der Ausbildungsschiene wie jetzt bei Doemens oder für Bierland Oberfranken einfach, um zu sagen, das macht unsere Region einfach so aus, das ist unsere Stärke, das ist ja UNESCO Weltkulturerbe. Und das ist einfach was unglaublich Wichtiges und das muss einfach viel mehr noch in die Köpfe. Das wird viel so gerne einfach von vielen einfach so wahrgenommen und ich glaube jetzt so langsam seit rund 15, 20 Jahren, glaube ich, versteht der Endverbraucher oder der Biergenießer immer mehr, was das eigentlich wirklich Wichtiges für unsere Region bedeutet und dass das einfach einzigartig in der Welt ist. Und dass wir einfach Bierland Oberfranken brauchen, dafür sorgt, dass es so weitergeht und dass das erhalten wird, weil leider Gottes von den ehemals zwölf Brauereien, und ich kannte halt sieben davon noch, nur noch vier bestehen als Familienbetrieb und dann halt noch unsere Nachbarbrauerei, die aber dem großen Konzern angehört. Einfach zu sagen, das ist eigentlich nicht unser Vorhaben, das weiterhin so zu forcieren. Weil der Wettbewerb war einfach angenehmer, wie es viele kleine „Zaunlatten“, sagt meine Mama, immer gab, als ein kleiner und viele große, das ist dann der Hai im Becken. Und es ist einfach ein anderes Miteinander und ich finde das total schön, und Bierland Oberfranken ist eigentlich wie eine Familie. Und generell ist unsere Branche einfach eher familiär, finde ich. Ich hoffe, ich kann da auch noch ein bisschen mehr bewegen. Aber der liebe Markus ist da auch voll dabei und ich glaube, wir sind grad ein sehr gutes Team und ich denke, da können wir noch sehr viel reißen.

Markus: Das glaube ich auch, zusammen kriegen wir da schon was auf die Reihe. Holger, warst du schon mal in Hof, hast du schon mal vor Ort verkostet?

Holger: Unbedingt, also ich war schon da. Und wir haben noch gar nicht über Kleinsibirien gesprochen, oder?

Gisela Meinel-Hansen: Ja stimmt. Aber du weißt auch, warum es so heißt, gell?

Holger: Erzähl!

 

Hof, das bayerische Sibirien

Gisela Meinel-Hansen: Hof wird wirklich das bayerische Sibirien genannt. Das stimmt gar nicht, dass das bei uns so wahnsinnig kalt ist, weil sonst würde die Braugerste auch nicht so gut wachsen. Durchschnittlich haben wir trotzdem Jahrestemperatur 16 Grad. Der Wind ist halt ein bisschen vielleicht auch das, was kälter sich anfühlen lässt, wir haben nämlich den böhmischen, deswegen drehen sich auch hervorragend hier die Windräder. Aber Bayerisch Sibirien kommt daher, dass 1815 hier sozusagen die Bayern gekommen, die Franken, da war das.

Markus: Genau.

Gisela Meinel-Hansen: Genau. Danke. Da war das so, dass die bayerischen Beamten, die jetzt nicht so dolle Arbeit geleistet haben, die wurden dann hier hochversetzt. Und weil das von München oder Oberbayern, wenn da halt mal einer so ein bisschen einen Schmu oder ein Schindluder getrieben hat, der dann strafversetzt wurde hier nach Oberfranken, da war das für die einfach unglaublich weit weg. Witzigerweise gab es eine Parallele zu Russland, das hat wohl der Zar auch mit Dienern gemacht, die auch nicht artig gewesen sind, und hat die sozusagen nach Sibirien geschickt. Und deswegen kommt das eigentlich daher, dass Beamte des königlichen Hofes, die nicht artig waren, nach Oberfranken oder Franken versetzt worden sind, also nach Hof, ganz an die Landesgrenze. Daher kommt das eigentlich. Nicht mal wegen dem Wetter oder dem Klima, sondern einfach nur, weil das ganz weit weg war vom bayerischen Nabel der Welt. Von München aus gesehen war es natürlich unglaublich weit weg.

 

Bayerische Beamte im Exil

Markus: Das hast du schön gesagt mit dem bayerischen Nabel der Welt. Weil die meisten Bayern, für die ist das schon, wenn sie die Donau überschreiten, ist praktisch schon Ausland. Insofern sind wir da in so einem Zwischenbereich. Aber Holger, du bist sowieso gänzlich aus dem Ausland eigentlich, wie lebt man sich da so ein in München?

Holger: Absolut, ich bin Preuße. Genau, das muss auch mal gesagt werden, jetzt haben wir schon so viele Podcasts gemacht, und ja, ich bin Preuße. Also das ist ganz furchtbar, aber so ist es. Ja.

Gisela Meinel-Hansen: Ach nee, das finde ich nicht furchtbar, das ist super.

Markus: Du kannst ja nichts dafür.

Gisela Meinel-Hansen: Außerdem haben die auch wunderbare Bierstile.

Holger: Ganz genau. Und irgendwann, da habe ich mich dann entschieden, ins Exil zu gehen, und bin dann im Nabel von Bayern gelandet. Ihr habt so einen schönen alten LKW auch.

Gisela Meinel-Hansen: Richtig, genau.

Holger: Habt ihr den noch?

 

Der alte LKW als Wahrzeichen

Gisela Meinel-Hansen: Mhm (bejahend). Genau, der ist Baujahr 1962 und der fährt immer noch zu den Wiesenfesten, die es bei uns sehr, sehr häufig gibt ab Ende Juni, jedes Wochenende feiert sozusagen eine andere Gemeinde oder Stadt ihr Volkswiesen- oder Heimatfest. Und da fährt er dann immer im Umzug geschmückt mit. Und ansonsten darf er dann auch mal ein Zelt transportieren oder Damen und Herren. Er hat schon eine Hopfenkönigin transportiert. Ja, das ist sozusagen unser großes Baby. Er muss mit Zwischengas gefahren werden, das kann ich leider nicht. Das ist so ein bisschen schade, aber wir haben da einen wunderbaren Mann, der das kann und der ist sozusagen auch derjenige, der den pflegt, flickt und Bewegungsfahrten,  wie man so schön sagt, mit ihm macht.

Holger: Ich habe selber so historische Fahrzeuge, da vielleicht ein kleiner Exkurs zum Thema Busgenuss, musst du dir mal angucken: www.busgenuss.de.

Gisela Meinel-Hansen: Oh.

Holger: Da bieten wir Genusstouren mit historischen Fahrzeugen an, also in erster Linie dann eben mit historischen Bussen. Und das ist so ein bisschen artverwandt, deshalb habe ich das jetzt angesprochen. Aber jetzt steht noch ein Bier aus, also obwohl wir zeitlich natürlich schon vollkommen überzogen haben.

 

Ein Wheat Pale Ale aus Hof

Gisela Meinel-Hansen: Oh nein, oh nein. Wir haben ein Weißbier, das Blümla, mit mehr Karamellmalz. Das sehen wir dann auch so ein bisschen an der Farbe. Und die Geschichte war einfach die, wir hatten vor doch wieder acht Jahren, die Zeit vergeht so schnell beim Bierbrauen, haben wir uns einfach überlegt, Weißbier ist schön und gut, aber wir hätten gerne irgendwas Fruchtiges. Zumal da vor sieben bis acht Jahren der Bierstil Pale Ale so ziemlich in Bayern oder generell so ein bisschen hier ankam. Wir wollen jetzt keine Pale Ale machen oder kein Pale Ale machen oder kein IPA, aber wir könnten es mal mit einem Weizen probieren und wir übersetzen, wie wir so ein Pale Ale hier machen würden. Deswegen heißt es auch Bayerisch Pale Ale bei uns. Und wir haben jetzt hier ein Bier, das in der Fruchtigkeit einem Weizen sozusagen ähnelt, auch ein bisschen im Geruch. Und dann haben wir aber zwei wunderbare Hopfensorten, wie ich finde, Mandarina Bavaria und Citra. Citra hatten wir die letzten drei Jahre aus Übersee und jetzt wird er auch Gottseidank in Bayern angebaut. Also wir haben einen bayerischen Citra und einen bayerischen Mandarina Bavaria. Da ist es wieder so, dass dieses Bier wahnsinnig von der Hopfennote lebt. Wir machen das mit dem Verfahren der Kalthopfer, der Hopfenzupfer war auch mit Doldenhopfen noch mal kaltgehopft. Und da heben wir immer einen Teil davon auf und geben den dann sozusagen noch mal rein. Und beim Blümla ist es genau ähnlich, wir geben den da schon in der Gärungsphase hinein und dann noch mal in der Lagerphase. Und jetzt würde ich sagen: Zum Wohl ihr Lieben!

Markus: Zum Wohl!

Holger: Hm, ja, riecht super. Ein Wheat Pale Ale, oder? So müsste man es sagen, oder?

Gisela Meinel-Hansen: Ja, es stimmt, hast Recht. Genau. Stimmt. Ja, sehr gut. Gibt es immer vor Ostern, ihr Lieben, kommt es immer raus. Und ist auch ungefähr auch so bis Juni, also bis Sommersonnenwende gibt’s das. Passt halt jetzt supergut zu Spargel oder auch zu einem Curry oder zu Fischgerichten oder zu Ziegenkäse oder zu grünem Spargel. Es ist echt supergut. Also so als Aperitif hier oder alles, was mit Rhabarber so süßsauer, süßlich ist, echt supergut.

Markus: Also da muss ich auch sagen, wenn man auf das Etikett schaut, bekommt man schon richtig Lust. Da merkt man vielleicht auch ein bisschen so den weiblichen Touch in der Brauerei, also richtig bunt, richtig spritzig, jung, frisch. Also das macht allein schon von daher richtig Lust, das in die Hand zu nehmen. Toll!

Holger: Das finde ich auch besonders gelungen. Also das finde ich irgendwie total schön. Und mir gefällt das auch, dass man am Etikett eigentlich sofort erkennen kann, was einen erwartet. Also das ist halt einfach eine Fruchtbombe.

 

Der weibliche Touch

Markus: Ja, und macht auch richtig Lust und Laune an so einem schönen Sommertag, wie wir den heute haben, so ein Bier zu genießen. Also ich glaube, ich nehme mir jetzt dann gleich den Rest und setze mich raus in den Garten und lass es mir richtig gutgehen.

Gisela Meinel-Hansen: Sehr gute Idee.

Holger: Perfekt. Da kann man nur sagen: Holla, die Bierfee.

Markus: Ach so, stimmt, darüber haben wir noch gar nicht gesprochen, Gisy, sag doch noch zwei Sätze zur Bierfee, das muss noch gesagt werden, glaube ich.

Gisela Meinel-Hansen: Gemeinsam seit acht Jahren machen wir mit einer guten Freundin und Braumeisterin, der Isabella Mereien von der Brauerei Drei Kronen, das Projekt HolladieBierfee. Und zwar brauen wir zwei verschiedene Biere, einmal ein Dinkel Ale und ein Lady Parker, beides mittlerweile gleichzeitig so erhalten. Es sind starke Biere immer mit wechselnder Hopfung, meistens mit zweifacher beziehungsweise dreifacher Gärung. Sind immer Starkbiere in kleinen Flaschen für die Damen dieser Welt gebraut. Die zwei Biere sind einfach wahnsinnig intensiv und bevor man sich mit einem Cocktail begnügt, kann man sich auch gerne sozusagen mit einer Bierfee begnügen.

Markus: Ja. Also ich glaube, das ist für uns als Nichtfrauen auch endlich mal ein authentisches Frauenbier, weil es einfach von euch, von Frauen gemacht wird und eben auch entsprechend ankommt. Also das Projekt begleite ich schon sehr lange und das ist immer gerade beim echten Zielpublikum ein echter Hit. Also vielen, vielen Dank, liebe Gisy, dass du die Zeit für uns hattest und dass wir uns über eure Biere unterhalten konnten und über eure Brauerei. War sehr schön. Wir wünschen euch natürlich weiterhin alles Gute für die Brauerei, alles Gute nach Hof und eine schöne Zeit und bis bald.

Gisela Meinel-Hansen: Vielen Dank. Alles Gute, ihr zwei, bleibt gesund!

Holger: Ebenso. Mach’s gut. Tschüss!

Gisela Meinel-Hansen: Ciao!

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