Es ist sicher nicht einfach, als Vertreter der zehnten Generation eines Familienunternehmens aufzuwachsen, noch dazu, wenn es sich um den ältesten Brauereimaschinenhersteller der Welt handelt. Doch Johannes Schulz-Hess aus Bamberg hat diese Prüfung mit Bravour gemeistert und sich nach umfangreichen eigenen Erfahrungen schließlich der Aufgabe gestellt, den Bamberger Branchenprimus ins 21. Jahrhundert zu führen. Im BierTalk spricht er über die speziellen Herausforderungen, denen er seit seiner Übernahme 2007 begegnet ist, und wie er auch mit seinen Mitarbeitern ein besonderes Klima der Wertschätzung lebt…
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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute natürlich wie immer eine besondere Folge, aber für mich eine ganz, ganz besonders große Freude, weil wir mal wieder in meiner Heimatstadt sind, in Bamberg sind. Und da haben wir heute den Johannes Schulz-Hess zu Gast. Vorher noch ganz kurz, am Mikrofon wie immer ich, der Markus, und …
Holger: … der Holger …
Markus: … und wie gesagt der Johannes. Und jetzt vielleicht, wenn du ganz kurz dich unseren Hörern mal selber ein bisschen vorstellst, damit sie sich schon mal so einen Eindruck machen können, mit wem sie es jetzt gleich zu tun haben.
Johannes Schulz-Hess: Hallo Markus, hallo Holger! Erstmal vielen Dank für eure Einladung! Mein Name ist Johannes Schulz-Hess, ich bin 45 Jahre alt, gebürtiger Bamberger, verheiratet, Vater dreier Kinder. Und in meiner Verantwortung als Inhaber und Geschäftsführer der Firma Kaspar Schulz statten wir Brauereien hier in der Region, aber auch rund um den Globus mit dem notwendigen Equipment aus, um damit tolle Biere produzieren zu können.
Markus: Ja, auf jeden Fall! Und egal, wo man auf der Welt unterwegs ist, man trifft eigentlich immer irgendwo auf ein Sudhaus von euch. Und das finde ich ganz spannend. Wenn man so ein bisschen nachliest, dann lernt man auch, es ist der älteste Brauereimaschinenhersteller der Welt, überhaupt der älteste Industriebetrieb von Bamberg. Stimmen diese Aussagen?
Johannes Schulz-Hess: Ja. Die sind belegt, die stimmen definitiv.
Markus: Holger, was hast du dir immer so vorgestellt, wenn du von Kaspar Schulz gehört hast?
Holger: Kaspar Schulz ist für mich einfach erstmal Qualität. Das ist das erste, was mir dazu einfällt. Dann natürlich eben, gibt’s schon immer. Und so wie du das sagst, also egal, wo man in der Welt in irgendeine Brauerei geht, also die Wahrscheinlichkeit, dass man was dann eben von Kaspar Schulz aus Bamberg sieht, ist relativ groß. Und ich bin da beeindruckt. Also soviel ich weiß, ist das jetzt die zehnte Generation. Ich sag mal so, Familienunternehmen haben ihre Besonderheiten und da wächst man rein, da wird man reingeboren. Ich weiß nicht, ob man da raus kann und auch raus will, weiß ich nicht. Aber können wir vielleicht mal beleuchten, was das bedeutet, in der zehnten Generation so ein Unternehmen zu führen. Das ist schon sehr besonders.
Johannes Schulz-Hess: Das ist es definitiv. Wenn einem das bewusst wird, in der zehnten Generation ein solches Unternehmen zu führen, dann birgt das natürlich sehr viel Verantwortung auf der einen Seite natürlich fürs Unternehmen, natürlich auch für die Geschichte, aber insbesondere natürlich auch für die ganzen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zweifelsohne. Andererseits dürfen natürlich auch diese Zahlen und diese Generationen einem auch nicht zur Last fallen. Generell gilt‘s jeden Tag, sich um den Fortbestand des Unternehmens zu kümmern und dafür einen Beitrag zu leisten, dafür notwendige Strategien zu entwickeln. Deswegen müssen diese Strategie nach vorne gerichtet sein und nicht rückwärtsgewandt. Es ist natürlich immer wichtig auch zu wissen: Wo kommen wir her? Wo ist unsere Heimat? Wer sind unsere Kunden? Wer ist unser Heimatmarkt? Aber wie gesagt, man muss nach vorne gucken und kann aufgrund seiner langjährigen oder jahrhundertelangen Erfahrung sicherlich zum Teil davon auch profitieren. Aber nichtsdestotrotz müssen wir uns vorm Kunden tagtäglich neu beweisen.
Markus: Aber wenn man sich jetzt vorstellt, du als kleiner Johannes wuselst dann so durch die Anlagenherstellung, wie wird man denn da so groß? Also wann wird einem das bewusst, das ist jetzt nicht nur eine Firma, wo mein Vater halt arbeitet, sondern das ist irgendwie auch mal irgendwie ein bisschen meins? Und ist das dann ein Druck, der sich so aufbaut und wie kommt man da so zurecht? Ich glaube, es ist heutzutage gerade in der Bierbranche ein großes Thema, dass viele als x. Generationen in so ein Unternehmen reinkommen und dann immer so diese Waagschale ist zwischen Last und Lust das zu übernehmen. Also wie ging das dir so, wenn wir in deine Psyche da so reinschauen? Ab wann warst du damit irgendwie so gut, dass du gesagt hast, okay, ich mache das?
Johannes Schulz-Hess: Vielleicht erstmal vorneweg und ich denke, das gilt nicht nur für mich, sondern für alle Familienunternehmen, und dass es bei der Nachfolge immer so sein sollte, dass es eine Lust sein soll. Ich denke auch, dass man so einen Job nur machen kann, wenn man tagtäglich Freude und Spaß bei der Arbeit hat und da gerne mit den Mitarbeitern, mit den Kunden zusammenarbeitet, weil ansonsten ist ein Unternehmen oder kann ein Unternehmen auch nicht erfolgreich geführt werden. Das ist, denke ich, eine Grundvoraussetzung. Da sind wir, denke ich, auch dann schon beim Thema. Meine Eltern hatten Gott sei Dank niemals einen Druck aufgebaut. Klar, das Unternehmen, das war omnipräsent ein Familienunternehmen, hat immer ganz, ganz viele Facetten, mit denen die Familie auch tagtäglich konfrontiert ist. Aber nichtsdestotrotz bestand da nie ein Druck bei meinen Eltern, irgendwo da in die Fußstapfen von meinem Vater treten zu müssen. Ich habe auch noch einen älteren Bruder, insofern war es auch lange Zeit gar nicht sicher, wer jetzt mal ins Unternehmen gehen wird. Irgendwo hat das schon immer mitgeschwungen, dass einer sicherlich mal das Ruder übernehmen wird. Wer es genau wird und zu welchem Zeitpunkt und welche Konstellation, das war immer offen. Meine Eltern hatten auch immer den Wunsch und das Ziel, dass die Kinder auf eigenen Füßen stehen, dass sie einen eigenen Beruf erstreben und angehen und auch wirtschaftlich unabhängig sind vom elterlichen Betrieb. Das haben wir beide erreicht. Jeder hat einen Beruf erlernt und hat in dem Beruf gearbeitet. Und das Thema Unternehmensnachfolge ist dann auch gereift, als es dann halt auch zu einer räumlichen Konstitution gepasst hat. Also ich bin damals 2007 mit meiner Frau wieder zurück nach Bamberg gegangen, auch dann eben, um ins Unternehmen einzutreten. Das hat sich einfach im Laufe der Jahre so entwickelt, dass dann doch ich derjenige sein werde, der eben ins Unternehmen geht und das Unternehmen dann auch leiten wird.
Markus: Da ist auch einiges passiert in diesen letzten 14 Jahren, wenn man sie genau zählt. Aber vielleicht vorneweg, ich nehme mal an, der Holger bekommt langsam Durst. Was hast du dir denn ausgesucht? Oder wollen wir den Johannes zuerst was trinken lassen? Was meinst du?
Holger: Wie du magst, Hauptsache wir legen los sozusagen. Aber bei mir ist klar, ich meine, ihr müsst euch jetzt vorstellen: Ich sitze hier in München und spreche eben mit zwei gebürtigen Bambergern und welcher Bierstil kommt dann nur in Frage? Bei mir ist klar, was vor mir steht. Da kann man nur noch darüber diskutieren, welches Rauchbier habe ich mir denn jetzt dann für heute gewählt. Da könnte man jetzt noch darüber sprechen, aber Rauchbier war klar. Also insofern, Johannes, du kannst gerne beginnen.
Johannes Schulz-Hess: Ich habe mal vorhin kurz geguckt, und zwar wir haben bei uns einen Kühlschrank, also nicht nur einen, aber einen Craftbier-Kühlschrank, wo wir eben Kundenbiere sammeln und gelegentlich verkosten oder halt eben anderen Kunden auch mit auf die Reise geben. Da habe ich ein tolles Bier entdeckt, was ihr schon kennt, was ich schon oft getrunken habe, was mir sehr gut schmeckt, und zwar ist das von einer fränkischen Brauerei, aber einer ganz neuen. Vielleicht kommen wir auch auf diese Themen später noch zu sprechen. Und zwar von der Orca Bräu habe ich ein Double Pale Ale, und zwar heißt das Bier „Anders!“. Und ob es auch anders schmeckt, das kann ich jetzt dann auch mal noch herausfinden.
Markus: Oh ja, da sind wir sehr gespannt. Und Orca ist natürlich auch ein Thema, da steht auch eine tolle Anlage von euch. Und was die Hörer vielleicht auch noch gar nicht wissen, du bist auch Biersommelier-Kollege. Also insofern sind wir mal gespannt, was du jetzt zu deinem Bierchen sagst.
Johannes Schulz-Hess: Gut! Ich muss es aber erstmal öffnen. Markus, während ich mir das Bier einschenke, was hast du vor dir?
Markus: Ich habe mir was Besonderes aufgehoben für diesen Moment, weil ich wusste, dass wir den Termin haben. Und zwar war letzte Woche die Fünf-Jahres-Feier von der Munich Brew Mafia. Und die hatten so einen Abend, wo sie dann vorher einen Karton verschickt haben, und in dem Karton war ein ganz spannendes Bier, nämlich deren Don Limone Pils in einer Imperial Edition, anlässlich dieser fünf Jahre. Und ich fand das ganz spannend schon früher, als ich das normale Don Limone Pils immer getrunken habe, weil das einfach über den Citra Hopfen so eine richtig schöne Zitrusnote eben hat, wie der Name schon sagt. Und ich bin jetzt total gespannt, wie eben dieser Bock am Ende schmeckt. Ich mach’s auch mal auf, aber jetzt lasse ich gerne dir den Vortritt beim Beschreiben.
Johannes Schulz-Hess: Ich würde trotzdem behaupten eben, dass „Anders!“ von Orca Bräu schmeckt tatsächlich schon ein bisschen anders wie ein klassisches Pale Ale. Passt zwar nicht zum heutigen Wetter, aber gut zur Jahreszeit. Ich finde, es passt zum Frühling einfach aufgrund auch der frischen Hopfennoten. Ich würde mal sagen, Grapefruit, aber ansonsten ist es auch ein sehr malzbetontes Bier, schön sämig, cremig im Mund. Ich mag generell auch sehr hopfenbetonte Biere. Und das ist für mich jetzt genau der richtige Geschmack.
Markus: Das klingt faszinierend. Ich kann von mir aus auch nur sagen, ich habe auch eine Menge Zitrusaromen. Natürlich ist es jetzt ein untergäriges Bier, also insofern schon ein bisschen anders. Aber geht natürlich auch in so eine craftige und hopfenlastige Richtung. Es relativ trüb, muss man sagen, aber es entströmt ein richtig intensiver Zitrusduft und schöner weißer, cremiger Schaum. Ich bin jetzt auch mal sehr gespannt. Und jetzt würde mich noch interessieren, was der Holger zu seinem Rauchbier sagt. Insofern, du bist jetzt praktisch derjenige, der uns beiden was von unserer Heimat erzählt. Was hast du denn da genau? Und wie ist es denn so?
Holger: Ich bin jetzt wirklich geplättet. Wenn ich jetzt alles vermutet hätte, aber dass du dir ein Pils aussuchst, das finde ich schon der Wahnsinn, und dann auch noch ein Münchner Bier. Man lernt ja nie aus. Jetzt bin ich hier der Einzige, der sozusagen die oberfränkische Bierkultur vertritt, mit einem, wie ich finde, ganz, ganz tollen Vertreter. Weil die Spezial Brauerei ist auch so ein traditionsreiches Unternehmen, sogar schon älter als ihr, Johannes. Bereits 1536 erstmals urkundlich erwähnt. Ist aber noch nicht so lange im Familienbesitz, also erst seit 1898. Aus eurer Sicht halt relativ kurz.
Johannes Schulz-Hess: Entschuldigung, muss ich gleich passen oder einhaken vielmehr, weil bei Kaspar Schulz ist es definitiv auch so, dass quasi das Unternehmen, das gibt’s schon länger als die zehnte Generation, aber es ist seit 1677 im Familienbesitz. Aber den Vortritt gönne ich natürlich sehr gerne.
Markus: Und der Holger kann auch nicht wissen, dass die schon die Domtürme gedeckt haben hier in Bamberg.
Johannes Schulz-Hess: Ja gut, aber das war erst ein bisschen später.
Holger: Wunderbar! Bei mir, was ist bei mir im Glas? Das ist doch ganz logisch. Wir haben hier ein richtig schönes Rauchmalz-Aroma schon in der Nase. Und was mir halt so ganz besonders gut an diesem Bier gefällt, ist eben, dass es so ausgewogen ist. Man hat eben dieses unverwechselbare Rauchschinken-Aroma. Wenn ich jetzt in Aurich geboren wäre, würde ich vielleicht sagen: Das ist doch ganz klar Räucherfisch oder so. Aber ihr wisst, was ich meine. Und dazu kommen eben auch so brotige Noten. Und dazu passt jetzt dann auch so eine deftige Brotzeit mit einem guten steinofengebackenen Brot und so bayerischen schönen Spezialitäten auf dem Teller, vielleicht auch gerne oberfränkische Spezialitäten. Und das liebe ich. Ich bin so wahnsinnig gerne in Bamberg. In meinen Augen passt das wunderbar dazu. Ich habe jetzt einfach gedacht: Mensch, Schlenkerla kennt auch jeder und schätzt auch jeder, aber vielleicht ist nicht allen BierTalk-Hörern klar, dass es eben noch eine zweite sehr traditionelle Rauchbierbrauerei gibt, eben das Spezial. Was ich auch hier nochmal sagen möchte, ist: Wir sind in einer sehr, sehr schwierigen Zeit und die Spezial Brauerei ist dann auch so typisch, also mit einem Brauereibetrieb und dann auch mit einem Gasthof, mit einer Gastronomie, mit Zimmern, die vermietet werden. All das ist gerade schwer möglich. Und eben in einer besonderen Zeit. Wenn man dann in die Geschichte zurückkehrt und einfach sich wirklich darüber Gedanken macht, wenn ich jetzt seit 1536 Herausforderungen bestehe und immer wieder dann mich neuerfinde auch wahrscheinlich ein paar Mal, dann ist so eine Corona-Pandemie, das ist wahrscheinlich trotzdem so einschneidend, dass man es auch noch nie erlebt hat. Da würde mich einfach interessieren, Johannes, wie erlebst du das denn jetzt? Es ist im Moment nicht die Hochzeit des Bierbrauens. Und wie trifft euch das? Kann man da was sagen?
Johannes Schulz-Hess: Ja, das ist eine wirklich sehr vielschichtige Frage. Ich meine, das ist definitiv so, um das vielleicht auch noch erzählen zu können. Der Matthias Trum, eben der Inhaber der Bräu vom Schlenkerla, hat schon vor Wochen einfach auch mal erzählt: Selbst in den Weltkriegen im Ersten, Zweiten Weltkrieg waren die Gaststätten trotzdem mehr oder weniger irgendwo geöffnet. Und dass es jetzt eine Phase gibt, in der in einer jahrhundertelangen Geschichte von Brauereien oder von Gasthöfen erstmals der Zwang besteht, komplett über Wochen und Monate zu schließen, das ist wirklich sehr traurig. Und macht, glaube ich, auch so diese Tragweite und die Dimension überhaupt erstmal sichtbar. Es ist definitiv so, natürlich unser Kundenklientel sind vor allem die familiengeführten, inhabergeführten Brauereien, die größtenteils extrem unter der Krise leiden. Und oftmals eben auch eine Gaststätte, ein Gasthaus mit angeschlossen haben, was halt eben geschlossen ist und dadurch natürlich auch eben der notwendige Umsatz fehlt. Manche können das in Flaschenbier kompensieren, aber nicht alle. Insofern ist natürlich die Stimmung in der Branche teilweise sehr besorgniserregend. Nichtsdestotrotz, und ich denke, das zeichnet auch wieder Familienunternehmen aus, gibt’s viele Betriebe, die nach vorne gucken, die sagen: Corona wird jetzt halt ein vorübergehendes Phänomen sein. Hilft nichts, ich denke langfristig. Ich denke nicht nur über ein Jahr oder mehrere Jahre, sondern ich denke in Generationen. Da gibt’s viele Brauereien, die trotzdem investieren, die auch die Zeit nutzen, die ruhigere Zeit nutzen für Ersatzinvestitionen. Sodass wir uns wirklich in Anbetracht der Situation nicht beschweren können. Also es kommen Anfragen, wir haben genügend Projekte, auch für die nächsten Monate, sind wirklich gut ausgelastet. Das war im letzten Jahr während des ersten Lockdowns schon ein wenig anders, da ist irgendwo die Nachfrage doch von heute auf morgen erstmal rapide zurückgegangen. Also grundsätzlich denke ich, dürfen wir schon sehr positiv nach vorne gucken. Wie es sich dann die nächsten Monate und Jahre verhält, ich meine, jeder weiß das auch, dass auch der Bierkonsum als solcher die letzten Monate zurückging, wie sich da die Trends entwickeln werden, das lässt sich noch schlecht abschätzen.
Holger: Ihr seid wirklich global. Und da gibt’s auch mehrere Gefahren, also jetzt nicht nur den Virus, sondern auch die Preise. Wenn ich jetzt hier gerade so auch in der jungen Szene, auch in der Craftbier-Szene einfach hinschaue, dann gibt’s immer wieder jetzt auch die Thematik: Wollen wir eine Brauanlage aus Fernost nicht dann doch nehmen, weil das Preis-Leistungs-Verhältnis da besser ist? Oder wie auch immer. Da gibt’s ganz viele Gefahren, die im Moment sich da so ergeben, oder nicht?
Johannes Schulz-Hess: Absolut! Das Preis-Verhältnis mag besser sein, ich würde sagen, das Nutzen-Preis-Verhältnis auf keinen Fall. Wir kennen viele Fälle, wo man natürlich erstmal aufgrund von einem geringen Budget natürlich auf die Kosten achten muss, aber dann vielleicht Kaspar Schulz auch erst im zweiten, dritten Schritt irgendwann in Erwägung gezogen wird. Glücklicherweise gibt’s aber auch junge Brauereien, die trotzdem auch gleich versuchen, qualitativ technologisch hochwertiges Equipment zu kaufen. Ja, es ist definitiv so, dass die Konkurrenzsituation im Anlagenbau, das gilt nicht nur für unseres Segment, die Konkurrenz wird immer größer, insbesondere eben auch von den Anlagen aus Asien, keine Frage. Wir versuchen eben, so wie es halt auch andere Unternehmen in Deutschland betrifft, uns über andere Features, über Technologie, über Innovationen, über Energieverbräuche, über die Marke, über ein Rundum-Sorglos-Paket am Schluss natürlich eine Daseinsberechtigung zu schaffen. Und ich hoffe, dass wir das noch die nächsten Jahrzehnte oder vielleicht Jahrhunderte hoffentlich auch noch aufrechterhalten können.
Markus: Ist es vielleicht auch das, was so ein Familienunternehmen irgendwie ausmacht, dass man sagt: Ja, wir müssen uns immer wieder neu erfinden, wir müssen schauen, dass wir uns einstellen können auf die neuen Zeiten. Wir haben vielleicht auch noch das Potenzial dazu, weil wir durch die lange Zeit einfach richtig gute Substanz haben. Und wenn ich überlege, ihr habt auch immer wieder neue Sachen eingeführt. Ich erinnere mich an den Schonkocher zum Beispiel oder dann an die Mälzerei, die Kleinmälzerei, oder jetzt auch die Brennanlagen. Also sind das alles so Punkte, wo man sagt, da beschreite ich eben ganz bewusst so neue Pfade, um diesem Konkurrenzkampf dann auch so ein bisschen aus dem Weg zu gehen?
Johannes Schulz-Hess: Unbedingt! Innovation ist, denke ich, das Thema schlechthin, was wir versuchen hochzuhalten, wo wir versuchen, eben einen Vorsprung uns zu erarbeiten. Wir hatten vorhin auch das Stichwort Qualität. Meiner Meinung nach ist Qualität ein Selbstverständnis. Nur über Qualität kann man heutzutage nicht mehr verkaufen. Das erwartet einfach der Kunde. Da müssen schon andere Benefits her. Deswegen sind wir da schon innovationsgetrieben. Und auf der anderen Seite versuchen wir eben auch, ich sag mal, Lücken im Portfolio zu schließen und uns auch noch breiter aufzustellen. Du hast eben die Mälzereien genannt oder auch eben die Whisky-Destillen, um eben gesamtheitliche Systeme anbieten zu können und nicht uns auf ein paar wenige Komponenten in der Brauerei beschränken zu können.
Markus: Ich würde gern noch mal in deine Firmenvergangenheit blicken, in Anführungsstrichen. Wenn du sagst, 2007 hast du übernommen und bist eben seitdem jetzt verantwortlich, 2007 war auch das Jahr in dem die Hopfenweisse entstanden ist und die dann in ihrem Rückschlag nach Deutschland auch mitauslösend dafür war, dass wir hier diese, ich sag mal in Anführungsstrichen, „Craftbier-Revolution“ hatten. Wie war das denn? Du hast dann genau diese Zeit in einer verantwortlichen Position miterlebt, wie sich schon mal in der Brauwirtschaft einiges verändert hat oder zumindest in die Diskussion gekommen ist. Wie hast du das erlebt? Hat sich das für dich persönlich oder auch für euer Angebot irgendwie ausgewirkt? Oder habt ihr das eh aus einer globalen Sicht anders wahrgenommen?
Johannes Schulz-Hess: Grad, sag ich mal, als Bamberger oder als Oberfranke ist das auch eine sehr spezielle Frage, weil wir oder ich persönlich den Standpunkt vertrete, dass es diese Biervielfalt und auch dieses Kundenklientel eigentlich bei Kaspar Schulz schon immer gab. Also wir mussten uns deswegen auch zumindest von der technischen Seite auch da nicht neuerfinden, sondern, sage ich mal, unsere Anlagen waren schon immer eigentlich dafür gedacht, eine hohe Biervielfalt bieten zu können für unsere Kunden und auch spezielle Biere eben produzieren zu können. Also von der Seite hat, sage ich mal, unser Angebotsspektrum gepasst. Aber es war natürlich eine extrem spannende Zeit oder vielleicht sogar Ära, weil eben das Thema Craftbier halt einfach was bewegt hat in Deutschland. Allein schon aus Consumer-Sicht hat das Bier einen ganz anderen Stellenwert, als es noch vielleicht 2007 und davor war. Bier ist viel vielschichtiger geworden. Auch die traditionellen Brauereien haben ein größeres Sortiment. Es müssen nicht immer spezielle Biere sein, es können auch historische Bierstile sein oder sonstige traditionelle Bierstile. Also ich fand‘s extrem spannend. Und ich denke, es hat jedem, vor Corona zumindest, sehr viel Spaß gemacht, eben sich in dieser Branche zu bewegen und die Entwicklung zu sehen. Und ich fand es eine sehr, sehr positive Entwicklung, seither, seit 2007.
Holger: Die Fertigungstiefe, die ihr habt, die ist auch total beeindruckend. Ihr sagt einfach, am liebsten machen wir alles selbst und dann auch noch total individuell. Ich stelle mir das einfach dann auch unheimlich schwierig vor in der Dokumentation der Anlagen, wenn später dann mal Teile benötigt und irgendwie dann noch 25 oder 30 Jahre danach. Wie geht das alles? Und warum auch? Es gibt doch vielleicht andere Mittelständler, die bestimmte Dinge, was weiß ich, Behälterbau oder Steuerungselektronik oder ich weiß nicht vielleicht sogar besser machen. Und trotzdem sagt ihr: Nein, wir wollen alles selbst machen. Oder ist das gar nicht richtig so, wie ich das von außen anschaue?
Johannes Schulz-Hess: Doch, also definitiv! Ich würde behaupten, wir sind der einzige Hersteller, zumindest in Deutschland, der über diese Fertigungstiefe verfügt. Meines Wissens sind wir auch der einzige Anlagenbauer in dem Segment, der überhaupt seine Behälter noch selber baut. Es ist nicht nur, sage ich mal, ein Kult, den wir da drum machen wollen, es ist einfach eine Philosophie. Unserer Meinung nach hat man nur dann auch irgendwo den hundertprozentigen Fokus eben auf die Qualität der Produkte, wenn man sie selber macht. Ich meine, irgendwelche Standardbehälter kann man natürlich irgendwo günstig erkaufen, das ist keine Frage. Aber wie du sagst, wir fertigen ganz, ganz häufig in Losgröße 1. Also ein Behälter, den es nur einmal gibt oder eine Ersatzinvestition, ein Behälter, der wirklich maßgeschneidert in irgendwelche Keller oder Räumlichkeiten eingebracht werden muss. Und da sind wir halt total flexibel, weil wir einfach vom Blech an alles selber produzieren. Es gibt Kunden, die nehmen das auch natürlich von dem Mehrpreis, was das zwangsläufig mit sich bringt, nehmen das dankend in Kauf. Es gibt natürlich auch Projekte, die wir verlieren, weil wir eben nicht die Behälter irgendwo in Osteuropa zukaufen. Aber das ist Teil unserer Philosophie. Und ich hoffe, dass sich das auch langfristig irgendwo auch auszahlen wird, dass wir dann trotzdem aufgrund der Flexibilität vielleicht auch agiler sind als der ein oder andere Marktbegleiter.
Holger: Ich würde jetzt ganz gern nochmal wieder zurückkommen zu dir als Person auch. Da müssen wir darauf achten, dass wir nicht sofort immer abdriften ins Unternehmen. Du hast gesagt, drei Kinder, ich habe auch drei Kinder. Wie ist das denn bei dir verteilt?
Johannes Schulz-Hess: Meinst du jetzt erziehungstechnisch?
Holger: Nein, nein, nein. Sondern, sage ich mal, wie viele Jungs, wie viele Mädchen? Zeichnet sich schon was ab, dass die Mädchen übernehmen wollen? Oder wie ist das?
Johannes Schulz-Hess: Ich habe eben zwei Jungs und ein Mädchen. Also der älteste ist jetzt grad 14 geworden, der mittlere wird 12, die kleine ist acht. Ich meine, ähnlich wie es auch bei mir damals war, bekommen die natürlich eben auch die ganzen Themen mit, die ich halt abends mit nach Hause bringe. Das sind nicht immer auch gute Sachen, das sind dann auch wirklich Probleme und auch sehr traurige oder unschöne Themen, die man halt auch abends beim Abendessen mal besprechen muss. Aber das gehört dazu, das ist das Leben. Das bringt insbesondere auch ein Familienunternehmen mit sich. Natürlich so die Kinder untereinander, so im Spaß wird da schon gefeilscht, wie es dann mal weitergeht mit dem Unternehmen. Aber für mich persönlich ist das überhaupt kein Thema. Ich möchte zum einen da überhaupt gar nicht eine Erwartungshaltung aufbauen. Natürlich, ich glaube, jeder Vater wird sich freuen, wenn eines Tages ein Kind so weit ist und sagt, es möchte gerne in die Fußstapfen treten. Aber so weit sind wir eben vom Alter der Kinder im Moment noch nicht. Ich habe auch noch einiges vor, ich möchte schon noch einiges hier im Unternehmen bewegen. Und wenn mal die Zeit dann so weit ist, dann wäre das natürlich super, wenn das klappt, aber es ist keine Selbstverständlichkeit.
Holger: Da habt ihr auch im Moment das Thema Zoom-Sitzungen, wie dann die Schule läuft auch zu Hause wahrscheinlich, genau wie wir hier auch?
Johannes Schulz-Hess: Ja, das ist echt der Hammer. Aber ich muss trotzdem grundsätzlich sagen, so schlimm die Situation, auch die wirtschaftliche Situation generell ist und die Probleme tagtäglich, die man hat durch Corona, aber ich denke für einige Familien, ich möchte das jetzt nicht pauschalisieren, aber zumindest aus unserer Sicht für uns als Familie ist es auch trotzdem teilweise eine sehr schöne Zeit. Man hat viel mehr Zeit füreinander, man macht mehr als man eben vor Corona gemacht hat. Und wir haben uns als Familie schon eigentlich da ganz gut darauf eingestellt.
Markus: Ich habe mich neulich mit so ein paar Brauern unterhalten über eben das Thema, so die Zukunft, was kann man noch so alles erfinden rund um Brauanlagen und Maschinen und so. Und dann war so die These im Raum, dass man jetzt nach gut 120, 130 Jahren immer Weiterentwicklung des bestehenden Systems jetzt irgendwie mal am Ende der Innovationen angelangt ist, also wo man einfach sagt: Jetzt haben wir das optimale Maisch-Behältnis und das optimale Verfahren und das Läutern und alles funktioniert wirklich perfekt. Jetzt ist mal der Punkt erreicht, wo das ausgereizt ist, also wo man sich dann vielleicht mal komplett andere Gedanken machen muss, oder an völlig anderen Punkten ansetzen muss, wie zum Beispiel eben der Nachhaltigkeit oder solchen Themen. Wie ist es denn so aus deiner Perspektive? Also würdest du sagen, es gibt immer noch einiges an Entwicklungs- und Innovationspotenzial? Oder seid ihr auch am Nachdenken, wo man noch so andere Wege beschreiten kann?
Johannes Schulz-Hess: Ja, definitiv! Ich hatte vorhin schon beschrieben, dass Innovation für uns extrem wichtig ist, auch irgendwo überlebensnotwendig ist. Von der Seite gibt es schon noch auf der einen Seite natürlich Optimierungspotenziale in der Brauerei, also nicht nur im Heißbereich, im Sudhaus, sondern eben auch in dem ganzen Kaltbereich. Ich denke jetzt nur an die Hefetechnologie beispielsweise, da gibt’s schon noch einiges an Potenzial zu heben. Aber ohne da jetzt näher darauf eingehen zu wollen, versuchen wir auch, da grundlegend im Bierherstellungsprozess auch Innovationen voranzutreiben. Also doch, da gibt’s schon noch Potenzial. Und es ist sicherlich schon sehr optimiert und es ist auch ganz klar, dass in einem traditionellen Herstellprozess die Parameter relativ eng sind, in denen man sich bewegt, aber nichtsdestotrotz sehen wir nach wie vor Möglichkeiten, den Prozess zu verbessern. Und, du sagst es auch richtig, das Thema Nachhaltigkeit. Da muss man auch ganz klar feststellen: Wir haben uns das Thema Energieverbrauch, Nachhaltigkeit eigentlich schon sehr, sehr lange auf die Fahne geschrieben. Und du hattest vorhin auch das Schonkochverfahren kurz erwähnt, da hatten wir den Bayerischen Energiepreis auch damals bekommen. Aber durch die Craftbier-Welle muss man, glaube ich, auch feststellen, dass das Thema Energie und Nachhaltigkeit erstmal kein Thema mehr war. Also da gab’s eben jetzt erstmal einen anderen Fokus, da ging‘s darum, eben einen Hopfen auszubeuten und so weiter. Aber ich glaube, wir kommen da auch wieder zurück. Und ich denke, wir werden auch als Unternehmen gefragt werden eben, was ist unser Beitrag zur Nachhaltigkeit? Das wird sicherlich ein kaufentscheidendes Kriterium der Zukunft sein. Deswegen machen wir uns da natürlich auch große Gedanken.
Markus: Ein anderes Thema ist auch alkoholfrei, also ist ein großer Trend jetzt im Bereich Bier. Und wenn man so auf die jungen Zielgruppen schaut, dann ist das teilweise schon mit einem Anteil von über 30 % dabei. Ist das auch etwas, wo ihr anlagentechnisch euch entwickeln könnt und wollt, wo man dann eben sagen kann, ich stelle jetzt Möglichkeiten zur Verfügung, wie eben auch so eine kleinere Brauerei in dem alkoholfreien Sektor sich bewegen kann?
Johannes Schulz-Hess: Ja, unbedingt! Alkoholfreie Getränke und alkoholfreies Bier ist ein Trend. Und wir müssen da Lösungen für unser Kundenklientel anbieten können. Das ist, sage ich mal, auch ein Thema unserer Innovationen. Insbesondere für die Großbrauereien gibt’s schon immer maßgeschneiderte Lösungen, jetzt zum Beispiel von der Entalkoholisierung oder ich denke auch an andere Bereiche wie Filtration. Aber gerade in unserem mittleren Segment, also für mittelständische Brauereien, da ist meistens eine Lücke da. Also da gibt’s hochtechnologische Lösungen, aber kein gesundes Mittelmaß. Und das ist für uns auch eigentlich ein Innovationstreiber zu sagen, wir müssen da maßgeschneiderte Produkte für unsere Kunden entwickeln, beispielsweise unseren Filter, unsere Filtration, aber auch eine Entalkoholisierung. Da brauchen wir definitiv eine Antwort auf diesen Trend.
Markus: Wenn man so guckt, andere Anlagenhersteller oder auch die großen Hopfenhändler oder auch die Malzproduzenten, die versuchen alle, irgendwo so einen Showroom zu schaffen, wo man dann praktisch eine Brauerei hat, wo man ihre Dinge verkosten kann oder wo man eben auch in einer Brauerei sehen kann, was die alles leisten kann. Können wir irgendwann mal damit rechnen, dass wir in Bamberg vielleicht auch so einen Showroom haben, wo wir dann eben Biere aus euren Anlagen probieren können?
Johannes Schulz-Hess: Ja, das ist natürlich ein großes Thema. Und die Frage habe ich persönlich mir selbst natürlich schon häufig gestellt. Meine Antwort, also heute sage ich: Bamberg ist unser Showroom. Wir haben hier so viele tolle Brauereien, so viele tolle Biere, auch neue Brauereien, also nicht nur alteingesessene Familienbetriebe, so dass wir mit Interessenten, mit Kunden gerne eben in die Stadt gehen und dort uns die Anlagen anschauen oder hier auch im Umland. Ich sage ganz klar, wir sind ein Anlagenhersteller und kein Bierproduzent. Wir möchten unseren Kunden auch hier in der Region keine Konkurrenz machen. Also wir möchten nicht selber Bier produzieren und das sogar dann vielleicht noch in Verkehr bringen. So dass wir eigentlich bewusst diesen Weg, wie es auch eben Markbegleiter machen, nicht gewählt haben. Sondern wir sehen einfach hier die Region und Bamberg als solches als unseren Showroom. Und auch jeder Interessent, der hierherkommt, ist hier komplett geflasht. Ich denke, da muss man nichts weiter inszenieren.
Markus: Ich glaub, da hast du recht. Oder Holger, was sagst du?
Holger: Nein, unbedingt! Finde ich auch eine tolle Antwort. Und eben, wie das jetzt schon auch oft immer wieder in der Vergangenheit von euch gesagt wurde, dass ihr einfach mit Bamberg auch als Standort komplett verbunden seid und auch bleibt. Das ist ein starkes Bekenntnis auch zur Region. Also da könnte ich mir auch vorstellen, dass man als Anlagenbauer aufgrund von Skaleneffekten irgendwie anders auch wo hingehen könnte, wo man vielleicht billiger produzieren kann oder so. Aber was mir noch wichtig ist, mir sind so zwei Dinge gerade noch gekommen: Erstens habe ich mir vorgestellt, wenn ich dann nochmal in meinem Leben zur Welt komme, was ich denn dann sein will. Ich würde wahrscheinlich gerne so ein Kühlschrank sein, wo ihr die Biere drin sammelt von den Brauereien, wo ihr Anlagen liefert. Also dieser Kühlschrank wäre ich gern. Ich denke, das ist irgendwie ein schönes Gefühl, dieser Kühlschrank zu sein. Das ist so ein Gedanke, der mir kam. Aber ich habe auch mich vorher so ein bisschen natürlich schlaugemacht und gelesen. Letztes Jahr gab‘s einen schönen Artikel in einer Zeitung und da wurde darüber berichtet, dass ihr ein Wir-Bier habt, eben für das Kaspar Schulz Team. Und das heißt dann auch noch Wirkstöffler. Und das finde ich sehr schön. Wenn du da vielleicht noch mal wieder ein bisschen drüber erzählen könntest, weil wir sind schließlich ein BierTalk.
Johannes Schulz-Hess: Wir produzieren schon eigenes Bier, aber eben nicht, um das in den Verkehr zu bringen, zu verkaufen, sondern für unser Team. Wir haben ein Schulz Brewing Team, was immer wieder rotiert. Die Idee ist die, dass wir eben unseren Mitarbeitern natürlich auch den Prozess als solches näherbringen wollen. Und wir beschäftigen sehr viele Brauer und Braumeister auch bei uns im Unternehmen mit einer hohen Fachkompetenz. Diese Kompetenz eben auch den Kollegen weiterzugeben, ist die Intention. Und letztendlich verbindet uns im Unternehmen eben alle das Bier, also vom Fertigungsmitarbeiter in die Buchhaltung, egal in welchem Bereich, jeder hat irgendwo eine Leidenschaft und einen Zugang zu Bier. Und das mit dem Wir-Bier ist einfach die Idee, für unsere Feste und Veranstaltungen, die wir hier halt intern für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter organisieren, eben ein eigenes Bier auch anbieten zu können. Das hat eben letztes Jahr schon aufgrund der Corona-Situation nicht geklappt, also sprich, eine Veranstaltung. Deswegen haben wir es dann auch in Flaschen gefüllt. Aufgrund der Corona-Situation haben wir es eben Wirkstöffler genannt. Wir brauen auch jedes Mal eben eine andere Sorte mit anderen Zutaten, je nachdem. Oftmals hatten wir auch schon Test-Chargen von Malz aus unseren Mälzereien verwendet. Und dann ist das irgendwo, sage ich mal, so ein kleines Happening, wenn wir auf einer Anlage von einem Kunden, also wir gehen da immer irgendwo hier in die Region, dann eben unser eigenes Wir-Bier produzieren.
Holger: Ich weiß gar nicht, der Markus hat schon so ein bisschen eingeleitet, dass wir eigentlich schon zu Ende sind. Aber ich habe eigentlich einfach, ich habe so viele Fragen noch, unglaublich. Ich bin auch so technikbegeistert. Und was ich auch nochmal unbedingt sagen muss, ist: Die Anlagen sind so ästhetisch auch. Also die sind einfach unheimlich schön. Und wenn man jetzt dann auch nochmal schaut, wie sehen die Anlagen aus und was habt ihr für Produkte im Portfolio und so, dann sticht einem dann Pulse Brewers Still ins Auge. Das ist brutal schön. Da bestreitet ihr dann auch nochmal ein neues Feld, oder?
Johannes Schulz-Hess: Genau! Von der Anlage selbst oder auch vom Herstellprozess, da sind sehr viele Kupferkomponenten eben mit aufgebaut. Da kann man natürlich sagen „Back to the Roots“, weil letztendlich, wir haben uns aus einer Kupferschmiede entwickelt und haben auch nach wie vor diese Kompetenz, auch für die Brauereien eben noch Kupferhauben und kupferverkleidete Gefäße zu produzieren. Also erstmal das Thema Kupfer, glaube ich, was da wirklich ins Auge sticht. Aber andererseits ist eben halt auch die Idee, von der Wertschöpfung für den Kunden, also für die Brauereien, den zu verlängern. Letztendlich braucht man, um Whisky zu produzieren, wenn man schon eine Brauerei hat, nicht mehr sehr viel mehr Equipment, eigentlich nur noch diese Destille, den Rest hat man schon. Also man hat eben ein Sudhaus, man hat Gärbottiche, man hat schon alles, man hat eine Kälteanlage. Aber mit diesem letzten Schritt noch, wenn man noch die Bierwürze destilliert, hat man den Benefit eben auch, seinen eigenen Whisky zu produzieren.
Holger: Jetzt ist die Frage, also werde ich jetzt Kühlschrank oder Brennblase? Ich weiß es nicht.
Markus: Klingt auf jeden Fall nach einem anstrengenden Job.
Holger: Also wunderbar!
Markus: Vielleicht nochmal ganz kurz zu dem Bild vom Kühlschrank zurück. Das finde ich auch noch interessant. Also einerseits höre ich aus deinen Worten und letzten Endes, wie ich dich auch erlebe in den letzten 15 Jahren, vor allem einen großen Punkt raus, das ist das Thema Wertschätzung. also Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern. Und da merkt man auch sehr intensiv, wenn man dann bei euch mal auf Veranstaltungen ist, wie das auch zurückkommt, also wie auch die Mitarbeiter jeweils dich persönlich, aber auch die Familie und auch das Unternehmen und sich gegenseitig wertschätzen, aber auch, wie das mit den Kunden ist. Und das ist doch eine tolle Sache, wenn sich irgendwie alle so als Familie verstehen. Und ich finde, das erlebt man auch immer einmal im Jahr, wenn dann anlässlich der Braumesse, wenn sie stattfindet, dann eben bei euch diese Zusammenkunft ist, wo eben alle Kunden kommen und ihre Biere vorstellen und es dann wirklich ein globales Event ist. Und das wäre so der Punkt, der mich noch interessieren würde, wie es dir so in Hinblick auf dieses globale Thema geht? Ist man trotzdem natürlich noch Bamberger und hier verwurzelt, aber auf der anderen Seite wird man doch irgendwie auch ein bisschen Weltbürger und kennt irgendwie in jedem Land der Welt Menschen, hat überall Kontakte, ist überall auch angesehen, reist wahrscheinlich auch normalerweise viel. Also wie viel Anteil von dir ist noch quasi zu Hause und wie viel Anteil ist irgendwie schon so ein bisschen global?
Johannes Schulz-Hess: Ja, der globale Faktor, der ist natürlich enorm wichtig für uns. Vorhin habe ich schon geschildert, natürlich Bamberg oder die Region Oberfranken ist natürlich unsere Heimat, hier stammen unsere Wurzeln her. Aber natürlich könnten wir heutzutage auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht ausschließlich von diesem Markt beschäftigen, sondern wir müssen eben auch exportieren. Und unser Markt ist eben global, das sind eben hauptsächlich natürlich die Länder, in denen regionale Brauereien verwurzelt sind oder neuentstehen. Von meiner persönlichen Seite ist es so, da, wo es sein muss oder wo es gewünscht wird, binde ich mich in vertriebliche Prozesse ein. Ansonsten bin ich eher schon derjenige, der das Unternehmen eben leitet, versuche schon, hier auch Präsenz zeigen. Nichtsdestotrotz wird sich das sicherlich auch hoffentlich die kommenden Jahre wieder ändern, dass ich persönlich auch die Gelegenheit bekomme, eben auch familiär mehr die Welt zu bereisen, die Kunden zu bereisen. Ich finde das auch ganz wichtig, eben auch aus dem Punkt der Wertschätzung, dass man auch persönlich präsent ist und auch zeigt, dass es wichtig ist, dass jeder Kunde auch den Stellenwert genießt, den er verdient. Ja, das Bierfestival, du hast es vorhin angesprochen, ist natürlich sensationell, wenn man eben sieht, dass dann bei einem Event eben Biere aus allen Herren Länder hier nach Bamberg kommen und verkostet werden können. Aber alle Biere eins gemeinsam haben, dass sie eben aus einer Anlage von uns, von Kaspar Schulz, stammen. Deswegen, ich glaube, das ist auch ein schönes Bild, dass wir unsere Kunden nicht nur als Kunden verstehen, sondern es ist dann trotzdem eine Familie, so platt sich das auch anhört. Es ist irgendwo, man könnte auch sagen, ein Netzwerk. Aber man lernt sich gegenseitig kennen, die Kunden lernen sich kennen, man unterstützt sich, man hilft sich. Und das ist eine Partnerschaft, die man da eingeht auf Jahre oder Jahrzehnte. Als es macht wirklich Spaß und Freude.
Markus: Gibt’s vielleicht noch irgendein besonderes Erlebnis, wo du sagst, da war ich mal irgendwo auf der Welt, da sind irgendwie krasse Sachen passiert in Bezug auf irgend so eine Brauanlage oder so? Kannst du dich da an was erinnern?
Johannes Schulz-Hess: Ja, spontan fällt mir jetzt kein spezieller Moment ein, aber es ist wirklich so, dass jeder Besuch beim Kunden – und ich denke, das betrifft nicht nur mich, sondern das betrifft auch meine Mitarbeiter – ist irgendwo ein Highlight oder bleibt irgendwo was hängen. Grad, wenn man auch eben geschäftlich und grad noch in unserer Branche, wo es um Bier geht, irgendwo auf der Welt jemanden besucht, man hat einen ganzen anderen Zugang dann auch dort zu dem Land und wird in Dinge eingeführt, die man als Tourist niemals erleben würde. Deswegen, es sind so tolle Erlebnisse auch, es entstehen auch Freundschaften. Eben, dieser globale Gedanke, der ist enorm wichtig. Und der ist leider jetzt natürlich auch die letzten Jahre, nicht nur durch Corona, sondern auch durch diese vielen Krisen auf dieser Welt ein bisschen kleiner geworden. Und ich denke, das können wir uns alle wünschen, dass eben auf der globalen Seite die Welt auch wieder offener wird, eben nicht nur Corona-bedingt, sondern dass wir auch wieder reisen dürfen ohne Einschränkungen und uns das Thema Bier wieder global verbindet.
Markus: Auf jeden Fall! Und ich erinnere mich vor allem daran, dass eben das immer sowas ist, wenn ich irgendwo auf der Welt bin und man ist dort bei einer Brauerei und die haben dann zum Beispiel eine Schulz Anlage, dann ist das immer so das erste oder zweite, was die machen, dass die mich ganz stolz eben zu ihrem Kessel hinführen und dann zeigen, da ist das Logo und da haben wir unsere Brauerei her. Und wenn ich dann immer sage, ja, ich komme da aus derselben Stadt und ich wohne 500 Meter weit weg, dann ist das immer so der erste Türöffner. Und das finde ich immer eine ganz, ganz tolle Sache. Also insofern, vielen, vielen Dank für deine Zeit, für den spannenden Talk und für den Einblick in dein Leben und deine ganz persönliche Geschichte, die du mit deiner Firma jetzt schon hast. Und ich denke mal, das ist wahrscheinlich nicht der letzte BierTalk, uns wird bestimmt noch einiges an spannenden Themen einfallen. Aber wie gesagt, erstmal vielen, vielen Dank! Außer vielleicht, der Holger hat noch eine Frage. Ich frag mal in Richtung Kühlschrank / Brennblase: Wie geht’s dir?
Holger: Mir geht’s super und ich habe natürlich noch tausende Fragen, aber wir haben ja so eine gute alte Tradition, dass wir jede 50. Folge nochmal wiederholen. Das können wir uns vielleicht vornehmen. Also wenn wir 50 Folgen weiter sind, dann würden wir dich nochmal einladen, Johannes, und dann schauen wir, wie lustig das war damals in Zeiten der Pandemie oder so. Und dann gibt’s wieder neue Fragen. Vielen, vielen Dank für deine Zeit und für deine Offenheit. Hat mir sehr viel Spaß gemacht. Danke schön!
Johannes Schulz-Hess: Auch von meiner Seite möchte mich herzlich bedanken für das Interesse eben am Unternehmen und dass ich ein bisschen was davon erzählen konnte. Und gerne stehe ich auch für weitere Fragen oder für einen Podcast dann in 50 Folgen weiter zur Verfügung.
Markus: Wunderbar! Das ist dann ungefähr in einem Jahr. Also lassen wir uns mal überraschen. Ciao!
Johannes Schulz-Hess: Tschüss! Und danke fürs Zuhören!
BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de