BierTalk 67 – Interview mit Thorsten Schwämmle, Gründer und Geschäftsführer von Kraftpaule in Stuttgart

Thorsten Schwämmle hat eine erstaunliche Bier-Karriere hinter sich. Quasi aus einer Bierlaune heraus stand auf einmal die Idee der Eröffnung eines Bierladens, die immer konkreter und nach der „Erfindung“ des Stuttgarter Craft Beer Festivals auch Realität wurde. Auch Vermieter-Querelen und daraus resultierende Ortswechsel konnten den Schwaben nicht davon abhalten, seinen Traum zu verwirklichen. Heute steht er für seinen „Kraftpaule“ und kann auf fünf sehr erfolgreiche Jahre zurückblicken, inklusive der Herausforderungen während der Pandemie. Kurzum: Ein BierTalk, den man gehört haben sollte…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute geht es mal wieder ins Ländle, zum Thorsten Schwämmle. Also man sieht schon, richtig schöne Wortspiele möglich. Und gefühlt sind wir zum achten Mal, glaube ich, in den letzten zehn Folgen in Baden-Württemberg. Aber das hat natürlich auch einen Grund, es gibt dort tolle Biere und tolle Menschen, wie eben den Thorsten. Vielleicht stellst du dich einfach mal kurz unseren Hörern selbst vor.

Thorsten Schwämmle: Dann sage ich mal Grüß Gottle aus dem Schwabenland. Ich heiße tatsächlich auch Thorsten Schwämmle, wie der Schwamm, nur auf Schwäbisch, sage ich immer. Ich mache seit 2015 den Kraftpaule hier in Stuttgart. Der erste Ansprechpartner für das Thema Bierspezialitäten und Craftbier wollen wir hier sein. Also spannende Geschichte, wie wir gleich hören werden. Aber vorher müssen wir natürlich noch den Dritten im Bunde begrüßen. Hallihallo Holger!

Holger: Hallo ihr beiden. Und heute bei mir auch ganz besonders, ich melde mich auch aus Baden-Württemberg, und zwar aus dem nordöstlichen Zipfel Baden-Württembergs, nämlich ich bin in Kirchberg an der Jagst.

Markus: Okay! Na, sehr schön, dann bist du auch da. Kennst du den Ort, Thorsten?

Thorsten Schwämmle: Nein, tatsächlich nicht.

Markus: Dann haben wir heute was gemeinsam.

Thorsten Schwämmle: Aber tut mir leid, dass du da sein musst, Holger.

Holger: Nein, nein, nein, nein, nein! Das ist das Hohenloher Land. Also da kann ich nur sagen, das ist eine sehr schöne Region, auch eine schöne Genussregion, und ist in der Nähe von Crailsheim. Und Crailsheim wiederum, also für die, die sich jetzt überhaupt nicht auskennen, liegt zwischen Nürnberg und Heilbronn.

Markus: Okay! Also bist du irgendwie auch ein bisschen in Franken. Dann ist ja die Welt wieder in Ordnung. Sehr schön! Bevor wir zum ersten Bier kommen, vielleicht noch mal kurz die Frage: Kraftpaule, Thorsten, wie passt das zusammen? Warst du schon als Kind der Paule, oder hast du dir das irgendwann überlegt? Wie kamst du überhaupt zum Thema Bier? Das fände ich mal interessant.

Thorsten Schwämmle: Erstmal zum Namen, damit habe ich gar nichts zu tun. Also natürlich mit der Namensfindung schon, aber ich war nicht der Paule, sondern unsere erste Location, die wir uns angeschaut haben, die wäre in der Paulinen Straße gewesen. Und die Location haben wir leider nicht bekommen, der Name ist aber geblieben, vor allem, weil die zweite Location dann die Nikolausstraße gewesen wäre und das natürlich nicht so geil gewesen wäre, den Laden dann Kraft-Nikolaus zu nennen. Von dem her blieb das mit dem Paule von der Paulinenstraße bestehen. Und wie ich zum Bier gekommen bin? Klassiker: Ein Kumpel von mir schreibt mir über Facebook „Hey, hast du Lust, was mit Bier zu machen?“ Und ich natürlich sofort „Ja“. Wir haben uns am nächsten Tag getroffen und es hat sich rausgestellt, dass Freunde von mir Interesse hatten, das Franchise einer Bierothek zu machen. Die ja bekannt ist und die auch mittlerweile in Stuttgart ist. Wir haben tatsächlich uns sehr intensiv damit auseinandergesetzt, da ein Franchise aufzumachen, haben dann aber irgendwann mal festgestellt, dass wir eigentlich gerne was Eigenes machen wollen, dass wir da unsere Kreativität auch nicht an einem Franchise-Konzept unterwerfen wollen, und haben dann eben zusammen mit dieser Gruppe aus insgesamt zehn Leuten den Kraftpaule gegründet und da gemeinsam investiert. Also besser gesagt, neun haben Geld gegeben, ich mache die Arbeit, so ist der Kraftpaule entstanden. Und tatsächlich hatte ich auch ganz am Anfang mit dir Markus da Kontakt, nämlich als das Thema Franchise der Bierothek noch anstand, habe ich bei dir meine allererste Weiterbildung zum Thema Bier gemacht. Wir haben uns dann zwei Tage getroffen in der Nähe von Bamberg und das war mein erster Kontakt mit dem Thema Craftbier.

Markus: Ja, coole Sache! Kann ich mich noch daran erinnern, war sehr spannend. Wir haben live Bier gebraut und das Fernsehen war irgendwie auch noch da zufällig. Das war jedenfalls eine faszinierende Zeit. Ja, das ist sehr, sehr spannend und die Idee gefällt mir, sich einfach neun Leute mit Geld zu suchen. Holger, wir bräuchten dann insgesamt 18. Hast du da jemand schon auf der Liste?

Holger: Ich glaube, Markus, wir können mal einen Aufruf starten über den BierTalk und können sagen: Mensch, gebt uns doch mal Geld und dann machen wir irgendwas Cooles.

Markus: Ihr habt’s gehört da draußen, wir brauchen jetzt noch 18 Leute, die uns ein bisschen Geld geben. Nein, aber cool, ich muss wirklich sagen, auch zum ersten Mal, als ich dann in Stuttgart war, ich habe dann vor Ort auch eine Schulung für euch gemacht, fand ich das toll, sowohl das Team, dein Engagement, die Location und die Idee. Und damals auch wirklich noch was Neues in Stuttgart, also sehr, sehr spannende Geschichte. Nur jetzt haben wir ein Problem, ich glaube, der Holger bekommt Durst, weil wir sind schon mindestens bei Minute 5 oder 6. Dementsprechend sollten wir jetzt mal anfangen, etwas zu trinken. Holger, wie groß ist dein Durst? Willst du anfangen?

Holger: Ja, weil wirklich, ich komme jetzt gerade von der Autobahn, wie immer (unv. #00:04:34.2#) gewesen. Jetzt bin ich hier rein ins Hotel und habe gesagt „Hey! Was habt ihr für besondere Sachen an Bier?“ Dann habe ich mir doch ein dunkles Hefeweizen hier aussuchen dürfen und das möchte ich wirklich gerne trinken. Also wenn ich starten darf, da wäre ich euch sehr dankbar, also sehr.

Markus: Ausnahmsweise, oder Thorsten?

Thorsten Schwämmle: Auf jeden Fall!

Holger: Normalerweise hat natürlich der Gast Vorrang, aber ich mach mal hier so ein schönes dunkles Hefeweizen auf. Dann habe ich natürlich nach einem Weißweinglas gefragt. Das war dann schon auch eine kleine Überraschung, so nach dem Motto, Sie haben doch jetzt ein Hefeweizen, wieso Weißweinglas? Ich sage „Ja, ich möchte es gerne aus einem Weißweinglas trinken, weil da schmeckt’s mir besser“. Und gesagt „Na ja, also irgendwie wegen Fußball, oder was?“ hatte sie gesagt. Und dann sage ich „Nein, nein. Einfach nur wegen des Geschmacks“. Und dann hat sie gemeint „Okay, ach, der ist sowieso total daneben der Typ“. Was habe ich jetzt hier im Glas? Eigentlich ganz toll auch von der Farbe her und auch vom Schaum, so richtig toll, ein sehr, sehr fester steifer Schaum, wie es sich halt für ein Hefeweizen dann auch gehört. Ich habe hier ein Paulaner Hefeweißbier dunkel. Die Farbe ist wirklich so richtig ein schönes naturtrübes Kastanienbraun. Ich rieche mal rein. Ja, Mhm (bejahend). Man hat halt so eine fruchtige Note, also da ist jetzt vielleicht nicht total die Banane im Vordergrund wie es typisch wäre für ein Weißbier, aber schon eine Fruchtigkeit. Ich würde sagen, wirklich fast süß. Man hat so Waldbeerennote, kann ich herausschmecken, und auch eine Karamellnote. Ich glaube, für Biertrinker, die jetzt nicht so gerne herbe Biere trinken, ist das ein richtig tolles Bier, was man jetzt natürlich hier mit zum Beispiel Maultauschen mit Kartoffelsalat oder so, würde ich mir jetzt vorstellen, kann man ganz wunderbar kombinieren. Wenn wir mit dem BierTalk fertig sind, dann gehe ich runter und werde mir das wahrscheinlich auch bestellen oder Maultaschen geschmelzt oder sowas. Oh Mann, da läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Aber jetzt wieder zurück zur Sendung quasi.

Markus: Ja, okay! Zurück zur Sendung.

Thorsten Schwämmle: Hat sich aber lecker angehört, du.

Holger: Nein, ist auch lecker. Also nichts gegen Paulaner.

Markus: Zurück zum dunklen Weizen, das ist für mich immer so der Geheimtipp oder die Geheimwaffe, wenn es ums Thema Food Pairing geht. Weil es eigentlich ganz wenige Speisen nur gibt, die man nicht mit einem dunklen Weizen kombinieren kann. Maultaschen natürlich ganz, ganz großartig. Aber da vielleicht an dich, Thorsten, die Frage: Wenn du jetzt hier hörst, dunkles Hefeweizen, Paulaner, wäre das etwas, was es bei euch im Laden auch gibt? Oder gibt’s da irgendwie so Grenzen?

Thorsten Schwämmle: Tatsächlich gibt’s das gerade im Kraftpaule in der Bar nicht, weil wir da natürlich eine klare Grenze ziehen und vorwiegend natürlich kleinere Brauereien supporten. Wobei da bei vielen natürlich auch das Thema kleine Brauerei in Frage gestellt werden kann. Es gibt natürlich auch internationale Craftbier-Sorten wie Sierra Nevada, die es bei uns gibt, oder BrewDog, die natürlich viel größer sind als Paulaner, würde ich jetzt mal tippen, aber da vielleicht einfach ein anderer Grundgedanke dahintersteckt. Und in der Kraftpaule Bar, wie gesagt, versuchen wir einfach die Vielfalt an Craftbier darzustellen. Wir sind aber gerade dabei, tatsächlich auf der anderen Straßenseite einen Bierkiosk oder einen Bier-Späti aufzubauen. Und da soll‘s dann auch ganz viele, sage ich jetzt mal, Trinkbiere geben, die gut laufen. Da verschließen wir uns auch nicht gegenüber, ja gut, Paulaner, das ist bei uns natürlich die Sache, vielleicht eher ein regionales Beispiel, Schönbuch Bräu, dann vielleicht ein Jäger Spezial oder ein Weizen dazu haben, was jetzt nicht den Titel Craftbier oder Bierspezialität auf dem Etikett hat. Wir wollen da auf gar keinen Fall elitär sein, wir suchen eigentlich schon immer den Schulterschluss zum traditionellen Biertrinker und versuchen, den dann immer einen Tick weiter in Richtung Bierspezialitäten zu bringen.

Markus: Kann ich mir grad vorstellen, dass das in Baden-Württemberg vielleicht auch besonders schwierig ist, weil natürlich schon der Hang zum Konservativen da durchaus da ist auch beim Thema Bier. Nichtsdestotrotz sind es auch natürlich Genussmenschen, und zu denen gehörst du auch und so habe ich dich auch kennengelernt. Bevor du mit deinem Bier einsteigst, vielleicht noch kurz eine Frage: Wie ging‘s denn dann weiter? Also wir haben uns kennengelernt, du hast die Weiterbildung gemacht, du bist in das ganze Thema Bier eingestiegen, du hast neue Leute gefunden, die Geld übrighatten. Wie kam es dann? War das dann so ein Selbstläufer oder musstest du ein bisschen kämpfen? Wie hat sich das weiterentwickelt?

Thorsten Schwämmle: Die erste große Aktion, die wir gemacht haben, war das Craftbier Festival. Das war tatsächlich ein Selbstläufer. Wir haben in einer Nacht quasi eine Facebook Veranstaltung erstellt, ohne groß Infos, einfach nur Craftbier Festival Stuttgart, Beer, Food & Music mit irgendeinem Stock Foto. Das hatte innerhalb von vier, fünf Tagen 4000 Zusagen. Wir haben dann gemerkt, oh, das Thema ist heiß in Stuttgart. Die Leute wollen Bierkultur haben. Das war dann so ein schönes Zeichen. Ich glaube, ohne das hätten wir es auch nicht so leidenschaftlich weitergemacht. Weil wir natürlich sehr schnell gemerkt haben, auf der anderen Seite eine Bar zu finden, ist ein riesiges Problem. Das war tatsächlich jetzt ein drei- bis vierjähriger Kampf, um die richtige Location zu finden. In der ersten wurden wir rausgeklagt, dann haben wir in Böblingen was aufgemacht, wo wir dann ziemlich viel versteckte Kosten hatten und es dann schließen mussten nach neun Monaten. Jetzt haben wir quasi die dritte Location aufgebaut und sind hier in der Neckarstraße sehr zufrieden. Das war auf jeden Fall ein Kampf, der sich aber gelohnt hat. Seit einem Jahr oder seit zwei Jahren läuft es ganz gut und wir kamen auch ganz gut durch die Corona-Zeit. Also alles gut.

Markus: Also angekommen, kann man sagen?

Thorsten Schwämmle: Genau! Auf jeden Fall!

Markus: Noch ganz kurz, das Festival hat dann mit 4000 Leuten stattgefunden oder musste da die Polizei kommen? Oder wie kann man sich das vorstellen?

Thorsten Schwämmle: Im ersten Jahr war das ausverkauft mit 2000. Da waren wir quasi schon weit vor Veranstaltungsbeginn einfach ausverkauft. Und wir haben es dann im zweiten Jahr erweitert auf zwei Tage und im dritten Jahr dann auf drei Tage. Also mittlerweile kommen da pro Tag dann 2500 Leute ungefähr.

Markus: Also schon mal ein Veranstaltungstipp, wenn es dann wieder stattfinden kann: Craft Beer Fest in Stuttgart. Großartig! Jetzt schauen wir mal, was du uns für ein Bier oder du dir für ein Bier mitgebracht hast. Da bin ich mal gespannt.

Thorsten Schwämmle: Was für ein Bier hat sich der Thorsten vom Kraftpaule ausgesucht? Tatsächlich habe ich hier das Tilmans Mit Ohne, also ein alkoholfreies Weizenbier. Warum habe ich das? Zum einen, weil ich da auch ganz offen darüber sprechen will. Ich mache jetzt seit fast sechs Jahren den Kraftpaule, bedeutet auch, dass ich eigentlich so ziemlich jeden Tag in den sechs Jahren ein Bier getrunken habe und meistens nicht nur eins, und zuletzt bei mir quasi eine Fettleber festgestellt wurde. Ich muss jetzt da ein bisschen aufpassen und entgiften und auch mal alkoholfrei trinken. Deswegen würde ich das Bier gern vorstellen, um zu zeigen, dass es auch bei alkoholfreiem Bier richtig tolle Alternativen mittlerweile gibt. Die Craftbier-Bewegung, also das ist gerade auch ein Trend alkoholfreie Biere zu machen oder Biere mit geringerem Alkohol. Da finde ich eigentlich, wenn man jetzt mal quasi nicht über den großen Teich schaut oder in andere Länder, das Tilmans Mit Ohne ein sehr gelungenes deutsches Beispiel, was auch wieder Tradition mit so ein bisschen was Modernem vereint. Ich schenke das jetzt gerade mal ein. Tilmans Mit Ohne, ein Weizen, wo erstmal auffällt, es ist sehr, sehr hell. Wenn man sonst ein Weizen einschenkt, dann kann das so bis bernsteinfarben auch mal sein oder ein bisschen dunkler. Das hier ist tatsächlich so, dass man erstmal denkt: Ah, ist da Sprudel mit reingemischt? Also sehr hell wirklich, auch nicht allzu trüb, was auch untypisch ist. Hat sehr viel Schaum, sehr viel weißen Schaum. Und wenn man jetzt hier dran riecht, dann merkt man gleich, dass es so ganz dezente Malz- und Bananennoten hat, also gar nicht so schwer riecht wie ein anderes Weißbier, aber auch schöne fruchtige kräuterige Noten hat vom Hopfen, die hier mitkommen. Dann probiere ich es mal. Ja, es ist einfach ein richtig schön schlankes spritziges, auch herbes Weißbier, was überhaupt nicht diese Mastigkeit hat von diesen typischen schweren Weißbieren. Also man kann da auch mal drei, vier, fünf am Abend trinken. Und auch nicht dieses Störende, was sonst so alkoholfreie Weißbiere haben, wo dann die Süße so ein bisschen störend wirkt.

Markus: Das klingt doch sehr, sehr fein. Ich muss sagen, ich bin auch ein großer Freund und Verfechter der alkoholfreien Biere, da hat sich auch in den letzten zwei, drei Jahren wirklich was am deutschen Markt getan. Lange Zeit waren schon eher die anderen Europäer und teilweise auch außerhalb von Europa da eher führend, aber mittlerweile muss ich wirklich sagen gibt’s ganz, ganz tolle Beispiele, unter anderem eben auch das Tilmans. Freut mich, dass du ein gutes Bier für dich gefunden hast. Und ich drücke die Daumen, dass es mit der Gesundheit auch wieder aufwärtsgeht. Wunderbar!

Thorsten Schwämmle: Auf jeden Fall!

Holger: Ich würde gerne mal wissen, ihr habt auch einige Biere on tap bei euch im Bottleshop. Das ist doch eine ganz schön tolle Auswahl. Wie kommt die zustande? Also wie wählt ihr aus? Lohnt sich das wirklich in heutigen Zeiten, 12 Biere am Zapfhahn zu haben? Und wie geht ihr damit um? Und wie managt ihr das?

Thorsten Schwämmle: Die Bierauswahl, die treffe ich im Kraftpaule. Wir haben 12 Biere am Fass bei uns in der Bar und meistens auch bis zu 100, 150 im Kühlschrank. Wir hatten bisher zum Glück noch keine Probleme. Also, dass jetzt ein Bier so lange drangehangen ist, dass man es nicht mehr zapfen konnte oder so, weil wir eigentlich einen recht guten Durchlauf haben. Das liegt natürlich auch so ein bisschen an unserer Sonderstellung, dass wir einfach die einzige Craftbier-Bar sind in Stuttgart, sagen wir immer, aber eigentlich auch in der Region. Also ich wüsste jetzt niemand, der hier in der Region Stuttgart 12 verschiedene Craftbier am Fass hätte, als auch mal natürlich so fassgereifte Stouts oder Sour-Biere, Geuzen et cetera. Das kommt uns da natürlich zugute, und wir hatten da eigentlich nie Probleme, haben sogar eher manchmal darüber nachgedacht, ob wir nicht noch erweitern sollen. Weil wir jetzt tatsächlich diese Trennung zwischen Bar und Bottleshop noch mal auch genauer machen, also da eine Grenze ziehen, und in der Bar eben wirklich nur das Fassbier im Vordergrund stehen soll in Zukunft. Und im Bottleshop, den ich vorhin erwähnt habe, den wir jetzt aufbauen, wir auch eine Konzession gerade beantragen, um hier dann das Flaschen- und Dosenbier auszuschenken.

Holger: Ihr habt auch eigene Produkte, ein helles Lager, ein Kraftpaule Bier zum Beispiel. Braut ihr das selbst? Lasst ihr das brauen? Wie läuft das?

Thorsten Schwämmle: Wir haben sieben eigene Bierstile mittlerweile. Wie ist es zustande gekommen, dass wir eigenes Bier haben? Eigentlich, weil ich mal mit einem Bruder von einer Mitarbeiterin von uns, der Heiner, und mit dem stand ich zusammen, es hat sich rausgestellt, er ist Brauer. Dann haben wir gesagt, hey, lasst uns doch eigenes Bier brauen von Kraftpaule. Und hatten da völlig Elan, haben angefangen, das zu machen. Ich beschreibe unsere Beziehung immer gern so: Ich sage ihm genau, was ich will, er macht genau das Gegenteil und dann suchen wir gemeinsam nach einem Etikett. Mit ihm habe ich quasi unsere ersten beiden Biere entwickelt. Also ich bin kein Bierbrauer, ich kann das auch nicht und werde es wahrscheinlich auch nicht mehr lernen in meinem Leben. Aber ich bilde mir ein, gut beurteilen zu können, was ich zumindest mag und was ich für unsere Bar gut finde. Deswegen haben wir als erstes zwei Biere einfach so ein schönes Trinkbier gemacht, wo man immer zwischendurch trinken kann, das ist unser Helles. Was überhaupt nicht mit Aromahopfen spielt, sondern eher mit verschiedenen Malzen. Da haben wir drei Spezialitäten-Malze reingemacht und eben das Malz in den Vordergrund geholt auch durch das Zweimaischverfahren. Das zweite war dann das Pale Ale, wo wir dann eben mit drei verschiedenen Aromahopfen experimentiert haben. Und mittlerweile ist das so erfolgreich bei uns gewesen, dass die Nachfrage so groß war, dass wir eben sieben Bierstile entwickelt haben. Der Heiner ist nicht mehr bei uns, wir machen das mittlerweile im Lohnbrau-Verfahren mit der Camba Bavaria. Und haben da den Michael Stange als Ansprechpartner. Mit dem telefoniere ich dann immer, wenn ich ein neues Bier haben will, beschreibe ihm, was ich mir vorstelle, gebe Vorschläge zum Hopfen, zum Malz, er schickt mir dann das Rezept. Dann versuche ich, irgendwas dazu zu sagen, und meistens entscheiden wir uns einfach dann das so auszuprobieren, wie wir es ausbaldowert haben und tasten uns dann Sud für Sud an den Geschmack ran, und ich gebe dann quasi immer Feedback, wie meine Wünsche sind.

Holger: Toll!

Thorsten Schwämmle: Also eigentlich eine totale Luxussituation.

Markus: Apropos Wünsche, ich bin noch bierfrei, sozusagen. Das Gute ist: Ich habe tatsächlich zwei von diesen Kraftpaule Bieren hier. Unglaublich! Deswegen kann ich jetzt auch dann live was dazu sagen. Toll, ne! Und zwar habe ich das Weizen und das Pils. Nachdem ihr jetzt beide auch ein Weizen habt, habe ich gedacht, dann fangen wir mal mit dem Weizen an. Das ist ganz spannend, also vorne steht erstmal Weizen drauf, ist ein grünes Etikett. Dann hat man ein Pferd, was so ein bisschen ausschaut wie so ein halbes trojanisches Pferd. Und obendrauf sind dann aber statt den Haaren von der Mähne eben Ähren. Also da sieht man dann schon Weizen. Sehr, sehr schön! Und dann ist auch sehr viel Grün und drunter steht dann auch noch ein bisschen versteckt Hopfenweizen. Also da wird es dann wahrscheinlich auch was mit Hopfen zu tun haben. Bin ich mal gespannt, 5,2 % hat es, also klassisch vom Alkohol. Ich mach mal auf. So! Wie man hört, einiges an Kohlensäure. Es hat einen richtig intensiven, starken, schönen, festen Schaum. Das Bier selber hat so eine schöne Honigfarbe, ist auch trüb, wie es sich für ein Weizen gehört. Jetzt rieche ich mal rein. Spannend! Also man hat tatsächlich die klassischen Weizenaromen, so ein bisschen Banane, eher grüne Banane hier, aber dann kommen so weitere fruchtige, tropisch-fruchtige Aromen drum rum, also ein bisschen Ananas, ein bisschen Litschi, ja, auch Mango. Also wirklich schön weich, rund. Jetzt probiere ich das mal. Also ganz schönes Mundgefühl, sehr weich, sehr cremig. Geht klassisch los, wie man sich so ein Weizen vorstellt. Und dann kommen auch diese ganzen Fruchtaromen. Dann kommt ein bisschen Honig und hinten raus kommt dann tatsächlich auch etwas Bittere. Also ein sehr spannendes Bier. Wenn ich das jetzt bekommen hätte ohne zu wissen, dass es sich offiziell um ein Weizen handelt, hätte ich es tatsächlich wahrscheinlich eher in die moderne Craftbier-Welt als Wheat Ale oder sowas verortet. was es letzten Endes auch ist. Aber es ist sehr schön trinkbar, sehr weich, sehr rund. Spannend! Ist das die siebte Kreation, Thorsten, oder die fünfte oder sechste?

Thorsten Schwämmle: Nein, das war die dritte Kreation.

Markus: Ah!

Thorsten Schwämmle: Also nach dem Hellen und nach dem Pale Ale dachten wir dann: Wir wollen wieder diese traditionelle Schiene weiter ausbauen, aber dem Ganzen noch so ein bisschen Twist mitgeben. Ich bin ein großer Fan zu der Zeit gewesen von der Hopfenweisse von Schneider Weisse. Aber die hat natürlich immer so reingeballert, dass man da eigentlich nur zwei, drei trinken konnte. Deswegen war eigentlich so ein bisschen die Idee: Es gibt nicht so viele Hopfenweißbiere, lass uns doch sowas machen, nur eben in einer bisschen abgespeckteren Version, schlanker, süffiger vielleicht.

Markus: Schön! Ehrlich gesagt, wenn du zwei, drei trinken kannst von dem Schneider Doppel-Weizenbock, bist du schon ziemlich vorne dabei. Oder, Holger? Also ich schaffe in der Regel nur eins.

Holger: Na ja, du bist ja auch Franke halt.

Markus: Vorsicht! Vorsicht!

Thorsten Schwämmle: Musst da ein bisschen üben mit.

Holger: Ja, ganz genau. Du hast ja wieder nur, ich meine, das war ja auch wieder so schön, da steht da ein Pils vor dir und ein Weißbier, weißt du, und dann versuchst du das irgendwie herzuleiten. Na ja, ihr habt auch schon ein Weißbier und so, dann nehme ich auch ein Weißbier. Nur, dass er kein Pils trinken muss. Du bist halt doch eine …, ich sage lieber nichts.

Markus: Ich mache das schon noch auf, weil ich will da auch noch was übers Etikett erzählen. Aber ich wollte mich eben erstmal über die Weizenschiene der ganzen Nummer nähern.

Thorsten Schwämmle: Vielleicht auch noch was zum Etikett vom Weizenbier. Du hast jetzt beschrieben, so ein bisschen wie ein trojanisches Pferd. Aber was so der Hintergrundgedanke war, also bei unseren Etiketten dreht sich alles ums Thema Zirkus und Rummelplatz. Aber wir kommen natürlich auch aus Stuttgart, was gegründet ist auf dem Stutengarten am Schillerplatz, und von dem her ist das so eine Anlehnung an diese Stuttgarter Stute, die man da sehen soll.

Markus: Ja, jetzt sehe ich sie auch.

Holger: Warum Zirkus? Gibt’s da irgendwie eine Verbindung?

Thorsten Schwämmle: Wegen dem Kraftpaule. Vielleicht muss ich da noch mal eine Sache dazu erklären. Wir hätten in der Paulinenstraße ein Kraftpaule haben sollen, dann hatte ich am Anfang so ein paar Namen vorgeschlagen an die Mitgesellschafter, da war auch Kraftpaule drauf. Kraftpaule fand ich am Anfang ziemlich blöd, weil ich dachte, das könnte auch ein Fitnessstudio sein oder so. Bis ich dann eines Nachts tatsächlich geträumt habe von einem Kraftpaule in so einem Starken-Mann-Outfit auf einem Rummelplatz. Das kann man sich so vorstellen wie einen Monty Python Film mit so einem Ansager „Hier, der Kraftpaule“. Dann bin ich aufgewacht, dachte mir, hey, das ist es, wir müssen so einen Style machen, Kraftpaule, starker Mann, dann macht’s für mich irgendwie Sinn. Deswegen das Zirkus- und Rummelplatz-Thema.

Holger: Nein, sehr gut. Weil das gefällt mir irgendwie, schön. Damit kann man auch so schön spielen. Mein Gott, da kann man Etiketten entwickeln ohne Ende. Da gibt’s gar keine Grenze.

Thorsten Schwämmle: Genau!

Holger: Schön wäre natürlich auch irgendwie, weiß ich nicht, ich meine, den Zirkusleuten geht’s gerade nicht so gut, auch wegen Corona. Das wäre doch auch eine schöne Idee, ihr sucht euch irgendwie einen Zirkus vor Ort und sagt jetzt, alle, die unsere Biere bestellen, was weiß ich, 1 Euro pro Kiste geht als Spende an den Zirkus XYZ. Das wäre doch irgendwie toll.

Thorsten Schwämmle: Das wäre richtig toll, aber ich kann hier noch exklusiv was spoilern, wenn ihr da Lust drauf habt?

Holger: Unbedingt!

Markus: Oh ja!

Holger: Prima! Da sind wir ganz interessiert dran, also was die Welt nicht weiß und nur durch den BierTalk erfährt, das ist natürlich was ganz (unv. #00:21:40.3#)

Thorsten Schwämmle: Das machen wir seit, wie viele Jahre sind es jetzt, es wäre das fünfte Mal gewesen, glaube ich, nächstes Jahr dann zum sechsten Mal, das Craft Beer Festival. Und wir merken schon, dass wir da in so eine bestimmte Richtung wollen. Wir haben aber noch so ein bisschen vor, ein bisschen was Verrückteres zu machen. Deswegen werden wir nächstes Jahr den Bierzirkus machen, Kraftpaules Bierzirkus. Wo wir tatsächlich ein 30-MeterZirkuszelt aufstellen werden in Stuttgart mit Artisten, mit Live-Musik und natürlich mit dem Thema Bier, also eine ganz verrückte Sache, so ein bisschen Mischung aus Freakshow und Bier-Unterhaltung.

Markus: Holger und ich, wir gehen in einen Käfig und sind dann Live BierTalk.

Thorsten Schwämmle: Ja, genau!

Holger: Da müssen wir für dich noch ein schönes Kostümchen überlegen, Markus. Dann werden wir dir noch die Beine rasieren und dann geht’s los. Hahaha!

Markus: Ein Kostümle sozusagen. Ja, Wahnsinn!

Holger: Ein Kostümle, ganz genau.

Thorsten Schwämmle: Die Frau mit dem Bart sein.

Holger: Du könntest auch diese Wahrsagerin sein, wo die Leute hinkommen, und du guckst dann in die Hände und sagst dann, welche Biere denn da so passen würden.

Markus: Mit Tarotkarten kann ich das. Das können wir machen. Falls du noch jemanden brauchst, sag Bescheid, Thorsten.

Thorsten Schwämmle: (unv. #00:22:53.0#)

Markus: Apropos, vielleicht können wir auch noch das Geheimnis lüften, warum habe ich diese beiden Biere hier? Das hat was damit zu tun, dass ihr vor kurzem ein großes Jubiläum hattet, das ihr auch ganz, ganz toll und vorbildlich gefeiert habt. Da durfte ich auch ein Bier mit verkosten. Und im Zuge des Pakets, was man eben da bestellt hat, habe ich diese beiden Biere bekommen. Vielleicht magst du noch kurz was zu dem Jubiläum sagen, was der Anlass genau war und wie du das erlebt hast. Und dann kann ich noch ein bisschen aus der Zuschauersicht was dazu sagen, weil das fand ich wirklich ein ganz, ganz tolles Erlebnis.

Thorsten Schwämmle: Ja, gerne! Wir haben 5 Jahre Kraftpaule gehabt, Jubiläum, und hatten eigentlich ein Jahr davor auch schon gedacht, wir machen unser vierjähriges Jubiläum mit dem Titel „The Future ist now“. Konnten es dann Corona-bedingt nicht feiern und haben dann eben dieses Jahr gesagt, drauf geschissen, wir machen es trotzdem, trotz Corona, und haben dann unsere 5-Jahres-Feier online veranstaltet, haben eine Bierauswahl getroffen von unseren Bieren und eben von Partnern, die wir jetzt schon seit Jahren auch begleiten, und haben dann quasi das gefeiert. Wir haben dann noch mal eben einen Tag gemacht, wo wir gesagt haben, lasst mal weggehen von dem ganzen Craftbier, was wir sonst haben, und lasst mal schauen, was es denn in Deutschland für traditionelle Biere gibt und traditionelle Brauereien, die wir hervorheben können. Und wollten da eben schauen, so eine schöne Auswahl finden von eben traditionellen deutschen Bierstilen. Genau da ist natürlich der Markus als die Bierbibel aus Bamberg der beste Mann dafür gewesen. Da hast du dann auch ein Bier vorgestellt.

Markus: Das stimmt, absolut! Besonders begeistert war ich auch von der kleinen Band, die ihr dabeihattet. Also wirklich, ich habe jetzt ganz viele Online-Events mitgemacht, aber das war mit Abstand das, das am besten rüberkam, als am authentischsten rüberkam, die Musik auch qualitativ wirklich am besten. Da hat es wirklich Spaß gemacht, man war den ganzen Abend vorm Bildschirm gesessen und viele Leute würden denken, das ist total langweilig. Aber das war wirklich richtig schön, die Zeit war schnell vorbei. Und man hatte auch wirklich Lust, gemeinsam diese Biere zu trinken, auch das hat man nicht immer. Das bleibt mir wirklich als absolut tolles und gelungenes Event in Erinnerung. Was man da auch gemerkt hat, vielleicht noch, ist der Punkt, dass du auch als Person unheimlich dafür stehst und auch wirklich sehr herausragst im positiven Sinn. Also wie ist das denn, wenn man so die Gallionsfigur geben muss? War das für dich okay? Warst du schon immer so oder bist du da reingewachsen? Wie lebt’s sich denn damit?

Thorsten Schwämmle: Danke erstmal, dass du das so wahrnimmst. Ich bin da eher immer ein bisschen überreflektiert manchmal. Man mag sich natürlich nicht immer so gerne da sehen und sprechen hören und alles, und deswegen, für mich ist das immer zwiegespalten. Also mir macht das natürlich Spaß, ich komme natürlich auch aus der Musik, also habe auch mal ein paar Jahre professionell Musik gemacht, stand schon immer auf Bühnen, und habe dann natürlich auch Spaß dran. Allerdings jetzt mit einer Gitarre und so auf der Bühne, da fühle ich mich sicherer, als wenn ich jetzt nur sprechen muss. Und mache das aber natürlich gerne und finde es natürlich auch eine spannende Zeit, also fand es eine spannende Zeit, die Corona-Zeit, um einfach dieses Medium Online-Talk, Online-Tasting, mal völlig auszureizen. Also wir haben tatsächlich fast täglich Online-Tastings gemacht, an manchen Tagen auch drei, vier, fünf hintereinander und parallel, weil wir natürlich ganz schnell umgeswitcht sind zu Online-Firmen-Tasting und Weihnachtsfeiern. Und hatten dann auch Gruppen für Fujitsu mit 1200 Leuten et cetera. Also das war schon echt spannend, diese ganzen Sachen zu machen. Ich muss auch sagen, Tag des deutschen Bieres und unser 5-jähriges Jubiläum waren meine zwei absoluten Lieblings-Events.

Markus: Jetzt habe ich noch eine gute Nachricht für den Holger. Ich mache jetzt das Pils auf. Weil das Weizen ist nämlich leer und deswegen machen wir das jetzt. Ich wollte vor allem auch für das Etikett oder von dem Etikett noch ein bisschen erzählen. Da haben wir also eine Figur, die schaut für mich ein bisschen aus wie Eddie The Eagle, wenn das jemand kennt. Steckt aber nicht auf einer Ski-Schanze, sondern in einer Kanone, und die Lunte brennt. Das heißt also, er wird gleich da rausgeschossen. Und vom Gesicht her weiß er, glaube ich, nicht so recht, ob er sich freuen soll oder Angst haben soll. Aber auf jeden Fall steht drunter „Sensationelles Pils“. Bin ich mal gespannt, machen wir es mal auf. Also auf jeden Fall wieder ein Etikett, was echt Lust macht.

Holger: Solange du das aufmachst und einschenkst kann ich nur sagen, also das Logo zum Kraftpaule, da stehts ja dann, auf Facebook steht zum Beispiel, es ist ein Hybrid aus Popeye und Freddy Mercury.

Thorsten Schwämmle: Ja!

Holger: So sieht’s auch wirklich aus. Dann mit dem Motto „Das Leben ist bunt und granatenstark“. Das ist doch wunderbar, wirklich ganz toll. So! Wie schmeckt das Pils? (unv. #00:27:23.9#) genug oder muss ich dir wieder die Hand halten?

Markus: Na ja, ein bisschen. Nein Quatsch! Zum Geschmack bin ich noch gar nicht vorgedrungen, weil ich gerade im Kopf deine Bilder noch verarbeitet habe und mit meinen zusammengebracht habe. Ich glaube, so im Vierergespann mit Freddy Mercury und den anderen ist das wirklich eine sehr, sehr gute Beschreibung. Wobei der Eddie The Eagle mir auch nicht aus dem Kopf geht. Aber jetzt rieche ich nochmal dran. Und da finde ich, ist es jetzt tatsächlich, wie du gesagt hast, Thorsten, das ist jetzt ein eher klassisches Pils, also schöne hopfige und getreidige Noten, wobei das Hopfige natürlich überwiegt. Grasig, leichte Zitrusaromen, und hinten raus kommt dann auch so ein bisschen, ja, Blumenwiese, würde man sagen, aber das ist vielleicht ein bisschen übertrieben, wir haben jetzt 20 Uhr abends oder sowas, kurz vorm Deutschlandspiel, da geht wahrscheinlich ein bisschen die Fantasie mit mir durch. Aber es ist auf jeden Fall eine sehr schön spannende Hopfen-Aromatik für ein Pils, aber es riecht eben sehr klassisch trotz alledem. Jetzt probiere ich mal. Ach Holger, du kannst die Hand wieder loslassen. Das trinkt sich schön. Also sehr weich, sehr rund, von der Bittere präsent, aber nicht überbordend, also wirklich angenehm, auch für einen Franken sehr gut trinkbar. Es hat eine orangige Note hinten raus, finde ich, das ist auch sehr angenehm. Von der Farbe her ist es übrigens so schön, richtig schön sonnengelb, weißer fester Schaum oben drüber. Also ein Bier, was mir sehr viel Freude macht und sehr angenehm zu trinken ist und wirklich auch ein sensationelles Pils. Schön! Wie war eure Idee dahinter, Thorsten?

Thorsten Schwämmle: Die Idee dahinter war, dass nach fünf Jahren Kraftpaule wir im Team irgendwie gesagt haben: Hey! Wir haben richtig Bock auf Pils. Also so richtig, richtig, richtig Lust auf Pils. Das war einfach der Wunsch, dass wir ein gescheites Pils immer dahaben. Deswegen haben wir es gemacht. Also mein Lieblingspils ist oder war immer das Schönramer Pils. Wir mögen auch diese Pilse … sagt man da Pilse, Pilsata, diese Pilsen?

Markus: (unv. #00:29:13.6#)

Holger: Pilsener Biere, würde ich sagen.

Thorsten Schwämmle: … diese Pilsener Biere, die auch sehr bitter sind. Jetzt kommen wir gleich zu wieder Vorstellung und Realität. Ich wollte hier ein Bier machen, was eigentlich ein Single Hop Pils ist. Haben wir auch gemacht, also Hopfenzugabe ist hier viermal Saphir Hopfen gegeben worden, also einmal während dem Brauen, dann bei ein bisschen geringerer Temperatur, dann im Whirlpool und im Lagertank. Und zum Bittern haben wir noch zusätzlich US Warrior Hopfen reingeschoben, weil wir fanden, der passte ganz gut zu dieser Figur, die vorne drauf ist, der Stuntman Pete, der eigentlich angelegt ist an den Evel Knievel, auch so von den Farben und so. Dieses Bier hat tatsächlich 48 Bittereinheiten, also fast 50. Aber das schmeckt man an dem Bier überhaupt nicht. Als es gekommen ist, war ich mir gar nicht sicher, ob ich das weiterhin so haben will, weil für das, wie ich mir das Bier vorgestellt habe, dachte ich eigentlich, ich muss ihm sagen, es muss noch schlanker werden, es muss noch trockener, weniger süß sein, dass diese Bitterkeit noch extremer rauskommt. Aber dieses Bier kam so gut an, also ich habe, glaube ich, an dem Tag, wo es gekommen ist, saß ich mit dem Mitarbeiter Sebastian da und wir wollten eigentlich beide kein Bier trinken und haben dann zusammen eine ganze Kiste getrunken, muss ich ehrlich zugeben, weil es so gut gelaufen ist. Und dann haben wir gesagt: Hey! Dann lassen wir es halt so. Dann ist es halt ein süßliches Pils, aber mit 48 Bittereinheiten.

Markus: Ja, Wahnsinn! Da bin ich jetzt auch überrascht. Gut, ich meine, wenn man jetzt mal eine Zeit lang nicht getrunken hat, dann merkt man schon, dass die Bittere schon intensiv ist und lange nachhängt und auch schön austrocknet.

Thorsten Schwämmle: (unv. #00:30:42.3# trocken?)

Markus: Ja. Aber trotzdem, und ich finde aber, es erklärt sich auch mit dem Hopfen, wenn du das sagst. Weil der Saphir bringt einerseits dieses Kräutrige, Blumige mit, aber eben auch schöne Zitrus- und so Mandarinen-, Orangen-Noten. Und der Warrior geht auch noch mal in die Zitrusecke rein. Also das ist echt eine tolle Kombi. Ja, also Holger, das ist was, was du unbedingt auch probieren solltest.

Holger: Ja, ja, ich bin wirklich schon dabei, hier im Online Store mich kundig zu machen, und da gibt’s ja 12er Bierbox Kraftpaule. Da ist es mit drin. Ich glaube, ich bestelle mir das gleich, wenn wir fertig sind.

Markus: Na, das ist doch eine sehr, sehr gute Idee. Jetzt sind wir sowieso ein bisschen in der Gegenwart angekommen. Schauen wir doch noch ein bisschen nach vorne. Thorsten, wie denn jetzt eure Pläne? Also jetzt mal raus aus der Corona-Geschichte, du hast gesagt, ihr habt schon gegenüber praktisch einen Laden, wo ihr dann einen Bottleshop reinmacht und auch dann aus den Flaschen und Dosen ausschenkt. Wie soll es überhaupt so weitergehen? Was erwartest du dir jetzt auch von den Kunden letzten Endes nach dieser oder am Ende dieser Corona-Zeit, hoffentlich jedenfalls? Wie denkst du, wird es weitergehen? Was plant ihr?

Thorsten Schwämmle: Unsere Pläne sind natürlich wieder vielfältig. Ich weiß eigentlich gar nicht, wo ich anfangen soll. Ich versuche einfach mal, das zu überreißen. Natürlich steht an erster Stelle, das Bargeschäft und auch die Speisekarte wieder voranzutreiben, da nicht müde zu werden, immer eine wechselnde schöne Auswahl zu haben an Bierspezialitäten. Dann wollen wir natürlich hier in unserem neuen Shop, der auch gleichzeitig Tasting-Room wird, weiter vorankommen. Da steht jetzt an quasi, die Konzession zu beantragen für den Ausschank auch. Dann sind wir tatsächlich, das kann ich aber noch nicht verraten, nochmal an einer weiteren Location dran in der Stadtmitte. Da sind wir gespannt, ob da was draus wird. Und dann planen wir natürlich ganz viele Veranstaltungen wie den Bierzirkus im nächsten Jahr und haben also alle Hände voll zu tun, da was zu machen. Was natürlich auch noch wichtig ist, unser Online-Shop, den tun wir auch gerade neu gestalten. Falls Holger da drauf ist, er kann es bestätigen, da gibt’s nicht nur Kraftpaule Bier, sondern auch ganz viele internationale Bierspezialitäten. Wir haben viele tolle Packages, neue Releases von Frau Gruber, von Mikela, Sudden Death. Wir versuchen da wirklich, unsere Wegbegleiter auch in den Online-Shop mitzunehmen und in den Bottleshop dann und da weiter voranzukommen einfach.

Holger: Ich bin oft in Karlsruhe, nicht so häufig in Stuttgart, aber wenn ich in Stuttgart bin, komme ich vorbei und dann gucke ich es mir an.

Thorsten Schwämmle: Sehr gerne!

Markus: Dann sagen wir dir auf jeden Fall vielen, vielen Dank für diesen spannenden Talk und für die tollen Bier, drücken dir die Daumen, dass das alles gut läuft und gut funktioniert, und hoffen, dass wir uns dann bald mal in Stuttgart sehen im Kraftpaule und gemeinsam anstoßen können.

Thorsten Schwämmle: Ich danke euch, dass ich dabei sein durfte. Es freut mich auch, wenn die Biere gemundet haben und die auch ein bisschen mehr so in den Mittelpunkt rücken. Man nimmt uns oft nur als Bar wahr, aber ich finde, unsere Biere kann man mittlerweile auch ruhig einem größeren Publikum bekannt machen. Da freue ich mich drauf, immer auch Feedback zu bekommen, wie es denn geschmeckt hat.

Holger: Und ich freue mich auf mein Paket, das ich gerade bestellt habe. Da werde ich noch mal an diesen schönen BierTalk zurückdenken und freue mich schon auf den Besuch bei dir vor Ort. Danke sehr!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 25 – Interview mit Jörn Gutowski, dem Gründer von Try Foods aus Berlin, im Podcast „Geschmackssache“

2016 stellte Jörn Gutowski seine Idee der Foodverkostungen in der Fernsehsendung „Die Höhle der Löwen“ vor und erhielt gleich drei Angebote für ein Investment in seine Firma. Am Ende entschied er sich, doch lieber ohne Partner auf seine Reise in die Genusswelt zu gehen und bietet seitdem nun verschiedenste Verkostungspaket zum Entdecken von Geschmack und Genuss an. In einem eigenen Podcast mit dem schönen Namen „Geschmackssache“ spricht Jörn regelmäßig mit Interviewpartnern über verschiedenste Gaumenfreuden – und hatte im Mai 2021 auch Markus Raupach zu Gast. Diese Folge bieten wir Euch hier als Special zum Nachhören an, wir wünschen viel Spaß und bierige Erbauuung!

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Special unseres Podcasts BierTalk. Heute präsentieren wir euch eine Podcast-Folge, die ursprünglich im Podcast „Geschmackssache“ von Jörn Gutowski ausgestrahlt worden ist. Darin hat sich der Gründer von TRY FOODS mit unserem Gründer Markus Raupach unterhalten und vor allem noch mal über die Hintergründe von Bier und über die Wirkung der einzelnen Rohstoffe im Gersten- oder Weizensaft gesprochen. Vielleicht ist euch Jörn auch noch ein Begriff aus der Sendung „Die Höhle der Löwen“. Dort nämlich konnte er gleich drei von den Sponsoren überzeugen, in sein Unternehmen zu investieren. Jetzt wünschen wir euch viel Spaß mit dieser spannenden Podcast-im-Podcast-Folge und freuen uns dann bald wieder auf euch im BierTalk.

Jörn Gutowski: Ihr seid bei Geschmackssache, dem neuen Podcast von TRY FOODS. Willkommen zur neuesten Ausgabe von Geschmacksache, dem Podcast von TRY FOODS. Zugegebenermaßen habe ich mir für diese 22. Folge etwas mehr Zeit genommen, aber dafür gehe ich auch ein großes Thema an, und zwar das urdeutsche Getränk Bier. Über Bier spreche ich mit Markus Raupach, einer der deutschen Bierexperten. Er wurde unter anderem zu den 50 bedeutendsten Bierpersönlichkeiten Deutschlands gewählt. Markus versteht es wirklich, sehr fundiert, verständlich und sympathisch über das Getränk Bier zu sprechen. In den ersten knapp 30 Minuten sprechen wir beide vor allem über die Bierszene, die Bierlandschaft in Deutschland. Und dabei räumt Markus auch mit einigen Klischees, die auch in meinem Kopf waren, auf. Ab Minute 28 geht es dann wirklich um das Getränk Bier. Wir sprechen über Hefe, wir sprechen über Hopfen und wir sprechen über Malz. Ich finde, in einer Art und Weise, wie man einfach das Getränk besser verstehen kann, wie entsteht Geschmack. Alles das erfahrt ihr wie gesagt ab Minute 28. Jetzt aber erstmal viel Spaß beim Zuhören und macht euch doch einfach ein kühles Bier dazu auf.

Ich freue mich jetzt riesig, hier mit Markus Raupach virtuell zu sitzen und gemeinsam über Bier zu sprechen. Markus, vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast.

Markus: Wunderbar, auch vielen Dank! Ich bin schon ganz gespannt auf deine Fragen.

Jörn Gutowski: Wunderbar! Ich habe auch viele Fragen und wir wollen heute dieses wunderbare Thema Bier mal komplett umreißen und das für alle Leute erklären. Ein kleines Ziel, was ich mir gesetzt habe hier.

Markus: Ambitioniert, aber wird schon gehen.

Jörn Gutowski: Na, wir schauen mal. Wie gesagt, ich freue mich. Markus, erstmal zu dir, ich habe natürlich ein bisschen recherchiert auch und man findet da eine riesige Liste von Dingen, die du machst. Ich habe da unter anderem gefunden, du bist Dozent, du bist Autor, du bist Verleger, du bist Berater, Historiker, Sommelier, Sommelier-Ausbilder. Ach, was habe ich vergessen? Du machst so viel.

Markus: Ach Gott, da kommt im Leben einfach viel zusammen. Aber es dreht sich einfach alles rund um Genuss und im Großteil natürlich rund ums Thema Bier. Ich denke, für mich sind es so drei entscheidende Bereiche. Das eine ist einfach, mit Leuten Spaß beim Bier haben. Das können eben Veranstaltungen sein, Verkostungen, Biermenüs, Food Pairings oder so. Dann natürlich die Leute ausbilden, weiterbilden, also das heißt eben, Sommeliers ausbilden oder auch selber zum Beispiel Podcasts machen, Bücher schreiben, alles was da dazugehört. Und als drittes dann halt die professionelle Schiene, das heißt als International Beer Judge auf der ganzen Welt unterwegs zu sein, um eben Biere zu bewerten und andere auch zu beraten, Brauereien auch zu beraten. Also so im Grunde dieser ganze Kontext. Das Business ist ja nicht so groß.

Jörn Gutowski: Okay, aber sehr viele Sachen. Und wie du auch schon gerade angesprochen hast, wir sprechen natürlich heute über Bier. Aber du kümmerst dich nicht nur um Bier, sondern eben, du bist auch Käsesommelier, Spirituosensommelier. Das finde ich superspannend, dass du nicht nur auf ein Thema dich beziehst, sondern auch noch in andere Bereiche reinschnupperst und dort arbeitest. Aber da vielleicht mal, weil es scheint auf jeden Fall Bier den Fokus zu haben. Was vielleicht an Bier fasziniert dich so sehr, dass das sozusagen dein Fokus ist gegenüber vielleicht auch anderen Produkten?

Markus: Es ist halt so, Bier war letzten Endes die Wurzel des Übels sozusagen. Das ist natürlich auch das, wo die Faszination herkommt, weil wenn man hier in Bamberg groß wird, das ist praktisch so einer der zentralen Punkte des Themas Biers auf der Welt. Also hier in Franken gibt’s einfach unheimlich viele Brauereien, die unheimlich viele Biere machen, die seit 400, 500, 600, 700 Jahren existieren. Hier ist die Heimat des untergärigen Bieres, hier wird einfach die Kultur noch entsprechend gelebt. Die Menschen gehen am Nachmittag im Sommer in den Biergarten, auf den Bierkeller sagen wir, und verbringen dort ihre Zeit bei einem frischen, kühlen Bier. Das ist ganz normal, und so bin ich natürlich aufgewachsen. Und dann kommt man gar nicht umhin, als mit dieser Genusskultur irgendwie dann in Berührung zu kommen. Ich habe dann meine eigene Werbeagentur gegründet in den 90ern, und natürlich waren da viele Brauereien und Gastronomen Kunden, und so kam da natürlich das Private irgendwie zum Geschäftlichen. Dann haben wir halt gesagt, dann machen wir auch mal Bücher und dann ist eben so der erste Kneipenführer entstanden. Und dann war die erste Leserzuschrift: Das mit den Kneipen ist ja ganz schön, aber euer letztes Kapitel mit den Brauereien und mit den Biergärten, das ist toll. Macht doch da mehr. Und daraus wurden dann eben Brauereiführer, Bierkellerführer für Franken und später dann für andere Regionen. So hat sich das dann weiter entsponnen. Natürlich war es dann auch so mit dem Thema Genuss, es ist eben nicht nur das Bier, und um mich da weiter zu entwickeln, habe ich ganz bewusst gesagt, dann möchte ich andere Bereiche auch kennenlernen. Und so kamen dann die anderen Gebiete quasi automatisch dazu.

Jörn Gutowski: Wir wollen über Thema Bier sprechen und da meine erste Frage wäre einfach mal so ganz allgemein: Was zeichnet für dich ein gutes Bier aus? Was macht ein Bier zu einem guten?

Markus: Das ist im Grunde ganz einfach: Das ist das Bier, das derjenige, der es trinkt, in dem Moment, wo er es trinkt, an dem Ort, wo er gerade ist, am liebsten hat. Also ganz einfach im Grunde, da kann man auch gar nicht groß mit Qualität und so weiter rummachen, sondern im Grunde ist Bier ein Getränk, das einfach schmecken soll, das passen soll. Man sieht auch an den Bieren, die letzten Endes am besten verkauft werden, dass die genau in diese Kerbe schlagen. Also das ist auf jeden Fall ein gutes Bier. Und natürlich gibt es dann für Leute, die darüber hinaus besondere Ansprüche haben ans Aroma, an den Alkoholgehalt, an die Exklusivität oder sonst irgendwas, für die gibt’s dann natürlich noch andere Qualitätsmerkmale. Aber im Prinzip, wie gesagt, ist ein gutes Bier das, was ich gerne trinke.

Jörn Gutowski: Also in the Eye of the Beholder sozusagen.

Markus: Absolut!

Jörn Gutowski: Kannst du das für dich sagen, hast du denn irgendwie was, wenn du jetzt ein Bier trinkst, dass du dann sagst, was macht das, dass du sagst, ah, das ist ein gutes Bier für mich in dem Moment?

Markus: Wie gesagt, das kommt ein bisschen auf die Situation an. Aber wenn ich jetzt ganz normal eben bei uns im Biergarten sitze, dann muss es einfach ein Bier sein, das die schöne englische Eigenschaft, die Drinkability hat. Dafür gibt’s noch kein deutsches Wort, einfach, dass es …, doch, ein fränkisches Wort gibt’s schon, man sagt einfach, das Bier läuft. Also ein schönes Bier, was schön ausgewogen ist zwischen Malz und Hopfen. Ich persönlich bin natürlich als Bamberger eher so ein Freund der malzbetonten Biere, natürlich auch der Rauchbiere, das ist ja bei uns Zuhause. Und dementsprechend wären das so die Biere, wo ich jetzt aus dem Bauch raus sagen würde, gut, da wird man mich immer damit abholen können, mit einem schönen Rauchbier, mit einem schönen Dunklen, mit einem Rotbier, weil das einfach so ein Wohlfühlbier ist, wo ich auf jeden Fall eigentlich immer gut zuhause bin.

Jörn Gutowski: Wir werden nachher auch noch drüber sprechen über diese Themen: Was macht eigentlich Malz? Was macht eigentlich Hopfen? Was ist denn Rauchmalz? Da gehen wir gleich noch darauf ein. Weil mir war das früher auch nicht so klar. Ist es denn bei dir so, dass du Bier unterschiedlich trinkst, je nachdem, ob du es privat trinkst, oder, wie du schon sagtest, du bist auch Judge bei internationalen Bierwettbewerben, trinkst du da denn anders?

Markus: Absolut! Man muss auch das für sich ganz klar ziehen. Also erstens hat sich mein privates Trinkverhalten enorm verändert. Einmal in der Hinsicht, dass ich privat fast nichts mehr trinke oder wenig zumindest, weil ich beruflich relativ oft trinken muss. Und man muss einfach beim Thema Bier genauso wie beim Thema Spirituosen oder so einfach mit dem Alkohol aufpassen. Das ist für uns ein ganz, ganz wichtiges Thema auch in der Ausbildung zum Beispiel, in der Beratung, und dementsprechend versuche ich da für mich selber wirklich jetzt auch ganz klare Grenzen zu setzen und jetzt nicht zu sagen, ich setze mich jeden Abend hin und haue mir meine zwei, drei Bierchen rein. Das hat sich auf jeden Fall verändert. Ist aber auch gut so. Und was sich vielleicht auch ein bisschen zum Schlechten verändert hat, je mehr man natürlich über Bier weiß und je mehr man weiß, wo zum Beispiel dann auch wirklich ein Produktionsfehler oder sowas liegt, umso weniger will man so ein Bier dann austrinken. Also das passiert mir dann schon auch mal, dass ich in der Gastronomie bin und merke, na ja, das ist jetzt ein nicht ganz so gelungenes Exemplar. Das hätte ich früher wahrscheinlich ausgetrunken, heutzutage lasse ich es dann einfach zurückgehen. Ohne irgendwie arrogant zu sein, also ich halte denen dann keinen Vortrag oder so, sondern ich bestelle halt einfach was anderes. Das ist etwas, wo ich einfach bewusster auch trinke und bewusst sage, gut, etwas, was ich jetzt nicht mag oder wo halt einfach was schiefgegangen ist, das muss ich dann nicht nur austrinken, weil ich es bezahlt habe, sondern das trinke ich halt dann eben nicht.

Jörn Gutowski: Wie ist denn das bei dir im Freundeskreis? Ist es denn so, oh mein Gott, jetzt kommt der Markus, jetzt können wir nicht das normale Bier aus dem Supermarkt kaufen? Oder, wenn man sich sonst trifft, dann, oh, jetzt, der Markus wird aber ein anderes Bier erwarten? Kann das auch schwieriger sein?

Markus: In gewisser Weise schon, wobei es sich einfach eingebürgert hat, nachdem ich relativ viel Bier einfach zu Hause habe, von Veranstaltungen oder von Brauereien, die mir irgendwas zuschicken oder so, dass ich meistens bei dem Treffen mit Freunden das Bier einfach selber mitbringe und wir dann immer irgendwelche Sachen probieren, die die in der Regel auch noch nicht kennen. Das ist dann oft einfach sehr spannend. Aber auch nicht das abendfüllende Thema, sondern da wird einfach mal ganz kurz gesagt, heute habe ich das und das mitgebracht und das ist so ein bisschen besonders und dann trinken wir das. Aber wir machen natürlich unseren ganz normalen, schönen Abend und machen da keinen Biervortrag draus. Aber das ist in der Tat so. Und ansonsten, natürlich wissen meine guten Freunde schon auch, was ich gerne trinke, und dann haben die im Zweifelsfall, wenn ich das Bier mal nicht selber mitbringe, ein schönes Kellerbier oder ein Rauchbier auch zu Hause und wissen, dass ich mich da wohlfühle.

Jörn Gutowski: Das sind schon ein bisschen Stichworte in Richtung, was ich gerade so schon angesprochen habe, so diese Themen, oder du sagtest auch besondere Biere, und die Bierindustrie, da hat sich einiges getan in Deutschland in den letzten vielleicht 5, 10 Jahren, dass die Vielfalt wieder größer geworden ist. Es scheint da auch so ein bisschen unterschiedliche, was heißt, Lager, aber es gibt diese großen Industrie- oder Fernsehbiere, die man nennt, es gibt diese kleineren Brauereien, die eher die Spezialitätenbiere machen und lange Tradition oft haben und regional sind. Und dann diese Strömung, vielleicht dieser jungen innovativen Biere, die oft mit dem Begriff Craftbiere bezeichnet werden, da passiert ja einiges. Wie würdest du vielleicht so kurz den aktuellen Stand, also jetzt mal ohne Corona vielleicht, weil das natürlich noch mal was Besonderes ist, aber vielleicht kurz vor Corona, wie siehst du so den Stand der Bierindustrie in Deutschland, der Bierlandschaft?

Markus: Kurz ist gar nicht so einfach, aber ich versuch‘s mal so kurz wie möglich. Also ganz grundsätzlich sage ich immer, es ist ein bisschen wie beim Fußball. Wir haben 80 Millionen Bundestrainer in Deutschland und wir haben natürlich auch 80 Millionen Biersommeliers. Dementsprechend hat da auch jeder seine privaten Ideen und Einstellungen und Meinungen und Voreingenommenheiten gegenüber bestimmten Bieren oder Brauereien. Man merkt das immer, wenn man mit den Leuten dann mal blind Biere verkostet, ohne dass sie wissen, was da im Glas ist. Dann sind die Erkenntnisse oft sehr erstaunlich, was ihnen dann doch schmeckt, wo sie früher gedacht haben, das würden sie im Leben nie trinken. Insofern muss man da sehr aufpassen zwischen Meinungen und Vorurteilen und wirklichen Fakten zu unterscheiden. Fakt ist jedenfalls, es gab schon immer eine große Vielfalt an Bieren in Deutschland und es gibt sie natürlich immer noch. Wir haben so um die 7000, 8000 verschiedene Biere, die man bei uns im Land trinken kann. Das ist wirklich international mit an der Spitze. Das sind natürlich mehrheitlich klassische Bierstile, die es auch vor 20, 30 Jahren schon gab, aber die werden jetzt insgesamt von mehr Brauereien gemacht und werden ein bisschen experimenteller auch mit neueren Rohstoffen, anderen Rezepturen, ein bisschen anderen Verfahrensweisen und so hergestellt und bieten dann insgesamt eine größere Bandbreite. Wenn man die Brauereien so ein bisschen auffächert, dann ist es in der Tat so, es gibt schon die ganz großen Brummer, das sind so, was weiß ich, 10, 20 Brauereien in Deutschland, die zwar in der Regel immer noch Familienbetriebe sind, aber halt Ausstoß siebenstellig in Hektolitern haben. Das ist dann schon richtig viel. Und dann gibt’s …

Jörn Gutowski: Wahrscheinlich auch so – sorry – so zwei Drittel des Marktes schon auch?

Markus: Ja natürlich, die machen einen sehr großen Teil des Marktes aus. Ist jetzt aber auch nicht schlimm. Ich muss immer ehrlich gesagt sagen, man kann doch niemandem einen wirtschaftlichen Erfolg vorwerfen. Jeder kleine Brauer in Deutschland wer heilfroh, wenn er 4 Millionen Hektoliter verkaufen würde. Würden die sofort machen. Wenn ich sage, hier, wünsch dir was, du darfst ab morgen solche Umsätze haben, würden die sofort sagen, mach ich. Also dementsprechend, es gibt auch einen Grund, also die Leute kaufen das. Das ist nicht so, dass die Leute bewusst sagen, ich will mir jetzt ein Bier kaufen, was ich gar nicht kaufen will. Sondern sie gehen mit unterschiedlichen Gründen eben in die Läden und kaufen das. Insofern kann man das weder der Brauerei vorwerfen noch dem Konsumenten. Solange alle damit glücklich sind, ist das völlig okay. Letzten Endes ist es so, es gibt auch einen Anteil eben von kleineren mittelständischen Brauereien, die irgendwo, sagen wir mal, zwischen 20.000 und 50.000 Hektoliter im Jahr produzieren. Das ist dann eben so eine kleine Brauerei wie sie in Bayern oder in Franken eigentlich üblich ist. Die haben aber auch bodenständig ihre Kundschaft und bodenständig ihre Sorten, die sie seit Jahrhunderten bedienen. Und die sind auch völlig okay, machen tolle Biere. Qualitativ gibt’s da natürlich Schwankungen, logisch, aber das muss deswegen nicht heißen, dass die Brauerei schlecht ist, sondern ist halt einfach anders. Dann gibt’s noch die, sagen wir mal, Jungen, wie du sie jetzt genannt hast, wobei jung ist da vor allem das Gründungsdatum. Die Altersstruktur ist da mittlerweile auch schon so ein bisschen durcheinander gewürfelt. Weil los ging das eigentlich so in den 90ern mit den ersten Gasthausbrauereien, und dann hat 99 der Oli Lemke in Berlin zum ersten Mal so diese Craftbiere, wie man das heute so sehen würde, gebraut, und hat dann aber erstmal Schiffbruch erlitten. Und 2007 ging es dann eigentlich erst so richtig in Deutschland los. Der Marktanteil ist in Deutschland vielleicht bei einem halben Prozent, maximal einem Prozent, und stagniert auch, insofern. Es ist auch die Frage: Was macht diese Biere besonders? Eigentlich ist es die Herkunft aus relativ jungen Unternehmen und vielleicht auch eine etwas kreativere Rezeptur. In der Regel ist es aber trotzdem zum Beispiel nach dem Reinheitsgebot und in der Regel sind das auch gelernte gestandene Braumeister, die also schon wissen, was sie tun. Da merkt man auch, dass gerade die dann auch entsprechenden Erfolg haben.

Jörn Gutowski: Ich kann natürlich immer nur aus der Berliner Blase ein bisschen sprechen. Ich kann mir vorstellen, dass Berliner auch noch anders ist als der Rest Deutschlands, als viele andere jetzt auch kleinere Städte. Hier ist und war das Thema Craftbier sehr groß, auf jeden Fall seit den letzten fünf Jahren. Ich hatte aber das Gefühl, dass am Anfang sehr viel Dynamik da war und gefühlt war, jetzt passiert hier richtig was, hier ist richtig eine Entwicklung, die nehmen wirklich auch ein Stück vom Markt ein. Und aus meiner Sicht, ich bin mal gespannt, was du sagst, ist das Gefühl, dass da auch eine Stagnation ist oder dass diese Entwicklung oder diese Dynamik, die am Anfang da war, nicht mehr so da ist.

Markus: Ja, sagen wir so, es ist also auch da wieder, man muss unterscheiden zwischen der persönlichen Wahrnehmung und der Realität.

Jörn Gutowski: Ja genau! (unv. #00:16:20.6#)

Markus: De facto ist es so, dass die Craft-Brauer gerade in Berlin einfach relativ laut sind und auch die Medienszene das sehr, sehr gerne aufgenommen hat und deswegen die natürlich in der Wahrnehmung 80, 90 % der Kommunikation ausgemacht haben. Was aber nicht bedeutet, dass sie das beim Umsatz gemacht haben. Sondern das ist genauso das Thema, ich meine, ich habe die Berliner Brauereien von Anfang an begleitet, der Oliver Lemke ist zum Beispiel ein sehr guter Freund von mir, und ich mache heute auch immer noch sehr, sehr viel gerne mit der Brauerei zusammen. Und habe 2010, war das glaube ich, den ersten Brauereiführer für Berlin überhaupt geschrieben, wo alle Brauereien mal zusammen waren. Damals waren es immerhin schon 25, davon gab es dann eine zweite Auflage vor ein paar Jahren, da waren es, glaube ich, 30. Also auch da ist es für eine Stadt an sich eine große Zahl, wenn man es aber mit den Einwohnern natürlich teilt, dann ist es gar nicht so viel. Es sind sehr, sehr viele kleine Läden, die vor allem so ihre kleine Blase wieder haben. Und dementsprechend funktioniert das immer ganz gut, wenn der Brauer seine 20 Freunde hat, die seine Biere immer trinken und die geben ihm natürlich immer die beste Rückmeldung und danach wollen sie aber wieder was anderes. Und das ist genau der Punkt, weswegen der Brauer nicht wirklich auf die Beine kommt, weil er keine Konstanz reinbekommt, also irgendeine Cashcow hat, wo er sagt, von dem Bier verkaufe ich mal eine gewisse Menge und damit kann ich meinen Laden finanzieren und dann kann ich noch mit anderen Bieren vielleicht ein bisschen für mein Image, für Spaß, für andere Dinge sorgen. Dementsprechend ist das dann auch immer so ein bisschen an der Grenze zwischen Hobby und wirklichem Wirtschaftsunternehmen. Das haben jetzt gerade in der Corona-Zeit viele auch ein bisschen zu spüren bekommen. Aber nichtsdestotrotz, es gibt in Berlin wirklich ganz, ganz tolle neue Brauereien, also auch da wieder, ich habe sie alle interviewt, ich kenne sie alle, mag die auch wirklich alle gerne. Da ist keiner dabei, wo ich sagen würde, das sind irgendwie komische Menschen. Insofern, es macht total Spaß, diesen Enthusiasmus auch zu erleben, die Freude zu erleben, den Pioniergeist, den die auch oft haben. Ich meine, was mir auch ein bisschen aufgefallen ist, vielleicht an der Stelle, es gibt da natürlich auch schon so einen Generationenwechsel. Also es gibt die ersten, wie eben den Oliver Lemke oder den Thorsten Schoppe oder den Philipp vom Hops & Barley oder so, die waren am Anfang und die sind für die Craftbier-Nerds, die jetzt aktuell unterwegs sind, eigentlich schon wieder ein ganz alter Hut, also interessiert eigentlich keinen mehr, sondern die gehen jetzt, was weiß ich, zum Motel Beer oder zu anderen neuen Brauereien.

Jörn Gutowski: (unv. #00:18:39.3#)

Markus: Genau! Das bedauern die anderen auch ein bisschen, weil sie sagen, Mensch, wir haben doch das Thema eigentlich etabliert, wir sind doch die Pioniere, wir machen natürlich tolle Biere, wir sind immer noch da. Und ihr nehmt uns gar nicht wahr. Das sind auch so Punkte, ist alles relativ und deswegen habe ich eben so eine sehr enge Beziehung zu Oliver Lemke, weil ich glaube, dass der einer der wenigen ist, die das wirklich gut machen. Also die einerseits wirklich eine tolle Bierheimat für Leute geben, die einfach ein schönes Berliner Bier wollen, und zwar ohne massiven Alkohol und Riesenhopfen und sonst irgendwas. Aber er hat eben auch eine super Palette an tollen Bieren, die dieses ganze Craftbier-Klavier spielen, bis hin eben zu Berliner Weissen, wo er sehr experimentierfreudig ist. Und man kann da immer hingehen, man bekommt immer Topqualität und man kann immer wieder neue Gebiete erkunden und erforschen. So würde ich es mir eigentlich bei den meisten anderen auch wünschen. Ich glaube, dann hat es auch wirklich einen Erfolg. Das sieht man auch an anderen Beispielen, die es so in Deutschland außerhalb von Berlin gibt.

Jörn Gutowski: Vielleicht so als letztes für mich, ich weiß nicht, ob du da zustimmst, aber für mich war diese Entwicklung in den letzten Jahren ein Stück weit so, dass es Leute gab, die Einflüsse aus dem Ausland hatten, wo viel passiert ist, wo sowohl wieder eben Biere, dieses ganze Thema mehr Geschmack ins Bier, Kreativität, mit neuen Bierstilen experimentieren, und dass es vielen Leuten hier in Deutschland gefehlt hat. Weil gefühlt deutschlandweit große Marken, vor allen Dingen der Pils-Stil eigentlich alles beherrscht hat, und die großen Marken natürlich große Wirtschaftsunternehmen sind, die gutes Bier machen, aber natürlich sehr genau schauen, wieviel Hopfen benutzen wir et cetera, also eher schlankere Biere vielleicht machen, vielleicht ein bisschen weniger Geschmack drin. Und dass es dann eben einmal auf der einen Seite diese Craftbier-Entwicklung gab, wie gesagt, wir wollen wieder mehr Geschmack in den Bieren haben, vielleicht auch in den bekannten Bierstilen, aber gleichzeitig auch noch innovative kreative Bierstile, internationale Bierstile, wie sowas wie Indian Pale Ales, Stouts et cetera nach Deutschland bringen. Also im Endeffekt so ein bisschen das Gefühl, dass sie gleich zwei Ziele hatten. Und die Frage ist, ob die vielleicht damit auch zu viel gewollt haben? Während man sagen könnte, es gibt diese kleinen regionalen Brauereien, die vielleicht immer schon eher die traditionellen Bierstile der Deutschen gemacht haben, aber eben auch mit mehr Geschmack, wo mehr drin war, handwerklicher gemacht. War das vielleicht auch zu viel gewollt von der Craftbier-Szene da zu viel zu wollen?

Markus: Kommt drauf an. Ich finde, wenn du dir vielleicht das dann beim Podcast-Anhören nochmal anhörst, was du gerade gesagt hast, dann merkt man natürlich, dass das Marketing der Craft-Brauer da einen guten Job gemacht hat. Weil im Grunde hast du die Geschichte, die sie gerne erzählen, auch gut wiedergegeben. Aber das ist eben auch nur die eine Hälfte von der Wahrheit.

Jörn Gutowski: Nein, super, deswegen sitze ich mit dir hier. Ich habe natürlich, ich bin sehr viel in Berlin mit meiner Firma natürlich eher auch in Kontakt, klar, mit kleineren, auch mit (unv. #00:21:43.2#) Brauern. Das ist natürlich eher die Szene, wo ich unterwegs bin. Deswegen ist das sehr gut, genau die andere Seite.

Markus: Klar! Wobei ich absolut natürlich nochmal betonen will, ich bin jetzt bestimmt nicht der Anwalt der Großbrauereien. Also das garantiert nicht, ich lebe hier unsere Vielfalt in Franken und bin da heilfroh und hatte mal einen ganz schlimmen Geburtstag im Sauerland, wo ich da eine große Brauerei beraten habe, und musste an diesem Tag dort sein und wollte einfach nur an meinem Geburtstag abends ein gutes Bier trinken und bin leider erfolglos geblieben. Insofern, natürlich ist das etwas, was mir am Herzen liegt. Aber trotzdem muss man natürlich bei der Wahrheit bleiben. Und Fakt ist, es ist nicht so, dass die deutschen Biere vorher geschmacklos waren. Das nicht, sondern sie haben sich nach dem ausgerichtet, was die Leute gerne wollten. Ich glaube auch nicht, dass es so war, dass hier Millionen von Menschen waren, die nur danach geschrien haben, jetzt plötzlich superaromatische Biere zu bekommen, sondern sie haben mit an der Weltspitze Bier konsumiert und tun das heute auch noch und sind auch nicht alle umgestiegen auf die anderen Biere. Sondern es ist einfach so, dass diese Entwicklung von der Craftbier-Idee aus Amerika, wo es tatsächlich so war, dass es eine Gegenbewegung war gegen das Mainstream-Bier, sage ich mal, aber vor allem war es eine Hobbybrauer-Bewegung. Das wissen die meisten Leute auch nicht, das Hobbybrauen war einfach verboten bis 1979 und wurde dann erst wieder erlaubt. Das hat dann diese Welle an neuen Brauereien überhaupt erst ermöglicht. Und die haben natürlich alle experimentiert. Da hat sich keiner jetzt einen Spaß draus gemacht, ein Budweiser genau nach zu brauen, sondern die wollten natürlich bewusst was anderes machen. Deswegen kam da natürlich dann entsprechend dieser Enthusiasmus und der Erfolg bei der ganzen Geschichte. Man muss auch sagen, wenn wir jetzt von einem India Pale Ale oder von einem Stout oder von sowas sprechen, man muss nur mal nach England reisen, in einen ganz normalen britischen Pub gehen, da merkt man, das sind eigentlich auch ganz normale Biere. Also ein Pale Ale oder ein India Pale Ale in einem Pub in England als Real Ale unterscheidet sich kaum von dem, was wir hier in Franken als Kellerbier oder Pils irgendwie in einer Brauereigaststätte serviert bekommen. Sondern dieses Extreme, was jetzt Hopfen-Aromatik oder was zum Beispiel den Alkoholgehalt angeht, das ist auch etwas, was erst diese Craft-Brauer in Amerika dann bewusst gemacht haben, um diese Bierstile zu intensivieren, besonders zu machen, sich natürlich gegenseitig auch so ein bisschen zu kitzeln, an der Ehre zu packen, wie kriege ich denn so viel Aroma und so viel Unterschied wie möglich in mein Bier. Und das ist dann rüber geschwappt und ist dann auch zuerst in Europa mal da angekommen, wo Leute für sowas am sensibelsten sind, nämlich in Italien. Das weiß auch fast niemand. Und das ist auch spannend, also die Italiener haben das aufgegriffen und haben dann damit selber experimentiert, dabei zum Beispiel das Glas entwickelt, das jeder in Deutschland mittlerweile kennt. Dieses Teku Glas haben zwei Italiener entwickelt für ein belgisches Klosterbier, für das Orval. Daher kommt auch der Name. Das sind einfach so Punkte und dann hat das den Rest Europas erfasst, auch erstmal England zum Beispiel, und ist dann erst so nach und nach in Deutschland reingetröpfelt. Und war hier dann auch keine Gegenbewegung, also vielleicht manchmal eine selbsternannte Gegenbewegung. Aber man ist doch auf einen Biermarkt gestoßen, der eigentlich solide war und wo 99,9 % der Leute mit dem Bier, was da war, grundsätzlich mal zufrieden waren. Man musste natürlich ein bisschen Überzeugungsarbeit leisten, das hat man auch gemacht. Und man merkt auch dann an der Entwicklung, wenn man das so sieht, also ich übertreibe jetzt ein bisschen, aber es war so, man ist dann erstmal rausgegangen als Craft-Brauer und hat den Leuten erzählt: Vergesst euer Pils, vergesst euer Helles, das ist alles irgendwie Mist, ihr müsst ein IPA trinken, das ist der neue geile Scheiß und das muss jetzt getrunken werden. Dann hat man das den Leuten eingebläut, viele haben das probiert, haben dann festgestellt, das ist mir vielleicht zu intensiv. Wenn man überlegt, Lieschen Müller hat für ihren Mann samstagnachmittags zur Bundesliga normalerweise vielleicht eine Flasche Pils gekauft, jetzt hat sie eine Flasche IPA gekauft, gießt das dem dann in sein Glas rein, reicht es ihm hier zum Fußball gucken und dann trinkt er einen Schluck und spuckt‘s sofort wieder aus.

Jörn Gutowski: Genau, weil man es nicht erwartet.

Markus: Und sagt, mit dem Kraftbier brauchst du mir nicht mehr kommen und so. Also da ist einfach viel Porzellan auch kaputtgemacht worden. Das Interessante finde ich, das ist jetzt eigentlich das, wohin ich eigentlich will, wenn man dann sieht, wie die Craft-Brauer darauf jetzt reagiert haben, als sie gemerkt haben, mit diesen extremen IPAs und was weiß ich, Stouts, kommt man nur bedingt weiter, dann haben sie plötzlich selber angefangen, jetzt eben ein Craft-Pils, ein Craft-Helles, ein Craft-Dunkles zu brauen, was sich oft gar nicht so sehr unterscheidet von dem, was es sonst im Land gibt, außer vor allem im Preis. Und da kommen die natürlich auch in deutliche Erklärungsnöte. Wobei ich jetzt nicht sagen würde, dass die zu viel verlangen, mit den kleinen Strukturen produzieren sie einfach teurer, aber es ist natürlich schwierig, wenn so ein Augustiner Hell im Regal steht und ist einfach das Benchmark-Bier für den Bierstil und dann stelle ich halt meins daneben und es kostet 5-mal so viel. Das muss ich dann Leuten überhaupt erstmal erklären. Das sind alles so Sachen, in denen sich das Ganze bewegt. Insofern wie gesagt, ich habe die jungen Brauer alle ins Herz geschlossen und unterstütze sie, wo es geht, aber es ist eben kein leichter Markt und es ist auch nicht wirklich eine Revolution, die man sich vielleicht gewünscht hätte.

Jörn Gutowski: Ich finde es ja richtig, also ich bin auch nicht so ein Typ schwarz-weiß, und diese Verteufelung jetzt zu sagen, also was soundso viel Hektoliter ausstößt, ist automatisch schlecht und die sind nur die Guten und die sind die Bösen. Das finde ich auch richtig. Ich habe tatsächlich auch mit Oli Lemke, du hast ja vorhin auch viel über ihn geredet, ich weiß gar nicht, ob ich es gesagt habe, aber tatsächlich, ich plane auch eine Zusammenarbeit mit ihm. Deswegen nur, um das auch hier deutlich zu sagen, dass man nicht denkt, das ist jetzt hier irgendwelche Werbung nur für Oli Lemke.

Markus: Nein, absolut nicht. Also wie gesagt, ich habe die alle in Berlin total gerne. Ich habe auch eine sehr gute Beziehung zur Ulrike Genz von der Schneeeule zum Beispiel. Und wie gesagt, ich kenne die anderen alle gut und die sind alle lieb und nett. Ich sag nur, wenn man sagt, man will einen mal rausgreifen, der exemplarisch für einen guten Umsatz dieser ganzen Geschichte steht, dann ist Lemke halt eigentlich der Einzige, der das wirklich erfüllt.

Jörn Gutowski: Was ich nur sagen wollte, ich hatte mit ihm auch gesprochen und er ist auch ein Typ, der eben auch sagt, er hat großen Respekt vor den Brauern, auch in den großen Brauereien, die da einen guten Job machen. Und das ist natürlich einfach ein anderer Ansatz, wie sie rangehen. Und das Schöne ist ja, wenn es die Vielfalt gibt, kann es der Konsument selber entscheiden, bin ich bereit, mehr Geld auszugeben für das, was ich bekomme, verstehe ich das, aber dass man die Entscheidung selber hat. Und das finde ich gut (unv. #00:28:03.8#)

Markus: Absolut, absolut! Und man muss überlegen, wenn ausländische Gäste, also gerade so Bierfans und sowas, nach Deutschland kommen, das erlebe ich sehr oft, dann fühlen die sich im Himmel. Weil die sagen, das Geile ist nicht, dass wir hier nochmal 20 IPAs bekommen, das haben wir zu Hause auch, aber das Geile ist, dass die Grundqualität der Biere so gut ist. Also eigentlich ist es völlig egal, von welcher Brauerei sie jetzt ein Helles oder ein Pils oder ein Dunkles oder ein Weizen nehmen, es ist immer um Meilen besser als alles, was sie zu Hause haben. Und das ist einfach das, was ja auch so ist, also dass wir einfach innerhalb der großen Brauereien, da arbeiten genauso ausgebildete Braumeister, die Handwerker sind, die wissen, was sie da tun, die ihren Beruf gelernt haben, die das lieben, was sie tun. Und die produzieren einfach eine unheimlich gute Qualität. Und das ist das, wo sich einfach viele im Ausland schwertun, dieses Grundrauschen an Bier überhaupt so herzustellen.

Jörn Gutowski: Ja, super! Da kann man auch noch lange darüber sprechen. Ich möchte aber tatsächlich, wir haben ja schon ein bisschen über Vielfalt von Bier jetzt gesprochen. Und ich möchte tatsächlich jetzt, wir haben ein bisschen jetzt über die Industrie gesprochen, und über das Bier an sich reden. Bier ist ja eigentlich ganz einfach, es ist Hopfen, Hefe, Malz und Wasser. Aber auf der anderen Seite ist es halt sehr vielfältig. Du sagtest, wieviel waren das, man kann 8000 verschiedene Biere kaufen?

Markus: Ungefähr. Ja.

Jörn Gutowski: Biersorten, also es ist dann, was hinten rauskommt, ist schon vielfältig und hat eine gewisse Komplexität. Wenn ich jetzt ein Biereinsteiger bin, vielleicht trinke eben normalerweise immer nur das eine Pils, was ich immer getrunken habe, wie führst du Leute so ein bisschen an die Vielfalt der Biersorten ran? Also was sind für dich so die wichtigsten Unterscheidungsmerkmale?

Markus: Da haben wir tatsächlich ein völlig eigenes Schema entwickelt für unsere Ausbildungen. Wir gehen ganz klar einfach nach den Aromen der Rohstoffe. Bedeutet also, wir haben zum Beispiel das Malz. Und das Malst sorgt für eine gewisse Süße natürlich im Bier. Da kommt letzten Endes die Stärke, der Zucker, der Alkohol her. Malz ist in der Regel eben zum Beispiel auch geröstet oder zumindest bei Hitze getrocknet, das macht auch etwas Aromatisches. Bedeutet also, wenn das eben intensiver temperaturmäßig behandelt worden ist, dann wird es sehr dunkel, entwickelt dann ähnliche Aromen wie zum Beispiel Schokolade und Kaffee. Wenn es nicht so intensiv ist, dann sind wir vielleicht bei sowas wie Honig oder Karamell oder so keksige Aromen. Oder natürlich einfach brotige getreidige Aromen. Also da kann Malz sehr, sehr viel bieten. Bis hin eben zu speziellen Sachen wie zum Beispiel Rauch, Raucharoma, ist natürlich auch ein Malzaroma. Also da kann man Leuten schon mal sagen, es gibt eine ganz große Welt von malzaromatischen Bieren. Das ist auch ganz praktisch später dann fürs Food Pairing, da kommen wir vielleicht nachher noch dazu. Und dann hat man den Hopfen als zweiten Rohstoff, wo ich einerseits immer die Bittere habe. Natürlich, deswegen ist der Hopfen ja im Bier, weil hinter der Bittere letzten Endes die Substanzen stecken, die das Bier haltbar machen. Deswegen verwendet man das auch. Und dann hat der Hopfen eben als zweiten Bestandteil noch ätherische Öle. Das ist das, was man gerade so bei den Craftbieren oft wahrnimmt, eben als fruchtige, als florale, als Noten, die nach irgendwelchen Obstsorten oder Gemüsesorten oder sonst irgendwie riechen und schmecken. Da kann man natürlich auch sehr, sehr viel spielen, ein breites Spektrum haben und auch von der Intensität der Bittere natürlich sehr, sehr nach oben gehen. Und dann gibt’s als Drittes eben noch die Hefe, die jetzt bei einem klassischen untergärigen Bier wie einem Hellen oder einem Pils keine große Rolle spielt. Aber eben zum Beispiel beim Weizen ist sie hauptverantwortlich fürs Aroma, dieses Fruchtige, Bananige, Frische, das ist eine reine Hefe-Aromatik. Und dann gibt’s, wenn man aus Deutschland rausgeht, natürlich viele Bierstile auf der Welt, die auch von bestimmten Hefearomen dominiert sind. Und wenn man diese drei Welten mal so hat, dann gibt’s halt Biere, die jeweils nur in einer Welt spielen und dann gibt’s halt Biere, die in zwei Welten spielen. Nehmen wir zum Beispiel ein dunkles Weizen, da haben wir dann halt sehr viel Malz-Aromatik aus dem dunkeln Malz und diese Hefe-Aromatik, und dann kann das am Ende schmecken wie eine Schokobanane. Und das ist natürlich sehr spannend. Und so kann man eigentlich Biere gut einteilen und man kann sie auch relativ leicht dann unterscheiden.

Jörn Gutowski: Das fand ich tatsächlich für mich selber auch spannend und einen Aha-Moment, muss ich wirklich sagen. Ich war vor zwei oder drei Jahren habe ich mit Birlo getroffen oder BRLO in Berlin, und da mich mit einer Braumeisterin unterhalten. Und da tatsächlich in der Brauerei das zum ersten Mal verstanden, dass man eigentlich diese drei hauptsächlichen Geschmackstreiber hat oder die drei Punkte, die vor allem für den Geschmack im Bier verantwortlich sind. Und das war mir vorher tatsächlich überhaupt nicht klar, obwohl ich auch wie der normale Deutsche schon seit offiziell mit 16 Jahren Bier trinke, wahrscheinlich schon früher. Aber dass mir das gar nicht so bewusst war. Und natürlich, irgendwie hat man gesehen, Mensch, es gibt Alt, es gibt irgendwie dunkle Biere, es gibt die klaren Biere, es gibt irgendwie Hefebiere, Weizen, und man hört Gerste, man hört irgendwie Hopfen, aber was die jeweils tun, das war mir auch nicht klar, und dass das eigentlich wunderbare Punkte sind, die Aromatik von Bieren sehr gut aufzuschlüsseln und sehr gut eben einfach zu unterscheiden. Da vielleicht noch mal kurz erstmal zum Malz. Also Malz in Deutschland wird normalerweise fast, also das meiste ist Gerste und dann das zweite ist noch Weizen, was genommen wird. Also Malz ist im Endeffekt, man hat Getreide, was man ein Stück weit ich sag mal auf gut Deutsch verarscht. Also man bringt es zum Keimen, das Getreide denkt, ich keime jetzt, um eine neue Pflanze zu machen und das wird dann gestoppt, um halt dieser Stärke dann, um die Enzyme zu haben, um Stärke in Zucker zu verwandeln, die man halt braucht. Aber warum eigentlich, warum dominiert Gerste? Warum machen wir nicht viel mehr, klar, es gibt auch Roggenbiere und manchmal wird mit Hafer oder sowas experimentiert, aber Gerste dominiert. Warum eigentlich?

M: Na ja, sagen wir so, Gerste hat einen entscheidenden Vorteil gegenüber dem Weizen. Sie bringt die Spelzen mit, also das ist praktisch dieses Schutzblatt, was um das Korn drum rum ist. Und das ist das, was man während des Brauprozesses zumindest in der Regel braucht fürs Läutern, also wo dann letzten Endes das Feste vom Flüssigen wieder getrennt wird. Deswegen kann man zum Beispiel nicht nur aus Weizen ein Bier brauen, weil Weizen das nicht hat. Also Weizen hat nur ein nacktes Korn und dementsprechend ist das schon mal ein Punkt, was bei der Gerste einfach für den Prozess sehr sinnvoll ist. Deswegen ist zum Beispiel auch in der Regel bei einem Weizen in Deutschland 30, 40, 45 % Gerstenmalz mit drin, weil man das einfach für den Prozess braucht. Außerdem ist Gerste natürlich etwas, was man in den letzten Jahren einfach entsprechend, oder Jahrzehnten oder vielleicht sogar Jahrhunderten entsprechend optimiert hat vom Ertrag her, vom Anbau her. Es kollidiert dann eben auch nicht mit dem Weizen, weil der Weizen ist ja ein Brotgetreide, den braucht man zur Ernährung, hat man schon immer gebraucht. Und kann natürlich auf anderen Feldern dann die Gerste anbauen. Man hat dann noch eine Wintergerste und eine Sommergerste, kann also mehrere Ernten einfahren und hat halt einfach mit der Zeit wirklich das aufeinander abgestimmt. Also sowohl die Brauanlagen und die Mälzerei-Anlagen als auch die Rohstoffe sind so aufeinander abgestimmt, dass man da eben perfekt zusammenarbeiten kann. Das merkt man auch immer, wenn es zum Beispiel darum geht, mal mit historischen Getreidesorten Biere zu brauen, da gibt’s viele Brauereien, die kommen von der Anlagentechnik damit gar nicht mehr zurecht, weil sie eben auf die modernen Gerstensorten ausgelegt sind, was eben zum Beispiel den Eiweißgehalt angeht oder andere Bestandteile. Also insofern ist Gerste einfach etwas, was sich so nach und nach eingebürgert hat, so ab, na ja, was weiß ich, 1500 nach Christus ungefähr sich immer mehr durchgesetzt hat und letzten Endes das praktische Braugetreide geworden ist.

Jörn Gutowski: Ja, also genau! Gerste dominiert und Weizen, das ist ja interessant, was es so ein bisschen reinbringt, ist eine leicht andere Textur der Konsistenz.

Markus: Mhm (bejahend).

Jörn Gutowski: Dass es dann so ein bisschen cremiger wird, was man vom Weizenbier her kennt. Ansonsten sind dann vor allem die Unterscheidungen, du sprachst es am Anfang auch schon an, wie doll das erhitzt wird das Malz oder erwärmt wird, so dass man dann eben unterschiedlich, man kann von der Farbe her gehen, also eben sehr helle Biere hat, die wenig Röstnoten haben, bis hin zu sehr dunklen, wo dann sehr viele Röstnoten da sind, weil dieses Malz dann eben erwärmt wird. Was sind da vielleicht so, kann man sagen, die zwei, drei wichtigsten Malztypen oder wie man das da wirklich in so ein, zwei, drei Kategorien unterteilen kann?

Markus: Ja, also kann man heutzutage auf jeden Fall tun. Wie gesagt, man könnte auch einen langen Podcast über historische Malzsorten machen, aber das macht jetzt relativ wenig Sinn. Also in der modernen Bierbereitung ist es so, es gibt im Grunde drei Hauptsorten Malz, die im Grunde so die Schwerlast tragen, in Anführungsstrichen. Das ist einmal das Pilsener Malz, in der englischen Welt ist es das Pale Ale Malz. Also das sind praktisch die Malze, die relativ wenig Färbung bekommen haben oder gar keine, wodurch man dann eben sehr helle Biere machen kann, wie eben ein Helles, ein Pils oder ein Pale Ale oder ähnliche Biere, ein Golden Ale zum Beispiel in England oder auch ein Kölsch. Also da wird dann ein Großteil der Schüttung, sagt man, also der Malzmenge, die man insgesamt nimmt, aus diesem Malz genommen. Dann gibt es als Gegenstück dazu das Münchner Malz. Das ist dann ein Bier, aus dem zum Beispiel ein Münchner Dunkel oder ein Braunbier, ein Rotbier entsteht. Also richtig deutlich geröstete Malze, die dann eben diese Färbung mitbekommen und natürlich auch entsprechende Geschmacksaromen. Und dann gibt’s so ein Mittelding dazwischen, das Wiener Malz, wo wir dann im Grunde als Bierstil das Wiener Lager haben. Das ist bei uns relativ unbekannt, aber es wird eben auch so ein bernsteinfarbenes Bier ungefähr dabei rauskommen. Und wie gesagt, das ist auch nicht so, dass ein Brauer jetzt nur ein Malz nimmt für sein Bier, sondern meistens ist es eine Mischung. Man nimmt dann zum Beispiel noch etwas Karamellmalz dazu, das sind Malze, die so thermisch behandelt worden sind, dass der Zucker, also die Stärke, direkt karamellisiert. Das frisst die Hefe dann nicht und deswegen habe ich dann am Ende in meinem Bier auch noch diesen süßen karamelligen Touch zum Beispiel. Man kann richtig intensive Röstmalze nehmen, die sind dann noch viel stärker geröstet als jetzt zum Beispiel ein Münchner Malz. Das bedeutet auch, dass zum Beispiel die eigentlichen Inhaltsstoffe, die Stärke, großenteils schon zerstört sind durch die intensive Hitze. Aber die sind natürlich dann von der Färbewirkung sehr, sehr intensiv und auch von der Aromawirkung. Da kann ich dann richtig Kaffeearomen, ganz intensive Röstmalzaromen eben in mein Bier hineinbringen. Und davon nehme ich dann vielleicht nur 1 % in meine ganz Schüttung, das reicht aber, um dem Bier dann diese entsprechende Geschmacksrichtung zu geben.

Jörn Gutowski: Und das ist genau das Spannende, wenn man von sich aus weiß, ich mag gerne solche Röstaromen, ich mag gern, wenn es in die Richtung Kaffee oder so geht, dass man dann sagen kann: Tendenziell dunklere Biere oder sehr dunkle Biere sind vielleicht genau das, was für dich passt. Oder wenn man über Food Pairing dann spricht, wenn man solche Sachen haben möchte. Oder wenn man es eher heller hat, dann ist es halt eben schlanker, dann sind da weniger diese malzigen, diese Röstaromen et cetera im Bier drin. Und dass man eben schon allein von der Farbe des Bieres dann da Rückschlüsse ziehen kann, fand ich persönlich sehr interessant. Was irgendwie so unbewusst auch da war bei mir, irgendwie unbewusst wusste man das vielleicht auch, aber wirklich das mal, okay, das verstehe ich jetzt, das liegt sehr stark eben am Malz.

Markus: Genau! Das ist auch was, was man den Leuten immer sehr schön sagen kann, dass das Malz eben natürlich auch fürs Aroma verantwortlich ist, aber eben auch für die Farbe des Biers. Und da kann man eigentlich schon viel ablesen, bevor man überhaupt trinkt, kann man schon Aussagen machen, was man wahrscheinlich erwarten wird an Aromen, und manchmal sogar auch schon am Alkoholgehalt. Also selbst das kann man in gewisser Weise sogar sehen, jetzt nicht an der Art der Färbung, aber zum Beispiel an der Art, wie sich das Bier im Glas verhält, merkt man eben, ob da mehr oder weniger Alkohol drin ist. Und insofern, also man kann vieles feststellen, ohne überhaupt zu trinken. Das ist spannend.

Jörn Gutowski: Ist denn das Feststellen, ist es so, dass je höher der Alkoholgehalt, desto dickflüssiger wird auch das Bier?

Markus: Genau! Also es wird so ein bisschen viskos, so ab 6,5 % Alkohol fängt das an. Man merkt das, wenn man das Bier im Glas hat und das Glas so ein bisschen seitlich dreht, dann merkt man, wie sich dann auf einmal so ein Film auf dem Glas (unv. #00:40:09.6#)

Jörn Gutowski: So ein bisschen, was die Weinkenner auch machen. (unv. #00:40:11.8#)

Markus: Genau! Die Weinkenner nennen das Fenster, genau, oder Legs sagen die Whisky-Kenner dazu. Das ist halt beim Bier, weil es eben nicht ganz so hoch geht vom Alkoholgehalt, normalerweise zumindest, sind es dann eben diese Schlieren. Aber daran sieht man das dann schon ganz schön.

Jörn Gutowski: Für mich ist so ein bisschen, für Malz auch erstmal, woraus dann auch die Maische genommen wird, also dass man eben das Malz mit Wasser vermischt, ist es so ein bisschen, wenn ich das mit Kochen vergleiche, wenn ich jetzt eine Suppe habe, erstmal die Brühe. Und für mich ist dann jetzt, kommt ja der Hopfen dazu, und Hopfen sind jetzt die Gewürze, die dazukommen. Und Hopfen ist ja eben das Gewürz für Bier. Vielleicht kann man da, sag mal so für dich, was sind bei Hopfen so die wichtigsten Unterschiede?

Markus: Na ja, also vielleicht, um noch ganz kurz das zu sagen, also im Grunde, also du hast es schon völlig perfekt beschrieben, aber ich möchte es noch ein bisschen ins Licht rücken: Das Maischen ist ein Prozess, der hat mit Kochen nichts zu tun, sondern das ist ein Prozess, wo das Bier einfach erwärmt wird auf die Temperaturen, bei denen die Enzyme aus dem Malz die Stärke in Zucker umwandeln. Und wenn dieser Prozess abgeschlossen ist, dann wird das Ganze filtriert und am Ende habe ich dann praktisch ein Wasser mit aus dem Malz gelösten Inhaltsstoffen. Das ist auch das, was man dann später als Stammwürze bezeichnet, wenn man so Begrifflichkeiten nimmt. Da sagt man eben, wie viel Anteil in diesem ganzen Gemisch ist jetzt aus dem Malz gelöst und was ist Wasser. Und aus dem Malz kommt eben der Zucker, aber da kommen auch Mineralien und Spurenelemente und Eiweiß.

Jörn Gutowski: Ich wusste auch, der Vergleich hinkt ein bisschen, für mich war nur so ein bisschen das erstmal die Grundlage so ein bisschen, das ist wie eine Brühe sozusagen, es ist erstmal Malz und jetzt mache ich sozusagen erstmal die Grundlage, wo ich dann jetzt die Gewürze zutue so in dem Sinne.

Markus: Genau! Absolut, ist klar. Nur, weil dann haben wir nochmal diese Mischung, das nennt man dann auch Würze, und das wird dann eben gekocht und dann kommt der Hopfen dazu. Und dann ist es eben so, dass man beim Hopfen auch wieder nicht nur einen hat, sondern natürlich hunderte verschiedener Hopfen. Und da ist es dann auch noch ähnliche wie beim Wein, dass derselbe Hopfen an unterschiedlichen Orten auf der Welt angebaut natürlich auch nochmal eine unterschiedliche Aromatik ergibt und man dementsprechend als Brauer wirklich einen Riesenstrauß hat, aus dem man auswählen kann. Es gibt so zwei Hauptkategorien, wo man so unterscheidet, offiziell, Bitterhopfen und Aromahopfen. Wobei das sehr relativ ist, denn ein Hopfen hat im Grunde immer alle Inhaltsstoffe, bei den Bitterstoffhopfen kommt es eben darauf an, wie viel von diesen Alpha- und Betasäuren, das sind eben die Stoffe, die das Bier bitter und haltbar machen, letzten Endes sind das Harze. Also wie viel ist davon drin. Und darauf legt man ganz besonders viel Wert. Das kann man nur lösen, indem man das möglichst lange in dem Wasser kocht. Deswegen kommt eben so ein Bitterstoffhopfen eher am Anfang vom Kochprozess ins Bier. Und das zweite sind dann die Aromahopfen, das sind Hopfen, die zwar auch diese Bitterstoffe haben, aber eben vor allem schöne ätherische Öle, die man gerne möchte. Und wie das bei ätherischen Ölen eben ist, wenn man die in heißes Wasser gibt, dann verdampfen die. Und deswegen muss ich die also so spät wie möglich in meinen Kochprozess eingeben oder eventuell sogar später, wenn das Bier dann gärt oder lagert, um möglichst wenig Verlust zu haben an ätherischen Ölen, dadurch dass es eben an die Luft geht. Und aus diesen Hopfen kann man dann halt auch wieder Mischungen zusammenstellen mit verschiedensten Hopfen, man kann die zu bestimmten Zeiten in sein Bier geben, man kann das mit bestimmten Gerätschaften noch machen, um das entsprechend zu intensivieren. Und dementsprechend auch da wieder eine Riesenmöglichkeit, verschiedene Biere herzustellen.

Jörn Gutowski: Ich habe auch dein Buch gelesen, das „Biergeschichte und Genuss“. Das ist superspannend, weil du auch da sehr viel eben über die Geschichte, über die Historie von Bier schreibst. Und ich habe da eben auch gelesen, dass früher es im Mittelalter üblich war, dass eben nicht nur mit Hopfen, sondern auch mit unterschiedlichen Gewürzen gearbeitet wurde im Bier. Dass man nämlich tatsächlich, ich nehme nicht nur Hopfen, um das zu aromatisieren, sondern auch andere. Aber der Hopfen hat sich durchgesetzt und ist mittlerweile in Deutschland Reinheitsgebot. Das ist natürlich auch noch mal ein Thema, über das man sprechen könnte. Aber das ist eigentlich erstmal, es wird nur Hopfen genommen. Warum hat sich der Hopfen erstmal vielleicht so durchgesetzt? Also warum ist das jetzt sozusagen das Gewürz fürs Bier geworden?

Markus: Im Grunde gibt’s zwei Punkte. Also das eine ist einfach die Wirkung des Hopfens. Und das geht grundsätzlich gesehen, zumindest wenn wir in die Geschichte gehen, in das Mittelalter gehen, geht’s um die Haltbarkeit des Bieres. Und da war eben, Hopfen hat diesen großen Vorteil gehabt, dass durch seine Inhaltsstoffe eben das Bier sich länger gehalten hat und man deswegen also ganz bewusst gesagt hat, das ist auf jeden Fall ein Biergewürz oder ein wichtiges Biergewürz. Dazu kam noch, dass zum Beispiel Hildegard von Bingen da sehr, sehr viel drüber geschrieben hat. Eines ihrer Lieblingskräuter war der Hopfen und dementsprechend hat sie da auch viel Propaganda gemacht. Das war natürlich in der Wissenschaftswelt damals auch entsprechend bekannt. Also dementsprechend war allein von dieser Seite her Hopfen natürlich auf jeden Fall als gute Zutat klar. Bei vielen anderen Zutaten war es so, dass man wusste, dass die durchaus auch negative Wirkungen haben oder ins Halluzinogene gehen oder eben zumindest irgendwie problematisch sind. Da war man also vorsichtig. Und auf der anderen Seite war es eben so, dass der Hopfen auch etwas war, was man relativ leicht besteuern konnte. Denn vorher hat man Biere auch gerne mit Kräutermischungen gebraut, wo man die Kräuter halt irgendwo im Wald gesammelt hat. Und das Problem war, dass das nicht kontrollierbar war. Das heißt, die Leute sind in die Wälder gegangen und haben ihre Kräuter gesammelt und haben dann ihre Mischungen hergestellt und fertig. Und das konnte man nicht besteuern und früher waren das wesentliche Einnahmequellen. Und wenn ich von einem Hopfengarten ausgehe, dann hat der einen festen Ort und da kann ich den Ertrag kontrollieren und kann das alles schön besteuern. Auch das war natürlich ein Grund, weswegen die Herrscher dann auch dafür gesorgt haben, dass der Hopfen zum Biergewürz geworden ist, weil er eben auch auf dieser Seite, auf der rein finanziellen Seite das wesentlich Spannendere ist, als wenn ich halt so einen Wildwuchs im wahrsten Sinne des Wortes habe, wo ich nichts davon habe.

Jörn Gutowski: Spannend! Ich sag mal, bei uns wiederum jetzt in der jüngeren Geschichte, das ist meine Wahrnehmung, war das vor allen Dingen so, dass Hopfen bei uns, dass die Bitterhopfen präsent waren in deutschen Bierstilen. Das heißt, wenn ich jetzt zum Beispiel eher so ein nordisches Pils hatte, ein Flensburger oder Jever oder wie auch immer, so gefühlt auf jeden Fall die herberen Biere, wo einfach mehr Hopfen drin war, so dass das Bier, das Pils bitterer wurde, während vielleicht ein Helles, in einem Hellen weniger Bitterhopfen benutzt wurde und dass es eben nicht ganz so bitter ist. Aber das Thema eben, das du ja schon ansprachst, Aromahopfen mit den ätherischen Ölen, das scheint für mich gerade in Deutschland eher ein neues Thema zu sein und eher genau das Thema, was mit dieser Craftbier-Entwicklung nach Deutschland kam mit diesem IPA-Bierstilen, wo halt diese Aromahopfen da sind, die mit diesen ätherischen Ölen Aromatiken, die eben an exotische Früchte erinnern, bis hin zu harzigen Noten, also dass das gerade total neu war für den deutschen Konsument. Ist das richtig oder gab es auch in der Vergangenheit Aromahopfen in Deutschland, der viel benutzt wurde?

Markus: Wie schon gesagt, diese Unterscheidung kann man nicht klar trennen, also zwischen Aroma- und Bitterhopfen. Das ist wirklich, also wenn man das versucht als Trennlinie zu nehmen, dann ist es Quatsch. Es gibt Hopfen, die sind eher wichtig in Bezug auf ihren Bitterstoffgehalt, und Hopfen, die sind eher wichtig in Bezug auf ihre ätherischen Öle. Aber es ist nicht so, dass es nur die einen oder anderen gibt. Letzten Endes liegt’s am Brauverfahren, weil es eben so war, dass man im Mittelalter sehr gerne die Biere, auch wenn sie fertig waren, noch mit Stoffen versetzt hat, um sie zu aromatisieren. Weil eben damals Biere relativ schnell sauer geworden sind, und um das noch ein bisschen raus zu zögern, dass diese Säure sich sehr nach vorne entwickelt hat, hat man zum Beispiel Gewürze oder auch nochmal Hopfen oder auch Obst oder andere Dinge dem fertigen Bier beigegeben, um das dann entsprechend zu aromatisieren. Und je besser die Braukunst wurde, umso mehr konnte man das sein lassen und dementsprechend hat sich eben das moderne Brauverfahren entwickelt, wo der Hopfen eben während der Kochung dazugegeben wird und dementsprechend waren auch die heute als Aromahopfen bezeichneten Hopfensorten schon im Einsatz, aber von ihren ätherischen Ölen war eben relativ wenig im Bier. Also wir hatten in Deutschland schon viele Pilsbiere, die zum Beispiel so eine leichte Zitrusnote hatten, aber das war es dann auch letzten Endes. Und was passiert ist, ist eben, dass diese amerikanischen Craft-Brauer erstmal natürlich die Bierstile genommen haben, deren sie sich erinnert haben. Das waren eben die klassischen deutschen Bierstile und die englischen Bierstile. Und dann aber beschlossen haben, jetzt experimentieren wir mit den Rohstoffen noch mal anders, und vor allem mit dem Hopfen. Und kamen dann auf die Idee: Warum nicht dieses alte Verfahren aus dem Mittelalter wieder machen und dem Bier, wenn es quasi fertig ist, nochmal eine Hopfen-Dosage zu geben. Man nennt das Hopfenstopfen, auf Englisch Dry-Hopping. Die haben sich dann sogar eigene Gerätschaften entwickelt, Sierra Nevada zum Beispiel, ein Hop Torpedo. Das ist dann wirklich ein liegendes Teil, das schaut aus wie ein Torpedo, wird gefüllt mit Hopfen und dann ist vorne und hinten ein Anschluss, wenn das Bier im Lagertank ist, dann wird das vorne und hinten angeschlossen und wird dann da einfach durchgepumpt durch diesen Torpedo und laugt den Hopfen richtig aus, nimmt ganz viel von diesen ätherischen Ölen an. Dadurch habe ich dann eben diese Aromatisierung durch den Hopfen. Das hat man natürlich dann bei uns auch probiert, am Anfang auch ganz banal den Hopfen im Damenstrumpf nochmal in den Lagertank gehängt zum Beispiel oder so. Und dann gab’s auch bei uns entsprechende Entwicklungen, also Kaspar Schulz hier in Bamberg waren, glaube ich, die ersten und dann später kam auch BrauKon mit der Hop Rocket hieß die glaube ich oder Hop Gun und so weiter. Also haben die auch verschiedene Gerätschaften entwickelt, um das möglich zu machen. Heute gehört das Hopfenstopfen einfach dazu. Damit haben auch diese Aromahopfen eine immer größere Bedeutung erlangt. Aber nochmal, um das zu sagen, also der Kern des Aromahopfen-Anbaus lag auch bis vor wenigen Jahren ganz eindeutig hier bei uns in der Hallertau und in den USA wurde hauptsächlich Bitterhopfen angebaut. Das hat sich jetzt so ein bisschen gedreht, aber nicht wirklich komplett umgedreht, vielleicht eher so Fifty-Fifty. Das sind auch die beiden großen Hopfenanbaugebiete der Welt. Der Hauptunterschied ist, dass es in Amerika eben möglich ist für eine Firma sich einen Hopfen patentmäßig zu sichern, so dass dann eben zum Beispiel eine Hopfensorte wirklich nur einer Hopfenfirma gehört und die nur ihre Vertragsanbauleute entsprechend damit ausrüsten kann und damit eine Exklusivität auf den Hopfen hat. Das kennen wir hier so in Deutschland in der Form nicht oder noch nicht. Und das ist vielleicht auch noch so ein Unterschied. Also die bei uns bekannten Hopfensorten, die kann man überall anbauen, und haben dann dadurch auch ein ganz interessantes Namenskonstrukt. Aber das ist nochmal ein anderes Thema.

Jörn Gutowski: Aber es scheint gerade dieses Thema Hopfen mit diesen amerikanischen Bierstilen oder auch, das ist wiederum meine Wahrnehmung, gefühlt, dass gerade am Anfang dieser Craftbier-Szene, dass das so das Thema war, mit Hopfen zu experimentieren und dass sehr viele von diesen ersten Craftbieren auch in Deutschland extrem hopfenlastig dadurch dann auch waren. Würdest du das auch so sagen?

Markus: Na doch, das ist schon so. Jetzt etwas blasphemisch gesagt, muss man sagen, das ist auch die etwas leichtere Lösung. Weil wie gesagt, im Mittelalter hat man das gemacht, um eben Fehlaromen im Hopfen zu überdecken. Und genauso hat das natürlich dann auch bei uns funktioniert. Das heißt, wenn ich entsprechenden ein Pale Ale oder IPA habe, was vielleicht nicht ganz so hundertprozentig ist und ich gebe dann entsprechend eine Tonne Hopfen da obendrauf, dann ist das Hopfenaroma so intensiv, dass ich von dem anderen gar nichts mehr merke. Das war natürlich durchaus, also ich sage nicht, dass das das Ziel war, aber das war eines der Ergebnisse der ganzen Geschichte. Und natürlich waren das Biere, die die Leute erstmal begeistert haben, weil sie das nicht kannten. Also so ein intensives Aroma, noch dazu eben dann zum Beispiel fruchtig oder so, das war toll, das war faszinierend, das war neu. Und dementsprechend hat das natürlich nicht nur in Amerika, auch bei uns, die Leute entsprechend begeistert und wurde dann entsprechend auch nachgeahmt, auch zum Beispiel bei Pilsbieren oder anderen, die wir kennen. Und später ist man dann auf andere Varianten auch noch aufgesprungen. Also zum Beispiel haben die Amerikaner dann das ganze Thema Sauerbier für sich entdeckt, was eigentlich in Belgien beheimatet ist, haben da unheimlich damit experimentiert. Bis hin zu Bierstilen, die wir auch kennen, wie Berliner Weisse und Gose zum Beispiel. Dann ist natürlich auch mit dem Malz viel experimentiert worden, die sind unheimlich abgefahren zum Beispiel auf Rauchbier. Also bis nach Alaska haben sie dann das Rauchmalz exportiert, um da endlich mal so ein Bier brauen zu können. Also auch das hat die Leute natürlich begeistert. Im Grunde ging es also vor allem dort darum, dass schon aromatisch eine relative Einöde geherrscht hat, nicht nur beim Bier, aber eben auch, und man da halt mit diesen ganzen neuen Rezepturen unglaublich die Leute begeistern konnte.

Jörn Gutowski: Ich glaube, also mein Gefühl auch am Anfang, als ich auch Leuten mal ein IPA gezeigt habe, die normalerweise immer Pilstrinker sind, die dann gedacht haben: Oh, ist das jetzt so ein belgisches Fruchtbier? Das ist doch bestimmt nicht im Reinheitsgebot. Das ist doch kein Bier. Wie du sagst, diese Überraschung, dass man eben aus Hopfen so viel Fruchtigkeit auch gewinnen kann.

Markus: Ja. Also das absolut. Da muss man vielleicht auch noch eines sagen, was immer noch ein Problem ist. Es ist ganz was anderes, wenn man in Amerika ist, zum Beispiel im Yakima Valley, da wo eben der ganze Hopfen angebaut wird im pazifischen Nordwesten, und dort dann so ein ganz frisches IPA trinkt, das ist noch mal eine ganz andere Hopfen-Aromatik als das, was man hier bei uns bekommt, weil halt einfach wirklich dieses Thema praktisch vom Feld direkt ins Bier dort noch mal anders gelebt wird und deswegen die ganze Hopfen-Aromatik da auch noch mal anders rüberkommt. Also gibt’s mittlerweile schon bei uns auch gute Exemplare, aber es hat lange gedauert. Vorher waren das bei uns oft Biere, die deutlich hinter denen zurückgestanden sind, was jetzt die Patenbiere, sagen wir mal, aus den USA gekonnt haben. Aber wie du sagst, trotzdem war das auch für die Leute hier eine völlig neue Welt. Ich bin selber auch davon begeistert, also ich mag das auch total gerne und finde das faszinierend. Man spielt mit diesem Bierstil IPA jetzt auch in ganz viel Art und Weise rum. Jetzt gerade sind die New England IPAs ziemlich heiß, sagen wir mal, also wo es einfach darum geht, sehr fruchtige und nicht so bittere Biere zu haben. Und da gibt’s auch tolle alkoholfreie Varianten zum Beispiel davon. Das ist wirklich eine tolle Welt, also wo ich mich auch total glücklich fühle, dass ich das haben kann. Und ich finde das super.

Jörn Gutowski: Beim Malz haben wir schon gesagt, das ist relativ einfach, ich kann das schon sehr stark eben an der Farbe unterscheiden, was für ein Malz dort drin ist. Wie kann ich denn Biere nach Hopfen unterscheiden? Welche Möglichkeiten habe ich da? Oder wenn ich sage, ich mag es sehr gerne hopfenlastig, worauf kann ich achten als Konsument?

Markus: Na ja, wenn ich das praktisch nur von der Flasche her beurteilen kann, dann kommt es drauf an, wenn mir die Bittere wichtig ist, dann kann ich schauen, ob auf der Flasche eine Bittere angegeben ist. Da gibt’s eine Einheit, nämlich Bittereinheiten. Das wird in der Regel Englisch abgekürzt in International Bitter Units, IBU. Das geht eben, also ein deutsches Pils geht, sagen wir, so bis 30, maximal 35 IBU, und dann kann man eben, wenn man gerne viel Bittere haben möchte, dann schaut man eben, dass das auf 50, 60 vielleicht 70 nach oben geht. Dann habe ich also schon mal eine klare Erwartungshaltung, dass da eine ordentliche Bittere dabei ist. Meistens ist es dann auch mit einer entsprechenden Aromatik, was jetzt die ätherischen Öle angeht, verbunden. Das andere ist, wenn das Bier schon möglich ist zu probieren, zum Beispiel in einer Kneipe, wenn ich sage, ich will mal einen Probierschluck, dann sollte man einfach mal die Nase benutzen. Das merkt man dann sofort, also ein sehr hopfenaromatisches Bier, da schlägt‘s einem entgegen, was eben entweder so fruchtige Mango, was weiß ich, Papaya, Litschi, solche Aromen sind, oder eben Richtung so harzig Pinie oder auch Zitrus einfach, so Grapefruitaromen, in diese Richtung, bis hin zu floralen, sowas wie Jasmintee oder so. Also da gibt’s eine ganz große Bandbreite, die kriegt man dann natürlich auch mit, und dann kann ich auch erwarten, dass ich, wenn ich das schon rieche in der Nase und nicht draufsteht, dass da irgendwelche künstlichen Aromen drin sind, dann werde ich auch ein entsprechend hopfenbetontes Bier haben.

Jörn Gutowski: Wir hatten es schon auch angesprochen, das Thema IPA, für diejenigen, die es noch nicht ausprobiert haben, wenn man das einfach mal ausprobieren will, sehr stark gehopfte Biere, dass man auf jeden Fall in die Richtung IPA mal schaut. Wie du sagst, innerhalb des IPAs dann wiederum es unterschiedliche aromatische Stilistiken gibt, aber dass das schon sehr stark gehopfte Biere dann sind.

Markus: Genau! In der Regel, also aus unserer Sicht, sagen wir mal so, ein India Pale Ale. Man darf aber eben nicht vergessen, es ist ein großer Unterschied, ob wir uns hier mit einem India Pale Ale aus England beschäftigen, was traditionell gebraut ist, das ist ganz anders, das hat einen ordentlichen Malzcharakter, das ist natürlich schon ein bisschen bitter, aber ist bei weitem nicht das, was man aus Amerika kennt, und es hat vor allem in der Regel gar nicht diese Aromatisierung, weil da nicht Hopfen gestopft wird. Also da würde ich auch nochmal unterscheiden, es gibt ein traditionelles Pale Ale und India Pale Ale aus England, das oft als Real Ale dort auch entsprechend ausgeschenkt wird. Und es gibt eben das, was die Craft-Brauer machen auf der ganzen Welt, ausgehend von Amerika, aber mittlerweile auch bei uns oder auch in England, die dann eben diese Bierstile benutzen als Leinwand sozusagen, um dann mit ihren intensiven Hopfen-Aromatiken da nochmal was obendrauf zu zaubern und praktisch diesen Bierstil IPA nur als ihre Bühne benutzen, um dann eben mit ihren Rohstoffen entsprechend zu arbeiten.

Jörn Gutowski: Klang schon durch, es gibt verschiedene Hopfensorten. Hast du einen Lieblingshopfen?

Markus: Das ist gar nicht so einfach, weil nicht jeder Hopfen immer gleich ist und weil auch nicht jeder Jahrgang immer gleich ist. Aber ich habe so ein paar Hopfen, an die ich mich einfach gern erinnere. Zum Beispiel haben wir mit unserem ersten Biersommelier-Kurs damals ein Bier gebraut, das war ein Weizen-Doppelbock. Damals gab‘s relativ neu einen Hopfen aus der Hallertau, der hieß Hallertauer Blanc. Der hat, wie der Name schon sagt, so Sauvignon-Blanc-Aromen, so weinige Aromen, gewürzige Aromen, so ein bisschen Muskateller auch. Und das im Zusammenspiel mit diesen intensiven Weizenbock-Aromen, sehr bananig, sehr fruchtig, sehr intensiv, das war wirklich ein ganz tolles Erlebnis. Also an das Bier erinnere ich mich heute noch. Wir hatten das damals auch auf der Consumenta, glaube ich, in Nürnberg dabei und haben das dort ausgeschenkt. Die Leute haben uns das wirklich aus den Händen gerissen. Da hat man mal gemerkt, was ein Hopfen machen kann, wenn man den so ganz gezielt einsetzt, um so einem Bier noch so einen Twist zu geben. Also das zum Beispiel. Aber wie gesagt, es gibt viele tolle andere Hopfensorten, die Klassiker aus Amerika kennt man ja, Amarillo, Simcoe, Cascade, das sind so diese typischen, die auch dann diese Tropenfrucht-Aromen ergeben. Oder eben bei uns gibt’s zum Beispiel Mandarina Bavaria, ein ganz toller Hopfen, der in letzter Zeit ein bisschen verkannt wird. Der eigentlich, eben wie der Name schon sagt, so Mandarine, Orange bringt und der eine ganz tolle Eigenschaft hat auf der Anbauseite, der ist nämlich sehr tolerant gegenüber dem Klimawandel. Und deswegen ist es fast schade, dass der jetzt gerade großflächig wieder rausgerupft wird, weil das nämlich wirklich für die Zukunft ein großes Thema sein wird, gerade beim Hopfenanbau, wo der überhaupt noch möglich sein wird und in welchem Maße.

Jörn Gutowski: Spannend! Also Hopfen, ein spannendes Thema. Aber lass uns noch mal zur Hefe kommen. Hefe, muss sich auch wiederum gestehen, für mich war lange Zeit Hefe einfach nur Mittel zum Zweck, Hefe ist irgendwie ein Katalysator, der einfach Zucker in Alkohol und CO2 umwandelt und das war’s. Ich fand es halt interessant, weil ich mich auch mit unterschiedlichen Themen beschäftige, mit dem Thema Wein und Whisky. Und wenn man sich mit den Themen beschäftigt, da auch, dass man eben merkt, nein, nein, Hefe macht noch so viel mehr, Hefe ist auch so verantwortlich für die Aromatik. Was macht denn die Hefe im Bier und welche Unterschiede gibt’s da bei den Hefen?

Markus: Es gibt natürlich auch da riesengroße Unterschiede. Wobei man auf der einen Seite natürlich sagen muss, das, was wir jetzt in Deutschland als normales Bier kennen, das sind die untergärigen Biersorten, das ist eine Hefe, die bei kalten Temperaturen vergärt. Deswegen heißt sie auch untergärig. Die gibt’s erst so richtig seit dem 13., 14. Jahrhundert, hat sich dann so von Bayern aus ausgebreitet in den Rest der Welt. Dominiert heute international alle Biere. Und diese Hefe hat eben die Eigenschaft, weil sie bei kalten Temperaturen vergärt, dass sie neben ihrem normalen Job, nämlich einfach nur den Zucker umzuwandeln in Kohlendioxid und Alkohol, sonst eigentlich kaum eigene Aromen produziert. Das heißt, diese Hefe ist wirklich sehr zurückhaltend, bringt letzten Endes die Kohlensäure ins Bier und eben den Alkohol, und das ist es dann auch. Aber was wir dann eben sonst noch kennen, ist bei uns jetzt zum Beispiel die klassische obergärige Hefe. Das ist praktisch der alte Hefestamm, letzten Endes auch eine Backhefe. Und die macht eben dieses bananige, fruchtige, manchmal auch eher so ein bisschen nelkenartige Aroma in die Weißbiere, die wir so kennen. Das ist dann so in Deutschland das Thema Hefe-Aromatik. Und wenn ich dann die deutsche Bierwelt verlasse oder in die historische deutsche Bierwelt gehe, dann kann man da auch so Sachen haben wie zum Beispiel beim Wein, der Orange Wine, dass ich also da durchaus spontane Vergärungen habe, dass ich wilde Hefen habe, besondere Hefestämme, die dann eben noch mal andere Aromen machen. Bekannt sind auch Hefen, die man vom Wein kennt, Brettanomyces zum Beispiel, ein wilder Hefestamm, der dann so diese Pferdedecke, schweißigen Aromen zum Beispiel ins Bier bringt. Oder es gibt eben obergärige Hefestämme in der belgischen, englischen Bierwelt, die dann so Richtung Apfel-, Richtung Birne-Aromen produzieren. Und es gibt natürlich jetzt ganz moderne Hefeforschung, das ist auch ganz spannend, wo man wirklich versucht, Aromen, die man normalerweise zum Beispiel übers Malz oder über den Hopfen ins Bier bringt, eben über die Hefe ins Bier zu bringen. Und das ist auch ganz spannend, da gibt’s zum Beispiel Hefen, die machen dann Zitrusaromen oder machen dann Pfirsich oder sowas. Also auch da ist es bei weitem noch nicht ausgelutscht. Und viele Brauereien haben eigene Hefereinzuchten, eigene Hefebanken, oder sind eben zusammengeschlossen und Kunden einer großen Hefebank und arbeiten da dann zusammen. Da kann man auch sein Bier ganz deutlich in bestimmte Richtungen schubsen, je nachdem, was man gerne möchte.

Jörn Gutowski: Aber gibt’s denn auch Entwicklungen, weil du sagtest, die untergärigen Hefen bringen wenig Geschmack oder sollen auch weniger Geschmack, aber gibt’s bei untergärigen dann auch Entwicklungen dahingehend, dass da Hefesorten sind, die noch mehr Geschmack dann bringen oder ist das dann immer automatisch im obergärigen Bereich?

Markus: In der Regel, sagen wir so, ich bin jetzt nicht ganz so in der Forschung drin, aber es wäre mir jetzt neu, dass man im untergärigen Bereich gezielt nach Aromen sucht, weil genau das die Eigenschaft ist. Das kann man sich ehrlich gesagt so ein bisschen vorstellen wie beim Menschen: Wenn ich dich jetzt nehme, lasse dich jetzt draußen rumrennen, dann hat es, was weiß ich, zehn Grad, dann kommst du zurück und schaust so aus wie vorher. Und wenn wir das Ganze in drei, vier Monaten machen, dann hat es da draußen 30 Grad, dann hast du halt ordentlich geschwitzt und hast auch deine Gärungsnebenprodukte gebildet. Das hat einfach was mit der Temperatur letzten Endes zu tun.

Jörn Gutowski: Ja, das ist ein schönes Bild.

Markus: Und man merkt, nur dass es dadurch immer so als positiv wahrgenommen wird, aber es ist letzten Endes so. Das Spannende ist zum Beispiel, als dann die untergärigen Hefen nach Amerika kamen, da ist dann in beide Richtungen etwas passiert. Also es gab viele Brauereien, die eben vorher obergärig gebraut haben, die dann versucht haben, diese obergärigen Biere eher kälter zu vergären, um die Hefe-Aromatik eher ein bisschen rauszunehmen. Und es gab umgekehrt viele Brauereien, die mit der neuen untergärigen Hefe gearbeitet haben, aber eben nicht in der Lage waren, so richtig kühl zu arbeiten, sondern haben dann eher so mittelwarm vergoren. Da sind dann eben so amerikanische Bierstile wie Cream Ale, wie das Steam Beer und so weiter entstanden, die dann zum Beispiel auch Hefe-Aromatiken haben oder eben weniger Hefe-Aromatik haben. Also auch eine spannende Geschichte, da kann man auch natürlich länger drüber reden.

Jörn Gutowski: Du sagtest ja schon, ich meine, was wir in Deutschland am meisten als ein hefebetontes Bier kennen, ist das Weizen, oder wird oft auch als Hefebier bezeichnet. Das heißt, da kann man einfach mal schmecken, was macht eine Hefe aromatisch. Wie du schon sagtest, diese Bananenaromen, die sehr, sehr stark da drin sind, oder eben so eine gewisse Fruchtigkeit. Du sagtest, es gibt andere Biere in England und auch in Belgien, die auch obergärige Hefe haben. Kannst du mal so zwei, drei Bierstile sagen, die sind interessant, wenn man das noch mal sehen will, was Hefe aromatisch noch machen kann im Bier?

Markus: Na ja, in der belgischen Welt, sagen wir, bei den normalen Bierstilen, wären wir da ganz klassisch bei einem Blonde, bei einem Tripel. Das sind die hellen Biere aus der belgischen Bierwelt. Bei den Tripel Bieren geht’s auch schon fast Richtung Banane, da hat man oft auch noch so pfeffrige Noten zum Beispiel. Beim Blonde hat man oft eher so dieses Apfel-Birne-Aroma so ein bisschen. Dann gibt’s dort Bierstile, die nennen sich Saison oder Farmhouse Ales, die oft nur mit obergärigen Hefen, manchmal auch mit wilden Hefen noch dazu vergoren werden, die dann eben auch so fruchtige und gewürzige Aromen aus den Hefen haben. Dann gibt’s die dunklen Biere in Belgien, das Dubbel, das Quadrupel zum Beispiel, das Dark, Strong Dark Ale. Da geht es dann in so eine dunkle Beeren-Aromatik. Viele assoziieren das zum Beispiel auch mit so Kaugummiaromen. Das ist schwierig, das muss man mal gerochen haben, um das dann auch wirklich so einordnen zu können.

Jörn Gutowski: Also ein Hubba Bubba oder sowas?

Markus: Hubba Bubba, genauso, ganz genau, in so eine Richtung. Dann eben wie gesagt, in den USA experimentieren die natürlich extrem mit verschiedensten Hefen. Und wenn man dann eben sowas hat wie eben Berliner Weisse, die die dort zum Beispiel mit Joghurtkulturen herstellen oder sowas, da kommen dann auch noch mal ganz eigene Aromen dazu. Vielleicht die spannendste Welt ists letzten Endes die belgische Sauerbier-Welt. Wobei den Begriff Sauerbier finde ich etwas unglücklich, weil das in Deutschland immer gleich mit negativ assoziiert wird. Das sind halt Biere, die bewusst Säure haben, die auch über Jahre hergestellt werden, was ein ganz komplexer Produktionsprozess ist, kennt man als Lambic oder Geuze. Und das gibt’s dann auch noch in einer Fruchtvariante. Und da sind eben viele wilde Hefen im Einsatz, die auch noch mal ein ganzes Bundle an Aromen mit sich bringen. Also insofern, da kann man nur sagen, probiert‘s, dann spürt‘s, so ungefähr. Also einfach mal rein verkosten, offen sein. Und ich setze es auch oft ganz bewusst bei Menüs ein. Wenn wir Bier-Dinner haben, dann serviere ich so ein belgisches Geuze einfach mal im Sektglas, relativ kühl, den Leuten am Anfang. Und sage denen gar nicht, was das ist. Dann sagen die immer: Ja, schön, dass wir hier so ein Bier-Dinner haben, aber wieso kriegen wir jetzt Champagner? Dann erkläre ich denen: Ist kein Champagner, ist Bier. Und so, glaube ich, muss man die Leute da auch ein bisschen ranführen, weil gerade in Deutschland viele einfach unter Bier das verstehen, was sie kennen. Und bei vielen hört der Horizont eigentlich schon beim Pils auf. Dann ist es immer ganz schwierig, denen zu sagen, du kriegst jetzt ein Bier, und ihnen dann ganz was anderes einzuschenken, als was sie kennen. Ich mache es oft so, dass ich ihnen erst was zu trinken gebe und dann mit ihnen erarbeite, wonach das riecht und wonach das schmeckt und ob sie das mögen. Und dann kommen wir erst dazu, dass das jetzt ein Bier ist und warum und wieso und was dahintersteckt.

Jörn Gutowski: Ja, das kann ich unterschreiben. Also diese Erfahrung mit der Berliner Weisse schon, auch das wieder, wenn man das einigen Leuten vorsetzt und sagt, hier ist ein Bier, probiere mal, dass die erste Reaktion erstmal eine Grimasse ist, weil man diese Säure nicht erwartet. Aber genau das, wenn ich sage, hier ist ein Cidre oder sowas in die Richtung, dass dann die Reaktion ganz anders ist.

Markus: Absolut!

Jörn Gutowski: Auch als deutschen Bierstil oder gerade Berliner Bierstil finde ich das superspannend, das ist auch meine Empfehlung für Leute, mal die Berliner Weisse, und das auch, weiß nein, nicht rot oder grün, nicht mit Sirup, sondern nur das Bier alleine zu probieren. Wenn man da eben mit dieser offenen Haltung rangeht, dass man diese apfeligen Noten, diese Frische, diese Spritzigkeit erwartet und nicht das typische Pilsaroma. Das ist interessant bei Berliner Weisse, weil die sehr wenig vom Malz und sehr wenig vom Hopfen, sondern sehr stark von der Hefe geprägt ist und von diesen sehr bestimmten Hefesorten, Brettanomyce, die da drin sind, plus diese Milchsäure-Vergärung als zweite. Was mal was ganz anderes ist, und das finde ich auch spannend, hey, das ist auch ein anderer Bierstil.

Markus: Absolut! Die Berliner Weisse kann ich auch nur empfehlen. Also erstmal vom Grund-Bierstil her natürlich, wie du schon sagst, die wilden Hefen machen da ihren Job. Das ist eben nicht nur die Milchsäure-Gärung, das ist vielleicht auch ein Punkt, da sollte man ein bisschen drauf achten, wenn man die echte quasi Berliner Weisse wirklich wieder probieren will, dann sollte man ein Bier nehmen, wo eben nicht nur Milchsäure-Gärung stattgefunden hat, sondern eben auch wilde Hefen mit Bestandteil waren. Das machen in Berlin momentan noch nicht so viele Brauer, aber das wird schon auch noch weiter zunehmen. Ist auch immer so ein Thema, weil diese wilden Hefen dann auch schwer zu kontrollieren sind. Da hat jeder Brauer Angst, dass die dann in der Brauerei eben ihr Unwesen treiben, auch da, wo man das nicht will.

Jörn Gutowski: Man braucht da quasi einen eigenen Bereich dafür, eigene (unv. #01:08:14.2#), die nur dafür sind, weil man ansonsten ein Problem hat.

Markus: Richtig, genau! Im Idealfall hat man dafür eine eigene Brauerei. Also der erste, der dafür eine Lösung gefunden hat, war der Jürgen Solkowski von Meierei in Potsdam. Der hat das so gemacht, dass er diese wilden Hefen dann in seine Fässer rein hat und dann praktisch die die Berliner Weisse Würze da hineingegeben hat. Und dadurch, dass dann das nur in den Fässern stattgefunden hat, konnte er eben diese wilde Gärung von der restlichen Brauerei so ein bisschen loslösen. Natürlich haben mittlerweile andere da noch geschmeidigere Lösungen entwickelt. Aber das ist wirklich ganz wichtig, dass man das eben dann trennt, wenn man andere Biere auch noch herstellt. Also da hat zum Beispiel die Ulrike Genz natürlich einen Vorteil, die macht fast nur so ihre wilden Biersorten von der Schneeeule und experimentiert da auch viel. Also hat auch Berliner Weisse mit Hopfen zum Beispiel mit richtig intensiven Hopfenaromen oder eben auch mit Ingwer, den mag ich total gerne, oder mit Chili. Da kann man natürlich tolle Sachen machen. Oder auch Lemke, die das zum Beispiel mit frischem Waldmeister machen, also wo man praktisch diese Idee der Himbeere oder Waldmeister Weissen aufgreift, aber nicht mit diesem zuckersüßen Sirup-Zeugs, sondern eben ganz bewusst sagt, wir arbeiten da mit frischen Früchten oder eben mit frischen Kräutern und vergären das mit. Und das sind auch supertolle Experimente, bis hin als letztes vielleicht auch so eine holzfassgelagerte Berliner Weisse, was auch Lemke macht, die Eiche. Das ist auch eine faszinierende Idee. Also sowas zusammenzubringen mit so karamelligen Aromen aus dem Holzfass, dann diese Säure, das ist ganz großes Kino und superspannend.

Jörn Gutowski: Da wird auch so ein bisschen experimentiert. Was ich vorher auch nicht kannte, das Thema der Reifung da nochmal im Fass, im Holz. Da wird mit unterschiedlichen Stilen auch mit experimentiert, sei es, ich glaube, klassischerweise gern aus dem Stout-Bereich, wo das natürlich sehr gut passt in diesem Bereich. Aber das war auch für mich eine neue Welt zu sagen, das sind fassgereifte Biere. Wo man dann natürlich auch, klar, auch preislich in andere Richtungen kommt, weil das natürlich eine ganz andere Sorgfalt, eine ganz andere Zeit, zeitliche Ressource auch dann in Anspruch nimmt. Aber das ist natürlich auch so ein interessantes Bild, wo man wirklich so bei Bier sagt, es gibt Durstlöscher, also schlankere Biere, die sollen auch einfach sein, die sollen süffig sein, und dann aber auch dieser andere Bereich, jetzt lass uns mal über Genuss reden, lass uns über auch Essensbegleitung sprechen, was du auch viel machst. Was sind da noch mal so ein paar interessante Sachen, wo du sagst, sei es natürlich Holzlagerung oder sonstige Dinge, die einfach noch mal eine ganz andere Welt aufmachen?

Markus: Ja, da gibt’s auch natürlich nochmal wieder viele tolle Möglichkeiten. Also die wahrscheinlich gängigste hast du jetzt gerade angesprochen, eben die Holzfasslagerung. Das ist was, was einerseits eine altbekannte Geschichte ist, weil es natürlich früher schon Holzfässer gab, aber man hat früher natürlich versucht, ganz bewusst den Kontakt zwischen Bier und Holz möglichst zu minimieren. Deswegen hat man die Holzfässer innen mit Pech, dieses Baumharz, ausgekleidet und eben dafür gesorgt, dass möglichst wenig Kontaktfläche zwischen eben Inhalt und Holz da war. Mittlerweile hat man das so ein bisschen entdeckt, um eigentlich das Gleiche zu machen wie beim Wein oder bei Spirituosen, dass man eben sagt: Im Gegenteil, ich versuche ganz bewusst durch das Holz eine Aromatik ins Bier zu bekommen. Nur ist das aber nicht so einfach: Einerseits darf man nicht vergessen, dass eine Spirituose mit einem ganz anderen Alkoholprozentsatz in so ein Fass hineinkommt und der Alkohol natürlich dann als Lösungsmittel auch nochmal ganz andere Eigenschaften hat, aus dem Holz entsprechend Aromen rauszuholen. Und dann ist es beim Bier natürlich auch so, dass das aufgrund des niedrigen Alkoholgehalts noch dazu auch anfällig ist für Infektionen aller Art und im Holz natürlich auch Bakterien aller Art sein können. Deswegen ist eben Holzfasslagerung wirklich gar nicht so einfach. Das hat sich dann eher eingebürgert, tatsächlich ziemlich starke Biere in Holzfässer zu stecken, also zum Beispiel eben Imperial Stouts oder dunkle Doppelböcke oder sowas, wo ich vom Alkoholgehalt schon deutlich über 10 % liege. Das stabilisiert das Ganze wieder ein bisschen und erhöht auch ein bisschen die Aromen-aufnahme. Und dass man bei den Fässern auch dann weggekommen ist von normalen Holzfässern zu Fässern, wo vorher schon was anderes drin war. Also zum Beispiel ein Whiskyfass, ein Ginfass, ein Rumfass, irgend sowas, und man dann eben das frisch lehrt, mit Stickstoff füllt, so dass dann immer noch diese Rum-Aromatik zum Beispiel in diesem Fass ist, und dann eben das Bier hineingibt und das dann nicht nur Holzaromen nimmt, sondern eben auch diese Rum-Restaromen aus diesem Fass.

Jörn Gutowski: So ein bisschen von diesen Scotch Whisky Brennern geklaut die Idee.

Markus: Ja, natürlich! Und eben noch dazu dann jetzt sagt, dann lasse ich das aber nicht nur alleine, sondern dann blende ich das auch noch und nehme mir dann zum Beispiel verschiedene Fässer, in denen verschiedene Spirituosen vorher drin waren und vielleicht auch normale Fässer, und habe da jeweils Bier drin. Dann mache ich daraus dann eine Mischung, einen Blend, eine Cuvée, und habe dann am Ende wirklich ein ganz einzigartiges Produkt. Das ist natürlich toll, also aromatisch sensationell, da gibt’s ganz, ganz tolle Beispiele. Problem an der Geschichte ist oft, dass es nicht reproduzierbar ist, weil das dann einfach was ist, das kann ich einmal so herstellen, und wenn dann die Fässer leer sind, dann war‘s das auch. Dann muss ich wieder neu anfangen, wieder neue Ideen haben. Und das andere ist natürlich, dass dieses Verfahren auch sehr, sehr kostspielig und zeitintensiv ist und solche Biere natürlich dann auch entsprechend ein Preisschild haben müssen, was anders ausschaut als bei dem normalen Bier. Aber wie gesagt, es gibt faszinierende Vertreter dieser Art. Ich muss sagen, worauf wir natürlich immer ein bisschen achten, gerade bei den Bierwettbewerben, ist natürlich, dass es verhältnismäßig einfach ist zu sagen: Ich nehme jetzt einfach ein Imperial Stout und haue das in ein Whiskyfass und fülle das dann ein halbes Jahr später ab, weil dann habe ich natürlich eine sehr intensive Aromatik aus dem Bier und eine sehr intensive Aromatik aus dem Whisky und irgendwie haut das alle Leute um, weil es völlig intensiv ist. Aber auf der anderen Seite geht’s nicht nur darum, sondern es geht eben auch darum: Ist das harmonisch, ist das spannend? Spielen die beiden Komponenten miteinander, also das Bier, das Fass oder vielleicht auch die Spirituose? Ist das insgesamt eine runde Geschichte und so? Da gibt’s dann eben auch Biere mittlerweile, die eben zum Beispiel im Alkoholgehalt eher bei fünf, sechs Prozent liegen und vielleicht nur einen leichten Holztouch haben, der aber dann wieder sehr spannend ist. Und dann ist das insgesamt vielleicht die größere Kunst, sowas herzustellen als eben so ein 12 % Whisky Stout. Da muss man eben auch ein bisschen gucken, dass man nicht nur die Brauer belohnt, die jetzt da nach der Methode „viel hilft viel“ arbeiten, sondern eben auch ein bisschen schaut, wo ist denn da wirklich handwerkliche Kunst und eine Idee und ein wirklich ganz besonderes Produkt dabei.

Jörn Gutowski: Spannend! Vielleicht abschließend zwei Sachen. Einmal, wir hatten vorher schon, also wir haben ja gesprochen, dass es bei den Bier-Stilistiken malzbetonte oder hopfenbetonte oder hefebetonte Biere gibt. Und du hast auch schon so angeklungen, es gibt auch interessante dann Mischungen wie vielleicht jetzt ein dunkles Hefe, was Malz und Hefe reinbringt, geschmacklich. Gibt es denn aus deiner Sicht auch ein Bier, was den Dreiklang hat aus so zu gleichen Teilen malz-, hopfen- und hefebetont ist?

M: Ja, ich überlege grad. Das ist gar nicht so einfach. Also zu gleichen Teilen muss ich fast sagen, nein. Es gibt natürlich tolle Biere, zum Beispiel Black IPAs oder so, aber da spielt die Hefe keine große Rolle, da bin ich in der Mischung zwischen Malz und Hopfen. Ich habe diese belgischen dunklen Biere, zum Beispiel Quadrupel, Dubbel oder so, die dann entsprechend auch wieder Malz- und Hefe-Aromatik spielen, Hefe und Hopfen.

Jörn Gutowski: Gibt es ein dunkles Weizen IPA?

Markus: Mittlerweile gibt’s natürlich alles. Also natürlich gibt’s das und das wird man irgendwo kaufen können. Aber das Problem ist, es ist, glaube ich, unheimlich schwer, wenn nicht sogar unmöglich, diese Aromen wirklich so in Einklang zu bringen, dass man die alle miteinander schmeckt und entsprechend die Herkunft auch noch zuordnen kann. Das ist, glaube ich, wirklich schwer. Wie gesagt, auf dem Markt gibt’s das garantiert, und wenn man das entsprechend vorher den Leuten so beschreibt, dann werden sie das auch schmecken. Also von den genuinen Bierstilen her wüsste ich jetzt automatisch eigentlich nichts, was das wirklich alles miteinander widerspiegelt. Ist schwierig, ich meine, letzten Endes, wenn man ein schönes englisches Pale Ale nimmt, dann hat man eine Ausgewogenheit zwischen Malz und Hopfen und hat irgendwo auch noch ein bisschen Ester aus der Hefe. Man könnte das schon irgendwie darstellen. Aber das ist auch schwierig, das ist ähnlich wie beim Kochen auch. Wenn du jetzt sagst, du kochst irgendeine Suppe und haust von jedem Gewürz 20 Gramm rein, dann liest sich das super auf der Zutatenliste, aber ob das dann wirklich irgendjemand schmeckt und ob der dann in der Lage ist, was weiß ich, Thymian, Koriander, Salz, Pfeffer, was man alles da reinschmeißen kann, Ingwer, raus zu schmecken, das ist dann natürlich irgendwann auch schwierig. Deswegen ist, glaube ich, auch so der Punkt, dass die wahre Kunst, glaube ich, eher besteht, wirklich ein gutes Produkt, was schon eine gewisse Palette widerspiegelt, aber auch eine Erkennbarkeit hat und wo man auch sagt, das ist jetzt wirklich spannend, zum Beispiel da jetzt diese Hopfen-Aromatik sehr schön wahrnehmen zu können. Wäre mir ein zu viel an verschiedenen Sachen wahrscheinlich am Ende auch wirklich zu viel.

Jörn Gutowski: Du kennst dich so viel aus mit Bier, hat es dich eigentlich irgendwann selber in den Fingern gejuckt, eine eigene Brauerei zu eröffnen?

Markus: Eine eigene Brauerei zu eröffnen, Gott sei Dank nicht. Weil Gott sei Dank auch vorher der Versuch da war, überhaupt erstmal Bier selber zu machen. Natürlich weiß ich, wie das geht, und ich habe auch mit Braukursen schon des Öfteren Bier gebraut, aber man muss eben noch viele Eigenschaften haben, die ich nicht oder zumindest nicht so gut habe, um am Ende ein gutes Bier machen zu können. Das ist ganz wichtig, vor allem eben ein Verständnis für den Prozess, für die Hygiene, für die Temperaturen, für all das, was eben der Brauer auch in seiner jahrelangen Ausbildung lernt. Also das vergessen auch viele Biersommeliers immer, da macht man zwei Wochen irgendeinen Kurs oder bei uns 16 Wochen, aber trotzdem, das ist was anderes als da wirklich jahrelang eine Ausbildung zu machen. Das fehlt mir natürlich und ich weiß auch, ich habe da den Hang auch gar nicht dazu, da bin ich zu wenig perfektionistisch und zu ungeduldig auch. Also dementsprechend, also weiß ich wie es funktioniert und habe den Prozess auch schon ein paar Mal gemacht, aber ich war mit dem Ergebnis nie wirklich zufrieden und bin eigentlich heilfroh, dass es Leute gibt, die das wirklich richtig gut können und deren Ergebnisse ich dann Gott sei Dank trinken darf.

Jörn Gutowski: Wunderbar! Meine letzte Frage wäre, Markus: Was denkst du, was für Biere trinken wir so in 15 Jahren, also wo geht da die Reise hin? Glaubst du, dass wir anders Bier trinken werden, oder wird das ähnlich bleiben?

Markus: Ich glaube, das letzte ist der Punkt, wir werden anders Bier trinken und wir werden anderes Bier trinken. Wobei die Frage nochmal ist, wer ist wir? Also du und ich, wir beide werden wahrscheinlich mehr oder weniger ähnliche Biere trinken wie jetzt auch. Aber wenn man vom gesamten Markt her sieht, da zeichnen sich ganz klare Tendenzen ab. Also die eine Tendenz ist Richtung alkoholfrei. Man hat jetzt gerade bei der jungen Zielgruppe immer größere Anteile von Leuten, die einfach zwar gerne Bier trinken, aber eben nicht mit Alkohol. Da ist entsprechend ein großes Angebot auch schon da, also im Ausland noch größer als bei uns, aber es wächst bei uns jetzt auch enorm. Und ich bin mir sicher, dass in 20 Jahren mich meine Enkel fragen werden: Warum trinkst du überhaupt Bier mit Alkohol, es doch genügend ohne? Und warum musst du dir dieses Gift überhaupt zuführen, wenn man das anders auch kann? Dementsprechend wird sich da, glaube ich, (unv. #01:19:14.3#)

Jörn Gutowski: Macht aber so lustig.

Markus: Ja, ja, genau! Da dreht er seine Rollstuhlkreise ein bisschen schneller. Nein, ich weiß auch nicht. Das wird sicherlich ein Thema sein, weil auch das Thema Gesundheit natürlich eine Rolle spielt. Das ist mir persönlich auch immer ganz wichtig, den Brauereien jetzt zu sagen, gerade den mittelständischen bei uns, wer sich dem jetzt verweigert und verschließt, auch das alkoholfreie Segment zu erschließen, der wird in zehn Jahren ein großes Problem haben. Weil da andere dann so einen Vorsprung haben, dass ich kaum mehr da nachkommen kann. Und damit geht natürlich einher, ein entsprechender Verlust an Absatz an normalen Bieren. Auch das muss ich dann irgendwie kompensieren. Jetzt haben die gerade alle noch Saft und Kraft und deswegen wird es jetzt Sinn machen, sich das auf jeden Fall zu erschließen. Der andere Punkt ist natürlich auch wichtig, dieses ganze Thema rund um Nachhaltigkeit, Regionalität und so, da wird sich sicherlich auch viel tun. Es wird viel Brauereien geben, die mit ihren Rohstoffen noch viel regionaler denken, also sich selbst ihr eigenes Malz zum Beispiel wieder herstellen, mit dem Bauern um die Ecke da kooperieren, entsprechend auch den Hopfen nahe haben und da auch viel experimenteller unterwegs sind. Ich glaube, da wird viel passieren, und es wird sich auch der Trend verstetigen, den wir jetzt schon haben, nämlich dass sich die ganze Bierwelt internationalisiert. Vor 20 Jahren war es noch so, wenn jemand mir ein Weizen hergestellt hat, dann war klar, dass das zu 99 % Wahrscheinlichkeit aus Bayern kommt. Und wenn mir jemand ein Blonde hingestellt hat, dann war das belgisch, und ein Pale Ale war eben englisch oder amerikanisch. Aber heute braut jede Brauerei auf der Welt jeden Bierstil und das wird noch viel mehr werden, so dass es eigentlich eher so eine globale Bierkultur gibt, wo es immer wieder mal so neue Erfindungen, neue Ideen gibt und jeder sich so selber so ein bisschen auslebt. Das ist aber auch was, was ich ganz besonders schätze, ich bin gerade auch global viel unterwegs und da kann man wirklich in jeder Brauerei immer wieder andocken. Das ist einfach nur schön, da eben schon zu erleben, dass egal, ob du jetzt in China, in Russland, in Chile, was weiß ich, auf Taiwan oder sonst wo bist, die Leute trinken alle gerne Bier, die haben eine Faszination für das Thema, und das sind einfach Menschen. Das ist so wichtig in der heutigen Zeit, das zu verstehen, dass das Bier da wirklich ein gutes Mittel sein kann, das auch zu transportieren.

Jörn Gutowski: Markus, was für ein wunderbares Schlusswort, würde ich sagen.

Markus: Danke!

Jörn Gutowski: Man kann natürlich noch so ewig lange über Bier reden, aber ich denke, wir machen einen Cut und ich würde mich freuen, irgendwie in Zukunft das Gespräch mal fortzusetzen. Vielleicht dann auch in Real Life, wie man so schön sagt, mit einem leckeren Bier. Und wir sagen einfach, das ist beruflich, dass du dann auch ein Bier trinken darfst.

Markus: Auf jeden Fall! Und wir können dann vielleicht auch nochmal das Thema Food Pairing aufs Korn nehmen. Das ist nämlich wirklich spannend, weil sich da in den letzten Jahren einfach was getan hat.

Jörn Gutowski: Genau!

Markus: Es gibt einen deutschen Forscher, den du auch kennst, den Professor Vilgis, der eigentlich so als erster es geschafft hat, Food Pairing auch wirklich auf eine wissenschaftliche Basis zu stellen, so dass man jetzt auch wirklich begründen kann, warum Dinge miteinander harmonieren und nicht. Auf der Basis haben wir unsere Ausbildung auch in der Hinsicht aufgebaut. Das ist wirklich spannend zu sehen, wie das funktioniert und dass es funktioniert.

Jörn Gutowski: Das wäre doch mal ein schönes Thema.

Markus: Jo!

Jörn Gutowski: Am liebsten natürlich für mich, wenn ich dann gleich das auch probieren darf.

Markus: Da machen wir einen Live-Podcast und probieren dann so ein bisschen rum.

Jörn Gutowski: Super, wunderbar! Markus, ganz herzlichen Dank dir!

Markus: Sehr schön! Ja, gerne.

Jörn Gutowski: Das war sehr erhellend für mich.

Markus: Auch vielen Dank und auch für deine Offenheit und dass ich die Möglichkeit habe, auch mit dir zu reden. Wunderbar! Toll!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 66 – Interview mit Martin Zuber, Braumeister, Biersommelier und Inhaber von MZ Brew Consulting in Holzkirchen

Martin Zuber hat schon viel erlebt in der Brauwelt. Zu den Sternstunden des Braumeister gehörte sicherlich die Zeit als Braumeister der Brauerei im Eiswerk, in der er in maximal historischem Umfeld spannende Bierkreationen entwickeln durfte. Nach der Zwangsschließung durch den Paulaner-Umzug am Nockherberg ging es für den sympathischen Oberbayern zurück zu den Wurzeln, nach Bad Tölz zur Mühlfeldbräu und aktuell zum Bräu z’Loh. Außerdem wandelt Martin auf selbständigen Pfaden und berät viele Brauereien und andere Player in der Branche, doch hört am besten selbst…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Hallo BierTalk-Freunde! Wir sind schon beim 66. BierTalk, eine schöne Schnapszahl. Schon Udo Jürgens hat gesungen „Mit 66 fängt das Leben erst an“. So ist es bei uns im BierTalk wahrscheinlich auch, aber für diese besondere Sendung haben wir uns natürlich einen besonderen Gast auch eingeladen, und zwar ist das der Martin Zuber. Viele kennen ihn vielleicht noch aus der Brauerei im Eiswerk hier in München. Am Mikrofon ist natürlich der Holger und wie immer der …

Markus: … Markus.

Holger: Wunderbar! Martin, grüß dich, herzlich willkommen und servus! Schön, dass du da bist. Vielleicht stellst du dich den Hörern einfach mal selber vor.

Martin Zuber: Es freut mich natürlich sehr, dass ich beim BierTalk dabei sein darf. Ich begrüße natürlich alle BierTalk-Freunde. 66 Jahre bin ich noch nicht, aber Ende 50, und habe natürlich schon eine lange Karriere in der Bierbranche. Ich glaube, das war auch der Grund, warum ich hier eingeladen wurde und etwas über meine Karriere und was ich jetzt noch so alles tue in der Bierbranche zu erzählen.

Holger: Ganz genau! Du kannst vielleicht die Hörer einfach abholen, also ich erinnere mich, hier in München Braukunst Live!, da war dann die Brauerei im Eiswerk vertreten und du hast gemeinsam mit der Tanja Leidgschwendner eben unglaubliche Spezialitäten gebraut und sehr auf Qualität geachtet. Dann gab‘s die Umbaumaßnahme und soviel ich weiß 2019 ist dann das Eiswerk geschlossen worden. Du kannst uns vielleicht so bei der Braukunst Live! abholen und dann einfach mal weitermachen, wo du jetzt gerade stehst.

Martin Zuber: Die Brauerei am Eiswerk war zunächst eine Pilot-Brauerei, wo man nur Versuche gefahren hat, aber auch für Öffentlichkeitsarbeit genutzt hatte. Irgendwann kam man dazu, dass man die tollen Biere auch vermarkten wollte und das haben wir dann auch getan. Das Spannende war für mich, dass ich auch sehr viel Freiheiten hatte, mich mit neuen Bierstilen auszutoben. Da habe ich natürlich die Craftbier-Szene auch beglücken dürfen mit dem einen oder anderen Bier. Heute nutze ich diese Erfahrungen immer noch und ich bin auch mit involviert in Entwicklung von neuen Bieren und in meiner jetzigen Tätigkeit auch. Das ist eigentlich das Schöne, dass man aufgrund seiner Erfahrung, das geht ja nicht verloren, und dieses Wissen und diese Erfahrung gebe ich heute auch noch gerne weiter.

Holger: Das heißt, du bist selbstständig und braust dann im Auftrag bestimmte Stile, bestimmte Biere, die andere gerne in ihrem Portfolio haben wollen?

Martin Zuber: Letztes Jahr habe ich meine selbstständige Tätigkeit aufgebaut und habe mich sehr breit aufgestellt, was im Nachhinein natürlich sehr günstig war aufgrund der Corona-Situation. Ein Bereich ist auch, Biere weiterzuentwickeln oder neue Biere zu entwickeln. Ja, das ist ein Bereich, wo ich jetzt tätig bin.

Holger: Wie läuft das dann ab? Du bekommst irgendeine Anfrage von den großen Brauereien oder von den kleinen Brauereien oder bist du nur in der Craftbier-Szene und die möchten dann, was weiß ich, eine Kopie des genialen Bourbon Bocks aus der Eiswerk-Zeit und du machst ihn dann nochmal, oder wie geht das?

Martin Zuber: Ganz so ist es natürlich nicht, dass ich jetzt von Großbrauereien Aufträge bekomme, aber ich bin zum Beispiel momentan auch Interims-Braumeister bei Bräu z’Loh hier im operativen Bereich, aber auch in Verbesserung von Prozessen, aber auch Entwicklung von einem neuen Bier. Des Weiteren auch kleine Brauereien oder auch andere, die fragen mich an, ob ich sie unterstützen kann für einen neuen Bierstil. Das verrate ich jetzt schon, ich habe auch das Eiswerk 1851, das war unser erstes Bier im Eiswerk, was wir gebraut haben, das war ein Märzen, und das habe ich jetzt nachbrauen dürfen. Ist seit letzter Woche erhältlich.

Holger: Wir haben auch einen Kontakt zur Familie Lohmeier schon im BierTalk gehabt, wenn sich die Hörer vielleicht erinnern. Das ist auch ein ganz sympathischer Talk gewesen mit der Inhaberin. Da ist vieles im Umbruch und du unterstützt die Brauerei im Moment, wenn ich richtig verstanden habe?

Martin Zuber: Ja, genau! Ich kenne Babsi schon länger, sie hat bei uns im Eiswerk mal ihr Spezialbier abgefüllt und da ist der Kontakt hergestellt worden. Wir waren eigentlich immer freundschaftlich, immer im Kontakt. Und seit diesem Jahr im Februar unterstütze ich sie oder ihre Braumeisterin, die hat jetzt die Stelle gewechselt und jetzt mache ich so Interims-Management. Das klappt total gut und wir haben echt viele Gespräche und Ideen, die wir uns gegenseitig austauschen, um, wie du gesagt hast, den gewissen Umbruch voranzutreiben und auf eine richtig gute Erfolgsspur zu bringen.

Holger: Jetzt müssen wir einmal ganz kurz nach Oberfranken schalten. Bamberg, hallo Bamberg! Ist Bamberg da?

Markus: Ja, ja, Bamberg ist da, Bamberg ist immer noch fasziniert. Es ist natürlich toll, also gerade bei der Babsi freut es mich total, dass sie da mit dir jetzt echt eine gute Unterstützung hat. Es war ein toller BierTalk und da hat man eben auch so richtig gemerkt, was eben die Brauer heutzutage bewegt, also gerade in diesem Umfeld eben mit dem Umbruch, der sowieso stattfindet mit dem Generationswechsel, mit dem ganzen Thema jetzt mit Corona, mit den Einschränkungen. Und da ist es natürlich unheimlich wichtig, wenn dann jemand unterstützt, der einfach Erfahrung hat und das Ganze weiter nach vorne bringt. Das finde ich natürlich richtig cool und ich habe natürlich auch deine Website angeschaut. Das schaut natürlich auch cool aus, Martin Zuber Brew Consulting heißt es glaube ich. Also auch sehr spannend. Und ich habe auch schon mit Lust verfolgt, was du alles an Veranstaltungen machst und bin über den Holzfassanzapf-Kurs gestolpert. Was ist denn das und was lernt man da?

Martin Zuber: Diese Anzapfkurse haben wir früher schon immer durchgeführt für Politiker, die nervös waren, weil sie in einem Bierzelt ein Holzfass anzapfen mussten. Da haben wir einfach gesagt, die sollen ein bisschen professioneller auftreten, und dann haben wir Holzfassanzapf-Kurse angeboten. Bis hin zu den Bierköniginnen, Bayerische Bierköniginnen, denen habe ich auch immer das Anzapfen beigebracht. Das plane ich auch weiterhin anzubieten. Und ich arbeite da auch zusammen mit der Schlossbrauerei Valley. Das ist bei mir in der Region. Das ist eine kleine Brauerei, die Graf Arco gehört. Mit dieser Brauerei arbeiten wir zusammen und da haben wir vor, gewisse Veranstaltungen durchzuführen, was natürlich jetzt Corona-bedingt sehr schwierig war. Aber die Idee ist vorhanden und ich denke mal, dass wir jetzt demnächst weiter durchstarten werden.

Markus: Ja, auf jeden Fall! Ich meine, gut, bei den Veranstaltungen geht’s uns auch so, aber es wird jetzt wieder, also es schaut gut aus, Bamberg ist jetzt wirklich ganz nah an der Null. Insofern, es wird. Aber nochmal zurück zu diesen Holzfassanzapf-Kursen. Das heißt also, da hat man dann, was weiß ich, zehn 50er Fässer dastehen und dann müssen die das entsprechend üben. Und wer trinkt dann das ganze Bier?

Martin Zuber: Das geht natürlich so nicht, ganz klar. Wir haben ein leeres Fass und am leeren Fass wird trainiert. Das heißt: Wie halte ich den Schlegel? Wie wird der Wechsel genau positioniert? Wie ist meine Körperhaltung? Und so weiter und so fort. Das übt man am leeren Fass und man kann so lange üben, wie man mag. Man macht das Fass dann wieder zu. Und das Finale ist dann, wenn sich der Lernende, wenn er sich sicher fühlt, dann darf er zum Schluss auf ein volles Fass anzapfen. Letztendlich ist Training am leeren Fass und zum Schluss darf er ein volles Fass anzapfen. Das wird dann meistens auch probiert logischerweise.

Holger: Das ist doch jetzt ein sehr, sehr schönes Stichwort, probieren und Fass anstechen. Ich weiß nicht, ob einer von uns dreien ein Fass gerade anstechen könnte. Aber wir haben unsere Biere dabei. Martin, du als Gast hast natürlich den Vortritt. Was hast du dir denn für heute überlegt und mitgebracht? Und lass doch mal hören, was dein erstes Bier ist.

Martin Zuber: Mein Bier ist ein Märzen. Ich liebe den Bierstil Märzen, weil ich sag immer oder habe immer gesagt, das ist eine bedrohte Bierart, Gott sei Dank durch die aufkommende Biervielfalt besinnen sich viele Brauereien wieder auf diesen alten Bierstil. Dieses Märzen habe ich als Auftrag bekommen und habe das gebraut bei der Tölzer Mühlfeldbrauerei, 10 Hektoliter. Das wird jetzt gerade vermarktet. Ich habe gestern meinen Anteil, zwei Träger, von Tölz geholt und habe es gestern Abend schon verkostet. Und das möchte ich heute auch mit euch verkosten.

Holger: Sehr schön! So eine Art Haustrunk hast du dann bekommen?

Martin Zuber: Ja, das haben wir halt gleich vereinbart, dass ich von dem Bier auf alle Fälle zwei Träger bekomme, weil ich natürlich auch viele Bekannte habe, die auch neugierig sind auf dieses Bier. Das wird jetzt in den nächsten zwei Wochen wahrscheinlich schnell verteilt werden.

Holger: Sehr schön! Dann mach mal auf.

Martin Zuber: Ich kann es gerne auch erklären. Es ist von der Farbe ein klassisches, ich sage mal, südbayerisches Märzen, also kein österreichisches Märzen. Auch außerhalb von Südbayern gibt’s natürlich auch Märzen, die eher heller sind in der Farbe. Dieses Bier hat eine richtig schöne dunkle Honigfarbe. Der Schaum ist auch nicht ganz weiß, der hat leicht karamellige Noten. Das liegt auch daran, dass wir bei der Malzschüttung Karamellmalz verwenden, also Münchner Malz, Karamellmalz, und Pilsener Malz. Und dann bekommt das so eine tolle Farbe. Das Bier ist sehr gut abgelagert, Tölzer Mühlfeld gehört auch zu der Slow Brewing Community. Das heißt, wir haben eine lange Reifungsphase. Dadurch ist das Bier, obwohl es nicht filtriert ist, sehr klar. Dadurch eine richtige leuchtende, schöne Farbe. Ich probiere es jetzt gleich mal und riech mal rein. Auch hier kommen diese Karamellnoten durch, also reine wirklich tolle Malznoten, leichte Fruchtnoten. Und wenn ich es jetzt probieren darf, das hat einen sehr weiches Mundgefühl. Es ist sehr cremig im Abgang. Also ich sage mal, ein geschmeidiges Bier. Und auch hier dominieren so die Malzaromen, diese malzigen Noten. Leichte Hopfennoten kommen natürlich auch durch. Und ich verwende immer ganz gerne für so ein klassisches Märzen nur Aromahopfen, welchen, ist ein bisschen ein Geheimnis. Aber es sind traditionelle Landsorten. Also diese Kombination auch von Bitterstoffen und Malzaromen bringt eigentlich auch eine hohe Drinkability. Weil ich sage mal, Märzen ist auch ein Bier, wo man auch zwei oder drei Halbe trinken darf.

Holger: Unbedingt! Du hast vorhin schon gesagt bei der Vorstellung, dass das so ein bisschen an das Eiswerk 1881 erinnert. Das war damals auch ein Märzen. Ich erinnere mich noch, ihr hattet immer nur mittwochs auf und dann nur zwischen 17 und 19 Uhr. Und das war für mich gar nicht so einfach von der Arbeit dann da noch hin. Damals war das in 0,33er Flaschen und ich glaube, es hat damals 3,50 Euro gekostet. Das weiß ich noch. Jetzt, wo du es gerade beschrieben hast, da kommen mir Geschmackserinnerungen auf die Zunge. Also wirklich ein tolles Bier. Toll!

Martin Zuber: Das war auch mein Ziel, dieses Bier nach zu brauen. Man ist natürlich immer gespannt, ob das einem auch so gelingt in einer anderen Braustätte. So wie ich mich jetzt auch an das damalige Eiswerk 1881 erinnere, kommt das sehr, sehr nah hin.

Holger: Markus, hast du denn auch Eiswerk-Biere damals probiert und kannst du dich auch noch daran erinnern?

Markus: Nicht so gut wie du, muss ich sagen. Ich habe die natürlich probiert und ich weiß auch noch, dass ich sie auf jeden Fall gut fand, aber ich muss sagen, ich habe jetzt nicht mehr ganz genau im Kopf, wie das war. Aber grundsätzlich ist Märzen für mich einer meiner absoluten Lieblings-Bierstile. Und so unter uns: Es ist auch eine urfränkischer Bierstil. Also insofern sind wir da auch total bei mir zu Hause. Ich bin auch von Bad Tölz immer wieder begeistert, weil viele Leute wissen gar nicht, dass das auch so eine richtig große Bierstadt war mit einer zweistelligen Anzahl von Brauereien, und das in letzter Zeit wieder so ein bisschen ausgelebt wird, bis hin zu Schulprojekten, wo man dann wieder versucht eben, mit den jungen Nachwuchs-Biertrinkern sozusagen gemeinsam Bier zu brauen. Und auch die Tölzer Mühlfeldbräu finde ich echt einen tollen Laden, wo einfach das Moderne so ein bisschen vereint wird mit der klassischen bayerischen Bierkultur und Gemütlichkeit. Das ist schon schön. Ich komme da immer gerne hin. Es ist natürlich auch eine tolle Location und eine schöne Umgebung dort. Also allein vom Freizeitwert ist das natürlich wirklich ganz toll. Ich habe auch noch ein paar Liter-Flaschen von der Tölzer Mühlfeldbräu bei mir. Ein paar sind leer, ein paar sind noch voll. Also auch sehr, sehr spannende Geschichte. Ich weiß nicht, Martin, wann kamst du da zum ersten Mal hin?

Martin Zuber: Ich wohne jetzt 15 Kilometer weg von Tölz, dadurch kennt man sich natürlich sehr gut. Und das war auch so hier mein Ansinnen, dass man die Brauereien, die kleinen Brauereien hier im Oberland, dass man guten Kontakt untereinander aufbaut und ausbaut. Ich habe letztes Jahr im Oktober, wo es Corona-bedingt gerade mal möglich war, so eine Biertour Oberland angeboten und das wurde auch sehr gut angenommen. Wir haben über 30 Teilnehmer gehabt und wir sind von Holzkirchen gestartet, über die Schlossbrauerei Valley, sind dann nach Tölz gefahren, haben dann eine Brauerei-Besichtigung gemacht, Bier verkostet. Sind dann zu Markus Hoppe, zu Hoppebräu, gefahren, haben dort auch Biere verkostet, sodass wir so ein bisschen eine Melange hatten von traditionellen Bieren, aber auch bis hin zum Craftbier. Und zum Schluss waren wir dann im historischen Wirtshaus im Oberland, sehr, sehr urig. Das war echt eine tolle, gelungene Veranstaltung. Das wollen wir auch weiterhin anbieten und vielleicht auch noch in anderen Regionen. Das war so die Kombi zwischen Biererlebnis und Biertradition. Und wie du richtig gesagt hast, die Bierstadt Bad Tölz mit damals 22 Brauereien Anfang des 19. Jahrhunderts ist natürlich auch geschichtlich sehr spannend für Bier-Interessierte.

Markus: Jetzt hast du mir richtig Lust gemacht, Holgers Frage zu beantworten. Natürlich habe ich mir auch ein Bier ausgesucht, und weil ich mir gedacht habe, mit so besonderen Leuten und mit so einem besonderen Datum muss es auch ein besonderes Bier sein. Lass ich euch mal was hören. Da merkt ihr schon, das ist eine Flasche, die ist eingepackt in relativ dickem Packpapier, also was auch da Besonderes. Jetzt mache ich die mal ein bisschen oben auf und öffne mal. Und lass das jetzt mal in mein Glas laufen. So! Jetzt haben die einen oder anderen vielleicht gedacht so wegen der Verpackung, vielleicht ist das eher ein Bier aus dem deutschen Norden. Aber ist es gar nicht, das ist eine Flasche, die habe ich zugeschickt bekommen, und zwar gibt’s eine neue Brauerei in Großbritannien, die jetzt gerade angefangen haben, und haben mir von ihrem ersten Bier zwei Probeflaschen geschickt. Und das Ganze nennt sich Impossibrew. Hört sich schon mal irgendwie ein bisschen schräg an. Der Gedanke dahinter ist eigentlich ein bisschen tragisch, weil der Inhaber, der Mark, eigentlich so ein klassischer Bierfreund und Bierfan war und dann hat ihm sein Arzt gesagt: Junge, das mit dem Bier ist nicht so gut für dich. Lass das vielleicht mal lieber bleiben mit dem Alkohol. Dann hat er sich überlegt: Was tun? Und hat dann beschlossen: Dann versuche ich ein alkoholfreies Bier zu machen. Solange jetzt auch noch keine wirklich neue Story. Aber er hat sich eben überlegt, normalerweise trinkt man das Bier auch mit dem Alkohol, um sich so ein bisschen zu entspannen, um Spaß zu haben, um den Geist zu beruhigen so. Und das wollte er in dem Bier auch drin haben. Und hat dann so ein bisschen rumgeforscht und hat dann rausgefunden, dass es ein japanisches Gegenstück zur Hildegard von Bingen gibt. Also einen alten Mönch, der so um 1200 nach Christus ganz viel geschrieben hat über japanische Heilkräuter. Und dann hat er aus diesem Buch sich eben drei Kräuter rausgenommen, die er für dieses Bier mit verwendet. Dementsprechend hat man jetzt eben hier ein alkoholfreies Lager, also ein International Lager, gebraut mit unter anderem einer Art von grünem Tee und Ginseng und anderen Kräutern. Und natürlich auch Hopfen, weil auch das Xanthohumol, was im Hopfen ist, ein schön beruhigendes Mittel ist. Jetzt habe ich hier ein schönes goldgelb leuchtendes Bier in meinem Glas. Schaut auf jeden Fall stiltypisch aus. Ich rieche mal. Ah ja! Und da hat man dann so ein bisschen das, was man von einem alkoholfreien untergärigen Bier kennt, also ein bisschen süßliche, malzige Noten, aber drüber liegt dann tatsächlich auch so ein bisschen eine Kräuternote, die so ein bisschen auch tatsächlich so an grünen Tee erinnert, so an Mate. Jetzt probieren wir das Ganze mal. Mhm (bejahend). Erstaunlich wenig süß, eine ordentliche Bittere und hinten raus kommt tatsächlich so ein teeiger Geschmack fast ein bisschen wie Jasmintee. Und dann kommt der Hopfen und man hat so ein bisschen altbekanntes Biergefühl. In der Mitte ist es vielleicht ein bisschen leer, aber es ist auch relativ kalt. Also spannend auf jeden Fall und für mich ein tolles Beispiel, was jetzt eben gerade so auf der Welt passiert, dass man gerade mit dem Thema alkoholfrei sich auseinandersetzt und gerade auch versucht, diese positiven gesundheitlichen Aspekte, die Bier grundsätzlich hat, dann eben vielleicht sogar noch ein bisschen anzureichern. Und ohne Alkohol kann man die auch schön nach vorne stellen. Also in diesem Sinne: Prost! An diesem Morgen haben wir mal ein ganz, ganz neues Bier aufgemacht.

Holger: Sehr gut!

Martin Zuber: Das hört sich sehr spannend an.

Holger: Martin, du hast doch sicher auch jetzt viel mit alkoholfreien Rezepturen zu tun. Das ist ja ein Stil, der ganz stark im Kommen ist. Die Alkoholfreien werden immer mehr und immer besser. Wie stehst du denn dazu?

Martin Zuber: Ganz ehrlich, mit alkoholfreien Bieren habe ich relativ wenig experimentiert, weil einfach die Nachfrage an Spezialbieren mit Alkohol einfach größer war. Ich habe mir sehr viele Gedanken über alkoholfreie Biere natürlich auch gemacht und ich finde das superspannend, was es auf dem Markt auch gibt mit hopfengestopften, alkoholfreien Bieren.

Holger: Jetzt fehle ich noch irgendwie in der Runde, oder?

Markus: Absolut! Dann leg mal los!

Holger: Ihr wollt mich nicht verdursten lassen, gehe ich davon aus. Ich habe mir jetzt folgendes überlegt, ich habe mir gedacht: Mensch, jetzt eigentlich oberbayerische Runde, dann quasi ein oberfränkischer Gast, aber durchaus Bayer, aber eigentlich bin ich dann wiederum doch der Außenseiter als Wahl-Münchner, aber doch Preuße, also ich kann‘s nicht verleugnen. Dann habe ich gedacht, ich nehme einfach ein preußisches Bier, was aber kein richtig preußisches Bier ist, sondern vom Stil her dann doch wieder in den Süden kommt, quasi nach Österreich, nämlich der Bierstil Wiener Lager, und trotzdem preußisch. Also ich darf das Geheimnis lüften, es ist ein Lemke Dunkles Lager. Das nehme ich mir jetzt auch mal hier vor. Ein Bierglas. So! Jetzt mal auf. So! Jetzt haben wir natürlich hier ein dunkles Mahagoni, schön rot glänzend, der Schaum ist auch schön beige, also nicht weiß, feinporig, haftet gut im Glas. Wenn wir jetzt reinriechen, dann ganz typisch Dunkles Lager vom Bierstil her, Wiener Lager. Man hat so eine Schokoladennote, Karamellnote, so vielleicht ganz wenig, ein bisschen eine Röstaromatik. Ich probiere es mal, wenn ihr erlaubt. Hat eine schönere Rezenz, und die dunklen Malze, die spielen eben mit dieser Röstaromatik und mit dieser Toffee- und Kakaonoten-Aromatik. Und vielleicht ein bisschen einen kleinen Säurekick dann auch noch da rein. Es bleibt schlank und trocken. Und aus dem Grund macht‘s Lust auf den zweiten Schluck. Prost!

Markus: Prost! Das ist ja ein feines Bierchen, kenne ich auch gut, mag ich auch sehr gerne. Und natürlich ist Berlin urpreußisch sozusagen, also treffen sich heute die großen Bierwelten.

Holger: Ich weiß nicht, Martin, kennst du den Olli auch, also der Olli Lemke war auch schon hier im BierTalk. Du wirst ihn sicher kennen und auch die Produkte. Und das ist auch eine tolle Sache, was der Olli da oben in Berlin so alles treibt, oder?

Martin Zuber: Ja, ich kenne ihn natürlich, ganz klar. Persönlich jetzt nicht so eng, aber ich bin öfter in Berlin gewesen und ich habe es aber leider nie geschafft vorbeizukommen, weil eigentlich die Termine immer es nicht hergegeben haben. Aber das ist auf alle Fälle bei mir auf der Liste, wenn ich das nächste Mal nach Berlin fahre, dass ich dort einen Besuch abstatten werde. Aber ich kenne auch einige Produkte und ich bin eigentlich immer positiv überrascht gewesen von dieser Qualität. Ich finde, der hat ein tolles Portfolio und sich zu recht einen tollen Namen schon gemacht.

Holger: Gehen wir vielleicht noch mal zurück zu deiner jetzigen Aufgabe im Bräu z’Loh. Da hast du gesagt, du bist jetzt so eine Art Interims-Braumeister. Das soll auch so bleiben, oder kannst du dir vorstellen, da auch wirklich als erster Braumeister fest dann auch weiter zu machen?

Martin Zuber: An für sich macht‘s mir total Spaß dort. Und vorhin hast du gesagt, ich kann dort meine Erfahrungen einbringen, was ich natürlich tue. Es ist aber das Tolle auch, dass man sehr viel lernt auch. Man hat natürlich in seiner Karriere irgendwo gewisse Schwerpunkte, und wenn man jetzt für die Produktion und Abfüllung und alles, was dazugehört, verantwortlich ist, gibt’s natürlich Bereiche, wo man noch nicht so viel Erfahrung hatte, und man lernt immer dazu. Also das ist das Schöne, dass das Lernen nie aufhört. Die Zusammenarbeit ist total super mit der Babsi und wir haben jetzt schon die Absicht, dass wir auch weiterhin zusammenarbeiten werden. Aber ich glaube jetzt nicht, dass ich jetzt komplett meine gesamte Tätigkeit nur noch dort machen werde, weil ich einfach auch zu viele neue Ideen habe in meiner Selbstständigkeit. Was ich nämlich auch noch seit diesem Jahr für eine Aufgabe habe, ich bin Repräsentant von der Firma Celli für den Vertrieb und Beratung im gesamten Bereich Schankanlagen, Materialien. Celli ist eine italienische Firma, hat jetzt ein großes Portfolio von Cornelius übernommen. Und da ich in meiner vergangenen Tätigkeit früher auch viel mit Qualitätsmanagement Gastronomie zu tun hatte, wurde ich angefragt, ob ich für Celli auch tätig sein möchte. Und da bin ich freiberuflich auch tätig.

Holger: Schankanlagen ist eines meiner Lieblingsthemen, wo ich auch im Moment immer wieder auch darauf hinweise, dass, wenn jetzt die Gaststätten wieder in Betrieb genommen werden nach so einer langen Zeit der Ruhephase, dass eben die Schankanlage eine besondere Herausforderung da an der Stelle ist, und dass man da wirklich ein Augenmerk drauf lenken muss und auch professionelle Hilfe in Anspruch nehmen muss, wenn es denn eben sein muss. Weil letzten Endes ist die Bierqualität nicht nur in der Frische bedingt, sondern natürlich auch in der Schankanlage bedingt. Da kann man ganz viel falsch machen.

Martin Zuber: Ich war weltweit unterwegs und habe Schulungen gemacht, Trainings gemacht für Kunden, aber auch für Techniker, alles, was mit Schankanlagen zu tun hat, ob das technische Beratung war, aber auch das ganze Thema Hygiene ist natürlich ein Riesenthema. Und natürlich nicht nur im Ausland, sondern bei uns auch in Deutschland. Und wie du grad sagst, jetzt nach der langen Phase der Schließung der Gastronomie ist da sicherlich viel Arbeit auch. Und das Risiko, dass die Bierqualität nicht mehr passt, ist auch sehr groß. Also das Augenmerk der Bierpflege ist sehr, sehr wichtig.

Holger: Markus, was erwartest du, wenn jetzt wieder aufgemacht wird? Bei euch in Oberfranken sind die Inzidenzwerte so wahnsinnig gut, dass die Biergärten jetzt schon auch wieder ein bisschen länger schon aufhaben.

Markus: Auf jeden Fall! Ich will jetzt auch schon, ich sitze so ein bisschen auf Kohlen, weil wir zeichnen jetzt früh auf, also 10 Uhr haben wir jetzt unseren BierTalk gestarte. Und heute Nachmittag werde ich dann meinen ersten Bierkeller-Besuch in diesem Jahr endlich machen können. Ich habe mich mit einem Freund verabredet aus Tschechien, wir treffen uns auf dem Wilde Rose Keller, und ich muss da eine Reservierung machen, habe eine ganz bestimmte Reservierungsnummer. Eigentlich hätte er jetzt sogar noch einen Test gebraucht, aber seit heute ist Bamberg unter dieser Schwelle, so dass er sogar ohne Test kommen kann und wir eben heute Nachmittag dann die Bierkeller-Saison endlich eröffnen können. Das ist natürlich schon schön, da freue ich mich total. Ja, das finde ich auch ganz wichtig, dass es da auch wieder ein positives Signal gibt. Ich war heute früh schon unterwegs, ein bisschen durch die Stadt gelaufen, und da merkt man auch, wie jetzt die ganzen Cafés wieder ihre Bänke raus räumen und man in lächelnde Gesichter schaut. Und muss ich wirklich sagen, jetzt atmen wir wieder ein bisschen durch und es geht ein bisschen zurück zum normalen Leben und zu dem, was man eben auch unter seinem Lebenskonzept oder seinem Geschäft versteht. Und das finde ich echt toll. Also ich freue mich da total drauf. Ich habe aber auch noch eine Frage an den Martin, weil was mir so ein bisschen durch den Kopf gegangen ist, wenn du so ein bisschen einerseits jetzt eben beim Bräu z’Loh bist, wo es sehr um Tradition und Familie, um die Geschichte einfach geht, die aber eben auch sehr verbunden ist mit all den Werten, die damit verbunden sind, und da kommt man ziemlich in die Moderne auch hinein, was zum Beispiel Nachhaltigkeit angeht und eben dem vernünftigen Umgang mit der Natur und mit den Rohstoffen und so. Wenn man dann eben schaut, was Celli macht, dann sieht man, dass die auch einen großen Wert legen auf alle möglichen Projekte im Hinblick auf das Thema Nachhaltigkeit und auch jenseits von dem reinen Schankanlagen-Thema. Da würde mich interessieren: Bist du da auch irgendwie mit involviert, kriegst du da was mit?

Martin Zuber: Ich hatte bis dato natürlich nur Online-Termine gehabt mit Celli Italia, also mit dem Hauptsitz in Italien. Und da wurde mir das auch vorgestellt, die Nachhaltigkeit, und das ist superspannend und die Firma Celli ist da absolut innovativ. Ich wachse da so langsam rein. Es geht nicht nur um Ausschank vom Bier, sondern sie sind auch sehr stark im Bereich von Wasser-Karbonatoren, Dispensing-Systeme. Das ist sicherlich, was ich immer natürlich gekannt habe, aber wo ich ehrlich gesagt nicht so involviert war. Und da arbeite ich mich jetzt rein. Es ist auch ein ganz großer Markt vorhanden und das ist auch der Markt, der während Corona-Zeit noch gut gelaufen ist. Was mit Bierausschank zu tun hatte, eher natürlich nicht. Da bin ich jetzt auch wirklich gespannt, wie es da auch mit mir weitergeht, weil ich wachse da so langsam rein.

Markus: Da sind wir auch gespannt. Da können wir irgendwann nochmal nachhören, wenn du ein bisschen länger dabei bist. Das wird auf jeden Fall sicherlich eine tolle Geschichte für dich. Was mich auch noch interessieren würde, wie bist du denn überhaupt in diese Bierwelt gekommen? Also wann hast du dir überlegt, ich mache Bier oder ich werde Braumeister und dann später sogar Biersommelier? Wie hat sich das in deinem Leben so entwickelt?

Martin Zuber: Als Teenager macht man sich da mal Gedanken, welchen Beruf man ergreifen möchte. Und eigentlich durch einen Verwandten von mir, der eine hohe Position hatte bei Siemens in Mexiko, der hat mir mal erzählt, er ist zwar Betriebsleiter in einer großen Firma, aber er kennt sehr viele deutsche Braumeister in Mexiko und die verdienen einen Haufen Geld und die sind riesen-anerkannt und die Braumeister weltweit aus Deutschland sind anerkannt. Dann habe ich mir überlegt, das hört sich mal gut an. Dann habe ich mich ein bisschen informiert über den Beruf Brauer und Mälzer, und ich war immer schon ein bisschen technikaffin, aber auch wieder mit Rohstoffen, mit Biotechnologie. Und diese Kombi hat mir eigentlich gefallen und ich habe mich mehr und mehr auseinandergesetzt mit dem Thema. Dann war eigentlich der Berufswunsch geboren und ich habe die Ausbildung als Brauer und Mälzer gemacht und dann in Weihenstephan Diplom-Braumeister. Ich habe es nie bereut und ich bin echt froh, Teil dieser Branche zu sein.

Markus: Und der Biersommelier, wann kam das dazu? Wann hast du dann angefangen, da auch Veranstaltungen zu machen?

Martin Zuber: Ich muss sagen, der Biersommelier, als der geschaffen wurde, ich glaube, 2005 war es, und man hat darüber gehört und wir haben als Braumeister erst einmal das ein bisschen belächelt, sage ich mal ganz offen. Wir haben gesagt: Was wollen denn die uns über Bier groß erzählen? Eigentlich wir haben es studiert, wir wissen da eigentlich viel mehr drüber. Sensorik habe ich in Weihenstephan auch einiges gemacht. Also wir waren vielleicht etwas überheblich. Und ich habe aber dann mehr Leute kennengelernt, die einen Biersommelier gemacht hatten und die ganz begeistert waren. Ich habe mich dann etwas geöffnet und irgendwann kam ich zum Thema, habe ich gesagt, jetzt mache ich es auch. Das war, als ich die Brauerei im Eiswerk übernommen hatte. Ich habe es nicht bereut, im Gegenteil, ich habe sehr, sehr viel gelernt. Natürlich waren gewisse Bereiche bei der Biersommelier-Ausbildung, die für mich schon bekannt waren, und da habe ich mich auch leichter getan, aber es waren viele Bereiche, die neu waren. Und das ganze Thema internationale Bierstile, auch die Sensorik im Allgemeinen, hat mir total viel gebracht. Und ich bereue es überhaupt nicht, den Biersommelier gemacht zu haben.

Markus: Ich bereue nichts, das würde der Holger wahrscheinlich auch sagen, oder?

Holger: Unbedingt! Für mich war das auch eine ganz tolle Erfahrung und ich war ja auch immer bieraffin. Und das, was ich dann in der Ausbildung da auch noch mal erlebt habe und gelernt habe, das war ganz toll und hat ein Stück weit auch mein Leben verändert. Das kann man wirklich sagen, also das hat eine Richtung vorgegeben und der bin ich dann einfach gefolgt und bin sehr zufrieden. Also letzten Endes, Markus, wir beide, also ich meine, das ist doch ein Dreamteam, und das wäre doch nie zustande gekommen ohne eine Biersommelier-Ausbildung. Insofern, also ich bereue es nicht.

Markus: Das stimmt. Da hätte die Welt echt was verpasst, zumindest unsere Welt, sagen wir mal so. Vielleicht, Martin, gibt’s noch so eine Geschichte, du bist ja auch viel rumgekommen, hast du mal auf der Welt irgendwie was erlebt rund ums Thema Bier, wo du echt den Kopf geschüttelt hast?

Martin Zuber: Ja, ich war international viel unterwegs, sehr viel in Osteuropa, ich war auch in Asien, Nordamerika, Südeuropa, Israel, also ich war sehr viel unterwegs, hauptsächlich mit dem Thema Schanktechnik und Bierpflege. Ich habe irrsinnig tolle Menschen kennengelernt. Und eines ist mir so in Erinnerung geblieben, vor allen Dingen, wenn man jetzt gerade die aktuellen Nachrichten hört aus Weißrussland, ich war zweimal in Weißrussland, habe dort Seminare gemacht, Beratung gemacht, und habe auch dort ganz tolle Menschen kennengelernt. Und natürlich auch kritisch das ganze System gesehen, tolle Gespräche geführt. Und als ich das zweite Mal dort war, ich habe einen Betrieb gesehen mit einer absolut Topqualität an Schanktechnik, die Hygiene war top, wo ich gedacht habe, ja, Wahnsinn. Und dann habe ich gefragt: Wie ist das? Und dann hat er gesagt: Na ja, vor vier Jahren warst du schon mal da und du hast uns was erzählt und wir haben es befolgt. Das war für mich so ein absolut tolles Erlebnis, dass das auch angenommen wird. Es ist aber nicht in allen Ländern so. Es gab in Südfrankreich zum Teil, da habe ich ein Seminar gehalten und die haben aufmerksam zugehört und am Ende hat er gesagt: Na ja, bei uns ist das aber alles unmöglich. Das funktioniert bei uns nicht. Das ist sehr unterschiedlich, aber gerade in gewissen Ländern, wo man es eigentlich nicht so erwartet hat, habe ich echt tolle positive Erlebnisse haben dürfen.

Markus: Ja, spannend auf jeden Fall! Ich finde auch, überall auf der Welt, wenn man so rumkommt, merkt man einfach, das Bier bringt die Menschen zusammen und man hat dann einfach auch eine tolle gemeinsame Basis und in der Regel auch wirklich eine schöne Zeit zusammen. Und das stimmt mich auch immer sehr positiv, wenn man immer mitbekommt, wie viel Zwist so auf der Welt unterwegs ist, und wenn man dann vor Ort ist und wenn man mit den Leuten einfach bei einem Bier zusammensitzt, dann ist das meistens ganz, ganz anders.

Holger: Das war doch wieder eine schöne Bierreise mit drei sehr spannenden Menschen und drei spannenden und interessanten Bieren. Und so kann man doch wunderbar ins Wochenende starten. Ich wünsche euch auf jeden Fall ein sehr schönes Wochenende und vielen Dank für eure Zeit mit mir gemeinsam. Es war großartig!

Martin Zuber: Mir hat das total Spaß gemacht. Ich wünsche allen Hörern eine tolle Zeit mit guten Bieren und euch als Team, Holger und Markus, weiterhin tolle Gäste im BierTalk. Und ich bin sicher, ihr werdet weiterhin erfolgreich sein.

Markus: Danke schön! Also auch vielen Dank von meiner Seite aus. Und bis bald!

Holger: Bis bald! Tschüss!

Martin Zuber: Ciao, Servus!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 65 – Interview mit Michael Sturm, Braumeister, Biersommelier und Inhaber der Brauerei Krieger in Landau / Isar

Michael „Mike“ Sturm ist hochdekorierter Braumeister in seiner Brauerei Krieger in Landau an der Isar. Seit vielen Generationen sind die Sturms, die früher Krieger hießen, in Niederbayern ansässig und kamen über Riedenburg und Wasserburg schließlich in ihre heutige Heimat. Auch Mike trägt Tradition und Wanderlust in sich und steht mit Herz und Seele seinen Mann am Braukessel. Der Biersommelier beweist dabei, dass Spitzenqualität gleichzeitig bei den Klassikern und bei Neuinterpretationen möglich ist. Freuen Sie sich auf eine genussvolle Reise durch sechs Biere und die Geschichte der Brauerfamilie Krieger bzw. Sturm…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute wagen wir uns in den Süden unseres Freistaates, nach Niederbayern. Und haben einen richtig tollen Gast, nämlich den Michael Sturm. Vielleicht stellst du dich einfach ein bisschen selber vor. Erstmal natürlich schön, dass du da bist, und auch schön, dass du da bist, Holger. Hallihallo, ich hoffe, dir geht’s auch gut?

Holger: Mir geht’s auch gut, Markus, vielen Dank!

Markus: Wunderbar! Also Michael, zurück zu dir, erzähl uns doch ein bisschen und natürlich den Hörern, mit wem wir es heute zu tun haben.

Michael Sturm: Sehr gerne! Vielen Dank für die Einladung, freut mich sehr. Mein Name ist Michael Sturm, ich bin Bräu der Brauerei Krieger in Landau an der Isar. Ich bin 39 Jahre, verheiratet, zwei wunderbare Kinder, und freue mich heute auf den BierTalk.

Markus: Gleich mal eine Frage am Anfang. Als mir jemand von dir erzählt hat, hat er mir gesagt, der Michael Krieger, was ja gar nicht stimmt. Wie ist das denn, bist du da reingeheiratet oder hat die Familie in den Generationen mal so gewechselt, oder wie kommt das?

Michael Sturm: Der Nachname Sturm kommt von meinem Vater und meine Mutter ist eine gebürtige Krieger. Also ich bin bei uns die vierte Generation Krieger in Landau quasi sozusagen. Ich bin in der Familie Krieger-Sturm die vierte Generation hier in Landau bei der Brauerei Krieger.

Markus: Wunderbar! Und über Landau und die Brauerei und so weiter sprechen wir natürlich gleich ein bisschen. Aber wir haben ja auch den Holger dabei und wenn der Holger dabei ist, dann hat er in der Regel Durst. Und du hast uns sechs Flaschen Bier geschickt, sprich, wir müssen natürlich auch ein bisschen arbeiten. Und nachdem du der Bräu bist, kannst du vielleicht mal sagen, mit welchem dieser schönen Biere wir beginnen wollen.

Michael Sturm: Ich würde empfehlen, dass wir mit dem Bandit Bräu hell anfangen, einem klassischen bayerischen Hellen mit 11,9 % Stammwürze. Das Bier ist eine Zusammenarbeit mit den Jungs von casual MONKS aus München, die diesen Banditen, der auf der Flasche zu finden ist, schon länger als T-Shirt und Sweatshirt-Motiv vertreiben. Wir kennen uns und schätzen uns und haben auch schon beim Festival Reinheitsgebot in München zusammengearbeitet. Da haben wir jetzt mal gesagt, jetzt machen wir mal ein gemeinsames Bier, und das Ergebnis habt’s ihr bei euch vor euch.

Markus: Gut! Dann machen wir das jetzt mal auf. Also man muss auch wirklich sagen, also Bandit wirklich ganz spannend, denn wir haben hier so einen urbayerischen Typen mit Gamsbart, Hut und einem Tuch vor der Nase. Und dieses Tuch ist natürlich mit den weiß-blauen Rauten. Also so ein bisschen innerbayerisches Rebellentum. Dazwischen noch ein Kranz aus Hopfen. Also irgendwie doch sehr, sehr spannend. Machen wir das Ganze mal auf und geben es mal ins Glas. Ja, na wunderbar! Das ist wirklich ein perfektes Helles von der Farbe her, richtig schön golden, klar filtriert, schöner, fester, weißer Schaum. Lächelt mich schon richtig an. Habt ihr für diese Collaboration was Spezielles gemacht oder ist das mehr oder weniger euer normales Helles?

Michael Sturm: Es ist unser normales Helles.

Markus: Magst du es mal mit uns verkosten oder soll ich oder wie hättest du es gerne?

Michael Sturm: Sehr gerne, wenn du das Bier vorstellst. Ich lasse mich da gerne auf deine Expertenmeinung.

Markus: Okay! Na, da bin ich mal gespannt. Also ich gebe mal mein Bestes. Wie gesagt, wir haben eine ganz schöne goldgelbe Farbe, es ist klar filtriert, hat so einen richtig schönen Schein, strahlt mich also an. Obendrauf dann eben so ein schöner, weißer, feinporiger Schaum. Jetzt rieche ich mal da rein. Ah, ja! Da riecht man eigentlich schon so richtig typisch bayerisches Helles. Also eine schöne, ausgewogene Mischung. Wir haben so ein bisschen grüne, grasige Aromen aus dem Hopfen. Dann haben wir so ein bisschen Honig, ein bisschen Getreide aus dem Malz, eine sehr frische Note. Also es strahlt mich, wie gesagt, auch vom Geruch richtig an, macht richtig Lust. Dann nehme ich jetzt mal einen Schluck. Also ganz toll das Mundgefühl, es moussiert richtig auf der Zunge, umschmeichelt das so ein bisschen. Geht so ein bisschen süß los, dann kommt wieder der Honig, dann kommen so ein bisschen die Noten aus dem Hopfen, diese grüngrasigen, und dann geht das so aus und dann kommt auch so eine Bittere. Die ist dann doch auch ganz schön selbstbewusst, aber sicherlich noch im Rahmen für ein Helles. Und ausklingend kommt dann wieder ein bisschen was von dem Honig zurück und dann fängt der Mund an leicht auszutrocknen. Und dann ist wahrscheinlich dein Geheimnis, weil wenn der Mund trocken wird, dann will man natürlich wieder trinken. Und das ist bestimmt dein Ziel, dass man eben nicht nur einen Banditen hat, sondern vielleicht zwei oder drei oder mehr, oder?

Michael Sturm: Ja, natürlich. Sehr gerne! Wenn ein Bier zum Weitertrinken anregt, ist das natürlich immer ein sehr positives Zeichen, wo man sieht, das Bier schmeckt, das Bier macht Lust auf mehr. Das freut uns dann natürlich.

Markus: Was sagt denn unser Wahlbayer dazu, Holger?

Holger: Ja, ich wollte eigentlich einfach immer schon mal fragen, ob das irgendwie einfach nur so ein Etikett ist oder ob das eine Aussage ist? Weil der Typ ist doch irgendwie böse und so, also richtig, muss ich zugeben, das Etikett finde ich jetzt gewagt, so ein bisschen.

Michael Sturm: Böse würde ich jetzt nicht sagen, er schaut ein bisschen grimmig drein. Das ist tatsächlich so ein bisschen ein bayerischer Rebell, so würde ich ihn jetzt charakterisieren. Ja, es ist sicherlich gewagt, aber es gibt eben sehr viele Leute, die diesen Bandit einfach gerne für sich als Zeichen auch sprechen lassen. In München gibt’s eben die casual MONKS, die dieses Label betreiben. Da gibt’s sehr viele Leute, die sagen, Mensch, das gefällt mir so gut. Es gibt zum Beispiel auch schon sehr viele Leute, die sich dieses Motiv tätowieren haben lassen. Das zeigt halt, dass das ein sehr emotional aufgeladenes Motiv ist. Ich habe da kein Problem damit, dass das auf unserem Bier mit drauf ist, weil ich das als sehr gelungenes Motiv finde. Und ist sicherlich ein Nische, etwas Spezielles, aber halt eben schon etwas, was sehr gut gefällt. Tatsächlich haben wir beim Festival Reinheitsgebot in 2016 in München damals da auch live sage ich mal so die Rückmeldungen mitbekommen, wenn die die T-Shirts bei unserem Stand verkauft haben. Da waren auch negative Meinungen da, die gesagt haben: Oh, was ist denn das? Der schaut mir zu grimmig aus. Aber die überwiegende Meinung war halt einfach, hey, das schaut doch cool aus, kultig. Ich denke, das ist dann nicht schlecht, wenn man sowas auf dem Etikett hat. Wir freuen uns auf jeden Fall sehr, dass es diese Zusammenarbeit gibt.

Markus: Es ist so ein bisschen eine Mischung aus dem Wildschütz Jennerwein und Andreas Hofer, würde ich sagen. Also für alle, die die diversen Legenden aus Bayern und Tirol kennen. Apropos Bayern und Tirol, vielleicht erklärst du uns noch mal kurz, wo wir eigentlich in Landau sind? Weil da gibt’s ja mehrere in Deutschland und eures ist das niederbayerische. Wie muss ich mir das vorstellen? Wo ist das? Wie schaut‘s da aus? Und wie kommt ihr überhaupt dahin als Familie?

Michael Sturm: Landau an der Isar ist eben eine niederbayerische Kleinstadt. Wir liegen an der A 92 München Deggendorf. Die Brauerei gibt’s seit mindestens 1622 in Landau. Als Familie Krieger sind wir 1913, was heißt, sind wir, sind meine Vorfahren 1913 dann nach Landau gekommen. Waren zuvor in Wasserburg und die Wurzeln gehen aber auch auf Riedenburg zurück, da hat es die oberen Krieger und die unteren Krieger gegeben. Beim Riedenburger Brauhaus am Stammsitz, glaube ich, steht immer noch Unterkrieger am Haus. Und unsere Familie waren damals quasi die Oberkrieger, was sich nach der Lage am Flusslauf benannt hat. Was gibt’s über Landau noch zu sagen? Gegründet von Ludwig dem Kelheimer, dem niederbayerischen Städtegründer, im Dreieck Landshut-Straubing-Deggendorf zu finden, so in etwa kann man es sagen. Eine nette niederbayerische Kleinstadt.

Markus: Und da bist du groß geworden und war praktisch ab deinem ersten Atemzug klar, der wird Brauer, oder hast du irgendwie so den Moment gehabt oder wie lief das, dass du zu diesem Beruf gekommen bist?

Michael Sturm: Klar ab erstem Atemzug auf keinen Fall, muss ich sagen. Ich bin in Landau groß geworden, geboren in München. Die ersten Berührungen mit der Brauerei hat es natürlich schon da beim Großwerden gegeben, aber tatsächlich war mein großer Bruder eigentlich öfter in der Brauerei und hat auch in seiner Jugendzeit oft in der Brauerei mitgearbeitet. Das war bei mir eigentlich gar nicht so sehr der Fall. Als mein großer Bruder sich aber dann für einen anderen Weg entschieden hat, hat sich natürlich diese Frage bei mir auch eher gestellt. Ist aber auch erst später dann, hat es sich eigentlich erst später in diese Richtung entwickelt. Ich habe nach dem Abitur dann in Regensburg BWL studiert und während dem Studium ist dann eigentlich so die Entscheidung gereift, da in die Fußstapfen meiner Mutter zu treten und die Brauerei zu betreiben.

Markus: In die Fußstapfen deiner Mutter?

Michael Sturm: In die Fußstapfen meiner Mutter. Meine Mutter hat die Brauerei geleitet, mein Vater hat einen anderen Beruf, mein Vater war Urologe oder ist Urologe, aber nicht mehr tätig. War damals auch lange Zeit in München Großhadern. Also da sind wir auch auf die Welt gekommen, ich und meine beiden Brüder. So war die Familie dann auch eine Zeit lang getrennt, weil mein Vater eben in München tätig war, oft auch Wochenenddienste hatte. Also die Wochenenden waren dann entweder in München oder in Landau als Familie. Später ist er dann nach Landau gezogen, hat dort seine Praxis eröffnet. So sind wir als Familie dann da in Landau noch stärker verwurzelt worden. Mein Vater unterstützt die Brauerei immer nach Kräften, aber meine Mutter hat sie geleitet.

Markus: Das kenne ich von den Urologen, dass die die Brauerei nach Kräften unterstützen. Also meiner hat mir schon mehrmals gesagt, du musst mindestens ein Weißbier am Tag trinken, dann geht’s den entsprechenden Körperteilen gut. Ich weiß nicht, Holger, geht das bei dir auch so?

Holger: Unbedingt! Das ist auch eine total tolle Überleitung zum zweiten Bier.

Markus: Absolut! Mal schauen, was uns der Michael da empfiehlt. Was sagt der Arzt? Mit welchem Bier machen wir weiter?

Michael Sturm: Wenn es um die Nieren spülen gehen würde, dann wäre es das Weißbier, aber tatsächlich, wenn wir jetzt vom Verkosten reden, dann würde ich jetzt als nächstes das Krieger Zwickl empfehlen, unser unfiltriertes Helles.

Markus: Das klingt für mich als Franken auf jeden Fall schon mal ein bisschen nach Heimat. Dann freue ich mich, vielleicht magst du das jetzt mal mit uns verkosten? Bin ich mal gespannt, wenn du dein eigenes Bier beschreibst. Das ist auch immer eine Herausforderung. Und jetzt mache ich das mal auf.

Michael Sturm: Sehr gerne! Unser Krieger Zwickl ist eben unser Helles unfiltriert. Wir legen ganz großen Wert darauf, dass es eben ein gut ausgelagertes Zwickl ist. Also wer jetzt immer erwartet beim Zwickl, das muss pudeltrüb sein, das geht meiner Meinung nach ein bisschen weg von der natürlichen Erscheinung dieses Bieres. Unser Zwickl ist wie alle unsere Biere weder kurzzeiterhitzt noch pasteurisiert, ganz naturbelassen. Und die Trübung ist bloß eine ganz leichte Schleiertrübung. Wie schon kurz angeschnitten, manche erwarten da, dass das trüb ist wie ein stark hefegetrübtes Weißbier. Aber das ist eben in meinen Augen nicht die eigentliche Erscheinung von einem Zwickl. Da sind auch getreidige Noten, die wir stark riechen werden, das leicht Hefige, Hintergründige werden wir rausriechen können. Und ansonsten aber eben auch grasige Noten, und ja, vom Geschmack und Vollmundigkeit haben wir da glaube ich auch schön was auf der Zunge. Wir haben auch ein händisch betriebenes Kupfersudwerk, haben wir noch offene Gärung, brauen nur mit Doldenhopfen. Der Günther Thömmes, der die Brauerei mal besucht hat, hat gesagt: Da wird noch archaisch gebraut. Das hat mir gefallen, das merke ich mir jetzt immer. Und ich denke, das schmeckt man schon auch bei unseren Bieren, dass die einfach da Charakter haben, Dass man sagt, das ist jetzt Bier aus einer ganz traditionellen Anlage.

Markus: Ich denke auch, das ist völlig richtig, dass eigentlich das Kellerbier ein gut ausgelagertes Bier war. Man darf nicht vergessen, früher hat man pro Prozent Stammwürze eine Woche gelagert. Das heißt, bei so einem 11, 12, 13 % Bier sind wir da mit drei Monaten dabei. Und ich meine, dann ist das natürlich ziemlich klar. Das ist, glaube ich, eher eine moderne Interpretation, dass eben Zwickl unbedingt unfiltriert und das muss man unbedingt sehen. Und dann kommt man eben zu dieser relativ starken Trübung, die da heutzutage oft drin ist. Ganz im Gegenteil, man merkt eben dieses lange Lagern. Das ist ein sehr harmonisches, sehr rundes, sehr weiches Bier. Und ich finde, vom Mundgefühl her ist es auch nochmal samtiger, also nochmal runder, angenehmer als das Bandit Bräu von eben. Also wirklich so ein Gaumenschmeichler und auch ein bisschen voller von der Aromatik her. Und passt natürlich perfekt für den klassischen Einsatz im Biergarten. Also wunderbar! Vielleicht magst du uns noch kurz sagen, Kupfersudwerk, was bedeutet denn das fürs Bier? Macht das was mit dem Bier, wenn man da noch mit Kupfer braut?

Michael Sturm: Ja! Für die Hefeernährung ist ein Kupfersudwerk mit einem Messingboden im Läuterbottich sicherlich sehr positiv. Da kennt man schon diese Geschichten, dass das oft bei neuen Edelstahlsudwerken problematisch ist, ob die Hefe genug Zink abbekommt. Aber ansonsten denke ich schon, dass das beim ganzen Geschmacksprofil der Biere dann eine Rolle spielt. Ich denke auch zum Beispiel, verstärkt noch auch bei den dunklen Bieren. Also grad bei unserem Floriani Bock, bei der Urweisse, da denke ich auch, dass so dieses Geschmacksprofil, das aus einem Kupfersudwerk entsteht, da schon merkbar ist.

Markus: So eine schöne, traditionelle Bierherstellung hat natürlich auf jeden Fall was für sich. Hat das denn für dich bedeutet von der Ausbildung her, dass du da noch andere Infos gebraucht hast oder hast du das dann von deiner Mutter mitgenommen, wie du mit deiner Brauerei umgehen musst?

Michael Sturm: Da habe ich sehr viel von meiner Mutter mitbekommen, habe aber eben auch in anderen Brauereien reinschnuppern können. Also ich habe bei uns die Ausbildung zum Brauer und Mälzer gemacht, bin aber in dieser Zeit auch in andere Brauereien gekommen. War während dem Studium in Abensberg bei der Brauerei zum Kuchlbauer im Praktikum, was sehr, sehr interessant war. Während der Lehre dann im Hofbräuhaus Traunstein, was eine ganze tolle, interessante Zeit war. So hat man nicht bloß den eigenen Betrieb gesehen, sondern natürlich auch sich viel angesehen, also angesehen hat man sich natürlich noch mehrere Brauereien, aber das handwerkliche Brauen, ganz praktisch und ganz nah an dieser Handwerkskunst, das hat man bei uns schon wirklich gut sehen können.

Holger: Michael, du hattest ja 2009 übernommen und hast dann auch das Zwickl eingeführt, oder? Das ist eigentlich dein Bier. Das kam durch dich wieder zurück?

Michael Sturm: Ja, tatsächlich! Während der Lehrzeit haben wir das Zwickl bei uns eingeführt, haben wir gesagt, jetzt füllen wir das Zwickl in der Flasche ab. Das ist bei uns eigentlich so losgegangen, dass wir zum Bauerei-Hoffest immer Zwickl-Bier vom Fass ausgeschenkt haben. Da war einfach die Nachfrage bei den Besuchern so stark, dass die gesagt haben: Mensch, warum füllst du denn das nicht in Flaschen ab? Und diese Anregungen haben wir natürlich gerne aufgenommen. Und so hat sich das Zwickl-Bier bei uns eben stark dann etabliert. Was auch zu einer kleinen Brauerei, wie wir eine sind, gut dazu passt.

Holger: Unbedingt! Und dann eben sowieso die Euro-Flasche, die ihr jetzt wieder benutzt ganz klassisch, auch die klassischen Etiketten. Und dann passt auch so ein Zwickl ganz großartig. Wunderbar! Sollen wir denn zum dritten Bierchen fortschreiten?

Markus: Ja, ich glaube, du hast schon wieder Durst, so wie ich dich kenne. Also darfst du dir jetzt eins aussuchen beziehungsweise lassen wir den Michael dir eins aussuchen, aber du musst es dann verkosten.

Michael Sturm: Ich würde gerne empfehlen unser Krieger Weißbier, mit Flaschengärung gebraut.

Holger: Und dann schön damit rein ins Glas. Hier haben wir jetzt natürlich eine schöne Naturtrübung, die ist jetzt hier da. Wir haben so ein schönes Goldgelb, eine tolle Schaumbildung, ganz feinporiger weißer Schaum. So wie das halt bei einem Weißbier sich gehört, die Hefe, die fruchtigen Aromen, auch schon direkt so eine Getreidenote ist auch mit dabei. Ich probiere mal. Ja, ganz klassisches Weißbier, eine Banane, spritzig und erfrischend. Ja, also das Wetter, wenn ich hier aus dem Fenster gucke, ist hervorragend, es scheint die Sonne. Da ist so ein richtig schönes Biergartenbier als Weißbier ein Klassiker im Bayernlande. Jawoll!

Michael Sturm: Freut uns!

Markus: Da fühlt man sich richtig zu Hause. Und ich muss sagen, also gerade Weißbier ist immer echt nicht leicht. Also das merke ich immer, wenn ich international bei irgendwelchen Wettbewerben bin, das ist immer die Kategorie, wo man wirklich merkt, da trennt sich die Spreu vom Weizen. Da sind wirklich 80, 90 % echt grenzwertig und man merkt, wenn jemand das Thema wirklich draufhat. Das ist schon cool. Aber apropos Wettbewerbe, das seid ihr auch ganz gut dabei, Michael, oder?

Michael Sturm: Das macht uns sehr stolz, dass wir da bei den härtesten internationalen Bierwettbewerben schon Preise gewinnen konnten. Da hat es eigentlich angefangen mit dem Floriani Bock, auf den wir später noch zu sprechen kommen werden, dass wir beim World Beer Cup und European Beer Star Preise gewinnen konnten. Beim World Beer Cup hat die Urweisse den World Beer Cup in Bronze gewinnen können. Und beim European Beer Star haben wir mit unserem Märzen noch Goldpreis machen können in der Kategorie German Style Märzen. Wie gesagt, so eine kleine Brauerei, wir haben normalerweise ein Absatzgebiet, sage ich mal, von 20, 25 Kilometer, also rund um den Schornstein, wie man immer so schön sagt. Das ist dann schon was Tolles, wenn man sagt, da auf dem internationalen Brauparkett bekommt man da so eine Adelung durch so einen Preis. Das waren ganz besondere Momente für uns, muss ich schon sagen.

Markus: Ja, das kann ich mir vorstellen. Und überhaupt, das ist so ein Eck, glaube ich, bei euch, das viele Leute gar nicht so auf dem Schirm haben in Sachen Bier. Und da gibt’s aber eben tolle Brauereien und tolle Biere, und da gehört für mich das Weißbier auf jeden Fall dazu. Und fehlt mir jetzt eigentlich nur noch die Weißwurst. Wobei ich weiß gar nicht, Holger, dürfte ich das jetzt? Wir zeichnen hier um halb drei Uhr nachmittags auf. Dürfte ich da überhaupt eine Weißwurst essen?

Holger: Na ja, da gibt’s die 12-Uhr-Regel, aber ich glaube, seitdem wir gut kühlen können, kann man eine Weißwurst auch nach 12 essen. Aber passt natürlich nicht zu einem Oberfranken. Das hat man heute gerade schon wieder gehört. Der Bandit Bräu, der war dir eigentlich in Wirklichkeit schon wieder zu bitter. Dann das Zwickl hat dich natürlich in den Arm genommen und abgeschmust und abgepusselt und so hast du es auch beschrieben. So ist es halt mit dir.

Markus: Kann man nichts machen, aber nein, also es ist auf jeden Fall ein ganz, ganz tolles Weißbier. Und ich finde diese fruchtigen Noten auch schön. Weil es so eine schöne frische Mischung ist. Also natürlich hat man dieses Bananige und leichte Zitrusaromen und so, aber es erschlägt einen nicht, es ist richtig angenehm, richtig weich. Und auch da, muss man wirklich sagen, wie der Holger gesagt hat, schönes Sommerbier. Macht ihr das Weißbier separat bei euch, die obergärigen Biere, oder wie macht ihr das?

Michael Sturm: Was den Gärkeller betrifft, auf jeden Fall. Wir haben auch einen obergärigen Gärkeller und einen untergärigen Gärkeller. Nach dem obergärigen Gärkeller geht’s beim Weißbier dann eben direkt zur Flaschengärung.

Markus: Und auch eine offene Gärung habt ihr, oder?

Michael Sturm: Und eine offene Gärung. Absolut! Sowohl im untergärigen als auch im obergärigen Bereich haben wir offene Gärung. Nehmen die (unv. #00:17:23.7#) ab, also auch da, die ganz traditionelle Braumethode, die wir da pflegen. Und beim Weißbier da haben wir zum Beispiel eben auch noch wie bei einigen anderen Bieren auch ein Dekoktionsverfahren. Also auch da die ganz klassische Herstellungsweise, dass man nicht bloß nur Infusionsverfahren hat, sondern auch eben ein Mehrmaischverfahren macht, bei dem die Maische getrennt wird und dann ein Teil der Maische auf Kochtemperatur aufgeheizt wird und dann wieder zusammengeführt wird.

Markus: Was ist denn euer stärkstes Bier? Also was verkaufte ihr denn am meisten?

Michael Sturm: Unser Helles ist unser Hauptbier. Das muss man schon sagen, dass das Helle der absolute Bestseller ist. Aber sind wir eben auch froh, dass da die Spezialitäten unser Sortiment abrunden. Das Weißbier ist dann die Nummer zwei, sage ich mal.

Markus: Ja, das kann ich gut verstehen. Vielleicht noch so eine ganz persönliche Frage. Jetzt hast du das von deiner Mutter übernommen. Bist du denn schon dabei, für die nächsten Generationen zu sorgen? Oder suchst du da noch?

Michael Sturm: Wir haben zwei wunderbare Buben, ein und drei Jahre alt, aber so weit denke ich jetzt da noch nicht. Würde mir auch fern liegen, da irgendeinen Druck aufbauen zu wollen, das muss ich auch sagen. Also sowas passiert schon immer auch ohne, dass die Eltern das wirklich machen, einen Druck aufzubauen, sowas passiert dann, glaube ich, schon immer irgendwie so durch Umfeld und so, wo dann so Frotzeleien und Scherze gemacht werden. Und natürlich auch ganz stark durch einen selbst, dass man sagt, Mensch, es wäre schade, wenn diese Brautradition aufhört. Und deswegen glaube ich, ist es schon der richtige Weg, da nicht einer Nachfolgegeneration den Druck aufzuerlegen. Ich hatte auch das Glück, dass das meine Eltern bei mir in keinster Weise gemacht haben.

Markus: Ich denke mal, das ist auch ganz natürlich, dass die in der Brauerei mit aufwachsen, dass die da mal durchwuseln und eigentlich mehr oder weniger das als ganz normal empfinden. Und so wie ich das auch kennengelernt habe bei meinen Schulkameraden, die mit Brauereien zu tun hatten, da gibt’s natürlich einen gewissen sozialen Druck so ab dem Zeitpunkt, wenn man dann mal so 16, 17, 18 ist, und man weiß, da ist eine potenzielle Quelle direkt neben einem. Da gibt’s natürlich dann schon so ein bisschen den Anspruch zu sagen, Mensch, ihr habt doch Bier, da können wir doch mal eine schöne Party feiern. Und dann, glaube ich, entsteht das schon. Aber du hast natürlich völlig recht, es ist wichtig, das wirklich möglichst offen zu lassen, weil Druck, glaube ich, an der Stelle absolut das Falscheste ist, was man machen kann. Ich glaube, das ist auch so ein bisschen das Geheimnis, dass so den jüngeren Generationen jetzt, die ich so kenne, also jungen Brauerei-Besitzern, dass die wirklich da ohne Druck hineingewachsen sind und deswegen das auch mit einer ganz besonderen Liebe und Hingabe machen. So ein bisschen habe ich das Gefühl, dass du das auch machst, oder? Man kann doch sagen, du bist doch schon mit Herz und Leib und Seele und so komplett dabei.

Michael Sturm: Ja, bin ich. Das ist einfach eine tolle Branche, es ist ein tolles Produkt. Es ist einfach was Schönes, wenn man beruflich was macht, was Menschen Freude macht. Das ist einfach, wenn man dann wieder hört, Mensch, da sind wir jetzt gemütlich beieinander gesessen bei eurem Bier und das hat mir so geschmeckt und das war so schön, oder auf dem Volksfest ist es so schön, das sind schon tolle Sachen, dass man sagt, da macht man den Menschen Freude, und die Mitarbeiter, die Bürger vor Ort sind stolz auf das Produkt.

Markus: Apropos die Bürger vor Ort, Holger, du bist doch ganz viel in der Ecke in Pilsting und eben da drum herum. Wie ist denn das, was du da so einsammelst? Sind da ganz viele Krieger Fans dabei und was haben die denn gern für Biere?

Holger: In Landau auf jeden Fall, da wird Krieger getrunken. Und da sind sie auch zu Hause, das ist das, was der Michael auch beschreibt. Also der Radius so 25 Kilometer um die Brauerei herum. Und da ist Krieger einfach eine Hausmacht, gar keine Frage. Wenn man jetzt dann noch ein bisschen weiter geht, dann wäre dann arko vielleicht noch als bekanntere Marke zu erwähnen. Also du hast es vorhin schon gesagt, Niederbayern ist insgesamt so ein Landstrich, der, weiß ich nicht, vielleicht ein bisschen unterbewertet ist. Zu Unrecht, wie ich finde. Ist eine sehr, sehr schöne Region, richtig typisch bayerisch dort und auch natürlich schon von der Sprache her ist das Niederbayerische so ein richtig typisches Bayerisch, so wie man das als Preuße quasi erwartet. Ich bin da sehr gern. Also die Region bietet mehr als man glaubt. Und ich kann alle nur auffordern, das einfach mal zu erkunden und mal hinzufahren. Eben nicht nur landschaftlich, sondern auch bierig ist da auch einiges geboten. Also soll man mal hinfahren, auf jeden Fall. Und wenn dann irgendwann jetzt die Biergärten auch wieder ohne Beschränkungen vielleicht aufmachen, dann sowieso erst recht. Da müssen wir sowieso alles Mögliche wieder nachholen, überhaupt auch das Reisen nachholen. Und da kann man mal nach Niederbayern fahren, das ist ein schönes Ziel.

Markus: Das ist doch ein sehr, sehr gutes Wort dazu. Ich kann auch nur sagen, ich habe mal einen Brauereiführer geschrieben für ganz Bayern, habe alle Brauereien besucht. Da war tatsächlich in Niederbayern für mich auch noch so ein recht weißer Fleck. Da kann ich mich auch erinnern, dass es dann viele Brauereien gab, die mich echt überrascht haben, weil ich sie eben so gar nicht gekannt habe und auf dem Schirm hatte. Also ich erinnere mich, eben zum Beispiel in Dingolfing auch habe ich Brauereien kennengelernt, die ich mir vorher nicht habe vorstellen können. Und dann eben auch eure Brauerei, deswegen bin ich auch so froh, dass wir da jetzt mal die Biere gemeinsam verkosten können. Und apropos, mit was machen wir denn weiter? Drei haben wir noch.

Michael Sturm: Ich würde sagen, als nächstes, wir bleiben im Weißbier-Bereich und gehen wir zur Urweisse.

Markus: Wunderbar! Da kann ich das Geheimnis auch lüften. Das hatten wir neulich mal in einer Online-Verkostung. Das hat sich tatsächlich jemand von den Kunden extra gewünscht. Und da haben wir dann auch extra von euch das ganz frisch importiert. Das war wirklich ganz, ganz toll und kam natürlich dann entsprechend auch an. Das ist wirklich ein tolles Weißbier und hat mich damals schon begeistert. Dementsprechend könnte einer von euch das mal entsprechend beschreiben. Ich weiß nicht, Holger, ob du nochmal ran willst? Oder will der Michael ran?

Holger: (unv. #00:22:42.5#), ich übernehme es schon, weil du sprichst schon wieder so viel und ich habe es schon im Glas. Da kann man jetzt einfach sagen, was da jetzt so richtig reinströmt, ist auf jeden Fall erstmal ein bernsteinfarbenes Bier. Wir hatten gerade so eine goldgelbe Farbe beim Weißbier und jetzt haben wir richtig schön so ein rötliches Bernstein, ganz, ganz wunderbar. Und so ist auch das Etikett im Übrigen. Also die Bierfarbe passt genau zum Etikett. Das ist sehr schön abgestimmt. Ich will‘s mal trinken. Wunderbar! Das ist so unglaublich toll ausbalanciert, es ist sehr vollmundig. Es hat eine tolle Karamellnote, finde ich. Ich könnte mir jetzt vorstellen, dass das Bier auch ganz besonders gut eben bei Menschen ankommt, die nicht so gerne herbe Biere trinken, sondern schon auch eher eine Malzsüße bevorzugen. Da ist das ein ganz, ganz wunderbarer Vertreter. Und auch die Fruchtigkeit, die ist zwar da, aber tritt so ein bisschen in den Hintergrund. Ist eben mit dieser Malzsüße wunderbar ausbalanciert, produziert ein schönes Mundgefühl. Also ich habe mich verliebt, also ich habe mich verliebt. Wirklich unglaublich! Sehr, sehr schönes Bier. Und auch zu Recht wahrscheinlich die Bronzemedaille erworben beim World Beer Cup. Das muss man ja auch erst mal machen in so einem heißumkämpften Wettbewerb. Ich kann das nur empfehlen. Prost!

Markus: Prost! Was mich auch da schon wirklich immer begeistert hat, ist echt die Farbe, weil das auch ein Anklang ist eben an die Biere, so wie sie früher waren. Also da hat man auch nicht wirklich unterschieden zwischen dem Hellen und dem Dunklen, sondern das war halt das Weißbier. Und das hatte dann eben so eine bernsteinfarbene Farbe. So ein richtiges dunkles Weizen, das geht eigentlich erst los, wenn es richtig schwarz oder schwarzbraun ist. Und so ist dann die Range von diesen normalen Weißbieren ziemlich groß. Und hier hat man halt wirklich schön, wie du schon beschrieben hast, Holger, dieses Karamellige auch mit dabei. Also sehr schön. Es wirkt mir auch ein bisschen intensiver, ein bisschen kräftiger. Michael, wie kamt ihr denn da drauf, dann eben noch ein anderes Weißbier zu machen? Und warum Urweisse?

Michael Sturm: Der Name Urweisse kommt schon etwas aus der Richtung, wie du es schon gesagt hast. Also aus der Zeit, wo die Biere einfach nicht so hell waren. Deswegen mit Urweisse eben betitelt, weil es den Leuten, den Biertrinkern auch am schnellsten den Eindruck davon ermittelt, was kann man erwarten. Deswegen haben wir uns da eigentlich für den Namen Urweisse entschieden. Es waren da sicherlich noch andere Namen im Gespräch. Wir hatten tatsächlich vorher schon ein weiteres Weißbier, und zwar ein dunkles Weißbier. Und wie du vorher schon gesagt hast, die dann oft so eher in einem sehr dunklen Ton, fast einem Schwarzton irgendwo unterwegs sind. Bei uns war es auch so. Und diese Urweisse haben wir dann 2016 zum Jubiläum vom Reinheitsgebot zum ersten Mal gemacht. Auch so ein bisschen mit dem Augenzwinkern, weil eigentlich im Reinheitsgebot der Weizen ausgeschlossen war. Die Erfahrung war dann einfach, dass es besser ankommt als unser dunkles Weißbier. Ich muss sagen, wir haben unser dunkles Weißbier damals mit Hilfe von Faber Bier aus dem hellen Weißbier gemacht. Das war geschmacklich sehr gut, aber ich mag halt diese bernsteinfarbenen Weißbiere sehr gerne, ich finde das einen sehr schönen Bierstil. Dass es etwas kräftiger ist, liegt daran, dass wir da auch vom Alkoholgehalt her etwas raufgegangen sind. Also es hat 5,6 %, das ist für ein Weißbier schon ordentlich. Der Alkohol ist aber einfach auch ein Geschmacksträger. Diese Kombination dieser schönen Malzsorten, die wir da zum Einsatz gebracht haben, mit den Noten der obergärigen Weißbierhefe, macht’s für uns auch zu einem heimlichen Lieblingsbier. Sicherlich auch eins, wo man sagt, das ist so ein richtiges Genießer-Bier, das trinkt man jetzt vielleicht nicht dahin, sondern genießt jeden Schluck. Da sind wir sehr stolz drauf und haben wir dann eben daraufhin die Urweisse fest in unserem Sortiment etabliert. Und das dunkle Weißbier haben wir dafür aus dem Sortiment genommen.

Markus: Genießt jeden Schluck, ist genau das richtige Stichwort. Also kann ich jetzt auch voll verstehen, warum der Holger schon so verliebt ist, weil wirklich das ein sehr, sehr schönes rundes und eben auch sehr selbstbewusstes Bier ist, was man gerne trinkt. Also wirklich toll! Da würde ich auch gerne noch ein paar Schluck dabeibleiben. Deswegen noch eine Frage an dich. Wir haben jetzt schon ein paar Mal angesprochen dieses Reinheitsgebots-Jubiläumsfest 2016. Da war ich auch. Das war insgesamt eine sehr denkwürdige Angelegenheit, weil am Eröffnungstag dann abends diese, wie soll man sagen, Anschläge, man wusste ja damals gar nicht, was es jetzt eigentlich genau war, dieser Amoklauf passiert ist, und dann das ganze Fest mehr oder weniger am Abend noch abgesagt worden ist. Das war wirklich gar keine so leichte Geschichte. Ich war damals im Innenhof vom Landwirtschaftsministerium, weil ich da Verkostungen machen sollte, und dann waren wir da so gefangen, durften nicht raus. Und ich war der Einzige, der überhaupt was zu trinken hatte, das war natürlich gut mit meinem Bierstand. Und wir hatten so ein bisschen Food Pairing, deswegen gab’s bei uns auch was zu essen. Deswegen hat man da auch so ein bisschen von allem was mitbekommen. Das war so eine ganz besondere Stimmung irgendwie, so eine Mischung aus Endzeitstimmung und Überraschung und was weiß ich. Also irgendwie ganz krass. Ich weiß nicht, wo warst du denn und wie habt ihr das erlebt?

Michael Sturm: Für uns war das auch ein ganz krasses Erlebnis wirklich, das hätte ich jetzt genauso gesagt wie du. Wir hatten da unseren Stand, an dem eben die casual MONKS mit dabei waren. Die haben ihre T-Shirts verkauft, wir haben unser Bier verkauft. Ganz schöne Stimmung, viele Leute, die das genossen haben. Und dann sind diese Nachrichten gekommen, man hat dann Nachrichten aufs Handy bekommen: Seid ihr in Sicherheit? Was ist los? Es sind dann auch wirre Meldungen umhergegangen. Aus unserer Sicht hat man irgendwo gedacht, okay, da gibt’s jetzt mehrere Orte in München, wo etwas bedrohlich ist, wo Gewalttaten passieren. Dementsprechend war das schon etwas, was uns da auch stark bewegt hat, ganz klar. Dann hat es ja geheißen, jetzt wird abgebrochen. Dann ist angefangen worden, den Platz abzuschirmen, also Richtung Marienplatz an der Seite der Feldherrnhalle ist dann schon eine Reihe von Polizisten mit MG aufgestellt worden. Die Zelte wurden geschlossen. Wir waren dann als Betreiber in diesem Stand quasi erst mal und haben uns natürlich da Sorgen gemacht, was ist denn jetzt los. Und sind dann später auch ins Landwirtschaftsministerium rüber gegangen. Es war dann auch der gesamte Verkehr in der Innenstadt lahmgelegt, bewusst die U-Bahnen ausgesetzt und so weiter und so fort. Und man hat bis in die Nacht eigentlich vieles nicht gewusst, da eigentlich so die Gerüchte unterwegs waren oder die Annahmen, dass es mehrere Täter waren. Aber die Behörden wussten halt dann bloß von dem einen Täter, wo er ist. Man war sich nicht sicher, ob da noch mehr Täter irgendwo unterwegs sind. Das war schon eine Ausnahmesituation, ganz klar.

Markus: Ja. Also war wirklich krass. Und dann irgendwann die Hubschrauber gekreist und dann kamen, wie du schon sagst, die Meldungen, dass hier und da und dort noch irgendwas war. Also wirklich schräg. Ich bin dann, glaube ich, irgendwann um 1 Uhr nachts oder so dann eben zu Fuß zum Hotel gelaufen, weil ja keine Taxis gefahren sind, keine U-Bahn. Das war auch bestimmt eine Stunde Weg. Also war schon ein verrückter Abend irgendwie. Ich weiß nicht, Holger, kannst du dich noch erinnern, was du da gemacht hast?

Holger: Abends hatten wir Gäste und wir sind dann mit zwei Autos zu einer Lokalität gefahren, wo wir hinwollten. Und dann ist das passiert, dann haben wir uns gegenseitig angerufen und dann, was machen wir denn jetzt um Gottes Willen und so, und geht’s euch gut und was weiß ich nicht. Dann sofort wieder zurück nach Hause, dann hier gesessen, und haben irgendwie abgewartet und Radio gehört. Das war richtig gespenstisch. Solche Sachen sind halt nicht zu vermeiden und jedes Mal dann einfach unglaublich traurig auch, wenn das passiert. Und für die Stadt war das ein echter Schock. Also absolut. Immer wenn ich jetzt zum Beispiel dann am Einkaufszentrum in der Nähe bin, dann denkt man zwangsläufig immer sofort daran. Das ist irgendwie ganz komisch. Genauso wie wahrscheinlich auch jeder weiß, wo er dann bei 9/11 gerade war. Diese Momente, die vergisst man einfach nicht, da kann man sich dann noch nach langer Zeit erinnern, was man in dem Moment gerade gemacht hat, wo einen dann die Nachricht erreicht hat. Das ist irgendwie was Beeindruckendes.

Markus: Bleiben wir beim Bier und gehen jetzt vielleicht dann doch zum nächsten. Und ich glaube, Michael, jetzt ist er dran der Bock, oder?

Michael Sturm: So ist es. Genau! Unser Floriani Bock, den machen wir, wie auch die Urweisse, noch gar nicht so lange. Wir haben 2013 zum ersten Mal diesen Bock gemacht. Wir hatten davor Bier einer anderen Brauerei als Handelsware, das wir an unsere Kunden für die Bockbierfeste verkauft haben. Auf den Bockbieranstichen, auf den Bockbierfesten, speziell in Landau war es bei der Feuerwehr so, dass die gesagt haben, wann macht der Krieger endlich einen eigenen Doppelbock? Und das ist Jahr für Jahr so gegangen. Für unsere Ausstoßgröße und für unseren Absatzpreis, sage ich mal, haben wir ein relativ großes Sudhaus. Wir schlagen bei den Hauptzeiten 100 Hektoliter aus, beim Bock, wo wir eben auch ein Zweimaischverfahren klassisch hernehmen, da sind es knappe 70 Hektoliter. Und wir haben damals an Handelsware und der anderen Brauerei 10 bis 12 Hektoliter gekauft. Da haben wir dann natürlich gesagt, Mensch, 70 Hektoliter, 10 Hektoliter, das klafft schon etwas auseinander. Und im Handel, ich meine, man kauft sich schon einmal ein Doppelbock, aber da trinkt man jetzt auch nicht jeden Abend fünf Halbe. Von dem her war auch da die Erwartungshaltung eher gering. Aber irgendwann einmal haben wir halt dann gesagt, wir wagen diesen Sprung, probieren es, Plan B und C sind in der Schublade gelegen beziehungsweise dann zumindest der Plan B schon auf den Weg gebracht worden, den Doppelbock in ein Whiskyfass zu legen. Plan C wäre gewesen, Bockbier-Brand machen zu lassen. Also wir waren da fest der Überzeugung, dass von diesem Bockbier noch jede Menge übrigbleibt. Der Name Floriani Bock rührt daher, dass der Florian nicht bloß der Patron der Feuerwehrleute war, was auch eine schöne Bedeutung war, weil wir wie gesagt auch ein Bockbierfest bei der Feuerwehr in Landau haben, aber er ist eben auch der Schutzpatron der Brauer. Habe ich selber ehrlich gesagt lange Zeit gar nicht gewusst, aber meine Großmutter stammt ja aus einer Deggendorfer Brauerei, und die ist in Kindstagen von ihrem Vater dann rumgeschickt worden vorm Floriani-Tag und hat bei den anderen Brauereien gesammelt für diese Messe, für dieses Amt. Und diese Messe wurde dann tatsächlich im Kreis der Deggendorfer Brauereien, der Bräu-Familien gefeiert. Finde ich auch eine sehr schöne Geschichte, weil sicherlich die Konkurrenzsituation damals gerade am Ort noch eine stärkere Rolle gespielt hat, und trotzdem sind sie da am Floriani-Tag im Brauerkreis so zusammengekommen. Das war eigentlich so diese Geschichte, warum man gesagt hat, Floriani Bock ist ein schöner Name für ein Bier. Und wir haben dann auch so ein bisschen so ein Namensrätsel aufgebaut. Also haben dadurch auch schon die Leute ein bisschen mit dem Bier konfrontiert. Tatsächlich war es dann so, dass das Bockbier innerhalb von drei Wochen ausverkauft war und ich habe meinen eigenen Kasten Bockbier im Edeka kaufen müssen, weil ich aus der Brauerei keinen mehr nehmen konnte, weil die schon alle reserviert und verstellt waren für die Bockbierfeste.

Markus: Dann machen wir den doch jetzt mal auf. Bin ich mal gespannt. Ich meine, das ist immerhin auch ein silberner und ein bronzener Beer Star da drauf, also das ist ja schon auch eine tolle Geschichte. Und, oh ja, oh Holger, das gefällt dir bestimmt auch, oder? Dieses Rotgoldbraun, das ist ja toll.

Holger: Absolut! Ich kenne das Bier auch gut und in Pilsting gibt’s einen Edeka und da versorge ich mich dann ab und zu damit.

Markus: Mmh! Und hat auch in der Nase so ein bisschen fast schon schokoladige, nussige Aromen. Mmh! Dann kommt so ein bisschen Trockenbeeren, ein bisschen Rosinen. Sehr, sehr intensiv. Moment, ich probiere mal.

Holger: Das ist ein schöner, dunkler Doppelbock. Also so richtig typisch, wie man es möchte.

Markus: Oh ja! Also kann man nur sagen, das ist wirklich wunderbar auf den Punkt. Hat die Preise völlig zu Recht verdient. Interessanterweise auch eine schöne Bittere hinten drauf. Wie ist denn das überhaupt, du sagst ja, ihr braut ausschließlich mit Doldenhopfen, macht das auch in so einem Bier was aus? Oder machst du dir da auch Gedanken darüber?

Michael Sturm: Ganz kurz muss ich einhaken. Nicht ausschließlich mit Doldenhopfen. Wir haben auch Pellets, aber zur Aromagabe nehmen wir immer den Doldenhopfen. Also für die Grundhopfung nehmen immer Pellets her, und die letzte Hopfengabe, die Aromagabe, die ist dann immer in Doldenhopfenform. Wichtig ist uns auch, dass wir nur Aromahopfen verwenden, also bei uns eine Hoch-Alphasorte, wie man so schön sagt. Das heißt, diese Hopfen, die viel stärkere Bitterkraft haben, die kommen bei uns überhaupt nicht zum Einsatz, weil einfach Aromahopfen da qualitativ seine Vorteile hat. Selbst für die Bittere wird es eine schönere, eine rundere Bittere. Wichtig ist uns schon immer, dass die Biere einfach schön ausbalanciert sind. Und ich denke, es ist auch das, was man bei unserem Bock immer wieder hört, dass er nicht zu sehr ins Röstige fällt oder nicht zu sehr ins Bittere, sondern dass das einfach ein runder Trinkgenuss ist, charaktervoll, aber eben auch noch schön zu trinken. Und das ist, glaube ich, das, was uns da auszeichnet, und auch, was das Ziel bei den Bieren immer ist.

Markus: Für alle Hörer, die sich jetzt vielleicht auch mal so ein Bier besorgt haben oder noch besorgen werden, da kann man sich auch mal wirklich den Spaß machen, das im Glas zu haben, das Glas ein bisschen zu neigen und zu drehen, und dann bildet sich eben dieser schöne Film vom Bier, der am Glas so kleben bleibt. Und weil das eben so eine schöne, goldbraune Farbe hat, gibt es dann auch einen ganz schönen Schimmer, der dem Glas wirklich ein tolles Aussehen verleiht. Also sehr, sehr spannend. Und interessant auch, wie diese Rosinennoten, Karamellnoten da auch sehr schön rüberkommen. Also wirklich ein schönes Bier. Holger, das wäre doch auch was für deinen Sohn, der heißt ja fast genauso, oder?

Holger: Ja, der heißt fast genauso. Na ja gut, der ist jetzt 17 und trinkt auch mal ein Glas Bier mit mir, aber ist jetzt noch nicht der absolut passionierte Biertrinker geworden. Muss ja auch nicht sein. Aber das wäre auf jeden Fall was für den, also eben so ein etwas schweres Bier, dann also diese typische Honignote auch. Natürlich auch diese Karamellnote, das schmeckt meinem Flori auf jeden Fall auch richtig gut.

Markus: Apropos Bockbieranstich, Michael, wie macht ihr das denn überhaupt? Jetzt gut, Corona war wahrscheinlich sowieso nicht viel los, aber so generell, wie schaut das bei euch aus so ein Bockbieranstich?

Michael Sturm: Wir haben da eine Veranstaltung, die wird der Bockbierzeit etwas vorausgeschickt, und das ist die öffentliche Bockbierprobe. Die ist immer in unserem Stammhaus, das zur ursprünglichen Brauerei gehört, und da kann jeder kommen. Das ist eben noch vor der traditionellen Starkbierzeit und ist eine ganz beliebte, ganz nette Veranstaltung. Es ist vom Rahmen her überschaubar. Und dann in der Bockbierzeit, da folgen dann eben die verschiedenen Bockbierfeste und Bockbieranstiche, die dann eben Kunden von uns machen, Vereine aus der Gegend. Dann gibt’s da auch oft die Starkbierpredigt, einen Fastenprediger. Und da wird dann natürlich ein bisschen vom Leder gezogen und ein bisschen gefrotzelt. So gehört es ja. Ist eine schöne Zeit bei.

Markus: Bei eurer Starkbierprobe wird da dann nur flüssig probiert oder gibt’s da auch diese Probe, die man so kennt mit so einer Holzbank und Leuten, die sich draufsetzen und so?

Michael Sturm: Nein, also das haben wir jetzt noch nicht ausprobiert. Wäre mal vielleicht einen Versuch wert. In der Regel machen wir dann noch irgend so eine Spezialität. Wir haben zum Beispiel dann eben auch schon mal ein Eisbock gemacht oder das Bockbier-Stacheln, solche Sachen. Also es sind ja fünf verschiedene Malzsorten, die in unserem Floriani Bock drin sind, und da haben wir die fünf verschiedenen Malzsorten schon mal da auch mitgebracht und die Leute probieren lassen und riechen und spüren lassen, was die fünf verschiedenen Malzsorten eben in dieses Bier mitbringen. Ist eine ganze schöne, gemütliche Veranstaltung.

Markus: Da sind wir eigentlich auch schon bei unserem nächsten Bier. Da steht nämlich spannender Weise gar nicht mehr Krieger drauf, sondern da steht jetzt Mikes Wanderlust drauf. Vielleicht willst du vorher kurz sagen, was es damit auf sich hat, und dann Holger, können wir uns der Sache mal nähern.

Michael Sturm: Ja, gerne! Also Mikes Wanderlust, das war unser Craftbier-Projekt, sage ich mal so. Im Anschluss an meine Biersommelier-Ausbildung habe ich gesagt, Mensch, das, was mir eigentlich schon die ganze Zeit umgegangen ist, eben auch andere Biersorten als unsere traditionellen zu machen. Haben wir dann umgesetzt, haben ein India Pale Ale gebraut, ein Session Pale Ale, ein Porter. In dieser Mikes Wanderlust Geschichte war eben auch ein spannendes Thema Bockbier ausbauen in Fässern. Wir hatten es beim Floriani Bock schon im ersten Jahr gemacht. Das war ja die Kombination, die sich auch sicherlich am meisten anbietet und die am gängisten ist und auch gut funktioniert, muss man sagen, im Bourbonfass ausbauen den dunklen Doppelbock. Das hatten wir da schon gemacht. Mikes Wanderlust, der Name natürlich, also Mike ist mein Spitzname, und Wanderlust sollte halt ein bisschen so für den Blick über den Tellerrand auch stehen. Mein Urgroßvater, der der erste Krieger in Landau war in der Brauerei, der hat, bevor er die Brauerei in Landau gekauft hat und nach der Brauer-Ausbildung hat er sich auf den Weg gemacht und hat das Brauen in der Welt sich angeeignet und angesehen. Also der ist damals nach Marseille, nach Tunis, hat sich dann in Neapel auf einem Schiff einquartiert und hat sich durch Kohleschaufeln die Überfahrt nach Nordamerika verdient und hat dann auch in Nordamerika noch in vielen verschiedenen Brauereien gearbeitet, und ist dann eben später nach Deutschland zurückgekommen und hat dann gemeinsam mit seiner Frau zuerst eine Brauerei in Wasserburg betrieben und dann die Brauerei in Landau gekauft. Aber ich finde das eben ganz erstaunlich, grad im Vergleich zu heute, wie man sagt, heute buche ich einen Flieger und kann übermorgen einsteigen und fliege nach Nordamerika oder wo auch immer hin und bin dann gleich dort. Und in den Zeiten, wo er nicht gewusst hat, was erwartet ihn, da zwei, drei Wochen Kohlen geschaufelt, damit er dahinkommt. Dieser Pioniergeist, der imponiert uns sehr. Drum hat es auch bei uns in der Familiengeschichte schon ein bisschen diese Wanderlust gegeben. Und deswegen war das ein schöner Name, wo man sagt, damit soll der Blick über den Tellerrand, den da mein Urgroßvater uns schon vorgelebt hat, auch ein bisschen versinnbildlicht werden.

Markus: Da bin ich jetzt mal gespannt, wie das so wird. Ich gebe es jetzt hier mal ins Glas und dann lasse ich mal die Hörer reinhören. Weil ich glaube, das ist auch ein ganz spannendes Geräusch, was dieses Bier von sich gibt. Moment! Wer jetzt ganz genau hingehört hat, der hat eben gehört, wie diese Kohlensäurebläschen so richtig heftig zerplatzen und wie dann diese schöne Aromatik diesem Bier entweicht. Und bin ich mal gespannt, was der Holger dazu sagt. Weil wir haben hier immerhin einen Doppelbock im Islay-Fass. Also der hat schon mal ordentlich was zu bieten. Holger, was sagst du denn zu diesem spannenden Bier?

Holger: Na ja, so wie der Mike das schon vorhin auch beschrieben hat, da kann man einiges entdecken. Und ich finde, hier ist es auch wieder wunderbar gelungen, ein besonderes Bier zu produzieren, wo man eben auch dann einfach merkt, dass da ein Holzfass im Einsatz war. Und das ist jetzt auch hier ein Doppelbock, ein dunkler Doppelbock, der dann in ein Holzfass hineinkommt. Und dann natürlich auch das Aroma dieses Single-Malt-Whiskys eben annimmt und dann natürlich auch aus dem Holz vielleicht auch noch ein bisschen Alkohol zieht. Ja, das ist eigentlich schade, dass eben Mikes Wanderlust, also so viel ich weiß, hast du das von vornherein einfach nur als Projekt angelegt, aber so die Story dazu und auch die Biere, die ich in dem Zusammenhang kenne, vor allen Dingen auch das Porter fand ich immer ganz besonders toll, ist eigentlich schade, Michael, dass du das nicht weitermachst irgendwie. Also da möchte ich dich noch mal zu ermutigen, das vielleicht doch noch mal zu überdenken. Weil das ist doch jetzt auch schon wieder hier so ein Bier, was ein Beispiel dafür ist, dass Krieger Bräu in Landau unglaubliche Biere produzieren kann. Jetzt ist das vielleicht in 25 Kilometer Umgebung nicht jedermanns Sache, und die Niederbayern sind dann vielleicht ein bisschen traditioneller und sind erstmal überrascht durch solche Biere, aber ich könnte mir vorstellen, das könnte doch was werden. Also warum machst du nicht weiter?

Michael Sturm: Es war auf jeden Fall ein großes Leidenschaftsprojekt, das wir da hatten. Vielleicht gibt’s einmal wieder eine besondere Edition, aber so in dieser Regelmäßigkeit, wir hatten ja drei dieser Biere ständig im Sortiment, und da haben wir einfach nach einer Zeit gemerkt oder wir hatten von vornherein gesagt, so, wir ziehen jetzt mal nach circa drei Jahren ein Resümee. Es ist dann tatsächlich schon so ausgefallen, wir haben ein relativ großes Sudhaus, und da war halt diese regelmäßige Produktion dieser Sorten schwierig. Da haben wir diese Menge nicht erreicht, die wir da gebraucht hätten, damit das regelmäßig Sinn macht. Aber wer weiß, vielleicht gibt’s mal wieder was. Und gerade dieses Projekt war eben auch so eine Sache, wo man sagt, Mensch, wir wollen das ausprobieren, das ist ein ganz spannendes Thema. Es heißt ja World Barrel Tour. Und das Grundbier ist tatsächlich der Floriani Bock, und den hat man in fünf verschiedenen Fässern ausgebaut, die dann jeweils als Einzelfass so abgefüllt wurden. Also schon mit hohem Aufwand das Ganze auch betrieben. Das eine Fass war das Bourbon-Fass, das zweite eben das Islay Single Malt Fass, das eben diese torfigen Noten mitbringt. Dann hat man ein Rumfass, hat man ein Sherryfass und ein Tequilafass. Ich habe davor noch nie irgendwie, ich hatte keine Ahnung, wie jetzt fassgereifter Tequila zum Beispiel riecht. Und so war das ein ganz spannendes Projekt, dass man gesagt hat, so, die Bourbon USA Edition, Islay Single Malt für Schottland. Dann natürlich Sherry, Spanien, Tequila, Mexiko, und was geht mir jetzt noch ab, eins haben wir noch vergessen, Rumfass, Karibik. Das war ein tolles Projekt, wo wir mit ein und demselben Grundbier nachvollziehen konnte, wie sich diese fünf verschiedenen Fässer ausgewirkt haben. Also das war eine hochspannende Sache. Denke ich noch gerne daran zurück. Auch ein Beispiel dafür, was Bier alles kann, ganz klar.

Markus: Absolut! Also ganz, ganz spannende Geschichte. Vielleicht vorweg noch, kann ich dem Holger nur zustimmen, ich bin seit vielen Jahren, wenn dieses Fest der Deutschen Einheit ist, das offizielle Fest, immer unterwegs und darf da Biere verkosten für Bayern Tourismus. Und da haben wir immer eigentlich die Mikes Wanderlust Biere dabeigehabt. Und die kamen auch echt immer richtig gut an. Also wie gesagt, sei dir nur dessen gewahr, dass es da schon viele Fans gibt. Und vielleicht lohnt es sich ja, die ein oder andere Sache irgendwie mal wieder aufzulegen. Aber zurück zu diesem World Barrel Thema hier. Ich glaube, der Holger hat sich so ein bisschen um das Islay Thema gedrückt, glaube ich, weil natürlich das insofern ganz besonders ist, als man halt diese rauchigen Noten hat, die da eben von dem Islay Whisky da mit reinkommen. Was ich ganz toll finde, ist, dass am Anfang wirklich auch ganz viel von der Süße von dem Bier rüberkommt, also viel mehr als wir das eigentlich im Bockbier hatten, was wir gerade verkostet haben. Das kommt noch ein bisschen intensiver rüber. Und dann kommt wirklich dieses Torfige, Rauchige, sehr intensiv, also bleibt auch ungeheuer lang, aber trotzdem angenehm. Also es ist schön eingebunden und insgesamt wirklich ein absolut spannendes Bier und ein tolles Beispiel, was man eben mit so einer Holzfass-Geschichte so erreichen kann. Und da hätte ich jetzt richtig Lust drauf, die anderen vier so dagegen zu verkosten. Also gerade Tequila finde ich spannend. Ich weiß nicht, hast du das vielleicht im Kopf, wie sich das aromatisch so ausprägt?

Michael Sturm: Das ist ein bisschen so eine Feigennote, war wirklich auch sehr schön rund zu trinken. Das Islay war natürlich das, das am meisten polarisiert hat. Also wer überhaupt keinen torfigen Whisky mag, für den war das natürlich, da ist dann eher so das Stichwort Schornsteinfeger gefallen. Das Intensivste war das Bier aus dem Rumfass. Das hängt natürlich auch immer ein bisschen an den Fässern auch, wie sind die Fässer beschaffen, wie lange ist die Leerung her davor und so weiter und so fort. Bourbon die ganz klassische Kombination. Sherry war auch sehr, sehr gut. Also das war wirklich eine hochinteressante Geschichte, so das nebeneinander so zu probieren. Wie gesagt, das Tequila war wirklich sehr gut.

Markus: Feige kann ich mir auch sehr gut vorstellen, habe ich jetzt sogar auch in diesem so ein bisschen drin. Das ist wirklich eine absolut spannende Geschichte. Ich glaube, sowas ganz Besonderes ist dann, wenn man auch noch versucht, aus diesen verschiedenen Fässern am Ende vielleicht sogar noch eine Cuvée herzustellen, die dann das Ganze noch ein bisschen zusammenbringt. Also das wäre dann vielleicht sozusagen die Overkill-Geschichte, wenn man dann aus so einer Barrel-Tour was macht. Toll auf jeden Fall und ein tolles Bier, was mich auf jeden Fall auch begeistert und richtig spannend ist. Vielleicht von meiner Seite noch so eine letzte Frage. Du hast am Anfang erwähnt, ihr habt diesen Ursprung auch so in Riedenburg und letzten Endes war auch dort so ein Ansatz mit den IPAs, die sie relativ bald angefangen haben zu machen. Gibt’s da noch Kontakte? Arbeitet ihr vielleicht noch zusammen? Oder kennt ihr euch zumindest, oder wie ist das?

Michael Sturm: Man kennt sich in der Branche ohnehin, aber auch nach Riedenburg, und tatsächlich auch zu anderen Brauereien, zu denen wir entfernte Verwandtschaftsverhältnisse haben, pflegen wir da einfach einen sehr, sehr guten Kontakt. Und mit dem Maximilian, mit der Maria oder mit ihren Eltern auch haben wir da einen sehr guten Kontakt. Der Michael Krieger hat auch in Zusammenarbeit mit Riedenburger Bürgern ein Buch herausgegeben beziehungsweise hat da sehr stark zum Inhalt auf jeden Fall beigetragen, und da wurde auch über die Bierbrauer-Familie Krieger in Riedenburg und die anderen Riedenburger Brauereien geschrieben. Und er hat uns auch ein Buch zukommen lassen und das war sehr, sehr spannend zu lesen für uns. Und so ist das schön, wenn man da auch sich gegenseitig irgendwo austauschen kann und den Kontakt pflegt.

Markus: Was ich da ganz spannend finde, ist, wie die damals bei der Umstellung zur Biobrauerei angefeindet worden sind. Die haben im Grunde nur ihr ganz normales Bier weitergebraut und ab dem einen Tag auf den anderen halt dann das Label verändert, weil jetzt waren sie dann offiziell Biobrauerei. Und dann kamen auf einmal von diesen ganz traditionellen Leuten vor Ort, das kann man nicht mehr trinken und unglaublich und was weiß ich, die sind links und grün, und Wahnsinn. Also damals in den 80ern hat Franz Josef Strauß noch regiert, völlig verrückt, wie das damals so abging. Und das hat mich schon immer so ein bisschen beeindruckt, dass die dann trotzdem ihren Weg gegangen sind. Insofern steckt da vielleicht so ein bisschen Krieger-Blut natürlich auch bei dir mit drin. Und das fand ich jetzt auch bei der Verkostung ganz toll, dass wir halt von so einem mehr oder weniger traditionellen Hellen über sowas wie die Urweisse oder den Bock bis zu so einem ganz krassen Islay Bock hier dann gekommen sind. Eigentlich mal sehen, was einfach so möglich ist, wenn man das Thema Bier einfach komplett lebt und komplett denkt. Das hat mich absolut begeistert. Ich weiß nicht, Holger, wie ging‘s denn dir? Und hast du vielleicht auch eine letzte Frage?

Holger: Mir ging‘s ganz genau so und ich kann auch wirklich immer wieder betonen, was wir auch für eine tolle Bierkultur haben in unserem Land, und insbesondere natürlich in Bayern. Und was eben auch so eine traditionsreiche Brauerei wie Krieger in Landau an der Isar auch zaubern kann und was da auch für ein Portfolio geboten wird. Eigentlich muss man da noch viel mehr drüber reden, also der BierTalk ist ja nur ein kleines Puzzlestück in dem Reigen derer, die eben toll auch über Bier reden können, Appetit machen, um zu trinken und auch zu genießen und auch sich vorzustellen, was überlegt sich der Braumeister. Da kann ich dann immer auch noch mal darauf hinweisen, also jetzt ganz besonders eben auch hier bei dem Bier, was wir jetzt im Glas haben, das gehört halt auch wirklich ins Glas, weißt du. Und das ist jetzt auch kein Bier zum Durst löschen, sondern das ist wirklich ein Bier, um sich damit auseinanderzusetzen und so. Und trotzdem bietet die Brauerei auch für einen schönen Sommertag im Biergarten einfach diese unglaublich leckere Urweisse, wo ich nochmal wieder darauf zu sprechen kommen muss einfach. Und dann gibt’s auch noch ein Brauereimuseum. Da haben wir noch gar nicht drüber gesprochen. Das gelingt uns vielleicht noch in den letzten zwei Minuten, Michael, dass du ganz kurz auch noch mal was zum Brauereimuseum sagst. Also auch vor dem Hintergrund, es lohnt sich wirklich nach Landau zu kommen.

Michael Sturm: Ja, absolut! Kann ich natürlich nur unterstreichen. Das Brauereimuseum ist in unserem Brauereigebäude beheimatet, ist 1997 eröffnet worden und ist eben dem vorher schon erwähnten Firmengründer in Landau, sage ich mal, also die Brauerei hat es vorher schon gegeben, aber dem ersten Krieger in Landau, sage ich mal, ist es gewidmet. Und es werden eben Ausstellungsstücke aus der Bierherstellung von, ich sag mal so, vor 50 bis 100 Jahren in etwa ausgestellt. Und man kann eigentlich so chronologisch die Bierherstellung in früheren Zeiten verfolgen. Geöffnet ist das Brauereimuseum eher unregelmäßig, muss man sagen. Wir haben jedes Jahr normalerweise Ende September, jetzt befinden wir uns natürlich 2020 und 2021 in Jahren, wo es etwas schwieriger ist mit Veranstaltungen und offenen Tagen, aber in der Regel ist Ende September in Landau ein Tag, an dem die verschiedenen Museen geöffnet haben. Und an dem beteiligen wir uns auch und haben dann meistens noch ein kleines Food Truck Treffen bei uns im Brauereihof. In diesem Rahmen kann das Brauereimuseum besucht werden oder ist eben nach Vereinbarung auch für Besuchergruppen geöffnet. Da kann man einfach auch viel darüber erfahren über die wichtigen Entwicklungsschritte in der Brauereizeit. Und was mir bei dem Museum und überhaupt bei der Beschäftigung mit der Geschichte des Bieres halt so fasziniert, ist, wie die Menschen, die dieses Thema Bier, das es viele tausende Jahre schon gibt, lange, ohne dass sie jetzt diese wissenschaftlichen Hintergründe gehabt haben, lange da Stück für Stück einfach durch Ausprobieren verbessert haben. Man wusste ja nicht, was ist die Gärung. Man wusste nicht, wie das genau mit dem Maischen ist, mit dem Stärkeabbau und so weiter und so fort. Man hatte noch keine Kühlmöglichkeiten. Und trotzdem haben wir da einfach durch Ausprobieren getestet, wird das Bier dann besser oder war der Versuch nichts und wir kehren wieder zur alten Vorgehensweise zurück. Das ist eine ganz faszinierende Geschichte, finde ich.

Holger: Das kann ich nur unterstreichen. Da habe ich auch schon irgendwann mal gesagt, wahrscheinlich in irgendeinem BierTalk, da kann man wieder sehen, es geht ums Können, also nicht unbedingt ums Wissen, sondern ums Können. Und das geht nur durch Übung und durch ganz langes und intensives Ausprobieren, sich verbinden mit der Sache. Und das sagte ja Goethe schon: Ein Experte ist eins mit der Sache. Ja, das könnte vielleicht ein Schlusswort sein.

Markus: Wollte ich gerade sagen, das ist eigentlich das perfekte Schlusswort. Vielen, vielen Dank, lieber Michael, lieber Mike, dass du heute mit uns deine sechs Biere hier verkostet hast. Und überhaupt vielen Dank dafür, dass wir diese überhaupt bekommen haben. Das war auf jeden Fall ganz, ganz toll. Und wir wünschen allen Hörern, die das vielleicht nachvollziehen, dass sie auch so viel Spaß dabei haben und vielleicht auch mal bei dir vorbeischauen. Also an dieser Stelle, danke für deine Zeit, danke für deine Biere, danke für dein Engagement und hoffentlich bis bald vor Ort.

Michael Sturm: Ich sage vielen Dank. Alles Gute!

Holger: Macht’s gut! Ciao! Tschüss!

Michael Sturm: Servus!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 64 – Interview mit Dr. Christian Temme, Chemiker, Ex-Polarforscher und Betreiber des Braustättchen in Hamburg

Christian Temme hat es von der schnöden Chemie zum schmackhaften Bier verschlagen, eine spannende Reise, die ihn rund um den Globus und dann ins Elternhaus an die Hobbybrauanlage geführt und nun nach Hamburg gebracht hat, wo er mit seinem zweiten „Braustättchen“ dem bierigen Hochgenuss eine neue Heimat gibt. Im Podcast sprechen wir über diese interessante Entwicklung, Christians weitere Pläne für die Zukunft und natürlich über die feinen Biere, die wir zusammen verkosten…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Herzlich willkommen zum 64. Podcast! Wir haben einen ganz, ganz tollen Gast wieder mal, Christian Temme vom Braustättchen. Da ist dann die Adresse: Am Langen Jammer. Da wisst ihr schon, wahrscheinlich ist es nicht in Oberbayern, wenn man so eine Ortsbezeichnung hat. Und wie sehr da gejammert wird, das werden wir uns vielleicht gleich auch noch anhören dürfen. Christian, herzlich willkommen! Und am Mikrofon wie immer der Holger und …

Markus: … der Markus.

Holger: Es wäre vielleicht schön, du stellst dich unseren Hörern selbst vor, weil so ist es bei uns Tradition. Dann leg doch mal los. Was macht dich aus?

Christian Temme: Holger und Markus, vielen Dank für die Einladung erstmal! Ich bin der Christian und ich bin Chemiker mit einer typischen Laufbahn auch nach dem Studium. Ich habe also promoviert, das machen aber irgendwie 85 % aller Chemiker. Dann habe ich noch einen sogenannten Postdoc draufgesetzt, das ist also nochmal Forschungszeit, die man nach der Promotion anhängt. Dann hatte ich ein paar Forschungsaufenthalte im Ausland – das ist eigentlich auch gang und gäbe, wenn man in die Forschung will – mit spannenden Expeditionen in die Polarregion. Da können wir bestimmt auch noch mal drüber schnacken, da war natürlich Bier auch ein Thema. Und dann habe ich aber tatsächlich irgendwann die Forschungslaufbahn dann doch aufgegeben, bin in die freie Wirtschaft gewechselt und verdiene jetzt so seit 15 Jahren mein Brot in der so genannten TIC-Branche. TIC, das ist Testing, Inspection und Certification. Da kümmere ich mich um Laboranalytik, hauptsächlich von Umweltschadstoffen. Und habe aber ein kleines Zwischenspiel gehabt 2016 oder ab 2016, da habe ich für einen kleinen Laden, so ein Start-up kann man sagen, den Geschäftsführer gegeben und habe mich da mit dem Thema Consulting und Eventmanagement zum Thema Brauereirohstoffe beschäftigt. Da haben Markus und ich uns auch kennengelernt, ich glaube, 2017 muss es gewesen sein. Da ist meine Liebe zu diesem Thema entstanden. Und seit 2018 betreibe ich im Nebenerwerb eine kleine Event-Location mit Bottleshop im niedersächsischen Knesebeck. Jetzt könnt ihr alle raten, wo das ist. Ich verrate es mal noch nicht. Seit gut vier Monaten ersetze ich natürlich die so beliebten Präsenzveranstaltungen im Braustättchen Am Langen Jammer durch Online-Verkostungen. Das ist sehr exklusiv und in kleinen Gruppen und macht mir sehr viel Spaß. Das ist erstmal vielleicht in Kürze zu mir.

Holger: Beeindruckt mich. Du weißt, ich komme aus dem Ruhrgebiet und wir sind da ein bisschen bodenständig. Und Testing Inspection und Certification, das heißt bei uns TÜV, glaube ich.

Christian Temme: Ja, das ist tatsächlich auch ein Teil meines jetzigen Portfolios, also das meines Arbeitgebers. Aber ich bin doch eher so in dieser klassischen Laboranalytik zu Hause, das macht der TÜV eher weniger. Wenn du jetzt natürlich an TÜV denkst, dann denkst du wahrscheinlich an die Autoplakette und so weiter.

Holger: Nein, ich weiß schon, die machen Fahrschulservice …

Christian Temme: Ja, okay! Ja.

Holger: … und dann natürlich Ladungssicherung und Gefahrenschutz und was weiß ich. Ich glaube nicht, der TÜV macht schon viel. Das sind verschiedenste Gesellschaften, also hier natürlich, bei uns ist der TÜV Süd, und bei euch wird es wahrscheinlich der TÜV Nord sein, und bei mir zuhause ist es der TÜV Rheinland. Also es gibt verschiedene TÜVs. Und dann gibt’s natürlich auch noch die DEKRA und die GTÜ und den KÜS und so. Wir dürfen keine Schleichwerbung machen, deshalb muss ich sie alle mal nennen. Aber das hat sich auf jeden Fall jetzt erstmal ganz interessant angehört. Und mit promovierten Menschen zu sprechen, das ist immer ein Vergnügen von mir. Oder nicht, Markus?

Markus: Auf jeden Fall! Und vor allem spannend ist natürlich, wie jemand dann so die Liebe zum Bier entdeckt. Also war dir das in die Wiege gelegt oder hat sich das dann so entwickelt? Oder hattest du irgendwann diesen entscheidenden Moment, wo du das Bier getrunken hast und dann hat es dich gepackt? Wie ging das bei dir?

Christian Temme: Bis 2016 war ich der Junge vom Lande, aus dem niedersächsischen Hinterland sozusagen, kurz vor der ehemaligen Grenze zur DDR aufgewachsen in der Zeit. Und da gab’s nur Pils, da hat man eigentlich eine heimische Brauerei gekannt und die rauf und runter zu allen Festen getrunken, vom Fass oder eben aus der Flasche. Und bis dahin kannte ich vielleicht noch mal ein Weizen und vielleicht noch mal ein Märzen, und das war‘s eigentlich. Und dann habe ich mich auf diesen Job beworben und mich haben die Rohstoffthemen fasziniert, weil ich davor auch in der Analytik tätig war im Lebensmittelbereich, und da so ein bisschen zumindest von den Rohstoffthemen wusste, was jetzt die Qualität anbetrifft. Aber was natürlich das Herstellen von Bier und dann die verschiedenen Bierspezialitäten, die es noch so gibt, da hatte ich keine Ahnung von bis dahin. Und das war purer Zufall dann dieser Job. Dann musstest du dich natürlich mit dem Thema irgendwie beschäftigen, und ich war immer ein Typ, der gerne praktisch dann denkt, und habe gesagt, gut, dann fängst du jetzt an zu brauen. Und habe dann wirklich hobbybrau-mäßig mit der kleinen 20-Liter-Klasse angefangen 2016 und habe mich da so reingearbeitet, einfach, um mitreden zu können, so ein bisschen die Prozesse zu verstehen. Als Chemiker geht einem das so ein bisschen schneller von der Hand wahrscheinlich, und so kam ein Thema zum nächsten. Und jetzt möchte ich es auch nicht mehr missen. Ja, ich bin sehr happy, dass ich diese Braustättchen-Geschichte gewagt habe. Wie gesagt, war dann eine Sache auch der Verbundenheit zu meiner Heimat. Das ist also mein Heimatort, ich lebe jetzt in Hamburg, habe hier meine Familie, mein Haus. Und das sind so anderthalb Stunden Fahrt von hier, und mache das sehr gerne seit 2018 dort.

Markus: Eine ganz kleine Nachfrage hätte ich da noch. Wenn man als Chemiker zum Hobbybrauer wird, da kann ich mir vorstellen, dass das vielleicht auch ein bisschen eine Hürde ist, weil man dann viel, viel genauer ist, weil man viel mehr auf all die ganzen Hygienegeschichten achten muss und so weiter. Und verzweifelt dann wahrscheinlich irgendwann auch am Perfektionismus, den man vielleicht irgendwie so in sich trägt, oder? Hast du diese Stadien auch durchlaufen?

Christian Temme: Ach nein, kann ich nicht behaupten. Also ich habe mich da einfach treiben lassen. Natürlich kann man bei der einen oder anderen Formel oder bei der einen oder anderen Berechnung nicht an sich halten und will das Ganze dann natürlich verstehen und nicht nur die Formel einfach anwenden oder die Berechnungsgrundlage, das schon. Da habe ich mir dann natürlich auch Bücher gekauft. Und einer eurer Gäste hier, Jan Brücklmeier, das war natürlich so ein Klassiker, den ich dann verschlungen habe. Aber ansonsten, nein, also ich bin da auch einer, der so ein bisschen nach Bauchgefühl arbeitet, auch gerade, was so Hopfengaben anbetrifft. Ich nehme das, was da ist, am Ende auch. Der Bierstil ist irgendwie so eingegrenzt, klar, und dann gucke ich, gerade so Whirlpool-Hopfengabe und dann auch Kalthopfung, gucke ich mal in den Kühlschrank, was ich so habe.

Holger: Und die goldene Regel ist sowieso, kein Bier zweimal.

Christian Temme: Absolut! Diese Rohstoffthemen, die sind mir natürlich als Hobbybrauer dann natürlich entgegengekommen. Ich hatte dann viel mit Kunden zu tun aus dem Rohstoffbereich, sei es jetzt Hopfenhändler, sei es Braugerstenhändler, aber auch Mälzereien. Also da fiel natürlich immer mal ein Säckchen bei ab. Also ich brauchte mir eigentlich keine Sorgen machen, dass ich nicht gut versorgt war als Hobbybrauer.

Holger: Ja, das kenne ich auch aus dem Ruhrgebiet. Bei uns hieß das, so nach dem Motto, Jung, ich habe dir schon tausendmal gesagt, du sollst nicht klauen, das bringt der Vater von der Arbeit mit.

Christian Temme: Ja, genauso war das! Da habe ich auch den einen oder anderen Hobbybrauer noch mitversorgt, die dann im Braustättchen Kunden waren, und wo ich wusste, die brauen auch. Die haben dann immer schon gefragt, hast du wieder ein Säckchen Malz da und kannst du nicht mal? Und ich brauche mal Roggenmalz oder so, also auch Spezialitäten oder so. Das kriegt man sonst in der Gegend nicht. Also das ist wirklich plattes Land da. Die Hobbybrauer haben es schon schwer in der Region. Also gerade die großen schweren Sachen, die musst du dann dir liefern lassen. Also das ist nicht ganz billig.

Holger: Sag doch mal, Am Langen Jammer hat jetzt also nichts mit Jammern zu tun, sondern das ist einfach nur die Straße. Und Knesebeck, da wolltest du nicht so richtig verraten, wo es wirklich liegt. Aber du hast schon gesagt, anderthalb Stunden von Hamburg weg und in Niedersachsen, also dann nach Süden. Wie läuft das? Bist du dann einmal die Woche da oder zweimal die Woche oder immer am Wochenende? Oder wie läuft das denn?

Christian Temme: Der Lange Jammer, das ist die Straße am Kampe, wo das Braustättchen liegt. Hieß früher so, also den Straßennamen gibt’s jetzt nicht mehr. Aber alle, die älter sind als – sagen wir mal – 50, die kennen das noch. Meine Mutter ist da eigentlich draufgekommen. Die hat gesagt, Mensch, nenne das Ding doch Braustättchen Am Langen Jammer, um auch vielleicht so den ein oder anderen des gehobenen Alters da hinzulocken. Das Logo ist auch ein bisschen eher traditionell geworden, wer es schon mal gesehen hat, auch mit dem Bierkrug in der Mitte und dem Wappen von Knesebeck. Knesebeck ist ein kleiner Ort im Landkreis Gifhorn, südlich von Uelzen, zwischen Uelzen und Braunschweig kann man sagen.

Holger: Westlich von (unv. #00:08:07.1#) könnte man sagen.

Christian Temme: Ja, ja! (unv. #00:08:09.2#), kennst du? Das ist ja …

Holger: Ja sicher! Absolut! Ich bin doch ein alter Trucker.

Christian Temme: Okay!

Markus: Ich will eure Romantik nicht stören, aber ich glaube, bei dir Holger kündigt sich doch der lange Jammer an, weil du alleine schon jetzt Durst bekommst, oder?

Holger: Ich bin schon bereit hier, schau.

Markus: Okay! Was hast du denn, hast du schon aufgemacht?

Holger: Ja sicher! Ist schon im Glas.

Markus: Ah!

Holger: Ich wollte nur noch sagen, ich weiß gar, Christian, ob dir das aufgefallen ist, also der Herr Raupach spricht von Chemikern (K gesprochen).

Christian Temme: Ja!

Holger: Da nicht alle, die den Podcast hören, also in Bayern leben, wo das also ganz üblich ist, dass man eben Chemiker (K gesprochen), der Harr Raupach meint Chemiker (Ch gesprochen).

Christian Temme: Verstehe, ja! Ich habe ihn grad so verstanden.

Holger: Ja, ja!

Markus: Man muss es ja von Komiker unterscheiden können.

Christian Temme: Damit haben wir auch manchmal was zu tun. Ja, das stimmt! So, was habt ihr denn Schönes heute? Ich bin gespannt.

Holger: Ich habe …, darf ich überhaupt anfangen? Nein, der Gast muss anfangen.

Markus: Aber du hast schon angefangen.

Holger: Na ja gut, aber ich habe was im Glas, das kann durchaus auch noch ein bisschen warten und kann auch eine etwas höhere Temperatur dann vertragen, als es jetzt im Moment noch so ist. Das wäre okay, wenn noch jemand anders möchte.

Markus: Gut, Christian, dann leg doch mal los. Bin ich mal gespannt, ob es bei dir vielleicht erst raschelt oder ob es gleich ploppt.

Christian Temme: Ich habe es schon grad geöffnet, war aber nicht so wirklich viel Geräusch da. Ich habe drei Biere zur Auswahl und habe mich jetzt für eins entschieden, und zwar nach meiner zweiten Passion, nämlich der Heavy-Metal-Musik. Da habe ich ein Bier von der Robinsons Brewery rausgekramt, wo ich ein schönes Paket habe, á la Iron Maiden Biere. Und habe mich jetzt mal für das Trooper IPA entschieden. Das ist also eins von sechs in dieser tollen Box, die ich vor zwei Wochen endlich bekommen habe nach drei Monaten Wartezeit. Ich habe es jetzt mal eingeschenkt. Schönes Orange hier, im Craft Master Glas hier habe ich es mal eingeschenkt. Und ich bin mal gespannt. Es hat nur 4,3 %. Das hat mich so natürlich jetzt neugierig gemacht, ob die in diesem Alkohol-Range dann auch wirklich ein schönes, kräftiges IPA hinkriegen. Ich rieche mal rein. Mmh! Okay! Das habe ich jetzt nicht erwartet. Riecht sehr süßlich, ein bisschen nach Grapefruit, ein bisschen Orange. Ich nehme mal einen Schluck. Oh ja! Sehr leicht, gut 4,3 %. Oh, ich hätte jetzt eher englische Hopfen erwartet. Ich habe mich nicht vorher damit auseinandergesetzt, geht aber doch eher in die amerikanische Richtung. Schade! Ich habe jetzt gedacht, da kommt ein bisschen Blumiges, ein bisschen Grasiges eher raus. Also ist doch eher so Grapefruit, Orange. Klingt also eher nach amerikanischen Hopfen oder schmeckt nach amerikanischen Hopfen. Ja, kann man so tagsüber mal trinken. Ist jetzt glaube ich nicht so das kräftige IPA natürlich, was man vielleicht zu einer Metal Musik braucht. Aber eigentlich ist es egal, das Bier kann sein, wie es will, zu einem hämmernden Maiden Song würde es jetzt perfekt harmonieren, weil es einfach auch geil aussieht. Schön, The Trooper, das ist so eine Figur von Iron Maiden, der Eddie in einer englischen Uniform dort drauf, mit einer Fahne in der Hand, wie er sozusagen in die Schlacht zieht, das hat mich natürlich schon alleine angesprochen.

Markus: Ich habe eigentlich gedacht, du hast ein Bier, was in einer Tüte steckt. Weil du, wie ich mich erinnern kann, diese Geschichte jetzt gerade machst mit diesem Jubiläum von Knesebeck, 777 Jahre. Und als ich dich das letzte Mal besucht habe, waren grad die großen Planungen, ein Bier für dieses Jubiläum zu machen. Und dann habe ich neulich auf Facebook so einen Post gesehen, dass es da jetzt lauter so kleine Tütchen gibt. Da habe ich gedacht, vielleicht sind da so kleine Bierfläschchen drin. Ist das so, oder müssen wir da noch ein bisschen warten?

Christian Temme: Die Tüten sind eine zweite Aktion. Also erstmal muss man sagen, dieses ganze Jubiläum, was dieses Jahr stattfinden sollte, ist mit allen Veranstaltungen natürlich abgesagt worden. Alle waren ganz traurig und sind auch noch ganz traurig. Das hätte halt im Juli ein großes Festwochenende gegeben. Und zwei Projekte sind aber übriggeblieben, also zwei Projekte, wo man dann auch was in der Hand halten kann. Und das ist einmal Knesebeck in der Tüte, das passiert am nächsten Wochenende, da sind so kleine Goodies drin, Rezepte, auch ein paar Ideen, so eine Schnitzeljagd durch Knesebeck, wo man dann bestimmte Sachen finden kann. Und tatsächlich das Jubiläumsbier, was du gerade erwähnt hast. Das ist jetzt auch mein zweites Bier, was ich mir heute hier noch vorgenommen habe. Das ist sozusagen der Prototyp, den ich selbst gebaut habe. Und ich komme heute gerade vom Zwickeln, das heißt, heute Morgen war ich in der Brauerei bei Wildwuchs hier in Hamburg, die für uns eben dieses Jubiläumsbier brauen, und habe mal zwickeln dürfen und ich war ganz hin und weg. Es ist wirklich so gelungen von der Hopfenwahl auch, kommt gut durch in diesem 20-Hektoliter-Sud, wie ich es dann in meiner kleinen Anlage bei 50 Liter da haben wollte oder kreiert habe. Ich bin heiß wie Frittenfett, kann man sagen, also das Bier soll eben in zwei Wochen abgefüllt werden und wird dann wahrscheinlich am Himmelfahrt-Wochenende entsprechend verkauft.

Markus: Spannend! Da lassen wir uns doch bestimmt mal überraschen, was du nachher davon erzählst, wenn du mit deiner eisernen Jungfrau fertig bist. Aber der Holger hat jetzt auch noch sein Bierchen. Jetzt hast du doch Trinktemperatur, oder?

Holger: Ja, aber ich muss erstmal noch ein bisschen bei dem Iron Maiden Bier bleiben. Weil da sollten wir dann auch schon doch nochmal auch auf die Braustätte hinweisen. Weil du hast das auch gerade angedeutet, du hättest jetzt englischen Hopfen erwartet oder auch eine englische Interpretation, und du empfindest das so, dass es ein typisches amerikanisches IPA ist. Aber gebraut wird es bei der Robinsons Brewery in England, oder?

Christian Temme: Ja, korrekt, genau!

Holger: Warst du da schon mal?

Christian Temme: Nein, da war ich leider noch nicht. Ich habe natürlich schon viel gehört, gelesen und ich war mit Markus auch schon mal auf einer Tour in England, in Suffolk, wo wir ganz tolle Dinge im Bereich des Braugerstenanbaus da erlebt haben, und auch natürlich englische Biere trinken durften. Aber bei Robinsons war ich noch nicht. Warst du schon?

Holger: Ja. Das ist auch wieder so eine Verbindung eigentlich zum Ruhrgebiet, also wenn man es ein bisschen so interpretieren möchte. Die sind südlich von Manchester, und Manchester ist ja mit Liverpool so die absolute Industrieregion, also durchaus vergleichbar und auch von der Mentalität der Leute, also Arbeiter, so wie bei mir zuhause halt auch. Ich fand das da ganz toll. Ich war da mal in einem anderen Kontext, gar nicht mit dem Thema Bier, aber bin da extra hingefahren, weil ich das so mal mir anschauen wollte. Und das ist unglaublich, die haben Pubs überall, also das war total klasse. Jetzt habe ich ganz lange da nicht mehr eigentlich darüber nachgedacht und wo du das jetzt gerade hier vorgestellt hast, da ist mir das wieder eingefallen, dass man da unbedingt auch mal wieder hinfahren muss. Also überhaupt, England und die englische Bierkultur ist sehr spannend, wirklich sehr spannend.

Christian Temme: Finde ich auch. Es ist natürlich auch wieder schön wenig karbonisiert, wie man das so kennt, das haben Markus und ich auch erlebt. Die guten gepumpten Biere in den Pubs und so, da würde ich auch gern mal wieder Hallo sagen, wenn es denn ginge. Aber ich habe mich auch nochmal mit dem Bier beschäftigt. Kurz zur Vorbereitung habe ich geguckt, wie viel die davon eigentlich ausstoßen, ob man das mal irgendwie mitkriegt. Und tatsächlich, seit 2013 gibt es diese Iron Maiden Serie, schon viele, viele verschiedene davon, also Trooper ist sozusagen das Basis-Bier und das haben die dann immer variiert. Die haben 25 Millionen Pints, das sind 142.000 Hektoliter von diesen Maiden Bieren schon auf den Markt gehauen. Also das ist schon gigantisch. Klar, dahinter steckt natürlich eine Riesen-Marketing-Maschinerie, und letztendlich die Band auch mit ihrem Logo und der Sänger Bruce Dickinson, also das machen die schon richtig gut.

Holger: Tolle Story! Könnte man vielleicht dann auch bei der entsprechenden Zielgruppe mal schön in eine Verkostung einbauen und das einfach mal so ein bisschen ausschmücken das Thema. Da fällt mir jetzt spontan ganz viel dazu ein. Großartig! Nein, wirklich gute Wahl, sehr interessant. Können sich die Hörer auch mal mit beschäftigen mit diesen Produkten. Wunderbar! So, Markus, wer macht weiter, du oder ich?

Markus: Na, du hast es schon im Glas. Auf geht’s!

Holger: Ich habe es im Glas, genau. Ich heiße ja mit Nachnamen Hahn, und der David Hertl, der hat jetzt ein Starkbier rausgebracht, da steht dann unten auf Oberfränkisch „Schtrong“. Ist aber gar nicht so strong, sondern hat 6,5 % und ist wirklich so ein schönes, harmonisches rundes Bockbier und hat eben so ein ganz besonderes Outfit. Also der David nennt das halt „The Artist Edition“, er hat also einen Künstler und der macht viel für ihn und gestaltet also hier dann auch die Etiketten. Und eben auf dem Bauchetikett ist da so ein stolzer Hahn, der eben dieses schöne Bockbier hier präsentiert. Ich habe das jetzt seit ein paar Tagen hier und habe auch schon, glaube ich, drei oder vier Fläschchen getrunken. Deshalb weiß ich das schon, dass das so unglaublich rund ist. Also das ist so schön, so richtig süß. Wenn man darauf Lust hat, also das ist sicher genau das Gegenteil von einem IPA oder so, was du jetzt da im Glas hast, obwohl du auch gesagt hast, das ist eigentlich leicht und gut trinkbar. Aber hier, das rinnt die Kehle herunter, da ist also hinten, das Zäpfchen sagt dir jedes Mal Danke bei jedem Schluck. Also Prost!

Christian Temme: Sehr zum Wohl! David Hertl ist natürlich auch echt schon ein Knaller, und was er macht, hat irgendwie Hand und Fuß. Ich habe jetzt eines seiner Biere in meinem nächsten Tasting, Online-Tasting drin, die Impfdosis sozusagen, das ist das helle davon. Einfach die Story ist natürlich cool mit seiner Brauerei da auf dem Familienbetrieb, seine ganzen Familienmitglieder da als Konterfei auf den Flaschen. Ich habe jetzt ein Franken Special als nächstes in meinem Online-Tasting, und da musste er natürlich mit vorkommen.

Holger: Unbedingt! Das muss sein. Ja. Die Biere heißen immer ater, und da gibt’s eben dieses Bockbier und dann gibt’s ein Weizen und ein Helles und auch ein Keller Bier, und das sind immer so ganz spezielle Etiketten. Gut, das mit dem Hahn finde ich jetzt besonders schön, aber mir schmeckt auch das Bier unheimlich gut. So, Markus, jetzt bist du aber dran.

Markus: Jetzt habe ich aber auch Durst bekommen, muss ich sagen, wenn ihr da alle so vor euch hin trinkt. Unglaublich! Ich muss sagen, ich habe mich auch auf eine von euren beiden Seiten geschlagen. Ihr könnt ja mal wieder ein bisschen raten, haben wir schon lang nicht mehr gemacht. Ich mach mal auf. So, jetzt lasse ich das mal ins Glas fließen. So, nun ist es im Glas. Wie gesagt, ich bin in einer von euren Bierwelten unterwegs. Was braucht ihr noch als Tipp?

Christian Temme: Ist es was Saisonales?

Markus: Es ist auf jeden Fall kein dauerhaftes Thema. Also saisonal ist vielleicht nicht ganz richtig, aber es ist zumindest ein spezielles Bier.

Christian Temme: Ich hatte so ein bisschen auf ein Maibock oder so, also ein Frühlingsbock jetzt irgendwie spekuliert. Also ich wäre beim Bockbier.

Markus: Vom Alkoholgehalt her sind wir bei 9,2, insofern auf jeden Fall in der Ecke vom Bock, aber es ist auf jeden Fall vom Bierstil her zumindest nicht das, was wir normalerweise unter Bock verstehen.

Holger: Aber dann bist du eigentlich dann schon eher beim Christian und nicht bei mir, oder?

Markus: Absolut, genau! Vor allem vor dem Hintergrund, weil wir uns so richtig kennengelernt haben auf unserer gemeinsamen Englandreise, was wirklich extrem spannend und faszinierend war. Das war dieser Sommer, wo es so unglaublich heiß war, und wir dann dort waren und uns auch damit auseinandersetzen mussten, dass das ganze Getreide dran war zu vertrocknen, weil es einfach nicht geregnet hat. Ich war dann danach noch in London und da waren dann sogar die Gärten von der Queen alle vertrocknet. Also das war schon ein krasser Anblick. Na ja, da waren wir viel unterwegs. Deswegen habe ich mir gedacht, natürlich, ein englisches Bier macht auf jeden Fall Sinn, oder ein britisches Bier. Dann habe ich mir noch gedacht, na ja, gut, er hat noch diese Polarforschungs-Geschichte, die er uns auch noch irgendwie erzählen muss. Und dann habe ich mal geschaut, was könnte denn dazu passen? Und habe in meinem Kühlschrank noch ein schönes Bierchen gefunden von der BrewDog Brauerei. Wir sind eben wirklich im Empire sozusagen, also in Schottland. Und zwar haben die ein schönes Red Rye IPA gemacht, natürlich in der Double Version, was sonst. Und das dann Albino Squid Assassin genannt, also nach einem Kalmare sozusagen, der in den Tiefen des Meeres lebt. Und das Ganze ist dann auch noch Barrel Aged aus einem Whiskyfass. Also eine ziemlich krasse Nummer. Aber ich habe gedacht, heute machen wir das mal auf. Man wartet ja immer auf den Tag und die Gelegenheit, wenn man so ein Bier aufmacht, und dann ist es heute mal so weit. Wir haben eine ganz schöne braune, nussbraune, haselnussbraune Farbe. Es ist natürlich völlig opak, also man kann da nicht durchgucken. Obendrauf ein erstaunlich fester Schaum, der ist auch sehr braun. Und wenn man da reinriecht, ah, dann kommt dieses Whiskyfass sehr intensiv, aber auch ganz viel so Kirschen, Rotwein, ein bisschen Johannesbeere, ein bisschen Schokolade, Kokosnuss. Also tolle, tolle Variationen. Wirkt aber sehr harmonisch, sehr rund. Jetzt probieren wir das mal. Auch sehr weich auf der Zunge, der Alkohol hinten raus ist natürlich deutlich da, wärmt auch schön so im Abgang. Es hat auch eine gewisse Bittere hinten raus. Dazwischen merkt man das Red Ale auch, also schön Malz, ein bisschen Röstaroma, Karamell, Toffee. Und drüber liegen wieder diese roten Früchte, die sind sehr trocken, also es ist ein nicht sehr süßes Bier. Mmh! Also sehr rund und dadurch räumt sich das auch schön auf. Also man ist dann nach dem Trunk nicht komplett satt, sondern der Mund ist wieder frisch und möchte wieder den nächsten Schluck, selbst bei diesen 9,2 %. Mal sehen, ob ich bis zum Ende des Podcasts überhaupt durchhalte, aber es ist auf jeden Fall ein schönes Bierchen. Jetzt bin ich mal gespannt, die Polargeschichte noch zu hören. Also das ist doch interessant.

Christian Temme: Oh ja! Das war eine heiße Zeit, da war ich natürlich jung und ungebunden und ein junger Doktorand. Ich hatte die Chance eben, mit der Polarstern, dem deutschen Flaggschiff der Polarforschung, mitzufahren. Das war 1999, 2000. Und da fing dann eine 6-jährige Geschichte an, verschiedener Polarexpeditionen, die sich dann anschloss. Ich war fast süchtig danach. Das kann man sich vielleicht vorstellen, wenn man einmal diese tollen Welten, die Eisberge, diese Natur, diese wahnsinnigen Gewalten, Naturgewalten kennengelernt hat, aber natürlich auch das Forscherleben auf Schiffen, auf Stationen, das natürlich auch seine Besonderheiten hat. Das kann natürlich auch wirklich sehr harsch sein und sehr, einfach kräftezehrend. Aber klar, es gibt auch Momente, wo man einfach dasteht und denkt so, wow, wie kann das sein, dass du an diesem Ort sein darfst und am Ende nichts mal dafür bezahlen musst, und kannst hier Minkwale vor dir sehen, die gerade irgendwie auftauchen, oder eine Pinguinkolonie oder einen Eisberg, der gerade kalbt, also wo der gerade abbricht von der Eiskante. Ja, war eine schöne Zeit. Also Chemiker haben da ihre Daseinsberechtigung, weil sie meistens im Eis, ich habe in diesem Fall in der Luft, nach bestimmten Spurenstoffen suchen, die dort nicht hingehören, die also menschengemacht sind und die man aber dort sehr gut analysieren kann. Und wenn man sie dort analysieren kann, dann ist das meistens ein schlechtes Zeichen, weil sie sich dann praktisch weltweit verbreitet haben. Wie kommen sie sonst dorthin? Sie müssen relativ langlebig sein und über einen langen Weg entweder über die Ozeane oder eben über den Luftweg dorthin gelangen. Und das bedeutet nichts Gutes. In diesem Fall war es das Quecksilber, je nachdem, in welcher Form es vorkommt, kann es eben sehr giftig sein, kann akkumulieren im menschlichen Körper. Und wir haben eben nachgewiesen, dass es eben bestimmte Pfade gibt, wie das Quecksilber aus den Industrieregionen, aus den gemäßigten Breiten bis in die Polarregion gelangt. Das haben wir auf dem Schiff gemacht, das haben wir auf Station gemacht. Das war natürlich auch eine Zeit, wo man viel Standard-, Industriebier getrunken hat, um die Brücke wieder zu schlagen.

Markus: Holger, du bist doch der Kapitän der der wilden Meere, oder? Das muss dir doch gefallen.

Holger: Nein, absolut! Da haben wir schon wieder eine Parallelität, Christian, nicht nur, dass ich auch mal in Hamburg gelebt habe, sondern ich bin auch mal zur See gefahren, also ich bin Marinesoldat. Aber du musst mir jetzt wieder helfen, weil ist Akkumulieren etwas Unanständiges?

Christian Temme: Das ist einfach Anreichern im Fettgewebe zum Beispiel, weil es eine polare Substanz ist, die sich dann sozusagen nach und nach, wenn man dann zum Beispiel Fisch isst, der wiederum auch schon diese toxische Substanz angereichert hat. Bioakkumulation nennt man das, entlang der Nahrungskette sozusagen. Und wir sind am Ende der Nahrungskette und wir sind dann am meisten gefährdet, weil wir dann am Ende vielleicht Nahrungsmittel aufnehmen, die schon eine ordentliche Dosis an dieser Verbindung halt besitzen.

Holger: Ich erinnere mich, ganz am Anfang schon, Testing Inspection …

Christian Temme: Inspection und Certification. Genau!

Holger: Alles klar! Also danke schön, dass du mich dazu nochmal abholst, sonst gehe ich verloren. Der Markus, der weiß das natürlich alles, der sagt ja auch Chemiker (K gesprochen) und nicht Chemiker (Ch gesprochen). Aber ich muss dann nochmal fragen immer. Mhm (bejahend).

Christian Temme: Wie gesagt, das war eine wilde Zeit. Und bis 2006, und dann habe ich mich aber doch für die freie Wirtschaft entschieden. Jetzt hört man natürlich immer, verfolgt man natürlich Polarexpeditionen immer noch mit ganz anderem Auge und schaut natürlich auch immer oft auf dieses Schiff. Das hat mich sehr lange begleitet, die Polarstern. Ich war auch in Kanada, bin dort in die nordische Arktis geflogen, das ist in Kanada eigentlich wie Busfahren, da gibt’s regelmäßig Verbindungen mit Militärmaschinen hin. Und ich habe dort auch in der Arktis halt eine ganze Menge erlebt. Ist immer witzig, dann hat man eben auch die komplett unterschiedlichen Tierwelten, im Süden dann die Pinguine, im Norden die Eisbären, die sich eben nie begegnen werden. Und das kann man sich dann irgendwann ganz gut merken.

Holger: Ich habe sogar mal einen Offizier gehabt, der hieß Hofer, Oberleutnant zur See, und der ist dann, glaube ich, auch auf die Polarstern versetzt worden und war da Verbindungsoffizier zwischen der Bundesmarine und der Polarstern. Da haben wir dann immer gesagt, mein Gott, das ist wirklich eine Traumstelle. Du hast eigentlich keine Verantwortung und darfst eben schöne Welten kennenlernen. Aber das war auch ein guter Typ irgendwie, der fuhr Käfer Cabriolet seinerzeit und so, also der war ein cooler Typ. Jetzt nicht so sehr in den Erinnerungen schwelgen und ich weiß auch jetzt nicht, wie ich den Bogen wieder zum Bier zurückbekomme.

Markus: Wenn man den Bogen zum Bier nicht findet, dann lass uns doch den Bogen zu den Frauen finden. Du hast ja …

Holger: Ach ja!

Markus: … eine ganz, ganz liebe Frau, die Anne, die ich auch schon kennenlernen konnte, die du irgendwie auch zum Bier bekehrt hast, nicht nur zu dir. Aber das wäre doch interessant, habt ihr euch irgendwie auf der Polar-Expedition kennengelernt oder wie habt ihr das hinbekommen?

Christian Temme: Nein, das war tatsächlich noch in meiner Studienzeit in Jena, wo ich promoviert habe dann. Und kurz bevor ich schon wusste, dass ich nach Hamburg gehe ins Forschungszentrum, meine Postdoc-Zeit da antreten werde, habe ich sie kennengelernt. Sie ist Augenoptikerin und wir haben uns auf einer Party in Jena dann kennengelernt. Und Bier spielte bei ihr dann auch bis 2018, bis wir das Braustättchen gegründet haben, auch keine große Rolle. Wir haben uns dann beide fürs Braustättchen entschieden im Nebenerwerb und sie hat gesagt, ich kümmere mich um das Catering sozusagen und dass die Gäste sich wohlfühlen, was das Essen anbetrifft, aber natürlich ist das Food Pairing dann auch wichtig in der Vorbereitung. Und so hat sie sich dann natürlich auch den Bieren gewidmet. Und zack, war plötzlich irgendwie auch im Kopf ein Hebel, ein Schalter umgelegt. Mittlerweile geht’s uns beiden so, wir freuen uns immer auf neue Bierstile, Biersorten, und gucken, was wir dazu eben anbieten können, Kulinarisches. Bei uns steht immer das Food Pairing im Vordergrund. Das war natürlich jetzt auch in der Pandemie schwierig, da wir unseren Stammgästen das nicht mehr bieten konnten, und im Online-Tasting das natürlich schwierig ist. Ich weiß, du hast das jetzt einmal gemacht, glaube ich. Aber es ist natürlich ein wahnsinniger Aufwand und unsere Stammkneipe oder unser Stammrestaurant ist jetzt auch nicht so auf Versand eingestellt und würde das, glaube ich, auch nicht begleiten wollen öfter. Also Online-Tasting ja, aber ich bin auch froh, wenn es dann wieder live und in Farbe ist und wir das Braustättchen wieder öffnen können. Es hat immer auf, jetzt nochmal zu deiner Frage, Holger, wir machen im Moment regelmäßig donnerstags, freitags auf. Das mache ich aber jetzt nicht mehr allein, weil das wäre zu viel Fahrerei aus Hamburg. Dort habe ich den Tim als Angestellten und der macht halt donnerstags, freitags den Bottleshop auf, sodass die Stammgäste und natürlich auch neue Kunden zweimal die Woche für zwei Stunden die Chance haben, sich Nachschub zu holen oder neue Biere kennenzulernen.

Holger: Dann wird es doch ganz gut angenommen, oder? Und hat deine Mutter recht gehabt? Also geht es quer durch die Generationen, oder gibt’s da schon eine ganz spezielle Zielgruppe?

Christian Temme: Ja, also die Zielgruppe hat sich doch dann rauskristallisiert, eher so zwischen, ich würde sagen, 30 und 50. Ab und zu schnuppern dann doch mal die älteren Herren rein, so im Alter meines Vaters, so die Generation 65 plus, also Rentner. Und kommen dann auch rein und sagen, ich will eins von deinen Bieren. Weil die natürlich immer wissen, dass ich auch Hobbybrauer bin und das auch gehört haben. Und ich dann immer sagen muss: Na ja, das ist nicht kommerziell, kannst mal beim Brauen vorbeikommen oder so, mal über die Schulter gucken, aber mehr ist leider nicht. Aber ich habe ganz tolle andere Biere hier und na ja, dann nehmen sie auch was mit. Aber es ist nicht so, dass sie dann sagen, oh, da komme ich jetzt jeden Monat oder alle zwei Wochen und hole mir Nachschub. Das ist schon ein schwieriges Thema in dieser Region. Aber für mich ist es nach drei Jahren einfach auch jetzt Genugtuung, dass es eine Stammkundschaft gibt, dass es funktionieren kann und dass auch die Leute aus unterschiedlichen Richtungen im Einzugsgebiet von 30, 40 Kilometer mittlerweile kommen zu den Tastings. Die Tastings sind mittlerweile mehr besucht von Auswärtigen als von Einheimischen, würde ich mal sagen, Aborigines. Das macht mich stolz.

Holger: Ich kann es mir lebhaft vorstellen, dass so richtig eingefleischte Niedersachsen aus dem Landkreis Gifhorn, die dann wieder wegfahren und sagen, hey, die Plörre kannst du zwar nicht saufen, aber nette Frau.

Markus: Und man muss natürlich sagen, es ist ja auch insgesamt ein ganz, ganz toller Platz. Das muss man sich vorstellen, das ist so ein schönes Fachwerkgebäude, und wenn man da reingeht, das ist sehr frei, sehr weitläufig, dann über alles eben Bier und Dekoration und mit ganz, ganz viel Liebe alles hergerichtet. Und einmal durfte ich auch schon ein Tasting bei euch machen, das fand ich auch ein ganz tolles Erlebnis. Wenn man dann eben diese ganzen Niedersachsen so rumsitzen sieht und man hat dann so ein Fass mit Mahrs Bräu da stehen, und dann fangen die Augen an zu leuchten, die Tränen an zu fließen, wenn man dieses Ding endlich anzapft, und dann gehen die also mit einer richtigen Andacht zum Zapfhahn und lassen sich dann das Bier in den Krug fließen und sind dann völlig glücklich und im siebten Himmel. Also das sind natürlich tolle Erlebnisse, die du da kreierst. Ich glaube, das vergessen die so schnell nicht. Und auch so die Rückmeldungen von dem Seminar danach, glaube ich, waren wirklich so, dass du für die schon eine große Bereicherung bist, oder?

Christian Temme: Definitiv! Der Abend war legendär. So Momente schaffe ich auch wirklich seit ungefähr, also ein Jahr vor der Pandemie, ungefähr ein Jahr lang regelmäßig, indem ich eben so Leute wie dich als Stargast dann auch habe. Das habe ich dann auch fortgeführt, das hast du bestimmt mitgekriegt. Es war dann jedes Mal immer ein Stargast da, meistens einer der Brauer, oder derjenige, der die Brauerei eben gegründet hat und jetzt nicht unbedingt selbst der Brauer ist. Oder eben jemand wie du, Markus, der einfach auch nochmal das Thema Bier den Leuten auf andere Art nahebringen kann. Und das Fass Mahrs Bräu war genial, das Stacheln und all solche Dinge, die ich dann immer wieder zelebriere. Da geht einiges. Da gibt’s auch Leute, die warten nur darauf, die buchen, schon während des Abends sitzen die da mit dem Handy sozusagen und buchen das nächste Event. Das passiert mir übrigens bei den Online-Events auch. Ich sehe das ja dann, wenn die Buchungen eingehen. Und das ist mittlerweile bei den Online-Events genauso, dass während des Abends tatsächlich die nächsten Buchungen eingehen. Ich muss also immer gucken, dass ich auf jeden Fall das nächste Event schon wieder online habe zur Buchung bereit.

Markus: Na, das ist doch sehr, sehr cool. Und vielleicht noch eine Frage, die auch so in diese Richtung geht. Wie ist das denn, du hast jetzt praktisch in der Pandemie beschlossen, da noch einen Bierothek Franchise Shop irgendwie aufzumachen. Das ist bestimmt keine so leichte Entscheidung gewesen. Ist das einfach so gekommen oder hast du gesagt, mach ich jetzt, oder habt ihr euch zusammengesetzt in der Familie, oder wie ging das und wie ist es angelaufen?

Christian Temme: Ja, ist nicht ganz korrekt. Also ich habe noch mehr in der Pandemie entschieden, dazu gleich noch mehr. Also wir sind ein Partner der Bierothek, ist kein Franchise-Shop. Es gibt zwei Modelle bei der Bierothek, einmal natürlich die eigentliche Filiale, die Bierothek-Filiale als Franchise-Konzept, und eben man kann auch Partnerhändler der Bierothek werden. Das bedeutet nichts anderes, dass man zusammenarbeitet bei Versand der Biere, die die Bierothek vorhält, im Kassensystem sich harmonisiert sozusagen. Also ich habe die Kasse von denen, kann also sofort, wenn ich Biere über die Bierothek bestelle, dann auch entsprechend die Biere aus dem Kassensystem direkt einbuchen und habe alle Informationen dazu. Deutlich einfacher als das, was ich vorher hatte. Und das ist überschaubar von der Investition, und deshalb habe ich das gemacht. Und ich habe es auch gemacht, um an fränkische Biere ranzukommen, und zwar so, dass ich jetzt nicht jedes Mal von der Brauerei mir liefern lassen müsste, was natürlich schwierig ist bei Kleinstmengen, sondern eben auch gebündelt über die Bierothek, dann eben eine kleine Palette oder auch mal noch weniger, die sind da relativ entspannt, was so Mindestmengen anbetrifft, dann auch liefern zu lassen. Das heißt also, zum Beispiel beim Franken Tasting jetzt, mein nächstes Online-Tasting, die Biere kommen alle über die Bierothek-Logistik und das macht’s halt viel, viel einfacher als das, was ich vorher hatte, wo ich mühselig dann, Reckendorf, dann der Dominik, der hat mir dann zwar auch mal was vorbeigebracht, wenn wir uns irgendwo auf der Autobahn getroffen haben oder so, du hast mal was mitgebracht, aber das ist natürlich keine wirkliche Alternative, wenn man regelmäßig diese Biere im Portfolio haben will. So ist das gekommen und ich kann die Bombe platzen lassen, denke ich. Ich werde das Ganze jetzt hochskalieren und werde das aus dem Nebenerwerb in einen Vollerwerb schalten. Wohlwissend, dass das nicht in Knesebeck funktioniert, werde ich das in Hamburg tun. Das heißt also, ich werde das Braustättchen jetzt nach Hamburg doppeln und das Ganze dann hochskalieren.

Markus: Wow! Das klingt ja super. Heißt das dann auch der Lange Jammer?

Christian Temme: Mhm (verneinend). Das Logo bleibt, also da habe ich mich jetzt entschieden. Und wenn ihr das Logo seht, vor euch seht, unten steht Am Langen Jammer, das werde ich dann ersetzen durch den Ort, wo es in Hamburg ist. Ich habe schon einen Ort, eine Location gefunden, die ist super, aber ich kann es leider noch nicht verkünden hier, weil der Vertrag noch nicht unterschrieben ist. Und es wäre schade, wenn es am Ende dann doch eine andere wird. Also es würde dann heißen, was weiß ich, jetzt mal als Beispiel, Braustättchen am Michel oder so. Oder Braustättchen St. Pauli oder irgendwie sowas. Also dass man sozusagen die Verortung mit im Logo hat.

Markus: Im Michel wäre doch schön.

Christian Temme: Ja, das wird schwer.

Markus: Das haben wir uns hier früher immer gewünscht, so ein Bier-Drive-in in der Krypta vom Bamberger Dom. Aber hat irgendwie alles nicht funktioniert. Egal! Jetzt sind wir mal gespannt, was da kommt. Ja, cool! Das ist ja sehr schön, da gratulieren wir, oder Holger?

Holger: Ja! Und natürlich kann man da schon wieder über einen Wiederholungs-Podcast sprechen. Also dass man das dann macht, wenn du etabliert bist und bist in Hamburg angekommen und kannst dann uns erzählen, was das für andere Kunden sind da oben im Norden. Das sind ja dann keine Niedersachsen mehr, sondern Hamburger, ob du da überhaupt zurechtkommst.

Christian Temme: Ja, wird spannend. Also klar, man muss sich jetzt ein bisschen auf einen anderen Markt, auf eine andere Zielgruppe einstellen. Aber ich habe schon so ein bisschen reingeschnuppert, ich habe mir nämlich irgendwie ein Warenlager jetzt auch hier in Hamburg, relativ nah an meinem Zuhause schon geleistet, damit ich die Biere nicht immer nach Knesebeck liefern muss oder hier auch mal zuhause anliefern lassen muss, habe ich die eben jetzt ins Warenlager liefern lassen. Da habe ich auch mein Hobbybrauer-Equipment. Und ab und zu mal mache ich einfach das Garagentor auf, stelle ein Schild raus und mache einen kleinen Lagerverkauf dort. Und da kann man natürlich schon mal so ein bisschen reinriechen, was der Hamburger so denkt über das Thema und wie er sich da positioniert. Ich kann nur sagen, das macht unheimlich Spaß, die Gespräche sind super, macht richtig Spaß. Und es gibt viel Know-how schon, die Leute wissen zum Teil, was sie wollen. Ich fokussiere mich natürlich weiterhin auf die lokalen Brauereien, das ist so mein Steckenpferd, und dieses Ganze garniere ich dann natürlich mit Bieren, wo ich sage, das sind so Must-Have-Brauereien mit starkem Profil, die es aber nicht in jedem Supermarkt gibt. Und dann natürlich so Regionen, wo ich mich halt auch tummle oder verliebt habe in diese Regionen, wie zum Beispiel fränkische Biere. Alkoholfreie Biere spielen eine Rolle. Und natürlich, was ich niemals ablegen werde, sind die Rohstoffthemen, wo ich denke, ich auch besondere Biere mit historischen Malzen, mit speziellen Malzen, das Thema Nachhaltigkeit, also lokale Beschaffungswege und sowas, das wird auf jeden Fall bei mir alles in diesem Braustättchen dann in Hamburg eine Rolle spielen.

Holger: Hört sich toll an. Also ist schon wieder eine Reise wert. Und hoffentlich geht’s auch irgendwann mal wieder so ganz normal und so.

Christian Temme: Ja, das wünsche ich mir auch. Also die Location soll auf jeden Fall eine Mischung sein aus eben einem Bottleshop und einer Tasting-Möglichkeit, also Bierverkostungen stattfinden zu lassen, so wie Markus das in Knesebeck erlebt hat. Natürlich wird es kein Fachwerkhaus und die Fläche wird es auch nicht, das wäre in Hamburg einfach nicht zu stemmen von den Mietkosten her, aber es wird, denke ich, ein guter Kompromiss werden. Und wenn es die Location wird, die ich jetzt gerade im Auge habe, ah, dann kommt vorbei, ihr werdet Augen machen.

Markus: Das werden wir bestimmt. Coole, coole Sache! Vielleicht sagst du noch für unsere Hörer, wie sie sich informieren können, also über welche Internetseiten oder wo findet man die Informationen, wenn man sich dafür interessiert und wie wir vorbeischauen will?

Christian Temme: Ich bin sehr rührig auf Facebook und Instagram unter dem Braustaettchen, eben mit „ae“, Braustaettchen unterwegs. Ansonsten auf der Webseite www.braustaettchen.de. Und ich denke, da findet man irgendwo dann den Weg zu mir und nach Knesebeck und demnächst dann eben auch nach Hamburg. Die Tastings sind natürlich im Moment im Mittelpunkt als Online-Format, werden dann hoffentlich wieder präsenzmäßig dann auch stattfinden können. Die Brauer, die hier so in Hamburg sich tummeln, die kommen immer zu Wort bei mir. Nächstes Tasting, da ist die Kehrwieder Brauerei dabei mit sechs Bieren. Also ich habe jetzt immer verschieden Themen gewählt, Frankenbiere, danach kommt, Biere einer Brauerei, sodass man auch mal wirklich das komplette Portfolio einer Brauerei durchprobieren kann. Und der Olli Wesseloh ist natürlich dann auch als Stargast dabei.

Markus: Wunderbar! Den hatten wir bei uns ja auch schon im BierTalk und haben, glaube ich, auch sechs Biere, haben wir das geschafft, Holger? Ich glaube schon, oder?

Holger: Stimmt, genau! Wir haben, glaube ich, sechs Biere geschafft. Wir waren aber auch zu viert. Also Olli’s Frau war im Hintergrund auch noch dabei.

Markus: Das ist öfters mal so der Fall. Na ja, gut! Nein, also dann würde ich doch vorschlagen, wir machen da für heute mal einen Punkt, freuen uns sehr über die vielen Infos und unsere schöne Zeit zusammen und die vielen Bilder im Kopf vom Eismeer und von den kalbenden Eisbergen. Das ist doch durchaus spannend. Und schauen mal, dass wir uns dann wieder sehen und wieder hören, wenn du dann deinen Laden in Hamburg aufmachst. Und dann können wir mal live vor Ort eine Podcast-Folge drehen und mal gucken, wie das dann eben so an der Elbe funktioniert.

Christian Temme: Ja, sehr, sehr gerne! Holger, Markus hat super Spaß gemacht. The Floor is yours, wenn ihr kommt. Egal welches Format, ihr seid immer herzlich willkommen.

Holger: Ja, war für uns auch eine Freude und eine Ehre. Vielen Dank für deine Zeit!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 24 – „Cheers to 25 Years“ Jubiläumssendung live in Nürnberg bei Radio max neo

Der Nürnberger Radiosender max neo feierte am 2. Mai 2021 sein 25. Jubiläum und hatte Markus Raupach als Jubiläumsgast bei Moderator Sven Grillenberger eingeladen. Insgesamt zwei Stunden ging es um die Geschichte der BierAkademie, die passende Song-Auswahl und vor allem das Thema Foodpairing. Wer mitmachen möchte, sollte sich vor dem Start ein malzbetontes Bier (Rotbier, Dunkles, Stout, Porter, dunkler Bock) und ein hopfenaromatisches Bier (Pils, Pale Ale, India Pale Ale) besorgen, dazu Cheddar, Blauschimmelkäse, Waffelschnitte und Schoko-Kirsch-Praline. Wir wünschen viel Spaß bei dieser kleinen Sonderfolge und freuen uns natürlich auch über Feedback…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute gibt es mal wieder ein Special. Und zwar ein Special-Special, weil wir nämlich live im Radio waren, am 2. Mai, das war ein Sonntag, und dort haben wir mit dem Radio max neo aus Nürnberg dessen 25. Geburtstag gefeiert. Diese Jubiläumssendung war sehr witzig und hat unter anderem auch eine Musikauswahl beinhaltet, die wir natürlich hier leider nicht abspielen können. Aber ihr hört natürlich, um welche Songs es geht und könnt euch dann vielleicht ein bisschen selbst behelfen. Jetzt auf jeden Fall viel Spaß mit dieser Folge, knapp 40 Minuten Liveradio aus Nürnberg rund um Bier, Food Pairing und ein bisschen auch die Geschichte hinter der Bierakademie.

Cheers to 25 years! Die max neo Geburtswoche von Zwölf bis Eins.

Sven Grillenberger: Cheers to 25 years, genau das ist das Motto, liebe max neo Freund*innen. Wir sind am siebten Tag unserer Geburtstagswoche zum 25-jährigen Jubiläum von max neo, ehemals afk. Wir haben uns heute sozusagen das Grand Finale überlegt. Also heute geht’s nochmal so richtig ab, denn wir machen einfach die Cheers to 25 years, die setzen wir in die Tat um. Dazu habe ich einen ganz besonderen Gast, prominente Unterstützung sozusagen. Er wird auch der fränkische Bierpapst genannt. Bei mir ist Markus Raupach, Buchautor, Sommelier, Juror, Gründer der Bierakademie, ach, er hat schon sehr viel gemacht. Ich freue mich, dass du da bist.

Markus: Ich freue mich auch riesig. Und natürlich gehört zu Cheers auch Beers, und deswegen machen wir das natürlich heute. Wir haben ja spannende Biere da, und vor allem auch die Kombination mit spannenden Speisen. Und ich bin total froh, dass ich bei euch sein darf, das mit euch feiern darf. Ich war vor ein paar Jahren schon mehrmals auch hier und begleite euch auch und finde das ein ganz tolles Projekt, wo ich immer wieder gerne einschalte.

Sven Grillenberger: Das ist doch schön. Das freut uns doch, dass du gerne immer wieder zu uns kommst. Und ich würde sagen, in rund sieben Minuten unterhalten wir uns erstmal so ein bisschen über Food Pairing, über das Sommeliers-Dasein und bereiten euch so langsam darauf vor. Und wenn ihr spontan noch Bock habt, mitzumachen, geht einfach auf maxneo.de, da findet ihr eine kleine Liste von Bierchen und Utensilien, die ihr braucht. Zuvor Musik, die du dir gewünscht hast, Personal Jesus, Johnny Cash, und danach Father and Son von Cat Stevens. Einfach gute Lieder, oder?

Markus: Ja, gute Lieder, die aber auch viel zu sagen haben. Also gerade in Personal Jesus steckt viel, da kann man also reininterpretieren, einerseits das, was heute in der Bierwelt alles passiert, dass einem alle möglichen Leute ihre Wahrheit verkaufen wollen, und andererseits hat es natürlich auch was mit dem Thema Alkohol zu tun. Insofern ein Lied, das ich persönlich als Musikstück sehr gerne mag, aber das mir eben auch sehr viel zu sagen hat.

Sven Grillenberger: Also von Markus‘ Wunsch-Playlist sozusagen jetzt Personal Jesus and Father and Son.

MUSIK

Der legendäre Cat Stevens mit Father and Son, also Vater und Sohn. Markus, war es denn dein Vater, der dich zum Bier gebracht hat oder wie ist es gekommen, dass du jetzt der Experte hier in Franken bist?

Markus: Das ist fast ein bisschen doppeldeutig, weil er hat mich zum Bier gebracht, indem ich ihm Bier gebracht habe. Also ich habe im Bierkeller immer das Bier geholt und vom Weg vom Ausschank bis zum Tisch habe ich natürlich auch mal genippt und bin dann so in diese Bierkultur hineingekommen. Er selber war auch Stadtführer in Bamberg und war da gut vernetzt und hat mich oft mitgenommen auch auf seine Touren. Und so habe ich dann immer viele Geschichten gehört und auch erlebt, wie die Leute begeistert sind, wenn man eben von der Bierkultur erzählt und wie schön es einfach sein kann, gemütlich beim Bier am Stammtisch zu sitzen. So ging das dann eben Stück für Stück weiter. Vater und Sohn ist natürlich auch immer eine Beziehung, die mal hakt und so weiter. Heute bin ich sehr froh, die Zeit mit ihm gehabt zu haben. Für mich deswegen auch immer ein schönes Lied und ich denke bei jedem Schluck Bier auch manchmal daran, was wir alles für Zeiten verbracht haben.

Sven Grillenberger: Das ist doch schön. Du bist in Bamberg groß geworden und Bamberg, es ist ja, was ich so mitbekommen habe, immer so ein bisschen der Streitpunkt, was ist jetzt denn die oberfränkische Bierhauptstadt: Ist es Bayreuth, ist es Kulmbach, ist es Bamberg? Ich persönlich würde zu Bamberg tendieren. Du hast da die Bierakademie gegründet. Jetzt klingt das erstmal völlig logisch, als ob es so eine Institution schon immer hätte geben müssen, ist aber noch gar nicht so alt die Bierakademie. Wie kam es dazu?

Markus: Es ist tatsächlich so, also für mich als Bamberger ist Bamberg natürlich die fränkische Bierhauptstadt, logisch. Aber wir haben auch wirklich mit Abstand am meisten Brauereien und vor allem am meisten verschiedene Biere. Bierakademie, das ist auch was, was man auch gerne mal so ein bisschen lustig falschverstehen kann. Das heißt, es gibt schon viele Leute, die in Bamberg das Bier ausführlich studiert haben. Aber für uns war es so, dass ich so ab 2005, 2006, wo wir auch die ersten Bücher rund ums Thema Bier gemacht haben, eben gemerkt habe, dass Leute sich auch gerne wirklich damit beschäftigen und tiefer einsteigen wollen in die Herstellung, in die Rohstoffe, wie man sowas beschreibt, wie so die Geschichten hinter den einzelnen Bieren sind, und natürlich, was mit den Brauern ist, mit den Brauereien, was da an Magie dahintersteckt. Das war dann so der Punkt, wo ich dann über die Bücher für mich gedacht habe, Mensch, man kann drüber schreiben, man kann es aber auch erleben. Und so haben wir dann mit Leuten erstmal Veranstaltungen gemacht, dann kamen die Biersommeliers auf, dann haben wir Biersommeliers ausgebildet. Na ja, und daraus wurde dann eben die Deutsche Bierakademie. Mittlerweile, glaube ich, sind wir eine ganz schöne feste Größe in dem ganzen Zirkus und haben vor allem jetzt auch online viel gemacht. Das ist natürlich sehr, sehr spannend.

Sven Grillenberger: Du hast es gerade erwähnt, ihr bildet Sommeliers aus unter anderem. Ihr macht aber auch sowas natürlich im größeren Stile wie das, was wir heute vorhaben, und zwar Food Pairing. Das heißt also, heute werden unsere beiden Themen, in dieser Stunde wird es Bier und Käse sein, in der nächsten Stunde wird es dann Bier und Schokolade sein. Erzähl mal, wie kommt man denn darauf zu sagen, ich esse jetzt mal eine Mon Chéri und haue mir dazu ein dunkles Bier dazu mit in den Mund rein?

Markus: Im Grunde gibt’s da zwei Ansätze. Das eine ist der Klassiker Learning by Doing. Das ist auch das, was wir seit Jahrhunderten in Deutschland leben. Also man denkt nur, in Köln, wenn man Himmel un Äd hat und das Kölsch, das sind Dinge, die würden auf dem Papier nie zusammenpassen. Wenn man sie probiert, sensationell. Das heißt, das ist einfach Erfahrung. Aber auf der anderen Seite haben wir in den letzten Jahren grad durch Projekte mit Universitäten zusammen auch rausgefunden, dass es tatsächlich eine wissenschaftliche Basis dafür gibt, ob Dinge zusammenpassen und wie sich das Ganze dann entwickelt. Schließlich haben wir als Menschen einerseits den Geschmack und andererseits eben den Geruchssinn. Und im Geschmack versucht man eine gewisse Harmonie zu erzeugen, und über den Geruch kann ich dann eben mit Spannung oder mit Harmonie entsprechend den Leuten ganz besondere Erlebnisse geben.

Sven Grillenberger: Und das machen wir in rund zehn Minuten. Da hast du für uns vorbereitet sozusagen Bier und Käse. Falls ihr, liebe max neo Hörer*innen es noch nicht mitbekommen habt oder vielleicht schon wieder vergessen habt, kein Problem, guckt mal kurz auf maxneo.de, da steht eine Liste mit Bieren und Zutaten, dann könnt ihr spontan mitmachen. In zehn Minuten brauchen wir dafür ein Pils, gerne auch ein bisschen herber, einen reifen Camembert, kann auch ein bisschen unreif sein – so wie ich, haha – und einen Gorgonzola. Wenn ihr das daheim habt, oder auch andere Käse, es kann ja auch was anderes sein, oder?

Markus: Ja. Und es darf auch gerne, also hauptsächlich ein schönes hopfenbetontes Bier, also jetzt zufällig ein IPA habt oder Double IPA, genauso. Wir versuchen einfach mal, dieses Spannungsfeld zwischen Hopfenaromen und eben Käsearomen zu erleben.

Sven Grillenberger: Und das gibt’s in zehn Minuten. Zuvor auch wieder, auch Special, Markus hat heute seine Lieblings-Playliste mitgebracht. Wir hören zwei Songs, zwei Lieblingssongs von Markus, Sledgehammer von Peter Gabriel und Tears in Heaven. Fast ein bisschen traurig, so kurz vorm Bier, oder?

Markus: Ja, das stimmt! Aber das ist genauso dieses Gefühlsbad sozusagen, was wir da so haben. Sledgehammer als Powersong, den ich wirklich immer gerne höre, um mich ein bisschen in Stimmung zu bringen. Ich meine, der hat ja auch so ein bisschen zweideutige Anspielungen, aber das lassen wir heute mal beiseite. Und bei Tears in Heaven, das ist auch was, was einen so ein bisschen nachdenklich stimmt, aber auch wieder positiv, denn im Grunde geht es um einen Abschied, der verarbeitet wird, aber am Ende auch um einen positiven Ausblick.

Sven Grillenberger: Das ist ein guter Ausblick aufs Bier, in zehn Minuten bei uns das erste Tasting, Bier und Käse, mit Markus Raupach. Jetzt Sledgehammer, Peter Gabriel.

MUSIK

Tears in Heaven, von Eric Clapton. Den Applaus nehmen wir auch gerne mit zum 25-jährigen Jubiläum. Cheers to 25 years heißt das. Und jetzt geht‘s los, Markus. Jetzt machen wir unser erstes Food Pairing Tasting sozusagen, Bier und Käse. Liebe max neo Hörer*innen, falls ihr Lust habt mitzumachen und ihr habt grad ein Pils da und ein bisschen Käse da, macht gerne mit. Wir benutzen hier reifen Camembert und Gorgonzola, dazu ein schönes hopfiges Pils. Falls ihr was ähnliches habt, seid ihr herzlich eingeladen mitzumachen. Ich würde jetzt sagen, Markus, erklär doch mal, was hast du mit uns vor?

Markus: Ganz einfach, wir probieren mal ein bisschen, ob wir euch auch so ein paar Tears ins Gesicht zaubern können, wenn ihr eben tolle Kombinationen erlebt, was wir jetzt gleich probieren. Der Trick ist, dass ihr erstmal den Käse nehmt, ein ordentliches Stück, nicht zu wenig, auch kein Brot dazu, weil das verfälscht natürlich den Geschmack. Den Käse im Mund haben, so richtig schön erfassen, wonach schmeckt der, was habt ihr für Aromen. Dann schluckt ihr das runter. Dann nehmt ihr einen Schluck von dem Bier, probiert das auch erstmal alleine, schaut mal: Wie schmeckt das? Was spürt ihr? Wie ist es am Anfang, wie ist es am Ende? Was macht‘s im Mund? Und dann nehmt ihr nochmal ein Stückchen Käse, lasst den im Mund, bis der ganze Mund so richtig erfüllt ist von dem Aroma. Und dann gebt ihr einen Schluck von dem Bier dazu. Und schaut mal, was mit den beiden passiert. Also können die miteinander? Ist das okay? Ist das sogar richtig gut? Und je nachdem wie eben eure Wahrnehmungen sind, so könnt ihr dann eure persönliche Liste abspeichern, was ihr mögt, was ihr nicht mögt. Spannend finde ich vor allem, wenn ihr jetzt zum Beispiel den Gorgonzola habt, dann könnt ihr sicherlich erleben, wie die beiden Dinge alleine eher so ein bisschen Ecken und Kanten haben und zusammen dann richtig schön ist.

Sven Grillenberger: Dann würde ich sagen, legen wir hier auch mal los. Ich muss es natürlich ganz wirksam vor dem Mikrofon machen. Ich hoffe, man hört es schön. Das wird jetzt hier zelebriert. Ha, schön!

Markus: Perfekt!

Sven Grillenberger: Ich reiche dir dieses Grünhopf Pils und du …

Markus: Ein wunderbares Grünhopfen Pils, mal schauen, ob ich die Atmo auch hinbekomme.

Sven Grillenberger: Klingt gut!

Markus: Jetzt haben wir erstmal dieses wunderschöne Pils hier im Glas. Und das ist ein Grünhopfen Pils, das heißt eben, mit erntefrischem Hopfen direkt am Tag der Ernte gebraut. Und dadurch sind auch ganz viele eben von den pflanzlichen, von den grünen Aromen vom Hopfen mit im Bier, aber natürlich auch die Bittere. Und das ist jetzt so ein bisschen das, was wir ausprobieren. Das heißt, wir nehmen den Käse im Mund, wir erfahren den Käse, und wenn der aromatisch den ganzen Mund erfüllt, dann eben das Bier dazu. Dann achten wir mal drauf: Was passiert mit der Bittere? Wie fängt sich das ein? Was macht zum Beispiel, wenn ihr einen Camembert habt, was ist mit diesen typischen Aromen, die die Rinde vom Camembert hat, das hat so ein schönes Pils-Aroma, was macht das Bier damit, wie bringt‘s das nach vorne? Und eben dann, wenn ihr alles runtergeschluckt habt, wie ist euer Eindruck, hat euch das Spaß gemacht, war das fein?

Sven Grillenberger: Ich würde sagen, fang du einfach mal an, Markus.

Markus: Okay! Da will ich jetzt die Atmo mal nicht überstrapazieren. Ich mache einfach mal.

Sven Grillenberger: Genau! Und ich versuche derweil den Alleinunterhalter zu geben und so ein bisschen zu erzählen. Markus und ich haben schon öfter mal zusammen auch journalistisch zusammengearbeitet, haben zum Beispiel ein wunderbares Bierlexikon zum Anhören produziert. Und es ist immer wieder spannend, mit Markus sich in diese Welt zu begeben, weil er wahnsinnig gut vernetzt ist, weil er wahnsinnig viel Ahnung hat. Und er kann einem so viel erzählen und man lernt diesen Genuss auch so wirklich kennen. Ich meine, Bier war lange Jahre so ein bisschen negativ belastet so als das Betrink-Getränk. Aber nein, Bier kann so viel mehr.

Markus: Absolut! Es geht nicht um die Quantität, sondern eben um die Qualität. Und das ist genau das, was wir hier in Franken eben auch haben, und das merkt man auch an diesem wunderbaren Pils. Also wirklich schön, die Aromanoten, die grünen Hopfennoten aus dem Hopfen, und eben dann im Zusammenspiel. Ich habe grad schon beides probiert, also erstmal den Camembert, und da merkt man eben, wie das richtig schön rund wird, wie aus dem Bier noch die Süße rauskommt, wie aus dem Käse eben diese pilzigen Noten schön rübergehen, und das dann insgesamt einfach so einen schönen Wohlklang im Mund gibt. Der zweite Versuch war dann eben mit dem Gorgonzola, und da ist es eben so, dass der Gorgonzola an sich eher ein bisschen Schärfe hat, auch ein bisschen eigene Bittere von dem Blauschimmel, der da drin ist. Und das dann in Kombination mit dem Bier, wird schön aufgefangen, schön rund, da macht auch der Alkohol seinen Job. Und insgesamt ist das dann wirklich auch ein tolles Erlebnis.

Sven Grillenberger: Ich würde sagen, wir lassen euch, liebe max neo Hörer*innen das jetzt einfach mal ausprobieren. Wenn ihr übrigens Fragen an den Markus habt, so als Experten, zum einen nach der Sendung, also ab 14 Uhr kommen wir nochmal live in Instagram. Ihr könnt aber auch jederzeit liebend gerne uns ins Studio eine WhatsApp schreiben unter die 0911/8109000, dann können wir vielleicht schon im nächsten Break drüber reden. Also seid nicht schüchtern, schreibt uns gerne eine WhatsApp 0911/8109000. Und ich würde sagen, ich probiere das jetzt auch mal, und ihr liebe Hörer*innen probiert‘s auch einfach mal aus, und wir hören uns nach drei Songs wieder.

MUSIK

I can’t dance, legendär, Genesis, 1992 Platz 4 in Deutschland. Und mir geht’s eigentlich ganz ähnlich, I can’t dance, also weder mit noch ohne Bier. Ich gehe erst gar nicht auf die Tanzfläche, weil ich immer, ich sage von mir selbst, ich sehe aus wie so ein Betonklotz, der versucht, agil zu sein oder so. Da hilft noch nicht mal Bier. Wir haben jetzt das Erste Tasting anlässlich unserer Cheers to 25 years Feier genossen. Und ich hoffe, auch ihr da draußen, liebe Hörer*innen, habt das getan und vielleicht auch ein bisschen reingeschmeckt, was Markus uns so erklärt hat. Gibt’s eigentlich, also das ist vielleicht eine sehr simple Frage, aber gibt’s eigentlich beim Food Pairing oder beim Tasting, beim Verkosten, gibt es da ein Richtig oder Falsch? Oder darf da jeder schmecken, was er will?

Markus: Na ja, grundsätzlich, solange man nicht lügt, darf man natürlich schmecken und riechen, was man will. Weil jeder Mensch so sein eigenes Setting hat, was er eben so an Aromen gelernt hat und wie er großgeworden ist. Und insofern gibt’s wirklich eben kein Richtig oder Falsch. Und es ist auch so, dass wir ungefähr so die klassische 80/20-Regel haben. Also das heißt, wenn wir jetzt ein Pairing haben, wo wir sagen, das passt, dann sagen das vielleicht 80 % der Leute und 20 % finden es trotzdem nicht gut. Also das ist auch völlig okay. Es ist so ein bisschen wie im richtigen Leben, manchmal ist es auch gut zu lernen, was man eben nicht wieder mag, und sich dann eben was anderes auszusuchen. Das ist ja auch okay.

Sven Grillenberger: Gab‘s mal ein Tasting oder eine Kombination, wo du gesagt hast, ah, scheußlich, will ich nie mehr auf meiner Zunge haben?

Markus: Puh! Ja. Wir haben tatsächlich mal diesen Surströmming, das ist dieser Hering aus Norwegen, der in Dosen reift, wo sich dann die Dose bläht. Die macht man dann unter Wasser auf und trotzdem spritzt das und die Hand stinkt noch wochenlang. Und das war natürlich schon eine ganz krasse Erfahrung. Also ich musste das dann auch noch aufmachen, und dazu haben wir dann eigentlich ein ziemlich gutes Bier gehabt. Aber dieser Hering, der war noch, glaube ich, drei Tage in meinem Mund. Also das war schon extrem gewöhnungsbedürftig. Wobei, wir hatten da auch Leute zum Beispiel aus Schweden dabei, die fanden das total genial und haben noch Tage geschwärmt. Also es hat auch viel mit Erfahrung zu tun.

Sven Grillenberger: Aber dieses Surströmming oder wie auch, ich kann kein Schwedisch, das ist halt schon auch eine harte Nummer, oder?

Markus: Ja, absolut! Man hat eben den Fisch, der da in der Dose eingedost vor sich hin gärt und dann eben extreme Aromen entwickelt, Gärungsaromen, und natürlich dieses Fischige unendlich steigert. Dann dazu noch den Druck, das ist schon echt krass. Also manche binden sich einfach die Nase zu oder haben dann eine Wäscheklammer auf der Nase, wenn sie das essen. Das hilft natürlich, weil ich dann eben die Nase ausschalte und nur noch schmecke. Dann habe ich halt vor allem salzige und saure Aromen. Aber wie gesagt, das ist schon ein bisschen gewöhnungsbedürftig. Wir haben aber auch das Gegenbeispiel, also zum Beispiel haben wir ein schönes, wunderbares Imperial Stout, dazu eine ganz tolle Praline. Und da ist es regelmäßig so, dass wir dann gefräßige Stille haben. Das heißt, die Leute sind ein, zwei Minuten, da sagt keiner einen Ton, weil alle einfach nur genießen.

Sven Grillenberger: Das klingt super. Wir genießen auch weiter. Jetzt erstmal Musik, „Schrei nach Liebe“, den hast du dir auch gewünscht. Wie kommt‘s dazu? Ist der Schrei nach dem Bier auch ein Schrei nach Liebe, oder?

Markus: Und andersrum, vielleicht schreit das Bier auch nach Liebe, je nachdem wie man das sehen mag. Aber ich muss sagen, ich war lang genug selber als DJ unterwegs, und natürlich hat man auch ein paar persönliche Botschaften, und das war eine, die mir schon immer wichtig war und sie ist heute wichtiger denn je, deswegen mag ich dieses Lied sehr gerne und wollte es eben heute auch hören.

Sven Grillenberger: Ja, das wirst du, das werden wir. Ich freue mich drauf. Und gleich quatschen wir noch ein bisschen über deinen Job als Juror, als Experte, der weltweit gefragt ist. Und liebe max neo Freund*innen, nächste Stunde gibt’s noch ein kleines Food Pairing, und zwar Bier und Schokolade. Wenn ihr Bock drauf habt, macht gerne mit, auf maxneo.de findet ihr die Zutaten, die ihr braucht, die ihr hoffentlich zu Hause habt. Und nochmal, ihr könnt den Markus gerne so gut wie alles fragen, würde ich sagen. Einfach eine WhatsApp ins Studio 0911/8109000, hier sind die Ärzte mit „Schrei nach Liebe“.

MUSIK

Cheers to 25 years mit Sven und Markus Raupach im Studio. Wir haben schon das erste Food Pairing verkostet sozusagen mit Bier und Käse. Später geht’s auch noch weiter mit Bier und Schokolade. Und jetzt würde mich mal interessieren, du bist ein gefragter Experte weltweit, also wenn ich das so richtig in Erinnerung habe, du bist in Brasilien, in Chile, in China, in den USA, in Belgien, du bist quasi in sämtlichen wichtigen Jurys dieser Welt. Gibt’s da so ein Erlebnis oder ein Land, wo du besonders gern hingehst, wo du sagst, wow, da geht was, da geht die Luzi, da wird das Bier wertgeschätzt, die freuen sich, wenn ich aus dem schönen Oberfranken zu ihnen komme?

Markus: Ja, von allem ein bisschen, würde ich sagen. Das eine ist natürlich, sie freuen sich immer, wenn sie einen original Franken dahaben, weil dann endlich mal jemand da ist, der zum Beispiel ein Kellerbier auch wirklich beurteilen kann, weil er es eben von daher kennt, wo es herkommt. Grundsätzlich ist es ehrlich gesagt, klingt jetzt ein bisschen blöd, aber überall schön und überall besonders, weil wenn wir als Juroren da irgendwo sind, dann sind wir da eher wie in einer Familie, eher wie in der Community. Das heißt, die zeigen einem dann natürlich das Land ganz anders, da ist man integriert, da kriegt man wirklich die ganz besonderen Sachen gezeigt. Ich werde nie vergessen, in Brasilien, mitten im Regenwald, Barbecue mit einer Senioren-Band, die dann wirklich drei Stunden aufgespielt hat. Wir haben dann am Ende Polonäse gemacht mit Juroren von 25, 30 verschiedenen Ländern. Da merkt man einfach, dass es eine Menschheit gibt, relativ egal, wo die Leute herkommen. Und wir haben da Juroren, die eben auch aus wirklich allen Ecken der Länder kommen, also von Russland über China, über eben Deutschland, Chile, wie auch immer. Und die treffen sich dann immer an verschiedenen Orten auf der Welt und das ist immer wirklich ein tolles Happening, und für mich etwas, was mir jetzt echt abgeht, muss ich sagen, im letzten Jahr.

Sven Grillenberger: Das glaube ich dir. Ich meine, Corona hat alles verändert. Aber was mich auch interessieren würde, du wirst auch sicherlich ganz oft von Baumeistern und Braumeisterinnen hier in der Region gefragt so, Markus, kannst du mal probieren, was sagst du denn zu diesem Bier? Ich kenne dich jetzt als sehr höflichen und netten Menschen. Gab‘s schon mal eine Situation, wo du gesagt hast, na ja, Bier ist nicht so toll, und dass es da ein bisschen böses Blut gab, oder?

Markus: Nein, Gott sei Dank nicht. Ich muss wirklich sagen, ich bin diplomatisch und ich sehe es auch wirklich so, es ist nicht mein Job, die Leute irgendwie runterzumachen oder so. Natürlich, wenn das eine Eins-zu-Eins-Situation ist und der mich fragt und wir uns gut kennen, dann sage ich ihm auch ehrlich meine Meinung. Aber das jetzt nicht auf eine Art und Weise, die für ihn wirklich böse oder ehrenrührig ist. Letzten Endes ist Bier ja auch ein Handwerksprodukt und da kann auch immer mal was nicht perfekt laufen. Das ist auch okay, es kann auch mal was mit den Rohstoffen sein, es kann auch die einzelne Flasche einfach sein, die im Regal im Licht gestanden ist oder wie auch immer was erlebt hat, was sie nicht erleben soll, und dann schmeckt das eben so, wie man es nicht möchte. Das Beste ist dann, eher drüber zu reden, wie man das in Zukunft besser macht. Ich glaube, da sind die Gespräche dann besser aufgehoben als eben irgendjemanden zu bashen.

Sven Grillenberger: Das ist eine sehr schöne Einstellung, weil es soll ja verbinden das Thema.

Markus: Ja, auf jeden Fall! Und es verbindet auch wirklich.

Sven Grillenberger: Wunderbar! Du hast dir gewünscht, Brimful of Asha von Cornershop. Was verbindest du mit dem Song?

Markus: Das war eine meiner größten Partys, die ich jemals veranstaltet habe. Zur 350-Jahr-Feier der Uni Bamberg habe ich hier in Bamberg die Wagner Halle gemietet, wir waren da 10.000 Leute, ich habe aufgelegt. Das war damals ganz neu als Song und ich fand das total cool, und seitdem geht mir das nicht mehr aus dem Kopf.

Sven Grillenberger: Dann lassen wir die alten Zeiten aufleben. Hier sind sie, Cornershop Brimful of Asha.

MUSIK

Heute ist der letzte Tag der max neo Geburtstags-Woche. Wir uns was Besonderes für euch, für uns zum Feiern einfallen lassen. Wir haben gesagt, wir lassen das Motto Cheers to 25 years einfach wahr werden und stoßen heute mal zusammen an sozusagen. Die Biergärten haben zu, Kontaktbeschränkungen sind auch noch da, das heißt, wir können gar nicht so eine Riesensause feiern. Die haben wir jetzt einfach on Air verlegt, was auch mal schön ist. Und dann noch mit einem Food Pairing dazu. Da haben wir in der letzten Stunde Bier und Käse gemacht und falls ihr jetzt gerade erst zuschaltet, gar nicht schlimm, wir machen noch eins, und zwar jetzt geht’s um Bier und Schokolade. Klingt erstmal komisch, Markus. Also warum funktioniert‘s trotzdem?

B: Gute Frage! Es klingt für viele Leute erstmal komisch und wir haben auch erlebt am Anfang, als wir das gemacht haben, dass oft Pärchen das Seminar gebucht haben, so nach dem Motto, okay, er kriegt dann das Bier und sie kriegt die Schokolade.

Sven Grillenberger: Faire Aufteilung!

B: Ja genau! Aber so währenddessen kam dann wirklich raus, und das merken die Leute dann auch, dass natürlich beides ein großes Spektrum an Aromen hat. Und es gibt eben eine große Gemeinsamkeit, in der Regel jedenfalls, das sind die Röstaromen, weil Kakao letzten Endes geröstete Kakaobohnen sind und bei den meisten Bieren eben auch geröstete oder karamellisierte Malzkörner da eine Bedeutung haben. Und das ist so ein bisschen das Bindeglied. Dann kann ich auf dieser Basis praktisch alles Mögliche spielen Richtung Fruchtaromen, Richtung zum Beispiel auch alkoholischen Aromen oder dann eben die Röstaromen weiter oder rauchige Aromen oder Gewürzaromen. Also das ist eben wie so eine Leinwand, die ich dann bemalen kann. Und da kann ich eben wirklich schön von beiden Seiten kommen, von eben sehr aromatischen, alkoholischen oder sogar sauren Bieren, bis hin eben zu ganz spektakulären Schokoladen, die vielleicht sogar mit Salz gemacht sind.

Sven Grillenberger: Super! Da reden wir gleich in zehn Minuten noch ein bisschen drüber und auch, was man in der Bierakademie so mit diesem Food Pairings und Seminaren, die ihr anbietet, so erleben kann. Zuvor wieder zwei Songs, die du dir als Gast heute aussuchen durftest. „Bring me some water“, das passt jetzt auch nicht wirklich zum Bier, von der guten Melissa Etheridge, und „Headlong“ von Queen, das ist halt eine geile Nummer.

Markus: Ich wollte einfach wieder ein bisschen Motivation. Also „Bring me some water“ ist für mich so ein Lied, das kann man eigentlich immer hören und das ist so ein Durchhaltelied. Und da geht’s auch um so eine gewisse komplizierte Beziehung zwischen einerseits zwei Personen, aber vielleicht auch zwischen dem Bier und den Menschen. Und andererseits bei „Headlong“, da macht Queen richtig Dampf und das macht natürlich Spaß. Ich freue mich auf die zweite Stunde.

Sven Grillenberger: Ja, ich mich auch. Wir machen jetzt auch Dampf, hier sind die beiden Songs, und in zehn Minuten hören wir uns wieder zur Cheers to 25 years mit Markus Raupach und meiner Wenigkeit.

MUSIK

Wie könnte man 25 Jahre besser zelebrieren als mit den Klassikern von Queen. Und überhaupt würde ich sagen, Markus, haben wir doch echt eine coole Mischung aus Genuss, leiblichen Genuss und mehr Vielfalt für Franken, auch fürs Ohr. Das heißt, wir haben eigentlich die perfekte Mische, oder?

Markus: Absolut! Also wunderbar. Wir haben dazu mit der Uni Bamberg sogar schon mal einen Versuch gemacht, inwieweit eben der Genuss von Bier, die Wahrnehmung von Bier sich verändert, wenn man dazu bestimmte Musikstücke hört. Und es ist wirklich ganz spannend, dass es sich eben gegenseitig beeinflusst und man da eben sogar wirklich das ein bisschen steuern kann. Insofern natürlich heute klasse. Ist nur schade, dass wir keine Tanzfläche dahaben, dann hätten wir hier nochmal ordentlich abrocken können. Aber so ist auch cool.

Sven Grillenberger: Definitiv! Du hast es grad angesprochen, ihr habt auch mit der Uni Bamberg schon zusammengearbeitet in Bamberg, und was sage ich, eigentlich in ganz Deutschland seid ihr eine Institution, die Bierakademie kennt jeder. Jetzt haben wir gesagt, wir konzipieren mal für unser 25-jähriges Jubiläum so ein Food Pairing on Air. Das ist sehr experimentell, das gibt’s nicht oft, wahrscheinlich sind wir die ersten, die es on Air machen, oder?

Markus: Wir haben es schon mal bei euch gemacht, …

Sven Grillenberger: Ja, bei uns, aber …

Markus: … aber sonst noch nirgendswo. Absolut!

Sven Grillenberger: Genau! Das heißt, wir sind quasi Premiere hier, wir sind die Urheber, Copyright ist drauf, passt auf Leute. Nein. Aber jetzt hast du gesagt, ihr macht mit der Uni zusammen, aber ihr habt natürlich auch diese ganzen Seminare wie „Bier und Käse“ und „Bier und Schokolade“ vor Ort, momentan leider nicht wegen Corona. Aber es ist natürlich nochmal eine andere Hausnummer. Das kostet ja Geld logischerweise, du musst auch von was leben.

Markus: Klar, logisch! Ja.

Sven Grillenberger: Aber wie ist denn so jetzt der Unterschied, wenn das jetzt unsere Zuhörer*innen mal interessiert, was wäre denn jetzt noch der Unterschied, warum lohnt es sich, auch mal nach Bamberg zu fahren und zu sagen, das mache ich mal in so einem richtigen Seminar mit?

Markus: Grundsätzlich nach Bamberg zu fahren, lohnt sich natürlich immer.

Sven Grillenberger: Das stimmt!

Markus: Wenn wir jetzt zum Beispiel „Bier und Schokolade“ nehmen, das Tolle ist, das machen wir mit der Confiserie Storath zusammen. Der hat selber auch einen ganz, ganz wunderschönen Laden in Bamberg, und das ist dann auch der Ort dieser Veranstaltung. Damit geht’s schon mal los, der Johannes Storath ist selber mit dabei, ist Chocolatier, Genussmensch, Slow Food, also die sind da in all diesen Bereichen eben sehr stark. Und wir arbeiten seit vielen Jahren zusammen, waren auch die ersten, die überhaupt dieses Thema Bier und Schokolade auf so ein professionelles Niveau gehoben haben. Und dort machen wir eben einerseits eine Reise durch die Biere, das heißt, wir haben wirklich spannende Biere, zum Beispiel aus Belgien, aus Amerika, natürlich auch aus Franken und Deutschland. Und dazu dann immer so eine Kombination, die auf jeden Fall irgendwie so passt, und dann eine, die eben auch ein bisschen herausfordert. Dazu erzählt der Johannes dann immer ein bisschen Geschichten, ich erzähle ein bisschen was dazu, wir üben uns natürlich in der Sensorik. Und das Coolste ist, dass ihm dann auch immer wieder einfällt, da probieren wir jetzt noch die Schokolade, die Praline, dieses oder jenes, und am Ende sind auf jeden Fall alle pappsatt und absolut glücklich.

Sven Grillenberger: Das klingt super! Das heißt, liebe Zuhörer*innen, falls ihr Lust habt, es gibt, glaube ich, auch Gutscheine.

Markus: Jo!

Sven Grillenberger: Das heißt, wenn ihr jemanden habt, runder Geburtstag oder was auch immer, und ihr denkt euch, hey, das könnte mal ganz cool sein, nach Bamberg zu fahren und so ein Seminar mit Markus Raupach und der Bierakademie zu machen, dann einfach auf bierakademie.net, …

Markus: Richtig!

Sven Grillenberger: … da könnt ihr euch informieren. Wir hatten grad Queen, …

Markus: Jo!

Sven Grillenberger: … da machen wir gleich weiter, wir machen zuvor noch ein Teasing für den nächsten Break, weil dann geht’s wieder weiter mit Schokolade.

Markus: Stimmt!

Sven Grillenberger: Das heißt, liebe Zuhörer*innen, liebe max neo Freund*innen, alle, die mit uns feiern wollen, alle Feierwütigen, wenn ihr beim nächsten Food Pairing in rund zehn Minuten auch dabei sein wollt, jetzt geht’s um Bier und Schokolade. Also am besten ein dunkles Bier, ein Rotbier, was auch immer ihr daheimhabt, und dann Mon Chéri.

Markus: Zum Beispiel! Gerne ein dunkles Bier, dunkler Bock, irgend sowas mit schönen Malzaromen. Und dazu eben Schokolade, gerne auch eine dunkle oder auch beides, eine dunkle und eine helle, dann könnt ihr es probieren. Oder natürlich so ein Mon Chéri, dann kommen hier noch so Fruchtaromen mit dazu, die Kirsche, das werdet ihr erleben.

Sven Grillenberger: Okay! Dann legt euch das doch bereit, wenn ihr es zuhause habt. Und was ich erzählen wollte, Queen, wir haben grad Queen „Headlong“ gehört, und Markus kennt noch nicht Queen mit dem aktuellen Sänger, Adam Lambert, und das holen wir jetzt nach. Hier ist Queen feat. Adam Lambert mit „I was Born to Love You (live)“.

MUSIK

„Walk this way“, wer läuft wohin, Aerosmith. Und hoffentlich laufen Sie zu uns ins Studio, zum nächsten Food Pairing, zum nächsten Tasting. Denn jetzt machen wir bei Cheers to 25 years was ganz Gewagtes. Markus Raupach, der Sommelier-Experte ist bei uns, hat für uns ein Tasting, ein Food Pairing fürs Radio für on Air konzipiert. Und jetzt, Markus, erzähl doch mal, Bier und Schokolade, das ist ja, wir hatten es vorhin schon mal ganz kurz, aber das ist hier schon, da muss man schon sehr kreativ sein, um darauf zu kommen, oder?

Markus: Ach, na ja, man muss einfach Genussmensch sein, denke ich mal, und man muss einfach die ganzen Speisen und Getränke so ein bisschen in ihrer Gesamtheit kennen. Und dann merkt man schon auch, dass eben Bier und Schokolade Gemeinsamkeiten haben. Zum Beispiel eben die Röstaromen, wo eben bei beiden, sowohl beim Bier mit dem gerösteten Malz als auch bei der Schokolade mit den gerösteten Kakaobohnen ähnliche Aromen entstehen. Dann hat man natürlich die gewisse Süße, die bei der Schokolade eben vom Zucker kommt und beim Malz eben aus dem Malzzucker. Das heißt, es gibt durchaus Brücken, wo die beiden zusammenkommen. Und dann können eben beide unterschiedliche weitere Aromen bedienen. Wir haben hier zum Beispiel eine Neapolitaner Schnitte hier, das heißt, da haben wir dann noch nussige Aromen, Haselnussaromen. Wenn da dann die Kohlensäure aus dem Bier dazukommt, dann wird das im Mund quasi explodieren, man wird ganz viel von diesen nussigen Aromen schmecken. Und dann haben wir dazu noch das Mon Chéri beziehungsweise diese Kombination aus Zartbitterschokolade, Kirschlikör und eben einer Kirche. Das heißt, da kommt die Fruchtigkeit von der Kirsche rüber mit roten Beeren, mit so ein bisschen dem Alkoholischen natürlich, Marzipanaromen und das alles mit dem Bier geht natürlich immer gut.

Sven Grillenberger: Ich muss jetzt eine sehr frevelhafte Frage stellen, die nur halbernst gemeint ist. Aber wenn ich dieses Mon Chéri einfach in mein Bierglas schmeiße, habe ich doch so eine Art Bumba-Maß, oder?

Markus: Ich glaube, da musst du die ganze Packung nehmen, dann kommst du auch genau dahin. Und du musst das vielleicht noch durchmixen, würde ich sagen.

Sven Grillenberger: Nein, das machen wir natürlich nicht. Wir sind hier für den Genuss.

Markus: Das ist vielleicht eine Sache, die auch bei uns in den Seminaren immer ganz wichtig ist, die Leute müssen lernen, Schokolade mal anders zu essen. Also gerade wir Männer, normalerweise abbeißen, Mund, schlucken, fertig. Das ist natürlich zu wenig, weil Schokolade bietet erst dann was, wenn man sie im Mund schmelzen lässt, wenn sie im Mund sich entfalten kann, wenn man die ganzen Aromen im Mund hat. Und dann kann natürlich das Bier auch im Zusammenspiel mit dieser Schokolade eben seine schöne Harmonie zeigen. Das geht nicht, wenn ich das gleich runterschlucke. Also insofern ähnlich wie vorhin, erstmal die Schokolade im Mund zergehen lassen, genießen, und wenn der ganze Mund voll ist von diesem Aroma, dann den Schluck Bier dazu.

Sven Grillenberger: Dann würde ich sagen, liebe max neo Freund*innen, falls ihr mitmachen wollt, falls ihr euch schon eingedeckt habt mit guten dunklen Bier oder Rotbier, dann packt‘s jetzt raus und holt die Mon Chéri, die Manner Schnitten, holt alles zusammen. Ich werde jetzt hier wieder ganz freudig das Bier vorm Mikrofon öffnen. Wir haben ein Rotbier heute und ich würde sagen: Markus, the Stage is Yours.

Markus: Genau! Ich probiere mich mal wieder mit dem atmosphärischen Einschenken, mal gucken.

Sven Grillenberger: Das klingt sehr atmosphärisch. Wer jetzt keinen Durst bekommt …

Markus: Genau! Da hört man schon, wie sich auch dieser wunderbare Schaum entfaltet. Unten drunter haben wir jetzt das Bier mit so einem wunderschönen Rotstich und natürlich einem schönen Braunton auch, auch der Schaum ist leicht getönt. Und wenn man da reinriecht, dann hat man eben schon so ein bisschen Röstaromen, ein bisschen Karamell, ein bisschen rote Beeren, freut sich schon auf die Schokolade. Und jetzt würde ich vorschlagen, probieren wir das gleich mal. Ich würde mit dem Manner Schnittchen anfangen und du kannst ja mal ein bisschen rüberbringen, wie das Ganze ausschaut.

Sven Grillenberger: Ich gucke schon ganz gespannt.

Markus: Mmh!

Sven Grillenberger: Liebe Zuhörer*innen, wenn ihr Fragen habt, also ich kann euch da nur ganz herzlich ermuntern, dann schreibt einfach eine WhatsApp ins Studio, 0911/8109000. Der Markus ist heute noch bis halb drei oder so bei uns hier bei max neo. Das heißt, ihr könnt die Fragen per WhatsApp stellen, der Markus beantwortet sie gerne. Wir kommen nach der Sendung, also nach 14 Uhr, auch nochmal in Insta Live. Falls da noch Fragen sind, gerne.

Markus: Und ich kann nur sagen, es ist der erwartete Genuss, wirklich wahr. Also wir haben hier wirklich diese wunderschönen Haselnussaromen, das Bier hat auch eine leichte Süße. Zusammen ist das quasi wie ein Nutella at its best, also mit dem, wie es eigentlich sein muss, wunderschöne haselnussige Aromen. Das könnte man den ganzen Tag machen, muss ich sagen. Wenn wir dann dazu eben nachher noch die Kirsche mit der dunklen Schokolade haben, dann werden wir auch die Bittere schön in ihrer Kombination haben und dann wird dieser Alkohol aus dem Kirschlikör hinten raus noch so einen kleinen Kick geben. Und den spürt man sogar, wenn man dann das Ganze runterschluckt, weil das wird dann auch ein bisschen warm.

Sven Grillenberger: Soll ich das jetzt mal probieren mit der Kirsche? Du hast jetzt die Manner Schnitte gemacht.

Markus: Auf jeden Fall! Könnte ich dich dazu ein bisschen moderieren.

Sven Grillenberger: Genau! Das heißt, du übernimmst jetzt hier, ich vertraue dir. Und ich werde jetzt mal eben das mit dem Mon Chéri. Ich soll erst das Mon Chéri essen?

Markus: Genau! Erst das Mon Chéri essen. Wichtig bei der Sache ist jetzt, auch das wieder ein großer Unterschied, normalerweise, gerade bei den Damen, wenn ich denen so eine Praline in den Mund gebe, dann beißen die erstmal ab. Nein, bitte nehmt das ganze Ding in den Mund, aber dann eben nicht runterschlucken, drin lassen, genießen, sich entfalten lassen und dann eben den Schluck Bier dazu.

Sven Grillenberger: Okay! Das werde ich jetzt mal tun. Und du kannst ja derweil erzählen.

Markus: Genau! Ich werde dann mal schauen, was du jetzt hier so machst. Also wir sehen schon, er nähert sich jetzt gleich dieser wunderbaren Praline.

Sven Grillenberger: Du bist ein Kommentator jetzt.

Markus: Ja, ein bisschen wie beim Fußball. Also der Elfmeter ist vorausprogrammiert. Aber wunderbar! Also er schenkt jetzt schon mal das Bier ein. Das ist natürlich auch so ein Punkt, wie schenke ich überhaupt richtig ein Bier ein? Machst du perfekt, also den ersten Teil ungefähr zwei Drittel im 45-Grad-Winkel und dann den letzten Teil im 90-Grad-Winkel. So könnt ihr jedes Bier wirklich perfekt einschenken. So! Er greift jetzt mutig zur Praline.

Sven Grillenberger: Ich habe von den besten gelernt, wollte ich grad zu mir sagen.

Markus: Und jetzt ist sie im Mund, und man sieht schon, also es würde ihm auch ohne Bier schmecken, muss man sagen. Ist ja auch lecker, zugegebenermaßen. Und jetzt merkt man eben, wie die Schokolade sich im Mund langsam entfaltet, wie eben der Likör dazukommt, die Kirsche dazukommt, und er jetzt schon so ein richtig schönes, wohliges Lächeln im Gesicht hat. Wunderbar! Jetzt darf er aber nicht runterschlucken, das ist die Challenge, weil jetzt muss er eben das Bier dazunehmen, den Schluck in den Mund, und eben erleben, wie sich die beiden miteinander verbinden, wie sie miteinander spielen, wie die malzigen Aromen aus dem Bier mit der Kirsche, mit der Schokolade zusammenkommen, wie die Kohlensäure das Ganze nochmal intensiviert, wie dann auch das Marzipan zum Beispiel rüberkommt, was über die Kirsche mit in das Ganze reinspielt. Und wir sehen schon, also wenn Sie Ihn jetzt anschauen könnten, dann würde man sagen, ein Honigkuchenpferd mit Bier. Also wunderbar! So, jetzt ist er wieder am Mikro. Was meinst du, wie war es?

Sven Grillenberger: Tatsächlich, ich bin absolut überrascht. Ich hätte nie, also wirklich, in dem Moment, als du meintest, ich soll jetzt das Bier, das Rotbier, mit zum Mon Chéri in den Mund packen, ich habe schon fast Angst gehabt. Aber tatsächlich, es hat super funktioniert, die Kombination funktioniert. Mehr kann ich gar nicht sagen, ich bin grad ein bisschen geflasht.

Markus: Warum auch nicht? Also letzten Endes, Dinge, die uns gut schmecken, kann man oft auch kombinieren. Also deswegen auch nach Hause so den Ratschlag: Probiert einfach aus! Ich meine, im schlimmsten Fall macht ihr das halt so nicht mehr, sondern macht es anders. Aber wichtig ist überhaupt: Bewusst genießen, bewusst essen, bewusst trinken. Das haben wir alle so ein bisschen verlernt durch schnell in sich reinschaufeln, satt machen. Darum geht’s nicht, es geht wirklich um Genuss.

Sven Grillenberger: Und das ist ein gutes Stichwort. Das heißt, liebe max neo Zuhörer*innen, genießt jetzt auch mal. Wir geben euch jetzt gleich mal zwei lange Songs, „I was made for loving you“ von Kiss, und „Temple of Love“ von Sisters of Mercy. Siehst du, ich kann vor lauter Mon Chèri schon gar nicht mehr ordentlich reden. Schlimm!

Markus: Noch zwei schöne Songs aus meiner Jugend. Wunderbar!

Sven Grillenberger: Die hören wir jetzt. Ihr könnt daheim ein bisschen nachprobieren. Und wie gesagt, wenn ihr Fragen habt, gerne stellen, 0911/8109000.

MUSIK

„Temple of Love“ von Sisters of Mercy. „Temple of Love“, das heißt in Oberfranken wahrscheinlich Brauerei, oder?

Markus: Ja, Temple of Beer. Natürlich! Biergarten.

Sven Grillenberger: Die Zeit, sie verfliegt wie im Flug, weil man Spaß hat. Wir haben hier heute gefeiert den letzten Tag der 25er Woche bei max neo. Wir haben Cheers to 25 years wortwörtlich genommen. Es hat sehr viel Spaß gemacht, Markus. Erstmal vielen Dank, dass du da warst. Ich würde sagen, die letzten Minuten, bevor diese Stunde zu Ende geht, reden wir vielleicht noch mal so ein bisschen drüber, wie wir unser fränkisches Bier, was jetzt durch Corona auch sehr gefährdet ist, ich kann mich erinnern, wir haben uns vor einem Jahr mal unterhalten, da meintest du, na ja, ein Drittel, wenn es blöd läuft, sogar die Hälfte der fränkischen Brauereien, die könnte es erwischen. Prognose immer noch so düster?

Markus: Nicht mehr ganz so düster vielleicht, also bei den Gastronomien eher, aber bei den Brauereien, die haben jetzt doch einiges an Hilfe und Unterstützung bekommen, viele waren auch sehr kreativ. Und außerdem muss ich auch wirklich nochmal ein Lob aussprechen an unsere Hörer da draußen, weil die Menschen wirklich auch mitgeholfen haben. Das heißt, die haben die Brauereien wirklich unterstützt, haben bewusst auch regionale Biere gekauft und haben den Brauereien wirklich die Stange gehalten. Und das hat, glaube ich, auch viel dazu beigetragen, sowohl wirtschaftlich als auch emotional, dass die Brauer wirklich den Mut und die Kraft haben, auch weiterzumachen. Und da freue ich mich schon sehr, sehr drauf, wenn es dann wieder weitergeht.

Sven Grillenberger: Ich mich auch. Ich glaube, jeder da draußen freut sich, wenn wieder halbwegs Normalität einkehrt. Was würdest du denn sagen, dadurch, dass momentan die Biergärten noch zu sind, und dadurch, dass wir noch ein bisschen eingeschränkt sind, wie können wir uns denn daheim vielleicht eine maximal schöne Genusszeit machen?

Markus: Das erinnert mich so ein bisschen, was mir gerade eingefallen ist, ich habe ja auch vor 25 Jahren tatsächlich damals mal beim Radio angefangen. Eine meiner ersten Reportagen war just so etwas, der Biergarten zuhause. Da muss ich wirklich sagen, das ist mehr oder weniger aktuell geblieben. Also kauft euch ein regionales Bier von euren Brauereien vor Ort, kauft es euch so frisch wie möglich, und wer vielleicht eine größere Familie hat, kauft euch vielleicht auch mal so ein 5-Liter-Fass, das gibt’s natürlich auch, da hat man es dann direkt vom Tank abgefüllt. Und dann genießt es eben mit entsprechenden Speisen, bei uns in Franken natürlich relativ einfach, der Gerupfte, die Bratwurst, je nachdem, was man eben so gerne mag. Und macht dann einfach sich so einen richtig schönen, gemütlichen Nachmittag oder Abend, so wie das früher auch war. Der Biergarten war letzten Endes das Wohnzimmer für die Bamberger und genau da wollen wir eigentlich auch wieder hin.

Sven Grillenberger: Das machen wir jetzt auch, wir machen uns auch einen schönen Nachmittag, wir simulieren den Biergarten. Liebe max neo Freund*innen, es hat sehr viel Spaß gemacht. Wie gesagt, wir kommen jetzt gleich um kurz nach 14 Uhr noch mal in Insta Live. Das heißt, wenn ihr noch Fragen an den Markus habt, dann könnt ihr die gerne stellen. Und die nächsten Songs habe ich mir ausgesucht, Markus hat es mir erlaubt, und zwar für euch „Crackin‘ Cold Ones With The Boys“ von The Cadillac Three. Da geht es darum, einfach mal wieder mit seinen Kumpels gut einen zu trinken.

Markus: Mhm (bejahend).

Sven Grillenberger: Darauf freuen wir uns alle wieder. Und natürlich der Rausschmeißer schlechthin, „Paradise City“ von Guns N‘ Roses, wir wollen alle wieder zurück ins Paradies …

Markus: Oh ja!

Sven Grillenberger: … ohne Masken, ohne Abstände, sondern paradiesisch eben.

Markus: Ja!

Sven Grillenberger: Macht’s gut, habt eine schöne Zeit, habt einen schönen Restsonntag, und lasst euch vielleicht euer Bierchen noch schmecken.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 63 – Interview mit Sven Bleiber, Brauer, Biersommelier und Bierkönig bei der Privatbrauerei Barre in Lübbecke

Sven Bleiber ist Bier. Ob als Brauer, Biersommelier, Bierkönig oder Alter Ego Brauer Bernhard – jede Sekunde seines Lebens scheint dem Gerstensaft gewidmet. Doch es gibt auch noch eine dunkle und zugleich helle Seite des bierigen Hühnen: Er spielt gerne mit dem Feuer – im wahrsten Sinne des Wortes. Die Geschichte hinter all dem erfahrt Ihr in dieser spannenden Podcast-Folge, in der natürlich auch fünf schmackhafte Barre-Biere in Glas kommen, ganz getreu Svens Lieblingslied „All Voll“, das er auch im BierTalk zum Besten gibt…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Herzlich willkommen zu unserem 63. BierTalk. Heute verspreche ich euch, es wird wieder richtig bierig. Zu Gast ist Sven Bleiber von der Barre Brauerei. Am Mikrofon ist Holger und an der anderen Seite wie immer der …

Markus: … Markus.

Holger: Sehr schön! Sven, grüß dich! Schön, dass du da bist. Ich freue mich sehr.

Sven Bleiber: (unv. #00:00:31.4#)

Holger: Jetzt geht’s für mich auch wieder Richtung Heimat. Es ist natürlich schon fast Niedersachsen, aber es ist noch Nordrhein-Westfalen. Es gibt so viel zu erzählen bei euch, das kann ich schon mal sagen. Meine beiden Lieblingsmitarbeiter in der Brauerei heißen Gustav und Alfred, aber da kommen wir später dazu. Stell dich doch mal vor.

Sven Bleiber: Ja, (unv. #00:00:53.0#) zusammen, also wie schon angekündigt, ich bin Sven Bleiber, ich bin seit inzwischen über 27 Jahren als Brauer in der Brauerei Barre im schönen Ostwestfalen. Wie gesagt, gar nicht, weit weg von Niedersachsen. Als Brauer habe ich lange Jahre auch wirklich aktiv gearbeitet im Sudhaus, innerhalb Filtration. Wenn es sein musste, hat man auch beim Flaschensortieren im Flaschenkeller ausgeholfen. Aber irgendwann wurde ich dann bei uns zum Bierkönig, da können wir vielleicht später nochmal kurz darauf eingehen, zum Gambrinus. Wir haben in Lübbecke einmal im Jahr das Bierbrunnenfest und da tritt halt dieser Gambrinus in Kraft. Dann kam irgendwann der Chef zu mir und meinte: Herr Bleiber, Sie sind hier der Mann fürs Historische, machen Sie mir doch mal einen historischen Brauer. Dann habe ich einen historischen Brauer gemacht. Dieser historische Brauer ist mein Alter Ego Brauer Bernhard. Den mache ich inzwischen seit 2012. Und 2013 habe ich dann mein Diplom Biersommelier gemacht.

Holger: Ja, das hört sich doch wunderbar an. Ich würde sagen, wir starten.

Sven Bleiber: Ja, dann los.

Holger: Dann sag doch mal, also wir haben hier fünf Biere vor uns und …

Sven Bleiber: Genau! Wir haben ein bisschen was zu tun.

Holger: Genau! Die werden wir auch alle verkosten. Und das ist für mich eine ganz besonders schöne Sache, wenn es wirklich zack-zack-zack immer nur um Bier geht. Womit beginnen wir denn? Du darfst das festlegen.

Sven Bleiber: Ich würde jetzt einfach mal ganz, ganz klassisch anfangen mit einem Barre Pils. Wir sind eine klassische Pilsbrauerei, ein mittelständisches Unternehmen, und das ist unser Verkaufsschlager. Ich glaube, so kann man es am besten zusammenfassen. Dementsprechend würde ich damit anfangen. Ich hoffe, ich kriege es jetzt hin.

Holger: Sehr schön! Aber ich habe gar keine Plopp-Flasche, ich habe nur Kronkorken.

Sven Bleiber: Das ist richtig. Das Problem ist bei Plopp-Flaschen, wenn man die verschickt, haben die oft das Problem, dass die Post nicht so sehr pfleglich mit den Paketen umgeht und die Plopp-Flaschen auslaufen. Das Problem hatten wir tatsächlich bei unseren ersten Online-Tastings. Und dann sind wir dazu übergegangen, keine Plopp-Flasche mehr zu verschicken, sondern ganz normale Longneck-Flaschen mit Kronkorken. In dem Fall habe ich natürlich hier zuhause die historische, schon fast historische Bügelverschluss-Flasche.

Markus: Da mache ich meins auch mal auf jetzt.

Holger: Absolut! Ich weiß jetzt schon, es wird für mich ein ganz toller Talk, weil wenn wir schon mit Pils anfangen und dann auch nach Nordrhein-Westfalen gehen, also besser geht’s ja gar nicht.

Sven Bleiber: Ja, man hört’s schon.

Holger: Herrlich! Feierabend-Pilsken.

Markus: Prost!

Holger: Prösterchen!

Sven Bleiber: Prost! Genau! All voll, wie ich immer so schön zu sagen pflege.

Markus: Du pflegst das sogar zu singen. Ich weiß nicht, ob du das so spontan auch zum Besten geben kannst, aber das ist auch immer schön.

Sven Bleiber: Ich kann ja mal gerade, wenn wir schon mal das erste Bier eingeschenkt haben, gebe ich euch gerne die erste Strophe. Natürlich kann ich das spontan. Also „All voll“ ist ein Trinklied, was Brauer Bernhard sich so ein bisschen auf die Fahnen geschrieben hat, was ganz gut zu ihm passt. Das hört sich dann in etwa so an: „All voll, all voll, all voll, all voll, all voll, all voll. Bist du voll, so lege dich nieder. Stehe früh auf und fülle dich Bier, das ganze Jahr. Den Abend und den Morgen. All voll, all voll, all voll, all voll, all voll, all voll, all voll. All voll.“

Holger: Mensch! Also ganz toll. Sven vielen, vielen Dank. Das ist das erste Mal, glaube ich, dass ich in diesem Podcast wirklich das Bild vermisse. Das hätte ich jetzt gerne gesehen. Ich kann euch, liebe Hörer, nur dazu ermutigen, auf die Barre Website zu gehen und sich einfach mal anzuschauen, wie der Sven in Wirklichkeit aussieht, und dann mit dieser Gesangsprobe ist dann alles klar. Das schwöre ich euch. Das Pils ist im Glas.

Sven Bleiber: Genau! Das Pils ist im Glas.

Holger: Und lacht mich an.

Sven Bleiber: Wir haben hier ein klassisch norddeutsch, eher herbes Pils. Ein bisschen weg von den Fernsehbieren, was sie ja nicht schmälern sollen in ihrem Ruhm. Das ist historisch gewachsen. Da kommen wir vielleicht später noch ein bisschen darauf zu sprechen, warum das historisch ist, dass wir ein etwas hopfigeres Pils haben bei uns. Wir haben es in einer Bügel- und einer Longneck- und in einer 0,5er-Liter-Flasche. Aber ansonsten ist es schön filtriert, wir haben hier einen schönen weizengelbes Pils mit einem schönen, feinporigen Schaum, der haftet ganz gut im Glas an. In der Nase ganz klassisch so die leichten Hopfenaromen. Ich muss einfach erstmal einen Schluck nehmen.

Holger: Unbedingt!

Markus: Prost!

Sven Bleiber: Das ist mein erstes heute. Ich finde das immer großartig.

Holger: Na ja, wir haben ja auch noch nicht 22 Uhr. Also es darf auch dein Erstes sein.

Sven Bleiber: Na ja, also das Ding ist, ich habe im Laufe des heutigen Abends noch ein Tasting, ich muss mich jetzt mit dem Trinken so ein bisschen zügeln. Das ist gar nicht so einfach. Ich muss nachher noch ein paar gerade Sätze voreinander kriegen.

Holger: Aber das gelingt dir sicher.

Sven Bleiber: Bin ich auch von überzeugt.

Holger: (unv. #00:05:34.4#) ganz hervorragend, es hat so einen schönen trockenen Nachtrunk, wie sich das für ein Pils mit einer schönen herben Hopfenbittere gehört. Und deshalb nehme ich direkt nochmal ein Schlückchen.

Sven Bleiber: Ja, das geht mir nicht anders. Markus, was meinst du zu unserem Pils?

Markus: Es freut mich, dass es euch schmeckt. Hahaha! Nein, mir schmeckt‘s natürlich auch, kein Thema. Wobei ich als Franke natürlich mit diesen sehr herben Pilsbieren nicht immer so ganz glücklich bin. Aber das ist in sich sehr rund. Und dafür, dass es ordentlich Bittere hat, hat es trotzdem auch noch einen schönen Körper und dadurch ist es auch insgesamt eine schöne Geschichte. Kann man gerne trinken und ist wahrscheinlich auch, wenn es dann wieder ein bisschen sommerlicher wird, dann auch ein tolles Bier, wenn man draußen im Biergarten sitzt. Sehr, sehr schön!

Sven Bleiber: Es ist auch tatsächlich mein persönlicher Favorit im Sommer. Je wärmer, desto lieber trinke ich das Pils. Ansonsten haben wir in der Bandbreite noch ein paar mehr Sachen zu bieten. Wovon soll ich berichten? Ich habe jede Menge Themen, über die wir sprechen können.

Markus: Vielleicht, was ich ganz wichtig finde, es weiß jetzt nicht jeder, wer oder was Barre eigentlich ist. Also wir haben bis jetzt gehört, es ist irgendwo zwischen Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, und du hast schon mal den Ort Lübbecke erwähnt. Das kennt jetzt vielleicht auch nicht jeder oder verortet es vielleicht falsch. Also wenn wir vielleicht erstmal so ganz grundsätzlich dem Hörer mal sagen, wo sind wir denn eigentlich, was steckt denn da so dahinter, dass wir dich mal so verortet bekommen.

Sven Bleiber: Sehr gerne!

Holger: Lübbecke ist nicht der Ort mit dem Holstentor.

Sven Bleiber: Um Gottes Willen! Nein, nicht Lübeck. Das haben wir tatsächlich gehabt, da ist ein Malzfahrer, der wollte bei uns Malz anliefern, der hat sich ganz gehörig getäuscht und ist in Lübeck gelandet und hat dann in Lübeck die Berliner Straße gesucht. Hat die dann aber verzweifelt vermisst, und vor allem dann da die Brauerei vermisst. Also der war ganz, ganz verkehrt. Nein, Lübbecke ist im schönen Ostwestfalen. Wir befinden uns in der Nähe, also ich sag mal, ein bisschen westlich von Hannover, östlich von Osnabrück. Ihr seht schon, wir sind so ein bisschen niedersachsen-mäßig da so eingekeilt. Minden ist eine größere Stadt mit etwa 80.000 Einwohnern ganz in der Nähe. Bielefeld sind auch nur 40 Kilometer, die Stadt, die es angeblich nicht geben soll. Im beschaulichen Lübbecke, direkt im Wiehengebirge, also die ganze Brauerei ist umgeben von Wald, also wir sind mitten im Wald. Nur nach Norden raus können wir ein bisschen gucken, da geht’s dann runter in die norddeutsche Tiefebene. Aber ansonsten befindet sich die Brauerei mitten im Wald. Wir haben diese Brauerei teilweise in Steilhänge hineingebaut, also wir haben wirklich Felswände und Höhlen am Brauereihof. Wir sind ein traditionelles Unternehmen, wir sind eine Familienbrauerei seit 1842, befinden uns jetzt mit der Brauerei in der sechsten Generation. Geleitet wird das ganze Ding von Christoph Barre, das ist der Chef, also der Name ist Programm. Darum heißt die Barre Brauerei Barre Brauerei. Das ist nicht nach einer Stadt oder so genannt, sondern nach der Familie, die sie seit Anfang an geführt hat. Wir haben eine bewegte und eindrucksvolle Geschichte. Meine Wenigkeit ist seit langer Zeit, also über 27 Jahre als Brauer da. Ich bin da der Bierkönig, ich bin der Mann fürs Historische. Mache aber auch als Brauer Bernhard dort Führungen. Wir haben ein wunderschönes Brauereimuseum. Wenn denn die Läden mal wieder öffnen dürfen und auch vor allem die Gastronomie, dann möchte ich gern möglichst viele Leute herzlich willkommen heißen, sich unsere Brauerei und das Museum anzuschauen und mit mir quasi ein Bier zu trinken. Das wäre ganz großartig.

Holger: Wer jetzt noch nicht auch Google nachgeguckt hat, wo Lübbecke ist, dem ist auch nicht zu helfen. Also wunderbar, das könnte ein Tourismusbüro nicht besser formuliert haben.

Markus: Absolut! Ich habe …

Holger: Markus, entschuldige bitte, mein Gott, also du trinkst ja auch nichts, klar. Ich meine, Pils ist nicht dein Bierstil. Da hast du jetzt wieder nichts zu tun. Also dann los (unv. #00:08:55.0#)

Markus: Na ja, was heißt hier nichts? Ich habe halt mein Glas schon leer und habe mir gedacht, ich hebe mir das Restvolumen eher für die anderen Biere auf. Aber ich habe gerade noch eine andere Idee. Jetzt reden wir gerade von Sven und Barre und so, aber du warst auch vor deinen 27 Barre-Jahren schon da. Wie ist das denn passiert? Bist du aus dem Mutterleib gefallen und warst ein Brauer? Oder wann hat dich diese Erkenntnis ereilt und wie bist du da so dazu gekommen?

Sven Bleiber: Es gibt tatsächlich Menschen, die behaupten, ich müsste eigentlich mit einem Bierfass oder aus einem Bierfass geboren sein. Das möchte ich allerdings abstreiten, ich kenne meine Mutter sehr gut. Aber es ist wirklich so, es gab in meiner neunten Klasse ein Praktikum, und es gab bei uns im Ort, wo ich aufgewachsen bin, ich bin aufgewachsen in der Nähe von Münster, in Steinfurt, heißt das heute. Früher sagte man noch Borghorst, das ist der Ortsteil von Steinfurt. Dort bin ich aufgewachsen, und das Haus meiner Oma war vielleicht so Luftlinie 2000 Meter von der Brauerei weg. Und wenn der Wind richtig stand, dann konnte man riechen, wenn in der Brauerei gemaischt wurde, wenn in der Würzepfanne der Hopfen dazugegeben wurde. Und das konnte ich riechen. Das fand ich schon als Zweijähriger, Dreijähriger, wo ich dann da ganz viel war und auch später danach, immer einen sehr angenehmen Geruch. Dann habe ich gesagt, Mensch, ich wollte ganz gerne was mit Naturwissenschaften machen nach der Schule und habe mich dann zu einem Praktikum halt in einer Brauerei entschlossen. Und dann habe ich gesehen, also Laborant und so, das ist vielleicht dann doch nicht so mein Job. Ich wollte aber gerne in dieser Brauerei arbeiten, weil da waren so viele positiv bekloppte Menschen, im positivsten aller sinne, so dass ich in der Brauerei Rolinck, im schönen Burgsteinfurt, meine Ausbildung gemacht habe dann anschließend. Und von da aus habe ich dann einen Miniabstecher für acht Monate in die Nähe von Rheda-Wiedenbrück zur Hohenfelder Brauerei gemacht, auch wieder ein kleines familiäres, mittelständisches Unternehmen. Und von da aus hat es mich dann zur Brauerei Barre schon verschlagen. Also das ist schon eine ganze Weile her.

Markus: Also wirklich gradlinig. Okay! Holger, jetzt können wir auch gerne ein weiteres Bierchen machen. Oder hast du noch eine Frage?

Holger: Ich würde jetzt sagen, zweites Bierchen, und dann würde ich mal meine Frage platzieren.

Sven Bleiber: Zweites Bierchen, da würde ich euch ganz gerne, und jetzt komme ich gerade dem Markus, denk ich mal, entgegen, zweites Bier würde ich ganz gerne …

Holger: Kellerbier.

Sven Bleiber: … das Keller 1842 ins Glas zaubern, weil ich glaube, das ist dem Markus dann doch lieber.

Markus: Okay! Dann machen wir das mal auf.

Holger: Da hängt natürlich auch immer die Messlatte hoch. Also er hält sich ja für einen Kellerbier-Kenner. Da können wir ihn das gleich auch mal beschreiben lassen. Aber toll, ist ja 1842 Gründungsjahr der Brauerei.

Sven Bleiber: Genau!

Holger: Und nur für die, die es nicht wissen, der Verbrennungsmotor, also der Ottomotor, den gab‘s glaube ich schon, aber natürlich das Automobil noch nicht. Also Carl Benz hatte es noch nicht erfunden. Aber es gab den Hafermotor, den gab‘s schon.

Sven Bleiber: Den gab’s.

Holger: Und den habt ihr auch. Da habe ich doch in der Anmoderation schon gesagt, das sind meine beiden Lieblingskollegen bei euch in der Brauerei. Erzähl doch mal, wie das da ist mit dem Hafermotor bei euch in der Brauerei.

Sven Bleiber: Wir sind, meines Wissens nach, die letzte Brauerei in Norddeutschland, die noch regelmäßig mit dem Hafermotor ausfährt. Zu Deutsch, wir haben eine Bierkutsche, und diese Bierkutsche ist nicht nur für Festivitäten und reine Dekoration, sondern diese Bierkutsche fährt regelmäßig freitags, also sobald jetzt die Gastronomien wieder aufmachen. Im Moment stehen die beiden Gäule ein bisschen gelangweilt im Stall, muss man sagen, aber sie haben halt einen schönen Paddock und können dann hinausschauen auf die Brauerei. Sie stehen leicht erhöht. Wenn man also bei uns die B 239 runterfährt und den Blick so ein bisschen also auf Lübbecke zu und den Blick so ein bisschen links schwenken lässt, dann haben die einen sehr schönen Stall, so ein bisschen am Hang. Und dort stehen dann unsere beiden Brauereipferde, die unseren Bierwagen quasi ziehen. Also die Pferde sind natürlich der Hafermotor. Und diese beiden Brauereipferde, Gustav und Alfred, die sind bei uns schon ewig lange. Wir haben diese quasi übernommen aus der früheren Zeit, als noch immer mit Pferden ausgefahren wurde, haben wir diese Tradition uns erhalten und gerettet. Wir mögen das sehr, sehr gerne und fahren und versorgen unsere Gastronomen im Ort dann freitags immer mit dem Bier. Das ist immer ein großes Highlight, wenn die Kutsche dann durch die Innenstadt fährt. Das ist natürlich großartig.

Holger: Und auch zu jeder Jahreszeit, bei jedem Wetter, oder wie ist das?

Sven Bleiber: Es ist natürlich wetterbedingt immer so ein bisschen, also ich sag mal bei Glatteis, wenn sich so ein Pferd, was irgendwo zwischen 800 und 1000 Kilo wiegt, wenn das ins Rutschen kommt, das rutscht. Darum sind wir natürlich bei Glatteis oder so da ein bisschen vorsichtig. Wir schauen uns also schon die Straßenverhältnisse an. Aber ob das regnet oder ob die Sonne scheint, spielt eigentlich keine Rolle, also die müssen raus dann. Die müssen auch arbeiten. Das sind auch Kaltblüter, westfälisch Kaltblut, und die müssen arbeiten, sonst sind die auch nicht zufrieden.

Holger: Sehr schön!

Markus: Also habt ihr eure Pferdeliebe langsam ausgelebt und können wir zum Bier kommen, oder wollt ihr noch ein bisschen philosophieren und (unv. #00:13:43.3#)

Sven Bleiber: Also wegen meiner können wir gerne zum Bier kommen. Ich weiß nicht, was ihr gerade für Vorstellungen habt beim Bier, wer auf Pferden reitet und was er anhat und so, keine Ahnung.

Holger: Das ist ein Ignorant, ein Ignorant. Aber komm, jetzt erzähl schon übers Kellerbier da.

Markus: Also echt, ich meine, erst kündigst du es an und dann muss ich hier so lange warten. Also ganz toll! Also ein sehr, sehr schönes tolles Kellerbier. Was mir gleich am Anfang aufgefallen ist, es hat einen richtig schönen Geruch, so schön heuige Aromen, grasige Aromen. Dann hat man richtig viel Schaum, also ein richtig ordentlicher, schöner stehender und leicht getönter Schaum. Und drunter hat man dann so einen wirklichen Sonnenuntergang, könnte man sagen. Also ein schönes, leuchtendes Goldorange, leicht trüb. Und wenn man das dann trinkt, dann ist das total weich und mild und ein richtig schöner Abgang, ganz rund. Also jetzt sehr gaumenschmeichelnd und natürlich ein großer Gegensatz zu dem Pils. Und in der Tat, da bin ich jetzt schon wieder ein bisschen mehr zu Hause. Wobei, wie gesagt, mir das andere durchaus auch geschmeckt hat. Kellerbier 1842 heißt auch, dass es tatsächlich irgendwas mit einem historischen Rezept zu tun hat, oder ist das jetzt eher so, dass man sagt, man nimmt halt einfach Bezug auf das Gründungsjahr sozusagen?

Sven Bleiber: Genau! Das ist eher ein Bezugnehmen auf das Gründungsjahr der Brauerei. Ein historisches Rezept steht nicht dahinter. Wir haben uns natürlich, als wir dieses Kellerbier entwickelt haben, also wir wollten was Naturtrübes und wir wollten auch, was ein bisschen milder ist, was vielleicht auch so einem Markus Raupach ein bisschen besser schmeckt als unser Pils. Da waren wir natürlich dann so ein bisschen am Überlegen und haben tatsächlich nicht einfach nur, weil wir gesagt haben, oh, wir brauchen jetzt ein naturtrübes im Programm, wir füllen einfach unser Pils in Naturtrüb ab. Das war uns zu einfach. Man kann immer einfache Wege gehen und man kann richtige Wege gehen, und da war es uns lieber, einen richtigen Weg zu gehen und ein neues Bier quasi zu erschaffen mit einer schönen milden Würze, mit einem schönen Malzkörper. Ich muss natürlich sagen, seitdem es dieses Kellerbier gibt, wir haben es letztes Jahr zum ersten Lockdown rausgebracht, weil wir gesagt haben, jetzt haben wir es fertig, jetzt bringen wir es auch in die Flasche, weil wir natürlich auch nicht wussten, wie lange dieser ganze Spaß noch geht. Das Bier hat es geschafft, innerhalb von einem guten halben Jahr quasi die Top 2 unserer verkauften Biere zu werden. Also es ist insgesamt sehr, sehr, sehr gut angenommen worden. Ich persönlich muss auch sagen, dass ich ganz schön beim Markus bin auch, das Kellerbier ist bei mir immer zu Hause. Also ich habe immer eine Kiste Kellerbier. Man hat immer so ein bisschen das Problem, dass man nicht genau weiß, wie man seinen Haustrunk jetzt aufteilen soll, weil man hat auch ein bisschen mehr davon. Aber man hat auch 15 verschiedene Biere im Portfolio, die man sich zu Hause hinstellen könnte. Das Kellerbier hat echt den Einzug in meinem Haushalt gehalten und ich trinke es wahnsinnig gerne.

Markus: Na, also das hört man doch total gerne. Und Zyniker könnten natürlich sagen, jetzt habt ihr 170 Jahre gebraucht, um endlich auf einen vernünftigen Bierstil zu kommen. Aber das ist natürlich Quatsch. Nein, aber es ist wirklich ein ganz tolles Bier und da kann man euch nur beglückwünschen. Und ich glaube, es ist auch gerade in der jetzigen Zeit ganz wichtig, sowas zu haben, weil glaube ich die Leute jetzt auch ganz gerne so ein schönes, harmonisches rundes Bier haben wollen, was sie zum Beispiel auch zu jedem Biergarten-Essen, ob es jetzt der Wurstsalat ist oder irgendwie eine schöne Platte mit Käse oder so, das ist einfach ein tolles schönes Bier. Und was mir wirklich am allerbesten gefällt, ist dieses Weiche, Runde, das Mundgefühl, das ist wirklich ein tolles Bier. Also ganz großes Kino. Oder Holger, was sagst du?

Holger: Unbedingt! Mir hat das Pils auch wahnsinnig gut geschmeckt, weil es eben Ecken und Kanten hat und eben noch eine schöne Bittere hat, wie sich das in meinen Augen für ein Pils auch gehört. Aber hier haben wir jetzt einen ganz tollen Vertreter dieses Bierstils Kellerbier. Und mir gefallen besonders auch so die Karamellaromen. Also es sind so deutliche Karamellaromen da, finde ich. Und was ich auch noch mal sagen muss, ist auch das Etikett. Also die Gestaltung des Etiketts und so, und dann auch in dieser 0,33er Flasche, das macht Lust einfach, das Bierchen mitzunehmen und mal zu verkosten. Das habt ihr wirklich gut gemacht.

Sven Bleiber: Herzlichen Dank! Es ist auch, wie gesagt, etwas, was mir wahnsinnig viel Spaß bereitet. Also wirklich auch das Etikett, weil es einfach auch so ein bisschen von unseren normalen Etiketten abweicht, weil es ein bisschen mehr Bezug zum Bier hat, sage ich mal, zu dem Bier, was auch in der Flasche ist. Und das Bier kommt halt wirklich so eins zu eins aus dem Tank und dann geht’s in die Flasche. Also wir füllen es direkt ab.

Holger: Und daher kommt …

Sven Bleiber: Daher kommt auch diese schöne Karbonisierung, einfach weil das viel Gärungskohlensäure ist. Da merkt man einfach auch, das ist ein bisschen anders eingebaut.

Holger: Sehr angenehm ist das. Also das ist das Mundgefühl, von dem der Markus auch schon gesprochen hat. Und auch so dieses Naturtrübe und so, wirklich toll. Das verstehe ich gut, dass die Leute dieses Bier sehr gut angenommen haben. Auf jeden Fall.

Markus: Deswegen ist es jetzt auch schon leer. Also deswegen (unv. #00:18:11.5#) mal ein weiteres in Angriff nehmen.

Sven Bleiber: Jetzt würde ich sozusagen zu unserem geschichtlichsten Bier, also das Bier mit der größten Geschichte. Also hier muss ich echt gleich aufpassen, dass ich nicht zu weit aushole und nur so ein bisschen stichpunktartig das Ganze zusammenfasse. Weil ansonsten sprenge ich unseren Zeitrahmen. Denn ich möchte nun zum Louis Barre Imperial, einem Lagerbier kommen, was ich finde sehr besonders ist. Vor allem für unsere doch eher traditionelle, klassische Mittelstandsbrauerei, sage ich mal. Wir sind sehr traditionsbewusst und daher ist dieses Bier schon etwas sehr Besonderes.

Markus: Na, wenn schon Imperial draufsteht, oder Holger, da muss man Respekt haben.

Holger: Auf jeden Fall! Jetzt müssen wir natürlich auch noch mal klären, Louis Barre, also ist wahrscheinlich auch so eine historische Person.

Sven Bleiber: Genau! Das würde ich gerne, ich werde das auch gleich tun, aber ich weiß, dass der Markus, wenn ich jetzt anfange zu reden und wir haben vorher das Bier nicht verkostet, dann fängt der Markus wieder das Schimpfen an.

Markus: Genau!

Sven Bleiber: Da wir das nicht wollen, würde ich ganz gerne erst einmal das Bier kurz besprechen und dann, wenn man dann was im Glas hat, das bespricht sich dann auch nicht so trocken.

Holger: Die Moderation habe ich und deshalb, Sven, wir beide können genau absprechen, was wir wollen. Und der Oberfranke, der macht dann mit, dafür sorge ich schon.

Markus: Unglaublich! Unglaublich!

Sven Bleiber: Ich würde es trotzdem ganz gerne erst (unv. #00:19:33.1#)

Holger: Auf jeden Fall!

Sven Bleiber: Nicht nur wegen dem Markus, sondern auch, weil es wirklich schöner ist, wenn wir erst was zum Bier gehört haben. Also wir haben hier, wie ich schon sagte, ein Lagerbier. Ich erzähle ein bisschen was zur Brauart und dann könnt ihr gerne ein bisschen was dazu sagen, wie es bei euch so ankommt. Lagerbier, von dem Farbton her, haben wir hier wirklich so ein schönes Altgold, würde ich sagen. Wir haben einen weißen feinporigen Schaum. Wir haben ein Bier gebraut mit vier verschiedenen Malzen. Das ist tatsächlich Pilsener Malz, das ist Münchner Malz und zwei verschiedene Karamellmalze, Kara „Pils“ und Kara „Hell“. Diese beiden Malze sorgen für diese Vollmundigkeit, die dieses Bier hat. Da haben wir ein bisschen uns versucht an einem historischen „Vorbild“ – sage ich mal in Anführungsstrichen – zu orientieren. Dazu kommt dann wirklich viel Aufwand bei der Hopfengabe. Also als Hopfensorten haben wir die Hallertauer Perle. Die geben wir in zwei Chargen, also beim Kochen einmal zu Anfang für die Bittere, einmal zum Ende, dass wir auch noch ein bisschen Hopfenaroma reinkriegen. Und dann geben wir nochmal einen speziellen Hopfen, einen Hallertauer Saphir-Hopfen, der ganz besondere Noten nochmal ins Bier bringt. Was das für welche sind, hören wir gleich. Denen geben wir aber dann erst als Whirlpool-Gabe, sprich, nach der Kochung, wenn das Kochen schon durch ist, die Würze aber noch heiß ist, dann geben wir diesen Hopfen dazu, und der sorgt dann quasi für die Aromatisierung des Bieres. Und jetzt würde ich sagen, nehmen wir mal einen Schluck.

Holger: Prost!

Markus: All voll, sage ich da.

Sven Bleiber: All voll, sage ich da.

Holger: Prost!

Sven Bleiber: Da bin ich ganz bei dir.

Holger: Das ist jetzt ein Bier, wenn ich jetzt hier raus auf die Straße gehe und würde jetzt halt irgendeinen Münchner reinbitten und sagen, magst du ein Bier, und ich würde ihm das halt anbieten, dann wäre der zufrieden. Das ist schon fast süß.

Sven Bleiber: Das ist, glaube ich, eigentlich nur diese Vollmundigkeit. Das kommt durch diese Malze, durch diese Malzigkeit kommt dieser süße Eindruck. Und dadurch, dass die Bittere nicht im Vordergrund steht, sondern hier wirklich das Hopfenaroma, was in der Nase ist, das steht im Vordergrund. Und hier haben wir wirklich ganz schöne Hopfenaromen, wie ich finde. Da haben wir wirklich so ein bisschen zitronige, ein bisschen blumige Noten. Im Hintergrund haben wir ein bisschen dieses Grasige. Ich finde das schon sehr, sehr cool. Also das ist ein tolles Sommerbier, wie ich finde.

Markus: Ich weiß nicht, ob ihr euch erinnert, aber das erste Schneider TAP5, das war auch total geprägt von Saphir. Und das erinnert mich total, oder andersrum, das Louis Barre Imperial erinnert mich jetzt total an dieses erste TAP5. Das war damals so was ganz Neues. Und in diesem Weizen-Doppelbock war dann auch die Plattform so schön für den Hopfen, für das Hopfenaroma.

Sven Bleiber: Ja, das stimmt.

Markus: Und das vergisst man dann nicht mehr. Jetzt muss ich wirklich sagen, dass ich das wieder habe, das ist richtig intensiv, richtig schön, und das gibt dem Bier wirklich eine ganz besondere Note, die es auch ganz klar anders macht als alle anderen, die man so kennt. Also wirklich toll.

Sven Bleiber: Der Gedankengang dahinter war so ein bisschen, wir wollten ein Bier machen, was nicht zu sehr, ich sag mal, craftig ist, was nicht zu sehr in die Craftbier-Richtung geht, wo man einfach auch mal mehr als auch nur eine oder zwei Flaschen von trinken kann, wenn man das möchte. Das ist einfach dabei rausgekommen bei diesem Versuch sozusagen. Ja, das ist so ein Spezialbier, was wir haben. Weil wir sind halt keine Craftbier-Brauerei. Wir sind nicht eine Craftbier-Brauerei, die sich jetzt sofort jedem Trend anpassen kann, sondern wir sind halt ein klassisches Familienunternehmen und da ist halt sowas bei rausgekommen. Ich persönlich trinke es total gerne. Also das schon ein schönes Bier, wie ich finde, und hat eine tolle Geschichte. Und da komme ich jetzt gleich drauf. Und zwar ist es so, dieser Louis Barre, da wollten wir eben schon drauf kommen, dieser Louis Barre, das ist der älteste Sohn des Firmengründers gewesen, von Ernst Johann. Der war so ein bisschen Brauer wider Willen. Also eigentlich sollte der jüngere Bruder die Sache in die Hand nehmen, der hat es aber vergeigt, und dann musste Louis quasi nach seinem Studium, nach seinem Chemiestudium, der ist eigentlich Chemiker gewesen, nach seinem Chemiestudium zurückkommen in die Brauerei und musste quasi dann die Kohlen aus dem Feuer holen, wie man so schön sagt, und hat dann die Brauerei übernommen. Ich versuch mal, die Geschichte wirklich komprimiert zusammen zu bringen. Der hat das Bierbrauen revolutioniert. Der hat eine junge Dame kennengelernt, und diese junge Dame war die Nichte von Johann Georg Poppe. Den kennt so kein Mensch, aber seine Produkte sozusagen kennen die meisten. In Bremen gibt’s dieses Verwaltungsgebäude vom Norddeutschen Lloyd und Johann Georg Poppe war Architekt und Chefberater der größten deutschen Schifffahrtslinie der damaligen Zeit und vom Norddeutschen Lloyd. Und der hat unter anderem dieses Verwaltungsgebäude entworfen und bauen lassen. Auch etliche Schiffe, die damals gefahren sind. Also da ist dann das Thema Auswanderer-Welle, die dann von Deutschland, aus ganz Europa nach Amerika ausgewandert sind. In der Zeit befinden wir uns. Und da hat Louis Barre es über diese Verbindung geschafft, unser Barre Bier auf den Dampfern des Norddeutschen Lloyds zu installieren als Bier und auch quasi zu exportieren eigentlich in die ganze damalige Welt, die irgendwie eine Rolle spielt. Also da ist Asien, da ist Südamerika, da ist aber auch, ganz großes Ding war Nordamerika. Das war nicht ganz einfach, weil wenn man sich überlegt, 1880 sage ich mal rum, die Haltbarkeit vom Bier lag irgendwo zwischen 8 und 14 Tagen Und das jetzt hinzukriegen, ein Bier so haltbar zu machen. Und ein Brauer wäre wahrscheinlich dahintergekommen, aber der gute Louis als Chemiker hat das ein bisschen anders geguckt. Dr. Carl Linde hat 1876 diese Kältemaschine entwickelt und wir waren die dritte Brauerei nach der Dreher Brauerei in Triest und nach der Spaten Brauerei in München war die Barre Brauerei die dritte Brauerei, die eine Kältemaschine ihr Eigen nannte. Und wir konnten dann ganzjährig gleichmäßig kalt lagern. Durch diese Kaltlagerung bekam das Bier, sage ich mal, eine höhere Qualität von Grund auf. Und anschließend, nach dieser Lagerung, hat der gute Louis Barre das Ganze abfüllen lassen in 0,75er Champagnerflaschen. Sekt gab‘s damals noch nicht, das waren alles Champagnerflaschen. Bierflaschen gab‘s auch in großer Stückzahl noch nicht, aber Champagnerflaschen gab’s halt. Diese Champagnerflaschen wurden dann so ganz klassisch mit einem Naturkorken, mit Agraffe versehen. So kamen die dann in große Holztröge und dann wurden diese Champagnerflaschen in 80 Grad heißem Wasser gebadet. Also er hat sie pasteurisiert, – für die damalige Zeit war das ein absolutes Novum – um die Haltbarkeit hinzukriegen. Und dann nach dem Pasteurisieren wurden sie mit Etikett versorgt, mit Siegelwachs wurde quasi dann der Korken nochmal versiegelt zusätzlich. Dann gingen diese Flaschen per Pferdefuhrwerk und Zug und Schiff rund um die ganze Welt. Also New York, und wir sprechen wirklich von massiven Mengen, also wir sprechen von 300.000 bis 500.000 Flaschen jährlich. Das war ein Geschäft, was wirklich wahnsinnig gut funktioniert hat, auch für die Brauerei. Das war alles wirklich tutti. Gipfelte dann leider im Beginn sozusagen des Ersten Weltkrieges, 1914 haben die Engländer den Laden dichtgemacht, haben gesagt, hier kommst du nicht durch, und dann war Feierabend. Und dann ist innerhalb von nur vier Jahren der Umsatz der Brauerei um 80 % eingebrochen. Das gipfelte darin, dass der gute Louis Barre sich sozusagen die Kugel gegeben hat, und zwar keine goldene von Ferrero.

Holger: Manometer! Also dir könnte man auch stundenlang zuhören. Und das ist ja das, was den Biersommelier ausmacht, einfach die Biere mit Geschichte zu verbinden. Ich muss jetzt nochmal ganz kurz zurückspringen ins Jahr 1842. Das haben wir gar nicht erwähnt. Da war was ganz Besonderes. Und das ist mir jetzt so gekommen, wo ich dir zugehört habe. Josef Groll hat in Pilsen das Pils erfunden, im Jahre 1842.

Sven Bleiber: Richtig!

Holger: Das haben wir gar nicht erwähnt. Das müssen wir unbedingt noch machen.

Sven Bleiber: Genau! Es ist so, 1842 war tatsächlich zufällig das Gründungsjahr der Brauerei und das Erfindungsjahr sozusagen des Pils.

Holger: Aber natürlich ein Bayer, wenn ich das kurz sagen darf, aus Vilshofen, der eben 1838 dann in Pilsen begonnen hat und 1842 das Rezept entwickelt hat. Der gute Josef. Wollen wir denn noch eins weitergehen?

Sven Bleiber: Ich würde dann tatsächlich nun zum Maibock, also wir sind natürlich in der passenden Zeit, und ich würde zum Maibock übergehen. Jetzt kommt das erste Starkbier tatsächlich.

Holger: Steht auch drauf. Also direkt am Halsetikett steht drauf „Starkbier“.

Markus: Das hat uns unser lieber Kollege Meinhard auch empfohlen. Hat gesagt, wenn ihr Barre trinkt, dann unbedingt den Maibock. Also bin ich mal gespannt.

Sven Bleiber: Wir haben einen schönen schlanken Maibock. Wir haben hier nicht so was Mastiges, sondern einen relativ schlanken Maibock, einen filtrierten Maibock mit einer Stammwürze, in einer Würzepfanne, so von 17,2 etwa und einem Alkoholgehalt, der so etwas, also ich sag mal, 6,9 steht drauf, meistens sind wir so bei 7,1, 7,2. Das kann immer mal ein bisschen abweichen. Bier, darf man nicht vergessen, ist ein Naturprodukt, und man kann die Hefe nicht immer so mit der Peitsche dahinterstehen und sagen, Hefe, tue dies, Hefe, tue das, man muss die Bedingungen schaffen. Und manchmal macht die Hefe ein bisschen mehr als sie soll. In diesem Fall haben wir 3 % Restextrakt, sprich, Restzucker. Das ist eine relativ angenehme Süße. Wir haben hier einen, ich würde wirklich schon sagen, also wirklich einen richtig goldenen Ton, richtig dunkles Gold, mit einem schönen, vielleicht sogar leicht eingefärbten Schaum, feinporig, anhaftend. Und in der Nase, ist der Klassiker, ein bisschen grasig, und Honig eindeutig im Vordergrund.

Holger: Markus, das ist doch ein Bier, das dir gut schmeckt. Da bin ich ganz sicher.

Markus: Ja, auf jeden Fall! Sagen wir mal so, wenn es jetzt noch ein dunkler Bock wäre, dann wäre ich ganz im Himmel, aber ich bin kurz davor. Also so auf Wolke Sieben vielleicht. Auch das Etikett vermittelt einem schon so ein bisschen, das kommt so unschuldig daher, das ist so hellgrün, dann steht da so ein bisschen (unv. #00:28:42.1# launig?) Maibock drauf. Unten drunter sind fünf Blümchen, blau, rot, weiß und gelb. Und siehst du, ich habe fünf gesagt, das sind eigentlich nur vier. Er wirkt schon. Es ist wirklich ganz nett und brav. Und dann kommt dieses Bier und schmeißt sich auch so rein in den Gaumen, man schluckt es so runter und freut sich. Und erst so danach merkt man, okay gut, da war doch ein bisschen mehr Gehalt drin. Der kommt dann und wärmt und gibt einem dann so ein richtig schönes Gefühl. Und dann hat man auch wieder Lust auf den nächsten Schluck. Also ein tolles Bier, ein sehr rundes Bier wieder, auch ein sehr weiches Bier. Und wie du schon sagst, mit der Restsüße genau richtig eingestellt, so dass es nicht so mastig ist, aber eben sehr angenehm, sehr weich und sehr, sehr schön schmeichelnd so ein bisschen, wenn man das trinkt. Also muss ich dem Meinhard sagen, hat er uns gut empfohlen, ist ein tolles Bier, kann man auch nur weiterempfehlen. Sehr schön!

Sven Bleiber: Das ist immer ein echtes Highlight, wenn wir unseren Maibock machen. Den gibt’s einmal im Jahr. Der ist jedes Jahr auch ein bisschen anders. Weil wie gesagt, Hefe, man kann es nicht so hundertprozentig programmieren. Wir wissen, woran wir uns langhangeln müssen, aber er variiert immer so ein bisschen. Und dann kommen immer schon die Maibock-Süchtigen, sage ich mal, die kommen immer schon. Weil einbrauen tun wir den im Dezember, und die kommen dann aber schon, also spätestens Anfang Januar sind die dann schon da und wollen den ersten Maibock am besten aus dem Tank zwickeln. Also da sind die ganz heiß drauf.

Markus: Da wäre ich allerdings auch dabei, gar kein Thema. Apropos Tank zwickeln und heiß drauf. Du machst auch so Feuershows und Feuerspucken und solche Dinge. Wie kam man denn da dazu und wie überlebt man das?

Sven Bleiber: Ich bin relativ vielseitig interessiert und habe lange Jahre wirklich intensivste Mittelalter gemacht. Inzwischen hat das Bier so ein bisschen die Oberhand gewonnen, habe auch Ritteressen moderiert und diese ganzen Geschichten. Und dann kam es irgendwann, dass auf einem Mittelaltermarkt eine Feuershow ausgefallen ist. Dann hat der Veranstalter gefragt, wer kann eine Fackel schwingen? Dann kriegte ich so einen Fackelschwing-Ding in die Hand und dann habe ich das erste Mal eine Fackel geschwungen und fand das ganz großartig. Von da hat es sich dann entwickelt, dass ich angefangen habe, mit Feuer zu spielen. Man überlebt das, indem man sehr vorsichtig ist und großen Respekt vor diesen ganzen Spielzeugen hat, und vor allem von dem Feuer, was an (unv. #00:30:38.7#) Ende halt brennt. Ich spucke auch Feuer, auch das geht nur mit sehr, sehr viel Respekt und sehr viel Vorsicht. Aber es ist natürlich eine hervorragende Geschichte, ich spiele inzwischen mit meiner Frau zusammen Feuertheater. Das heißt, wir denken uns Theaterstücke aus und ich spreche die ein, die wird mit Musik unterlegt, und was quasi im Theaterstück dargestellt wird, spielen wir mit Feuerwerkzeugen sage ich mal. Da kann eine brennende Sense, da können brennende Schwerter dabei sein und, und, und, und. Also das ist auch eines meiner vielen, vielen, vielen Hobbys.

Markus: Wahnsinn! Jetzt hast du mir meine zweite Frage eigentlich vorweggenommen, weil ich fragen wollte, was dann eine Frau dazu sagt, wenn der Mann anfängt hier mit Feuer zu spielen und sich anzuzünden und so und selber Feuer zu spucken. Dann macht die auch noch mit. Ist ja unglaublich.

Sven Bleiber: Die macht mit. (unv. #00:31:21.6#)

Markus: Das ist wirklich traumhaft. Wahnsinn! Also dann Prost auf dich und deine Frau. Wunderbar!

Sven Bleiber: All voll und herzlichen Dank!

Holger: Auf jeden Fall! Wir müssen auf die Frauen anstoßen, das ist ganz wichtig.

Sven Bleiber: Unbedingt! Also auf Frauen muss man immer anstoßen.

Holger: Ja, unbedingt! Und jetzt, das ist ja der zweite Moment, wo jetzt die Bilder fehlen. Und gebt es einfach ein, Sven Bleiber auf Google und dann auf Bilder und dann wird alles klar.

Markus: Das Tolle ist, deine Kinder, die können sagen, sie sind quasi aus Feuer und Eis geboren. Das ist doch schon schön, oder?

Sven Bleiber: Ja, vor allen Dingen ist es natürlich so, der Kleine ist jetzt in seiner Schule, wenn irgendwann die Kinder anfangen damit anzugeben, was die Papas alle machen, dann kann er irgendwann sagen, und mein Papa, mein Papa ist der König. Dann ist der Drops eigentlich gelutscht.

Markus: Genau, das ist der Ober, der alles sticht sozusagen. Wahnsinn!

Sven Bleiber: Sozusagen!

Markus: Apropos König, du hast vorhin noch vom Bierkönig erzählt?

Sven Bleiber: Ja genau! Also das ist eine alte Tradition, die Tradition gibt’s in der Brauerei Barre seit 1954. Tatsächlich gibt’s das Bierbrunnenfest, also wir sind die Stadt mit dem Bierbrunnen in Lübbecke. Es gibt Mythen, dass es irgendwann einen Zeitpunkt gegeben hat, dass wirklich ein Brunnen aus dem Bier kam. Ich persönlich zweifele das an, aber man weiß es nicht, die Zeitzeugen fehlen mir. Nichtsdestotrotz ist es so, dass wir, wenn nicht gerade Lockdown oder sowas Doofes ist, dann feiern wir in Lübbecke das Bierbrunnenfest, ein riesiges Volksfest, was vor etlichen Jahren mit dem Stadtfest fusioniert ist. Weil man gesagt hat, Mensch komm, warum feiern wir eigentlich zwei Feste und das eine nur auf einem Sonntag, so dass drei Tage kann bei uns gefeiert werden? Also man täuscht sich in den Ostwestfalen gerne, man sagt gerne, sie sind so trocken und so, aber eigentlich feiern die Ostwestfalen ganz schön gerne und ganz schön viel. Und das Bierbrunnenfest, eine herzliche Einladung ist immer so, zweites Wochenende im August, da findet das statt. Und ist, finde ich, eine Riesengaudi und da läuft richtig Bier, ab morgens um 11 ist Anstich und dann wird bis pünktlich 18 Uhr, manchmal wird bis 19 Uhr verlängert, durchgezogen. Das ist ein hartes Stück Arbeit für einen Gambrinus, das könnt ihr mir aber glauben.

Markus: Kann ich mir vorstellen. Apropos …

Holger: Für mich hört sich das eigentlich alles eher an wie Traumjob. Also so richtig Mitleid kann ich eigentlich nicht entwickeln, würde ich sagen.

Sven Bleiber: Ist es auch. Die Leute sagen immer, (unv. #00:33:31.5#) du hast deinen Job und ich habe mir meinen Job selber gebaut, muss ich sagen. Ich habe mich selber irgendwie immer hingestellt und habe gesagt, ja, mache ich, und dann habe ich es gemacht. Ich liebe meinen Job, ich finde, ich habe einen der besten Jobs, die es gibt. Ich bin Biersommelier, ich kann den Leuten was über das älteste Kult- und Kulturgetränk der Welt erzählen. Das muss man ja auch mal so sagen. Und ich kann selbiges Produkt auch noch herstellen. Wir haben eine kleine 50-Liter-Anlage, wo man ein bisschen experimentieren kann, und wir haben natürlich die große Brauerei. Also die Bandbreite, in meinem Job wird es niemals langweilig.

Holger: Herrlich!

Markus: Das ist doch das beste Stichwort für das nächste Bier. Ich freue mich die ganze Zeit schon auf was Dunkles.

Sven Bleiber: Jetzt Markus reibt sich die Hände und jetzt kommen wir nämlich dazu, jetzt kommen wir zum Markus sein, also einem von Markus Lieblingsstilen, ich hole das mal gerade ran, unserer Schwarzen Acht.

Markus: Jo!

Holger: Markus, das hört sich an, als würden wir das immer einspielen, diese Geräusche. Und das müssen wir auch mal sagen, dass wir das nicht tun.

Markus: Nein, machen wir nicht, machen wir nicht. Das ist immer live.

Holger: Das ist echt. Das müssen wir auch mal sagen.

Sven Bleiber: Das ist so. Wir haben jetzt hier die Schwarze Acht im Glas. Die schwarze Acht ist kein Produkt, was ganzjährig im Portfolio der Brauerei Barre ist, sondern die Schwarze Acht ist ein sogenanntes Editionsbier. Wir haben 2015 damit angefangen, Editionsbiere zu brauen. Da möchte ich euch wirklich einladen, mal bei uns auf der Homepage zu gucken. Da könnt ihr euch ein Bild davon machen, wie wir unsere Editionsbiere präsentieren. Wir haben bunte Flaschen, wir haben 0,75er Steingutflaschen mit Bügelverschluss. Die sind relativ aufwändig gestaltet, sind teilweise glasiert. Jetzt haben wir zum ersten Mal ein unglasiertes mit der Schwarzen Acht. Das ist einfach eine schwarze Flasche mit weißer Aufschrift, die Acht befindet sich im Schriftzug. Es heißt Schwarze Acht, weil wir acht Zutaten haben. Wir haben vier verschiedene Malze, dann Wasser, wir haben Hefe, wir haben Hopfen. Und so kommen wir zu einem besonderen Bier. Es ist die achte Edition. Es ist „schwarz“, in Anführungsstrichen. Also wenn man es im Glas hat, ist es eher ein, tja, was würdet ihr sagen, Mahagoni oder eher Kastanie, oder? Gebt mal einen Tipp ab.

Markus: Waldhonig zum Beispiel.

Sven Bleiber: Ja, Waldhonig ist ein super Vergleich. Das passt. Es ist wirklich so, die Farbe vom Waldhonig. Hervorragend, Markus! Der Schaum ist cremefarben, auch da wieder ganz feinporig anhaftendem Schaum. Wir haben natürlich 8 % Alkohol, wie sollte es bei einer Schwarzen Acht sonst sein. Jetzt möchte ich euch einladen, einfach mal ein Schlückchen von diesem schönen Bier zu nehmen, wie ich finde.

Markus: Wird sofort gemacht. Mmh!

Holger: Ich habe es schon gemacht und es ist wieder so ein Raupach-Bier, wo er dann total, also jetzt ist er wahrscheinlich auf Wolke Acht.

Markus: Jetzt bin ich durch die Himmelspforte durch, wobei Wolke Acht natürlich auch schön ist. Und man darf auch nicht vergessen, die Schwarze Acht ist auch die Billardkugel, die man als letzte versenken muss, bevor das Spiel dann zu Ende ist sozusagen.

Sven Bleiber: Genau!

Markus: Also insofern, und so ist das auch ein bisschen. Natürlich ist es ein richtig schönes, intensives malzbetontes Bier, aber es hat auch ganz tolle Fruchtaromen. Und zwar, wenn man an so eine dunkle Kirsche denkt, an so eine Johannesbeere, ja überhaupt, so Beerentöne, Erdbeere vielleicht auch ein bisschen. Und das macht es ganz besonders, auch schon im Geruch, auch schon in der Nase mischt sich das. Und dann kommen noch so ein bisschen Kaffeearomen. Also Wahnsinn! Und dann sehr intensiv, sehr druckvoll kommen die 8 %, das wirkt fast sogar noch stärker, muss ich sagen. Tolles Bier, und eins, was mich da wirklich abholt. Aber auch dann so ein bisschen versenkt, wenn man die ganze Flasche austrinkt. Aber sehr, sehr schön. Also das ist toll und zeigt auch wirklich, dass ihr so eine große Bandbreite habt und auch an diesem Ende eine Antwort habt auf die Frage: Wo ist denn die Schwarze Acht? Da ist sie. Nein, toll! Also wunderbar! Arbeitest du selber an solchen Rezepturen auch mit, oder wie läuft das?

Sven Bleiber: Es ist tatsächlich so, bei der Entwicklung unserer Editionen haben wir so einen Mind Tool. Wir haben mehrere Leute, da ist zum Beispiel mein Sommelier-Kollege Arno (unv. #00:37:27.3# Hüsmann?). Arno ist top Typ, etwas über 30 Jahre alt, ein echtes ostfriesisches Original. Und er hat bei uns schon gelernt, hat dann einen Biersommelier gemacht, hat dann seinen Braumeister gemacht, und hat jetzt einen Braumeister, der seinen wohlverdienten Ruhestand feiert, abgelöst, und ist jetzt sozusagen mein Vorgesetzter. Also vom Lehrling zum Chef, zumindest mein Vorgesetzter halt. Wir sind aber auch Kumpels. Wir setzen uns dann ganz oft zusammen, und dann heißt es immer ganz oft so vom technischen Leiter, dann heißt es, jetzt mach mal, entwickelt mal. Die Geschichte von der Schwarzen Acht ist eine ganz besondere. Und zwar haben wir ein Rezept gefunden, früher gab es bei uns diesen Doppelbock, also es gab früher einen Gambrinus Bock. Jetzt schlagen wir die Brücke zurück zum Gambrinus. Es gab früher in den 60er Jahren, in den 70er Jahren wohl auch noch, ein Gambrinus Bock. Und da ist in alten Unterlagen tatsächlich das Rezept wiederaufgetaucht. Das war das letzte Mal geändert 1965. Da wurde die letzte Änderung eingetragen, dass sie in dem Rezept rumgeschrieben haben. Und ich habe dann dieses Rezept bekommen, so hier, nimm mal. Dann habe ich mir ein Rezeptprogramm dazu geholt und habe dann quasi diesen Gambrinus Bock sozusagen ein bisschen überarbeitet, ein bisschen nivelliert, ich habe hier mit Chocolate Malz gearbeitet und mit einem Kara Aromamalz. Ich wollte das Wuchtiges, ich wollte was, was auch so ein bisschen Dampf hat. Und da Arno tatsächlich in einer Meisterschule war, musste ich mich mit der ganzen Geschichte relativ alleine rumschlagen, habe das dann am Ende mit unserem technischen Leiter, mit Dirk Stapper, den ich auch schon über 30 Jahre kenne, abgeglichen, und dann haben wir es gebraut. So ist dieses Bier entstanden. Also nach einer historischen Vorlage ist diese Schwarze Acht entstanden.

Markus: Wahnsinn! 60 Jahre Biergeschichte. Holger, wie schmeckt‘s dir?

Holger: Ich find‘s mega auch. Und ich muss jetzt schon wirklich aufpassen. Also jetzt hier Maibock, da habe ich mir schon ein halbes Glas von gegönnt und jetzt habe ich schon wieder ein halbes Glas getrunken. Von der Familie ist noch niemand zuhause. Die denken sich dann auch wieder, was hat er jetzt wieder gemacht.

Sven Bleiber: Deinen Job.

Markus: Und das ist auch leider ein irreversibles Ding. Wenn man das mal drin hat, dann ist es drin.

Sven Bleiber: Genau!

Holger: Aber sehr, sehr gut. Also mir schmeckt‘s mega.

Sven Bleiber: Es ist auch ein Bier, was mir wahnsinnig gut gefällt. Also es ist wirklich top. Wir machen, wenn wir jetzt was Neues entwickeln, da steht jetzt wieder die Entwicklung von der nächsten Edition an und wir müssen jetzt wieder tief in uns gehen, weil natürlich auch manchmal ist es von der Produktion her nicht so einfach. Weil wir haben natürlich unsere Tanks und die sind nicht darauf ausgelegt, kleinere Chargen zu produzieren. Das merkt man allein daran, wenn man sieht, im Sudhaus haben wir eine Mindestausschlagmenge, damit das ganze Sudhaus so funktioniert. Die liegt irgendwo bei 180 Hektolitern. Da haben wir aber einen ganz guten Kontrakt, dass wir das Bier, was wir überschüssig haben, auch weiter in dem Umlauf halten, nämlich das meiste davon wird abgebrannt. Also es geht in die Brennerei und die machen einen schönen Bierbrand draus.

Markus: Da sind wir also wieder beim Feuer. Wahnsinn!

Sven Bleiber: Da sind wir beim Feuer.

Markus: Eine Frage vielleicht noch von mir. Jetzt bist du gerade jemand, der davon lebt, mit Menschen zu interagieren. Ich kenne dich ja so und wir haben auch schon viele Veranstaltungen gemeinsam gemacht, und es ist einfach, da ziehst du deine Energie und da bist du auch am besten und das begeistert die Menschen immer. Wie ist das in so einer Zeit? Jetzt sind wir fast ein Jahr mehr oder weniger kontinuierlich im Lockdown oder hatten zumindest erhebliche Einschränkungen, was Veranstaltungen anging. Wie geht’s dir da? Also wie füllst du das wieder auf und wie kompensierst du das und wie ist vielleicht auch deine Vorfreude, wenn wir dann endlich in einem halben Jahr vielleicht wieder loslegen können?

Sven Bleiber: Meine Vorfreude ist wahnsinnig groß. Also mit dem Bier, das geht noch ganz gut. Wir haben tatsächlich im Januar angefangen, regelmäßig Online Tastings zu machen. Und über diese Online Tastings, ich gestalte diese Tastings halt kommunikationsoffen. Zu Deutsch, ich komme zu den Leuten nach Hause ins Wohnzimmer. Das heißt wirklich, ich habe die Leute alle auf meinem Bildschirm, sehe die und die sehen mich die ganze Zeit. Und die können sich jederzeit dazuschalten. Also sie können jederzeit den Kanal aufmachen und mich ansprechen, und ich antwortete dann auf die Fragen, die dann da reinkommen, ganz, ganz offen. Also das ist schon relativ ähnlich einer Besichtigung, wenn auch nicht ganz der Ersatz. Aber das ist eine Sache, die da zumindest als Ersatzdroge hilft. Es ist natürlich so, dass sämtliche Feuershows, sämtliche Mittelalter-Veranstaltungen brechen da weg. Und das ist schon ein bisschen schade. Aber ich habe zum Glück, muss ich sagen, ich habe ein relativ großes Haus mit einem relativ großen Grundstück, wo es immer irgendwas zu tun gibt, wo man immer irgendwas restaurieren oder umbauen oder so kann. Und ich habe zwei wundervolle Kinder, und meine Kleine ist anderthalb, mein großer ist sechseinhalb. Und das sind natürlich zwei Faktoren, die halten einen im Tritt. Abends dann ist man auch froh, wenn man um 21 Uhr dann mal Feierabend hat. Ich entlaste dadurch natürlich ein bisschen meine Frau. Und die setzt sich derweil an die Nähmaschine, was eines ihrer großen Hobbys ist. So sieht das Leben im Hause Bleiber aus. Und das ist eigentlich eine Sache, die auch relativ befriedigend ist. Aber ich freue mich, und das muss ich auch ganz ehrlich sagen, wieder, wenn ich durchstarten kann, wenn ich wieder Leute durch die Brauerei führen kann, wenn ich rausfahren kann zu den Leuten und sie mit unseren Barre-Produkten versorgen kann und mit den vielen Geschichten, die ich zu erzählen weiß rund um das Thema Bier und Brauerei. Aber so, ich komme damit klar. Für mich ist dieses Internetding immer mehr Ersatz geworden. Also wir haben in unserem Brauer-Stammtisch, den wir inzwischen wirklich monatlich abhalten, wo wir dann mal drei Stunden locker zusammensitzen und über Bier quatschen und auch über alles Mögliche, Andere. Also diese sozialen Kontakte, da hat das Internet wirklich eine ganz, ganz wichtige Position eingenommen.

Markus: Ja, das stimmt. Wer weiß, wie es wäre, wenn wir das gar nicht hätten. Holger, du bist immer noch glücklich mit dem Bier? Wie steht‘s bei dir? Wir können ja langsam ein bisschen zum Ende kommen. Was meinst du?

Holger: Am Anfang habe ich gedacht, Mensch, fünf Biere und so, aber jetzt bin ich so an der Ecke, wo ich denke: Scheiße! Wo ist das sechste? Du hast vorhin schon gesagt, also im Haustrunk könnt ihr zwischen 15 Produkten wählen, und jetzt, ja, so langsam, warum ist Lübbecke so weit weg?

Sven Bleiber: Ja. Ich möchte euch hier gerne mal willkommen heißen, also es wäre mir wirklich eine große Vergnüglichkeit, wenn ihr euch mal auf den Weg zu mir machen würdet. Also wir haben sogar schon wirklich hier unsere Sektionstreffen, war letztes Jahr im September, Ende September haben wir Sektionstreffen hier abgehalten von den Biersommeliers, also Westfalen, Münsterland. Und das war auch sehr, sehr schön. Also die Leute haben nicht gedacht, also wir haben Brauerei besichtigt, wir sind in Barres Brauwelt, da durfte sie noch aufhaben, haben wir halt dann gegessen und so. Es war wirklich ganz, ganz großes Kino und hat wirklich mega-viel Spaß gemacht.

Holger: Es ist eine Reise wert. Ja, das glaube ich gerne.

Sven Bleiber: Definitiv!

Markus: Die werden wir auch unternehmen, denke ich mal. Aber so lang dann erstmal vielen lieben Dank, Sven.

Sven Bleiber: War mir eine große Vergnüglichkeit.

Markus: Also das war ganz, ganz toll. Und der erste BierTalk, in dem gesungen wurde, und der erste BierTalk, in dem Holger über Pferde philosophiert hat.

Holger: Na ja, und der erste BierTalk, wo man eigentlich auch gerne Bilder gehabt hätte. Man hätte gerne ihn dann auch singen sehen, nicht nur hören.

Markus: Das stimmt. Aber gut, wir wiederholen das dann mit einer Feuershow live irgendwie als Liveevent, sobald das wieder möglich ist. Also auf jeden Fall spannende Geschichte und toll. Und jetzt muss ich erstmal diese ganzen Biere noch austrinken. Aber wie gesagt, auf jeden Fall vielen, vielen lieben Dank, Sven! Vielen Dank für die Zeit und für die vielen Infos. Und Holger, ich denke, wir haben tolle Biere genossen, oder?

Holger: Unbedingt! Da muss ich jetzt sagen, da gab‘s keinen Ausfall, sondern egal, wer jetzt was gerne möchte, kann sich aus dem Barre Portfolio wunderbar bedienen. Ja, unbedingt! Und der Meinhard hat auch recht gehabt, also der Maibock, Respekt. Also wirklich Respekt.

Sven Bleiber: Mir bleibt in diesem Sinne nur noch eins zu sagen, ihr habt euch wohl oder übel, (unv. #00:44:54.9#). Ich verabscheue mich, eurer Brauer Bernhard. Macht’s gut!

Holger: Mach’s selber gut!

Markus: Wunderbar! Welch Schlusswort. Ciao!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 23 – Gastbesuch beim Gastro-Branchentalk von und mit René Kaplick von den Gastro Piraten aus Letschin

Schon der erste BierTalk mit René Kaplick war ein spannender Einblick in die Welt und vor allem die Weltsicht der klassischen Gastronomie – insbesondere natürlich in Bezug auf unser Lieblingsgetränk Bier. Also beschlossen wir, unsere Unterhaltung fortzusetzen, und zwar in Renés Podcast, dem Gastro-Branchentalk. Auch das war wieder eine spannende halbe Stunde, die wir Euch nicht vorenthalten wollen, hier also – uncut – das Ergebnis bzw. die Fortsetzung von BierTalk 56…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute mal wieder ein Special, und zwar ein ganz besonderes, weil wir nämlich einen Podcast im Podcast haben. Vielleicht erinnert ihr euch, wir haben mit dem Gastroberater René Kaplick bereits einen BierTalk aufgezeichnet und dann hatten wir einen Gegenbesuch in seinem Gastro Branchentalk. Der Podcast war auch sehr interessant und sehr spannend und führt ein bisschen auch das fort, was wir in unserem BierTalk schon besprochen haben. Deswegen wollen wir euch das nicht vorenthalten und senden jetzt hier für euch als Special den Gastro Branchentalk in kompletter Länge und wünschen euch viel Spaß und freuen uns natürlich wie immer auf euer Feedback.

René Kaplick: Moin da draußen ihr Helden der Hospitality! Heute ganz neu, wir haben ein neues Logo, das seht ihr wahrscheinlich schon, wenn ihr jetzt neu bei der Podcast App gestartet habt. Und zwar nennen wir uns jetzt Gastro Branchentalk. Warum nennen wir uns so? Weil wir gesagt haben: Wir sind der Talk für die Gastronomie und auch für die Hotellerie, aber wir nennen uns einfach mal ganz Branchentalk. Und warum? Weil wir immer spannende Sprechpartner, Gäste bei uns haben, mit denen wir ganz tief in das Thema hineingehen. Heute weiß ich natürlich wie immer nicht, wer wurde mir eingeladen? Deswegen sage ich, (unv. #00:01:26.0#) Mikrofon auf: Wer ist denn da draußen? Wer diskutiert heute über spannende Themen rund um die Hospitality, die Gastronomie mit mir?

Markus: Hallo, kennst du meine Stimme?

René Kaplick: Hoho, oh! Diese Stimme ist eine Stimme, die ich eigentlich jeden Morgen von 8:30 Uhr an montags bis freitags auf Clubhouse bei mir als Gast habe. Das kann eigentlich nur der Markus sein. Und wenn es Markus ist, würde ich sagen, ist das der Wahnsinn. Weil ich war neulich bei euch im BierTalk und das war so genial. Und dass ihr jetzt bei mir seid, das ist schon eine Ehre. Bist du allein oder hast du den Holger auch mitgebracht?

Holger: Nein, uns gibt’s doch nur im Doppelpack. Klar, bin ich auch dabei.

René Kaplick: Klasse! Klasse, klasse!

Markus: Und natürlich Glückwunsch, dass du es erraten hast. Wunderbar!

René Kaplick: Ganz ehrlich, so oft wie wir miteinander sprechen, wäre es eigentlich traurig, wenn ich deine Stimme nicht erkenne. Holger und Markus, ihr seid Bierexperten, das war richtig klasse, ihr habt auch das Bier aufgemacht, wir haben über Bier gesprochen und auch meine Biervergangenheit so ein bisschen beleuchtet. Was mich mal interessieren würde, – ich muss mir immer sofort in den ersten Sekunden eine Frage einfallen lassen – Holger, wir haben damals in dem Podcast so ein bisschen diskutiert darüber, man kann das Bier auch attraktiver gestalten im Verkauf, um mehr Absatz zu generieren. Vielleicht ist das heute mal ein Thema, worüber wir sprechen sollten: Wie können Gastronomen das Thema Bier noch mehr verinnerlichen, mehr die Bierkultur dann auch in die Kommunikation mit den Gästen bringen, um mehr Absatz zu generieren?

Holger: Oh, da gibt’s ein Potpourri an Möglichkeiten. Natürlich ist wie immer in der Gastronomie die Haltung eine ganz entscheidende Sache. Ich muss vielleicht zuerst wirklich sagen, Mensch, Bier ist ein geiles Produkt und Bier ist bodenständig und einfach und ehrlich und ist das Mittel zu Come together. Da geht’s ja letzten Endes in der Gastronomie drum. Wir können uns da ganz, ganz viele Sachen vorstellen. Ein Thema, ganz einfach, wäre jetzt zum Beispiel: Ein normales schnödes Weißbier mal nicht in ein Weißbierglas, sondern vielleicht in ein schönes Rotweinglas und dann schreibt man einfach hin, das ist jetzt unser Weißbier-Aperitif, und sofort haben die Gäste ein ganz anderes Geschmackserlebnis. Das Weinglas betont nochmal die fruchtigen Noten in dem Weißbier, man kann die Damenwelt auch noch mal vielleicht anders abholen und auch begeistern. Man kann es auf Veranstaltungen und man kann es auf einer Hochzeit vielleicht auch als Aperitif anbieten. Und kann damit überraschen, weil es einfach auch noch kaum jemand macht. Es ist zwar ganz einfach, aber es macht einfach keiner. Das wäre jetzt mal so eine erste Antwort auf deine Frage.

René Kaplick: Holger, Digestif war schon damals, als ich selber noch in der Brauerei war, immer so ein Thema. Wir sollten damals im Vertrieb auch immer den Gastronomen erklären, genau das, was du gerade gesagt hast. Ich habe es damals nicht hinbekommen und habe nicht das Verständnis bei den Gastronomen wecken können, dass das halt eine Alternative zu einem Glas Prosecco sogar sein könnte, wenn man das vernünftig präsentiert und vielleicht auch vernünftig kreiert. Hast du da vielleicht Tipps, wie man da noch intensiver sich darüber Gedanken machen kann?

Holger: Im Prinzip ist am besten, machen, also ausprobieren. Dass man einfach sagt, komm, wir nehmen uns jetzt mal euer Produktportfolio vor. Was habt ihr am Hahn, was habt ihr in der Flasche? Und gehen dann in die Produkte rein, klären auf, was machen die eigentlich aus. Dann würden wir verkosten, also dass man einfach sagt, komm, wir sprechen mal über die Biere und dann eben über die Stile, die Besonderheiten, was macht das aus. Und dann natürlich auch verschiedene Gläser mal benutzen, dann bewusst verkosten, also wirklich mit Antrunk, Haupttrunk und Nachtrunk, richtig aufmerksam sein zu dem, was einem begegnet. Und dann schon in die Diskussion gehen. Da könnte man jetzt sofort mit dem Thema Food Pairing auch weitermachen, dass man einfach, wenn man ein Bier verkostet hat, einfach sagt: Mensch, jetzt nehmen wir uns mal eure Speisekarte vor. Was könntest du dir vorstellen? Wozu passt das? Oder wenn man jetzt vielleicht, im Mai beginnt wieder die Spargelzeit und dann ist so ganz klassisch einfach Weißwein und dann kann man doch auch mal an Pils denken. Und dann kann man mal sagen: Mensch, das mache ich doch mal. Also ich präsentiere einfach einen Gewürztraminer, aber ich empfehle auch ganz explizit unser tolles Pils, egal welche Marke da jetzt in der Gastronomie gerade eben am Zapfhahn ist, das ist ganz egal, aber ein Pils passt gut auch zu einem Spargelgericht zum Beispiel, weil es schlank ist, weil es trocken ist. Wenn man dann noch schafft, eben auch die Bedienung, die Servicekraft ein bisschen dafür zu begeistern, bis dahin, dass man vielleicht sagt, Mensch, probiere es doch mal aus oder auch Familien, die ganz regelmäßig kommen und wo das ein Muss, so einen Wein dazu zu bestellen, aber man kennt eigentlich den Vater in der Familie, der eigentlich gar kein Weintrinker ist. Und dem baut man jetzt eine Brücke, damit der gar kein schlechtes Gewissen haben muss, sein schönes Pils zu bestellen zu dem Spargelgericht, Sonntagmittag. Das sind die Themen einfach.

René Kaplick: Was wäre denn, wenn wir jetzt, ich sag mal, ganz crazy denken? Wir haben Spargeldthema, Sauce Hollandaise und wir präsentieren dazu als Begleitung für den Mann ein geeistes (unv. #00:07:11.0#). Jetzt nehmen wir natürlich nicht das Bock, was geeist wurde, sondern wir servieren zu dem Bier Eiswürfel oder wir packen sogar mal Eiswürfel mit ins Glas, in ein 0,1er Glas, um ihm das Gefühl zu geben und auch der Familie vielleicht das Gefühl zu geben, das ist was ganz Besonderes. Vielleicht ist das Wasser, was wir dort gefroren haben in Cubes, also in Eiswürfel, vielleicht ist das auch entstanden aus irgendeiner Mischung, Gewürzmischung, sodass ich so assoziiere, du kriegst da was richtig Geiles. Und vor allen Dingen mal ganz ehrlich unter uns, danach hat doch die Frau auch gar kein Problem, wenn er das zweite oder dritte normale Pils bestellt. Aber so den Weg mal zu eröffnen, was hältst du von so einer Idee?

Holger: Nein, also Kreativität, egal in welche Richtung, ist immer gut. Also überraschen heißt die Devise. Man könnte auch einfach, gerade jetzt bei so einem schönen Sonntagmittagstisch gibt’s auch ganz regelmäßig den Gruß aus der Küche. Da kann man einfach mal den Gruß von der Theke machen. Man kann einfach mal ein Bieraperitif, sich irgendwas ausdenken vielleicht auch zum Nachtisch. Wir haben für die Warsteiner Brauerei mal eine Praline entwickelt, die genau zum Herb alkoholfrei passt. Dass man sowas macht, dass man einfach sagt, Mensch, hier gibt’s noch die Bierpraline, schön, dass ihr da seid, oder schön, dass ihr da wart. Also überraschen und kreativ sein, das passt eigentlich immer.

René Kaplick: Wie ist es eigentlich, Markus, wenn ich mal in Zukunft vielen Gastronomen empfehle, die Deutsche BierAkademie zu besuchen? Also nicht nur den BierTalk bei Spotify oder iTunes oder Amazon zu hören, sondern auch mal die Deutsche BierAkademie zu besuchen, sprich, die Mitarbeiter mal zu dir zu schicken, um sie zu schulen, mit dem Hintergrund, danach einen aktiven Mehrverkauf zu generieren, den Durchschnittspunkt zu erhöhen und mehr Rendite im Portemonnaie des Gastronomen zu erzeugen?

Markus: Na ja, das macht im Grunde auf jeden Fall Sinn. Kann man hier mal einen Mini-Werbeblock einbauen. Also klar, wir kümmern uns um die Ausbildung, um die Weiterbildung, einfach auch um die Sensibilisierung für das Thema Bier. Damit geht’s eigentlich schon los. Und das ist eben entweder so, dass die Mitarbeiter zu uns kommen in die Kurse, die wir in Präsenz veranstalten, oder dass wir zu den Gastronomen kommen und dort vor Ort Kurse machen, wenn das dann eben die Mitarbeiter von einem oder zwei Läden jeweils in der Umgebung sind. Oder eben neuerdings seit einem Jahr jetzt eben auch online. Und dann kann man auch zum Beispiel seine Mitarbeiter das praktisch zum Beispiel schenken. Das haben jetzt letztes Jahr viele Gastronomen gemacht als Weihnachtsgeschenk. Da waren dann die Mitarbeiter bei uns im Januar und Februar in unserer Fortbildung. Also das geht auf jeden Fall auch. Und der Hintergrund, ich kann auch mal ein Beispiel dazu bringen, ist einfach, was am Ende für den Gastronomen dabei rauskommt. Wenn man das Personal da entsprechend sensibilisiert und schult, dann ist es eben so, normalerweise kommt vielleicht der Gast und trinkt im Laufe seines Aufenthalts zwei halbe Bier, und dann geht er wieder. Sagen wir mal, die Halbe hat 3,50 gekostet, dann hat man am Ende 7 Euro eingenommen. Wenn jetzt aber der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin geschult ist und mit dem Gast so ein bisschen redet und den ein bisschen einlädt und sagt: So als Vorspeise vielleicht dieses und dazu dieses Bier und dann haben wir da noch die Nachspeise und dazwischen noch das Hauptgericht und so weiter, und vielleicht noch ein Bieraperitif oder einen Digestif, dann haben wir am Ende vielleicht viermal 0,3 verkauft. Das ist von der Menge her fast dasselbe, aber das kostet vielleicht 2,90, und dann haben wir am Ende eben statt 7 Euro 12,50 oder sowas Umsatz. Und das hat sich dann am Ende schon gelohnt. Außerdem hat man mehr Kundenkontakte, wo man dann auch wieder aus der Speisekarte mehr anbieten konnte, und man hat eine tiefere Bindung zwischen Gast und Servicekraft. Und dadurch natürlich am Ende mehr Trinkgeld und auch eine Bindung mehr an den Laden. Nur das Mini-Beispiel, also man kann da ganz, ganz viel machen, wenn man die Mitarbeiter sensibilisiert. Und wenn sie selber wissen, sie haben mehr davon, dann machen sie es auch und dann hat auch der Laden mehr davon.

René Kaplick: So! Jetzt bin ich außer Atem. Und wisst ihr, warum ich außer Atem bin? Weil ich etwas bei euch gelernt habe, und zwar passt auf. Ich bin jetzt losgerannt und man hört das jetzt, ich öffne mal was. Weil das ist bei euch eine Tradition. Oh, jetzt muss ich aufpassen, dass ich das nicht übertröpfele. Ich habe mir mal ein Bier aufgemacht. Weil das ist so eine Tradition, das habe ich gelernt bei euch im Podcast, als ich Gast war, dass ihr immer ein Bier aufmacht und darüber sprecht. Habt ihr denn auch was vorbereitet?

Holger: Klar, Unterhopfung ist (unv. #00:12:06.9# nie?) schlecht, also das darf nicht passieren. Das darf einfach nicht passieren. Natürlich haben wir ein Bierchen. Sollen wir aufmachen? Ja?

René Kaplick: Ja, mach doch mal, komm!

Markus: Holger, mach du mal zuerst, dann mach ich.

Holger: Man hätte es eigentlich hören müssen, oder? Ich habe die Lasche gezogen vom Dosenbier.

René Kaplick: Schön! Dann, ich sage mal, jetzt kommt Markus, glaube ich, mit seinem Bier dazu.

Markus: Das kann ich gerne tun. Also ich versuch‘s mal etwas lautstärker. Moment! Das könnte man jetzt vielleicht gehört haben, wie das aufging. Und jetzt geht’s ins Glas.

René Kaplick: Oh, das zischt. Das ist schön.

Markus: So! Nun ist es drin. Hervorragend!

René Kaplick: Ich weiß gar nicht, wie ist das so bei euch? Fängt immer einer an und erzählt oder soll ich schon mal sagen, was ich gemacht habe?

Markus: Normalerweise stellen wir uns die Biere gegenseitig so ein bisschen vor, damit man eben so weiß, was der andere im Glas hat. Du kannst gern mal anfangen. Ich bin mal gespannt, was du dir heute rausgesucht hast.

René Kaplick: Ja, du wirst lachen, es ist wahrscheinlich wieder dasselbe. Ich war nämlich mal zusätzlich noch Gast und das kann ich euch nur empfehlen, bei dem Markus bei einer Bierverkostung. Da wurde Bier zu mir nach Hause geschickt und zu vielen Freunden, da haben wir eine Online-Verkostung gemacht, und das war total genial. Wie viele wissen, lebe ich im Märkisch-Oderland. Da würde man jetzt eigentlich daran denken, dass man ein Frankfurter Pils trinkt aus der Brauerei in Frankfurt. Aber ich bin auch in der Freiwilligen Feuerwehr und da gibt’s dann immer Berliner. Ich habe jetzt, weil ich weiß, dass ich immer für die Nachbarn ein Berliner dahaben muss, habe ich jetzt ein Berliner aufgemacht. Ich mache das jetzt mal so wie du, Markus, immer. Ich gucke jetzt mir die Farbe an, die ist sehr hell, sie ist sehr süffig, es steigt schön die Kohlensäure auf. Ich habe natürlich so ein richtig schönes Bier-Tasting-Glas, um da mal zu gucken. Ist eine schöne Krone obendrauf. Und riechen tut’s, was soll ich euch sagen, es riecht wie immer, wie immer, wenn ich Berliner aufmache und Berliner Pils trinke. Und das werde ich jetzt mal machen ganz kurz, mal schauen, wie es schmeckt.

Markus: So wie Holger sagt, Bier ist Heimat.

René Kaplick: Leute, ich kann euch eins sagen, es schmeckt genauso wie letzte Woche und die Woche davor. Was habt ihr im Glas?

Markus: Holger, soll ich anfangen, magst du?

Holger: Ja, Markus, fang du an. Ja klar.

Markus: Ich habe mir natürlich auch gedacht, einerseits ein Klassiker, andererseits vielleicht ein bisschen was Besonderes, und zwar habe ich auch ein wunderschönes helles Bier bei mir im Glas. Das hat eine leichte Trübung, megaviel Schaum obendrauf. Und wenn man reinriecht, hat man so eine schöne getreidige Honignote und dahinter steckt so ein Hauch von Rauch. Wenn man das jetzt probiert, dann ist das richtig schön cremig im Mund. Da kommen diese süßen Noten, die Honignoten, Getreide und hintenraus eine gewisse Bittere, die den Mund etwas austrocknet, sodass man weitertrinken möchte. Und ganz am Ende kommt wieder etwas Rauch. Und was habe ich da? Es gibt hier in Bamberg ganz traditionell die Schlenkerla Brauerei, die machen ein wunderschönes Helles. Normalerweise macht Schlenkerla nur Rauchbier, aber ein Bier, das machen sie seit jeher ohne Rauch, und das ist eben das helle Lager, also ein klassisches Helles. Und weil der Laden eben nur Rauchbier macht, ist selbst dieses Bier, obwohl da eigentlich gar keine Zutaten drin sind, die rauchig sind, hat es eben so ein bisschen Rauch, weil das einfach in der DNA, im Gebäude, in der Hefe, im ganzen Laden so ein bisschen steckt. Es ist eine besondere Edition, weil es eben trüb ist. Das machen sie jetzt während der Corona-Zeit, da gibt’s eben auch mal ein unfiltriertes helles Lager vom Schlenkerla. Und insofern also einerseits ein Bier, das man in jeder Gastro in Deutschland trinken kann, ein schönes Helles, hier jetzt mit einem regionalen Touch von unserer klassischen Rauchbierbrauerei.

René Kaplick: Jetzt bin ich gespannt, was Holger hat.

Holger: Na ja, ich habe mir einfach überlegt, – und deshalb habe ich wirklich eine Dose auch genommen – weil erstens ist das auch so ein Thema, (unv. #00:16:18.6#) hat es damit zu tun, wie geht man mit den Produkten um und was hat man im Kopf verankert. Und bei dem Dosenbier ist schon so ein Thema verankert, oh, Dose und so, Faxe, Tankstelle, schön die Leuchte anmachen und so. Dosenbier ist toll, weil Dosenbier hat einfach keinen Lichtgeschmack, also Lichtgeschmack ist ein Feind des Bieres. Also wenn ein Bier falsch gelagert wird und zu hell gelagert wird, dann kann da so ein Alterungsprozess einsetzen, den wir nicht haben wollen. Insofern möchte ich einfach auch mit Klischees brechen. Die Dose ist fürs Bier wirklich gut. Dann habe ich mir gedacht, ich suche mir was aus, was man einfach kennt und was vielleicht dann auch einige in der Gastronomie haben, also ein bekanntes Weißbier, was bundesweit zur Verfügung steht. Da habe ich mich jetzt einfach für ein Franziskaner entschieden. Ein ganz normales schnödes Franziskaner Weißbier. Wenn ich da jetzt reingucke, dann ist da natürlich diese schöne Hefetrübung im Glas, es ist goldgelb, es ist so ein schöner feinporiger Schaum. Ich habe diese Fruchtnoten, die ganz massiv auch an Banane erinnern. Na ja, und wenn ich es dann trinke, mmh, dann ist eben diese Fruchtnote, die bleibt im Mund. Und ist wirklich so ein Thema, wo ich denke, Mensch, jetzt vielleicht noch eine schöne Weißwurst dazu und einer bayerischen Brezen mit Butter und dann noch süßer Senf und dazu das Weißbier ausschlürfen und dann ist es ein erfolgreicher Tag, also ist ein erfolgreicher Tag einfach. Mit welchem Getränk geht das? Bier, das geht nur mit Bier.

René Kaplick: Ob das nur mit Bier geht, Holger, weiß ich nicht. Es gab mal Zeiten, da habe ich auch bei einer Cuba Libre nicht Nein gesagt. Und wenn du dann dir vorstellst, so eine Cuba Libre, Sonnenschein, Wasser, also da geht auch eine zweite Cuba Libre.

Holger: Nein, kein Thema. Nur, mittags in München, dann Cuba Libre? Okay. Da bin ich halt ein anderer Typ als du.

René Kaplick: Nein, das soll‘s auch. Ich mache mir gerade echt Gedanken, ob wir nicht vielleicht doch einen täglichen Podcast gemeinsam machen. Ich sag mal, einen morgens, einen mittags, einen abends, dass wir dann so legal zu diesem Biertrinken kommen, das macht ja auch Spaß. Sollten wir mal darüber nachdenken. Ich weiß nur nicht, ob die Leute uns dann die ganze Zeit noch zuhören würden, wenn wir eigentlich nur (unv. #00:19:09.5#) mittags, abends Bier trinken. Wobei, wenn man dann zwischendurch noch was trinken, könnte der Abend-Podcast dann immer sehr spannend werden. Aber Spaß beiseite, Markus, Biersommelier, du weißt, ich spiele schon lange mit dem Gedanken, mich auch bei dir ausbilden zu lassen als Biersommelier. Und wenn ich jetzt an unsere Gastronomen denke, welchen Vorteil hätte es, wenn man in seinem Restaurant einen Biersommelier hätte? Was würde das verändern, was wäre sozusagen der USP, den ich mir, – klar, der USP ist, ich habe einen Biersommelier – aber was könnte sich dadurch für den Gastronom, wenn er sagt, den Klaus, die Maria und den Hans, das sind tolle Leute, die können was reißen, die unterstützen mich und ich möchte denen jetzt die Möglichkeit geben Biersommelier zu werden. Aus deiner Erfahrung, erstens, wie geht so ein Kurs, und zweitens, was könnte der Mehrwert auch für den Gastronomen nachher sein?

Markus: Ich denke mal, prinzipiell wäre das eine Riesenchance, sowohl für den Gastronom als auch für die Mitarbeiter als auch für den Laden als Ganzes. Vielleicht kurz zum Hintergrund: Biersommelier wird man bei uns, zumindest aktuell, über den Online-Biersommelier-Kurs. Den wird es auch nachhaltig dauerhaft geben. Mal sehen, wann wir wieder welche in Präsenz anbieten können. Online bedeutet das, dass es über 16 Wochen geht, immer mittwochs abends 3 Stunden. Wir setzen uns mit den unterschiedlichsten Themen auseinander, mit den verschiedenen Bierwelten, die es gibt, mit der Herstellung von Bier, wir brauen gemeinsam Bier, auch das geht online. Wir verkosten gemeinsam die Rohstoffe, probieren mit Hopfen, mit Malz, mit den Hefen und so weiter aus, und lernen dann eben zum Beispiel die deutschen Biere, die belgischen Biere, die englischen, die amerikanischen und so weiter kennen. Also das ist der eine Schritt. Dann haben die Leute schon mal einen ganz anderen Überblick über die Bierwelt. Und der andere Schritt, das ist dann so ab dem Modul 10 ungefähr, da geht’s dann auch um die inhaltlichen Themen, wie man als Biersommelier agiert. Also zum Beispiel die Auseinandersetzung mit dem Thema Alkohol oder eben alkoholfreien Bieren, aber auch wie mache ich ein Bierevent, wie mache ich einen Biercocktail, wie kann ich Bier in der Küche verwenden, wie mache ich Food Pairings, und so weiter. Also all das, was eben rund ums Zelebrieren, ums Dasein als Biersommelier geht. Weil im Grunde ist der Biersommelier so ein bisschen der Mittler zwischen dem Brauer und dem Gast. Weil da gibt’s normalerweise keinen wirklichen Mittler, der Brauer schreibt halt Helles oder Dunkles auf die Flasche und der Gast kann dann wählen, Helles oder Dunkles. Aber alles, was dazwischen ist, also wie viel Herzblut der Brauer in dieses Bier steckt, welche Geschichte dahintersteckt, welche Rohstoffe er verwendet, was er sich dabei denkt, wie die Entwicklung gelaufen ist, wozu dieses Bier vielleicht passt und so weiter, all das, das ist dann die Aufgabe des Biersommeliers, das dem Gast näherzubringen in Worten, die der versteht. Jetzt ist eben die Frage, inwieweit ist das eine Chance? Na ja, man muss es als Gastronom natürlich dann auch zulassen. Weil wenn man so einen Biersommelier hat oder mehrere, dann werden die zum Beispiel sagen: Pass auf! Dann schieben wir uns mal ein bisschen in diese Richtung. Wir sind ein Bierspezialitäten-Haus. Auch wenn wir jetzt zum Beispiel „nur“, in Anführungsstrichen, von einer Brauerei, sagen wir mal als Beispiel die Warsteiner Brauerei, die Biere haben. Also selbst dann kann man das so tun. Bedeutet also bei uns: Erstmal haben wir ein Augenmerk auf die Qualität. Wir haben eine vernünftige Schankanlage, wir haben immer ein frisches, gutes, qualitativ hochwertiges Bier. Wir begrüßen die Leute vielleicht schon mit einem Bier, wie es der Holger gesagt hat, der Gruß von der Theke. Wir haben unsere Speisekarte umgeordnet. Da kommen jetzt am Anfang die Biere, nicht erst am Ende. Und da steht eben nicht nur Warsteiner Pils, sondern dann steht eben auch ein bisschen was dazu, wie das schmeckt, was ich erwarten kann, was ich vielleicht kombinieren kann. Dann habe ich meine Speisen, da steht bei den Speisen auch dazu: Wenn Sie jetzt zum Beispiel Lust haben auf unser Carpaccio, dann probieren Sie dazu zum Beispiel mal unser Warsteiner herb, oder so. Also da kann man das tun. Dann hat man vielleicht noch einen Biercocktail, auch das geht. Ich kann ein ganz normales Warsteiner Pils zum Beispiel nehmen mit ein bisschen Aperol, vielleicht noch ein bisschen Orangensaft dazu, und habe sofort einen schönen Aperitif, und kann das dann noch servieren. Also kann man ganz viel drumherum bauen. Dann hat man vielleicht die Bierpraline am Schluss so als Verabschiedungs-Grüßchen. Und insgesamt damit für den Gast ein ganz anderes Erlebnis, damit auch eine Alleinstellung, weil das macht sonst keiner. Und ich kann mir somit meine Kunden sichern, meine Mitarbeiter sichern. Ist auch ein wichtiger Punkt, wie kann ich Mitarbeiter nachhaltig an mich binden. Die kriegen dann vielleicht auch mehr Trinkgeld. Und ich kann natürlich mit der Brauerei dann auch arbeiten, die sind total stolz, wenn ich ein Gastronom bin, der die Biere vernünftig präsentiert und auch ernst nimmt. Also auch das bringt mich da in eine ganz andere Position. Wenn man das nutzt, wenn man da als Gastronom clever ist, dann kann man vor Ort seinen USP damit erreichen und natürlich eben auch gegenüber der Brauerei zum Beispiel ein ganz anderes Standing haben. Also insofern kann ich nur empfehlen und es gibt ganz, ganz viele positive Beispiele auch von unseren Absolventen, die da wirklich sehr erfolgreich unterwegs sind und schon einiges bewegt haben.

Holger: René, darf ich es noch ergänzen vielleicht kurz?

René Kaplick: Klar!

Holger: Was mir total wichtig ist, also eben auch in der Biersommelier-Ausbildung, aber eben auch im Zusammenspiel mit der Gastronomie, ist einfach die ganze Thematik Bierhygiene und Schrankanlage. Also das ist auch noch ein wichtiger Punkt in der Biersommelier-Ausbildung und sollte auch eine totale Selbstverständlichkeit sein in der Gastronomie. Weil durch die Schankanlage kann ich wirklich die Bierqualität sicherstellen und auch steigern, dazu muss ich sie halt nur richtig warten, reinigen und eingestellt haben. Auch die Thematik der Bierglas-Pflege ist ein entscheidendes Kriterium. Da sehe ich große Potenziale. Ich möchte auch einfach behaupten, dass ich glaube, wenn ich eine sehr gut gepflegte Schankanlage habe, dann steigere ich meinen Bierabsatz, weil das Bier einfach besser und frischer schmeckt. Da legen wir auch sehr, sehr großen Wert drauf, gerade jetzt auch in der Sommelier-Ausbildung, dass das eben, also dieser wichtiger Aspekt auch wirklich in Fleisch und Blut übergeht.

René Kaplick: Holger, hast du vielleicht dazu zwei, drei Tipps für die Hörer, worauf sie unbedingt achten sollten bei der Schankanlage? Also wir kommen bald aus dem Restart raus, was sind die How-/To-dos, die ich unbedingt machen muss? Klar, Reinigung, darüber brauchen wir nicht reden, aber gibt’s irgendwas, wo du sagst, Kohlensäure wieder richtig einstellen, vielleicht die ersten 20 Biere selber trinken und testen? Keine Ahnung, irgendwas, was wir unseren Kunden oder Zuhörern da draußen mitgeben können?

Holger: Das ist ein Thema, was du jetzt ansprichst, die Schankanlagen haben jetzt lange geruht und müssen wieder in Betrieb genommen werden. Also da ist wirklich Vorsicht geboten. Da empfehle ich sehr ein großes Augenmerk darauf zu legen, wenn eine Schankanlage längere Zeit nicht benutzt wurde, dann muss die wirklich von einem Fachmann, von einem ausgebildeten Schanktechniker ganz nach Vorschrift auch gereinigt werden. Ich versuche halt immer mit so verschiedenen Fragen zu operieren. Also wenn ich beim Gastronomen bin, dann frage ich einfach: Mensch, hör mal, was macht der denn genau bei dir? Jetzt hast du meinetwegen vier Biere am Zapfhahn oder fünf Biere am Zapfhahn: Wie lang ist der denn überhaupt da? Wenn dann einer sagt: Na ja, meistens sehe ich den gar nicht. Der kommt morgens, so genau weiß ich eigentlich gar nicht, was der macht. Aber wenn er da ist und ich bin auch da, dann ist er irgendwie um die 30 Minuten da. Dann versuche ich darauf zu sensibilisieren, dass eben die meiste Chemie, die dann bei der Reinigung eingesetzt wird, schon mal meistens mindestens 20 Minuten braucht, um eine entsprechende Einwirkzeit auch zu haben. Das heißt, wenn der kommt und die Zapfhähne und die Zapfköpfe zerlegt und auch einlegt, und der ist in 35 Minuten schon wieder weg, also Zerlegen, Reinigen, Spülen, Zusammenbauen und weg, dann kann das mit der Einwirkzeit nicht geklappt haben. Also das ist zum Beispiel so ein Kriterium, dass man einfach sich fragt: Was macht der genau? Und was muss der eigentlich auch tun? Und dann natürlich auch die Thematik: Was bezahlt man? Wenn man dann feststellt, der ist nur 35 Minuten da, und wenn ich dann sage, was bezahlst du dem denn? Ja, der kriegt 19 Euro pro Reinigung. Dann ist klar, dass der auch nur maximal 35 Minuten da ist. Und da einfach so ein bisschen selber sich zu überprüfen und sich damit zu beschäftigen: Was muss gemacht werden? Ich habe die Verantwortung als Gastronom, also Schankbuch hin oder her, die Verantwortung bleibt klar beim Gastronomen. Und viele, viele Brauereien, ob das jetzt beispielsweise die Warsteiner Brauerei ist, aber auch innerhalb der Radeberger Gruppe zum Beispiel, gibt es viel Informationsmaterial eben auch auf den Webseiten, als Broschüren, wo man nochmal genau nachlesen kann, was dazu gehört, wirklich eine gute Schankanlage zu betreiben. Und jetzt gerade vor der Wiederinbetriebnahme nach dem Lockdown, da erst recht.

René Kaplick: Holger, das war ein richtig, richtig schöner Tipp. Ich glaube, da werden jetzt viele nachdenken: Wie lange ist der eigentlich da? Und ganz klar, Holger, 19 Euro, wie lange soll der dableiben? Also eigentlich dürfte der nur 10 Minuten dableiben, weil von irgendwas muss er auch leben. Aber ich sag mal, das war ein richtig cooler Tipp. Und jetzt kommt so meine Abschlussfrage, die ich eigentlich in jedem Talk mal reinbringe. Und Zwar schenke ich dir Holger und dir Markus – und wir fangen bei Markus mal an – ich gebe dir jetzt eine Glaskugel und du kannst in die Zukunft schauen und du kannst einen Wunsch für unsere Hospitality Branche in die Zukunft senden. Was würdest du dir für unsere Branche wünschen?

Markus: Puh! Das ist ja sehr spontan. Ich glaube, ich würde diesen Blick in die Glaskugel überschreiben mit dem Punkt Wertschätzung. Also das würde ich mir wünschen, dass alle Beteiligten wirkliche Wertschätzung lernen. Bedeutet, die Kunden sollen den Gastronomen wertschätzen, sie sollen das Bier wertschätzen, sollen dafür auch einen vernünftigen Preis bezahlen. Die Gastronomen sollen die Kunden wertschätzen, sollen sie vernünftig empfangen, ihnen gute Produkte geben zu einem fairen Preis. Und auch die Brauereien sollen ihre Gastronomen wertschätzen und ihnen wirklich ermöglichen, dass sie so auch agieren können, auch wieder mit fairen Konditionen und fairen Preisen. Das ist, glaube ich, ganz wichtig, gerade jetzt nach dieser Pandemie, weil alle sicherlich finanziell strapaziert sind, und nur, wenn wir da alle zusammen helfen, dann kommen wir da auch gut dabei wieder raus.

René Kaplick: Vielen Dank, Markus! Und Holger, du kriegst die Kugel jetzt auch in die Hand.

Holger: Ich wünsche mir, dass alle wieder so dankbar sind, die Gastronomie wieder nutzen zu können und zusammenzukommen und in ihren geliebten Gasthäusern zu konsumieren, dass alle auch bereit sind, mehr zu bezahlen. Ich glaube, das ist total wichtig, dass wir insgesamt das Preisniveau anheben, damit wir auch die Qualität beibehalten können, damit sich die Kassen wieder füllen, damit auch das Servicepersonal, was jetzt auch sehr lange in Kurzarbeit war und manche schaffen es einfach auch nicht finanziell, so lange Zeit mit dem Kurzarbeitergeld klarzukommen, die haben sich jetzt vielleicht schon woanders hin beworben, und um das alles wieder so hinzubekommen, wie wir es gerne haben, wünsche ich mir einfach, dass der Kunde das noch mehr wertschätzt als er es in der Vergangenheit schon getan hat, weil er einfach gesehen hat, dass unglaublich viel eben auch wegfällt, wenn die Gastronomie zu ist. Und ich persönlich habe mir vorgenommen, wenn jetzt hier in München alles wieder aufgeht, dann setze ich mich morgens um acht in die Augustiner Bierhalle, bestelle mir ein Bier und bleibe da sitzen bis die wieder zumachen, den ganzen Tag werde ich da sitzen und werde mich sowas von freuen, dass ich das endlich wieder machen darf. Das kann sich keiner vorstellen.

René Kaplick: Da kriege ich so ein bisschen Gänsehaut gerade, Holger. Da fehlen mir eigentlich die Worte jetzt zum Schluss. Ich finde es total toll. Erstens, dass ich den Markus kennenlernen durfte, vor sieben Wochen bei dieser Apple App, weil Android ja noch nicht drauf ist bei Clubhouse in unserem Gastro 24/7 Talk. Ich habe so viel auch von Markus gelernt, ich bin furchtbar, furchtbar glücklich, Holger, dass ich dich auch kennenlernen durfte. Und das macht mir Mega-Mega-Spaß mit euch, auch so einen Talk durchzuführen. Ich würde mir riesig wünschen, wenn wir das in der nahen Zukunft, muss jetzt nicht morgen sein, aber dass wir das wiederholen, dass wir uns überlegen: Was können wir gemeinsam auch für das Bier tun und für unser deutsches Bier in unserer Gastronomie? Wie können wir die Leute noch ein wenig mehr sensibilisieren? Wie können wir ihnen eine Perspektive geben? Und vor allen Dingen hoffe ich, dass alle eine Perspektive nach Corona haben und dass wir auch die Wertschätzung wirklich bekommen, dass dann nicht mehr die ganzen Donald Ducks und wie auch immer sie dann heißen dann unsere Restaurants besuchen, sondern dass da wirklich dann Gäste kommen und Gäste das genießen. Ich freue mich riesig auf die ersten Sonnenstrahlen, wenn die Biergärten wieder aufgehen. Also ich glaube, ich werde melancholisch, ist eigentlich gar nicht so mein Ding, aber das hat mich gerade, Holger, dass du da sitzen möchtest, das hat mich gerade tief berührt. Ich glaube, das muss auch in die Köpfe wieder rein, dass wir als Gastgeber in der Hospitality, dass wir eigentlich darauf warten, dass wir endlich wieder unsere Gäste empfangen dürfen. Das würde ich jetzt, bevor wir hier in so eine theatralische Diskussion gehen, das würde ich so als Schlusswort nehmen. Danke, dass ihr dabei wart, danke, dass ihr da draußen wieder mal zugehört habt. Ich freue mich riesig auf die nächsten Podcasts und bleibt uns treu und haut eine Delle ins Gastro-Universum. Euer René Kaplick.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 62 – Interview mit Johannes Schulz-Hess, Geschäftsführer von KASPAR SCHULZ aus Bamberg

Es ist sicher nicht einfach, als Vertreter der zehnten Generation eines Familienunternehmens aufzuwachsen, noch dazu, wenn es sich um den ältesten Brauereimaschinenhersteller der Welt handelt. Doch Johannes Schulz-Hess aus Bamberg hat diese Prüfung mit Bravour gemeistert und sich nach umfangreichen eigenen Erfahrungen schließlich der Aufgabe gestellt, den Bamberger Branchenprimus ins 21. Jahrhundert zu führen. Im BierTalk spricht er über die speziellen Herausforderungen, denen er seit seiner Übernahme 2007 begegnet ist, und wie er auch mit seinen Mitarbeitern ein besonderes Klima der Wertschätzung lebt…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute natürlich wie immer eine besondere Folge, aber für mich eine ganz, ganz besonders große Freude, weil wir mal wieder in meiner Heimatstadt sind, in Bamberg sind. Und da haben wir heute den Johannes Schulz-Hess zu Gast. Vorher noch ganz kurz, am Mikrofon wie immer ich, der Markus, und …

Holger: … der Holger …

Markus: … und wie gesagt der Johannes. Und jetzt vielleicht, wenn du ganz kurz dich unseren Hörern mal selber ein bisschen vorstellst, damit sie sich schon mal so einen Eindruck machen können, mit wem sie es jetzt gleich zu tun haben.

Johannes Schulz-Hess: Hallo Markus, hallo Holger! Erstmal vielen Dank für eure Einladung! Mein Name ist Johannes Schulz-Hess, ich bin 45 Jahre alt, gebürtiger Bamberger, verheiratet, Vater dreier Kinder. Und in meiner Verantwortung als Inhaber und Geschäftsführer der Firma Kaspar Schulz statten wir Brauereien hier in der Region, aber auch rund um den Globus mit dem notwendigen Equipment aus, um damit tolle Biere produzieren zu können.

Markus: Ja, auf jeden Fall! Und egal, wo man auf der Welt unterwegs ist, man trifft eigentlich immer irgendwo auf ein Sudhaus von euch. Und das finde ich ganz spannend. Wenn man so ein bisschen nachliest, dann lernt man auch, es ist der älteste Brauereimaschinenhersteller der Welt, überhaupt der älteste Industriebetrieb von Bamberg. Stimmen diese Aussagen?

Johannes Schulz-Hess: Ja. Die sind belegt, die stimmen definitiv.

Markus: Holger, was hast du dir immer so vorgestellt, wenn du von Kaspar Schulz gehört hast?

Holger: Kaspar Schulz ist für mich einfach erstmal Qualität. Das ist das erste, was mir dazu einfällt. Dann natürlich eben, gibt’s schon immer. Und so wie du das sagst, also egal, wo man in der Welt in irgendeine Brauerei geht, also die Wahrscheinlichkeit, dass man was dann eben von Kaspar Schulz aus Bamberg sieht, ist relativ groß. Und ich bin da beeindruckt. Also soviel ich weiß, ist das jetzt die zehnte Generation. Ich sag mal so, Familienunternehmen haben ihre Besonderheiten und da wächst man rein, da wird man reingeboren. Ich weiß nicht, ob man da raus kann und auch raus will, weiß ich nicht. Aber können wir vielleicht mal beleuchten, was das bedeutet, in der zehnten Generation so ein Unternehmen zu führen. Das ist schon sehr besonders.

Johannes Schulz-Hess: Das ist es definitiv. Wenn einem das bewusst wird, in der zehnten Generation ein solches Unternehmen zu führen, dann birgt das natürlich sehr viel Verantwortung auf der einen Seite natürlich fürs Unternehmen, natürlich auch für die Geschichte, aber insbesondere natürlich auch für die ganzen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zweifelsohne. Andererseits dürfen natürlich auch diese Zahlen und diese Generationen einem auch nicht zur Last fallen. Generell gilt‘s jeden Tag, sich um den Fortbestand des Unternehmens zu kümmern und dafür einen Beitrag zu leisten, dafür notwendige Strategien zu entwickeln. Deswegen müssen diese Strategie nach vorne gerichtet sein und nicht rückwärtsgewandt. Es ist natürlich immer wichtig auch zu wissen: Wo kommen wir her? Wo ist unsere Heimat? Wer sind unsere Kunden? Wer ist unser Heimatmarkt? Aber wie gesagt, man muss nach vorne gucken und kann aufgrund seiner langjährigen oder jahrhundertelangen Erfahrung sicherlich zum Teil davon auch profitieren. Aber nichtsdestotrotz müssen wir uns vorm Kunden tagtäglich neu beweisen.

Markus: Aber wenn man sich jetzt vorstellt, du als kleiner Johannes wuselst dann so durch die Anlagenherstellung, wie wird man denn da so groß? Also wann wird einem das bewusst, das ist jetzt nicht nur eine Firma, wo mein Vater halt arbeitet, sondern das ist irgendwie auch mal irgendwie ein bisschen meins? Und ist das dann ein Druck, der sich so aufbaut und wie kommt man da so zurecht? Ich glaube, es ist heutzutage gerade in der Bierbranche ein großes Thema, dass viele als x. Generationen in so ein Unternehmen reinkommen und dann immer so diese Waagschale ist zwischen Last und Lust das zu übernehmen. Also wie ging das dir so, wenn wir in deine Psyche da so reinschauen? Ab wann warst du damit irgendwie so gut, dass du gesagt hast, okay, ich mache das?

Johannes Schulz-Hess: Vielleicht erstmal vorneweg und ich denke, das gilt nicht nur für mich, sondern für alle Familienunternehmen, und dass es bei der Nachfolge immer so sein sollte, dass es eine Lust sein soll. Ich denke auch, dass man so einen Job nur machen kann, wenn man tagtäglich Freude und Spaß bei der Arbeit hat und da gerne mit den Mitarbeitern, mit den Kunden zusammenarbeitet, weil ansonsten ist ein Unternehmen oder kann ein Unternehmen auch nicht erfolgreich geführt werden. Das ist, denke ich, eine Grundvoraussetzung. Da sind wir, denke ich, auch dann schon beim Thema. Meine Eltern hatten Gott sei Dank niemals einen Druck aufgebaut. Klar, das Unternehmen, das war omnipräsent ein Familienunternehmen, hat immer ganz, ganz viele Facetten, mit denen die Familie auch tagtäglich konfrontiert ist. Aber nichtsdestotrotz bestand da nie ein Druck bei meinen Eltern, irgendwo da in die Fußstapfen von meinem Vater treten zu müssen. Ich habe auch noch einen älteren Bruder, insofern war es auch lange Zeit gar nicht sicher, wer jetzt mal ins Unternehmen gehen wird. Irgendwo hat das schon immer mitgeschwungen, dass einer sicherlich mal das Ruder übernehmen wird. Wer es genau wird und zu welchem Zeitpunkt und welche Konstellation, das war immer offen. Meine Eltern hatten auch immer den Wunsch und das Ziel, dass die Kinder auf eigenen Füßen stehen, dass sie einen eigenen Beruf erstreben und angehen und auch wirtschaftlich unabhängig sind vom elterlichen Betrieb. Das haben wir beide erreicht. Jeder hat einen Beruf erlernt und hat in dem Beruf gearbeitet. Und das Thema Unternehmensnachfolge ist dann auch gereift, als es dann halt auch zu einer räumlichen Konstitution gepasst hat. Also ich bin damals 2007 mit meiner Frau wieder zurück nach Bamberg gegangen, auch dann eben, um ins Unternehmen einzutreten. Das hat sich einfach im Laufe der Jahre so entwickelt, dass dann doch ich derjenige sein werde, der eben ins Unternehmen geht und das Unternehmen dann auch leiten wird.

Markus: Da ist auch einiges passiert in diesen letzten 14 Jahren, wenn man sie genau zählt. Aber vielleicht vorneweg, ich nehme mal an, der Holger bekommt langsam Durst. Was hast du dir denn ausgesucht? Oder wollen wir den Johannes zuerst was trinken lassen? Was meinst du?

Holger: Wie du magst, Hauptsache wir legen los sozusagen. Aber bei mir ist klar, ich meine, ihr müsst euch jetzt vorstellen: Ich sitze hier in München und spreche eben mit zwei gebürtigen Bambergern und welcher Bierstil kommt dann nur in Frage? Bei mir ist klar, was vor mir steht. Da kann man nur noch darüber diskutieren, welches Rauchbier habe ich mir denn jetzt dann für heute gewählt. Da könnte man jetzt noch darüber sprechen, aber Rauchbier war klar. Also insofern, Johannes, du kannst gerne beginnen.

Johannes Schulz-Hess: Ich habe mal vorhin kurz geguckt, und zwar wir haben bei uns einen Kühlschrank, also nicht nur einen, aber einen Craftbier-Kühlschrank, wo wir eben Kundenbiere sammeln und gelegentlich verkosten oder halt eben anderen Kunden auch mit auf die Reise geben. Da habe ich ein tolles Bier entdeckt, was ihr schon kennt, was ich schon oft getrunken habe, was mir sehr gut schmeckt, und zwar ist das von einer fränkischen Brauerei, aber einer ganz neuen. Vielleicht kommen wir auch auf diese Themen später noch zu sprechen. Und zwar von der Orca Bräu habe ich ein Double Pale Ale, und zwar heißt das Bier „Anders!“. Und ob es auch anders schmeckt, das kann ich jetzt dann auch mal noch herausfinden.

Markus: Oh ja, da sind wir sehr gespannt. Und Orca ist natürlich auch ein Thema, da steht auch eine tolle Anlage von euch. Und was die Hörer vielleicht auch noch gar nicht wissen, du bist auch Biersommelier-Kollege. Also insofern sind wir mal gespannt, was du jetzt zu deinem Bierchen sagst.

Johannes Schulz-Hess: Gut! Ich muss es aber erstmal öffnen. Markus, während ich mir das Bier einschenke, was hast du vor dir?

Markus: Ich habe mir was Besonderes aufgehoben für diesen Moment, weil ich wusste, dass wir den Termin haben. Und zwar war letzte Woche die Fünf-Jahres-Feier von der Munich Brew Mafia. Und die hatten so einen Abend, wo sie dann vorher einen Karton verschickt haben, und in dem Karton war ein ganz spannendes Bier, nämlich deren Don Limone Pils in einer Imperial Edition, anlässlich dieser fünf Jahre. Und ich fand das ganz spannend schon früher, als ich das normale Don Limone Pils immer getrunken habe, weil das einfach über den Citra Hopfen so eine richtig schöne Zitrusnote eben hat, wie der Name schon sagt. Und ich bin jetzt total gespannt, wie eben dieser Bock am Ende schmeckt. Ich mach’s auch mal auf, aber jetzt lasse ich gerne dir den Vortritt beim Beschreiben.

Johannes Schulz-Hess: Ich würde trotzdem behaupten eben, dass „Anders!“ von Orca Bräu schmeckt tatsächlich schon ein bisschen anders wie ein klassisches Pale Ale. Passt zwar nicht zum heutigen Wetter, aber gut zur Jahreszeit. Ich finde, es passt zum Frühling einfach aufgrund auch der frischen Hopfennoten. Ich würde mal sagen, Grapefruit, aber ansonsten ist es auch ein sehr malzbetontes Bier, schön sämig, cremig im Mund. Ich mag generell auch sehr hopfenbetonte Biere. Und das ist für mich jetzt genau der richtige Geschmack.

Markus: Das klingt faszinierend. Ich kann von mir aus auch nur sagen, ich habe auch eine Menge Zitrusaromen. Natürlich ist es jetzt ein untergäriges Bier, also insofern schon ein bisschen anders. Aber geht natürlich auch in so eine craftige und hopfenlastige Richtung. Es relativ trüb, muss man sagen, aber es entströmt ein richtig intensiver Zitrusduft und schöner weißer, cremiger Schaum. Ich bin jetzt auch mal sehr gespannt. Und jetzt würde mich noch interessieren, was der Holger zu seinem Rauchbier sagt. Insofern, du bist jetzt praktisch derjenige, der uns beiden was von unserer Heimat erzählt. Was hast du denn da genau? Und wie ist es denn so?

Holger: Ich bin jetzt wirklich geplättet. Wenn ich jetzt alles vermutet hätte, aber dass du dir ein Pils aussuchst, das finde ich schon der Wahnsinn, und dann auch noch ein Münchner Bier. Man lernt ja nie aus. Jetzt bin ich hier der Einzige, der sozusagen die oberfränkische Bierkultur vertritt, mit einem, wie ich finde, ganz, ganz tollen Vertreter. Weil die Spezial Brauerei ist auch so ein traditionsreiches Unternehmen, sogar schon älter als ihr, Johannes. Bereits 1536 erstmals urkundlich erwähnt. Ist aber noch nicht so lange im Familienbesitz, also erst seit 1898. Aus eurer Sicht halt relativ kurz.

Johannes Schulz-Hess: Entschuldigung, muss ich gleich passen oder einhaken vielmehr, weil bei Kaspar Schulz ist es definitiv auch so, dass quasi das Unternehmen, das gibt’s schon länger als die zehnte Generation, aber es ist seit 1677 im Familienbesitz. Aber den Vortritt gönne ich natürlich sehr gerne.

Markus: Und der Holger kann auch nicht wissen, dass die schon die Domtürme gedeckt haben hier in Bamberg.

Johannes Schulz-Hess: Ja gut, aber das war erst ein bisschen später.

Holger: Wunderbar! Bei mir, was ist bei mir im Glas? Das ist doch ganz logisch. Wir haben hier ein richtig schönes Rauchmalz-Aroma schon in der Nase. Und was mir halt so ganz besonders gut an diesem Bier gefällt, ist eben, dass es so ausgewogen ist. Man hat eben dieses unverwechselbare Rauchschinken-Aroma. Wenn ich jetzt in Aurich geboren wäre, würde ich vielleicht sagen: Das ist doch ganz klar Räucherfisch oder so. Aber ihr wisst, was ich meine. Und dazu kommen eben auch so brotige Noten. Und dazu passt jetzt dann auch so eine deftige Brotzeit mit einem guten steinofengebackenen Brot und so bayerischen schönen Spezialitäten auf dem Teller, vielleicht auch gerne oberfränkische Spezialitäten. Und das liebe ich. Ich bin so wahnsinnig gerne in Bamberg. In meinen Augen passt das wunderbar dazu. Ich habe jetzt einfach gedacht: Mensch, Schlenkerla kennt auch jeder und schätzt auch jeder, aber vielleicht ist nicht allen BierTalk-Hörern klar, dass es eben noch eine zweite sehr traditionelle Rauchbierbrauerei gibt, eben das Spezial. Was ich auch hier nochmal sagen möchte, ist: Wir sind in einer sehr, sehr schwierigen Zeit und die Spezial Brauerei ist dann auch so typisch, also mit einem Brauereibetrieb und dann auch mit einem Gasthof, mit einer Gastronomie, mit Zimmern, die vermietet werden. All das ist gerade schwer möglich. Und eben in einer besonderen Zeit. Wenn man dann in die Geschichte zurückkehrt und einfach sich wirklich darüber Gedanken macht, wenn ich jetzt seit 1536 Herausforderungen bestehe und immer wieder dann mich neuerfinde auch wahrscheinlich ein paar Mal, dann ist so eine Corona-Pandemie, das ist wahrscheinlich trotzdem so einschneidend, dass man es auch noch nie erlebt hat. Da würde mich einfach interessieren, Johannes, wie erlebst du das denn jetzt? Es ist im Moment nicht die Hochzeit des Bierbrauens. Und wie trifft euch das? Kann man da was sagen?

Johannes Schulz-Hess: Ja, das ist eine wirklich sehr vielschichtige Frage. Ich meine, das ist definitiv so, um das vielleicht auch noch erzählen zu können. Der Matthias Trum, eben der Inhaber der Bräu vom Schlenkerla, hat schon vor Wochen einfach auch mal erzählt: Selbst in den Weltkriegen im Ersten, Zweiten Weltkrieg waren die Gaststätten trotzdem mehr oder weniger irgendwo geöffnet. Und dass es jetzt eine Phase gibt, in der in einer jahrhundertelangen Geschichte von Brauereien oder von Gasthöfen erstmals der Zwang besteht, komplett über Wochen und Monate zu schließen, das ist wirklich sehr traurig. Und macht, glaube ich, auch so diese Tragweite und die Dimension überhaupt erstmal sichtbar. Es ist definitiv so, natürlich unser Kundenklientel sind vor allem die familiengeführten, inhabergeführten Brauereien, die größtenteils extrem unter der Krise leiden. Und oftmals eben auch eine Gaststätte, ein Gasthaus mit angeschlossen haben, was halt eben geschlossen ist und dadurch natürlich auch eben der notwendige Umsatz fehlt. Manche können das in Flaschenbier kompensieren, aber nicht alle. Insofern ist natürlich die Stimmung in der Branche teilweise sehr besorgniserregend. Nichtsdestotrotz, und ich denke, das zeichnet auch wieder Familienunternehmen aus, gibt’s viele Betriebe, die nach vorne gucken, die sagen: Corona wird jetzt halt ein vorübergehendes Phänomen sein. Hilft nichts, ich denke langfristig. Ich denke nicht nur über ein Jahr oder mehrere Jahre, sondern ich denke in Generationen. Da gibt’s viele Brauereien, die trotzdem investieren, die auch die Zeit nutzen, die ruhigere Zeit nutzen für Ersatzinvestitionen. Sodass wir uns wirklich in Anbetracht der Situation nicht beschweren können. Also es kommen Anfragen, wir haben genügend Projekte, auch für die nächsten Monate, sind wirklich gut ausgelastet. Das war im letzten Jahr während des ersten Lockdowns schon ein wenig anders, da ist irgendwo die Nachfrage doch von heute auf morgen erstmal rapide zurückgegangen. Also grundsätzlich denke ich, dürfen wir schon sehr positiv nach vorne gucken. Wie es sich dann die nächsten Monate und Jahre verhält, ich meine, jeder weiß das auch, dass auch der Bierkonsum als solcher die letzten Monate zurückging, wie sich da die Trends entwickeln werden, das lässt sich noch schlecht abschätzen.

Holger: Ihr seid wirklich global. Und da gibt’s auch mehrere Gefahren, also jetzt nicht nur den Virus, sondern auch die Preise. Wenn ich jetzt hier gerade so auch in der jungen Szene, auch in der Craftbier-Szene einfach hinschaue, dann gibt’s immer wieder jetzt auch die Thematik: Wollen wir eine Brauanlage aus Fernost nicht dann doch nehmen, weil das Preis-Leistungs-Verhältnis da besser ist? Oder wie auch immer. Da gibt’s ganz viele Gefahren, die im Moment sich da so ergeben, oder nicht?

Johannes Schulz-Hess: Absolut! Das Preis-Verhältnis mag besser sein, ich würde sagen, das Nutzen-Preis-Verhältnis auf keinen Fall. Wir kennen viele Fälle, wo man natürlich erstmal aufgrund von einem geringen Budget natürlich auf die Kosten achten muss, aber dann vielleicht Kaspar Schulz auch erst im zweiten, dritten Schritt irgendwann in Erwägung gezogen wird. Glücklicherweise gibt’s aber auch junge Brauereien, die trotzdem auch gleich versuchen, qualitativ technologisch hochwertiges Equipment zu kaufen. Ja, es ist definitiv so, dass die Konkurrenzsituation im Anlagenbau, das gilt nicht nur für unseres Segment, die Konkurrenz wird immer größer, insbesondere eben auch von den Anlagen aus Asien, keine Frage. Wir versuchen eben, so wie es halt auch andere Unternehmen in Deutschland betrifft, uns über andere Features, über Technologie, über Innovationen, über Energieverbräuche, über die Marke, über ein Rundum-Sorglos-Paket am Schluss natürlich eine Daseinsberechtigung zu schaffen. Und ich hoffe, dass wir das noch die nächsten Jahrzehnte oder vielleicht Jahrhunderte hoffentlich auch noch aufrechterhalten können.

Markus: Ist es vielleicht auch das, was so ein Familienunternehmen irgendwie ausmacht, dass man sagt: Ja, wir müssen uns immer wieder neu erfinden, wir müssen schauen, dass wir uns einstellen können auf die neuen Zeiten. Wir haben vielleicht auch noch das Potenzial dazu, weil wir durch die lange Zeit einfach richtig gute Substanz haben. Und wenn ich überlege, ihr habt auch immer wieder neue Sachen eingeführt. Ich erinnere mich an den Schonkocher zum Beispiel oder dann an die Mälzerei, die Kleinmälzerei, oder jetzt auch die Brennanlagen. Also sind das alles so Punkte, wo man sagt, da beschreite ich eben ganz bewusst so neue Pfade, um diesem Konkurrenzkampf dann auch so ein bisschen aus dem Weg zu gehen?

Johannes Schulz-Hess: Unbedingt! Innovation ist, denke ich, das Thema schlechthin, was wir versuchen hochzuhalten, wo wir versuchen, eben einen Vorsprung uns zu erarbeiten. Wir hatten vorhin auch das Stichwort Qualität. Meiner Meinung nach ist Qualität ein Selbstverständnis. Nur über Qualität kann man heutzutage nicht mehr verkaufen. Das erwartet einfach der Kunde. Da müssen schon andere Benefits her. Deswegen sind wir da schon innovationsgetrieben. Und auf der anderen Seite versuchen wir eben auch, ich sag mal, Lücken im Portfolio zu schließen und uns auch noch breiter aufzustellen. Du hast eben die Mälzereien genannt oder auch eben die Whisky-Destillen, um eben gesamtheitliche Systeme anbieten zu können und nicht uns auf ein paar wenige Komponenten in der Brauerei beschränken zu können.

Markus: Ich würde gern noch mal in deine Firmenvergangenheit blicken, in Anführungsstrichen. Wenn du sagst, 2007 hast du übernommen und bist eben seitdem jetzt verantwortlich, 2007 war auch das Jahr in dem die Hopfenweisse entstanden ist und die dann in ihrem Rückschlag nach Deutschland auch mitauslösend dafür war, dass wir hier diese, ich sag mal in Anführungsstrichen, „Craftbier-Revolution“ hatten. Wie war das denn? Du hast dann genau diese Zeit in einer verantwortlichen Position miterlebt, wie sich schon mal in der Brauwirtschaft einiges verändert hat oder zumindest in die Diskussion gekommen ist. Wie hast du das erlebt? Hat sich das für dich persönlich oder auch für euer Angebot irgendwie ausgewirkt? Oder habt ihr das eh aus einer globalen Sicht anders wahrgenommen?

Johannes Schulz-Hess: Grad, sag ich mal, als Bamberger oder als Oberfranke ist das auch eine sehr spezielle Frage, weil wir oder ich persönlich den Standpunkt vertrete, dass es diese Biervielfalt und auch dieses Kundenklientel eigentlich bei Kaspar Schulz schon immer gab. Also wir mussten uns deswegen auch zumindest von der technischen Seite auch da nicht neuerfinden, sondern, sage ich mal, unsere Anlagen waren schon immer eigentlich dafür gedacht, eine hohe Biervielfalt bieten zu können für unsere Kunden und auch spezielle Biere eben produzieren zu können. Also von der Seite hat, sage ich mal, unser Angebotsspektrum gepasst. Aber es war natürlich eine extrem spannende Zeit oder vielleicht sogar Ära, weil eben das Thema Craftbier halt einfach was bewegt hat in Deutschland. Allein schon aus Consumer-Sicht hat das Bier einen ganz anderen Stellenwert, als es noch vielleicht 2007 und davor war. Bier ist viel vielschichtiger geworden. Auch die traditionellen Brauereien haben ein größeres Sortiment. Es müssen nicht immer spezielle Biere sein, es können auch historische Bierstile sein oder sonstige traditionelle Bierstile. Also ich fand‘s extrem spannend. Und ich denke, es hat jedem, vor Corona zumindest, sehr viel Spaß gemacht, eben sich in dieser Branche zu bewegen und die Entwicklung zu sehen. Und ich fand es eine sehr, sehr positive Entwicklung, seither, seit 2007.

Holger: Die Fertigungstiefe, die ihr habt, die ist auch total beeindruckend. Ihr sagt einfach, am liebsten machen wir alles selbst und dann auch noch total individuell. Ich stelle mir das einfach dann auch unheimlich schwierig vor in der Dokumentation der Anlagen, wenn später dann mal Teile benötigt und irgendwie dann noch 25 oder 30 Jahre danach. Wie geht das alles? Und warum auch? Es gibt doch vielleicht andere Mittelständler, die bestimmte Dinge, was weiß ich, Behälterbau oder Steuerungselektronik oder ich weiß nicht vielleicht sogar besser machen. Und trotzdem sagt ihr: Nein, wir wollen alles selbst machen. Oder ist das gar nicht richtig so, wie ich das von außen anschaue?

Johannes Schulz-Hess: Doch, also definitiv! Ich würde behaupten, wir sind der einzige Hersteller, zumindest in Deutschland, der über diese Fertigungstiefe verfügt. Meines Wissens sind wir auch der einzige Anlagenbauer in dem Segment, der überhaupt seine Behälter noch selber baut. Es ist nicht nur, sage ich mal, ein Kult, den wir da drum machen wollen, es ist einfach eine Philosophie. Unserer Meinung nach hat man nur dann auch irgendwo den hundertprozentigen Fokus eben auf die Qualität der Produkte, wenn man sie selber macht. Ich meine, irgendwelche Standardbehälter kann man natürlich irgendwo günstig erkaufen, das ist keine Frage. Aber wie du sagst, wir fertigen ganz, ganz häufig in Losgröße 1. Also ein Behälter, den es nur einmal gibt oder eine Ersatzinvestition, ein Behälter, der wirklich maßgeschneidert in irgendwelche Keller oder Räumlichkeiten eingebracht werden muss. Und da sind wir halt total flexibel, weil wir einfach vom Blech an alles selber produzieren. Es gibt Kunden, die nehmen das auch natürlich von dem Mehrpreis, was das zwangsläufig mit sich bringt, nehmen das dankend in Kauf. Es gibt natürlich auch Projekte, die wir verlieren, weil wir eben nicht die Behälter irgendwo in Osteuropa zukaufen. Aber das ist Teil unserer Philosophie. Und ich hoffe, dass sich das auch langfristig irgendwo auch auszahlen wird, dass wir dann trotzdem aufgrund der Flexibilität vielleicht auch agiler sind als der ein oder andere Marktbegleiter.

Holger: Ich würde jetzt ganz gern nochmal wieder zurückkommen zu dir als Person auch. Da müssen wir darauf achten, dass wir nicht sofort immer abdriften ins Unternehmen. Du hast gesagt, drei Kinder, ich habe auch drei Kinder. Wie ist das denn bei dir verteilt?

Johannes Schulz-Hess: Meinst du jetzt erziehungstechnisch?

Holger: Nein, nein, nein. Sondern, sage ich mal, wie viele Jungs, wie viele Mädchen? Zeichnet sich schon was ab, dass die Mädchen übernehmen wollen? Oder wie ist das?

Johannes Schulz-Hess: Ich habe eben zwei Jungs und ein Mädchen. Also der älteste ist jetzt grad 14 geworden, der mittlere wird 12, die kleine ist acht. Ich meine, ähnlich wie es auch bei mir damals war, bekommen die natürlich eben auch die ganzen Themen mit, die ich halt abends mit nach Hause bringe. Das sind nicht immer auch gute Sachen, das sind dann auch wirklich Probleme und auch sehr traurige oder unschöne Themen, die man halt auch abends beim Abendessen mal besprechen muss. Aber das gehört dazu, das ist das Leben. Das bringt insbesondere auch ein Familienunternehmen mit sich. Natürlich so die Kinder untereinander, so im Spaß wird da schon gefeilscht, wie es dann mal weitergeht mit dem Unternehmen. Aber für mich persönlich ist das überhaupt kein Thema. Ich möchte zum einen da überhaupt gar nicht eine Erwartungshaltung aufbauen. Natürlich, ich glaube, jeder Vater wird sich freuen, wenn eines Tages ein Kind so weit ist und sagt, es möchte gerne in die Fußstapfen treten. Aber so weit sind wir eben vom Alter der Kinder im Moment noch nicht. Ich habe auch noch einiges vor, ich möchte schon noch einiges hier im Unternehmen bewegen. Und wenn mal die Zeit dann so weit ist, dann wäre das natürlich super, wenn das klappt, aber es ist keine Selbstverständlichkeit.

Holger: Da habt ihr auch im Moment das Thema Zoom-Sitzungen, wie dann die Schule läuft auch zu Hause wahrscheinlich, genau wie wir hier auch?

Johannes Schulz-Hess: Ja, das ist echt der Hammer. Aber ich muss trotzdem grundsätzlich sagen, so schlimm die Situation, auch die wirtschaftliche Situation generell ist und die Probleme tagtäglich, die man hat durch Corona, aber ich denke für einige Familien, ich möchte das jetzt nicht pauschalisieren, aber zumindest aus unserer Sicht für uns als Familie ist es auch trotzdem teilweise eine sehr schöne Zeit. Man hat viel mehr Zeit füreinander, man macht mehr als man eben vor Corona gemacht hat. Und wir haben uns als Familie schon eigentlich da ganz gut darauf eingestellt.

Markus: Ich habe mich neulich mit so ein paar Brauern unterhalten über eben das Thema, so die Zukunft, was kann man noch so alles erfinden rund um Brauanlagen und Maschinen und so. Und dann war so die These im Raum, dass man jetzt nach gut 120, 130 Jahren immer Weiterentwicklung des bestehenden Systems jetzt irgendwie mal am Ende der Innovationen angelangt ist, also wo man einfach sagt: Jetzt haben wir das optimale Maisch-Behältnis und das optimale Verfahren und das Läutern und alles funktioniert wirklich perfekt. Jetzt ist mal der Punkt erreicht, wo das ausgereizt ist, also wo man sich dann vielleicht mal komplett andere Gedanken machen muss, oder an völlig anderen Punkten ansetzen muss, wie zum Beispiel eben der Nachhaltigkeit oder solchen Themen. Wie ist es denn so aus deiner Perspektive? Also würdest du sagen, es gibt immer noch einiges an Entwicklungs- und Innovationspotenzial? Oder seid ihr auch am Nachdenken, wo man noch so andere Wege beschreiten kann?

Johannes Schulz-Hess: Ja, definitiv! Ich hatte vorhin schon beschrieben, dass Innovation für uns extrem wichtig ist, auch irgendwo überlebensnotwendig ist. Von der Seite gibt es schon noch auf der einen Seite natürlich Optimierungspotenziale in der Brauerei, also nicht nur im Heißbereich, im Sudhaus, sondern eben auch in dem ganzen Kaltbereich. Ich denke jetzt nur an die Hefetechnologie beispielsweise, da gibt’s schon noch einiges an Potenzial zu heben. Aber ohne da jetzt näher darauf eingehen zu wollen, versuchen wir auch, da grundlegend im Bierherstellungsprozess auch Innovationen voranzutreiben. Also doch, da gibt’s schon noch Potenzial. Und es ist sicherlich schon sehr optimiert und es ist auch ganz klar, dass in einem traditionellen Herstellprozess die Parameter relativ eng sind, in denen man sich bewegt, aber nichtsdestotrotz sehen wir nach wie vor Möglichkeiten, den Prozess zu verbessern. Und, du sagst es auch richtig, das Thema Nachhaltigkeit. Da muss man auch ganz klar feststellen: Wir haben uns das Thema Energieverbrauch, Nachhaltigkeit eigentlich schon sehr, sehr lange auf die Fahne geschrieben. Und du hattest vorhin auch das Schonkochverfahren kurz erwähnt, da hatten wir den Bayerischen Energiepreis auch damals bekommen. Aber durch die Craftbier-Welle muss man, glaube ich, auch feststellen, dass das Thema Energie und Nachhaltigkeit erstmal kein Thema mehr war. Also da gab’s eben jetzt erstmal einen anderen Fokus, da ging‘s darum, eben einen Hopfen auszubeuten und so weiter. Aber ich glaube, wir kommen da auch wieder zurück. Und ich denke, wir werden auch als Unternehmen gefragt werden eben, was ist unser Beitrag zur Nachhaltigkeit? Das wird sicherlich ein kaufentscheidendes Kriterium der Zukunft sein. Deswegen machen wir uns da natürlich auch große Gedanken.

Markus: Ein anderes Thema ist auch alkoholfrei, also ist ein großer Trend jetzt im Bereich Bier. Und wenn man so auf die jungen Zielgruppen schaut, dann ist das teilweise schon mit einem Anteil von über 30 % dabei. Ist das auch etwas, wo ihr anlagentechnisch euch entwickeln könnt und wollt, wo man dann eben sagen kann, ich stelle jetzt Möglichkeiten zur Verfügung, wie eben auch so eine kleinere Brauerei in dem alkoholfreien Sektor sich bewegen kann?

Johannes Schulz-Hess: Ja, unbedingt! Alkoholfreie Getränke und alkoholfreies Bier ist ein Trend. Und wir müssen da Lösungen für unser Kundenklientel anbieten können. Das ist, sage ich mal, auch ein Thema unserer Innovationen. Insbesondere für die Großbrauereien gibt’s schon immer maßgeschneiderte Lösungen, jetzt zum Beispiel von der Entalkoholisierung oder ich denke auch an andere Bereiche wie Filtration. Aber gerade in unserem mittleren Segment, also für mittelständische Brauereien, da ist meistens eine Lücke da. Also da gibt’s hochtechnologische Lösungen, aber kein gesundes Mittelmaß. Und das ist für uns auch eigentlich ein Innovationstreiber zu sagen, wir müssen da maßgeschneiderte Produkte für unsere Kunden entwickeln, beispielsweise unseren Filter, unsere Filtration, aber auch eine Entalkoholisierung. Da brauchen wir definitiv eine Antwort auf diesen Trend.

Markus: Wenn man so guckt, andere Anlagenhersteller oder auch die großen Hopfenhändler oder auch die Malzproduzenten, die versuchen alle, irgendwo so einen Showroom zu schaffen, wo man dann praktisch eine Brauerei hat, wo man ihre Dinge verkosten kann oder wo man eben auch in einer Brauerei sehen kann, was die alles leisten kann. Können wir irgendwann mal damit rechnen, dass wir in Bamberg vielleicht auch so einen Showroom haben, wo wir dann eben Biere aus euren Anlagen probieren können?

Johannes Schulz-Hess: Ja, das ist natürlich ein großes Thema. Und die Frage habe ich persönlich mir selbst natürlich schon häufig gestellt. Meine Antwort, also heute sage ich: Bamberg ist unser Showroom. Wir haben hier so viele tolle Brauereien, so viele tolle Biere, auch neue Brauereien, also nicht nur alteingesessene Familienbetriebe, so dass wir mit Interessenten, mit Kunden gerne eben in die Stadt gehen und dort uns die Anlagen anschauen oder hier auch im Umland. Ich sage ganz klar, wir sind ein Anlagenhersteller und kein Bierproduzent. Wir möchten unseren Kunden auch hier in der Region keine Konkurrenz machen. Also wir möchten nicht selber Bier produzieren und das sogar dann vielleicht noch in Verkehr bringen. So dass wir eigentlich bewusst diesen Weg, wie es auch eben Markbegleiter machen, nicht gewählt haben. Sondern wir sehen einfach hier die Region und Bamberg als solches als unseren Showroom. Und auch jeder Interessent, der hierherkommt, ist hier komplett geflasht. Ich denke, da muss man nichts weiter inszenieren.

Markus: Ich glaub, da hast du recht. Oder Holger, was sagst du?

Holger: Nein, unbedingt! Finde ich auch eine tolle Antwort. Und eben, wie das jetzt schon auch oft immer wieder in der Vergangenheit von euch gesagt wurde, dass ihr einfach mit Bamberg auch als Standort komplett verbunden seid und auch bleibt. Das ist ein starkes Bekenntnis auch zur Region. Also da könnte ich mir auch vorstellen, dass man als Anlagenbauer aufgrund von Skaleneffekten irgendwie anders auch wo hingehen könnte, wo man vielleicht billiger produzieren kann oder so. Aber was mir noch wichtig ist, mir sind so zwei Dinge gerade noch gekommen: Erstens habe ich mir vorgestellt, wenn ich dann nochmal in meinem Leben zur Welt komme, was ich denn dann sein will. Ich würde wahrscheinlich gerne so ein Kühlschrank sein, wo ihr die Biere drin sammelt von den Brauereien, wo ihr Anlagen liefert. Also dieser Kühlschrank wäre ich gern. Ich denke, das ist irgendwie ein schönes Gefühl, dieser Kühlschrank zu sein. Das ist so ein Gedanke, der mir kam. Aber ich habe auch mich vorher so ein bisschen natürlich schlaugemacht und gelesen. Letztes Jahr gab‘s einen schönen Artikel in einer Zeitung und da wurde darüber berichtet, dass ihr ein Wir-Bier habt, eben für das Kaspar Schulz Team. Und das heißt dann auch noch Wirkstöffler. Und das finde ich sehr schön. Wenn du da vielleicht noch mal wieder ein bisschen drüber erzählen könntest, weil wir sind schließlich ein BierTalk.

Johannes Schulz-Hess: Wir produzieren schon eigenes Bier, aber eben nicht, um das in den Verkehr zu bringen, zu verkaufen, sondern für unser Team. Wir haben ein Schulz Brewing Team, was immer wieder rotiert. Die Idee ist die, dass wir eben unseren Mitarbeitern natürlich auch den Prozess als solches näherbringen wollen. Und wir beschäftigen sehr viele Brauer und Braumeister auch bei uns im Unternehmen mit einer hohen Fachkompetenz. Diese Kompetenz eben auch den Kollegen weiterzugeben, ist die Intention. Und letztendlich verbindet uns im Unternehmen eben alle das Bier, also vom Fertigungsmitarbeiter in die Buchhaltung, egal in welchem Bereich, jeder hat irgendwo eine Leidenschaft und einen Zugang zu Bier. Und das mit dem Wir-Bier ist einfach die Idee, für unsere Feste und Veranstaltungen, die wir hier halt intern für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter organisieren, eben ein eigenes Bier auch anbieten zu können. Das hat eben letztes Jahr schon aufgrund der Corona-Situation nicht geklappt, also sprich, eine Veranstaltung. Deswegen haben wir es dann auch in Flaschen gefüllt. Aufgrund der Corona-Situation haben wir es eben Wirkstöffler genannt. Wir brauen auch jedes Mal eben eine andere Sorte mit anderen Zutaten, je nachdem. Oftmals hatten wir auch schon Test-Chargen von Malz aus unseren Mälzereien verwendet. Und dann ist das irgendwo, sage ich mal, so ein kleines Happening, wenn wir auf einer Anlage von einem Kunden, also wir gehen da immer irgendwo hier in die Region, dann eben unser eigenes Wir-Bier produzieren.

Holger: Ich weiß gar nicht, der Markus hat schon so ein bisschen eingeleitet, dass wir eigentlich schon zu Ende sind. Aber ich habe eigentlich einfach, ich habe so viele Fragen noch, unglaublich. Ich bin auch so technikbegeistert. Und was ich auch nochmal unbedingt sagen muss, ist: Die Anlagen sind so ästhetisch auch. Also die sind einfach unheimlich schön. Und wenn man jetzt dann auch nochmal schaut, wie sehen die Anlagen aus und was habt ihr für Produkte im Portfolio und so, dann sticht einem dann Pulse Brewers Still ins Auge. Das ist brutal schön. Da bestreitet ihr dann auch nochmal ein neues Feld, oder?

Johannes Schulz-Hess: Genau! Von der Anlage selbst oder auch vom Herstellprozess, da sind sehr viele Kupferkomponenten eben mit aufgebaut. Da kann man natürlich sagen „Back to the Roots“, weil letztendlich, wir haben uns aus einer Kupferschmiede entwickelt und haben auch nach wie vor diese Kompetenz, auch für die Brauereien eben noch Kupferhauben und kupferverkleidete Gefäße zu produzieren. Also erstmal das Thema Kupfer, glaube ich, was da wirklich ins Auge sticht. Aber andererseits ist eben halt auch die Idee, von der Wertschöpfung für den Kunden, also für die Brauereien, den zu verlängern. Letztendlich braucht man, um Whisky zu produzieren, wenn man schon eine Brauerei hat, nicht mehr sehr viel mehr Equipment, eigentlich nur noch diese Destille, den Rest hat man schon. Also man hat eben ein Sudhaus, man hat Gärbottiche, man hat schon alles, man hat eine Kälteanlage. Aber mit diesem letzten Schritt noch, wenn man noch die Bierwürze destilliert, hat man den Benefit eben auch, seinen eigenen Whisky zu produzieren.

Holger: Jetzt ist die Frage, also werde ich jetzt Kühlschrank oder Brennblase? Ich weiß es nicht.

Markus: Klingt auf jeden Fall nach einem anstrengenden Job.

Holger: Also wunderbar!

Markus: Vielleicht nochmal ganz kurz zu dem Bild vom Kühlschrank zurück. Das finde ich auch noch interessant. Also einerseits höre ich aus deinen Worten und letzten Endes, wie ich dich auch erlebe in den letzten 15 Jahren, vor allem einen großen Punkt raus, das ist das Thema Wertschätzung. also Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern. Und da merkt man auch sehr intensiv, wenn man dann bei euch mal auf Veranstaltungen ist, wie das auch zurückkommt, also wie auch die Mitarbeiter jeweils dich persönlich, aber auch die Familie und auch das Unternehmen und sich gegenseitig wertschätzen, aber auch, wie das mit den Kunden ist. Und das ist doch eine tolle Sache, wenn sich irgendwie alle so als Familie verstehen. Und ich finde, das erlebt man auch immer einmal im Jahr, wenn dann anlässlich der Braumesse, wenn sie stattfindet, dann eben bei euch diese Zusammenkunft ist, wo eben alle Kunden kommen und ihre Biere vorstellen und es dann wirklich ein globales Event ist. Und das wäre so der Punkt, der mich noch interessieren würde, wie es dir so in Hinblick auf dieses globale Thema geht? Ist man trotzdem natürlich noch Bamberger und hier verwurzelt, aber auf der anderen Seite wird man doch irgendwie auch ein bisschen Weltbürger und kennt irgendwie in jedem Land der Welt Menschen, hat überall Kontakte, ist überall auch angesehen, reist wahrscheinlich auch normalerweise viel. Also wie viel Anteil von dir ist noch quasi zu Hause und wie viel Anteil ist irgendwie schon so ein bisschen global?

Johannes Schulz-Hess: Ja, der globale Faktor, der ist natürlich enorm wichtig für uns. Vorhin habe ich schon geschildert, natürlich Bamberg oder die Region Oberfranken ist natürlich unsere Heimat, hier stammen unsere Wurzeln her. Aber natürlich könnten wir heutzutage auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht ausschließlich von diesem Markt beschäftigen, sondern wir müssen eben auch exportieren. Und unser Markt ist eben global, das sind eben hauptsächlich natürlich die Länder, in denen regionale Brauereien verwurzelt sind oder neuentstehen. Von meiner persönlichen Seite ist es so, da, wo es sein muss oder wo es gewünscht wird, binde ich mich in vertriebliche Prozesse ein. Ansonsten bin ich eher schon derjenige, der das Unternehmen eben leitet, versuche schon, hier auch Präsenz zeigen. Nichtsdestotrotz wird sich das sicherlich auch hoffentlich die kommenden Jahre wieder ändern, dass ich persönlich auch die Gelegenheit bekomme, eben auch familiär mehr die Welt zu bereisen, die Kunden zu bereisen. Ich finde das auch ganz wichtig, eben auch aus dem Punkt der Wertschätzung, dass man auch persönlich präsent ist und auch zeigt, dass es wichtig ist, dass jeder Kunde auch den Stellenwert genießt, den er verdient. Ja, das Bierfestival, du hast es vorhin angesprochen, ist natürlich sensationell, wenn man eben sieht, dass dann bei einem Event eben Biere aus allen Herren Länder hier nach Bamberg kommen und verkostet werden können. Aber alle Biere eins gemeinsam haben, dass sie eben aus einer Anlage von uns, von Kaspar Schulz, stammen. Deswegen, ich glaube, das ist auch ein schönes Bild, dass wir unsere Kunden nicht nur als Kunden verstehen, sondern es ist dann trotzdem eine Familie, so platt sich das auch anhört. Es ist irgendwo, man könnte auch sagen, ein Netzwerk. Aber man lernt sich gegenseitig kennen, die Kunden lernen sich kennen, man unterstützt sich, man hilft sich. Und das ist eine Partnerschaft, die man da eingeht auf Jahre oder Jahrzehnte. Als es macht wirklich Spaß und Freude.

Markus: Gibt’s vielleicht noch irgendein besonderes Erlebnis, wo du sagst, da war ich mal irgendwo auf der Welt, da sind irgendwie krasse Sachen passiert in Bezug auf irgend so eine Brauanlage oder so? Kannst du dich da an was erinnern?

Johannes Schulz-Hess: Ja, spontan fällt mir jetzt kein spezieller Moment ein, aber es ist wirklich so, dass jeder Besuch beim Kunden – und ich denke, das betrifft nicht nur mich, sondern das betrifft auch meine Mitarbeiter – ist irgendwo ein Highlight oder bleibt irgendwo was hängen. Grad, wenn man auch eben geschäftlich und grad noch in unserer Branche, wo es um Bier geht, irgendwo auf der Welt jemanden besucht, man hat einen ganzen anderen Zugang dann auch dort zu dem Land und wird in Dinge eingeführt, die man als Tourist niemals erleben würde. Deswegen, es sind so tolle Erlebnisse auch, es entstehen auch Freundschaften. Eben, dieser globale Gedanke, der ist enorm wichtig. Und der ist leider jetzt natürlich auch die letzten Jahre, nicht nur durch Corona, sondern auch durch diese vielen Krisen auf dieser Welt ein bisschen kleiner geworden. Und ich denke, das können wir uns alle wünschen, dass eben auf der globalen Seite die Welt auch wieder offener wird, eben nicht nur Corona-bedingt, sondern dass wir auch wieder reisen dürfen ohne Einschränkungen und uns das Thema Bier wieder global verbindet.

Markus: Auf jeden Fall! Und ich erinnere mich vor allem daran, dass eben das immer sowas ist, wenn ich irgendwo auf der Welt bin und man ist dort bei einer Brauerei und die haben dann zum Beispiel eine Schulz Anlage, dann ist das immer so das erste oder zweite, was die machen, dass die mich ganz stolz eben zu ihrem Kessel hinführen und dann zeigen, da ist das Logo und da haben wir unsere Brauerei her. Und wenn ich dann immer sage, ja, ich komme da aus derselben Stadt und ich wohne 500 Meter weit weg, dann ist das immer so der erste Türöffner. Und das finde ich immer eine ganz, ganz tolle Sache. Also insofern, vielen, vielen Dank für deine Zeit, für den spannenden Talk und für den Einblick in dein Leben und deine ganz persönliche Geschichte, die du mit deiner Firma jetzt schon hast. Und ich denke mal, das ist wahrscheinlich nicht der letzte BierTalk, uns wird bestimmt noch einiges an spannenden Themen einfallen. Aber wie gesagt, erstmal vielen, vielen Dank! Außer vielleicht, der Holger hat noch eine Frage. Ich frag mal in Richtung Kühlschrank / Brennblase: Wie geht’s dir?

Holger: Mir geht’s super und ich habe natürlich noch tausende Fragen, aber wir haben ja so eine gute alte Tradition, dass wir jede 50. Folge nochmal wiederholen. Das können wir uns vielleicht vornehmen. Also wenn wir 50 Folgen weiter sind, dann würden wir dich nochmal einladen, Johannes, und dann schauen wir, wie lustig das war damals in Zeiten der Pandemie oder so. Und dann gibt’s wieder neue Fragen. Vielen, vielen Dank für deine Zeit und für deine Offenheit. Hat mir sehr viel Spaß gemacht. Danke schön!

Johannes Schulz-Hess: Auch von meiner Seite möchte mich herzlich bedanken für das Interesse eben am Unternehmen und dass ich ein bisschen was davon erzählen konnte. Und gerne stehe ich auch für weitere Fragen oder für einen Podcast dann in 50 Folgen weiter zur Verfügung.

Markus: Wunderbar! Das ist dann ungefähr in einem Jahr. Also lassen wir uns mal überraschen. Ciao!

Johannes Schulz-Hess: Tschüss! Und danke fürs Zuhören!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 61 – Interview mit Thomas Lang, Bier-Bestsellerautor, Kabarettist und Anwalt aus Stuttgart

Thomas Lang gehört zu der kleinen, aber feinen Riege der Bier-Bestseller-Autoren. Ihm gehen kreative und spannende Krimis von der Feder, in denen der Held mit dem eigenwilligen Namen „Minkin“ regelmäßig Rätsel um verrückte Bier-Artefakte löst. Der aktuelle Band spielt sogar in Belgien und ergründet, dass die alliierte Invasion nur gelingen konnte, weil ein tapferer Trappisten-Brauer den Bieren für die deutschen Besatzer eine ordentliche Ladung krankmachender Keime mitgegeben hatte. Im BierTalk gehen Markus und Holger dieser Geschichte auf den Grund, klären die Hintergründe des Namens von Minkin und verraten gemeinsam mit Thomas schon ein bisschen was über den nächsten Band der Reihe…

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Holger: Herzlich willkommen, liebe BierTalk-Freunde, zum 61. BierTalk, und schon wieder ein besonderer Gast. Thomas Lang, der Krimis schreibt, die mit Bier zu tun haben. Der meint, das Zentrum der Welt sei Backnang. Aber am besten ist Thomas, du stellst dich dann auch selbst vor. Und am Mikrofon ist der Holger und wie immer der …

Markus: Markus.

Holger: Wunderbar! Thomas, herzlich willkommen bei uns! Schön, dass du da bist. Sehr spannend. Wir haben schon mal jemanden gehabt, der auch Krimis schreibt, den Günther Thömmes. Wie kommst du zum Krimi, zum Bücherschreiben und vor allen Dingen zum Bier?

Thomas Lang: Hallo! Guten Morgen! Ich bin der Thomas, Thomas Lang aus Stuttgart. Und ich schreibe Bierkrimis. Das ist jetzt der vierte Krimi, den ich rausgebracht habe: Goldberg und der unsichtbare Feind. Deine Frage, wie kam ich zum Bierkrimis schreiben? Was ist mein Bezug zu Bier und zu Brauen? Zunächst mal eine Grundvoraussetzung, ich bin auch ein großer Bierfan, Biertrinker, würde aber sagen, ich interessiere mich schon seit Ende der 90er, als ich so mit Freunden die ersten Wanderungen gemacht habe in der Fränkischen Schweiz, klassische Bierwanderungen, also interessiere mich für regionale Brauereien bei uns in Baden und in Württemberg. Wir sind ja nicht ganz so gesegnet wie ihr in Franken oder in Bayern insgesamt. Aber auch wir haben noch eine ganz gute regionale Brauereilandschaft. Ich habe auch den ein oder anderen Freund, der Brauer ist und der auch eine Brauerei hat. Und ich selber bin aufgewachsen im Kraichgau, das ist so eine Region, die kennt man irgendwie gar nicht so richtig. Ich glaube, man kennt sie so ein bisschen von Hoffenheim, seit die aufgestiegen sind in die Bundesliga. Also das ist so eine Ecke, Sinsheim, Heidelberg, aber so ein bisschen abseits. Und da habe ich eine Ausbildung gemacht bei einer landwirtschaftlichen Genossenschaft. Das war eine Genossenschaft, die tatsächlich auch im Grunde Braugerste vermarktet hat. Und da gibt’s auch eine schöne regionale Brauerei noch, die Palmbräu in Eppingen. Das waren also die ersten Berührungspunkte. Und jetzt mache ich so einen Schlenker und wie kommt man aber jetzt dazu zu schreiben über Bier? Ihr habt vielleicht mal reingeguckt in meinen Krimi. Es ist kein ganz harter Krimi mit einem Plot und mit Morden und der sehr blutig ist, sondern es ist eigentlich ein Genre, vielleicht ein humoristischer Bierkrimi. Und da kann ich jetzt so ein bisschen den Schlenker machen zum Schreiben. Ich habe angefangen in den 90er Jahren Kabarett zu machen, Studentenkabarett, in Tübingen habe ich studiert. Ich habe also da auch Texte geschrieben, eher humoristische Texte logischerweise, satirische Texte. Aber eigentlich immer kurze Texte, die geeignet waren für die Bühne. Und dann irgendwann hatte ich mal den Wunsch: Mensch, jetzt würde ich gerne mal was Längeres schreiben. Dann ist klar, das ist vom Ansatz her eher humoristisch satirisch. Und dann, das Thema lag dann einfach sozusagen auch auf der Pfanne, nämlich etwas über Bier zu machen, über Brauereien zu machen, über das Brauen zu machen. Und das Genre Krimi, das eignet sich einfach ganz gut, um eine Geschichte zu erzählen. Deshalb sage ich auch: Es sind keine klassischen Krimis, es sind eher Geschichten rund ums Bier, Abenteuergeschichten rund ums Bier mit einem starken humoristischen Einschlag. So würde ich es mal nennen. Und so kommen die Sachen ein bisschen zusammen, Interesse an Bier, an Brauen, dann dieses humoristische Schreiben vom Kabarett her, und das Ganze dann zusammengeführt, so würde ich es mal nennen. Ja.

Holger: Das ist doch ein spannendes Rezept.

Thomas Lang: Ja.

Holger: Jetzt ist natürlich die Frage: Was hast du dir für ein Bierchen überlegt? Und ist das auch ein spannendes Rezept? Oder was hast du dir gerade so aus der Küche geholt?

Thomas Lang: Ich habe mir, jetzt muss ich sagen, ich bin tatsächlich heute in Lindau am Bodensee, nicht in Stuttgart, und ich habe mir hier ein regionales Bier, das kommt aus Leutkirch. Jetzt mache ich mal das Quizz mit euch. Leutkirch, klingelt’s da bei euch?

Holger: Klingelt’s da bei dir, Markus? Ich weiß, das ist im Allgäu, im allerschönsten Allgäu.

Markus: Genau! Allgäu, soweit klingelt‘s. Ich habe auch irgendwas im Hinterkopf, aber ich denke nochmal nach.

Thomas Lang: Das war ein Brauer, der war vor ein paar Jahren ziemlich durch die Presse gegangen. Weil der hat sich durch, ich glaube, drei Instanzen geklagt. Weil er hatte auf seinen Etiketten immer geworben damit, dass sein Bier bekömmlich sei. Da gab’s so einen Verbraucherschutzverein, der hat ihn dann abgemahnt, und zwar vor dem Hintergrund: Das sei irreführend, wenn auf einem Etikett draufsteht, das sei bekömmlich. Weil das sei eine Gesundheitswerbung. Ihr merkt, jetzt kommt so ein bisschen der juristische Aspekt. Ich bin ja in der Hauptsache Anwalt. Der hat dann tatsächlich gesagt: Seit 100 Jahren steht das bei mir so drauf auf dem Etikett, dass das Bier bekömmlich ist. Und jetzt kommt irgendwie so ein blöder Abmahnverein aus Berlin und will halt Kohle damit machen, indem man irgendwelche Unternehmen abmahnt. Und dann ging das tatsächlich hier Landgericht Ravensburg und dann ging es hoch vor das Oberlandesgericht in Stuttgart, und zum Schluss ging‘s bis zum Bundesgerichtshof. Und da hat man darüber gestritten: Darf ein Brauer auf sein Bier schreiben „das ist bekömmlich“? Ihr könnt euch vorstellen, wie es ausging. Der Brauer hat dann tatsächlich verloren und musste quasi die ganzen Kosten zahlen, die in diesen drei Instanzen entstanden sind. Hat sich aber nicht unterkriegen lassen, der Clemens Härle, und braut weiterhin sein Bier. Und ich habe mir hier ein Lager hell jetzt quasi aus der Küche geholt.

Holger: Ich glaube, das war der Gottfried Härle, oder? Der Clemens Härle ist, glaube ich, der Gründer der Brauerei.

Thomas Lang: Ja, du hast vermutlich vollkommen recht. Genau!

Holger: Aber das ist total super, weil du kannst doch jetzt direkt den fünften Krimi schreiben und kannst erst mal diese Verbraucherschützer da, die kannst du im Krimi erstmal ermorden. Lass die doch einfach sterben. Und dann schreibst du da was Schönes dazu. Das wäre doch super.

Thomas Lang: Das stimmt eigentlich. Ja, da haben wir schon den nächsten Plot. Aber genau, aus solchen Geschichten entstehen auch teilweise meine Krimis.

Holger: Der Markus, der macht das auch. Der Markus hat auch schon Bücher über Bier geschrieben. Und eine Geschichte oder ein Buch heißt: Geschichte und Genuss. Also ein bisschen Schleichwerbung darf sein und er macht‘s auch nicht selber, sondern lässt mich das sprechen. Er überweist mir dann gleich die 10 Euro, wie er das dann immer so macht, wenn ich gut über ihn spreche. Deshalb geht’s mir auch so gut hier in Schwabing. Und in dem Buch, da ist es auch immer so. Also da gibt’s dann immer am Anfang so eine kleine Geschichte, die ist erfunden, aber die könnte sich auch so zugetragen haben. Und wenn man sich jetzt zum Beispiel mit den Wikingern beschäftigt oder so, dann geht’s wirklich blutig her. So kennt man ihn halt. Ne, Markus?

Markus: Ja, absolut! Es ist so, ich habe die Geschichten, solange ich praktisch keine echten Quellen hatte, eben erfinden müssen. Und wenn man dann in die Zeit kommt, wo man dann Quellen hat, dann sind das auch wirklich alles reale Geschichten. Und bei den Wikingern ist es so, dass es da eine heimliche Liebe gibt zwischen einem Brauer und der Tochter des (unv. #00:07:15.6# Jarls?), das ist der Chef, und der wird dann am Ende mit dem Blutadler-Ritual hingerichtet, was wirklich eine ziemlich grausame Nummer ist, und stürzt dann in sein Bier. Das stimmt schon, da kann man schon spannende Sachen machen. Und das Schöne ist als Autor: Du kannst dich da austoben, weil du schreibst das in dein Buch und die Leute können es lesen oder nicht. Aber du hast eine Möglichkeit, das einfach zu tun. Und das finde ich eine tolle Sache. Und merkt man auch deinen Büchern an, finde ich, dass du, glaube ich, auch sehr gerne mit den Geschichten spielst, mit den Personen spielst und die entwickelst und da echt richtig ein Leben entfachst. Und das ist toll.

Holger: Ich bin über viele Zitate gestolpert. Ich fange einfach mal an. Er: (unv. #00:07:53.9#) aus der Vorstadt gefällig, aber sowas von daneben. Das waren Achtsamkeitsübungen am Killesberg. Er: Gib’s endlich zu! Sie: Was? Er: Bist du so dumm? Willst du mich verarschen? Du hast einen anderen Kerl. Und dann geht’s so weiter und so weiter. Und der hat dann ein Champagner-Golf-Gesicht. Was ist das denn bitte, Thomas?

Thomas Lang: Das ist so eine Nebenstory, weil mein Ermittler muss sich ein bisschen über Wasser halten, mit Butter-und-Brot-Aufträgen, sagt man, glaube ich. Also wo ein bisschen Kohle reinkommt. Und da nimmt er ab und an Aufträge an, dass er untreue Ehefrauen überführt. Und das ist eben auch so ein unangenehmer Mensch, der ihn da beauftragt, dass er eben seine Frau überwacht, weil die hat angeblich eine Affäre. Der Killesberg in Stuttgart ist eben so eine sehr vornehme Wohngegend, wo so ein bisschen altes Geld auch mitunter sitzt – also natürlich sind da auch ganz viele sympathische Menschen – aber eben auch Menschen, die so ererbtes Geld einfach haben und die in die Villa der Eltern irgendwann eingezogen sind und die Firma der Eltern übernommen haben. Und das ist so ein Vertreter. Der fährt einfach einen SUV und verbringt viel Zeit auf dem Golfplatz und an der Champagner-Bar. Und macht aber einen immer auf dicke Hose, obwohl er selber nie was erschaffen hat, sondern im Grunde nur von dem lebt, was seine Vorfahren ihm sozusagen erarbeitet haben. Und meiner jetzt konkret, der ist im Tierkäfig-Business. Also der hat ein Unternehmen, das Tierkäfige herstellt. Einfach ein unsympathischer Mensch letztlich. Aber mein Ermittler muss eben auch manchmal so ein bisschen in den sauren Apfel beißen, dass er Kohle annimmt für Aufträge, die er eigentlich nicht unbedingt haben will.

Holger: Ich bin so ein Zitate-Freund. Mein absolutes Lieblingszitat ist: Es könnte ein Klischee sein, aber es könnte auch wahr sein. Und so ist das auch bei dir in deinen Büchern. Markus, was hast du dir denn heute vorgenommen zu trinken bei solchen Geschichten, wo es um Champagner-Golf-Gesichter geht?

Markus: Natürlich habe ich mir auch ein Bier ausgesucht und es geht ein bisschen auch um Klosterbrauereien und um Belgien. Da habe ich mir gedacht, da muss ich eigentlich mal ein bisschen in diese Ecke schweifen. Andererseits liebe Hörer, wir haben hier früh am Morgen bei der Aufzeichnung, da wollte ich mir jetzt nicht gleich so ein 12 % Westvleteren in die Rübe reinpfeifen, sondern ich habe mir gedacht: Es gibt eine schöne Alternative, und zwar gibt es aus Belgien von Leffe das Abteibier mit 0,0 %. Und dementsprechend mache ich das mal auf. Und ihr hört schon, das kommt aus einer Dose. Ich persönlich finde das ganz, ganz spannend, weil eben die Aufgabe ganz schön heftig ist für einen Brauer zu sagen, ein Bier, was eben sehr stark von seiner Hefe-Aromatik, von seinem Alkoholgehalt normalerweise lebt, das in ein Alkoholfreies zu übersetzen. Ich habe das vor ein paar Jahren, als das rauskam in Belgien, als einer der ersten verkosten dürfen. Und was ich ganz toll finde, die haben das gelöst dadurch, dass sie so eine Aromatik aus Honig und Rauch geschaffen haben. Und das wiederum macht es dann sehr rund und sehr voll und ersetzt diesen nicht vorhandenen Alkohol. Das ist ein ganz, ganz tolles, schönes, weiches und sehr schön strahlend goldenes Bier. Und da habe ich mir gedacht, das passt doch gut zum Goldberg und es passt gut zu unseren ganzen Mördergeschichten. Und vielleicht für die Hörer, wenn du mal so ganz kurz zusammenfasst, ohne das Ende zu verraten: Worum geht’s denn in dem aktuellen Buch überhaupt?

Thomas Lang: Die Hauptgeschichte ist die, dass Minkin, mein Ermittler, den Auftrag von Goldberg – also Goldberg ist immer der Spiritus Rektor im Hintergrund. der ihn losschickt – genau, mein Ermittler, der Minkin, der muss nach Belgien einen alten Mönch ausfindig machen, den Abbe Jean. Der Abbe Jean lebt im Kloster Rochefort, in den belgischen Ardennen, und der hat eine Geschichte hinter sich, der Abbe Jean. Als junger Novize war er beteiligt an einer Sabotage-Aktion der Résistance, der französischen Widerstandsbewegung. Und konkret hat er den Biernachschub für die deutsche Wehrmacht sabotiert. Und zwar just den Nachschub, der geplant war für die Normandie, kurz bevor, als die alliierten Truppen am D-Day gelandet sind. Also eine große Bierlieferung aus dem Elsass ging in die Normandie. Und die hat der Abbe Jean sabotiert, indem er sie verunreinigt hat mit Bakterien und das hat dann zu ganz schweren Erkrankungen in der Truppe geführt. Und deshalb konnten die Alliierten letztlich landen, weil die Truppe einfach stark geschwächt war durch dieses verunreinigte Bier. Das ist so ein bisschen die Hintergrundgeschichte. Und dieser Abbe Jean lebt noch, und der Minkin muss den ausfindig machen und in Sicherheit bringen, weil diese Fakten sind jetzt eben aufgetaucht. Und da gibt’s natürlich Menschen, die dem Abbe Jean an den Kragen wollen. Und der Minkin muss ihn eben ausfindig machen und in Sicherheit bringen. Das ist so die Grundgeschichte.

Holger: Wie kamst du denn auf den Vornamen Minkin? Der ist sehr ungewöhnlich. Ich komme aus dem Ruhrgebiet und da gibt’s einen Frauen-Rufname Mieken. Und Mieken heißt eigentlich Maria. Also Frauen, die eben eigentlich Maria heißen, hat man im Ruhrgebiet so, sag ich mal, in der Generation meiner Großeltern oft einfach Mieken gerufen.

Thomas Lang: (unv. #00:13:16.4#)

Holger: Wie kommt man auf Minkin?

Thomas Lang: Das ist sehr interessant, was du sagst. Dass das so eine Form von einem Frauen-Vornamen ist, wusste ich auch nicht. Als ich das erste Buch geschrieben habe, 2015, wollte ich dem Ermittler irgendwie, wollte ich dem einen Namen geben, der ungewöhnlich ist, den man auch nicht so kategorisieren kann. Und wenn man so regionale Krimis schreibt, dann haben die Ermittler oft auch so einen regionalen Bezug. Zum Beispiel, wenn du so einen Schwabenkrimi schreibst, dann ist das: Der Kommissar Häberle und seine Assistentin, die Tanja, sind unterwegs und so. Also dass man die regional irgendwie verortet diese Namen. Und das wollte ich gerade nicht, sondern ich habe was gesucht, was man nicht so richtig greifen kann. Und jetzt kommt auch wieder der Bezug, ich hatte mal einen Mitbewohner, das war ein Amerikaner, und der hatte Vorfahren, die aus der Ukraine kamen. Und sein Nachname ist Minkin. Ich glaube, er hat ukrainische Wurzeln, ist aber weltweit verbreitet. Das Schöne ist mit dem Namen, eigentlich ist es ein Nachname, aber irgendwann hat er die Rolle des Vornamens. Also der heißt nur Minkin, der hat keinen Vornamen mehr, sondern der heißt immer nur Minkin, obwohl es eigentlich sein Nachname ist. Das ist so ein bisschen, so ist der Name entstanden. Real, weil ich eine Person kenne, die so heißt, und weil ich eben einen Namen finden wollte, der nicht sofort irgendwie Assoziationen weckt, an eine bestimmte Region.

Holger: Was wir jetzt total vergessen haben, wir sind über Leutkirch ins Allgäu gekommen und haben dann den Allgäuer Bierstreit sozusagen über das bekömmliche Bier thematisiert. Aber die Härle Brauerei, die hat mehrere Biere. Und wir haben überhaupt noch nicht gehört, was hast du jetzt wirklich vor dir stehen und wie schmeckt‘s dir überhaupt?

Thomas Lang: Ich habe das Lager hell, ein eher leichtes Bier mit 4,7 Umdrehungen. Das ist jetzt was, was man auch am Morgen schon, wie der Markus das gesagt hat, man könnte jetzt keinen, ich weiß nicht, so ein schweres Rochefort mit 10 Umdrehungen irgendwie verkraften. Aber so ein leichtes, helles Lager, das, finde ich, geht schon. Und es ist dazu auch noch ein Biobier, also top gesund auch. Und auch noch klimaneutral gebraut, wie ich hier auf dem Etikett entnehme. Also im Grunde alles das, was man will. Ich muss ehrlich sage, ich bin auch, je älter ich werde, bin ich ein Freund der Hellen. Weil die doch einfach. wie sagt man, das wisst jetzt ihr besser, die Drinkability ist deutlich höher.

Holger: Die sind einfach bekömmlich.

Thomas Lang: Ja, bekömmlich.

Holger: Wenn ihr gestattet, da würde ich doch direkt mal nachziehen. Weil ich bin in die total andere Richtung gegangen wie ihr.

Markus: Okay!

Holger: Zum Glück auch natürlich, damit die Hörer so eine gewisse Vielfalt haben. Und ich habe gerade so ein aktuelles Lieblingsbier, und das ist der Valentinator vom Hopfenhäcker. Das ist ein dunkler Doppelbock. Jetzt sagt ihr: Mein Gott, können wir nicht am Morgen trinken und so. Ich kann das.

Markus: Tue dir keinen Zwang an. Alles gut! Aber du kannst es uns ein bisschen beschreiben.

Holger: Die Farbe ist schon so, wie man das von einem dunklen Bock auch erwartet. Geht so ein bisschen vielleicht ins Rötliche hinein, hat eben so Malzaromen, hat aber auch so eine gewisse Fruchtigkeit. Und ich nehme mal einen Schluck. Mhm (bejahend). Im Antrunk erwartet man dann bei so einem dunklen Doppelbock so eine richtig tolle Malz-Karamell-Bombe. Und das ist er eigentlich nicht, sondern er wirkt schlank, hat eine ganz komplexe Aromatik, also auch auf der Zunge, hat eine Lakritz-Note, finde ich, und hat einen ziemlich trockenen Abgang, so, dass es Lust auf den nächsten Schluck macht. Und deshalb bin ich so begeistert, weil das ist mal ein Doppelbock, der einfach schön interpretiert ist, der heraussticht, der sich nicht einreiht in die vielen tollen Doppelböcke, die wir sowieso hier auch in Bayern haben. Und dann kommt auch noch der Name, eben Valentinator, also von Karl Valentin. Und das ist wirklich einer meiner absoluten Vorbilder, was das Thema Sprücheklopfen angeht. Und da habe ich gedacht, das passt auch schön. Also deine Romane sind so (unv. #00:17:28.1#) und haben eben so eine, wie soll ich sagen, schlaue kabarettistische Note. Und das war bei dem Valentin auch so. Also viele Sprüche, die ich toll finde, also zum Beispiel: Früher war die Zukunft auch besser. Oder selig sind die, die nichts zu sagen haben und trotzdem den Mund halten. Das sind alles so Karl Valentin Zitate, die ich einfach auch wirklich oft benutze. Aber jetzt wieder zurück zum Roman. Welche Beziehung hast du denn zu Belgien und belgischem Bier? Weil da gibt’s auch wiederum was, was hier im Roman steht. Ja, das finde ich schon sehr bemerkenswert. Also du lässt deinen Protagonisten irgendwann sagen: Also Belgier sind ja quasi Holländer, die nur besseres Bier brauen können. Und das ist schon eine heftige Aussage.

Thomas Lang: Ja. Meine Figur ist tatsächlich der klassische Biertrinker. Der kann mit Craftbier, ich weiß, jetzt bin ich hier natürlich in dem BierTalk, wo man gerne in die Tiefen der Craftbier-Welt einsteigt, aber mein Protagonist kann eigentlich mit Craftbier nicht so viel anfangen. Sondern der hat gerne klassisches Helles oder eine Halbe, wie man bei uns sagt, und gut. Um jetzt eine Brücke zu schlagen, weil du fragst, was ist mein Bezug? Ich war vor zwei Jahren das erste Mal bewusst so in Belgien. Mit der Familie haben wir eine Woche, in den Herbstferien waren wir in Brüssel und in Brügge, und auf dem Rückweg eben auch in Rochefort. Und da habe ich zum ersten Mal wirklich, ich weiß, das klingt jetzt doof, aber zum ersten Mal mich wirklich mit belgischen Bieren beschäftigt. Vorher ging das immer so ein bisschen, hm, Fruchtplärre irgendwie und braucht kein Mensch und nicht nach deutschem Reinheitsgebot gebraut und so weiter. Und das war aber diese Kultur in Belgien, also selbst in einem kleinen Ort irgendwie setzt man sich dann rein und dann gibt’s da eine Bierkarte mit 50 Bieren drauf. Also diese Kultur, die muss man einfach wirklich wertschätzen. Wobei, also meine Frau ist keine große Biertrinkerin, und wir haben dann aber auch in so einer Bierkneipe was bestellt. Und dann hat der empfohlen: Ja, das könnte vielleicht Ihrer Frau schmecken. Und dann kam da wirklich dieses, das kennt ihr vermutlich, das war so ein Fruchtbier, das kam in so einem Cocktail-Schwenker mit Eiswürfeln drin. Also eigentlich ein absolutes No-Go, würde ich jetzt mal sagen, aber hat natürlich absolut seine Berechtigung. Aber da könnt ihr vielleicht ein bisschen was dazu sagen, wo diese Kultur herkommt und dieses Verständnis. Aber das war für mich wirklich schon krass. Und dann waren wir in Brügge und haben da eine Brauerei besucht, De Halve Maan. Und in Brüssel natürlich das ein oder andere gemacht, und zum Schluss in Rochefort. Und so kam ich das erste Mal wirklich mit dieser Biervielfalt in Kontakt. Aber vielleicht sagt ihr jetzt was über belgische Biere?

Holger: In meinen Augen ist die belgische Bierkultur eine der spannendsten Bierkulturen der Welt. Das, was du eben ansprichst, diese Fruchtbiere, da gibt’s eben einen Oberbegriff, das sind eben diese Lambic-Biere. Die sind spontan vergoren, also das heißt, die haben jetzt keine Hefe, die dann so ganz gezielt und berechnet und alles dazukommt, sondern die ist wild in der Luft. Und da gibt’s eben eine große Tradition um Brüssel herum, und da sind eben diese wilden Hefen auch wahnsinnig aromatisch. Und deshalb hat sich das auch gehalten. Aber die belgische Bierkultur hat natürlich mehr zu bieten als die Fruchtbiere, sondern eben auch die Trappistenbiere und eben auch viele andere Bierstile, die wirklich unglaublich spannend sind. Und insgesamt die Sauerbiere, also die Geuzen, die Faros und was man da sonst noch alles sagen könnte, die sind spannend. Und wenn man jetzt da deinen Protagonisten, für den ein Craftbier ein Kraftbier ist. Das sagt er dann auch irgendwann, er sagt dann: Ja, in Stuttgart, der Hofbräu aus der Dose ist ein Kraftbier. Das ist aber auch super. Und das ist auch für uns ganz wichtig und das sagen wir auch immer und haben wir auch von Anfang an immer gesagt, dass wir eben für Bier insgesamt stehen, also nicht nur für Craftbiere oder nicht nur für abgedrehte komplexe Biere aus dem Holzfass oder so, sondern jede Bierkultur hat aus unserer Sicht ihre spannenden Komponenten. Und im Prinzip gibt’s eigentlich drei große Blöcke. Das ist eben diese belgische Bierkultur, das ist die britische Bierkultur und eben auch die deutsche Bierkultur. Daraus leitet sich dann sehr, sehr viel ab. Bier ist einfach wahnsinnig spannend, komplex, Get together, einfach, ehrlich. Ich weiß gar nicht, da gibt’s so viele Superlative. Markus, was möchtest du noch ergänzen? (unv. #00:22:13.6#)

Markus: Nein, du hast ja schon fast alles gesagt. Was ich total spannend finde und was mir auch dabei eben so richtig gut gefällt, ist diese Verknüpfung, die der Thomas schafft mit der Geschichte. Und das ist gerade in Belgien so spannend, weil einerseits für die Bier eben auch einen hohen Identifikationsfaktor darstellt, aber auf der anderen Seite eben auch so Sinnbild ihres Leidenswandels ist, weil Belgien nun mal zwischen Frankreich und Deutschland liegt. Und auch, wenn es früher zu den Niederlanden gehört hat und eben ein Land war, hatten die dieses Lageproblem. Und das bedeutet eben, nachdem Frankreich und Deutschland immer irgendwie im Clinch waren, dass die Armeen entweder von links nach rechts oder von rechts nach links immer auf dem Weg ins eine oder andere Land durch Belgien marschiert sind. Und unterwegs haben Soldaten natürlich Durst und haben sich immer ordentlich in den Brauereien bedient. Und man hat natürlich dann auch die Brauereien, vor allem im Ersten und dann auch im Zweiten Weltkrieg, vor die Wahl gestellt: Entweder ihr kooperiert, in dem Fall dann mit den deutschen Besatzern, oder wir nehmen euch die Brauanlagen weg und machen Kanonen draus. Und dann waren die Brauereien eben vor dem ganz großen Problem: Machen wir mit und können weiterbrauen? Aber dann sind wir quasi Vaterlandsverräter. Oder verweigern wir uns und verlieren unsere Brauerei? Und das ist etwas, was dann auch immer nach den Kriegen entsprechend, je nachdem wie sie sich entschieden haben, dann dazu geführt hat, dass sie eben in der Bevölkerung zu großen Differenzen geführt haben. Und auf der anderen Seite war das dann eben so, dass die belgische Kultur deswegen immer wieder einen Restart hatte beim Thema Bier, und es aber immer wieder hinbekommen haben. Und das finde ich eben toll. Und ich glaube, dass da auch so diese Verwurzelung einfach für die Belgier da mit drinhängt, weil auch, wenn sie verschiedene Sprachen sprechen in ihrem Land, auch wenn sie sich in vielen Sachen uneins sind, aber beim Bier kommen sie immer zusammen und haben da einfach eine sehr, sehr innige Beziehung. Und das bringst du alles sehr, sehr schön rüber. Also das hat mir am allermeisten Spaß gemacht, muss ich sagen, beim Lesen, dass du wirklich diese tolle Geschichte spinnst, die durchaus auch hätte wahr sein können. Und vielleicht als kleine Seitenanekdote: Es ging übrigens auch andersrum. Die Engländer haben wirklich mit Spitfire Flugzeugen Bier am D-Day von England nach Frankreich geflogen, damit die Soldaten was zu trinken hatten. Und haben den Trick auch gemacht, dass sie diese Biertanks unter die Flügel gehängt haben. Und eigentlich ist der Flug über den Ärmelkanal gar nicht so weit, aber sie sind dann absichtlich ganz hochgestiegen, damit das Bier gekühlt wird, und dann wieder gelandet, so dass sie dann auch noch frisches, kaltes Bier hatten. Also unglaublich, was so alles mit dem Thema Bier passiert und dass eben Fiktion und Realität dann fast so ein bisschen ineinander verschwimmt. Also tolle Sache, hat mir echt Spaß gemacht.

Thomas Lang: Beim nächsten rufe ich euch an und dann müssen wir vorher drüber sprechen. Das ist eine super Geschichte mit diesen Spitfires. Das hätte super reingepasst noch. Aber …

Markus: Na, in die nächste Auflage vielleicht.

Thomas Lang: Ja, genau!

Holger: Aber Thomas, was hast du gegen die Bierpolitik der Deutschen Bahn? Da sprichst du auch darauf an.

Thomas Lang: Viele Jahre war ich relativ viel unterwegs, mit der Bahn auch. Nein, nicht relativ viel, aber immer wieder halt beruflich unterwegs und bin auch immer Bahn gefahren. Und du hast immer nur Bitburger und Erdinger. Das ist einfach nicht geil. Und wenn man ab und zu das Glück hat, mit der österreichischen Bahn unterwegs zu sein, da gab‘s zumindest, also man muss jetzt denken vor Corona und nach Corona weiß ich nicht, wie es jetzt dann ausschaut, aber da gab’s immer ein Ottakringer aus Wien und dann gab‘s ein Budweiser. Und dann gab’s einmal ein, zwei andere Sorten. Da war einfach so ein bisschen die Vielfalt etwas größer. Und mein Protagonist regt sich halt jedes Mal auf, wenn er Bahn fährt, wieso gibt’s immer nur Bitburger oder halt ein Weizen von Erdinger? Haben die da einen Knebelvertrag über 100 Jahre abgeschlossen? Wieso könnte man da nicht auch etwas differenzieren und vielleicht regionale Spezialitäten anbieten et cetera? Also über so Sachen regt der sich halt auf. Das ist natürlich komplett sinnfrei, aber natürlich auch ein Thema, er beißt sich gerne in solchen Themen dann auch fest und philosophiert darüber oder fabuliert darüber. Und das ist ein schöner Anlass.

Holger: Obwohl, ich sag jetzt mal, ein Erdinger alkoholfrei, da kann man nichts gegen haben und ist auch ein schönes Bier. Du sagst dann auch, also Paderborner Pilsener nimmst du dann auch noch auf den Kieker. Auch das gibt’s in der Dose, also ist ein tolles Preis-Leistungs-Verhältnis, finde ich.

Thomas Lang: Ja, aber in der Relation, wenn ich die Wahl habe, Paderborner aus der Dose oder Bitburger im Bistro, dann ist klar, was ihr nehmt, oder?

Holger: Ja. Also für dich zu mindestens.

Thomas Lang: Ja genau!

Markus: Das ist auch gut, man muss als Autor auch einen gewissen Kompass haben. Ich meine, insofern ist das ganz spannend. Mir ist auch noch eine Sache aufgefallen. Du setzt dich auch ein bisschen mit den Verschwörungstheoretikern auseinander. Da ist mir dann dieses schöne Zitat aufgefallen, dass jemand einen Strahlenschutzring um den Flaschenhals erfindet, um eben das Bier vor Strahlung zu schützen. Also tolle Geschichte. Das heißt, du nimmst auch so ein bisschen Alltagsgeschichte, Alltagsthemen mit auf und zeigst da auch eine gewisse Haltung. Finde ich auch sehr schön.

Thomas Lang: Ja, das ist, ich weiß jetzt nicht, wie ihr dazu steht, aber man kann sich über bestimmte Menschen nur wundern. Das ist einfach so eine Auseinandersetzung auch, da sitzt er am Stammtisch und zwei schwadronieren über Bill Gates, der uns einen Chip einpflanzen will mit der nächsten Impfung. Dann kommen sie halt auch auf Gespräche, was eigentlich dieser Aluring da macht, den es bei manchen Brauereien gibt oder bei manchen Bierflaschen gibt. Und dann schwadronieren sie halt: Ja, ja. Das ist eben Schutz vor Strahlung. Also das ist einfach auch so eine satirische Übertreibung, wie man sie immer wieder findet in meinen Büchern.

Markus: Ja. Aber absolut klasse und hat mich auch ein bisschen erinnert an die Trappisten-Bierflaschen in Belgien. Die haben zwar keinen Aluring, aber die haben immer so einen aufgeschmolzenen Glasring um die Flasche, um den Flaschenhals obenrum. Woran man eben erkennt, dass es sich um ein Trappisten-Bier handelt. Und das ist auch eine schöne Anspielung, die dann noch mit reinfließt. Also tolle Geschichte. Und vielleicht noch so als Ausblick: Was erlebt denn unser Protagonist in der Zukunft? Hast du schon Ideen für weitere Romane, weitere Pläne, weitere Plots, wo man ihn hinschickt, wo er tolle Sachen erlebt?

Thomas Lang: Tatsächlich ist es jetzt, wo wir drüber sprechen, ich habe schon eine Idee. Mein Protagonist muss immer entweder eine Person, die etwas mit Bier zu tun hat, oder ein Artefakt, was mit der Biergeschichte zu tun hat, finden. Also in meinem letzten Band, da musste er das heilige Fass finden. Ihr wisst es vielleicht, dass Jesus und seine Jünger beim letzten Abendmahl, es hat sich 2000 Jahre lang die Geschichte gehalten, dass Jesus und seine Jünger Wein getrunken hätten beim letzten Abendmahl. Deshalb gibt’s auch beim letzten Abendmahl oder beim Abendmahl in den Kirchen immer Wein. Aber wir wissen natürlich, dass es kein Wein war, was die getrunken haben, sondern die haben Bier getrunken beim letzten Abendmahl. Und dieses heilige Fass, also analog zum heiligen Gral, dieses heilige Fass, das muss Minkin, also im letzten Band „Goldberg‘s heiliges Fass“, das muss er ausfindig machen und retten, weil das hat 2000 Jahre überlebt. Also er muss entweder immer so ein Artefakt auffinden oder eine Person retten. Und im nächsten Band, da ist meine Idee, da muss er eine bierweinende Madonna im Grunde auch finden und retten. Ihr kennt vielleicht die Geschichte, dass es solche Madonnen-Statuen gibt, die Blut weinen.

Markus: Ja.

Thomas Lang: Jetzt gibt’s da auch eine, die Bier weint. Die spielt natürlich eine zentrale Rolle für Brauer, ist eine Heilige für Brauer. Und die ist aber auch gefährdet und die muss er retten. Ich bin tatsächlich aber noch nicht ganz sicher, wo ich das ansiedle, weil Minkin muss immer weg aus Stuttgart irgendwohin fahren mit der Deutschen Bahn und dann muss er sich dort so ein bisschen reinfinden in die Region. Und tatsächlich bin ich am überlegen, ob es a) in die Toskana geht oder aber vielleicht tatsächlich, warum nicht nach Franken?

Markus: Absolut! Also Madonnen haben wir hier genug. Leider geben sie aktuell noch kein Bier, aber das würde auf jeden Fall den Leuten Spaß machen, darüber zu lesen. Ich denke da so an die Fronleichnamsprozession und dann wird die so über den Platz getragen und dann fängt sie an, ihr Bier von sich zu geben und alle kommen mit ihren Krügen und bedienen sich. Das ist durchaus ein schönes Bild, was da in meinem Kopf entsteht.

Thomas Lang: Das wäre doch auch so eine Begründung für dieses fränkische Bierwunder, dass quasi alles zusammenhängt mit der Existenz dieser bierweinenden Madonna.

Markus: Das wird immer besser, das Fränkische Bierwunder. Holger, jetzt bist du platt, oder?

Holger: Ja, jetzt bin ich platt. Irgendwie bin ich auch ein bisschen neidisch, weil ich finde das schön. Also wenn man das so kann, wenn man sich da so hinsetzt und diese Geschichten spinnt und das so miteinander eben verwebt. Und sich dann auch nicht verliert, sondern es dann auch irgendwie fassen muss und dass es dann auch zu einem Ende kommt. Das finde ich irgendwie toll. Ich bin auch jemand, der eben einfach auch sehr, sehr gerne liest und das schon immer auch gerne gemacht hat. Und dazu dann noch ein schönes Bierchen trinken, sowieso immer gut.

Markus: Ich habe noch einen kleinen Tipp, Thomas, wenn du noch was machen willst so um die Kriegszeit, sich da irgendwie dran wieder zu erinnern oder sowas. Die erste schwimmende Brauerei der Welt, das war ein englischer Minenleger, der wurde umgerüstet 43 in England. Und da wurde eben eine Brauerei in dieses Schiff eingebaut, um die kämpfenden Soldaten in Asien mit Bier versorgen zu können. Und das war also technologisch schon mal Wahnsinn, das überhaupt hinzubekommen, dass man eben auf dem Meer sozusagen vergären kann, dass das auch mit der Wasserentsalzung klappt und so weiter, und am Ende eben auch ein Bier dabei herauskommt. Dieses Schiff war dann auch tatsächlich ein paar Tage am Kriegsende im Einsatz. Da könnte man natürlich auch einen Krimi drauf spielen lassen. Da gibt’s dann auch eine Schiffskatze, die dann auch eine spannende Geschichte hat. Also das will ich jetzt gar nicht vorwegnehmen, vielleicht verbaust du es mal in einen Roman. Aber das fand ich auch eine tolle Geschichte, weil das auch keiner weiß. Und man denkt immer, die Aida wäre das erste Schiff mit einer Brauerei. Das stimmt gar nicht, das gibt’s schon eben seit 1943. Aber gut, so viel dazu. Also Ideen gibt’s natürlich genug.

Thomas Lang: Okay, krass! Das, was du sagst, Markus, so diese historischen Begebenheiten, die du auch in deinen Büchern verarbeitest und dann Fiktion, bei mir, ich fange meistens in der Fiktion an. Und wenn man aber dann gräbt und liest, dann stößt man plötzlich auf reale Geschichten, wie jetzt in meinem aktuellen Band. Da ist es so, dass die Brauerei in Rochefort beziehungsweise diese Quelle, die ist bedroht durch einen örtlichen Kiesproduzenten. Weil der will in den tieferen Schichten, dort in der Nähe vom Kloster, will der Kies abgraben oder Schotter abgraben. Und dazu muss er an die Quelle ran. Das ist tatsächlich ein ganz realer Streit, dass die Mönche eigentlich seit – schlag mich tot – dem 19. Jahrhundert diese Quelle nutzen, aber deren Ursprung ist außerhalb der Klostermauern in so einem Gebirge, und da gräbt dieser Kiesproduzent. Und die Mönche haben sich juristisch dagegen gewehrt und haben jetzt in der ersten Instanz auch recht bekommen. Das Ganze passiert, weil es eine Urkunde gibt, auch aus dem 19. Jahrhundert, wo drinsteht, ja, er darf dort Kies abbauen, dieser Dubois, so wie ich ihn nenne. Der heißt im realen Leben etwas anders, aber den gibt’s wirklich. Aber er darf den Lauf des Wassers nicht verändern. Und jetzt stelle man sich vor, der würde tatsächlich diese Quelle zum Versiegen bringen, was das für die belgische Bierkultur bedeuten würde.

Markus: Absolut! Katastrophe!

Thomas Lang: Katastrophe. Ja. Da bin ich aber tatsächlich erst drauf gestoßen beim Schreiben, dass es diesen realen Streit tatsächlich gerade gibt.

Markus: Das stimmt, diesen Effekt kenne ich auch. Man recherchiert so vor sich hin und dann stößt man auf Geschichten, wo man wirklich denkt, das gibt’s nicht, dass es die wirklich gegeben hat. Das macht dann aber auch wieder Spaß, also sowas dann im Nachhinein irgendwie noch einzuweben und sowas. Also tolle Geschichte. Holger, freust du dich dann schon auf das nächste Buch?

Holger: Wirklich unbedingt! Wie gesagt, mir hat das auch sehr, sehr viel Spaß gemacht. Es gibt auch noch dieses Nachwort, wo du das auch mit dem Schotterproduzenten wirklich dann auch nochmal reinschreibst. Und dann noch Gandhi zitierst und dann auch noch Poldi „So ist Fußball, manchmal gewinnt der Bessere“. Aber auch der letzte Satz, der sozusagen in der Geschichte noch spielt, ist: „Was in der Waldklause passiert, bleibt in der Waldklause. Außer Herpes, den Scheiß hast du ewig.“ Also besseres Schlusswort gibt’s eigentlich nicht.

Thomas Lang: Ich schaffe viel auch mit Film- oder Musikzitaten einfach. Und man sammelt einiges an im Laufe der Jahrzehnte an Kultfilmen oder Musik, die man liebt. Und das fließt da alles auch mit rein in die Figur.

Holger: Auf jeden Fall toll gemacht und hat uns die Gelegenheit gegeben, wieder mal einen ganz besonderen BierTalk zu produzieren, zu besprechen. Ich danke dir für deine Zeit und für deine tiefen Einblicke in deine Arbeit. Und kann nur jedem und euch beiden ein frohes Osterfest wünschen, auch wenn wir es hören, dann schon Ostern vorbei sein wird. Aber trotzdem frohe Ostern für euch beide!

Markus: Danke schön! Wir können den Hörern dann frohe Pfingsten wünschen. Das dürfte auf jeden Fall noch hinhauen. Wir werden natürlich auch den Zugang zu den Büchern, wie man sie bestellen kann und so weiter, in den Shownotes verlinken, unbedingt. Und können auch allen Lesern nur raten: Lest mal rein, lasst euch da ein bisschen mal in andere Welten entführen. Das ist sehr, sehr spannend und hat mir ganz viel Freude bereitet. Auch dafür vielen Dank, lieber Thomas! Und hoffentlich bis bald. Aber wie gesagt, danke schön für heute.

Thomas Lang: Vielen Dank Markus, vielen Dank Holger!

Holger: Tschüss!

Thomas Lang: Tschüss!

Markus: Tschüss!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de