BierTalk Spezial 34 – Interview mit Martin „Bobbo“ Bozzetta, Hobbybrauer und Biersommelier aus Bozen, Südtirol

Martin Bozzetta aus der Südtiroler Hauptstadt Bozen fand über seinen Beruf als Kältetechniker zum Thema Bier. Mittlerweile ist er nicht nur sehr erfolgreicher und mehrfach prämierter Hobbybrauer mit seiner „PPT Brewery“, sondern zeichnet als Biersommelier auch maßgeblich bei der Organisation der BeerCraft und des zugehörigen Bierwettbewerbs „KuBo-Award“ in Bozen verantwortlich. Zum Ausgleich quält er sich regelmäßig bei Spartan Races und wuchtet auf extremen Hindernisläufen gigantische Gewichte durch die Gegend. Wieder ein spannender BierTalk mit einem facettenreichen Blick über den bierigen Tellerrand…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute mal wieder auf der Reise, ein bisschen weit, ein bisschen nah, je nachdem wie man es sehen will, wir gehen nämlich nach Italien beziehungsweise nach Südtirol und haben einen ganz spannenden Gast, der natürlich auch viel mit Bier zu tun hat, aber eben nicht nur. Wir haben den lieben Martin zu Gast und mehr verrate ich noch gar nicht, weil, Martin, stelle dich bitte einfach selbst mal kurz vor.

Martin: Ja, hallo Markus, es ist mir eine Freude, hier zu sein. Ich bin, ja, biertechnisch Hobbybrauer, ganz bescheiden, aber nebensächlich auch Biersommelier. Mich freut es, einfach Leute zum Thema Bier versuchen zu begeistern durch Verkostungen, sie mit neuen Bieren oder generell mit Bieren in Kontakt zu bringen. Aber, ja, wo Markus ein wenig gelogen hat, wir sitzen grade in Baden bei Wien und nicht in Bozen oder Südtirol, wir sind bei der Austrian Beer Challenge, haben grade die Verkostungen abgeschlossen. Der Nachmittag war anstrengend und hart, sehr interessant, wir haben die besten oder das beste österreichische Bier erkoren heute Nachmittag und, ja.

Markus: Das war nicht ohne, oder, also war schon ein Job?

Martin: War heftig, also unter 18 Finallistenbieren, also nur eins platzieren in jeder Kategorie, nochmal das eine Beste herauszukristallisieren, war heftig.

Markus: Ja, also das ist immer ein Wahnsinnsthema. Best Of Show nennt man das und das heißt eben, das wirklich jeder Gewinner einer Kategorie dann gegen die jeweils anderen antritt. Und normalerweise ist es ja so, wenn man in einer Kategorie bewertet, dass man ja gewisse Richtlinien hat, wie so ein Bier zu sein hat und dann kann man das auch relativ gut einordnen. Aber wenn es eben verschiedene Kategorien sind, ein Pils, ein Dunkles, ein Bock oder eben auch ein Sauerbier zum Beispiel, dann wird es natürlich schwierig, hier abzustufen und man muss sich immer überlegen, welches ist wie gut gelungen im Rahmen seiner jeweiligen Kategorie. Also spannend und natürlich anstrengend und wir haben auch tatsächlich eben schon ein paar Bierchen hinter uns, wollten aber uns natürlich auch unbedingt noch ein bisschen unterhalten und das machen wir ja jetzt.

Martin: Genau.

Markus: Genau und du hast aber vielleicht auch etwas untertrieben, weil du ja sagst Hobbybrauer, aber du hast ja schon so eine Art Brauerei, also die ja auch schon Preise gewonnen hat und so. Also insofern, wie kamst du denn überhaupt zum Thema Bier?

Martin: Das ist ein extrem altes Thema. Also ich habe oder beziehungsweise, ja, wir haben in der Familie ein uraltes Rezeptbuch meiner Großmutter gefunden aus ungefähr 1994, 95 rum, wo ein Rezept drinstand, Bier. Dann mal brauen. Hat am ersten Abfüllen nicht funktioniert, weil ja drinstand irgendwo, erst wärmen, mit Wasser vermischen, Hopfen dazu und gären und das war schon alles. Jetzt im Nachhinein nach gut 20 Jahren oder auch ein bisschen mehr an Erfahrungen im Homebouring würde ich das Rezept hinbringen, stimmt, damals hat es logischerweise nicht funktioniert. Aber so hat es sich halt ergeben, dass ich halt zusammen mit einem Freund 1997 Zuhause bei ihm in der Küche unsere ersten Biere gebraut haben. Und dann sind wir halt seit damals irgendwo immer drangeblieben und konstant unsere zehn, zwölf, acht zu dem Jahr gemacht haben.

Markus: Ja und wie ist das so in Südtirol, also ist das normal zu sagen, man nimmt Bier als Hobby oder ist das eher was Außergewöhnliches?

Martin: Es ist auf jeden Fall mal was Außergewöhnliches, auch wenn sich so in der letzten Zeit sich einige zum Thema Homebouring hinbewegen. Das macht mir riesen Freude, auch die Leute darin unterstützen zu können. Aber auf jeden Fall, das Thema Bier, Zuhause gebraut oder auch generell Bier, ist noch nicht so ein riesen verbreitetes Thema. Also wir als Bierliebhaber, Biersommeliers, Bier-Dokar haben da noch ein gutes Stück Arbeit zu leisten, um die Leute zu begeistern, aber, die ersten Schritte sind eingeleitet, es gibt auch einige Hobbybrauer. Es gibt auch Homebouring-Contests, wo sich die Biere messen können mit auch Juroren aus allen Ländern der Welt. Und, ja, ich denke, ist mal grundsätzlich auf dem richtigen Weg.

Markus: Wie viel Brauereien gibt es ungefähr so in Südtirol?

Martin: Da triffst du mich grade auf einem schweren Fuss…

Markus: Ja, so aus dem Bauch raus.

Martin: Aus dem Bauch raus, also Professionelle oder Hobby?

Markus: Na, vielleicht eher Professionelle erst mal.

Martin: Professionelle, ja, es gibt die Südtiroler Wirtshausbrauereinen, die dürfen acht bis zehn, zwölf, 14 Stück sein. Also nagel mich bitte nicht fest auf der Nummer, weil, ich bin grade auch zurzeit extrem aktiv in dem Bereich. Es gibt ungefähr acht, zehn, zwölf Hobbybrauer, die ich kenne, mit denen wir auch konstant im Austausch sind und, ja, es tut sich so langsam irgendwas.

Markus: Ich meine, das Schöne in Südtirol ist ja, dass die Leute zumindest schon mal auf Genuss geeicht sind. Also das heißt, es geht einfach drum, egal ob ich jetzt was esse, ob ich was trinke, ob ich was koche, was auch immer ich mache, es geht immer drum eben, dass es ein Genuss ist, dass es ein Gewinn ist, dass es irgendwie eine Freude bereitet und das man auch miteinander entsprechend umgeht mit Respekt. Und das ist was, was ich immer erlebe, wenn ich in Südtirol bin, dass das einfach ein ganz anderes Klima ist als man das bei uns so kennt. Und ich glaube, das ist auch eine gute Basis für das Thema Bier, oder?

Martin: Ja, weil Bier ist ein, glaube ich, seit Aufzeichnung der Geschichte und noch früher, einfach ein Aggregator für Geselligkeit. Also um das Bier gesellt sich die Menschheit und so ist es auch in den Brauereien. Also in den Südtiroler Wirtshausbrauereien oder wir uns gerne treffen, bei einem Bier zu feiern, egal ob es jetzt die grüne Werkzeugkiste ist oder egal was, wir stehen gerne zusammen und reden einfach, ne, wenn auch blöd, aber das gehört dazu.

Markus: Das gehört auch mal dazu. Und es gibt in Südtirol ja auch ein eigenes Bierfestival, wo wir uns auch schon öfters getroffen haben. Vielleicht magst du da zwei, drei Takte dazu erzählen, wie das so entstanden ist und wie so die ersten Male waren.

Martin: Ja, ein sehr spannendes und interessantes, sehr kleines feines Festival in einem mittelalterlichen Schloss Maretsch. Das heißt Craft Beer Festival, findet zu dem 2022 im Mai, es war für Mai, glaube ich, um den 14., 15., 13. rum statt. Nicht auf das Datum festnageln.

Markus: Wir schreiben das dann in die Shownotes vom Podcast.

Martin: Ja, also ein kleines Festival in einem Schloss, wo Großteils Südtiroler Brauereien vertreten sind, aber auch sehr interessante internationale Vertreter der umliegenden Regionen, sei es Österreich, Deutschland, Trentino. Vielleicht kriegen wir auch interessante slowenische Brauereien hin, die ganz tolle Biere machen. Und im Rahmen von diesem Festival gibt es auch ein cooles, ja, Beer-Testing, einen Wettbewerb, wo die Biere vom Festival verkostet werden, auch von Juroren vor Ort bei dem Brauen, wo dann auch die Siegerbiere wirklich vor Ort vorhanden sind, die dann von den Leuten, von interessierten, gekostet werden können. Glaube ich, ist einzigartig, weil weltweit auf den Wettbewerben werden irgendwelche Biere eingereicht, die dann vielleicht grade bei dem Festival nicht verfügbar sind und das ist schon schade.

Markus: Ja, auf jeden Fall. Und ich fand den Ansatz wirklich ganz, ganz toll, muss ich sagen, weil es eben so ist, dass ja bei dem Wettbewerb nur die Brauer teilnehmen können, die auch vor Ort sind. Und dann eben natürlich die Juroren auch tatsächlich zu den Brauern hingehen und dort die Biere verkosten und eben auch Fragen stellen können. Zum Beispiel, was hast du dir dabei gedacht, welche Zutaten hast du verwendet, wo wolltest du hin? Und ich meine, auf der einen Seite, klar, verliert man dann die Anonymität, die man sonst hat, aber auf der anderen Seite sind es alles Brauer aber auch Juroren, die einfach gestandene Leute sind und wo man, glaube ich, auch auf Augenhöhe miteinander redet. Und wo dann ein Brauer auch nicht gleich die beleidigte Leberwurst ist, wenn man eben mal sagt, vielleicht ist bei dem Bier das nicht ganz so gelungen, so habe ich es zumindest erlebt. Und das fand ich auch schon gut, weil es gibt Juroren, die sich, glaube ich, auch so ein bisschen dahinter verstecken, dass sie eben über die Biere reden, ohne dass jemand das mitbekommt. Und so ist das schon auch für beide Seiten, glaube ich, eine spannende Geschichte.

Martin: Ja, wobei die Anonymität findet ja statt am zweiten Tag der Verkostung, weil ja doch die Biere anonym verkostet werden, deswegen. Ja, ganz spannend finde ich auch die Integration oder die Kombination mit den Hobbybrauerbieren, die dann stattfinden. Also es gibt wenige Hobbybrauer in Südtirol verglichen zu vielleicht anderen Regionen, aber es besteht die Chance, dass die Biere dort auch wirklich von Profis, die weltweit Biere testen, die dann beurteilen. Und erstaunlicher Weise, wenn man dann mit denen spricht, ist das Feedback durchweg positiv. Das, ja, das gibt ja neuen Mut, neue Kraft, weiterzumachen.

Markus: Ja, also das fand ich auch ganz toll zu erleben, wie die dann auch miteinander feiern, wenn die Preise übergeben werden und wie man sich wirklich gemeinsam als Hobbybrauer-Community sozusagen füreinander freut. Du hast aber noch eine andere Seite in deinem Leben, die man immer so mitbekommt, du bist da ein sehr durchtrainierter starker, spartanischer Mann, könnte man so sagen, gehst auf entsprechende Wettbewerbe. Wie kam es denn dazu?

Martin: Ja, das war irgendwo so Gruppenzwang. Nee, ich, ja, ich mache Spartan-Rennen, das sind so Hindernisläufe mit zehn, 15, 20 Kilometer Hindernisse. War auch kürzlich bei der Europameisterschaft, habe da, glaube ich, für mein Alter nicht ganz schlecht abgeschlossen. Wobei, mein Kollege war zehn Minuten schneller, das muss ich ja sagen, weil sonst kriege ich es von dem. Nee, es macht mir Spaß, also ich brauche den Sport als Ausgleich zum anderen Job. Ich mache Kältetechnik, Klimatechnik, hat ja auch mit Bier irgendwo zu tun, weil, die Kältetechnik ist ja durch die Brauereien so groß geworden. Ich bin ja auch zum Hobbybrauer oder zu meinem Beruf durch das Bier gekommen. Ja, irgendwo beim Start von jedem Rennen denke ich schon an das Bier danach, deswegen.

Markus: Als besondere Motivation?

Martin: Ja, das spornt mich an, so zum Ziel durchzuhalten.

Markus: Ja, ich habe ja nur die Fotos gesehen bisher, ich war ja noch nie live dabei, aber man sieht dann immer, dass da große Betongewichte gewuchtet werden und andere Hindernisse eben. Also wo der normale Mensch eigentlich schon sagt: „Okay, da gehe ich lieber wieder zurück und trinke ein Bier.“ Das sind schon Herausforderungen, oder?

Martin: Ja, definitiv, aber, ja, es macht mir Spaß. Es gibt manche, die sagen: „Okay, ich bin komplett in der Midlife-Crisis.“ Kann ja auch sein, ich verneine es nicht. Aber, ja, wie gesagt, wir sind eine Gruppe von Freunden, die sehr begeistert dahinter sind. Und wir nehmen auch die Mühe drauf, mal irgendwo hinzufahren, wenn das halt drei, vier, fünf Stunden Weg ist von Bozen. Gleich wie wir hier jetzt von Bozen nach Wien gefahren sind, um hier den Austrian Beer Challenge zu bewerten. Zwar in anderer Gesellschaft, weil, andere Biersommelierkollegen sind derzeit nicht dabei, die auch Spartan machen, aber, ja, nächstes Jahr vielleicht wieder.

Markus: Ja, auf jeden Fall auch ein sehr, sehr spannendes Thema. Und wenn ich noch ein bisschen jünger und vielleicht schlanker wäre, würde mich das, glaube ich, auch interessieren, aber das ist schon vielleicht für mich ein bisschen zu spät, trotzdem /

Martin: Ich glaube, Markus, das kriegen wir hin, dass du das auch mal machst.

Markus: Okay. Also hört am besten weg, nein, wir werden sehen, also, mal gucken. Also grundsätzlich hab ich mal trainiert, aber ist schon ein bisschen her, aber ist auf jeden Fall auch eine ganz, ganz coole Geschichte. Und ich glaube, ist auch so ein Punkt, wo man einfach auch mal an Grenzen geht und auch Grenzen verschiebt, oder?

Martin: Definitiv, ja.

Markus: Also, schon auf jeden Fall auch eine coole Geschichte. Ja, vielleicht noch ganz kurz zurück zum Bier. Was sind so deine Lieblingsbierstile, wo du dich gerne bewegst, vielleicht die du selber machst oder auch, die du am liebsten trinkst?

Martin: Also Lieblingsbierstile kann ich mich konkret nicht festlegen, weil, das hängt immer von der Situation und vom Moment ab. Sagen wir mal, die letzten Biere, die wir gebraut haben oder beziehungsweise die wir dann abgefüllt haben, das Letzte war so ein Imperial Whiskey Barrel Aged Old Brune, das wir bei zwei Bierfestivals gebraut haben, so mit ungefähr 30 Plato Stammwürze, zweieinhalb Jahre im Whiskyfass gelagert und so weiter. Also, Markus, du kriegst morgen eine Flasche, wenn wir uns sehen.

Markus: Oh ja.

Martin: Die habe ich jetzt grad nicht bei der Hand, aber ich habe welche nicht weit weg von hier. Ja, ganz spannend, sobald das Fass leer war, haben wir gesagt: „Nee, wäre schade, das irgendwo zu verlieren.“ Haben wir dann ein Imperial Stout gebraut mit Quick-Hefe vergoren, also zweimal jeweils Doppelsud mit auch 24, 26 Plato Stammwürze und das bleibt da mal drin für die nächsten Jahre. Grade habe ich ein Grape Ale in der Gärung, das mit einem Chardonnay-Most, der grade frisch gewimmt wurde und die Hefeaktivität von dem kommt. Ja, mal schauen, also ich liebe zwar gern trinkfreudigere Biere, aber braue eigentlich für den Eigenbedarf sehr starke und nicht so easy-drinking-Biere.

Markus: Allerdings, also ich kann mir vorstellen, die ein oder anderen Hörer kennen wahrscheinlich schon so diese fassgelagerten Starkbiere wie ein Imperials Stout oder so, glaube aber, dass der ein oder andere vielleicht noch nie was von einem Italian Grape Ale gehört hat. Was ja an sich total faszinierend ist, weil es eben vor allem ein eigener italienischer Bierstil, in Anführungsstrichen, auf jeden Fall ist und etwas ist, was ja zwei Welten zusammenbringt, nämlich den Wein und das Bier. Und natürlich auch in Südtirol, denke ich mal, weil es ja auch ein weinlastiges Land ist, auch nochmal vielleicht die ein oder andere Tür öffnet. Wie siehst du das so, seit das aufgekommen ist, ist das ein Bierstil, der in Italien da an Bedeutung gewinnt?

Martin: Er wird, glaube ich, immer irgendwo so ein Nischenprodukt bleiben, aber ein hochwertiges Nischenprodukt. Grape Ale ist, glaube ich, nicht als Trinkbier zu verstehen. Ist ein Genussbier, dass einfach durch Komplexität, Säure, nicht Säure, keine Ahnung, viele verschiedene Facetten faszinieren kann, aber auf jeden Fall nicht dazu da ist, den Durst zu stillen. Also ein Helles ist dazu sicher besser geeignet.

Markus: Ja, das stimmt. Aber es ist ja auch noch am Anfang seiner Entwicklung. Also wenn ich überlege, so die Ersten, die ich getrunken habe vor ein paar Jahren irgendwann in Rimini bei einem Bierwettbewerb, da hat man gemerkt, es gibt welche, die sind praktisch wie Champagner, hochvergoren, spritzig und wirklich kaum zu unterscheiden von einem guten Sekt oder Champagner. Und dann gibt es halt welche, die dann am Ende wirklich, weiß ich, 15, 16, 17, 18 Prozent haben, richtig schwer sind. Und das ist schon also eine tolle Vielfalt, die sich da innerhalb von dieser Art Bier irgendwie darstellen lässt und ich glaube, das kommt noch.

Martin: Ja, also unseres bauen wir, glaube ich, eher wie einen einfachen Weißwein aus, schon spritzig, weil, die Kohlensäure braucht es. Aber die Basis, 75 Prozent geben wir durch die Bierwürze, 25 Prozent kommt vom Weinmost, wobei die gesamte Gärung, die Hefeaktivität kommt vom Wein. Also hier haben wir praktisch keine Chance, dies zu steuern oder auch keine Lust, dies zu steuern, also das soll so passieren wie es passiert. Es kann auch sein, aus der Erfahrung der letzten Jahre, wir hatten mal eins gemacht, das vielleicht nach einem Jahr so irgendwo, wo wir es das erste Mal verkostet haben, ich sage aber: „Okay, ja, passt, kann man schon trinken, aber war nicht so überwältigend.“ Jetzt, wo es zweieinhalb, drei Jahre hat, ist es irgendwo fantastisch, wow. Das sind Produkte, also nicht mit Bier, mit einem HD oder sowas zu vergleichen, also das muss man wirklich in die Weinschiene setzen, wo einfach auch die Evaluation, die Entwicklung in der Zeit eine sehr wichtige Rolle spielt. Wo man auch warten muss, damit das Produkt auf den Punkt kommt.

Markus: Ja, ich glaube, es ist eine ganz andere Herangehensweise an das Thema Bier, ne. Wo der deutsche Brauer vielleicht wirklich immer eher bei Temperaturen und Zeiten und Maßeinheiten und was weiß ich was ist, geht es da halt wirklich eher um die Entwicklung von Aromen, um überhaupt die Gesamtentwicklung dieses Bieres, dieses Getränks und auch vielleicht den Überraschungen, die dabei passieren. Die nicht immer positiv sind, aber sehr positiv sein können und dann natürlich schon einfach Welten öffnen, die man vorher nicht sich hat vorstellen können. Und das ist schon toll, ja. Wenn jetzt unsere Hörer auch mal nach Südtirol reisen, kriegt man deine Biere irgendwo, außer bei dir?

Martin: Leider nein. Also ich bin wirklich Hobbybrauer, ich mache das für den Eigenbedarf, ich darf die Biere nicht verkaufen. Ich mache das auch nicht, weil, ich habe auch nicht die Menge davon. Aber wenn sich mal jemand wirklich ankündigt und warm ankündigt, dann können wir da drüber reden, dass ich mal eine Flasche öffne bei mir Zuhause und wir können damit anstoßen.

Markus: Perfekt. Ja, wir werden ja auch deine Website mit verlinken im Podcast, dann können die Leute da auch hinschauen und sie können natürlich zur Bier Craft nach Bozen kommen.

Martin: Ja.

Markus: Also wo, ja, für mich ist das ein Pflichttermin eigentlich im Kalender, weil es einfach so ein Zelebrieren ist. Also es gibt viele Bierfestivals, da geht es halt einfach um die Menge oder halt irgendwie, ja, um dieses, weiß ich, lautes Zusammensein, irgendwie mit Musik vielleicht irgendwie noch und halt ganz vielen Lagerbieren, aber in dem Schloss Maretsch ist das einfach was anderes. Das ist was, das ist eine eigene Welt, da hat man dieses alte Gemäuer mit all den Gemälden, die an der Wand sind, mit den Möbeln, die da noch rumstehen. Wo man einfach, wenn sowas in Deutschland stehen würde, dann wäre alles abgesperrt und man dürfte vielleicht mal einen Katalog anschauen oder vielleicht mal durch den ein oder anderen Raum durchgehen, aber es wäre kein lebendiger Ort. Und das, finde ich, ist so der ganz große Unterschied, wenn man eben zu dem Schloss kommt, zum Bierwettbewerb kommt oder zum Festival kommt, weil es an jeder Ecke lebt. Überall sind Menschen, die sich freuen, die Spaß haben und wo man einfach merkt, dass diese Verbindung zwischen Tradition und Moderne und Jugend und allem, einfach richtig gut funktioniert. Und das ist eine Art von Leben, die wir, glaube ich, bei uns in Deutschland schon so ein bisschen verlernt haben und das, ja.

Martin: Wir arbeiten ganz stark drauf hin, dass es dieses Jahr im Mai stattfinden kann. Wir hoffen auf die aktuelle Pandemiesituation, dass dies zulässig wird. Also wir sind ganz stark guter Hoffnung, dass wir richtig abfeiern können.

Markus: Ja, das werden wir auf jeden Fall tun. Und es gibt dort zum Beispiel auch noch Verkostungen, wo man dann mit Schokolade zum Beispiel und so weiter und mit Käse und, ja, wie es halt in Südtirol ist. Also, ihr könnt euch auf jeden Fall freuen. Dir, lieber Martin, vielen Dank für diese schöne Zeit, für diesen schönen BierTalk und ich freue mich auch, wenn wir uns dann bald in Südtirol mal wieder sehen.

Martin: Unbedingt. Danke, Markus.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk English 1 – Talk with archaeologist Chelsea Rose & archivist Tiah Edmunson-Morton (Oregon State University)

The Pacific Northwest is rightfully proud of its thriving microbrewery scene. Most beer lovers probably consider the rise of craft brewing a phenomenon of the past few decades. But the first brewpubs in the Northwest date so far back that archaeologists were called in to excavate the remnants of one in Jacksonville, Oregon. In this BierTalk Episode we talk to archaeologist Chelsea Rose & archivist Tiah Edmunson-Morton, both from Oregon State University, about their findings and the role of women in early Northwest brewing…

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Zusammenfassung auf Deutsch:

In der ersten Folge des Podcasts „BierTalk English“ diskutieren die Archäologin Chelsea Rose und die Archivarin Tiah Edmunson-Morton die Braugeschichte des Pazifischen Nordwestens der USA. Rose, eine historische Archäologin, konzentriert sich auf die Besiedlung und Entwicklung des amerikanischen Westens, einschließlich Brauereien und Saloons. Edmunson-Morton, Kuratorin der Oregon Hops and Brewing Archives, arbeitet an einem Buch über Frauen und Brauerei im 19. Jahrhundert in Oregon.

Die Episode behandelt verschiedene Aspekte der Braugeschichte, darunter die Rolle der Frauen im Braugewerbe des 19. Jahrhunderts, die Einwanderung deutscher Brauer während des Goldrausches und den Einfluss dieses Ereignisses auf die Brauindustrie. Es wird auch die familiäre Natur des Braugewerbes und der Einfluss des Temperenzbewegung auf die Alkoholindustrie und die Frauenrechte diskutiert. Ein Schwerpunkt liegt auf der Erforschung der Eagle Brewery in Jacksonville, Oregon, und ihrer Verbindung zu einer deutschen Brauerfamilie. Diese Erkenntnisse werden durch archäologische Grabungen und historische Forschungen gewonnen, einschließlich der Analyse von Zensusdaten und anderen historischen Aufzeichnungen​​.

 

Interviewtext:

Markus: Hello und a warm welcome to our new podcast Beer Talk. Today we start a new experiment and it will be a Beer Talk in English, because normally our podcast is broadcasted in German, but now we have American guests and also a very interesting American topic and so the idea was, why not do it in English? So we will try this today, I hope you will understand everything. Of course, you can write us and we can answer you and now we go deep into the story. We go to Oregon in the Pacific Northwest and there we meet the archaeologist Chelsea Rose from the Southern Oregon University and Tiah Edmunson-Morton, Curator of the Oregon Hops and Brewing Archives at Corvallis, also in Oregon. You will be talking about the Pacific Northwest Brewing History, which is very interesting and maybe also new for you but not new for our two guests. So could you please introduce yourselves shortly to our listeners. #01:01#

Chelsea Rose: Hi, I’m Chelsea Rose, I’m a historical archaeologist based in Southern Oregon and my research really focuses on the settlement and the development of the American West. So breweries and saloons are just one part of that kind of interesting story that I’d like to deconstruct using archaeology. #01:23#

Tiah Edmunson-Morton: My name is Tiah Edmunson-Morton, I’m an Archivist and I work in Oregon State University at the library – Special Collections and Archives Research Center there. I started the Hops and Brewing Archives in 2013 and I do normal archiving stuff, so I put things in boxes and I write guides to collections. But I’m also working on a book about women and brewing in the 19th Century in Oregon. #01:54#

Markus: So that really sounds very interesting. You are talking about brewing, about saloons, about all these good old times. Maybe first we can talk a little bit about what is your actual personal relationship to beer? #02:07#

Chelsea Rose: I don’t really like it! (laughter) I am embarrassed to admit, I’m more of a wine person or whisky person but I do really appreciate the micro-brewery culture in the Pacific Northwest. I think that is really been a nice addition to, you know, options for going out, but I usually order something else! #02:32#

Tiah Edmunson-Morton: That’s the punchline to every joke for me too, but I also really like wine. I do like cider and I like it a good sour beer. I think that is something that I’ve learned the more I’ve gotten to taste lots of different beers. I like sour beers. But I will say that my interest in beer history, agricultural history, is definitely academic. But my great, great grandpa and his brother also grew hops in Eugene – which is about 45 minutes south of where I am in Corvallis – in the early 20th century. So I do have some family connections, agriculturalwise! #03:13#

Markus: So that really sounds good, and I would say we are half way there, because if you already drink wine and spirits and like cider and all these things, there are lots of beers which are quite close to that and maybe can catch you and also bring you into beer and brewing. But also, I think it is very interesting if you say you have a professional approach, a scientific approach, to brewing which is also maybe better than only a drinking approach, I would say. Yes, okay, maybe let’s talk about how you came across the idea of researching on breweries and doing archaeology, doing excavation, which really sounds interesting for us. How did it come, how did it come to this idea? #03:50#

Chelsea Rose: Well, the Eagle Brewery – oh wait a minute – which we excavated this fall, is located in a little town called Jacksonville, Oregon, and it is a really well-preserved kind of 19th century landscape, a lot of the buildings survived up till today. And the private parcel where the brewery, the remains of the brewery is, is owned by these two gentlemen that hired us to take a look at what kind of archaeology might be on this property, because they recognized the historical significance of the property and they wanted to make sure that the archaeology present would be taken into account in some sub-dividing, because it is quite a large parcel right in town. So there is plenty of room to put other houses and stuff in there and they wanted to look into that because they figured if they didn’t do it, the next owner would and they really wanted to make sure it was done the right way with the heritage of this brewery in mind. So we came out and developed a plan to see what was there, where it is on the landscape, what we would want to make sure was protected in the development and what areas they could build roads and houses, or whatever they needed to, on. So that was kind of how we ended up and this site, but I’ve been, as I mentioned, I’ve had a long interest in saloons and breweries and, you know, come across them quite regularly and there are a few, there are other ones in town that I’ve kind of had my eye on in addition to this one. So when this opportunity came up it was really exciting because, you know, that is just one of the really fun dream projects that you want to look into, the myths of the Wild West! And in doing this research I came across Tiah’s work which overlapped just so beautifully. And it became clear that, not only was it this a really cool project because it allowed us an opportunity to interrogate some of the myths of the Wild West surrounding breweries and saloons, but there is this woman at the heart of this story and Tiah had been doing this research to kind of uncover her part of it. That just made it even more interesting to me. #05:58#

Markus: Yes, that really sounds great. Maybe first a short question, if you think on archaeology, or just think about digging, so how deep did you have to go to find something? #06:08#

Chelsea Rose: Yes, so well, you know, in archaeology in the US it is not uncommon for us to do stuff that is much more recent than probably in Germany or other places around the world. So sometimes the stuff we are looking for is even on the surface or, you know, not very deep. So this property we didn’t have to dig very deep to find what we were looking for and, in fact, one of the main research questions we had was this rockpile that is just there right there on the surface and it was really easy to see that these rocks were put there with intention and they represented part of the building that was formerly there. So it was pretty easy to start off with: Okay, dig here. And when I say „dig“, a lot of that really entails moving rocks (laughs) in that particular site. So it totally varies. If you’re down in an area where flooding happens things can be quite deep. If you’re in an area where there is a lot of erosion or wind-blown sediment, stuff can be pretty close to the surface. So the depth isn’t always correlated to age here in Oregon. #07:21#

Markus: One last question about that: I read that you also had to look at the fire insurance records to find exactly the places. Is that a common way, a common approach? #07:30#

Chelsea Rose: Yes, yes, so we not only dig through the dirt, but we dig through the archives wherever we can and take any, you know, artefacts of the past that we can into consideration. So one really important clue to the past in the way cities and homes were set up, especially in the late 19th century, are what are called Sanborn Fire Insurance Maps and that is somebody came along and recorded your building and what size it was, what materials it was made with – was it wood, was it brick? – with the purpose of insuring it against fire. So that means that some buildings are more carefully recorded than others – depending on who had insurance or not – but it is nonetheless a really great record of what historically is on a parcel. So we have several different years for the Eagle Brewery and Saloon parcel and we can kind of track what was there, what kind of/ It is not perfect but it kind of gives us a lot of clues, what was there, what was its function, how was the property laid out. And then in archaeology, one of the fun things is we fill in the gaps. We can confront or corroborate evidence, other lines of evidence. So we don’t pick that as like the ultimate truth, but it is definitely a really important clue that we work with to try to tell the story. #08:59#

Markus: Yes, maybe Tiah you can also explain a little bit from the side of the archivist or of the curator, and maybe also, as you already mentioned, it is also about women your research, so did that also take place in the 19th century? Because if I think of all the movies I’ve seen, I never saw a female brewer in any of these movies. So what about your findings? #09:19#

Tiah Edmunson-Morton: Yes, well I love to dig in my yard and so when Chelsea said that they were doing an archaeology dig I was very excited. It was very different from digging in my yard. It was very different from weeding. I think like I wanted to clean everything up and that was not my task. But I was excited to really look at this overlap between what would have been happening in a domestic setting like a house. And for the Eagle Brewery in particular, well, and really for 19th century breweries period in Oregon, there was often a really close proximity of the house and the brewery or the house and the saloon. So to be able to be in that space where somebody lived that I was researching, but also to just have a kind of visual aid, I guess, to think about how far the house was or where the/ what would it have been like to walk out to do this business. And to see how close the house was to the brewery business sort of confirmed in my mind this idea that these were family businesses and that the man’s name maybe was on the record of the license, or was on that Sanborn map, or in advertisements in the newspaper, but there was no way that this could have been separate, that this home life and this business life could have been separate. So I think you were right in what we see in history or what we see in more popular culture about history and the women definitely were involved in 19th century Oregon. Women have been involved for a very long time and so the idea that men are the brewers is actually a relatively new construct. That wasn’t always the case. In lots of different cultures and lots of different eras women were the brewers because brewing was an aspect of house and food management, or the duties that were related to keeping the house more broadly. So a lot of the women who were brewers in medieval England or in ancient times, they were often displaced by industrialization. So as breweries became more profitable and as brewers became trained and professional, that was often when women were excluded. That they didn’t have the path to get loaned or to get education or to join brewing guilds, as was the case in England. So they were just excluded from the evolving industry and I think it is often about profit. It is often always about profit. And I think what we’re left with is often this sense that men have always done this work. And in Oregon, like I said, the – we can talk more later about what the industry was in Oregon more generally – but in Oregon the customers of these mid-19th century breweries were almost always local. These were small establishments; they were small businesses. Family members were involved in lots of different ways, and these were family businesses. So what we are left with is the story of men working with men, or men drinking with men, but the reality is that women had always contributed to the family venture. To kind of bring it back full circle to this dig, to see that these were literally – I’m trying to think of how many feet it would have been, or how many yards it would be – it’s not very far from the back door of the house, where the house was, to the back door or the front door of where the brewery was. There were vastly more Germans than any other group of people making beer in Oregon, like vastly more! (laughs) The thing is though, is that by the time people arrived in Oregon, by the time the people who became the brewers arrived in Oregon, they for the most part already were brewers. So they arrived with commercial enterprises in mind. That doesn’t mean that women didn’t make beer for home consumption, or maybe for like local trading, but it doesn’t seem like there was the same displacement that happened. It did happen on the East Coast in colonial times for sure, that there were women in the colonies who started to operate taverns or run smaller breweries and then the same thing happened to them. But it doesn’t seem like that was the case in Oregon. I haven’t been able to find any direct records from the women who were in Oregon at that time related to brewing. I’m hopeful that there would be some diaries at the university that maybe, again the other major university just south of me in Eugene, they have a big collection of mid-19th century diaries there that I want to go look at, but covid meant that I wasn’t able to. So it is possible that there will be some records of people who were doing home brewing that was then they were selling or bartering at some level, but it doesn’t seem like that. #15:25#

Markus: Yes, maybe also we talk about, you mentioned it, a lot of Germans coming to the country in these times and we already talked about that it is the time of the Gold Rush. But you also said that people came and had already their business in mind, so they not only came maybe for gold digging. And, I don’t know if you know, we have – I’m from Bamberg, Germany, which is in the southern part of the country – and only a few kilometers away from here live the Strauss family and a guy went to San Francisco, Levi Strauss, and he invented the famous trousers. So also quite interesting history of that when you see and hear which covers that, and so maybe what role did brewing have in this Gold Rush year? Were there really brewers coming and saying, okay we want to make beer for the people who dig for gold or were there people which came for digging and then decided, okay maybe we’ll do better if we do beer? What do you think? #16:17#

Tiah Edmunson-Morton: I’ll give the short answer first and then Chelsea can give the much longer answer because she knows much more. The brewers, a lot of them were chasing gold. They were living in Colorado or California or Idaho before coming to Oregon to settle. So there definitely is a very, very direct connection between people who were miners and then people who became brewers – but also the miners liked to drink. That’s my shorter answer. (laughs) #16:52#

Chelsea Rose: Yes, and I would just say that, you know, the first thing that everybody wanted to come out and get rich quick mining from all over the world. And a lot of times it was to get that seed money to start some other enterprise. Nobody really thought they were going to have a career forever in mining. But one of things that many people realized right away was you could make a lot more money and more consistently by mining the miners, so to speak. So if you could set up some kind of enterprise that could give those miners a very handy way to spend that gold dust and those gold nuggets you would just make way more money way more consistently. So I think that’s where a lot of these enterprises kind of came into play that way. But, you know, it was a really unique moment, it’s really a global event that happened because so many people moved in a really short amount of time from all over the world to this one kind of area. And Oregon, being just north of California, we were just – the Gold Rush made its way up here within a few short years of the first strike in California, bringing lots of folks, lots of disruption, to the people who had been living here and it really had a huge impact on, you know, the way that this landscape changed really quickly. And one of the things that was interesting, especially in Southern Oregon, is people/ The miners came, the businesses came like that, before there was even really large, it wasn’t even a territory here. In fact, it was sovereign native land at that time. But people came and they built breweries and so kind of the shenanigans surrounding that became some of the first laws, that people realized: Hey, we have to kind of rein in some of this. I don’t know if you have come across some of that here with – I know there’s definitely, you know, things targeting violence and all that kind of stuff – but, you know, who could have a saloon, what you had to pay for it. They tried to like pretty quickly get on top of some of that – which is another really interesting aspect of this. #19:00#

Tiah Edmunson-Morton: Yes, and I think that is something that makes it really challenging for those earliest breweries is we want something to be the first, or we want a record of something being the first or second. I mean it’s really, really hard. It’s hard because those systems of government were not yet in place and the tracking was not yet in place. I think it is very like that there were breweries that were essentially opening concurrently. But maybe they weren’t licensed or they weren’t official in the sense of having like federal – they weren’t complying maybe with federal regulations. So I think that the records, the lack of records from that time is really challenging. And I will also say that on the north part of the country, the north-west part of the country, that same sort of extractive work was happening but it was fishing. The early setting it up in the north-west part of Oregon where, again, some of those other early breweries, or early alcohol establishments, were being established wherever there was industry and that industry meant displacement of the people who were there, because there certainly were people in all of these places where these industries set up. #20:27#

Markus: Maybe a short question on data. How many people came in the Gold Rush and where did they come from? #20:33#

Chelsea Rose: Yes, that’s a tricky one to answer too for the exact reason that the records are not great, but I think I read recently that some folks are thinking like 300,000 to California in the initial stages of the Gold Rush. But the answer is complicated because it depends on what, how narrowly you define the Gold Rush because some scholars would consider it just California, just between these few years, and then Oregon had its own Gold Rush starting in the 1850s on. So it’s one of those questions that is really hard to answer. But a lot of folks came in really quickly and it was a pretty abrupt shift to these landscapes. And folks came from all over the world and a lot of them had different motivations. There were, of course, plenty of people already here and, yes, it was a really global phenomenon and some people always intended to come and make money and take it back to the East Coast or back home to wherever they came from. Others really saw it as an opportunity to, you know, advance settler colonialism and build their empire in this „new territory“ that they thought was empty and that they could fill with, you know, whatever they wanted to. So there was a lot, it was a really complex time and it is hard for me to give solid figures on what that looks like. #21:55#

Tiah Edmunson-Morton: Well, and I think that one thing that I have been surprised about, I just finished a huge data project. I looked through the census records from 1850, 1860, 1870, 1880 and then sort of did some spot-searching in review in those in the later years until Prohibition, and looked through city directories, trying to identify actual brewers, seeing how many brewers there were. And I was really surprised at how few people stayed for more than one census cycle. So there were nearly 600 people that I’ve identified, only 40 of those were actually here, 40-ish, were here for more than one census cycle. So there was a, it was a really transitory business. I think people would stay for a few years and then go somewhere else. I don’t know where that „else“ would be. #22:58#

Markus: Maybe they stayed in the States and went somewhere else. But before you mentioned there were a lot of Germans, so is that in the records? Can you see that? #23:07#

Tiah Edmunson-Morton: Yes, absolutely, so many Germans! I wish I had the percentage in front of me. I was looking to see if I actually had it in my notes. It was something really close to like 75 per cent earlier on, certainly. #23:22#

Chelsea Rose: In the brewing industry? #23:23#

Tiah Edmunson-Morton: In the brewing industry, yes. And there were people who were from Austria or from Switzerland or from the part of France that is closest to Germany, so they definitely were coming from that region even if their country, their home country, wasn’t Germany. #23:47#

Markus: That’s the other side of it because at the time, in the 1850s, there was no Germany at all! So it was all these little member states and so you cannot really identify who is German or not but they were German-speaking. And as far as I learned, you had lots of even magazines and journals and newspapers in German and German events and German clubs and all these things. Also, we were talking about the Eagle Brewery, was this also a German based brewery and did it have the name Eagle or was it Adler, the German word, or did you find something like that? #24:22#

Tiah Edmunson-Morton: That was a good question! #24:23#

Chelsea Rose: A really good question, I’ve only ever seen Eagle Brewery. But I wanted to say – and this is a German brewing family, so we’ll get into that in a minute – but one of the interesting things is around the time period, and I think 19th century maybe even, you know, early to mid 19th century, there is a shift in preference for beer from the research I’ve been doing, that shows people are getting a lot more interested in lagers and that is different to brew and the types of structures you build around it are different than you would for like the English brewing. And you probably know way more about this than me, but from what I have read you need to keep it cooler because you have to allow it – what was it? – top fermented versus bottom fermented. So you have to let the beer rest and lager for longer, which means you have to build some way to keep that beer cool. And that has been really interesting for me to read about because you can see again this recursive relationship between people and culture and the things they make and build. And that’s, of course, where archaeologists are always getting interested. So the two breweries in town, in Jacksonville – one being Eagle Brewery we’re talking about – were associated with German brewers and we do see – and especially in this other brewery where there are still the ruins of all these lager caves. So it’s really interesting to see, you know, the type of beer that they are choosing to make definitely is reflected in the landscape and in the archaeology. #25:55#

Markus: That really sounds interesting! This is the major change in the American brewing. When they went from ale to lager and, as far as we know, or I know, it is connected to the German people which were immigrating and they started around the 1840s, 1850s, the first bottom fermenting brewing, lager breweries, and also the other ones, they kept on the top fermenting yeast but tried to ferment as cold as possible and so maybe, you know, the term of the steam beer from Anchor Brewing, for example. Then also a quite interesting things, but maybe that is another topic for another podcast. (laughs) Maybe if you have a look back on this German family of the Eagle Brewery, did you find out something about their living and their history and were there also other breweries there and what happened to them? Did you find out anything about that? #26:47#

Tiah Edmunson-Morton: So much! Oh! I will say that there are some people that it is really easy to research, they leave behind lots of different clues. And then some people you just dig and dig and dig and sometimes you don’t find much at all. In this case we found a lot. Both of the people, both the Wetterers, were born in Germany and I’m not sure exactly when he came over. I can’t remember off the top of my head, but in the late 1840s, early 1850s, was when most of the brewers in Oregon emigrated to America. She also came over at that same time. Most of them landed, I guess, they were in Missouri or the Mid-West for a certain amount of time. So a lot of the early people who were linked to brewing in Oregon came across on the Oregon Trail, one way or another. Some of them failed, but it depended on how much money they had. Whether they could afford to go around by boat, so not overland by boat but on the water by boat. So that was what she did, and she and her family settled in Albany, Oregon, which is – I could ride my bike there if I had some time, so it is really close to where I am now. And she was actually listed in the census as a cooper, so she was doing actual work related to brewing. Her father was a carpenter, but brewers lived with them. Her sister then married a brewer and stayed in Albany, Oregon. They had, Joseph and Frederica married in 1860 and lived in Jacksonville. He died, she lived a long time after he had passed on. They had lots of kids. He also left her with a lot of debts when he died and so there are a lot of really interesting important records related to the business and what was part of the business because there was so much legal strife around it. So we have lots of information about what the property of the bereaved was like. We have lots of information about how many kettles they had or how many bar stools they had. There was also a lot related to them in the newspapers and so there is a lot of really wonderful detail that kind of feels gossipy. It’s very like so and so went to visit her sister, or so and so came to visit. There was one really, really great article that I found that I shared with Chelsea about a lightning strike. There was a lightning strike on the building and it’s told how there was gold in the wallpaper and that the lightning travelled through the wallpaper. So we knew that this house had some definite decorative touches. I think that this thing about reconstructing this business history but also this family history is – Chelsea and I joked, I joked and Chelsea laughed – but this is very much like archaeology. That you really are just, you’re finding little itty-bitty clues and then you’re stringing them together to try to reconstruct what we think happened outside of the more traditional tax records or production records. What was it actually like to live in this place and be in this family? I think there is a benefit to Jacksonville being so – what’s the word I’m looking for, Chelsea? – not stuck in time but preserved. That there’s a real preservation to the town itself, to the properties that are there, to the families that have lived there for a long time. So that’s not the case in Portland, that’s not the case in Oregon City, that’s maybe not even the case in places like Albany which are so smaller towns. There has just been a lot of change and there hasn’t been a lot of change in Jacksonville. I think that makes it easier in a way because people keep talking about the same families and have stories to share. #31:29#

Chelsea Rose: And it is a kind of follow-up on that spot. You know, the original saloon that was adjacent to the brewery and part of it, is still there and is part of the modern owners‘ residence. And across the street there’s a woman, who actually is one of our volunteers, she works with us a lot, she dropped across the street and knew the granddaughter and daughter of the original brewers. So when she was a kid they were pretty old, so she remembered going over there and like checking out the brewery. So we were able to do like oral history with her too, just as a coincidence because she was already coming out to help us on this project. So, you know, there are those kinds of connections that you hope tell the story, but I think that it is important to recognize that, you know, archaeology can take many forms and we’re just looking at artefacts which are things made for and used by humans as the most basic interpretation of that. And that’s documents as well as things that we unearth from the dirt. And we were joking this morning about how going through the census records was really not that much different for screening through all the dirt and finding – we found a million nails out there of this brewery. So, you know, all these little clues that in and of themselves aren’t necessarily that groundbreaking – I guess it is pun intended! – or exciting, but when you start to add them all together, they all provide a thesis to the larger story. And archaeology is always about assemblages and patterns and how things fit together to create a context that you can try to build a story from. #33:04#

Tiah Edmunson-Morton: And I think that is what is, for me, what is so important in thinking about these as family businesses. So not just thinking about them as men drinking with men or men making beer that was consumed by men or that they were allied with sin and vice. That these were/ I think when you start looking at these clues that are left behind and frame them as family enterprises, it really requires that we consider what it is that we think about alcohol, period. But alcohol in the „Wild West“ and I’m doing air quotes which no one can see. (laughter) #33:49#

Chelsea Rose: You know that might also, that reckoning might also kind of tie in to what happened shortly thereafter which was the Temperance Movement, which was women trying to gain power over their relationship with alcohol and how it impacted their lives. So, you know, this is not something I’ve done a lot research into so I can’t really speak to it, but I just as we’re talking that, to me, seems like there’s probably a correlation in some ways. #34:14#

Tiah Edmunson-Morton: That’s something that definitely would surprise me as in Portland in particular which grew vastly larger than any of the other cities that were established at the same time. By the 1890s it was pretty out of control, but it was – there was a lot of violence, there was a lot of drinking and not in the sort of delightful German beer hall kind of way, but it lived up to its reputation from what I can tell. #34:46#

Markus: Yes, very interesting, and I can tell you there were not only nice days in the German (laughter) so also a lot of fighting and things. I just had an idea when you talked about the Temperance Movement, when we see pictures about the Prohibition Era and all these times we always see that the women said „Okay, we don’t want our men being drunk“, it was never about themselves drinking. But I think there is also something which should be considered. #35:14#

Tiah Edmunson-Morton: Well, yes, and I think that that’s really what it was, was they, women were often put in this position where they didn’t control a lot of the factors that impacted their own lives in the way that alcohol played a role within it. For example, I think Frederica’s story can kind of tie into this because after her husband died and she ended up taking over the business, she remarried to an English gentleman a couple of years later and she clearly was fully capable of operating this business and expanded it into, you know, continued to make alcohol as well as beer. And then when she married this new gentleman it all kind of goes downhill and there’s accounts of him getting arrested for starting fights. There are all these/ You know, he claims somebody poured soap into all the beer. And if you kind of read between the lines, you think like, aah, you know, he may be wasn’t the best person to team up with. And her daughter and in oral history says that, you know, when my stepfather came into the picture he just really didn’t have the background and he kind of got out of brewing. But I really think that here this woman had built up this business and worked really hard to save it, and then she remarries and the new guy just kind of drives it into the ground. And she’s stuck in a lot of ways with the consequences of his actions. So I think that is kind of the role that women/ that’s the kind of frustration that leads to the Temperance Movement. And really, when you look at that and the power it had, it is, you know, women totally taking control over new roles in politics and all the ways that they are influencing their communities. And several counties and cities in Southern Oregon went dry long before nationally. So that is another really part of the story women and how they were responding to their environments and trying to take their power back. #37:09#

Chelsea Rose: I haven’t done enough research yet to know, but I’m curious whether there was overlap between the women who were really pushing for temperance and were they in the same community clubs with women who were married to brewers. And that is something that I haven’t done too much research into but I’m really curious about that overlap and whether the wives of brewers were linked to alcohol, or whether they weren’t. And that is something I’m curious to learn more about because I imagine that it could be miserable. (laughter) #37:49#

Markus: It seems that we are starting many new topics today so far. #37:52#

Together: Yeah! (laughter) #37:54#

Markus: But maybe surely back to the Eagle Brewery, so was it the old brewery in the area and how long did they brew? When did they stop? #38:01#

Tiah Edmunson-Morton: Yes, that’s a hard question to answer. The first brewer that I’ve identified was in the 1850 census. He lived in Oregon City, which is the northern part of the State which was then the territorial capital. He was from Germany. I never could find anything more about him. I don’t have a brewery that was opened in 1850. It could be that he just identified as a brewer. The first brewery that I’ve been able to identify in Oregon was through a newspaper ad in 1854, that was in Portland. There was another brewery that was opened in 1856 in Portland and then over the next several years breweries opened in Oregon. So the person who opened the first brewery in Jacksonville was actually an Englishman and the first one who opened the first brewery in Oregon was Englishman. But the sort of irony that these first four Englishmen and then just like the Germans just steamed rolled over the later. So he was the first commercial brewer in Oregon. He opened the brewery in 1856. I think we feel pretty confident in that date. In 1854 he was in a census without an occupation and then the next year, 1855, he was listed on a jury roster with his occupation being brewer. So was he making beer? Probably. Was the commercial brewery then? I don’t know. I think that’s tough. There’s this elusive sentence that I have found but I can’t verify, that there was something in a newspaper, a Californian newspaper, so California and Jacksonville are really close to each other. So there was something in a Californian newspaper from 1852 or 1853 that he had purchased and was running this brewery in Jacksonville. So if that’s the case, then this Jacksonville brewery is the oldest in Oregon. I can’t find that paper because they are really, really rare and so I found different issues of it but I haven’t found the one that supposedly has this 1852 or 1853 date. It feels, it is feeling suspicious to me, like maybe that was a mistype or/ but I can’t verify it until I see it with my eyeballs I won’t say that, but it definitely was one of the first, by far one of the first. #40:44#

Markus: How long did they survive in the next generations or did they stop brewing? #40:48#

Chelsea Rose: There’s under Sanborn maps that the brewery itself is listed as dilapidated and all other accounts seem like by the 1890s they’re not really actively brewing anymore. And I think that there are two factors involved. One, like I said, the new husband did not make good decisions and was not a good partner, so I don’t think he helped this situation at all. But the town of Jacksonville in general was in decline. The railroad which was, you know in the American West it made or could break you. If the railroad came to your town, you’re golden, if it didn’t you are going to, you know, lose out to the town that it did go through. So the town by-passed Jacksonville by about five miles and they went into decline. And that is, so I think a lot of the businesses and stuff folks either thought well, I mean it’s out of town or we just don’t have the consumer base to support it anymore. But that is one of the reasons why Jacksonville is so well-preserved. It is what we call ‚preservation through neglect‘. So there wasn’t a lot of new developments and they didn’t raze buildings to put new ones up. So things were kind of just left as they were by the turn of the century until the 1960s when people started to recognize that it had its own worth as a historical landmark. #42:10#

Tiah Edmunson-Morton: And there was another brewery in Jacksonville, that was the City Brewery which was run by him and he, from what I can tell, came as a dry goods merchant but he was in Jacksonville 1852, 1853, and he ran this other brewery, which seems like it started – I think Wetterer started at that brewery and then sold it and then moved to this location that he’s at – it’s a bit, I’m a little fuzzy on that. But that brewery closed when he died. He died in 1892 and at that point that was when that business went under. #42:57#

Chelsea Rose: And that shows he did leave a bunch of archaeology, that’s where you can see the lager caves fairly well and this whole warren of brick underground, like stone and brick tunnels. And the building that was there was several stories high and you can see kind of how they were using the innovations of artificial cooling to kind of facilitate making beer which is pretty interesting. And that’s another one that I’ve got my eye on for archaeology at some point because I think that would be another really interesting place to look. And they had a brewery-saloon-dance hall kind of thing going on, and so that place definitely is central to a lot of this, you know, Wild West kind of paper cuttings that you read about all the fights and the rally parties and stuff there. #43:44#

Markus: Yes, I definitely have to come over.

Together: Yes, please!

Markus: I really want to see these lager caves. That really sounds very interesting. Maybe just a short question, why you just talked about making alcohol and beer. So was distilling also an important thing, not only brewing? #43:58#

Tiah Edmunson-Morton: Yes, yes, for sure! So they were the/ Definitely hard liquor was popular with the early white settlers, for sure, all over Oregon. (laughs) So there was that, I think that kind of small-scale brewing even before these named breweries. So they were definitely making all sorts of hard liquor. And Joseph Wetterer certainly absolutely distilled, and tax records and ads from newspapers show that he was advertising whisky and brandy and the lager beer. And then after he died in those probate estate records there is information about the distilling equipment and how much liquor is on hand at that time. And the implication that I was drawing, that I draw, is that Frederica, his wife, essentially was saying you can’t repossess this equipment because this is how I’m going to make money. So let me keep this brewing equipment and this distilling equipment and keep operating it because that is how I am going to be able to pay these debts. So, to me, that was pretty clear evidence that she felt like she could make money making liquor. #45:21#

Chelsea Rose: And there are also accounts of, I guess he’s a gauger – is that right? The guy who goes around and like checks the alcohol, what it is like. So he, there are definitely accounts of her producing apple brandy of a fine quality, according to this official that would come through and test it. So she was making brandy. And then just one of the things that kind of show how archaeology definitely reinforces this desire for folks to get alcohol out here. Before these breweries really got their footing and they were making, you know, lager and alcohol, we found archaeological places leading into the early 1850s that have the stoneware ale bottles and stoneware gin that had been imported from Amsterdam. And this is back when anything coming in has to come great distances either on foot, human feet, or via like mules and stuff. So the effort it took to bring this heavy, breakable alcohol out to these remote areas really showed you how much of a priority it was for these folks doing this mining out here originally. #46:28#

Tiah Edmunson-Morton: They were committed! (laughter) #46:30#

Markus: I can imagine, very interesting too. So maybe it’s the last question: All your findings, all your work, did that change your personal view on beer and brewing? #46:38#

Chelsea Rose: Well, for me it is still ongoing because we just finished working out there not too long ago. We have a few more things we’d like to continue to do. One of them is, do some remote sensing to see if we can identify where some of the underground part of the structure was that is now a lawn because there was, according to some documents, like a warren of like these caves and stuff, at the Eagle Brewery spot. So I’m still kind of I haven’t really wrapped my head around it fully, but the idea that families were living here and running this business definitely changed the way I think about it and that is being reinforced in the archaeological record in the buttons and the kind of a daily life type of artefacts that we’re seeing. It’s not just like saloon paraphernalia or anything like that, it’s definitely, you know, the domestic assemblage that you would assume where like a family was living. So that’s really what we’re seeing archaeologically and so that reinforces what Tiah has been saying about these breweries are not what you see in Wild West movies. #47:44#

Tiah Edmunson-Morton: I think what really surprised me. I wouldn’t say that it changed anything because, as Chelsea said, that was what I thought, so it sort of confirmed, I guess, what I was thinking. I think for me – I’ve been interested in women in brewing – 19th century women in brewing – for a few years and have done some on-site research – and we still do on-site research, before covid – but the last year and a half I’ve been doing almost all of my research looking at census trackers online or looking at newspapers online and I can find a lot. I think what really felt sort of overwhelming in a way to me was to be in this place, so the importance of actually going to the place where one of these women lived, talking to somebody who saw the house when it was still there. I think that was really important. There also was this, in the saloon building which is still there, there is a post in the center that had the names and the heights of her children marked on it. And I thought what an amazing record of the way that they were in this saloon building, with the kids, marking how tall the kids were. I think that felt, that sort of wonderful connection of these were people and they were doing the same things that people now do, just because it was the black and white era, and they, you know, didn’t have internet connections where they could talk to each other throughout the world or connect with their families, they still did the same thing. And I think that was probably one of my favorite parts. I mean the nails and the digging that was awesome but to see and be in that place was really special and I think made them seem even more real to me as people who lived lives and did ordinary things. #49:43#

Chelsea Rose: The original billiard table, billiard tables, also down in that saloon basement, largely because it is too heavy to get out. But that’s another really interesting connection to this past as well. #49:56#

Markus: Yes, well, these old times really come back to life a little bit and we really can imagine how these days were and I really am very fond of coming to you and having some beers with you and talking about these times. So for today I say thanks a lot, thanks for your time, thanks for your information and I’ll cross my fingers for your next findings, that you find interesting things, and I’m looking forward to maybe having another series in a few weeks or months and talk about the next thing. Thanks. #50:22#

Tiah Edmunson-Morton: Thank you so much for having us. It has been really fun. #50:25#

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 33 – Interview mit Martin Voigt, Journalist, Videoblogger und Bierfestorganisator aus Wien, Österreich

Martin Voigt wuchs als Kind und Jugendlicher vor allem mit Apfelwein in Frankfurt auf. Aus beruflichen Gründen zog es ihn aber alsbald in die österreichische Hauptstadt, wo er seine Liebe zum Bier entdeckte. Alles begann mit einem verzweifelten Buchprojekt, für das Martin 255 Biere verkostete und seine Familie an den Rand der Verzweiflung brachte. Die Fortsetzung wurde dann allerdings keine Neuauflage, sondern ein Blog, der sich später zum eigenen YouTube-Kanal mit täglichen Biertests mauserte. Doch damit nicht genug, der Wahl-Wiener startete mit dem ersten Craftbierfest in Österreich ein weiteres sehr erfolgreiches Projekt und gilt damit als einer der Begründer der jungen Kreativbierszene der Alpenrepublik. Hört im BierTalk die ganze Geschichte und freut Euch auch auf die Verkostung zweier österreichischer Bier-Klassiker…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute sind wir nochmal in unserem Nachbarland Österreich unterwegs, allerdings treffen wir dort jemanden aus Deutschland. Die ganz genauen Geschichten werden wir natürlich gleich noch hören, ich freue mich auf jeden Fall, Martin, dass du bei uns bist und vielleicht stellst du dich erst mal unseren Hören kurz selbst vor.

Martin Voigt: Ja, erst mal hallo und vielen herzlichen Dank für die Einladung. Mein Name ist Martin Voigt, mich hat es vor 17 Jahren, ja, durchaus von der Bierwüste Frankfurt nach Wien verschlagen. Und aus dem Apfelweinmekka kommend in ein Land voll mit Bierkultur kommend, hatte ich zum Glück Arbeitskollegen, die mich dann irgendwann mal in die Bierkultur eingeführt haben. Und über einen eher Zufall, bin ich zum Thema Bier gekommen beziehungsweise auch zum Schreiben über Bier. Und das hat sich jetzt zu einem Blog entwickelt, der in letzter Zeit sich eher auf YouTube mit Biervideos abspielt. Und ich fühle mich so ein bisschen als Bindeglied zwischen dem Bierkonsumenten, dem Bierinteressierten und den Brauern auf der anderen Seite. Ich versuche in meinen Videos immer so ein bisschen den Brauer vorzustellen, die Biere vorzustellen, ein bisschen Ideen zu geben, was sind denn neue Trends am Markt, was sind neue Biere am Markt. Dass die Leute einfach ein Gefühl dafür kriegen, A) es gibt durchaus ein bisschen mehr als das, was sie im Supermarkt kaufen können, aber auch den Brauereien, die dahinterstehen, dort ein Gesicht zu geben, wer ist denn der Brauer? Wie tickt der, was hat der für Ideen, was möchte der mit seinen Bieren vermitteln und einfach so ein bisschen Geschichten über Bier auch erzählen.

Markus: Das ist dann praktisch Probier-TV, da werden wir gleich noch ein bisschen drüber sprechen. Es gibt aber auch zum Beispiel ein Buch von dir und auch andere Möglichkeiten, wie man dich kennenlernen oder dir begegnen kann. Vielleicht trotzdem, also es klang ja also für den Franken erst mal so, von der Bierwüste in die Bierdiaspora vielleicht. Also aus unserer Sicht von damals, heutzutage wissen wir natürlich schon ein bisschen anders. Aber vielleicht vorneweg, wie kamst du überhaupt zum Thema Bier? War in deiner Urheimat für dich Bier überhaupt ein Thema oder bist du tatsächlich eben in so einen Apfelweintopf gefallen?

Martin Voigt: Ja, also ich habe tatsächlich früher Apfelwein auch selber gemacht. Habe viele Freunde gehabt, die Streuobstwiesen hatten, wir haben die Äpfel gesammelt und haben Apfelwein gemacht. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht und war auch, glaube ich, immer sehr gut trinkbar, also wir haben sehr viel Spaß mit unserem Apfelwein gehabt. Aber Frankfurt, ich glaube, sagt schon vieles aus, zu der Zeit, wo ich jung war, wo wir weggegangen sind, Bier getrunken haben, wir haben kein Bier aus Frankfurt getrunken, das war eher aus Nordhessen. Weil, die Frankfurter Brauereien, das war so ein bisschen als Billig-Bier verschrien und ich glaube, auch im Augenblick noch. Die Marken, die in Frankfurt wirklich beheimatet sind, vielleicht mit den Craft-Beer-Ausnahmen, sind doch jetzt nicht ganz oben mit dabei, wenn man von Biergenuss spricht. Und das hat sich, glaube ich, auch in den Jahren nicht verändert. Das hat sich aber für mich in Wien geändert. Ich war in Frankfurt Apfelweintrinker und habe gerne ein Weißbier getrunken. Und Weißbier war in Österreich immer relativ schwer zu kriegen. Es gibt im In-Viertel viele gute Weißbierbrauereien, aber grundsätzlich ist Österreich ja ein Märzenland und Weißbiere in Wien, das ist schon echt schwierig zu finden und dann macht man sich auf die Suche. Apfelwein gibt es sowieso nicht, außer man hat den importiert. Und wie gesagt, ich hatte einen Arbeitskollegen, der mich dann so mit diesen grade aufkommenden Kleinbrauereien in Kontakt gebracht hat. Und ich hatte ja gesagt, ich bin eher durch einen Zufall dann auch zum Bloggen gekommen. Weil, ich hatte irgendwo auf meiner Lebens-Bucket List den Wunsch, ich wollte ein Buch schreiben. Und für mich war immer das Problem, über was schreibe ich denn jetzt? Also ich wollte, es klingt vielleicht ganz komisch, aber ich wollte einfach nur ein Buch mit schönem harten Einband in der Hand halten, wo mein Name draufsteht, um das dann abhaken zu können. Wie jemand anders vielleicht einen 8.000er besteigen möchte oder mal einen Marathon laufen möchte, so war für mich, ich möchte ein Buch schreiben. Und das lief so ein bisschen parallel zu dem Kollegen, der mich grade so in diese Bierwelt einführte. Und ich dachte mir dann, dass Verhältnis zwischen Deutschen und Österreichern beziehungsweise einem Deutschen, der nach Österreich kommt, ja, die Deutschen und die Österreicher, das ist so eine kleine Hassliebe. Und ich dachte mir, vielleicht ist es eine witzige Geschichte, der Deutsche kommt nach Österreich und lernt die österreichische Bierwelt kennen. Und das ist in Wahrheit proBier!. Der Titel geht auf den Verlag zurück, den habe ich dann aber auch für meinen Blog gekapert und letztendlich dann das TV drangehängt und nachher die Videos gemacht. Und habe damals 2013, 255 österreichische Biere verkostet und habe eigentlich sehr viel Überraschung in meinem Umfeld erzeugt, weil die meisten Leute sagen: „255 Biere? Soviel gibt es überhaupt auf der Welt? Wir reden über Österreich.“ und es ist vermutlich zu dem Zeitpunkt ungefähr ein Viertel gewesen, was die Brauereien in Österreich gebraut haben. Also ich habe dann schon gemerkt, das Wissen um die heimische Bierkultur ist meistens sehr auf den Schornstein der eigenen Brauerei beschränkt. Aber das eben grade diese Kleinbrauereien da sind und das sich in der Bierkultur grade weltweit auch viel tut, das war damals wirklich noch in den Kinderschuhen.

Markus: Das klingt auf jeden Fall spannend, 255 Biere bewusst verkosten, das muss man erst mal machen. Wie hat es denn damals ausgesehen? Also kam da jemand auf dich zu und hat gesagt, Mensch, wir würden gern ein Buch machen, magst du hier Biere testen oder hat dir jemand einfach mal die ganzen Biere vorbeigefahren oder musstest du die selber kaufen oder wie muss ich mir das vorstellen, wie entwickelt sich so ein Projekt, weil, ist ja gar nicht so einfach?

Martin Voigt: Naja, ich hatte ja diese Idee, ich möchte ein Buch schreiben und die Frage war, mache ich was aus meinem beruflichen Alltag? Ich komme aus der Baubranche, fand ich aber dann relativ unspannend. Und irgendwann merkte ich so, Bier könnte eigentlich eine gute Story sein. Und ich habe dieses Buch tatsächlich geschrieben und habe mich dann auf die Suche nach einem Verlag gemacht. Also das Buch war fertig, was, glaube ich, nicht so der allerschlaueste Weg ist. Weil, man trifft natürlich nicht den Bedarf eines Verlags, sondern man hat ein fertiges Produkt und sucht jetzt jemand, der das haben will. Und ich hatte aber das Glück, dass ich einen Verlag aus Tirol bekam, der auch Bierliebhaber zu seinen Lesern zählte. Man hatte sich dem Thema Bier so ein bisschen schon mal angenähert und habe da eigentlich offene Türen eingerannt. Und bis auf ganz wenige Änderungen ist das eigentlich so, wie ich das geplant hab, durchgerutscht. Und für mich war damals eigentlich das Thema erledigt und habe dann aber eben diese Reaktionen bekommen, ja, wann kommt denn Band II raus, mach doch mal weiter. Und wie du es schon richtig gesagt hast, 255 Biere zu verkosten, das ist nicht nur für einen selber eine ziemliche Herausforderung, sondern das muss auch die Familie aushalten. Weil, man macht das ja nicht über drei, vier Jahre, sondern dieses ganze Projekt hat ungefähr vier, fünf Monate gedauert. Die Verkosterei, die Schreiberei war nachher, ich sage mal, eher Beiwerk. Aber das reine Verkosten war doch auf vier, fünf Monate verteilt und das müssen die erst mal durchhalten. Und da war für mich klar, Band II, das tue ich mir nicht mehr an. Aber, ich hatte aus der Vergangenheit schon ein bisschen eine Affinität zum Schreiben und habe dann eben mit Bloggen angefangen. Was ja, glaube ich, eine sehr einfache und moderne Variante ist. Und die Videos sind sozusagen eigentlich nur gekommen, auch wieder mit Rücksicht auf die Familie. Weil, einen Blog-Beitrag über Bier zu schreiben, Fotos da zumachen, du bist ja auch Fotograf, Produktfotographie von Flaschen, das ist richtig, richtig hohe Kunst und da kam dann so ein bisschen der faule Sack in mir durch und ich habe auf einer Blogger-Konferenz in Dublin einen polnischen Bier-Blogger kennengelernt, der sich grade ausschließlich auf YouTube spezialisiert hat. Und da sind zwei Dinge passiert, ich habe meine Liebe für polnische Biere gestartet und mich eigentlich zu dem Zeitpunkt dafür entschieden, dass ich nur noch Videos mache. Weil, sich vor die Kamera zu stellen, das Bier zu verkosten, Anfang und Ende drauf schneiden und die Sache ist erledigt. Und das ist dann sowas, was auch sehr schön sich mit dem familiären Leben vereinbaren lässt und man in einer Familie, wo ich der einzige Biertrinker bin, nicht allzu viel rote Karten gezeigt bekommt.

Markus: Ja, ich stelle mir das grade so ein bisschen bildlich vor, wenn du da innerhalb von vier Monaten 255 Biere verkostest, da ist natürlich die Frau dann irgendwann heimlich mit dem Jutesäckchen aus dem Haus und hat verschiedene Altglascontainer gesucht, damit es nicht so ausschaut, als wäre das hier so ein Alkoholikerhaus. Also kann ich mir schon vorstellen, dass das gar nicht so einfach ist, da sich irgendwie durchzusetzen, oder?

Martin Voigt: Du wirst lachen, ich habe die ganzen Flaschen aufgehoben, weil, ich hätte gerne auf dem Titelbild ein Foto gehabt, das gibt es auch, das Foto, wo ich alle verkosteten Flaschen in der Landkarte Österreichs aufgestellt habe im Wohnzimmer. Es war allein ein Projekt, dieses Foto zu machen. Aber es hat auch den ein oder anderen Karton im Keller gegeben, der ständig im Weg war, weil da eben, keine Ahnung, 80 Flaschen drin waren. Und davon gab es halt vier, fünf am Ende, die, ja, dann nachher für das Foto noch herhalten mussten, also ich konnte die nicht unterwegs wegschmeißen. Und, ja, aber am Ende des Tages habe ich da sehr tolerante Zeitgenossen Zuhause gehabt, die das dann immer lustig fanden. Und die wussten, es ist ja auch irgendwann vorbei und irgendwann ist das Buch mal draußen und dann haben sie auch wieder ihre Ruhe vor meiner Bierverkosterei.

Markus: Okay. Wobei mein Kopfkino weitergeht und ich mir grad die Diskussion vorstelle, wenn das Wohnzimmer in eine Bierlandkarte verwandelt wird. Aber gut, du hast ja auch ein Bier dabei, jetzt bin ich mal gespannt, was du dir ausgesucht hast und lass uns doch mal teilhaben an deinem Geschmack.

Martin Voigt: Ja, ich habe mir überlegt, wenn du schon in Österreich bist, was ist denn so ein typisch österreichisches Bier? Und ich hatte, ehrlich gesagt, zwei Biere zur Auswahl. Ich habe eine Brauerei, ich erwähne das jetzt mal, weil ich glaube, dass diese Brauerei auch in Deutschland sehr gut verfügbar ist und es ein schönes Beispiel dafür ist, was die moderne österreichische Bierwelt machen kann. Ich hätte gerne von Brew Age das Alphatier mitgebracht, ein New England IPA. Warum? Weil ich das erste NEIPA im Supermarkt einfach eine schirre Sensation finde, wenn man sich die Bierwelt vor fünf, sechs, sieben Jahren angeschaut hat, war völlig undenkbar. Und mit Brew Age verbindet mich sehr, sehr viel. Ich habe mich dann aber doch für den klassischeren Weg entschieden, weil, wir sind ja auf einem Bierwettbewerb und in Kärnten ist Loncium Zuhause. Und Loncium ist eine auch kleine Brauerei, die ein sehr breites Sortiment hat und von dem Märzenbier über Weißbier, Pils, New England IPAs, alkoholfreie Biere, Stouts, Weißbier, alles braut und regelmäßig auf internationalen Wettbewerben teilnimmt und da auch immer die österreichische Flagge sehr, sehr hochhält. Weil, ja, du weißt es ja auch, wie es auf Wettbewerben ist, man kann nur gewinnen, wenn man auch teilnimmt. Und das sind sicher Vertreter der österreichischen Brauwelt, die eben auch international die Flagge hochhalten. Und da habe ich ein Wiener Lager jetzt mitgebracht, hier steht Austrian Amber drauf. Aber, ich mache das mal auf.

Markus: Also jetzt hört ihr auch mal, dass wir wirklich jede Falsche immer live öffnen, ja.

Martin Voigt: Ja und ich schenke das da mal ein. Und die Biergeschichte Österreichs ist ja ganz eng mit dem Wiener Lager verbunden. In der Brauerei Schwechat hier vor den Toren Wiens, als Anton Dreher diese Bierspezialität untergäriger Art zum ersten Mal gebraut hat und einen Bierstil kreiert hat, der lange Zeit in Vergessenheit geraten ist. Den viele amerikanische Craft-Beer-Brauereien ja skurriler Weise am Leben erhalten haben und der zum Jubiläum dieses Bierstils vor ein paar Jahren dann auch wieder von österreichischen Craft-Beer-Brauereien aufgegriffen wurde und nicht zuletzt dann auch wieder von der Schwechater Brauerei. Und heute, glaube ich, kann man in Österreich keine Brauerei egal welcher Größe aufmachen, ohne ein Wiener Lager zu haben. Und das von Loncium ist ein wirklich schöner Vertreter. Man sieht diese herrliche, ja, schon Orange, Bernsteinfarbe, klar. Ein schöner Schaum, der auch wunderbar am Glas hängt, nicht zu intensiv. Und auch die Nase, so ganz leichte Fruchtnoten mit drin, aber natürlich grundsätzlich malzdominiert. Ich meine, man sieht es ja auch an der etwas dunkleren Farbe, dass es hier eben eher auf der malzigen Seite Zuhause ist. Und das ist auch ein gutes Beispiel für ein Bier, was jetzt auch ein bisschen an Temperatur gewonnen hat, das liegt unheimlich weich im Mund, die Kohlensäure sehr fein. Dieses leichte Obstige, Fruchtige, verbunden mit den Malznoten, ist einfach ein herrliches, ja, jeden-Tag-Trinkbier. Aber es ist auch ein Bier, in dem man sich verlieren kann, in dem man einfach dann versucht, die Nuancen raus zuarbeiten. Und da ist, finde ich, auch Loncium einfach eine schöne Brauerei, die diese Bierstile, die es in Österreich gab und jetzt wieder gibt, ganz hochhält und einfach einer breiteren Masse dann auch zugänglich macht.

Markus: Ja, wunderbar. Wir haben übrigens auch mal wieder so eine Fastpremiere, einmal haben wir es ja schon geschafft, dass wir gemeinsam in dem BierTalk angestoßen haben, heute können wir es wieder tun.

Martin Voigt: Sehr zum Wohl.

Markus: Wunderbar, zum Wohle. Sehr fein, also ich muss sagen, kann dir nur zustimmen, ist ein ganz tolles Bier. Also allein die Farbe begeistert mich total, also weil das wirklich so ein schönes leuchtendes Orange ist, was sich in diesem Glas da breitmacht. Und oben drauf dann die Nase, wie du schon sagst, also natürlich Karamell und so, aber eben auch so eine fruchtige Note drum rum, also ganz schön und weich. Und ich finde auch immer, wenn man ein Bier etwas wärmer trinkt und es dann immer noch schmeckt, dann ist es auf jeden Fall ein gutes Bier. Weil, das ist ja oft so ein Thema, wenn die Biere zu warm werden und sie dann nicht mehr so schmecken, dann ist es meistens eben vielleicht nicht das Beste. Aber hier merkt man, auch mit seinen jetzt vielleicht so 14 Grad oder so, ist das immer noch wirklich super gut trinkbar.

Martin Voigt: Und das ist auch letztendlich eine Anekdote, die quasi meinen doch etwas holprigen Einstieg in die österreichische Bierszene vielleicht schön beschreibt, dieser Arbeitskollege, von dem ich vorhin geredet hab, der übrigens mittlerweile Franziskaner Mönch ist. Also auch eine sehr lustige Geschichte, der hat sich aus dem irdischen Leben in die geistige Welt verabschiedet. Aber nach wie vor, wir sind auf Facebook befreundet, also auch da sind Franziskaner Mönche zu finden. Der hat mir ein Samichlaus mitgebracht. Und der Samichlaus, ja, eines der durchaus stärkeren Lagerbiere, die es von der Stange gibt. Aus der Schloss Brauerei Eggenberg mittlerweile, ursprünglich, die liegen ja in der Schweiz. Aber mit 14 Volumenprozent Alkohol sicher ein Doppelbock, der es doch eher kerniger drauf hat, den hat er mir mitgebracht. Und ich habe in meiner völligen Ahnungslosigkeit dieses Bier in den Kühlschrank gestellt und dachte mir, das trinkst du heute Abend. Und habe es dann auch mit vier, fünf Grad aus dem Kühlschrank rausgeholt, eingeschenkt, getrunken und zum Telefonhörer gegriffen und habe gesagt: „Was um alles in der Welt hast du mir da mitgegeben?“ Es hat nur nach Alkohol geschmeckt, es war überhaupt kein Genuss. Und die lapidare Antwort war: „Ruf ich in einer halben Stunde wieder an und lass das Bier stehen.“ Und das war eine meiner besten Lektionen für Temperatur. Mein Bier, nach einer halben Stunde im Glas war die Kohlensäure, die bei dem Bier nicht ganz so wichtig ist, natürlich nicht mehr ganz so stark, aber dieses Bier hatte dort nahezu Raumtemperatur und war ein herrlicher Genuss. Und das sind dann so diese Lehren, die man als blutiger Anfänger einfach sein ganzes Bierleben mitnimmt und weiß, Temperatur ist ein ganz wichtiges Thema. Und lieber drei Grad mehr als drei Grad zu wenig und man macht eigentlich nichts falsch und, ja.

Markus: Ja, also völlig richtig. Und ich muss sagen, das ist vielleicht auch so ein kleiner Tipp für die Hörerschaft, also wenn ihr mit österreichischen Bieren anfangen wollt, also, klar, natürlich auch die anderen, die wir jetzt auch schon so genannt haben, aber Samichlaus ist auf jeden Fall eine spannende Geschichte, weil es wirklich ein Bier ist, was sensorisch unheimlich viel zu bieten hat. Auch ein Bier ist, was man durchaus lagern kann. Kann man ja ruhig erzählen, wir hatten gestern Abend ein Menü und haben dann als Abschluss von dem Menü die Samichlaus-Biere von 2001, 2009 und eben aus dem aktuellen Jahr in einer Querverkostung gehabt. Und das ist schon total spannend, wenn man eben merkt, wie sich so ein Bier in 20 Jahren entwickelt und das es sich entwickelt und was da eben für eine tolle Aromatik dabei rauskommt. Also wirklich ganz toll, vielen Dank, sowohl für die Geschichte als auch für dieses tolle Loncium-Bier. Da, muss ich sagen, das ist so die erste österreichische Brauerei, die ich jenseits von Stiegl wirklich bewusst wahrgenommen hab. Und zwar, das ist auch schon viele Jahre her, da hat ein Freund von mir, der hat Sophie Straub von der Drei Kronen Brauerei in Memmelsdorf, der damals Geschäftsführer war von den privaten Braugasthöfen und die hatten eine Tagung irgendwo in Österreich, und hat mir dann Bier mitgebracht. Und das war das Sortiment, was Loncium damals hatte, waren fünf oder sechs Flaschen. Und das war für mich auch so eine Geschichte, wie, du bringst mir aus Österreich Bier mit? Das ist ja erst mal, da ist ein großes Fragezeichen dahinter und so. Und dann habe ich die aber nach und nach verkostet und muss wirklich sagen, das war ein tolles Erlebnis. Und sie waren alle sauber, sie haben super gut auch geschmeckt, waren tolle Beispiele. Und habe dann auch auf die Homepage geschaut und mich so ein bisschen informiert und das ist wirklich ein sehr, sehr gutes Beispiel, was da in Österreich mittlerweile passiert. ja, vielleicht noch eine Frage an der Stelle, wo wir grade bei dem Thema Österreich sind, wenn du von Frankfurt nach Wien gegangen bist, jetzt Wahl-Wiener bist und, glaube ich, erst mal zumindest auch dableiben willst, wie würdest du denn die Unterschiede sehen? Also was ist der Unterschied zwischen Wien und Frankfurt und was hat dich wirklich gepackt, dass du sagst, okay, ich bleibe jetzt da?

Martin Voigt: Eines der Vorurteile, die der Deutsche gegenüber dem Österreicher haben, ist, der Österreicher ist langsam, er ist der Gemütlichere, er tut sich schwer, Geschwindigkeit aufzunehmen im Geschäftsleben. Und eine der ersten Lektionen, die du lernst, ist, völliger Unsinn. Der Österreicher macht es sich einfach nur leichter. Und ich kam aus Frankfurt, habe tatsächlich einen Arbeitstag gehabt, der im Büro o zwischen acht Uhr in der Früh und meistens 21 Uhr am Abend stattgefunden. Also ich war tatsächlich meistens über zwölf Stunden im Büro. Und wenn mal jemand so um vier oder fünf Nachhause gegangen ist, war so der Spruch, nimmst du dir einen halben Tag frei? Und ich bin in eine Welt reingekommen, wo ich schon sagen muss, man verlässt zwischen 16 und 18 Uhr auf jeden Fall das Büro, um acht Uhr in der Früh geht es auch los. Aber man geht nicht zwingend Nachhause, sondern man trifft sich mit Kunden, Arbeitskollegen, Projektpartnern, auch Freunden in einem Lokal, trinkt ein Bier zusammen, bespricht geschäftliche Dinge, bespricht Privates. Und so bekommt man einen persönlichen Bezug zu seinem gegenüber. Das macht einem Türen auf, macht einem aber auch das Geschäftsleben unheimlich viel leichter. Weil, es ist ja eine gewisse Nähe da und man tut sich einfach viel schwerer, jemand, zu dem man eine persönliche Nähe hat, dem, auch wenn im Geschäftsleben mal was schiefgeht, dem einfach spontan den Hals rumzudrehen. Und in Frankfurt war es doch sehr Business Minded, da ist was passiert und das Fallbeil ist runtergegangen und der Kunde war weg. Und hier ist es einfach so, man sitzt beim Glas, das muss nicht unbedingt ein Bier sein, das kann auch der Weiße Spritzer sein, der ja in Wien auch sehr gerne getrunken wird, das kann ein Wein beim Heurigen sein. Übrigens bitte nie den Fehler machen beim Heurigen nach einem Bier zu verlangen. Das war einer meiner ersten Fehler als ich mit Freunden beim Heurigen war und gefragt habe, ob sie auch ein Bier haben? Schneller kann man sich als Deutscher nicht outen. Aber es ist dann einfach dieses persönliche Verhältnis, man kriegt gesagt: „Du, da ist ein Problem, schau, dass das bis nächste Woche erledigt ist“ und dann ist das Thema erledigt. Und man spart sich einfach diesen ganzen Trouble rechts und links des Weges. Und am Ende des Tages, habe ich so ein bisschen das Gefühl, dass die geschäftliche Reisegeschwindigkeit in Österreich teilweise sogar schneller ist als in Deutschland, man merkt es nur nicht so und man macht sich das Leben einfach leichter. Und diese Mentalität ist, glaube ich, viel mehr an meinem persönlichen Naturell als dieses strenge, teilweise sogar roboterhaftige Arbeiten wie ich es in Frankfurt kennengelernt habe. Und ich merke selber, wenn ich zu Geschäftszeiten nochmal in Frankfurt bin, sehe so, wie sich die Bankentürme leeren und die Leute eigentlich nur stur zur S-Bahn, zur U-Bahn oder mit dem eigenen Auto Nachhause fahren, da ist einfach eine richtige Stressatmosphäre da, man will nur noch Nachhause und hat eigentlich nichts mehr, was einen in der Stadt hält. Und in Wien findet das Leben einfach auf der Straße statt. Es gibt auch viele, die sagen: „Es ist so, ja, das Sprungbrett zum Balkan“, also die quasi noch gesicherte Bastion und wo noch ein bisschen Recht und Ordnung herrscht, bevor der Balkan anfängt. Und da ist viel dran, also dieses auf der Straße sitzen, einen Cappuccino trinken, einen Espresso trinken, ein Bier trinken, Wein trinken und im Zweifelsfall auch mal ein bisschen das Leben genießen, das ist schon eine Mentalität, die dem Österreicher, aber speziell auch den Wienern zu eigen ist und da fühle ich mich sehr, sehr wohl.

Markus: Das kann ich sehr gut nachvollziehen, habe auch die Zeit in Wien jetzt sehr genossen, muss ich sagen. Und hat mich auch ein bisschen erinnert, weil, zumindest im Sommer ist es bei uns in Bamberg oft ähnlich, also auch da sitzt man wirklich gerne bei einem Bierchen noch zusammen. Und ich muss auch sagen, es ist einfach, also wenn ich so diese Business-Leute oft sehe, da hat man so das Gefühl, dass das ganze Leben so eine Art Bucket List ist. Also einerseits, man arbeitet so seine Jobsachen ab, aber dann Zuhause muss eben auch, keine Ahnung, das Haus gebaut werden und das Auto gekauft werden, der Baum gepflanzt, der Sohn, was weiß ich was und der Urlaub und der Urlaub, aber am Ende ist es wirklich nur noch ein Abhaken von Dingen, wo man glaubt, dass man die machen muss, um ein gutes Leben zu leben, aber dabei gerät das Leben an sich völlig in Vergessenheit. Und das ist was, was ich immer wieder erlebe, grade weil ich natürlich mit Leuten oft im geschäftlichen Bereich einfach mal ein Bier trinke und wenn man dann merkt, okay, man lehnt sich einfach mal zurück und redet ein bisschen und kommt einander ein bisschen näher, dann baut man eine Beziehung auf, wie du sagst. Und das hat eine ganz andere Qualität, als wenn das eben so rein eine geschäftliche Geschichte ist.

Martin Voigt: Und was ich auch lernen musste, ist, das viele, die in Wien arbeiten, am Wochenende zur Familie in die Bundesländer fahren. Also Österreich ist ja ein sehr zentralistischer Staat, ich glaube, Wien hat so 1,9 Einwohner in der Kernstadt und um die drei Millionen im Umland. Das ist bei achteinhalb Millionen Einwohnern in Gesamtösterreich schon eine ziemliche Konzentration. Und deswegen endet auch die Arbeitswoche meistens Freitags um zwölf Uhr, ein Uhr, da wird dann die Südosttangente, das ist so die Stadtautobahn in Wien, wird verstopft und die Leute fahren in die Bundesländer zu ihren Familien. Jeder hat noch ein Haus auf dem Land, hat Familie. Und wenn die am Montag wieder zurückkommen, die bringen teilweise auch Produkte aus ihrer Heimat mit, unter anderem auch Bier. Der Tiroler bringt dann die Knackwürste mit, Käse aus Vorarlberg und auch dieses kulinarische Austauschen innerhalb des Landes wird dadurch extrem beflügelt. Und wenn man sich jetzt auch mal ein bisschen die Bierlandschaft anschaut, es gibt in Österreich mit der Brauunion, die hinter Marken wie Gösser, Zipfer, Kaiser, Wieselburger steckt, eigentlich nur einen großen internationalen Konzern und alles andere, was sich in der österreichischen Bierlandschaft tummelt, sind lokale kleine Brauereien. Und eigentlich ist der Österreicher schon gewohnt, dass Bier aus seiner Region zu kaufen. Und der Vorarlberger, der bringt natürlich einen Kasten Mohren-Bier mit und der Kärntner bringt möglicherweise einen Kasten Loncium mit und aus dem Süden kommt dann noch das Murauer Bier und so hat jeder auch so ein bisschen über das Bier seine eigene Identität wieder in der Stadt. Und ich war bei Freunden, die einen Bierhandel haben und sah eben Kisten Mohren-Bier dort stehen und das passte jetzt nicht so per se erst mal ins Craft-Beer-Sortiment, was die sonst verkaufen. Aber während ich da saß, kamen drei, vier Vorarlberger rein und nahmen eben eine Kiste des Bieres aus ihrer Heimat mit, weil sie eben in Wien wohnen und wollten das am Wochenende nicht mitnehmen, vielleicht sind sie auch mit dem Zug gefahren. Und Bier schafft in Österreich unheimlich viele lokale Identität und der Österreicher ist auch gewohnt, eben lokal zu kaufen. Und deshalb tun sich auch kleine Craft-Beer-Brauereien irrsinnig leicht, mit jetzt vielleicht nicht dem super freakigen Bieren, da muss es kein IPA sein, da muss es kein Imperial Stout sein, da muss es kein Sauerbier sein, sondern man kann mit einem Märzen, was aber den Namen der Stadt trägt, unheimlich realisieren am Markt. Und das ist einfach schön zu sehen, dass eben über Bier auch Heimat geschaffen wird. Und das ist einfach in Österreich, finde ich, vielleicht jetzt mal in Deutschland abgesehen von Franken, weil da ist es natürlich vielleicht sogar vergleichbar, aber in Österreich ist es landesweit so, dass über Bier, oder auch Wein natürlich , man so ein Stück Heimat an den Arbeitsplatz mitbringen kann und da letztendlich auch Freunde begeistern kann.

Markus: Ja, auf jeden Fall. Und ich denke mal, also Bier schafft Heimat, ist auf jeden Fall etwas, was Österreich und Franken verbindet. Also es gibt ja auch ein Bierland Franken und es gibt ein Bierland Österreich, also da gibt es durchaus ähnliche Strukturen. Und ich habe mich jetzt, während du erzählt hast, auch erinnert, dass ich noch drei Kästen Mohren Eisbock bei mir im Keller habe seit zehn, 15 Jahren. Da muss ich mal eine Flasche rausholen für einen der nächsten BierTalks, der hat sich bestimmt schön entwickelt. Ja, was mich noch interessieren würde, du hast jetzt diese ganzen Biere verkostet und das Buch geschrieben und man merkt ja auch, wie sehr du Teil dieser österreichischen Bierwelt auch irgendwie bist, wie sehr du da auch davon begeistert bist, aber wie haben die denn dich und dein Buch aufgenommen? Also kam das dann überall gut an, sagen die: „Super, genauso muss es sein“ oder gab es da auch den ein oder anderen Brauer, der gesagt hat: „Hej, was will denn der Piefke da“ und so?

Martin Voigt: Du sprichst einen ziemlich wunden Punkt an, weil es war tatsächlich so, dass ich ja als völliger Nobody und aber auch als jemand, der keine Ausbildung in Bier hatte, in diese Szene reingefallen bin und ich hatte einfach nur Spaß an dem, was ich gemacht habe. Und ich habe mir da, glaube ich, schon ein bisschen den Unmut auch bei den Granden der Bierszene zugezogen. Zum einen, was macht der denn da? Es wusste ja keiner, was ich da tue. Und da gab es durchaus auch im Vorfeld des Buchs, gab es den Austausch mit Anwälten, die mich mal mit einstweiligen Verfügungen überziehen wollten, das ist alles nachher gut ausgegangen. Ich habe da auch Fehler gemacht, das weiß ich. Nur, ich habe natürlich diesen Markt aufgewirbelt, weil, ich kann in Wien relativ viel Bier kaufen, auch viele verschiedene Biere, aber nicht 255. Und ich habe dann das gemacht, was ein ahnungsloser Autor für Bierbücher macht, ich habe einfach mal eine Adressliste mit Brauereien rausgesucht und habe ein sehr langes Anschreiben verfasst, habe erklärt, was ich gerne machen möchte und habe gefragt, ob ich das Bier von ihnen kaufen könnte? Für mich war immer ganz wichtig, ich möchte das Bier kaufen. Und natürlich gibt es viele Brauereien, die dann einfach sagen: „Wir finden die Idee super und wir schicken dir das Bier zu und wollen da jetzt auch keine Rechnung sehen.“ Und es gab aber auch Brauereien, die mich kontaktiert haben und gesagt haben: „Besuch uns mal, komm mal vorbei. Wir finden deine Idee super und wir stellen dir Kontakte her.“ Also der Support auf der Brauerseite war viel, viel größer als auf der Seite der, ja, damals existierenden Bierschreiber, Bierausbilder, weil ich ja genau in deren Wasser jetzt fischte. Und ich habe dann versucht, denen ein bisschen klarzumachen, es geht hier nur um mein Buch, wenn das durch ist, seid ihr mich los. Aber der Widerstand wurde immer größer und da habe ich mich dann auch so ein bisschen herausgefordert gefühlt, habe gesagt: „Okay, wenn ihr mich nicht haben wollt, dann bleibe ich.“ Und merkte aber, dass eben genau diese vielleicht alten Gesichter gar nicht mehr so die waren, die jeden Konsumenten angesprochen haben. Und ich habe eine jüngere Generation vielleicht angesprochen, habe mich sehr stark und auch sehr klar auf das Thema Craft-Beer fokussiert, auch wenn in dem Buch natürlich die klassischen Marken auch mit drin sind. Aber ich habe sehr schnell gemerkt, dass mich eigentlich so diese jungen Wilden viel mehr interessieren und habe dann lange Zeit so ein bisschen einen Gegenpol unfreiwilliger Weise gebildet. Und man merkte, den werden wir jetzt nicht mehr los und dann hat man sich angefangen zu arrangieren. Und man kommt dann auch relativ schnell miteinander klar, wenn man sich auch, ich sage mal, nie ausgesprochen, aber so gegenseitig die Claims absteckt und merkt, nee, der will jetzt nicht hier 20 Testings im Monat machen und will auch keine Vorträge bei Brauereien halten, sondern der hat da ein ganz anderes Zielpublikum. Und als wir dann 2014, also eigentlich ein Jahr nachdem ich das Buch geschrieben habe, das Craft Bier Fest in Wien zu dritt gegründet haben, haben wir eine Bewegung losgetreten, wo dann auch selbst der ärgste Kritiker sagen musste: „Ah ja, so ganz schlecht ist der Typ ja nicht für die Bierszene.“ Und da haben wir, glaube ich, dann auch, ich sage mal, durch Taten Überzeugungsarbeit geleistet.

Markus: Also dem kann ich mich nur anschließen. Bevor wir noch kurz über das Craft Bier Fest sprechen, weil ich das durchaus auch ein interessantes Thema finde, habe ich jetzt auch noch ein Bierchen mir hier aus dem Kühlschrank geholt, weil ich gedacht habe, wenn wir schon da sind und gemeinsam ein Bier trinken, habe ich auch eins dabei. Und interessanterweise hat Österreich Deutschland ja auch etwas voraus, nämlich, es gibt in Österreich eine Trappistenbrauerei. Wir hatten auch mal eine in Deutschland, die ist aber mittlerweile geschlossen worden und Bitburger hat das Bier dann im Craftwerk noch irgendwie im Angebot, aber es ist zumindest kein Trappistenbier mehr. Und hier haben wir eben Engelszell und haben von denen verschiedene Trappistenbiere. Und eins haben wir jetzt hier, das ist das Blond, das heißt Nivard, ist in einer schönen Flasche mit einem hellblauen Etikett, selten für Bier eigentlich. Ich mache mal auf und schenke hier mal ein.

Martin Voigt: Vor allem auch selten für Trappistenbiere, die ja häufig auch eher dunkelgehaltene Etiketten haben. Aber die Brauerei Stift Engelszell, glaube ich, ist sehr früh den Weg gegangen, nicht zu versuchen, klassische Trappistenbrauereien zu kopieren, sondern eine eigene Identität zu schaffen. Und das liegt nicht zuletzt daran, dass der irdische Mastermind, der hinter dieser Brauerei steckt, nämlich der Peter Kramer von der Brauerei Hofstetten, der, glaube ich, bei dem Stift relativ viel Überzeugungsarbeit geleistet hat, weil er einfach sich gefreut hat, dass ein Trappistenkloster in der Nähe ist und gesagt hat: „Dann muss es doch auch ein Trappistenbier geben.“ Und ich glaube, nachdem die ersten, ja, Wälle mal eingerissen waren, mittlerweile sind die Trappisten im Kloster sehr begeistert von dem, was sie dort tun, nennen ja auch ihre Biere nach ehemaligen Ordensbrüdern. Und haben auch dem Bierland Österreich über das Trappistenbier, was ja keiner auf der Landkarte hat, auch wieder einen sehr eigenen Stempel aufgedrückt und einfach die Szene wieder um eine Nuance bereichert. Und das finde ich einfach ein sehr schönes Projekt und kommt international gut an. Schafft tollen Tourismus auch in die Gegend, Amerikaner, die auf einmal sagen: „Hej, da gibt es noch eine Trappistenbrauerei in Europa, die wir möglicherweise noch nicht kennen.“ Und am Ende des Tages leben, glaube ich, sowohl die Trappistenmönche beziehungsweise auch die irdischen Hotelanbieter, Gastronomen in der Gegend, relativ gut von diesem Produkt.

Markus: Ja, das glaube ich auch. Übrigens, wer das mal sich näher zu Gemüte führen will, wir haben mit Henri Reuchlin schon mal einen BierTalk gemacht zum Thema Trappisten. Da wird auch ein bisschen erklärt, wo das herkommt und was da dahintersteckt letzten Endes, seine Philosophie. Und hier haben wir eben ein schönes Beispiel, ich stoße mal schnell mit dir an.

Martin Voigt: Zum Wohl.

Markus: Prost, zum Wohl. Beschreibe es vielleicht auch noch kurz, also wir haben jetzt hier ein Blond, würde man sagen. Und das ist natürlich spannend, ähnlich wie zum Beispiel auch im englischen Bereich bei Pale Ale, das muss gar nicht so hell sein, das muss nur deutlich heller sein als die entsprechende wirklich dunklere Variante. Also hier haben wir quasi so ein, ja, einfach gesagt, ein bernsteinfarbenes Bier, es ist auf jeden Fall auch wieder so leicht orangeschimmernd. Das hat eine leichte Trübung, einen schönen, ganz festen Schaum, der auch leicht getönt ist. Jetzt riechen wir nochmal rein. Also schön, das sind diese Noten, die man von Trappistenhefen eben kennt, schön fruchtig, frisch, eine leichte Zitrusnote, ein bisschen Karamell, sogar ein bisschen rote Birnen, ein bisschen Banane, also ein sehr schöne runde Geschichte, dahinter kommen dann natürlich auch so ein bisschen getreidige Noten. Und dann probieren wir mal ein Schlückchen.

Martin Voigt: Und das Stift Engelszell hat ja den unschätzbaren Vorteil, dass es in einer Gegend ist, wo obergärige Biere auch gelernt sind. Also ein Bananenaroma zum Beispiel oder überhaupt ein Fruchtaroma in der Nase erschreckt in Oberösterreich eben niemand. Und man, ja, besetzt dort eine Nische mit einem Blond zum Beispiel, ich meine, es gibt ein klassisches Weißbier aus Stift Engelszell. Und ich weiß nicht, wie viele Trappistenbrauereien es auf der Welt gibt, die ein Weißbier brauen. Und man hat ja immer so das Gefühl, dass muss ein Dubbel, Quadrupel, Tripel sein und das Stift Engelszell hat natürlich diese Bierstile aufgegriffen, aber auch eine lokale Identität, und da sind wir schon wieder bei dem Thema, mit einem Weißbier geschaffen. Und das ist einfach auch, finde ich, ein tolles Merkmal dieser Brauerei, dass es eben als Trappistenbier nicht immer diese klassischen belgischen Bierstile sein müssen.

Markus: Ja, also ich finde, das merkt man auch hier, also das könnte auch ein Bernstein-Weizen sein, was man bei uns in der Nähe irgendwo in Bayern, Franken bekommt. Zusätzlich ist natürlich noch diese belgische Trappistenhefenote oben drauf, aber so vom Grund-Feeling her, von der Karbonisierung, von auch diesem bananigen Ton, wie auch dann diese Karamelltöne aus dem Malz da schön weich und rund sind, also ein sehr, sehr angenehmes spannendes Bier. Und ich überlegen grad, also ich kenne, glaube ich, nur ein Weizen von der Trapp, da steht dann Witbier drauf, ist aber ein klassisches Weizen, also ohne Koriander und Orangenschalen, das ist auch ein schönes Weizen. Aber das ist wirklich, ja, spannend, die ganze Geschichte um das Stift Engelszell. Das werden wir sicherlich auch irgendwann mal beleuchten. Kriegen wir heute aufgrund der Zeit, die wir ja schon fast wieder überschritten haben, nicht mehr hin. Ich wollte mit dir aber noch über dieses Thema Craft Bier Fest sprechen, weil das vielleicht auch noch interessant ist, wie sich das dann so weiterentwickelt hat. Also wenn du da vielleicht nochmal kurz drauf eingehen könntest, wie das so läuft und vielleicht, wie sich auch deiner Meinung nach diese österreichische Szene grade, in welchem Zustand die sich befindet.

Martin Voigt: Also wir haben das Craft Bier Fest 2014 gegründet, auch eigentlich auf eine ganz, ganz wüsste Art und Weise. Wir waren zu dritt und eigentlich waren es der Max Wurzer und ich, wir waren in Amberg auf dem Bierfest damals von der Nicole Püschel.

Markus: Mariahilfberg, ist dass das?

Martin Voigt: Nein, das war The Leading Beers, hieß das damals. Das war so, die ja leider damals schwer erkrankt war, die Nicole und das so als ihr Lebenswerk gesehen hatte, dieses Festival organisiert, es war ein wunderbares Fest. Ich war mit dem Max Wurzer, der damals myBier betrieben hat, also einer der ersten Versand für kleine Brauereien in Österreich und der schon sehr viel auch für diese Szene getan hat. Und wir waren auf diesem Festival und sind dann am Sonntag in einem Zustand zurückgefahren, der, glaube ich, grade so an der Legalitätsgrenze war und wir haben uns eigentlich immer gedacht, warum müssen wir nach Deutschland fahren, um auf ein Bierfestival zu fahren, wo es geile Biere gibt? Und vielleicht auch dieses Bierfestival, das waren nicht die Freak-Craft-Brauereien. Der Alex Himburg war damals, glaube ich, so das Wildeste, was es dort gab und ansonsten waren das sehr viele lokale Brauereien, die auch experimentiert haben mit Hopfen. Es gab ein, kann mich noch sehr gut dran erinnern, ein Weißbier mit Mandarina, Bavaria Hopfen. Aber das war dann auch so ein bisschen die Verrücktheit, die dieses Bier schon hatte und dieses Festival hatte. Also es war jetzt nicht ein Fest, was sich nur mit New England IPAs oder super hopfigen IPAs oder Stouts definiert hat, sondern das waren sehr klassische bayrische Biere dort. Und wir sind nach Wien gekommen und haben eigentlich gedacht, das war 2012, 2013, Entschuldigung, 2013 war es, Ende des Jahres und haben gesagt: „Wir müssen sowas in Wien machen.“ Und dann sind wir auf den Micky Klemsch getroffen, der zur selben Zeit eigentlich eine ähnliche Idee hatte, nur einen ganz anderen Zugang hatte, er kam aus der Eventbranche, also hatte so ein bisschen das Event-Knowhow. Und wir haben uns Anfang Januar 2014 zusammengesetzt und haben dann mal geschaut, haben gesagt: „Eigentlich hätten wir gern im Mai das Fest.“ Und wir haben den Termin festgemacht, ich glaube, 18. Mai war das damals, da wussten wir schon, wann es stattfindet, da haben wir gesagt: „Ja, jetzt müssen wir anfangen zu organisieren.“ Also wir haben uns quasi gesagt, an dem Tag soll es stattfinden und dann haben wir angefangen. Und wir hatten natürlich überhaupt keine Erfahrung, es gab keine Referenzwerte, aber wir haben gemerkt, dass es Getränkehändler, Brauereien in Österreich gegeben hat, die genau darauf gewartet haben, mal zu erfahren, wie tickt denn der Markt überhaupt. Und wenn ich es irgendwo versuche, dann muss ich es natürlich bei der Geographie von Österreich, muss ich es in Wien versuchen, weil, wo sonst soll sowas funktionieren? Und wir haben dann das erste Festival Freitag, Samstag, Sonntag gestartet. Hatten das, glaube ich, schlechteste Wetter, was man sich vorstellen kann, weil die Veranstaltung auch open Air war, wir durften am ersten Tag Zelte gar nicht aufbauen oder diese Pavillonzelte. Es war am Donaukanal, wir haben eine herrliche Indoor-Veranstaltung gehabt mit 500 Gästen. Damals standen so Brauereien wie Bierol, Brew Age, die ja eigentlich jetzt so für diese moderne Bierkultur in Österreich stehen, die standen ganz am Anfang. Die kamen mit ihren ersten Bieren daher und wussten eigentlich auch nicht so, trinkt eigentlich irgendwer unser Bier, gibt es da einen Markt für? Es gab Brauhaus Gusswerk, was ja in der Bioschiene sehr etabliert ist, die so ein bisschen schon eine Fangemeinde hatten, aber es war auch Stiegl dabei, Loncium war dabei, es waren sehr viele klassische Brauereien mit am Start. Und wir hatten einfach eine riesen Gaudi an einem Abend, wo eigentlich keiner seine Zelte aufbauen konnte. Es gab einen kleinen festen Bau, jeder hat seine Biere mit reingebracht und wir sind mit ungefähr 500 Leuten da in diesem Glasbau am Donaukanal gestanden und haben gemerkt, hej, wir sind eine kleine eingeschworene Gemeinschaft, die richtig Bock auf Bier hat, nur die anderen müssen es noch verstehen. Und Samstag war dann das Wetter, ja, es hat ein bisschen geregnet, es war nicht besonders nett, aber es lief so ein bisschen schleppend an. Und das Wetter wurde dann am Nachmittag besser und die Brauereien sind zum Teil bis um vier Uhr in der Früh am Donaukanal gestanden und haben ihr Bier ausgeschenkt. Man muss wissen, der Ort, den wir da ausgewählt haben, ist so in der Nähe vom sogenannten Bermudadreieck, das ist so die Partymeile in Wien, also da stört sich auch keiner über Lärm. Und wir haben um zwölf Uhr das Fest verlassen, haben gesagt: „Also alles, was jetzt passiert, den Ärger mit der Polizei, der gehört euch.“ Und am nächsten Morgen haben wir in ziemlich kleine Augen geschaut und gesagt: „Na, wie lange ist es denn gegangen?“ Und die haben gesagt: „Naja, bis vier, halb fünf haben wir dann schon gemacht, aber dann haben wir auch zugesperrt.“ Und dann kam der Sonntag, herrlichstes Wetter. Der Wiener geht dann sofort raus, es wurde mit Rollerblades, diesen Kickboards, Fahrrädern am Donaukanal gefahren und die Leute sind stehengeblieben, haben gesagt: „Was ist denn da los, Bierfest.“ Und wir hatten, glaube ich, knapp dreieinhalb, 4.000 Besucher allein nur an dem Sonntag. Und am Ende des Sonntags kamen dann die Brauereien zu uns und sagten: „Gut, dass wir nicht drei Tage gutes Wetter hatten, weil, die hätten uns am Freitag, spätestens am Samstagmittag hätten die uns leergesoffen und wir hätten für Sonntag kein Bier mehr gehabt.“ Daran sieht man einfach mal, man war überhaupt nicht auf so eine positive Resonanz eingestellt, man hat überhaupt nicht damit gerechnet, dass diese Biere so gut ankommen. Da gab es, glaube ich, das erste Mal in Wien Punk IPA vom Fass und das ist gelaufen wie die Feuerwehr, weil es einfach neu war. Und das war so ein bisschen die Initialzündung auch für Bierhändler, hej, da gibt es einen Markt, das interessiert die Leute, da gibt es Brauereien, die brauen diese Biere. Und ziemlich genau ein Jahr später hat ja mit Almacén, die BeerLovers in der Gumpendorfer Straße aufgemacht. Ich glaube, einer der größten Craft-Beer-Stores, glaube ich sogar europaweit, mit, ich glaube, mittlerweile fast an die 2.000 verschiedenen Bieren. Und das wäre völlig undenkbar gewesen, ohne diese, ja, die Marktforschung Craft Bier Fest. Und wir dann eigentlich innerhalb von kürzester Zeit zu einer fixen Größe geworden. Und der Micky, der leider auch viel zu früh im letzten Jahr verstorben ist, hatte dann die Idee, wir machen das Fest einfach zweimal, wir machen eine Frühjahrs-Edition und eine Herbst-Edition. Und jeder hat von uns gesagt: „Du bist ja völlig wahnsinnig.“ Und er hat dann aber auch so das Fingerspitzengefühl gehabt, in der Frühjahrs-Edition ein Gastland einzuladen, wo dann Biere aus einem europäischen meist Land präsentiert wurden, Belgien war dabei, Finnland war dabei, Tschechin war dabei. Und das Novemberfest war eigentlich immer das letzte Bierfest für alle Brauereien, die, ja, auch von weiterweg kamen und hatte eine, ja, so quasi das Klassentreffen-zum-Saisonabschluss-Charakteristik. Und die Feiern, nachdem abgebaut worden ist, die sind mittlerweile legendär, die finden, ja, immer am Samstag, wir sind mittlerweile nur noch auf einem zweitägigem Rhythmus, weil, drei Tage hält kein Mensch durch, reduziert worden. Und Samstagabend, wenn dann die Brauereien abgebaut haben und jeder halt so seine halbangebrochenen Fässer noch zusammenschiebt und dann einfach gefeiert wird, weil, es ist das letzte Fest im Jahr. Es wird so ein bisschen resümiert unter der Brauereischaft und es ist einfach, ja, diese freundschaftliche Gefühl, ein Miteinander und jeder hat einfach auf dieses Thema Bier unheimlich viel Lust. Und das ist so ein bisschen der Stempel, den wir, glaube ich, diesem Festival aufgedruckt haben, im Frühjahr ein sehr solides Craft Bier Fest für die Stadt Wien und im November, das letzte Novemberwochenende. Und zum Glück findet es heuer wieder statt in der Marx Halle im dritten Bezirk, eine wunderschöne, von der Architektur her, gestaltete Halle. Und wir werden dann eine schwere Zeit beenden mit einem Craft Bier Fest in der, ja, nach Corona-Zeit, tue ich mich ein bisschen schwer, aber zumindest einer jetzt kontrollierten Corona-Zeit und es wird wieder ein Fest geben. Und das ist einfach ein tolles Zeichen, dass das wieder losgeht und alle sitzen in den Startlöchern und warten nur drauf, die Freunde wieder zu treffen und die Bierwelt hochleben zu lassen.

Markus: Ja, das ist ja auch eine Stimmung, die wir jetzt zum Beispiel auf dem Bierwettbewerb erleben, dass ja wirklich die ganzen internationalen Juroren sich teilweise zwei Jahrelang nicht gesehen haben und wie das so herzlich und mit so viel Freude und Energie und gemeinsamem Gefühl und Freude am Bier einfach abgeht und man merkt, wie das wieder zusammenwächst. Also sehr, sehr schön. Und ja, jetzt haben wir schon mal einen Tipp für die Hörer, wo sie dich erleben können, nämlich dann im November bei dem Fest. Und vielleicht so abschließend noch kurz, wir haben am Anfang schon drüber gesprochen, es gibt diesen YouTube-Kanal proBIER.TV. Wenn du vielleicht da noch den Hörern kurz sagst, wie komme ich dahin, was erwartet mich da und wie kann man sich dir da irgendwie nähern.

Martin Voigt: Ja, also es gibt grundsätzlich die Webseite, das ist immer der einfachste Weg, auch auf den YouTube-Kanal zu kommen, proBIER.TV. Und, ja, der normale Weg, wie Leute zu mir kommen, ist eigentlich über YouTube dann nach proBIER.TV zu suchen, da findet man mich relativ schnell. Ich mache jeden Tag, also sieben Tage die Woche eine Bierverkostung, mit zwei Tagen in der Woche, die, ja, mit Bieren aus Spezialgebieten schon belegt ist, Freitag ist mein Polishbeerfriday. Ich habe vorhin gesagt, ich habe meine Liebe zum polnischen Bier entdeckt und bin fest davon überzeugt, und das sehe ich jetzt mittlerweile auch bei deutschen Craft-Beer-Versendern, die polnische Craft-Beer-Szene ist eine, die leider viel, viel zu unbekannt ist. Es gibt tolle Brauereien, die mit einer wahnsinnig hoher Qualität Biere brauen, die der Craft-Beer-Freak normalerweise für unfassbares Geld aus den USA Hype-Brauereien importiert und man eigentlich gar nicht weiß, dass es ähnliche oder, meiner Meinung nach, teilweise sogar bessere Qualität, weil, die musst du jetzt nicht drei Monate irgendwie über den Atlantik schippern, aus einem Nachbarland wie Polen gibt. Und das versuche ich eben so ein bisschen zu ändern und da komme ich wieder, was ich vorhin gesagt habe, das ist einfach so meine Mission, ich möchte von Bierwelten erzählen, die die Leute vielleicht noch nicht kennen und da ist eben dieser Polishbeerfriday ein Element. Und das zweite Element, was es gibt, ist der Supermarktsamstag, weil, ja, man mich immer ein bisschen kritisiert hat, wenn ich die normalen Biere verkostet habe. Aber, genau über diese normalen Biere findet ja vielleicht ein Weintrinker auch den Zugang zum Bier. Und warum soll auf einem Craft-Beer-Kanal auch normales Bier, was in einem Supermarkt gekauft wird, und das ist die einzige Bedingung, die dieses Bier haben muss, es muss irgendwo auf der Welt aus einem Supermarkt stammen und da versuche ich die Leute eben mit solchen Bieren abzuholen. Das heißt aber nicht, dass es nicht auch ein Craft-Beer gibt, weil mittlerweile das Craft-Beer-Sortiment ja weltweit auch im Supermarkt sehr, sehr hoch ist. Polen, Lidl ist einer der größten Craft-Beer-Händler. Das glaubt man gar nicht, vom Volumen her. Kroatien ist genau dasselbe, Lidl verkauft nach Volumen das meiste Craft-Beer in Kroatien. Und da sieht man mal, dass diese Welt sich einfach anfängt zu drehen und genau da möchte ich die Leute abholen. Ich lade sie auch immer ein, grade für den Supermarktsamstag, mir mal ein bisschen Biertipps zu geben. 50 Prozent sind Leute, die mir vollgesonnen sind und sagen: „Hej, ich habe da ein tolles Bier im Supermarkt gesehen, probier das mal oder, das ist mein Lieblingsbier aus dem Supermarkt. Was sagst denn du dazu?“ Und die anderen 50 Prozent, und ich nehme das tatsächlich auch mit Humor, sind so Biere, wo man sagt: „Jetzt wollen wir mal sehen, wie er das Gesicht verzieht, wenn er es probiert.“ Und insofern ist das immer so ein bisschen mit Augenzwinkern auch manchmal zu sehen und macht einfach riesen Spaß und hält diese Community auch ein bisschen zusammen. Und darum geht es letztendlich, den Spaß beim Bier zu haben. Und den versuche ich zu vermitteln und das ist letztendlich der Sinn und der Zweck dieses Kanals. Und ich mache keine Werbung, ich lasse mich nicht sponsern, was ich vorhin gesagt habe, die meisten Biere, ich sage immer, die meisten Biere, weil es natürlich Brauereien gibt, die inzwischen einem dann auch mal kostenlos da Nachhause schicken oder wenn man sie besucht, einem das Bier auch schenken. Aber grundsätzlich ist schon mein Credo, ich möchte mein Bier bezahlen und möchte dann auch meine Meinung völlig ungefiltert dazu sagen dürfen und das tue ich auch.

Markus: Ja, also dem kann ich nur beipflichten, ist auch meine Philosophie wirklich, also nie nach irgendwelchen Gratis-Bieren oder sowas zu betteln oder zu bitten, sondern mein Anspruch ist auch immer der, ich bezahle es und wenn einem dann mal jemand was schenkt, ist das grundsätzlich okay, aber, eine Abhängigkeit darf da auf gar keinen Fall sein. Ja, also ich muss noch sagen, ich freue mich auch schon drauf, dann Morgen das nächste Video zu sehen. Mal schauen, wie du da oder in welchem Zustand du dann bist nach den 100 Bieren, die wir heute verkosten. Wir müssen jetzt eh gleich noch los zur Best Of Show Verkostung. Euch wünschen wir jetzt noch einen schönen weiteren Tag nach dem BierTalk und vielleicht macht ihr euch auch das ein oder andere Bier aus Österreich oder Polen oder vielleicht auch Deutschland auf. Und vielen Dank, lieber Martin, war ein großes Vergnügen und bis bald mal wieder, tschüss.

Martin Voigt: Servus.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 32 – Interview mit Sam Smith, Inhaber von Samuel Smith’s Brewery in Tadcaster, Großbritannien

Sam Smith trägt einen großen Namen. Schon seit 1758 existiert die Brauerei seiner Vorfahren in der englischen Kleinstadt Tadcaster in Nordengland. Der Ort gilt neben Burton upon Trent als zweites Bier-Mekka der Insel und so nimmt es nicht Wunder, dass die Biere von Sam Smith in der gesamten Welt einen hervorragenden Ruf genießen. Dank einer früheren Kooperation mit der bayerischen Ayinger Brauerei spricht er fließend deutsch und ist schon seit längerem ein guter Freund der BierAkademie und Gastdozent in den Biersommelierkursen. Im BierTalk verkostet er mit Markus und Holger sechs Biere seiner Brauerei, darunter auch einen Cider und das Organic Lager. Ein echter BierTalk der Superlative, wir wünschen viel Spaß beim Zuhören…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Hallo Freunde des BierTalks! Wir haben wieder mal ein Special, und zwar die Nummer 32, und gehen nach Great Britain. Unser Gast ist der Sam Smith. Ich sag nur: The Old Brewery. Sam, es ist uns eine große Ehre, dass du bei uns bist. Vielleicht stellst du dich selbst den Hörern vor und sagst auch schon was zu deiner altehrwürdigen Brauerei.

Sam Smith: Danke schön, Holger! Ja, es ist eine große Freude, eine große Ehre, auf dem Podcast eingeladen zu werden. Mein Name ist Sam Smith, ich arbeite bei der Brauerei Samuel Smith. Wir sind eine der ältesten Brauereien Großbritanniens. Wir sitzen ungefähr 250 oder 300 Kilometer nördlich von London entfernt in der Grafschaft Yorkshire. Und wir sind eine ganz alte Brauerei. Die Brauerei wurde im Jahr 1758 gegründet, wurde 90 Jahre später von meiner Familie übernommen. Und ich habe das Glück, die fünfte Generation meiner Familie zu sein, in der Brauerei tätig sein. Wir brauen ein ganz interessantes traditionelles Sortiment an Bieren, die die klassischen englischen Bierstile sind, die durch die neuen Flaschen zur Verfügung stehen oder exportiert werden. Wir freuen uns, dass in der Mitte dieser Craftbier-Bewegung unsere klassischen Biere eigentlich noch relevant und interessanter als vorher sind, weil sie halt die Ursprünge waren, wo die ganze Craftbier-Bewegung herkommt, lang bevor das modisch war.

Holger: Ihr habt schon Craft gemacht, da gab‘s noch gar keine Craft, ne?

Sam Smith: Genau, das stimmt! Das Wort, genau, besteht gar nicht oder bestand gar nicht. Und das war einfach mal ein gutes Bier, normales Bier, das wir sehr gut brauen wollten, lange, lange bevor das ein Wort war.

Holger: Sehr schön! Und Markus, wie geht es dir damit, wenn du Samuel Smith, da läuft einem doch das Wasser im Mund zusammen, oder nicht?

Markus: Ja, auf jeden Fall. Und auf jeden Fall auch Gänsehautfeeling, weil ich sehr gerne in England bin, sehr gerne in London zum Beispiel in den Pubs und großer Fan auch bin von Real Ale. Und dort gibt es natürlich auch einige Sam Smith Pubs. Da bin ich dann auch immer sehr, sehr gerne und habe auch so meine Lieblingsbiere. Also gerade das Porter finde ich ganz, ganz toll, aber auch das Pale Ale und das IPA sind tolle Biere. Und es ist vor allem eine der ganz wenigen Möglichkeiten, diese Bierstile mal so kennenzulernen, wie sie ursprünglich waren. Weil das sonst bei den meisten mittlerweile schon Interpretationen sind und dann viel mit modernen Hopfen oder mit anderen Produktionsmethoden gearbeitet wird. Und das sind auch gute Biere, aber mir macht das auch oft Spaß, mal auf den Ursprung zurückzukommen. Dann noch dazu muss ich sagen: Ich habe die Biere schon lange gekannt und auch lange gerne getrunken und habe dann das Glück gehabt, in Hamburg den Sam zu treffen und dann eben festgestellt, dass er auch noch so gut Deutsch spricht. Das ist natürlich faszinierend und fantastisch und dann haben wir uns auch unterhalten und seitdem bin ich noch mehr Fan davon. Also insofern sehr toll! Ich freue mich sehr auf und über diesen BierTalk.

Holger: Ganz toll! Aber es wird vielleicht auch ein kleines bisschen ein Mix Englisch und Deutsch werden, zum Beispiel Campaign vor Real Ale, das wäre zum Beispiel erklärungsbedürftig. Was ist ein Real Ale?

Sam Smith: Das ist eine gute Frage. Das ist ein Ale, also ein Ale ist ein obergäriges Bier. Das heißt, wird mit einer obergärigen Hefe vergoren und zu höheren Temperaturen als ein untergäriges Bier wie ein Pils. Und normalerweise hat ein Ale so ein obergäriges Bier. Das hat weniger Kohlensäure und das ist vollmündiger als ein untergäriges Bier, als ein Pils, ein Helles. Also das ist Ale. Und dann ein Real Ale ist eine ganz besondere Art Bier, Ale. Das heißt, das ist im Fass vergoren. Also das Bier wird in der Brauerei vergoren wie ein normales Bier. Das ist ein ganz schnelles Verfahren, dauert nur eine Woche, also normale Vergärung dauert, das ist einfach mal, eine normale Vergärung dauert ungefähr eine Woche. Normalerweise wird ein Bier dann gelagert in der Brauerei in einem Tank, aber bei einem Real Ale, da wird gar nichts in der Brauerei gelagert, in einem Tank gelagert, sondern direkt nach der Vergärung wird das in Fässer abgefüllt und ein bisschen die Hefe, es wird auch nicht filtriert. Das heißt, die Hefe ist noch da im Bier. Und es wird gar nicht gekühlt. Das heißt, die Vergärung findet noch statt im Fass und eine zweite Vergärung findet eigentlich im Fass statt. Und dann kommt das in die Gastronomie, in die Kneipe, und das wird gezapft. Und wenn es gezapft wird, dann hört die Vergärung auf und wird gezapft und getrunken. Aber Real Ale heißt, wie gesagt, ein obergäriges Bier, das eine zweite Vergärung ebenfalls hat.

Holger: Jetzt, wenn man so darüber sich unterhält, Real Ale, dann ist es natürlich auch so, dass wir jetzt mal Real Ale auch praktisch erleben müssen. Und dazu müssten wir mal eine Reihenfolge festlegen. Wir haben noch gar nicht so richtig besprochen, wie wir das jetzt hier mit der Reihenfolge machen mit den tollen Bieren, die vor uns stehen. Markus, du darfst dir das Erste aussuchen.

Markus: Ja, das ist wirklich spannend und eine tolle Aufgabe. Vielleicht, um es mal kurz zu sagen, was wir hier haben: Wir haben einmal ein Organic Lager, also ein untergäriges Bier. Da bin ich auch gleich mal gespannt, was der Sam dazu sagt, wie ihm das in die Flasche gekommen ist. Dann haben wir ein Imperial Stout, also ein durchaus kräftiges, dunkles Bier. Da bin ich auch gespannt. Dann ein Nut Brown Ale, was ein sehr schönes Trinkbier sozusagen ist, mag ich sehr, sehr gerne, hat leicht nussige Noten, wie der Name schon sagt, ein Braunbier. Dann gibt’s einen Organic Cider mit Apples, wie es sich gehört, sehr spannend. Und dann haben wir ein Organic Chocolate Stout. Da haben wir dann wirklich richtig Schokolade und Kakao. Das ist vielleicht fast so ein bisschen der Nachtisch. Und dann haben wir noch das IPA. Also insofern gar nicht so einfach. Ich würde mal sagen, ich würde mit dem Brown Ale anfangen. Da fühle ich mich jetzt, glaube ich, gerade am wohlsten. Es sei denn…

Holger: Das ist ja wieder klar, als Franke suchst du dir High Drinkability aus. Aber warum nicht mit dem Cider beginnen?

Markus: Naja, wenn du das möchtest, können wir auch mit Cider anfangen.

Sam Smith: Passt auch!

Holger: Nein, ich meine, das ist ja das, was ich immer sage, ich bin glücklich, wenn du glücklich bist. Also auf jeden Fall! Aber Nut Brown Ale, und ich gebe dir recht, also absolut, kann man immer gut trinken, ist wahnsinnig lecker.

Markus: Wir können ja mal den Sam fragen: Würde der Engländer eher mit dem Cider anfangen oder eher mit dem Brown Ale?

Sam Smith: Ha-ha-ha! Gute Frage! Es ist schwierig, mit wem ich einverstanden bin. Ich muss eigentlich, den Holger wahrscheinlich würde ich wählen, und zwar den Cider am Anfang zu haben.

Markus: Also gut! Dann bin ich überstimmt. Nun machen wir den Cider auf, ist ja auch die größte Flasche. Insofern alles gut! Ich mach mal auf. So! Ist auch ein bisschen Premiere, weil ich glaube, wir hatten noch nie einen Cider im BierTalk, oder Holger?

Holger: Nein, wir hatten noch nie einen Cider im BierTalk. Absolut richtig!

Markus: Faszinierend! Na dann! Wer möchte mal beschreiben? Möchtest du, Holger, soll ich?

Holger: Nein, ich denke, du hattest es nicht haben wollen und wir haben dich jetzt dazu überredet, da darfst du es auch gleich beschreiben.

Markus: Na super! Wunderbar! Ich mache das jetzt mal so ähnlich, wie ich es bei Bier machen würde. Wir haben auf jeden Fall eine ganz, ganz schöne, so hellgoldene Farbe. Und was ich toll finde, ist, dass da so ganz feine Kohlensäurebläschen in Fäden nach oben aufsteigen, so ähnlich wie in einem Champagner. Das ist schon mal ganz schön. Und wenn man reinriecht, dann ist es in der Tat auch ein Aroma, was einen so an einen Champagner oder Sekt erinnert. Hat aber auch natürlich Apfelnoten dabei. Ist ja auch aus Äpfeln gemacht. Ah! Ein bisschen laktische Noten auch und ein bisschen so Gewürz.

Holger: Wenn du vielleicht für die Hörer kurz erklären würdest, was sind laktische Noten? Es kann durchaus Menschen geben außerhalb von Franken, die das nicht wissen.

Markus: Das stimmt! Das hat so ein bisschen milchige Noten, die da so ein bisschen ins Spiel kommen. Das hat was mit der Vergärung zu tun. Jetzt probiere ich mal einen Schluck. Oh ja, da ist ein sehr schönes, aber auch gefährliches Aromenspiel. Also es fängt sehr süß an, geht dann über in so eine leichte Säure und klingt dann sehr harmonisch aus. Dazwischen prickelt es schön auf den Mund. Und ist eigentlich so, dass man gar nicht merkt, dass da überhaupt Alkohol drin ist, geschweige denn die 5 %. Also kann ich mir gut vorstellen, dass da schon manche Leute da sich etwas überschätzt haben. Aber es ist ein tolles Getränk, also macht mir Spaß und ist tatsächlich, muss ich euch recht geben, ein guter Start in so einen BierTalk hineinzugehen. Also in dem Sinne nochmal „Prost!“. Und Holger, vielleicht magst du was ergänzen?

Holger: Ja, also für mich ist es so, wenn ich jetzt hier rausschaue, dann ist es schon irgendwie November. Und dieses Bier erinnert mich einfach noch mal an eine ganz andere Jahreszeit. Das ist, als würde man über so eine blühende Apfelbaumwiese wandern und diese herrlichen Düfte einatmen. Und dann denkt man schon darüber nach, wie das dann irgendwann im Herbst ist, wenn die Äpfel reif werden und man da reinbeißt und es knackt, wenn man den Apfel anbeißt und die Fruchtexplosion dann auf dem Gaumen stattfindet. Und dieses Leichtfüßige habe ich jetzt auch im Mund. Und das erinnert mich ganz furchtbar an Frühling. Und was kann es Besseres geben im November als an Frühling zu denken. Weil ihr müsst euch mal vorstellen, ihr wärt jetzt als Vögelchen geboren irgendwann im Mai und ihr würdet jetzt merken, wie sich die Natur verändert. Und da macht man sich doch Sorgen. Und wenn man dann aber weiß, es kommt wieder Frühling, dann wird alles sofort viel leichter. Aber so ein neugeborenes Vögelchen weiß das gar nicht. Und da denke ich darüber nach, wenn ich dieses Bier trinke oder vielmehr diesen Cider trinke.

Markus: Ich bin mir gar nicht so sicher, ob du sie nicht aus Versehen schon ausgetrunken hast, wenn man dir so zuhört. Aber interessant ist, wenn man bei uns jetzt in Bamberg zu einer Brauerei gehen würde und sagen würde, „Komm! Mach doch mal ein Apfelwein, einen Cider“, dann würde der mir wahrscheinlich den Vogel zeigen und würde sagen „Du spinnst! Ich mache Bier und fertig.“. Sam, wie ist das denn, warum macht ihr Cider? Macht ihr das schon lange? Ist das neu? Und ist das normal in England?

Sam Smith: Zuerst, Holger, möchte ich mich bei dir bedanken für die lebendige Beschreibung. Ich fühle mich also wirklich, das ist sehr schön beschrieben, ich fühle mich, als ob ich jetzt in einem Frühling unter den Bäumen sitze mit der Sonne über uns. Danke! Das war sehr schön. Ja, ist das normal? Ich würde sagen, normalerweise nicht. Die meisten englischen Brauereien brauen keinen Cider, genau, wie du sagst, das ist kein Bier. Und Bierbrauer, Brauereien wollen normalerweise nur Bier brauen. Aber für uns ist das ganz normal, ganz natürlich, dass wir auch gerne Cider möchten. Das Verfahren, einen Cider zu machen, ist nicht ganz anders als ein Bier zu machen. Es ist eigentlich ein bisschen einfacher. Es gibt wenige verschiedene Prozesse und nur in einem Tank vergoren wird das. Und deswegen sind es ähnliche Tanks und bruchsicher und ähnliche Tätigkeiten wie ein Bier zu brauen. Und haben wir gedacht, möchten wir auch ganz gern machen. Cider ist ein relativ, man trinkt, also ich weiß es nicht genau, aber ich schätze, dass vielleicht 5 oder 10 % Cider wird getrunken im Vergleich zu Bier, also schon relativ große Mengen. Und wir wollen einen richtig hochwertigen Cider brauen, das so hochwertig ist und qualitativ hochwertig ist wie unsere Spezialitäten-Biere. Es gibt viele Ciders, die sehr süß sind, die sehr künstlich sind und ganz wenige Äpfel drin haben. Die sind so die Massen-Merkmale Cider, die in sehr, sehr großen Mengen in England getrunken werden, die billigen Ciders. Und es gibt auch einige Ciders, die oft von Bauern in Südwest-England in der Nähe von Bristol gemacht werden. Und die sind oft wolkig und die sind auch relativ sauer und nicht leicht zugänglich für jemand, der Cider nicht so gut trinkt. Also wir wollten nicht richtig süß sein wie die Massenmarkt-Ciders, aber wir wollen genug Süße darin haben, dass es lecker ist und dass normale Profi-Cider-Trinker das schön gut kennenlernen können. Aber wir wollen auch ein bisschen Säure darin haben, so richtig Apfelsäure darin haben. Und das Bier jetzt mit, also das heißt nicht süß, nicht sauer, in der Mitte, schön saftig und lecker und aber ein bisschen Trockenheit dazu auch. Und es wird mit nur biologischen Äpfeln, normale Äpfel enthalten ganz viele künstliche Pestizide und Dünger, und wir sind stolz, dass hier diese Äpfel gar nicht, gar nichts Künstliches reinkommt, die sind aus biologischem Anbau. Und genau wie du sagst, es schmeckt ein bisschen wie die Säure, erinnert ein bisschen vielleicht an Champagner. Und das ist ganz richtig, es wird mit einer Champagner-Hefe vergoren, damit diese feinen Spitzen dastehen.

Markus: Da kommt für mich alles zusammen, muss ich sagen. Also wenn du von dieser Ausgewogenheit sprichst, das ist quasi wie bei einem Kellerbier, nur eben mit Äpfeln. Also insofern sind wir doch wieder ein bisschen zu Hause. Okay, war jetzt vielleicht ein bisschen schwierig der Weg, aber ich finde es ganz witzig. Aber ich finde es überhaupt interessant, dass ihr dieses Thema Biologisch ganz viel in der Brauerei habt. Vielleicht nochmal ganz kurz zu dem Cider: Seit wann gibt es den und ist das für euch ein wachsendes Segment?

Sam Smith: Ja, ich glaube, wir machen diesen Cider seit vielleicht schon seit 15 Jahren, und Cider, der biologische Cider und in den Flaschen. Und ich würde sagen, dass unser, wir machen Cider insgesamt also in Fässer, die wir in den Pubs in England verkaufen, schon seit mehreren Jahren, schon seit 13 Jahren oder so. Aber wir wollen zehn Jahre, genau, wie du sagst, viele von unseren Bieren und unseren Produkten sind mit biologischen Produkten, biologischen Zutaten, nur mit biologischen Zutaten gemacht, wie dieses Cider. Nicht alle, aber es ist ungefähr die Hälfte. Und für uns ist das ganz wichtig. Wie gesagt, besonders bei den Äpfeln ist das ganz, ganz wichtig, weil die so viele künstliche Stoffe, Pestizide und Dünger enthalten, gar nicht bei uns. Auch für Malz und die Hopfen, für die biologischen Biere, das ist ganz wichtig. Und es ist viel, viel besser für die Erde, dass nichts Künstliches drin kommt. Die Wissenschaftler sagen, dass diese Erde viel länger dauern wird. Es hat natürlich Fertility, ich weiß das nicht, wie man das auf Deutsch sagt.

Markus: Fruchtbarkeit, denke ich mir.

Sam Smith: Fruchtbarkeit, genau! Erde hat eine natürliche Fruchtbarkeit, weil es im biologischen Anbau ist, wo das angebaut wird. Und anstatt die normale Erde, wo die Fruchtbarkeit ausstirbt, langsam ausstirbt, das passiert nicht, wenn das Land im biologischen Anbau ist. Deswegen ist das für uns ganz wichtig.

Holger: Und es ist auch noch vegan.

Sam Smith: Es ist auf vegan. Genau!

Holger: Sehr gut! So! Jetzt haben wir genug über Cider gesprochen, jetzt müssen wir zum nächsten Real Ale.

Markus: Darf ich noch eine kleine Sache anmerken?

Holger: Natürlich!

Markus: Nur der Vollständigkeit halber und eben für unsere Hörer noch. Es gibt natürlich den Cider aus den Äpfeln, es gibt aber auch einen Perry, was ich persönlich auch sehr, sehr gut finde. Da wird eben statt Apfel Birne genommen und ich bin ein sehr großer Freund der Birne. Und der Perry hat einen ganz tollen schönen Birnengeschmack. Deswegen, also den mag ich auch sehr gern. Kann ich nur empfehlen. Und es gibt noch andere Fruchtbiere, die dann mit Kirschen, mit Erdbeeren, mit Himbeeren oder mit Aprikosen gemacht sind. Also ein spannender Teil des Portfolios, wenn man sich mit Sam Smith beschäftigt. Klar, sind die Biere im Vordergrund, aber diese fruchtige Ecke sollte man nicht vergessen. So! Jetzt bin ich aber auch schon ruhig.

Holger: Unbedingt! Ganz tolle Ergänzung. Danke dafür! Genau, richtig! Einen Perry finde ich auch super übrigens. Und was man auch vielleicht noch sagen muss, die Etiketten, also das muss man auch noch mal sagen, also nicht nur bei den Fruchtbieren, sondern insgesamt gibt es so unglaublich schöne Etiketten. Und die alleine schon sind es wert, sich einen Samuel Smith zu kaufen oder zu bestellen und dann auch noch mal sich am Etikett zu erfreuen. Also das muss ich auch noch mal sagen. So, jetzt aber! Also du hast jetzt Nut Brown Ale so in den Ring geworfen. Und wenn ich jetzt da richtig, weiß nicht, ich wäre dann doch noch davor bei dem Organic Lager, ehrlich gesagt.

Markus: Naja, gut! Dann müssen wir deiner Münchner Zunge ein bisschen etwas Gutes tun, die auch ein bisschen Ruhrgebietszunge ist. Und deswegen vielleicht lieber auf das Lagerbier. Ist ja auch okay. Und das kenne ich auch noch nicht. Insofern bin ich auch sehr, sehr gespannt drauf. Also von mir aus sehr, sehr gerne. Pure Brewed Organic Lager. Ich mach’s mal auf.

Holger: Mach mal auf! Und Sam, das ist wirklich ein Novum. Wir reden jetzt die ganze Zeit über Real Ale und jetzt kommt auf einmal so ein untergäriges Lagerbier durch die Tür. Also Lager und untergärig, ist das nicht irgendwie böse, also in der Welt der Real Ales? Oder ist das nicht so?

Sam Smith: Ha-ha! Nein, ein gutes Bier ist egal, ob es übergärig ist oder untergärig ist, egal, ob es im Fass ist, in der Flasche ist, in der Dose ist, alle Biere können, kein Bier ist unbedingt böse, nur weil es so eine Sorte ist, so ein Stil ist. Also es handelt sich, böses Bier ist meiner Meinung nach nur das, was mit künstlichen Stoffen gebraut wird und keine gute Qualität hat. Aber nur, dass es untergärig ist, das trinke ich ganz gerne und wir brauen ganz gerne sehr, sehr gutes untergäriges Bier. Aber ja, wie du sagst, das ist kein traditioneller englischer Bierstil, weil es untergärig ist. Aber wir haben die Idee, wir wollen untergäriges Bier auch brauen. In England ist das eigentlich, das ist das meiste Bier, solche Lagerbiere. Aber wir wollen das richtig gut brauen, wir wollen nichts Künstliches brauen, wir wollten das authentisch machen, so wie die beste Brauer in Deutschland und der Tschechei und die besten traditionellen Pils und Helles brauen. So ein richtiges, authentisches untergäriges Bier wollen wir brauen. Das heißt, vor 14 Jahren oder so hat eigentlich dieses Bier, könnte man sagen, seinen Ursprung in Deutschland eigentlich, weil wir eine Verbindung mit der Brauerei Aying bei München hatten. Und wir haben so ihre Biere und Genehmigungen bei unserer Brauerei gebraucht, und wir ließen uns von der Universität Weihenstephan beraten, um ein richtiges untergäriges Bier zu brauen. Und die Genehmigung, die Verbindung mit der Brauerei Aying ist ganz freundlich zu Ende gekommen. Aber seine Ursprünge und wie das Bier, die Prozesse, die Methoden, die wir von ihnen gelernt haben, benutzten wir immer noch, um dieses Bier zu brauen. Und das heißt, nach dem Reinheitsgebot, nur diese vier Rohstoffe. Und das heißt, mit einer untergärigen Hefe vergoren zu ganz niedrigen Temperaturen. Und das heißt, eine sehr lange Lagerung, die in der Regel ungefähr fünf Wochen dauert, bei -1 bis 1 Grad gelagert, damit es ein richtig hochwertiges Lager am Ende kommt. Und das ist eher so, ich würde sagen, es ist, obwohl das Bier, das wir in Bayern gelernt haben, ich würde sagen, dass unser Organic Lager eher in die Richtung Pils ist als Helles. Und das wird auch mit nur biologischem Malz und biologischem Hopfen gebraut. Und das Bier kommt sehr, sehr gut an. Ein seltenes Beispiel von einem sehr, sehr hochwertigen englischen untergärigen Bier.

Holger: Ja, super! Ich habe mir erlaubt, während dem du das so schön erklärt hast, schon einen Schluck zu nehmen und ein bisschen, also ein ganz kleines bisschen bin ich jetzt schon wieder bei der Wiese. Weil es ist einfach so hellgolden im Glas und so eine trockene Gerste ist in der Nase. Und der Antrunk ist auch ein herber, herber als ein typisches bayerisches Helles, also kann an ein Pils erinnern. Und dann so kleine, kleine Säurearomen und dann aber auch Limette und schon wieder ein bisschen Apfel auch habe ich dabei. Aber es ist sehr, sehr schön ausbalanciert, also diese Säure und der Hopfen wirkt total schön ausbalanciert. Und in meinen Augen schmeckt das richtig frisch und blumig und eben nach frischgemähter Wiese. Und da bin ich jetzt dann schon wieder in so einer anderen Jahreszeit, also das wäre jetzt so ein richtig tolles schönes Sommerbier. Aber die goldene Farbe, die passt dann wiederum auch zum Herbst. Und dann muss man auch noch mal sagen, so Authentic Pure Brewed Organic Lager, das ist doch geil. Und auch wieder vegan übrigens. So, Markus! Jetzt bist du dran und darfst mich gerne noch ergänzen.

Markus: Ja, das mache ich natürlich sehr, sehr gerne. Und ich muss auch wirklich sagen, ich bin echt begeistert. Also ein sehr schönes Bier, was sich auch sehr schön trinkt. Ich muss sagen, aus fränkischer Sicht könnte man auch sagen, es ist vielleicht ein bisschen Pils, wobei wahrscheinlich es im Endeffekt doch eher ein Helles ist. Also mir schmeckt das total gut, das ist total weich, es ist total rund. Ich glaube, so ein bisschen das Geheimnis ist das Wasser, weil es wirklich unglaublich weich ist. Ich habe, glaube ich, jetzt in Deutschland, ja, also klingt vielleicht doof, aber ich glaube, ich habe noch nie ein Helles getrunken oder ein helles Lager, wie auch immer, was so schön weich auf der Zunge ist, was sich so schön trinkt. Also das ist ganz, ganz angenehm. Ja, das ist gefährlich auch wieder, weil dadurch trinkt man es natürlich sehr gerne. Und mir hat auch übrigens das Etikett wieder sehr gut gefallen, das macht richtig Lust, macht auch ein bisschen neugierig. Ja, also wirklich sensorisch ganz toll. Ich habe auch noch ein paar Fragen an den Sam, aber vielleicht willst du vorher zu mir noch was ergänzen?

Holger: Nein, ich weiß gar nicht, Sam, wie ist das eigentlich mit den Gläsern? Jetzt könnte ich mir vorstellen, bei diesem schönen Lager, da ist jetzt so ein normales Pint-Glas irgendwie nicht richtig, also meine ich zu mindestens. Wie ist das, wie geht ihr dann mit dem Thema Glaskultur da an der Ecke um?

Sam Smith: Was wir empfehlen, das Glas, unser markiertes Glas für dieses Bier ist eigentlich eher wie ein deutsches Weizenbierglas, so ein engeres und größeres Glas. Das empfehlen wir ganz gerne. Und wenn man das auch in kleinen Mengen genießt und probiert, so ein Weinglas passt eigentlich ganz gut. Aber genau, wie du sagst, ein normales Pint-Glas würde dazu nicht perfekt passen.

Holger: Markus, du hast noch Fragen?

Markus: Ja. Ich meine, einerseits würde mich einfach interessieren, wie das denn überhaupt funktioniert? Also wir wissen ja, eine untergärige Hefe, die man für so ein Lager braucht, tut sich schwer in einer Brauerei, wo viel obergärige Hefe ist, weil die obergärige sich dann meistens durchsetzt. Also wie kriegt ihr das hin, diese beiden Biere parallel zu brauen? Und ja, vielleicht auch so die Idee, was war so euer Vorbild? Also wenn du jetzt gesagt hast, Aying, also hattest du da so ein Pils oder Helles aus Bayern im Kopf? Oder wolltet ihr einfach ein schönes International Lager machen? Oder was war so die Idee?

Sam Smith: Um die erste Frage zu beantworten, wie wir die zwei Hefen beieinander, wie das alles passiert? Also ganz einfach gesagt: Weil unsere Brauer sehr, sehr gut sind und durch ihre Tätigkeiten. Wir haben besondere Tanks, die wir nur für dieses Bier und diese Hefe benutzen. Wir haben unsere ganz traditionellen Schieferbottiche wie unsere Yorkshire Squares, wo wir unsere Ales, unsere obergärigen Biere in diesen einzigartigen Bottichen werden die vergoren. Aber ganz anders in einem anderen Gebäude in der Brauerei sind unsere Stahltanks und nur da wird diese Hefe und dieses Bier gebraut, damit es anders behandelt wird und bei den niedrigeren Temperaturen gebraut und gelagert werden kann. Es gibt einige englische Brauereien, die so ein Lager brauen, aber es wird eigentlich mit ihrer ganz normalen obergärigen Hefe gebraut. Wir sagen, nein, wir wollen das richtig machen, das authentisch machen mit genau der richtigen Hefe. Das Leben für unsere Brauer ist nicht einfacher, ist schwieriger deswegen, aber wir wollen das richtig machen mit der richtigen untergärigen Hefe. Und das schmeckt man, da schmeckt man die Qualität, diese leicht spritzigen Noten, die man in so einem untergärigen Bier erwarten sollte. Warum so dieser Stil? Ja, also wir wollten, das ist ganz viele Jahre her, vor 40 Jahren oder so, wollten wir richtig gutes untergäriges Bier brauen. Die meisten anderen englische Brauereien haben nur billige europäische, ganz große Marken eingekauft oder unter Lizenz dann eingekauft, um in England zu vertreiben. Aber nein, wir wollten unser eigenes brauen und richtig qualitativ hochwertig das brauen. Und haben dann die, also mein Vater ist eigentlich und ein Kollege von ihm sind nach München geflogen, weil die wussten, dass da sehr gutes Bier gebraut wird. Und die haben dann so eine Kneipe in München gefunden, wo das sehr beliebt war, und Aying in großen Mengen gefunden wurde. Und die haben gesagt „Wow! Dieses Bier ist ja super. Und wir wollen diese Brauerei besuchen.“. Die haben dann am nächsten Tag die Brauerei besucht. Haben dann die Besitzer kennengelernt, den Besitzer kennengelernt. Und irgendwie, ich weiß nicht genau, mein Vater konnte kaum Deutsch, der Herr Inselkammer in der Brauerei konnte kaum Englisch, aber irgendwie haben die so ein gutes Gespräch gehabt und eine schöne Beziehung ist zustande gekommen. Wir waren von ihren Bieren sehr beeindruckt und wollten etwas Ähnliches bei uns brauen. Und deswegen ließen wir uns von der Universität Weihenstephan beraten, um das richtig zu machen. Und in ihrer Brauerei, in der Brauerei Aying wird ein Helles, ein sehr, sehr gutes Helles und Jahrhundert-Bier gebraut, so ein Exportbier. Und es wird auch ein Pilsbier getrunken, das sehr herb ist. Und ich würde sagen, dass unser Bier, unser Pure Brewed Organic Lager, das ist ungefähr in der Mitte zwischen diesem ganz herben Pils und diesem sehr malzigem Helles.

Holger: Wer jetzt keine Lust bekommt, mehr Biere von Samuel Smith zu probieren, der ist selbst dran schuld. So! Jetzt, Markus, jetzt kommt die Stunde der Wahrheit.

Markus: Moment, Moment, Moment, Moment!

Holger: Ah!

Markus: Oh! Eine winzige Frage habe ich noch.

Holger: Ah!

Markus: Eine ganz kurze Frage.

Holger: Er lässt uns wieder nicht trinken. Wahnsinn, Wahnsinn!

Markus: Ja, ja, ja, na gut! Du musst halt etwas haushalten. Du hast ja noch ein paar Bier. Nein, ich habe nur noch eine ganz kurze Frage. Und zwar lag ich denn richtig mit dem Wasser? Also verwendet ihr ein besonderes Wasser in Tadcaster und hat das vielleicht auch einen Einfluss auf dieses Bier?

Sam Smith: Das ist eine sehr gute Frage. Wasser ist ja so eine wichtige Zutat. Also bei uns, unser Bier, wir haben unsere eigene Quelle, die vor mehr als 250 Jahren gegraben wurde. Und aus dieser Quelle kommt ein sehr hartes Wasser, das für obergärige Biere sehr perfekt geeignet ist. Und das werden wir schmecken, wenn wir unsere obergärigen Biere probieren. Aber um so ein Lager, so ein untegäriges Bier zu brauen, braucht man ein sehr zartes Wasser. Das heißt, wir verändern unser Wasser, um ein zartes Wasser zu machen, um dieses Bier zu brauen. Und genau, also wir haben uns viel darum gekümmert, das richtige Wasser, um dieses Bier richtig zu brauen, und das behandeln wir, um das herbeizubringen.

Markus: Faszinierend! Danke schön! Und eine allerletzte Frage, damit wir den Holger noch auf die Folter spannen. Ich habe bei euch gesehen, ihr habt auch noch ein Wheat Beer im Portfolio, also ein Weizen. Da hätte ich nur einmal die Frage: Ist das auch so aus dieser deutschen Zeit übernommen? Und vielleicht die Frage: Warum heißt das denn Bier und nicht Ale?

Sam Smith: Wir sind mit der Brauerei Aying in Verbindung gekommen, weil wir Pils brauen oder untergäriges Bier brauen wollten. Und da haben wir auch entdeckt, dass in Deutschland oder in Bayern auch diesen leckeren Bierstil Weizenbier auch ganz gern braut und ganz gern trinkt. Und haben gedacht: Okay! Dann haben wir Lust mal, das auch zu brauen. Und das ist dann zustande gekommen. Wir glauben, was wir brauen, was ganz Gutes gibt. Fast keine englischen Brauereien, die ein Weizenbier brauen, es ist jetzt unser eigenes Rezept nach dem Ende der deutschen Genehmigung. Aber das ist schon ähnlich wie die deutschen, wie die Brauer bayerischen Weizen, ist ganz lecker, kommt sehr, sehr gut an. Es heißt Wheat Beer, nicht Wheat Ale, weil in England, man ist daran gewöhnt, man hat eine Idee im Kopf, was ein Ale ist, das ist so ein bisschen wärmeres Bier, ein bisschen dunkler, ein bisschen vollmundiger. Und ich glaube, während ein Weizenbier ganz anders ist. Das ist nicht so vollmundig wie ein normales Ale und mit diesem Bananengeschmack ist etwas ganz anderes, das ist eine ganz andere Richtung. Und ich glaube, das würden die englischen Trinker verwirren, wenn das sich Ale nennen würde.

Holger: Soll ich noch mal versuchen, wir könnten, also wenn du nicht wieder den Frageonkel machst, jetzt zum nächsten Bier kommen. Und das wäre dann sogar dein Bier. Also was du dir die ganze Zeit schon wünschst. Und jetzt wäre es soweit. Also bist du bereit?

Markus: Ich bin absolut bereit, keine Frage. Aber man muss doch die Gelegenheit nutzen, wenn man den Sam jetzt schon mal am Rohr hat, diese Dinge zu fragen, weil das einfach sehr spannend ist. Also gut, aber jetzt mache ich hier das Nut Brown Ale auf. Ich freue mich schon total. Und …

Holger: Ich auch.

Markus: Ja! Das ist jetzt wieder zu Hause. Ein wunderschönes rotbraunes rostbraunes Bier, klar filtriert, aber sehr schön leuchtend. Es strahlt mich richtig an mit diesem roten Stich im Braun. Oben der Schaum sehr kompakt, auch braun, schön haselnussbraun würde ich sagen, steht auch ganz fest. Jetzt rieche ich mal dran.

Holger: Man müsste noch mal zählen, wie oft du jetzt braun gesagt hast.

Markus: Mache ich selten, aber weil wir jetzt diese ganze Zeit eben was Helles hatten jetzt. Jedenfalls, heißt ja auch Nut Brown Ale. Und es riecht auch noch so. Das heißt, wir haben also ganz schöne Karamellnoten, natürlich nussige Noten in der Nase, ein bisschen rote Beeren, ein bisschen Toffee auch. Ja, richtig schön weich. Das macht richtig Lust, da jetzt auch ein Schlückchen zu nehmen. Mache ich jetzt auch gleich mal. Und das ist auch wieder ganz schön vom Spiel her. Also es fängt an, ist so süß, karamellig, dann ist die Kohlensäure da und die ist so ganz kompakt und moussierend. Also so richtig schön, als würde man praktisch Schaum trinken, so ein bisschen vom Gefühl her. Das macht das auch ein bisschen fluffig. Und dann kommt so eine leichte, bittere Note auch dazu, die überwiegt dann am Schluss immer mehr. Und es bleiben auch so nussige Töne schön im Mund, so wie eine schöne geröstete Haselnuss, wie man das so kennt. Moment! Ich muss noch mal probieren. Jetzt ist das Glas auch schon gleich leer. Aber es trinkt sich total schön, also sehr weich, sehr rund. Und es ist vor allem ein richtig volles Aroma, also ein ganz, ganz dicht, ein schöner, voller Körper. Und dadurch, dass wir diesen schönen karamelligen und cremigen moussierenden Charakter von dem Bier haben, ist das auch so ein richtiges Erlebnis mit jedem Schluck. Also ich bin begeistert, es erfüllt genau meine Erwartungen und deswegen kann ich nur sagen „Prost auf dieses wunderbare Bier!“.

Holger: Ich kann da fast nichts ergänzen, nur dass ich sagen kann, es ist auch seit langer, langer Zeit ein wirkliches Lieblingsbier von mir. Aber das harmoniert mit der fränkischen Zunge fast wie kein anderes Bier. Das sag ich euch. Das ist so harmonisch, malzaromatisch und man glaubt, man lutscht ein Toffee-Bonbon. Auch da, Sam, herzlichen Glückwunsch! Das ist Wahnsinn. Immer noch besser und besser und besser, also das ist einfach schön. Ich kann nur noch mal sagen, wenn man jetzt über Bierkulturen auch spricht und dann natürlich in das tolle Nachbarland Belgien blickt, dann hat man natürlich eine unglaublich spannende Welt. Aber die britische Bierkultur, die ist auch sehr beachtlich und man muss fast hinfahren. Also man muss fast hinfahren und eine britische Bierreise machen. Also das wäre toll. Da wäre dann Tadcaster auf jeden Fall auch ein Halt, wo man durchaus mal zwei Tage verweilen kann. Du kannst vielleicht ein bisschen erzählen, wie sieht‘s bei euch aus? Wie ist es da, wo du lebst? Hat das viele Berge oder ist es gar nicht bergig oder ist das Wetter immer schön wie in Somerset, oder? Wie ist es da bei euch?

Sam Smith: Danke, ich freue mich, dass das Bier so gut ankommt. Genau, wie du sagst, das ist ganz wichtig, ist dieses Thema so Bierkultur. Und wo wir sitzen, im Norden Englands, das, so ein Brown Ale ist ein ganz typischer oder ganz traditioneller Bierstil aus dieser Gegend, aus diesem Gebiet aus dem Norden Englands. Die berühmteste heißt Newcastle Brown Ale. Newcastle ist eine große Stadt im Norden Englands. Aber das Bier ist wahrscheinlich ein bisschen süßer, weil dieses Bier auch so ein richtiges Brown Ale ist, aber ein bisschen trockener ist und diese richtig vollmundige, nussige Geschmacksnoten haben. Ich würde allen empfehlen, so eine britische Bierreise zu machen. Und unsere Heimatstadt Tadcaster sollte auf jeden Fall ein Halt sein. Das ist nur eine ganz kleine Stadt mit 6000 oder 7000 Einwohnern. Das ist fast, also es ist eigentlich ein Dorf, würde man sagen. In dieser Stadt, in dieser ganz kleinen Stadt gibt es drei Brauereien. Das ist fast die Brauerei-Hauptstadt Englands. Es gibt zwei, die sehr, sehr große Brauereien sind. Einmal gehört dem Heineken und einmal gehört dem Molson Coors. Und die sind zwei von den größten Brauereien Großbritanniens, Millionen Hektoliter werden gebraut. Und dann ihr Nachbar sind wir, der ganz kleine Nachbar, der immer noch unabhängig ist und immer noch nicht von den großen Nachbarn ausgetötet worden ist. Und davor haben wir Stolz, dass wir, wenn wir noch überleben in dem Schatten von den Riesen-Brauereien, riesigen Brauereien. Und das ist eine ganz alte Stadt, die wurde von den Römern gegründet. Es gibt keine Berge da, es gibt ganz schöne Flüsse dadurch fließt. Und wir haben Stolz, dass fünf Tage in der Woche wird von uns unser Bier mit unseren Pferden ausgeliefert. Wir haben drei kaltblütige weiße Pferde, die fünf Tage in der Woche Bier auf dem Kutscher da die Fässer ausliefern an die Pubs in der Stadt. Und das ist schon eine ganz schöne Sicht, das jeden Tag zu sehen. Und natürlich gibt es wie bei allen Brauereien diesen ganz schönen Geruch in der Luft, wenn eingemaischt wird.

Holger: Jetzt kriegt man noch mehr Lust. Also Wahnsinn! Jetzt kommen wir vielleicht zu einem Lieblingsbier von mir, nämlich dem Chocolate Stout oder Organic Chocolate Stout. Wir haben jetzt schon gelernt, dass es immer Zutaten sind aus biologischem Anbau und die dann auch mit exzellentem Geschmack begeistern. Ich weiß nicht, seid ihr bereit für dieses tolle Organic Chocolate Stout?

Markus: Na ja, da muss ich mal umdrehen und sagen, ich bin glücklich, wenn du glücklich bist. Und wenn du das jetzt brauchst, dann sollst du es haben. Ich trinke es immer sehr gerne, muss ich sagen. Insofern freue ich mich schon drauf und mach‘s gleich mal auf.

Holger: Sehr gut!

Markus: Was erzählt es dir denn, dieses Bier?

Holger: Ich kann nur sagen, man möchte es gar nicht trinken, sondern man möchte es wegriechen. Das ist unglaublich. Es ist, das ist wirklich wie Schokolade und Kaffee in einem. Man denkt irgendwie an einen warmen Kakao. Was natürlich jetzt wieder wunderbar zur Jahreszeit gehört. Und denkt an Sahne und Zimtkuchen und frisch gebrühtem Kaffee und geröstetem Malz. Ich trinke jetzt mal einen Schluck. Also auch da wieder diese samtige Mundgefühl, was wir heute schon hatten, und diese intensiven Aromen, und dann natürlich auch dieser unglaubliche Mahagoni-Ton im Glas. Da kann man sehen, was Bier sein kann. Oder, Markus?

Markus: Ja, absolut! Ein ganz faszinierendes Bier. Ich stimme dir hundertprozentig zu, alleine schon die Farbe, dieses schöne Mahagoni, dunkle Braun, auch wieder mit einem leichten Rotstich obendrauf, ein schöner dunkelbrauner Schaum. Und dann hat man eben dieses wunderbare schokoladige Aroma. Zumindest für alle, die Schokolade lieben, aber das sind glaube ich 95 % aller Menschen, ist das wirklich ein ganz, ganz großer Genuss. Ich glaube auch für viele eher unbekannt. Also man kennt schon Biere, die leicht schokoladig sind, aber so schokoladig, das ist wirklich selten. Das ist wirklich sehr, sehr schön und erlebe ich auch immer wieder, wenn ich das mit Leuten verkoste, dass die erst mal völlig geflasht sind und eigentlich fast schon denken, wie du schon gesagt hast, man trinkt fast einen Kakao. Und das Ganze dann eben noch als Bier mit der Erfrischung, mit dem Mundgefühl ist ganz faszinierend. Was ich auch noch kennengelernt habe dabei, es gibt zum Beispiel auch dieses Sherry Beer von Sam Smith. Was wir schon probiert haben, ist, dass man dann dieses Chocolate Stout mit dem Sherry Beer mischen kann. Am Ende kommt dann ein Schwarzwälder Kirschkuchen dabei raus, von der Aromatik her. Das ist auch ganz toll, mit Leuten einfach mal zu spielen, weil wir in Deutschland völlig vergessen haben, dass man Biere mischen kann. In anderen Bierkulturen ist es völlig üblich, aber bei uns ist das ganz vergessen. Und mit diesen beiden Bieren zum Beispiel kann man das ganz augenfällig mal demonstrieren. Sam, ich bin dir sehr dankbar für dieses Bier, muss ich wirklich sagen.

Holger: Hier spielt natürlich auch das harte Wasser eine gute Rolle. Das ist für so ein Bier, denke ich, ideal. Und auch dieses samtige Mundgefühl, da kommt dann wieder diese eigene Quelle mit, ich weiß nicht, was ihr habt, wie viel Grad deutsche Härte, aber du hast gerade gesagt, das ist sehr, sehr hart. Das stelle ich mir hier auch ganz besonders optimal vor.

Sam Smith: Das stimmt, das stimmt auf jeden Fall! Das Wasser hat eine sehr große Rolle zu spielen bei diesem Bier und eigentlich bei allen unseren Ales. Das Wasser besitzt über Kalkstein in unserer Stadt und wegen dieses Kalksteins kommt diese Mineralität und das ist perfekt für das Mundgefühl. Genau, wie du sagst. Alle unsere Biere, aller unsere Ales, die sind vollmundig, sie sind malzig und das kommt durch dieses Wasser aus unserer eigenen Quelle, das den Charakter an den Bieren gibt. Was auch passiert, ist, wir haben unsere eigenen einzigartigen Vergärungsbottiche, die heißen Yorkshire Squares. Yorkshire ist unsere Grafschaft und Square ist Vierecken. Und die bestehen aus Schiefer und die sind offene Bottiche. Und durch die Vergärung in diesen Bottichen, die ungefähr eine Woche dauert, entsteht, ist das Bier am Ende so schon vollmundig und hat diesen fast kräftigen Charakter durch diese Vergärungsmethode und auch wegen des Wassers. Und deswegen passt dieses vollmundige Bier sehr, sehr gut zu dem Schokoladengeschmack. Alle beide sind schon balanciert miteinander. Man würde nicht ein dünneres Bier haben wollen mit Schokolade, dünneres Bier vielleicht beim untergärigen Bier perfekt, aber nicht bei so einem kräftigen dunklen Bier will man ein bisschen dieses Mundgefühl haben. Das kommt, diese malzige Mundgefühl, was wegen des Wassers kommt und durch diese Vergärungsmethode. Genau, wie du sagst.

Holger: Wir haben jetzt schon oft so Querverweise auf andere Biere aus eurem Sortiment gemacht, und in dem Zusammenhang möchte ich unbedingt noch hinweisen aufs Oatmeal Stout, auch mit einem unglaublichen Mundgefühl. Und das Taddy Porter, also das ist auch ein Bier, das diesem Bierstil wirklich alle Ehre macht. Markus, kennst du das?

Markus: Ja, absolut! Habe ich vorhin schon gesagt, gerade das Taddy Porter ist eins meiner Lieblingsbiere, das ich wirklich eigentlich immer, wenn ich in London bin, mindestens einmal trinke, meistens öfters, oder mehrere Abende, je nachdem, wie man das sehen mag. Also auf jeden Fall ganz, ganz faszinierend. Und gerade diese dunklen Biere, ich bin sowieso ein Freund der dunklen Biere und der malzbetonten Biere, und das macht mir richtig viel Spaß, weil man das tatsächlich gerade in England nicht immer in der Qualität bekommt. Das gefällt mir wirklich richtig gut. Und auch wieder ein bisschen so der Verweis auf die Geschichte. Auch dieses Porter führt zurück zu den Ursprüngen von dem Bierstil. Da hätte ich jetzt allerdings eine Frage bei diesem Chocolate Stout, das ist wahrscheinlich jetzt kein historisches Bier, oder? Seit wann gibt es das oder wie kamt ihr auf die Idee, da mit Kakaobohnen zu spielen?

Sam Smith: Stout ist bei uns ganz historisch, ganz traditionell, also wir brauen schon Stout und Porter seit 200 Jahren. In unserer ganzen Geschichte haben wir immer Stout gebraut und sehr gutes Stout, richtig gut, weil unser Wasser so gut dafür geeignet ist. Ein gutes Stout hat immer so ein bisschen Geschmack an Schokolade, an trockene Schokolade. Und deswegen kamen wir auf die Idee vor 15 Jahren oder so ein Bier, das eigentlich Kakao benutzen würde, um diesen trockenen Schokoladengeschmack ein bisschen zu verstärken. Genau, also Kakao, biologischer Kakao, was wir hier benutzen, ist kein traditioneller Rohstoff in Bier. Natürlich, ich glaube nicht nach dem Reinheitsgebot. Aber wir haben das Gefühl, wir sollten uns nicht nur auf die vier normalen Zutaten vom Bier, wir sollten uns nicht nur darauf einschränken. Wir haben das Gefühl, das ist so wie ein guter Koch, der möchte ganz interessante verschiedene natürliche hochqualitativ hochwertige Rohstoffe benutzen, um interessantes gutes Bier zu brauen, das zu uns passt, das zu unserem Wasser passt, das zu unserer Gärmethode passt und das zu unserer Geschichte passt, weil wir seit vielen Jahren uns so gut auskennen mit Stout zu brauen.

Holger: Tja! Und jetzt glaubt man gar nicht, dass man jetzt zu einem Finale kommt, was ein wahres Finale ist und seinem Begriff auch alle Ehre macht. Jetzt kommen wir doch dann zum Imperial Stout. Imperial würde man übersetzen als kaiserlich. Und Markus, das obliegt dir jetzt wieder die Ehre, dann das Imperial Stout als Finale ins Glas zu schenken und uns zu berichten, was du erlebst.

Markus: Ja, grundsätzlich sehr gerne, die nehme ich auch total gerne an diese Ehre.

Holger: Aber du hast jetzt noch wieder eine Frage, oder?

Markus: Nein. Oder Jein, je nachdem. Aber haben wir nicht das IPA vergessen?

Holger: Ja, können wir auch machen.

Markus: Wenn du vom Finale sprichst, müssen wir …

Holger: Du möchtest jetzt das India Ale noch mal in die Runde werfen?

Markus: Genau, das kannst ja du machen und dann übernehme ich wieder mit dem Imperial Stout. Das wäre doch eine …

Holger: Ja, du bist so frech, machst du jetzt das India Ale und ich mache das Imperial Stout.

Markus: Das ist unglaublich! Aber gut, dann machen wir das so und dann machen wir das mal auf. Moment! Da muss ich auch sagen, ich trinke es meistens nicht alleine, also nicht nur, dass ich es gerne mit anderen Menschen trinke, sondern ich habe gerne das Pale Ale und das India Ale nebeneinander. Weil ich das so spannend finde, weil es diese beiden klassischen englischen Bierstile sind, die, glaube ich, mehr oder weniger ein gleiches Grundrezept haben, aber das India Ale wesentlich mehr Hopfen hat. Das merkt man hier schon, also wenn man es anschaut, erstmal diese wunderschöne goldene Farbe, die mich schon so ein bisschen anstrahlt, und der schöne weiße Schaum obendrauf. Und dann, wenn man eben reinriecht, dann hat man so diese klassischen, hopfigen Aromen, grasig grün, ein bisschen Zitrus, und sehr intensiv, was einen so richtig auch ein bisschen packt. Und wenn man dann einen Schluck nimmt, Moment!, dann hat man wieder dieses cremige Mundgefühl. Das fängt auch erstmal so ein bisschen malzig an und dann übernimmt aber der Hopfen und übernimmt die Bittere und ist dann richtig intensiv, richtig präsent, nicht zu präsent, und sorgt aber dafür, dass dann, wenn man getrunken hat, so richtig der Mund trocken wird und man dann so nach und nach dieses Bedürfnis hat einfach den nächsten Schluck wieder zu nehmen. Das ist sehr, sehr rund, sehr, sehr schön, sehr angenehm. Und ich finde, man kann, wenn man das dann mit dem Pale Ale zusammen vergleicht, sehr schön diese Evolution von diesem Bierstil mitbekommen, wie man eben merkt, okay, wie funktioniert das, wenn ich mit dem Hopfen mal anders arbeite, aber trotzdem dieser schöne Körper mit dem schönen Malz da ist. Und das gefällt mir richtig gut und deswegen trinke ich das auch gerne und kann nur sagen „Prost!“ und freue mich auch, dass das so ein ursprüngliches India Ale ist, wo ich jetzt nicht sieben, acht Prozent habe und nicht durch Hopfenstopfen ganz viele tropische Früchte oder irgend sowas. Das ist auch toll, aber so wie dieses India Ale sind halt die Biere, die man auch in den Pubs bekommt. Und da merkt man auch, dass das eigentlich auch ein Bier ist, was die Leute einfach gerne mal am Abend trinken, wo es gar nicht um Extreme geht, sondern einfach um ein schönes Bier, was man trinkt. Und Holger, wie geht’s dir?

Holger: Ich stelle mir jetzt einfach einen schönen Burger dazu vor, weil dazu würde es exzellent passen. Aber im Prinzip hast du es getroffen, also ich habe eigentlich nichts zu ergänzen. Sehr schön, sehr schön!

Sam Smith: Dieses Bier ist wie der Markus sagt, das ist so ein ursprüngliches IPA, bevor in den USA dieser Stil da beliebt wurde. Der Stil wurde am Ende des 19. Jahrhunderts erst gebraut, um nach Indien von England nach Indien gebracht zu werden über die Meere. Und es wurde mit mehr Hopfen gebraut, weil der Hopfen dem Bier eine längere Haltbarkeit gegeben hat während der langen Reise, das sehr heiß war. Dieser Stil wurde dann sehr gut angenommen in den USA und da wird das mit amerikanischen Hopfen gebraut. Deswegen haben wir die amerikanische IPA das sehr gut angekommen ist, das oft nach viel Zitrus schmeckte und viele oft nach Pampelmuse und oft manchmal relativ süß ist mit dem New England IPAs und sehr, sehr fruchtig. Aber dieses ist wie es ursprünglich war. Wir glauben ganz ähnlich wie diese ersten IPAs, die in England gebraut wurden für Indien, für die indische Kolonie. Und das war dann nur mit englischen Hopfen gebraut. Das ist mit diesen klassischen Hopfensorten, die heißen Fuggles und Goldings. Und statt Zitrus und Pampelmuse schmecken die nach, die sind schon erdig und fast würzig, würde ich sagen. Wenn die hohen Mengen benutzt werden, so wie in diesem Bier, aber nicht extrem bitter und diese Erdigkeit und diese fast Würzigkeit ist ganz interessant. Das man nur hat, wenn man in großen Mengen englische Hopfen hat. Das ist erst ein interessantes Beispiel davon, das eigentlich ganz selten ist und es passt sehr gut zu dem guten Malzkörper und ist balanciert und nicht extrem oder aggressiv.

Holger: Da kann man nichts mehr sagen, oder Markus?

Markus: Nein, absolut! Ich kann nur unseren Hörern wirklich empfehlen, also einerseits, ihr müsst mal nach England fahren und in den Pubs als Real Ale eben Pale Ales und IPAs und Porters und Stouts verkosten, um einfach mal eine Erdung zu bekommen, einen Eindruck zu bekommen, wie diese Bierstile ursprünglich mal gedacht waren und wie sie schmecken. Dann versteht man auch sehr viel besser, wie die modernen kreativen Bierstile daraus entstanden sind. Und andererseits kann man ihnen auch nur empfehlen, bestellt euch mal dieses Paar aus Pale Ale und India Ale, um auch da den Unterschied mal für sich so ein bisschen zu erfassen und zu memorieren und zu sagen, okay, so ist das gedacht und so ist das gedacht und das ist die Basis. Das ist für mich immer wieder gut und verwende ich auch gerne in unseren Kursen, um den Leuten da so eine Basis auch zu geben, um sich dann später diesem Thema Pale Ale und IPA auf die moderne Art und Weise mit all den Vielfältigkeiten und verschiedenen Stilen, die es da heute gibt, zu nähern. Oh je! Langer Satz. Ich habe noch nicht genug Bier getrunken, aber mache ich jetzt. Prost! Und jetzt kannst du zum Finale.

Holger: Du hast mir die Moderation, quasi die Anmoderation, komplett versaut. Deshalb weiß ich gar nicht mehr, was ich sagen soll. Jetzt kommt halt das Imperial Stout.

Markus: Du hattest glaube ich über Imperial und kaiserlich und sowas gesprochen.

Holger: Ja, ja, genau! Das hatte ich alles gemacht, aber das ist jetzt verpufft. Deshalb, jetzt mach’s halt auf.

Markus: Ach, na gut! Dann versuche ich es noch etwas glorios zu machen, was ja auch schön ist. Also unser Finale für heute ist jetzt unser Imperial Stout. Das kommt schon in einer besonderen Flasche daher, das ist vielleicht auch was, dass diese Flaschen von Samuel Smith sind sehr elegant, also sehr hoch im Verhältnis, und man hat dann oben so eine schöne Gold, wie sagt man, Stanniolpapier, wie auch immer, jedenfalls ein schönes goldenes Papier oben drüber, was das Ganze so ein bisschen krönt wie eine kleine Krone.

Holger: Halsbanderole nennt man das.

Markus: Ja, ja, schon, aber das Material?

Holger: Goldpapier.

Markus: Na gut! So hätte ich es dann auch sagen können. Auf jeden Fall eine goldene Krone oben auf dem Bier und dann versteht man auch, warum das Ding da obendrauf Kronkorken heißt. He-he! Und hier haben wir auch ein ganz, ganz schönes Etikett, was wirklich auch richtig so den Eindruck vermittelt, dass es sich hier um ein ganz edles Bier handelt. Wir sehen da auch ein paar Medaillen drauf zum Beispiel. Und dann steht richtig schön Imperial Stout. Jetzt bin ich mal sehr gespannt, ich mache das mal auf. Ha! Da ist es. Wir haben schon ein bisschen übers Thema Stout gesprochen bei dem Chocolate Stout und jetzt haben wir eine Farbe, die noch intensiver, noch dunkler ist und sehr schön trotzdem diesen leichten orangegoldenen Schimmer hat, rötlich, was so aus dem Glasboden hochleuchtet. Und obendrauf jetzt wirklich ein sehr schöner dunkler und sehr kompakter Schaum. Wenn man das riecht, dann erinnert das einen so ein bisschen an des Chocolate Stout. Also wir haben auch ein bisschen schokoladige Aromen, aber natürlich auch so Kaffee, ein bisschen trockene Beeren, ein bisschen Rosinen, Karamell, Toffee kommt auch wieder rüber, Röstaromen allgemein, ein bisschen Lakritz vielleicht sogar. Ich probiere mal. Hmm! Da merkt man schon, das ist jetzt ein sehr selbstbewusstes Bier. Also das sagt uns richtig viel, erzählt uns so eine richtige Geschichte. Es fängt richtig intensiv an mit diesen Karamellaromen, mit den Röstaromen. Dann übernimmt die Schokolade, dann hat man so ein bisschen wie Malzkaffee fast und dann kommt ein bisschen Lakritz vielleicht dazu, und hintenraus wird’s dann leicht bittersüß, so ein Spiel zwischen beiden Geschmäckern und klingt dann mit diesem cremigen Mundgefühl fast ein bisschen sahnig aus. Also ganz, ganz interessant, ganz, ganz spannend. Und ist dann aber auch dafür, dass es eigentlich mit seinen 7 % gar nicht so schwach ist, trotzdem ein leichter Trunk. Also sehr selbstbewusst, sehr voll, sehr intensiv, aber trotzdem gut zu trinken. Und das ist wirklich ein ganz tolles Bier. Es ist auch mittlerweile, nachdem wir doch schon eine Stunde hier am Reden sind, ein bisschen wärmer geworden. Das tut ihm auch gut, also ein Bier, was durchaus ein bisschen Temperatur vertragen kann. Und wirklich ein grandioses Finale ist, also es schmeckt mir richtig gut. Oder was sagst du, Holger?

Holger: Sage ich ja, Finale. Und ich glaube, das wird in diesen Yorkshire Squares fermentiert, oder nicht, Sam?

Sam Smith: Ja. Da hast du absolut recht. Da wird das auch vergoren, fermentiert und hat immer den gleichen Charakter wie die zwei vorherigen Biere dieses Mundgefühl, diese Malzige, fast Mineralische, Vollmundigkeit, das aus dem Wasser kommt, aus den Yorkshire Squares kommt. Dieses Bier ist ein bisschen stärker, 7 %, aber das heißt, es ist noch vollmundiger als die zwei vorherigen. Aber das ist nicht zu kräftig, nicht zu dick oder es ist immer noch leicht zu trinken, immer noch, man will immer noch einen Schluck nehmen. Und nicht oder sowas wir ein stärkeres Bier sein kann. Und genau, dieser Lakritzengeschmack, ein bisschen bittere Schokolade, ein bisschen …

Markus: Rauchig.

Sam Smith: … rauchig, genau, danke, ein bisschen rauchigen Geschmack, alles schon sehr balanciert, auch intensiv.

Holger: Ich glaube, es ist auch wahnsinnig komplex, oder?

Sam Smith: Mhm (bejahend).

Holger: Das ist so ein richtig komplexes Geschmacksbild. Mir fällt dazu ein, Affogato, wisst ihr, was ein Affogato ist?

Markus: Der Espresso?

Sam Smith: Ich weiß nicht, was das ist.

Holger: Nein, das ist ne Vanilleeiskugel und da wird dann einfach ein Espresso drüber geschüttet, ein heißer Espresso. Und ich könnte mir jetzt vorstellen, das würde mit dem Bier auch gut funktionieren. Also man nimmt eine Vanilleeiskugel und schüttet einfach ein bisschen von diesem Imperial Stout über diese schöne cremige Vanilleeiskugel und löffelt es dann aus. Und dann wird wahrscheinlich an einem Sonntagnachmittag die Schwiegermutter dich anhimmeln und sagen, oh, so einen schönen Eiskaffee habe ich nicht mal in Italien verkosten dürfen. Was gibt es Schöneres als die Schwiegermütter glücklich zu machen, oder?

Sam Smith: Das stimmt, das stimmt! Das kann man gut. Das ähnelt sich schon ein bisschen wie ein Espresso, das man zu einem Affogato gut nutzen könnte. Das ist dieser intensive Kaffeegeschmack. Ich finde, es ist mindestens ganz interessant, wenn ich darüber nachdenke. Also wir sagen, dieses Bier schmeckt ein bisschen nach Kaffee oder Espresso. Solche Biere mit geröstetem Malz würden in Europa, zu mindestens in England, ich glaube auch in Deutschland, schon seit mehreren Jahrhunderten gebraut, schon lang, bevor Kaffee nach Europa gebracht wurde und in großen Mengen getrunken wurde und normal wurde. Das heißt, wir sagen, dieses Bier schmeckt ein bisschen nach Kaffee oder Espresso, aber vor 200 Jahren, als die Europäer Kaffee getrunken, entdeckt haben, hätten sie gesagt, dieses Getränk, dieser Kaffee schmeckt wie mein Bier. Das heißt, Bier ist, solche Bierstände sind ja traditionell, so eine lange Geschichte wie unser Imperial Stout.

Holger: Markus, dir gebührt das Schlusswort, würde ich sagen.

Markus: Ich bin immer noch ganz glücklich und ganz erwärmt von diesem Bier, das mir echt sehr viel Freude macht und das wirklich ein sehr schönes krönendes Finale für unseren BierTalk ist. Und dann sage ich, Sam vielen, vielen Dank! Also das hat uns wirklich richtig viel Freude gemacht, auch mal einen Einblick in die englische Bierwelt mit dir zu bekommen. Und ich hoffe, dass unsere lieben Hörerinnen und Hörer das auch zu schätzen wissen und kann euch nur einladen. Also wohlgemerkt, unser Podcast ist völlig werbefrei, also wir sagen einfach nur unsere Meinung, aber natürlich reden wir auch in der Regel mit Leuten, wo wir wissen erstens, sie wissen was sie tun, und zweitens macht es uns Spaß, mit ihnen ihre Biere zu trinken. Deswegen also hier wirklich ein ganz großes BierTalk-Fest, das wir mit euch zusammen erleben dürfen und ich jetzt mit Holger und Sam zusammen erleben durfte. Also von meiner Seite aus vielen Dank und heute noch einen schönen Abend!

Holger: Dem kann ich mich nur anschließen. Sam, 1000 Dank! Es war wunderbar.

Sam Smith: Danke schön, Holger! Danke schön, Markus! Das war ein großes Vergnügen. Hat mich sehr gefreut und viel Spaß gemacht, die Biere allen vorzustellen.

Markus: Auf jeden Fall!

Holger: Macht’s gut! Ciao!

Markus: Ciao!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 31 – Interview mit Conrad Seidl, dem Bierpapst aus Wien, Österreich

Conrad Seidl ist der Bierpapst. Punkt. Der clevere österreichische Journalist erkannte schon zu Beginn seiner Nebenjob-Karriere in der Bierwelt, welche Bedeutung eine starke Marke hat. Als gläubigem Katholiken und echtem Genussmenschen war ihm die Idee des persönlichen Gerstensaft-Pontifikates nicht fern und so sicherte er sich die Marke und tritt seitdem als Bierpapst auf dem internationalen Parkett auf. Passend dazu verfasste er auch einen Bier-Katechismus sowie über 20 weitere Bücher rund um das Thema Bier, als bekanntestes wohl den „Bier Guide“ für Österreich. Inzwischen gibt es zudem noch einen Youtube-Kanal und eine eigene Bierreportagereihe für eine Fernsehproduktionsfirma. Ganz grundsätzlich ist Conrad außerdem ein feiner, scharfsinniger und humoriger Bierfreund, der nicht zuletzt aufgrund seiner vielen Reisen in die Welt auch viel zu erzählen hat. Freut Euch auf einen spannenden Biertalk mit dem Heiligen Vater des Bieres…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute ein Special aus unserem lieben Nachbarland Österreich entlang der Austrian Beer Challenge, wo wir zum Bier-Verkosten da sind. Ich bin heute mit einem ganz besonderen Gast verabredet, mit dem ich heute auch schon zusammen Biere verkosten und auch schon Staatsmeister küren durfte, nämlich seiner Hoheit oder Eminenz, wie auch immer man das richtig sagt, dem Bierpapst Conrad Seidl. Conrad, stelle dich doch unseren Hörern mal kurz selber vor, damit sie sich ein Bild machen können, mit wem sie es jetzt zu tun haben.

Conrad Seidl: Ich bin der Conrad, ich habe in meiner Jugend begonnen, Bier zu trinken, dies auf einer sehr unprofessionellen Art. Denn ich habe Bier getrunken einfach, weil es mir geschmeckt hat. Später bin ich draufgekommen, es schmeckt viel, viel besser, wenn man über das Bier auch mehr weiß. Ich bin in meinem Hauptberuf, den ich jetzt auch schon an die 40 Jahre ausübe, Redakteur, politischer Redakteur einer Tageszeitung. Wenn du den ganzen Tag über Politik schreibst, brauchst du nachher ein Bier. Ein ist jetzt kein Zahlenwort, es sind mehrere. Und beim Bier lösen sich auch bei vielen Leuten die Zunge. Wenn du mit einem Politiker auf ein Bier gehst, nach dem zweiten Bier erzählt er dir, wie die Dinge wirklich sind. Und daher habe ich auch durchs Bier viel über Politik gelernt. Und durch die Politik das eine oder andere über Bier.

Markus: Vielen Dank! Also zwei Dinge, die wirklich auch ein bisschen zusammengehören. Hast du noch andere Parallelen vielleicht gefunden zwischen Bier und Politik?

Conrad Seidl: Ja. Ein Ding ist, dass natürlich auf dem Markt politische Gesetze herrschen und dass wir gerade in den letzten drei Jahrzehnten, in denen ich mich wirklich sehr intensiv, auch journalistisch mit Bier auseinandergesetzt habe, würde ich eine hohe Konzentration auf dem Markt festgestellt haben. Und dass wir sehen, dass sehr große Bierkonzerne, die drei größten haben ungefähr die Hälfte des Weltbiermarkts, das ist schon ganz ordentlich. Und es ist spannend zu sehen, was die tun gegeneinander, miteinander auf manchen Märkten. Und natürlich ist auch interessant, was da für Biere herauskommen, weil entgegen den allgemeinen Vorurteilen gibt es sehr, sehr viele Biere aus großen Konzernen, die sehr gut trinkbar sind, und einige, die ich aber jetzt nicht erwähne, die ich eher nicht trinken würde.

Markus: Aber das finde ich schon mal eine ganz wichtige Botschaft, wo wir auch als BierAkademie immer versuchen, den Leuten das näher zu bringen, dass eben dieses alte Paradigma groß gegen klein, gut, schlecht, wie auch immer, dass das so einfach nicht stimmt. Sondern dass es einfach Vielfalt gibt und eben auch unterschiedliche Zwecke und Philosophien und eben Anwendungsgebiete.

Conrad Seidl: Und das ist natürlich eine Frage eines politischen Urteils. Es gibt viele Leute, die sehen, dass ihr Konsum, das haben wir so aus der 68er Bewegung übernommen, da war ich noch recht klein, da war ich erst zehn Jahre alt, aber das Prinzip, naja, dein Handeln ist stets ein politisches Handeln. Es gibt Leute, die sind von ihrer Grundhaltung her antikapitalistisch und sagen, ja, von den Großen darfst du nichts kaufen. Die werden dann aber oft sehr demütig, wenn sie von einer Krankheit befallen sind, die sie nur wegbringen durch die Leistungen der großen auf Kapitalismus aufbauenden Pharmakonzerne. Sie sagen dann zwar, ja, in einer sozialistischen Welt wäre das viel besser. Nur in der sozialistischen Welt, wissen wir, gibt es keine wirksamen Medikamente. Es gibt dort meistens nicht einmal gutes Bier.

Markus: Und da können wir, glaube ich, froh sein, wir sind beide viel unterwegs, dass wir schon überall auf der Welt spannende Biere trinken durften. Vielleicht …

Conrad Seidl: Nicht überall auf der Welt. Meine Ausflüge nach Saudi-Arabien, das waren sehr trockene Sachen. In der Wüste und kein Bier, das ist furchtbar.

Markus: Das stimmt! Wobei mir mal ein Braumeister erzählt hat, dass sich so ein saudi-arabischer Prinz einen Anhänger hat bauen lassen, wo er in den Anhänger eine Brauerei nebst Kühlanlage hineingebaut hat. Und wenn die dann ihre Kamelrennen hatten, dann stand dieser Anhänger immer so ein bisschen nebenbei und dann sind die so heimlich währenddessen dahin und haben sich dann ihr Bier geholt. Also ist da vielleicht der Weg des Mannes zum Bier …

Conrad Seidl: Es gibt auch viele Saudis, die zum Beispiel nach Kuwait oder in andere Länder oder Abu Dhabi fahren, wo man dann sagen kann, da kriegt man dann legaler Weise Bier. In Dubai habe ich ein Hofbräuhaus München gesehen, die haben dort einen Brew Pub und da sieht man halt diese Herren im weißen Abendkleid, die halt dort aufs Bier hinkommen. Die kommen aus Saudi-Arabien.

Markus: Interessant finde ich auch, dass es da auf jeden Fall immer auch eine sehr emotionale Bindung zum Thema Bier gibt. Vielleicht jetzt nicht unbedingt in Saudi-Arabien, aber ich erinnere mich an eine Sache, wo ich in China war, und sie mir dann ganz stolz zum Abendessen eine Flasche Tsingtao Bier serviert haben. Allerdings brühwarm und in einem sehr schlecht gespülten Glas. Aber ich musste das und wollte das natürlich auch überspielen, weil für die war das fast schon so ein heiliger Akt zu sagen, wir haben hier jemand aus Deutschland und haben hier von dieser Brauerei ein Bier für dich, und haben das extra für mich geholt. Und da merkt man schon, wie da auch eine Beziehung zum Thema Bier da ist, nicht nur in den klassischen Bierländern, oder?

Conrad Seidl: Es gibt großen Stolz fast überall aufs Bier. Ich habe wahrscheinlich zu einer ähnlichen Zeit wie du das erlebt hast, war ich einmal in Rumänien, da haben wir so kurz nach der Wende eine Zahnklinik hingebracht mit dem Roten Kreuz. Und da hat dann der Bürgermeister ein Essen ausgerichtet, bei dem gab’s lokalen Wein. Und ich habe unhöflicherweise gefragt, ob es nicht ein Bier gäbe. Da hat der Bürgermeister irgendwie verfallen im Gesicht, hat dann aber jemanden beauftragt, im Krankenhaus anzurufen, weil die haben meistens für die Ärzte so zwei, drei Flaschen, zwei, drei Flaschen Bier gehabt, weil dort war die Versorgungslage damals 1990 noch sehr, sehr schlecht. Dann ist tatsächlich mit einer Ambulanz mit Blaulicht das Bier für mich gebracht worden. Das war mir schon sehr peinlich.

Markus: Wobei, da sind wir jetzt bei der anderen Frage, die sich vielleicht der ein oder andere Hörer auch stellt. Wie wird man denn zu einem Bierpapst? Also wie funktioniert das? Hast du irgendwann eine Eingebung gehabt, hat man dich ernannt oder hast du dir irgendwann überlegt? Wie kommst du dazu?

Conrad Seidl: Die Marke Bierpapst habe ich mir schützen lassen. Das ist ein geschützter Markenname, auch um sicherzugehen, dass nicht jemand mit einem Bierpapst-Lokal oder einem Bierpapst-Produkt anderer Qualität auf den Markt kommt. Das ist ein Ding, wo ich sage, ja, ich nütze die Marke, ich bin nicht geneigt, da sehr viel zu lizenzieren, schon gar nicht in Bier, weil da würde meine Neutralität darunter leiden. Aber vielleicht in (unv. #00:07:39.3# Käse?)?

Markus: Das klingt allerdings sehr spannend. Gibt’s denn Attribute rund um dieses Thema Papst, wo du sagst, das findest du spannend? Also man sagt zum Beispiel, der Papst ist unfehlbar oder hat eine gewisse Weisungsbefugnis. Also sind das so Sachen, wo man auch gerne mit diesem Image ein bisschen spielt? Kann ich mir vorstellen …

Conrad Seidl: Selbstverständlich! Nur, wenn man sich mit der Theologie ein bisschen näher beschäftigt, dann weiß man natürlich, es gibt das Unfehlbarkeitsdogma des Papstes auch erst seit dem späten 19 Jahrhundert. Aber diese Unfehlbarkeit ist ja keine absolute. Auch der Heilige Vater in Rom ist so weit fehlbar, dass er sagt, in einer Streitfrage kann er letztgültig entscheiden, bis ihn möglicherweise ein Konzil in der gesamten Weisheit der Kirche richtigstellt. Es ist kein Mensch völlig unfehlbar, aber das Unfehlbarkeitsdogma in der katholischen Kirche hat ja den Sinn, dass man sagt, man schafft zunächst einmal Frieden, Roma locuta causa finita. Jetzt ist mal Ruhe. Und es ist oft sehr wichtig, dass man in Streitfragen sagt, zumindest auf eine Zeit ist einmal Ruhe, dann nachher kann ein Parteitag, wir sind wieder bei der Politik, oder eine Generalversammlung oder was immer, ein Aktionärskonvent, vielleicht in eine andere Richtung vorgehen. Aber es ist schon richtig, dass man ab und zu Frieden schafft, um zu sagen, jetzt reden wir mal über was anderes.

Markus: Und das merken wir auch zum Beispiel an einem Jurytisch, wo ab irgendeinem Zeitpunkt man auch mal sagen muss: Wir einigen uns jetzt und dann ist auch mal gut. Und wir können uns auf die nächsten Dinge praktisch so ein bisschen weiterbewegen.

Conrad Seidl: Da habe ich mal eine Jurysitzung gehabt, das war beim (unv. #00:09:37.6#) Festival, was schon vom Namen her sehr interessant ist, in Monk’s Café in Seattle. Und dort hatten wir so lauter sehr, sehr starke Biere, Barry Wines. Und das war eine Jurysitzung, in der sich alles blockiert hat. Also es war ganz klar, welche 15 oder 20 dieser Starkbiere will man jetzt nicht in weitere Betrachtung ziehen, aber es waren alle einig von den Juroren, welche die drei besten Biere sind. Aber es war so, dass es sechs Juroren waren und jeweils zwei haben eines als das Beste gehabt, und es war unglaublich schwierig, wir mussten diese sehr guten Biere, muss man sagen, glaube ich, fünfmal neu codieren lassen, bis sich dann irgendjemand geschlagen gegeben hat. Das war nicht (unv. #00:10:38.6# ich), aber es hat sich dann jemand geschlagen gegeben, hat gesagt: Okay! Um des lieben Friedens willen haben wir jetzt hier diese Reihung gehabt. Und dann war es gut.

Markus: Vielleicht noch kurz, weil wir gerade da waren, würdest du sagen, du bist ein religiöser Mensch? Ist das auch ein Teil deines Lebens?

Conrad Seidl: Ja, selbstverständlich! Ich glaube, es wäre absurd zu sagen, der Papst ist kein Katholik. Tatsächlich, also auch da muss man sagen, ich habe das Vergnügen, die Ehre, die Auszeichnung, dass ich Mitglied der Bruderschaft Santa Maria dell‘Anima in Rom bin. Das ist einer der letzten rechtlichen Überreste des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. Als dieses im Jahr 1806, nach den Historikern ist der Begriff Reichsdeputationshauptschluss vielleicht noch in Erinnerung, als das Heilige Römische Reich Deutscher Nation aufgelöst worden ist, hat man festgestellt, da gibt es einige Institutionen, die nicht nur dem Kaiser unterstehen, sondern in diesem Fall dem Kaiser und dem Heiligen Vater in Rom. Und das ist die Bruderschaft Santa Maria dell’Anima, eigentlich eingerichtet worden im Mittelalter als eine Betreuung von, damals hat man gesagt, sächsischen Pilgern, also von deutschsprachigen Pilgern, die nach Rom gekommen sind. Und da gibt’s eine Kirche und eine Priester-Bildungsanstalt. Und dann gibt es eben diese Bruderschaft, die direkt dem Heiligen Vater untersteht. Und da habe ich die Ehre, Mitglied zu sein.

Markus: Ja, habe ich auch gelesen, finde ich sehr spannend. Und habe mir dann auch überlegt, da kommt man vielleicht ab und zu auch natürlich wieder zum Bier, aber auch zur Politik, weil zum Beispiel sind Leute Mitglied wie Reiner Haseloff oder auch wie der Bischof Tebartz-van Elst, wo man dann auch immer mal wieder so politische Themen hat. Wird sowas dann in der Bruderschaft auch diskutiert oder muss man da …?

Conrad Seidl: Nein, nein. Nein, das ist eine rein spirituelle Frage. Hier geht es darum, dass man sich darum sorgt, was Seelsorge ist. Dass man sagt, was hat uns Gott zu geben, was hat uns die heilige Maria von den Seelen zu geben. Sie sollte unsere Seelen beflügeln und manchmal tut sie es, manchmal vielleicht nicht ganz so, aber da geht es nicht um irgendwelche kirchenpolitischen oder sonstigen Themen, da geht es um das Wichtigste, was es auf der Welt überhaupt gibt, das ist Seelenheil. Und wir haben als Biertrinker das Glück, dass wir uns zumindest eine Vorstellung vom Seelenheil machen können, wenn wir in der Situation sind, dass wir ein gutes Bier trinken und dann sagen, der Herrgott meint es gut mit uns.

Markus: So! Wie ihr hört, sind wir natürlich auch bei einem Bier, bei einem ganz besonderen Bier. Das bringt uns jetzt wieder zurück zu dem Thema. Vielleicht beschreibst du mal kurz, was wir für ein Bier haben. Das ist ja auch eines, das du mehr oder weniger mit ausgesucht hast, dass es jetzt hier überhaupt da ist. Und ich finde das auf jeden Fall ein ganz spannendes Beispiel für eben ein innovatives, modernes Bier. Aber wie würdest du das beschreiben?

Conrad Seidl: Also ein Bier, das ihr in Deutschland nicht machen dürft, weil das ist kein Reinheitsgebotsbier. Der Name sagt ja schon, Champagne Isabella Sour Ale. Also Sour Ale dürft ihr machen, ihr dürft die Würzesäuren, ihr könnt allem möglichen Tricks mit Milchsäure machen. Aber hier in diesem Fall, man sieht das auch sehr schön, weil die Farbe so ins Orangerosa hineinwirkt. Also für dich im Bamberg muss das eine vertraute Farbe sein. Es dort ein paar schöne Fassaden gibt, die diese Farbe haben.

Markus: Ja.

Conrad Seidl: Und das kommt daher, dass in diesem Sour Ale Traubensaft von der Isabella-Rebe zugesetzt wird. Das ist eine alte Rebe, also eine Rebe aus der Zeit vor dem schrecklichen Einfall der Rebläuse im 19. Jahrhundert. Und das ist ein Direktträger, eine Rebe, die im Ruf steht, dass der daraus gewonnene Wein ziemlich aggressiv macht. Hier also natürlich nur in geringen Mengen dabei. Weil es wird etwas von diesem Traubensaft, dem nachgärenden Bier zugesetzt. Dadurch kommt dann noch einmal Zucker, Fruchtzucker hinein. Und dieser wird dann noch einmal mit einer Champagnerhefe vergoren. Champagnerhefen für so sehr widrige Umstände, höhere Alkoholgehalte, höhere Drücke aushalten. Damit bekommen wir ein sehr stark, englischen Namen, Highly Atannuated Beer. Bei uns würde man sagen, man nennt sie auch fruchtvergorenes Bier. Wenn man hineinriecht, riecht man das, also die Älteren werden sich vielleicht erinnern, in den 1970er Jahren war es eigentlich typisch für den (unv. #00:16:05.2#) Champagner, dass der einen Hefeduft gehabt hat. Wir haben also hier einen leichten Hefeduft. Wir bekommen einen Duft nach Früchten, das ist natürlich von der Isabella-Traube. Da kommt auch sowas, fast eine Erinnerung an Erdbeeren hinein. Und wenn man dann antrinkt, stellt man fest, ein sehr gut eingebautes CO2, eingebaute Säure. Der Hopfen macht hier was, aber er macht‘s nicht bitter, sondern er gibt dem einen leicht adstringierenden Effekt auf dem Obergaumen. Und viele Leute, die das trinken, speziell, wenn man das so in einem normalen Bierglas trinkt, dann schüttest du das hinein und denkst, leichtes Summer Ale. Nein, das ist ein Bier mit 6,8 % Alkohol. Ich habe dasselbe Bier dann einmal aus einem Bordeaux-Glas getrunken. Da trinke ich mit weniger als der halben Geschwindigkeit, weil man es da wirklich dann tröpfchenweise genießt. Und ich bin durchaus ein Mensch, der Starkbiere liebt, aber man muss sie ja nicht im Übermaß genießen, sondern man muss sie genießen.

Markus: Auf jeden Fall! Ich finde es ein ganz, ganz faszinierendes Bier, auch durch dieses schöne Spiel mit der Säure, mit der Fruchtigkeit. Es hat für mich eben auch Elemente von Bierstilen, die gerade so ein bisschen en vogue sind, also diese Italian Red Ales oder auch das brasilianische Catharina Sour, was ja mit diesem Thema spielt. Und lustigerweise heißt die Brauerei, die es macht, auch noch 1516, was der gemeine Bayer vielleicht per se als Affront empfinden würde.

Conrad Seidl: Das war also so gedacht, also ursprünglich hat die Brauerei, die in der Mitte von Wien, die 1516 Brewing Company, als ich mit denen das erste Mal drüber gesprochen: Ja, sie haben vor, eine Gasthausbrauerei zu machen. Und ob ich ihnen einen Tipp geben kann? Erster Tipp: Macht keine Gasthausbrauerei. Es gibt im deutschen Sprachraum leider wirklich viele schlechte Gasthausbrauereien. Ich persönlich bin nicht überzeugt, dass eine Gasthausbrauerei an sich schon ein Magnet ist. Sie muss auch gutes Bier haben. Und das wird halt leider in manchen Gasthausbrauereien unterschätzt, dass es unglaublich viel Technologie und unglaublich viel Fachwissen braucht, um wirklich gute Biere zu brauen. Habe ich gesagt, was wir in Wien brauchen würden, wenn ich mir wünschen dürfte, was für ein Lokal ich gerne in Wien hätte, weil das haben wir nicht, ein American Style Brew Pub. Ja, was ist denn das? Und dann haben wir mal geschaut, erstens einmal, schau, dass du ein paar schöne, damals vor 22, 23 Jahren war das ja noch bei uns in Österreich ziemlich unbekannt, was da in den USA an neuen Bieren geschaffen worden ist mit modernen Hopfensorten. Es waren alle gezüchtet vom Österreicher, Al Arnold, aber bis heute wissen das die meisten Braumeister nicht. Und da gibt’s viele, viele Dinge, die man da hereinnehmen, viele Elemente, die das Amerikanische betonen, von der Speisekarte bis natürlich hin zur Bierkarte. Und die haben das auch tatsächlich gemacht. Und dann habe ich gesagt, wichtig ist, damit das auch glaubwürdig ist, glaubst du einem Italiener, der Pizza macht, aber türkischer Sprache ist? Nein. Ich glaube auch keinem Italiener, der Kebab macht. Nein, Kebab soll der Türke machen, und das ist halt so unsere Vorstellung, und der Italiener soll die Pizza machen. Und genauso ist es, musst du schauen, dass du amerikanische oder zumindest englischsprachige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter findest, die das Bier brauen, die dieses Bier servieren, die das Bier auch den Leuten nahebringen. Weil ich sage mal, dasselbe gilt eigentlich auch für Irish Pubs, in Österreich mehr als in Deutschland, in den meisten deutschen Irish Pubs wirst du auf Deutsch begrüßt. (unv. #00:20:22.8#) Na, so gehst du doch nicht in einen Irish Pub, da willst du englisch angesprochen werden und möchtest auf ein, zwei Stunden einen Irlandurlaub haben. Und ich habe gesagt, macht’s das so, dass die Leute auf ein, zwei Stunden einen Amerikaurlaub haben. Und da brauchst du natürlich das entsprechende Ambiente, du brauchst das entsprechende Personal, und vor allem das entsprechende Bier. Hat nicht funktioniert, muss man sagen. Das erste Jahr war das in ganz schlechter, (unv. #00:20:52.5#) was habe ich denen für einen Rat gegeben? Ich sitze da und zwei, drei andere Gäste sitzen auch noch da in einem Lokal, das sehr viel mehr Leute fassen würde. Und habe das dann auch einmal dem Vater des Besitzers gesagt, der die Finanzierung aufgestellt hatte. Und gesagt „Vielleicht habe ich ja keinen falschen Rat gegeben?“. Sagt er „Ja, wieso denn?“. „Weil ich sehe doch, dass ihr kaum Gäste habt.“. Sagt er „Herr Redakteur, schmeckt dir das Bier bei uns?“. „Na sicher, es schmeckt nach super Bier.“. „Ja, dann machen wir doch alles richtig. Und um mein Geld machst du dir keine Sorgen, gell.“. „Okay, dann werde ich das machen, was man tut, nämlich euer Bier anderen Leuten halt nahebringen.“. Hat er gesagt „Ja, das ist natürlich super, wenn du das tust. Komm gern mit wem immer vorbei.“. Und ich bin mit Politikern und mit Journalisten hingekommen und heute rennt der Laden, das ist fast eine Lizenz zum Gelddrucken.

Markus: Faszinierend, wenn man dir da so zuhört. Und ich glaube, da merkt man auch so ein bisschen deinen zweiten Bierbereich, den du hast, nämlich dieses Thema Biermarketing. Da bist du ja einerseits jemand, der sich selber auch als Marke inszeniert, aber eben auch jemand, der andere berät und ihnen eben Möglichkeiten aufzeigt. Wie bist du da hingekommen und was waren da so prägende Erlebnisse?

Conrad Seidl: Na, prägend ist immer das, was man in den USA erlebt. Also ich habe speziell in den 1990er Jahren immer wieder phasenweise mich in den USA umgeschaut und dann oft monatelang von Kleinbrauerei zu Kleinbrauerei gefahren, geschaut, was die machen. Manche haben es gut gemacht, manche nicht ganz so gut, aber immer mit einem Engagement, das man in Europa beim Bier damals nicht so gekannt hat. Damals haben die Leute in Europa gesagt „Ich mach eh ein gutes Bier. Die Leute, wenn sie ein gutes Bier wollen, sollen sie zu mir kommen und dann kriegen sie ein gutes Bier.“ Ja, das ist ganz nett, aber das ist halt nicht das, wie Menschen tatsächlich reagieren. Denen muss man sagen, was man hat, und man muss es ihnen erklären. Und ich habe damals dann auch viele, in England waren die Leute schon weit, ich bin noch Mitglied der British Guild of Beer Writers geworden, Mitglied von Cameron Life Time Member. Also ich habe gesehen, es gibt viele Leute, die sich darum bemühen, dass über Bier geredet wird. So wie du das tust, ganz, ganz wichtig, den Leuten Gesprächsstoff zu liefern. Selbst wenn sie vielleicht mit nicht allem einverstanden sind, was sie an Gesprächsstoff geliefert bekommen, ist es doch so, dass wenn, stell dir vor, auf einem Bieretikett von einer Bierflasche steht hinten drauf der Herr Braumeister, der dann unten auch mit seinem Namen unterschreibt, hat sich entschlossen, für dieses Bier eine Gerste zu nehmen von der und der Gerstensorte, die dort und dort wächst, und die er da und da vermälzen hat lassen. Einen Hopfen, der von mir aus wächst im Yakima Tal oder auch in der Hallertau oder in Tettnang, es ist diese und diese Sorte. Und damit hat er ein spezielles Rezept, bei dem er jetzt das und das macht, und eine Hefe aus ich weiß nicht woher. Wenn man das den deutschen Brauern vor 30 Jahren gesagt hat: „Interessiert doch kein Schwein. Versteht doch auch keiner.“. Stimmt! Das interessiert nicht alle, und verstehen tun es noch weniger. Aber ich habe dann gesagt „Habt ihr schon einmal einem GTI-Treffen beigewohnt, über was für Details von Ventilen eines Motors die Leute philosophieren und sich wirklich interessieren, obwohl das sind auch nur Autos, die fahren und dann bist du mit dem um nichts schneller bei der Arbeit, aber die Leute haben eine Liebe dazu, wenn sie sich bemühen, ein Wissen um vielleicht auch triviale Dinge zu kümmern und dann sagen „Aber die Zündkerzen von dem sind besser.“. Oder was immer es an Details gibt. Der Genuss wird dadurch erhöht, dass man etwas weiß. Und es gibt Leute, die viel Geld ausgeben zum Beispiel für Weinseminare, unglaubliche Ausbildungen. In meinem Wirtschaftswissenschaftsstudium habe ich gelernt, dass die ökonomische Theorie letztlich darauf aufbaut, dass auf perfekten Märkten es eine vollständige Information gibt und daher zum günstigsten Preis gekauft wird. Nachdem müsste Oettinger natürlich ausschließlich den Markt beherrschen. Tatsache ist aber: Wir sehen das beim Wein, dass Leute sich über Wochen und Monate mit Weinen beschäftigen, nicht, um zum besten Preis einen optimalen Genuss zu bekommen, sondern um sich auch einmal einen noch teureren Wein zu leisten. Und letztlich wirst du von dem einen wie vom anderen betrunken. Nur der Genuss ist halt auch unter anderem damit zu rechtfertigen, dass man sagt, ich habe dafür auch eine Menge Geld bezahlt, dass ich einmal diese spezielle Flasche aus diesem speziellen Weingut gekostet habe. In ähnlicher Weise funktioniert‘s ja auch inzwischen am Biermarkt. Nur ich sag immer: Freunde, schaut’s euch an, um wie viel Geld bei großen Auktionen die Spitzengewächse der Weinwirtschaft versteigert werden. Nicht weil das getrunken wird, aber im Supermarkt, wenn da die Flaschen oder Kisten, die nebenan stehen, dann verstehen die Leute das: Wenn es ein Bier gibt, das 10.000 Euro kostet, dann schaut dann der Preisunterschied und der Sprung von einer Flasche, die irgendwo 60 Cent kostet, zu einer Flasche, die 6 Euro kostet, im Vergleich, dass das ja auch 6000 sein könnte, relativ moderat aus. Und der greift vielleicht gelegentlich zu der 6 Euro Flasche, wo er ein Wow-Geschmackserlebnis bekommt.

Markus: Dem kann ich auch nur zupflichten, dadurch was mir immer so begegnet. Ich habe das Gefühl, es hat oft mit Storytelling zu tun, dass man also wirklich versucht, seinen Biersorten, seiner Brauerei, sich selber Geschichten zu geben, oft an wahren Dingen aufgehängt, manchmal vielleicht auch an kreativen Ideen. Aber am Ende geht es ja auch um Kundenbindung, um Begeisterung, um Multiplikatoren zu schaffen, die dann eben für mich, für meine Marke Botschafter werden und mich dann auch sichtbar machen vielleicht woanders. Und da finde ich, bin ich dir zum Beispiel begegnet zum ersten Mal, als ich ein Buch von dir hatte, das hieß Bier-Katechismus. Da sind wir fast schon wieder ein bisschen zurück beim religiösen Thema. Aber das fand ich ganz toll. Und mittlerweile machst du auch einen Bier-Guide, wo du praktisch die Leute auch so ein bisschen einlädst in die Restaurantszene und eben sagst, hier bekommst du das und da bekommst du das, und kriegst da auch ein sehr positives Feedback von den Gastronomen.

Conrad Seidl: Nicht von allen.

Markus: Nicht von allen, das ist klar, das kenne ich auch. Aber das finde ich auch eine interessante Geschichte. Wie hat sich denn das entwickelt und wie schaust du da jetzt nach den Jahren der Erfahrung auf dieses Projekt auch ein bisschen zurück?

Conrad Seidl: Ja, also der Katechismus gehörte mal neu geschrieben, weil da sind einige Daten drinnen, die jetzt nach inzwischen 23 Jahren veraltet sind, weil sich die Bierszene verändert hat, und glücklicherweise zum Positiven weiter verändert hat. Was du auch angesprochen hast, ist, es gibt natürlich eine Reihe von Geschichterln, die heute so im Umlauf sind. Man weiß, das hat irgendeine Brauerei mal aus Marketinggründen in die Welt gesetzt und die Leute plappern immer noch diese Marketinggeschichten nach. Das ist schon auch störend, weil eine gutklingende, aber falsche Geschichte ganz, ganz schwer aus der Welt zu räumen ist. Wenn ich jetzt wieder darauf hinweise, dass ich politischer Journalist bin und da amerikanische Präsidenten beobachtet habe oder so, dann brauche ich jetzt nicht Namen zu nennen. Aber das sind, ich glaube, die Geschichten, die man verbreitet, sollten wahr sein. Und gute, wahre Geschichten sind auch gute Selbstläufer. Und sie haben das, dass sie den Menschen, die sie gelesen haben und diese weitererzählen können, etwas gegeben, was auch vielen fehlt: Selbstbewusstsein. Wenn du über etwas kompetent reden kannst, dann stärkt das dein Selbstbewusstsein und dann stärkt das das, dass du von dir selber ein besseres Bild bekommst. Wenn du sagst, ich trinke jetzt von 5 Halbe, ist das ganz gut. Aber wenn man sagt, ich trinke 5 halbe Helles und das Helle ist eigentlich das am schwersten zu brauende Bier, und der Braumeister, der hat mir das mal erklärt, weil da brauchst du nämlich, das verzeiht dir keine Fehler beim Brauen. Und dann weiß ich noch, dass das aus einer fränkischen Braugerste und so einem Hopfen von ich weiß nicht Hersbruck gemacht wird, dann hat der doch eine andere Geschichte zu erzählen und dann ist das nicht mehr sein einfaches Helles, wo die Frau sagt „Sauf nicht so viel“, sondern ich genieße es.

Markus: Ja. Dann wird Bier eben auch zur Bierkultur. Und vielleicht, wenn wir zum Abschluss noch ein bisschen schauen, wie Leute dich erleben können, also einmal mit deinen Büchern, mit deinen Veranstaltungen, aber zum Beispiel auch mit deinem quasi Fernsehkanal, oder?

Conrad Seidl: Ja, also ich habe lange Zeit YouTube Videos gemacht, die werden jetzt auch alle wieder neu ausgespielt. Aber das, was ich momentan als das größte Projekt habe, das ist Biertastic. Das ist eine Fernsehserie, die haben wir in englischer Sprache aufgenommen. Für die erste Staffel sind wir nach Shanghai und nach Portland, Oregon und nach Kapstadt, also wo es halt ein gescheites Bier gibt, hingeflogen und haben das eine oder andere gekostet und kommentiert. Und ich geschaut, dass mir der Vogel Strauß nicht den Hut vom Kopf zieht und solche Sachen. Da sind sehr lustige Szenen entstanden. Aber es geht halt ums Bier. Und das gibt’s jetzt zum Abruf auf Vimeo. Das ist kostenpflichtig, weil irgendwie muss man das Projekt ja auch finanzieren. Und ich weiß nicht, wann das dann irgendwann und in manchen Ländern wird das auch, weil ja der englische Markt sehr groß ist, wird das auch im Pay TV oder vielleicht auch Free TV sein. Aber die zweite Staffel kommt jetzt vor Weihnachten heraus, da waren wir in Peru und in Finnland und in New York, und Ägypten, ich bin auf einem Kamel geritten. Glücklicherweise haben sie es nicht aufgenommen, wie ich auf dieses Kamel hinauf bin, weil ich bin nicht schwindelfrei. Und dann sitzt du auf diesem Wüstenschiff und wirst seekrank, dabei hast du gar kein Bier getrunken. Das darfst du ja dort auch nicht, bei den Pyramiden darfst du nicht mal ein Bier trinken, ein schwieriges Land. Aber sie haben halt in der Bierkultur vor Jahrtausenden was geleistet und da geht man halt hin und sagt, ja, gehört auch dazu, dass man das gesehen hat, und dass man dieser Kultur eine Referenz erweist. Wären sie gescheiter gewesen, wären sie vielleicht in der Bierkultur dort, wo Deutschland heute ist. Wenn du mit einem Amerikaner oder einem Chinesen redest und fragst „Wo gibt’s eine Bierkultur?“, sagen alle: Deutschland. Deutschland hat da unglaublich viel gemacht, um sich zu etablieren. Und das darf Deutschland nicht verlieren. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, wenn man sagt, es gibt Millionen Menschen, die davon träumen, dass sie einmal einen Bierurlaub in Franken bei euch machen können, wo du von Brauerei zu Brauerei kurze Wege hast. Ich bin selber da öfter wandern gewesen und das war herrlich, von Brauerei zu Brauerei zu wandern.

Markus: Und das finde ich auch ein ganz wichtiges Ergebnis, glaube ich, aus den ganzen Reisen, die auch ich gemacht habe, dass man einerseits selber Horizonte erweitert, neue Perspektiven bekommt, aber auch diese Wertschätzung erlebt, die eben andere wiederum für unsere Herkunft aus Mitteleuropa haben und auch für das Bier und die Bierkultur. Wir hatten es ja heute schon mal mit anderen Juroren, diese Geschichte, wer eine Reise tut, der hat was zu erzählen. Und du hast auf jeden Fall was zu erzählen, was du heute auch getan hast. Vielen, vielen Dank dafür! Vielen, vielen Dank für deine Zeit! Und vielleicht hören wir uns oder sehen wir uns ja mal wieder im Podcast. Für heute auf jeden Fall nochmal Dankeschön.

Conrad Seidl: Darauf ein Bier!

Markus: Prost!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 30 – Interview mit Martin Seidl, dem Bierobelix vom Brauhaus Haselbach in Braunau am Inn, Österreich

Martin Seidl ist ein echtes Bierurgestein unseres Nachbarlandes Österreich. Als Self-Made-Brauer hat er es bis zum Verantwortlichen erst der Tölzer Mühlfeldbräu und dann vom Brauhaus Haselbach in seiner Heimatstadt Braunau gebracht. Außerdem engagierte sich der gelernte Mechaniker und Sozialpädagoge von Anfang an in der österreichischen Bierkonsumenten-Vereinigung BierIG, mit der er der Alpenrepublik die Lust auf gutes, handwerklich gebrautes Bier zurückbrachte – und auch einen eigenen Bierwettbewerb ins Leben rief, die „Austrian Beer Challenge“, bei der mittlerweile die Staatsmeister des Bierbrauens ermittelt werden. Also ein echtes Bier-Multitalent, noch dazu supersympathisch und Brauer-Hansdampf in allen Kesseln – freut Euch auf einen spannenden BierTalk mit einem guten Einblick in die österreichische Bierseele…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute mal wieder ein richtiges Spezial. Wir sind am Rande der Austrian Beer Challenge, sitzen in Baden bei Wien und haben einen ganz besonderen Gast, der auch etwas mit dem Wettbewerb zu tun hat, bei dem wir jetzt hier sind. Er ist so etwas wie ein Grenzgänger zwischen vielleicht Deutschland, vielleicht Bayern, vielleicht Österreich, vielleicht auch Frankreich. Schließlich sagen viele zu ihm, und er selber auch, er ist der Bier-Obelix. Also lieber Martin, schön, dass du bei uns bist. Stell dich doch bitte mal kurz selbst unseren Hörern vor.

Martin Seidl: Hallo! Ich bin der Martin Seidl aus dem schönen Innviertel, dem bayerischen Teil Österreichs. Ich bin wirklich Grenzgänger, fahre fast jeden Tag nach Simbach am Inn. Das ist ein Stadtteil von Braunau am Inn, das in Oberösterreich liegt. Und Simbach am Inn ist eine Stadt in Bayern, war aber bis 1779 bayerisch. Und meine Freundin hat dort drüben ein Haus und ich bin eigentlich fast jeden Tag drüben nach der Arbeit und arbeite jetzt als Braumeister im Brauhaus Haselbach, das ist auch direkt in Braunau. Und ich bin neun Jahre bis heuer im Frühling Präsident der BierIG, die die Austrian Beer Challenge veranstaltet, gewesen. Ich bin jetzt zwar noch im Vorstand, aber so ein bisschen als graue Eminenz im Hintergrund. Die Austrian Beer Challenge war mal eine Schnapsidee 2003 von mir und ist irgendwie gewachsen. Ich habe davor schon mehrere Jahre hobbygebraut und bin dann durch das irgendwie in die Bierszene reingeschlittert durch Axel Kiesbye halt auch und die BierIG. Und jetzt bin ich halt leidenschaftlicher Bierbrauer.

Markus: Genau! Also eine spannende Geschichte. Für alle, die noch nicht so ganz in diesem Kosmos drin sind, was muss ich mir unter der Austrian Beer Challenge vorstellen? Es ist ein Wettbewerb, ein Wettbewerb, wo sowohl Hobbybiere als auch professionelle Biere eingereicht werden können. Und dann gibt es eine Schar von um die 70 Juroren, die dann dafür da sind, diese Biere entsprechend zu benoten und zu beurteilen, und am Ende werden natürlich Medaillen vergeben. Wer ist die BierIG? Das vielleicht auch noch wichtig, werden wir sowieso noch drüber sprechen, aber so als Kurzinfo: Es gibt Vereinigungen der Bierkonsumenten in ganz Europa in jedem Land, auch in Deutschland, aber eben auch in Österreich, und dort heißt sie eben Bier.IG. Eine sehr spannende Geschichte, werden wir auch gleich noch drüber sprechen. Aber vielleicht vorher noch, ich hatte es ja schon erwähnt, dieser Name Bierobelix, also wo kommt das her und warum nicht vielleicht auch Biermiraculix oder, du heißt ja eigentlich Seidl, das ist ja auch sehr naheliegend für jemand, der mit Bier zu tun hat. Also wie kamst du zu dieser Namensfindung?

Martin Seidl: Eigentlich hat der Axel früher eine Facebook Seite gehabt mit Bierakulix. Und irgendwo hat mich dann immer wieder so ein bisschen, ja, der Axel ist der Bierakulix und mit deiner Körperstatur müsstest du der Bierobelix sein. Und irgendwie ist mir dieser Name hängengeblieben. Ich finde den auch nicht unnett, also ich kann mich sehr gut identifizieren damit, trage halt meistens Bierfässer statt Hinkelsteine.

Markus: Das ist ja auch sehr vernünftig und du bist auch wirklich ein, sage ich mal im positiven Sinne, ein absolutes Schwergewicht in der Bierszene, nicht zuletzt auch in Österreich. Wie müssen wir uns das überhaupt vorstellen? Ich denke, die meisten Hörer von uns sitzen in Deutschland. Wie würdest du die österreichische Bierszene beschreiben? Was ist da anders und was ist ähnlich? Und was geht da so ab?

Martin Seidl: Die Bierszene in Österreich unterscheidet sich wenig von der deutschen, weil wir eigentlich so ein Stammland des Bieres sind, genauso wie Deutschland. Natürlich das Hauptbier bei uns heißt, das ist ein Märzen, aber das ist eigentlich, unser Märzen ist sehr ähnlich dem bayerischen Hellen, weil ein bayerisches Märzen noch mal stärker und dunkler ist. Die Szene ist sehr ähnlich und natürlich die deutsche und österreichische Bierszene ist natürlich sehr vernetzt untereinander. Und das einzige, was halt ein Unterschied ist, der Deutsche geht gerne in den Getränkemarkt, um das Bier zu kaufen, und Getränkemärkte in diesem Sinn gibt es bei uns nicht, sondern bei uns ist das immer bei den Supermärkten angeschlossen. Und da wird halt das nicht so zelebriert wie in Deutschland, dass einfach der Papa am Samstagvormittag noch kurz in den Getränkemarkt fährt und einfach da die Getränke für die ganze Familie für die Woche einkauft. Und bei uns wird nebenbei einfach beim Einkaufen das Bier mitgenommen. Und das ist eigentlich so der gravierende Unterschied eigentlich. Biermäßig sind wir eigentlich sehr ähnlich.

Markus: Ihr habt aber auch kein Reinheitsgebot, oder?

Martin Seidl: Nein, wir haben den Codex Alimentaris Austriaticus. Das ist eigentlich das härteste Lebensmittelgesetz, weil bei uns nichts Künstliches zugelassen ist. Wir dürfen halt auch mit (unv. #00:04:56.9#), man dürfte auch (unv. #00:04:59.0#) nehmen, was bei uns keiner mehr macht. Bis vor ein paar Jahren hat das noch eine größere Brauerei gemacht, aber die machen das auch nicht mehr. Und wir dürfen auch mit Früchten oder Kräutern brauen, das muss alles natürlich sein.

Markus: Genau! Apropos, wenn ihr euch jetzt wundert, normalerweise trinken wir im BierTalk immer mindestens ein Bier, aber nachdem wir im Bierwettbewerb sind, hatten wir heute schon um die 40 und haben noch ungefähr 40 vor uns, und machen deswegen jetzt mal getränkemäßig etwas Pause während wir reden. Ist aber auch vielleicht gar nicht so schlecht. Vielleicht vorneweg: Wie kamst du denn überhaupt zum Thema Bier? Oder war das klar, als du aus dem Muttermund gefallen bist, bist du gleich in den Maßkrug gefallen? Wie muss man sich das vorstellen?

Martin Seidl: Nein, nein! Ich habe immer gerne Bier getrunken. Mit 16 war ich damals von der Jugendfeuerwehr zur aktiven Feuerwehr eingerückt oder übergegangen, und da hat man einfach Bier getrunken. Das war schon immer sowas, was ich einfach gerne getan habe. Das ist jetzt nicht, dass ich mich immer nur betrunken habe, sondern man hat einfach gerne Bier zelebriert und gelebt. Ich lebe auch im Inn-Viertel, was ja bis 1779 bayerisch war. Und bei uns im Bezirk, wo ich wohne, also in Deutschland heißt es ja Landkreis, haben wir noch zehn Brauereien. Natürlich ist man bei uns schon sehr bierlastig. Und da man direkt an der deutschen Grenze wohnt, hat man sowieso mehr Bierbezug. Aber bei mir hat das eigentlich begonnen, meine Ex-Schwiegermutter war bei so einem Buchclub und dann konnte man mitmachen und dann musste man Bücher bestellen. Da war immer relativ schlechte Ware dabei, und irgendwo war mal ein Buch, ein sehr schlechtes Buch, muss ich auch sagen, über Heimbrauen dabei. Und ich habe mir dann einen großen Kochtopf besorgt und habe Bierbrauen begonnen. In diesem Buch stand ein bis zwei Teelöffel Hopfen ohne Alphasäure-Gehalt oder irgendetwas. Ich habe dann mal gedacht, das ist viel zu wenig, dann mal dreimal so viel reingegeben. Die Flaschen sind dann explodiert, weil ich es (unv. #00:06:55.8# falsch?) abgefüllt habe. Und ich bin eigentlich ein relativ ungeduldiger Mensch, dass mir das geblieben ist, wundert mich. Aber es hat mir doch so gefallen, dass ich dann immer wieder mehr Bier produziert habe, weil am Anfang habe ich 20 Liter gebraut 1996, und meine Freunde haben mir zugesehen und haben gesagt „Puh! Das glauben wir nicht, dass der das zuhause macht.“ und haben mehr Bier getrunken als ich gebraut habe. Jetzt habe ich dann mal einen 60-Liter-Kessel gebaut, dann habe ich einen 120er gebaut. Und dann bin ich irgendwie über die Jahre in diese Szene reingeschlittert und konnte nicht mehr raus. Und das ist gut so.

Markus: Allerdings! Da kann man auch nur froh sein. Und was waren so dann Brauereien auf deinem Weg bis da, wo du jetzt bist?

Martin Seidl: Brauereien, das war dann eigentlich, ich habe dann relativ schnell begonnen, eine Eigenmarke, die (unv. #00:07:40.4# Trachiner?) zu gründen und habe dann von zu Hause aus einen Grund bekommen, also zwei Hektar, wo ich Braugerste anbauen konnte. Also jetzt bin ich rausgekommen.

Markus: Die Frage war: Welche Stationen für dich so auf dem Weg …

Martin Seidl: Auf dem Weg, ja, ja. Durch diese Eigenmarke haben wir dann schon immer Bierfestivals, auch auf Bierfestivals ausgeschenkt in (unv. #00:08:09.6#) und so weiter bei den ersten Bierfestivals in Mitteleuropa, die der Axel veranstaltet hat. Und durch das bin ich immer mehr in die Bierszene gekommen. Und irgendwann hat mich Frank Böer angerufen, hat gesagt „Ich brauche dich auf der Baukunst Live!“. Und dann habe ich gesagt: Ich mache 100 Hektoliter im Jahr, also das ist zu klein. „Nein“, er hat gesagt „Genau dich brauche ich, das ist super.“. Und dann bin ich dorthin gefahren mit einem Biertisch und einem Durchlaufkühler und einem Plakat, das selbstgemacht war, und habe dort ausgeschenkt. Und dann ist die Kirsten reingekommen und hat gesagt, die war damals bei der Tölzer Brauerei „Wir machen eine Collabs“. Da habe ich gesagt „Okay, machen wir“. Und irgendwie hatten wir da die schwarze Tinte, die ich schon in Kleinstmengen zu Hause gebraut habe bei uns, haben die Leute das schwarze Bier nicht gemocht. Also dieses Stout, das kannten die nicht. Und dann ist das aber explodiert, weil das Bier gut war, wir haben das miteinander gemacht und Sebastian Heuschneider, der war damals Braumeister, ist dann ausgeschieden aus der Brauerei, weil er nicht mehr wollte, und hat mich als Nachfolger eingestellt. Ich bin eigentlich kein Braumeister, sondern ich bin Mechaniker und Maschinenbaumeister und habe ein Bachelor Studium in Sozialpädagogik. Und bin aber irgendwie durch die Erfahrungen, ich habe über 600 Bierbücher zu Hause, die ich alle gelesen habe, und natürlich auch Kunz und Narziß. Und Freunde wie den Georg Tscheuschner oder den Axel Kiesbye, den Jens Luckert oder den Hubert Hanghofer, wenn die geredet haben, habe ich so Ohren wie ein Elefant bekommen und habe einfach mir das autodidaktisch selbst erlernt. Und bin dann eben in Tölz gewesen als Braumeister, habe dann einfach wieder aufgehört, weil 175 Kilometer jede Woche fahren war für mich zu weit. Und da ich zu Hause die Landwirtschaft noch im Kleinsten betreibe und auch mein Haus noch habe, konnte ich jetzt nicht meine Wurzeln in Tölz festlegen. Und bin ich eben dann über Tölz, dann haben wir, mit dem Hopfenkopf habe ich mich dann zusammengetan, da habe ich sehr viel im Bruckberg bei Landshut gebraut bei der Brauerei Wimmer. Und irgendwie habe ich dann zu Hause auch wieder, und das ist halt so mein Werdegang, und dann im Juni hat mich ein Headhunter angerufen, ob ich, bei uns in der Heimatstadt, da wurde die Brauerei verkauft, der Vorgänger war eigentlich nicht bekannt für gutes Bier, also eigentlich sogar für sehr schlechtes Bier, das darf ich wirklich so sagen, das kann mir auch die Szene so bezeugen, und habe jetzt begonnen, diese Brauerei wieder aufzubauen. Wir sind jetzt so an die knapp 1000 Hektoliter und haben 12 Hekto-Sude. Und da bin ich jetzt halt gelandet. Und schauen wir mal, was die Zukunft bringt. Und ich glaube, dass das noch sehr viel Bier bringen wird.

Markus: Oh ja! Das klingt auf jeden Fall sehr spannend und ist ja jetzt dann auch so eine kleine Lebensaufgabe vielleicht auch, wo du dich auch einbringen kannst. Und du hast gerade noch Landwirtschaft gesagt, das heißt, baust du auch Braurohstoffe an selber?

Martin Seidl: Ja, ja, ich baue Braugerste an. Was aber die letzten zwei Jahr sehr schwierig war. Letztes Jahr ist das noch gegangen, heuer war zuerst Hagel, dann die nächste (unv. #00:11:39.6#). Also heuer musste ich die Ernte, also fünf Tonnen von zwei Hektar Bioanbau, also bin nicht direkt Bier…, sondern biologisch nachhaltig, aber ich habe kein Biozertifikat wegen der Größe, musste ich leider wegwerfen. Weil das am Feld ausgewachsen ist und rote Körner und ich konnte sie nicht vermälzen lassen.

Markus: Schade! Also gar nicht so einfach dann letzten Endes im landwirtschaftlichen Bereich. Kommen wir vielleicht noch mal zurück auf dieses Thema BierIG. Also vielleicht auch, weil sich die Hörer da gar nicht so viel drunter vorstellen können. Was heißt denn für dich eine Bierkonsumenten-Vereinigung? Also wie kommt man da dazu und was treibt diese Menschen um?

Martin Seidl: Eine Bierkonsumenten-Vereinigung geht um das, dass man weg vom Einheitsbier geht, dass man wieder Biervielfalt schafft. Wir hatten so um das Jahr 2000 in Österreich eine Verödung Bierlandschaft. Es wurden viele Brauereien zugeschlossen, es ist dann eine Übernahme des größten Braukonzerns, also der größten Brauerei-Aktiengesellschaft durch einen holländischen Konzern geschehen. Und dann wurde die BierIG gegründet, um diese Wüste wieder blühend zu machen. Und es ist so weit gegangen, dass wir wirklich dann mit Bierfestivals die Leute wieder an gestartet haben, die BierIG hatte am Anfang so um die 100 Mitglieder, jetzt sind wir knapp unter 800. Und dieser Verein ist eben da, um diese Biervielfalt zu stützen. Also am Anfang haben wir es geschafft, die Biervielfalt wiederherzustellen, weil auch dieser Konzern gesehen hat, man kann eigentlich mit Biervielfalt und hat wieder alte Brauereien aufgemacht, alte Biermarken wieder aufleben lassen, alte Bierstile. Und auch die anderen Brauereien haben sich dann bemüht, mehr als nur Helles oder Weizen oder Pils zu brauen. Obwohl das Weizenbier bei uns sich eher auf Oberösterreich bezieht, in der Bayernnähe, und in Wien eher wenig Weizenbier getrunken wird. Aber so auf diese hellen Biere oder Pils, sie haben dann auch wieder Dunkles gemacht. Sie haben wieder begonnen, Wiener Lager zu machen und so weiter. Und das haben wir die ersten 10 Jahre des Vereinsbestehens ja geschafft. Und anfangs war die Austrian Beer Challenge eigentlich nur ein Hobbybrau-Wettbewerb, die ersten fünf Jahre. Und dann wurde das immer weiter ausgeweitet, bis dass alle Brauereien mitmachen durften. Weil wir gesagt haben: Wir haben jetzt die Biervielfalt geschaffen, jetzt müssen wir sie unterstützen, dass sie auch Qualität liefern können. Und dann musst du ihnen eine Bühne bitten und eine Möglichkeit bieten, das professionell von professionellen Juroren bewerten zu lassen. Nicht, dass ich irgendwo ein paar Promis zusammenhole und sage, ja, da, und die machen irgendwie so einen lustigen oberflächlichen Bewerb, sondern hier darf man ja nur als Juror mitarbeiten, wenn man entweder Diplom-Biersommelier ist als gelernte Brauer und Biersommelier oder Bierbotschafter oder Braumeister. Also man muss, oder da jahrelange Erfahrung auch als Juror hat. Also es gibt auch eine Bewerbungsliste. Es kommen natürlich internationale Juroren, die auch bei den größeren Bewerben wir European Beer Star, Brussels Beer Challenge und diese ganzen zertifizierten Bewerbe, wo wir auch, wir sind auch ein zertifizierter Bewerb, wo einfach die schon bewertet haben und die große Erfahrung haben. Und damit die Brauerei, die ihr Bier einreicht, auch wirklich von Spezialisten verkostet wird und nicht einfach mal einer sagt, Mann, ich will jetzt keine Marke nicht, aber sage mal, das (unv. #00:15:29.2# Überdrüber?) Märzen von der und der Brauerei sagt er, das ist das beste und das schmeckt und das bewerte ich, sondern da geht’s wirklich um Sorten typisch, um Qualität, um Bierfehler und so weiter. Und das sind natürlich dann sehr schwieriger Bewerbe natürlich für Brauereien. Und durch diese Juroren auch wissen, wo Bierfehler liegen können und auch feinste Nuancen davon schmecken können. Und dann hat man halt wirklich aber die objektivste Bewertung. Und diese Bühne braucht die Braulandschaft in Österreich, um zu wissen, wo stehe ich mit meinem Bier. Und das macht die BierIG, das ist unsere Verantwortung, dass wir nicht nur schauen, dass Biervielfalt geschaffen wird, wir klären auch Laien auf, wie man Bier verkostet, wie man bewusst Bier trinkt. Und wenn man einfach Bier auch wieder einen Stellenwert gibt, wie man es früher mal hatte, bevor es so industrialisiert wurde.

Markus: Also auf jeden Fall eine sehr, sehr spannende und interessante Geschichte, die auch dahintersteckt. Nochmal kurz als Informationen für die Hörer: Die Hintergrundgeräusche sind, weil wir hier in einem Raum sind, der vorbereitet wird für ein großes Bierkulinarium, was wir heute Abend genießen dürfen. Auch eine schöne Nebenerscheinung dieser ganzen Geschichte, freue ich mich schon drauf. Also deswegen stört euch nicht, wenn es zwischendurch mal klappert und klimpert. Wir waren gerade bei der BierIG und beim Bierwettbewerb. Wenn du so über diese Jahre schaust, kann man sagen, dass diese Medaillen, die vergeben werden, Brauereien oder Brauern dann auch geholfen haben? Also ist das was, was dann einen Effekt hat, wenn man gewinnt, zum Beispiel?

Martin Seidl: Ja schon, weil man sieht ja, dass die in die Medien gehen, wenn die einen Preis machen. Oder wenn man eine Brauerei, ich will jetzt hier auch wieder keine Namen und keine Werbung machen, aber vorbeifährt, man sieht dann schon, dass am Zaun der Brauerei steht „Wir sind Staatsmeister“, es sind ja die Staatsmeisterschaften in Österreich, „Wir sind Staatsmeister“ und das wirklich bewerben, sieht man schon, dass die Brauereien das wollen und dass die natürlich das auch in die Öffentlichkeit tragen, damit sie etwas erreicht haben. Was eigentlich außergewöhnlich ist, weil wir haben 660 Biere eingereicht. Und es wird nicht jeden wie bei anderen, es gibt ja Wettbewerbe, wo halt jeder dann, du bekommst Gold, du bekommst Silber oder irgendwas, sondern es bekommen wirklich nur die ersten drei pro Kategorie einen Preis. Und das bei so vielen Bieren ist das schon eine große Leistung. Und die sind dann auch stolz darauf und die tragen das auch nach außen. Und das finde ich auch gut so, weil der Konsument dann auch sieht: Aha, da gibt es was. Ich kann mich auch bei der BierIG dann informieren, bei was es um Bier überhaupt geht. Nicht nur, dass es einfach ein Dosengetränk ist, dass ich irgendwo beim Pornoschauen trinke und etwas so Schmuddel-Niveau hat, sondern dass Bier auch ein sehr hohes Niveau haben kann. Und eigentlich sehr hohes Niveau hat, nur ob die Bevölkerung das nicht weiß, und das ist auch unsere Aufgabe, das weiterzugeben.

Markus: Ich finde, das merkt man auch. Also ich habe ja jetzt auch schon einige Biere verkosten dürfen beim Wettbewerb, und das Spannende ist tatsächlich, dass man so eine große Bandbreite hat. Dass es natürlich auch ein, in Anführungsstrichen, „normales“ Helles oder Wiener Lager gibt, aber eben auch ein Fruchtbier, ein Kräuterbier, ein holzfassgelagertes Bier, irgendwelche Experimente mit Kräutern oder allen möglichen Dingen, wo man einfach merkt, da passiert auch ganz viel im Kopf, da leben sich Leute aus, die haben Ideen und versuchen dieses Medium Bier auch zu nutzen, um sich so ein bisschen zu verwirklichen und Menschen vielleicht auch ein bisschen eine Freude zu machen. Also das ist vielleicht auch so ein Teil dieser Philosophie, dass Bier auch diese Chance hat, viel mehr zu transportieren als einfach nur Durst zu löschen, sondern da geht’s eben um Kreativität, da geht’s um Geschmack, sich wohlfühlen, Überraschungen, eben interessante Momente, wo man sich auch daran erinnert, wo ich jetzt vielleicht noch weiß, was ich vor fünf Jahren in einer bestimmten Situation getrunken habe, weil das eben so was Besonderes war. Ich glaube, sowas ist schon mit Bier für viele noch was Neues, aber mittlerweile, glaube ich, kommen immer mehr Leute in diesen Genuss. Was mich noch interessieren würde, du hast gesagt, ihr habt das damals ins Leben gerufen. Wie muss ich mir das vorstellen? Sind dann irgendwann mal drei Leute vorm Fernseher beim Fußballgucken und sagen „Jetzt machen wir einen Wettbewerb“ oder wie läuft das?

Martin Seidl: Nein, das war so, bei uns im Dorf gibt es seit Menschengedenken einen Wettbewerb für Most, also den österreichischen Cider. Und da ich schon Bier gebraut hatte und mich immer mit Genuss beschäftigt habe, wurde ich da immer eingeladen als Juror. Und da sitzen dann zehn Männer aus dem Dorf und vielleicht ab und zu eine Frau, und die verkosten dann diesen hausgemachten Most oder wie man in Franken, nicht in Franken sagt, in Frankfurt sagen würden Äppelwoi, wenn ich es richtig sage.

Markus: Ja, Äppelwoi oder so ähnlich.

Martin Seidl: Und dann sage ich zu meinem Freund „Ich kenne jetzt nur zwei Hobbybrauer und man müsste eigentlich, wenn man zehn zusammenbringt, könnten wir einen Wettbewerb machen“. Und irgendwie bin ich dann über einen Arbeitskollegen auf die Homepage vom Dr. Höglinger, vom Herbert Höglinger, gekommen, der alle Kleinbrauer in Österreich besucht. Und den habe ich angeschrieben, und er hat mir dann den Kontakt zum Axel hergestellt. Und irgendwie hatten wir auf einmal auf den Schlag 47 Heimbrauer. Dann haben wir gesagt „Okay, das sind zu viele, machen wir eine Staatsmeisterschaft draus.“. Das war eigentlich eine Schnapsidee. Und dann hat aber der Axel gesagt „Martin, das ist toll, was du da machst. Komm bitte zu uns in die BierIG. Wir haben nächstes Jahr ein Festival, magst du nicht an diesem Festival die Staatsmeisterschaft dieser Haus- und Kleinbrauer ausrichten?“. Dann hatten wir dann gleich im nächsten Jahr Jörg (unv. #00:21:17.9# Drehauser?) ist dann auch noch dazugekommen, und wir hatten nächstes Jahr gleich 97. Und hat sich immer gesteigert. Und dann haben wir gesagt, wir müssen auch den Großen die Möglichkeit geben. Das hat sich eigentlich entwickelt, aber das war eigentlich eine Schnapsidee bei der Mostkost.

Markus: Also von der Schnapsidee zur Staatsmeisterschaft. Das vielleicht noch als Frage: Kann man das einfach so? Also kann man einfach sagen, wir machen jetzt hier einen nationalen Wettbewerb? Oder musste man da bei irgendeiner Autorität nachfragen, ob man da auch eine Medaille österreich-weit draufkleben darf?

Martin Seidl: Nein, also da gibt es eigentlich kein Gesetz dafür. Nur wir haben dann gesagt eben, durch das, dass Axel uns das auch angeboten hat, der ja damals die BierIG gegründet hat, hatten wir dann einen Verband dahinter. Und das ist schon etwas anderes, wenn du einen Verband dahinter hast, also den Verband, die Interessensgemeinschaft der Bierkonsumenten, ist das schon etwas anderes. Und durch das kannst du dich legitimieren, dass du das machst. Und irgendwann (unv. #00:22:19.6#) Brewer oder auch (unv. #00:22:20.6#) und sehr viele internationale Gäste waren da auch schon auf diesem Festival bei uns, und die haben natürlich dort schon als Juroren mitgewirkt. Und irgendwann haben wir dann diese Zertifizierung der (unv. #00:22:30.3#) bekommen und dann ist das eigentlich ein zertifizierter Bewerb von wenigen. Also das sind nur, glaube ich, jetzt Brussels Beer Challenge, Birra dell’anno, European Beer Star und der World Beer Cup zertifiziert. Und irgendein brasilianischer Bierbewerb glaube ich noch, aber ich weiß jetzt nicht genau. Und das ist halt schon, du hast dann schon eine Legitimation. Und jetzt natürlich haben wir auch das Bierland Österreich, also den Verband der österreichischen Brauereien hinter uns, der sagt, das unterstützen wir, wir sind dafür, dass das die Staatsmeisterschaft ist. Und natürlich ist das für mich dann genug Legitimation, dass ich das machen kann.

Markus: Ja, das ist ein gutes Stichwort. Wenn wir vielleicht zum Abschluss noch mal so ein bisschen in die Zukunft blicken, also du hast ja gesagt, das war eine Zeit, wo es schwierig war, wo viele Brauereien zugemacht haben, wo man wirklich Angst haben musste, dass das in so einem mehr oder weniger Einheitsbier endet. Dann habt ihr es geschafft, dieses Ruder praktisch rumzureißen und eben Leute wieder zu motivieren, eine Heimbrauer-Szene auch zu aktivieren und auch für Qualität so ein bisschen zu sorgen über den Wettbewerb. Und jetzt sind wir vielleicht an so einer Schwelle, wo das ja auch geschafft ist, also wo es eine rege Szene an kleinen Brauereien und Heimbrauern gibt. Wie siehst du denn die Entwicklung für die Zukunft? Was sind da für Chancen? Was glaubst du, wenn wir in zehn Jahren nochmal so eine Podcast-Folge machen, worüber sprechen wir dann?

Martin Seidl: Wir haben jetzt durch das, dass ich ja heuer nach neun Jahren einfach ein bisschen in den Hintergrund gerückt bin, in der BierIG ist der Harry Mittermaier, hat das übernommen. Und der ist irrsinnig (unv. #00:24:05.5#), wir haben die letzten Jahre ein irrsinnig tolles Team aufgebaut. Jetzt sind wir auch viel breiter aufgestellt. Und natürlich durch das, dass wir auch ein großes Netzwerk sind, können die Brauer sich vernetzen und damit einfach miteinander viel mehr schaffen und sich einfach austauschen und vielleicht auch eine leichte Konkurrenz sich zu machen, wo der eine sagt, der spricht mit (unv. #00:24:33.4#) beim Fest von uns oder bei einer Veranstaltung, der sagt „Das möchte ich auch machen“, ich mache jetzt auch ein Kräuterbier oder sowas. Ein blödes Beispiel, aber dass sie sich gegenseitig anspornen. Und das ist natürlich, ich glaube, dass das schon noch wächst. Und ich glaube, dass das schon extrem Zukunft hat und auch ein gut organisierter Bierwettbewerb mit tollen Juroren, natürlich auch mit dir und so weiter, und dieser internationalen Jury, kann man schon noch sehr viel machen. Und wir werden sicher noch sehr viele interessante Sachen im Bier sehen aufgrund dieser Bewerbe, die es auch gibt.

Markus: Ja. Also das glaube ich auch. Und ich muss wirklich sagen, das ist toll, was ihr hier auf die Beine stellt, auch wie viele ehrenamtliche Leute einfach da dabei sind und auf welchem wirklich professionellen Niveau das Ganze stattfindet. Und natürlich auch, dass man merkt, dass das, was ihr tut, tatsächlich in die Branche was hineingetragen hat und da auch was bewegt und ja auch die Großen davon überzeugt hat, dass es eine gute Idee ist, eine Biervielfalt auch zu haben, weil es letzten Endes allen nützt. Also insofern vielen, vielen Dank heute für deine Zeit, für dieses Gespräch, das mir sehr viel Spaß gemacht hat. Und jetzt freue mich auf die nächste Runde mit wieder 40 Bieren. Du dich hoffentlich auch.

Martin Seidl: Ja.

Markus: Und gerne bis zum nächsten Mal. Vielleicht müssen wir nicht zehn Jahre warten, mal schauen.

Martin Seidl: Ja, gerne. Danke für das, dass ich die Ehre hatte, mit einer Biergröße in deinem BierTalk zu sein. Da bedanke ich mich.

Markus: Danke auch!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 73 – Interview mit Oliver Klamminger aus Salzburg, Biersommelier und Gründer von Bier OK

Oliver Klamminger verbindet die beiden Lieblingswelten vieler seiner Geschlechtsgenossen: Bier und Sport. Dabei war für den gelernten Sportjournalisten das Bier anfangs noch die schönste Nebensache, hat sich aber immer mehr in den Vordergrund gedrängt und schließlich die Führung in seinem noch jungen Leben übernommen. Nach der Biersommelierausbildung betreute er erst die Braukurse im Obertrumer Bierkulturhaus, bis mit der Selbständigkeit als Biersommelier mit einer eigenen Veranstaltungsfirma der nächste Schritt auf der Evolutionsleiter folgte. Jetzt führt Oliver mit seinem Partner Bierinteressierte durch Salzburg und begeistert sie in den unterschiedlichsten Locations von der sprudelnden Bierkultur der Festspielstadt. Im BierTalk enthüllt er auch das Lieblingsgetränk seiner Frau und geht mit Markus und Holger der Frage nach, was Großereignisse im Sport und beim Bier gemeinsam haben…

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Holger: Herzlich willkommen zum BierTalk Nummer 73. Jetzt haben wir schon wieder einiges an Superlativen. Also nicht nur, dass wir einen österreichischen Gast haben und wir uns schon Gedanken gemacht haben, also machen wir jetzt ein Spezial oder nicht? Aber dann haben wir gedacht: Komm! Das ist ja so nah, da machen wir jetzt kein Spezial. Und dann müsst ihr euch vorstellen: Man ist ein männliches Wesen, interessiert sich für Fußball und Bier, wird dann Sportredakteur und Biersommelier. Also kann man sich das vorstellen? Und genau so einen Typen haben wir jetzt an der anderen Seite des Mikrofons, der heißt Oliver Klamminger und ist all das. Also Olli, wie schafft man das im Leben? Erzähl doch mal!

Oliver Klamminger: Erstmal herzlich Dank fürs Dabeisein, dass ich dabei sein darf. Keine Ahnung, wie man schafft, also ganz ehrlich, das ist, einen Fuß vor den anderen setzen und das machen, was man kann, was man will, was man mag. Ich glaube, Leidenschaft treibt einen am besten voran. Wenn man da die Zielsetzung richtig setzt, dann schafft man das auch. Alles, was man gerne macht, das macht man auch gut. Und dementsprechend war ich einfach lange Sportreporter und bin ein halbwegs erfolgreicher Biersommelier, sage ich jetzt mal.

Holger: Sehr gut! Dann gib doch mal so einen Überblick über deine Person. Was macht dich aus, wie alt, wie viele Frauen, wie viele Kinder? All sowas halt.

Oliver Klamminger: Einfache Zahlen, also sehr männlich, Daten, Zahlen, Fakten. Das geht, jugendliche 37, nur eine Frau und nur eine Tochter. Aber die fordern mich ganz gut. Ich wohne in Salzburg, obwohl ich eigentlich in der Steiermark, also vielleicht kennen das einige, da wo Arnold Schwarzenegger herkommt, das ist eigentlich mein Ursprung. Und ich bin 2004 fürs Kommunikationswissenschaftsstudium nach Salzburg gekommen und habe das auch sehr lang und unerfolgreich gemacht. Und wie alle unerfolgreichen Studenten, die mit der Theorie nichts anfangen konnten, habe ich schnell Fuß gefasst in der Praxis und war gleich beim Onlineportal und bei einem lokalen Radiosender. Ich bin dort untergekommen, habe dann dort die Live-Übertragungen gemacht für den Radiosender aus der Red Bull Arena, also Red Bull Salzburg kannte man in Deutschland damals noch nicht, mittlerweile durchaus bekannt, glaube ich, und wurde parallel zum Sportchef beim Onlineportal. Radio habe ich geskippt, blieb beim Onlineportal, habe das, glaube ich, auch ganz erfolgreich gemacht, denn es kam dann die größte Tageszeitung Österreichs und hat mir einen Job angeboten. Wo ich gesagt habe „Okay! Ich tue es für euch.“. Ich habe das so eineinhalb Jahre, gut eineinhalb Jahre gemacht, aber das Thema Bier war parallel immer schon sehr präsent. Und ich sehe mich da ein bisschen als Jäger und Sammler. Ich bin damals nach Salzburg gekommen mit Bayern in der Nähe, wo die Biervielfalt doch größer war als bei uns. Und das Thema Craftbier ist damals ein bisschen aufgepoppt. Ich habe dann weiter recherchiert, ging auf kleinere Bierfeste, sei es beim Gusswerk hier in Salzburg oder Stiegl, man hat eigentlich immer tolle Sachen gefunden, auch im Internet. Und dann bin ich irgendwann über dieses Thema Biersommelier gestolpert, habe mir eine Woche Urlaub genommen und habe mich zum Biersommelier ausbilden lassen. Wobei ich auch sagen muss, in Österreich teilt man das ja auf in Biersommelier und Diplom-Biersommelier, also das wäre dann quasi so das Upgrade. Und ich habe den Biersommelier gemacht im Bierkulturhaus in Obertrum beim Axel Kiesbye unter der tollen Leitung vom Jens Luckart. Und da habe ich sofort gemerkt, also diese Leidenschaft, das bin genau ich. Also das Thema Bier, das passt zu mir. Und ich war dann noch weiter bei der Zeitung und na ja, nicht mehr so glücklich, und beim Axel wurde ein Job frei. Und ich habe mir gedacht, damals war ich jugendliche (unv. #00:04:24.1#) 32: Wenn ich es jetzt nicht mache, dann machst du es nicht mehr. Dann habe ich mich da beworben und lustigerweise haben sie mich auch genommen. Weil da waren deutlich bessere Bewerber jetzt vom Fachlichen, da waren Brauer, Braumeister, die alle nicht drangekommen sind. Das war sehr spannend. Im Nachhinein ist mir klargeworden, die haben einen Entertainer gesucht für die Braukurse. Ich habe das dann vier Jahre lang gemacht, die Braukurse geleitet, war dann auch tätig in der Biersommelier-Fortbildung als Referent. Und ich bin auch Prüfer gewesen in der Mittelstufe bei den Biersommeliers in Österreich, was ich nach wie vor mache. Ich freue mich schon, am Freitag bin ich wieder im Bierkulturhaus für eine Prüfung. Und letztes Jahr war dann Ende, da war so irgendwie Endstation, irgendwie bin ich angekommen, es musste weitergehen. Und ich habe mit einem Kollegen, mit dem Klaus Bernkopf, eine Firma gegründet, die nennt sich BIER-OK. Da kann man jetzt sagen, ja, das ist irgendwie egoistisch, weil ich habe da meine Initialen hineingepflanzt, aber na ja, man könnte auch sagen, ich bin der Oliver und er ist der Klaus, also alles ist gut, doch nicht so egoistisch. Und seit einem Jahr machen wir sehr, sehr hochwertige und gute Bierverkostungen, Bierevents aller Art für Gruppen, für Firmen. Wir haben die erste Faistenauer BergBierWanderung vor wenigen Wochen veranstaltet, also wir sind da sehr motiviert, das Thema Bier in unserer Gegend, das schon sehr, sehr gut situiert ist, aber noch auf ein besseres Niveau zu setzen. Und mittlerweile ist das Feedback sehr, sehr gut. Wir sind eben ganz gut eingeteilt mit ein bis zwei Tastings momentan und hatten die erste Faistenauer BergBierWanderung auch vor kurzem, ein tolles Event, veranstaltet. Wo einfach, der Weg ist das Ziel, also da kommen zwei tolle Sachen zusammen, dem Markus brauche ich da nichts sagen als Bamberger, ihr macht’s ja da sowas ähnliches. Habe da jetzt momentan gut zu tun mit 30 Stunden wieder in meiner alten Online-Redaktion, plus Familie, plus die Firma BIER-Okay. Und macht aber durchaus Spaß und dementsprechend ist das alles auch stemmbar.

Holger: Mensch, super! Das hört sich wirklich spannend an. Jetzt würde ich sagen, Markus, du bist ja auch noch da, also melde dich mal kurz, damit die Leute überhaupt wissen, dass du auch an diesem BierTalk teilnimmst.

Markus: Ja, Bamberg ist da.

Holger: Wunderbar! Und dann sollten wir eigentlich schon zum ersten Bierchen kommen. Da hat der Gast natürlich ganz klar Vortritt. Olli, was hast du dir ausgesucht, und warum?

Oliver Klamminger: Warum? Ich habe bei mir das Stiegl Herbstgold, das ist ein saisonales Bier der Stiegl Brauerei hier direkt aus Salzburg. Du hast ja am Anfang gesagt, du willst kein Spezial machen, jetzt mache ich zumindest ein Spezial auf. Also 12,5 Stammwürze haben wir hier und 5,5 %, 5,2 %, 12,6 Stammwürde – Ei-ei-ei! Jetzt wird es, labere ich einen Blödsinn – und 5,2 % Alkohol. Das gibt’s eben nur im Herbst und ich habe es sehr gern in letzter Zeit. Und ich war ja vor, keine Ahnung, einer halben Stunde noch in der Stiegl Brauerei, und das war das letzte Bier, das ich da getrunken habe. Und ich habe mir gedacht: Ich mache jetzt einfach weiter, weil es ein sehr süffiges Bier ist, es ist kein süßes Herbstbier, sondern es ist gut gehopft, es ist schon würzig, es ist kräutrig und schön ausbalanciert. Und später haben wir ja noch Champions League und vielleicht einfach eine gute Einstimmung, habe ich mir gedacht.

Holger: Das ist wirklich unglaublich, weil ich war letzte Woche auch noch in der Stiegl Brauerei und habe es mir tatsächlich auch mitgenommen, es wäre hier in München vorhanden. Und habe mich auch für ein Salzburger Bier entschieden, aber das will ich jetzt noch gar nicht verraten. Aber das ist ein sehr schönes Bier, das finde ich auch ganz, ganz toll. Ganz toll ausgewogen und ist so ein richtig schönes herbstliches Bier. Und jetzt gerade so in dieser Stimmung wie jetzt die Natur auch gerade ist, passt das ganz hervorragend dazu. Markus, kennst du das auch, das Herbstgold?

Markus: Ich glaube, dass nicht, also zumindest nicht bewusst. Also ich war auch schon öfters bei Stiegl und habe auch diverseste Biere schon probiert und getrunken, aber nachdem grundsätzlich so die hellen Biere nicht so meine absoluten Favoriten sind, nehme ich mal an, ich hab‘s noch nicht probiert.

Holger: Nein, nein, also man kann wirklich sagen, so schmeckt der Herbst. Und es hat auch eine ganz tolle Farbe, finde ich. Also Olli, du kannst vielleicht auch nochmal was dazu sagen und auch zum Bierstil. Das muss man mal vorstellen hier so den BierTalk-Hörern, weil das ist wirklich ein ungewöhnliches Bier. Ich denke, das kennen nicht so viele Leute.

Oliver Klamminger: In Deutschland wahrscheinlich weniger, auch in Salzburg vielleicht gar nicht so viel. Es ist, wie gesagt, sehr limitiert und nur saisonal im Herbst erhältlich, und meistens gar nicht so lang. Und deshalb, so lange trinken, solange es da ist. Es ist auf jeden Fall oder sollte ein Spezial sein. Also Spezial kennen die Deutschen wahrscheinlich weniger, das ist ähnlich wie euer Export, mindestens eine Stammwürze von 12,5, in dem Fall haben wir eben die 12,6. Und es ist für diesen Bauernherbst, der in Salzburg ganz, ganz groß ist, eigentlich eingebraut. Da gibt’s in allen Dörfern immer wieder Veranstaltungen, wo einfach das bäuerliche oder traditionelle Leben hochgelebt wird. Und da wird das dann hauptsächlich ausgeschenkt. Und ganz wichtig, Holger, wie du sagst, die Farbe passt in den Herbst. Also man muss sich vorstellen, wie die Blätter vom Baum fallen in einem schönen Gold, ein leichter Rotton. Ich sage jetzt nicht das Biersommelier Bullshit-Bingo und sage Bernstein. Denn wir wissen ja, das kann alles sein. Aber es würde da hineinpassen. Es ist ganz fein, es hat einen ganz feinen Schaum, einfach ungetrübt, und lädt auf jeden Fall zum Trinken ein. Das ist das Schöne an dem Bier, da kann man durchaus auch das zweite oder dritte trinken und man wird nicht satt. Also es hat nicht diese Süße, die man oft von Herbstbieren kennt vielleicht, sondern es ist schön würzig ausgewogen.

Holger: Es hat auch so einen schlanken Charakter und macht eben aufgrund dieser angenehmen Trockenheit dann auch immer wieder Lust auf einen zweiten Schluck. Also das ist wirklich so. Das ist jetzt gar nicht so ein geschwängertes herbstlich orientiertes, weiß ich nicht, schon in Richtung Bockbier gehend, also von der Farbe her könnte man es vermuten, aber es ist schlanker. Das wäre jetzt wirklich sehr spannend, der Markus, weißt du, der ist ja so diese schwangeren Biere da gewohnt in Oberfranken. Ja, das würde ihm vielleicht sogar schmecken. Was meinst du, Markus?

Markus: Ach, das kann gut sein, dass es mir schmeckt, natürlich. Ich mag auch gerne mal sowas in diese Richtung. Und vor allem, wenn es eben dann nicht so ein klassisches, Richtung Export, sehr helles Bier ist, sondern eben auch ein bisschen so einen Braunrot-Ton hat. Das schmeckt man dann natürlich auch mit so ein bisschen vielleicht leichtem Karamell-Toffee, irgend so einen Hauch von Röst- und Vanille irgendwie sowas. Das kann so ein Bier natürlich dann extrem spannend machen. Und insofern, klar, also Farbe stelle ich mir ganz schön vor. Ich setze es auf jeden Fall mal auf meine Liste.

Holger: Unbedingt! Und das, was wir jetzt hier machen, ist ja so ein bieriges Infotainment. Man müsste jetzt eigentlich dann auch über die Speiseempfehlungen sprechen. Also Olli, was würdest du empfehlen zum Herbstgold von Stiegl?

Oliver Klamminger: Zum Herbst…, also was ich jetzt in der Brauerei gegessen habe, war ein Tafelspitz mit, ja, fast herbstlichem Gemüse. Das hat eigentlich sehr gut harmoniert, eben weil es doch durch die Hopfung sehr, sehr ausgewogen ist und nichts süß wird. Also der Klassiker ist natürlich, wenn man da sagt, man isst Wild dazu, weil es ja jetzt in die Saison passt. Aber da geht’s wahrscheinlich sogar unter, also da muss man aufpassen. Da darf man nichts zu Extremes, keine Eintöpfe und so, würde ich nicht empfehlen, eher nicht. Persönlich bin ich Fan von diesen Kastanien, von diesen Maroni, die man bei uns auch im Supermarkt kaufen kann. Die sind irgendwie so komisch glasiert und die passen da super dazu. Ich bin ein großer Fan von einfachem Food Pairing, ohne dass man seit zwei Stunden in der Küche steht, sondern einfach mal in die Schublade greifen und schauen, was so drinnen ist und was dazu passt. Und da passen die Maroni eben sehr, sehr gut dazu, finde ich.

Holger: Ja, also das kann ich mir auch sehr gut vorstellen, oder vielleicht ein herbstliches Kürbisgericht wäre auch eine Alternative. Mensch! Also das macht ja jetzt richtig Appetit, zum nächsten Bier zu wandern. Also Markus, was hast du dir denn ausgesucht?

Markus: Ich bin, glaube ich, gar nicht so weit weg vom Olli, muss ich sagen. Also zu meiner Schande quasi, aber im positiven Sinne. Ich habe mir auch ein ganz besonderes Bier ausgesucht, das hat mich erst vor ein paar Tagen erreicht, und da hatte ich einfach Glück, weil die Brauerei mir einfach mal zum Testen so die ersten paar Flaschen zugeschickt hat, die sie produziert haben. Und muss ich dazu sagen, natürlich unentgeltlich und so. Also das ist jetzt keine bezahlte Werbung, sondern einfach, passiert ja immer wieder mal, dass mir befreundete Brauereien was schicken und ich probiere das und ich sage auch, wenn ich es nicht so toll finde. Aber das fand ich sehr, sehr spannend und da habe mich heute schon drauf gefreut, weil ich musste heute schon sechs Biere trinken. Ich hatte nämlich schon ein Oktoberfest Bier Tasting und habe mich durch die Oktoberfest-Biere getrunken sozusagen und habe mich jetzt den ganzen Abend schon darauf gefreut. Ich mach‘s mal auf.

Holger: Wahrscheinlich mit der bayerischen Bierkönigin auf dem Schoß. Du hast wirklich ein hartes Leben. Absolut! Also das ist ja (unv. #00:14:00.2#)

Markus: Absolut, absolut! Ja, die Königin hat ein bisschen gefehlt, aber es war insgesamt natürlich eine nette Veranstaltung. Wir hatten übrigens auch gebrannte Mandeln, die könnte ich mir zum Herbstgold vielleicht auch ganz gut vorstellen. Aber jetzt legen wir hier mal los. So! Ich glaube, man hört schon ein bisschen, wie das so schön ins Glas hineinfließt. Und wir haben jetzt also so eine richtig schöne, wie soll man sagen, orangebraune Farbe, also relativ dunkel. Das ist ein klarfiltriertes Bier, der Schaum ist richtig schön fest und kompakt, ist so leicht getönt. Und wenn man dann so dran riecht, dann hat man so rote Beeren, dann ein bisschen, wie soll man sagen, na ja, so leichte Karamell-, Vanille-Töne, ein bisschen auch so Toffee-Noten. Also ganz spannend, aber auch eben was schönes Fruchtiges, wirklich so Richtung Erdbeere, Blaubeere. Ich probiere mal. Das ist ganz weich, ganz cremig und hat dann noch mehr von diesen beerigen Tönen. Und wenn man dann so runterschluckt, dann ist es richtig schön erfrischend und räumt dann auch so ein bisschen den Mund auf mit einer ordentlichen Bittere, sodass man dann auch wieder zugreifen möchte. Also wirklich ein sehr, sehr schönes Bier. Und was ist es für eins? In Bamberg ist es ja so, also da muss ich vielleicht auch noch sagen, ich bin richtig stolz eigentlich, weil, als ich die Homepage von BIER-OK mir angeschaut habe, dann sehe ich praktisch schon, wenn man ein kleines bisschen runterscrollt, ist schon ein Schlenkerla Bierdeckel zu sehen. Also das sieht man, Bamberg ist ja irgendwie überall. Und bei uns ist es so: Wenn wir unsere jährliche Kirchweih feiern, die Sandkerwa, das ist immer Ende August, dann sagen wir: Wenn die vorbei ist, dann ist eigentlich Weihnachten. Und was ich jetzt hier habe, ist das neue Christkindlesmarkt Bier aus Nürnberg von der Tucher Brauerei. Was eigentlich ein recht großer Laden ist, aber die machen seit einigen Jahren in ihrem alten Sudhaus so ein ganz spezielles Rotbier. Und dieses Jahr haben sie zum ersten Mal das Christkindlesmarkt auch in diesem kleinen alten Sudhaus gemacht. Und das Spannende ist eben, dass wir jetzt hier als Basis ein Rotbier haben, allerdings ein bisschen kräftiger mit 12,5 Stammwürze. Deswegen so ein bisschen auch in Richtung von dem Spezial, was der Olli hat. Und was sie gemacht haben, ist, sie haben im Whirlpool noch ein bisschen Cascade und Monroe Hopfen gegeben. Und das gibt dem diese schöne fruchtige Note und macht das zum ersten Mal, finde ich, ein richtig schönes Weihnachtsbier. Also ich hatte jetzt schon öfters welche und ich war immer enttäuscht, weil das eigentlich immer so eine Art helles Festbier ist und nicht wirklich was in Richtung Weihnachten zu sagen hat. Aber hier mit dieser Hopfung und mit dem Rotbier komme ich wirklich in weihnachtliche Stimmung. Das macht richtig Spaß und ist wirklich ein schönes Bier. Kann ich euch nur empfehlen, solltet ihr auch mal probieren. Prost!

Holger: Ich kann das auch wirklich nur als absoluten Tipp weitergeben. Ich finde das auch mega das Bier, und vor allen Dingen, wenn man den Prozess sich dahinter auch nochmal vor Augen führt, ist es ein Preis-Leistungs-Verhältnis, das darf man vielleicht auch nochmal an der Stelle erwähnen, das ist fast unschlagbar. Jetzt hast du gesagt, deine beiden Frauen fordern dich ganz schön. Trinkt denn deine bessere Hälfte auch gerne Bier?

Oliver Klamminger: Sehr gern sogar eigentlich. Und ihr Lieblingsbier, das immer vorweg, das Lieblingsbier ist die Duchesse de Bourgogne, ein Oud Bruin, also ein Sauerbier und gar nicht so einfach und jedermanns Sache. Da würden viele, viele männliche Biertrinker schon sagen, das ist eigentlich gar kein Bier und damit kann er nichts anfangen. Aber sie ist da doch schon ein, zwei Levels drüber und trinkt sehr gern. Das Schöne war, was diese Corona-Pandemie mitgebracht hat, waren diese Lockdown-Abende. Und wir haben irgendwann begonnen, jeden Freitag Käse- und Bierabende zu machen. Wo wir begannen, also meine Frau hat am Markt von einer lokalen Käserei, wo wir eigentlich durchgehend immer einkaufen, tolle Käsen gekauft. Und ich habe versucht, unseren Bierkeller endlich mal zu entrümpeln und alte Schätze auszupacken. Dann haben wir so vier, fünf sehr, sehr gute, starke, spannende Biere verkostet und die verschiedenen Käse dazu. Das war eigentlich, ja, das hat sie so durchgezogen und das ist mittlerweile schon Tradition bei uns.

Holger: Wenn ihr jetzt erlaubt, dann würde ich auch mal mein Bierchen aufmachen, weil sonst muss ich so lange dursten.

Markus: Hau rein!

Holger: Ich bin jetzt aber wirklich, also zu mindestens geografisch so nah am Olli dran, also da kann man fast nicht näher dran sein. Und zwar, und das muss ich jetzt einfach, ich glaube, das ist wirklich der erste BierTalk, wo ich es wirklich aufmache und ich oute mich jetzt absolut total, dass ich also Ruhrgebietler bin, weiß mittlerweile jeder, dass mein Bierstil einfach Pils ist, weiß auch jeder, aber ich glaube, ich habe noch gar nicht verraten, was wirklich mein absolutes Lieblingspils ist. Das steht jetzt hier vor mir und das kommt auch aus der Nähe von Salzburg, so ungefähr 20 Minuten mit dem Auto weg. Da gibt’s einen kleinen Ort, der heißt Obertrum. Und es handelt sich einfach um das Trumer Pils. Und das genieße ich jetzt.

Oliver Klamminger: Da kann man ja wenig falschmachen. Hoffentlich in der schlanken Stange.

Holger: Aber selbstverständlich. Aber drücke jetzt nicht den Knopf des Glasfetischisten, weil sonst reicht die Sendezeit dann nicht aus. Was habe ich im Glas? Das ist einfach ein Bier mit einem stabilen, schönen weißen Schaum, richtig schön goldgelb, klar. Es ist so unglaublich ausgewogen in diesen Aromen. Das ist alles, das ist reifes Gerstenfeld, das sind heuige Noten, das sind herbe Noten, das hat eine schöne Hopfennote. Also das ist alles einfach. Ich trinke das wirklich schon, also nicht mein ganzes Leben lang, weil ich habe ja mal mit Köpi angefangen damals da in Duisburg, wo es eben dann auch noch wirklich Köpi war, aber das hier trinke ich auch schon unglaublich lange. Ich möchte jetzt behaupten, auf jeden Fall 15 Jahre. Das ist outstanding. Das ist wirklich outstanding. Wenn irgendeiner mal ein perfekt gemachtes Pils trinken will, der soll bitte auf die Suche gehen, irgendwo wird es Trumer Pils geben. Und man kann es sogar auch noch online bestellen. Also das ist ein charaktervolles richtig gutes, unglaublich schönes Pils mit einem schönen Körper. Ich weiß gar nicht, ich kann gar nicht mehr aufhören, deshalb trinke ich jetzt lieber weiter.

Markus: Dann frag ich mal ganz kurz Olli: Neben diesem schönen Schlenkerla Bierdeckel sieht man auf eurer Homepage auch euer Verkostungsglas. Das finde ich ganz interessant, also wirkt jetzt auf mich ein bisschen kleiner, eher wie vielleicht ein Rumglas zum Beispiel oder so. Wie kamt ihr da dazu? Was ist das für ein Glas und was habt ihr euch dabei gedacht?

Oliver Klamminger: Da muss ich vorher auf die Glasfetischisten-Taste drücken oder irgendwie so war das, glaube ich.

Markus: Das hast du ja indirekt schon gemacht.

Oliver Klamminger: Das habe ich gemacht.

Markus: Wir nehmen uns da nichts.

Oliver Klamminger: Wir haben im Bierkulturhaus, (unv. #00:20:56.7# weiß) welche Glaskompetenz da auch war, also das ist ein großes Thema, das mir Spaß macht. Deshalb hat die Suche nach dem richtigen Glas auch ein bisschen gedauert. Von der Größe her jetzt vielleicht von dem Glas ist es so, dass knapp 0,3 hineinpasst. Also es wirkt nur klein auf dem Bild, aber es passt 0,3 hinein. Super für 0,2, aber funktioniert auch perfekt für 0,1. Das heißt, wenn du eine Verkostung machst und wir schenken so gut 0,1 ein, was eine perfekte Verkostungsmenge ist, dann wirkt das Glas nicht leer und es kommt gut rüber das Bier. Das ist ganz wichtig, dass das Bier auch, dass fast jeder Bierstil da gut wegkommt in diesem Glas. Und was mir persönlich wichtig ist, dass man aus dem Gas nicht nur nippen kann, sondern auch wirklich trinken. Ich habe es persönlich gerne auf der Couch zum guten Film, ich schenke da auch ein IPA ein, genauso wie ein Imperial Stout oder einem Bali-Wein. Pils nicht, da bin ich auch bei der schlanken Stange wieder, aber sonst ist es einfach sehr, sehr vielseitig und es macht mir Spaß. Ich bin kein Fan von den Stilgläsern, die sind mir etwas zu kompliziert. Also Dekopokal und so weiter funktionieren hervorragend, es stimmt alles, aber es passt nicht immer. Und ein Bier darf auch oder soll auch gemütlich sein und deshalb eher da der kürzere Stil und gemütlich vom Handling. Das war mir persönlich sehr, sehr wichtig. Ich hoffe, ich habe das jetzt richtig beantwortet und du verstehst meine Intention, warum wir da so lange gesucht haben und dann uns schlussendlich für dieses Glas auch entschieden haben.

Markus: Absolut! Kann ich völlig nachvollziehen. Und wir haben als BierAkademie da auch schon eine gewisse Reise hinter uns. Wir haben da mal angefangen mit einem großen (unv. #00:22:50.7#)-Pokal, wo ein halber Liter auch gut reinpasst. Der aber tatsächlich auch ganz gut mit 0,1 funktioniert hat. Und da haben wir eben damals gedacht: Wir brauchen ein Verkostungsglas, wenn wir schon in Franken sind, was die Leute mitnehmen, wo sie eben auch einen halben Liter reinkriegen. Da haben wir dann nach einiger Zeit festgestellt, das ist vielleicht dann doch ein bisschen too much und haben dann für uns das Barrel Aged Glas von Spiegelau entdeckt eigentlich als schönes Allround-Verkostungsglas. Und das ist relativ ähnlich. Ich glaube, das ist ein bisschen größer als eures, aber so von der Idee her ein kürzerer Stil, ein schönes Allround-Glas. Und das soll eben noch als Trinkglas auch funktionieren und es soll auch mit 0,1 gut funktionieren. Das sind ähnliche Gedanken. Nein, also mir gefällt es optisch sehr gut euer Glas. Ich freue mich drauf, das irgendwann mal auszuprobieren. Holger, hast du deins jetzt schon leer?

Holger: Ich wollte es gerade sagen, also wirklich, ich wollte es gerade sagen, es ist einfach weg. Und wisst ihr, was ich jetzt mache? Ich gehe jetzt nochmal an den Kühlschrank und hole mir jetzt nochmal ein Stiegl Bier, und zwar die Gmahde Wiesn. Ich bin sofort wieder da.

Markus: Bis gleich, wunderbar! Sehr witzig! Olli, dann nochmal ganz kurz vielleicht auf das Thema Sportreporter. Du hast gerade gesagt, die Champions League naht. Bist du da jetzt beruflich involviert oder bist du eher privat heute Abend involviert? Bist du Fan von irgendeinem Verein? Welches Sportherz schlägt in dir?

Oliver Klamminger: In mir schlägt eigentlich ein Basketballer-Herz. Das ist mal das erste. Ich komme eigentlich vom Basketball und bin irgendwie so in den Fußball hinein. Ich komme aus so einem Ort, wo Fußball einfach alles ist. Und irgendwie bin ich aus dem Ganzen entflohen, aber irgendwie hat es mich dann wieder eingeholt und ich finde Fußball auch sehr spannend. Und ich habe momentan nichts mit Fußball zu tun beruflich. Mein Kollege, sozusagen mein Nachfolger, mit dem wir jetzt wieder zusammenarbeiten, der will mir immer wieder einbauen irgendwo, aber ich habe eigentlich keine Lust mehr, das beruflich zu machen, sondern habe einfach den größten Spaß, Fußball gemütlich mit einem Bier auf der Couch oder gern auch wie neulich wieder im Stadion anzuschauen. Und das macht mir mehr Spaß so nebenbei, weil beim Arbeiten im Stadion kriegt man eh nichts mit, da geht’s dann wie beim Bier meistens eh nur um Politik die meiste Zeit. Und ich möchte mich dann gerne auch mal begeistern lassen und das nebenbei schauen oder dann doch wieder mal wegschalten. Mein Heiligtum ist eigentlich samstags um 15:30 Uhr, wenn in Deutschland die Bundesliga angepfiffen wird und ich mir gemütlich auf der Couch die Konferenz anschauen kann. Das ist so, diese zwei Stunden, die lasse ich mir eigentlich nicht nehmen. Das ist wie Urlaub unter der Woche, kann man sagen. Das ist so mein Ding.

Markus: Das hast du schön gesagt. Das freut mich auch sehr. Also die Basketballgeschichte, muss ich sagen, das ist für uns Bamberger schon auch ein Thema.

Oliver Klamminger: Natürlich!

Markus: Natürlich, ne! Leider sind wir jetzt gerade so ein bisschen auf dem absteigenden Ast, aber zehn Jahre lang hat Bamberg schon die Bundesliga ganz schön dominiert. Und das war eine coole Zeit, muss ich sagen. Ich war da auch immer hautnah dabei, weil ich eigentlich auch aus dem Journalismus komme und ein Online-Magazin habe beziehungsweise hatte und wir waren da natürlich dann immer, ich auch als Fotograf immer in der ersten Reihe. Das war wirklich spannend. Und Basketball ist eine tolle Sportart, die halt sehr schnell ist, wo ganz viel passiert, wo viele Emotionen sind und wo sich natürlich tolle Bilder machen lassen. Und das kann ich völlig nachvollziehen. Auch für mich ist es so, ich bin samstags sehr gerne bei der Konferenz dabei. Allerdings muss ich sagen, ich höre es mir fast lieber im Radio an, weil ich das so spannend finde, wie gute Radioreporter es schaffen, dieses Spiel im Kopf laufen zu lassen, auch wenn man die Bilder nicht sieht. Das ist wirklich für mich ganz großes Kino in Sachen Journalismus. Deswegen versuche ich, das eigentlich so oft wie möglich auf die Art und Weise zu machen.

Holger: Manni Breuckmann, Manni Breuckmann, kennt ihr den?

Markus: Ja!

Oliver Klamminger: Nö!

Holger: Nein? Also Olli, bitte. Dann gib das ein in Google und hör dir diese Reportagen an. Also vor allen Dingen, wenn er das Revierderby im Radio, meistens dann auf WDR 2 kommentiert hat.

Oliver Klamminger: Ja, aber das dauert ja wieder Monate oder Jahre bis das wieder stattfinden wird.

Holger: Ja. Es wird sowieso nie mehr so sein, weil Manni Breuckmann ist einzigartig gewesen. Es wird niemanden mehr geben, der im Radio so Fußball kommentieren kann. Das gibt’s einfach nicht mehr. Da bist du dann einfach zu jung, das ist also schade.

Oliver Klamminger: Ja, das kann sein.

Holger: Da hast du dann noch Hemd und Hose an einem Stück gehabt, wo das damals eben so gut war. Aber gut, jetzt der Markus hat ja keine Ahnung von Fußball. Also gehen wir wieder zurück zum Bier.

Markus: Ja, ja, ja, ja! Wir sind ja ein BierTalk und ich muss sagen, aber der Olli hat sich sehr clever darum gedrückt zu sagen, ob sein Herz für einen Verein schlägt. Hast du es absichtlich gemacht oder hast du einfach keinen Favoriten?

Oliver Klamminger: Ich sag’s ganz ehrlich, ich habe nicht wirklich so einen Herzensverein. Ich hätte ihn gerne. Also ich habe einen Freund und wir reden jedes Mal, wenn wir uns auf ein Bier treffen, und wir treffen uns öfter auf ein Bier, dass mir das total Spaß machen würde, ich liebe es, wenn ich in Deutschland bin, ob Hamburg, München, egal wo, und du weißt, es ist heute noch ein Fußballspiel und du merkst, in der Stadt passiert was, es brodelt, die Leute laufen im Schal herum, mit Kindern, sind unterwegs, im Lokal trifft man sich aufs erste Bier und geht dann ins Stadion. Und dieses Feeling, wo die ganze Stadt mitfiebert, das liebe ich. Also bei mir ist Bier und Fußball sehr ähnlich beieinander, nämlich es lebt über Emotionen. Und das muss mich dann auch irgendwie fesseln. Ich hatte damals ein bisschen einen Verein, da war ich aber noch im Journalismus tätig, der war mal kurz in der Bundesliga, der große SV Grödig. Adi Hütter war da übrigens mal Trainer, der jetzt bei Gladbach ist, mit dem ich viel zu tun hatte damals. Ein sehr, sehr cooler Typ, muss man sagen. Aber ich habe diesen Verein nicht, also ich finde keine Bindung, alle deutschen oder Barcelona oder Paris, das ist nett das mal anzuschauen und so weiter, aber diese Emotion ist nicht da. Ich würde gerne in Stadien gehen wollen, ich finde das in Salzburg nicht. Ich finde das Konzept gut von Salzburg wie die arbeiten und was da rauskommt und wie das alles funktioniert und wie die spielen, alles super. Ich kenne mich vielleicht da zu gut aus in dem Verein, um das wirklich sexy zu finden oder emotional zu finden. Ich habe nicht wirklich diesen Verein. Das ist fast wie beim Basketball, ich freue mich immer über enge Spiele, über gute Spieler, egal wer spielt. Und bin da eher Fan des Sports. So wie ich sage, ich habe keine eine Brauerei, wo ich sage, das ist die beste, sondern ich finde einfach Bier cool.

Holger: Als Duisburger kann ich das einfach nicht nachvollziehen, weil es ist auch so ein bisschen so, du suchst dir nicht den Verein, sondern der Verein sucht dich. Das ist ja wirklich traurig, dass noch kein Verein dich gefunden hat. Aber ich meine, Manni Breuckmann, der hat so tolle Sprüche rausgehauen wie zum Beispiel „Holt die Antidepressiva raus! Fortuna Düsseldorf spielt.“. Das ist doch ein großartiger Satz. Ich habe jetzt auch ein großartiges Bier hier vor mir stehen, das habe ich ja schon verraten: Wildshuter Gmahde Wiesn. Weil ihr ja euch beide 0,5er bezogen habt und ich hier nur bescheiden mit 0,33 mich zufriedengegeben habe, mache ich es jetzt auch auf. Und das ist jetzt also, ich weiß gar nicht, das ist, glaube ich, 0,7, sogar 0,75.

Markus: Ich wollte grad sagen, das ist jetzt ein großes.

Holger: Das ist jetzt richtig großes Kino. In meinen Augen passt das jetzt auch so in der Reihenfolge ganz toll, weil da kann man jetzt auch ganz viel dazu sagen, aber mehr an Kräuter und Zitrus in Verbindung mit Getreide geht in kein Bier rein. Ich weiß nicht, ihr kennt ja beide das Bier, oder?

Oliver Klamminger: Ja.

Holger: Ich trinke. Prost!

Markus: Jo!

Holger: Das ist eigentlich ein Wildshuter Klassiker. Man muss vielleicht dann auch noch mal erklären, also die Stiegl Brauerei hat das Stiegl-Gut Wildshut und das ist ein Ort, wo eben Biolandwirtschaft betrieben wird, wo eigenes Getreide angebaut wird, wo selbst vermälzt wird und selbst geröstet wird. Da kann dann der Kreativbrauer Markus Trinker, also der heißt mit Nachnamen wirklich so, dann unglaubliche Kreationen produzieren. Und ein anderes Bier aus dieser wunderbaren Bierwelt dort ist die Männerschokolade. Die hätte ich auch noch zu bieten, aber wir müssen dann irgendwann auch aufhören. Aber die Gmahde Wiesn ist auch für mich so ein tolles Feierabendbier, um den Abend perfekt einzuleiten. Aber Trumer Pils ist halt Trumer Pils. Also das ist ja auch noch mal klar. Was ist denn euer Lieblingsbier vielleicht aus dem Salzburger Land? Was hast du für Tipps, Olli? Und Markus, du genauso. Also du kennst ja da auch einiges.

Oliver Klamminger: Ich lasse mal dem Markus den Vortritt. Ich bin gespannt.

Markus: Oh! Das ist jetzt wirklich gar nicht so einfach. Ich überleg gerade. Sagen wir mal so, wenn man das Salzburger Land ein bisschen größer interpretiert, dann gehört natürlich auch Schönram dazu. Und da muss ich sagen, sind wirklich viele Biere ganz, ganz toll. Vor allem auch das Imperial Stout mag ich da sehr gerne, natürlich auch das Pils. Also da ist jetzt noch der Eric Toft, da bin ich mal gespannt, wie das wird, wenn er nicht mehr da ist, wie sich da die Brauerei verändert. Aber das ist auf jeden Fall eine, wo ich sehr, sehr gerne bin und wo ich auch die Biere wirklich gerne mag. Und bei Stiegl muss ich sagen, das Wildshut, die haben ja auch dieses Urbier gemacht. Das, muss ich sagen, das finde ich auch toll. Das hatte ich schon öfters in Verkostungen, auch gerade so in Bierkulinarien oder so. Das ist ja wirklich, also erstens in der Produktion abgefahren, mit allen möglichen Kräutern und Sachen gemacht. Das ist aber auch von der Sensorik her einfach ein ganz tolles Erlebnis. Und das verändert sich auch, wenn man es aufhebt. Also ich hab’s auch ganz bewusst ein bisschen älter. Also finde ich eine tolle Idee, so alte Biere wieder zu beleben, so nahe wie möglich an den Ursprung ranzugehen und den Leuten so ein bisschen die Augen zu öffnen, was Bier alles sein kann, wo Bier herkommt, was man da alles drunter verstehen kann und was für Aromen da auch so drinstecken können. Also insofern, ja, würde ich das damit so ein bisschen bewenden lassen, weil sonst muss ich sagen habe ich jetzt einfach gerade aktuell nicht mehr so viele im Kopf. Beziehungsweise es kommt drauf an, wie groß man den Kreis zieht. Man kommt natürlich dann irgendwann noch zur Camba an dem Chiemsee zum Beispiel, aber das ist vielleicht schon ein bisschen weit von Salzburg. Ich weiß es nicht. Wie definiert ihr das eigentlich, Olli? Kannst ja kurz in deiner Antwort noch sagen, wo hört Salzburg auf für dich?

Oliver Klamminger: In Salzburg auf jeden Fall Landesgrenze, also die Bayern würden da schon sagen, dass das kein Salzburger Land mehr ist. Von dem her will ich da jetzt keinen Streit anzetteln. Wobei du natürlich recht hast, dass alles, was aus der Schönramer Brauerei kommt, sensationell ist. Aber jetzt Salzburg hat biertechnisch sehr, sehr viel zu bieten. Auch die Stadt Salzburg hat eine eigene Arbeitsgemeinschaft, eine Arbeitsgruppe, wo alle Salzburger Brauereien zusammenarbeiten und auch die Bierkultur hochleben lassen. Also das ist sehr spannend. Auch ins Land hinein findet man da und dort sehr, sehr feine Brauereien, kleinere. Aber da muss man, wie jetzt in Franken oder so, wirklich da sein, um die auch dann zu kennen. Wobei ich jetzt sage, eines der unterschätztesten Biere, und ich habe geglaubt, der Holger packt da jetzt wirklich das Bier an, nach dem Trumer Pils. Das ist für mich auch so ein Go-To-Bier, das eigentlich immer geht und ein Modern Classic ist. Noch dazu auch das Hopfenspiel von Trumer, das leichte Pils, hopfengestopft.

Holger: Absolut! Und dann mit 2,9 % Alkohol und so viel Aromatik in so wenig Alkohol zu verpacken, ist auch absolute Braukunst. Gebe ich dir absolut recht.

Oliver Klamminger: Genau! Das auf jeden Fall. Aber eines der unterschätztesten Biere, weil es einfach nicht vermarktet wird, ist das Pils von Stiegl. Das ist wirklich richtig norddeutsch interpretiert und eigentlich immer so der Aperitif, wenn ich in der Brauerei bin oder so. Und das frisch gezapft macht richtig Spaß. Also das kennt kaum jemand, die Brauerei macht auch keine Werbung damit, weil sie natürlich für das österreichische Märzen, das Goldbräu stehen, und das würde einfach nicht zusammenpassen. Aber einfach ein Top-Bier. Und was es wirklich sonst noch gibt, sind ganz kleine Brauereien bei uns, so Gipsy Brewer. Eine davon braut sogar bei der Camba ihr Pale Ale und das ist die Brauerei, zwei Jungs, die nennen sich Brauton aus der Stadt Salzburg, der Peter und der Phil. Die brauen ein wunderbares West Coast Pale Ale, also wirklich, wie man es sich vorstellt, wunderbar gehopft, Mango, Maracuja, viel Grapefruit, schön trocken. Ein Top-Bier. Und das Schöne ist bei denen, die heißen nicht nur Brauton, sondern die brauen Bier mit Musikgeschmack. Was ist das? Sie lassen es beim Gären beschallen mit Musik von Vinyl, also von Platte. So wie ich das zu Hause auch mache beim Biertrinken, ich lasse mich selbst beschallen. Das ist recht witzig. Und wie kommen die auf die Idee, ein Bier zu brauen? Sie sind beide Musiker und trinken gern Bier und brauen gern Bier, und bevor sie ein Bier brauen, überlegen sie sich oder hören sie Musik und überlegen sich, wie könnte diese Musik schmecken, wenn es ein Bier wäre? Das ist mal absolut kurios und irgendwie lustig. Das trifft so ein bisschen meine dritte Emotion auch oder meine dritte Leidenschaft, das ist Musik. Und ist total cool. Und das Bier ist total gut gelungen. Und das vom Fass in Salzburg zu trinken, ist sehr, sehr cool. Die machen auch ein Milk Stout, das sie nicht bei der Camba brauen dürfen, sondern das brauen sie bei Loncium in Kärnten. Das ist auch sehr, sehr cool. Und da haben wir sonst noch verschiedenste kleine Brauereien, zum Beispiel im Pinzgau unten. Wo ist der Pinzgau? Zell am See oder Kaprun kennen die Deutschen vielleicht noch vom Urlaub machen. Da gibt’s das Pinzgau Bräu, die machen ein herrliches Rauchbier. Schöne Grüße nach Bamberg! Ist eher moderat und eher torfig unterwegs. Da kann der Markus vielleicht mehr dazu sagen dann später. Aber wir haben schon ganz coole Sachen da. Man muss einmal da sein und man kann durchaus eine Woche hier verbringen. Und da habe ich Gußwerk noch gar nicht genannt, die Biobrauerei, Craftbier und so weiter. Also wir haben viel zu bieten, es ist spannend. Kommt’s einmal vorbei!

Holger: Was ich auch so besonders toll finde, ist, und das muss ich jetzt auch einfach mal loswerden: Ich sitze ja jetzt hier gerade in München und hier darf man sich natürlich auch was auf seine Bierkultur einbilden, aber die Salzburger Bierkultur, auch wie die vermarktet wird vom Salzburg Tourismus, ist wirklich unglaublich toll. Die haben eben auch einen Führer über die Salzburger Brauereien und empfehlen auch ausgesuchte Bierlokale innerhalb der Stadt. Und auch da kann man gastronomisch eben doch auch einiges erleben und auch so typische Wirtshäuser noch kennenlernen. Also das ist wirklich auch ein Tipp. Man kann eintauchen in die belgische Bierwelt bei Alchimiste Belge zum Beispiel, aber eben dann auch ganz typisch dann beispielsweise im Braugasthof Sigl dann wiederum in Obertrum oder eben auch im Hofbräu Kaltenhausen. Also es gibt so viel Bierwelt da zu entdecken, dass ich das nur jedem empfehlen kann. Und das ist auch ein Ziel eigentlich für die ganze Familie. Die Stadt ist ja auch so schön und Genuss wird da wirklich großgeschrieben. Ich komme schon wieder so ins Schwärmen wie jetzt gerade bei dem Trumer Pils. Ihr müsst mich jetzt fast stoppen. Also weiß ich eigentlich gar nicht, wieviel Uhr haben wir jetzt eigentlich? Also wie lange sind wir jetzt schon dran? Ich trinke lieber am besten nochmal einen Schluck Bier. Prost!

Markus: Prost! Wir rauschen schon langsam Richtung Ende, aber ich habe mein Bier noch gar nicht ausgetrunken. Also wir können schon noch ein paar Minütchen reden.

Holger: Ja, ja, wenn du jetzt schon sechs Oktoberfest-Biere verkostet hast, …

Markus: Ja.

Holger: … das ist ja auch schon was. Was hat dir denn am besten geschmeckt, was ist denn dein Oktoberfest-Highlight-Bier 2021? Darf ich das fragen?

Markus: Also fragen darfst du das auf jeden Fall. Ich muss noch mal kurz drüber nachdenken, das ist gar nicht so einfach. Ich glaube, am rundesten fand ich das Löwenbräu, interessanterweise. Und am stimmigsten irgendwie das Spaten, auch interessanterweise.

Oliver Klamminger: Das habe ich schon probiert. Ja.

Markus: Genau! Am Besondersten ist tatsächlich das Hacker-Pschorr, weil das mal wieder noch ein bisschen dunkler ist und eher so in Richtung braunes Kellerbier, Märzen geht. Das heißt ja auch noch Oktoberfest-Märzen. Also Paulaner war nicht schlecht, aber war für mich nicht ganz rund. Und tja, Augustiner hat also einen typischen Augustiner-Geschmack, das mag man nicht immer. Also insofern, sie waren alle ganz gut. Ich meine, das ist halt auch wieder nicht mein Favorite Beer Style, muss ich sagen, aber grundsätzlich, sie tun das, was sie sollen. Das ist vielleicht auch was, was der Olli vorhin gesagt hat, wenn man an den Sport denkt und diese Stimmung, wenn die ganze Stadt brodelt und man auf dieses Spiel am Abend sich freut, so ist es natürlich auch zum Beispiel in München, wenn man ist, am Tag, wo das Oktoberfest losgeht. Also wo dann auch die ganze Stadt brodelt und sich alle freuen auf diesen Umzug und dass die Wiesn los geht. Oder ich kenne das auch bei uns in Franken, eben wenn bei uns in Bamberg unsere Sandkerwa ist oder in Erlangen die Bergkerwa oder in Forchheim das Annafest, wo man einfach weiß, okay, da ist jetzt wirklich, alle sind da dran und freuen sich und haben den Abend schon geplant, alle Freunde eingeladen und man geht da zusammen hin und freut sich auf dieses Bierfest. Da hat das vielleicht sogar was gemeinsam, diese Bierkultur und auch diese Begeisterung für Sport kann vielleicht auch was ähnliches haben, denke ich mal.

Oliver Klamminger: Ich muss dem Markus nicht widersprechen, Bierstile sind ja subjektiv, aber ich liebe Oktoberfestbiere und Festbiere und freue mich schon immer, wenn die Saison losgeht und decke mich auch jedes Jahr ein mit so vielen, wie ich nur irgendwie bekommen kann, immer zwei Stück, also zwei Flaschen pro Sorte. Weil zur Not kann man dann ein Maß einschenken zu Hause. Und ich liebe die absolut und ich liebe es auch, die immer durchzukosten und habe ungefähr eine ähnliche Einschätzung. Ich habe noch nicht alle durch, muss ich sagen, aber ich habe ganz andere noch, also nicht nur die klassischen Oktoberfestbiere von den Münchner Brauereien, sondern eben anderen bayerischen Brauereien. Und mein Favorite, muss ich sagen, ist das Festbier von der Karmeliten Brauerei aus Straubing. Das habe ich vom Fass kosten dürfen beim Oktoberfest vom Karl Zuser in Ried im Innkreis. Und habe das Glück gehabt, dass der Sepp von der Brauerei zufällig da war und wir uns natürlich gut verstehen. Und der hat mir im Vorbeifahren mal in Salzburg einen Karton mitgebracht. Also das ist sensationell und das erinnert mich auch ein bisschen an die fränkischen Biere, die einfach vom Malzprofil ein bisschen spannender sind als viele da bei uns. Und deshalb finde ich das, glaube ich, so lustig, das ist mit 5,5 % Alkohol absolut süffig, schön hell, aber trotzdem spannender und ein bisschen mehr als die meisten bieten können. Ich finde das absolut cool und auch das mit dem Brodeln, das verstehe ich, was der Markus gesagt hat, dass sich da was tut. Also immer gut, wir haben jetzt in Salzburg den Landes-(unv. #00:42:25.5#) gefeiert am Freitag und da gibt’s immer den großen Rupertikirtag für fünf Tage lang und da war das auch so. Also da tut sich was, die Menschen sind in Tracht unterwegs in der (unv. #00:42:37.1#), wer mag, und es macht auf jeden Fall Spaß und da tut sich was. Und da merkt man doch, dass Bier ein soziales Gleitmittel ist und dass da Leute doch zusammenkommen über diese schöne Thema Bier.

Holger: Absolut! Bier ist „Come together“ und jetzt gebe ich auch noch meinen Senf dazu zu den Oktoberfestbieren. Ich muss dir da vollkommen recht geben, Olli, ich mag sie auch sehr gern. Und vor allen Dingen, wenn man weiß, dass wirklich jeder Braumeister hier auch aus den großen Münchner Brauereien sich unglaublich viel Mühe gibt eben mit diesen Festbieren.

Oliver Klamminger: Das ist ein Prestige-Thema, oder?

Holger: Das ist so dann der umfassende Bierstil Lagerbiere, und da sind dann diese Biere in meinen Augen absolut sauber, erstklassig gebraut. Und mein Favorite dieses Jahr ist tatsächlich auch das Spaten. Im Übrigen auch mag ich dieses Retro-Design an Etikett und so, das mag ich einfach. Und da vielleicht jetzt auch noch mal ein bisschen abschweifend: Du bist jetzt quasi nach Niederbayern gegangen, nach Straubing, und ich gehe jetzt noch mal nach Oberbayern in die Stadt Rosenheim. Also mein Festbier-Tipp wäre das Wies’n-Märzen vom Flötzinger.

Oliver Klamminger: Auch sehr gut, auch sehr gut! Hatte ich schon, ja.

Holger: Das finde ich halt unglaublich gut, weil es so schön malzaromatisch ist und dann aber trotzdem eine interessante Hopfennote besitzt und mit seinen 5,8 % eben auch wirklich ein schönes Wiesn Bier ist. Es ist fast ein Schlusswort, also es ist fast ein Schlusswort. Aber das möchte ich gar nicht führen, sondern kann einer von euch machen. Also mir hat es wieder unglaublich Spaß gemacht. Vielen Dank, euch beiden! Mit meiner Gmahden Wiesn gehe ich weiter in den Abend.

Markus: Na gut, dann nehme ich mal über sozusagen und lass uns doch die Gmahde Wiesn ein bisschen für den Olli ausrollen. Und nutze doch die Gelegenheit, bei deinem Schlusswort ein bisschen Werbung zu machen, weil ihr ja viele schöne Veranstaltungen macht von BIER-OK. Und wir können allen nur empfehlen, wenn ihr mal nach Salzburg kommt, dann macht das natürlich besonders viel Spaß, dort die Bierwelt mit jemand zu entdecken, der sie kennt. Und das bist du. Vielleicht sagst du noch ganz kurz ein bisschen was, was man alles mit dir erleben kann oder mit euch und wie das funktioniert.

Oliver Klamminger: Das ist sehr nett. Danke, Markus! Also falls jemand mal in Salzburg unterwegs ist, schaut‘s vorher vorbei auf www.bier-ok.at, klickt euch durch, schreibt uns eine E-Mail. Wir führen euch gerne durch die Salzburger Bierwelt, machen exklusive Verkostungen mit euch. Oder ihr habt’s Lust, mit eurer Firma mal eine Bierverkostung zu machen, egal wo ihr seid. Wir hatten schon Firmen, die in Bamberg und gleichzeitig in Südtirol gesessen sind. Und die können wir mit den Online-Verkostungen alle gut bedienen. Wir haben da einen tollen Partner mit der Firma Kalea, die vielleicht viele kennen von dem Bieradventskalender. Bier ist vielschichtig und so ist auch BIER-OK. Wir richten uns gern nach den Kunden. Es gibt viele Leute, die setzen sich selbst gern in den Vordergrund, bei uns ist das Bier und der Kunde immer im Vordergrund, das ist uns das Wichtigste. Das Ganze lebt über Emotion, über Spaß. Und das Wort Infotainment wurde ja schon in den Mund genommen, das ist eigentlich genau mein Ansatz. Bier soll immer Spaß machen, wenn man ein bisschen was mitnehmen kann an Informationen für später mit allem, was man bei uns auch so hört, kann man durchaus einmal eine Runde Bier gewinnen am Stammtisch und sich erfreuen dann dabei. Also würde mich freuen, wenn der eine oder andere mal durchklickt, auf die Homepage schaut. Wo ich ein Bild aus Bamberg City übrigens selbst geknipst habe, die sind nicht aus dem Internet gestohlen, Markus, sondern war mein Foto, als wir damals da waren. Und der nächste Besuch sollte im Frühjahr spätestens sein. Also ich freue mich, ich bedanke mich, dass ich dabei sind durfte beim BierTalk. War sehr, sehr spannend, mal wieder über Fußball, Bier und alles, was es so gibt und vor allem über Salzburger Biere zu quatschen. Das mache ich ja sonst nie, sonst quatsche ich immer über andere Biere. Das finde ich sehr, sehr cool. Vielen Dank für die Einladung! Und Holger, was gibt’s noch zu sagen?

Holger: Ich würde jetzt einfach mit einem Zitat von Manni Breuckmann abschließen, der einmal gesagt hat: Wenn irgendwann die Eckfahne Nutellafahne heißt, höre ich auf. Jawoll!

Markus: Okay! Einen wunderschönen weiteren Abend euch beiden. Ciao!

Oliver Klamminger: Ciao!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 71 – Interview mit Dominik Eichhorn, Inhaber der Schlossbrauerei Reckendorf

In Reckendorf wird schon seit dem 16. Jahrhundert Bier gebraut, das Aushängeschild war dabei immer die Schlossbrauerei. Dort arbeitet seit drei Generationen die Familie von Dominik Eichhorn, der als Brauingenieur und Biersommelier Pate für viele klassische und innovative Biersorten steht. Seinen persönlichen Weg zum heimischen Sudkessel fand er unter anderem über ein Engagement im fernen Japan, wo er neben der Liebe zum Bier auch dieselbige seines Lebens fand. In Eichhorns Brauerei entstehen auch so genannte „Gypsy“-Biere – und dort steht auch eines der modernsten Sudhäuser der Welt. Im Podcast verkostet er mit Markus und Holger fünf der Schlossbräu-Biere und lüftet nebenbei das ein oder andere Geheimnis. Wir wünschen viel Spaß beim 100. BierTalk, ein echtes Erlebnis, ungeschminkt und ungeschnitten…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Herzlich willkommen! Also ihr werdet das kaum glauben, aber es ist der 100. BierTalk. Wie kommt der zustande? Also natürlich, 100 ist eine natürliche Zahl zwischen 99 und 101, und sie ist gerade, ist eine Quadratzahl, und ist natürlich was ganz Besonderes. Deshalb haben wir natürlich auch einen ganz, ganz besonderen Gast. Dominik, ich grüße dich! Und es ist uns eine Ehre, dass du dabei bist.

Dominik Eichhorn: Hallo, Holger und Markus! Es ist fast schon zu viel Ehre, ist mein erster Podcast überhaupt und dann gleich auch noch ein Jubiläums-Podcast, also der 100.. Danke, dass ich dabei sein darf.

Holger: Wir fühlen uns auf jeden Fall geehrt, dass du dabei bist. Markus, du bist auch dabei wie immer.

Markus: Jo!

Holger: Wie setzt sich die 100 zustande? Das muss ich vielleicht noch ganz kurz erklären. Wir haben ja Specials und wir haben die normalen BierTalks, und wenn man jetzt alles zusammennimmt, dann ist es wirklich der 100. BierTalk. Wenn man jetzt nur die BierTalks ohne die Specials nimmt, dann ist es der 71.. Jetzt starten wir aber. Dominik, magst du dich vielleicht kurz vorstellen den Hörern? Wer bist du …

Dominik Eichhorn: Wer bin ich.

Holger: … und was zeichnet dich aus?

Dominik Eichhorn: Gut! Meinen Namen hast du genannt, Dominik, und der Nachname ist Eichhorn. Ich habe eine kleine oder mittelständische sagen wir Brauerei in Reckendorf, das ist ein Dorf mit 2000 Einwohnern hier im Landkreis Bamberg, also in Oberfranken, da, wo es die meisten Brauereien gibt. Die Brauerei heißt Schlossbrauerei (unv. #00:01:52.0# Reckners?). Ich bin selbst Braumeister und Eigentümer dieser Brauerei und fungiere aber eigentlich als Geschäftsführer und Mädchen für alles eigentlich. Wir sind eine Sortimentsbrauerei, klassische Sorten, typisch fränkisch handwerklich geprägt, würde ich mal sagen. Über 50 bin ich auch schon, ein bisschen drüber, und sonst freue ich mich jetzt auf den weiteren Podcast.

Holger: Sehr gut! Wir müssen natürlich die Reihenfolge festlegen, weil ihr habt einiges im Sortiment. Jetzt ist es wieder so, dass ich mit zwei Oberfranken in einem Podcast stecke, schon wie so oft. Und der Markus wird sich natürlich aufs Kellerbier freuen. Aber vielleicht starten wir auch mit was anderem. Also Dominik, ich denke, du bist der beste Mann zu sagen, was ist jetzt unser Starter-Bier?

Dominik Eichhorn: Ich habe euch oder uns fünf Biere mitgebracht von unseren über zehn, die wir brauen. Wir fangen mit dem Hellen an, mit dem klassischen hellen Bier. Die anderen Biere verrate ich jetzt noch nicht, die kommen dann so nach und nach. Also es sind klassische Biere dabei, es ist aber auch die eine oder andere Besonderheit vielleicht dabei. Aber alles trotzdem typische fränkische Handwerksbiere. Unser Helles hat auch einen besonderen Namen, also das ist die „Helle Freude“. Das haben wir mal vor ein paar Jahren so genannt. Und jetzt unterscheidet es sich vielleicht ein bisschen von den normalen Hellen, bayerisch Hellen, dadurch, dass es nicht ein Plato 11 Bier ist, also nicht 11,x Stammwürze hat, sondern dass es schon knapp über 12 % Stammwürze hat. Das kann man auch schmecken, meine ich.

Holger: Dann sollten wir das tun. Auf jeden Fall! Markus, du musst dich leider noch ein bisschen gedulden, Kellerbier ist noch nicht dran. Aber es ist das absolute Trendbier eigentlich in der ganzen Bundesrepublik fast schon, Helles ist in aller Munde. Wir haben den frühen Feierabend und der Dominik konnte es jetzt im Vorgespräch sowieso nicht abwarten, endlich Bier zu trinken, und ich denke, da sollten wir jetzt auch Gas geben. Also machen wir alle uns mal das Helle auf.

Markus: Absolut! Dann machen wir es auf.

Holger: Ich schütte es mal ein, vielleicht hört man es sogar. Jawohl! Genau! So kommt‘s rein hier, goldgelb ist die Farbe. Man riecht schon so eine leichte Honignote und natürlich Malz kommt darüber. Aber ich will vielleicht gar nicht so viel erzählen, Dominik, also mach weiter. Du hast gerade so schön angefangen und „Helle Freude“ ist auch ein genialer Name. Blaues Etikett.

Dominik Eichhorn: Ein blaues Etikett, war schon immer blau. Es ist von der Stammwürze eben ein Exportbier, ist aber vielleicht nicht ganz so malzlastig voll wie manch andere Exportbiere, sondern ist ein bisschen schlanker und ist für mich so vielleicht ein Mittelding, würde ich mal sagen, zwischen einem Bayerisch Hell und einem Exportbier. Ist deswegen auch noch sehr leicht zu trinken, also hat eine hohe Drinkability, finde ich. Wie du schon gesagt hast, die Honignote schmecke ich auch immer raus. Die Malznoten sind da. Ist aber nicht zu mastig, finde ich. Also es ist sehr schön zu trinken.

Holger: Sehr schön! Dann steht sogar Exportbier drauf, und dann gibt es da noch so einen Kollegen, der unglaublich glücklich ist, dieses Bierglas vor sich zu haben. Wer ist das denn?

Dominik Eichhorn: Den Kollegen, den kenne ich selbst nicht. Den haben wir mal ausgesucht, mir hat das Bild so gut gefallen. Mir ist der Name einfach mal eingefallen und dann habe ich einfach ein Motiv sehr lange gesucht, bis ich das passende Motiv gefunden habe. Ich habe den Mann gesehen, wie er so einfach verträumt und glücklich irgendwie sein Glas anschaut, mit dem hellen Bier drin und der schönen Schaumkrone. Und dann habe ich gewusst, das ist das richtige Motiv einfach zu diesem Bier. So ist der aufs Etikett gekommen der Mann, der gute.

Holger: Markus, was sagst du denn zu dem Bierchen und auch zu dem Kollegen, der sich so sehr über das Bier freut? Freust du dich auch so sehr?

Markus: Ich freue mich absolut über dieses Bier. Ich muss auch den Hörern sagen, alles, was ihr jetzt so ein bisschen gehört habt, das ist ganz viel typisch klassisches oberfränkisches Understatement. Weil wir sind total nett und wir prahlen auch nicht und wir erzählen nicht, was wir alles können, was wir alles machen, was wir tun. Aber natürlich suchen wir uns zum 100. Podcast nicht irgendeinen Brauer aus, sondern das ist schon wirklich was Besonderes, und so sind eben auch die Biere. Ich persönlich bin gar kein so großer Freund des Hellen, das hast du schon gesagt, aber dieses ist wirklich eines, das mir richtig gut schmeckt. Weil es eben einen vollen Körper hat, weil es richtig schön harmonisch ist, weil es mir viel mehr erzählt als so manches klassisches typisch bayerisches helles Bier. Und das ist auch was, was ich sehr, sehr gerne zum Beispiel auch zum Essen, zur Brotzeit irgendwie oder auch mal an einem Grillabend oder sowas, das kann man immer schön trinken. Es ist absolut sauber, es ist ein wunderbarer Anblick auch schon, wenn man das so sieht mit diesem strahlenden Gelbgold, mit dem schönen weißen Schaum, der da so obendrauf thront. Und das ist einfach wirklich ein sehr, sehr gelungenes richtig gutes Bier. Und für mich auch wirklich so ein Benchmark in dem Thema, also wie mache ich ein Helles ein bisschen interessant. Das ist echt toll gelungen und da freue ich mich auch sehr und wir können gerne damit anfangen. Gar kein Thema!

Holger: Das ist jetzt wirklich spannend, weil ich bin jetzt hier in der bayerischen Hauptstadt und wenn jetzt schon die Oberbayern da so ins Spiel gebracht werden, so die mit ihren langweiligen Hellen und so, ich würde sie jetzt einfach mal verteidigen und würde sagen, na ja, lasst uns doch mal drüber streiten, ist das überhaupt ein Helles oder ist das wirklich ein schlankes Exportbier? Dann ist natürlich klar, dass dir das gut schmeckt.

Markus: Ja, ich meine, klar, den Streit kann man führen. Aber das ist sowieso so, dass sowohl in Bayern als auch in Franken Brauer einfach gerne was auf ihr Bier draufschreiben, ohne jetzt das ganz genau abzugleichen, wie das jetzt mit dem Bierstil ausschaut. Und die Grenze zwischen Hellen und Export ist ja auch fließend. Ich bin mir gar nicht sicher, ob es da wirklich jetzt so eine Art Bußgeldkatalog gibt für diese beiden Biere, wo man das eine oder das andere draufschreiben muss. Das weißt du wahrscheinlich besser, Dominik, oder gibt’s da irgendwie eine genaue Vorgabe, wo das eine aufhört und das andere anfängt?

Dominik Eichhorn: Eigentlich sind sie nur über die Stammwürze definiert beziehungsweise Hell ist ja keine, ist vielleicht eine Sortenbeschreibung, aber es ist jetzt nicht biersteuerrelevant sozusagen. Wohingegen der Begriff Export eine Klasse beschreibt, die einfach über 12 % haben muss. Und das ist ja das Schöne, dass wir Brauer das dann interpretieren können und da einen Spielraum haben. Jede Brauerei oder jeder Braumeister versucht natürlich, da auch einen eigenen Stil ein bisschen noch reinzubringen. Also es ist ein Riesling auch nicht gleich ein Riesling. Das ist das Schöne irgendwie, dass wir da einen Spielraum haben, auch für den Verbraucher ist das schön, dass er da wählen kann.

Markus: Vielleicht ist das auch eine Philosophiefrage. Ich kann mir vorstellen, das Helle an und für sich ist in Bayern erfunden worden zur Zeit der Industrialisierung, als es eben darum ging, diesem mehr oder weniger Pils-Pendant möglichst nahe zu kommen. In Franken gab‘s das erst mal überhaupt nicht, sondern da gab’s halt Kellerbiere und die waren eben eher dunkler oder eher hell. Und auf diesem hellen Kellerbier hat man dann eine Zeit lang Pils draufgeschrieben, weil das halt besser lief, und dann irgendwann wurden die einfach helles Kellerbier oder Helles. Halt unfiltriert logischerweise und dann erst sehr viel später kamen dann eben diese modernen Varianten auf. Ich kann mir vorstellen, dass da wirklich vielleicht auch im Kopf des Brauers in Bayern vielleicht tatsächlich eher die Idee ist: Ich muss diesem, im positiven Sinne, Mainstream möglichst nahekommen. Und im Kopf des fränkischen Brauers vielleicht eher ist: Na ja gut! Ich mache jetzt halt in meiner Range mit meiner Idee, mit meiner Bierphilosophie, auch mal so ein Bier. Und dann hat das vielleicht ein bisschen mehr noch dieses Persönliche aus der Brauerei als vielleicht viele von den bayerischen. Ist jetzt aber nur eine Theorie. Kann auch sein, dass es nicht stimmt.

Dominik Eichhorn: Ja gut, ich weiß nicht, also das ist mit dem Pils, denke ich, also im Pils ist schon noch einfach hier deutlich mehr Hopfen drin …

Markus: Ja!

Dominik Eichhorn: … als im Hellen oder Exportbier natürlich. Wobei, ich glaube, bei uns sind vielleicht auch sogar ein bisschen, ein paar Bittereinheiten mehr drin als im durchschnittlichen Hellen, weil natürlich das Prozent mehr Stammwürze auch ein bisschen mehr Bittere verträgt und die dann auch auffängt und einbettet sozusagen in dem Ganzen, dass es eben harmonisch wird der ganze Geschmack. Es ist natürlich auch, ich weiß nicht, ich könnte jetzt mal die Nachkriegsgeschichte unserer Brauerei, nach dem Dünnbier irgendwie, das im Krieg und kurz nach dem Krieg gebraut werden durfte, waren die Leute natürlich erstmal begierig auf stärkere Biere und mastigere Biere. Und das erste, das stärkste Bier vom Volumen her, also was wir verkauft haben nach dem Krieg dann, das waren Märzenbiere. Da wurden hier nur Märzenbiere getrunken, weil die Leute endlich mal starke Biere trinken wollten oder stärkere Biere trinken wollten. Und irgendwann ist dann der Trend gekommen zu den ein bisschen schlankeren Bieren, und dann war unser Exportbier auf einmal Nummer 1, vorher war es das Märzenbier. Das wurde dann Ende der 70er Jahre, Anfang der 80er Jahre abgelöst vom Pilsbier. Da kam aber der Trend so aus Nord- und Westdeutschland irgendwie, da war Pils einfach Mode und ein Benchmark irgendwie auch schon ein bisschen. Und dann war es das Kellerbier bei uns zum Beispiel, und mittlerweile ist wieder das helle Exportbier unsere Nummer 1. Also so ändern sich irgendwie auch die Moden und die Geschmäcker irgendwie.

Holger: Der sogenannte Kollektiv-Geschmack. Aber vielleicht gehen wir wirklich mal ein bisschen in die Geschichte zurück. Du sagst, nach dem Krieg und die Brauerei hat schon eine längere Tradition und du bist dann auch irgendwie aus der Familie, oder? Also so ist das (unv. #00:12:54.2#)

Dominik Eichhorn: Ja, ja, ich bin aus der Familie. Okay, wenn du nach der Brauerei fragst, ist es ja eine Schlossbrauerei, heißt das ja, …

Holger: Du hast die Prinzessin geheiratet?

Dominik Eichhorn: … ich habe die Prinzessin nicht geheiratet, ich habe eine andere Prinzessin geheiratet, aber nicht die von der Brauerei.

Holger: Oh, da hast du aber noch mal die Kurve gekriegt.

Dominik Eichhorn: Die Brauerei existiert seit 1597, also vielleicht auch schon, wahrscheinlich auch schon länger, aber da gibt’s halt eine Erwähnung in der Urkunde im Staatsarchiv Bamberg hier. Dann war das ein adliger Besitz, ein kleines Schlösslein da in Reckendorf, und der ging dann durch verschiedene Hände. Und irgendwann ist von den Gebäuden her durch einen Brand nur noch die Brauerei übriggeblieben, das Schloss und alles andere ist abgebrannt. So um die Jahrhundertwende vom 19. und 20. Jahrhundert ging diese Brauerei dann in den Besitz der katholischen Kirche über, also das Bistum Würzburg war dann Besitzer. Dem Bistum wurde die Brauerei vererbt. Das war eine kleine Landbrauerei dann so in den 20er Jahren, 1920er Jahren, mit 400 Hektoliter Ausstoß. Es wurde eigentlich nur für die eigene Gaststätte gebraut und für die Dorfbewohner, die Hausbrauer, die da gekommen sind, wie wir sagen. War eine sehr unrentable Geschichte eigentlich für die Kirche, diese Brauerei aufrechtzuerhalten. Es kam da einmal die Woche oder alle 14 Tage ein Pater aus Kreuzberg Rhön von diesem Kloster, von dieser Klosterbrauerei, nach Reckendorf runter und hat ein Sudbier gemacht, um da den Schornstein weiterrauchen zu lassen. Und dann gab‘s ein paar Brauburschen in Reckendorf, die dann die restliche Arbeit gemacht haben. Es wollte die Kirche das Ganze auch loswerden mehr oder weniger und mein Großvater war ein Reckendorfer, hat Brauer gelernt bei einer Reckendorfer Brauerei, die es nicht mehr gibt, Brauerei (unv. #00:15:08.9# Zeck?), und hat einen Braumeister gemacht und hat dann 1930 die Brauerei gepachtet. Anfang der 50er Jahre konnte er sie dann kaufen von der Kirche und so ist es Familienbesitz geworden. Später hat meine Mutter dann die Brauerei geheiratet, äh geführt, und ich bin dann jetzt hier die dritte Generation im Familienbesitz.

Holger: Ist auch toll! Ich finde auch, das ist auch so typisch oberfränkisch, eben diese unglaubliche Tradition. Da gibt’s so viele Betriebe, so viele Familienbetriebe, die eben schon in mehreren Generationen dann die Betriebe führen. Und das ist immer beeindruckend auch, absolut. Wie ich den Markus kenne, hat der natürlich schon wieder unglaublich Durst. Und jetzt sollten wir langsam unser zweites Bierchen festlegen.

Markus: Ja, machbar!

Dominik Eichhorn: Ich habe jetzt mal schnell ausgetrunken. Das zweite Bier, was ich jetzt vorschlage, ich habe es jetzt kurz erwähnt auch irgendwie in einem Nebensatz, ich habe gesagt, dass in den 20er Jahren in dieser Brauerei, also nur für die eigene Wirtschaft und für die Hausbrauer von Reckendorf gebraut wurde. Ich habe ein Bier mitgebracht, das ist unser Alt-Hausbrauerbier. Und zu dieser Sorte, ich weiß gar nicht, ob man es Sorte nennen kann, zu diesem Bier, da steckt schon ein bisschen Geschichte dahinter. Und das will ich mal erzählen, weil viele kennen das wahrscheinlich nicht. Ich weiß nicht, wie es bei euch ausschaut, Holger und Markus, ob ihr wisst, was ein Hausbrauerbier sozusagen ist.

Markus: Ich muss zugeben, ich weiß es, aber ich würde trotzdem die Geschichte natürlich lieber von dir hören. Ich weiß nicht, Holger, wie ist es bei dir?

Holger: Auf jeden Fall, Dominik! Du musst das erzählen, das ist doch klar.

Dominik Eichhorn: Ja, ich erzähle das jetzt auch. Ich wollte halt mal so rückfragen. Gut, ihr seid Experten, ihr kennt das, aber viele Leute kennen das nicht. Es war eben so früher, dass mehr oder weniger jeder Hof, jeder Bauernhof sein Bier zu Hause selbst gebraut hat. Die Leute waren mehr oder weniger Selbstversorger, auch beim Bier, und da wurde eben dann in den früheren Zeiten das Bier zu Hause gebraut. Diese Höfe, Bauernhöfe, Gutshöfe, die hatten eben ein von der Obrigkeit verliehenes Recht, zu Hause Bier zu brauen. Weil normalerweise durfte nicht jeder eine Brauerei aufmachen oder eigenes Bier brauen, auch früher wollte der Staat schon da seine Steuer haben. Dieses Braurecht wurde aber dann im Laufe der Zeit von den Leuten an die Brauerei abgegeben, weil es einfach immer schwieriger wurde oder komplizierter wurde, zu Hause das Bier zu brauen, oder die wollten das nicht mehr. Dafür mussten die Leute aber Gerste und Hopfen bei der Brauerei abgeben für dieses Bier. Und dieses Bier war biersteuerrechtlich begünstigt, also die Biersteuer auf dieses Bier war nicht so hoch. Es musste aber auch ein bisschen schwächer sein von der Stammwürze. Und das war dieses Hausbrauerrecht, das die Bevölkerung, die Landbevölkerung eben bei der hiesigen, bei der örtlichen Brauerei ausgeübt hat und dass die Brauerei für die Leute eben das Bier gebraut hat. Die Leute haben dann das Bier bei der Brauerei abgeholt in ihren eigenen Fässern, man sagt dazu, die fassen das Bier, die haben das Bier gefasst. So alle vier Wochen war Hausbrauertag, da kamen dann die Bauern mit ihren Traktoren, Anhängern und hatten ihre Fässer drauf und haben das Bier geholt. Es war aber kein ganz fertiges Bier, sondern es war Bottich-Bier, wie man gesagt hat, also es war aus dem Gärkeller, ein Jungbier, das sie in die Fässer gefüllt haben. Das Jungbier wurde dann bei den Bauern gelagert in Felsenkellern, die sie hatten, und wurde dann immer abends ein Krug Bier geholt zum Abendessen oder wie die Leute das eben gemacht haben. Und das ist so dieser Hausbrauer-Gedanke. Irgendwann ist der Hopfen weggefallen, weil keiner mehr Hopfen angebaut hat, aber die Gerste wurde noch bei der Brauerei abgeliefert. Und auch bei uns, wir haben früher selbst noch gemälzt, also Malz gemacht, und da haben die Bauern ein Kontingent an Gerste abgegeben und für diese Gerste haben sie dann ein Bier äquivalent übers Jahr bekommen. Das wurde dann immer abgeschrieben oder abgerechnet jedes Mal, wenn sie gekommen sind, und da haben die immer 100, 200 Liter auf einmal geholt und haben es nach Hause gebracht in ihre Felsenkeller. Dieses Braurecht oder diese Vergünstigung, diese steuerliche, wurde dann Anfang oder Mitte der 80er Jahre, glaube ich, aufgehoben vom Staat, also das war nicht mehr steuerlich begünstigt. Aber wir haben dieses Bier nach diesem Rezept immer weiter gebraut und haben das aber dann, um das zu vereinfachen für die Leute, filtriert, also selbst gelagert in Lagertanks, filtriert und abgefüllt wie ein normales Bier auch. Weil die meisten Leute keine Felsenkeller mehr hatten und das Bier nicht zu Hause lagern konnten. Der Vorteil war aber jetzt, dass jeder dieses Bier holen konnte, früher nur die Leute, die ein Braurecht auf dem Hof hatten. Das war jetzt natürlich weg. Und mittlerweile können die Leute das Bier, wir haben das Bier immer da, aber nur ab Hof, wir haben das Bier nicht im Handel. Und das werden wir auch nach wie vor weiterhin so machen, weil das einfach auch ein bisschen günstiger ist und die Leute kommen zu uns in die Brauerei, die holen fünf Kästen, die holen zehn Kästen, manche holen 20 Kästen auf einmal, die geben es ihren Nachbarn dann. Und das ist schon ein bisschen so eine ganz alte Tradition noch bei uns.

Markus: Das sind noch Kunden, Holger, oder, die 20 Kästen Bier kaufen. Wahnsinn!

Holger: Ja, also da hat sich einfach viel verändert in dem Thema Hektoliter pro Kopf. Aber damit müssen wir halt leben. Aber trotzdem ist es ja toll, so eine alte Tradition so auf diese Weise wieder aufleben zu lassen. Aber jetzt müssen wir auch wirklich mal aufmachen, oder?

Dominik Eichhorn: Ja, macht’s mal auf und probiert mal. Ich bin auf euer Urteil auch gespannt irgendwie. Vor allen Dingen, wie ihr das einordnen würdet. Wie gesagt, das ist keine Sortenbezeichnung, Alt-Hausbrauerbier oder Hausbrauerbier. Das ist ganz witzig, ich wollte mir den Namen, kann ich euch hier erzählen, mal schützen lassen. Und hatte dann einen recht lustigen, muss man fast sagen, Wortwechsel, Briefwechsel mit dem Patentamt in München oder dem Patent- & Markenamt. Weil sie haben gesagt, das können Sie nicht schützen, weil Altbier auch schon einfach eine Bierbezeichnung ist. Dann habe ich versucht, denen das zu erklären, dass das kein Altbier ist, das Altbier gibt’s in Düsseldorf. Aber das haben sie irgendwie nie begriffen, also sie haben das mir nicht geschützt, den Markennamen.

Markus: Lustig! Also na gut, ich kann mal anfangen, oder Holger? Oder möchtest du?

Holger: Nein, also wunderbar, bitte, also unbedingt.

Markus: Sagen wir so, mich begeistert auf jeden Fall schon mal die Farbe, weil das wirklich so einen Kupferton irgendwie hat, also so einen leichten Rotstich, und auch der Schaum so eine leichte bräunliche Färbung hat. Das ist trotzdem, bei mir zumindest, ganz klar. Ich weiß nicht, filtriert ihr das, Dominik?

Dominik Eichhorn: Wir filtrieren es. Ja.

Markus: Okay! Also das leuchtet richtig, strahlt richtig. In der Nase habe ich dann tatsächlich auch eine schöne hopfige Note. Darunter liegen dann so ein bisschen Röstaromen, ein bisschen brotig, ein bisschen Toffee, so in diese Richtung. Und wenn man es dann trinkt, das ist ein unglaublich cremiges Mundgefühl, ganz rund, ausgewogen. Es hat einen schönen Körper, also obwohl es „nur“ 4,4, in Anführungsstrichen, hat, trotzdem ein schönes volles Bier. Es ist sehr erfrischend, trinkt sich schön und ist dann hinten raus auch sehr ausgewogen. Ich würde mir schwertun, das jetzt wirklich genau einzuordnen in der deutschen Bierwelt. Aber mir fällt ein, wenn du jetzt in England in einem Pub bist und bestellst dort so ein klassisches Best Bitter, …

Dominik Eichhorn: Geht das in die Richtung?

Markus: Genau! Das ist (unv. #00:23:55.3#) obergärig, aber …

Dominik Eichhorn: Ich weiß nicht, wie stark die sind, diese Bitterbiere.

Markus: Auch so. Die haben ungefähr denselben Alkohol, so zwischen 4 und 4,5.

Dominik Eichhorn: Die sind obergärig, aber die sind jetzt nicht (unv. #00:24:05.5#) obergärig.

Markus: Nein.

Dominik Eichhorn: Genau!

Markus: Meistens zumindest nicht. Und Ziel ist halt auch da, einfach ein genial trinkbares Bier zu haben, was vom Alkohol eben nicht so overpaste ist. Da kann man also wirklich 3, 4, 5, 6, 7, 8 davon trinken in der Kneipe. Man sitzt dann ganz lange an Tischen, trifft Gott und die Welt, lernt neue Leute kennen, redet über alles Mögliche und hat einfach einen wunderschönen Abend und hat einen Begleiter für alles, was man da essen kann. Und so kommt mir das auch ein bisschen vor. Ich wüsste jetzt gar nicht, im deutschen Bierstil-Wesen würde man es wahrscheinlich im weitesten Sinne als ein bernsteinfarbenes Kellerbier irgendwie einordnen vielleicht.

Dominik Eichhorn: Sowas, ja!

Markus: Aber so von der Idee her finde ich, kommt‘s wirklich diesen britischen Pub-Bieren sehr nahe. Ich weiß nicht, Holger, wie siehst du das denn?

Holger: Absolut! So sehe ich es auch. Absolut! Das ist so ein Get-Together-Bier, würde jetzt vielleicht jemand sagen, der in England im Pub sitzt. Das ist so ein Bier, wo die Leute zusammensitzen. Es ist nicht schwierig, sondern einfach, geht so über die Zunge und fördert die Geselligkeit. Absolut! So sehe ich es auch. Also ein richtiges Pub-Bier oder ein Kneipenbier halt.

Dominik Eichhorn: Ich glaube auch. Ich finde es ganz interessant, was man auch mit so Nischen ein bisschen machen kann. Was heißt Nischen, also es ist ja eigentlich ein P10 Bier, wir machen ein P10 Bier eigentlich, also mit Plato 10,7 ungefähr, 10,6, 10,7, 10,8 manchmal, so genau ist es nicht. Aber man kann dann schon auch interessante Biere machen aus der normalen eingefahrenen Range raus. Und für ein Bier, das „nur“, in Anführungszeichen, 10 Plato hat, finde ich, ist das trotzdem ein volles, nicht schweres, aber ein schönes volles harmonisches Bier. Wie ihr sagt, eins, das man gut trinken kann. Und das macht auch vielleicht ein bisschen den Erfolg aus. Also viele Leute sagen zu uns, das Bier ist klasse irgendwie, da kann ich nachmittags, wenn ich meinen Garten umgrabe, schon zwei trinken irgendwie, auch im Sommer, und falle nicht gleich um, so ungefähr. Das ist ein bisschen das Geheimnis des Erfolgs. Also wir haben da einen richtig tollen Erfolg mit dem Bier.

Holger: Was man hier vielleicht auch noch mal erwähnen muss, weil die Hörer haben es ja nicht vor Augen: Das ist auch auf jeden Fall ein Bier, was in der Etiketten-Gestaltung vollkommen aus dem Rahmen fällt. Das ist auch ganz besonders. Also das ist ein völlig anderes Etikett als ihr das sonst habt.

Dominik Eichhorn: Genau! Es ist einfach bewusst viel schlichter gehalten, einfach gehalten, hat auch nur Bauch und Rücken, wo halt die ganzen Angaben drauf sind. Es hat kein Brustetikett. Es sind eigentlich nur zweifarbig, fast keine Farbe drauf. Es war schon immer irgendwie so mehr oder weniger fast kein Etikett drauf auf diesem Bier, weil die Leute haben es als Fassbier geholt, und dann kam es halt in die Flasche, weil die Leute keine ganzen Fässer mehr holen wollten. Aber da kam auch nur ein kleines Etikett mit wenig Infos drauf, wenig Werbung, die Leute haben das Bier gekannt. Die sind in die Brauerei gekommen, die musste man nicht irgendwie mit Farben locken oder mit viel Gold oder irgendwas, sondern die Leute wissen, das ist unser Hausbrauerbier, da braucht‘s nicht mehr. Das ist auch der Grund, wieso hier ein ganz schlichtes Etikett drauf ist. Mittlerweile ist es schon ein bisschen kultig, muss ich sagen, klar. Das ist halt jetzt in unserer Zeit so vielleicht.

Holger: Und das Wappen, seid ihr das oder ist diese …

Dominik Eichhorn: Das ist das Wappen von dem Schloss, von dieser Familie, von diesen Adligen, die früher dieses Schloss besessen haben.

Holger: Ah ja, okay! Aber die gibt’s eigentlich nicht mehr, also …

Dominik Eichhorn: Die gibt’s nicht mehr. Nein, Wiesenthau hießen die. Das ist so ein fränkisches kleines, das weiß der Markus besser als Historiker, Ritteradelsgeschlecht gewesen, also kein hoher Adel. Aber gut, bei uns war alles so kleinteilig in Franken und überall war einer gesessen, ein kleiner Baron oder Ritter und hat da sein eigenes Süppchen gekocht, und so war es da wahrscheinlich auch.

Markus: Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Also diese ganzen kleinen Barone, die haben alle eben ihr Süppchen, in dem Sinne ihr Bier gekocht. Das ist ja auch der Ursprung, weswegen wir so eine Biervielfalt haben, weil einfach überall es was Eigenes gab.

Dominik Eichhorn: Ja, und diese Kleinteiligkeit in Franken eben, also kein großes Staatswesen außen rum wie in Bayern oder in Baden oder irgendwas oder dass da in Württemberg ein König dann da war mit einer (unv. #00:28:42.8#). Das macht eben auch die Vielfalt aus. Und es ist bei uns in der Gegend dann auch vom Konfessionellen völlig durchmischt.

Markus: Richtig! Jeder Herrschaftsbereich, jedes kleine Dörfchen hatte dann eben seine eigene Religion, seine eigene Kirche, sein eigenes Brauhaus, seine Verwaltung, und so ist das eben.

Dominik Eichhorn: Genau! Das macht die Vielfalt aus.

Markus: Ich finde das sehr schön, wenn man so an diese anderen Lagerbier-Kulturen denkt, die so leichte Biere kennen, das ist vor allem Tschechien mit den leichten Bieren, mit 9 %, 10 % Stammwürze. Aber da ist es so, die machen das entweder richtig hell oder richtig dunkel. Und was man dort dann bestellen kann, ist eine Mischung. Das heißt, die haben dann zwei fertige Biere und mischen die dann auf Verlangen. Aber so jetzt hier, diese wunderschöne Bernstein- oder Kupferfarbe, die das hier hat, sowas gibt’s da eigentlich nicht. Deswegen ist das schon wirklich eine ganz besondere einzigartige Geschichte eigentlich.

Dominik Eichhorn: Das muss man einmischen in Tschechien dann wahrscheinlich.

Markus: Ja genau! Da kann man mal mit so einer Flasche hingehen und sagen „Macht mal genau das!“.

Dominik Eichhorn: Aber das ist ganz interessant, ich weiß nicht, da kennst du dich besser aus, in Tschechien waren es dann eher so die Arbeiterbiere, für so Schwerarbeiter, die den ganzen Tag Kraft brauchten. Oder wie war das da?

Markus: Ja, das war auch bei uns mal so. Also die deutsche Bierkultur ist dadurch wirklich etwas anders, weil wir diese Kriege hatten, die Inflationszeit, und das immer so ein großer Reset sozusagen war. Es ist überhaupt erst mal eine Art einheitliche deutsche Bierkultur entstanden mit der Gründung des Deutschen Reiches. Dann war erstmal Jubel, Trubel, Heiterkeit angesagt, da hat man dann sowieso ausprobiert, was ging. Und dann war eben mit dem Ersten Weltkrieg schon mal so eine Phase, wo sie dann wirklich nur noch sehr, sehr leichte Biere überhaupt machen durften oder auch konnten, weil die Rohstoffe einfach nicht verfügbar waren. Weil man hat, das vergessen viele Leute, vor dem Ersten Weltkrieg war das eine sehr globalisierte Gesellschaft. Also all die Herrscherhäuser in Russland, in England, in Deutschland, das waren alles Cousins, Cousinen, Brüder, Schwestern. Die ganze obere Society hat einheitlich französisch gesprochen, egal ob du jetzt in Portugal warst, in Griechenland oder in Russland. Das heißt, sie haben sich alle gekannt, die haben sich alle verstanden. Und da war auch von der Wirtschaft ein riesengroßer Austausch. Da hat man dann zum Beispiel in der deutschen Brauwirtschaft irgendwann gesagt: Na ja! Warum sollen wir groß noch Getreide anbauen, das passiert ja in Russland viel billiger. Da hat man dann Flächen freigegeben wieder für andere Sachen. Und das war dann plötzlich mit dem Ersten Weltkrieg wirklich ein Drama.

Dominik Eichhorn: Ja, war’s weg.

Markus: Weil dann auf einmal die Grenzen eine Bedeutung hatten. Vorher waren die relativ egal, aber …

Dominik Eichhorn: Ja, da konntest du von Moskau bis Lissabon fahren, ohne kontrolliert zu werden.

Markus: Genau! Richtig! Und jetzt mit dem Ersten Weltkrieg war das auf einmal Feindesland und man hat zum Beispiel Russland auch ab dem ersten Tag die Getreidelieferungen natürlich eingestellt, nach Österreich und nach Deutschland, was dann die Brauereien vor ein Riesenproblem gestellt hat. Na ja, und so ging das dann mit den Auswirkungen des Krieges erst mal nach unten. Und dann kamen die Reparationszahlungen nach dem Krieg, und da hat man als Staat versucht, Deutschland, möglichst viel Geld über Biersteuern reinzuholen, weswegen dann die Brauereien wieder die Melkkühe waren. Dann kam die Inflationszeit, was dann auch wieder ein Drama für sehr, sehr viele war. Weil man nicht vergessen darf, eine Brauerei muss die ganze Rohstoffe einkaufen und dann dauert der Prozess, bis das Bier verkaufsfertig ist, Wochen oder Monate, und dann kann man da wieder Geld erlösen. Und wenn dazwischen natürlich das Geld Tausende von Prozent Inflation hat, dann ist das kein Gegenwert mehr. Du musst deine Mitarbeiter jeden Tag bezahlen, weil sie am nächsten Tag schon wieder mehr für ihr Brötchen bezahlen müssen. Also Riesenkatastrophe. Das ist dann fast nahtlos in die Nazizeit übergegangen, die dann so zweigleisig gefahren sind. Offiziell waren die voll gegen Bier und gegen Alkohol, aber inoffiziell haben sie sich natürlich in ihren Bierkellern getroffen und ihre Festchen gefeiert und so. Aber dann kamen die Zerstörungen im Krieg, dann waren die Brauereien erst mal wieder kaputt. Und nach dem Krieg hat man dann erst mal nur ganz leichte Biere brauen dürfen.

Dominik Eichhorn: Genau! Da war dann so die Dünnbierzeit (unv. #00:32:45.7#)

Markus: Und dann hat man halt sofort gefeiert, jetzt geht’s wieder richtig los.

Dominik Eichhorn: Das war dann die Märzenbier-Zeit bei uns gewesen.

Markus: Genau! Dann kamen eben, also bei uns war es Märzenbier, und im Ruhrgebiet war es halt Export. Das waren dann die Biere, die kräftigen Biere, die die Leute wieder haben wollten. Und da hat man halt diese ursprüngliche Kultur, die es eben davor genauso wie in Tschechien oder in England bei uns gegeben hat mit leichteren Bieren, die ist dabei völlig verlorengegangen. Und deswegen fangen sie bei uns halt eigentlich erst mit 5 % an, wo man in anderen Ländern eben eine durchaus bemerkenswerte Range hat, irgendwo zwischen 3,5 und 5, wo natürlich die Leute in den Kneipen oder so viel mehr trinken können und wo das auch während der Arbeit viel normaler war Biere zu trinken. Auch außerhalb von Bayern war das in Deutschland ja völlig verpönt, außer vielleicht im Bauwesen oder so. Aber da war das in anderen Ländern völlig gang und gäbe. Und insofern ist das schon auch in dieser Hinsicht ein Riesenunterschied. Aber ich rede schon wieder viel zu viel, der Holger …

Holger: Ich wollte gerade sagen: Mensch, Männer! Mensch, Männer!

Dominik Eichhorn: Wir schaffen die Biere nicht, ne, Holger?

Holger: Ja, ganz genau! Die Moderation ist ja Nötigung und jetzt muss ich euch einfach, aber Dominik, du hast einfach einen Knopf gedrückt. Also der Satz „Mensch, Markus, du weißt es ja viel besser und du bist ja Historiker“, das ist sozusagen der Hauptknopf beim Markus.

Markus: Ja, ja, ja!

Holger: (unv. #00:34:03.4#)

Dominik Eichhorn: (unv. #00:34:02.9#) ein Überraschungsthema, das ist doch okay. Ich schenke mir jetzt einfach das Kellerbier ein, Markus?

Markus: Ich bitte darum.

Dominik Eichhorn: Und dann machen wir weiter, wir lassen vielleicht eine Sorte weg dann und gehen dann gleich zum Bockbier über.

Markus: Nein, nein, nein! Nix da!

Holger: Also das auf gar keinen Fall!

Dominik Eichhorn: Nein, nein! Dann müssen wir aber schnell trinken.

Markus: Im 100. Podcast, also das Gute ist, ich zeichne auf meinem Computer auf und ich habe ungefähr 4 Terabyte Speicherkapazität.

Dominik Eichhorn: Okay, gut!

Markus: Wir können bis morgen früh weitermachen. Kein Problem!

Dominik Eichhorn: Kellerbier ist bei mir schon im Glas.

Markus: Moment!

Holger: Dominik, dann mach doch direkt weiter und beschreibe es direkt, also die einfach durch.

Dominik Eichhorn: Oh, nein, das beschreiben kann der Markus am besten, ich bin der Brauer. Wir haben jetzt das Kellerbier von der Farbe, es ist, wenn man es beschreiben muss, und ich sitze jetzt hier an einer Schreibtischlampe, es geht Richtung Bernstein, es hat einen schönen cremigen Schaum. Es perlt, wie es bei uns beim Kellerbier in Franken ist. Also das geht so Richtung ungespunden, also es perlt ganz leicht. Die Kohlensäure ist ganz leicht feinverteilt da drin und dann müssen wir einfach mal riechen und dann schmecken. Also macht ihr das auch mal und dann reden wir weiter. Gut, es hat eine schöne leichte Trübung, muss ich auch noch sagen. Also es ist unfiltriert, es ist nicht hefedick oder sowas irgendwie wie ein Hefeweizen, sondern es hat so eine ganz leichte schöne opale Note, finde ich.

Holger: Man kann es nur ergänzen, weil wunderbar beschrieben. Für mich ist es unglaublich gut ausbalanciert, wenn ich das so sagen darf. Also es ist unglaublich toll in der Balance. Ganz typisch dann auch oberfränkisches Kellerbier mit so einer schönen cremigen, wenig kohlensäurehaltigen Rezenz, würde der Sommelier sagen. Dann natürlich, also diese malzigen Aromen, alles ganz geschmeidig so auf der Zunge. Jetzt haben wir den Raupach noch nicht gehört, aber da bin ich fast sicher, dass er jetzt wieder in seinem Oberfranken-Himmel rumschwebt.

Markus: Ja, ich hüpfe gerade von Wolke zu Wolke sozusagen. Nein, also wirklich, natürlich, es ist wunderbar. Ich meine, so muss ein Kellerbier sein. Ich kann ja ganz ehrlich sein, wir zeichnen jetzt abends um sieben Uhr auf und ich habe jetzt heute schon um vier Uhr ein Bier-Tasting gehabt mit acht Gästen aus den USA. Da haben wir sieben Biere verkostet, und unter anderem eben auch so ein schönes Kellerbier. Da sind wir einfach draufgekommen, dass dieses Bier einfach der Grund ist, warum so viele Leute aus der Brauwelt nach Franken kommen. Weil die eine Sache umtreibt: Warum schaffen es hier die Brauer einfach von so einem Bier mehr als eins oder zwei zu verkaufen? Weil wenn die zu Hause ihr Double IPA brauen, dann kriegen die halt eins verkauft und danach wollen die Gäste was anderes haben. Das ist eben genau das Gegenteil hier. Also so ein fränkisches Kellerbier, das ist einfach was zum Reinlegen, zum gemütlich Trinken, so ein Best Buddy sozusagen. Und wenn ich es schaffe, sowas so hinzubekommen, so ausgewogen, so angenehm zu trinken, so weich, so rund, was sich so toll mit den typischen Speisen, die wir hier bei uns auch eben haben, verbindet, dann habe ich einfach nur gewonnen. Das ist eben was, was man nicht an der Uni lernt, sondern das hat was mit Tradition zu tun, mit einem Selbstverständnis, mit Erfahrung. Das ist einfach in der DNA unserer Brauereien hier drin und das müssen andere erst mal lernen beziehungsweise überhaupt die Idee, das Gefühl dazu bekommen, so ein Bier zu machen.

Holger: Ganz klar, Können kommt ja von Üben, nicht von Wissen, und das kann man hier schmecken. Aber jetzt muss ich wirklich sagen, okay, 100. Sendung, Oberfranken-Spezial, können wir auch sagen. Ich möchte hiermit offiziell anmelden, zur 200. Sendung machen wir auf jeden Fall ein absolutes Ruhrgebiets-Spezial. Da lade ich mir dann auch zwei Ruhrgebietler ein. Das ist ja unglaublich mit euch heute.

Dominik Eichhorn: Nein, also ich glaube, wenn wir jetzt nochmal zum Kellerbier kommen, Kellerbier wurde vor ein paar Jahren auch irgendwie Mode. Es hat sich blitzartig von Oberfranken, muss man sagen, auf ganz Deutschland verteilt beziehungsweise erst mal …

Holger: In die ganze Welt.

Dominik Eichhorn: … haben die Münchner angefangen, Kellerbiere zu machen und so weiter. Meiner Meinung nach sind die meisten Kellerbiere, die außerhalb von Oberfranken, oder muss man fast schon sagen, Landkreis Bamberg gebraut werden, sind in unsere Augen als fränkische Brauer oder Bamberger Brauer keine richtigen Kellerbiere. Für uns ist ein Kellerbier doch ein ungespundetes oder ein (unv. #00:38:55.9#)-gespundetes Bier, das heißt, mit sehr wenig Kohlensäure. Wohingegen die nachgemachten Kellerbiere, sage ich jetzt mal, einfach Zwickelbiere, unfiltrierte Biere sind. Das müssen keine schlechten Biere sein deswegen, aber es ist nicht das, was wir unter einem Kellerbier verstehen. Und die Kunst ist es, glaube ich, Biere zu machen, die eben wenig Kohlensäure haben, dadurch sehr angenehm, weich, samtig zu trinken sind, aber trotzdem nicht irgendwie fad oder abgestanden schmecken. Also das ist die Kunst, die hier die Brauer beherrschen, denke ich. Die machen Biere, die weniger Kohlensäure haben, aber trotzdem nicht irgendwie (unv. #00:39:36.6#)

Markus: Das fängt für mich mit dem Verständnis an. Weil auch da muss ich gerade wieder aktuell, wir waren mit unseren Biersommeliers jetzt gerade auf Exkursion in der Hallertau und haben uns dem ganzen Hopfen genähert und waren dann abends im Hotel. Und die hatten dann ein Bier von einer Ingolstädter Brauerei, und da stand Kellerbier drauf. Und gut, ist prinzipiell schon mal eine Herausforderung, aber gut, habe ich gesagt, schauen wir uns das Ganze mal an. Dann versucht man das zu trinken und das schmeckt eigentlich wie ein dunkles Hefeweizen. Da habe ich mich schon sehr gewundert und habe dann auf die Flasche draufgeschaut, und dann tatsächlich gesehen, dass eben zwar Gerstenmalz an erster Stelle, aber dann schon Weizenmalz. Und dann hat man auch wirklich gemerkt, da hat jemand wirklich einfach, sicher obergärig, denke ich mal, weil Weizenmalz drin war …

Dominik Eichhorn: (unv. #00:40:24.2#) Weizenmalz.

Markus: Aber da hat man richtig gemerkt, es fehlt einfach das Verständnis. Wenn ich nicht wirklich begreife, worum es beim Kellerbier eigentlich geht, dann mache ich halt irgend sowas. Das ist vielleicht auch nett und es schmeckt vielleicht auch irgendjemand, aber es wird niemals den Kern treffen, um den es eigentlich geht. Das ist, glaube ich, der Punkt, das kann man auch nur wissen, wenn man es mal vor Ort erlebt hat, wenn man verschiedene dieser Biere probiert hat. Und wenn man eben das, was sich um dieses Kellerbier rankt, nämlich die Bierkellerkultur, wenn man die dann auch mal kennengelernt hat, dann versteht man das Bier, glaube ich, und dann kann man sich auch mal dem nähern. Aber na ja, egal.

Dominik Eichhorn: Ja, wie du sagst, man muss einmal hierherkommen …

Holger: (unv. #00:41:01.6#) sage ich dazu nur. Meine Güte! Also was müssen die Leute jetzt von euch beiden denken?

Dominik Eichhorn: Ach, ja!

Markus: Ah ja! Also was kratzt die Eiche, wenn … nein, okay.

Dominik Eichhorn: Wir sind in der Überzahl, Holger, das ist einfach so.

Holger: Nein, nein, also ihr seid in der Überzahl und das Schlimme ist ja, ihr habt recht. Ihr habt recht. Aber Ingolstadt ist halt Oberbayern, und deren Bierstil von Haus aus ist eben kein Kellerbier. Und da muss man dann auch, das muss man ja auch verzeihen.

Markus: Nein, ist ja okay, aber sie brauchen nicht Kellerbier draufschreiben, wenn keins drin ist.

Holger: Du hast natürlich recht. Du hast vollkommen recht. Ich will dir auch gar nicht widersprechen, ich will nur darauf hinweisen, dass wir auch schon wieder zum nächsten Bier kommen könnten.

Dominik Eichhorn: Kommen könnten.

Markus: Könnten. Ja.

Holger: Wir können natürlich auch weiter noch beim Kellerbier verweilen und man kann auch noch ein bisschen sich abfeiern so. Also quasi …

Markus: Was ich noch ganz interessant finde, wäre vielleicht an dieser Stelle, weil wir grad beim Kellerbier sind und weil das ganz viel mit Tradition zu tun hat, Dominik, dass du vielleicht noch kurz ein kleines bisschen unseren Hörern erzählst, wie du überhaupt dazu gekommen bist? Weil wir haben jetzt die Geschichte der Brauerei ein bisschen gehört und dass du da jetzt drin bist und die dritte Generation bist, aber das ist doch sicher gar nicht so einfach. Wenn ich jetzt da reingeboren, geworfen werde und dann damit konfrontiert bin, da gibt’s irgend so einen Betrieb heimatlich, muss ich das machen, will ich das machen? Wie ist das gekommen, dass du jetzt am Ende (unv. #00:42:25.5#)

Dominik Eichhorn: Wie ich dazu gekommen bin, dann jetzt hier zu sitzen sozusagen, also in meiner …

Markus: Sozusagen!

Dominik Eichhorn: … Vita? Ja gut, ich muss dazusagen, die Brauerei, habe ich vorhin schon erwähnt, habe ich von meiner Mutter übernommen, nicht von meinem Vater, mein Vater war nie in dieser Brauerei tätig oder in keiner, noch nie in der Brauerei tätig. Und ich wurde aber auch nicht irgendwie gedrängt von meiner Mutter oder von meinen Eltern, da in den Betrieb zu gehen, sondern ich habe erst mal was anderes gemacht. Eine andere Ausbildung, sprich, nach dem Abitur und nach der Bundeswehr war ich in Erlangen und habe Verfahrenstechnik, Chemieingenieurwesen studiert und bin ein Diplom-Ingenieur, Diplom-Chemieingenieur. Und habe aber dann schon im Laufe des Studiums gemerkt, dass ich als Verfahrensingenieur, Chemieingenieur nie arbeiten werde, weil dann habe ich schon dazu tendiert, in die Brauerei zu gehen und habe dann deswegen noch eine Ausbildung gemacht als Brauer und Mälzer und habe dann sozusagen im zweiten Bildungsweg dann bei Doemens noch einen Braumeister gemacht. Und bevor ich in die elterliche oder mütterliche Brauerei gegangen bin, war ich dann noch in Japan, habe ein halbes Jahr eine kleine Gasthausbrauerei eingefahren und da gearbeitet als Braumeister. Dort auch meine Frau kennengelernt und dann seit Ende 1999, 2000 bin ich dann in die Brauerei gegangen zu Hause und habe die dann auch übernommen ein paar Jahre später. Das ist so mein Werdegang, also zweiter Bildungsweg-Brauer, und ich habe es aber nie bereut.

Markus: Ja eben, du bist auch ganz glücklich damit sozusagen.

Dominik Eichhorn: Ja klar, man ärgert sich natürlich jeden Tag, wenn man ein Geschäft hat, aber das ist wahrscheinlich wie in jedem Geschäft so. Aber bereut habe ich es noch nicht, nein. Gar nicht!

Markus: Da gibt’s natürlich viele Herausforderungen, zum Beispiel unsere Pandemie, aber vorher sollten wir vielleicht tatsächlich dem Holger jetzt Tribut zollen und ein Lieblingsbier von ihm öffnen, glaube ich. Welches Bier (unv. #00:44:46.1#)

Dominik Eichhorn: (unv. #00:44:46.4#) weiß ich nicht. Holger, kennst du es?

Holger: Ja, Schlössla, oder?

Dominik Eichhorn: Schlössla, ja, Schlössla kommt jetzt. Ja genau!

Markus: He-he, das ist ganz schnell auf beim Holger.

Dominik Eichhorn: Das ist so ein Name, der jetzt keine Sortenbezeichnung ist. Es ist von der Stammwürze …

Holger: Aber auch wieder typisch fränkisch, oder?

Dominik Eichhorn: Von der Stammwürze her ist es …

Holger: (unv. #00:45:05.4#)

Dominik Eichhorn: … ein Märzenbier. Schlössla deswegen, weil das kleine Wasserschloss, das eben von unserer, das zu dem Anwesen gehört hatte, zur Brauerei, und das auch der Brauerei den Namen gegeben hat. Eine alte Federzeichnung war das, eine kolorierte, ist da auf dem Etikett drauf. Und deswegen heißt das Bier Schlössla. Und Schlössla auch deswegen, weil in Reckendorf die Leute, wenn sie zu uns gekommen sind zu uns in die Brauerei oder ins Gasthaus, haben sie gesagt, wir gehen in dein Schlössla. Deswegen steht da Schlössla auf dem Etikett. Und jetzt schenken wir es mal ein. Und dann, wenn das ein Lieblingsbier von dir sein könnte, Holger, dann kannst du ja mal anfangen.

Holger: Nein, unbedingt! Es ist in der Tat so. Aber was ich auf jeden Fall vorwegschicken muss, bevor ich meine Beschreibung folgen lasse: Was ist es auf jeden Fall? Es ist natürlich schon der Name, also alles mit …la ist auch dann so ein bisschen fränkisch. Aber hier, das ist auf jeden Fall auch wiederum ein ganz typisches fränkisches Märzenbier. Man hat sofort die Karamellnote im Vordergrund in der Nase, die ist also so absolut richtig präsent. Es ist so ein, ja, wie soll ich sagen, also so ein helles kastanien-farbenes Bier mit einer unglaublich tollen Farbe. Das haben wir heute schon ein paar Mal gehört, aber es ist auch tatsächlich so, dass alle Biere so richtig tolle schöne Farben haben für ihre jeweilige Ausprägung. Jetzt trinke ich es mal. Ja, da rinnt halt die rotgoldene Farbe die Kehle runter und der samtige Körper und die tollen Karamellnoten lassen mich schon sagen, es ist schon ein Lieblingsbier. Also auf jeden Fall! Das ist auch dann wiederum so ein schönes Mundgefühl, was dann auch wiederum ganz typisch fränkisch ist, eben mit so einer ganz geringen Rezenz. Und der Hopfen, der ist so gar nicht da in meinen Augen, also ist wahrscheinlich da und ist irgendwo versteckt, aber so dieses Karamellige, Samtige, Malzige und dann natürlich auch noch mal mit 13,2 % Stammwürze, das rinnt die Kehle runter und schreit nach mehr. So würde ich es beschreiben. Prost!

Markus: Prost!

Dominik Eichhorn: Prost!

Markus: Das ist ein richtiges Sonntagsbier eigentlich. So der Franke würde sechs Tage lang Kellerbier trinken und am Sonntag gibt’s dann …

Dominik Eichhorn: Genau! Das wäre ein bisschen die Steigerung. Genau, gut ausgedrückt.

Holger: Nein, und da fallen mir dann auch sofort wieder so unendlich viele Speisen dazu ein, die dann richtig passen. Da stelle ich mir jetzt, also gut, jetzt wieder Ruhrgebiet und Sauerland und so, da ist üblich, dann am Sonntag eine Hochzeitssuppe zu kredenzen. Und das wäre zum Beispiel sowas. Da würde ich jetzt beginnen mit der Hochzeitssuppe und danach eben so einen schönen Braten, so einen Sonntagsbraten dazu. Und zum Abschluss vielleicht eine Crème Brûlée, und das Bier passt immer.

Markus: Oder man tut den Pfannkuchen gar nicht erst in die Suppe, sondern macht Kaiserschmarrn draus, das würde hier auch gut dazu passen.

Holger: Nein, nein, aber die Hochzeitssuppe hat gar keinen Pfannkuchen, Markus, sondern die Hochzeitssuppe, die hat einen Eierstich. Und den hoffentlich dann auch selbstgemacht.

Markus: Ja, wie bei den Bieren auch, schreiben die Franken halt gern auch Sachen drauf. Und bei uns kriegt man zum Beispiel Hochzeitssuppe, da ist dann meistens drin Pfannkuchen, ein Leberknödel und ein Grießknödel. Das heißt dann auch Hochzeitssuppe, zum Beispiel.

Dominik Eichhorn: Fränkische Hochzeit. Genau!

Markus: Na ja! Auf jeden Fall nahrhaft. Und eine schöne, also ich mag die auch ganz gern, wenn es die mal gibt. Aber da muss ich eben auch mal die Ruhrpott-Sache probieren. Mal gucken!

Holger: Aber ihr könnt mich auch gerne nochmal ergänzen, also habe ich was Wesentliches vergessen? Jetzt habe ich den Hopfen so versteckt, vielleicht tue ich dem Bier unrecht, keine Ahnung?

Dominik Eichhorn: Du tust dem Bier nicht unrecht, würde ich sagen. Wobei jetzt nicht so wenig Hopfen drin sind, wir sind da, wenn ich es richtig im Kopf habe, so bei 24 EBC sogar, schon 24, 25 sogar schon fast. Aber gut, jedes Prozent Stammwürze bettet den Hopfen weiter ein. Also in einem schwächeren Bier merkst du jedes EBC einfach sehr deutlich. Und bei 13,2 %, 13,3 % Stammwürze, dann ist der natürlich schon, versteckt, möchte ich nicht sagen, aber halt einfach schön eingebunden (unv. #00:50:15.8#).

Markus: Ich finde, eins könnte man noch ergänzen, dass viele Leute, wenn man sagt, das ist ein malzbetontes Bier, dann haben viele Leute eben im Kopf, das ist jetzt ein Dunkles und das hat Schokolade und hat Kaffeearomen oder sowas. Aber es gibt auch eine Malzbetonung ohne Röstaromen. Und das ist das, das möchte ich eigentlich haben, dieses Toffee, Karamell.

Dominik Eichhorn: Genau!

Markus: Da ist Vanille so ein bisschen, das sind einfache schöne Aromen.

Dominik Eichhorn: Da geht nichts in Richtung irgendwie Kaffee oder röstig oder sowas, gar nicht.

Markus: Aber auch so ein bisschen Honig. Und wenn es jetzt ein bisschen wärmer wird, ich habe jetzt noch so ein (unv. #00:50:54.9# Nachla?), würde der Franke sagen, im Glas. Das ist jetzt schon ein bisschen wärmer und dann kriegt das auch so ein bisschen Trockenbeeren-Aromen.

Holger: Was bitte, was? Ein Nachla?

Markus: Ja. Oder ein Nachherla würde man sogar richtig sagen. Weil wir ja alles nochmal verkleinern.

Dominik Eichhorn: (unv. #00:51:08.6#)

Markus: Genau! Den Restschluck sozusagen. Ein Kölner würde Kölsch dazu sagen, aber nein, okay, lassen wir das.

Holger: Also jetzt wird es langsam, also …

Markus: Nein, das war jetzt ein platter Witz, ich gebe es ja zu. Aber jedenfalls, aber dann kommen schon so ein bisschen auch so Rosinen, Trockenbeeren mit rüber, die fast so in Richtung Bockbier gehen. Das finde ich wirklich eine sehr, sehr schöne Aromatik. Also ein tolles Bier.

Holger: Nein, stimmt ganz genau. Jetzt, wo du es sagst, ist das auch ganz präsent bei mir im Nachtrunk. Das ist toll. Also ich sag ja, Lieblingsbier.

Dominik Eichhorn: Hervorragend!

Markus: Vielleicht noch eine Frage von mir ganz kurz. Du hast gesagt, du hast aus Japan deine Frau mitgebracht. Wie macht man das? Ich überlege jetzt gerade, ich habe schon ein …

Dominik Eichhorn: Mitgebracht habe ich sie, nein, nein. Ich bin alleine nach Hause gekommen und …

Holger: Da sind wir wieder beim Thema, Raupach und die Frauen. Alles klar!

Dominik Eichhorn: (unv. #00:52:03.9#)

Markus: Ich habe schon eine Menge Japanerinnen kennengelernt, aber über ein Bier hinaus ging das nie, wegen dieser Sprachbarriere. Und ich stelle mir das echt total schwer vor, und sie dann auch davon zu …

Holger: Vielleicht ist es auch nicht nur die Sprachbarriere. Weißt du, könnte ja sein.

Markus: Wer weiß.

Dominik Eichhorn: Man fängt normalerweise auf Englisch an, wenn man irgendwo sich außerhalb von Deutschland befindet, wo keiner deutschspricht …

Markus: Hm!

Dominik Eichhorn: … und du sprichst die Landessprache nicht, dann fängt man mit Englisch an. Wir sind zwei Jahre oder zweieinhalb Jahre hin und her geflogen und dann haben wir gedacht …

Holger: Oh! Dann ist dein CO2-Footprint dann ganz schlecht.

Dominik Eichhorn: Der war schlecht damals. Aber damals hatte man auch noch nicht so ein schlechtes Gewissen. Man durfte sogar noch im Flieger rauchen, als ich nach Japan geflogen bin das erste Mal. Also das ist schon lange her, wollte ich sagen damit. Und gut, irgendwann hat man sich dann halt entschlossen oder gesagt, gut, jetzt probieren wir es. Und dann ist meine Frau rübergekommen, oder damals meine Lebensgefährtin, und dann haben wir geheiratet. Dann kamen die Kinder. Und jetzt ist das schon 20 Jahre her, über 20 Jahre. Ja, so schnell geht das.

Markus: Wahnsinn! Aber das ist schon ein krasser Kulturunterschied, oder?

Dominik Eichhorn: Ja ist es schon, klar. Also logisch! Wobei man natürlich sagen muss, es ist vielleicht, es ist ein Riesenkultur-Unterschied, aber Japan ist ein modernes westliches Land irgendwie. Das macht es vielleicht dann doch ein bisschen einfacher. Demokratie, westlich ausgerichtet sozusagen, ein ganz modernes Land, also mit einer sehr spezifischen und speziellen Kultur, aber wenn man will, dann geht das.

Holger: Na ja, also ich hatte mal einen Kollegen, der Auslandskundendienst gemacht hat, und der hat immer gesagt: Wenn du auf einen anderen Planeten reisen möchtest, dann ist Japan die kürzeste Entfernung. Hat der immer gesagt.

Dominik Eichhorn: Ja, es ist einfach schon krass der Unterschied. Der Unterschied ist krass und auch der Unterschied in Japan selbst ist auch so krass. Das macht‘s auch interessant irgendwie. Also der Unterschied in Japan zwischen dieser knallharten Moderne und alles das Neueste technologisch und so weiter, und auf der anderen Seite, da gehst du um die Ecke in Tokio und dann hast du ein uraltes Japan, wo du wirklich diese Geschichte, diese Kultur, diese Tradition fühlst und spürst. Das gibt’s nur in, ja, also das habe ich bis jetzt nur in Japan erlebt diesen Gegensatz auch im Land selbst, dieser kulturelle. Aber die schaffen das irgendwie, immer wieder Brücken zu schlagen, das geht.

Markus: Ich meine, dass du mit deiner Frau da klargekommen bist, das ist irgendwie verständlich, da sorgen auch die Hormone so ein bisschen dafür. Aber wie ist das denn, ich überlege, da gibt’s dann immer eine Schwiegermutter, einen Schwiegervater, deine Mutter, das ist doch für die alle auch bestimmt nicht so einfach, oder?

Holger: Ha-ha-ha-ha!

Dominik Eichhorn: Ja, okay!

Holger: (unv. #00:55:24.1#)

Dominik Eichhorn: Sind wir jetzt noch beim Bier, oder? Nein, okay. Ja, natürlich irgendwie sind die schon skeptisch am Anfang. Auch meine Eltern waren jetzt schon ein bisschen skeptisch, glaube ich. Also was macht der jetzt, so ungefähr, der Sohn. Aber ich war schon Ende 20 fast, als das passiert ist, da konnten die und wollten auch nicht mehr reinreden. Genauso bei meiner Frau. Der Opa zum Beispiel damals von meiner Frau hat noch gelebt, wurde schließlich 100 sogar, also die Japaner werden alle alt. Der hat am Anfang auch sehr, sehr skeptisch reagiert. Und auch so ungefähr, wie kannst du jetzt schon nach Deutschland fliegen, du bist ja gar nicht verheiratet, so. Aber eigentlich auch die gleichen Reaktionen, Reflexe wie auch deutsche Eltern, Großeltern haben, würde ich mal sagen. Diese Reflexe sind in Japan nicht anders gewesen als bei uns. Wahrscheinlich sind die auf der ganzen Welt fast gleich, also dass jede Kultur natürlich oder in jeder Kultur Eltern versuchen, ihre Kinder zu schützen oder die bestmögliche Zukunft zu ermöglichen oder den Weg zu zeigen für eine gute Zukunft für ihre Kinder. Also diesen Drang haben alle Eltern, glaube ich, und Großeltern.

Holger: Ich versuch mal, den Bogen wieder zurück zum Thema zu schaffen. Was ist denn ihr Lieblingsbier?

Dominik Eichhorn: Unterschiedlich, aber am liebsten ein Kellerbier ganz frisch vom Fass, bayerisch gezapft.

Holger: Okay! Also das haben wir jetzt schon gehabt, was uns jetzt noch fehlt, ist der Bock.

Dominik Eichhorn: Ist der Bock. Der Bock ist ein Bock, der jetzt schon ein paar Monate auf dem Buckel hat, denn es ist der Frühjahrsbock, den wir brauen. Das ist ein heller Bock. Gambrinus, ganz klassisch genannt nach dem Patron der Brauer. Ob es den gegeben hat, weiß keiner. Wir haben das nämlich ein bisschen falsch getimt, weil die Woche, morgen, nein, Mittwoch, Donnerstag, füllen wir unseren Henrici Bock ab, den Ritterbock, und auch den Weizenbock. Der kommt aber erst übermorgen, wie gesagt. Deswegen habe ich jetzt noch einen Gambrinus euch mitgebracht. Das sind die letzten Flaschen, die es gibt.

Markus: Aber Dominik, ganz kurz, das ist Programm, weil unter uns, es hört ja jetzt keiner zu, der Weizenbock ist ein absolut sensationelles Bier und da möchte ich einfach keine Flasche irgendwohin verlieren, sondern die muss dableiben und das möchte ich gerne haben und für unsere (unv. #00:58:38.2#)

Dominik Eichhorn: Ja, das (unv. #00:58:37.8#) deine Mitarbeiterin einen wegreservieren musste.

Markus: Ja genau!

Dominik Eichhorn: Ob dann für dich einer übrigbleibt, weiß ich nicht, Markus.

Markus: Oh, oh!

Dominik Eichhorn: Nein, nein.

Markus: Nein, aber deswegen reden wir jetzt hier auch gar nicht über diesen fantastischen Weizenbock, sondern wir sprechen über den nicht minder guten Gambrinus.

Dominik Eichhorn: Wir sprechen über den Gambrinus. Es ist ein Frühjahrsbock, also ein heller Bock, der einfach im April auf den Markt kommt, sozusagen manche sagen Maibock, Frühjahrsbock. Einfach ein bisschen leichter zu trinken, keine Ahnung, Imperial „Helle Freude“ oder sowas. Mit natürlich schon bei über 16% Stammwürze. Da wird es dann schon auch ein bisschen esteriger und fruchtiger auch teilweise. Aber probiert mal oder ich weiß nicht, ob ihr schon im Vorfeld mal getestet habt, ob ihr das Bier kennt, weiß ich nicht.

Markus: Nein, also ich mache ihn jetzt grad zum ersten Mal auf, muss ich sagen. Wunderbar!

Holger: Ich habe schon getrunken.

Markus: Na ja, gut! Wenn man dir ein Bier schickt, ist es quasi auf. Wenn der Postbote da über die Schwelle geht, so wie bei den englischen Pubs, wo dann das Bier, wenn das angeliefert wird in Fässern, sobald es über die Schwelle ist, gehört’s dem Besitzer, so ist es bei dir wahrscheinlich dann mit dem Bier, da wird es sofort aufgemacht. Nein, aber ich kann ja mal kurz sagen, wie das bei mir so ausschaut. Ich glaube, so dieser Ausdruck Imperial „Helle Freude“ finde ich eigentlich ganz witzig, weil es wirklich auch von der Farbe her daran erinnert. Das ist wieder richtig klar, schön filtriert, perfekter weißer Schaum, der richtig dick, schön fest sitzt. Und drunter dann dieses Goldgelb mit einem wirklich schönen Schein. Also das geht fast in so ein Rotgold, aber eben nur ganz dezent, also sehr, sehr schöne Farbe auch wieder, die wirklich so richtig animiert und Lust macht. Und wenn man da reinriecht, dann merkt man einerseits diese schöne ausgewogene Hopfen- und Malznote, die man von der „Hellen Freude“ her kennt. Aber drüber liegt dann das, was man auch von einem Bockbier erwartet. Du hast ja grad schon gesagt, der ist ein bisschen jetzt schon älter und dann kommen natürlich auch diese Aromen, eben Trockenbeeren, Rosinen, (unv. #01:00:41.2#)

Dominik Eichhorn: Genau! (unv. #01:00:41.8#) diese fruchtigen Sachen.

Markus: Ja, das kommt richtig schön rüber und lädt einen richtig ein, auch eine richtig schöne Honignote ist jetzt auch ganz schön ausgeprägt. Und wo das vorher vielleicht noch so ein Blütenhonig war, ist es jetzt eher ein Waldhonig. Also der ist schon ein bisschen intensiver, ein bisschen kräftiger. Jetzt probieren wir das mal.

Dominik Eichhorn: Du formulierst treffend, sowas fällt mir nicht ein immer gleich. Das ist, der Vergleich war gut.

Markus: Danke schön! Auch hier wieder dieses schöne cremige wunderschöne Mundgefühl. Das finde ich auch wieder ganz, ganz toll, weil das nämlich auch erfrischend ist. Und damit eben auch einen der Alkohol nicht erschlägt. Also beim Bockbier auch immer so ein Thema: Mache ich dann praktisch schon zu oder schaffe ich es trotzdem so zu bleiben, dass die Leute dann gerne auch noch einen Schluck nehmen? Und das habe ich hier wirklich wunderbar gelöst. Es spielt dann auch dieses schöne Cremige eben mit dem Mund, dann kommen so Toffee-Noten, dann kommt ein bisschen Malz, Karamell, brotige Töne. Und hintenraus dann trotzdem so eine leichte Bittere, die dann wieder ein bisschen stärker wird und den Mund austrocknet. Das ist wirklich ein sehr, sehr angenehmes Bier. Hintenraus dann noch mal ein bisschen diese Trockenbeer-Noten. Und auch schön, wenn man das im Glas hat und das Glas so ein bisschen dreht, dann bildet das Bier so einen richtigen Film am Glas. Da sieht man eben, dass es ein bisschen kräftiger ist, ein bisschen stärker ist und richtig selbstbewusst darauf wartet, dass man da einen Schluck nimmt. Also wunderbar! Tolles Bier! Holger, das müsste dir auch schmecken, oder?

Holger: Unbedingt! Das ist total, absolut klasse. Ich habe jetzt im Nachtrunk so fruchtige Aromen. Also für mich kommt so ein bisschen Apfel durch und sogar fast ein Hauch von Kirsche. Ich weiß nicht.

Markus: Mhm (bejahend). Ja!

Dominik Eichhorn: Bittermandeln im Hintergrund.

Markus: Genau! So ein bisschen, ja genau, so Bittermandel. Genau! (unv. #01:02:33.7#)

Dominik Eichhorn: Ich möchte nur kurz dazwischengehen, ich habe das Bier jetzt seit Mai nicht mehr getrunken, glaube ich, oder seit Juni nicht mehr getrunken. Es ist interessant, es hat sich schon, nicht krass verändert, aber es ist ein bisschen erwachsener geworden, für mich. Ihr kennt das ja nicht frisch. Seid ihr noch da?

Markus: Ja, ja.

Holger: Ja, wir sind noch da. Ja, ja, wir sind, wir denken nach und …

Dominik Eichhorn: Ihr denkt nach und …

Holger: … und …

Dominik Eichhorn: (unv. #01:02:57.0#)

Holger: … voll mit Malz und süßlich und mild und Abgang und Frucht und so. Das muss man erst mal im Kopf sortieren. Deshalb dauert‘s einen Moment, dass wir überhaupt reagieren.

Markus: Aber ich finde diese Metapher sehr schön, zu sagen, dass so ein Bockbier quasi in so einem jugendlichen Tatendrang ausgeschenkt wird. Was auch perfekt passt zu diesem ganzen Bockbieranstich-Thema. Und wenn man es eben dann noch ein bisschen liegenlässt, dann wird es reifer und dann wird es auch ein bisschen weiser und dann wird es ein bisschen abgeklärter und …

Dominik Eichhorn: Genau! (unv. #01:03:29.2#)

Markus: … hat dann eben noch mal eine ganz andere Qualität. Sehr schön!

Dominik Eichhorn: Ich habe zuletzt vor ein paar Wochen habe ich mit einem Freund ein Henrici Bock aufgemacht von 2013 oder 201. War auch gut. Interessant!

Markus: Das kann ich mir vorstellen. Eins der ältesten Biere, die ich mal getrunken habe, war ein amerikanischer Barley Wine. Den habe ich 2014 in Amerika gekauft, und da war er von 1999. Und war an sich schon absolut genial, er hatte ein bisschen so diesen Effekt, du hast ihn aufgemacht und dann war er super. Wenn man dann aber noch so ein paar Minuten gewartet hat, dann hat er ein bisschen verloren, also dann haben einfach die Reaktionen zugeschlagen. Aber ich fand einerseits das Bier toll und andererseits fand ich aber auch toll, dass jemand 1999 schon auf die Idee gekommen ist, …

Dominik Eichhorn: Einen Barley Wine zu machen.

Markus: … einen Barley Wine zu machen, und dass es eine gute Idee ist, was davon aufzuheben. Das ist auch so ein Punkt. Und das im Zusammenspiel war echt toll. Und ich glaube, das ist auch wirklich noch ein Potenzial, was in Deutschland noch nicht viele Brauer entdeckt haben, dass man aus den klassischen Bockbieren, die man so hat, tolle Jahrgangsbiere machen kann, die dann auch wirklich gewinnen über eine längere Zeit und wo man dann auch wirklich damit spielen kann und quer verkosten kann.

Dominik Eichhorn: Man sollte das vielleicht einfach mal von der Hefe nehmen und dann nochmal in andere Tanks und dann einfach bei null Grad nochmal drei Jahre liegenlassen in kleinen Tanks oder so.

Markus: Ja.

Holger: Ich finde, da darf man auf jeden Fall die Schneider Brauerei lobend erwähnen, Thema Aventinus Vintage. Und dann natürlich mein großes Vorbild Hans-Peter Drexler, natürlich auch schon im BierTalk.

Dominik Eichhorn: Der Braumeister dort, ne?

Holger: Ja, ja, absolut! Das muss man an der Stelle lobend erwähnen. Also die machen das.

Dominik Eichhorn: Nein, die waren schon eine der ersten in Deutschland, die da interessante Sachen gebracht haben. Ich weiß noch, ich kann mich erinnern, vor zehn Jahren oder noch länger, als ich die Hopfenweisse das erste Mal getrunken habe, das war ein ganz neues Geschmackserlebnis. Ich war da unten in der Gegend und bin dann bestimmt fünf oder zehn Getränkemärkte abgefahren, um eine Kiste Hopfenweisse zu bekommen, weil fast jeder Getränkemarktleiter gesagt hat: Den Schmarrn haben wir nicht, das wollen wir nicht. Die Leute kaufen das nicht. Das war so ungefähr die Aussage in den Getränkemärkten. Also es war da einfach in der Gegend auch nicht anerkannt.

Holger: Absolut! Also für die Hörer, es ist TAP5, also die Hopfenweisse ist TAP5. Und das muss man einfach betonen, das ist ja auch mutig, solche …

Dominik Eichhorn: Genau! Das wollte ich sagen, die haben das trotzdem gemacht und trotzdem durchgezogen.

Holger: So ist es! Allerdings war das Bier zuerst in den USA nur verfügbar und ist dann erst zu uns gekommen. Und ich weiß, es gab …

Dominik Eichhorn: Weil es doch so eine Zusammenarbeit mit der Brooklyn, oder?

Holger: Ja, mit dem Garrett Oliver. Ja. Absolut! Mit der Brooklyn Brewery. Genau! Aber auch, weißt du, also ich meine auch dann die TAPX, also dann Aventinus Barrique, da haben auch die Leute angerufen und haben gesagt, hey, das ist schlecht das Bier. Na ja, aber das nur am Rande erwähnt. Also, dass das eben schon auch hier Einzug erhält. Und wir haben das auch, glaube ich, im BierTalk immer wieder auch schon angesprochen, dass eben bestimmte lagerfähig sind, großes Potenzial haben und auch beim Altern durchaus noch besser werden. Also das Urbeispiel, um jetzt euch beiden wieder zu huldigen und wieder zurück nach Oberfranken zu gehen, und einen Bierstil haben wir noch nicht erwähnt, das ist ja das Rauchbier. Und da gibt’s dann halt die Schlenkerla Eiche, die der Markus wahrscheinlich in allen Jahrgängen, die es je gegeben hat, irgendwo in seinem Keller hat und die dann durch verkostet und nur dafür eine Verkostungskladde führt. Also das muss man halt auch sagen. Oder, Markus?

Markus: Absolut! Und ich muss eben, um diese patriotische Vollständigkeit auch ein bisschen noch zu haben, sie waren tatsächlich die ersten. Also Schlenkerla war die erste deutsche Brauerei, die wirklich so ein Jahrgangsbier gemacht hatten, noch vor Schneider. Also das war 2010 und der hat 2012 das erste gemacht in diese Richtung. Das ist schon erstaunlich. Und war ja damals auch wirklich eben insgesamt ein Umdenken in der Brauerlandschaft hier. Vorher war es ja so, dass ein Alterungsgeschmack grundsätzlich als Bierfehler gegolten hat und man alles getan hat, um sowas irgendwie zu vermeiden. Genauso wie mit der Hopfenweissen, wo man gesagt hat, ein Hopfen, ein Weißbier ist im Grunde ein Fehler. Das macht man einfach nicht. Das gehört da nicht rein. Und dann ganz bewusst zu sagen, wir verabschieden uns mal davon und schauen mal, wie ist es mit der Aromatik, wie ist es mit der Harmonie, mit all den kreativen Möglichkeiten, die wir haben innerhalb der Rohstoffe, die eben bei uns möglich sind? Das sind eigentlich so …

Holger: Also ich meine, das war so ein bisschen, also die Hopfenweisse ist ein klassischer Collaboration Brew. Und ich stelle mir das so vor, dass der Hans-Peter Drexler und der Garrett Oliver sich getroffen haben und haben einfach gegenseitig sich gefragt: Hey! Was ist das Geilste? Und dann hat natürlich der Hans-Peter Drexler gesagt: Na ja, also das Geilste ist natürlich ein Doppelbock-Weizen. Und der Garrett Oliver hat dann gesagt: Ja, das Geilste ist ein IPA. Und dann haben sie es halt einfach zusammengeschmissen und daraus ist dann die Hopfenweisse entstanden. So stelle ich mir das vor.

Markus: Ich denke, auch. Ja. Aber zurück zum Gambrinus. also wirklich ein ganz, ganz toller heller Bock. Das ist auch sowas, ein Bierstil, der wirklich sehr im Off oft steht. Weil die meisten Leute unter Bockbier eher so die dunklen Bock- und Doppelböcke verstehen, auch in der Tradition von Salvator. Und zugegebener Weise natürlich jetzt ein heller Bock oder Doppelbock auch aromatisch jetzt eben nicht so an die Wand spielt wie so ein dunkler, aber dafür lässt er eben auch Raum. Und das ist schön, weil das ist ein Raum, den man dann in der Gastronomie füllen kann oder den man dann eben auch nutzen kann, um halt nicht nur eins zu trinken. Da muss ich wirklich sagen, ist das echt ein tolles Bier. Also macht echt Spaß!

Dominik Eichhorn: (unv. #01:10:02.1#)

Holger: Jetzt haben wir so viele Hinkelsteine in den oberbayerischen Garten geworfen. Wir haben keine Biere mehr, also wir haben sie alle durch verkostet. Haben natürlich gnadenlos überzogen, aber so ist es. So ist es. Absolut, so ist es. Vielleicht hat der Moderator an der Stelle nicht gut funktioniert, aber ich konnte euch einfach nicht mehr stoppen.

Dominik Eichhorn: Du hast nicht gebremst.

Holger: Ja.

Markus: Wir fangen einfach nochmal von vorne an.

Holger: Auf jeden Fall verzeiht uns das Überziehen. Ich bin schon der Meinung es war ein würdiger 100. BierTalk. Das muss ich schon sagen. Was meinst du, Markus?

Dominik Eichhorn: Ich verspreche euch jetzt, ich fange jetzt mit der Folge 1 an. Ist sie noch online?

Markus: Natürlich!

Holger: Klaro! Überall verfügbar.

Dominik Eichhorn: Und werde sie nacheinander im Auto hören, wenn ich unterwegs bin. Da bin ich sowieso auf der Suche nach Abwechslung, weil Bayern 5 kannst du irgendwie nicht fünf Stunden, mal eine Viertelstunde hören, dann weißt du nicht mehr, was (unv. #01:11:03.5#)

Holger: Außerdem heißt Bayern 5 BR…

Dominik Eichhorn: BR24, Entschuldigung!

Holger: Nein, aber das ist ja, ich meine, Rauchbier gibt’s in Oberfranken nur, weil ihr schon die ganze Zeit so rückständig seid.

Dominik Eichhorn: Genau! Weil wir es nicht geschafft haben, einen anständigen (unv. #01:11:17.0#) zu bauen und einfach nur Holzscheite irgendwo reingeschmissen haben.

Holger: Genau! Genau!

Dominik Eichhorn: Das ist aber manchmal so. Dass die Rückständigkeit auch was Positives hat.

Markus: Dafür möchte ich auch nur sagen, dass wir auch vor 120 Jahren in unseren Brauereien alle Elektroautos gefahren sind. Also manchmal ist Rückständigkeit ja auch Fortschritt.

Dominik Eichhorn: Ja, gut gesprochen, Markus.

Holger: Nein, also unglaublich gut gesprochen. Zum Glück gehört ihr seit 1806 zu Bayern.

Dominik Eichhorn: Oh, das war (unv. #01:11:47.3#)

Markus: Zum Glück für die Bayern. Ha-ha-ha!

Holger: Ihr könnt jetzt nichts mehr vorwerfen, der Moderator glaube ich, hat alles getan, um doch noch einigermaßen zum Schluss zu kommen. Aber die Protagonisten aus Oberfranken verhindern es einfach.

Markus: Du musst einfach einen schönen Schlusspunkt machen.

Holger: Ja, also ich habe es ja mehrmals schon versucht. Versuch, du es doch mal.

Markus: Na gut, das ist ja ganz einfach. Dann sage ich vielen Dank an euch beide für diesen wunderschönen BierTalk. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht. Die Biere sind tatsächlich fast alle ausgetrunken, passiert mir relativ selten. Aber das wird heute noch ein schöner Restabend. Und danke, es war toll, hat mir sehr viel Spaß gemacht und wir haben, glaube ich, den 100. echt vernünftig gefeiert.

Holger: Jawoll!

Dominik Eichhorn: (unv. #01:12:29.5#) den Hörern.

Markus: Tschüss da draußen und probiert gerne auch mal unsere feinen Reckendorfer Biere. Ciao!

Holger: Bis die Tage! Ciao!

Dominik Eichhorn: (unv. #01:12:36.7#). Ciao!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 70 – Interview mit Erik Schnickers, Gründer von Bier-Deluxe, aus Xanten

Erik Schnickers erfüllte sich mit der Gründung des Online Biershops Bier-Deluxe einen Studientraum und entwickelte sich seitdem kontinuierlich weiter. Mittlerweile ist der sympathische Niederrheiner auch als Hobbybrauer und Biersommelier am Werkeln. Dabei begeistert er nicht nur seine besten Freunde vom Bier, sondern auch täglich neue Bier-Einsteiger, die er in neue Geschmacks- und Genusswelten entführt. Im BierTalk erzählt er von der Gründung von Bier-Deluxe und seinen Erfahrungen, unter anderem als Teilnehmer an einem Online Biersommelierkurs…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute reisen wir mal wieder in den Westen, in den Westen Deutschlands, zu einem Mann wie ein Schokoriegel, könnte man auch sagen. Was das genau bedeutet, werden wir gleich noch hören. Also wir gehen zu Erik Schnickers, der auch vieles schon in der BierWelt getan hat und tut. Er kommt aus Xanten. Erik erstmal danke, dass du da bist. Vielleicht stellst du dich ganz kurz den Hörern mal selber vor.

Erik Schnickers: Ich bin Erik Schnickers, wie du gerade schon gesagt hast, wie der Schokoriegel nur mit „S c h“ aus Xanten, 38 Jahre alt. Und bewege mich nunmehr seit 2012 in der BierWelt, habe da immer irgendwie den Anschluss noch gehabt, aber war da noch nicht so tief drin wie jetzt. Und ich glaube, wir kennen uns mittlerweile seit 2015, wenn ich das richtig in Erinnerung habe?

Markus: Auf jeden Fall! Aber vielleicht vorher noch ein kleines Geheimnis lüften. Vielleicht kann der eine oder die andere gar nichts mit Xanten anfangen. Also für alle, die irgendwann mal Latein in der Schule hatten, klingt der Name natürlich ganz besonders. Aber wenn du vielleicht ein bisschen was sagen könntest: Wo ist das? Was kann man damit verbinden, was erlebt man, wenn man da groß wird?

Erik Schnickers: Xanten ist kurz vor der holländischen Grenze hier am Niederrhein. Xanten ist eine alte Römerstadt, wir sind das zweitgrößte Freilichtmuseum nach Berlin, wenn ich das richtig habe. Also eine historische Stadt mit sehr viel Römerpark, der Archäologische Park Xanten ist hier, vielen Sehenswürdigkeiten. Ich glaube, der Archäologische Park macht mittlerweile ein Viertel der ganzen Stadt aus. Wie ich immer sage, leben, wo andere Urlaub machen. Es lohnt sich, hier hinzukommen.

Markus: Tja, das klingt auf jeden Fall spannend. Wenngleich die Römer selber gar nicht unbedingt so die Bierfans waren, also haben sie wahrscheinlich eher Wein hinterlassen. Wie ist das so, bist du eher groß geworden mit Wein oder auch schon mit Bier?

Erik Schnickers: Nein, tatsächlich mit Bier absolut. Und hier aus der Region damals noch Diebels-Trinker, also Alt-Trinker. Damit sind wir alle groß geworden, so meine Generation. Das hat sich aber leider stark gewandelt.

Markus: Ja, hat sich stark gewandelt. Insgesamt natürlich auch die Bierwelt. Da greifen wir vielleicht schon mal ein bisschen vor. Du hast dann unter anderem Bier-Deluxe gegründet. Wie ist das, wie kommt man auf die Idee zu einer Zeit, wo das Ganze wirklich der Anfang eines möglichen Hypes vielleicht war, sich da so weit aus dem Fenster zu lehnen? Also wie entwickelt sich das, wie kommt man auf die Idee und was ist da so passiert?

Erik Schnickers: Das ist tatsächlich eine sehr interessante Geschichte und eigentlich hat der erste Gedanke schon 2006 angefangen. Ich habe Automobilwirtschaft studiert und habe mit einem Freund von mir an der Theke gesessen, ich habe damals immer eigentlich Weizenbier getrunken. Dann haben wir an der Theke gesessen und haben gesagt, wir müssten irgendwas anderes machen als Autos, irgendwas zusätzlich. Und dieser Gedanke hat uns während des Studiums immer weiter verfolgt. Der Guido ist dann noch nach Nizza und nach Miami gezogen. Wir haben uns trotzdem nicht aus den Augen verloren, haben immer wieder uns ausgetauscht. Und eigentlich ging’s immer, wenn wir da saßen, immer um das Thema, wir müssen irgendwas anderes machen außer Autos. Dann ist der Guido 2012 mit seinem Studium dann auch endlich mal fertig gewesen, kam nach Hause und hat im Prinzip gesagt „Jetzt weiß ich, was wir machen“ und hat mir dann direkt einen Link geschickt von ZDF Zoom, der hieß „Hopfen und Malz verloren“. Damals war eigentlich die Kernaussage, dass wir Deutschen zwar das Bierland Nummer 1 sind und auch sehr gute Biere machen, aber definitiv nicht kreativ sind in unserer Vielfalt. Dann habe ich mir das angeschaut und habe gesagt „Das ist die Idee“. Na ja, man hätte schon früher drauf kommen können. Wenn man die ganze Zeit beim Bier bespricht, dass man was anderes außer Autos machen soll, dann hätte das auch so naheliegen können. So war der Grundstein für Bier-Deluxe gelegt. Und dann ging‘s eigentlich auch sehr schnell. Im Mai hat mir der Guido diesen Link geschickt, im Juli war die Firma gegründet und am 18.10.2012 waren wir online mit 40 Bieren, glaube ich, damals.

Markus: Was damals schon eine ganz schöne Auswahl war. Vielleicht noch ganz kurz, der Guido war ein Studienfreund von dir oder ein Schulfreund, oder?

Erik Schnickers: Genau, Studienfreund. Wir haben beide Automobilwirtschaft studiert. Er kam halt aus der Nähe von Berlin und ich dann hier aus dem anderen Ende der Welt. Ja, da haben wir uns kennengelernt und sind da halt in Kontakt getreten.

Markus: Die Idee, das gleich online zu machen, war auch klar, oder hattet ihr vielleicht auch überlegt, eine Brauerei zu machen oder einen Laden oder irgendwie sowas?

Erik Schnickers: Tatsächlich war der Gedanke gar nicht da, dass wir irgendwie einen Laden oder sonst was machen. Dieses Thema Laden kam natürlich im Nachgang immer wieder mal auf, aber eigentlich war klar, wir machen was online. Irgendwie war die Zeit dafür da, der Guido war technisch auch immer sehr aufgeschlossen und war da auch gut unterwegs und hatte da auch seine Stärke. Von daher hat sich nie die Frage gestellt, ob wir ein Ladenlokal machen und schon gar keine Brauerei. Denn mittlerweile braue ich zwar ein bisschen nebenbei, aber damals war ich ganz weit weg von einem Brauer. Und ich würde auch immer noch nicht sagen, dass ich mich Brauer schimpfe, sondern ich braue hobbymäßig.

Markus: Tja! Apropos, also spätestens jetzt würde der Holger Durst bekommen. Der ist leider aktuell noch im Urlaub, deswegen sind wir zu zweit. Aber wir können trotzdem ein Holger-Gedächtnis-Bierchen aufmachen. Ich habe mir natürlich was ausgesucht und du hast dir bestimmt auch was ausgesucht. Vielleicht magst du mal anfangen, also sagen, was du dir für ein Bier ausgesucht hast, und das gerne auch schon mal aufmachen und mit uns verkosten.

Erik Schnickers: Sehr gerne! Also ein Holger-Gedächtnis-Bier trinke ich selbstverständlich gerne. Schade, dass er nicht mit dabei ist. Ich glaube, es ist ein wirklich schönes Bier, und zwar das Sierra Nevada Pale Ale.

Markus: Ein schönes und ein ikonisches Bier, würde man sagen, wenn man das direkt übersetzt.

Erik Schnickers: Ja, definitiv! Als du mir gesagt hast, bring dir doch ruhig ein Bier mit, eins, womit du was verbindest, da war der Blick eigentlich durch den Kühlschrank – ich meine, es sind genug Biere da -, aber relativ schnell beim Sierra Nevada. Aber letzten Endes ist dieses Pale Ale für mich der Inbegriff von Craftbier, so kann man schon fast sagen. Also war eins der ersten Biere, die ich probiert habe. Und es ist halt immer noch in meinem Kühlschrank. Also nicht das erste natürlich, sondern mittlerweile Charge x hoch n, so würde ich mal fast sagen.

Markus: Okay! Aber nichtsdestotrotz sind wir jetzt mal gespannt, was du dazu sagst, wie du es beschreibst. Lass uns mal ein bisschen teilhaben.

Erik Schnickers: Erstmal macht’s schon Spaß die Dose zu öffnen. Und diese orangene Farbe, fast Kupfer, finde ich super. Der Schaum ist wie immer toll. Ich habe extra dieses Pale Ale Glas, weil das Sierra Nevada schmeckt mir da extrem gut draus. Ist dafür einfach wie gemacht und da schießt dir direkt der Hopfen in die Nase, ohne aber direkt den Fruchtkorb, wie man so schön sagt, bei den ganzen Napas, da zu öffnen, sondern das ist ein Pale Ale, was zwar hopfig riecht, aber nicht so extrem fruchtig. Das finde ich sehr schön. Und man merkt so, ich würde das immer beschreiben, die Mischung aus dem englischen, also der Basis quasi, und dem amerikanischen Pale Ale. Das finde ich gut getroffen. Also das hat eine leichte Fruchtigkeit, aber ohne übers Ziel hinauszuschießen. Ansonsten würde ich jetzt erstmal sagen „Cheers!“.

Markus: Ja, absolut! Prost! Schauen wir mal, was du dann im Mund von diesem Pale Ale hast. Aber ich sage auch immer, das ist auch ein schönes Bier, was man quasi jeden Tag trinken kann, von dem man auch mal zwei oder drei trinken kann. Das überfordert einen nicht, aber es ist eben interessant und spannend und hat immer wieder neue Facetten. Also jedes Mal, wenn ich das trinke, entdecke ich wieder irgendwas, was ich vorher nicht so hatte. Und das finde ich auch sehr, sehr schön an diesem Bier.

Erik Schnickers: Absolut! Kann ich nur wiedergeben. Und auch der Geschmack, es ist einfach immer wieder ein Fest. Du hast wirklich so eine Knackigkeit, eine schöne Bittere. Und auch der Hopfen, der spiegelt sich da sehr gut wider. Aber ohne, wie du es gerade gesagt hast, zu überfordern. Es ist einfach ein rundes Bier. Es gibt eigentlich beim Bier keine wirklichen Allrounder, aber es ist schon fast ein Allrounder, weil du einfach tatsächlich den als Durstlöscher nehmen kannst, aber auch zum Genießen. Es ist wirklich einfach ein schönes Bier, anders kann ich es nicht sagen.

Markus: Wunderbar! Dann wünsche ich dir mal viel, viel Spaß mit deinem Bier und stell dir vielleicht noch eine Frage, bevor ich dann meins auch aufmache. Dann können wir mal virtuell anstoßen. Aber ich habe vorhin, als du so geschildert hast, so Craftbier und du und deine Erlebnisse und du kommst da so rein, da ist mir ins Gedächtnis gerutscht, ihr habt mal einen Werbespot von Bier-Deluxe gemacht. Und das war damals wirklich auch eine Sensation eigentlich, denn ihr habt Leute gezeigt, also mehr oder weniger ganz normale Menschen, die waren nackt, also man hat sie natürlich nur Oberkörper gesehen, und die haben dann jeweils verschiedene Craftbierer probiert. Und es ging darum, wie die reagieren, also den Gesichtsausdruck zu sehen, wie sie überrascht sind, wie sie vielleicht die Mundwinkel zusammenziehen, was da eben so passiert, wenn man neue Aromen, neue Geschmäcker und sowas erlebt. Konntest du das irgendwie nachvollziehen? War das bei dir persönlich vielleicht auch so? Oder wie seid ihr überhaupt auf diese Idee gekommen sowas zu machen?

Erik Schnickers: Als ich die Idee von dem Clip gehört habe, fand ich die total super. Schade, dass ihr mich gerade nicht durchgehend habt schmunzeln sehen können. Ich finde den immer noch mega. Und das beschreibt das Ganze sehr gut. Letzten Endes sind wahrscheinlich die Hörer vom Podcast alle tief in der Craftbier-Szene drin, aber wir dürfen nicht vergessen, dass draußen so viele Menschen noch unterwegs sind, die schon, ich sag mal, in manchen Teilen Deutschlands ein Kellerbier als Craftbier bezeichnen. Also eigentlich für andere Teile Deutschlands ein ganz normales Standardbier. Wenn man die an so ein Pale Ale, auch ein Sauerbier oder ich weiß nicht was ran setzt, oder noch viel schlimmer, dann quasi ein IPA oder ein Napa, wie man heute so schön sagt, und deren Reaktionen sieht, dann spiegelt das das immer noch wider. Man hat ab und zu Begeisterung, man hat Leute, die sich schütteln. Und deswegen, der ist immer noch, auch wenn er schon wirklich alt ist, topaktuell. Ja klar, auf jeden Fall. Ich finde, was der Clip auch ausstrahlt, dieses Oberkörperfreie, ich find‘s einfach immer noch mega. Das ist einfach so beschreibend. Und ein Freund von mir, der behauptet immer noch, ich hätte auch einen Part in diesem Video, und zwar der etwas kräftigere Mann mit dem Bart. Aber ich bin es nicht, nein.

Markus: Aber du könntest es sein. Ich meine, der schüttet sich am Ende das Bier sogar über seinen Kopf. Muss man auch sagen, das ist eine sehr spannende Geschichte. Aber vielleicht an der Stelle mal kurz, das war dann wirklich eine bundesweite Fernsehwerbung. Das finde ich jetzt auch eigentlich eine ganz schön krasse Sache, wenn man überlegt, ihr sitzt da zusammen, überlegt euch, wir gründen mal eine Firma. Dann gründet ihr eine Firma innerhalb von ein paar Monaten und dann auf einmal seid ihr bundesweit im Fernsehen. Wie ist das denn gelaufen? Kann man das einfach so machen oder wie kommt man auf so eine Idee?

Erik Schnickers: Kann man das einfach so machen? Ja und Nein. Natürlich könnte man das einfach so machen, aber das hat natürlich auch a) alles mit Geld zu tun. Da erzähle ich gerade, glaube ich, keine Geheimnisse. Der Anstoß kam von einem unserer Gesellschaft, dem Aaron, der ein sehr, sehr guter Freund von mir war und ansonsten auch das eine oder andere Online-Unternehmen hat. Und der hatte da schon Erfahrungen mit und dann hatten wir die Chance, das zu machen, was über ihn kam. Und dann haben wir gesagt „Die Chance müssen wir nutzen“. So sind wir dann quasi zu dieser Fernsehwerbung gekommen. Am Anfang hatten wir so ein paar andere Clips, die zwar auch nicht schlecht waren, aber man merkte so richtig, zu der Zeit war der Craftbier-Markt noch gar nicht so richtig beschrieben. Dadurch waren die Videos auch schwierig zu drehen, weil du wusstest in der Zeit gar nicht, wen du ansprechen musst. Wir haben welche, die waren auf Fußball ausgelegt, wir haben welche, die waren auf einen gemütlichen Abend, einen Dinner-Abend zwischen Mann und Frau ausgelegt. Und so ganz verschiedene Richtungen, auf Frauen ausgelegt, die sicherlich auch ein absolut wichtiger Markt sind. Also nicht nur ein Markt, sondern einfach ein wichtiges Publikum. Dieser Clip mit den oberkörperfreien Menschen, der hat es einfach auf den Punkt gebracht. Der war nun auch, ich glaube, ein Jahr später, ein oder zwei Jahre später, nachdem wir die anderen Clips alle hatten. Ja, der ist natürlich auch super angekommen. Kommt auch heute noch gut an.

Markus: Wir werden den auch in den Shownotes verlinken. Jetzt habe ich wirklich richtig Durst bekommen, muss ich sagen. Gerade wenn du über Frauen redest, macht der Holger natürlich auch immer gerne, deswegen also auch von mir ein Holger-Gedächtnis-Bier. Ich mach‘s mal auf.

Erik Schnickers: Ist auf jeden Fall eine Dose.

Markus: Auf jeden Fall auch eine Dose. Ja.

Erik Schnickers: Das hört sich ja fernsehreif an.

Markus: Mittlerweile hat man ja Übung. Wir haben fast die 100. Folge BierTalk. Die Leute fragen immer, ob wir da irgendwelche Sounds reinschneiden oder sonst was. Nein, das ist alles wirklich authentisch. Man bemüht sich halt, da dann irgendwie auch akustisch rüberzukommen. Mal kurz zu dem Bier, vielleicht beschreibe ich es erst und sage dann, was ich da habe. Also im Glas habe ich eine richtig schöne ockerbraune Farbe. Es ist relativ trüb, es scheint so ein bisschen durch. Heute scheint auch die Sonne, und die kommt jetzt gerade hier noch so ein bisschen durch mein Fenster und kommt eben genau in das Glas. Dann schaut das ein bisschen so aus, als würde da die Sonne untergehen. Wunderbar! Obendrauf steht ein schöner, richtig fester weißer Schaum. Jetzt rieche ich da mal rein. Wir haben ganz viele fruchtige Noten, also wesentlich mehr sicherlich als bei dem Sierra Nevada Pale Ale. Da sind ganz viele so Papaya, Mango, Ananas, Litschi, also ziemlich viele verschiedene tropische Früchte. Ich probiere das mal. Ja, es geht los, man hat erstmal diesen fruchtigen Eindruck, dann kommt so ein bisschen brotig, karamellig, und das geht dann über in eine ziemlich intensive Bittere, die sehr, sehr lange anhält, aber nicht überbordend ist, also ganz angenehm ist. Also ein schönes Bier. Es handelt sich um ein IPA, und der Name heißt GranIPA. Das spielt so ein bisschen mit dem Namen der Brauerei. Die Brauerei ist nämlich Granizo, die kommt aus Chile. Da war ich vor zwei, drei Jahren mal bei einem Bierwettbewerb und habe dort unter anderem eben auch Biere bewertet. Wir sind ein bisschen rumgefahren, haben dann auch diese Brauerei besucht. Und ich habe sie damals kennengelernt wirklich als Spezialisten für holzfassgereifte Biere, für Sauerbiere. Also die machen ganz viele Biere eben in vorbelegten Fässern. Es gibt ja viel Wein auch in Chile zum Beispiel und Spirituosen. Und sie haben auch ein spannendes Projekt, wo sie mit dem Chicha Bier, das ist dieses einheimische Urbier dort, experimentieren. So waren die mir im Gedächtnis geblieben. Und vor ein paar Tagen hatte ich Besuch von Freunden aus Chile, die mir Biere mitgebracht haben. Da war jetzt eben unter anderem auch ein IPA von denen dabei. Und das hat mich jetzt wirklich sehr interessiert, wie eben Jungs, die eigentlich in einer völlig anderen Ecke unterwegs sind, nämlich bei sehr, sehr starken, sauren und Barrel Aged Bieren, was die machen, wenn man jetzt sagt „Macht doch mal ein IPA“. Das haben sie wirklich gut hinbekommen, also sehr extrem in der Aromatik, aber gut noch trinkbar. Es hat immerhin 7,5 % Alkohol, also da haben sie schon auch zugegriffen, sage ich mal. Aber wirklich eine sehr, sehr schöne angenehme Geschichte, sehr würdig für unseren BierTalk. Und ich sag doch einfach mal „Prost!“.

Erik Schnickers: Prost! Hört sich auf jeden Fall so an, als müsste man das trinken.

Markus: Oh ja! Auf jeden Fall! Wenn man es denn bekommt. Das ist auch nicht so einfach. Da sind wir vielleicht nochmal zurück bei eurem Shop. Also du hast gesagt, ihr habt mit 40 Biersorten angefangen. Das reicht wahrscheinlich nicht. Wenn man dann bundesweit in die Werbung geht, da bestellen dann doch vielleicht drei oder vier Leute und die wollen vielleicht auch mehr als 40 Biere haben. Gab‘s denn da nicht Herausforderungen, wo ihr am Anfang gar nicht damit gerechnet habt, was dann so auf euch zugekommen ist und wie löst man das dann?

Erik Schnickers: Es gab wirklich tausende von Herausforderungen, von anstrengenden bis schönen Geschichten. Als erstes ist natürlich die Frage, wie kriegst du es innerhalb von Deutschland überhaupt in dein Lager, was letzten Endes quasi, ich glaub, die Scheune von Guidos Oma war am Anfang. Und wie kriegst du es dahin? Der Logistiker fragte „Wo ist denn die Rampe, wo wir ranfahren können?“. Die ist natürlich nicht da, die hatten wir natürlich nicht. Du hast Menschen, die fragen, ob sie deine Betriebsstätte besichtigen können, weil sie denken, sie kriegen eine Brauereiführung. Also das sind so mal nur zwei kleinere, aber ganz lustige Sachen. Aber einfach, wie gesagt, der Transport macht das Ganze sehr, sehr kompliziert. Teilweise haben wir die Sachen selber eingesammelt, weil du natürlich Kleinstmengen bestellst bei den Brauereien. Das sind nur so anfängliche Themen, die man dann ganz einfach hat. Wir sind dann auch recht schnell sehr gewachsen, damals war der Markt oder beziehungsweise war die Konkurrenz einfach gar nicht so extrem groß. Es gab einfach gar nicht so viele. Von daher sind wir sehr, sehr schnell gewachsen, auch durch die Fernsehwerbung. Dann musst du einfach nachziehen. Das Schwierigste war, glaube ich, und die größten Fehler haben wir gemacht, weil es einfach gar keinen Markt gab. Aber dann ist die Frage, ist ein Fehler dann überhaupt ein Fehler oder einfach ein Feststellen von Themen, die da sind? Letzten Endes haben wir die einfach gemacht und auch gemeistert. Es gibt ganz viele spannende Themen, die da sind. Da können wir, glaube ich, mehrere Podcasts draus machen.

Markus: Okay! Das können wir durchaus. Vielleicht so dein Highlight-Thema, wo du dich immer dran erinnern wirst, wo du dir heute noch an die Birne fasst, was da so schiefgegangen ist?

Erik Schnickers: Was da schiefgegangen ist, ein Highlight-Thema?

Markus: Na ja, oder eine Erkenntnis oder so. Kann auch was Gutes sein.

Erik Schnickers: Was immer wieder wehtut, ist, wenn man hört, eine Palette ist umgekippt. Das tut immer weh, das zieht komplett durch den Körper und man leidet richtig mit. Das sind so Themen, die man dann halt mal hat. Oder mit der Staplergabel ins Tor reinfahren, weil man da eine Abkürzung kennt, die man eigentlich gar nicht fahren sollte. Das sind so Highlight-Themen. Ich glaube, die schönen Themen sind eher dann sowas wie, dass man einen Anruf kriegt und sagt so „Hey! Habt ihr Stella Artois da?“. Und dann heißt das so „Ja, wie viel denn?“, „Wieviel habt ihr?“, „Ja, 200.“, „Ja, dann alle. Fakt ist nur, die müssen morgen in Nürnberg sein.“, „Okay warum?“, „Wir sind für die und die Band unterwegs und wenn die kein Stella haben, spielen die keinen Ton.“. Das sind so ganz witzige Geschichten. Haben wir halt auch geschafft. Die Band hat heutzutage ein eigenes Bier, aber das sind so Highlights, die man dann halt auch zwischendurch hat und das macht das Ganze auch irgendwie spannend und witzig. Dass wir das damals schon mit zwei Mann geschafft haben, die einfach quer durch Deutschland verteilt sind dann auch noch, das war schon cool. Also das war wirklich schön.

Markus: Klingt super. Ihr habt dann also nicht nur was für die Bierwelt getan, sondern auch für die Musikwelt. Das ist natürlich auch schön.

Erik Schnickers: Wenn die nicht aufgetreten wären, dann hätten wir echt ein Thema gekriegt.

Markus: Das kann ich mir echt gut vorstellen. Das hat natürlich für dich auch bedeutet, denke ich mal, dass du auf einmal ganz, ganz viele Biere probieren musstest, konntest, wolltest, wie auch immer. Also wie erlebt man das denn, wenn man praktisch so einen unendlichen Zugriff hat? Und muss man sich da irgendwann auch mal ein bisschen am Riemen reißen? Wie geht das denn so?

Erik Schnickers: Völlige Überwältigung am Anfang. Ich hatte so ein Schlüsselerlebnis tatsächlich mit einer unserer ersten Brauereien, die auch immer noch eine meiner Lieblingsbrauereien ist, dem Brauhaus Faust. Wir haben damals mit dem Cornelius Faust eine Führung durch seine Brauerei gemacht und dann auch viele Biere verkostet. Und ich war total überwältigt und habe danach zu ihm gesagt „Boah! Cornelius, ihr habt so viele gute Biere und was trinkst du denn am liebsten?“. Dann sagt er so „Mein Pils“. Und ich so „Wie?“. Also passte gar nicht in meine Welt. Ich sage „Wieso?“. Und keine Ahnung, und dann hat er es mir erklärt. Das kann ich mittlerweile sehr gut nachvollziehen. Er sagte „Na ja, wenn du einen Abend hast und du trinkst ein Bier, dann willst du natürlich herumexperimentieren, dann probierst du. Aber wenn du auch auf einer Veranstaltung bist oder sonst wo oder halt auch mal drei, vier, fünf Biere trinkst, dann bist du mit einem Pils einfach besser aufgehoben. Weil ansonsten überwältigt dich irgendwann der Geschmack.“. Das kann ich nur wiedergeben. Dennoch kombiniere ich nach wie vor sehr gerne. Das macht mir immer noch extrem viel Spaß. Deswegen habe ich eigentlich meistens nie mehr als irgendwie vier oder fünf die gleichen Biere auf Lager und probiere einfach immer noch gerne durch. Am Anfang möchte man natürlich noch viel mehr, als man trinken sollte. So sagen wir das mal. Aber nach einer Zeit lässt das auch ein bisschen nach. Also immer noch, (unv. #00:18:56.9#) die Lust am Probieren definitiv nicht, aber man hat da nicht den Druck hinter, weil man weiß irgendwann, es kommt genügend nach, so dass man da keine Verknappung hat. Und deswegen, mir macht‘s immer noch Spaß. Du weißt das, ich glaube, ich bin immer für neue Sachen zu begeistern. Aber ich schätze auch die Tradition, deswegen halt so ein Sierra Nevada Pale Ale, denn das werde ich irgendwie nicht leid.

Markus: Da hat auch deine Umwelt davon profitiert, denke ich mal, oder? Gewinnt man neue Freunde, wenn man so einen Bierladen hat?

Erik Schnickers: Na ja, ob man neue Freunde gewinnt, weiß ich nicht. Aber da erzähle ich auch immer ganz gerne von meinem Freundeskreis. Die waren am Anfang sehr skeptisch, haben mir den Vogel gezeigt und auch gefragt „Wer bestellt denn Bier online?“. Und die größten Kritiker, die bestellen mittlerweile die verrücktesten Sachen und sind da auch immer wieder froh, wenn ich neue Sachen im Kühlschrank habe. Ich habe es aber auch echt durchgezogen und das spiegelt auch so ein Stück weit den Craftbier-Markt wider. Ich habe so einen Getränkekühlschrank, so einen 180 Kühlschrank immer im Wohnzimmer gehabt und habe dann einfach meine Freunde wild durchprobieren lassen, habe sie ein bisschen angeleitet. Aber am Anfang vor allem gar nicht viel, mittlerweile weiß man etwas mehr, was denen schmeckt. Die haben vieles getrunken, was denen nicht geschmeckt hat, was ich dann entweder zu Ende getrunken habe oder weggekippt wurde. Und dadurch haben die aber auch eine gewisse Offenheit gekriegt. Wie gesagt, man weiß mittlerweile, was denen auch gefällt. Der eine trinkt halt super gerne Pale Ale IPA, der nächste geht halt eher so in die malzige Richtung und Richtung Dunkel und Bockbiere. Und den nächsten kann ich wiederum mit Barrel Aged abholen. Das macht dann die Vielfalt aus. Die sind wirklich nicht böse, dass mein Kühlschrank immer noch gut gefüllt ist. Aber es war ein langer Weg.

Markus: Das würden Freunde von mir wahrscheinlich auch sagen. Ja.

Erik Schnickers: Und ein teurer übrigens.

Markus: Und ein teurer, das stimmt. Ohne jetzt zu viel Eigenwerbung machen zu wollen, aber du hast dann dich auch noch entschlossen, ein bisschen mehr Know-how drauf zu setzen und hast die Ausbildung zum Biersommelier gemacht. Wie hat dich das denn so ereilt und wie hast du das erlebt?

Erik Schnickers: Wie hat mich das ereilt? Einerseits, ich habe mich immer ein Stück weit gewehrt, den Biersommelier zu machen, weil man auch nicht immer mit dem einen oder anderen die positivste Begegnung hatte. Ich finde das immer schade, wenn jemand, der einen Biersommelier hat und dann einem Braumeister erzählt, wie sein Bier eigentlich zu schmecken hat. Das finde ich immer schwierig. Deswegen habe ich mich da einerseits ein bisschen gegen gewehrt und andererseits war es natürlich für mich in der Vergangenheit aufgrund meiner beruflichen Laufbahn nicht unbedingt möglich, zwei Wochen am Stück den Biersommelier zu machen. Da kamen mir zwei Sachen zugute, einerseits dann halt das Thema, dass es sehr stark auf online ging, und zweitens, dass ich mit der Deutschen BierAkademie halt letzten Endes auch jemanden gefunden habe, der im Prinzip so einen Großteil meiner Interessen am Biersommelier auch widerspiegelt einfach und nicht zu sehr technisch wird. Weil das ist auch schön, das ist auch schön, das zu wissen, aber ich finde, das ist für mich jetzt persönlich der zweite Step. Ich möchte halt nicht tiefer ins Brauen oder sonst wie reingehen, sondern die Biergeschichte, das interessiert mich sehr und wo es herkommt und wie da eigentlich die Themen sind. Das hat mich halt fasziniert. Dann kam eins zum anderen. Das eine, dass ich beruflich da ein bisschen weiter umgeschwenkt bin und jetzt natürlich auch noch mehr im Thema Bier drin bin. Dann war das für mich ein absolut logischer Schritt und ich habe mich tierisch drauf gefreut. Das ist, glaube ich, kein Geheimnis, dass ich immer noch sehr an der Gruppe hänge, genauso wie, glaube ich, das Miteinander in der Gruppe halt immer noch gegeben ist und ich mich immer tierisch freue, wenn ich die live treffe, so wie letzte Woche in Hamburg. Das hat mir echt viel Spaß gemacht. Ich kann das jedem nur empfehlen, und das war für mich eine tolle Erfahrung und einfach ein super Schritt. Ich fühle mich da total wohl mit und mir macht das echt Spaß und ich verstehe viele Sachen tatsächlich besser. Also ich sag nur Stichwort belgische Biere.

Markus: Wie gesagt, es soll keine große Eigenwerbung sein, aber ich finde es trotzdem ein spannendes Thema und würde die Fragen auch stellen, wenn du das woanders gemacht hättest. Was ich so interessant finde, ist halt auch dieses Erlebnis online. Das war vorher eigentlich gar nicht wirklich auf dem Schirm, glaube ich, und durch die Pandemie wurden wir mehr oder weniger dazu gezwungen, solche Formate zu entwickeln und auch offen zu sein, die wirklich anzugehen. Ich war am Anfang selber auch sehr skeptisch: Funktioniert das? Ist das dann für die Leute so, als würden sie ein Video anschauen? Lernen die sich überhaupt kennen? Oder ist das dann eher so, ja, ich mach da halt irgendwie mit, damit ich irgendwie einen Titel bekomme oder so? Und war dann wirklich auch extrem überrascht, wie intensiv die Beziehung gewachsen ist zwischen den Teilnehmern. Das ist wirklich was, was mich selber eben absolut und auch absolut positiv überrascht hat. Und das würde mich auch interessieren: Wie hast du das erlebt? Ist das was, was mit der Zeit wächst, oder ist das schon am Anfang da? Und wie ist das dann, wenn der Kurs aus ist? Also wie entstehen solche Bindungen, wenn man sich ein halbes Jahr lang trifft, aber nie wirklich gegenübersteht?

Erik Schnickers: Ich habe es mir am Anfang auch etwas schwieriger vorgestellt tatsächlich. Ich glaube, unsere Gruppe hat sehr gut auch schon am Anfang zueinander gefunden, jetzt unabhängig von den einzelnen Beziehungen, die sich natürlich irgendwann noch festigen. Man findet da immer dann irgendwie Leute, die gleicher ticken noch mal als sowieso schon tun. Also wo einfach die Beziehung noch mal ein bisschen intensiver wird. Ich hätte es mir gar nicht so vorgestellt, dass das so möglich ist online. Das ist wirklich gut geworden bei uns in der Gruppe. Wie gesagt, ich habe den Anspruch an mich selber, dann auch noch mal mindestens 90 % der Menschen kennen zu lernen. Ich bin sehr überrascht, dass mein Bild aus den Onlinekursen auch mit dem übereinstimmt, was sich dann tatsächlich im normalen Leben dann halt auch, wenn man die live tritt, auch widerspiegelt. Der eine oder andere ist enttäuscht, das musste ich dann auch schon am eigenen Leib kennenlernen und erfahren, wo die Regine einfach zu ihrem Freund sagt so „Also ich dachte immer, der Erik wäre größer. Die haben doch gesagt, der ist größer. Also das kann doch gar nicht sein.“ Ja, ich bin leider nicht größer als, ich bin keine zwei Meter. Das war halt ganz witzig auch, wir haben darüber gelacht. Aber das sind halt so Sachen, die man vielleicht dann nicht unbedingt so auf dem Schirm hat, die sich dann im Nachhinein rausstellen. Aber generell die Leute, die ich da kennengelernt habe, also online, und wenn ich sie jetzt im wirklichen Leben am Telefon habe oder mit denen spreche oder die halt auch in live treffe, das überschneidet sich. Also man kriegt doch mehr mit von den Menschen als man erwartet. Wenn man mich persönlich fragt „Was ist besser, online oder Präsenz?“, ich glaube, die Wahrheit liegt am Ende des Tages in der Mitte. Ich glaube einfach, dass dieses Online-Thema für viele auch die Chance gibt, überhaupt erst mal einen Biersommelier zu machen. Weil man darf nicht vergessen, zwei Wochen unterwegs zu sein, sich da auch noch eine Unterkunft zu suchen, das ist einerseits natürlich ein finanzielles Thema und andererseits auch ein Thema von Urlaub beziehungsweise, wenn man Familie da mit unterbringen muss. Da denke ich mal, dieser Mittelweg aus Online- und einem Präsenz-Teil, der eine angemessene Zeit hat, das fände ich, glaube ich, da liegt einfach die Zukunft. Das ist meine Meinung dazu.

Markus: Ja, ich finde auch. Also da hat sich einfach wirklich vieles verändert und auch den Blick der Gesellschaft auf so etwas verändert und auch die Akzeptanz vielleicht irgendwie geschaffen. Das ist doch auf jeden Fall cool. Was mich noch interessieren würde, so als letzter Punkt: Du bist auch selber Hobbybrauer, würdest du, glaube ich, sagen. Wobei du schon vom Equipment her fast schon ein bisschen professioneller unterwegs bist, mittlerweile. Wie hat sich das denn entwickelt? Und was hast du da schon so alles zusammengebraut?

Erik Schnickers: Das war tatsächlich auch das Thema Zeit einfach. Ich hätte gar nicht gewusst, wann ich es früher machen soll. Mir war klar, dass das wirklich eine schöne Sache ist, dass Brauen eine schöne Sache ist, man hat mit den Rohstoffen zu tun. Ich finde einfach dieses Riechen, Schmecken, das Erleben und dann halt auch selber was zu machen, finde ich superspannend. Mein allererstes war ein klassisches niederrheinische Alt. Allerdings muss ich dazusagen, ich habe das zusammen mit dem Zapfanlagendoktor gemacht, der auch hier in Xanten sitzt, und der mir das das erste Mal dann auch gezeigt hat. Wir haben den Nachguss vergessen, das heißt, das hatte ordentlich Power das Bier. Also für nicht so Geübte war das schon ein Brett. Aber es war unheimlich lecker. Dann IPAs habe ich gemacht, Roggen Pale Ale habe ich letztes Mal gemacht. Das ist natürlich schon ein bisschen tricky vom Läutern her. Und ansonsten habe ich halt sehr viel Alt da, weil ich das immer noch hier als Niederrheiner gerne sehe, und habe da ein relativ traditionelles gemacht. Das schmeckt den meisten Leuten, darf ich sagen. Ein Weizenbier, also so ein bisschen rumprobiert, aber noch mal mehr Basis. Also ich kann da definitiv noch tiefer rein, aber das war auch schön so bei unserem Onlinekurs, wir haben wirklich zwei, drei Hobbybrauer dabei, wo man schon die Frage stellen muss „Sind das noch Hobbybrauer oder sind das schon eher Brauer?“. Denn die Jungs sind wirklich fit und da kann man sich immer gute Tipps holen. Wie mein Freund Axel immer sagt „Na ja, Bier wird’s immer.“.

Markus: Das stimmt natürlich. Genau! Da schließt sich fast so ein bisschen der Kreis. Also da sind wir wieder in Xanten angekommen. Wie würdest du denn da die örtliche Bierwelt beschreiben? Was trinken Leute da gerne? Wann trinken die Bier? Was ist so das klassische Trinkverhalten? Wie muss man sich das vorstellen?

Erik Schnickers: Es kommen so langsam regionale Brauereien, und die machen ihren Job tatsächlich gut. Was schwierig ist, ist die Akzeptanz, dass es dann einfach nicht zum Preis für einen Kasten von 8,99 angeboten werden kann. Das ist hier noch ein richtiger Kampf. Das sehe ich in anderen Regionen, also bei euch in Franken finde ich das total super, dass die da sagen „Hier, der Kasten kostet 17,50 oder sonst was.“. Hier noch fast undenkbar. Es gibt so ein paar Liebhaber, also da gibt’s noch ganz viel Aufbauarbeit zu leisten. Ich sag das mal ganz ehrlich: Wir dürfen, glaube ich, in Marken sprechen ohne zu werten. Aber wenn man hier am Niederrhein ist, es gibt halt Diebels, was auch nicht mehr das klassische Alt ist, was es früher ist, und dann hat man halt Köpi, Bitburger, Warsteiner. Und wenn man gerne mit Bier rumexperimentiert, dann ist das hier sehr eintönig. Wenn ich da zwischen entscheiden muss, dann ist es einfach keine Vielfalt in dem Sinne. Jetzt unabhängig davon, ob man das vielleicht auch zwischendurch mal gerne trinkt. Da ist man schon froh, wenn anstelle von Erdinger mal ein Benediktiner halt da ist. Also da ist noch viel Arbeit und noch viel Luft nach oben. Aber da können wir dann jetzt mithelfen. Ich bin dabei.

Markus: Das ist doch eine gute Idee. Ich denke, der Holger hätte jetzt wahrscheinlich wieder eine Geschichte erzählt, wie er dann immer einfach rübergefahren ist nach Holland oder nach Belgien, um sich dort zu versorgen. Ist das bei euch auch an der Tagesordnung?

Erik Schnickers: Nach Holland und nach Belgien eher nicht, weil die Leute, wie gesagt, noch bei den Craftbieren, so nenne ich sie jetzt mal, oder bei den belgischen Bieren noch nicht so offen sind. Wer regelmäßig nach Holland rüberfährt und ein IPA kennt, der macht das sicherlich, der holt sich dann schon mal auch gerne mal ein Lagunitas rüber, wo ich auch ein Riesenfan von bin. Oder andere Sachen, die Holländer sind da definitiv ein bisschen weiter. Aber es ist noch sehr vereinzelt. So langsam kommen aber Trinkgut, Trink & Spar, und wie die Getränkemärkte alle heißen, so ein bisschen in die Craftbier-Welt. Das finde ich auch gut so. Dadurch schafft das auch ein bisschen Offenheit. Aber ich finde, wir sind hier noch ganz weit, weit, weit weg von anderen Regionen, wo es einfach schon wirklich viel mehr Vielfalt gibt. Also da müssen wir noch was tun. Und ich arbeite dran.

Markus: Wunderbar! Und der Anfang ist gemacht. Also immerhin, es gibt Bier und Leute, die trinken gerne Bier, und darauf kann man auf jeden Fall aufbauen. Also in diesem Sinne …

Erik Schnickers: Absolut!

Markus: … sage ich ganz, ganz herzlichen Dank für deine Zeit und für den Einblick in eben so die Welt eines Bier-Entrepreneurs, würde man wahrscheinlich heutzutage sagen. Ich wünsche dir noch ganz viel Erfolg natürlich auf deinen Bierwegen. Und wir werden sicherlich weiter in Kontakt bleiben und noch das ein oder andere Bierchen zusammen trinken. Bis dahin! Danke schön! Auf Wiederhören und auf Wiedersehen!

Erik Schnickers: Vielen Dank! Es hat Spaß gemacht. Ich freue mich aufs nächste Mal.

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BierTalk Spezial 29 – Interview mit Marcus Braun von Radio Primaton in dessen Sendung „Auf einen Kaffee mit…“

Am 14.8. war Markus Raupach Studiogast in der Sendung „Auf einen Kaffee mit…“ von Radio Primaton aus Schweinfurt. Moderator Marcus Braun entlockte ihm dabei zahlreiche Geheimnisse rund um das Bier, die BierAkademie und seinen Lebensweg. Wir wollen Euch dieses spannende Gespräch in Form eines BierTalk Spezial nicht vorenthalten und wünschen viel Hörvergnügen…

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