BierTalk 3 – Interview mit Oliver Lemke vom Brauhaus Lemke aus Berlin

Er gilt als erster Craft-Brauer Deutschlands und hat dennoch seine ersten Brötchen mit Hell, Dunkel, Weizen und Pils verdient: Oliver Lemke. Heute Herr über drei Braustätten und einer der Väter der neuen Berliner Weisse, verkostet er mit Holger Hahn und Markus Raupach fünf seiner Biere und erzählt die Stories dahinter sowie das ein oder andere Geheimnis aus seiner Brauerei…

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Markus: Heute ist unser dritter BierTalk am Start, diesmal mit einem Gast aus Berlin, dem Oliver Lemke, der sicherlich gleich noch ein bisschen was über sich selber erzählen wird. Ansonsten sind wie immer dabei, ich, der Markus und …

Holger: … der Holger.

Markus: Und wie ich es gerade schon gesagt habe, Oli, vielleicht sagst du zwei, drei Takte zu dir. Du hast uns ja Biere auch schon geschickt, vielleicht magst du auch ein erstes auswählen, mit dem wir starten.

Oliver Lemke: Ich bin der Oli, bin hier in Berlin, muss gerade Wunden lecken hier aufgrund der Situation, die wir haben. Aber ansonsten bin ich seit 20 Jahren hier Brauer. Wir haben in Berlin vier gastronomische Betriebe, wir haben in den letzten Jahren eine schöne Brauerei gebaut und brauen so sage ich mal 16 unterschiedliche Bierstile standardmäßig plus noch ein paar Extras im Jahr.

Markus: Womit wollen wir denn anfangen?

 

Mit der Perle in den Abend

Oliver Lemke: Vielleicht fangen wir bei der Perle an, oder?

Markus: Super.

Oliver Lemke: Also mache ich jetzt meine Perle erstmal auf und ihr auch, oder wie?

Markus: Ja, ich auch.

Holger: Also bei mir ist jetzt was im Glas.

Oliver Lemke: Bei mir auch. Sensationell! Ist gelb?

Holger: Also gelb, ja, also gelb kann man natürlich dazu sagen, aber man könnte auch sagen, Gold, oder?

Oliver Lemke: Gold, brillant natürlich. Ja, sieht ganz gut aus bei mir, ich hoffe bei euch auch.

Markus: Ja, sehr verlockend. Ich habe richtig Durst.

Oliver Lemke: Zum Wohl!

Holger: Prost!

Oliver Lemke: Schön, dass wir diesen Termin auch gewählt haben, 16:14 Uhr, passt. Vielleicht ein paar Worte zur Perle?

Markus: Gerne.

Holger: Unbedingt.

 

Ein neues Helles aus Berlin

Oliver Lemke: Perle heißt Perle aufgrund eines der Hopfen, der da drin ist. Außer der Perle haben wir da noch Magnum drin und Mittelfrüh und Tradition, was ja so sehr traditionelle Hopfensorten für ein Helles sind. Die Perle ist unser Helles. Da fragt man sich vielleicht: Warum machen wir ein Helles? Weil wir sind ja in Berlin und nicht in München. Da sind wir gleich, glaube ich, bei einem, boah, ziemlich umfassenden Thema, wobei erstmal noch mal zu dem Bier selber. Wir haben versucht eigentlich ein traditionelles Helles, was Vollmundigkeit, Stammwürze, Alkoholgehalt, Farbe, generelle Charakteristik angeht, plus ein bisschen mehr Hopfen, aber nicht Bitterhopfen, sondern wirklich dieses Aroma speziell von der Perle da noch unterzubringen und natürlich auch von den anderen beiden Aromasorten. Das war das Ziel. Wir denken, es ist uns gut gelungen, sodass man also ein Helles hat, was so ein bisschen mehr Aroma spielt als das für die meisten Hellen am Markt üblich ist, die ja dann doch überwiegend malzbetont sind. Könnt ihr als Fachleute aus dem Süden das irgendwie nachvollziehen?

Markus: Auf jeden Fall. Ich finde, das hat richtig schönen Charakter und einen eigenen Geschmack, was mir sehr gut gefällt. Viele Helle sind ja schon ziemlich nah am Wasser gebaut und das hier hat aber wirklich durch das Karamellmalz und durch die wirklich schönen Hopfennoten also wirklich ein sehr angenehmes, würde man schon fast ein bisschen von der aromatische Richtung Export rüber tun, obwohl es ein ganz normales Helles ist. Also sehr schön, trinkt sich gut. Und ich bin normalerweise gar kein so ein Fan vom Hellen, aber das gefällt mir echt gut und passt mir jetzt auch zu der Zeit.

Holger: Also ich muss mich ja erstmal outen. Ich wohne natürlich hier in München, aber der Hörer weiß es ja und man hört es ja auch sowieso, ich bin ja kein Oberbayer. Und Helles ist jetzt, also wenn ich jetzt vier Stunden den Rasen mähe und wirklich Brand habe, dann geht das schon, aber ansonsten ist das einfach mir viel zu langweilig. Und bei dem Bier hier ist mir das ganz angenehm, weil es ein schönes, vollmundiges Bier ist. Ist auch, glaube ich, jetzt genau richtig zum Starten für unser Gespräch. Und die Perle finde ich sowieso prima, auch als Aromahopfen in einem Pils. Und Pils ist ja bekanntlich mein Lieblingsbierstil. Insofern bin ich ganz zufrieden. Was mich wirklich unglaublich verwundert, ist, was auch das Helle als Stil für einen Siegeszug durch die ganze Republik gemacht hat. Also du kannst heute in Hamburg an irgendeiner Tanke tanken und dann gehst du da rein und dann siehst du halt irgendwie ein Tegernseer Hell oder ein Augustiner da in der Kühltheke stehen. Und das ist schon unglaublich, oder? Also man kann eigentlich sagen, das ist ein Trend.

 

Craft Bier und Deutschland

Oliver Lemke: Auf jeden Fall. Das bringt mich zu dem Eigentlichen, warum macht man das? Und wir haben, wenn man so ein bisschen zurückdreht jetzt das Rad der Zeit, irgendwann kam Craft. Alle Welt dachte, sie wird nun ganz schnell reich und machte ganz viele unterschiedliche tolle Ales und Stouts und belgische Biere und so weiter. Und ich glaube, wir sind uns einig, dass man heute nach einigen Jahren zumindest feststellen muss, dass die Erwartungen seitens des Handels und auch der Gastronomie, was das angeht, im Grunde sehr stark enttäuscht worden sind. Für mich eigentlich eine logische Geschichte, darum haben wir auch relativ frühzeitig, also wir haben immer die Standardbierstile, die deutschen natürlich weitergebraut, weil der Deutsche an sich sage ich mal, wenn ich den so klischeehaft schildern kann, denkt prinzipiell, das beste Bier der Welt kommt aus Deutschland. Jetzt kommen Leute und sagen: Ätsch, Bätsch, alles Unfug, du trinkst seit 30 Jahren Bier, ist alles doof, du musst jetzt Ales trinken. Die Wahrscheinlichkeit, dass da die Hälfte der Bevölkerung umschwenkt und sagt, juchhu! auf dich haben wir gewartet, ist doch eher gering. Deshalb ist das für mich völlig nachvollziehbar, dass das, was viele Leute erwartet haben, nicht passiert ist. Da kannst du bestimmt von leben, wenn du irgendwie 500 oder 1000 Hektoliter im Jahr machst. Da hast du irgendwie gerade in Berlin sage ich mal, hier gibt es dann doch viele Amerikaner, Australier, die das kennen und so, dann kann man bestimmt von seinem Dasein fristen. Wenn du aber so ein bisschen mehr Volumen machen willst, wird es schwer, weil da musst du in diesem dünnen Markt entweder die 30 anderen Anbieter wegbeißen, was schwierig wird, oder aber du musst Menschen umherziehen, was noch schwieriger ist. Ich will nicht sagen, das ist tot das Marktsegment, ich will bloß sagen, es hat sich nicht in fünf oder acht Jahren dorthin entwickelt, was man geglaubt hat. Ich bin fest davon überzeugt, dass, wenn wir in zehn Jahren darüber sprechen, dass wir einen nennenswerten, aber immer noch kleinen Marktanteil für andere Biere haben werden. Aber es ist eben keine Explosion von jetzt auf gleich. Das sieht man, glaube ich, jetzt ziemlich deutlich, und darum ist meine Intention eigentlich auch immer gewesen und deshalb haben wir eben die Perle auch vor einem Jahr, glaube ich, in den Markt gebracht, um wachsen zu können im Hektoliter-Bereich auch anderes Klientel zu erreichen, die deutsche Bierstile mag. Eine Geschichte dazu noch zum Schluss. Alle meine Freunde, die kennen mich nun seit vielen Jahren und auf jede Party muss ich ein Bier mitbringen, und kriegen natürlich auch immer irgendwelche Kommentare zu dem Bier. Meistens muss ich oder oftmals in der Vergangenheit musste ich nachfragen, na, wie schmeckt dir das 030, oder? Und seitdem die Perle da ist, gehe ich auf Partys und kommen Leute dreimal am Abend, die gleichen sagen, ey Lemke, ich sag dir mal was, mit dieser Perle, da ist dir echt mal was gelungen. So ein geiles Bier. Mit dem Bier, das verstehen die Leute. Mehrfach passiert, ich könnte mich immer kringelnd lachen über die Leute, aber es funktioniert, ist geil. Funktioniert.

Holger: Ich kann das nur bestätigen. Aber da ist auch nichts gegen einzuwenden. Also ich will auch gar nicht gegen den Bierstil Helles schießen, sondern wenn du einfach Feierabend hast und brauchst irgendeinen Freund, dann ziehst du dir einfach ein Helles. Fertig! Und das ist auch das Tolle am Bier. Du kannst zu jeder Tagesstimmung, zu jedem Anlass und so, kannst du dir einen Stil raussuchen. Und dass das jetzt mit den neuen Bierstilen nicht total explodiert hat, begrüße ich auch, weil wir haben eine Bierkultur, die ist großartig in Deutschland, total vielseitig und ist auch kreativ und das ist Heimat. Also unsere Bierkultur ist Heimat. Und was sollen wir da umschwenken? Also das wäre ganz furchtbar gewesen, wenn ich mein Pils nicht mehr kriegen würde. Um Gottes willen.

Markus: Was mir so gut gefällt ist auch das Mundgefühl. Also man hat richtig einen schönen vollen Geschmack an dem Bier, der einem aber nicht über wird. Also eins, das man einfach schön trinken kann, ein sehr angenehmes Getränk, ein sehr weiches Getränk. Und ich glaube auch, dass dieses kleine bisschen mehr an Hopfen sich wirklich auszahlt. Also weil dann auch dieses eigentlich sehr Volle vom Aroma wieder weggeht, weil dann die Hopfenbittere kommt und damit eben auch dieser Effekt wieder da ist, dass man sagt, Mensch, dann nächster Schluck, nächste Flasche, weiter geht’s.

Oliver Lemke: Ist nicht so breit, macht nicht so satt.

Markus: Da ist euch echt was gelungen.

 

Der Bierpreis als Argument

Oliver Lemke: Und ein Thema noch, wo du sagst, Pils, Helles. Als eher Norddeutscher bin ich natürlich traditionell auch eher ein Pilstrinker gewesen und das ist sicherlich auch eingeflossen jetzt in das Design der Perle, Stichwort Hopfen. Aber wir haben natürlich noch ein anderes Problem: Als kleiner Brauer sind wir nicht konkurrenzfähig im Supermarkt, was den Preis angeht. Wenn da Oettinger und Sterni und weiß ich alles, sag ich mal, welche, die von sich behaupten zumindest Pilsbiere zu sein und da stelle ich jetzt mein Pils daneben und brauche 1,50 Euro oder 1,70 Euro für den Endverbraucher für die Flasche, dann ist das ein sehr einfacher Vergleich. Dann sagt der, aber das Sterni kostet mich doch die Flasche nur, keine Ahnung, 20 Cent, warum soll ich denn 1,60 Euro ausgeben? Und bei dem Hellen ist eben der Vorteil, das ist nicht so ein kannibalisierter Markt. Da hast du eben, eine Kiste Augustiner kostet auch hier in Berlin Geld oder ein Tegernseer. Das heißt, du bist beim Hellen auf einem anderen Preisniveau generell unterwegs und du hast nicht so viel unterschiedliche Anbieter. Ist eine Frage, der Preis auch, wenn ich ein Pale Ale braue, was genauso viel kostet in der Herstellung wie ein Pils, beim Pale Ale akzeptiert der Verbraucher einen Preis, der ist viermal so hoch wie bei einem Pils, das ist einfach so. Wir hätten auch ein schickes neues Pils noch machen können, aber das war auch ein Grund, aus wirtschaftlichen Erwägungen, dass wir gesagt haben, weil wir ein Helles halt noch nicht hatten, das waren die zwei Gründe, wo wir gesagt haben, okay, wir versuchen das noch mal ein Helles.

Markus: Ja. Wollen wir ein weiteres aufmachen? Seid ihr schon bereit?

Oliver Lemke: Sehr gerne.

Holger: Unbedingt.

Markus: Wenn wir die ganze Zeit vom Pale Ale reden, dann sollten wir das jetzt auch mal probieren.

 

Ein Pale Ale mit Vorwahl

Oliver Lemke: So machen wir das, ich bin dabei. Zum Pale Ale, heißt 030. Für den, der in Berlin schon mal angerufen hat, der weiß, dass das unsere Vorwahl ist. Ist auch eine Geschichte, die nicht auf meinem Mist gewachsen ist, ich habe das damals bei, ich glaube, 805 heißt das, von Firestone Walker, als ich da war in Kalifornien, da fand ich das eine gute Idee. Aber der Matt Brynildson von Firestone hat es auch geklaut. Ursprünglich gab es irgendwo von den Great Lakes, glaube ich, von irgendeiner Brauerei. Die Vorwahl da zu nutzen ist nicht ganz neu, aber dennoch in Deutschland neu gewesen und ich fand, gerade weil Berlin so eine schöne Vorwahl hat, passt das. Pale Ale finde ich generell einen sehr, sehr schönen Bierstil, weil er eben genau wie ein Helles oder ein Pils, Stammwürze, Alkohol et cetera, das passt alles, als Bier, wo man auch mal ein paar am Abend trinken kann. Ein ganz großer Teil der Pale Ales, die hier unterwegs sind, die wollen eigentlich Session IPAs sein oder sind es. Das heißt, die Hopfen-Charakteristik ist viel zu dominant, was auch dazu führt, dass ich eben nicht einen 6er-Träger davon trinken kann. Und wir haben wie bei allen anderen Bieren auch immer im Fokus gehabt Biere zu machen, die Drinkability haben und die eben das ermöglichen, dass du auch von Pale Ale einige trinken kannst und dir der Hopfen nicht den Mund versperrt. Darum ist es für den einen oder anderen vielleicht hopfentechnisch nicht so aromatisch wie er es erwartet. Und das Zweite dazu ist: Ich habe einen Lieblingshopfen in dieser Welt, der fruchtige Hopfen, das ist der Centennial. Den kann man hier, es sind zwar auch noch ein paar andere drin, aber der ist hier federführend. Zum Wohl erstmal!

Markus: Ja. Prost! Auch wieder ein sehr, sehr schönes Bier. Mein Problem ist, ich bin wirklich von deinen Bieren eigentlich schon, seit ich sie kenne, begeistert. Was ich da besonders spannend finde, ist eigentlich die Geschichte dahinter. Also wir haben uns mal sehr lange eben auch über deine Geschichte unterhalten, und die fängt eigentlich schon im letzten Jahrtausend an als Craft-Beer-Brauer. Und da hast du schon solche Bierstile gemacht, die zu dem Zeitpunkt in Deutschland nahezu unbekannt waren. Hast du damals im Pale Ale angefangen?

 

Die Anfänge vom Brauhaus Lemke

Oliver Lemke: Ja, in der Tat haben wir mit Ales angefangen. Der Grund dafür liegt einfach in meiner Historie. Ich bin von Hause, hier an der VLB habe ich Brauwesen studiert. Und während der Studienzeit habe ich so für Anlagenbauer gearbeitet und habe Brauereien in der Welt in Betrieb genommen und aufgebaut. Vorher war ich noch mal ein Jahr in den USA. Also ich habe so ein bisschen international geschnüffelt, was so geht, und bin dadurch natürlich ziemlich zeitig, also seit Mitte der 80er, in Kontakt gekommen mit anderen Bierstilen. Hat mich damals noch gar nicht so überzeugt, so ein Plan, was du tust in deinem Leben, ich weiß nicht, wie das bei euch ist, aber der reift auch und es nimmt Wendungen und Wirrungen, die man zuvor nicht erwartet hat. Aber ich habe das alles so irgendwie aufgesogen in meiner Jugend, bin auch viel verreist, Australien, Südamerika und so. Und als dann irgendwie die Situation war, dass man anfängt zu arbeiten oder studieren erst mal, und als der Entschluss reifte, eine eigene Brauerei zu machen, fiel das alles so ineinander, also wie so Puzzleteilchen. Dass du sagst: Okay, Brauerei ja, aber nicht im Großbetrieb. Ich habe früher auch bei Polar mal gearbeitet als Praktikant oder bei Jever und wusste, okay, groß hat auch seine Vorzüge, aber eigentlich wollte ich was selber machen. Und das war gerade die Zeit der Gasthausbrauereien, die erste Welle war vorbei, als ich fertigwurde mit dem Studium, 1996, 1997. Es war aber klar, eine eigene kleine Brauerei soll es sein, und jetzt kam der Input aus den internationalen Erfahrungen, und dann war relativ schnell klar Kleinbrauerei oder Gasthausbrauerei ja, aber anders. Und es zeigte sich auch nicht nur in der Auswahl der Bierstile, sondern auch die Anlage war selbstgebaut. Dann hat man dieses japanische Speisenkonzept Yakitorie, es war alles anders, also es hatte mit den herkömmlichen Gasthausbrauereien so gar nichts zu tun. Heute würde man sagen, ist irgendein Start-up von irgendeinem, der den Schuss nicht gehört hat oder sehr weit in die Zukunft guckt. Und es hat auch dementsprechend nicht funktioniert, sodass ich über Jahre auch ein Stück weit zurückrudern musste, sei es, was das Speisenkonzept anging oder auch, was die Vielzahl der Bierstile anging. Aber das war eben, die Ausgangsbasis war halt schon getriggert durch diese eben genannten Faktoren. Und so kam es dazu, dass wir dann eben, wenn du heute bei Untappd guckst oder so, oder bei RateBeer, ich verfolge das nicht so, aber ich glaube, sie haben vor 2002, 2003 oder so waren IPA Ratings da die ersten. Da wusste hier noch kein Mensch was von IPA. Wir haben Spaß da dran gehabt, aber es war unverkäuflich im Endeffekt. Und weißt du was? Am Ende haben wir nicht daraus gelernt, heute machen wir auch eine Menge Biere, die unverkäuflich sind. Aber nicht, weil sie nicht gut wären, sondern weil der Markt einfach noch nicht da ist. Wir haben alleine an Analysekosten irgendwie 20.000, 30.000 Euro mittlerweile, um dahin zu kommen, wo wir sind. Eigentlich ist es Spinnerei, aber es macht halt Spaß.

Markus: Und das ist aber auch das Schöne. Also ich glaube, wenn du jetzt wirklich zurückblickst, dass du jetzt seit über 20 Jahren mit Leidenschaft Brauer bist und auch letzten Endes dich durch viele Rückschläge nicht hast abbringen lassen, noch dazu in Berlin, das ist schon aller Ehren wert.

Oliver Lemke: Das war nicht immer nur auf meinem Mist gewachsen, sondern es ist nie ein Werk von einem, sondern es gibt immer verschiedene Leute, die dazu beitragen.

Markus: Und interessant, dass du auch Leute hattest, die waren eine Zeit lang bei dir, dann sind sie wieder weitergezogen. Du hast schon für viele Leute, glaube ich, den Bierweg geebnet.

 

Gutes Bier ist Teamwork

Oliver Lemke: Mir ist immer wichtig, oder ich bin immer bemüht, dass man Leute hier eine Weile hat, voneinander profitiert und dass man hinterher ein gutes Verhältnis hat. Und meistens funktioniert das auch. Wir haben also auch Leute, die weggegangen sind, wo wir ein Super-Verhältnis pflegen bis heute. Wo auch immer die Option wieder da ist, dass sie zurückkommen. Die meisten Leute gehen wirklich im Guten und man ist sehr zufrieden mit dem, was man gemeinsam geschafft hat. Ja. Aber man muss auch sagen, das, was wir hier machen, ist auch dauerhaft nicht für jeden, weil es auch echt anstrengend ist. Also wenn du dir überlegst, von dieser 2-Hekto-Anlage bis heute 35 Hekto. Also wir sind eigentlich seit 20 Jahren eine Baustelle. Ich habe gute Leute gehabt, die aber vielleicht als Brauer gut gewesen wären oder als Betriebsleiter oder was auch immer, aber diesen permanenten zusätzlichen Stress nicht ausgehalten haben oder auch nicht wollten. Und das kann ich auch nachvollziehen. Weißt du? Also mir als Unternehmer, ich habe sowieso eine andere Herangehensweise an das ganze Thema, aber als Mitarbeiter, wenn du jetzt zum Mitarbeiter gehst und sagst, pass mal auf, wir haben jetzt ein halbes Jahr Stress, dann sagt der: Ist in Ordnung, kann ich mit leben. Wo wir zum Beispiel Brauhaus Mitte die Fassaden rausgerissen haben und im Winter im Freien Bier gebraut für einen ganzen Winter lang. Das kannst du noch Leuten vermitteln, aber wenn das vorbei ist und die Fassade ist wieder da und du sagst, so, okay, und als nächstes müssen wir jetzt ein neues Sudhaus planen und hier müssen wir irgendwie diesen (unv. #00:15:42.7#), einen Weg schaffen, dass wir irgendwie ein (unv. #00:15:44.5#) da reinsetzen und einen Schornstein bauen, wo gar keine Möglichkeit. Also es kommt immer wieder was Neues, das ist immer neu, immer neu, immer neu. Manchen Leuten, und das kann ich voll nachvollziehen, ist das nach einer gewissen Zeit, dass sie sagen: Ey Lemke, weißt du, du findest nie ein Ende. Hat Spaß gemacht, aber ich suche mein Glück und mein bisschen jetzt Runterkommen woanders. Und das gab es schon öfter. Ja. Auch verständlich, wie gesagt, habe ich volles Verständnis für.

Markus: Wobei natürlich das auch ein bisschen der Kern des Unternehmertums ist, dass du eigentlich immer wieder gucken musst, dass du nicht stehenbleiben kannst. Sondern wenn man mal irgendeinen Punkt erreicht hat, muss man im Kopf eigentlich schon wieder wissen, wo man dann die nächsten Schritte geht und was man hier ausprobiert, um einfach da auch immer weiter am Ball zu bleiben und sich weiter zu entwickeln.

Oliver Lemke: Es gibt Leute, die finden das auch cool, die sind gerade deshalb hier. Weißt du? Und die sagen: Hey, was ist das Nächste?

Holger: Ich wollte einfach nur sagen, dass so die Tradition der Walz innerhalb der Handwerkschaften, der Zünfte, die ist nicht umsonst entstanden. Also du hast einmal als Geselle die Möglichkeit verschiedene Betriebe kennen zu lernen, verschiedene Lehrmeister zu haben, deinen Horizont zu erweitern und für die Betriebe war es auch jedes Mal eine Bereicherung, weil du bei jedem Betrieb auch wieder was von den anderen Betrieben mit eingebracht hast. Ich weiß nicht, bei den Brauern ist die Walz nicht mehr so verbreitet wie bei den Zimmerleuten und so, aber so wie du es jetzt beschreibst, ist es auch eine Art von Walz, die dann da entsteht.

Oliver Lemke: Korrekt.

 

Der Blick über den Tellerrand

Holger: Und gerade, wenn dann Leute aus dem internationalen Kontext dazukommen, dann können die sehr bereichernd sein, weil die einfach übern Tellerrand geschaut haben und Leute, die dann sich entscheiden, wirklich aus der Komfortzone raus zu gehen, in ein fremdes Land zu gehen in eine fremde Umgebung mit einer fremden Sprache und so, da kann man sowieso immer mehr erwarten als jetzt bei jemandem, der sage ich mal einen 9-to-5-Job am liebsten hat.

Oliver Lemke: Klar, ich kenne das seit frühesten Tagen, in unserer Branche ist das total üblich immer schon gelesen, dass du im Ausland begehrt bist, also egal, wo ich war im Ausland, im Brauereibereich waren immer Deutsche, VLBler, Weihenstephaner, Ulmer, Doemensianer, immer unterwegs. Und dementsprechend war das auch, das hat auch diesen familiären Charakter geprägt, wo du dich immer überall willkommen gefühlt hast. Ich meine, Markus hat es schon hundertmal gehört die kleine Geschichte, wo ich bei Anheuser-Busch vorgesprochen habe da und saß vor Gary Kramer. Das war zu der Zeit der oberste Brauer im Anheuser-Busch-Konzern, der sich eine halbe Stunde Zeit genommen hat für einen Nobody aus Deutschland damals im zweiten, dritten Semester. Das ist schon bezeichnend für die Branche auch, dass es schon einen familiären Touch hat und man immer willkommen ist im Ausland, egal wo du eigentlich aufschlägst. Habe ich immer sehr genossen.

Markus: Holger, magst du uns ein Bierchen aussuchen, was wir als nächstes trinken?

Holger: Also ich fände ja schon toll irgendwie, wenn wir jetzt mal auch über die Budike sprechen. Und es ist eines meiner absoluten Lemke-Lieblingsbiere, wenn ich das so sagen darf.

Oliver Lemke: Sie macht sich auch ganz, ganz schlecht hinterher, hinter dem letzten Bier, was wir wahrscheinlich trinken.

Holger: Obwohl Oli, also ich kann dir sagen, also ich will mich jetzt nicht als Säufer outen, das bin ich auch nicht, ich bin wirklich Genusstrinker und kein Wirkungstrinker, aber wenn du irgendwann gar nichts mehr schmeckst und weiß ich nicht wie viele Biere du verkostet hast, dann einfach nur mal ein schönes Sauerbier und dann geht es auch wieder.

Oliver Lemke: Ja. Es neutralisiert halt.

Holger: Ja genau.

 

Die Rückkehr der Berliner Weissen

Oliver Lemke: Ja, wir haben die Budike. Kurz zum Namen, ich sag mal, man kann natürlich fünf Podcasts füllen mit der Budike alleine, wir müssen das natürlich hier reduzieren. Berliner Weiße, alter Bierstil, 1600 schieß mich tot, Markus, weiß das alles viel besser, du bist quasi Bierhistoriker. Wir haben uns zur Aufgabe gemacht vor einigen Jahren den Champagner des Nordens quasi wieder zu entwickeln und zu sagen, okay, wir haben jetzt ein Bier, was auf Mischgärungsbasis funktionieren ähnlich wie Lambic & Gueuze, was die Berliner Weisse heute in ihrer gewohnten Form nicht mehr ist, das ist ganz weit weg davon. Und so sind wir angetreten, haben gesagt, okay, wir scannen jetzt ohne Ende Mikroorganismen unter Teilhabe natürlich auch von Brettanomyces, weil wir wissen aus der Literatur und aus Promotionsarbeiten, dass die definitiv Teil der Budike war, was auch völlig nachvollziehbar ist bei den damaligen Arbeitsweisen. Und kreieren ein Bier, was per Mischgärung funktioniert, was nahe da rankommt, wie es früher gewesen sein mag, wenn ein Sud gut gelaufen ist. So würde ich es formulieren. Weil es gab natürlich damals keine Kontinuität und es gab ähnlich, also ich kenne das von belgischen Kollegen, die pro Fermenter 200 unterschiedliche Mikroorganismen drin haben und dann versuchen, Kontinuität zu erreichen über das Verschneiden. Das ist auch ein möglicher Ansatz, den haben wir nicht gewählt. Sondern wir haben gewählt einen Ansatz der Moderne, wo wir gesagt haben, wie kriegen wir eine reproduzierbares Produkt unter Einbindung dieser unterschiedliche Mikroorganismen, indem wir diese gezielt auswählen, in gezielten Mischungsverhältnissen anstellen, was natürlich beim Brauen ein ziemlicher Akt ist, weil du jedes Mal mit einer neuen Reinzucht startest. Es ist also nicht so wie beim normalen Bier, wo du erntest und den nächsten Sud anstellst, sondern jede Budike wird speziell aus dem Reagenzglas quasi hergeführt, unterschiedliche Organismen. Dann wird geguckt, oder wir haben natürlich unsere Erfahrung durch die Jahre und wir haben fünf Diplomanden habe ich betreut bei Professor Methner, die ihre Masterarbeit oder Studienarbeiten über dieses Thema gemacht haben unter meiner Leitung. Und so haben wir natürlich diese ganzen Modalitäten rausgekitzelt und geguckt, wie kommen wir diesem Ziel des Champagners des Nordens, ups, darf ich nicht sagen, am nächsten. Und das ist das Ergebnis, was wir hier jetzt verkosten. Und das ist ein Bier, was sich natürlich verändert, das ist relativ jung. Und dieses Bier wird natürlich dadurch, dass es lebende Organismen hat, wir haben Evidenz, dass die Brettanomyces auch nach 20 Jahren noch effektiv in der Flasche ist. Und so wird sich auch dieses Bier in den nächsten 20 Jahren, wenn es nicht getrunken wird, verändern. Unser Anspruch ist, auszuliefern schon in einer Qualität, die so ist, dass man sagt, das ist toll, und dann eben es wie ein Wein auch hinlegen kann über Jahre und schauen kann, wie es sich entwickelt.

Markus: Da würde jetzt ein Unbedarfter vielleicht, der noch gar nicht viel damit zu tun hat, sagen, wieso ist das jetzt was Besonderes? Im Grunde es gibt doch schon immer Berliner Weisse. Als ich den 70ern, 80ern in West Berlin war, habe ich das getrunken, das war dann halt grün oder rot. Und was ist denn da jetzt eigentlich neu dran? Warum hat man da eine Uni involviert? Warum?

Oliver Lemke: Also man hat folgendes getan, man hat von der ursprünglichen Art und Weise dieses Bier als Mischgärung mit unterschiedlichen Mikroorganismen zu produzieren ist man abgewichen, weil es natürlich für deutsche Brauer herkömmlicher Natur eine Katastrophe ist. Also ich brauch einen Organismus, der mein Bier produziert in Reinzucht, das ist unser Anspruch bei Pilsbieren, bei Hellem, bei allem, was wir produzieren. Und das, was bei der Weisse ursprünglich war oder eben auch in Belgien praktiziert wird, ist für einen deutschen Brauer eigentlich undenkbar. Weil diese Organismen sind natürlich auch welche seines (unv. #00:22:24.3# Laktus?), seines Brett, die ich in keiner Brauerei der Welt überhaupt haben möchte oder in keiner Brauerei in Deutschland. Also war der Weg klar, dass die Großbrauerei sagen würde eines Tages, wir stampfen diesen alten Weg ein, wo wir gar nicht wissen, was wir so genau tun und gar nicht so genau wissen, was für Mikroorganismen da drin sind, und ersetzen das Produkt durch eines, was wir nach wissenschaftlichen und schematischen Kriterien mit Kontinuität herstellen können. Das hat dazu geführt, dass wir heute so genannte kettle-saure Biere oder sogar durch Zugabe von Milchsäure produzieren, die schlussendlich mit einer angesäuerten milchsauren Würze agieren, wo der pH-Wert dann eingefroren wird. Dann sagt man, okay, bei 3,5 oder was auch immer, will ich ankommen, dann stoppe ich den Prozess jetzt, und dann setze ich eine ganz normale obergärige Hefe rauf und das war’s. Das Produkt, was ich dann erhalte, ist eindimensional. Also im Regelfall ist es zitronensauer so ein bisschen von der Anmutung her und hat halt keine Tiefe, keine Komplexität. Das ist einfach ein eindimensionales Getränk. Oftmals auch beim Beispiel jetzt Berliner Kindl, so dass es im Grunde schwer trinkbar ist, ohne dass ich diesen Sirup dazu addiere. Und der Sirup ist eben als Gegenspieler der Säure, das funktioniert, das ist ein erfrischendes Sommergetränk, ist aber halt im Grunde ein Biermischgetränk, wo dann eben auch keine Braukunst oder so wirklich dahintersteht. Und es gibt eine Menge Leute, die sich mit dem Thema Berliner Weisse jetzt auch auseinandersetzen, weltweit auch, egal ob das jetzt Catharina Sour ist da in Brasilien oder auch hier oder in den USA, und die meisten meines Wissens verfolgen nach wie vor diesen Weg, dass ich es möglichst simpel gestalte, also diesen Kettle Sour Weg. Und unser Anspruch war bewusst das nicht zu tun, sondern das Original wieder zu beleben. Und das Resultat ist jetzt ein Bier, was trotz der Tatsache, dass es eine geringe Stammwürze hat und einen geringen Alkoholgehalt, sehr komplex und tief ist. Wenn man das schmeckt, wird man feststellen, ich habe unfassbar viele Nuancen da drin, gerade durch diesen leichten Brett-Charakter, wo man aber sehr vorsichtig sein muss, weil wenn der zu stark wird, dann kannst du es auch nicht mehr trinken. Es ist mit Sicherheit das anspruchsvollste Bier, was wir brauen.

Markus: Ja, sehr spannend und anspruchsvoll in der Brauerei, denke ich mal, weil man unheimlich aufpassen muss, wo die Mikroorganismen sind und wo sie nicht sind.

Oliver Lemke: Wir haben für die Weisse einen separaten Keller. Du kennst bei uns die Situation, ursprünglich wurde sie am Schloss produziert, das war aber sehr aufwändig, weil wir dann mit dem Tank da rüberfahren mussten und so weiter. Und jetzt ist der alte Keller unterm Brauhaus am Alex, da ist das Sudhaus stillgelegt, das ist unser Berliner Weisse Keller, das heißt, der ist in einer Entfernung von 150 Metern vom Rest der Brauerei und bisher funktioniert es ganz gut.

Markus: Holger, wie ist das, wenn du in München jemandem so ein Bier servierst, wie reagieren die denn darauf?

 

Der Bayer und das Sauerbier

Holger: Die hauen mir eine runter. Also kommt drauf an, wer es ist. Aber wenn ich jetzt hier auf die Straße gehe und einfach einen typischen Münchner einfach einlade und sage, magst du ein Bier, und ich schütte es ihm ein und er wundert sich schon, warum es so trüb ist und so, aber dann trinkt er halt, weil er Durst hat und Bier ist nicht schlecht hier in der Stadt, aber dann haut er mir eine runter. Also das würden die nicht verstehen. Also jetzt gibt es natürlich genügend Leute hier, die aus der Craft-Beer-Szene kommen beziehungsweise die eben auch wertschätzen und die setzen sich dann natürlich damit auseinander und reden von der Komplexität, die ohne Zweifel dieses Bier hat und so. Aber ich nehme es ganz gerne auch in Verkostungen, aber ich muss schon sagen, man muss die Leute begleiten. Also du kannst jetzt nicht einfach sagen so: Prost! Man muss schon das anmoderieren, muss auch darüber reden, wie besonders das ist, muss vor allen Dingen auch bei den meisten, denke ich, dieses Bild von dem Bier, was die dann im Kopf haben, erst mal versuchen herauszubekommen, damit die ganz frei werden, also dass die sich öffnen können und nicht irgendwie mit ihren Erwartungen in dieses Bier einsteigen. Weil sonst kommt eine Enttäuschung.

Oliver Lemke: Wir machen es den Leuten leicht dadurch, dass wir noch drei weitere Varianten davon machen. Die kennt ihr ja, Himbeere, Waldmeister und die Berliner Eiche, wo aber dann eben nicht mit Sirup gearbeitet wird, sondern das Bier liegt in der Tat auf Himbeeren, auf Waldmeister oder auf Eichenspänen. Und das sind so sag ich mal die Einstiegsdrogen, die den Zugang wahrscheinlich deutlich einfacher machen. Also ist meine Erfahrung, wenn ich mit Leuten dieses Bier verkoste. Waldmeister ist speziell, da gibt es entweder Fans oder welche, die sagen, kann ich nicht. Himbeere ist eigentlich ein Ding, was alle lieben. Und die Eiche, mein eigentlicher Favorit, weil die Süße des Holzes so einen wunderschön Gegenpol zu der Säure liefert und weil es auch echt eine Ausnahme ist, dass man ein schwachalkoholisches Bier mit Holz in Verbindung bringt, was im Regelfall wenig funktioniert, da gibt es echte Fans, die sagen, das ist sensationell und das kann ich auch sehr, sehr gut nachvollziehen. Und dann gibt es welche, die sagen, ich schmecke das Holz gar nicht.

Holger: Also ich muss auch sagen, die Eiche ist auch mein absoluter Favorit. Wenn ich bei euch bin und für den Markus mal wieder Bier holen muss, dann nehme ich mir immer eine Flasche Eiche oder auch mehr mit.

Oliver Lemke: Das ist gut.

Holger: Das muss ich auch sagen. Nee, aber jetzt noch mal zum Bier. Was mich besonders unheimlich beeindruckt, kann man schon fast sagen, ist diese süße, säuerliche Balance, die dieses Bier hat. Und auch so dieser Apfelmost, der da so rauskommt und so, den finde ich großartig. Ich bin total begeistert. Und ich wusste gar nicht, also ich habe auch mal neun Jahre in Berlin gelebt übrigens und liebe diese Stadt auch, aber jetzt mit dem Thema diese alten Schankstätten, dass die eben diese Budike, also von Boutique abgeleitet, das wusste ich gar nicht.

 

Champagner Weisse und Sandweisse

Oliver Lemke: Das wusste ich auch erst durch Literatur jetzt, so alt sind wir alle nicht, dass wir das auch wissen. Es gab die Champagner Weisse und die Sand Weisse, die eingegraben wurde zehn Jahre und, und, und. Und die Budike Weisse war die des einfachen Mannes oder der einfachen Frau, und so war es eben naheliegend das Bier auch entsprechend zu nennen. Und wir haben in der Pipeline, das Spielfeld ist erst begonnen, sage ich mal, also wir arbeiten seit Jahren fast schon, kann man sagen, an der Luise, das wird eine hochprozentige Berliner Weisse werden, als wirklich als Champagner Ersatz. Wobei da sehr, sehr anspruchsvoll ist den Brett-Charakter im Zaume zu halten. Also da kann man noch viel machen im Bereich Berliner Weisse. Ich würde fast sagen, das ist kein, nur ein Bierstil, sondern es ist quasi übergeordnet, dass ich also mehrere Spielfelder dort habe.

 

Himbeer Weisse, Kirsch Weisse und Waldmeister Weisse

Markus: Ich muss sagen, für mich am spannendsten ist die Himbeer Weisse, das ist mein absolutes Lieblingsgetränk. Da nehme ich immer mindestens zwei, wenn ich da bin. Und ich muss sagen, was ich auch faszinierend finde, bei der Waldmeister Weissen konnte man über die Jahre sehr gut nachvollziehen, wie ihr so ein Produkt entwickelt. Der Geschmack, wenn ich überlege, die allererste, die ihr mir mal zum Probieren gegeben habt, verglichen mit dem, was es jetzt gibt und all die Schritte zwischen, fand ich total spannend eben zu sehen, wie ihr euch nach und nach an den Geschmack rantastet, wie da die Balance austariert wird, wie man dann versucht, das gut rüber zu bringen, wie es dann auch konsistent bleibt, wenn das Bier ein bisschen älter ist, und so weiter. Also fand nicht ganz spannend. Und auch vor dem Hintergrund, dass die meisten Leute gar nicht wissen, wie Waldmeister eigentlich schmeckt. Also der normale Mensch hat Waldmeister immer nur als künstliches Aroma aus irgendetwas, die wenigsten hatten wirklich schon mal ein Waldmeister Blatt irgendwie im Mund. Und das gut umzusetzen, finde ich echt total spannend und finde ich auch als Projekt einfach eine ganz, ganz coole Geschichte.

Oliver Lemke: Und als nächstes muss ich noch, ich weiß nicht, ob du das schon mal gekostet hattest, wir hatten seinerzeit ein Sondersud gemacht, Kirsche, hast du die mal gekostet?

Markus: Mhm (bejahend). Ja. Und da fand ich die Entwicklung so spannend. Das ist jetzt großartig.

Oliver Lemke: Die haben wir jetzt wieder. Also damals war so im Team hier die Entscheidung, ich habe gesagt, wir machen erst mal einmal Frucht und dann war die Entscheidung klar, Himbeere, weil die Himbeere ist echt so in your face, also ist total Himbeere pur. Und die Kirsche war subtiler, ich fand die Kirsche eigentlich fast noch spannender und darum haben wir die Kirsche jetzt wieder eingebraut. Also diesen Sommer wird es auch die Kirsche wieder geben.

Markus: Magst du uns noch ein Abschlussbier kredenzen? Wir haben jetzt noch zwei, aber die werden wir nicht mehr beide schaffen.

Oliver Lemke: Ach, ich lasse euch wählen, weißt du.

Markus: Das ist natürlich jetzt gemein, also Holger, ich würde fast sagen, wir verlängern den Podcast um zehn Minuten und machen sie doch beide, oder? Was sagst du?

Holger: Ich würde jetzt einfach sagen, auf jeden Fall jetzt als nächstes muss eigentlich das Spree Coast IPA kommen. Weil ich habe, glaube ich, gestern das Paket bekommen und habe es heute ausgepackt und so, und seitdem freue ich mich darauf. Also das wäre sehr gemein, wenn das also jetzt nicht käme.

Oliver Lemke: Wenn ihr euch nicht entscheiden könnt, machen wir beide. Los, geben wir Gas.

Markus: Wir machen beide. Du hast da grad schon eines aufgemacht, ich glaube, das war das Spree Coast, oder?

Oliver Lemke: Genau. Ja.

Markus: Dann ziehe ich mal nach hier.

 

Spee Coast IPA – ein West Coast India Pale Ale aus Berlin

Oliver Lemke: Ich fange schon mal an. Die Geschichte dahinter ist auch sehr schön, und zwar hat die Hop Growers Association, also der Hopfenpflanzer Verband der USA, seit einigen Jahren inszenieren die einen Wettbewerb, verschicken Hopfen und sagen, hier, die, die ihr mitmacht, macht einen Wettbewerb unter Zuhilfenahme unseres Hopfens. Ihr könnt den auch noch ergänzen durch anderen Hopfen oder ihr könnt was weglassen, wie auch immer. Und wer macht das beste West Coast Style IPA in Deutschland? Da haben wir gleich beim ersten Mal mitgemacht und ich habe dieses Bier geschrieben einfach nur aus der Theorie. Dann haben wir mitgemacht und haben nichts gewonnen. Und fand das Bier aber super eigentlich und hatten auch einen Spree Coast, und haben das Bier dann trotzdem auf den Markt gebracht. Und dann kam der damalige Braumeister Andy Hegny, Markus, du kennst den noch, ne?

Markus: Ja.

Oliver Lemke: Der Andy ist ein großer Freund von Citra und ich mag überhaupt kein Citra, weil diese harzigen Noten und so, das ist alles nicht so meins. Habe ich vorhin schon gesagt, wenn ihr aber jetzt Centennial, Cascade ein bisschen. Der Andy kam dann nach Hause und hat das von mir entworfene Spree Coast mit Citra gestoppt, sage ich mal, bis der Arzt kommt. Und meinte, hier, guck mal, so muss es sein. Und da habe ich gesagt, Pfui Deibel, so kann das keiner saufen. Und dann haben wir uns geeinigt und dann haben wir gesagt, okay, ein Teil von dem Citra, den er da reingemacht hat, den machen wir da rein. Und ich glaube, ein Viertel oder so. Und dann haben wir das gleiche Bier im nächsten Jahr eingereicht und haben Gold gewonnen bei dieser Hop Growers Association. Dazu muss man sagen, das ist zwar ein kleiner Wettbewerb, aber da sitzen mit John Mallet oder Matt Brynaldsen wirklich Leute drin, die schon eine Reputation haben. Also da sitzt nicht irgendeiner, also das war uns schon ein wichtiger Award, obwohl er klein war. Und ein Jahr später oder zwei Jahre später eben den European Beer Star. Was schließen wir daraus? Auch hier dieses Bier ist ein Teamwork. Also einer schreibt das Rezept, macht die Grundgeschichte und der andere frickelt dran rum und sagt, müssen wir was ändern, und so ist es echt unser gemeinsames Projekt gewesen, was wir jetzt zum Erfolg geführt haben. Und der Andy hat sich dann auch gleich das Etikett quasi oder ein Teil des Etiketts auf den Nacken tätowieren lassen. Sensationell, ja. Das war irgendwie diese Geschichte. Und geschmacklich ist es also wirklich West Coast Style. Also wir haben ein Standard IPA, was ein bisschen lieblicher ist, was ein bisschen netter ist für Starter, und hier ist wirklich die volle bittere ein bisschen Harzigkeit, aber auch Centennial und Cascade als Aromaspender Grundlage. Ich finde es toll, ich trinke es mittlerweile deutlich, deutlich lieber noch als unser Standard IPA. Auch viele Amerikaner kommen hier auf den Hof oder so und sagen, hey, ich bin gewöhnt zu Hause meine IPAs und so, aber hier, da habe ich eins gefunden, was dem das Wasser reichen kann. Bin ich sehr zufrieden mit und verkauft sich auch gut.

Markus: Ich kann mich auch noch gut erinnern an den European Beer Star, an die die Winners Night, da hatte der Andy glaube ich das Tattoo ziemlich frisch ganz stolz jedem präsentiert und hatte auch schon das eine oder andere IPA auf diesen Erfolg getrunken. Das war schon …

Oliver Lemke: Aber weißt du, ist doch in Ordnung. Er ist Teil dieses Produktes, er hat das mitentwickelt und da kann man dann auch stolz drauf sein. Passt, finde ich. Was ich vorhin gesagt habe, jeder leistet seinen Beitrag hier. Wäre schlimm, wenn nicht.

Holger: Unbedingt. Ich kenne es und mir geht es auch so wie den Amerikanern, ich mag das sehr. Und ich mag sowieso gerne bittere Biere, aber die dürfen nicht so plump bitter sein. Und hier mit den 75 Bittereinheiten ist das einfach so schön auch in seiner Fruchtigkeit eingebettet, das Bier meines Erachtens wirklich großartig sein lassen. Und es ist auch nicht zu Tode gestopft. Als das auch oft, gerade bei den amerikanischen IPAs so, das sind totale Hop Heads, die einfach alles zu Tode stopfen mit Hopfen. Und das mag ich nicht. Und hier ist es auch wieder so eine schöne Ausgewogenheit, die Bittereinheiten zwar andeuten, aber die dich auch nicht fertigmachen. Und das mag ich sehr an dem Bier.

Markus: Schön ist auch diese Mischung aus diesem Citrus, harzigen, kräutrigen, ist auch so ein bisschen Anis und so. Also es ist eine unheimlich große Bandbreite an Aromen in dem Bier. Das macht mir also auch richtig viel Spaß.

Oliver Lemke: Fein, fein. Freut mich, dass ihr zufrieden seid mit dem, was wir hier so machen.

Markus: Kannst du uns jede Woche schicken, so ein Paket.

 

Bier-Vielfalt aus der Bundeshauptstadt

Oliver Lemke: Alles klar. Aber es ist auch wirklich, wenn man mal zurückdenkt so, also diese Vielfalt, weißt du, das ist echt, macht super viel Spaß vor einem Kühlschrank zu stehen und zu sagen, okay, wo habe ich denn jetzt Bock drauf. Und eben nicht da reinzugreifen und immer das gleiche Bier zu trinken. Und bei Leuten wie uns haben sich die Trinkgewohnheiten, glaube ich, drastisch geändert. Ich kriege ja schon, wenn ich eine 0,5er sehe irgendwo, habe ich schon den Kanal eigentlich zu. Ist mir viel zu viel. Wieviel 0,5er an einem Abend trinkst du? 4 Stück? Ich nicht so viel. Also 4 Stück ist so Maximum, viel mehr mag ich nicht. Dann habe ich maximal 4 Geschmackserlebnisse, ist mir zu wenig für einen Abend.

Markus: Wir hatten einen Psychologie-Professor zu Gast, den Claus-Christian Carbon, und der hat auch ein bisschen so die Trends erforscht und erzählt, dass es eben auch tatsächlich in diese Richtung geht. Also dass die Leute tendenziell eher deutlich weniger konsumieren, aber dafür viel mehr Verschiedenes. Kann man natürlich mit so einer Palette wunderbar reinkommen.

Oliver Lemke: Wollen wir noch eins nehmen? Oder habt ihr keine Zeit mehr?

 

Barrel Blend – ein Imperial Stout als Kunstwerk

Markus: Naja, wenn du uns den Barrel Bland schickst, da gibt’s nichts. Ich meine, allein das Bier ist deswegen schon faszinierend, weil man es gar nicht am normalen Etikett erkennt. Das Etikett schaut aus wie das ganz normale Imperial Stout und dass es dieses besondere Bier ist, dieser Barrel Blend, erkennt man nur an der Binde, die oben um den Hals gewickelt ist sozusagen.

Oliver Lemke: Und es sollte einen kleinen Stempel haben.

Markus: Stimmt, meins hat jetzt auch einen Stempel, früher hatte es diesen aber nicht. Und auf der Binde sieht man dann auch ein bisschen, welche Fässer verwendet wurden. Hier steht jetzt Cherry Bourbon, Cognac und Tequila, kann man sich, glaube ich, schon eine Menge an Aromen vorstellen. Aber was es genau damit auf sich hat, wirst du jetzt sicherlich uns gleich erzählen.

Oliver Lemke: Erstmal ein Geheimnis lüften. Die Banderole haben wir irgendwie vor ein paar Jahren produziert, die ist nur exemplarisch. Das heißt, wenn wir jetzt, ich sehe schon zum Beispiel in diesen Barrel Blend ist Rum drin und der Rum steht nicht mit auf der Binde. Also die Binde darfst du mich für eins zu eins umsetzen in Realität.

Markus: Aber sie zeigt zumindest, dass es diese spezielle Version vom Imperial Stout ist.

Oliver Lemke: Korrekt. Genau. Wenn ich dieses Bier blende, ist die Idee, möglichst Komplexität zu erreichen, ohne aber, und das wisst ihr auch, vielfach ist es so, dass der Alkohol dich erschlägt. Die Idee ist Komplexität, aber ohne, dass der Alkohol zu dominant ist und ohne, dass einer der Bierstile oder der Spirituosenstile, die da drin sind, zu dominant wird. Bei Rum zum Beispiel ist es total gefährlich. Wenn du mehr als 5 Prozent Rum Vorbelegung hast, dann schmeckt das nur noch nach Rum. Haben wir mal ausprobiert, fanden die Jungs hier super cool. Dann habe ich gesagt, ist nicht meins, da siehst du am Caribbean Stout oder so. Finde ich nicht gut, weil nicht balanciert. Aber jeder findet was anderes schön. Also die Idee ist, ich nehme ein Bier, lege das auf unterschiedliche Vorbelegung, ein paar stehen da drauf, Cherry, Bourbon, Tequila, was auch immer, uns in den Keller kommt, lass das eine Weile darauf liegen, fange an zu blenden. Muss man sich so vorstellen, dann sitzt man hier, hat diese unterschiedlichen Biere da und arbeitet wirklich mit einer Pipette, weil es muss reproduzierbar sein. Im Regelfall versuchst du erstmal eine Basis rauszufinden. Das heißt, du guckst, welches Bier ist von denen, die du hier hast, wirklich das Beste, was am meisten das verkörpert, was du erreichen willst. Das ist ganz, ganz oft das Whiskygelagerte, sei es Rye oder Bourbon oder was auch immer. Weil die Erfahrung zeigt, dass diese Whiskey-Geschichte einfach unfassbar gut zu unserem Stout passt und im Regelfall überhaupt zu diesen Bieren Stouts und Barley Wines. Und dann sagst du, okay, das ist jetzt nicht genug, ich möchte auch die anderen Komponenten da noch reinbringen. Und dann kommen die teilweise in nur 5 Prozent, teilweise in 20 Prozent, je nachdem. Manchmal ist es auch so, dass noch ein Imperial IPA mit dazukommt, um ein Stück Fruchtigkeit mit reinzubringen aus dem Hopfen. Und so probiert man dann rum, hat einen schönen Tag für sich selber und am Ende hat man dann ein Produkt und kann das Mischungsverhältnis in die Produktion runtergeben und sagen, hey, bitte einmal so blenden. Dann wird das geblendet und geht auf den Mischtank und dann geht’s auf den Füller und das ist das Resultat. Aber im Regelfall sind es so um die 1000 Flaschen.

Markus: Die es jedes Jahr nur einmal gibt?

Oliver Lemke: Genau. Korrekt.

Markus: Da fühlen wir uns jetzt aber sehr geehrt, dass wir das probieren können. Dann immerhin schon mal ein Promille davon.

Oliver Lemke: Da musst du dich nicht geehrt fühlen, du bist ja ein guter Kunde, du kaufst jedes Mal eine Kiste.

Markus: Das stimmt, mindestens eine.

Oliver Lemke: Alles gut, alles gut.

 

Blending beim Bier

Holger: Vielleicht noch mal ganz kurz zum Blending. Das ist auch, finde ich, eine totale Kunst. In den belgischen Brauereien gibt es richtige Blend Master, die machen gar nichts anderes als eben nur dieses Blending. Und was mich da so fasziniert, ist eben, dass man heutzutage auch mit vollautomatisierten Brauanlagen ganz viel gute Qualität produzieren kann. Aber wenn man eben so ein Blend macht, das geht eben nicht mit irgendwas Vollautomatischem.

Oliver Lemke: Genau.

Holger: Das geht nur mit dem Menschen.

Oliver Lemke: Korrekt.

Holger: Und das finde ich super.

Oliver Lemke: Das ist also zurück zur Urform des Bierbrauens. Das ist ein Stück weit unterm Tisch gefallen. Das ist ja bei der Berliner Weisse genauso wie beim Blending jetzt, dass man also eine Rolle rückwärts macht und sagt, okay, Produktkontinuität, wissenschaftlicher Ansatz, alle super, alles schön, aber das muss man paaren mit den Dingen wie unsere Vorväter und Vormütter Bier gebraut haben. Und da geht es eben um Blenden, da geht es um unterschiedlichste Mikroorganismen und, und, und. Das kann man sehr schön kombinieren, finde ich. Das heißt nicht, man macht (unv. #00:40:05.4#) Style und alles ist egal, sondern man packt diese alten Prinzipien in Leitplanken und kreiert dadurch eben schöne neue Produkte. Das funktioniert, glaube ich, ganz gut.

Markus: Back to the roots sozusagen, weil auch diese ganzen Blending-Diskussionen, also früher war es einfach notwendig Biere zu beenden, um überhaupt vernünftig trinkbare Dinge zu erhalten, also bis zur Erfindung des Porters und alles, was danach in England kam, war das durchaus üblich, und selbst in Franken hat man den Verschneid-Bock noch bis vor wenigen Jahren genutzt, um einfach von dem einen Sud auf den anderen nach und nach über zu blenden sozusagen, damit der Normalkonsument am Stammtisch nicht merkt, dass der Sud jetzt gewechselt wird. Also insofern ganz spannend oder, wenn man nach Tschechien schaut zum Beispiel, da wird heute noch geblendet, die haben ein dunkles Bier und ein Helles und dann kann ich eben auch die Mischung davon bestellen. Das wäre für Deutsche eigentlich ziemlich undenkbar. Da muss man immer so ein bisschen die Bierkulturen sehen.

Oliver Lemke: Klar.

 

Der perfekte Genuss

Markus: Was ich toll finde an diesem Barrel Blend, also ich habe ihn auch extra schon eine Stunde vorher aus dem Kühlschrank, also weil das echt ein Bier ist, was man eigentlich deutlich wärmer genießen sollte, 10, 12 Grad als jetzt ein normales Bier, vielleicht sogar 14 Grad, das muss jeder ein bisschen für sich selber rausfinden. Für mich ist es eigentlich das perfekte Bier, wenn ich jetzt irgendein Festgericht habe, also wir haben jetzt bald Ostern oder zum Beispiel letztes Jahr habe ich es zu Weihnachten aufgemacht. Da ist das einfach ein Bier, was wirklich zu diesen typischen Gerichten, die wir so haben, so ein Gänsebraten mit Wirsing und Klößen und schöner Soße und was weiß ich, Preiselbeeren dazu oder so, da ist das ein Bier, was total gut andockt, ein Food Pairing mit allem anbietet, schön bestehen kann und wirklich so einen Abend richtig rundmacht. Und da merkt man auch immer an so einem Bier, wie viel besser ein Bier sein kann als ein Wein. Da finde ich eben toll, dass die Brauereien eben auch ein Angebot haben, das heißt, man kann den ganz normalen Menschen abholen mit einem schönen Hellen, aber man kann eben auch jemanden, der jetzt einen perfekten Genuss haben will, dem kann ich dann zum Beispiel so ein Barrel Blend bieten und der ist dann eine halbe Stunde damit beschäftigt, einfach nur ins Glas rein zu riechen und ist davon schon begeistert.

Holger: Markus, ein wunderbares Schlusswort. Ich glaube, besser kriegen wir es nicht hin.

Oliver Lemke: Über das Bier haben wir noch nicht geredet. Aber ist auch egal, es ist schön, dass es dir gefällt, Markus. Du hast es gut ausgedrückt. So sehe ich das auch.

Markus: Ich kann mich noch erinnern, ich glaube, das war auf der Internorga damals in Hamburg, wo ich das zum ersten Mal auch einem größeren Publikum vorgestellt habe, und das war echt ein ganz, ganz toller Moment. Weil damals, ja, es war unbekannt, überhaupt ein Bier in ein nicht vorbelegtes Fass zu tun, es war unbekannt, ein Bier aus verschiedenen Fässern zu blenden und es dann so zu präsentieren. Da hat man wirklich gemerkt, wie bei vielen im Kopf einfach was passiert ist. Also bei vielen, die eben vorher aus der Weinecke, aus der Spirituosenecke kamen und immer aufs Bier so herabgeschaut haben und gesagt, na, ihr mit eurem Hellen und Pilz und alles gut und schön, aber wenn es um Geschmack und Genuss geht, dann trinke ich halt mein Weinchen. Da habe ich wirklich Leute echt abholen können und mit dem Bier auch begeistern können. Also auch deswegen bin ich wahrscheinlich so davon begeistert.

Oliver Lemke: Macht das mal weiter mit dem Leute begeistern, das ist gut, das brauchen wir.

Markus: Wir sind jetzt, glaube ich, eh schon beim doppelten Podcast oder so. Wir freuen uns sehr, dass du unser Gast warst, Oli. Das war ein ganz, ganz tolles Gespräch und hat auch mal wieder gezeigt, wie viel Enthusiasmus und Begeisterung und auch Handwerkskunst und Unternehmergeist alles in einer Brauerei stecken kann und auch muss, wenn sie eben lange Bestand haben sollen und eine Perspektive auch für die Zukunft haben soll. Also vielen, vielen Dank, war ein ganz toller BierTalk mit dir.

Oliver Lemke: Gerne immer. Freut mich, dass ich dabei sein durfte. Ich bin immer für euch da.

Holger: Grüß mir Berlin, Oli.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

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