Andreas Wagner und Moritz Hottenrott sind heute Kollegen, haben aber beide jeweils eine eigene, spannende Geschichte in der Bierwelt. Während Andi sich um den Anlagenbau kümmerte, gründete Moritz mit dem Hausfreund seine eigene kleine Biermarke, die sich im süddeutschen Raum großer Beliebtheit erfreute und über die die beiden auch zusammenkamen. Im Zuge neuer Projekte zieht es nun beide gemeinsam rund um die ganze Welt, im Auftrag der Planung guter Brauereien und der Versorgung derselben mit den besten Hopfensorten. Im BierTalk sind sie die ersten, die schon mit einem Bier in der Hand beginnnen – und haben natürlich auch viel zu erzählen…
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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute mal ein ganz spannender Ritt auf mehreren Rohstoffen, auf mehreren Kontinenten, mit ganz vielen interessanten und vor allem auch sehr bierigen Themen. Und auch zwei wunderbaren Gesprächspartnern, auf die ich mich sehr freue. Lustiger Weise haben wir uns zuletzt in den USA gesehen, also fast auf der andern Seite des Planeten. Aber das gehört vielleicht auch so ein bisschen zur Geschichte, aber, wie gesagt, gleich mehr. Ich bin sehr froh, dass ich Andreas Wagner und Moritz Hottenrott heute bei mir habe. Und, ja, ihr beiden, vielleicht stellt ihr euch ganz kurz mal unseren Hörern selber vor.
Moritz: Ja, hallo, ich bin der Moritz. Ich habe früher eine Craft-Biermarke Hausfreund gemacht, die haben wir gegen Ende von Corona dann auf Eis gelegt. Und sie liegt immer noch auf Eis, mal schauen wie das weitergeht. Habe aber das Hopfenprojekt proHops eigentlich vom Andi von Anfang an mitbekommen und bin, seitdem Hausfreund auf Eis liegt, hier beim Andi auch voll beruflich, vollzeitig mit im Team.
Andreas: Genau und jetzt, wo der Moritz schon von mir so viel gesprochen hat, Andi, mein Name. Ich habe in Weihenstephan Brauwesen studiert, habe in unterschiedlichen Brauereien gearbeitet. Hatte früher sogar selber mal eine kleine, ja, Craft-Marke, wenn man so will, also eher für den Hausgebrauch selber gebraut auf einem befreundeten Bauernhof, mit Freunden zusammen. Und habe dann für einen süddeutschen Anlagenbauer lange Zeit gearbeitet, über zehn Jahre und bin seit acht Jahren selbstständig tätig mit meiner Firma proBrauen. Habe vor fünf Jahren einen Rohstoffhandel gegründet, wo wir ein bisschen, ja, über das etablierte Geschäftsmodell hinausschauen wollten, um einfach Brauereien und Hopfenpflanzer ein bisschen näher zusammenzubringen und das Projekt heißt proHops, bei dem auch der Moritz schwerpunktmäßig mit dabei ist jetzt, genau. Ich denke, wir beide trinken auch recht gerne Bier.
Markus: Ja, das habe ich ja auch schon live mit verfolgen können und ihr seid auch die Ersten, glaube ich, im BierTalk, die offiziell, bevor es eigentlich losgeht, schon ihr Bier aufgemacht haben. Aber das sei euch heute auch gestattet. Was trinkt ihr denn Feines?
Andreas: Ja, aktuell haben wir ein Urhell vom Hofbrauhaus Freising im Glas. Bei der Brauerei durfte ich auch selber schon arbeiten. Und, ja, das war für mich auch immer, wie gesagt, ich habe lange Zeit im Chiemgau gelebt, immer wenn ich durch Freising gefahren bin, musste ich in Freising an der Tankstelle anhalten und entweder ein Urhell oder ein Huber Weißbier trinken, einfach um mich wieder, ja, Daheim zu fühlen.
Markus: Und wenn wir schon vom Urhell sprechen, ich habe in letzter Zeit so verfolgt, das einerseits natürlich das Helle ein großer Trend ist und viele Brauereien das jetzt machen und mehr machen und so. Aber andererseits auch bei den Brauereien, die schon lange ein Helles machen, die Rezepturen nach und nach verändert werden und diese Biere immer schlanker werden und immer mehr in so eine fast schon internationel-Lager-Richtung gehen. Könnt ihr das bei dem Hofbrau auch so sehen oder ist das noch die alte Rezeptur?
Andreas: Also ich finde das Hofbrau immer noch recht gut, immer noch sehr kernig. Die haben ja das Moy Bier rausgebracht, was in meinen Augen eher dem entspricht, wovon du grade geredet hast. Das Urhell an sich ist schon noch sehr ursprünglich und, ja, es hat auch noch sehr viel Charakter und ich finde es ein schönes rundes Bier. Also in dem Sinne, ja, lass mal anstoßen, Moritz.
Markus: Ja, prost, ihr zwei. Da muss ich jetzt sofort nachziehen, also ich habe mir natürlich auch was hingestellt. Und weil wir so viel Spaß letztes Mal zusammen hatten, habe ich mir ein Bier rausgesucht beziehungsweise ist das vielleicht gar kein Bier, es heißt Veräppelt und kommt von Freigeist und ist eigentlich eher eine Art Quittencider. Aber wie gesagt, nachdem wir in den USA waren und da lauter komische Sachen trinken mussten, habe ich gedacht, da passt das ganz gut hin und ich kann auf jeden Fall mit euch anstoßen. Ich mache mal hier so auf. So und hinein. Und letzten Endes gehört die Cider-Welt ja irgendwie auch zur Bierwelt dazu, also zumindest, wenn man es mal ein bisschen global sieht. Und in der Tat, es ist hier ein ganz intensives Quitten- und Cider- und Apfel- und sonst-was-Aroma. Allerdings schwimmen in dem Bier auch so ein paar Teilchen rum. Hm, mal sehen. Also ich werde es währenddessen ein bisschen verkosten. Vielleicht noch, dass wir so ein bisschen einordnen, also ihr seid jetzt ja quasi Kollegen bei dem Thema proHops, werden wir auch gleich ein bisschen dazu sprechen. Habt ihr euch vorher schon gekannt oder erst dadurch kennengelernt?
Andreas: Genau, also wir sind eigentlich durch die Marke Hausfreund, die der Moritz betrieben hat, zusammengekommen und seitdem wirklich auch gut befreundet. Aber da kann der Moritz uns sicher mehr erzählen.
Moritz: Genau, ich bin damals durch den beruflichen Hintergrund meiner Frau nach München gezogen und habe diese Marke gegründet und habe jemanden gesucht, der mir da ein bisschen hilft, Fuß zu fassen in der Szene, die für mich relativ fremd ist oder war damals noch. Und da bin ich auf den Andi gestoßen und der Andi ist dann auch mehr oder weniger als Braumeister mit eingestiegen. Ich habe ihn dann gleichzeitig auch so ein bisschen an die Hand genommen bei proHops und versucht, da mein Wissen rein zugeben. Ich habe eigentlich mit Brauwesen von der Ausbildung her gar nichts zu tun, ich habe mal Volkswirtschaftswesen studiert.
Moritz: Schande auf dein Haupt da.
Moritz: Genau und bin eher so ein Zahlenmensch gewesen. Und so haben wir das beides so ein bisschen Hand in Hand gemacht. Und wie gesagt, nachdem wir Hausfreund auf Eis gelegt haben, war irgendwie klar, dass ich das mit dem proHops weiterbetreiben will, weil es mich irgendwo reizt, die Plattformgeschichte, auf die wir später vielleicht noch zu sprechen kommen, weiter zu verfolgen und auch weiter auszubauen.
Andreas: Also es war wirklich lustig, der Moritz hat halt einen Bekloppten gesucht, der auch ein bisschen Bartansatz hat und da ist er auf mich gestoßen. Und für mich war es natürlich eine coole Sache, weil ich damals schon mit dem Hopfen angefangen hatte und dann natürlich auch die Möglichkeit hatte, einfach wieder Rezepte, Biere zu kreieren und auch viel auszuprobieren. Also wir haben sehr viel mit neuen Hopfensorten rumprobiert, haben viel mit slowenischen Sorten gemacht, haben ein französisches IPA gemacht, ein deutsches IPA und, und, und. Ich habe da die komplette Spielwiese an die Hand gekriegt, ohne diesen schnöden Bierverkauf machen zu müssen, wo ich ganz dankbar war, um ehrlich zu sein.
Moritz: Der ist leider an mir hängengeblieben.
Andreas: Ja.
Markus: Einer muss es ja machen und im Zweifelsfall muss man es dann halt trinken, wenn es übrigbleibt. Aber vielleicht noch, was ich ganz spannend finde, also Hausfreund habe ich tatsächlich auch schon mal so gehört gehabt und so und vielleicht auch mal irgendwann was probiert, aber so richtig damit in Berührung gekommen bin ich tatsächlich erst während der Pandemie, weil wir ja sehr viele Verkostungen gemacht haben, Online-Testings und dann eben auch öfters Mal für Partner. Und einer unserer Partner hatte regelmäßig immer ein oder zwei Hausfreund-Biere in den Packages dabei und dadurch durfte ich die eben auch alle durchprobieren und fand die auch wirklich alle sehr spannend. Ich habe mich nur immer ein bisschen schwergetan, die Marke Hausfreund richtig zu erklären, weil das ja nicht so wirklich geht, ohne an der ein oder anderen Stelle anzuecken, also ob jetzt das Bier der Hausfreund ist und sich so hinten rum rein schleicht oder ob der Hausfreund sich im Kabinchen versteckt und noch sein Bier hat und hofft, dass er nicht entdeckt wird oder so. Was ist denn die Ursprungsidee gewesen, Moritz, von dem Thema Hausfreund?
Moritz: Die Ursprungsidee ist eigentlich, das ja grade hier in Bayern viele mit ihrem Bier verheiratet sind. Also viele, so wie der Andi sein Huber und sein Hofbrau Freising trinkt, sein Urhelles, ja und das so der Standard ist. Und da war so die Idee, dass unser Bier eigentlich der Hausfreund ist, der hinter den verheirateten Bieren auch noch irgendwo einen speziellen Platz für spezielle Momente im Kühlschrank hat.
Markus: Na, dann habe ich es ja richtig erklärt, das ist doch wunderbar. Ja und ihr habt auch ein schönes Design und eine schöne graphische Linie gehabt, aber eben auch tolle Biere. Jetzt sagst du, es liegt auf Eis, heißt das, es kann wieder kommen?
Moritz: Ja, also die Marke besteht noch, die Gesellschaft besteht auch noch. Wir haben, ja, wann war das, letztes Jahr im Januar haben wir beschlossen, das wir es auf Eis legen, weil wir ja in Lohn gebraut haben, die Kosten explodiert sind. Und grade gegen Ende der Pandemie auch die Umsätze doch deutlich zurückgingen dadurch, dass wir leider durch Corona sehr in den Einzelhandel gerutscht sind, auch schwierig war, Preise anzupassen, zu erhöhen oder da mitzugehen. Ich glaube, das Problem kennen viele oder auch grade jetzt ist dass das Problem auch von vielen großen Brauereien, glaube ich, dass der Bierpreis doch relativ niedrig ist. Und, ja, dann haben wir irgendwie oder habe ich den Beschluss befasst, das, solange noch ein bisschen Geld auf dem Konto ist, wir eine Pause machen und gucken, ob es irgendwann den Moment gibt, wo man das wieder aufleben kann, anstatt das wir, ja, sage ich mal, insolvent gehen und dann auch irgendwelche Leute nicht mehr bezahlen können.
Markus: Ja, das ist auf jeden Fall sicherlich eine gute Entscheidung. Da bin ich mal gespannt und drücke euch natürlich auch ganz fest die Daumen. Von den vielen verschiedenen Bieren ist mir tatsächlich das German Pale Ale am meisten in Erinnerung geblieben. Das fand ich wirklich sehr, sehr gut und hat auch so dieses Thema, eben deutsches Pale Ale, sehr schön repräsentiert. Wie habt ihr denn eure Rezepte da so kreiert?
Andreas: Für mich war natürlich der Hauptaugenmerk da erst mal auf dem Hopfen. Und, ich meine, es gibt ja bestimmte Hopfensorten wie Citra, die in jedem, ja, Craftbeer vertreten sind und habe natürlich geschaut, wie kriegen wir so ein ähnliches Geschmackserlebnis mit deutschen Sorten hin. Und sind dann da auf Saphir, den ich ganz toll finde als Hopfen, kann ich nachher auch noch eine Geschichte zu erzählen. Mandarina und Callista haben wir reingetan. Und, ja, ich denke, wir haben es ganz gut hingekriegt, da wirklich so eine Citrusaromatik in das Bier zu zaubern. Und das Schöne war auch bei dem Pale Ale, das wirklich die Aromatik sehr lange haltbar war in dem Bier.
Moritz: Wir haben das gar nicht als German IPA angefangen. Wenn du überlegst, wir haben am Anfang, hatten wir sogar Citra drin und haben den über die ersten drei Sude reduziert, bis wir ihn dann ganz rausgenommen haben und wirklich den Schwerpunkt auf dem Callista hatten. Das heißt, da ist es eigentlich zum German Pale Ale geworden, über die ersten drei Sude, genau.
Markus: Also in gewisser Weise eine Evolution. Ja, fand ich spannend, weil ich habe dann auch immer mit den Teilnehmern zu den verschiedenen Bieren die Aromaspinnen zu den verschiedenen Hopfensorten rausgesucht und dann eben versucht nachzuvollziehen, ob sie die einzelnen Hopfensorten dann entsprechend in den Bieren auch eben entdecken können. Und das haben wir tatsächlich auch da immer sehr, sehr gut geschafft. Und das fand ich sehr spannend, weil ich anhand von dem Bier eben viel erklären konnte, was grade eben deutschen Hopfen oder Hopfen überhaupt und eben auch die deutschen Craft-Brauer und all das eben ausmacht. Bis hin zum Thema Gypsy-Brauen. Da habe ich ja jetzt gelesen, ihr wart dann am Schluss bei der Camba, wart ihr vorher noch woanders?
Andreas: Ja, vorher haben wir einen Gang durch einige Brauereien gemacht. Ja und das war nicht immer einfach, weil es natürlich eine Brauerei, die Kapazitäten hat, oft auch Gründe hat, warum sie diese Kapazitäten hat. Und, ja, das hat am Anfang leider relativ lange gebraucht, bis wir da einen richtigen Partner gefunden haben, den wir dann mit der Camba gefunden haben. Am Ende waren wir dann sogar auch noch in Huckberg bei der Brauerei Wimmer. Aber, ja, wie gesagt, dann kam irgendwie der Zeitpunkt, wo wir dann gesagt haben, jetzt legen wir es auf Eis.
Markus: Ja und dann ging es ja zu den Themen, die wir gleich noch besprechen. Vorher vielleicht noch eine Frage, Moritz, Volkswirtschaft, also da habe ich einen Freund, der das auch studiert hat, der ist jetzt Taxifahrer. Da hast du es vielleicht doch besser getroffen mit dem Thema Bier. Also war Bier für dich schon immer so eine gewisse Leidenschaft oder war das für dich eher so halt dein Getränk und du bist da so reingerutscht?
Moritz: Also es war schon immer eine Leidenschaft, wobei nie vielfältig früher, muss man sagen. Ich war so der klassische deutsche Pilstrinker. Tatsächlich hat mein Bruder mich da irgendwie da hingebracht. Meine Frau hat in Belgien studiert, in Löwen, das ist da, wo die große Stella Artois Brauerei ist. Und mein Bruder ist irgendwann in die USA gezogen und ich habe ihm immer Paulaner Salvator schicken sollen, weil er das Bier so gern mochte, bis er es dort auch irgendwann gefunden hat. Und dann habe ich ihm irgendwann aus Belgien dann auch Biere mitgebracht, die ihm ursprünglich gar nicht so geschmeckt haben, aber einfach, weil sie, ja, andere Aromen hatten als das, was ich unter Bier verstanden habe zu dem Zeitpunkt. Und irgendwann hat er mir auch amerikanische Biere zurückgeschickt nach Deutschland, die mir auch überhaupt nicht geschmeckt haben. Was vielleicht auch so ein bisschen daran lag, dass er mir direkt irgendwelche Bourbon Barrel Stouts und Double IPAs und was weiß ich was geschickt hat. Und irgendwann, ich weiß gar nicht, was das war, war irgendwie so eine Pale-Ale-Richtung oder sowas dabei und das war dann so der Punkt, wo ich angefangen habe so, woah, ist eigentlich ganz cool, so ähnlich Radler, aber nicht so süß, fruchtig. Und, ja, ich glaube, das ist auch immer so ein bisschen das Ding beim Craftbeer, wenn man anfängt, sich mit Bier zu beschäftigen, sollte man, glaube ich, nicht sofort in die Extreme einsteigen, sondern sich langsam dahin arbeiten. Man kommt da sowieso irgendwann an. Und das Schöne ist, wenn man die Extreme durch hat, macht man ja so eine Schleife und geht doch wieder zurück auf die klassischen Sachen und kann dann damit auch viel besser umgehen, glaube ich.
Markus: Das ist so ein bisschen die Entwicklung, die wir jetzt tatsächlich auch in der allgemeinen Bierwelt so ein bisschen spüren, dass da im Grunde alles zurückgeht zum Lager, zum einfachen, guten trinkbaren Bier, aber natürlich auch in gewisser Weise mit einer anderen Qualität. Andi, wenn du das so verfolgst, also das war jetzt ja eher so die, sage ich mal, Consumer-Herangehensweise an das Thema Bier beim Moritz. Wie war das bei dir, also du bist ja dann doch eher gleich fachlich eingestiegen, war das von vorneherein klar?
Andreas: Nee, eigentlich nicht. Ich bin hier in Freising auch zur Schule gegangen, Freising liegt ja südlich der Holledau. Das heißt, ich habe wirklich viele Kumpels, deren Väter in der Braubranche waren, die sind mit mir zur Schule gegangen. Das war mir damals auch noch nicht so bewusst. Irgendwann war ich an dem Punkt, dass ich selber Met gemacht habe und mich mehr und mehr mit der Fermentation beschäftigt habe. Und bin dann auf den Trichter gekommen, hej, Bier brauen ist ja eine schöne technische Sache. Und Bier trinke ich auch gerne, schmeckt mir gut, lass mich das mal ein bisschen anschauen und habe dann eben beim Hofbrauhaus Freising mein erstes Praktikum gemacht und bin dann wirklich der Branche auch verfallen. Und seitdem komme ich nicht mehr weg und will ich auch nicht mehr weg.
Markus: Und du bist kreativ in dieser ganzen Geschichte geworden, das ist ja auch sehr spannend. Und da sind wir jetzt mal bei proHops vielleicht zuerst angelangt. Ich habe versucht, das Ganze so ein bisschen zu verstehen und am Ende habe ich gedacht, das ist vielleicht so eine Mischung aus eBay und PayPal für Hopfen, kann man das so sagen?
Andreas: Nee, eigentlich ist es noch viel einfacher, eigentlich ist es Amazon für Hopfen.
Markus: Okay, gut, gut, gut. Das heißt, ihr werdet stinkreich und gründet irgendwann ein Weltunternehmen?
Andreas: Ja, ja, gut, dann wären wir nicht in die Bierbranche gegangen, wenn wir stinkreich werden wollen würden.
Markus: Na gut. Aber erklär doch mal für die unbedarften Leute, da draußen sind ja vielleicht auch potenzielle Kunden oder Lieferanten dabei, wie funktioniert es und was ist der Vorteil der ganzen Nummer?
Andreas: Vielleicht, wenn es für dich okay ist, würde ich anfangen, wie wir gestartet haben, und zwar ist das nämlich, glaube ich, eine ganz lustige Geschichte. Ich bin ja, wie gesagt, in Freising aufgewachsen, habe hier gearbeitet, bin hier zur Schule gegangen, hier studiert. Mein bester Freund ist lustiger Weise auch Braumeister, der ist jetzt technischer Leiter in Landshut bei Wittmann. Flo, schöne Grüße, falls du zuhörst, während deiner Arbeitszeit natürlich. Und mich hat ein Kumpel, dem ich drei Sudhäuser in den USA verkauft habe, der hat mich angerufen und hat gefragt, Andi, ich kriege den Hopfen nicht mehr her, den ich brauche für mein Bier. Kannst du mir helfen, du kommst ja da aus der Gegend, vielleicht kennst du ja jemanden? Dann habe ich mich dran erinnert, dass mir der Flo eben erzählt hat, wie wir Schafkopf gespielt haben, das ist ein bayrisches Kartenspiel, das er einen Gesellen oder einen Lehrling hat, der von einem Hopfenhof kommt. Also habe ich den Flo angerufen und gesagt, du, gib mir mal die Nummer von dem Georg Seitz, heißt er. Hat er so gemacht, rufe ich ihn an, der hat mich zu seinem Bruder verknüpft, zum Flo Seitz. Super cooler Typ, mit dem ich immer noch sehr gerne Bier trinke und auch zusammenarbeite, hat einen klasse Hopfen auch auf dem schönen Hof. Und wir haben dann quasi die erste Palette von Flo seinem Hopfen nach Amerika rübergeschickt. Und dann ruft mich der Kunde an und sagt, Andi, das war, glaube ich, der beste Hopfen, den ich jemals in die Hand gekriegt hab und der Preis hat auch super gepasst. Also habe ich gleich panisch den Flo angerufen und gesagt, Flo, ich hoffe, du hast da auch ein gutes Geschäft gemacht. Weil ich will nicht, dass du da jetzt draufzahlst oder so, das soll jetzt kein Freundschaftsdienst sein. Flo sagt, nee, war ein super Geschäft für ihn. Also habe ich mir gedacht, puh, da scheint ja irgendwo eine Lücke zu sein und genau in die sind wir rein gesprungen. Genauso haben wir dann auch gestartet. Also unser Konzept ist, dass wir Cherry Picking, also wir suchen uns quasi so die schönsten, besten Lots aus, die für unseren Geschmack sehr gut sind und schauen, dass sie nicht mit Standardhopfen verblendet werden. Es gibt ja sehr viele Hopfenpflanzer, über 600 und der Hopfen wird natürlich sehr stark homogenisiert auch. Das heißt, der Pflanzer, der sich extrem bemüht, eine super Qualität hinzubekommen, vor allem eine Aromaqualität, die uns als Craft-Brauer ja auch wichtig ist, der geht einfach unter in dieser Masse an Einheitsbrei, würde ich jetzt mal behaupten. Und genau diese Goldstücke wollen wir rausziehen und dann auch an Brauereien verkaufen, die das auch wertschätzen können. Also wir verkaufen natürlich auch Massenware, klar, wenn das jemand möchte. Das ist für uns dann reine Handelsware, aber für uns ist wirklich die Creme das, womit wir uns auszeichnen, ist eben der Fokus auf diese Aromaqualität. Und da haben wir zum Beispiel auch im Haus entwickeltes Verkostungssystem, wir sind da alle auch drin geschult. Machen das auch zusammen mit Brauereien, dass wir mit denen zusammen den Hopfen anschauen und bonitieren, um auch zu wissen, was die Brauerei möchte. Es hat ja jeder seine persönlichen Präferenzen, ähnlich wie beim Bier. Und dementsprechend können wir dann auch jedes Jahr Lots für die Kunden aussuchen anhand deren Aromaprofile, die wir zusammen erarbeiten. Und ich habe deine Frage immer noch nicht beantwortet. Ich weiß, ich hätte Politiker werden sollen.
Markus: Das sind wir Franken ja gewohnt, das irgendwelche Bayern kommen und stundenlang reden und am Ende doch nichts gesagt haben. Aber ich habe sehr viel verstanden, also alles gut. Aber also jetzt mal vom Prinzip und die Hopfenbauern sind jetzt alle aus der Hollertau oder aus ganz Deutschland oder auch drüber hinaus?
Andreas: Nee, wir gehen tatsächlich europaweit. Also ich habe auch Kontakte in den USA, eben aufgrund meines anderen Jobs, haben wir da wirklich eigentlich schon fast ein internationales Netzwerk. Wir fokussieren uns einfach aber aufgrund der Nähe natürlich auf die deutschen Hopfen und die europäischen Hopfen dann im zweiten Gang. Und im dritten Gang dann wirklich Importhopfen aus Australien, Neuseeland, aber auch aus USA.
Markus: Und ich habe immer gedacht, dass die meisten Hopfenbauern mit Kontrakten an die großen Hopfenhändler praktisch schon gebunden sind und man eigentlich kaum mehr irgendwas am freien Markt bekommen kann. Ist dem gar nicht so?
Andreas: Dem ist schon so, aber man muss ja auch sehen, wo wir stehen. Also wir sind jetzt kein riesengroßes Handelshaus, möchten wir auch nicht sein und die Mengen, die wir benötigen und die auch viele unserer Kunden benötigen, die bekommen wir eigentlich immer her.
Markus: Und das sind dann eher sehr spezielle Hopfen? Also zum Beispiel eine Brauerei sagt jetzt, ich möchte ein bestimmtes IPA, sagen wir mal banaler Weise, mit irgendeinem besonderen Aroma haben und hat da was im Kopf und meldet sich dann bei euch und sagt, Mensch, wir hätten gerne was, was in die Richtung geht und ihr sucht es dann oder rufen die eher an, wir brauchen zehn Kilo Comet oder so?
Andreas: Ganz unterschiedlich. Also wir haben ja, wie gesagt, wir haben zwei Standbeine, wir haben einmal die Plattform, die für uns auch ein Schaufenster ist, wo die Hopfenbauern aber auch Händler ihren Hopfen anbieten können.
Moritz: Und Brauereien auch.
Andreas: Und Brauereien auch, genau. Also Brauereien, die jetzt Überhopfen haben zum Beispiel, können den über die Plattform auch verkaufen. Das ist eben dieses Prinzip Amazon, wo ich vorhin beschrieben habe. Was wir machen, wir sind quasi der Servicedienstleister in dem Fall und machen die komplette Logistik und die komplette Faktura, das heißt, die komplette Bestellabwicklung. Das heißt, wir schreiben Rechnungen, aber die Lieferanten, also die Verkäufer, die kriegen von uns auch eine Gutschrift. Das heißt, beide Parteien haben eigentlich keine Arbeit mehr, die machen wir für sie. Die einzige Arbeit ist dann wirklich physikalisch, dieses Paket zu nehmen und zu verschicken. Wenn es dann wirklich, wie es immer so ist, im Leben dann zu Enttäuschungen kommt oder irgendwas nicht, dann sind wir auch der erste Ansprechpartner und kümmern uns drum, das alles wieder ins Lots gerückt wird und die Erwartungen auch, ja, von beiden Parteien erfüllt werden.
Moritz: Genau, das ist eigentlich auch so der Platz, wo die Brauerei XY, die irgendwas Besonderes sucht, wahrscheinlich zuerst mal guckt. Gegebenenfalls dass sie es nicht findet, kommen sie dann meistens direkt auf uns zu und das ist dann der Moment, wo wir direkt für sie auch suchen nach Hopfen. Bei den Exoten geht es dann oft einfach darum zu gucken, ob er überhaupt verfügbar ist. Aber es gibt auch andere Brauereien, die dann gezielt kommen und sagen, ich suche einen Hopfen mit besonderem Ölgehalt oder besonders fürs Stopfen. Oder auch Leute, die sich einfach beraten lassen, die sagen, wir würden gern das und das brauen, was können wir denn für einen Hopfen hernehmen?
Andreas: Das ist ja, wie du richtig gesagt hast, auch bei Brauereien ist es ja so, dass du nicht jedes Bier neu kreierst. Also wenn du jetzt ein Rezept hast, dann schaust du ja schon, dass du gleichbleibende Rohstoffqualität auch hast. Es geht viel drum, das du sagst, hm, Klimawandel ist natürlich im Hopfen auch ein riesen Thema, genauso wie in einer Brauerei auch. Vielleicht sind alte traditionelle Sorten, die werden auch preislich immer teurer, weil die einfach nicht mehr mit den klimatischen Bedingungen zurechtkommen. Und es gibt neue Züchtungen aus Hüll. Diese neuen Hüller Züchtungen, die brauchen deutlich weniger Spritzmittel, aber auch weniger Wasser. Das heißt, sie sind deutlich klimatoleranter. Wie kann ich jetzt solche Sorten einsetzen und damit alte Sorten substituieren, ohne dass ich das Bieraroma groß verfälsche? Und genau das sind eigentlich die Aufgaben, wo wir dann auch da stehen und die Brauereien unterstützen und sagen, okay, bei der Brauerei haben wir das und das gesehen, man kann den Einsatz hier, man kann es zum Bittern gut nehmen und, und, und. Weil, schließlich steht ja jede Brauerei auch mit dem Namen für ihr Bier und möchte das ja auch immer in bestmöglicher und gleichbleibender Qualität an die Kunden bringen.
Markus: Ja und da sprichst du ja auch wirklich ein großes Thema an. Wir sind jedes Jahr in Hüll und machen da auch ein Update vor Ort, wie es grade ausschaut. Und da ist es ja wirklich so, dass es Hopfensorten gibt, die jetzt eben, wie du schon sagst, die Alten substituieren, also wenn man zum Beispiel über Perle und Tango oder sowas spricht. Letzten Endes aber hat man doch den Eindruck, dass die Brauereien ein bisschen Mut zu einer Veränderung schon auch mitbringen müssen. Also ich glaube, so eine eins-zu-eins-Kopie ist fast nicht möglich hinzubekommen oder, gibt es irgend sowas am Markt?
Andreas: Ganz schwierig. Aber ich glaube, dass viele Brauereien gezwungen werden, Mut zu zeigen, weil wenn sie den nicht zeigen, dann haben sie sehr schnell andere Probleme. Und das ist jetzt nicht nur auf den Hopfen bezogen also.
Markus: Nee, nee, das stimmt auf jeden Fall. Und ich meine, ich denke mal, wir erleben ja auch in dem Sommer, zumindest wie er sich jetzt anfängt zu präsentieren, dass wahrscheinlich ja wieder Wasserknappheit ein großes Thema sein wird. Und ich glaube, letzten Endes muss man dann als Brauerei auch einfach auf den Markt reagieren, was verfügbar ist. Weil, wenn der Hopfen nicht da ist, kann ich ja gar nicht anders, dann muss ich ja den anderen nehmen, ich habe ja keine andere Möglichkeit.
Andreas: Ja, aber man muss auch sagen, also ein Tradition zum Beispiel in einem Weißbier ist ein toller Hopfen, passt auch super in ein Weißbier. Aber was auch richtig, richtig geil ist in einem Weißbier, ist zum Beispiel Mandarina, ist zum Beispiel ein Melon oder vielleicht auch mal ein Blanc. Und da bin ich auch noch nicht verrückt, sondern ich spreche immer noch den traditionellen Biertrinker an und ich schaffe allerdings damit wirklich schöne vollmundige Weißbiere, die man auch schön am Gipfel trinken kann, die man aber auch schön am See trinken kann und die auch einfach der breiten Masse schmecken. Also ich finde schon, dass man da einfach die Tradition wahren kann, aber Neues wagen muss. Und da sehe ich grade noch nicht so ganz den Willen. Und ich glaube, dass viele Braumeister und Kollegen von mir da auch bald gezwungen sein werden, eben solche Schritte da zu gehen.
Markus: Ja und grade beim Weizen ist das natürlich ein schöner Punkt, also wie du schon gesagt hast, Mandarina oder Blanc, das sind ja Hopfenaromen, die sich einfach richtig schön mit den klassischen Aromen vom Weißbier verbinden. Also da habe ich bisher fast nur spannende und gute Beispiele raus gehört, also warum nicht auch mal solche Wege gehen. Was mir noch so ein bisschen im Kopf rumschwirrt ist jetzt, wir waren ja grade erst in Amerika, in Nashville auf der CBC und ich habe mich da mit einem amerikanischen Hopfenhändler unterhalten und der hat mir, in Anführungsstrichen, so ein bisschen die wahre Geschichte erzählt. Nämlich das eigentlich so die richtig gute Ernte, die sie grade im Yakima Valley und sowas haben, dass die eigentlich erst mal in Amerika vermarktet wird und das, was dann letzten Endes nach Europa kommt, also vielleicht nicht zweite Wahl in dem Sinn ist, aber halt nicht mehr der 1A-Hopfen. Und da wäre natürlich dann so jemand wie ihr, die da eben direkte Qualität vom Erzeuger liefern können, dann ein ganz wichtiger Punkt. Ist das so oder hat mir der ein bisschen Blödsinn erzählt?
Andreas: nee, also man muss auch einfach anschauen, wie der amerikanische Markt funktioniert. Amerika hat 150 Hopfenpflanzer, das heißt, die Flächen sind deutlich größer. Ein deutscher Hopfenpflanzer hat im Schnitt so um die 30 Hektar, ein Amerikanischer 150 Hektar. Das heißt, sie haben einfach riesengroße Flächen, die sie beackern müssen, das Erntefenster ist allerdings dasselbe. Wenn ich jetzt riesengroße Flächen habe, dasselbe Erntefenster und nur ein, zwei, vielleicht drei Erntezentren und in Deutschland sind es halt einfach mal die 20-fache Menge an Pflanzern. Oder, 20, eher noch mehr.
Moritz: Ja, ja.
Andreas: Das heißt, ich habe viel mehr Erntezentren, jetzt mal so gesehen, logistisch und habe viel kürzere Erntefenster für die einzelnen Hopfensorten. Das heißt auch, dass wir in Deutschland eine viel bessere Qualität hinbekommen wie die Amerikaner. In Amerika ist es dann natürlich so, dass du von dieser Farm, der hat jetzt diesen Hopfen mit einem riesengroßen Erntefenster, nehmen wir jetzt mal Cascade. Das heißt, es gibt einen sehr frühen Cascade, weil sie früher anfangen müssen zu pflücken. Es gibt einen, nennen wir es mal perfekten Cascade, der im perfekten Erntefenster liegt. Und es gibt einen sehr späten Cascade, der dann wahrscheinlich schon eher so in die Dieselart geht. Der Amerikaner an sich ist es gewohnt, zur Hopfenernte zu fahren, um sich den Hopfen selber rauszusuchen, die Lots, nennen sich die. Und der pickt natürlich dann eher die Lots, die in diesem mittleren Fenster liegen, weil die natürlich perfekt ausgereift sind. Was bleibt übrig? Klar, die frühen und die späten Lots und die werden dann auf dem Freimarkt verkauft, und der Freimarkt ist das, was im Weltmarkt dann quasi endet. Und Ähnliches haben wir hier in Deutschland auch. Also dass ist das, wo ich gemeint habe, nur bei uns ist halt die durchschnittliche Standardqualität schon relativ hoch dadurch, dass wir viel kleinere Erntezentren haben.
Markus: Also ein wirklich wichtiger Punkt. Und dann steckt ja da auch absolute Wahrheit drin in dem, was der mir erzählt hat, aber vielleicht jetzt nicht die Absicht zu sagen, wir liefern euch, in Anführungsstrichen, bewusst die zweite Ware sozusagen, sondern das ist ja einfach logisch, wenn ich vor Ort bin, dass ich mir dann natürlich die Sachen raussuche, die ich dann auch haben will. Und das sind ja auch oft sehr spannende Brauer, die dann auch wirklich sagen, ich gehe bewusst selber in die Felder, ich suche mir selber meine Hopfen aus. Wenn wir da bloß an Eric Toft denken, der das ja im Grunde großgemacht hat in Deutschland diese Idee, so mit Hopfen umzugehen. Ach, Moment, da wären wir eigentlich grade nochmal bei dem Saphir-Thema, du wolltest uns doch noch was zum Saphir-Hopfen erzählen oder? Der ist jetzt beim Eric auch sehr beliebt.
Andreas: Ich muss dich jetzt leider kurz unterbrechen, weil nämlich, der Eric Toft hat da eine Wahnsinns Arbeit gemacht, absolut, aber im Endeffekt hat er es nicht neu erfunden. Früher hat man in der Holledau, wenn man die Bilder anschaut und wenn man auch mit älteren Leuten redet, wie früher der Hopfenhandel ablief, war das früher ein riesen Jahrmarkt in der Holledau, weil das nämlich früher bei uns genauso war. Da sind die Brauer rein in die Hallertau gefahren und haben Hopfen eingekauft, direkt beim Bauernhof. Das war früher Gang und Gäbe. Wir sind nur, einer der großen Hopfenhändler hat angefangen mit diesen Vorverträgen, die auch die Daseinsberechtigung haben, dass sie einfach den Pflanzern Sicherheiten bieten und auch den Brauereien Sicherheiten bieten. Das ist einfach aufgrund der, nennen wir es mal Industrialisierung des Biermarktes, natürlich auch ein logischer Schritt gewesen. Aber, es ist kein neues Ding, auch bei uns nicht, dass man Hopfen direkt beim Bauern selber aussucht, das war früher, wie gesagt, Gang und Gäbe. Nur um das nochmal kurz zu korrigieren, was du gesagt hast.
Markus: Vielen, vielen Dank, ich lasse mich da gerne belehren. Wobei man natürlich sagen muss, das früher das auch noch eine andere Hopfenqualität war, weil da hat man ja dann doch die Hopfendolden in diesen großen Säcken, die die Leute selber mit den Füßen rein gestampft haben, mitgenommen. Das war dann aus heutiger Sicht vielleicht fast schon eher so belgischer oder englischer Hopfen, nicht das, was wir heutzutage unter absoluten frischen Hopfen verstehen, da hat sich auch noch viel geändert. Aber wie gesagt, ich bin 100-prozentig bei dir. Und es ist ja auch immer wichtig zu sehen, die Traditionen, wie sich das bei uns letzten Endes doch bewahrt beziehungsweise wieder durchsetzt. Trotzdem, was hat es jetzt mit dem Saphir-Hopfen auf sich?
Andreas: Genau, Saphir ist ja eigentlich von der damaligen Beck´s Brauerei quasi mit ins Leben gerufen worden. Saphir ist auch lange Zeit noch der Hopfen im Beck´s gewesen. Ich bin mir gar nicht sicher, ob es immer noch so ist, ich glaube tatsächlich schon. Und ich finde, es ist eine spannende Geschichte, Beck´s kam ja wirklich aus einer Zeit, wo man extrem viel Wert auf Qualität gelegt hat, da ist Beck´s eigentlich stark gewachsen. Die haben zum Beispiel eine Schmelzentrennung gehabt, einfach um die Bierqualität noch zu steigern und haben eigentlich permanent auch neue Hopfensorten ausprobiert, um einfach die Bierqualität emporzubringen. Und Beck´s hat ganz stark zum Beispiel auch auf den Saphir-Hopfen gesetzt. Das Problem, was der Saphir aktuell hat ist, dass er immer mehr auch unter dem Klimawandel und unserer Welt leidet und auch immer rarer wird, weil der für einen Pflanzer eigentlich nicht mehr tragbar ist, das ist ein bisschen schade. Aber wie gesagt, Beck´s oder auch der Schönramer Bock, die machen jedes Jahr so einen Saphir-Bock, das sind absolut geniale Biere. Also die alten Beck oder Haake-Beck, die es gibt, das sind ja wirklich auch tolle Biere, die man auch sehr gut trinken kann.
Markus: Ja, absolut. Und ich kann jemandem nur raten, sich mal ein Beck´s in der Dose zu kaufen, das sind wirklich auch hervorragende und schöne Biere, wo man dann auch tatsächlich was von den Rohstoffen durchaus hat. Ist nicht auch das TAP5 von Schneider ein sehr Saphir-geprägtes Bier, zumindest gewesen?
Andreas: Ja, also ob es aktuell so ist, weiß ich nicht, aber es war definitiv auch, ich glaube, ein gestopfter Weizenbock ist das.
Markus: Ja, Doppelbock, also Hammernummer und war für mich damals tatsächlich so ein bisschen eine Offenbarung, als ich das zum ersten Mal getrunken beziehungsweise gerochen habe oder beides. Und das hat unglaublich auch zu meiner persönlichen Exzeption, was Hopfen alles kann, beigetragen, so viel Aroma, so viel Vielfalt. Ja, nee, super, toll. Und dann vielleicht noch eine Frage an euch, wenn ihr da jetzt unterwegs seid, heißt das dann eben auch sehr viel persönlicher Kontakt zu den Pflanzern, also fahrt ihr dann auch rum und besucht die und macht dann die Dinge fest?
Andreas: Ja, auf jeden Fall. Also wir wollen alle Pflanzer, mit denen wir arbeiten, persönlich kennen, die Familien kennen. Wir wollen die Anbaubedingungen, wir schauen uns die Felder an, Pipapo. Man muss ja immer schauen, dass es auch menschlich passt, wenn man mit Leuten zusammenarbeitet, das ist uns ganz wichtig. Es gibt auch viele Pflanzer, die jetzt nicht unbedingt zu jeder Brauerei passen. Also auch da schauen wir, dass es zu einem guten Matching kommt, würde ich jetzt mal sagen und, ja, sodass jeder sich damit wohlfühlt. Dass auch die Parteien gegenseitig miteinander werden können, das finde ich auch ganz wichtig. Das die Brauerei XY sagen kann, der Hopfen ist von dem und dem Hopfenhof, das vielleicht auch medial ausschlachten kann. Und, ja, ich glaube, es ist einfach grade in der heutigen Zeit immer wichtiger, das man weiß, woher auch die Rohstoffe kommen. Und da, denke ich, leisten wir auch einen ganz guten Beitrag zu.
Markus: Ja, ist auch ein wichtiger Punkt, glaube ich, also dass die Brauer auch verstehen, dass die Herkunft der Rohstoffe, die Personen, die dahinterstecken, die Betriebe, die Regionen, dass das einfach unheimlich viel dazu beitragen kann, sein Bier auch entsprechend zu vermarkten, zu positionieren, Storys zu erzählen und es irgendwie auch einzigartig zu machen. Und nicht zuletzt der Hopfen ist das ja ein riesengroßes Thema. Jetzt kommen wir aber noch zu eurer anderen Firma oder in dem Fall dann deiner anderen Firma oder wie auch immer es genau ist, nämlich proBrau. Das heißt also, einmal haben wir jetzt das Thema Hopfen und jetzt geht es ums Business, würde ich sagen, oder? Also da geht es jetzt um Anlagenbau, um Brauereien in aller Welt?
Andreas: Genau, richtig. Also ich betreue da schwerpunktmäßig viele Projekte in den USA. Ich bin aktuell beauftragt von der Firma Kaspar Schulz, Künzel und Esau & Hüber, das ist ja ein Konglomerat an Firmen mittlerweile und konzeptioniere da im Vorfeld die Anfragen oder halt die Brauereianlagentechnik. Schwerpunktmäßig eben in Nordamerika, habe jetzt ein Projekt in Mexiko, wo wir jetzt noch aufbauen. Und bin da auch sehr nah an den Kunden dran. Also es geht ja grade, wenn man eine Anlage konzipiert und baut, auch viel drum, was für Biere möchtest du damit brauen, in welche Richtung soll es gehen, welche Effizienzen erwartest du. Welche Aromen möchtest du in deinem Bier standardmäßig haben und wie können wir solche Prozesse auch für dich optimieren, sodass es natürlich auch für dich ein bisschen einfacher wird oder vielleicht auch ein bisschen, standardisierter ist da das falsche Wort, aber das man eine gleichbleibende Qualität quasi rausbekommt aus der Anlage. Das ist für mich immer ein ganz großer Fokus, wenn ich da in, ja, in so Gesamtbilder einsteige. Also ich kümmere mich relativ wenig um einzelne Schrauben, die irgendwo verbaut sind, sondern wirklich um Gesamtkonzepte. Das heißt, es geht dann los mit einem Layout, mit der Aufstellung, wo und wie wird die Anlage aufgebaut, dass auch eine gewisse Customer Experience dahintersteht. Aber auch, dass die Logistik zum Beispiel von der Produktion nicht gestört ist und das die Logistik maximal effizient läuft. Und das sind sehr spannende Themen, weil natürlich da jeder Standort auch komplett unterschiedlich ist.
Markus: Das heißt aber doch eigentlich, es geht zwar vordergründig um eine Anlage, aber eigentlich ist das eine komplette Unternehmensberatung.
Andreas: Ja, wir steigen weniger in die Financials ein, weil ich den Kunden weniger erklären will, wie er sein Bier zu verkaufen hat. Wie mehr, wie er sein Bier vielleicht besser produzieren kann oder wie er sein Bier so produzieren kann, wie er auch möchte und bringen dann die Anlagen quasi mit, damit er das dann auch so machen kann.
Markus: Und da haben wir ja auch spannende Leute in den USA getroffen, die ja da mit euch schon zugange sind. Also gibt es da ein paar Beispiele, wo ihr erzählen könnt, was da so entstanden ist über die Zeit?
Andreas: Ja, also aktuell bauen wir jetzt dann, nächste Woche geht es los, das wir zum Beispiel Prost in Denver aufbauen. Der bekommt jetzt eine komplette Schroterei von Künzel erst mal. Da ist auch das Thema, da ist der Kunde an mich ran getreten, die machen sehr viel deutsches Bier eben. Ist dir wahrscheinlich auch ein Begriff oder, in Denver, kennt man ja Prost Brewing Company. Und wie er sich auch im Markt ein bisschen differenzieren kann. Und wie ich vorhin angesprochen habe, Beck´s hat früher diese Spelzentrennung gemacht. Es gibt in den USA, glaube ich, drei Brauereien, die das so betreiben. Und der David ist an mich ran getreten, wie kann ich meine Bierqualität denn ein bisschen steigern? Wie kann ich was anders machen wie andere? Wie kriege ich vielleicht cleanere Biere hin? Und da sind wir dann zusammen auch zu der Lösung gekommen, eben dass wir die Spelzen abtrennen können, um die Shelf Life zu erhöhen, um vielleicht weniger Polyphenol-Bittere rauszuholen, um das Pils noch ein bisschen schlanker zu machen, um die Bittere wirklich ganz gezielt nur vom Hopfen zu bekommen. Genau und die bauen wir jetzt auf. Da werden dann auch offene Tanks von Schulz dann geliefert, ein kompletter Keller mit liegenden Tanks. Wir als proBrau designen dann noch die komplette Kellerverrohrung dazu. Und, ja, ist, glaube ich, ein richtig schönes schlüssiges Projekt und ich freue mich schon tierisch drauf, wenn das Ganze auch steht. Prost ist lustiger Weise natürlich auch ein Hopfenkunde von uns.
Markus: Da kommen dann die Sachen wieder zusammen.
Andreas: Ja, richtig.
Markus: Ja, ganz kurz, damit die Hörer auch abgeholt werden, weil jetzt vielleicht nicht jeder was mit Schmelzentrennung anfangen kann. Also im Grunde ist es zum Beispiel ein Verfahren, was auch Riegele in Bayern einsetzt. Also bitte korrigiere mich dann, wenn es falsch ist, sehr gerne, aber soweit ich weiß ist die Idee, dass man praktisch beim Schroten die Schmelzen, das heißt, diese Schutzblätter, die um das Korn sind, wegnimmt, damit dann beim Maischen eigentlich nur mit dem Korninhalt sozusagen arbeitet und eben nicht diese Schutzblätter mit dem Wasser in Berührung bringt, sodass dann die ganzen Stoffe daraus sich lösen und in die Maische gehen können. Und dann gibt man das Ganze erst zum Läutern wieder mit dazu, so ungefähr. Kann man sich das so vorstellen?
Andreas: Nee, ganz genau so. Also der Maischprozess ist ja ein Extraktionsprozess und eine Extraktion läuft ja immer auch über eine gewisse Zeit. Das heißt, je weniger Kontaktzeit ich mit einem Material hab, desto weniger extrahiere ich auch, ist ja ganz logisch. Also wenn ich einen Tee länger ziehen lasse, egal bei welcher Temperatur, extrahiere ich mehr, wie wenn ich nur kurz ziehe. Und genau das ist dieselbe Logik dahinter. Das heißt, ich habe in den Schmelzen, habe ich sehr viele Polyphenole. Das sind eigentlich sehr gesunde Inhaltstoffe, die möchte man zum Beispiel beim Brotbacken gerne haben. Haben aber den großen Nachteil, dass es eine Bittere mitbringt. Also es gibt eine Polyphenol-Bittere, die sehr hantig und kratzig ist. Hantig ist eher ein bayrisches Wort, also unrund, glaube ich, muss man so sagen.
Markus: Ja, ich hätte es jetzt nicht verstanden, muss ich sagen.
Andreas: Okay. Und eben, um ein Bier cleaner und vielleicht ein bisschen klarer zu machen, ist das eine Möglichkeit einfach, um noch ein bisschen mehr Charakter auch in das Bier zu bringen und natürlich auch eine zusätzliche Stellschraube dann zu haben.
Markus: Ja und ist vielleicht auch grade für ein Pils eine ganz gute Geschichte, weil man ja da eben möchte, dass grade die Hopfenaromen sich maximal entfalten können und das die Farbe richtig schön hell ist und das der Körper entsprechend schlank ist, dass dann eben all die Aromen schön rüberkommen. Und da kann man noch ein bisschen was rausholen. Und vielleicht ist es auch für die amerikanischen Kunden gar nicht so schlecht, weil die ja über ihre Adjuncts eh gewöhnt sind, weniger Malzaromen in ihrem Bier zu haben. Also auch da ist es vielleicht was, wo man andocken kann. Ist das denn sehr teuer im Verhältnis zum normalen?
Andreas: Also es kommt immer drauf an, zu was man es ins Verhältnis setzt. Also die Schmelzentrennung an sich ist jetzt kein extrem großer zusätzlicher Budgetaufwand, den man hat. Ich glaube, die Convenience, dass ist das, was ich leider eher beobachte, das viele Brauereien mehr und mehr auf Conveniences setzen wie au, was wirklich gut für die Qualität ist. Also es werden oft eher Produkte eingesetzt, wo ich sage, die sind qualitativ jetzt nicht das Gelbe vom Ei, aber sie sind halt deutlich mehr convenient, sie einzusetzen. Und ich glaube, auch da wird viel gemacht werden. Also es gibt zum Beispiel liegende Lagertanks. Es gibt einen Grund, warum Heineken liegende Lagertanks einsetzt. Einfach, um den hydrostatischen Druck auch auf die Hefe zu minimieren, um den auch zu standardisieren. Und sie setzt sich schneller ab und, und, und, das vergessen viele. Ich meine, Craftbeer ist super toll und auch genial und mag ich unglaublich, aber es gibt auch einen Grund, warum es traditionelle Brauverfahren gibt und warum die sehr lange sich gehalten haben.
Markus: Da sprichst du auch einen anderen sehr wahren Punkt an, also dieses Thema liegende Tanks. Also du hast ja grad schon erklärt, es geht einfach drum, wenn ein tank sehr hoch ist, dann baut sich eben ein hoher Druck auf, allein durch Schwerkraft. Und das bedeutet natürlich, dass die Hefezellen da drin sozusagen gestresst werden und nun sagt man, okay, dann arbeitet de nicht mehr so, wie wenn sie diesen Druck eben nicht hat. Und das ist in einem liegenden Tank natürlich deutlich weniger, weil dadurch natürlich der Druck so nicht entstehen kann. Und es gibt durchaus auch Brauereien, die da auch bei uns draufsetzen. Also ich kenne zum Beispiel die Saalfelder Brauerei und die tatsächlich auch regelmäßig viele Preise gewinnen mit ihren Bieren, grade mit dem Kellerbier und eben selber sagen, das dieses Thema eben, sage ich mal, landläufig Drinkability, das, was eben so ein typisches Lager- und Kellerbier ausmacht, dass das auch davon kommt, das man eben hier auf die liegenden Tanks setzt. Und vielleicht ein Wort noch dazu, was ich auch interessant finde. In Brüssel zum Beispiel gibt es die Brasserie de la Senne und da hat der Brauer und Inhaber zum Beispiel, er konnte nur einen hohen Tank praktisch kaufen, einen stehenden Tank, aber hat dann eine Markierung eingezogen und bis dahin dürfen seine Brauer den füllen. Und die obere Hälfte oder sogar zwei Drittel, die bleiben unbenutzt sozusagen oder mit CO2 gefüllt, damit eben nicht dieser Druck auch da ist. Und das finde ich ganz spannend, also dass es da Leute gibt, die da echt drauf setzen. Und ich glaube auch, dass es bei den Bieren eine Auswirkung hat. Wie habt ihr das so sensorisch erlebt oder gibt es da auch analytische Verfahren, die du so weißt?
Andreas: Also du kriegst halt, wenn du weniger hydrostatischen Druck hast, bekommst du schönere Esteraromen mit in dein Bier. Also deswegen, Heineken ist ja oft im Ausland. Ich habe in der Karibik gearbeitet, das war es, wie haben die das genannt, ich glaube, Bananagum, also Bananenkaugummi, weil das Heineken da extrem fruchtig ist. Und diese Fruchtigkeit kommt natürlich auch vom liegenden Tank. Das Weißbier, was wir zum Beispiel beim Huber haben, das ist auch in liegenden Tanks, die zweite Gärung, er fährt das alles in liegenden Tanks. Und das schmeckt man auch definitiv im Bier, also es ist deutlich bananiger. Das liegt natürlich auch viel an der Hauptgärung und an der Hefe an sich, die man hernimmt, aber da kann ein liegender tank schon sehr, sehr viel auch mitspielen. Und wie gesagt, auch wenn man überlegt, je nachdem, wie man zum Beispiel Hopfen stopft, hat so ein liegender Tank auch mehr Kontaktoberfläche, wenn ich den Hopfen unten verteile, im Gegensatz, wenn der Hopfen einfach runter in den Konus fällt. Das ist auch einfach, rein physikalisch ist da einfach eine größere Oberfläche da. Und der nächste Punkt ist natürlich, dass du im liegenden Tank dein CO2 viel schöner und runder ins Bier einbindest, weil, again, größere Oberfläche in der Gasphase. Das heißt, du hast ja deine Flüssigphase und Gasphase und je mehr Gasphase ich habe, desto mehr CO2 bindet sich dann auch im Bier oder bindet sich schneller im Bier, muss man sagen, wie wenn ich jetzt einen zylinderkonischen Tank habe. Also es gibt schon einige Punkte, die auch für einen liegenden Tank sprechen.
Markus: Ja und die Hörer können schon wieder richtig viel dazulernen. Also das finde ich auch immer spannend, wenn wir so ein bisschen zumindest in die Tiefen des Brauens hineinsteigen und eben auch zeigen, dass es nicht nur damit getan ist, dass man da ein paar Töpfchen rührt, sondern dass da wirklich sehr viel Wissenschaft und Erfahrung und natürlich auch ganz klassische Physik dahinterstecken und das sehr großen Einfluss letzten Endes hat. Vielleicht noch so eine Frage an euch beide. Jetzt waren wir ja in Amerika, wir hatten die Pandemie davor, wir haben jetzt die Kriegssituation in Europa, wie erlebt ihr denn so den Markt, also grade auch den globalen Markt und auch die Marktteilnehmer in den verschiedenen Ländern? Wie ist aktuell so der Zustand in der Brauwelt?
Moritz: Also ich habe das Gefühl, das der Zustand zumindest schwierig ist. Wenn wir das auf unser proHops oder auf unseren Hopfenhandel beziehen, dann ist es so, dass wir nicht unbedingt viel weniger verkaufen, aber wir kriegen viel mehr Anfragen, die man eben bearbeiten will, viel mehr Arbeit, das zu bearbeiten. Weil, die Preise sind gestiegen für den Hopfen und so sind sie genauso auch gestiegen für alle anderen Rohstoffe. Ich meine, ich glaube, in einigen Bereichen gibt es wirklich Probleme auch mit CO2 oder gab es Probleme mit CO2 und, und, und. Die Brauereien haben Probleme, ihren Preis zu halten, ihre Margen einzuhalten, ihr Wachstum zu steigern. Ja und irgendwie hat man so das Gefühl, es bricht alles so ein bisschen grade oder nicht, bricht zusammen, aber es konsolidiert sich. Und auch so ein bisschen, grad wenn wir jetzt über Amerika reden, hatte ich auch so ein bisschen das Gefühl, so dieser Drang, immer wieder was Neues und total Verrücktes zu machen, ist auch rückläufig geworden. Die Leute versuchen zu standardisieren, weil sie wirklich, glaube ich, auch auf die Kosten achten. Und vielleicht ist das auch so ein bisschen der Grund, warum man diese Schleife zurück zu den Lagern hatte, weil man vielleicht doch auch wieder ein Bier machen möchte, ja, mit dem man halt einen gewissen Preis auch halten kann und trotzdem noch Geld verdient. Und, ja, die Bevölkerung, weiß ich nicht, oder der Kunde, ob der noch so Willens ist, nach zwei Jahren Pandemie und jetzt Inflation und Kriegskrise, so wahnsinnig viel Geld für das Bier auszugeben, das weiß ich auch nicht. Ich glaube, dass das alles so ein bisschen zusammenspielt und das es ein schwieriger Markt ist und das es leider interessant sein wird zu sehen, wer das überlebt oder wie die Brauereien das überleben. Also ich glaube, es tun sich viele schwer und nicht nur die, die schlechtes Bier machen.
Andreas: Ja, ich muss dem Moritz da leider zustimmen. Also was mich immer am meisten wütend macht, würde ich jetzt schon fast sagen, ist, wie der Deutsche zu seinen Lebensmitteln steht und generell, das man dieses Geiz ist geil aber halt nur bei Lebensmitteln, dass das wirklich so gelebte Praxis ist. Also das erlebe ich sogar bei mir, bei meinem Vater, der hier in Freising aufgewachsen ist, schon immer hier war, mit dem führe ich jeden Tag Streitgespräche über den Bierpreis, weil er sich dann wieder eine Kiste im Supersonderangebot für 10 Euro kauft. Wo ich sage, ja, aber das Zeug A) will ich es nicht trinken, B) machst du grade den Markt kaputt. Und er sagt, ja, ist mir doch egal, also ich habe für 10 Euro eine Kiste gekauft. Also für mich ist Bier halt auch Lebensgefühl und Lebenseinstellung. Und da gehört auch ganz viel dazu, dass man natürlich auch die Leute dahinter sieht, die das Bier herstellen. Und das fehlt mir bei uns in Deutschland ganz massiv, dass die Konsumenten die Brauer sehen, die dahinterstecken, die stundenlang an den Kesseln stehen, schwitzen ohne Ende, dann in den Keller rennen, der eiskalt ist, runter kühlen, ihre Familie nur am Wochenende, wenn überhaupt sehen, um das Bier zu brauen. Und dann geht es um was? Um 20 Cent die Flasche, weil sich das der Durchschnittdeutsche nicht mehr leisten kann. Und da, muss ich sagen, da werde ich in letzter Zeit, ja, das ist so der Punkt da, wo ich wirklich extrem schnell hochgehe. Weil, ich will nicht an Lebensmitteln sparen. Ich spare lieber daran, dass ich mir einen bescheuerten Fernseher lieber nicht kaufe und das Geld lieber in Essen investiere und Trinken, wo ich weiß, wie es hergestellt wurde, wo das herkommt. Und das führe ich ja mir zu. Ich meine, wir reden alle davon, Mikroplastik und, und, und, und was machen wir, wir kaufen das Zeug beim Discounter. Und dann wundern wir uns, ach, komisch, da war Pferdefleisch drin, ich weiß gar nicht warum.
Markus: Im Bier.
Andreas: Ja.
Markus: Also soweit sind wir Gott sei Dank noch nicht. Obwohl, wer weiß? Also ich glaube, ich habe es vor Kurzem schon mal erzählt, aber ich bin mal angefragt worden, ob ich ein Bier mit Walfleisch verkoste, von einer isländischen Brauerei. Und da habe ich mich zum ersten Mal in meinem Leben geweigert, das zu tun, weil ich mir gedacht habe, also das muss man nicht tun. Aber finde ich auch nach wie vor. Also ich kann euch nur beipflichten, also es war schon vor der Pandemie so, dass ich mich oft aufgeregt habe, weil man das Gefühl hat, dass die Leute sich mehr drum kümmern, was es für ein Hundefutter ist, was sie kaufen oder was sie für ein Öl in ihr Auto kippen, damit es besser fährt als das, was sie eben selber konsumieren. Und man da wirklich eben erwartet, dass der Brauer letzten Endes ein Bier produziert, was billiger ist als Wasser und dass das Schnitzel auf dem Teller weniger kostet, als wenn man im Supermarkt das Fleisch frisch kauft. Das sind einfach völlig schräge Vorstellungen, die da offensichtlich in manchen Köpfen rumwirren. Und es ist auch schade, wie das sehr emotionalisiert wird. Also ich hatte vor zwei Tagen erst das Thema, da hat mich ein Journalist von unserer örtlichen Zeitung angerufen, mal wieder eben zum Interview Bier. Und dann war sofort, der erste Satz war, naja, es wird wahrscheinlich die Brauerei XY den Bierpreis um 20 Cent erhöhen und ob das nicht quasi der Anfang vom Untergang des Abendlandes ist? Und dann habe ich ihm tatsächlich, weil mich das dann echt gepackt hat, eine ganz schöne Menge Text gegeben und ihm einfach gesagt, dass er als Journalist auch dafür verantwortlich ist, dass diese Themen so hochgekocht werden und das man ständig den Bierpreis als große Marge und als großes Drama sieht. Wobei, wenn man jetzt mal den Pro-Kopf-Konsum sieht und dann so eine Preiserhöhung, dann macht das im Warenkorb von einem ganzen Monat am Ende vielleicht 1,50 Euro aus oder so, selbst wenn jemand viel Bier trinkt. Und das kann es ja nicht sein, das wir daran dann einen Teil unserer Kultur opfern, unsere Bierkultur opfern und letzten Endes auch der Lebensfreude opfern. Und ich finde auch, was auch ganz wichtig ist für mich, ist auch eine Brauereigaststätte oder auch eine schöne Biergastronomie. Das ist ein Kulturort und ein Lebensort. Und das muss nicht unbedingt damit verbunden sein, dass ich da sitze und immer Bier trinke, da kann ich auch mal sitzen und einfach eine Apfelschorle trinken, wenn es sein muss, wie auch immer. Aber dieser Ort, dieser Platz, all das, was dazu gehört, das ist es doch einfach wert. Und wenn wir soweit kommen, dass es das nicht mehr gibt, dann haben wir ganz viel verloren. Und deswegen finde ich es ganz wichtig, dass man dafür immer wieder eintritt und kann euch da nur danken und euch unterstützen, das weiterhin auch zu tun. Ja, jetzt bin ich selber hier wieder emotionalisiert worden, aber es ist so, also du hast mich da auch an einem Punkt absolut gepackt, der mich auch immer wieder berührt, muss ich sagen.
Andreas: Ja, aber weißt du, was ich halt nicht verstehe, es gibt viele Leute, die kaufen sich jedes Jahr ein neues Handy. Also anstatt ständig mit seinem Handy zu kommunizieren und seinen Kumpels … wenn ich mir für 800 Euro jedes Jahr ein neues Handy kaufe, die versaufe ich lieber im Biergarten mit meinen Kumpels, da habe ich nämlich mehr Spaß und auch nachhaltigeren Spaß.
Markus: Das stimmt. Und vor allem, wenn man dann sieht, wie manche Leute sich gegenübersitzen und sich scheinbar nur mit ihrem Handy beschäftigen, finde ich auch eine krasse Nummer. Aber das ist wieder ein anderes Thema, also auf jeden Fall, ja, egal. Aber nochmal ganz kurz, ihr seid jetzt beide in Freising, das heißt, da wohnt ihr auch und seit da auch unterwegs. Wo geht man denn da so hin, wenn man in Freising ist?
Andreas: Ja, das ist das Thema, also …
Moritz: Genau, das ist das große Thema, weil, ich wohne nämlich gar nicht in Freising. Ich wohne im Moment noch in Ottobrunn und bin grad auf dem Sprung, zurück in meine alte Heimat Richtung Heidelberg zu ziehen. Da kann ich dir einiges erzählen, wohin du da gehen kannst, aber …
Andreas: Also in Freising, dadurch, dass ich Ur-Freisinger bin, das Huber ist eine gute Adresse, grad wenn man Hofbrauhaus frisch trinken möchte. Eine schöne Kneipe, die ich sehr genießen kann, ist auch das Furtnerbräu. Das war die letzte Brauerei in Freising, die zugemacht hat. Die wurde dann wieder aufgemacht eigentlich so, ja, mit einer kurzen Zeit, also es hieß, das sie nur ein Jahr offen sein darf, aber mittlerweile sind es dann doch ein paar Jährchen geworden und die läuft richtig gut. Das Sammamera, die von unseren Freunden vom Isarkindl gemacht wird, ist auch eine super Anlaufadresse mit einem schönen Biergarten. Dann gibt es einen Biergarten im Bürgergarten oben am Lindenkeller, wo man sich schön raus setzen kann und auch, wie du richtig gesagt hast, diese Begegnung und das, ja, einfach dieses Miteinander schön erleben kann. Dann natürlich in Weihenstephan den Hörsaal 13, der ist natürlich auch immer sehr gerne besucht. Ist auch eine lustige Nummer. Der Biergarten von Weihenstephan oder das Bräustüberl heißt ja Hörsaal 13, weil es in der ganzen Uni in Weihenstephan keinen Hörsaal 13 gibt. Und das ist eigentlich der Insider unter Studenten, dass man sagt, man geht in den Hörsaal 13. Und wenn man ins Bräustüberl reingeht, muss man hinschauen, gibt es sogar ein Turmschild, wo Hörsaal 13 draufsteht, das ist ganz witzig.
Markus: Das ist ja klasse.
Andreas: Das wissen allerdings wirklich nur die Insider, ja.
Markus: Okay, also da werde ich beim nächsten Mal drauf achten. Und beim Lindenkeller, soweit ich weiß, kann man sogar noch die historischen Keller erkunden, ne?
Andreas: Genau, richtig. Drunter, das ist auch sehr spannend.
Moritz: Haben wir letztes Jahr als Weihnachtsfeier gemacht, ja.
Andreas: Genau, da haben wir uns die angeschaut, auch super spannend. Ich meine, da ist nix mehr drin, aber da hat zum Beispiel der Furtner noch sein Bier drin gehabt. Der Furtner hat eigentlich zumachen müssen, weil er sich keine Kältemaschine kaufen wollte.
Moritz: Krasse Sache.
Markus: Dann haben wir jetzt für die Hörer auch noch ein paar schöne Tipps, wenn sie demnächst mal wieder nach Freising kommen. Und, ja, dann sage ich von meiner Seite aus, vielen, vielen Dank ihr beide. Habt heute noch viel Spaß, solange ihr haben könnt, zeitlich gesehen. Und freue mich, wenn wir uns dann bald mal wieder irgendwo auf diesem Planeten wiedersehen. Bis dahin, heute noch einen schönen Abend.
Andreas: Danke, dir auch.
Moritz: Danke, dir auch.
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