Angefangen als Deutschlands jüngster Braumeister und Biersommelier startete David Hertl mit einer „Kochtopf“-Brauerei im Schlüsselfelder Ortsteil Thüngfeld – und zwar im Mutter Vronis Küche. Das gab natürlich schnell auch Diskussionen, weswegen mit Schweißgerät und Bohrmaschine eine etwas größere Brauanlage zusammengezimmert wurde. Mittlerweile gehört seine „kleinste und geilste Brauerei Frankens“ zu DEN Innovationsschmieden der Branche und zeigt so manch anderem gestandenen Brauer oder Craftie, wo der Frosch die Locken bzw. der Papa seine Weizheit hat. Im BierTalk erzählt David seine spannende Geschichte und verkostet mit den Moderatoren auch seine spannenden Kreationen, beispielsweise „Vater & Sohn“, ein Hybrid aus Domina Weintrauben und schokoladigem Imperial Stout, oder auch seine „Oma“, ein klassischer fränkischer Bock, der nicht nur – aber auch – als Betthupferl seinen Dienst tut…
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Holger: Herzlich willkommen zum 33. BierTalk mit mir und dem …
Markus: Markus.
Holger: Genau. Ihr könnt euch ja vorstellen, also wir haben eine Schnapszahl und da haben wir uns was ganz Besonderes überlegt. Es geht nach Oberfranken und da zu der kleinsten Braumanufaktur Frankens. Aber falls irgendein Unternehmensberater zuhört, ihr beschäftigt euch ja immer ständig mit Innovationen, dann kann ich euch nur sagen, diese Braumanufaktur ist eine Innovationsschmiede. David Hertl, David herzlich willkommen! Stell dich doch kurz mal selber vor.
David Hertl: Guten Morgen! Habe die Ehre. Eine Schnapszahl und ich, das passt zusammen. Wir machen ja auch Schnaps, wir machen auch Bier. Willkommen erst mal in der kleinsten Brauerei Frankens oder der kleinsten und geilsten Brauerei Frankens, weil wir mittlerweile so gewachsen sind, dass wir nicht mehr die kleinste Brauerei sind, aber die kleinste und geilste Brauerei. Ich habe so eine kleine verrückte Brauerei, mein Opa hat dann irgendwann mal gesagt, du wirst Elektriker, hat mich entführt in eine Brauerei zum Praktikum Elektriker, Strippen ziehen und Lichtchen anschließen. Und ich habe mir gedacht: Bis ans Lebensende Elektriker, nie im Leben. Und habe mir überlegt: Ach! Alkoholproduktion, da steckt die Zukunft drin. Und mein Vater ist auch Winzer, also wir kommen aus der Alkohol-Produktion ein bisschen da her. Und da habe ich mir gedacht: Ach! Ob ich jetzt aus Trauben oder aus Malz Bier braue oder Wein mache, ist ja wurscht. Das ist der Hefe wurscht. Und so kam dann letztendlich irgendwann der Gedanke: Hey! Ich werde Brauer. Und das hat sich bis heute noch so bestätigt und ich bin Braumeister, Biersommelier und Weinsommelier mittlerweile auch.
Holger: Sehr gut, David! Du hast es ja schon angesprochen, da gibt’s den Opa und den Vater, und eigentlich gibt’s ja auch die Mutter. Und alle da bei euch, ihr seid ja ein richtiges Familienunternehmen. Erzähl das doch mal, wie das da bei euch zugeht.
David Hertl: Sympathisch chaotisch, sage ich immer, bei uns, passt‘s immer ganz gut. Und Mutti, Vater, Opa, Oma, die arbeiten dann auch alle, die einen bisschen mehr, die anderen ein bisschen weniger im Betrieb mit. Opa und Oma, die sind zu alt, dass sie auch ein bisschen Ruhe verdient haben. Und Mutti und Vater sind voll hier, also wenn man hier Bier kauft, dann erlebt man auf jeden Fall die zwei oder mich, einen von den dreien auf jeden Fall. Ich war so schlau, dass ich meine Familie abgefüllt habe im wahrsten Sinne, weil auf meinen Etiketten sind auch die wichtigsten Personen im Unternehmen drauf. Und das sind neben mir, ab und zu mal irgendwo tauche ich auch auf, beim Wein-Bier-Hybriden heute zum Beispiel. Aber natürlich, der Fokus liegt auf meiner Mutti, meinen Vater und meiner Oma und mein Opa. Und so hat sich das Ganze entwickelt und ist eigentlich richtig, richtig krass eingeschlagen, sodass wir nicht mehr die kleinste Brauerei sind. Wir sind einfach gewachsen, das ist verrückt. Wir verkaufen mittlerweile auch einen Gin & Tonic in die Elbphilharmonie. Alexander Herrmann, der Sternekoch hat uns entdeckt. Und ich war beim „Perfekten Dinner“ auch und durfte unser BBQ Bierseminar machen, also das, was ich jedes Wochenende für normale Leute mache, habe ich im Endeffekt beim „Perfekten Dinner“ ein wenig im Fernsehen gemacht. Und das ist rausgekommen und wir werden da ziemlich gehypt und kommen mit allem, was wir machen, eigentlich kaum noch nach. Wir sind jetzt gerade auch wieder „Opa“ ausverkauft, „Mutti“ ausverkauft, „Oma“ haben wir gerade abgefüllt, vor zwei Wochen rausgebracht, und das Ding ist schon vorbestellt, wie nur was. Und jetzt auch noch mal vielleicht noch 10 % der Charge haben wir noch da, dann ist das auch wieder weg. Und der nächste Sud dauert aber drei Wochen, weil das einfach ein Bock ist, der braucht einfach Zeit. Und wir geben unserem Bier sehr gerne Zeit. Und wenn wir halt schnell wachsen wie der Bierbedarf da ist oder das Bier da ist, dann ist halt mal was aus. Aber wir machen 44 Sorten im Jahr, also auch nicht ganz langweilig.
Holger: Tja, Markus, da hört man ja, also es ist ja klar, mit den 35 Minuten werden wir nicht auskommen. Eigentlich müssten wir eine Hertl BierTalk Serie machen. Oder was sagst du dazu? Das ist doch unglaublich, was der David da so raushaut.
Markus: Ja natürlich ist es unglaublich. Vor allem, ich kenne ihn und seinen Laden ja praktisch seit der allerersten Minute oder Stunde. Und was ich am Allermeisten bewundere, ist, dass er einfach einen genial guten Riecher hat, was man wann tut. Also so wie er angefangen hat damals, als die ganze Craftbier-Nummer überhaupt so ein bisschen in Deutschland losging mit eben auch einem IPA, hat dann aber relativ schnell die klassischen Bierstile entdeckt, ein gutes Kellerbier gemacht, war dann dabei, einfach ein bisschen die Verrückten abzuholen mit eben der Gurken Gose und den Weinbier-Geschichten und so weiter. Hat sich da einfach super einen Namen gemacht. Dann hat der Markt umgeschwenkt, man wollte einfach wieder klassische Bierstile haben. Wer war als erstes da? Der David. Und da haben wir dann eben ein Helles und schönes Kellerbier und einen schönen Bock und ein schönes Weizen, alle perfekt gebraut, aromatisch, wunderbar auf den Punkt, den Stil wunderbar repräsentiert. Und dann auch wieder weitergedacht: Okay, was kann man drum herum bauen? Den Gin entdeckt, das Tonic dazu entdeckt und so weiter. Also im Grunde, das ist das, was ich am tollsten finde, also nicht nur, dass er natürlich menschlich ein toller Typ ist und dass er auch einfach gute Produkte macht, aber dass er eben auch weiß, wann er was tun muss und wie er das auch so macht, dass sein Laden davon profitiert und er wirklich was aufbauen kann. Und da können sich nahezu alle Brauer, die ich in Deutschland kenne, eine Scheibe abschneiden.
Holger: Ja Manometer, das ist ein Statement. Jetzt haben wir von der Produkt-Range einiges aufgezählt und haben ja auch einiges vor uns stehen. David, womit beginnen wir?
David Hertl: Erstmal habe ich Gänsehaut, weil in einem Familienunternehmen ist man nicht gewohnt, dass man so viel Lob auf einmal bekommt. Wir fangen an mit unserem Tonic Water. Machen wir erst mal was Alkoholfreies. Wir haben ja grad mal zehn Uhr. Also wir verkosten ja heute ein bisschen früh. Und wir fangen einfach mal mit dem Tonic Water an und dann steigern wir uns von den Bieren her. Das Tonic Water ist auch so eine verrückte Idee. Vorm „Perfekten Dinner“ haben wir unseren Gin rausgebracht, und der war dann gefragt wie noch was, der hat sich verkauft wie Hölle und das ist explodiert wie nur was. Dann haben alle gefragt: Welches Tonic soll ich denn dazu verwenden? Und ich konnte immer nur semi-gute Antworten geben, wo ich nie so tausendprozentig hinter gestanden war. Und da habe ich mir überlegt: Hey! Du bist doch Braumeister. Du kannst einen Gin machen, du kannst alles machen. Das soll es scheitern bei einem Tonic? Und da habe ich gedacht: Ach! Dann machst du halt mal was mit und machst mal ein paar Kurse und verkostest, Blind-Verkostungen, und nach einem dreiviertel Jahr Verkosten Tonic Pur, Tonic mit Gin, haben wir letztendlich eine schöne Geschichte gefunden und haben ein HOP TONIC mit der Hopfensorte Cascade gemacht und das ist ziemlich genial geworden. Weil man es pur trinken kann, aber auch mit Gin.
Holger: Jetzt trinken wir es, glaube ich, erst mal pur. Bei euch sind ja immer alle Familienmitglieder abgebildet und auf dem Etikett sehe ich jetzt eine Hand, eine Zitrone und eine Hopfendolde. Von wem ist die Hand?
David Hertl: Die Hand ist von meinem Cousin, der hat die größten Pranken. Und dieses Bild ist so entstanden, der hatte im Endeffekt eigentlich einen Schwamm in der Hand und mein Künstler hat im Endeffekt diese Hand abgebildet und hat natürlich den Schwamm durch Hopfendolden und Zitrone ersetzt. Und so ist dieses Bild entstanden. Also mein Cousin ist auch indirekt verewigt in den Produkten.
Markus: Unglaublich!
Holger: Wahnsinn! Jetzt machen wir aber auf.
Markus: Yo!
David Hertl: Das Spannende ist, wir haben lange überlegt und hin und her und wir wollten ein Tonic Water, was für ein Radler auch kombinierbar ist, aber auch zum Gin kombinierbar ist. Und da haben wir uns überlegt: Was machen wir denn, wo setzen wir an? Und das ist ein Tonic Water, was nicht ganz so herb ist wie ein Thomas Henry oder wie die alle heißen, sondern es ist sehr, sehr angenehm zu trinken. Das ist eine nicht süße Zitronenlimonade mit einem bitteren Abgang. Das trifft‘s eigentlich ganz ehrlich und bringt‘s auf den Punkt. Man kann es gut trinken und man hat halt diese Hopfennote von Cascade. Wer irgendwann mal eine Hopfensorte Cascade in der Hand hatte, das ist wie ein Zitronenbonbon. Das ist hier halt eingefangen.
Holger: Nein, das kann man auch wirklich gut nachvollziehen. Das ist ja fast eine Limonade und sie ist eben nicht pappsüß, sondern hat so eine schöne Bittere im Nachtrunk. Markus, was sagst du dazu?
Markus: Ja, bin auch begeistert. Und ich finde es auch gar nicht so einfach. Also ich habe schon viele Versuche erlebt, wie man eben mit Hopfen irgendwie eine Limonade oder ein Wasser oder sowas gestalten kann. Es gibt in Deutschland eine Sorte, die sich so ein bisschen durchgesetzt hat, alle anderen sind gescheitert. Und ich habe in Brasilien noch eine Marke kennengelernt, die das wirklich richtig gut umgesetzt haben, da gibt’s das in Dosen. Aber ansonsten gibt’s das einfach nicht. Und in dieser Form jetzt, dass man es eben auch noch mit dem Gin schön verwenden kann, dass es nicht so süß ist, sondern wirklich einfach schön auch die Bittere repräsentiert, das gibt’s jetzt nur beim David. Und das hat mich schon letztes Jahr begeistert, also auch einfach nur so als Getränk, aber eben auch in der Kombination. Toll!
David Hertl: Kommt auch extrem gut an. Wir waren jetzt auch vor zwei Wochen das erste Mal mit HOP TONIC ausverkauft und ich war vollkommen baff. Mittlerweile haben wir es, glaube ich, ein Jahr oder eineinhalb Jahre im Sortiment. Und das ist halt so immer nebenbei getröpfelt, weil so das der Wingman zum Gin ist, zum Hopfen-Gin. Und dann haben wir uns überlegt auch: Wie geht die ganze Reise weiter? Und irgendwann haben wir wirklich Kunden, wo wirklich gezielt dieses Tonic Water, wirklich eine Kiste, bestellen und nicht einmal den Gin. Und dann war ich auch ein bisschen verblüfft, dass das auch funktioniert. Und das war eben auch der Gedanke dahinter. Und das ist natürlich immer schön, dass wenn ein Verrückter Gedanken hat oder so ein Entwicklerkopf wie ich, der dann irgendwas macht und das eigentlich zweispurig auslegt, dass man es wirklich pur trinken kann, und mit einem Gin, das in der Praxis auch funktioniert, das bestätigt einen dann auch. Das ist so total angenehm. Also total schön, dass man so diese erste Idee wirklich auch in der Praxis umgesetzt bekommt. Das ist ja auch immer die große, große Kunst.
Holger: Ja, ich hatte das ja am Anfang schon gesagt, es gibt ja Heerscharen von Beratern, die sich über Innovationen und neue Ideen und wie man Produkte entwickelt und Produktmarketing macht und wie man die quasi dann im Markt positioniert, und bei der Zielgruppe und alles. Und du, ja, du sitzt einfach in der Küche, denkst dir irgendwas aus, machst es, haust es raus, es ist erfolgreich und fertig. Das ist phänomenal. Also wirklich, ist absolut phänomenal. Und letzten Endes ist das ja auch so, dass du immer wieder auch zeigst, wie offen du bist eben für diese neuen Dinge. Und ich sag mal Gin ist jetzt nicht mein Ding, also mein Ding ist ja Bier, aber es ist ja auch ein Hype gerade um den Gin. Und was machst du denn lieber, Bier oder Gin?
David Hertl: Ganz, ganz klar, ich bin Braumeister und liebe Bier. Aber ich liebe halt auch alles, was irgendwie in der alkoholischen Gärung entstanden ist. Und deswegen finde ich einfach dieses Gin-Thema ein ganz, ganz spannendes Ding. Unser Gin ist ja auch 100 % aus Bier. Das ja das Schöne dran. Das weiß meistens immer niemand, der wird 100 % aus dem „Opa“ gebrannt, also das Bier „Opa“, der wird verbrannt und das ist eigentlich Bier-Brand, der dreifach destilliert wurde und eben dreifach auch mazeriert wurde mit Zitronengras, Hopfen, Malz und Wacholder natürlich.
Holger: Und natürlich auch hier Hallertauer Hopfensorten, Mandarina Bavaria zum Beispiel ist da drin.
David Hertl: Ja.
Holger: Und dann sagst du ja, das ist ein New Western Style Gin. Was bedeutet das?
David Hertl: Ein New Western Style Gin ist ein Gin der neuen Welt im wahrsten Sinne. Also sprich, ein Gin, der nicht klassisch trocken ist wie der London Dry Gin, sondern hat eine leichte Süße, und in dem Fall eben vom Malz bekommt er die leichte Süße und bekommt halt eine extreme Fruchtigkeit. Und der Fokus liegt ganz eindeutig nicht mehr zu 1000 % auf dem Wacholder, sondern auf die Zutaten, die man sonst noch zusätzlich verwendet. Also ein geupdateter London Dry Gin ist das im Endeffekt. Und das gibt’s auf dem deutschen Markt auch nicht. Habe ich in San Francisco kennengelernt und fand ich total weltbewegend gut, weil ich nicht der Gin-Trinker war zumindest, und mittlerweile kann ich mich sehr, sehr anfreunden. Aber dieser New Western Style, was im deutschen Markt eigentlich noch gar nicht vorhanden ist, der ist einfach ein Bier, wo mir einfach total liegt, weil du kannst den auch pur trinken.
Holger: Also „hand made by Hertl“. So Markus, wie würdest du denn gerne weitermachen? Was wäre jetzt, aus deiner Sicht, die richtige Reihenfolge? Wollen wir die Gurken Gose nehmen, wollen wir die „Oma“ kalt trinken oder die „Mutti“ genießen? Ja, also Wahnsinn!
Markus: Es ist wirklich schwierig und regt natürlich auch zu allerlei Wortspielen an. Denn wer hat schon die „Mutti“ und die „Oma“ kaltgestellt? Und naja, egal. Also wir haben ja die Gurken Gose, und die finde ich ja bei Menüs immer ganz spannend, gerade als Aperitif am Anfang. Sie ist natürlich sensorisch schon auch ein Hammer. Trotzdem könnte ich mir es als Überleitung ganz gut vorstellen, weil wir kommen jetzt vom Tonic, was ja trotzdem eine gewisse Süße auch hat, und gehen ja dann zum Bier, wo wir dann uns mit dem ausgewogenen Malzhopfen-Geschehen beschäftigen. Und ich glaube, die Gurken Gose könnte uns da unterwegs quasi nochmal so erden und noch mal völlig anders einfangen aromatisch, sodass wir dann wieder relativ neutral sind für das Bier. Außer ihr sagt jetzt, nee, lieber „Mutti“.
David Hertl: Nee, passt. Hört sich gut an.
Holger: Erst Gurken Gose, dann „Mutti“, wunderbar.
David Hertl: Ja, ganz genau. Hätte ich auch gesagt. Nach Sauerbier kannst du eh alles trinken dann wieder bestimmt.
Markus: Also Gurken Gose, ja, Wahnsinn! Geil auch, dass da draufsteht „Alkoholhaltiger Salat“. Also alles Dinge, über die man sprechen kann. Auf jeden Fall toll, dass es auch noch wirklich aus richtigen Gurken gemacht wird. Davon konnten wir uns vor Ort ja schon überzeugen. Und jetzt machen wir es doch einfach mal auf.
Holger: Und darüber hinaus auch noch World Beer Star Winner. Ich weiß jetzt gar nicht genau in welcher Kategorie, wahrscheinlich irgendwie Experimental Style oder so.
David Hertl: Fruit & Vegetarian Beers, also sprich, die ganzen Krieks, die ganzen Framboise, die ganzen Kirschbiere, Himbeerbier, wie sie alle heißen, die waren da auch in der Kategorie drin. Und da hat die Gurken Gose voll abgeräumt.
Holger: Ich kann nur sagen, wenn ich ins Glas rieche, dann kommt die Gurke so richtig raus. Also im Moment ist ja sowieso Gurkenernte, überall begegnet dir die Gurke. Also Wahnsinn, wie dieses Aroma hier aus dem Glas purzelt. Irgendwie, damit bist du ja auch ein bisschen berühmt geworden mit dieser Gurken Gose. Das hat schon auch irgendwie dazu beigetragen, die Marke Hertl so richtig zu pushen, oder nicht?
David Hertl: Das Verrückte ist, ja, definitiv, also die Gurken Gose war eigentlich eine vollkommene Schnapsidee, besser gesagt eine Bieridee, mit meinem Gurkenbauer meines Vertrauens. Der kam dann irgendwann auf dem Weihnachtsmarkt zu mir, der hat mich damals noch nicht mal großartig gekannt und der hat gemeint: David, ich wurde zu dir weitergeleitet, weil mir gesagt worden ist, wenn du es nicht machst, dann macht’s keiner. Und zwar ich suche jemanden, der mir ein Bier braut aus Gurken. Es gibt alles mit Gurken, aber kein Bier. Bitte ändere das! Und da habe überlegt und gemacht und getan und ich habe Probesude angesetzt und fand einfach den Bierstil Gose dafür prädestiniert wie nur was, weil halt einfach Salz und Koriander schon drin ist als so eine Würze. Und das passt einfach mit der Gurke super zusammen. Wir ballern auch 340 Kilo Gurken auf 10 Hektoliter, als Unmengen an Gurken kommt da drauf. Und das Spannende ist, ihr könnt auf Facebook auf unsere Braumanufaktur Hertl schauen, da haben wir auch gerade ein Video, wo wir diese Gurken reinballern in den Sud. Das ist schon immer wieder eine spannende Geschichte.
Holger: Ich habe mir das Video schon mal angeschaut. Da sieht man halt irgendwie so einen Mixer oder so eine Maschine, die die Gurke schneidet. Darunter ist dann halt ein Sack, wo das alles mit aufgefangen wird, und dann steht da jemand, wahrscheinlich auch irgendein Familienmitglied, und haut da die Gurken rein und so und macht säckeweise das Thema voll. Und das ist ja schon unglaublich.
David Hertl: Ich musste erst mal eine Brauerei finden, die das überhaupt mitmacht. Weil mir wurde es ja irgendwann verboten in Bayern, aber das ist eine längere Geschichte. Dann sind wir nach Tschechien geflüchtet, dann sind wir letztlich in Hagen, und in Hagen beim Vormann haben wir auch eine Sondergenehmigung und dürfen jetzt diese Gurken Gose auch in Deutschland brauen und in Deutschland auch verkaufen. Und das ist eine lange, lange Geschichte, aber das war immer kurios ohne Ende.
Holger: Ja, Wahnsinn!
David Hertl: Und die Gurken Gose hat mich wirklich, die begleitet mich seit sechs Jahren, sechseinhalb Jahren jetzt. Wir sind, glaube ich, da beim achten Sud oder neunten Sud. Entweder man liebt es oder man hasst es, weil das ist wirklich ein Bier mit extrem viel Charakter. Ich sage immer ganz gern: Sauer, salzig, verrückt. Darauf muss man sich einstellen und Bier im Kopf ausschalten, wenn man ein konservativer Biertrinker ist, und dann funktioniert das. Das hat eine Säure wie ein Weißwein. Und das hat schon was, auf jeden Fall Power.
Holger: Absolut! Ich stelle mir gerade vor, ich hole hier jemand von der Leopoldstraße ganz kurz hier rein und sage: Hey! Magst du ein Bier und so? Und schütte ihm dann die Gurken Gose ein. Dann krieg ich wahrscheinlich erst mal eine geschallert, also das glaube ich schon. Ja.
David Hertl: Das kann passieren.
Markus: Auf jeden Fall, also ich kann mich erinnern, ich habe das ziemlich am Anfang, als es sie gab, da habe ich für die Tourismusbehörde Bamberg eine Verkostung gemacht mit so Bierverrückten, angeblichen zumindest, aus Amerika, und habe dann beschlossen: Okay! Dann fangen wir auch wirklich verrückt an. Und habe ihnen eben als Entree die Gurken Gose gekühlt im Sektglas serviert. Und da sind die echt erst mal aus den Latschen gekippt. Also sowas kannten die auch noch überhaupt nicht. Und ja, es polarisiert, aber es ist total spannend. Es zeigt Leuten auch, was Bier alles sein kann. Ich denke mal, es ist eine doppelte Geschichte, weil einerseits lernen die Leute Bier neu kennen und andererseits lernen sie auch kennen, dass zum Beispiel so eine Gurke nicht unbedingt nur das Salatfrüchtchen ist, sondern dass die einfach auch eine Süße hat, dass die ein sehr schönes eigenes Aroma hat. Wenn man insgesamt schaut, dann könnte man da auch so Richtung Guave denken, Apfel und solche Sachen, sind da aromatisch eben in so einer Gurke auch mit drin. Das ist halt einfach eine tolle Frucht, mit der man viele, viele schöne Sachen machen kann. Und diese Idee, da ein Bier draus zu machen, finde ich echt toll. Und ich persönlich finde auch das Aroma sehr erfrischend. Also gerade als Anfang für ein Menü finde ich das total schön, weil es schließt auf, es begeistert, es macht neugierig, und es macht hungrig. Und das ist ja für so ein Menü auch total gut.
Holger: Ja, und darüber hinaus macht es auch offen im Kopf. Wenn man das dann entsprechend anmoderiert und sagt halt: Mensch, passt auf! Öffnet euch mal. Das hat jetzt nichts mit einem normalen Bier zu tun, aber ich möchte euch gerne vorführen, was Bier eben alles sein kann, so wie du gerade schon gesagt hast. Dann öffnest du einfach auch die Köpfe, also das Denken wird dann frei. Und das ist doch auch großartig, wenn man sagen kann: Mensch, was kann so ein Getränk alles auch mit Menschen machen in Verbindung mit der richtigen Speise oder mit der richtigen Situation und so. Und das ist schon eine großartige Geschichte. So!
Markus: Ich habe noch eine Frage für die Nerds unter den Zuhörern: David, wann kommt diese Gurke ins Spiel? Also wird die mit eingemaischt oder wird die mit geläutert oder wird die gestopft oder gärt die mit oder wann taucht die auf im Prozess?
David Hertl: Für die ganzen Bier-Nerds da draußen, das ist im Endeffekt ein ganz unkomplizierter Prozess, wenn man es ganz ehrlich betrachtet. Es ist gebraut wie ein Wet Hop IPA, also sprich, die Gurken werden im Läuterbottich, nachdem man abgeläutert hat und die Würze gekocht hat, werden die Guten im Läuterbottich vorgelegt und nach dem Würze kochen kommt dann die ganze Würze nochmal in den Läuterbottich und im Läuterbottich wird das Ganze nochmal geläutert durch die Gurken. Und dann wird es erst im Whirlpool weitergeleitet. Und das ist im Endeffekt die ganze Idee dahinter. Da kriegt man auch diese unglaubliche Menge an Gurke verarbeitet, weil es ja genauso viel ist wie Malz, wo reinkommt. Und dann funktioniert das und macht auch Spaß und man kriegt auch die Gurken wieder raus. Und deswegen hat es so ein leichtes Koch-Gurkenaroma, von eingeweckten Gurken ein bisschen in die Aromatik, ein bisschen ausgekochte Gurken. Deswegen bekommt man diese Aromatik.
Holger: Also ein Nachguss-Gurkenbier sozusagen.
David Hertl: Ein Nachguss-Gurkenbier. Und wer da noch Fragen hat, einfach eine E-Mail schreiben. Ich bin da relativ offen. Oder einfach auf Facebook schauen. Wir haben da sowas von viel gefilmt, dass da jeder Hobbybrauer oder so sich da Ideen rausziehen kann. Wir machen da kein Geheimnis draus.
Holger: Jetzt verkosten wir einfach mal die „Mutti“. Wunderbar!
Markus: Frische „Mutti“ um halb Zehn. So!
David Hertl: Die „Mutti“ ist relativ früh abgefüllt worden.
Holger: Das ist so schön, David, alles. Also unglaublich! Man muss fast eine Warnung aussprechen. Der Podcast ist vielleicht gar nicht für s Autofahren geeignet, weil man sich so kaputtlachen muss über diese Wortspiele mit „Opa“ und „Mutti“ und „Oma“ und weiß ich nicht. Also da müsst ihr ein bisschen vorsichtig sein, wenn ihr Auto fahrt. Schön das Lenkrad festhalten und sich nicht wegschmeißen im Auto.
Markus: Hat ja nicht jeder eine „Oma“ im Kühlschrank.
Holger: Nee, nee, hat nicht jeder eine „Oma“ im Kühlschrank. So! Ich find’s großartig, weil es ist so ein richtig schönes Helles ohne viel Schnörkel. Der Markus hat es vorhin auch schon gesagt, es ist ja auch so ein bisschen ein Trend. Also das Helle kommt ja gerade ganz stark, jeder macht Helles und so. Und ich habe mir jetzt extra für dieses Helle einen Willibecher bereitgestellt und wenn man jetzt so diesen Willibecher in der Hand hält, dann ist das einfach eine schöne, schöne Sache. Also das ist so eine schöne helle Schaumkrone und so eine Hefetrübe, eine goldene Farbe im Glas, der Geruch, der ist so ein bisschen getreidig, malzig, aber auch leicht fruchtig so.
David Hertl: Ja.
Holger: Und wenn man dann so den Antrunk hat, dann fast eine Honignote, vermute ich ein bisschen. Ich weiß nicht, habt ihr die auch, so eine leichte Honignote?
Markus: Ja.
David Hertl: Ja, ganz genau. Es ist ein charakterstarkes Helles, weil es auch komplett naturtrüb ist. Also man hat halt auch die ganze Hefe-Aromatik, die Hefe-Fruchtigkeit mit dabei, und vor allem den Body von der Hefe. Also man bekommt den Körper von der Hefe mit ins Glas und den schmeckt man auch. Und Hefe ist einfach ein geiles Produkt, deswegen ist auch kein einziges Bier bei uns filtriert.
Holger: Ja.
Markus: Und was ich ganz coolfinde, ist, wir haben jetzt in den BierTalks auch schon ganz viele so südbayerische Brauereien erlebt, die sich dann in ihren Versuchen, ein Helles oder Kellerbier oder irgend sowas zu machen, eher so an die fränkische Tradition anlehnen. Hier, finde ich, ist es fast ein bisschen anders. Das ist eine sehr clevere, schöne Adaption von einem klassischen Münchner Hell. Hat die Drinkability, die Cremigkeit, das gesamte Aroma, also das finde ich sehr nah dran, wie wenn ich jetzt überlege, ich sitze im Augustiner. Und das finde ich auch schön, also dass man da die Charakteristik wirklich sehr schön rüberbringt und eben nicht zu sehr in so diese fränkische Ecke schiebt. Also das finde ich ganz, ganz schön.
David Hertl: Ja, man muss auch dazusagen, in Franken eine Brauerei zu gründen ist so eine der dümmsten Ideen, die man haben kann als Unternehmer. Und dann muss man sich natürlich ein bisschen absetzen von der Menge, wo man hier an Bier hat. Und da orientiere ich mich gern auch international oder regional oder deutschlandweit komplett. Das ist im Endeffekt, die Basis ist Münchner Helles, aber mit mehr Malz-Body, mit ein bisschen Karamellmalzen gespielt. Und auch vor allem mit der Trübe gespielt, ist ziemlich trüb auch im Glas, wenn man die Hefe mit reinnimmt. Und das macht halt auch Spaß und das bringt einfach viel Geschmack mit sich, was ein Helles eigentlich weniger hat.
Markus: Genau. Und dann habe ich jetzt noch eine Frage an den Holger. Hintendrauf steht nämlich „Wer Mutti Vroni kennt, liebt sie“. Nun hast du sie ja neulich mal wieder richtig gut kennengelernt. Kannst du das bestätigen?
Holger: Es ist eine Wucht. Das kann man einfach nur sagen. Es ist eine Wucht. Eine Wucht an Frau, eine Wucht an Köchin, eine Wucht an Gastfreundschaft, also so viel Herzlichkeit, wie ich da erlebe, wenn ich ab und zu mal da bin, das kann man gar nicht beschreiben, das kann man sich gar nicht vorstellen. Und sie ist ja hier auf dem Etikett auch abgebildet. Und ich finde auch, sage ich mal, die Art und Weise, wie du die Produkte eben künstlerisch auch da begleiten lässt, und auch die Haptik vom Etikett, also das ist fast wie so ein, weiß ich nicht, wie so ein Umweltpapier. Ich weiß nicht, ob es das auch wirklich ist, aber ich finde die Haptik vom Etikett auch so schön. Und das macht euch sympathisch. Und wenn man euch auch in Summe erlebt, also jetzt die Familie ja sowieso, aber auch die beiden Lehrlinge oder der Jimmy, ja, der Jimmy, der Brauer-Auszubildende aus Amerika, der schon über 50 ist und wahrscheinlich der älteste Brauer-Azubi der Bundesrepublik Deutschland, also das ist einfach genial. Ihr müsst dahin, ihr müsst dahin. Oder die Garagentore, wie die bemalt sind. Man kann es auch gar nicht verfehlen. Ich weiß gar nicht, ich bin jetzt schon wieder hier am Rumschwärmen. Eigentlich müssen wir ja weitermachen. Und womit machen wir eigentlich weiter?
Markus: Ich sag vielleicht noch einen Satz zur Mutti. Ich glaube, das Geheimnis ist, das trifft ja letzten Endes auf die ganze Familie zu, aber wenn man da ankommt, man ist sofort irgendwie aufgenommen. Als es ist dann eben nicht nur die Mutti vom David, sondern ein bisschen ist es auch deine. Das bringt sie so rüber und das bringt auch der Rest der Familie rüber, und dann bist du eben sofort Teil des Geschehens. Und das macht unheimlich viel und macht natürlich auch die ganze Marke sympathisch und die Biere sympathisch. Und ich glaube, das ist auch so was, wo man wirklich diese fränkische Herzlichkeit, die es nicht immer gibt, aber da auf jeden Fall gibt, wirklich erleben und lieben und schätzen lernen kann.
Holger: Unbedingt! Es steht ja auf der Flasche „Mutti‘s Sonnenschein / Die Helle!“. Mehr Mehrdeutigkeit gibt’s ja gar nicht. Aber jetzt, was machen wir jetzt? Jetzt müssen wir weitermachen, Jungs.
Markus: Auf die „Oma“!
David Hertl: Ja, jetzt müssen wir die „Oma“ aufmachen.
Holger: Okay! Dann auf. Und wir machen die „Oma“ auf. Erst haben wir die „Oma“ abgefüllt und jetzt löschen wir sie weg.
Markus: Abgefüllt, in den Kühlschrank gestellt, kaltgestellt sozusagen, kaltgemacht, jetzt wieder rausgeholt und aufgemacht.
David Hertl: Und die „Oma“ ist unser neuester Zugang, der jüngste Zugang im wahrsten Sinne. Die „Oma“ ist ein bernsteinfarbener hopfiger Bock. Kein 100 % klassischer Bock, weil es einfach so ein richtig schöner malzbetont, aber auch hopfenbetonter Bock ist. Und der Bock hat richtig viel Power, der hat 6,5 %. Aber das Gefährliche ist, das merkt man nicht. Deswegen haben wir es auch „Oma‘s Betthupferl“ genannt, weil dieser Bock hinterfotzig ist. Der zieht dir dann irgendwann die Beine weg und du musst schlafen.
Markus: Genau, richtig für die Uhrzeit. Wahnsinn!
Holger: Nee, und auch da, also die Wahrheit steht ja drauf, da steht drauf „Die Starke“. Auch wenn man jetzt den Alkohol nicht wirklich spürt, also das kann ich nur bestätigen, das ist so ein richtig schönes, rundes ausbalanciertes Bier, wo man sich wohlfühlt mit, also ein richtig schöner Bock halt. Aber es steht ja drauf, „Die Starke“. Da kann keiner meckern, wenn er dann doch irgendwie eine Überraschung erlebt.
Markus: Und wir sind jetzt natürlich dann doch mitten in der fränkischen Tradition. Das ist im Grunde die starke, kräftige Version von einem klassischen Kellerbier, also schöne Malzaromen, Karamell, Honig, das Alkoholische kommt natürlich auch irgendwo rüber, ist ein bisschen brotig. Also ganz, ganz intensiv auf der malzigen Seite hinten raus, so eine schöne, dezente Bittere, die das schön abrundet, sodass der Alkohol dann auch wieder gut eingebunden ist. Vom Optischen her wunderschöne Farbe, der Schaum ein bisschen cremig, also ganz, ganz tolles Bier. Und wie gesagt, da dann natürlich voll in der fränkischen Tradition. Wie lange arbeitet man an so einem Rezept, David?
David Hertl: Das hat ziemlich lange gedauert. Wir mussten uns erst mal überlegen: Was wird die „Oma“? Und das ist der härteste Gedanke, weil da hast du Helles, Kellerbier, Weißbier, und dann wollten wir irgendwie Radler oder das oder Märzen oder ein Export oder ein Pils oder sowas, und haben viele, viele Ideen gehabt, viele Sude gebraut, und haben uns überlegt, für was steht Franken? Franken steht für Bockbier. Und da habe ich mir überlegt: Hey! Machst du einen Bock. Und dann haben wir lange, lange, lange noch mal überlegt, bis wir überhaupt ein gutes Rezept hatten. Und der Name, der hat eigentlich am längsten gedauert. Also „Oma‘s Betthupferl“ hat am allerlängsten gedauert. Das hat, glaube ich, ewig gedauert, bis wir einen geilen Namen hatten, wo wir sagen, hey, das passt in die Linie und es wird auch das verkauft. Der Kunde erwartet dann auch wirklich ein Starkbier, „Die Starke“, und das passt halt auch bei meiner Oma richtig, richtig gut dazu. Wir haben den ganzjährig im Sortiment. Also ich will den gar nicht missen, weil es gibt eben viele Brauereien, die den Bock eben nicht ganzjährig haben. Und ich wollte aber immer einen Bock, wenn ich Bock drauf habe.
Markus: Jetzt steht da hinten drauf „Oma macht alle satt“. Also eigentlich macht ja „Mutti“ schon alle satt, so prinzipiell gesehen und nicht zuletzt mit ihren wunderbaren Kuchen. Ist es denn deine mütterliche oder väterliche Oma?
David Hertl: Meine väterliche Oma. Und die backt und kocht und macht. Und die ist ähnlich wie meine Mutti auch von der Herzensgelegenheit. Also die packt einfach den Tisch voll und du bist eigentlich immer überfressen. Weil jeder kennt’s ja, wenn man bei der Oma war, da geht man nicht hungrig heim oder sowas, das geht gar nicht. Kriegst noch ein Goodie da, ein Goodie da. Und wenn du schon vollgefressen bist, gibt’s noch was oben drauf und dann kannst du dich eigentlich immer meistens rollen danach.
Markus: Vorher gefragt, ob du sie verewigen darfst?
David Hertl: Alle Etiketten, alle Biere sind mit den jeweiligen Personen komplett abgestimmt. Und die Rezepte wurden nach deren Auffassung so abgeändert, dass sie wirklich dahinterstehen können. Die Oma trinkt jetzt nicht jeden Tag Bockbier, muss man auch dazu sagen. Abe die findet das total genial, schmeckt super. Die trinkt dann halt bloß eine halbe Flasche, die andere halbe Flasche dann für den nächsten Tag. Das ist schon krass und ehrlich bei meiner Oma. Und die Etiketten-Freigabe, die haben wir natürlich nur mit den jeweiligen Personen. Weil wenn die sagen, hey, ich gefalle mir auf dem Bild nicht, dann ist es eine große Katastrophe, wenn ich da Bier reinfülle. Deswegen ist auch bei der „Mutti“, wer die „Mutti“-Flasche grad vor sich hat oder in der Hand hat, „Mutti“ ist auch zufälligerweise aus unerfindlichen Gründen 20 Jahre jünger gemacht worden auf dem Etikett. Aber das darf man ihr nicht sagen.
Markus: Das hat sie jetzt auch nicht gehört. Also auf jeden Fall strahlt sie immer wie der absolute Sonnenschein. Und das ist da auch gut eingefangen und das erlebt man immer genau so.
Holger: Du kannst ihr von mir einen schönen Gruß bestellen. Also sie strahlt so vom Herzen, die ist immer schön, also egal wie alt sie ist. Also das musst du ihr sagen.
David Hertl: Ja, ja. Um Gottes Willen. „Mutti“, die nimmt das total sympathisch auf. Also die ist da nicht eingeschnappt, wenn man da ehrlich ist. Also das ist ja das Schlimmste, was es gibt, wenn man dann eingeschnappt ist. Weil die wollte es ja so, und so hat sie es bekommen. Und wenn sie glücklich ist, dann bin ich auch glücklich und dann passt die Sache. Das Etikett ist ja auch wunderschön geworden, also muss man auch ganz, ganz klar sagen. Und das passt alles.
Holger: Vielleicht willst du noch zwei, drei Worte auch zum Künstler verlieren. Weil du hast ja sogar auch so KÜNSTLER-EDITIONEN, also mit bestimmten Etiketten. Also vielleicht sagst du da noch mal ganz kurz dazu: Wer ist das eigentlich? Wie seid ihr zusammengekommen? Wie seid ihr auf die Idee gekommen? Und warum gibt’s jetzt KÜNSTLER-EDITIONS-Bier?
David Hertl: Das war eine ganz witzige Geschichte. Der Künstler ist erst mal Simon Schacht aus Würzburg. Der ist eigentlich Graffiti-Sprayer und ein bisschen künstlerisch affin. Und der war Stammkunde bei uns, hat immer Bier gekauft. Vor mittlerweile sieben Jahren war das, da haben wir uns kennengelernt. Und der hat dann immer gesagt, David, dein Bier ist unglaublich gut, aber deine Etiketten sehen richtig scheiße aus. Gib mir bitte mal fünf Kisten Bier mit und dann lasse ich mir das mal durch den Kopf gehen. Und dann ist auf einmal der „Opa“ entstanden. So haben wir weitergesponnen bis heute noch. Ist auch mittlerweile ein Mitarbeiter hier und macht einen supergenialen Job und macht halt neben den Etiketten auch das Graffiti und das ganze Zeug und die ganzen Hauswände bemalen. Also wer mal hier ist, es sind eigentlich jedes Jahr mindestens zwei neue Graffitis zufälligerweise an der Wand.
Markus: Tätowieren tut er aber nicht auch noch, oder?
David Hertl: Natürlich tätowiert er auch.
Markus: Nein. Unglaublich!
Holger: Markus, das wäre doch mal was. Also du würdest dir quasi mehrere Bier-Brands auf deinen Körper tätowieren lassen und Hertl ist ganz vorne auf der Brust ganz groß.
Markus: Rund um den Bauchnabel.
David Hertl: Du wärst dann der Hertl Wingman.
Markus: Das kann dann mitwachsen.
Holger: Jetzt haben wir nur noch ein Bierchen. Um Gottes Willen, das ging jetzt aber doch irgendwie schnell. Ja, das ist ja doof. So ist es, oder? Also jetzt kommt der „Vater und der Sohn“.
David Hertl: Ja, der “Vater & Sohn”, nicht erschrecken, der kann minimal Gushing haben. Also von daher, der hat einfach so viel Power drin. Da ist mir ein bisschen Zucker noch nachvergoren teilweise, aber ich glaube, bei der Charge jetzt nicht mehr. Das waren nur 30 oder 40 Flaschen. Das war so ein Fässchen, wo in der Ecke stand und wo jeder irgendwie vergessen hat. Und das haben wir dann aus Versehen abgefüllt. Nur aufpassen, weg von der Tastatur! Safety First!
Markus: Das hat ja noch so eine schöne goldene Kappe, die muss man ja eh erst mal wegmachen. Aber danke für den Tipp.
Holger: Vielleicht zwei Worte zum Thema Gushing noch. Gushing bedeutet, dass wenn man die Flasche aufmacht, ich mach sie mal auf, und ja, es kommt raus und wie. Gushing bedeutet dann halt einfach, dass das Bier aus der Flasche raussprudelt und möglicherweise den ganzen Tisch versaut oder die Tastatur, wenn man nicht aufpasst. Aber ich habe jetzt aufgepasst, der ganze Raum ist jetzt voll von diesem Wein-Bier-Hybriden. So intensiv jetzt hier gerade vom Geruch, das kann man sich gar nicht vorstellen. Wenn ihr das jetzt riechen könntet, müsste man das Thema Wein & Bier Hybrid gar nicht erklären. Aber erkläre es mal, David.
David Hertl: Ja. Wein-Bier-Hybrid, das hat auch lange gedauert, bis wir da eine ordentliche Rezeptur hatten. Aber letztlich nehmen wir vom Winzer Traubensaft, also sprich, frisch gekelterten Traubensaft, wo ja jetzt theoretisch die Hefe auch dazugegeben wird. Und nehmen in der Brauerei frische Bierwürze, also sprich, Bier ohne Alkohol, Karamalz mit Hopfen, das ist im Endeffekt letztlich das Produkt. Dann kommt eine Bierhefe mit rein, dann wird der Traubensaft und der Biersaft, auf Deutsch gesagt, zusammen vermengt und zusammen vergoren. Und in dem Fall wurde es auch noch mal drei Monate lang ins Medium Toast amerikanische Weißeiche-Fass gelegt. Und deswegen hat es auch ziemlich viel Tannine auch drin. Also das macht richtig Spaß. Also hat 9 % und wird alles zusammen vergoren. Ist etwa ein dreiviertel Jahr lang gelagert worden und dann abgefüllt worden. Und jetzt haben wir noch die letzten 40, 50 Flaschen und wir sind grad schon wieder am nächsten Wein-Bier-Hybriden dran. Aber das ist noch eine Überraschung in der nächsten Zeit.
Markus: „Vater & Sohn“ und die Domina, also so heißt die Rebsorte. Und ich finde auch die Farbe ja unglaublich gut. Man muss sich das vorstellen, es ist so wie, wenn man so Schwarzkirschen hat, also sehr, sehr dunkel, fast schwarz. Aber dann eben so ein rötlicher Schimmer, der sich dann so durchzieht. Und auch der Schaum hat diesen leicht rötlichen Touch, und im Geruch ist es dann schon recht weinig, finde ich. Also da kommen die Trauben richtig gut rüber. Und ja, einfach eine faszinierende Geschichte, wo man einfach merkt, diese beiden Getränke passen schon auch gut zusammen, wenn man das gut macht.
Holger: Bei mir ist es so, es ergießt sich immer noch.
Markus: Meine war ganz brav.
David Hertl: Die Problematik ist, wenn zu viel von den Ablagerungen im Fass mit reinkommen, dann hat das einfach zu viel Schwebstoffe drin. Und dann kann es eben, witzigerweise eben jetzt beim Markus gar nichts, und das war ja die gleiche Flasche aus dem gleichen Regal, beim Holger hast du auf einmal Gushing. Da hast du einfach zu viel Trübstoffe mit reinbekommen und die erzeugen dann letztendlich ein bisschen Gushing. Das ist nicht mal eine Nachvergärung in der Flasche, sondern wirklich nur, weil die Partikel sich reiben und dann die Kohlensäure rauskommt. Das explodiert nicht, aber es ist halt komisch. Aber das Ding ist trotzdem genial. Also das Bier ist einfach der Hammer.
Markus: Das ist halt Natur.
David Hertl: Ja, ist Natur.
Holger: Ja, das ist Natur, und der Raupach, der guckt so böse.
Markus: Was?
Holger: Da bleibt das Bier natürlich in der Flasche. Da hat es Angst rauszukommen. Und bei mir denkt sich das Getränk: Oh! Ich bin beim Holgi, jetzt darf ich raus, ich komme raus, ich komme raus. Und deshalb ist das bei mir so gewesen.
Markus: Ich glaube ja eher, dass bei mir das Bier einfach gesehen hat, wie ich mir das Etikett angeschaut habe. Und sieht man ja praktisch Vater und Sohn gegenüber, aus den Augen strahlt dann praktisch so die Energie. Und beim David konzentriert sich das in der Hopfendolde und beim Vater dann in der Weinrebe. Und beides zusammen trifft dann in der Mitte und hat dann eben so dieses Zusammenkommen, vereinigt sich und hat ganz viel Energie. Und ich glaube, da war das Bier noch sehr beeindruckt und hat sich deswegen zurückgehalten und ist eben sehr anständig ins Glas gelaufen.
Holger: Ja, wahrscheinlich, wahrscheinlich war es so. Aber das Etikett finde ich besonders genial, wenn ich das mal so sagen darf. Und dein Vater ist auch genauso großartig getroffen wie du selbst. Also der kann das. Da muss man erst mal draufkommen. Also, dass ihr euch beide in die Augen schaut, auf Augenhöhe euch begegnet, also das ist ja auch nicht so einfach in einer Manufaktur mit Vater und Sohn, sich täglich zu begegnen und so. Der eine muss dann ein bisschen zurückstehen, muss den anderen machen lassen. Und all das, was da im Etikett mehr oder weniger aus der Wirklichkeit herüberkommt, ist sehr beeindruckend, finde ich. Ganz toll, wirklich ganz toll, „Vater & Sohn“.
David Hertl: Ja, das Etikett soll auch ein bisschen, dass ich gerne mit meinem Vater diskutiere. Und dass da die Laserstrahlen aus den Augen feuern und manchmal auch zu Explosionen kommt.
Markus: Aber trotzdem, glaube ich, kommt ihr immer zu einer konstruktiven Lösung am Ende. Und das finde ich schon gut. Ich glaube, da ist mittlerweile auch ein gewisses Vertrauen gewachsen. Ich kann mich noch erinnern, wo ich das erste Mal bei euch war, das ist jetzt doch schon zehn Jahre her oder so, da hattet ihr ja gerade aus einer Bohrmaschine eine Malzmühle gebaut. Und da hat mir auch der Vater dann ganz stolz erzählt, wie ihr das gemacht habt und getüftelt habt, und das dann irgendwie hinbekommen. Und das war ja alles, wie man so schön sagt, komplett Hands-on. Und ich glaube, das ist, was bei euch einfach gewachsen ist, dass ihr beide wisst, okay, wir kriegen es hin und wir haben gute Ideen und am Ende wird es funktionieren und wir gehen vielleicht nicht den ganz normalen Weg und wir haben vielleicht auch schräge Ideen und wir haben da aber auch Respekt voreinander und am Ende klappt das aber und wir halten zusammen und ziehen an einem Strang. Und das, finde ich, merkt man in der Kommunikation und auch bei den Produkten und wenn man euch so erlebt.
David Hertl: Ich glaube, mein Unternehmen hätte sich nie so entwickelt, wenn ich nicht den Background von meiner Family hätte, wenn die nicht irgendwie alle irgendwas machen würden. Und das ist halt eine geile, sympathische Geschichte und dann funktioniert das. Und wir arbeiten alle zusammen und wir stehen nicht nur auf den Etiketten drauf, sondern das ist ja auch in echt so. Und dann macht das Ganze Spaß einfach. Das ist einfach ein Miteinander und kein Gegeneinander. Klar, gibt’s Reibungspunkte, wir sind eine ganz normale Familie wie jede andere auch. Nur, dass wir halt Bier machen.
Markus: Ihr habt viel Respekt und Wertschätzung letzten Endes füreinander. Und das ist, glaube ich, einfach gut. Und dann kommt eben sowas auch auf Augenhöhe raus und eben nicht in irgendeinem komischen Verhältnis. Und das hilft dann, glaube ich, auch.
David Hertl: Und du wirst auch geerdet. Also du kannst hier nicht arrogant werden, das haut nie hin. Also du kriegst dann sofort wieder von der Mutti eine gewäschert sprichwörtlich und dann kommt man wieder auf den Boden zurück und überlegt: Hey! Ist das jetzt wirklich eine gute Idee, was ich da gerade im Kopf habe, was meine Mutter und mein Vater alles schlechtfinden? Da muss man einfach darüber reden und dann funktioniert das ganz gut.
Holger: Dann machst du ja auch noch Seminare. Das können wir vielleicht auch noch ganz kurz erwähnen. Und wenn das dann so ist, dann wird ja auch dann bei euch zu Hause gekocht und alle sitzen an einem Tisch. Und das ist ja auch was ganz Besonderes.
David Hertl: Wir machen Brauseminare, BBQ Bierseminare, Gin Tastings, Firmen-Veranstaltungen, Junggesellen-Seminare und, und, und. Also alles, was mit dem Thema Bier zu tun hat, Bier, Gin, BBQ, das können wir ganz gut. Wir können auch gut Schäuferle machen. Also im Brauseminar gibt’s auch komplett das ganze Programm. Wir arbeiten ja auch, ein halbes Jahrzehnt ist es, glaube ich, mindestens, …
Markus: Mindestens.
David Hertl: … wo wir mit der BierAkademie zusammenarbeiten, und das funktioniert einfach genial. Und die Brauseminare von der BierAkademie finden auch bei uns statt und das ist halt einfach eine Win-Win-Situation. Und deswegen freue ich mich auch, dass ich heute euer Gast sein darf, weil wir halt wirklich auch uns alle schon ewig kennen. Also wir waren erst letzte Woche zusammengehockt beim Essen in der Brauerei und dann kam ja die bierige Idee, dass wir ja einen Podcast zusammen machen können. Und das ist halt einfach so eine schöne Situation, die einfach Spaß macht. Es ergibt sich alles, wenn man mal drüber redet und sich sympathisch ist.
Holger: Ich kann nur sagen, es war uns eine Freude und eine Ehre, dass du dabei warst. Vielen Dank für deine Zeit und für die spannenden Geschichten aus deinem Alltag. Das war richtig toll. Danke schön!
Markus: Und ich kann nur sagen, ich freue mich schon, wenn wir dann irgendwann mal wieder einen Teil machen und hat dann vielleicht den „Enkel“ und den „Urenkel“ und die „Uroma“ und den „Schwippschwager“ oder was weiß ich was alles noch im Glas. Da wird bestimmt noch Spannendes kommen. Danke David!
David Hertl: Ich danke euch auch und wünsche allen Bierverrückten da draußen, kommt einfach mal vorbei. Wenn ihr mich noch nicht kennt, dann lernt mich kennen. Und das ist keine Drohung.
Markus: Doch, ihr werdet ihn kennenlernen.
David Hertl: Ich wünsch euch was. Ciao, ciao! Schöne Grüße aus Franken!
Markus: Ciao!
Holger: Genau. Und wer nicht brav ist, wird abgefüllt. Tschüss!
Markus: Tschüss!
David Hertl: Ciao!
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