BierTalk 15 – Interview mit Boris Georgiev vom Craftbeer Magazin aus Hamburg

Boris Georgiev ist ein echter Hamburger Jung und startete schon in der Schulzeit seine journalistische Karriere. Später lernte er auch das Biertrinken und das Fotografieren, und so war er zu Beginn der Craft Beer Welle in Deutschland einer der Wenigen, die in der Lage waren, sowohl über Bier zu schreiben, als auch, es zu verkosten und zu fotografieren. Kurzum: Boris war prädestiniert für den Posten als Chefredakteur. Kurze Zeit später fand er sich sogar auf dem Herausgebersessel wieder, der sich durch die Coronazeit auf einmal zum potentiellen Schleudersitz entwickelte. Gemeinsam mit Markus Raupach und Holger Hahn durchlebt er diese turbulente Zeit ein zweites Mal und öffnet am Ende ein ganz besonderes Bierfläschchen

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Holger: Hallo und herzlich willkommen zum BierTalk Nummer 15. Und wie immer haben wir einen ganz besonderen Gast, aber an meiner Seite ist wie immer zunächst der …

Markus: Markus.

Holger: Und auf der anderen Seite ist der Boris, und zwar von dem Magazin für Bierbraukunst „Craftbeer“, was sicher die meisten unserer Hörer kennen, aber vielleicht auch nicht alle, Boris. Und deshalb wäre es vielleicht gut, wenn du dich kurz vorstellst.

Boris Georgiev: Hallo, ich bin Boris Georgiev, ich bin Chefredakteur des Craftbeer Magazins und seit Anfang vorletzten Jahres auch der Herausgeber. Wir bringen Reportagen, wir bringen Biertests, wir sprechen mit Leuten aus der Szene. Also so rund um das ganze Wohlfühlprogramm rund ums Bier, besonders ums Craftbier.

Holger: Geht’s in eurem Magazin denn nur um Craftbier, oder? Das ist ja ein schwieriger Begriff, also man kann es ganz weit greifen und ganz eng belassen. Wie haltet ihr das?

Boris Georgiev: Ja, also wir haben da mal so eine schöne Definition gefunden oder adaptiert, die ich sehr passend finde. Dass man also unterscheidet zwischen dem Modern Craft, also das, was jetzt im Allgemeinen als Craftbier bezeichnet wird, dem Traditional Craft, das wären zum Beispiel die ganzen mittelständischen Brauereien in Franken. Und dann gibt es ja auch noch das Industrial Craft, wo sich dann gelegentlich mal Großbrauereien dran versuchen, etwas in dieser Richtung zu machen. Wir beschränken uns sage ich mal im Großen auf die ersten beiden Möglichkeiten, wobei wir auch schon mal diese ganzen Industrial Crafts getestet haben, um einfach den Lesern mal zu zeigen, kann das was, taugt das was.

Holger: Wie würdest du Craftbier definieren? Also was ist die Definition von Craftbier, deiner Ansicht nach?

Boris Georgiev: Für mich gehört immer eine Person dazu, ist also kein austauschbarer Braumeister, sondern es ist eigentlich immer, egal ob klein oder groß, ob du jetzt den Ken Grossman nimmst oder den Olli Wesseloh, Craftbier ist immer verbunden mit einer Person, die dahintersteht. Und diese Person, die schaut sich an, was gibt es für Bierstile, was kann ich weiterentwickeln, was kann ich vielleicht wiederentdecken oder wo kann man einfach einen bestehenden Stil mal in eine ganz andere Richtung bringen, zum Beispiel, indem man mal ein Weißbier nachhopft oder sowas in der Art. Aber es ist immer eine Person, die dahintersteht.

Holger: Markus, wie siehst du das? Was ist Craftbier?

Markus: Oh! Das ist eine schwierige Frage. Für mich ist es prinzipiell etwas, was weit weg ist von einem internationalen Mainstream-Bier, das ist für mich das Geschmackliche. Und inhaltlich muss es so sein, dass jemand wirklich eine handwerkliche Idee hatte, also eine Rezeptur, einen Plan, was er gerne für einen Bier machen will. Also er sollte sich schon auskennen in seinem Handwerk, im Brauerhandwerk, und sollte das dann auch mit seinen Händen irgendwie umgesetzt haben. Es ist natürlich ein weites Feld und bei uns glücklicherweise eigentlich kein definierter Begriff, weil es sonst einfach wieder 1.000 Grenzfälle gäbe und Streitereien. So kann man sich über den Begriff streiten und nicht über die Brauer, das finde ich wesentlich besser. Vielleicht eine Sache noch, weil wir jetzt sehr viel über das Magazin geredet haben. Was mich grundsätzlich auch interessieren würde, wäre auch die Person Boris, also wie kommst du zum Thema Bier, wie kommst du zum Thema Journalismus und wie kamst du dann zu dem Magazin? Das ist sicherlich auch eine spannende Geschichte.

Boris Georgiev: Ich habe eigentlich alle meine Hobbys zum Beruf gemacht. Das fing in der Schule an mit Schülerzeitung, wo ich also auch die Schülerzeitung unseres Gymnasiums mehrere Jahre als Chefredakteur gemacht habe. In der Oberstufe habe ich dann gesagt, vielleicht doch nicht Journalismus, eher Fotografie. Habe dann also eine Lehre als Fotograf gemacht und da lange gearbeitet. Und durch Zufall, also ich kam ja damals über die Bier & Brauhaus dazu, und das Magazin, das Markus Harms damals neu auf dem Markt hatte. Und der hat halt meine Biertests gelesen so bei Biertest-Online oder Rate Beer oder so, und hat jemanden gesucht, der vernünftige Biertests schreiben kann. Und so sind wir dann irgendwie zusammengekommen. Und zum Craftbeer Magazin kam es dann durch einen Zufall. Meine beste Freundin arbeitet bei dem Verlag, bei dem das Magazin damals rausgekommen war, und die hat halt erfahren, dass dieses Magazin in Planung ist. Ich habe mich dann mit den Leuten unterhalten und da haben wir relativ schnell festgestellt, also Leute, die schreiben können, fotografieren können und Ahnung vom Bier haben, gibt es nicht so oft. Und dann hatte ich den Chefredakteur-Posten.

Holger: So einfach kann es gehen. Wunderbar. Jetzt bin ich sehr gespannt, was du dir für ein Bier ausgesucht hast, vor allen Dingen auch warum. Also erzähl doch mal, was hast du mitgebracht?

Boris Georgiev: Ich habe hier zwei Flaschen stehen. Die erste, die ich jetzt mal aufmachen werde, vielleicht kommen wir ja noch zum zweiten, ist das „Land in Sicht“ von Landgang. Und das habe ich aus einem ganz bestimmten Grund mitgebracht, das ist nämlich ein Soli-Bier. Das haben die jetzt also zur Krise gebraut, verkaufen das in ihrem Online-Shop, in ihrem Werksverkauf und in einigen Supermärkten hier in Hamburg, den Sechserträger für 20 Euro und von den 20 Euro gehen zehn Euro an Gaststätten, die jetzt geschlossen haben, die normalerweise Landgang am Hahn hätten, um die einfach zu unterstützen, damit die nach der Krise noch da sind. Und das fand ich einfach eine sehr schöne Idee.

Holger: Also ein Helferbier für die Gastronomie?

Boris Georgiev: Ganz genau.

Markus: Und auch eine Brauerei mit einer spannenden Geschichte. Ich meine, der Sascha hat ja mal in Berlin angefangen und ist jetzt in Hamburg. Kennst du ihn schon aus der Berliner Zeit?

Boris Georgiev: Nein, ich habe ihn tatsächlich erst hier in Hamburg kennengelernt, allerdings auch schon ziemlich früh. Ich habe damals auch den Bau der Brauerei begleitet, also ich war ziemlich oft dann da und habe mich da umgesehen. Was damals auch eine sehr, sehr schöne Reportage geworden ist, wie ich fand. Also einfach: Wie entsteht eine Brauerei? Bin da auch heute noch recht häufig, sage ich mal, weil das einfach nette Jungs sind und das Spaß macht da. Immer gute Stimmung.

Markus: Was für ein Bier ist das jetzt?

Boris Georgiev: Das ist ein Zwickel, weil sie einfach so dieses „Vom Hahn“-Gefühl, das Fassbier so ein bisschen nacherlebbar machen wollten. Dann gießt du es ins Glas ein und es ist was völlig anderes als man erwartet. Das hat nämlich einen sehr, sehr kräftigen, rötlichen Karamellton. Ich hätte jetzt irgendwie mit was deutlich Blasserem, Hellerem gerechnet. Und riecht auch entsprechend so ein bisschen karamellig, aber nicht übertrieben. Schön schaumig. Ja, leichte Trübung ist da. Ich nehme mal einen Schluck. Im ersten Augenblick so ein bisschen säuerlich, wie es ja für naturtrübe auch nicht unüblich ist. Dann kommt tatsächlich auch so ein bisschen Karamell durch, malzig, dezent gehopft, würde ich mal sagen. Wobei jetzt doch zur Mitte zieht der Hopfen auch ein bisschen an. Ja. Das ist jetzt nicht so der gigantische Überflieger, sage ich mal, aber das ist gut zu trinken. Also da kann man auch ein zweites und ein drittes sich von gönnen, würde ich mal so sagen. Abgang dann doch hopfig, ein bisschen herb, trocken. Aber es bleibt immer dieser leichte Karamellflug da drüber. Und das gefällt mir sehr gut, weil das auch wieder, sage ich mal jetzt, wir hatten das Thema Neuinterpretation, ist ein sehr untypisches Zwickel. Die kennt man ja wie gesagt meist in heller.

Markus: Ja, wir fühlen mit dir. Da kriegt man ja richtig Lust. Prost auf jeden Fall! Ich find‘s auch toll, überhaupt so eine Aktion zu machen. Also da sind Landgang nicht die einzigen, es gibt ja auch in Berlin zum Beispiel vom Berliner Berg oder so, oder andere Brauereien haben auch so Soli-Biere jetzt gemacht, wo man die Gastro unterstützt. Wie kriegst du denn jetzt diese ganzen Krisenzeiten mit und macht das auch was mit deinem Magazin?

Boris Georgiev: Also erstmal noch mal zu den Helferbieren. Grad heute habe ich gelesen von (unv. #00:07:01.6# Fidel?), also die Wildwuchs Brauerei hier Hamburg, die haben so ein ähnliches Konzept. Die sind aber noch einen Schritt weitergegangen. Der kannst du dir aus 28 Etiketten, die jeweils das Logo des unterstützen Betriebes haben, eins aussuchen und kriegst dann deine sechs Biere mit diesen Etiketten nach Hause oder zum Abholen. Das fand ich natürlich auch eine sehr schöne Idee. Und das ist wirklich quer, das geht vom Käseladen, übers Sterne-Restaurant bis hin eben zum Galopper des Jahres oder ähnlichen Kneipen.

Markus: Toll.

Boris Georgiev: Und unser Magazin, was soll ich dazu sagen, das trifft uns mit voller Breitseite. Weil wir berichten genau über diese Szene und genau aus dieser Szene, die jetzt alle am Darben sind, kommen ja auch unsere Anzeigenkunden. Und das ging im Januar schon los und hat sich dann also im März massiv verstärkt, dass unsere Anzeigenkunden abgesprungen sind oder gesagt haben: momentan, nee. Also auch treue Anzeigenkunden gesagt haben: momentan einfach nicht drin. Und das ist für uns natürlich extrem schwer, weil wie soll es weitergehen?

Markus: Ja, du hast erzählt, seit letztem Jahr bist du auch Herausgeber, das heißt, es steckt jetzt kein Verlag mehr dahinter, oder wie kann man sich die Konstellation vorstellen?

Boris Georgiev: Ja genau. Das ist jetzt also sozusagen ein Eigenverlag und wir sind ja auch wirklich nur eine Handvoll Leute, die das hier wuppen. Das heißt aber eben auch, es steckt jetzt keine Reserve dahinter, dass jetzt ein Verlag sagen könnte, ja komm, hier, schieben wir ein bisschen Geld von A nach B oder so.

Markus: Und hast du dann auch schon Aktionen unternommen, wie man euch unterstützen kann?

Boris Georgiev: Ja, haben wir. Und zwar haben wir bei Facebook einen Hilfeaufruf gestartet, dass die Leute bitte unser Magazin abonnieren. Denn jedes Abo macht uns logischerweise unabhängiger von Anzeigenkunden. Und das ist auch schon ganz gut angelaufen. Und zusätzlich haben wir dann noch auf paypal.me/craftbeermag eine Spendenaktion gestartet ganz simpel, dass die Leute uns eben mit einem Euro oder mit einem Fuffi, oder was auch immer sie entbehren können, unterstützen, damit das Craftbeer Magazin weiter erscheint. Denn ich höre so von allen Seiten, Mensch, das ist so ein tolles Magazin und ihr leistet so gute journalistische Arbeit, und die möchten wir natürlich auch weiterhin leisten können.

Holger: Das ist ja hart, dass dich das auch so mitnimmt. Wie glaubst du denn, entwickelt sich sowieso die Craftbier-Szene jetzt zukünftig? Also was glaubst du, was macht das mit dem Markt?

Boris Georgiev: Es ist unglaublich schwer abzuschätzen. Also ich habe in der letzten Zeit für einen großen Artikel, der jetzt natürlich in der nächsten Ausgabe erscheinen soll, zum Thema Corona mit sehr unterschiedlichen Leuten gesprochen. Zum Beispiel mit dem Georg Rittmayer, das ist der Präsident der Privaten Brauereien. Ich habe gesprochen mit dem (unv. #00:09:35.2# Radjas Thiele?), der in Hamburg nicht nur eine Gastro betreibt, sondern auch Veranstaltungen organisiert. Da hätte zum Beispiel der Craft Beer Day in Norderstedt stattfinden sollen. Ich habe gesprochen auch mit dem Dr. Lehmair, der sitzt im Vorstand von der HVG, die also eine der weltgrößten Hopfenproduzenten und -vermarkter sind. Und habe die natürlich auch alle gefragt, wie es weitergeht. Und der Rittmayer sagte zum Beispiel, dass er Craft-Brauer sehr schätzt, aber momentan einfach kein Platz ist für diese schrägen Biere, von denen man eine Flasche kauft, sondern dass es momentan einfach wichtig ist ein Bier zu brauen, mit dem man auch Geld machen kann, also ein Helles, ein Pils, was auch immer, und das vor allem auf die Flasche zu kriegen. Denn die Flasche ist ja das einzige, was sich momentan noch verkauft. Und es wird sicherlich einen großen Kehraus geben, das werden eine ganze Reihe Brauereien nicht überstehen, ob klein oder ob mittel. Selbst die großen haben Probleme.

Holger: Ja, es wird schwierig. Markus, so wie ich dich kenne, hast du schon gehörig Durst und möchtest gern auch dein Bier mal vorstellen.

Markus: Ja. Ich habe mir gedacht, wenn wir schon so über Deutschland verteilt sprechen, dann muss ich mir auch ein Bier raussuchen, was so ein bisschen verschiedene Punkte berührt. Ich mach es vielleicht mal auf, vielleicht können wir mal wieder ein Ratespielchen bei dir machen.

Holger: Also in jedem Fall war es eine Flasche. Oh, hört sich ja nach mächtig Schaum an.

Markus: Mhm (bejahend). Das ist schon mal sehr gut.

Holger: Also dann schätze ich mal, dass das auch so richtig hopfig ist.

Markus: Nicht sehr gut.

Holger: Dann Sauerbier?

Markus: Wieder besser.

Holger: Berliner Weisse?

Markus: Ziemlich gut!

Holger: Ja, dann würde ich auf Schneeeule irgendwas tippen.

Markus: Fast.

Holger: Dann Lemke.

Markus: Genau. Also ich bin bei Lemke. Und nachdem du in fast jeder Folge über meinen Bierkeller erzählst, dass da so viel Eiche drin ist, habe ich gedacht, nehme ich auch mal eine Eiche, aber eben die Eiche von Lemke. Und das ist eine Berliner Weisse, die auf Holzfässern gelagert ist und deswegen neben diesem säuerlichen Charakter auch ganz viel so Karamell und Vanille hat und insgesamt ein unglaublich rundes und faszinierendes Bier für seine 3 %. Und habe mir gedacht, dass es für euch, mit euch gemeinsam vielleicht ein schönes Bier, also ein besonderes Bier und eins, was einfach für so einen edlen Anlass auch ein gutes ist.

Holger: Unbedingt. Ich kenne es auch gut und ich halte es auch für ein unglaublich tolles Bier und auch eines der besten Lemke-Produkte überhaupt. Boris, wie hältst du das denn mit Sauerbieren? Ist das was für dich?

Boris Georgiev: Jain. Ein großer Fan werde ich nie werden, ich ertrinke es mir so langsam. Und es gibt auch das eine oder andere, das mich wirklich sehr überzeugt. Die Sachen von Ulrike zum Beispiel finde ich ganz klasse. Ich finde überhaupt, das ist auch so ein Beispiel, Wiederbelebung alter Stile. Berliner Weisse war nahezu weg und jetzt einfach durchs Craftbier kommt sie wieder, durch Leute wie Ulrike oder den Olli Lemke.

Holger: Also die Ulrike Genz, ne?

Boris Georgiev: Ja.

Holger: Genau. Mhm (bejahend). Aus Berlin.

Boris Georgiev: Die Schneeeule.

Holger: Die Schneeeule. Wo ich jetzt gedacht hatte, dass der Markus da in diese Richtung geht.

Markus: Also die werden wir demnächst auch noch begrüßen. Kann man vielleicht auch mal so off the record einfach erzählen. Ich kenne die Ulrike ja ziemlich gut und wir wollen schon die ganze Zeit mit ihr einen BierTalk aufzeichnen, aber das Problem ist, dass sie gerade kein Bier hat und Holger auch nicht, und wir erst mal dafür sorgen müssen, dass eine Schneeeule zu Holger nach München kommt. Und solange müssen wir noch warten, bis wir den BierTalk mit ihr aufzeichnen können. Aber es wird auf jeden Fall werden. Wenn ihr das jetzt anhört, dann sind wir wahrscheinlich schon am Aufzeichnen oder so.

Boris Georgiev: Das ist ja ein ganz anderes Problem, momentan haben alle viel zu viel Bier.

Markus: Bei ihr ist es halt so, sie hat wirklich viel Arbeit bis das Bier dann so ist, dass es auch wegkann, und vor allem muss sie es ja selber per Hand noch abfüllen. Da ist wirklich viel, viel Handarbeit drin.

Holger: Und dazu kommt noch, ich bin weit weg. Also dann die Schneeeule nach München fliegen zu lassen, ist halt auch nicht so einfach.

Markus: Macht die nicht mal eben so über Nacht. Also du bist ja in Hamburg, Boris, aber du kennst die Berliner Szene schon auch ganz gut, oder?

Boris Georgiev: Ja, wobei die sich so rasant entwickelt, da kannst du gar nicht mit Schritt halten. Dann bin ich mal wieder in Berlin und dann sagt mir irgendjemand, ja, hast du, warst du da und da schon? Und sage: Hä? Was ist das für ein Laden? Ja, den gibt’s schon seit einem Jahr. Wenn ich mich hier in Hamburg umgucke, das ja, sag ich mal, so anderthalbmal kleiner ist als Berlin, haben wir aber vielleicht ein Zehntel dessen, was da in Berlin los ist an Bars und an Brauereien.

Markus: Ja, und das hat auch viel länger gedauert, fand ich. Also Hamburg hatte zwar schon auch relativ bald so die ersten, die es so ein bisschen probiert haben, aber bis es dann wirklich in der Stadt angekommen ist, also hat vielleicht sogar bis zur Elbphilharmonie gedauert, dass der Hamburger an sich mal auch dieses Thema andere Biere für sich wirklich in Angriff nimmt und so.

Boris Georgiev: Naja, da merkt man einfach, dass Berlin doch mehr Weltmetropole ist und Schmelztiegel als Hamburg. Der Hamburger Hanseat, der ist ja erst mal skeptisch gegenüber allem, was neu ist.

Holger: Obwohl ich wirklich sagen muss, wenn ich jetzt irgendjemanden von Deutschland und der deutschen Craftbier-Szene erzähle, dann nenne ich eigentlich immer Berlin und Hamburg. Also wenn man jetzt da auch die Aktivitäten von Ratsherrn anschaut oder auch Kehrwieder ist schon lange da, ist etabliert. Und in Hamburg kann man viel entdecken auch, finde ich. Ich denke, das ist kein Notstandsgebiet. Das kann man nicht sagen, glaube ich.

Boris Georgiev: Das ist richtig. Und immerhin haben wir jetzt hier auch einen BrewDog.

Holger: Genau. Auf der Reeperbahn. Genau. Auf der Kunstseite und nicht auf der Sexseite, aber immerhin.

Boris Georgiev: Ja, ja. In den tanzenden Bauten, das ist natürlich eine super Adresse. Aber du kannst nach wie vor die Bars in Hamburg, die sage ich mal mehr als zehn Zapfhähne haben, die kannst du an einer Hand abzählen.

Markus: Ihr habt auch das Omnipollos, was doch für Deutschland auch ein Alleinstellungsmerkmal ist.

Boris Georgiev: Das stimmt.

Markus: Und dann habt ihr den Astra Laden am Kiez, was auch irgendwie spannend ist mit so schönen Bieren wie dem Luden Lager und so.

Holger: Ja, Luden Lager, wunderbar. Also kann ich nur jedem empfehlen. Um Gottes Willen, jetzt habe ich aber wahnsinnig Durst.

Markus: Ich wollte grad sagen, Holger, du musst jetzt auch mal loslegen. Mach mal!

Holger: Ich habe mir wie immer natürlich wahnsinnig viele Gedanken gemacht und dann letzten Endes es einfach ganz schnöde ausklingen lassen die Gedanken. Und zwar habe ich mich inspirieren lassen vom Tag der Arbeit, also vom 1. Mai, und habe mich besonnen und habe gedacht, Mensch, wo kommst du her? Also muss man nicht sagen, weiß jeder, ich bin Duisburger. Bei uns gab es eine wunderbare Feierabendbierkultur, die ich auch miterlebt und gelebt habe. Und deshalb Pilsken, schönes Pilsken. Ja, ihr könnt ja mal raten, welches.

Markus: Dann wird es wahrscheinlich auch da oben aus der Ecke kommen, oder? Schönramer wirst du jetzt nicht im Glas haben?

Holger: Nein. Schönramer habe ich tatsächlich nicht im Glas, obwohl das auch richtig toll ist. Also das wäre auch was gewesen.

Markus: Absolut.

Holger: Ja, ja, absolut, absolut.

Markus: Aber gut, also eher aus der Ecke da oben, ist das richtig oder nicht?

Holger: Das ist total korrekt. Hmm.

Boris Georgiev: Da gibt’s ja auch ein paar Pilssorten.

Holger: Gibt es schon ein paar Pilssorten, aber wenn man jetzt, wenn man mich kennt so, dann weiß man schon auch …

Boris Georgiev: Da ich dich ja nicht kenne, muss das jetzt ja der Markus wissen.

Holger: Ja. Der Markus muss es wissen. Ja. Aber wie immer, tja.

Markus: Wie wär’s mit einem Fiege?

Holger: Mann, Markus, du bist einfach großartig.

Boris Georgiev: (unv. #00:16:33.5#) Fiege Pils. Cool.

Markus: Glückwunsch, tolles Bier!

Holger: Genau. Also habe ich heute gedacht, das ist was. Habe ich schon lange hier, also ist eigentlich schon abgelaufen. Aber scheißegal, es musste einfach ein Pils aus dem Ruhrgebiet sein. Und schmeckt auch noch, also schmeckt super.

Markus: Das ist eins der wenigen Pilsbiere, die ich noch nie da getrunken habe, wo sie hergestellt werden. Also ich war noch nie bei Fiege, aber es gibt in Berlin Foersters Feine Biere. Der Sven Foerster ist auch Biersommelier, ein guter Freund von uns, und der hat fast immer das Fiege Pils am Hahn, weil der da voll Fan von ist. Und immer, wenn ich da bin, und ich bringe ihm öfters mal Bier vorbei und so, oder wir machen eine Veranstaltung zusammen, dann müssen wir uns natürlich hinsetzen und eins oder zwei von diesen schönen Fiege Pils trinken. Und das ist jedes Mal ein Genuss, also beneide ich dich auch, Holger. Sehr schön.

Holger: Ja. Wir könnten noch ein viertes Bierchen schaffen, Boris. Also du hast ja gesagt, du hast noch eins, aber ich will auch nicht zu sehr vorpreschen. Wenn du jetzt, das aktuelle Heft ist Nummer 12, oder?

Boris Georgiev: Eigentlich ist die 13 fast fertig, aber durch die momentane Situation ändert sich natürlich ständig noch irgendwas. Also gerade in dem großen Artikel, an dem ich gerade sitze über Corona, da passiert einfach wirklich jeden Tag irgendwas. Das wird wohl auch der letzte Artikel sein, den wir dann layouten und abnicken.

Holger: Auf dem Cover der 12 ist aber Afrika so im Zentrum, finde ich so, also ist so schwarz im Zentrum und dann steht Rohstoff Malz. Also gibt es da einen Bezug zwischen Afrika und dem Malz, oder ist das jetzt einfach nur …

Boris Georgiev: Gucke dir den Artikel mal genauer an, der besteht aus Malzkörnern.

Holger: Ja genau. Und da sind dann eben, die verschiedenen Malzsorten stehen dann für bestimmte Geschmacksrichtungen und Afrika ist dann sozusagen der schwarze Roasty Kontinent, oder wie?

Boris Georgiev: Das Foto, das haben wir freundlicherweise von Weyermann zur Verfügung gestellt bekommen. Was sich der Fotograf oder die Sabine Weyermann sich dabei gedacht haben, das weiß ich leider nicht. Ich würde mal sagen, Afrika, weil es der schwarze Kontinent ist, dass sie gesagt haben, da passt dann das Röstmalz.

Markus: Muss man natürlich wirklich vorsichtig sein heutzutage. Also kann ich ja aus dem Bamberger Nähkästchen plaudern. Wir haben eine ehemalige Apotheke bei uns, in der ein wunderschönes Geschäft drin ist, über fünf oder sechs Etagen, die haben lauter so Kruschkram, was man entweder gerne verschenkt oder als Touri dann gerne mitnimmt, und das Haus heißt das Mohrenhaus. Weil eben die Apotheke vorher war eben so ein Aushänger, ist immer noch da, und da ist eben ein Mohr dargestellt. Dabei geht’s natürlich um einen Heiligen, entweder den Heiligen Mauritius oder den Heiligen Maurus. Und wir haben jetzt seit ein paar Jahren die Diskussion, ob man das nicht umbenennen muss, weil eben Mohr als Begriff despektierlich oder sogar diskriminierend ist. Insofern wäre ich vorsichtig mittlerweile heutzutage auf so einer Karte Afrika als einzigen Kontinent komplett mit schwarzen Körnern zu färben.

Holger: Aber da kann man mal wieder sehen, also das passt eigentlich auch dann zum Thema Craftbier. Wenn man nochmal zum Anfang geht, wo ich gefragt habe, was ist eigentlich die Definition, da habt ihr beide auch schon eure Definitionen abgegeben. Und der Begriff, der polarisiert ja auch total, obwohl der eigentlich gar nichts schlechtes aussagt. Aber gerade jetzt hier in Bayern, wenn man jetzt hier mit ganz traditionellen Brauern spricht, die auch nicht ohne Grund sehr stolz auf ihre eigenen Produkte sind, da ist jetzt Craftbier total negativ behaftet. Und das ist halt immer auch so eine Sache, die geht im Kopf ab. Und wenn man dann irgendwie seine Schubladen mit bestimmten Themen und Begriffen füllt, dann ist es eigentlich schade. Und Craftbier ist auch ein Begriff, der polarisiert.

Boris Georgiev: Ja, das tut er schon. Inzwischen sagen auch mehrere, dass sie sich eher von dem Begriff distanzieren wollen. Vielleicht muss man den Bayern halt einfach auch mal klarmachen, dass sie eigentlich grundsätzlich Craftbier trinken, weil eben diese ganzen mittelständischen Brauereien, sei es in Bamberg oder sei es sonst wo, das ist alles Craft.

Holger: Das interessiert die gar nicht, weil hier gibt’s einen Spruch, der heißt: Mir san mir.

Markus: Es ist auch aus fränkischer Perspektive wirklich sehr, sehr unterschiedlich. Ich glaube, das Problem ist halt immer dieses, in Anführungsstrichen, Craftbier kam von außen und die Brauer haben sich, glaube ich, zuerst mal so ein bisschen zurückgesetzt gefühlt, vor allem, weil die erste Kommunikation immer so war, Craftbier kümmert sich nicht ums Reinheitsgebot. Und da war dann von vornherein schon so eine Anti-Haltung letzten Endes da, obwohl das inhaltlich gar nicht stimmt, die Craftbiere sind fast alle eigentlich reinheitsgebotskonform, auch historisch gesehen. Aber ich glaube, da haben viele so eine Anti-Haltung aufgebaut und mittlerweile aber auch ganz gut gelernt, damit zu leben. Wobei im Marketing vermeiden die meisten diesen Begriff, weil auch in der Bevölkerung, da wurde am Anfang, glaube ich, auch viel falschgemacht, da hat man den Leuten als erstes Craftbier ein Double Dry Hopped IPA irgendwas gegeben, und wenn man das nicht gewöhnt ist, wenn man vorher nur ein Helles trinkt oder ein Weizen, dann ist das halt nichts, was man mit einem halben Liter mal eben so in sich reinkippen kann. Das war dann, glaube ich, so eine innere Abwehrreaktion und dann war der Begriff erst mal negativ besetzt. Mittlerweile, glaube ich, ist das Handwerkliche mehr im Vordergrund und auch dieses, dass einfach viele junge Brauer endlich wieder sich trauen, das heimische Brauhaus zu übernehmen oder neue Brauereien aufzumachen, dass viel mehr Leben, viel mehr als Person auch nach außen gehen, das ist, glaube ich, was, was auch die Leute jetzt beeindruckt und jetzt dreht sich das langsam.

Boris Georgiev: Dein Beispiel ist eigentlich ganz gut gewählt. Da sagt jemand, Craftbier, das habe ich viel gehört, ich probiere mal eins, und dann kriegt der jetzt eine Berliner Weisse und sagt: Pfui Deibel, das kann ja kein Mensch trinken. Und das nächste Mal angesprochen auf Craftbier sagt er, nein, das habe ich mal probiert, das ist nichts für mich. Also wie gesagt, da wurde am Anfang viel falschgemacht, weil das, was in den Staaten 25 Jahre gedauert hat an Entwicklung, das haben wir hier auf Hauruck versucht, in drei Jahren zu machen mit viel zu extremen Bieren, mit viel zu viel. Vor 25 Jahren gab es ja auch kein West Coast IPA, das musste sich erst mal entwickeln. Leute wie Olli Wesseloh, den hatten wir schon mit seinem Prototypen, der hat gesagt, ich mache einfach ein Lager und stecke da ein bisschen mehr Hopfen rein. Und das mögen die Leute, weil es sie nicht überfordert. Oder Tilman mit seinem Hellen, der sagt, was trinke ich gerne, ich trinke gerne Helles, dann mache ich halt Helles. Und das ist eigentlich ein deutlich nachhaltigerer Einstieg ins Craftbier. Du musst die Leute mitnehmen und du hast natürlich immer ein paar Nerds, die sagen, ja wow, geil, das nächste Krokoszinski, weiß ich nicht was gestopfte Barrel Aged Irgendwas Bier, da trinken sie dann einmal von und dann kennen sie das ja schon. Man muss viel mehr die Ottonormalverbraucher abholen. Ich habe so den Eindruck, einige Craftbier-Brauer in Deutschland brauen nur für die 5.000 Nerds oder was, die es hier gibt.

Markus: Das ist auch so ein bisschen das Problem. Also der ganz klassische Craftbier-Brauer auch so in Berlin oder so, der hat so seine 100, 150 Fans und immer, wenn er ein neues Bier macht, dann gibt er das denen und die sagen natürlich, superklasse, wunderbar und jetzt das nächste, aber ein anderes. Und er fühlt sich so bestätigt, dass er dann sagt, okay, ich mache das beste Bier der Welt und alle mögen mein Bier und ist alles super. Aber dass der Horizont immer nur diese 150 Leute beträgt, das ist was, was die erst sehr spät merken, wenn überhaupt.

Boris Georgiev: Wenn ich von den 150 leben kann, ist es ja okay. Es gibt ja doch welche, die wollen tendenziell auch 200 oder 250 Leute erreichen oder auch 5.000. Und das geht auf Dauer eben nicht, wenn du nur schrägen Kram braust. Ich glaube, das stellen momentan viele fest, dass ihnen einfach das Brot- und Butter-Bier fehlt.

Markus: Apropos, jetzt wollen wir vielleicht doch wissen, was du dir noch ausgesucht hast.

Boris Georgiev: Ja, wieviel Zeit haben wir denn noch?

Markus: Ach du, für dich?

Holger: Das nehmen wir mit auf jeden Fall.

Markus: Klar. Oder ist es eine 3-Liter-Flasche?

Boris Georgiev: Nee, das ist keine 3-Liter-Flasche, das ist eine 0,33er. Die hat aber komischerweise gar kein Etikett, …

Markus: Oha!

Boris Georgiev: … sondern nur so einen goldenen Kronkorken.

Holger: Oh, Hobbybrauerbier. Mein Spruch ist ja immer, die besten Biere, die ich je getrunken habe, sind von Hobbybrauern, aber die schlechtesten halt auch.

Boris Georgiev: Ja. Das ist leider so. Nee, der ist auch beschriftet der Kronkorken.

Markus: Also kommt er aus Belgien?

Holger: Ah ja, Westvleteren 12?

Boris Georgiev: Genau.

Markus: Nein, mit uns? Das ist ja …

Boris Georgiev: Ja.

Holger: Ist ja Ehre.

Markus: Da bin ich sprachlos.

Holger: Du hast doch gerade das Thema, das beste Bier der Welt irgendwie in den Mund genommen und jetzt nimmst du es wirklich in den Mund. Also das wird ja gesagt.

Boris Georgiev: Ja, war es ja. Es war viele Jahre Nummer 1 bei Rate Beer. Ich glaube, die Menschen sind ganz froh, dass es jetzt inzwischen abgelöst worden ist, da hat der Hype ein bisschen nachgelassen. Also das, was ich hier habe, MHD ist ziemlich genau ein Jahr durch, das heißt, es ist jetzt etwa vier Jahre alt. Das halte ich für ein sehr gutes Alter für dieses Bier. Ich habe schon deutlich ältere und deutlich jüngere gehabt. Ich halte hier einfach mal meinen Rüssel rein. Zur Optik muss man gar nicht so viel sagen, es ist halt dunkel, nicht zu dunkel, schäumt ganz schön und dann hält man da seine Nase rein und sagt wie immer: wow! Das ist also eine Komplexität von Aromen, da ist Süßes drin, von Kirsche, da ist Nuss drin, da ist Karamellmalz drin. Was das Bier so schön macht, ist eben diese Komplexität.

Holger: Aber was so geil ist, finde ich, an dem Thema, also wer das jetzt nicht weiß, da können wir ja ganz kurz vielleicht drüber sprechen. Westvleteren ist eben eine Klosterbrauerei, Sankt Sixtus heißt die eigentlich, und die haben auch verschiedene Biere und die Nummern, die sagen in Belgien immer ganz gerne was zum Alkoholgehalt auch aus. Bei der Flasche, wie du das schon gesagt hast, also hat kein Etikett und hat nur einen Kronkorken, und ich sage halt immer, also was die höchste Stufe von Branding, ist eben No Branding. Ich glaube, in der Bierwelt, wenn du die Flasche einfach nur hochhältst, dann weiß jeder sofort Bescheid.

Boris Georgiev: Ja.

Markus: Und bei diesem Westvleteren muss man natürlich sagen, es ist nicht nur das beste Bier der Welt, es ist auch das seltenste Bier der Welt. Das heißt, man hat es früher ganz schwer bekommen. Lange Zeit musste man eine Telefonhotline bemühen, hoffen, dass man durchkommt, sein Autokennzeichen angeben und dann zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein, um überhaupt ein Bier zu bekommen. Mittlerweile ist es so, dass es eine Online-Geschichte gibt, sprich, einen Online-Shop, wo man sich aber auch lange, lange Zeit vorher bemühen muss, auch in der Warteschleife ist, bis man endlich was bestellen kann. Und dann muss man wiederum vor Ort sein, hinfahren und sein Bier abholen. Also wirklich nicht einfach da ran zu kommen, aber ein ganz spannendes Bier.

Holger: Ich kann euch mal erzählen, wie das ganz früher war. Also damals, wo ich sozusagen ein junger Mann war, da war das nämlich so, dass die so Ausgabetage hatten, und das war eben übers Jahr nur zweimal verteilt. Und dann war das so ein Festival-Charakter. Also wir sind dann aus dem Ruhrgebiet dahin mit Zelt und so und haben dann, weil die Schlange extrem lang war, dann so ungefähr zwei oder drei Tage vorher dann da genächtigt, bis wir dann was haben durften. Und jetzt könnt ihr euch vorstellen, was da los war. Und da waren jetzt auch keine TOI TOI Häuschen und so und überhaupt irgendwie sanitäre Anlagen. Also das war Ausnahmezustand damals. Und da hat die Bevölkerung sich dann damals auch wirklich beschwert. Dann gab es eben diese Telefonaktionen. Und dass das jetzt übers Internet funktioniert, das ist jetzt total neu für mich.

Boris Georgiev: Das Schlimmste, was dir passieren kann, dass dein Auto verreckt, denn es wird ja das Nummernschild kontrolliert. Wenn du dann mit einem Mietwagen weiterfährst, dann musst du vorher von deinem Auto noch die Nummernschilder abschrauben, dass du das da vorweisen kannst. Als ich da war, war es relativ entspannt. Man hat so ein bisschen das Gefühl, man ist so beim Drive In, willkommen in Westvleteren, Ihre Bestellung bitte. Aber es hielt sich in Grenzen, also da waren irgendwie fünf Autos vor mir und nachher nochmal fünf hinter mir. Die Flasche kostet in einer Holzkiste 2,49. Du kannst einen Sechserträger gegenüber im Café kaufen, da kostet es schon vier Euro. Und dann einfach diese horrenden Schwarzmarktpreise, also 20 Euro ist dann ja noch eher gering. Aber die Leute sind halt bereit es zu bezahlen. Und wenn ich jetzt mal einen Schluck nehme, …

Holger: Genau, wir lassen dich gar nicht trinken. Wir sind wirklich gemein.

Markus: Das liegt einfach daran, ab jetzt sind wir wieder Gottesdienste erlaubt und das ist jetzt quasi ein Hochamt der Bierkultur und insofern genau richtig zu diesem Zeitpunkt.

Boris Georgiev: Das ist ein Traum. Es ist süß, es ist ein bisschen hefig. Jünger ist es noch ein bisschen hefiger, die bauen es nur im Laufe der Jahre ab. Aber es wird halt immer komplexer und immer tiefer. Das ist wirklich so ein Bier, da kannst du so richtig schön reinversinken. So breit die Aromenvielfalt ist, jedes Mal, wenn du einen Schluck nimmst, schmeckst du wieder was Neues. Dann ist hier ein bisschen Vanille und dann ist da noch ein bisschen feuchtes Heu sogar dabei. Grundton natürlich, klar, massiver Malz-Charakter, karamellige Süße, geröstete Nüsse. Ich kenne wenig Biere, die so spannend und trotzdem so ausbalanciert sind. Das fügt sich alles so zu einem unglaublich harmonischen Ganzen, und das ist bei Bieren wirklich selten. Und dieses ist so eins von den Bieren, da muss ich nicht mal trinken, da muss ich mir nur vorstellen und habe sofort den Geschmack auf der Zunge. Das schaffen nur ganz, ganz wenige.

Holger: Ich habe das auch ab und zu mal in Verkostungen und preise das auch so an, weil ich auch selber so begeistert bin. Irgendwann wird es dann auch zum Superlativ. Aber dann stelle ich fest, dass dann diejenigen, die das überhaupt nicht kennen und dann einfach trinken, total ernüchternd sind meistens. Also so nach dem Motto, okay, ja, ist spannend, aber das beste Bier der Welt, weiß nicht und so. Ja, das polarisiert halt auch so ein bisschen.

Boris Georgiev: Man muss es sich aber auch, sage ich mal, verdienen. Also wenn du mir irgendwie einen Bordeaux für acht Euro vorsetzt und irgendwie einen Château Lafite, das trinke ich dem gar nicht. Und da würde ich wahrscheinlich auch gar nicht die Komplexität zu würdigen wissen, weil ist einfach, das ist Wein, das ist nicht mein Fachgebiet. Bei Bier habe ich genug Ahnung, und dann eben, sage ich mal, jetzt hier so einen Château Lafite der Bierwelt zu schätzen und zu würdigen, das ist etwas, das muss man sich verdienen.

Markus: Absolut. Also das ist ja ein wunderschönes Schlusswort für unseren schönen BierTalk heute. Finde ich auch ganz gut, weil dann können wir dich jetzt in Ruhe noch das Bier genießen lassen. Das wäre ja fast ein Frevel, wenn du das jetzt so nebenbei austrinken müsstest. Ich beneide dich auf jeden Fall sehr, da hast du heute viele schöne Momente haben können. Und ich hoffe, es hat dir auch ein bisschen Spaß gemacht. Ich bedanke mich recht herzlich, dass du dir Zeit für uns genommen hast. Und möchte vielleicht den Hörern auch noch sagen, also die Aktion, das Abo zum Erhalt des Craftbeer Magazins solltet ihr bitte unbedingt mitmachen. Unterstützt das! Damit haben wir ein unabhängiges Craftbeer Magazin am Markt, das wäre schade, wenn das verschwinden würde.

Holger: Unbedingt. Und schenkt uns ein Abo ist ein gutes Stichwort auch für den BierTalk.

Markus: Oh, das stimmt. Ja natürlich, uns kann man auch abonnieren. Okay.

Boris Georgiev: Ja, hat viel Spaß gemacht mit euch. An die Hörer: Holt euch das Abo, helft uns, damit wir da weitermachen können. Jetzt werde ich euch verlassen und mein schönes Westvleteren 12 genießen.

Holger: In aller Ruhe genießen. Also zum Wohl und vielen, vielen Dank! Macht‘s gut! Ciao!

Boris Georgiev: Tschüss!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

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