BierTalk 152 – Interview mit Nils Vogel und Alexander Lebèus, den Beer Kitchen Guerillas aus Esslingen

Willkommen zu einer neuen Folge von BierTalk! Heute wird’s kreativ, genussvoll – und ein bisschen rebellisch. Denn wir treffen zwei leidenschaftliche Bierfreunde, die mit ihrem Projekt Beerkitchenguerillas zeigen, was passiert, wenn man gutes Essen mit gutem Bier nicht nur kombiniert, sondern neu denkt. Alex und Nils kommen aus der Hobbybrauszene, sind ausgebildete Biersommeliers – und vor allem: begeisterte Genussmenschen. In ihrer Küche wird Bier nicht nur getrunken, sondern auch verkocht, kombiniert, gemixt und interpretiert. Ob Cheesecake mit Himbeertopping und Brown Ale, oder ein Shrimp-Schaum mit IPA – was hier serviert wird, ist Experiment und Erlebnis zugleich. Wir sprechen über kulinarische Guerillataktik, kreative Aromenspiele, mutige Menüideen – und darüber, wie schwer es manchmal ist, Bier auf die großen Tische der Gastronomie zu bringen. Also: Vorhang auf für zwei Genussaktivisten, die mit Leidenschaft und Humor zeigen, dass Bier weit mehr sein kann als Pils und Braten…

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BierTalk – Gespräche über und beim Bier.

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute schauen wir mal wieder, was alles so möglich ist in der Welt der Biere und der Biersommeliers und all der Leute, die sich eben mit Geschmack, Genuss und den schönen Dingen des Lebens beschäftigen. Und dafür treffe ich 2 ganz besondere Jungs, die machen gemeinsam ein Projekt, dass nennt sich die Beerkitchenguerillas. Ja und was es damit zu tun hat und was sich dahinter verbirgt, das werden sie uns gleich ein bisschen erzählen. Erst mal, Alex und Nils, schön, dass ihr da seid und vielleicht stellt ihr euch ganz kurz mal unseren Hörer: innen selber vor.

Alex: Ja, hallo Markus, ich grüße dich. Schön, dass wir hier heute da sein dürfen und danke für die Einladung. Wie gesagt, ich bin Alex, einer von den beiden von Beerkitchenguerillas, das mal vorab.

Nils: Okay, ja, ich bin der 2. der beiden Beerkitchenguerillas, mein Name ist Nils. Du hattest ja auch ein bisschen gesagt, Hintergrund, wo wir herkommen, was wir so gemacht haben, wir kommen beide aus der Hobbybrauerecke. Da kann der Alex vielleicht auch gleich noch mal kurz was zu sagen. Ich habe irgendwann Mal mit einem Freund, das muss so um die 2000er-Jahre rum gewesen sein, der hat einen Volkshochschulkurs gemacht zum Brauen. Und da haben wir, wie man das so klassisch kennt, in Einkochern angefangen, Bier zu brauen, haben dann festgestellt, wenn man mehrere davon an einen Stromkreis anschließt, dass dir dann auch irgendwann die Sicherung rausfliegt. Und später dann, da gab es längere Pausen, in Stuttgart, wo ich hingezogen bin Anfang der 2010er-Jahre, da habe ich dann hier die Hobbybrauerszene entdeckt und bin da selber dann tiefer eingestiegen, vom Mitbrauer zum Selberbrauer. Und von da hat es mich dann nicht mehr losgelassen und wir haben viel, viel gebraut. 2019 dann bei der Heimbrau Convention das BJCP-Examen gemacht und so auch noch mal ein bisschen mehr in das Thema Aroma und Aromatik eingestiegen. Und darüber dann sukzessive weiter an dem Thema Genuss und Aromatik gearbeitet beziehungsweise da weiter sich reinvertieft, das ist ja ein komplettes Rabbit Hole. Und der Alex hat mich dann irgendwann 2020 angeschubst und hat gesagt, lass uns doch mal den Biersommelier machen. Und dort ging das ganze Thema Beerkitchenguerillas dann los, aber da können wir vielleicht gleich noch ein bisschen tiefer drauf eingehen.

Markus: Auf jeden Fall, also schon mal super spannend zu hören. Vielleicht eine Frage gleich noch, weil du ja jetzt immer mehr oder weniger selbstverständlich von wir gesprochen hast, vielleicht das noch kurz an einen von euch beiden, wann habt ihr denn zusammengefunden, sodass ihr sagt, ab da gibt es ein Wir und wie war das vorher?

Alex: Also das ist ziemlich genau jetzt 10 Jahre her oder, nee, sogar schon länger. 2014 so fängt, glaube ich, auch ein bisschen meine Geschichte an, wollte ich eigentlich mal Whisky machen und habe mich da in das Thema auch ein bisschen reingefuchst. Und, ja, weil ich nie halbe Sachen mache, habe ich gleich mir eine Brauanlage gebaut und wollte die Anlage dann mal testen und bin dann so zum Bierbrauen gekommen. Und habe mich dann über das Hobbybrauforum in Deutschland, was ja ziemlich groß ist, ja, da ziemlich viel einlesen können und gleich guten Anschluss gefunden. Und, ja, da gab es eine Sammelbestellung und irgendwie ein User, also Frank ist sein richtiger Name., Nils, weißt du noch, wie er da heißt?

Nils: Im Forum? Nee, das habe ich jetzt auch gerade nicht parat.

Alex: Weißt du auch nicht mehr, okay. Jedenfalls hat er eine Sammelbestellung gemacht und hat das Ganze so organisiert. Was ja ganz toll war, dass ein paar Leute sich dann auch nicht nur online treffen, sondern auch mal offline, haben wir uns getroffen und die Sachen dann verteilt. Und das war so ein bisschen das erste Treffen so von den Stuttgarter Hobbybrauern. Ich glaube, wir waren 9 oder 10 Leute, die sich da getroffen haben und da traf ich Nils das erste Mal.

Markus: Und dann war das Liebe auf den ersten Blick?

Alex: So ungefähr.

Markus: Okay, fantastisch. Und vielleicht auch gleichmal vorneweggenommen, wann habt ihr dieses Beerkitchenguerilla-Label dann für euch entdeckt?

Nils: Ja, wir haben ja 2020 dann zusammen den Biersommelier gemacht, und im Rahmen der Biersommelierausbildung muss man einen Business-Case bearbeiten. Und wenn man keinen mitbringt, weil man eh schon in der Branche aktiv ist, dann war die Aufgabe, sich einen auszudenken. Und da haben wir uns hingesetzt und haben gesagt, ja, was können wir machen und uns beide hat da das Thema so ein bisschen gejuckt, dass Bier in der Gastronomie, speziell auch in der gehobenen Gastronomie, zu wenig präsent ist. Und da haben wir uns überlegt, was können wir da machen und aus den Überlegungen ist dann eben das Projekt Beerkitchenguerillas geworden. Wie der Name schon sagt, Guerilla-Taktik, auftauchen, über Bier und Genuss aufklären und dann auch wieder verschwinden, in der Hoffnung, dass die Saat, die wir dann gesät haben, auch Früchte trägt. Und die Idee war, so eine Art Popup-Konzept für Gastronomen anzubieten, die das Thema mal ausprobieren wollen, weil das Thema Bier ja erklärungsbedürftig ist, speziell, wenn man außerhalb der normalerweise in der Gastronomie erhältlichen Biere sich bewegt. Und war ursprünglich eigentlich so eine Schnapsidee, aber wie das immer so ist mit Schnapsideen.

Alex: Ja, wir sind ein bisschen drangeblieben, ja, bei der Geschichte.

Markus: Ja, faszinierend. Habt ihr denn an sich einen Hintergrund schon im Thema Kühe oder Kochen?

Alex: Ja, also mein erster Berufswunsch war schon immer, dass ich Koch werde, das habe ich dann aber nicht durchgezogen. Und hat mich aber nie ganz losgelassen, also das war schon immer mein Steckenpferd, gutes Essen und gute Getränke und so weiter, ja. Und ich glaube, auch da hat sich Nils, und ich eigentlich auch, immer von Anfang ganz gut verstanden und haben uns privat oft getroffen, dass wir zusammen kochen. Also es ist nicht nur dort bei diesem Biersommelierseminar entstanden, diese Idee, sondern das hat schon vorher Früchte getragen, was wir einfach zusammen schon privat gemacht haben.

Nils: Ja, also ich persönlich habe keinen Koch- oder Küchenhintergrund, ich habe mich da jetzt immer weiter reingefuchst. Und es macht ja auch super Spaß, also man entdeckt ja so viel neue Sachen, so wie das überall ist im Bieruniversum, ich finde, da gibt es so viele Türen und Toren zu den nächsten und wiedernächsten Rabbit Hole. Und für mich ist aktuell oder seit wir die Beerkitchenguerillas machen, auch das Thema Küche, Kochen und Aromen, ja.

Markus: Ja, wenn wir da gleich ein bisschen noch mal reingehen, Beerkitchen heißt dann Kochen mit Verwendung von Bier oder zum Bier oder mit Rohstoffen von Bier oder, keine Ahnung, also was ist eure Idee, wenn wir über Beerkitchen sprechen?

Alex: Also genau das, keine Ahnung, es kann alles sein und nichts. Das ist ja genau das, also wir wollen uns da gar nicht festlegen. Also das ist auch so ein bisschen so unser Konzept, es ist nichts Steifes, nichts nach Schema F, sondern es ist ganz offen, alles ganz offen. Wir kochen mit Bier, wir machen aber auch nur einfach mal was mit Bier dazu. Weil wir in Deutschland, so empfinden wir das, wenn du sagst, du kochst mit Bier, dann denkt man immer nur an deftige Soßen, ja oder einen deftigen Braten. Aber dass du mal eine Salat-Vinaigrette mit einem Pils gemacht hast, mit einem knackigen oder sowas, da denkt die wenigsten dran. Ja, also das ist alles so ein bisschen offen und wir wollen jetzt auch keinem da jetzt strikt zeigen, so macht man es. Aber der Nils sagt da bestimmt auch gleich noch mal was, was wir uns so von dem Konzept auch noch mal überlegt haben, was wir mit den Menschen bei so einer Veranstaltung zusammen erleben wollen.

Nils: Ja, genau, also die Konzeptidee von den Beerkitchenguerillas ist im Prinzip, dass wir idealerweise so eine Atmosphäre schaffen, als würde man mit einer größeren Gruppe Freunde zusammen kochen. Das heißt, das ist eher eine freundschaftliche Atmosphäre, eine lockere Atmosphäre. Und da wollen wir eigentlich so ein bisschen die Leute vergessen lassen, dass es hier um das Thema Bier geht, weil da haben die Leute oft voreingenommene und festgefahrene Meinungen, was Bier ist und was nicht Bier ist und was Craftbeer ist und was nicht Craftbeer ist. Aber das soll bei so einem Genussabend gar nicht im Weg stehen, sondern wir sagen auch ganz oft bei solchen Veranstaltungen, vergesst mal das Thema Bier, genießt einfach die Speise mit dem Getränk zusammen. Und ob das Bier jetzt mit im Kochprozess verwendet wurde oder einfach perfekt zu dem Essen passt, das ist erst mal Nebensache, sondern im Vordergrund soll der Genuss stehen.

Markus: Das heißt, also im Grunde muss ich mir das so vorstellen, ich kann euch buchen für einen Abend oder einen Nachmittag oder wie auch immer und das kann dann entweder den Kochprozess beinhalten oder nicht oder ist das immer so?

Nils: Das hängt ein bisschen davon ab, das ist ja auch so ein bisschen der Guerilla-Anteil, wir gucken, was es vor Ort für Möglichkeiten gibt. Mal haben wir eine vollausgestattete Küche, mal hat man nur einen Raum, wo serviert wird und dementsprechend passen wir dann das, was wir entweder mitbringen oder vor Ort machen, individuell an. Und das kann ein bisschen aufwendiger sein, das kann aber auch ganz einfach sein. Für uns steht ja im Vordergrund, dass die Leute mitnehmen, Bier ist mehr als Pils, Export, Weizen und man kann auch ganz, ganz tolle Kombinationen mit einem schönen Essen, mit schönen Gerichten machen.

Markus: Habt ihr da vielleicht gerade so ein Beispiel mal im Kopf? Also wenn wir jetzt so Hörer: innen da draußen haben, die sich jetzt versuchen zu überlegen, okay, was könnte ich denn da erleben oder was könnte da in meinen Gaumen sozusagen kommen und mich kitzeln, habt ihr so ein paar Sachen, wo ihr sagt, Mensch, das haben wir vor Kurzem mal gemacht, so und so und so würde das ausschauen oder so, so war das, so haben die Leute reagiert, irgendwie so?

Alex: Ja, also da fällt mir gleich was ein. Gerade bei unserer ersten großen Veranstaltung, wo wir organisiert hatten, hatte der Nils einen ganz tollen Nachtisch gemacht. Der ist mir so in Erinnerung geblieben, das hat der Nils richtig geil rausgesucht. Also eins kurz dazu, wir machen, wenn wir so ein Menü machen, 4-, auch 5- oder 6-Gänge-Menü und jeder von uns überlegt sich da was und wir kreieren diesen ganzen Menüablauf zusammen, ja, aber jeder ist so ein bisschen federführend für den einzelnen Gang dann verantwortlich. Und in dem Fall war es der Nils und der hat sich überlegt, ein American Cheesecake zu machen und den einmal mit einem Topping mit Himbeeren und einmal mit einem Topping aus Karamell. Und das gab es beides gleichzeitig auf dem Teller und dazu 2 verschiedene Biere, einmal ein französisches Fondaudége und einmal ein, was war es, hilf mir noch mal kurz, ein Brown Ale, glaube ich, war es.

Nils: Genau.

Alex: Ja, ein Brown Ale dazu. Und natürlich holst du dann mit dem Bier, weil Himbeeren und Himbeeren und Karamell und Brown Ale, ist ja ähnlich, beides zusammen perfekt, ja. Und das ist das, was der Nils vorhin gesagt hat, die Leute sollen sich drauf einlassen. Was ich aber richtig cool finde und was sich der Nils da überlegt hat war, jetzt in diesem Moment sollen die Leute anfangen, die Biere zu vertauschen und dann mal gucken, was mit dem Geschmack passiert. Und alle saßen plötzlich am Tisch und waren baff und wussten nicht, was gerade passiert im Mund, weil plötzlich die Aromen so miteinander harmonisieren, dass das Fondaudége mit der Karamellsoße und die Himbeersoße plötzlich mit dem Brown Ale solche Geschmacksexplosionen im Mund erzeugen, Wahnsinn.

Markus: Das ist gemein, jetzt kriege ich Hunger. Nein, alles gut.

Alex: Entschuldigung.

Markus: Ja, wunderbar, also ich meine, das ist ein tolles Beispiel. Und ich glaube, das ist ja auch so ein bisschen der Punkt, dass man den Leuten wirklich einerseits ein bisschen, ja, Wege öffnet, ihren eigenen Genuss, ihr eigenes Koordinatensystem da im Mund so überhaupt mal zu erleben und zu erforschen und dann eben auch anzufangen zu experimentieren und bewusst genießen, bewusst eben sich drauf einzulassen, was habe ich hier auf meinem Teller, in meinem Glas, was macht das zusammen. Und sich dann eben auch auf Leute einzulassen, die dann vielleicht noch was dazu erzählen und einem das ein bisschen näherbringen, das ist natürlich schon richtig schön. Ihr habt ja zum Beispiel das auch in Romrod gemacht beim HBCon, wie war denn da so das Echo der eher vielleicht, sage ich mal, zahlendeckenden Hobbybrauer? Also das sind ja normalerweise eher so Ingenieure und so, die sind ja nicht so kreativ oder merkt man da, da ist dann doch eine Affinität auch da?

Nils: Ich glaube, da gibt es eine immer größer werdende Gruppe an Leuten, die sich das Thema verschiedene Aromen ganz gut vorstellen können, also wir waren das 1. sowie auch das 2. Mal komplett ausgebucht. Und was ich besonders schön fand war, das ist ja immer noch eine stark männerdominierte Thematik, aber, ich glaube, in unserem Kurs war mit der höchste Frauenanteil. Und das fand ich auch besonders schön, dass, ja, viele Paare, aber auch einzelne Brauerinnen und Brauer dann zu uns gefunden haben oder bei uns eingefunden haben. Und, ja, das Schöne ist ja an dieser Atmosphäre wie bei Freunden, dass man gar nicht so das Gefühl hat, das ist jetzt so eine steife Veranstaltung, da vorne ist der Experte, der sagt mir, was ich jetzt zu schmecken habe und der sagt mir, was ich jetzt zu riechen habe, sondern wir versuchen da ja immer so ein bisschen dieses Gespräch anzuregen.

Markus: Also die Leute so ein bisschen auf den Genusstrichter zu bringen sozusagen.

Nils: Genau, richtig.

Alex: Auch mal zu fragen, nicht, du sollst jetzt das und das schmecken oder schmeckst du das jetzt, sondern, was schmeckst du denn? Und eine Sache war uns, genau, bei diesem gesamten Konzept auch immer ganz wichtig, um diesen bei-Freunden-Charakter noch mal ein bisschen zu unterstützen, es sollte immer an einem großen Tisch, also an einer Tafel stattfinden, dass die Leute, während sie das genießen oder diese Veranstaltung genießen, miteinander ins Gespräch kommen können, auch wenn wir jetzt mal nichts zu sagen haben, ja. Also wir sind vielleicht die Brückenbauer, jemand, der es anregt, so, hej, was empfindest du gerade. Und das Schöne ist, dass das gleich bei der 1. Veranstaltung in Romrod schon echt genauso funktioniert hat, wie wir uns das überlegt haben. Klar, am Anfang sind sie alle ein bisschen ruhiger und so, wissen jetzt ja auch noch nicht, was auf einen zukommt, aber so nach dem 1-, 2.-Gang war plötzlich da an dem Tisch ein reges Miteinanderreden und Philosophieren, das war toll. Also das hat Nils und mich nach der ersten Veranstaltung so toll abgeholt, dass genau das Konzept, was wir uns überlegt haben, einfach so wunderbar funktioniert, die Leute sind froh und haben eine tolle Zeit.

Nils: Und bei der HBCon war es noch besonders, weil wir da ja nicht Leute vor uns sitzen haben, die von dieser ganzen Bierwelt noch nichts wissen, sondern das waren ja alles im Prinzip schon auf der Bierseite Experten. Aber ich habe noch so einen O-Ton im Kopf, wir hatten da bei der ersten HBCon-Veranstaltung, hatten wir ein Rote-Bete-Carpaccio gemacht zu einem belgischen Faro und ich hatte eine Rückmeldung, da hat eine Hobbybrauerin gesagt: „Also Rote Beete roh zu essen, das habe ich mir noch nie überlegt. Das war aber so toll, auch speziell mit dem Faro, das nehme ich mit nachhause.“ Das heißt, wir haben da die Leute nicht von der Bierseite abgeholt unbedingt, aber von der Genussseite und das war da ganz besonders.

Markus: Sehr, sehr spannend zu hören. Und man merkt eben auch, dass man Leute da durchaus noch überraschen kann, selbst wenn sie schon ein paar Jährchen auf diesem Planeten waren. Wie ist es denn von der Bierseite her, habt ihr da dann auch so, ja, euch neue Welten erschlossen und seid ihr da immer wieder unterwegs, da einfach zu schauen, was es noch an Neuigkeiten gibt oder versucht ihr da eher ein bisschen klassisch unterwegs zu sein, was ist da so euer Ansatz?

Alex: Nee, also Nils und ich, wir haben uns schon auch sehr den Belgiern verschrieben. Nee, man muss eigentlich sagen, die Belgier sind halt natürlich sehr harmonisch zu essen, ja, also egal, welche belgischen Biere sind. Aber man kann da genauso offen mit allen umgehen, also wir haben jetzt auch viele britische Biere schon eingebaut, auch deutsche Biere. Zum Beispiel ein Urquell Pils, ja, da haben uns einen Biercocktail überlegt mit Gin und Gurke und ein bisschen Urquell, was mega zusammenpasst. Und das wären jetzt zum Beispiel Sachen, wo wir dann mit dem Bier was machen und nicht nur dazu kredenzen und so gibt es ganz viele Sachen. Und klar, auch unser Horizont möchte auch immer weiter gefördert werden und das bauen wir da mit ein.

Nils: Ja, ich glaube, ich habe schon ein paarmal gehört, du hast eine Sammlung, glaube ich, in der Garage an Bieren oder in einem extra Raum.

Markus: Ja.

Nils: Und so ist es bei mir zumindest auch.

Alex: Ja, bei mir auch.

Nils: Also ich lebe hier in Stuttgart in einem denkmalgeschützten Gebäude, das hat noch so eine zweite Kelleretage, wo kein Betonboden drin ist, sondern Sand und eine konstante Temperatur von so 12, 15 Grad das ganze Jahr über. Und da wird die Sammlung immer größer und größer, also speziell bei ein bisschen hochprozentigeren Bieren oder eben Sauerbieren. Und da, ja, ist es immer schön runterzugehen, sich das Bier holen zu können zu dem, was man gerade kocht oder einfach runterzugehen und sich inspirieren zu lassen und sagen, auf welche Flasche habe ich den heute mal Lust und im zweiten Schritt dann zu überlegen, was kann ich denn dazu kochen oder dazu zubereiten. Und insofern sind wir da, glaube ich, beide überhaupt nicht auf irgendwelche Bierstile festgelegt. Wie der Alex schon gesagt hat, die belgische Bierwelt ist natürlich von der Aromenseite sehr, sehr breit, aber wenn wir links und rechts was finden, was spannend ist, dann versuchen wir das auch gleich miteinzubauen.

Markus: Das ist natürlich sehr schön. Gibt es denn irgendwelche Regeln, nach denen man da vorgeht? Also so, keine Ahnung, wenn ich jetzt ein Pils habe, ihr habt gerade gesagt, das mit Gurke und Gin, finde ich total spannend. Also vielleicht, wenn ihr ein Rezept auch verratet, freuen wir uns natürlich. Aber wie kommt man da drauf, sind das Ideen, die spontan kommen, ist es Erfahrung, ist es Ausprobieren oder wie macht ihr das?

Alex: Ja, also ich glaube, für mich ist das echt immer Gehirnfürze, sage ich da so gern mal dazu. Ich habe einfach Ideen, ja und ich muss es dann mal testen, ja. Ich habe einfach die Muse, mich da auch rein zu fuchsen oder wir beide haben da die Muse, ja. Und eins der großen Highlights ist auch immer, dass Nils und ich uns bei mir dann oder bei ihm dann in der Küche treffen und dann neue Sachen da miteinander kochen und ausprobieren und solche Sachen machen.

Nils: Aber das Witzige ist, wir ticken schon komplett unterschiedlich. Also ich bin eher so der Zahlen-, Regeln-, Faktenmensch.

Alex: Wie Markus das vorhin das sagte, du bist der Hobbybrauer, der Zahlen, Fakten und so weiter will und ich bin eher der Kreative, Bierbrauer, Koch.

Nils: Genau und das führt aber dann immer zu spannenden Diskussionen und auch in beide Richtungen dann mal noch, ja, zu neuen Ideen oder Einfällen. Also, ich meine, du hast das ja hier im Podcast schon mit vielen Leuten diskutiert, wie man das macht. Da gibt es auch diverse Bücher, über die Geschmäcker erst zu gehen und dann im zweiten Schritt sich noch die Aromen des Gerichts und des Bieres zur Brust zu nehmen. Also so komme ich in der Regel und der Alex macht das aus dem Bauch heraus, mit Gefühl. Und meistens ist es dann so, dass wir am Ende entweder mehrere Gerichtsvariationsideen haben oder eben zu einem Gericht mehrere Biervariationen. Und das ist eben das, was der Alex eben beschrieben hat, dann setzen wir uns hin und probieren das einmal aus und meistens haben wir dann einen Matchwinner. Aber es kommt auch immer mal wieder vor, dass der Alex sagt, nee, ich fand das einen Ticken besser mit dem Bier und ich sage, ich fand die Säure dort oder die Süße dort oder die Aromatik in dem ein oder anderen Punkt einen Tick besser, und dann schreiben wir beides auf in unsere Rezeptsammlung.

Markus: Das heißt also, da kommt irgendwann mal so ein ganz, ganz dickes Buch raus, oder, mit ganz vielen tollen Rezepten.

Nils: Ja.

Alex: Ja, wir haben schon angefangen mit Schreiben. Entschuldigung, ich wollte nicht teasern.

Markus: Ja, ein kleiner Mini-Spoiler, das ist völlig in Ordnung. Da schreiben sich bestimmt schon ganz viele auf die Warteliste dann praktisch rein. Apropos, gibt es denn da Leute, die profitieren, so eure Angehörigen oder sowas, die dann eben auch mitprobieren können und dann glücklich sind über diese Entwicklung?

Nils: Ja, auf jeden Fall.

Alex: Ach, ich glaube schon.

Nils: Wir machen ja meistens im kleinen Familienkreis, also mit unseren beiden Familien dann so Kochabende oder Kochtage, Wochen, je nachdem, wie aufwendig das wird. Also im nächsten Familienkreis auf jeden Fall und wir versuchen auch, hier und da mal Freunde mit einzuladen.

Alex: Wir überlegen uns einmal pro Jahr eine Menüfolge und das wollten wir immer ein Jahr lang durchziehen und dann gibt es ein Jahr drauf wieder was Neues, sodass es eigentlich für die HBCon oder auch für andere Veranstaltungen ein Jahr immer das Gleiche gibt, aber dann halt nächstes Jahr wieder was Neues. Und da laden wir zum Beispiel jedes Jahr im Januar den Hobbybrauerverein hier aus Stuttgart ein, die dann da kommen können und mit uns das als Generalprobe probieren. Und dann natürlich wollen wir auch partizipieren mit denen, was gefällt denen dann besser. Also da sitzen dann noch mehr Nerds zusammen als nur der Nils und ich und da können wir wirklich mit Freunden dann darüber sprechen. Und das machen wir jetzt auch schon, ich glaube, dass 3. Jahr.

Markus: Das ist ja spannend. Also es gibt sozusagen ein Jahresmenü, was immer gleich ist?

Alex: Ja.

Markus: Aha.

Nils: Ja.

Markus: Und wie kann man das überhaupt buchen, also wenn ich jetzt mal nicht beim HBCon bin und möchte das erleben, wie funktioniert sowas?

Alex: Also, wenn du Räumlichkeiten hast, ein bisschen, ich sage jetzt mal, ein bisschen Kochmöglichkeiten und ab 10 Leuten, 15 Leuten aufwärts, kriegen wir das hin.

Markus: Das klingt doch nach einem Plan. Und da könnte auch jeder, der jetzt hier so zuhört, sagen, Mensch, wenn ich das zum Beispiel meinem Freund zum Geburtstag schenken möchte oder meiner Mutter zum Hochzeitstag oder was weiß ich, dann kann man euch da buchen oder wie funktioniert das?

Nils: Also schreibt uns gerne mal an über Instagram, wir machen das ja beide als Hobby, da muss man immer gucken, wie es passt. Aber grundsätzlich sind wir Anfragen gegenüber offen, oder, Alex?

Alex: Also das ist gerade das Thema mit dem ersten Mal, da haben wir halt die Möglichkeit, bei mir im Restaurant, wo ich ja der Brauer bin von der Brauerei, haben wir die Möglichkeit, halt dort das immer auszuprobieren, das ist immer ganz toll. Und wenn wir das dann woanders machen wollen, dann ist das auch kein Problem, dann kochen wir halt das, was vorgekocht werden kann, bereiten wir zuhause vor und wir kommen dann und können dann dort alles zusammen fertigmachen.

Markus: Da hast du gerade noch ein Stichwort gesagt, das haben wir vorhin fast ein vergessen, ich glaube, wir haben noch gar nicht über deine, in Anführungsstrichen, Brauerei gesprochen, oder?

Alex: Ja.

Markus: Magst du uns das noch mal kurz vorstellen?

Alex: Herzlich gerne, ja, gerne. Also ich bin mittlerweile vom Hobbybrauer, bin ich zum berufstätigen Brauer geworden und bin jetzt seit 5 Jahren in Esslingen in einer alteingesessenen Brauerei, Wirtshausbrauerei, der Brauer. Der Einzige allerdings, also da gibt es keinen anderen Mitarbeiter, da bin ich der Einzige.

Markus: Du darfst gerne sagen, wie der Laden heißt.

Alex: Zum Schwanen heißt das, ja.

Markus: Okay. Und da brauchst du, also bist du verantwortlich für die Biere?

Alex: Ja, richtig, genau. Also ich habe da eine 1.500-Liter-Anlage und braue da, ich nenne das jetzt mal normale Biere, aber auch gerade schon ein bisschen ein paar andere Sachen. Also wir haben da schon alle möglichen Imperial Stouts und solche Sachen schon probiert.

Markus: Na, das ist ja perfekt, dann habt ihr ein Bierlabor sozusagen zum Ausprobieren von Bieren eben da auch noch.

Alex: Genau.

Markus: Sehr cool. Das ist natürlich eine tolle Kombination, wenn man das noch in der Hinterhand hat, sehr schön. Und Nils war da aber dann auch schon mal zumindest irgendwie mit dabei?

Alex: Ja, der hat auch schon mitgeholfen.

Markus: Das ist doch sehr schön, ja, also das ist doch schon mal cool. Und wenn du jetzt eben sagst, also du hast den Sprung quasi zum Hauptberuf Brauer gewagt und wenn das jetzt mit den Beerkitchenguerillas so einen schönen Start nimmt, könnt ihr euch da durchaus vorstellen, dass das mal mehr wird oder dass man es zumindest mal ein bisschen kommerzieller anbietet?

Alex: Also bei mir, denke ich, schon. Nils, ich glaube, bei dir eher Nils oder wie?

Nils: Ja, also es ist ja nach wie vor, ich sage mal, so eine Art Pionierarbeit, die wir hier leisten. Weil, das haben wir auch schon ein paarmal, glaube ich, diskutiert in verschiedenen Podcast-Formaten oder ich habe es auch bei dir ein paarmal gehört, Markus, dass Bier in Deutschland leider viel zu günstig ist und speziell, wenn man dann die normalen Pfade verlässt und auch mal teurere, exklusivere Biere versucht, in solch einem Format einzubauen, dann kommt man immer relativ schnell an Grenze, was die Leute bereit sind, dafür zu bezahlen, und für Gastronomie an sich sowieso. Was will ich damit sagen, es ist einfach ein hartes Umfeld, um da wirklich seinen Lebensunterhalt mit zu bestreiten, von daher muss man immer so ein bisschen abwägen. Aber Spaß machen tut es auf jeden Fall und wenn wir damit noch mehr Leuten ein Biererweckungsmoment verpassen können oder ein Aromen- und Genusserweckungsmoment mit Bier verpassen können, dann freuen wir uns natürlich.

Markus: Ja, das stimmt. Und ich glaube, es ist auch ein ganz wichtiger Punkt, dass man sich eben die Freude dran behält. Also wenn, ich glaube, das ist dann die Gefahr ansonsten, wenn man das dann zu sehr forciert und umswitcht, dass es dann eher zur Belastung wird als zur Lust und dann ist es ja auch blöd. Und genau davon lebt es ja eigentlich, dass ihr das ja mit ganz viel Lust an der Sache macht und eben Leute begeistert und Leute überzeugt. Und, ja, vielleicht eine Frage noch, weil du es am Anfang gesagt hast, Nils, dass ihr ja auch überlegt habt, eben gerade die höherpreisige Gastronomie anzugehen. Habt ihr denn da mal Versuchsballons gestartet, eben zu kooperieren oder mal überhaupt darein zukommen oder denen das ein bisschen schmackhaft zu machen?

Nils: Also ich habe so ein bisschen den Gastronomiequerulanten hier in Stuttgart gemacht. Wir haben ja verschiedene Sterne-Gastronomien hier und direkt um die Ecke bei mir zuhause, wo ich wohne, ist ein 1-Sterner, da habe ich meiner Frau zum Geburtstag mal einen Abend geschenkt. Und da habe ich dann vorher angerufen und gefragt, ob sie neben der Weinbegleitung auch eine Bierbegleitung anbieten, und da kam dann ein nein zurück. Dann habe ich gesagt, das könnte ich übernehmen. Und da haben sie gesagt, sowas bieten sie nicht an, sowas machen sie nicht. Da habe ich gesagt, gut, dann wird meine Frau mit ihrer Freundin kommen, ich bleibe zuhause.

Markus: Das ist krass!

Nils: Und wir haben das noch ein 2. Mal ausprobiert bei einem anderen 1-Sterner. Da sind wir dann beide zusammen Essen gewesen und haben dann mit dem Sommelier am Tisch ein bisschen versucht, die Diskussion anzufangen. Das war eigentlich eine ganz nette Anekdote, weil, ich bin davon ausgegangen, es ist ein gehobenes Restaurant und der Sommelier kam an den Tisch und hat gefragt, ob wir einen Aperitif wollen? Und wir haben gesagt, ja, was können Sie denn anbieten? Da hat er meine Frau angeschaut und gesagt, ja, vielleicht, wir hätten einen schönen Champagner da. Hat sie gesagt, ja, super, nehme ich. Und ich habe ein bisschen gezögert, er hat dann gesagt, ja, möchten Sie vielleicht ein Bier trinken so als Aperitif? Ich habe gesagt, ja, super. Und dann ist der Sommelier quasi schon wieder auf dem Weg gewesen zum nächsten Tisch oder eben auch, um die Getränke zu holen und da hat meine Frau gefragt, willst du gar nicht wissen, was das für ein Bier ist? Und da habe ich gesagt, naja wir sind hier in einem Sternerestaurant, das wird schon was Schönes sein. Und das hat er so ein bisschen noch gehört und hat dann gesagt, naja, wir haben das lokale Lagerbier hier von der Brauerei. Und dann habe ich gesagt, ah, dann würde ich vielleicht auch den Champagner nehmen. Und dann war er ein bisschen irritiert und dann sind wir aber ins Gespräch gekommen und er fand das Thema auch ganz spannend. Aber er hat auch gesagt dann im Endeffekt, wir haben dann auch länger uns unterhalten noch und er hat gesagt, er findet es ganz spannend, aber es ist schwierig, das in die Köpfe reinzukriegen und auch das anzubieten, also A) Sommeliers zu finden, die beides können im Zweifel. Also sie haben den Fokus auf Wein, aber die dann das Thema Bier noch mitspielen können. Und eben auch, wie ich es eben schon gesagt habe, die Bereitschaft der Kundschaft, das so zu substituieren und aber dann einen ähnlichen Preis zu bezahlen, das ist ganz schwierig. Und da müssen wir immer weiter dran arbeiten. Ich habe mal den Podcast gehört mit dem, na, wie heißt er, der Küchenbulle und der hat gesagt, bei ihm in der Bullerei können die Leute gerne kommen und gegen ein Korkgeld auch ihre eigenen Getränke mitbringen. Das ist so das Ziel für das nächste Mal, da lasse ich das Menü mal anschauen und bringe dann eigene Biere mit, mal gucken, was das dann für Reaktionen hervorruft, mal schauen.

Alex: Ja, vielleicht möchte der Sommelier ja dann da mal mitprobieren, also der Sommelier vor Ort.

Markus: Also wir haben hier ein Restaurant, der hat zwar keinen Stern, aber bemüht sich. Und da, ach Gott, da habe ich vor vielen, vielen Jahren mal für eine Gruppe ein Bier-Tasting am Nachmittag gemacht, weil es auch ein Hotel ist. Und die waren eben da im Hotel und wollten das machen und hatten dann eben gefragt, ob wir es da in den Räumlichkeiten machen können. Und dann haben wir das gemacht und da war der Weinsommelier von dem Laden an dem Tag eben da und hat dann so ein bisschen rein stibitzt und ich habe ihn dann natürlich probieren lassen und so sind wir ins Gespräch gekommen und haben uns da auch ein bisschen angefreundet und immer mal wieder treffen wir uns da. Und da ist das sehr ähnlich, also der hat auch großes Interesse an dem Thema Bier und wir hatten auch schon mal überlegt, ob wir vielleicht so eine Kombiveranstaltung mal machen oder irgendwie so. Aber es ist wirklich, es ist einerseits die Wertigkeit, die Bereitschaft der Leute, dann auch eine Wertigkeit eben zu bezahlen unterm Strich. Und natürlich letzten Endes auch gibt es da immer die Leute, die dann die Gastronomien führen, die Inhaber, die da auch oft noch so eine Berührungsproblematik irgendwie haben. Und das ist in der Tat nicht so einfach, also finde ich auch sehr schwierig und schade. Und wie ihr schon sagt, da gibt es halt einfach das örtliche Lagerbier oder eins der örtlichen Lagerbiere ohne Liebe jetzt und beim Wein machen sie halt einen riesen Zirkus und haben, was weiß ich, 20 verschiedene Rieslinge, wo man sich dann auch irgendwie fragt, ob es das braucht, aber egal. Also das ist schon irgendwie, ja, also ist schwierig. Und tatsächlich sind die Sommeliers oft erstaunlich offen, aber natürlich irgendwie auch in ihrem Ding gefangen, für dass sie dann letzten Endes auch bezahlt werden, das ist auch so ein Thema dabei.

Nils: Ja, also das kommt auch hin und wieder mal vor. Also als Biersommelier, da gibt es auf der Biersommelier.org-Seite ja auch so eine Möglichkeit, sein Profil dort öffentlich zu stellen. Das habe ich gemacht und da gibt es immer mal wieder auch Anfragen von Gastronomen, aber die haben dann leider recht oder oft recht eingeschränkte Ideen, was sie da machen. Also sie sagen dann, ja, wir haben von der Brauerei hier bei uns diese 3 Biere am Hanh und damit möchte ich jetzt was machen, das ist ein Pils, ein Export und ein Weizen. Und dann kommt man ein bisschen ins Gespräch und sagt, naja, da könnte man auch mehr draus machen, da könnte man vielleicht auch ein bisschen was Schickeres machen, aber da scheitert es dann direkt dran. Nee, nee, also wir haben die Biere, die wir hier am Hahn haben von der Brauerei, die uns auch die Ausstattung hierhin gestellt hat und damit müssen wir auskommen.

Alex: Es hapert halt schon leider, also eigentlich muss man ja sagen, die Brauereien haben sich ja die Restaurants so hingezogen in den letzten Jahrzehnten, meiner Meinung nach, mit den ganzen Krediten jetzt, wie du gerade angesprochen hast, mit der Ausstattung und so. Das verpflichtet natürlich, die Biere der jeweiligen oder des jeweiligen Geldgebers, also der Brauerei zu verkaufen und dadurch bist du gar nicht mehr frei, ja. Weine sind natürlich offen und da gehst du rum, da kannst du dich reinfuchsen. Da nimmst du von dem Weingut, nimmst du 3, 4 Sorten, von anderen noch mal 3, 4 und das machst du 2-mal, 3-mal und dann hast du eine schöne Weinkarte zusammen und beim Bier bist du hat eingeschränkt.

Markus: Ja, nee, das stimmt. Und ich finde auch manchmal, wenn man dann zum Beispiel so eine Weinprobe oder so mitmacht, das ist dann immer, wenn man überlegt, wie wir das oft machen und wie viel Mühe man sich da oft gibt, finde ich das oft ziemlich banal, ne. Also da sagen sie, stellen sie sich halt hin und wiederholen mehr oder weniger den Werbeslogan, den der Winzer halt entsprechend von sich gibt. Aber so wirklich auf die Themen, die ihr jetzt auch gerade insgesamt bearbeitet, also Geschmack, Genuss, Aromen, die Vielfalt, da wirklich tiefer reinzugehen mit den Leuten, das so ein bisschen zu erarbeiten, denen ihren eigenen Geschmack, ihren Gaumen zu entwickeln und zu entdecken, das passiert da auch oft nicht so. Das fand ich auch krass, vor allem, wenn man dann überlegt, wie viel Leute bereit sind, für solche Weinproben zu bezahlen.

Alex: Ja und vor allem, wie viel sie dafür bezahlen so.

Nils: Das ist aber auch ein ganz guter Ansatzpunkt im Prinzip. Also ich war Letztens hier in einem kleinen Weinfachgeschäft in Stuttgart, OFF GRID heißen die und die hatten die Brauerei Kemker zu Besuch. Und gerade so, ja, Rotbiere oder eben auch Göse oder Framboise-Biere, Sauerbiere, das sind so Biere, die holt dann schon ein Stück weit Naturweinliebhaber wieder ab und da kann man versuchen, vielleicht mal von der Seite auch anzuknüpfen. Also ich war da als Gast, aber ich fand die Veranstaltung total spannend, da wurden neben den Kemker-Bieren auch viele Weine probiert. Und am Ende des Abends haben ein paar Leute eben noch den ein oder anderen Special ausgepackt von Tre Fontane oder von Cantillion und das hat die Weinleute komplett begeistert und die fanden das total spannend. Und da kann man vielleicht von der Seite noch mal versuchen ranzukommen und da auch so ein bisschen einen Weg in die Weinwelt zu finden oder die Weinwelt so ein bisschen in die Bierwelt zu überführen.

Markus: Cool! Ja, so muss das eigentlich sein, ne, im Idealfall das auch ein bisschen zusammenzuführen, weil, ich meine, im Grunde geht es ja beiden Zielgruppen darum, einfach eben zu genießen und Aromen zu erleben und sich ja auch von diesen natürlichen Lebensmitteln so ein bisschen begeistern zu lassen, und da geht mit Wein ja auch viel. Wenngleich wir ja auch alle wissen, dass Bier mehr Aromen hat, aber lassen wir das mal, wie auch immer.

Nils: Nee, ich glaube aber, das ist Teil des Problems so ein bisschen, dass man sich so gegenseitig immer so ein bisschen foppt und stichelt, anstatt zu sagen, hej, lass uns mal was Cooles zusammenmachen. Aber, ja, also wir sind da in alle Richtungen offen und nutzen jede Gelegenheit, die sich bietet, den Leuten das Thema Bier in seiner Vielfalt näherzubringen. Und wie gesagt, also es war eine spannende Veranstaltung. Auch das, was du eben gesagt hast, da ging es dann teilweise mehr darum, möglichst viele Sachen zu probieren, als sich mit den Aromen der einzelnen Sachen zu beschäftigen, das fand ich ein bisschen schade, aber ansonsten war das eine super tolle Veranstaltung. Und, ja, es tut uns auch, glaube ich, ganz gut, mal hier und da so ein bisschen die Weine zu probieren, einfach, um auch mit den Kollegen besser auf Augenhöhe reden zu können.

Markus: Das stimmt auf jeden Fall. Apropos, hast du denn mit den Spirituosen dann komplett aufgehört zu denken oder bist du da irgendwie noch dran?

Alex: Jein, jein. Also ich habe ja vorhin gesagt, ich habe diesen Gin-Pils-Cocktail mir überlegt, ja, das finde ich auch sehr interessant. Whisky bin ich nach wie vor auch ein Liebhaber von, aber ich habe es leider noch nie geschafft, einen zu machen, ja. Aber es gibt gerade was bei mir im Tank, was eventuell dafür verwendet werden könnte, mal schauen. Also ich habe da auch in meiner Brauerei ein paar Projekte noch am Start. Also auch vor 1 Jahr haben wir angefangen, Sauerbier zu machen, da liegen jetzt auch schon 2.500 Liter Sauerbier rum, mal gucken, was die Zukunft so bringt.

Markus: Das klingt doch auf jeden Fall spannend. Aber das Equipment zum Destillieren hättest du oder müsstest du da irgendwohin?

Alex: Nee, nee, das habe ich nicht. Aber ich habe einen Bekannten, den ich in der Ausbildung zum Ausbilder, also ich habe meinen Ausbilderschein für Brauer und Mälzer auch schon gemacht, den habe ich da kennengelernt. Dem seine Familie hat eine Brennerei und mit dem habe ich ein bisschen angebandelt und der hat die Möglichkeit, sowas zu machen.

Markus: Perfekt!

Alex: Ich würde das Bier brauen und er destilliert es dann.

Markus: Wunderbar, na, das verheißt ja auch Gutes. Und ich muss ja auch sagen, das Spannende ist ja, man kann Spirituosen dann wiederum auch relativ gut in der Küche verwenden, also sowohl direkt als Zutat oder dann zum Beispiel auch einfach aus so einem Bestäuber raus oder Zerstäuber raus am Ende zum Beispiel auf so einen Salat noch mal obendrauf oder auf einen Fisch oder wie auch immer. Das sind so tolle Möglichkeiten, die man da hat, das ist durchaus auch sehr spannend, gerade in der Küche.

Nils: Ich fürchte, jetzt hast du dem Alex noch mal einen ganz anderen Floh ins Ohr gesetzt, er ist auch unser Mister Equipment nämlich.

Alex: Ja, aber, also hier in Stuttgart gab es vor der ganzen Craftbeer-Bewegung und so weiter, schon eine ganz kleine Brauerei, eine ganz, ganz tolle Brauerei, die nennt sich Cast, also Ca für Californien und st für Stuttgart, und leider ist die geschlossen worden. Und ich habe die Möglichkeit gehabt, die letzten Bestände an Flaschenbier dort aufzukaufen, ja. Und das waren Scotch Ale und verschiedene andere Sachen. Und da sind auch Sachen einfach nach den Jahren jetzt sauer geworden, aber ich mache daraus gerade, also aus einem Barley Wine zum Beispiel mache ich ein Bierbalsam, da liegen auch schon 50 Liter im Holzfass.

Markus: Wollte ich gerade sagen, so ein, in Anführungsstrichen, Bieressig im positiven Sinne, das ist ja wunderbar, kann man tolle Sachen damit machen.

Alex: Ja, richtig, weil du das gerade so toll gesagt hast hier mit der Küche und drüber stäuben. Genau, also das ist die Idee, daraus einen schönen Balsam zu machen und das dann vielleicht auch auf dem Tisch bei uns im Restaurant, anstatt Öl ein bisschen da so ein Bierbalsam mit Brot anzubieten.

Markus: Also jetzt hast du mich endgültig hungrig gemacht, aber gut. Wir sind ja auch kurz vor Schluss schon fast angekommen, vielleicht an euch beide noch eine Frage, wenn ihr so entweder ein Rezept oder einen Tipp oder eine Idee jeweils hättet, die ihr vielleicht unseren Hörer: innen so mit auf den Weg geben wollen würdet, was wäre das denn?

Alex: Das weißt du noch gar nicht, Nils, das ist nämlich das nächste Projekt, was ich für Instagram machen möchte, also ein Tiefseegarnelenschäumchen mit einer festen Kräutermayonnaise und dazu Forellenkaviar, das Ganze kombiniert mit einem ganz leckeren New England IPA.

Markus: Jetzt grenzt es an Folter, aber ich bin mal gespannt, wie Nils weitermacht.

Nils: Ich bin bei uns so ein bisschen der Mister Nachtisch, insofern werde ich da jetzt leider was zu sagen. Aber das Erste, was mir wichtig ist, ist, dass man vielleicht erst mal die Hemmung verliert, das überhaupt auszuprobieren, man sollte einfach das mal ausprobieren. Und da kann man sich auch ganz einfach erst mal orientieren, was gibt es denn vielleicht in den Ländern, wo es die Biere gibt, dazu. Also denn das Thema Bier und Essen, das haben wir ja jetzt nicht erst in den 2000er-Jahren erfunden, sondern überall da, wo es etablierte Bierstile gab, haben sich auch passende Speisen dazu gefunden und die sind lokal dann immer recht populär geblieben, ja. Also die Austern und das Stout zum Beispiel oder jetzt bei uns dann eher das Lagerbier und der Schweinebraten oder, oder. Das heißt, man muss gar nicht unbedingt sich jetzt den Kopf zerdenken, was mache ich denn als Erstes, sondern einfach mal die Augen offenhalten, speziell im Ausland mal und gucken und probieren und dann auch selber zuhause einfach mal probieren. Und, ja, einfach so ein bisschen diese Hemmung verlieren und zu sagen, das wird vielleicht nicht perfekt oder es schmeckt vielleicht nicht. Im Zweifel habe ich ein Bier und ein Essen und wenn es nicht zusammenpasst, dann kann ich es sequenziell einfach genießen. Und als Gang, den ich noch empfehlen kann, wo ich auch das Rezept teilen kann, fand ich jetzt ganz toll dieses Jahr bei der HBCon, das war eine Birne, die wir in Rotwein und Gewürzen poschiert haben, mit einem Vanille-Rosmarin-Mascarpone, ein bisschen Walnuss-Crumble drüber und ein Belgian Strong dazu und das war auch eine fantastische Sache. Ist auch ganz einfach zu machen tatsächlich.

Markus: Okay, also jetzt habt ihr mich endgültig, sehr, sehr cool. Also da, ja, das tut mir auch total leid, dass ich es dieses Jahr nicht zur HBCon geschafft habe, jetzt weiß ich auch, warum mir das so leidtut. Aber, nein, also Wahnsinn, da bin ich total gespannt und hoffentlich dann beim nächsten Mal wieder dabei sein zu können und dann die Dinge auch probieren zu können. Und es klingt auf jeden Fall wunder-, wunder-, wunderbar und was ich das letzte Mal probieren konnte, war ja auch wunderbar und das Feedback ist ja auch so. Also dementsprechend Glückwunsch auf jeden Fall zu dieser ganz, ganz tollen Idee und dazu, einfach Leute da mitzunehmen, zu begeistern und auch ein bisschen, ja, wachzumachen vielleicht auch und neugierig zu machen und auf Entdeckungsreisen zu schicken und mitzunehmen, das ist wirklich schön. Und insofern, also danke für diesen kleinen Einblick in eure Welt und vielleicht machen wir noch mal irgendwie so einen Livetalk, wenn wir uns das nächste Mal dann eben sehen, wenn ihr so ein Event macht, weil dann können wir natürlich noch mal ganz konkret auf die Dinge auch eingehen, die ihr da so zaubert, oder?

Nils: Ja, gerne, wir sagen dir Bescheid Anfang des Jahres.

Alex: Ja, gerne.

Markus: Wunderbar.

Alex: Oder lade uns doch einfach ein, dann kommen wir zu dir.

Markus: Ja oder so, eben, das haben wir ja schon besprochen, das wäre durchaus auch eine Idee, weil ich meine letzte Geburtsparty tatsächlich habe ausfallen lassen irgendwie, weil, es hat einfach nicht gepasst, da könnte man es nächstes Mal vielleicht ein bisschen größer aufziehen, warum nicht, schauen wir mal. Perfekt, also auf jeden Fall vielen, vielen Dank für den Einblick in euere Welt so ein bisschen und heute noch eine schöne Zeit, auch wenn leider Gottes zwar offiziell Sommer ist, aber bei uns zumindest in Bamberg fällt der gerade ein bisschen aus, aber wer weiß, vielleicht wird es ja im Laufe des Tages noch. Viel Spaß euch noch.

Nils: Danke.

Alex: Danke schön. Und vielen, vielen Dank für den tollen Podcast.

Markus: Ja.

Nils: Vielen Dank, Markus.

Alex: Tschau.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

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