BierTalk Spezial 21 – Interview mit Randolf Jorberg, Eigentümer der Beerhouse-Kette in Südafrika

Randolf Jorberg, geboren in Bochum, entschloss sich, nach einer Blitzkarriere im Digitalbusiness auf die richtige Seite im Leben zu wechseln und als Bierbar-Betreiber in Kapstadt ein neues Leben zu starten. Dort entstand das Beerhouse (beer.house), grellgelb angestrichen und mit über 100 Bieren am Hahn, schnell kamen zwei weitere Filialen dazu, bis ihn dann die organisierte Kriminalität und der äußerst strenge Lockdown inkl. sechsmonatigem Alkoholverbot auf eine schwere Probe stellten. Randolf ließ und lässt sich aber nicht unterkriegen, bewirtet seit einigen Wochen wieder seine Gäste und startete einen wohl einzigartigen Feldzug gegen die Mafia am Kap. Im BierTalk hört Ihr seine ganze Geschichte – und warum es im Beerhouse die beste Currywurst des Kontinents gibt…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute haben wir wieder ein Special, diesmal Nummer 20. Und die führen uns ja immer weit um den Globus und heute ist es so ein bisschen beides. Einerseits gehen wir nach Südafrika, andererseits gehen wir in den hohen Norden. Auf jeden Fall gehen wir zu Randolf Jorberg. Und das wird auf jeden Fall auch ein stammender BierTalk, wie immer mit mir dem Markus und …

Holger: … dem Holger.

Markus: Lieber Randolf, erstmal schön, dass du da bist. Toll, dass wir den Kontakt zu dir gefunden haben und heute deine spannende Geschichte hören. Vielleicht stellst du dich unseren Hörern einfach mal kurz selber vor, damit sie sich ein Bild machen können.

Randolf Jorberg: Ich bin Randolf Jorberg, Digital- und Bier-Unternehmer. Gebürtig aus Deutschland, im Ruhrgebiet geboren, an der Ostsee groß geworden und dann über Bochum endlich meine Heimat in Kapstadt gefunden. Dort betreibe ich, so es der Lockdown erlaubt, das Beerhouse. Das ist ein Biervielfalts-Experience-Bar-Konzept mit 99 verschiedenen Bieren, was ich seit 2013 führen darf. Da gibt es, glaube ich, ein, zwei, drei Geschichten, die ich aus dieser Zeit erzählen kann.

Markus: Wenn ich höre, 99 verschiedene Biersorten in Kapstadt und würde jetzt hier mit meinem Nachbarn in Franken darüber sprechen, dann würde der sagen: Wie, 99 verschiedene Biersorten? Das ist dann halt Becks und Heineken und Budweiser und sowas. Aber das glaube ich gar nicht, es gibt ja bestimmt spannende Biere in Südafrika. Wie hat es sich denn bei dir entwickelt und was kriege ich denn als Gast bei dir am Hahn?

Randolf Jorberg: Im Beerhouse gibt es tatsächlich the best of both worlds. Wir haben von Anfang an 99 verschiedene Biere gehabt und haben von Anfang an die Industriebiere wie auch die Craftbiere wie auch importierte Biere aller Art angeboten. Weil unser Anspruch ist, sehr inklusiv zu sein, nicht nur Craftbier und auch nicht nur World Beers anzubieten. Und wirklich den Gast dort abzuholen, wo er gerade ist, was ihm gerade schmeckt. Und dann Alternativen und neue Biere anzubieten, ohne aber jetzt den einen Freund, der vielleicht irgendwie auf das in Südafrika marktführende Black Label Bier schwört, vor den Kopf zu stoßen. Und im Endeffekt wirklich allen eine Möglichkeit zu bieten, sich im Beerhouse zu Hause zu fühlen.

Markus: Zum ersten Mal höre ich den Begriff Inklusion in Verwendung mit Bier. Aber ist spannend eben zu sagen, dann integrieren wir halt in eine breite bunte Palette auch so ein paar klassische Mainstream-Biere. Holger, du, Südafrika, ihr wart ja auch schon öfters mal zusammen sozusagen. Hast du da schon mal das Beerhouse gesehen, bist du schon mal drüber oder vielleicht sogar reingestolpert?

Holger: Ja. Also bin ich schon mal drin gewesen. Aber da haben der Randolf und ich uns noch gar nicht gekannt. Ich sag mal, Südafrika, das hat er ja gerade auch beschrieben, also Kapstadt hat ja eine unglaubliche Lebensqualität, die Lage der Stadt, auch die Stimmung innerhalb der Stadt, und man kann unglaublich viel erleben. In Südafrika sowieso, also muss man hinfahren. Wenn jemand die Gelegenheit hat das zu tun, unbedingt. Ich finde, das ist auch so ein toller Flug. Hier ab München geht’s abends weg, man fliegt zehn Stunden, es gibt keine Zeitverschiebung und ist einfach nur in der anderen Jahreszeit. Also wenn man jetzt quasi fliegen würde, hätte man Hochsommer. Ja, das wäre was. Also Corona ist halt scheiße, aber das wäre was, das auszuprobieren, was die Stadt zu bieten hat. Und der Randolf hat übrigens auch einen Blog gemacht und hat da verschiedene Reisetipps zum Besten gegeben, was man unbedingt machen muss, wenn man in Kapstadt und der Region ist. Und da lohnt es sich, auch rein zu schauen. Und ich habe die mal durchgelesen alle und das kann ich nur bestätigen. Dann hat er noch eine Cobra, also das ist so ein ganz tolles Auto mit einem Ford V8 Motor als Replika, in Lichtblau, glaube ich.

Randolf Jorberg: Mit gelbem Polster. Und ab 2021 wird es dann auch gelb umlackiert.

Holger: Also man kann es aushalten da, auf jeden Fall.

Markus: Klingt ein bisschen nach dem BVB oder nach einer Hummel. Ich weiß es noch nicht so ganz. Können wir ja gleich noch drüber sprechen. Vielleicht, Randolf, wir haben ja noch eine ganz tolle Premiere, weil wir haben zum ersten Mal einen BierTalk, in dem auch gegessen wird. Du bist, glaube ich, in den Endzügen deiner wohlverdienten Mahlzeit. Aber vielleicht lässt du uns kurz teilhaben, was du dir da rausgeholt hast, und vor allem, was du dazu trinkst.

Randolf Jorberg: Zum einen, weil es für mich einfach ein Standard mit Bier ist und zum anderen auch eine kleine kulinarische Liebesaffäre, habe ich heute mir eine Currywurst warmgemacht. Die ist jetzt zwar nicht so gut wie das, was ich gerne hätte, aber ich bin ja gerade nicht in Bochum oder in Kapstadt. In beiden Läden gibt es die aus meiner Sicht beste Soße, das Dönninghaus-Rezept, eine wirklich pikante Soße mit Wumms, die dann auch hervorragend zu einem IPA passen würde. Da ich heute jetzt aber so ein Supermarkt-Aufwärm-Ding hier habe, habe ich gedacht, kann auch ein etwas milderes Bier dazukommen. Und zwar ein Bier mit Geschichte, zu der ich emotionale Verbindungen in Südafrika gefunden habe, nämlich das And Union Sunday Pale. Bevor ich zur Currywurst komme, kurz zu And Union. Das ist eine Marke, die wurde vom absoluten Industriepionier Rui Esteves gegründet in Kapstadt. Er hat damals schon erkannt, dass Kaffee ein großes Ding wird und hat die heute größte Kaffeekette Vida e caffé gegründet, schon vor vielen Jahren. Und damit sozusagen den Markteintritt für Starbucks unmöglich gemacht, weil er schon das, was Starbucks ausmacht, viele, viele Jahre früher angeboten hat. Er war dann auch beim Thema Craftbier far ahead of the curve und hat wirklich mit in Deutschland in seinem Auftrag und nach seinen Rezepten gebrauten Bieren den Craftbier-Markt absolut vorbereitet und angeführt. Rui macht heute Mandelmilch, (unv. #00:06:12.7# Okay Jar?) oder so heißt die Marke. Und hat da, glaube ich, auch wieder einen guten Riecher. Ich muss ihm da einfach nur immer einen hohen Respekt zollen und aussprechen, da er doch tatsächlich den Markt in Südafrika vorbereitet hat und für mich auch in seinem Brew Pub zwei Blöcke von der Long Street entfernt gezeigt hat, dass es in Kapstadt in Südafrika Kunden gibt, die bereit sind, für besondere Biere mehr als doppelt so viel zu bezahlen wie für die Industriebiere von SAB. Hätte es das damals nicht gegeben, diesen Beweis, dass es Kundschaft für diese Biere gibt, hätte ich wahrscheinlich so etwas wie das Beerhouse damals nicht eröffnet. Dann kurz zu der Currywurst. Das hat auch viel mit meiner Geschichte zu tun. Bevor ich nach Kapstadt kam, bin ich von der Ostsee mit Ende der Schule nach Bochum gezogen mitten in das Partyviertel Bermudadreieck. Büro und WG waren über dem Café Konkret und über dem Union Kino. Und jeder, der sich da auskennt, weiß, das ist ein Weg von ungefähr 20 Metern. Genau dazwischen, auf dem Weg dahin befindet sich das Bratwursthaus. Und das Bratwursthaus ist die legendäre Currywurst-Bude, die von Herbert Grönemeyer in seinem Bochum-Song besungen wurde. Ich habe seitdem sicherlich in 80 verschiedenen Locations die Currywurst probiert, in vielen Ländern auf meinen Reisen, und ich habe auch bisher keine bessere Currywurst essen können. Von daher war es auch damals in der Aufbauphase vom Beerhouse so, dass, als ich den Leuten bei einem Braai, also einem Barbecue, einem Grillabend, von meinem Plan, das Beerhouse zu eröffnen, erzählt habe und dort Currywurst anzubieten, dass auf einmal jemand zu mir kam, die Gastgeberin, und meinte: Von dieser Dönninghaus hätte ich ja hier auch das Soßenrezept da. Und dadurch bin ich in den Besitz eines Scans von einem gestempelten Top-Secret-Rezept für die Original Dönninghaus-Soße gekommen, die auch heute sozusagen leicht abgewandelt so im Beerhouse noch angeboten wird. Was aus meiner Sicht natürlich so einen Teil meiner Liebeserklärung an die Currywurst ist. Aber jetzt soll’s doch um Bier gehen, denke ich.

Markus: Ja, auf jeden Fall! Trotzdem, sehr, sehr spannend. Und ich bin ja auch ein großer Freund der Currywurst und habe sie auch in verschiedenen Orten auf der Welt schon probiert. Zugegebenermaßen noch nie in Bochum, das werde ich nachholen. Bochum und Schwarz-Gelb, passt das zusammen?

Randolf Jorberg: Das Gelb habe ich nicht aus Deutschland mitgebracht, sondern das ist tatsächlich eine südafrikanische Geburt. Das war auch damals in der Aufbauphase des Beerhouses. Der Name stand, aber das Logo noch nicht. Und in dem Schaffensprozess war klar, wir brauchen eine Signalfarbe. Es war halt ganz einfach: Bier ist gelb. Damit war dann klar, dass das Gebäude, in dem wir sind, komplett gelb angemalt werden muss. Irgendwann hat es sich dann auch ergeben, dass meine Garderobe immer gelber wurde. Und mein allererster Anzug, den ich mir jemals gekauft habe, wurde auch ein gelber. Seitdem sich das eigentlich in meiner Garderobe befindet, hat die Farbe komplett überhandgenommen. Und ich habe jetzt, glaube ich, seit locker drei Jahren keinen Tag gehabt, wo ich nicht mindestens ein, zwei, drei gelbe Teile trage. Mein Auto ist gelb, mein Wohnhaus ist gelb angemalt worden. Das ist tatsächlich inzwischen zu einem dominierenden Thema meines Lebens geworden.

Markus: Das klingt ja nach dem Lieblingsort für Holger. Wie schaut’s denn bei dir aus mit einem Bierchen und welche Currywurst wünschst du dir jetzt?

Holger: Ich kann nur sagen, goldgelb im Glas. Ich weiß gar nicht, haben wir überhaupt schon auf die absolute Weltpremiere im BierTalk hingewiesen? Ich glaube, wir haben im BierTalk jetzt noch keine Speise mit Bier kombiniert. Da macht der Randolf jetzt den Anfang. Ich bin natürlich ein bisschen neidisch, dass ich jetzt keine hier habe, sondern eben nur das Bier. Aber das Bier ist natürlich was ganz Besonderes, was ich hier vor mir habe. Und zwar ist das mein Lieblings-Helles. Das ist nämlich ein Hohenthanner Tannen Hell. Es steht so richtig schön goldgelb im Glas, verbreitet schon so einen frischen, blumigen Duft und hat so eine feine Zitrusnote. Wenn man jetzt ein Schlückchen trinkt, dann ist das so eine richtig tolle Malz-Aromatik, wo es so eine milde Hopfung gibt, die wunderbar ausbalanciert ist. Ja, man denkt einfach an eine schöne Blumenwiese und ist so richtig schön in dieser Malz-Aromatik umarmt. Man könnte jetzt den Eindruck haben, wir haben es irgendwie abgestimmt, damit ich wieder über mein geliebtes Ruhrgebiet sprechen kann. Haben wir aber nicht. Ich habe das wirklich nicht gewusst. Für mich war der Randolf verortet in Kiel und in Kapstadt und Bochum und dann noch Bermudadreieck und so, Bratwursthaus. Das ist was ganz Besonderes. Hat ja auch so ein Herbert Grönemeyer in seinem berühmten Currywurst-Song besungen. Glückauf!

Randolf Jorberg: Prost! Und Bochum, …

Markus: Ja, dann!

Randolf Jorberg: … ich komme aus dir.

Markus: Na, dann Prost ihr zwei! Wunderbar! „Hoch die Tannen!“, kann man da nur sagen. Ich habe ja auch ein schönes Bierchen, ich schenke es mal ein. Und zwar habe ich mir ein bisschen was aus einer anderen Ecke ausgesucht, wobei ich euch quasi ein bisschen näherkomme, wenn man das von Franken aus sieht. Weil ich nämlich gedacht habe, ich nehme mir mal ein belgisches Bierchen. Und habe mir eine ganz klassische Oude Geuze von Boon eingeschenkt, die ganz tolle Apfel- und Birnen- und Most-Aromen hat. Man riecht auch so Apfelschale, so ein bisschen die derben Aromen, ein bisschen wilde Hefe natürlich, das gehört dazu, Holz-Aromatik, Zitrus, sehr frisch. Und wenn man das trinkt, sehr erfrischend, viel Kohlensäure, schönes Spiel zwischen so ein bisschen röstiger Süße und dann dieser Säure. Und am Ende dann der alte Hopfen, der eine schöne Bittere gibt. Also ein ganz, ganz hervorragendes Bierchen, sehr, sehr schön und sehr, sehr spannend. Dann würde es mich total interessieren, Randolf, wenn wir jetzt sagen, du bist in Deutschland, vielleicht wenn du da noch kurz erzählst, wie du dann von da so den Absprung geschafft hast. Du hast ja erzählt, du warst auch in der Software-Ecke unterwegs. Und wie ging das dann in Südafrika los? Warum macht man da ein Beerhouse auf und was erlebt man da?

Randolf Jorberg: Tja! Ich habe 98 Gulli.com gegründet, 2008 das recht erfolgreich verkauft. Dann in dem Jahr habe ich aus meiner Exit-Party heraus dann den OMClub gegründet, das ist einmal im Jahr eine Riesenparty für die gesamte Online-Marketing- und Digital-Branche in Köln. Und auch den 3gstore, also ein E-Commerce, wo wir das iPhone ohne Vertrag verkauft haben. Was ich beides von 2008 bis 2011 und darüber hinaus betrieben habe, um dann durch den OMClub festzustellen, dass mir das Thema „Menschen betrunken machen“ doch relativ gut liegt. Und dieser Kindheitstraum oder Jungen-Traum oder wie auch immer, doch meine eigene Bar zu haben, war immer irgendwie nahe am Herzen. Dann 2012 wurde ich Vater in Kapstadt und damit war auch klar, dass ich jetzt Vollzeit in Südafrika leben werde. Während ich davor immer so Sommer-Sommer gemacht habe, also immer mit den Jahreszeiten wie eine Schwalbe hin und her geflogen bin, war dann klar, jetzt baue ich vor Ort etwas auf. Da war es dann eben die Beobachtung, dass der Biermarkt sich signifikant verändert, die Bars und Restaurants vor Ort aber nicht damit Schritt hielten. Es gab nämlich in jedem Restaurant nur ein, zwei, drei Biere vom Fass und drei, vier Flaschen, und auf der anderen Seite gab‘s aber immer mehr Auswahl und auch ein gutes Angebot an Importbieren, nur eben nirgendwo unter einem Dach. Ich hatte damals dann in den USA bei Freunden mitbekommen, dass es jetzt eigentlich Mainstream ist, in Bars zu gehen, wo mindestens 40 Biere im Angebot sind. Und dann habe ich halt eben nur eins und eins zusammengezählt und gedacht, da müsste man doch ein Erlebnis drumherum schaffen, ein Tasting-Erlebnis, ein kuratiertes Bier-Erlebnis, wo eben den nicht so Bierkundigen diese große Bierauswahl schmackhaft gemacht wird. Dazu noch das passende Speisenangebot, also nicht nur Currywurst, sondern auch noch Pairings dazu und ähnliches. Damit stand das Konzept für Beerhouse und ist dann eben auch zusammen mit einem Team, was sich eingefunden hat, umgesetzt worden und am International Beer Day, dem 2. August 2013, eröffnet worden. Man kann wirklich sagen, vom Eröffnungstag an hatten wir Schlangen vor der Tür und es war wirklich ein Erfolg ab Tag eins. Und hatte eben die richtige Location direkt auf der Partystraße Long Street. Es hatte eine gute Marke, die die Menschen angezogen hat, die selbsterklärend war. Ich glaube, die häufigste Frage, die wir nur bekamen, war: Bietet ihr denn auch etwas für Nicht-Biertrinker an? Haben wir natürlich sofort gesagt, natürlich haben wir auch Softdrinks, Wein, Spirituosen, eben ein Standardangebot in dem Bereich. Haben es aber auch geschafft, unglaublich viele Südafrikaner und Südafrikanerinnen, insbesondere viele der Frauen trinken in Südafrika kein Bier, die zu überzeugen und Nicht-Biertrinkern und -Trinkerinnen zu Beer Lovern zu machen. Auch dadurch oder gerade dadurch, dass wir eben nicht nur die Lagerbiere, die Südafrikaner eben als Bier kennen, angeboten haben, sondern eben auch dieses weite Sortiment Weißbiere, belgische Fruchtbiere, IPAs, all diese Vielfalt, eben jetzt auch anzubieten und nicht nur nach dem Motto, hier ist die Karte, hier entscheide, sondern eben auch mit dem Training der Mitarbeiter, dass die eben verstehen, was man empfehlen kann, wenn der Kunde Typ X kommt. Die Kundin, die sagt, ich trinke nur Bubbly, also Prosecco, dann kann man der natürlich nicht irgendwie ein IPA empfehlen, aber ein Weißbier kommt sehr häufig gut an. Die Cocktail-Trinkerinnen, den bietet man die belgischen Fruchtbiere an und so weiter und so fort. Einfach das, was inzwischen, glaube ich, auch in Deutschland häufig in der Gastronomie angekommen ist, zumindest in der gehobenen, ist im Beerhouse eben von Tag eins an der Standard.

Markus: Ich habe mir das gerade geistig so ein bisschen vorgestellt, die Kamera ein bisschen angemacht, die so im Kopf das Ganze wiedergibt. Und macht mir richtig Lust, mal nach Südafrika zu fahren. Nun bist du jetzt aber hier in Deutschland. Hat sicherlich was damit zu tun, dass es ja in Südafrika auch einen Lockdown oder mehrere davon gibt und gab. Wie hast du denn diese Zeit erlebt und überlebt? Wo ist deine Familie? Und was passiert in so schwierigen Zeiten in so einem doch sehr zerrissenen Land wie Südafrika?

Randolf Jorberg: Da gibt es jetzt zwei Geschichten. Und das eine ist erstmal: Der Lockdown in Südafrika war wohl weltweit einer der härtesten mit den schwersten ökonomischen Konsequenzen. Zum Zeitpunkt des Lockdowns hatte ich ungefähr knapp unter 100 Mitarbeitern. Ich habe in Pretoria, also im Norden des Landes, noch einen Laden und hatte im November vor Lockdown gerade noch das Beerhouse im Tiger Valley, also 30 Minuten nördlich, eröffnet. Hatte daher eine schwache Kapitalisierung, wenig Cashflow und wusste mit der Ankündigung des Lockdowns, ich habe jetzt noch 14 Tage Cashflow. Das heißt, wie auch die Mehrzahl der Gastronomen in Land, ich musste eben alle Mitarbeiter also to lay off. Im Endeffekt das Pendant zur deutschen Kurzarbeit, nur dass das leider in Südafrika ein deutlich geringerer Betrag war, der dort bei den Arbeitnehmern ankommt. Und wir haben damals einen kompletten Shutdown gehabt. Wir durften nicht die Küche öffnen, wir durften nicht liefern, wir durften nicht zur Abholung anbieten. Es war komplett geschlossen. Und dazu noch: Es gab ein absolutes Alkohol-Verkaufsverbot. Und in mehreren Wellen von den letzten 11 Monaten, sechs Monate lang durfte keiner im Land Bier verkaufen. Das ist natürlich für einen Laden wie Beerhouse ein relativ katastrophaler Umstand. Wir sind jetzt seit einer Woche wieder geöffnet, seit genau letzten Freitag, und merken aber auch, dass mit fehlenden Touristen und einer unglaublich gestiegenen Arbeitslosigkeit, gesunkenen Nettolöhnen et cetera und natürlich auch einer gewissen Angst, die Menschen nicht mehr in die Gastronomie gehen. Sie haben sich umgewöhnt. Und wir blicken auf eine ungewisse Zukunft. Ich gehe davon aus, dass wir den Stammladen halten können. Der Vermieter in Tiger Valley ist unglaublich kooperativ, bisher. Aber sich aus diesem Tief zu erholen, das wird schwierig. Und ich bin deswegen auch vor einigen Monaten, und auch, weil es Winter in Kapstadt wurde und Sommer hier, bin ich rübergekommen mit dem Plan, drei Monate hier zu bleiben. Ich habe Europa bereist und viele Freunde zum ersten Mal länger wieder gesehen. Ich habe dann allerdings auch aus reiner Langeweile im Lockdown eine Kampagne begonnen gegen die organisierte Kriminalität in Südafrika. Dazu muss man nochmal kurz ausholen, und zwar zur Zeit der Eröffnung. Damals kamen sehr schnell, ich glaube, am ersten oder zweiten Tag nach der Eröffnung, die – man könnte sie Mafia nennen – in den Laden, um noch mitzuteilen, dass man Sicherheitsdienstleistungen anbieten würde und man sich doch gerne mit mir treffen würde. Das ging über mehrere Runden. Da wurde ein wenig Druck aufgebaut. Ich habe damals mir das Angebot von denen angeguckt und einfach nur gesagt: Jungs, ihr wollt Geld dafür, dass ihr wegbleibt, ihr bietet keine Leistung. Ich sehe das nicht ganz ein. Ich habe meine eigene Security, also ganz normal sozusagen, Türsteher, die draußen sind, die, die im Eingang stehen. Und dankend abgelehnt, freundlich, aber bestimmt. Das eskalierte langsam. Und dann auf einmal ging es ganz schnell, dass ich in einer Freitagnacht angerufen wurde und der Geschäftsführer nur sagte: Randolf, Joe is dead. Während ich auf dem Weg dorthin war, kam nur ein „Joe is dead“. In der Nacht ist Joe von vier Jungs, die einfach an die Tür kamen, gezielt abgestochen worden und ist dann wenige Minuten später im Treppenhaus des Beerhouses gestorben. Das war natürlich ein harter Schlag. Und damals war ich kurz davor, alles, was ich über diese Verbindung wusste, zu veröffentlichen, Mark Lifman, mit dem Finger auf ihn zu zeigen et cetera. Ich wusste aber auch, dass es leider zu nichts führen würde. Von daher fand damals eine Orientierung nach innen und auf unsere inneren Werte, die Beerhouse-Familie statt. Und es gab landesweit Presse und wir haben uns einfach auf Joes‘ Familie fokussiert und unterstützen seitdem seine Tochter, die damals vier Monate alt war. Das war im Juni 2015, 18 Monate nach der Eröffnung des Beerhouse. Seine Tochter hatte vor wenigen Wochen sechsten Geburtstag. Bei der Geburtstagsparty habe ich mich reingezoomt. Sie ist auf einer sehr guten Schule untergebracht und wir sind im engen Kontakt. Ich sehe mich so ein bisschen als einer ihrer Paten in der Zukunft. Und das war erst mal alles, was wir in dieser Sache machen konnten damals. Es gab interne Machtkämpfe in dieser Szene, die ich inzwischen relativ gut kenne. Während des Lockdown gab es einen Versuch diese Schutzgeld-Machenschaften aus dem Night Life, also aus den Bars und Clubs, darüber hinaus zu expandieren. Und auf einmal standen die gleichen Jungs, die sozusagen im Nachtleben versuchen, das Geld einzusammeln, auch bei einer befreundeten Brauerei und bei einer Kaffeehauskette und einer Daytime Restaurant standen die auf einmal auch vor der Tür und wollten doch jetzt da anfangen, ihr Abo sozusagen, ihre monatlichen Zahlungen einzutreiben. Und da habe ich die Gelegenheit genutzt, geplant war, dass ich noch vier, fünf Wochen in Europa bleibe, ich nutze doch diese Zeit und Phase der Sicherheit, wo auch meine Tochter nicht in Gefahr ist, da sie hier in Europa mit mir ist, ich nutze das doch, um jetzt mal eine Kampagne zu starten und die günstigeren politischen Umstände, einen neuen Präsidenten, der nicht in ähnlicher Form korrupt ist wie der alte, um da doch mal die Öffentlichkeit auf diese Umstände hinzuweisen. Das ist sehr schnell, hat das sehr weite Kreise gezogen. Ich war auf dem Cover der Sonntagszeitung, im Fernsehen, in der Deutschen Welle et cetera. Und es kam dann auch zur großen Überraschung aller Beobachter dazu, dass der Polizeiminister nach Kapstadt kam. Es gab einen großen Gruppen-Call und eine Pressekonferenz danach und danach eine Ortsbegehung, wo der Polizeiminister vor dem Beerhouse stand und sagte: Ja, der Herr Jorberg soll wissen, dass er in Zukunft hier sicher arbeiten kann und nicht mehr diese Erpresser bezahlen muss. Es gibt ein Spezial-Komitee. Und alle waren ecstatic, also begeistert, dass wir so etwas erreicht haben. Das einzige Problem ist, dass sich seitdem in Bezug auf die konkreten Ermittlungsarbeiten extrem wenig ergeben hat, also das Gegenteil eingetreten ist. Allerdings 24 Stunden später nach dem Polizeiminister stand genau dieser Mafiaboss, um den es erst mal ging, vor meinem Beerhouse und traf dort den Redakteur der Deutschen Welle, um ein 10-Sekunden-Interview zu geben und Suppe und Essen an die Bedürftigen auszuteilen. Was natürlich in Wirklichkeit nur der ausgestreckte Mittelfinger gegen den Polizeipräsidenten und mich war. Noch einen Tag später wurde der ermittelnde Polizeibeamte in diesem ganzen Verfahren vor seiner Haustür erschossen. Seitdem dreht sich sehr, sehr viel in der Öffentlichkeit um diesen gestorbenen Polizeibeamten. Es tut sich sehr viel in Sachen Aufklärung. Und gesteuert wird das unter anderem durch eine WhatsApp-Gruppe, die ich damals gestartet habe. In der ich Politiker, Medienschaffende, Polizeibeamte und Business-Menschen in einer WhatsApp-Gruppe zusammenbringe. Ich verbringe sehr viel Zeit mit diesem Thema, der Vernetzung der Menschen, Politik zu verstehen und zu lernen. Das ist eine unglaublich spannende Sache, allerdings auch eine gefährliche Sache. Es gab in diesem Kontext im Jahr 2020 und jetzt auch schon in diesem Jahr, ich glaube, so um die 12 Tote. Und ich habe beschlossen, dass ich nicht zu diesen Kollateralschäden gehören will und dementsprechend bin ich auf absehbare Zeit erstmal in Europa.

Holger: Das ist ja Wahnsinn! Das ist ja so eine richtige Mafia-Story. Ich meine, du hast aber doch auch ein laufendes Geschäft, du hast investiert, du kannst ja nie sicher sein, wenn du wieder zurückkehrst. Das ist ja Wahnsinn.

Randolf Jorberg: Das ist richtig. Aber wie ich schon gesagt habe, ich hatte nie so wenig Geschäft wie jetzt. Also meine Nichtanwesenheit konnte ich mir nie eher leisten als jetzt, da ja unser Geschäft bedingt durch das Ausbleiben von Touristen und so weiter sowieso weg ist. Und ich muss mir ganz einfach sagen: Ich werde nicht diesen kriminellen Elementen gegenüber klein beigeben. Lieber überlege ich mir andere Geschäfte, die ich machen kann, als dass ich in ein unsicheres Südafrika zurückgehe. Das heißt, ich gehe zurück, wenn diese Probleme gelöst sind. Und da gibt es glücklicherweise sehr positive Entwicklungen. Der Mörder meines Türstehers, Mister Mark Lifman, steht gerade tatsächlich vor Gericht. Nicht wegen Erpressung, nicht wegen dem Mord an meinem Türsteher, aber wegen einem anderen Mord, den er begangen hat. Einen der Mitangeklagten hat es jetzt vor fünf Tagen erwischt und der ist ermordet worden. Also er versucht natürlich auch Mitwisser und Zeugen aus dem Weg zu räumen. Aber generell ist das eine sehr positive Entwicklung, dass zum ersten Mal ein scheinbar vernünftig vorbereitetes Gerichtsverfahren gegen ihn eröffnet wird. Ich bin der Meinung, dass, sobald er rechtskräftig verurteilt wurde, dass ich dann auch wieder sicher zurückgehen kann. Da gibt es natürlich auch im Hintergrund dank der Gruppe, die ich dort weiterpflege, gute Indikatoren, dass auch noch andere Dinge passieren können. Ich glaube, das ist halt sozusagen auch das Spannende am Business in Südafrika. Als Unternehmer hat man ja immer Risiken, die man eingeht. Man hat immer das Risiko einer Pleite, immer das Risiko von gewissen Stressfaktoren. Und ich habe während meiner Geschäfte in Deutschland unglaublich große Frustration erlebt mit Anwälten, unnötigen Gerichtsverfahren, Kleinigkeiten, die zu riesigen Kopfschmerzen werden et cetera. Und ich persönlich kann für mich charakterlich, glaube ich, inzwischen feststellen, dass ich lieber ernste Probleme löse als irgendwelche Steuernachprüfungen, um am Ende irgendwie 10.000 Euro Kosten und 300 Euro Steuernachzahlung zu haben.

Holger: Gab‘s denn auch keine Vandalismusschäden dann in Richtung des Betriebs, sondern immer ging es nur um Personen?

Randolf Jorberg: Ja und Nein. Also es ist ja alles relativ. Das ist ein High Stakes Game, da gibt es Risiken. Natürlich hat Kriminalität in Südafrika eine andere Rolle. Natürlich hast du auch mal einen Einbruch oder ähnliches. Aber das ist jetzt nicht etwas, was aus meiner Sicht die Welt verändert. Du machst halt weiter. Africa is not for sissies. Du musst halt eine gewisse Stressresistenz haben und bereit sein, gewisse Probleme lösen zu wollen. Wenn du das kannst, dann bist du in der Lage, dort ein Business aufzubauen. Und wenn nicht, dann bleib in Deutschland und mache es dort. Und löse halt die Probleme, die es dort gibt. Ich glaube nicht, dass du weniger Probleme hast in Deutschland, du hast nur andere Probleme. Ich muss halt feststellen: Ich weiß, dass ich nicht der durchschnittliche Unternehmertyp bin, will ich auch gar nicht sein. Ich habe kein Problem damit, ein bisschen heraus zu stechen und Dinge anders zu machen und werde mir halt dementsprechend auch weiterhin meine Herausforderungen suchen.

Holger: Jetzt müssen wir irgendwie nochmal zum Bier wieder zurückkommen.

Markus: Also Herausforderungen suchen ist natürlich ein gutes Argument. Und eine Herausforderung ist natürlich auch immer das nächste Bier. Nur sind wir jetzt, glaube ich, mit unserer BierTalk-Zeit schon ganz schön am Ende. Ich würde aber vorschlagen, dass wir hoffentlich vielleicht dich dann mal wirklich in Südafrika besuchen, wenn du wieder da sein willst und sein kannst. Und dann trinken wir da mal ein Bierchen gemeinsam und zeichnen einfach unseren nächsten BierTalk auf und erzählen dann von einer Erfolgsgeschichte. Also für heute auf jeden Fall schon mal vielen, vielen Dank! Das waren ganz spannende Einblicke in eine ganz andere Welt. Und ein toller Einblick, glaube ich, für den Holger wieder mal zurück zur Currywurst.

Randolf Jorberg: Das sicherlich. Und vielleicht noch, ich habe mir, während wir schon am Sprechen waren, noch ein wahnsinnig tolles Bier, was ich hier vor wenigen Wochen gefunden habe, geöffnet, und zwar von Welde, Himburgs Braukunstkeller das Pepper Pils. Und da muss ich sagen, das sind so diese Biere, die mich wirklich begeistern. Natürlich trinke ich gerne ein gutes IPA, brewed according to style und sonst was, aber so richtig geht mir inzwischen mein Herz auf, wenn ich in Südafrika wie auch hier vor Ort wirklich besondere Biere finde, wo ich sagen kann, das schmeckt. Das ist vielleicht nicht etwas für jeden Tag oder fünf davon, aber das ist wirklich etwas, was für den einen Moment so hundertprozentig das richtige ist. Und so ein Pepper Pils mit rosa Pfefferbeeren, das sind so Biere, wo ich denke, wow, das überzeugt mich, das begeistert mich. Und das sind auch die Biere, die ich weiterhin gerne den Menschen näherbringen will, egal ob es jetzt irgendwie in Südafrika oder in Deutschland ist oder im Rest der Welt. Und wo ich denke, dass meine Aufgabe auch noch lange nicht beendet ist.

Markus: Unsere auch nicht, aber für heute. Also insofern vielen, vielen Dank für den Insight. Und ich fühle mit dir, also so ein Pepper Pils ist ein wahnsinnig interessantes und spannendes Bier, das ich selber auch gerne trinke. Holger, ich denke, du kennst das auch. Du darfst jetzt ein schönes Schlusswort finden.

Holger: Das war eine unglaubliche Reise und mal was ganz anderes. Wir haben ja einmal das Thema Food Pairing im BierTalk eröffnet, das kann man weiterspinnen das Thema. Und wir haben einfach aus einem fernen Land Gepflogenheiten kennengelernt, die ja jeder auch schon mal gehört hat. Aber ich denke, so ein Augenzeugenbericht hat eine andere Qualität und man konnte auch raushören, wie dich das beschäftigt. Also ich wünsche dir viel Kraft dabei, das alles durchzustehen und dass du da nicht zu Schaden kommst. Und vielen Dank, dass du so offen berichtet hast. Das ist ja auch nicht selbstverständlich. Also im Ruhrgebiet würde man jetzt einfach nur sagen: Glückauf!

Randolf Jorberg: Ja, ich glaube, das ist auch etwas, was ich definitiv im Ruhrgebiet gelernt habe, offen zu sprechen, mit offenem Visier in die Auseinandersetzung auch zu gehen, wenn es notwendig ist. Und gerne auf ein weiteres Mal, wenn es sich denn so ergibt.

Markus: Ciao! Und auch euch, liebe Hörer, auf Wiederhören!

Randolf Jorberg: Glückauf!

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