BierTalk Spezial 38 – Interview mit Roxane Bicker, Archäologin, Pädagogin und Autorin aus München

Roxane Bicker wollte eigentlich professionelle Landwirtin werden, beschloss dann aber als Kasseler Stadtkind, auf die Archäologie umzusteigen. Im Studium führte sie Ausgrabungen in Einbeck gegenüber der Brauerei durch und entdeckte so ihre Faszination fürs Bier, die sie auch im neuen Fachgebiet als Museumspädagogin im Staatlichen Museum Ägyptischer Kunst in München ausleben konnte. Denn 2016 stand das Jubiläum des Reinheitsgebotes an – und das Museumsteam wollte mit einem besonderen Experiment etwas dazu beitragen: Mit großem Aufwand rekonstruierten Roxane Bicker und ihre MitstreiterInnen ein ägyptisches Bier aus der Antike und betraten damit sozusagen Brauer-Neuland. Im Podcast berichtet sie über das Ergebnis und die vielen faszinierenden weiteren Parallelen der ägyptischen Geschichte mit unserer heutigen Kultur…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute mal mit einer ganz, ganz speziellen Geschichte und zwar habe ich eine liebe Kollegin, Historikerin, Ägyptologin, die auch einen Podcast macht, auch als Autorin aktiv ist, auch Pädagogin ist, also ganz viele spannende Felder bedient, mit denen ich mich auch selber gerne beschäftige. Und, sie hat eben auch ganz spannende Dinge um das Thema Bier herausgefunden und selbst schon ausprobiert. Kurzum wir haben Roxane Bicker zu Gast und ich würde dich bitten, dich mal ganz kurz unseren Hörern selbst vorzustellen.

Roxane Bicker: Ja, es ist ja eigentlich fast schon alles gesagt, was man zu mir wissen. Also, Roxane Bicker, ich arbeite seit Anfang 2005 im Ägyptischen Museum in München. Ich habe die Leitung der Kulturvermittlung inne, also alles, was sich mit Veranstaltungen im Museum, mit Führung, mit Vorträgen beschäftigt und bin, ja, mehr zufällig über das altägyptische Bier gestolpert und habe mich 2016 damit etwas genauer auseinandergesetzt. Hintergrund des Ganzen, 2016 jährte sich das bayrische Reinheitsgebot zum 500. Mal und wir, die wir uns mit dem alten Ägypten beschäftigen, können da ja nur müde lächeln, denn Bier in Ägypten gibt es bereits seit 5.000 Jahren. Das heißt, wir haben also dieses Jubiläum zum Anlass genommen, uns auch von fachlicher Seite, von Museumsseite aus, etwas mit dem Bier zu beschäftigen.

Markus: Ja und da gibt es ja auch ein ganz tolles Video, dass wir auch verlinken werden in den Shownotes, wo du einen Vortrag zu dem Thema hältst und eben auch verweist auf eine Aktion, über die wir bestimmt gleich noch sprechen werden. Vielleicht vorneweg noch, wie kommt man überhaupt auf diese Idee, grade Ägyptologie zu studieren? Also war das schon immer so ein Wunsch für dich oder bist du da so rein gestolpert?

Roxane Bicker: Ja, also ich bin da wirklich mehr rein gestolpert. Ursprünglich habe ich direkt nach dem Abitur angefangen, Ökolandbau, also Landwirtschaft zu studieren. Ich habe ein Jahr auf einem Bauernhof gearbeitet, bin dann an die Uni gewechselt, habe dann aber festgestellt, dass es so als Stadtkind doch nicht das ganz Wahre ist, wenn man keinen Bauernhof im Hintergrund hat. Und habe dann das Studienfach gewechselt zur Ägyptologie, unter anderen und zur Ur- und Frühgeschichte. Man kann sich vorstellen, meine Eltern haben die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, erst macht das Kind Ökolandbau und dann auch noch Ägyptologie. Aber ich habe festgestellt, die Ägyptologie ist wirklich das, was mich fasziniert, auch wenn ich dort relativ unbedarft rein gestolpert bin. Es war also nicht wie bei vielen anderen der Wunsch von klein auf, Ägyptologie zu studieren, sondern es war mehr der Zufall, der mich hingebracht hat. Ich habe in anderen Dingen auch schon früher zu Schulzeiten im Museum gearbeitet und habe dann beides zusammengebracht, also die Leidenschaft für die Ägyptologie und die Museumsarbeit. Und im Fach, nach dem Ende des Studiums, einen Job zu kriegen, dazu muss ich sagen, einen unbefristeten Vollzeitjob in der Ägyptologie, das ist eigentlich besser ein Sechser im Lotto, wenn auch nicht ganz so gut bezahlt.

Markus: Ja, das klingt wirklich nach einem Jackpot sozusagen. Also grade, wenn es einfach das Thema ist, das einen bewegt und mit dem man sich beschäftigen kann und wo man dann eben auch entsprechend in die Vermittlung gehen kann, das finde ich natürlich schon toll. Und ich habe mich auch ein bisschen umgesehen auf den verschiedenen Websites auch vom Museum und da sieht man ja auch, dass du da sehr aktiv bist und dass es da auch viele pädagogische Angebote gibt, bis hin zu einem Hieroglyphenkurs. Also da habe ich mal kurz reingeschaut, das hat mich, ehrlich gesagt, schon fast überfordert, aber total spannend. Also wie kommst du auf diese pädagogische Schiene?

Roxane Bicker: Auch das liegt mir schon sehr lange. Ich habe ja eben gesagt, ich habe schon zu Schulzeiten auch im Museumsbereich gearbeitet. Ich war aktiv in einem Astronomie-Verein, in der Sternwarte und habe da zu Schulzeiten die Jugendgruppe geleitet. Das heißt also, diese pädagogische Anleitung, diese Kulturvermittlung liegt mir irgendwie auch im Blut und das bietet sich dann im Museumsbereich natürlich an. Also grade auch dieser Kontakt zu den Menschen, das, was mir Spaß macht, was mich bewegt, nahezubringen, das ist eigentlich das Beste und dafür bietet sich das Museum mit dem Fachbereich Ägyptologie eigentlich wirklich gut an.

Markus: Ja und das ist auch ein bisschen das, was uns verbindet, weil ich eben auch wirklich sehr, grade für dieses Thema Bier und die Kulturgeschichte rund ums Thema Bier, mich interessiere und das eben auch gerne vermittle. Und da sind wir jetzt auch schon bei dem entscheidenden Punkt, so bei meinen Recherchen in der Biergeschichte bin ich ja unter anderem dann bei den Sumerern so auf die ersten Schriftzeichen für Bier gestoßen, die dann praktisch so diese Amphoren symbolisieren. Im Ägyptischen habe ich dann gelesen, da überschneidet sich dieses Thema Bier und Brot.

Roxane Bicker: Genau.

Markus: Wie ist das mit dem Thema Bier, also ab wann kannte die Bier und wie haben die das dargestellt und wie ist die Nähe zu Brot?

Roxane Bicker: Also Brot- und Bierherstellung hing im alten Ägypten sehr eng zusammen. Die ersten Hinweise auf Brauereien im alten Ägypten, die gehen auf die ganz, ganz frühe Zeit zurück, also in die Zeit 3700 bis 3500 vor Christus, da hat man archäologisch vergrabene Brauanlagen in Ägypten. Brot und Bier waren im alten Ägypten Grundnahrungsmittel. Das Bier finden wir im Alltag in der Religion, im Diesseits, im Jenseits und auch in der Medizin, es ist also im Leben der alten Ägypter überall mit drin und überall immer zu finden. Und es war nicht nur das Grundnahrungsmittel, sondern Arbeiter im alten Ägypten wurden auch mit Brot und Bier bezahlt. So wissen wir beispielsweise, dass das Existenzminimum im alten Ägypten bei fünf Broten und zwei Krügen Bier am Tag lag. Also von daher finden wir das wirklich überall und wir finden auch sehr, sehr viele Textzeugnisse aus dem alten Ägypten. Wir finden beispielsweise in der Lehre des Ani zu Zeiten des Neuen Reiches so um 1300 vor Christus einen Text, in dem heißt es: Übernimm dich nicht beim Bier trinken! Du fällst hin mit schwankenden Beinen und keiner reicht dir die Hand. Deine Genossen sagen: „Geh Heim, der du genug getrunken hast.“ Wer kommt und dich sucht, um etwas zu besprechen, der findet dich im Staub liegend wie ein Kind. Und deine Freunde gehen weiter und sagen: „Weg mit diesem, er ist betrunken.“ Also wirklich aus dem Leben heraus gegriffen. Wir wissen auch über Starkbierfeste, die der Göttin Sachmet geweiht waren. Wir finden das Bier in Liebesliedern wiedergegeben, wir finden es in Totentexten, also wirklich überall.

Markus: Ja, wir haben auch regelmäßig zu Gast den Matthew Adams, der in Abydos die Ausgrabungen leitet.

Roxane Bicker: Ja, genau.

Markus: Und der hat ja so eine richtige Großbrauerei eigentlich ausgegraben. Und wir haben dann mit ihm zusammen mal hochgerechnet, dass das ja eine Produktionskapazität ist alleine dort, die ungefähr zehn Prozent von dem ausmacht, was der deutsche Biermarkt aktuell hergibt. Also das ist schon eine richtig große Menge und das heißt, es war wirklich ein Volksgetränk. Und hat man denn neben Bier noch irgendwas anderes auch getrunken?

Roxane Bicker: Ja, man hat auch Wein getrunken, das war allerdings mehr nur für die Hochstehenden. Warum nun das Bier als Grundnahrungsmittel, ich meine Ägypten ist das Land am Nil, man würde ja eigentlich eher zum Wasser greifen, aber, das Nil-Wasser dadurch, dass die Leute sich dort auch gewaschen haben, das sie an dem Nil gewohnt haben, das es aber auch sehr verschmutzt sein konnte, konnte das normale Wasser Krankheiten auslösen. Und das Bier, das leicht alkoholhaltig ist, das war halt wesentlich gesünder und deswegen hat man das Bier als Grundnahrungsmittel, als Basisgetränk angenommen.

Markus: Das heißt, also auch, wenn man zum Beispiel so einen Getreidebrei, so eine Art Müsli oder so gemacht hat, hat man das dann eher mit Bier zubereitet als mit Wasser?

Roxane Bicker: Ja, wahrscheinlich. Also das Bier, was wir im alten Ägypten haben, wie gesagt, man hat zwar diese Starkbierfeste, aber das, was man so alltäglich getrunken hat, was auch die Kinder getrunken haben, das wird nur sehr, sehr leicht alkoholhaltig gewesen sein und das hat man dann wirklich für alles andere wahrscheinlich benutzt. Das Problem ist, genau können wir es nicht sagen, denn wir haben natürlich keine Rezepte aus dem alten Ägypten überliefert, was man wo wie gekocht hat. Man ist da also immer sehr auf die archäologischen Funde angewiesen und die sind nicht immer ganz einfach zu untersuchen nach der langen Zeit, die seitdem schon vergangen ist.

Markus: Ja, das stimmt. Wobei der Matthew Adams mir erzählt hat, dass er jetzt wirklich drauf und dran ist, so ein altes Bier mal zu rekonstruieren, also da bin ich sehr gespannt.

Roxane Bicker: Ja, also da gibt es sehr, sehr viele Rekonstruktionsversuche. Ich meine, klar, was anderes haben wir mit unserem Nachbrauen, was wir zu der Zeit im Museum gemacht haben, auch nicht getan. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie man das Ganze gemacht hat. Ich sage immer, es wird nicht das eine Bierrezept in Ägypten gegeben haben. Wenn wir hier aus Bayern, wenn wir mal bei verschiedenen Leuten nachfragen, wie deren Obazda-Rezept ist, da wird man wahrscheinlich auch 20 Familien fragen und 30 Rezepte bekommen. Und genauso wird das auch im alten Ägypten gewesen sein, man hat einerseits natürlich diese fast industrielle Produktion, wie dort in Abydos, wo man mehrere 10.000 Liter in einem Brauvorgang produziert hat, aber, das war natürlich wirklich so für die großen Paläste und für die großen Pyramidenbaustätten beispielsweise. Aber man hat natürlich auch Zuhause gebraut, also für den Hausgebrauch, für den Alltag hat man direkt Zuhause das Bier angesetzt und da wird jeder sein eigenes Rezept mit seinen eigenen Spezialitäten gehabt haben.

Markus: Ja, ich habe auch gelesen, das eben die Sumerer zum Beispiel über 160 verschiedene Worte für Bier kannten, also dementsprechend muss es ja dann auch ziemlich verschiedene Sorten oder Rezepturen gegeben haben, wenn das denn so stimmt. Also da sind wir noch bei so einem Punkt, also wir steigen ja eh gleich noch in eine kleine Bierverkostung ein, aber vorher hätte ich noch eine Frage, du hast da grade auch so mit erwähnt, Bier war auch Medizin. Und nachdem sich ja immer so viele Mythen und Sachen darum rankten, gibt es zum Beispiel eine Dokumentation, in der erzählt wird, dass es wohl im ägyptischen Boden, in diesen Bodenflechten, die da sind, etwas gibt, was antibakterielle Substanzen produziert und was dann über dieses, dass man Datteln zugegeben hat, die man vorher am Boden zertreten hat, dass das dann ins Bier kam. Also ist das so, kann man das wirklich sagen?

Roxane Bicker: Da müsste ich jetzt nachgucken, wie genau die Untersuchungen, die naturwissenschaftlichen Untersuchungen aus diesen Brauereien sind. Also was ich weiß ist, dass man relativ viel Zeug in diesem Bier gefunden hat. Ich meine, es geht hin bis zu Traubenkernen, die wahrscheinlich für die Hefe gesorgt haben. Eben natürlich sowas wie Datteln, wie Feigen, die man auch zur Süßung des Bieres verwendet hat. Man hat in einer von diesen ganz frühen Brauereien auch Taumel-Lolch gefunden. Das ist ein Kraut, Taumel, ne, so eine Art Rauschmittel. Wo man auch nicht genau weiß, ist das jetzt beabsichtigt zugegeben worden, um die Wirkung des Bieres zu verstärken oder ist das nur einfach zufällig mit dem Getreide dort hineingelangt. Also, das ist immer die Frage, was war beabsichtigt und was ist dort einfach mehr zufällig mit rein geraten? Das wird wirklich relativ schwierig nachzuweisen sein.

Markus: Kannte man den Rausch?

Roxane Bicker: Ja, definitiv. Wir haben es ja eben schon gehört, ne, er liegt am Boden und mit ihm ist nichts mehr anzufangen. Und man hat den Rausch auch ganz bewusst herbeigeführt eben bei solchen Starkbierfesten, wo es darum ging, sich, um es mit heutigen Worten zu sagen, richtig abzuschießen. Da ist das Oktoberfest ein Waisenkind dagegen.

Markus: Apropos Oktoberfest, wir wollen natürlich in diesem BierTalk auch ein Bierchen trinken und da würde ich jetzt dir natürlich den Vortritt lassen logischerweise als unser Gast. Und was hast du denn mitgebracht und vielleicht auch, wie ist denn deine persönliche Beziehung zum Thema Bier, wenn du eine hast?

Roxane Bicker: Das war gar nicht so einfach, mich zu entscheiden, als du gesagt hast, wir können gerne auch ein Bier da mit aufmachen, habe ich natürlich hin und her überlegt, ja, welches nimmt man denn? Wir haben damals im Museum 2016 zu unserer Bieraktion ein nachgebrautes Pharaonenbier uns eingekauft gehabt. Danach habe ich natürlich sofort geguckt, das ist leider nicht mehr verfügbar. Die zweite Wahl wäre gewesen, dass wir ein ägyptisches Bier nehmen, was man in Ägypten bekommt, das ist das Stella-Bier. Das war aber auch nicht so schnell aufzutreiben. Dann habe ich mich zurückerinnert, ich komme ursprünglich aus dem Kasseler Bereich, dort gibt es die Hütt Brauerei und die ursprünglich Kasseler Martini Brauerei, ist aber hier im Münchner Raum auch nicht wirklich zu bekommen. Eine Verbindung zum Bier habe ich noch, in dem ich während Studiumszeiten in Einbeck gegraben habe, Ausgrabungen durchgeführt habe, zwei Lehrgrabungen in unmittelbarer Nähe zur Brauerei in Einbeck. Und es hat auf der Grabung morgens immer ganz wunderbar gerochen. Aber auch das Einbecker Bier war hier nicht wirklich zu bekommen. Und so bin ich dann doch bei einer Münchner Sorte hängengeblieben und habe mir ausgesucht, ein Giesinger. Und das Giesinger Bräu ist ja die jüngste Brauerei in München und ist erst 2006 gegründet worden. Damals noch in einer Garage, inzwischen sind sie schon richtig groß geworden. Und deswegen habe ich mir gedacht, bleiben wir halt ganz einfach und profan in München.

Markus: Ja, das ist doch auch eine gute Wahl. Also es hieß am Anfang ja auch das Bierlaboratorium.

Roxane Bicker: Genau.

Markus: Also hatte ja auch so ein bisschen einen Anspruch und wir hatten den Brauer ja auch schon bei uns im BierTalk. Also, insofern bin ich mal gespannt. Kannst du gerne mal aufmachen und uns ein bisschen teilhaben lassen, was das denn für eines ist und wie es dir schmeckt.

Roxane Bicker: Da bin ich jetzt nämlich mal sehr gespannt. Also ich trinke natürlich schon Bier, aber das wirklich so zu verkosten, mal gucken, was du jetzt da von mir hörst. Also, wir schütten das Ganze erst mal ein. Ich habe ja in der Tat sogar ein Bierverkostungsglas hier vorne vor mir.

Markus: Sensation.

Roxane Bicker: Ja, wir haben nämlich mal einen schönen Bieradventskalender gehabt und da war auch so ein Verkostungsglas dabei. So, ich habe es eingeschüttet, es ist natürlich wieder riesen großer Schaum oben drauf. Schlecht eingeschüttet! Prost!

Markus: Prost, auf jeden Fall. Und das mit dem Schaum ist gar nicht schlimm, weil, bei uns in Deutschland ist der Schaum ja sogar eher etwas Positives. Und wenn ein Bier ordentlich Schaum hat, ist es auf jeden Fall mal ein gutes Zeichen also.

Roxane Bicker: Das auf jeden Fall, es ist kein schales Bier. Also es ist ein Giesinger Münchner Hell und es hat so einen relativ süßlichen Geschmack. Also ich finde es ziemlich mild und ein bisschen süßlich im Abgang. Durchaus schmackhaft, ja. Ich weiß, beim Whisky ist es ja immer so, man hat dann irgendwie im Abgang Äpfel- und Citrusnoten und so. Da bin ich ja total Banause, dem schmecke ich immer nicht raus.

Markus: Das ist erstens nicht schlimm, zweitens Übung und drittens, bei so einem Hellen auch schwer, weil das einfach, wie du schon gesagt hast, das ist ein leichtes Bier, das ist ausgewogen, das ist ein bisschen eher süß und ist einfach so ein schönes Allround-Bier.

Roxane Bicker: Genau.

Markus: Passt perfekt zu jeder Brotzeit, passt in den Biergarten, passt aber jetzt auch so im Homeoffice.

Roxane Bicker: Genau. Ich habe mich in der Tat heute schon den ganzen Tag drauf gefreut, ja.

Markus: Na, dann freue ich mich ja und hoffe, dass es dir schmeckt.

Roxane Bicker: Auf jeden Fall.

Markus: Und, ja und muss auch sagen, also das Giesinger Hell ist ja eine relativ neue Kreation, die sie jetzt, ich glaube, erst letztes Jahr auf den Markt gebracht haben.

Roxane Bicker: Ja, genau, genau.

Markus: Und ich war da im, wann war das, November, glaube ich, vor Ort, als wir den European Beer Star hatten, ein Bierwettbewerb und haben da bei den Giesingern unsere Auftaktveranstaltung gehabt und konnten das dann auch probieren, noch vom allerersten Sud. Und das ist auch spannend, so ein Bier mal, also ich meine, du gräbst ja immer Sachen aus, wenn sie schon 1.000e von Jahren alt sind und das ist jetzt mal ein Bier, was wir in seiner Entstehung verkosten können.

Roxane Bicker: Ja, ich meine, das ist ja auch wunderbar, ne. Ich finde, das ist auch was ganz Spannendes.

Markus: Ist ja mal so ein bisschen Seite. So, jetzt kriege ich aber auch Durst und mache mir mal meins auf. In der Tat, also solche Biere, nachgebraute ägyptische Biere, es ist nicht einfach. Also ich persönlich kenne eigentlich nur in Berlin die Köpenicker Brauerei, aber ich weiß nicht, ob sie es aktuell überhaupt machen, auf jeden Fall gab es das, glaube ich, nie in der Flasche. Und das war eben auch so ein ägyptisches Bier, auch mit Datteln und Honig und sehr kräftig und ziemlich gefährlich auch. Also war bestimmt zweistellig vom Alkoholgehalt. Also wer da mal vorbeikommt, der Max Ruppert ist das, der das da macht in der Köpenicker Brauerei. Und sein Vater, der hat da ganz viel geforscht und hat unter andrem eben das alte ägyptische Rezept dort mit Leuten in Berlin aus dem Museen eben gefunden. Und hat dann später auch Rezepte aus dem Mittelalter und aus der frühen Neuzeit gemacht und hat dann eben so Köpenicker Urbiere und das Bier des Großen Kurfürsten und sowas, das hat er alles wiederbelebt und eben auch dieses Ägyptische, das ist das Einzige, dass ich kenne. Und ich habe mal von einem aus Amerika gehört, wo man tatsächlich versucht hat, aufgrund von Funden in der Archäologie was zu rekonstruieren, aber das ist natürlich mittlerweile nicht mehr erhältlich, ne.

Roxane Bicker: Ja, aber es ist auch einfach halt auch unglaublich schwierig, also von den wenigen Funden, die man hat, da dann wirklich auf ein Rezept, auf eine Mengenangabe zu schließen. Also das haben wir ja dann auch festgestellt mit unserem Probebrau, das ist nicht so ganz einfach, also da zu sagen, du nimmst soundso viel davon und soundso viel davon, dem genauen Mischverhältnis und dann lässt du es solange stehen und dann kochst du es oder machst sonst irgendwas. Das kann man halt nicht machen, also das ist wirklich einfach eine Sache des Ausprobierens.

Markus: Ja, also da muss man wirklich viel probieren. Noch einen Satz, bevor ich gleich mein Bier aufmache, der Vater von dem Max Ruppert hat ja unter anderem eben auch dieses preußische Bier rekonstruiert. Und damals hat er das so gemacht, dass er das Rezept auch nicht direkt gefunden hat, aber er hat dann die Bestellungen und die Steuererklärungen dazu gefunden. Und hat dann praktisch aufgrund der Mengen, die da jeweils bestellt worden sind von den verschiedenen Rohstoffen und wie viel Bier dann am Ende des Tages ausgeliefert und verkauft worden ist, da dann auf das Rezept geschlossen. Also ob das dann am Ende gepasst hat, weiß man auch nicht. Aber, gut, ich habe deswegen mir gedacht, dann nehme ich wenigstens einen Rohstoff, der ziemlich sicher auch im ägyptischen Bier verwendet worden ist, nämlich Emmer, also diese Urgetreide. Und das macht grade die Camba Bavaria am Chiemsee, macht so eine Serie mit historischen Bierstilen und hat unter anderem auch ein Emmer-Bier rausgebracht. Das mache ich jetzt mal auf. So, gucken wir mal. Also Schaumentwicklung ist hier auch ordentlich, aber, das darf es auch haben, also da ist ja nicht nur Emmer drin, sondern auch Weizen. Also ein obergäriges Bier eben so in der Weißbiertradition und da hat man ja mehr Kohlensäure und deswegen auch mehr Schaum. Es ist so sonnengelb, würde ich sagen, hat eine leichte Trübung, Schaum ist auch ein bisschen gefärbt. Und es riecht tatsächlich ähnlich wie ein Weißbier, so ein bisschen wir eine grüne Banane habe ich da in der Nase, ein bisschen leichte Citrusaromen auch. Jetzt probiere ich das mal. Also sehr weich, sehr rund. Ein schönes Spiel zwischen Säure und Süße und man merkt auch, dass es intensiv ist, also intensiver als ein normales Weißbier. Und in der Tat ist der Körper auch ein bisschen anders, als man es vom Weizen kennt, ein bisschen kantiger, würde ich sagen.

Roxane Bicker: Ursprünglicher fast, ne?

Markus: Vielleicht ursprünglich, wer weiß. Also ansonsten kenne ich das zum Beispiel auch von der Riedenburger Brauerei, die machen ja auch so Urbiere.

Roxane Bicker: Das wäre eben meine zweite Wahl noch gewesen, da hatte ich auch gesehen, die haben ein Emmer-Bier, ja.

Markus: Genau und ein Einkorn-Bier. Also wenn du das noch nicht probiert hast, das ist ein sehr interessantes Bier. Also da kann man so ein bisschen in diese Zeit zurückschauen. Und da sind wir vielleicht auch bei dem Thema, das uns so ein bisschen zusammengebracht hat und du hast ja auch schon erwähnt, ihr habt nachgebraut. Wie kam es denn dazu, wie ist denn da die Geschichte drum rum und was kam am Ende dabei raus?

Roxane Bicker: Ja, wir haben uns gedacht, wir wollen nun einfach nicht nur über das Bier erzählen, sondern wir wollen uns wirklich auch mal in der Experimentalarchäologie betätigen und wollen schauen, ob wir denn auch ein altägyptisches Bier zusammenkriegen. Nun und dann stellte sich die Frage nach dem Rezept. Man hat eine Überlieferung aus dem alten Ägypten, die stammt allerdings aus der Zeit um 400 nach Christus von einem Herrn Zosimos aus Panopolis. Und der sagt in seinem Rezept: „Nimm helle reine schöne Gerste. Male die Körner und bereite Brote. Das heißt, Malzbrote, in dem du Sauerteig wie zu gewöhnlichem Brot hinzugibst. Dann röste diese Brote, aber nur oberflächlich. Und wenn sie Farbe bekommen, so kläre ein süßes Wasser ab und seihe es durch einen Seiher oder ein feines Sieb.“ Das heißt, wir haben uns gedacht, wir machen keine Experimente mit Emmer oder mit Einkorn, sondern wir beziehen uns auf den guten Zosimos und nehmen reine Gerste. Wir haben ja am Anfang schön gehört, dass in Ägypten das Brotbacken sehr eng mit dem Bierbrauen zusammenhing, man findet das auch in den Darstellungen immer gemeinsam und ich selbst betätige mich auch hobbymäßig beim Brot backen, das heißt, ich habe einen eigens angezüchteten Sauerteig. Der ist nun für das Brot backen meistens aus Roggen, aber den kann man ziemlich gut umzüchten. Das heißt, ich habe aus diesem Roggensauerteig mit Gerstenmehl einen Gerstensauerteig hergestellt.

Markus: So ein bisschen wie ein Haustier, oder?

Roxane Bicker: Ja, so ein bisschen, genau, also einfach anfüttern, wachsen lassen und dann ist daraus also ein Gerstensauerteig geworden. Den habe ich mit Gerstenmehl und Gerstenmalz gemischt, denn Zosimos beschreibt in seinen Text vorher, wie man Gerstenmalz herstellt. Und das Ganze mit Wasser verbunden, zu einem Teig gemacht und ein wenig gehen lassen. Das Ganze habe ich dann in einen Fladen in der Tat angebacken, dass sich außen eine Kruste bildet, aber innen das Ganze noch fast roh ist. Gerste hat nun nicht allzu viele Kleberstoffe. Das heißt, also fürs Brotbacken eignet sich das nicht wirklich gut und wenn man diese Fladen aus dem Backofen herausgenommen hat, dann sind sie einem auch fast schon in den Händen zerbröselt, aber fürs Bierbrauen umso besser. In den Darstellungen, die wir aus dem alten Ägypten kennen, da finden wir in der Tat die des Teigknetens und dann finden wir Darstellungen von Menschen, die in Gefäßen drinstehen und dort also etwas mit den Füssen zertreten. Das kennt man ja auch von der Weinherstellung. Das heißt, man hat also diese angebackenen Fladen genommen und mit Wasser übergossen, zu einem schönen Brei zermantscht. Wir haben das nur mit den Händen gemacht, wir sind also nicht leibhaftig mit den Füssen in diese Gefäße rein gestiefelt, wir haben es wirklich nur so ein bisschen, in kleineren Mengen vermischt. Das Ganze haben wir dann erst mal oder habe ich in meiner ersten, in meinem allerersten Versuch stehen gelassen, ich habe es also nicht gleich abgeseiht, so in einem Eimer bei mir hier in der Küche gemacht. Und am nächsten Tag ist diese Flüssigkeit fast pechschwarz geworden. Da habe ich gedacht, oh Gott, was ist denn jetzt hier passiert, ob das überhaupt noch was wird? Deckel wieder vorsichtig drauf gelegt, habe es noch einen Tag stehenlassen und dann ist das Ganze umgeschlagen und war dann wirklich goldgelb und hat richtig hörbar geblubbert. Das heißt, die Hefe hat also ihr Werk getan und hat angefangen, das ganze schön zu vergären. Und ich habe es dann noch ein paar Tage stehenlassen. Und dann wollten wir es eigentlich durch ein Leinentuch abseihen, aber diese Masse war so dickflüssig, dass sie uns das ganze Leinentuch verstopft hat und es ist da nicht sehr Flüssigkeit nachher bei rausgekommen. Wir haben das Ganze dann im Museum noch ein bisschen optimiert. Wir haben uns auch von einer bekannten Töpferin drei Gefäße, drei Biergefäße nachtöpfern lassen, sodass wir das also für unsere Präsentation im Museum auch wenigstens ein bisschen unterfüttern konnten. Und das Bier, was wir dann dort herausbekommen haben, hat nicht so viel Ähnlichkeit mit unserem Bier gehabt. Das war von der Farbe her so bernsteinfarben, kann man sagen, es hatte einen leicht säuerlichen Geschmack, brotig, fast zitronenartig. Also es hat so ein bisschen an Apfelessig erinnert. Also mit unserem Bier nicht wirklich vom Geschmack zu vergleichen, aber wenn man sich das als Grundnahrungsmittel, gerade in der altägyptischen Wüstenhitze vorstellt, dann war das mit Sicherheit sehr, sehr erfrischend. Der Vater von einer mir bekannten Ägyptologin ist auch Brauer, der hat uns unser selbstgebrautes Bier dann untersucht. Das heißt, wir haben also sogar die Untersuchung von unserem selbstgebrauten Bier und die Stammwürze bei unserem lag bei neun Prozent. Es hat einen leichten Alkohol gehabt von nur 1,6 Prozent. Also kein Starkbier, betrunken wurde man davon definitiv nicht. Ein sehr niedrigen PH-Wert, wahrscheinlich weil bei uns sehr viel Milchsäuregärung auch drin war. Und was uns ein wenig, würde ich sagen, geschockt hat als Münchner, aber es war ein Bier der Art Berliner Weisse, das wir hergestellt haben. Ja, wir haben es dann ein paarmal noch nachgebraut. Wir hatten eine Präsentation mit dem Bayrischen Rundfunk, sind dazu rausgefahren hier vor die Tore von München auf den Bajuwarenhof in Kirchheim, die haben nämlich einen bajuwarischen Lehmbackofen nachgebaut und da haben wir dann unsere Brotfladen drin gebacken. Das ist halt dem ägyptischen Ofen doch etwas ähnlicher als der heimische Elektroofen. Und haben da dann auch live vor Ort noch einmal gebraut und auch das ist durchaus was geworden.

Markus: Ja, also faszinierend, bei mir ist jetzt das Kopfkino ständig gewechselt, was da so alles passiert, also wirklich spannend, wirklich faszinierend. Ein paar Fragen habe ich in der Tat, die mir so gekommen sind. Erst mal dieses Thema, dass Sie eben Brote gebacken haben, um damit dann Bier zu brauen.

Roxane Bicker: Genau, genau.

Markus: Warum mache ich das eigentlich? Also ich könnte, wenn ich eh Malz herstelle, könnte ich doch auch einfach direkt Bier brauen, also warum macht man diese Brote?

Roxane Bicker: Ich habe keine Ahnung, also die Frage ist halt, ja, warum? Durch das Backen bildet sich ja in diesem Brot auch noch so ein bisschen Zuckerstärke. Vielleicht half das einfach noch besser bei der Vergärung. Also man ist ja wirklich, man hat ja wirklich mit diesem reinen Sauerteig angefangen, man hat ja keine zusätzliche Hefe mehr mit dazugegeben. Außer manchen Rezepten Traubenkerne oder auch Traubenhüllen, an denen sich natürliche Hefen abgesetzt haben. Aber irgendwie muss dieses leichte Anbacken, diese leichte Kruste des Brotes dafür gesorgt haben, das dieser Sud besser geht. Ich muss dazu sagen, wir sind da ja vollkommen unbedarft dran gegangen. Also ich habe noch nie in meinem Leben vorher gebraut, ich habe keine Ahnung, wie ein normaler Bierbrauprozess funktioniert, ich habe nur gedacht, Zosimos hat das so beschrieben, wie probieren das jetzt einfach aus. Die alten Ägypter werden sich auch nicht große wissenschaftliche Gedanken drum gemacht haben, man hat es halt einfach getan und es hat funktioniert.

Markus: Ja, eben, also es hat ja auch funktioniert.

Roxane Bicker: Genau.

Markus: Wenn ich jetzt mal überlege, so von der Bierseite her, also wenn ich dieses Brot backe, habe ich auf jeden Fall die sogenannte Maillard-Reaktion. Das heißt, also man kriegt eben eine dunklere Farbe, man kriegt ein bisschen so diese Röstaromatik, die karamellige Aromen mit hin. Was auch der Fall ist also grade, ich habe, während du erzählt hast, mir schon aufgeschrieben Berliner Weisse, bevor du es gesagt hast, weil es in diese Richtung klingt. Und da ist es zum Beispiel so, dass die traditionelle Berliner Weisse auch nicht mehr gekocht wird. Also sprich und das ist ja da auch nicht der Fall und vielleicht nimmt man das auf diesem Wege vielleicht ein bisschen vorweg. Ich habe mir auch mal überlegt, ob das vielleicht sogar eine Möglichkeit war, Getreide quasi haltbarer zu machen, in dem man es in Brote bäckt, die man dann vielleicht besser aufheben kann als Getreide.

Roxane Bicker: Ja, aber dadurch, dass die innen noch wirklich fast roh sind, halten die sich auch nicht unbedingt länger. Das ist ja allgemein das Problem, ich meine, Ägypten, Wüstenland, heiß, da hält sich das Bier auch nicht lange. Das heißt, es muss also wirklich wahrscheinlich jeden Tag frisch gebraut worden sein und hat sich maximal zwei bis drei Tage gehalten und war zum sofortigen Genuss bestimmt. Also das war nicht viel mit Vorratshaltung.

Markus: Ja, das stimmt. Und was auch wichtig ist, in der heutigen Braukunst kennen wir das ja so, dass man das Bier erst mal so macht, dass man aus dem Malz Zucker entstehen lässt und dann in einem zweiten Schritt später die Hefe aus dem Zucker den Alkohol machen lässt. Und in den alten Kulturen, eigentlich bis zur frühen Neuzeit, war das so, dass dieser Prozess gleichzeitig stattgefunden hat. Also es wurde gleichzeitig praktisch die Stärke in Zucker umgewandelt, aber es gab auch schon Gärung, sodass eben sofort Alkohol entstanden ist und dadurch ging das auch so schnell. Dadurch konnte ich auch so ein Bier dann quasi sofort trinken und musste nicht eben noch eine Woche warten oder so.

Roxane Bicker: Genau, genau. Aber was du gesagt hast von wegen dem Kochen, also auch das hat man in Ägypten nachgewiesen. Das heißt, es muss also wirklich beide Möglichkeiten gegeben haben. Grade in diesen frühzeitlichen Brauereien, die man ausgegraben hat, da hat man auch Hinweise darauf, dass man das Getreide gekocht hat. Da hat man nämlich auch große Krüge, die auf so einer Art Feuerstellen, Dauerfeuerstellen gestanden sind. Also da hat man wirklich auch mit dieser Kochmethode gearbeitet.

Markus: Faszinierend. Und eine Frage noch zur Hefe. Habt ihr überhaupt etwas zugesetzt oder habt ihr dem einfach seinen Gang gelassen?

Roxane Bicker: Genau, also ich habe nur meinen Sauerteig genommen, der eben schon auch etwas älter ist und damit entsprechend triebstark. Den habe ich auch wirklich selbst herangezüchtet, also nur mit Mehl und Wasser und dann stehenlassen und durch die natürlichen Hefen in der Luft beginnt der dann auch zu blubbern und zu gären und zu treiben.

Markus: Ja, also es sind dann wirklich die Hefen, die da in der Luft sind. Und das ist, und ich glaube auch, also wie du schon sagtest, die Milchsäure, die hat da auf jeden Fall ihren Anteil gehabt, sicherlich auch damals in Ägypten. Und klar, bei dem Klima ist vielleicht so eine leichte Säure vielleicht auch ganz gut.

Roxane Bicker: Ja.

Markus: Und es macht das Bier natürlich auch haltbar, also wenn man dann sowohl Säurekomponenten hat als auch Alkohol hat, ist natürlich beides auch gut für die Haltbarkeit von Bier. Und hast du denn schon mal so eine klassische Berliner Weisse, also nicht das, was man mit Sirup mischt, sondern was jetzt auch so die kleinen Brauereien wieder so nachbrauen nach alten Rezepturen, hast du sowas schon mal probiert?

Roxane Bicker: Nee, bisher nicht. Also in der Tat, so eine mit Waldmeister- oder Himbeersirup, das habe ich schon mal getrunken, aber so eine ganz Ursprüngliche leider bisher noch nicht.

Markus: Okay, also dann werden wir das mal bei Gelegenheit nachholen, wenn ich mal wieder in München bin, komme ich mal im Museum vorbei.

Roxane Bicker: Unbedingt, genau und dann trinken wir eine Berliner Weisse, ja, in München, genau.

Markus: Ja, aber interessant eigentlich, weil ich grade an einem Artikel recherchiere über die Biergeschichte von Berlin. Und worauf ich da auch gestoßen bin, ist, dass man auch über die Archäologie auf dem Barnim, das ist so nördlich von Berlin so ein Hügel, da hat man tatsächlich nachweisen können, das es schon 2500 vor Christus auch dort eine Bierherstellung gab, die auch relativ ähnlich der ägyptischen war. Also so vom Vorgehen her und wie man das so gemacht hat, auch mit Brot backen und so. Und interessanter Weise, als die Römer dann auf die Germanen gestoßen sind und so, haben die zwar erzählt, dass die Bier brauen, aber diese Nähe zu dem Ägyptischen, haben die nie irgendwie aufgeschrieben. Also weil, das wäre interessant gewesen, wie diese unv. #00:32:01-8#

Roxane Bicker: Ja, ja, klar, ja. Also ich meine, es geht ja inzwischen noch weiter zurück, man hat ja die Befunde aus Göbekli Tepe, da geht die Bierherstellung ja ins 10. Jahrtausend vor Christus zurück. Also ich meine, auch das ist ja unglaublich faszinierend, da hat man dann noch ältere Biervorkommen als bei den alten Ägyptern.

Markus: Ja, also das ist total faszinierend und das ist, soweit ich weiß, aktuell auch der älteste Beweis sozusagen rund ums Bier. Also, ja, insofern faszinierend, weil, das heißt einfach, dass Bier die Menschheit eigentlich begleitet, sogar noch vor der Zeit, bevor sie sesshaft wurde, bevor man eine umfangreiche Sprache oder Schrift oder sowas entwickelt hat. Also das ist schon eine interessante Sache, so ein Kulturgetränk, was auch viel länger zum Beispiel schon bei Menschen ist, als bewusst hergestellter Wein oder eben auch gebackenes Brot. Also, ja, toll, insofern, schön.

Roxane Bicker: Und von den alten Ägyptern wissen wir ja, ohne das Bier würde es die Menschheit heute ja sowieso überhaupt nicht mehr geben. Es gibt nämlich eine Geschichte aus dem alten Ägypten über die Göttin Sachmet, die löwenköpfige Göttin. In Ägypten glaubte man, dass in früherer Zeit die Götter zusammen mit den Menschen auf der Erde gelebt haben. Und der Herrscher damals über Götter und Menschen, das war der Sonnengott Re. Normalerweise sind die Menschen zu ihm in den Tempel gekommen, haben gebetet, haben gesungen, habe ihm Opfergaben gegeben, aber irgendwann haben sie damit aufgehört, nur gesagt: „Naja, der bringt uns eh nichts mehr.“ Re war enttäuscht, böse, wollte die Menschen bestrafen. Also großer Gott tut man das nicht selbst und so hat er sich eine Tochter geschaffen, die wilde und ungestüme Göttin Sachmet und hat Sachmet auf die Menschheit losgelassen. Und Sachmet hat mit Zähnen und Klauen, mit Feuer und Schwert die Menschheit dezimiert, bis die Menschen so viel Angst hatten, dass sie wieder zurück in den Tempel zu Re gekehrt sind, ihn angefleht haben, ihnen zu helfen. Re hatte also sein Ziel erreicht, wollte zu Sachmet hingehen und sie beruhigen, hat gesagt Sachmet: „Unser Plan ist aufgegangen, alles gut, du kannst jetzt aufhören.“ Sachmet hingegen war in einem solchen Blutrausch verfallen, das sie androhte, alle Menschen, die allerletzten auf Erden, umzubringen. Musste also ein zweiter Plan her und so hat Re die Menschen in seinem Tempel versammelt und sie haben in der Nacht heimlich große Mengen an Bier gebraut. Nicht das einfache Bier, was wir hergestellt haben, sondern das richtig gute Starkbier. Und das haben sie mit Ocker rot gefärbt und haben dieses Bier am Morgen auf den Feldern Ägyptens ausgekippt. Und als Sachmet aus ihrem Schlaf aufgewacht ist, sie diese großen Mengen an roter Flüssigkeit gesehen, hat natürlich gedacht, das wäre Blut und hat sich als blutrünstige Göttin darauf gestürzt, hat es aufgeschleckt und war danach so betrunken, dass sie Re keinen Widerstand mehr geleistet hat. Er konnte sie zähmen, zu sich in den Himmel holen. Die Menschheit war Dank des Bieres gerettet und Sachmet stand ab dieser Zeit auf der Seite der Menschen, ist nur noch mit dem König als Begleitung in den Krieg gezogen und war, spannender Weise, auch die Göttin der Heilkunst und der Ärzte. Also, Dank des ägyptischen Bieres gibt es und die Menschheit heute überhaupt noch.

Markus: Poh, krasse Geschichte. Hatte auch ein bisschen Saulus und Paulus irgendwie, ne.

Roxane Bicker: Ja, genau, also die Bekehrung.

Markus: Ja und hört sich auch so ein bisschen an wie die älteste Vampirgeschichte der Menschheit, oder?

Roxane Bicker: Ja, so ein wenig, genau.

Markus: Faszinierend. Ja, da sind wir vielleicht noch ein bisschen bei den anderen Facetten, die dich ausmachen. Also zum Beispiel bist du ja auch Autorin, hast schon viele Bücher geschrieben, denkst dir da wirklich sehr spannende, faszinierende, durchaus auch mal grausame Geschichten aus. Wie kommt man überhaupt zum Schriftstellertum dann und was bewegt dich da so?

Roxane Bicker: Also auch das liegt schon lange, lange zurück, also soweit ich mich erinnere, habe ich immer sehr, sehr gerne gelesen und es ist vom Lesen aus nur ein kleiner Schritt, dass man sich selbst Geschichten ausdenkt und die dann auch irgendwann zu Papier bringt. Bis da wirklich das erste Buch entstanden ist, da hat es allerdings ein bisschen gebraucht und die Bekanntschaft mit hier einer Münchner Schriftstellerein, Diana Hillebrand, die unter anderem bei uns im Museum für ihr neustes Kinderbuch recherchiert hat und mich dann wieder aufs Schreiben gebracht hat. Und wen ich da einmal angefangen habe, dann war dort kein Halten mehr. Ich habe 2016 wirklich wieder intensiv das Schreiben angefangen, es sind in dieser Zeit vier Romane inzwischen herausgekommen. Eine ganze Reihe von Kurzgeschichten, die manchmal öfters mit dem alten Ägypten natürlich auch zu tun haben, definitiv aber keine ganz klassischen altägyptischen Geschichten sind. Das heißt, ich nehme also die Kultur des alten Ägypten auch immer nur als eine Inspirationsquelle, um sie dann in andere fantastische Geschichten mit einzubinden. Aus reinem Eigennutz entstanden, ist ein Verein hier in München, die Münchner Schreiberlinge, wo wir uns als schreibende Personen zusammengetan haben, um uns gegenseitig auszutauschen, zu unterstützen, voneinander zu profitieren. Und seit letztem Jahr sind wir sogar ein eingetragener gemeinnütziger Verein und haben, so es Corona denn zulässt, noch eine ganze Reihe von Plänen.

Markus: Ja, ist auf jeden Fall auch eine sehr spannende Facette. Und ich muss auch, also ich habe so ein bisschen reingeguckt, also Buch habe ich natürlich noch keins, das werde ich noch nachholen.

Roxane Bicker: Noch, noch, ne.

Markus: Noch, genau. Aber, was du eben so schreibst, was da alles so passiert ist, da geht es ja dann durchaus auch mal zur Sache.

Roxane Bicker: Natürlich.

Markus: Und ich habe mal einen Workshop besucht mit Markus Heitz, der da gesagt hat, ja, also am wichtigsten für ihn ist eigentlich, dass er vorher praktisch so ein Storyboard schon irgendwie macht und die Personen entwickelt und das dann irgendwie so zusammenfasst. Also einen ganzen Roman an sich habe ich noch nicht geschrieben, bei mir sind es eher Sachbücher, wobei ich ab und zu so Geschichten einbinde, und soweit habe ich mich jetzt noch nicht gewagt. Aber wie ist das denn bei dir, entwickelst du vorher so deine Storyboards und deine Personen oder kommt das eher so aus dir raus, wie kommt das bei dir?

Roxane Bicker: Ja, also man unterscheidet zwei Arten von schreibenden Personen, das sind einmal die Plotter. So wie Markus Heitz, die also wirklich alles detailliert sich aufschreiben und schon genau, bevor sie das erste Wort geschrieben haben, wissen, was in einem solchen Roman passiert. Und dann gibt es die Pencer, von Englisch pence, die das Ganze auf dem Hosenboden machen, wo die ganze Geschichte beim Schreiben überhaupt sich erst entwickelt. Und das ist eher meine Herangehensweise. Das heißt, ich habe eine erste Idee vielleicht im Kopf, ich habe eine Person im Kopf, ein paar wenige Szenen, vielleicht einen ganz, ganz groben Rahmen, wo ich irgendwie hin will und dann entwickelt sich die Geschichte beim Schreiben. Und das ist vor allem auch meine Motivation, dass ich am Geschichten schreiben dran bleibe, denn ich weiß ja selbst noch nicht wie es ausgeht und was alles passiert, sondern das entwickelt sich wirklich erst direkt im Prozess. Und wenn ich wissen will, wie die Geschichte ausgeht, ja, dann muss ich sie halt notgedrungen zu Ende schreiben.

Markus: Also, das ist eine sehr, sehr schöne Herangehensweise und auch eine tolle Motivation, finde ich. Und da hattest du jetzt wahrscheinlich in dieser ganzen verrückten Pandemiezeit, da waren ja auch die Museen geschlossen, wahrscheinlich unfreiwillig auch relativ viel Zeit. Hast du da auch viel geschrieben?

Roxane Bicker: Schön wäre es gewesen, wenn ich da wirklich viel Zeit gehabt habe, man weiß ja, eigentlich hat man dann eher noch weniger Zeit. Ich bin mit meiner ersten Buchveröffentlichung, in der Tat, genau in die Corona-Zeit reingerutscht, mein erster Roman ist nämlich 2020 im März erschienen, genau da, wo alles losging.

Markus: Perfekt.

Roxane Bicker: Ja, perfekt, also perfekt für die Leute zum Lesen, eher weniger perfekt für mich, weil Lesungen und so weiter natürlich auch ausgesetzt waren. Ich versuche das Ganze irgendwie, den Vollzeitjob im Museum, die Familie, die ja auch noch ein wenig Aufmerksamkeit braucht, die anderen Freizeitaktivitäten und das Schreiben einigermaßen gleich zu gewichten, es ist nicht immer ganz einfach. Und es gibt auch solche Phasen, wo ich halt mal mehr schreibe und mal weniger, aber im Großen und Ganzen funktioniert das schon. Ich bin ein Frühaufsteher, also von daher falle ich meistens am Wochenende auch schon um sechs Uhr aus dem Bett, wenn die anderen noch schlafen und das ist dann meistens meine Schreibzeit am Wochenende in den frühen Morgenstunden.

Markus: Das stimmt, das ist irgendwie die produktivste Zeit, wenn alle anderen noch schlafen, wenn keine E-Mails kommen, gar nichts, dann kann man da in aller Ruhe, da stimmt.

Roxane Bicker: kann man sich da genau drauf konzentrieren, ja, das stimmt.

Markus: Ja, ich habe noch eine Frage so zu deinem Museumsschaffen. So, wenn man den normalen Menschen da draußen fragt, ja, was stellst du dir unter Museumspädagogik vor, dann sagen die, naja, das ist halt jemand, der mit Schulklassen durchs Museum läuft oder so. Und wie das bei dir, also bist du die, die mit Schulklassen mit durchs Museum läuft, was steckt da alles dahinter?

Roxane Bicker: Ja, ich bin die dahintersteht, das Leute mit Schulklassen durchs Museum laufen können. Ja, die Leute stellen sich den Museumsjob immer sehr interessant vor, man hat viel Zeit und kann sich kluge Gedanken machen, wandelt durch die einsamen Museumshallen, steht vor seinen Kunstwerken und denkt darüber nach. Nee, es ist eigentlich ein Bürojob wie jeder andere auch. Das heißt, ich komme morgens in unser Büro, ich sitze den ganzen Tag am Computer und am Telefon. Und wenn ich Glück habe, dann komme ich an einem Tag auch mal unten ins Museum in die Ausstellung, meistens sehe ich das aber eher nicht. Das heißt, unser Job ist einfach wirklich die Verwaltung, das, was die Leute vom Museum nämlich nicht sehen, was alles dahintersteht. Wir entwickeln die ganzen Programme, wir entwickeln die Vorträge. Wir halten natürlich selbst auch Vorträge, wir halten auch selbst Führungen, aber ich bin vor allem auch dafür verantwortlich, die ganzen Führungen einzubuchen, mit den Lehrern zu verhandeln, die über 450 Schulklassen, die wir in normalen Jahren haben, dann auf die einzelnen Führungskräfte zu verteilen. Also es ist eher das Entwickeln von Programmen und die ganze Organisation, die dahintersteht.

Markus: Und es richtet sich aber auch nicht nur an Kinder und Jugendliche, sondern durchaus auch an Erwachsene?

Roxane Bicker: Deswegen sind wir von dem Begriff der Museumspädagogik inzwischen auch etwas abgekommen, weil Pädagogik verbinden die meisten Leute ja wirklich mit Schulklassen, mit Kindern. Aber Kulturvermittlung ist für alle gedacht, das geht von den ganz Kleinen, vom Kindergraten bis zu den Senioren, Erwachsenenführung. Also alles, was im Museum Vermittlung ist, das fällt in meinen Aufgabenbereich und da gehören nicht nur die Kinder dazu, sondern auch alle anderen, die natürlich auch angeleitet werden wollen, die auch neue Dinge über das alte Ägypten erfahren wollen. Und grad in den letzten zwei Jahren sind wir sehr auf den digitalen Bereich umgeschwenkt, notgedrungen, wenn das Museum zu hat und keine Menschen zu uns kommen können. Das heißt, wir haben jetzt auch angefangen, Vorträge digital bereitzustellen. Wir haben seit letztem Jahr, wie du schon sagtest, auch selbst einen Podcast, wir haben eine digitale Ausstellung geschaffen. Und auch so etwas gehört natürlich zu den Aufgaben dazu.

Markus: Ja, da gibt es einen Bamberger Lehrstuhlinhaber in der Pädagogik, der dann eben dieses Wort Pädagogik, das ja vom Ursprung her schon mit Kindern zu tun hat, umgemünzt hat und eben Andragogik draus gemacht hat, um dann eben das auf die gesamten Leute sozusagen zu beziehen.

Roxane Bicker: Auf die Menschen, genau.

Markus: Das finde ich auch sehr, sehr richtig und natürlich auch sehr, sehr wichtig. Gibt es denn für dich auch diesen internationalen Austausch, trotz der ganzen pädagogischen Arbeit, auch mit anderen Archäologen, mit dem Matthew zum Beispiel oder so, wo du auch an deinen Themen noch dran bleiben kannst?

Roxane Bicker: Ja, also das ist das Schöne an der Museumsarbeit, dass man natürlich immer wieder sich auch neue Themen erarbeitet, sei es für Vorträge, sei es für neue Artikel in unserer Museumszeitschrift oder so. Dass man sich also immer wieder auch austauscht, dass man natürlich auch mit den Kolleg: innen aus dem In- und Ausland sich austauscht und dort etwas macht, also das gehört auf jeden Fall dazu. Es wäre schön, wenn dafür mehr Zeit bliebe, aber das ist leider auch immer etwas zurückstecken müssen hinter der ganzen Organisation.

Markus: Ja, du hast schon erwähnt, du machst auch den Podcast. Das wäre für mich was, was ich zum Abschluss noch gerne kurz mit dir besprechen würde, grade aus Eigeninteresse natürlich auch. Also wie kamt ihr da drauf, wie sucht ihr euch eure Folgen aus? Auf was für Herausforderungen seid ihr so gestoßen, bis es da mal losging?

Roxane Bicker: Wir haben das eigentlich genauso gemacht wie mit dem altägyptischen Bierbrauen, wir haben von nichts eine Ahnung gehabt und haben einfach mal ausprobiert und haben uns auf dem Weg nach und nach verbessert. Mein Kollege, Doktor Arnulf Schlüter und ich, wir hören beide gerne Podcasts und wollten das eigentlich auch selbst schon immer mal ausprobieren, und haben dann gedacht, naja, okay, dann gucken wir halt mal, wie das funktioniert. Wir sind bei uns durchs Museum gegangen, haben die Tonqualität aller Räume ausprobiert, wo kann man sich am besten hinsetzen, dass man eine möglichst rauschfreie, schallfreie Aufnahme hat? Sind dann gelandet in einer kleinen Abstellkammer, einem Abstellraum in der Restaurierung, der wirklich von allem total abgeschirmt ist. Inzwischen haben wir den Raum auch schön ausgekleidet mit Pyramidenschaumstoff und haben auch an der Technik ein bisschen gefeilt. Wir haben am Anfang also so einen wirklich ganz, ganz einfachen Recorder gehabt, inzwischen ist die Ausstattung etwas professioneller. Wir sind inzwischen in der zweiten Staffel unseres Podcasts angekommen. Die erste Staffel hat zehn Folgen umfasst, wo wir das Museum vorgestellt haben, wo wir mit Mitgliedern unseres Teams gesprochen haben, wo wir die verschiedenen Arbeitsbereiche des Museums vorgestellt haben. Und jetzt in der zweiten Staffel unseres Podcasts suchen wir uns immer verschiedene Themengebiete aus der altägyptischen Kultur aus, beleuchten die. Und das läuft eigentlich relativ gut und ich denke, wir werden damit auch weitermachen. Wir haben am Anfang in der ersten Staffel wirklich alle zwei Wochen eine Podcast-Folge produziert, inzwischen sind wir auf den monatlichen Rhythmus übergegangen und auch da schaffen wir es wirklich immer nur kurz vor knapp, unsere Folge aufzunehmen. Deswegen, umso mehr Bewunderung, dass du schon so viele Folgen produziert hast. Es braucht doch immer auch ein bisschen Zeit und Vorbereitung, bis man wirklich eine gute Folge dann auch hinkriegt.

Markus: Ja, auf jeden Fall und natürlich auch die Nachbereitung, aber es klingt auf jeden Fall schon super gut. Ich habe mir vorhin so Dreiviertel von dem Weihnachts-Podcast angehört und das fand ich auch sehr, sehr spannend eben, wie da auch schon wieder einfach diese kulturgeschichtlichen Bezüge sind. Dass das, was wir eben so als Maria kennen, eigentlich eine ägyptische Wurzel hat.

Roxane Bicker: Genau.

Markus: Also da, finde ich auch, es gibt so viele Denkanstöße. Und das ist auch was, was ich immer wieder versuche, grade beim Thema Bier, auch den Leuten nahezubringen, das einfach Horizonte erweitert werden müssen und das man das in der Gesamtheit einfach denken muss, in allen Dimensionen. Also sei es jetzt über den Globus, sei es über die Zeit, sei es über die verschiedenen Kulturen, es hängt alles mit allem zusammen, wie man so schön sagt. Und nur wenn man das versteht, dann kann man auch das verstehen, was jetzt ist. Und das fand ich auch an der Archäologie immer so spannend und muss sagen, seitdem ich jetzt eben auch Leute persönlich besser kenne, die sich damit beschäftigen, ist das für mich nochmal interessanter geworden.

Roxane Bicker: Das kann ich glauben. Als Empfehlung zum Reinhören unbedingt unsere Halloween-Folge aus dem letzten Jahr, da haben wir nämlich eine Spezial, extra lange Folge gemacht, die sich mit Verbrechen im alten Ägypten beschäftigt. Weil, True Crime und so weiter, das boomt, haben wir uns gedacht, das können wir auch und zwar auf der historischen Schiene und haben uns wirklich mit Mord und Totschlag im alten Ägypten beschäftigt. Und das ist so gut angekommen, dass wir dieses Jahr unsere Vortragsreihe darauf ausgelegt haben und die einzelnen dort angesprochenen Themengebiete jetzt nochmal ausführlich beleuchten.

Markus: Also da bin ich gespannt. Da steht da sogar, wir gehen bis zu den Feuerseen der Höhle, also das ist ja schon krass. Also werden wir natürlich in den Shownotes auf jeden Fall verlinken. Vielleicht noch so als Abschlussfrage an dich, wenn du dir frei aussuchen könntest, als Archäologin irgendwas auszugraben, was wäre dein Wunschziel, was würdest du gerne ausbuddeln?

Roxane Bicker: Eigentlich gar nichts, die Ausgrabungsarbeit, die überlasse ich lieber anderen. Ich bin Museumsmensch, ich lasse andere graben und präsentiere dann und vermittle dann im Museum das, was andere gezeigt haben oder was andere ausgebuddelt haben.

Markus: Okay, das ist natürlich auch sehr gut und auch sehr wichtig. Insofern sage ich 1.000-Dank für diesen wirklich sehr spannenden Podcast, für diesen Ritt durch die Geschichte und für viele tolle Einblicke. Und ich denke mal, das wird unseren Hörern und Hörerinnen auch so gegangen sein und vielleicht meldet sich ja der ein oder die andere mal bei dir im Museum und dann kann man da ja ein bisschen nachbereiten. Danke schön und dir noch heute einen wunderschönen Tag.

Roxane Bicker: Ich sage danke schön, dass ich dagewesen sein durfte, dass ich über das Bier mal wieder habe plaudern können. Und unbedingt die Einladung, uns im Ägyptischen Museum in München zu besuchen, live und vor Ort, wir haben nämlich auch, man muss sie etwas suchen, aber man findet sie, Bierkrüge aus dem alten Ägypten ausgestellt. Oder, man besucht uns digital, in unserer digitalen Ausstellung oder auf YouTube und hört sich unsere Vorträge an, wo man eben auch meinen Vortrag zum altägyptischen Bier findet.

Markus: Genau, das wird gemacht. Vielen Dank und, ja, wie gesagt, noch viel Spaß heute.

Roxane Bicker: Tschau.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 37 – Interview mit Susanne Kneidl, Erfinderin der Dosensterne aus Steinhöring

Sie ist die Herrin der Sterne, zumindest der Dosensterne: Susanne Kneidl. Vor vielen Jahren kam der heute 66jährigen die Idee, aus alten Bierdosen wunderschöne Wand- und Christbaumgehänge bzw. einfach innovative Dekoobjekte zu erschaffen. Die Basis ist dabei der Fröbelstern, ein Archetyp für selbstgebastelten Weihnachtsschmuck vom Begründer der Kindergartenbewegung, Friedrich Fröbel, der schon im 18. Jahrhundert von der Idee fasziniert war, aus vier langen Streifen einen Stern entstehen zu lassen. Genau das macht Susanne jetzt auch und verwandelt in ca. 20 Minuten mühsamer Hand- und Kleinstarbeit eine Bierdose in einen Stern. Spannenderweise rief das auch schon die Anwälte des FC Bayern auf den Plan, um zu prüfen, ob die Markenrechte des „Sterns des Südens“ durch die kreativen Recyclingbasteleien berührt sein könnten. Im BierTalk erzählt Susanne ihre Geschichte und gibt auch ein paar Tipps zum Basteln, wenn Ihr selbst mal Hand anlegen wollt…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute haben wir den 24. Januar, ein ganz besonderer Tag, nämlich der Tag der Dose. Und dafür haben wir uns auch eine ganz besondere Gästin eingeladen, die aus den Dosen Sterne zaubert. Ja und was es genau damit auf sich hat, werden wir jetzt gleich hören. Liebe Susanne Kneidl, stell dich doch unseren Hörern bitte mal kurz selbst vor.

Susanne Kneidl: Ja, hallo Markus, grüß Gott nach Bamberg, ich freue mich, dass ich auf dieser Ebene ein bisschen was über meine Dosen und Bierdosensterne erzählen darf. Mein Name ist Susanne Kneidl, ich wohne in Steinhöring, das liegt östlich von München, zwischen München und Wasserburg. Ich lebe hier seit über 30 Jahren mit meinem Mann und zwei Söhnen. Ja und jetzt sind wir eigentlich schon mitten drin im Thema Bierdose, heute, 24. Januar, Tag der Bierdose und ich kann doch einiges berichten.

Markus: Ja, da bin ich doch mal sehr gespannt. Vielleicht mal vorneweg, wie kommst du überhaupt zu diesem Thema, also einerseits zum Bier und andererseits zur Dose?

Susanne Kneidl: Ja, das ist eine sehr spannende Geschichte, das beginnt alles im Jahre 2003, da wurde ja von unserer Regierung das Dosenpfand eingeführt und vor dem Dosenpfand habe ich gesehen, in der freien Natur, überall lagen diese Bierdosen rum. Ich bin Sommer wie Winter da vorbeigekommen, das Material ist ja Alu, es hat sich nicht verändert und da habe ich gedacht, das kann ja eigentlich nicht so wertlos sein, ich nehme mir mal eine Dose mit und probiere mal, was ich aus dieser Dose fabrizieren kann. Das war natürlich am Anfang sehr schwierig, diesem Material erst einmal beizukommen. Ich habe mal eine Dose zerlegt und dann mal geschaut, was kann ich mit diesem Material anfangen. Es war Alu, es gibt ja auch Weißblech und das Alu ist etwas leichter, es ist auch leichter zum zerschneiden. Ja und so, Schritt für Schritt, habe ich mich an dieses Material herangetastet.

Markus: Und hattest du vorher auch zum Thema Bier schon eine Beziehung oder hast du eine Beziehung zum Thema Bier?

Susanne Kneidl: Ja, ich habe immer eine Beziehung zum Thema Bier. Meine Heimatstadt ist Hannover, das ist ja noch nicht so doll bierig, da gibt es ja nur, sagen wir mal, drei so Biersäulen, aber es hat mich immer schon nach Süddeutschland gezogen, ja und vielleicht war das Bier auch so ein bisschen ausschlaggebend.

Markus: Ja, was viele ja nicht wissen ist, das aus Hannover zum Beispiel das ganze deutsche Efes-Bier kommt, was es ja zum Beispiel auch in Dosen gibt. Du hast ja grade schon erwähnt, es gibt unterschiedliche Materialien, Alu und Weißblech. Hat sich da in letzter Zeit was verändert oder siehst du da einen Trend oder ist das immer so eine Überraschung, wenn du eine Dose hast, ist es mal aus dem einen, mal aus dem anderen?

Susanne Kneidl: Ja, also interessant ist schon, das Material hat sich im Laufe der Zeit sehr verändert, das Alu ist immer dünner geworden. Weißblech verarbeite ich nicht mehr, es lässt sich sehr schlecht schneiden und die Sterne als Ergebnis schauen einfach nicht so exakt und präzise aus. Mein bevorzugtes Material ist eben Aluminium.

Markus: Ja und jetzt müssen wir den Hörern vielleicht noch ein bisschen schildern, wie schaut sowas überhaut aus. Du hast mir ja ein paar Beispiele geschickt und da gibt es jetzt also kleine Sterne, würde ich mal sagen, die sind vielleicht so drei Zentimeter im Durchmesser, haben acht Zacken und in der Mitte sieht man sehr schön noch die Motive, die auf der Dose waren, und die gibt es dann einmal am Bändchen. Und was ich ja sehr schön finde ist, dass dann der Öffner der Dose, diese kleine Lasche oder wie man das bezeichnet, das hängt dann auch dran so quasi als Befestigungsmöglichkeit und dann gibt es dieselben aber auch mit einem Magneten, sodass ich die dann zum Beispiel an meinen Kühlschrank hinmachen kann. Dann habe ich noch einen ganz Großen, der ist auch faszinierend, das ist eher so eine Art Dosenwürfel, den finde ich auch toll. Also der hat vielleicht so sechs Zentimeter oder so und ist, glaube ich, zusammengesetzt aus, ah, sechs von diesen kleineren Sternen und, ja, hängt auch an so einer Lasche. Also sehr schön, also finde ich ganz toll. Wie kamst du da überhaupt drauf?

Susanne Kneidl: Ja, prima, ich möchte noch ein bisschen weiter ausholen und zwar, wo ich mit dem Material angefangen habe, habe ich erst mal überlegt, wie händel ich das und so weiter. Und die Basis von dem ganzen Stern ist ein sogenannter Fröbelstern. Dieser Fröbelstern, der wird ursprünglich aus Papier hergestellt und ich habe diesen Fröbelstern in dieses Dosenmaterial umgesetzt. Der Fröbelstern, ich hole nochmal weiter aus, der Fröbelstern besteht aus vier Streifen, vier gleiche Streifen werden verfaltet und das ist bei der Dose auch der Fall. Das heißt, ich muss die Dose in vier gleiche Streifen schneiden und die werden dann miteinander verfaltet. Das Ergebnis ist dann eben ein Stern zum Hängen, Magnet oder, wenn ich die Sterne miteinander verbinde, einzelne, entsteht ein räumliches Gebilde, zum Beispiel ein Würfel. Das ist aber ein sehr langer Prozess gewesen, den Würfel habe ich erst 2020 fertigstellen können.

Markus: Ja, dafür ist er aber auch wirklich ganz besonders schön gelungen. Also das ist wirklich, kann man den Hörern nur an der Stelle mal sagen, das ist echt eine ganz besondere Zier, der gefällt mir richtig gut. Also ich kann mich auch erinnern, als Kind habe ich ganz viel gebastelt und natürlich grade zur Weihnachtszeit, da hatte man natürlich als Kind, als Schüler viel Zeit und konnte dann auch alles Mögliche machen und tun. Und da habe ich auch so Sterne gemacht, auch mit so Papier, was dann auf der einen Seite golden war, auf der anderen farbig und dann ergeben sich da natürlich ganz schöne Motive. Hast du da Bastelerfahrung mitgebracht oder hast du dir die erst angeeignet, als du auf diese Dosenidee kamst?

Susanne Kneidl: Also ich habe immer schon gern gebastelt und mit Papier und so weiter gehändelt und das ist eigentlich so mein Ding. Und, ja, wie gesagt, das ist halt, der Dosenstern hat sich erst allmählich entwickelt und, ja, man muss das Material eben anders händeln wie Papier, das ist eine ganz andere Technik. Es kann jeder machen, das sage ich immer auf Messen und auf Ausstellungen, jeder kann das versuchen. Da habe ich mal einen Tipp an unserer Hörer, geht einmal in den Baumarkt, holt euch einmal so einen Messstreifen, das ist so ein meterlanger, das kennt ja jeder, die hängen da überall rum und aus den vier Streifen lässt sich dann ein Fröbelstern machen. Nochmal zu dem Herrn Fröbel. Der Herr Fröbel hat den ersten Kindergarten entwickelt in Thüringen, den Kindergarten gibt es immer noch heute. Natürlich hat dieser Kindergarten auch ein paar Dosensterne, ist ja ganz klar. Und der Fröbelstern gehört auch zu den mathematischen Basteleien.

Markus: Also ein gutes Stück Kultur und Kulturerbe irgendwie auch. Ja, vielleicht noch die Frage, wenn du jetzt sagst, Dosensterne, die haben natürlich eine ganz klare Zielrichtung, das heißt, eher so Weihnachten. Hast du da noch Produkte quasi, die man außerhalb der Weihnachtszeit hat oder ist das für dich so ein Fokus auf Weihnachten?

Susanne Kneidl: Ja, das ist immer so die Krux, bei diesen Dosensternen sagt dann immer jemand: „Hach, ist denn heute schon wieder Weihnachten.“ Ich versuche seit Jahren schon, aus dieser Weihnachtsschiene rauszukommen und da habe ich den sogenannten Urlaubsstern entwickelt. Das ergab sich aus Campingurlauben in Kroatien et cetera, dort haben die Campingleute ja oft ihre eigenen Dosen mitgebracht. Und ich habe da so einen kleinen Stand und erkläre was über Dosensterne und dann sagen die: „Ja, das ist ja ganz toll. Ich gebe dir jetzt die Dosen mit und dann schickst du mir die fertigen Sterne und da haben wir eine tolle Urlaubserinnerung.“

Markus: Das ist natürlich eine ganz schöne Idee, bringt mich aber noch auf eine andere Frage. Wie ist denn das in Sachen Hygiene? Also wenn so eine Dose ja jetzt irgendwie länger rumliegt, da war dann, was weiß ich, ein Radler drin oder Bier oder irgendwie so, dann kommen da doch auch Keime und das wird irgendwie eklig oder so. Also wie machst du das sauber und wie schaffst du das auch, ohne dass du dich selber verletzt, mit diesem Material gut umzugehen?

Susanne Kneidl: Ja, also Verletzung sind eines, es war also früher fürchterlich, Hansaplast war mein treuester Begleiter. Natürlich brauche ich das jetzt nicht mehr, weil ich das eben vom Material und vom Handling her gut machen kann. Hygiene ist es so, wenn ich jetzt Dosen bekomme, die tue ich erst mal in mein Lager und mache mal gar nichts. Und wenn ich jetzt sehe, aha, ich brauche jetzt diese Dose, weil sie eine bestimmte Farbe hat oder ist ein bestimmtes Hopfenmuster drauf oder irgendwas, dann tue ich erst einmal die Dose und den Deckel ab und dann wird das kurz in warmen Wasser aufgeweicht und mit der Bürste ein bisschen behandelt und dann ist das ruck zuck sauber. Das Material, das ist nicht irgendwie, das nimmt nicht irgendwie was an. Manchmal krabbelt da so ein kleines Tierchen, aber das ist harmlos.

Markus: Okay. Ja, nun heißt das Ganze ja BierTalk, deswegen habe ich mir auch extra ein Bier natürlich rausgesucht zum Tag der Dose und logischerweise auch ein Dosenbier. Ich mache es mal auf.

Susanne Kneidl: Ja, sehr gut, hört sich gut an.

Markus: Hört sich gut an, genau, ich schütte es mal hier in mein Glas. Genau, so, also das ist jetzt eine Dose von guten Freunden von mir und zwar aus Koblenz von der Gutsbrüder Brauerei oder Gutsbrüder Bier, wie sie sich auch nennen. Und da steht drauf, ein Kveik IPA. Heißt also, wenn man sich das anschaut, sieht man auch schon sehr schön, also man hat ein sehr trübes, sehr hell orangefarbenes Bier, was einen so richtig anstrahlt. Oben drüber hat man dann einen sehr feinen, sehr stabilen großen dichten Schaum, der ist so leicht getönt. Ich rieche mal rein. Ja, ganz intensive fruchtige Aromen, Pfirsich, Mango, Orange, Papaya, also ganz frische fruchtige Aromen, das macht richtig Lust, viel Citrus auch. Ich probiere mal ein Schlückchen. Also ist sehr, sehr schön, sehr weich, sehr rund und sehr hoch vergoren, also nicht sehr süß. Ein sehr angenehmes spritziges Bier, um diesen Tag der Dose zu feiern. Und da erschließt sich mir gleich nochmal eine Frage. Das ist jetzt eine Dose, die besteht ursprünglich einfach nur aus dem Blech, ohne Aufdruck und der Philip, der klebt dann so einen Aufkleber drauf. Wie kommst du denn mit solchen Dosen zurecht?

Susanne Kneidl: Das ist technisch möglich. Ich habe von Frau Gruber schon diverse Dosen verarbeitet, aber dieser Aufkleber, der doppelt dann das Alumaterial doch ziemlich auf, man kann die Dose schlecht falten. Und ich weiß nicht, im Laufe der Zeit schwindet auch der Aufkleber. Also Dosen mit Aufkleber habe ich nicht so gerne. Ja, das ist einfach von der Verarbeitung her etwas schwieriger.

Markus: Okay, dann werde ich das dem Philip mal sagen, dann muss er mal welche bedrucken lassen. Aber das klang ja jetzt auch so, als hättest du da durchaus schon Kontakt zu Brauereien. Also gab es da oder gibt es da Aufträge? Und wie kriegt man das dann auch hin? Du hast das bei mir so schön bei dem Stern zum Beispiel, den du mir geschickt hast, da ist da in der Mitte ganz schön das Logo oder das IPA sieht man hier auch schön. Also es ist so, dass das dann auch wirklich richtig gut ausschaut im Endprodukt. Das ist gar nicht so einfach, oder?

Susanne Kneidl: Nein, das war ein ganz langer Werdensgang. Am Anfang war ja das Handwerkliche, stand im Vordergrund und es war mir eigentlich gar nicht möglich, diese Information der Dose auf den Stern direkt zu übertragen. Ich habe da sehr lange umeinander gefummelt, kann ich eigentlich nur sagen, bis ich einmal diesen Stern richtig lesen konnte. Also wo ist jetzt der Zacken genau, wie viel Zentimeter, wie ist der Raster. Und das ist eigentlich das Interessante, und wo ist auch der Symmetriepunkt? Das Symmetriezentrum ist in der Mitte. Und man muss sich das so vorstellen, wenn ich jetzt irgendwie die Information der Dose mitteilen will, dann muss ich genau an das Raster halten und sonst kommt da gar nichts rüber. Und das ist ja eigentlich der Auftrag von dem ganzen Stern, eine Information rüberzubringen. Das heißt, durch diese Falttechnik wird die ursprüngliche Information in einen anderen Kontext gesetzt. Und da komme ich dann wieder dazu, Möglichkeiten zu den Brauereien und so weiter zu schaffen, weil, die Informationen sind ja eigentlich klar. Es sind ja Zeichen drauf, zum Beispiel Hopfen, Weizenährensymbole, Jahreszeichen und so weiter und da komme ich in diese Bierschiene rein.

Markus: Und gab es jetzt Brauereien, die dich da schon beauftragt haben oder mit denen du engeren Kontakt hast, für die du häufiger was machst?

Susanne Kneidl: Ja, ich habe einmal einen großen Auftrag gehabt von der Brauerei Sternberg, glaube ich, in Leipzig war das. Die haben auch ein sehr schönes Logo und da passt das genau, das Logo passt genau in dieses Maß von dem Stern rein. Und das ist auch das Wichtige. Wenn ich jetzt große Buchstaben oder was habe oder das Design der Dose nicht auf diesen Stern passt, dann passt auch der Stern nicht und er sagt nichts aus und es wird gar nichts.

Markus: Ich habe auf deiner Website ein bisschen gestöbert und habe gesehen, es gibt auch noch so ein paar besondere Sachen, zum Beispiel ein Insektenhotel. Wie muss ich mir das denn vorstellen?

Susanne Kneidl: Ja, das ist praktisch so ein Würfel, die Sterne werden miteinander verbunden und es entsteht ein Hohlraum und der Hohlraum kann mit Holzwolle bestückt werden. Ich habe einmal eine Zeitlang das im Garten hängen gehabt und das Ergebnis war, dass sich kleine Spinnen da drin aufgehalten haben. Also es ist jetzt eher nicht für Insekten gedacht, sondern für Spinnen. Aber man muss das halt immer alles ausprobieren, sowas gibt es ja auch nicht. Und ich denke auch, ich bin die Einzige, die sich mit den Dosen in dieser Form auch beschäftigt.

Markus: Also das glaube ich auch, da ist mir noch nix untergekommen in diese Richtung. Hast du denn auch ein bisschen damit zu kämpfen, das es ja durchaus noch vor allem, glaube ich, Leute unserer Generation und älter gibt, die bei Dosen eher so ein negatives Image damit verbinden? Kriegst du da was mit?

Susanne Kneidl: Ja, die älteren Herrschaften, die haben immer den Eindruck, es schmeckt so metallisch oder so. Aber die Dose hat sich ja auch technisch entwickelt, sie wird ja mit einem leichten Belag besprüht, sodass also völlig geschmacksneutrales Bier rüberkommt. Und ich muss auch ehrlich sagen, es sollte vielleicht ein bisschen mehr dran gearbeitet werden, es ist ja, kann kein Licht in die Dose dringen so wie bei der Flasche und es gibt dann immer die Sache Flasche, Dose, was ist da und was ist da. Und da kann man immer abwägen, welches Produkt ist für welchen Zweck am besten, nehme ich jetzt die Dose mit auf den Berg oder nehme ich die Flasche auf den Berg?

Markus: Absolut. Ja und grade bei dem Thema, wir verschicken etwas, ist das natürlich immer mittlerweile sehr, sehr wichtig. Und, ich meine, grundsätzlich, das hatten wir ja im BierTalk auch schon immer wieder mal, ist es ja so, dass die Dose eigentlich das perfekte Behältnis für Bier ist, weil sie eben lichtdicht ist, weil sie luftdicht. Wie ein kleines Fass eigentlich, weil man sie eben auch gut verschicken und transportieren kann. Entscheidend ist einfach nur, dass man nicht aus der Dose trinkt, sondern dass man dann eben ein schönes Glas hat, in das man dann so Dinge gibt und dann hat man eigentlich alles richtig gemacht. Und wie du auch schon sagst, ist die Dose des Jahres 2022 nicht mehr die Dose des Jahrs 1980, wo ich als Kind vielleicht noch mit der Limo aus dem Aldi oder Norma oder sowas auf die Schulausflüge gegangen bin und das hat dann tatsächlich metallisch geschmeckt. Aber das ist ja schon lange her, quasi wie aus einer völlig anderen Zeit. Ja, was hast du denn als Kindheitserinnerungen an Dosen?

Susanne Kneidl: Ja, eigentlich gar nicht viel. Ich habe halt, also normalerweise war halt die Flasche immer noch das ganz, Kunststoff hat es ja nun auch nicht damals so gegeben. Also Flasche und Glas war halt eigentlich so das Gebinde.

Markus: Du hast auch die Dosen schon so ein bisschen um die Welt gebracht. Ich habe da zum Beispiel von einem Projekt gelesen aus Manila. Was hat es denn damit auf sich und hast du noch so andere Post vielleicht bekommen, wo deine Sterne sich über die Welt verteilt haben?

Susanne Kneidl: Ja, Manila war ganz interessant, da hat sich jemand gemeldet aus einer diplomatischen Angelegenheit. Die haben ein Projekt unterstützt, wo die Einwohner da, ja, wie soll ich sagen, ein soziales Projekt, was mit den Dosen und so weiter unterstützt werden sollte. Ja, das war eigentlich eins der auch interessantesten Sachen. Ich habe dann Sterne verschickt, wie die das weiter gehandhabt haben, das weiß ich jetzt da nicht. Interessant war jetzt auch zum Beispiel die Aktion von der Biersommelier-Weltmeisterschaft in Brasilien. Das war Klaus Artmann, hat mich gebeten, ein Gastgeschenk zu machen für die Weltmeisterschaft und das habe ich dann auch umgesetzt. Es waren Sterne dabei, da war natürlich ein Fußball drauf, Brasilien, Fußball, ist ganz klar. Oder zum Beispiel auch Schloss Kaltenberg, da war dann das Schloss drauf. Man meinte, das schaut so ähnlich aus wie Neuschwanstein, war aber Kaltenberg. Ja und das sind so besondere Sachen, die dann gekommen sind.

Markus: Ja, also die Dosensterne so ein bisschen als Botschafter. Was mir dabei noch einfällt ist, du redest ja die ganze Zeit, dass du Sterne machst, da machst und so weiter. Wie lange braucht man denn für so einen Stern und ist das für dich quasi so eine Art Hauptberuf?

Susanne Kneidl: Nein, es ist absolutes Hobby. Also das ist Hobby und das entwickelt sich immer wieder weiter. Ja und was halt noch wichtig war, ich war sechsmal Aussteller auf der Braukunst Live! und da hat man natürlich auch sehr engen Kontakt zum Bier, das ist natürlich ganz, ganz toll.

Markus: Und wie lange brauchst du für so einen Stern? Wie muss ich mir das vorstellen, du suchst das raus, schneidest das zu? Machst du da ganz viele Streifen und machst dann erst deine Sterne oder machst du immer Stern nach Stern, wie muss ich mir das vorstellen?

Susanne Kneidl: Also ich muss schon genau überlegen, bevor ich eine Dose zerlege, wo ist halt diese Information. Vom Zerlegen bis zum Finish sind es 20 bis 25 Minuten, für einen Stern.

Markus: Wow, also da steckt richtig viel Arbeit drin. Insofern sind die ja eigentlich dann verhältnismäßig günstig, oder, also?

Susanne Kneidl: Ja, ich muss ja nicht meinen Lebensunterhalt damit verdienen. Und ich sage auch immer: „Jeder Schüler soll die Gelegenheit haben, sich so einen Stern irgendwie aufzuhängen.“ Oder vielleicht als Erinnerung, wenn er auf dem Schulausflug war, dass er sagt: „Ich möchte gern so einen Stern haben.“ Also das ist kein Problem.

Markus: Vielleicht noch für die Hörer so ein bisschen, damit man sich das vorstellen kann, wie schaut es denn bei dir Zuhause aus, also hängen da überall Sterne rum? Und wie schaut es vielleicht an Weihnachten aus, ist dann quasi ein komplett sternumrahmter Baum, wie muss man sich das vorstellen?

Susanne Kneidl: Also ich setze die Sterne im Privatbereich sehr reduziert ein, man muss ja nicht ständig über so einen Stern drüber fallen. Ich habe eine Werkstatt, das ist ganz einfach, da ist ein Schreibtisch, eine Papierhebelmaschine und eine ganz normale Haushaltsschere, Lineal, Bleistift und das war es dann schon.

Markus: Okay. Und dein Weihnachtsbaum hat dann auch nur so zwei, drei und dann hängen daneben noch so schöne Kügelchen und so?

Susanne Kneidl: Nein, der Christbaum ist ganz traditionell geschmückt, es hängt nur eine Lampe umeinander und, ja, ganz reduziert.

Markus: Na gut. Was ich noch gelesen habe, was ja auch wirklich spannend ist grade in Bezug jetzt auf dieses Jahr, du hast auch einen Wiesn-Stern schon mal entwickelt. Es wird ja hoffentlich dieses Jahr wieder eine Wiesn geben, hast du da auch schon Ideen, dich da drauf vorzubereiten, vielleicht jetzt auch wegen der neuen Wiesn, nach drei Jahren endlich wieder Wiesn, da irgendwas zu machen?

Susanne Kneidl: Ja, Vorbereitung ist immer schlecht, ich muss ja erst immer warten, bis die Dose auf dem Markt ist und dann kann ich entscheiden, wie ich die Information aus der Dose raushole. Also erst kommt immer die Brauerei und dann kommt der Stern.

Markus: Also da muss man ein richtiges Dosen-Management sozusagen haben.

Susanne Kneidl: Genau, genauso ist das.

Markus: Ja, faszinierend. Also, dann bedanke ich mich bei dir ganz herzlich für diesen spannenden Einblick. Wir werden für die Hörer natürlich in den Shownotes deine Seite auch verlinken, ich sage es auch nochmal, www.dosensterne.de und dann kann man sich die auch besorgen. Und eben nicht nur für Weihnachten, sondern eigentlich für das ganze Jahr. Also bei mir liegen sie hier auch auf dem Schreibtisch beziehungsweise hängen und zaubern mir immer so ein Lächeln über die Lippen, wenn ich mir die anschaue. Also vielen Dank und dir heute noch einen wunderschönen weiteren Tag.

Susanne Kneidl: Markus, vielen Dank und grüß Gott nach Bamberg.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 36 – Interview mit Jacco den Hartog, Teilhaber der Homeland Brewery in Amsterdam, Niederlande

Jacco den Hartog stammt aus gleich zwei großen und altehrwürdigen Brauerfamilien aus den Niederlanden – und ist dennoch der einzige seiner Generation, der dem Thema treu geblieben ist. Während seines Studiums in Berlin lernte er die dortige Bierszene und seine Freundin kennen und nahm das Wissen über die eine und die Hand der anderen mit zurück in die Niederlande, wo er erst für den Großkonzern AB InBev tätig war und dann mehr oder weniger aus einer Bierlaune heraus in die gerade erst gegründete Homeland Brewery im Herzen der Altstadt Amsterdams einstieg. Dort ist Jacco heute vor allem für das Marketing verantwortlich und reist als Botschafter der Brauerei durchs Land. Wir haben ihn vor Ort getroffen und dieses Treffen nun online in einer Podcast-Folge wiederholt…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute mal wieder ein Speziell, weil wir über die Grenzen gehen. Wir schauen in die Niederlande oder wie der gemeine Deutsche sagt, nach Holland und haben dort einen spannenden Gast von einer spannenden Brauerei aus einer spannenden Stadt, nämlich den Jacco. Und, Jacco, am besten stellst du dich kurz selber vor und dann reden wir ein bisschen weiter.

Jacco den Hartog: Wunderbar, schönen guten Tag, Jacco hier aus Amsterdam von Homeland Brauerei. Ich bin kommerziell verantwortlich für die Brauerei, auch Eigentümer der Brauerei und, ja, wir sind seit, ich würde sagen, so sechs Jahren hier unterwegs. Und ich selber komme auch aus einer Bierbraufamilie, bin damit aufgewachsen. Damals war es vor allem Pilsener, aber, ja, seit, ich würde sagen, ungefähr zehn Jahren auch echt so richtig im Craft, wo wie wir das hier nennen, eingerollt, ja, so.

Markus: Vielen Dank schon mal. Und wir haben uns getroffen vor ungefähr drei, vier Monaten, da war ich in Amsterdam mit einem guten Freund unterwegs, mit Theo und der hat mich zu euch geführt. Und das war ein sehr spannender Besuch in der Brauerei, werden wir gleich noch ein bisschen mehr drüber sprechen. Vielleicht vorneweg zwei Fragen, die sich die Hörer vielleicht stellen, erst mal, wie kommt es, dass du so gut Deutsch sprichst?

Jacco den Hartog: Ich habe in Berlin und in Münster gewohnt, in Berlin eineinhalb Jahre, in Münster ungefähr ein halbes Jahr. Und habe mir auch eine deutsche Freundin ausgesucht, was auch geholfen hat. Die wohnt hier mit mir in Amsterdam seit drei Jahren. Ja, es ist wohl eine witzige Geschichte auch, weil, ich habe halt mein Studium in Enschede gemacht. Und in Enschede, da gibt es eigentlich auch ziemlich viele Deutsche, ja, das hat mich irgendwie ein bisschen gestört manchmal. Es gab so viele Deutsche in Enschede, die da studiert haben, die waren da für sechs Jahre da und ich dachte mir immer, das ist doch total schade, dass sie hier in einem Ausland wohnen eigentlich, aber nichts mit der Sprache tun. Also die sind immer, ja, öfter mal Deutsche untereinander gewesen. Und dann dachte ich, wenn ich dann nach Berlin gehe, dann, ja, ich kann das nicht sagen und dann nicht selber auch Deutsch lernen. Habe dann einen Kurs gemacht in Berlin und habe dann meine Freundin kennengelernt. Und was witzig war, sie hat tatsächlich auch in Enschede studiert, ich habe sie damals nicht kennengelernt, sie hat Holländisch gelernt. Das aber war auch vor zwei Jahren für sie damals und dann haben wir gesagt, nach meinem Kurs: „Komm, wir tauschen mal die Sprache.“ Das heißt, ich habe nur Deutsch gesprochen und sie hat nur Holländisch gesprochen. Und dann hat man zwei Monate lang ungefähr kein richtiges Gespräch, weil, man korrigiert die ganze Zeit, aber, ja, nach zwei Monaten haben wir wohl beide eigentlich ziemlich fließend Deutsch und Holländisch gesprochen. Und, ja, seitdem, wir sprechen Zuhause eigentlich auch nur immer Deutsch. Sie arbeitet auf Holländisch, ich arbeite auf Holländisch, wir wohnen hier beide in Holland und um auch die Sprache noch ein bisschen, ja, zu üben, wird bei uns eigentlich Zuhause, ja, ich würde sagen, 80 Prozent Deutsch gesprochen.

Markus: Ja, das ist ja wirklich spannend zu hören und kann ich ja irgendwie nachvollziehen, dass man so nach zwei Monaten dann doch endlich mal ins Gespräch kommt.

Jacco den Hartog: Ja, ja, auch mal geil, ne.

Markus: Absolut. Vielleicht noch eine Frage, wie kommst du denn überhaupt zum Thema Bier? War das schon ein Wunsch, als du ein kleiner Junge warst oder wann hat sich das bei dir so entwickelt?

Jacco den Hartog: Ich bin damit aufgewachsen tatsächlich. Also mein Opa hat zusammen mit seinen zwei Brüdern eine Bierbrauerei in Limburg, das ist ein Bundesland, Südholland. Das heißt, ja, auf Holländisch gibt es eine Aussprache, das heißt eigentlich, mit der Flasche, war schon immer in meiner Umgebung irgendwie. Und mein Opa hat damals der Brauerei, die heißt Maes, der ist damals zusammengegangen mit Christoph, was eine Pilsner-Brauerei aus Belgien ist, der auch zu meiner Familie gehört, die sind damals zusammengegangen. Und die sind dann später wieder zusammengegangen mit Maes Pilsner, was auch belgisch ist. Und das gibt es noch immer, das ist im Portfolio von Heineken mittlerweile. Es gab eine andere Seite von meiner Familie, gab es die Familie Schnieder und die gehören Domus. Und Domus ist auch eine holländische Biermarke, ich weiß nicht, ob es die noch gibt. In Deutschland, ich glaube nicht, ich habe es niemals gesehen eigentlich. Aber das heißt, Bier war eigentlich schon immer in meiner Umgebung. Und als ich damals meinen zweiten Master fertiggemacht hab in Berlin, wenn man sich Unternehmen aussucht, wo man arbeiten kann und schon immer Bier in seiner Umgebung hatte, ja, dann sucht man auch ein bisschen in die Richtung. Und das heißt, ich habe mich damals beworben bei Heineken und bei AB InBev. Ja, AB InBev kennen die Meisten natürlich auch, wurde in Deutschland groß für Franziskaner und Becks und so. Und ich wollte gern lernen in einem Großunternehmen, um dann irgendwann, ja, runterzugehen in ein kleineres Unternehmen. Und habe damals dann, ja, angefangen mit einem Sales Marketing Traineechip bei AB InBev. Das habe ich eineinhalb Jahre gemacht und dann danach ein Jahr im Marketing, war ich noch unterwegs. Und, ja, dann gab es hier die Chance, auch witziger Weise über Familie, bei dem, muss ich sagen, Cousin von meiner Mutter, also der Sohn von dem Bruder von meinem Opa, der war hier Direktor von dieser Brauerei geworden. Das war damals echt noch eine kleine Brauerei, wir hatten vier Tanks oder so und ein 1.000 Liter Brauhaus. Und die haben miteinander gesprochen. Und er war grade rübergekommen zu dieser Brauerei, er war normalerweise in der Festivalwelt unterwegs und hatte nicht so viel Ahnung. Und dann habe ich einfach ein paar Mal mit ihm Bier getrunken, um ihm ein bisschen zu helfen, wie macht man den kommerziellen Teil von einer Brauerei, weil, da lag nicht seine Erfahrung. Und dann hat er noch ein paar Mal irgendwie gesagt so: „Ja, okay, aber vielleicht musst du das dann mal machen.“ Und, ja, bin ich rübergekommen und habe ich hier vor drei Jahren angefangen, ein kleines Teil der Brauerei gekriegt auch und seitdem hier unterwegs. Und was auch witzig ist daran, mein Opa war halt kommerziell verantwortlich für die Maes Brauerei damals, und das ist dann verkauft worden. Und meine Mutter kommt aus einer Familie von acht Kindern, die fanden das alle total schade. Jetzt sind meine Onkel und Tante, die sind alle mega stolz, es gibt wieder jemand innerhalb der Familie, der wieder in der Bierwelt beschäftigt ist und tatsächlich auch in die gleiche Rolle als mein Opa damals.

Markus: Ja, das kann ich mir vorstellen. Und dann kannst du ja auf den Familienfesten immer stolz ein eigenes Bier präsentieren, das ist für dich eine schöne Geschichte.

Jacco den Hartog: So ist es.

Markus: Und vielleicht noch ganz kurz für die Hörer, die Homeland Brewery, wo die jetzt bist, du hast gesagt, du bist da dazu gekommen, als es die schon gab. Kannst du vielleicht noch zwei, drei Sätze zur Brauerei erzählen, wie die gegründet worden ist, wo vielleicht der Name herkommt und wo ihr jetzt so steht?

Jacco den Hartog: Ja, sicher. Ja, der Name Homeland, auf Deutsch sagt man Heimathafen. Und der Grund ist, die Brauerei ist auf dem alten Marinegelände im Zentrum Amsterdam. Vorher war das Gelände total abgeschlossen, aber jetzt ist es teilweise offen und sind da ein paar Unternehmen drauf. Und wir sind hier auf dem alten Marinegelände und sind auch direkt an dem alten Handelshafen von Amsterdam. Das heißt, es gibt hier eine große und lange, ja, maritime Geschichte und da kommt auch der Name der Brauerei eigentlich her. Der Name und das Design von all unseren Bieren ist auch alles maritim. Es gibt so eine lange maritime Geschichte und die möchten wir halt weitererzählen, aber dann in Bierform, so muss ich es ein bisschen sagen. Ist vor sechs Jahren gegründet worden, damals eigentlich sehr klein, hinter der Küche von unserer Kneipe, was direkt auch ein Restaurant und Hotel ist. Und da ist es in 2016 gegründet worden, erst mal eigentlich nur, um da für unseren eigenen Verbrauch ein bisschen Bier zu brauen. War auch am Anfang mehr hobbymäßig als das es echt richtig, ja, ein Business war. Ja, das Witzige ist, dass die zwei Gründer damals, die sind halt beide auch ziemlich viel in der Gastronomie und in der Festivalwelt unterwegs, sind erfolgreiche Unternehmen und haben ein riesen Netzwerk. Und davon sind halt viele vorbeigekommen, fanden das eigentlich alles sehr cool und dann haben sie sich überlegt, okay, vielleicht müssen wir dann auch tatsächlich mal eine richtige Brauerei als separates Unternehmen daraus aufbauen. So ging es los eigentlich. Haben wir vor drei Jahren nur eine Brauerei gekauft, die ungefähr zehnmal so groß war als die alte und sind wir auch umgezogen. Also wir sind, ja, hinter der Küche war nicht genug Platz mehr, also wir sind jetzt im Hangar, ungefähr 100 Meter entfernt, noch immer im Zentrum Amsterdam. Ja, einer der schönsten Orte, würde ich sagen, im Zentrum, man kann schwimmen, schönen Ausblick, natürlich. Ja und die Brauerei ist eigentlich immer gegründet worden auf zwei, das sind halt zwei wichtige Sachen für uns, der eine ist Qualität und der andere ist Nachhaltigkeit. Von den zwei Sachen aus machen wir eigentlich fast jede Entscheidung, die wir hier machen. Und da kann ich auch ein paar Beispiele dazu erzählen. Also qualitätsmäßig, ja, wir kennen einander natürlich eigentlich, weil, letztes Jahr sind wir bei der Dutch Beer Challenge, das ist ein hollandbreiter Wettbewerb, wenn es geht um Bier. Ich sage auswendig, 540 verschiedene Biere, 110 Brauereien und 27 Kategorien oder so. Und das war eigentlich das erste Mal, dass wir richtig mitgemacht haben und haben wir auch direkt als einzige Brauerei vier Preise gewonnen, zweimal Gold, zweimal Silber. Ja, das sagt natürlich was über unsere Qualität. Und, ja, über Nachhaltigkeit, da machen wir so viel mit, da kann ich auch mega viel darüber erzählen. Ich weiß nicht, ob das wichtig ist, aber

Markus: Auf jeden Fall, also da können wir gleich noch drüber sprechen. Ich finde, also Nachhaltigkeit ist einer der beiden großen Trends, glaube ich, was das Bierbrauen in der Zukunft so angeht, weil es einfach ein wichtiger Punkt ist, grade für die junge Käuferschicht oder die jetzt eben jetzt noch jung ist, sagen wir mal so, die aber später die wichtigen Kaufentscheidungen trifft. Die wollen schon wissen, wie nachhaltig ist das Bier, inwieweit kümmert sich die Brauerei auch um das Thema eben Umwelt, Klimawandel. Und da ist es wirklich wichtig, dass man Antworten hat. Vielleicht da kurz, bevor wir da drauf eingehen, noch kurz für die Hörer nochmal die Schilderung, wo sind wir überhaupt, um sich das nochmal vorzustellen. Also Amsterdam, wunderschöne Stadt mit den Grachten, das kennt man ja. Und dann gibt es das Schifffahrtsmuseum, also da kann man überhaupt empfehlen, wer mal nach Amsterdam kommt, da natürlich auf jeden Fall hinschauen. Und da nebendran war, glaube ich, früher so eine Art Akademie oder Kaserne, irgendwie was Militärisches, glaube ich. Und wenn man da so durchgeht, dann gibt es dort eben die Pension Homeland, also praktisch eine Art Hotel und ein ehemaliges Offizierscasino, würde ich mal sagen oder ein Kapitäns-Pub, wie auch immer man das bezeichnet und da gibt es eben auch eure Biere mit einer wunderbaren Aussicht. Da liegt auch ein altes VOC-Schiff von der ostindischen Kompanie, ein Segelschiff, was man anschauen kann. Es gibt eben ein Schwimmbad, also wirklich toll auch vom Ambiente, vom ganzen drum rum. Und auch in dieser Pension, in dem kleinen Restaurant, das ist wirklich eine ganz tolle Atmosphäre, da das Bier zu genießen, weil man wirklich so ein bisschen eine Zeitreise auch hat, das ist so wie in die 80er, 90er vielleicht zurück. Und am Eingang habe ich auch so ein kleines Holzfass gesehen. Da war, glaube ich, noch Bier drin, oder, macht ihr das?

Jacco den Hartog: Ja, stimmt, wir haben verschiedene, wie sagt man, fassgelagert, sagt man auf Deutsch, ne?

Markus: Genau, ja.

Jacco den Hartog: Barrel-Aged-Projekte, wir machen verschiedene dunkle Biere, wovon wir, ja, jedes Jahr, ich würde sagen, so zwischen drei und fünf halt rausbringen. Und wir machen dieses Jahr für das erste Mal auch zwei verschiedene Projekte mit Ved-Fermentierung, bretted, mit Bred. Das ist eine, die du gesehen in Pension, weil das Bred, die Hefe, die ist tatsächlich, also die ist sehr lecker aber auch gefährlich, wenn man die in seine normale Brauerei kriegt, für andere Biere und so. Und deswegen liegen die Fässer in Pension.

Markus: Ja, sind sozusagen im Hotel, ist ja auch nicht schlecht. Genau, jetzt haben wir die ganze Zeit über euer Bier gesprochen beziehungsweise werden wir jetzt auch gleich noch tun. Und die haben ja auch ganz tolle Namen, wie du schon gesagt hast, alles hat das was mit Seefahrt, mit der maritimen Geschichte zu tun. Und, ja, vielleicht hast du auch ein Bier, was du mit uns verkosten möchtest, wo du uns vielleicht ein bisschen erzählen willst, wie es ausschaut, wie es schmeckt und wie es heißt?

Jacco den Hartog: Habe ich auf jeden Fall. Immer schwierig, wenn es um sein eigenes Portfolio geht, aber, ja, ich habe doch mal meinen Liebling mitgenommen, der heißt Lorre. Ist ein Hinweis, ich weiß nicht, ob das auf Deutsch auch so ist, aber auf Holländisch sagt man, Lorre ist halt der Papagei. Sagt man das so?

Markus: Ja, das sagt man, ist ein beliebter Name für Papageien, ja.

Jacco den Hartog: Ja, Papagei, ja, genau und der heißt immer in den Comics und so, heißt der immer Lorre und deswegen haben wir den so genannt. Und das ist Bier ist ein sweet and sour. Ja, es ist eigentlich witzig, wie man von fast nur Pils trinken ins Craftbeer geht. Und dann, ja, so wie man Rotwein trinken lernen muss, war das für mich sauer, ich fand das am Anfang echt gar nichts. Aber ich bin mittlerweile echt total verliebt in saure Biere. Und unser Sweet and Sour ist halt ein Ghetto Sour. Sehr sauer auch, 3.1 pH und dann ins Gleichgewicht gebracht mit mega viel Mango und Passionsfruit, Passionsfrucht.

Markus: Ja, Passionsfrucht.

Jacco den Hartog: Passionsfrucht, genau. Und, ja, das ist, ja, es ist so ein kräftiges Bier, irgendwie nur fünf Prozent, aber vom Geschmack her, die Balance zwischen sauer und fruchtig, ja, ist für mich echt total super, vor allem, wenn die Sonne ein bisschen scheint. Und obwohl es jetzt Winter, ist es noch eigentlich immer mein Lieblingsbier. Wenn ich mal ein Bier aufmache hier auf der Brauerei, dann ist es eigentlich fast immer der, halt meine Leibe eigentlich.

Markus: Dann sage ich mal, prost, wunderbar.

Jacco den Hartog: Ja, prost.

Markus: Gut, dann mache ich mal auch eins auf. So und ich muss ja zugeben, ich habe von euch natürlich Biere mitgenommen, aber ich habe sie tatsächlich in der Zwischenzeit alle schon ausgetrunken, ich konnte da nicht an mich halten. Aber ich habe grade mal in meinem Keller geschaut und ich habe noch ein anderes Bier aus den Niederlanden gefunden und zwar einen Herbstbock von der Brauerei De Leckerei, die ja auch nicht weit von euch ist, und ich gieße das hier mal kurz in Glas ein. Und das finde ich auch ganz spannend, weil wir hier eben so ein klassisches Bier haben, also einen Herbstbock. Du hast dir jetzt ein, ja, modernes Bier ist fast schon der falsche Ausdruck, halt einfach ein mutiges Bier, ein spannendes Bier, was mit den Aromen mehr spielt, ausgesucht. Bei mir ist es jetzt so, ich habe auch eine sehr schöne Farbe im Glas, ein sehr schönes Braun mit so einem leichten Rotschimmer. Und es riecht sehr, sehr malzig, sehr süß und auch im Mund haben wir viel malzige und brotige Aromen, also erinnert tatsächlich an ein klassisches Bockbier. Und da kann man vielleicht auch noch für die Hörer sagen, dass es in den Niederlanden ja eine eigene Bockbiertradition gibt, die tatsächlich so ein bisschen auf der deutschen Bockbiertradition fußt, aber so ein bisschen auch vom Marketing der großen Brauereien übernommen worden ist. Und dort startet die Bockbiersaison viel früher als bei uns, also schon im September. Und es sind natürlich alles obergärige Bockbiere, aber gibt es durchaus auch sehr spannende Kandidaten. Und da sind wir vielleicht auch noch bei einem Punkt, wie ist es denn bei euch, also einerseits, wo sortiert ihr euch ein mit euren Bieren? Und wie ist das überhaupt in den Niederlanden, wir denken ja immer, okay, da gibt es eigentlich nur Heineken Pils, aber es ist ja gar nicht so, da gibt es ja ganz viele spannende Biere und Brauereien, also wie müssen wir uns die Bierwelt in den Niederlanden vorstellen?

Jacco den Hartog: Ja, es ist schon längst nicht nur Heineken mehr eigentlich, es ist ein weit entwickelte Bierwelt mittlerweile hier in Holland. Wenn ich es richtig sage, haben wir mittlerweile auch, ich glaube, über 1.000, 1.100 registrierte Brauereien mittlerweile. Das sind sogar, ich glaube, mehr als in Belgien, was natürlich eine lange Biergeschichte hat. Es gibt hier eigentlich, naja, alles, würde ich nicht so richtig sagen, na, schon eigentlich, es gibt fast in jeder Richtung. Bevor es echt losging, gab es eigentlich nur Pils und dann gab es halt die belgischen traditionellen Biere vor allem, ne, so die Trappisten und so. Aber mittlerweile, also wenn ich auch schaue, was wir halt im Portfolio haben, wir haben Session, wir haben IPA, wir haben Doppel-IPA, wir haben New England IPA, wir haben sour, wir haben verschiedene Barrel-Aged-Projekte, es gibt ein Weißbier, es gibt ein Blondbier. Ich würde sagen, in Holland, es ist ein bisschen so, wie es in der USA sich entwickelt hat. Also die USA ist ein bisschen, also weit voraus, würde ich sagen und man sieht, dass es in Europa langsam auch ein bisschen in die Richtung geht. Aber es gibt mittlerweile so eine Menge an Optionen, so breit, was natürlich auch total spannend ist, ne, weil, die Welt entwickelt sich halt so und was halt total cool ist. Man kann so viele neue Sachen immer mal probieren, es gibt so viele unterschiedliche Sorten Biere, unterschiedliche Brauereien mittlerweile auch, die alle mit ihrer eigenen Idee sozusagen rangehen. Und für uns ist die Richtung eigentlich ein bisschen, wir haben halt zwei Richtungen, wir haben jedes Jahr, haben wir eine Menge an Specials. Das sind halt sehr experimentelle Biere. Dieses Jahr zum Beispiel haben wir auch eine Innovation, wir machen ein Old Ill. Also das ist nur mit Hafer gemacht und das können wir machen, weil wir einen Myra-Filter haben. Kann ich später auch noch was drüber erklären, sehr interessant. Aber das ist etwas, was es noch überhaupt nicht so richtig gibt auf dem Markt. An der anderen Seite habe wir unser festes Portfolio und das sind halt ein bisschen, ich würde fast sagen, in Holland traditionelle Stile, aber dann wohl mit unserer eigenen Idee dahinter. Die sind alle ziemlich ausgesprochen, würde ich sagen, aber was auch gut daran ist, dass sie wohl leicht zu trinken sind, also einfach zu trinken sind. Es sind nicht überkomplizierte Biere, dafür haben wir halt unseren Special-Faim. Und das ist halt, was die meisten Leute an Homeland auch mögen, es ist echt Qualität, gutes Bier und man kann es auch gut und einfach trinken. Ob es ein Zeebonk ist, der New England IPA von 7.1 Prozent ist oder unseren Ketelbinkie, was halt ein Session ist. Ja, alle sind halt sehr geschmackvoll und sehr angenehm zu trinken und nicht extrem ausgesprochen sozusagen.

Markus: Ja, also grade bei den Namen haben wir grade schon gehört, ist das sehr, sehr spannend. Und ich kann auch nur bestätigen aus meiner eigenen Erfahrung, als ich bei euch in dem Pub war oder in dem Kapitänscasino oder wie auch immer man das bezeichnet, da gibt es ja auch die Möglichkeit, so einen Sampler zu haben, wo man dann drei, vier, fünf verschiedene Biere auch probieren kann in kleinen Mengen. Und ich fand sie alle sehr, sehr gut und auch eben sehr schön leicht trinkbar, viele hatten einfach einen besonderen Twist, eine besondere Idee. Und mein Favorit war tatsächlich das Session IPA, weil das unglaublich fruchtig war, unglaublich voll, toller Körper, man hat gar nicht gemerkt, dass das weniger Alkohol hat. Und sehr, sehr einfach spannend von der Aromatik her, das hat mir sehr, sehr gut gefallen. Also, Kompliment.

Jacco den Hartog: Ja, danke. Wir können halt mehr mit unserem Malzrezept spielen. Und das Ketelbinkie ist ein gutes Beispiel davon, der ist nämlich mit 70 Prozent Hafer und Weizen gebraut und das gibt denen auch so ein aromisches, so einen vollen Geschmack. Und das ist halt, ja, total, ich liebe das auch, so nach Lorre ist Ketelbinkie tatsächlich mein Liebling.

Markus: Hah, dann haben wir doch was gemeinsam. Ja, wo wir grade schon drüber gesprochen haben, also es geht um einen Maischefilter. Das ist was, was man bei uns in Deutschland relativ selten, zumindest bei den kleinen Brauereien sieht. Und man muss sich das so vorstellen, dass eben statt einem Läuterbottich praktisch die gesamte Flüssigkeit durch ein Filtersystem durchgepumpt wird, wodurch man eben zum Beispiel, wenn man mit sehr hohen Stammwürzen, mit viel Getreide arbeitet, wo ein Läuterbottich zum Beispiel verstopfen kann, wo es schwierig wird überhaupt am Ende den Prozess am Laufen zu halten, da kann man mit einem Maischefilter sehr viel besser arbeiten. Und ist halt ein ganz anderes System, aber eben ein sehr, sehr effizientes und bei uns, wie gesagt, kennt man das eher von Großbrauereien. Also zum Beispiel Berliner Kindl hat da einen mit am Start, aber eben in großer Dimension. Hatte ihr das von Anfang an schon immer oder habt ihr da irgendwann die Idee gehabt, wir kaufen sowas?

Jacco den Hartog: Ich habe grade schon erzählt, dass wir ja umgezogen sind vor drei Jahren ungefähr und dann haben wir halt eine neue Brauerei gekauft. Und den haben wir direkt dazugekauft, weil wieder von Qualität und Nachhaltigkeit, von dem Gedanken aus, ist es halt eine super Lösung. Der Vorteil ist halt, man muss nicht unbedingt mit 50 Prozent mit Gerste brauen, Ketelbinkie, wir haben grade darüber gesprochen, ein gutes Beispiel. Und es ist auch nochmal viel nachhaltiger, weil, man braucht auch tatsächlich 20 Prozent weniger Malz, um das gleiche Zuckerniveau, sagt man Plato auch in Deutschland bei Bier?

Markus: Ja, Stammwürze oder Plato.

Jacco den Hartog: Um das zu kriegen. Und man verbraucht auch weniger Wasser, man kriegt halt 15 bis 20 Prozent mehr Bier im Endeffekt raus. Und für uns war das, als wir die Möglichkeit hatten, dachten wir halt, das passt halt total zu unserer Idee und ist auch für uns ein Gutes, wir können das halt super benutzen. Weil, es gibt halt sehr viel Konkurrenz hier in Holland natürlich und das bringt uns die Möglichkeit, um auch mehr zu experimentieren als andere Brauereien und das bringt uns natürlich einen Vorteil.

Markus: Ja, wo wir grade schon drüber gesprochen haben, Nachhaltigkeit, wollten wir ja nochmal ein bisschen tiefer einsteigen. Ist das vielleicht auch grade in Amsterdam oder in den Niederlanden ein größeres Thema, weil ihr ja durch einen möglichen Anstieg des Meeresspiegels zum Beispiel, viel direkter betroffen seid als zum Beispiel wir hier in Bamberg, wo man ein bisschen höher liegt? Ist das so, also gibt es da ein höheres Bewusstsein oder wie kommt es zu diesem Trend Nachhaltigkeit bei euch?

Jacco den Hartog: Ja, ich würde sagen, es ist in Amsterdam auf jeden Fall, ja, echt ein Thema, ich würde auch sagen, Holland-breit eigentlich auch voll und, ja, so langsam auch wohl weltweit. Und, ja, für uns ist es einfach eine wichtige Sache, um das auch mitzunehmen in unsere Entscheidungen. In Amsterdam wird da wohl vielleicht mehr danach gefragt als in Groningen zum Beispiel. Aber auch da sieht man wohl, dass es echt, ja, echt eine wichtige Sache ist, ne. Wir kriegen halt öfter mal E-Mails oder wir werden angerufen von Leuten, die halt zu uns gekommen sind, weil die es wichtig finden, wenn sie mit Lieferanten zusammenarbeiten. Und das sind da nicht nur Kunden aus Amsterdam, aber aus ganz Holland, die es einfach wichtig finden, dass ihre Partner auch einen nachhaltigen Blick haben, was sie machen. Und ich weiß nicht genau, wie das in Deutschland, kann ich dir nicht so richtig sagen, wie wichtig das ist. Aber es sind halt so ein paar Sachen, die uns halt, es bringt uns auch was, das zu machen, aber, ja, vor allem finden wir es wichtig, dass, ja, wir halt leckeres Bier machen, aber dann mit so wenig Impact wie möglich sozusagen.

Markus: Genau, also quasi mit einem guten Gewissen, könnte man sagen.

Jacco den Hartog: Ja.

Markus: Es ist ja bei uns in Deutschland, ist es so, ich glaube, es sind so zwei Motivationen. Das eine ist tatsächlich, ähnlich wie bei euch, auch einfach das Thema Verantwortung, Zukunft, Umwelt. Also da auch versuchen, seinen Fußabdruck zu klein wie möglich zu halten und eben auch zu versuchen, also einen Teil dazu beizutragen, dass man insgesamt von diesen hohen Emissionen runterkommt. Und das andere ist allerdings auch schon das Thema Preis. Also weil man einfach merkt, wenn man deutlich weniger Wasser verbraucht, deutlich weniger Energie, weniger Rohstoffe, weniger in der Lieferung zum Beispiel hat und so weiter, regionaler ist mit seinen Rohstoffen, dann spart man am Ende des Tages mittlerweile auch wirklich Geld. Und das sind, glaube ich, beides Motivationen, die gleichzeitig dazu beitragen, dass auch bei uns vor allem so kleine und mittelgroße Brauereien immer mehr das Thema für sich entdecken. Und da eben auch in innovative Technik investieren, was weiß ich, ihren Fuhrpark umstellen, ihr Gebinde verändern, bis hin zu eben Hackschnitzelheizungen, Wasserschichtenspeicher und so weiter. Da gibt es viele technische Möglichkeiten, um eben energetisch und um überhaupt da irgendwie CO²-reduzierend zu arbeiten. Es ist ja auch ein großes Thema und wenn man an die zukünftigen Generationen denkt, auch ein sehr wichtiges. Und man will ja trotzdem weiterhin gutes Bier trinken, das hat ja auch was damit zu tun, denke ich mal. Wie schätzt du überhaupt so den Biermarkt bei euch ein, sind die Leute offen für eure Biere oder müsst ihr oft noch überzeugen, wie läuft das?

Jacco den Hartog: Das kommt ein bisschen drauf an, wo man auch hingeht. Ich würde sagen, die Spezialbierwelt, die entwickelt sich echt schnell in Holland und die Leute finden es auch echt spannend und sind auch interessiert und möchten auch neue Sachen probieren. Man merkt wohl, dass es wohl einen Unterschied gibt zwischen, ich würde sagen, Amsterdam, Utrecht, Rotterdam, so die Region, da sind die Leute halt total interessiert. Man merkt wohl, wenn man Richtung Süden geht zum Beispiel oder Richtung Norden, dass Leute da ein bisschen traditioneller sein können. Aber auch da merkt man halt, ich finde, immer ein gutes Beispiel, wenn man im Albert Heijn, ne, das ist ein holländischer Supermarkt, der größte in Holland, wenn man da vor einem Bierregal steht und das vergleicht zu, lass uns sagen, vor fünf Jahren oder so, vor fünf Jahren, wenn da acht Meter Bier war, dann waren die sechs Meter Pils und dann zwei, drei Meter mit Leffe. Und jetzt steht man vor den Regalen, der Pils ist vielleicht vier Meter und der Rest ist einfach alles Spezialbier. Und das zeigt eigentlich, wie interessiert Holländer sind in Spezialbieren. Ich glaube auch echt, das es zu tun hat mit den, ja, wir sagen, Gesundheitstrend halt. Leute, die sind sich bewusst auch von Alkohol und die trinken das noch wohl gerne, aber wenn sie dann was trinken, dann möchten sie auch echt was haben zum genießen sozusagen. Und da sieht man halt, das in Holland, aber auch in ganz Europa, die ganze Menge, ganzes Volumen, alles zusammengeschmissen sozusagen, wird halt kleiner, aber innerhalb dieses Volumen wächst halt Spezialbier echt krass schnell. Und Alkoholfrei in Holland auch und das ist halt, weil die Leute, ja, der Markt ist bereit dafür. Die Leute, die Konsumenten sind interessiert, um neue Sachen zu probieren. Also von daher, würde ich sagen, dass der Markt eigentlich sehr gut ist, auch für uns. Man kriegt auch direkt auch viel Konkurrenz, weil, der Markt ist halt gut und wir sind halt nicht die Einzigen, es gibt halt nochmal 1.000 andere Leute, die das Gleiche versuchen wie wir. Und in Amsterdam ist das eigentlich am krassesten, weil, in Amsterdam selbst gibt es schon 24 registrierte Brauereien. Wir können uns nicht beschweren, es geht echt gut.

Markus: Das freut mich ja für euch. Und du hast grade noch einen zweiten Trend erwähnt, der bei uns auch tatsächlich immer wichtiger und immer größer wird, das ist das Thema alkoholfrei. Und wenn ich da bei euch auf die Seite schaue, dann finde ich zwar eine Rubrik alkoholfrei, aber da finde ich momentan nur T-Shirts. Plant ihr auch alkoholfreie Biere oder habt ihr schon welche im Sortiment?

Jacco den Hartog: Ja, im Moment haben wir kein alkoholfreies, wir kriegen wohl eines. Eines der interessantesten Sachen von meinen Job ist halt, ich komme halt von Großunternehmen aus, ja, wir waren damals zum Beispiel auch schon lange beschäftigt mit 0,0 und wichtiger Markt, wächst halt. Und als ich nach Homeland kam, ja, ich arbeite hier mit zwei Brauern zusammen und die haben halt Passion für, was sie machen und so. Und, ja, am Anfang war das so eine schwierige Geschichte, weil die sagen halt: „Ja, es ist kein Bier.“ Da ist kein Alkohol drin, das ist nicht fermentiert, dann ist es kein Bier. Man fragt auch nicht einen Barista um einen Decaf zu machen, das passt irgendwie nicht. Und, ja, man merkt halt voll, es gibt da eine gesunde Spannung sozusagen. Aber, ja, dieses Jahr kommt da wohl eines. Weil, wir sehen auch in Holland, dass der Markt, ja, Leute, die haben trotzdem Bock auf diesen Genießmoment, aber möchten nicht immer Alkohol dazu haben. Und, ja, dafür ist halt alkoholfreies Bier eine super Option. Es ist natürlich wohl für eine kleinere Brauerei echt schwierig, um ein gutes alkoholfreies Bier zu machen. Weil, ein Großteil des Geschmacks kann auch von Hefe kommen. Und von daher sind wir eigentlich schon ein Jahr unterwegs, verschiedene Experimente zu machen, wie wir dann tatsächlich auch eins machen können, wovon wir selber auch echt sagen: „Das gehört zu uns, zu unserer Identität und das bringen wir auf den Markt.“

Markus: Ja, da bin ich auch schon sehr gespannt. Und man kann ja auch sagen, ein erster Anfang ist ja schon euer Session IPA, das hat ja nur dreieinhalb Prozent, da kann man auf jeden Fall auch schon mal leichter trinken und einsteigen. Ja, dann bedanke ich mich bei dir ganz herzlich für diese kleine Reise. Wir werden natürlich in den Shownotes sowohl auf die Brauerei verlinken als auch auf den Shop. Kann man eure Biere eigentlich kaufen aus Deutschland, wenn man im Shop einkauft, liefert ihr?

Jacco den Hartog: Ja, liefern wir. Also wir nicht selbst natürlich, aber, ja, schicken wir, kein Problem.

Markus: Ja, wunderbar. Also dann werden wir das ordentlich verlinken. Und, ja, dann vielen, vielen Dank für diesen kleinen Einblick. Die heute noch einen ganz schönen spannenden Tag in Amsterdam und hoffentlich bald einen Ausstieg aus eurem Lockdown, dass ihr auch wieder euer Bier ausschenken könnt.

Jacco den Hartog: Danke, dass ich da sein möchte und es war echt wunderbar. Schönen Tag gewünscht dann allen und danke schön.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 79 – Interview mit Max und Julius Göttl von der Braubar „Treber & Trester“ aus Stuttgart-Feuerbach

Max und Julius Göttl sind klassische Quereinsteiger im Brau- und Gastrogeschäft. Den letzten Stoß in die richtige Richtung gab ihnen ihr Vater, der eine Brauanlage zum Geschenk machte, aber als Gegenleistung jederzeit frisches, selbst gebrautes Bier verlangte. Schließlich kam noch eine geeignete Location in die Familie und schon war – allen Corona-Unbilden zum Trotz – im Juni 2021 das „Treber & Trester“ in Stuttgart-Feuerbach eröffnet. Seitdem kreieren die beiden unermüdlich neue Biersorten, bieten eine feine facettenreiche Speisekarte und eben jede Menge rund um Treber und Trester, sprich Bier, Wein und Spirituosen an. Am besten hört Ihr gleich die ganze Geschichte hier im BierTalk…

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Holger: Herzlich willkommen zur 79. Folge und wir haben natürlich wieder ganz besondere Gäste und zwar Treber und Trester aus Feuerbach, ja. Und was das genau ist und wo das genau ist, erklären uns jetzt gleich die beiden. Herzlich willkommen, schön, das ihr da seid und, ja, your stage.

Max Göttl: Hallo, ich bin der Max Göttl und den anderen, den ihr hört, ist der Julius Göttl und wir haben vor Kurzen in Stuttgart eine Bar eröffnet, wo wir unser eigenes Bier brauen und auch ausschenken.

Holger: Also das heißt, Feuerbach ist in Stuttgart?

Max Göttl: Feuerbach ist in Stuttgart, genau, das ist ein Stadtteil von Stuttgart.

Holger: Und was heißt jetzt, eigenes Bier brauen?

Max Göttl: Also im Grunde genommen war das eine ganz witzige Geschichte, wir haben vor drei Jahren hobbymäßig das Bierbrauen angefangen und sind dann irgendwann zu dieser Gastronomie gekommen, mehr oder weniger zufällig. Und haben dann natürlich gedacht, jetzt müssen wir natürlich das Bier, das wir über diese zwei Jahre gebraut haben, auch natürlich in der Gastro anbieten, genau.

Holger: Also war das alles gar nicht geplant, also das ihr Gastronomen werdet und Brauer oder wie kann man sich das vorstellen?

Max Göttl: Also nicht wirklich, der Julius, der ist beruflich Koch und deswegen hat er natürlich schon was mit der Gastro zu tun. Aber, zu dieser Gastronomie sind wir jetzt in dem Fall deswegen gekommen, weil wir das Haus gekauft haben, in dem sich die Gastro befindet. Und die Gastro, die war unbenutzt und dann haben wir uns gedacht, wenn wir jetzt mal die Möglichkeit haben, sowas auszuprobieren und grad für den Julius ist das ja auch eine sehr wichtige Erfahrung, ziehen wir das jetzt einfach mal durch, ja.

Holger: Ah ja. Und wenn man sich jetzt Treber und Trester nennt, dann fürchtet man sich natürlich als BierTalk-Hörer, weil Trester, sind ja die anderen. Und …

Max Göttl: Genau.

Holger: … aber gut, in Stuttgart trinkt ja eh nur Trollinger, oder?

Max Göttl: Trollinger und Pils. Also wir kommen ja, wie du, Holger vielleicht weißt, aus ein bisschen einer Winzerfamilie beziehungsweise mein Vater, der ist Hobbywinzer und daher wollten wir auf jeden Fall in unserer Bar auch unseren eigenen Schnaps, unseren eigenen Wein und da jetzt da auch noch das eigene Bier dazu kommt, haben wir gedacht, was besser als Treber und Trester. Und es ist auch wirklich, der Name kommt wohl recht gut an bei den Kunden, weil er genau dieses wiederspiegelt, was bedeutet das überhaupt und auch, ah, ja, das Bit war das. Ah, ich habe wieder was gelernt und dadurch merke ich mir vielleicht den Namen auch.

Holger: Und ist das so eine klassische Kneipe oder ist das eher ein Restaurant oder ein Sternelokal oder wie sieht das aus bei euch?

Max Göttl: Also wir wollten es eigentlich als klassische Kneipe eröffnen, aber, wie gesagt, mein Bruder, der ist Koch und hat auch schon sehr viel Erfahrung und kann da sicherlich auch gleich selber was dazu sagen. Und deswegen haben wir mit Essen, mit kleinen Speisen angefangen und unsere Karte ist wöchentlich frisch produziert von uns. Zwar immer eine kleine Karte, die sich wöchentlich wechselt, aber bisher ist das Feedback doch sehr, sehr positiv, sowohl beim Essen als auch beim Trinken.

Holger: Ja, Julius, dann sag doch mal was zu dir, wie wird man denn Koch und wie wird man dann zum Brauer

Julius Göttl: Jetzt muss ich ganz kurz, ich habe …

Holger: Ich habe ja gelernt, das muss ich vielleicht noch sagen, ich habe ja gelernt, Köche sind ganz schlechte Brauer, aber das erkläre ich dann noch.

Julius Göttl: Ich muss ganz kurz, ich habe ein Baby auf dem Schoss, ich muss das ganz kurz abgeben, ich bin in einer Sekunde wieder da.

Holger: Ist alles live, da müssen jetzt die Frauen ran und uns wieder mal retten als Männer, wie das immer so ist.

Max Göttl: Ja, man denkt ja immer bei so einem Kind, das kann nie früh genug bei so einem BierTalk teilnehmen, aber dort war es jetzt mit einem Monat doch zu früh.

Julius Göttl: Okay, ich laufe einfach mit ihr rum, das klappt dann schon.

Holger: Ah ja, och, ist auch noch eine sie, ja.

Julius Göttl: Eine sie. Ja, das ist wahrscheinlich das Baby, das am öftesten eine Bar besucht hat in ihrem Alter. Also, genau, jetzt zu mir, ich habe Koch gelernt und ich habe zufälligerweise mir den Podcast von euch letzte Woche angehört oder wenn das ausgestrahlt wird, das ist schon ein paar Wochen her, über Peru. Und ich war auch in Peru, vier Monate lang und habe natürlich auch dieses Cusqueña-Bier probiert, ein sehr gutes Bier, und auch andere Biere von dort. Und jetzt haben wir diese Option gehabt, diese bar zu eröffnen, haben uns die Skills immer weiter angeeignet, unter anderem, wie gesagt, wir kommen auch aus einer Winzerfamilie und kennen uns schon ein bisschen aus mit Fermentation. Und dann haben wir uns irgendwann überlegt, okay, wir würden gern das mit dem Bierbrauen weitermachen. Und dann hat uns unser Vater, ein Braumeister 50, nee, ein Braumeister 20 gesponsert und hat gesagt, okay, dafür will er aber immer selbstgebrautes Bier. Und mit diesem Gerät brauen wir jetzt nach wie vor unsere, jedes Mal 30 Liter Bier pro Brauung, zwei- bis dreimal die Woche.

Holger: Ja und welche Stile macht ihr dann da?

Max Göttl: Also wir haben am Anfang, das haben wir, glaube ich, das ist wahrscheinlich auch ganz gut, wenn man mit diesem Brauen das erste Mal anfängt, haben wir diesen Speidel Braumeister gehabt. Und von Speidel gab es dann immer so diese Pakete, da ist dann Hopfen, Malz und Hefe, alles schon abgewogen und da gibt es wie so einen, das kann man sich vorstellen wie bei so einem Thermomix, dann ein Rezept, wie man das genau machen muss. Und da haben wir dann alle möglichen Stile von Speidel, also ein Weißbier, ein Pils, ein Helles, ein Kellerbier, mal durchprobiert unv. #00:06:13-8# Und als nächsten Schritt haben wir uns da halt gesagt, jetzt versuchen wir das mal mit unseren eigenen Zutaten. Weil, diese Pakete, die sind natürlich etwas teurer, wie wenn man auf Größe Mengen Malz und Hopfen bestellt. Und dann haben wir das immer versucht, nachzubrauen mit unserem eigenen Malz und Hopfen und haben echt alle Stile mal durchprobiert. Und irgendwann haben wir gesagt: „Okay, diese Bareröffnung kommt immer näher, wir brauchen jetzt ein Standardbier, das nicht jedes Bier anders schmeckt.“ Und dann haben wir nochmal geschaut, was hat uns am besten geschmeckt und haben uns dann für ein, also das ist dann unser quasi Typ 1, haben wir es genannt, für ein Kellerbier. Also ein Lagerbier, das ist eigentlich unfiltriert, aber bei uns, muss man schon sagen, du wirst es nachher eh probieren, Holger, sieht es fast unfiltriert aus. Und als zweites Bier haben wir uns für ein böhmisches Pils entschieden. Und die werden jetzt immer so quasi abwechselnd gebraut.

Holger: Sehr gut. Mensch, Markus, wen du das jetzt so hörst, eigentlich ist das ja total bekloppt, oder, zu der Zeit oder in diesen Zeiten eine Gastronomie zu eröffnen und dann ins Biergeschäft einzusteigen, da muss man schon ein bisschen bekloppt sein, oder?

Markus: Ja, da muss man ein bisschen bekloppt sein. Aber ich glaube, es hat auch was damit zu tun, wenn man einfach für Treber und Trester beider maßen brennt, dann hat man das vielleicht so ein bisschen in sich. Und ich glaube auch, wenn man dann anfängt eben mit Brauen, wenn man seine Versuche macht, wenn die Leute das toll finden und wenn sich dann so eine Gelegenheit ergibt mit so einer Gastro, dann muss es vielleicht irgendwie auch einfach raus. Also insofern kann ich das schon nachvollziehen und finde es spannend. Und ich habe auch das Gefühl, dass ihr ja als Familie so ein bisschen dahintersteckt, das hilft ja dann doch auch über solche Zeiten hindurch ganz gut, voranzukommen und vielleicht das auch zu überstehen und dann vielleicht erstrecht gestärkt aus der Sache rauszukommen. Und ich muss euch sagen, ich habe bei dem Trester eigentlich zu allererst an Grappa gedacht, also jetzt weniger an Wein, sondern tatsächlich eher an Brände. Und ihr habt ja auch schon gesagt oder angesprochen, dass es da durchaus auch Brände gibt. Also, das wäre doch auch mal eine Idee, oder, dass man aus Treber und Trester einen Grappa zusammenbrennt oder so? Habt ihr eine Brennerei in der Familie?

Max Göttl: Also wir haben keine Brennerei, wir bringen unseren Trester, und der Trester ist ja in erster Linie nur der Abfall des Weines und kann, was ich jetzt auch gelernt habe, auch als Synonym für Treber verwendet werden. Und auf jeden Fall, diesen Abfall, also da ist dann noch ein bisschen Restzucker drin, das ist schon gepresst, aber man kann selber entscheiden, will ich das jetzt auf bis zu fünf Prozent oder ein Prozent auspressen. Und wir lassen dann immer fünf Prozent Saft in den Trauben drin und lassen das gären und bringen das dann zu einer Brennerei, die ist 150 Meter von uns entfernt, also ist eine kleine Brennerei. Und das mit der Brennerei haben wir uns tatsächlich auch schon mal überlegt. Aber Brennrecht ist ja nicht ganz einfach, also muss ich ja dann eins erwerben. Und uns geht auch langsam der Platz aus, weil wir uns jetzt eher dafür entschieden haben, das Brauen weiter zu verfolgen und eine größere Brauanlage installieren wollen. Dann hat man natürlich irgendwann keinen Platz mehr für noch einen Brennkessel.

Markus: Ja, war auch nur so eine kleine Schnapsidee von mir. Aber vielleicht noch ganz kurz, jetzt haben wir ja vom Julius also auch noch nicht so ganz gehört, wie er zu dem Thema Koch gekommen ist, da bin ich immer noch gespannt. Aber vielleicht vorher, Max, wie ist es denn bei dir, also wie kommst du denn überhaupt in die Kulinarik und ist das jetzt deine erste Station oder was hast du schon so alles hinter dir, bevor das jetzt hier losgeht?

Max Göttl: Also ich habe in München angefangen zu studieren, erst Mechatronik, dann Medieninformatik und im Endeffekt dann Informatik. Und wie das dann halt so ist, zieht man mit 18 nach München und braucht einen Nebenjob. Und da habe ich dann an einer Currywurstbude am Münchener Hauptbahnhof angefangen. Und das hat mir sehr viel Spaß gemacht und da habe ich meine ersten Erfahrungen mit der Gastro gehabt. Es gab auch irgendwann mal so diesen Zeitpunkt, dass wir uns überlegt haben, diese Currywurstbude zu übernehmen. Dazu ist es dann aber doch nicht gekommen, aber da wusste ich dann schon, also diese Gastro reizt mich schon auch ein bisschen. Wobei ich dann halt, wie gesagt, Informatik studiert habe und das natürlich wenig mit der Gastro zu tun hat. Und ich dann dadurch, dass ich Informatik studiert habe, auch nicht damit gerechnet habe, dass ich eine Gastro eröffne, aber halt diesen Plan hatte, wir wollen uns eine Immobilie kaufen, weil wir gesehen haben, das hat sicherlich eine Zukunft. Und dann haben wir halt zufällig genau diese, also wir haben uns etliche Immobilien angeschaut und es ist immer nicht geworden. Und dann haben wir eine gefunden und die hat uns gleich zugesagt. Und dann war da unten auch die Gastro drin und da haben wir gedacht, okay, das können wir jetzt nicht einfach vermieten, sondern das müssen wir jetzt einfach selber mal ausprobieren. Und bisher hatten wir natürlich am Anfang sehr viel Aufwand und Stress, aber es ist auch sehr viel Spaß. Und dann, wenn man sieht, das Freunde und Familie, die da mithelfen und auch Spaß daran haben, dann hat es sich bisher auf jeden Fall sehr gelohnt, genau.

Holger: Ja, Julius, jetzt musst du noch weitererzählen, wie das mit dem Koch genau war.

Julius Göttl: Also ich bin auch tatsächlich meinem Bruder hinterher nach München gezogen und dachte, okay, jetzt habe ich Abitur, jetzt muss ich ja eigentlich auch studieren, das gehört sich ja so. Und habe dann auch in drei Jahren drei verschiedene Studiengänge angefangen, habe aber eigentlich immer darüber nachgedacht, was koche ich als Nächstes in der WG, worauf habe ich Lust? Habe immer einfach gerne gekocht und dann irgendwann nach drei Jahren habe ich gesagt: „Okay, jetzt probierst du es einfach mal, machst ein Praktikum in der Küche.“ Aus einem Praktikum wurden dann mehrere und dann habe ich mich irgendwann entschieden, okay, dann fängst du jetzt halt mit 23 doch noch die Ausbildung an als Koch und das hat mir sehr zugesagt. Dann habe ich die in der Schlosswirtschaft Schwaige in München damals gemacht, wo wir auch schon Bier-Menüs hatten. Das war, die haben immer ganz eng mit Jochen Schweitzer zusammengearbeitet, das hat mich damals auch schon fasziniert. Ja, genau und meine letzte Station war tatsächlich Küchenchef in einer Schulküche, bevor wir dann unsere eigene Gastronomie eröffnet haben.

Holger: Hört sich wirklich spannend an, aber jetzt so langsam müssen wir ja zum Bier übergehen.

Markus: Ich habe auch schon Durst.

Holger: Ja, ja, unbedingt also. Aber, das ist jetzt wirklich so, ihr habt uns ja das Bier zur Verfügung gestellt und bei Markus ist jetzt leider nix angekommen, aber bei mir auf jeden Fall. Und, ja, wer soll anfangen, also wollt ihr anfangen, soll ich anfangen, weiß nicht. Ich habe ja hier zwei Flaschen.

Max Göttl: Genau.

Holger: Die kann ich jetzt mal hier so hochholen, so. Also das ist jetzt so, ihr habt ja keine Flaschenbierproduktion, sondern habt jetzt Flaschen, wahrscheinlich so leere aus dem Getränkemarkt geklaut und habt die gereinigt und …

Max Göttl: Also man muss dazu sagen, wir waren schon bei der Flaschenbierproduktion, eben da, wo wir hobbymäßig angefangen haben, haben wir alles in Flaschen abgefüllt. Aber dadurch, dass natürlich die Gastro so gut funktioniert hat mit einfach brauen vergären lassen und dann direkt ins Fass füllen und dann einfach wieder vom Keller nach oben zapfen und die Leute …

Holger: Direkt in die Kehle der Kunden, ja.

Max Göttl: Genau, die Leute, die lieben es so sehr. Wir müssten nochmal mehr brauen und auch, es wäre nochmal mehr Aufwand, wieder in Flaschen abzufüllen. Und das steht schon auch wieder auf unserer Agenda, aber, wie gesagt, eigentlich geht es bei uns erst mal darum, dass wir jetzt mehr Kapazität, also mehr Bier brauchen. Weil, momentan brauen wir zwei-, dreimal die Woche und das ist am Wochenende dann wieder weg, also fünf Wochen später oder wenn es dann halt gereift ist.

Holger: Sehr gut! Also bei mir steht jetzt, also da sind ganz einfache Etiketten drauf, wenn man das so sagen darf und da steht jetzt BB, ne, BB, sag mal.

Max Göttl: Das ist Brüder Bräu …

Holger: Ah ja.

Max Göttl: … so haben wir unser Bier erst mal getauft.

Holger: Genau, das bietet sich ja an, ihr seid ja Brüder.

Max Göttl: Genau, ja.

Holger: Ja und dann Typ 1, ne.

Max Göttl: Das ist in dem Fall unser erstes Bier, das wir den Kunden angeboten haben und das ist ein Kellerbier Schrägstrich Lager.

Julius Göttl: Oder Festbier, ich glaube, es war als Festbier deklariert, als es damals von Speidel kam und wir haben es halt immer weiter verfeinert.

Max Göttl: Aber ist ein Festbier nicht obergärig?

Julius Göttl: Nein.

Holger: Nein.

Max Göttl: Ah ja, okay, dann kann es auch ein Festbier gewesen sein.

Holger: Wir werden ja der Sache gleich mal auf den Grund gehen.

Max Göttl: Genau, ja.

Holger: Und die andere Flasche, da steht halt auch BB drauf für Brüder Bräu und dann Typ 2, ne.

Max Göttl: Genau, das ist unser böhmisches Pils.

Holger: Typ 1 und Typ 2 erinnern mich ja so ein bisschen an Diabetes, aber im Anfangsstadium kann man das ja so machen. Und für mich ist das ja total super, weil, ich kenne mich jetzt aus. Also ihr dürft jetzt sagen, Typ 1 oder Typ 2, was soll ich machen?

Max Göttl: Also ich würde sagen, du fängst mit dem Typ 1 an, dann kriegst du es genau in der Reihenfolge, wie es auch unsere Kunden bekommen haben, dann kannst du dementsprechend …

Holger: Ja, sehr gut. Also dann mache ich es mal auf.

Max Göttl: Wie gesagt, das ist jetzt halt vom Zapf gefüllt, das heißt, Kohlensäurekarbonisierung wird da nicht mehr arg viel drin sein. Das ist natürlich ein bisschen schade, aber hoffentlich funktioniert der Geschmack.

Holger: Also das stimmt genau, also Kohlensäure, also der Sommelier würde ja jetzt sagen, mit sehr geringen Rezenz, ja.

Max Göttl: Genau, ja.

Holger: Ne, das würde er sagen, also insofern, ja, Schaum ist keiner da. Aber, es ist Flüssigkeit im Glas, es duftet schön, ja und man hat eine deutliche Hopfennote direkt in der Nase. Das Bier hat so eine etwas dunklere Farbe, also man könnte schon sagen, ja, eher Festbier als jetzt Lagerbier. Und das, was ihr schon angekündigt habt, trifft auch zu, also es ist so leicht opak, ja, aber man sieht, es ist wirklich sehr gut abgelagert und wirkt fast wie filtriert, ja. Ich genehmige mir jetzt mal ein Schlückchen.

Max Göttl: Die Spannung steigt.

Holger: Ja, genau, die Spannung steigt, ja, ich muss ein bisschen drüber nachdenken. Also wie gesagt, die Kohlensäure ist wirklich komplett draußen und was ich jetzt habe, ist ganz am Anfang im Antrunk, habe ich so brotige Noten, sehr malzig. Und jetzt aber im frühen Nachtrunk gibt es hinten raus schon eine schöne Bittere, die eben auch animiert, nochmal einen Schluck zu trinken. Und ich würde schon, also die Vollmundigkeit, die spricht schon eher für ein Festbier …

Max Göttl: Okay.

Holger: … eigentlich ein Lagerbier, das muss ich schon sagen.

Max Göttl: Dann hat der Julius wahrscheinlich Recht, dann haben wir das von dem Festbier abgeleitet und ich habe mich da getäuscht.

Julius Göttl: Was wir anders machen, ich glaube, wir haben ein bisschen ein anderes Malzschema wie das Originalrezept. Und wir haben, was wir immer bei all unseren Bieren machen, ist Hopfen stopfen, 45 Gramm auf 30 Liter. Also wenn die Hauptgärung abgeschlossen ist nach fünf, sechs Tagen bei 15 Grad, dann können wir Hopfen stopfen für nochmal mindestens eine, manchmal sogar zwei Wochen bei vier Grad und dann füllen wir es erst ab. Dadurch entsteht natürlich auch eine natürliche Filtrierung, weil sich das Meiste unten absetzt.

Holger: Genau und das ist auch das, was ich sofort in der Nase hatte, also diese Hopfennote, das hatte ich ja gesagt und so kam es mir halt auch vor, dass das eben ein kaltgehopftes Bier ist. Mit welchem Hopfen macht ihr das denn?

Max Göttl: Wirst du dir aber vielleicht sogar denken können, es ist ein sehr bekannter Citrushopfen und zwar der Cascade.

Holger: Cascade meinst du, ja, okay.

Julius Göttl: Cascade, aber am Anfang ist, was haben wir noch drin, Tettnanger ist drin.

Max Göttl: Kommt jetzt aufs Bier drauf an. Ah ja, genau, beim Dings ist es Tettnanger und, nee, dann, ich glaube, nur Tettnanger und beim zweiten Mal wird es schon mit Cascade gehopft.

Julius Göttl: Ja.

Holger: Ja, Mensch, super! Also jetzt der Nachtrunk ja voll da und der ist auch da und bleibt da. Also das ist auch eine schöne Sache, das das Bier nicht sofort die Kehle runter rinnt und weg ist, sondern es ist weiterhin präsent. Und die Bittere, die ist da und beschäftigt mich auch also und ich mag das ja. Also der Markus ist ja nur so ein Weichei, der gar nicht, also bittere Biere sind für den wirklich gar nix. Also der kennt ja eigentlich nur Kellerbier, weil Oberfranken, ihr wisst ja. Markus, bist du noch da?

Markus: Ich bin noch da und höre mir das ganz lustig an.

Holger: Ah ja.

Markus: Aber ich habe mir auch noch ein Bierchen geholt. Also wenn ihr dann mal fertig seid, dann mache ich mir auch noch eins auf, weil ich natürlich jetzt Durst bekommen habe.

Holger: Naja, nee, unbedingt, unbedingt! Nee, also es ist spannend, auf jeden Fall sehr spannend und, ja, man muss mal zu euch kommen und das mal auch dann vom Fass, ganz mit Kohlensäure und Schaum probieren, das ist auch nochmal klasse. Habt ihr auch noch andere Biere? Also jetzt habt ihr ja eigene, das eigene selbstgebraute Bier und bietet ihr auch noch andere Flaschenbiere an oder andere Fassbiere? Habt ihr ein Portfolio und wenn ja, welches und warum?

Max Göttl: Also wir haben uns hauptsächlich, also zunächst mal haben wir noch ein weiteres Bier standardgemäß am Zapf und das ist das Meckatzer.

Holger: Jawohl, also Meckatzer Pils, ja.

Max Göttl: Meckatzer Weißgold, das ist ein bisschen eine Mischung zwischen Hellem und Pils.

Holger: Ja, genau, das ist dieses Sonntagsbier, ne, Weißbier so ein bisschen, ja, genau.

Max Göttl: Genau, Sonntagsbier, das ist sehr, sehr beliebt Und ich hatte jetzt vor Kurzem auch den Vertreter da und der hat auch nur nochmal das bestätigt, was ich von meinen ganzen Kunden höre, Meckatzer ist hier in dem Raum beliebt und jeder, der das einmal am Zapf hat, nimmt das eigentlich nicht mehr weg. Wir haben uns natürlich auch mal irgendwann überlegt, sollen wir jetzt da mal ein bisschen einen Wechsel reinbringen. Aber dadurch, dass wir drei Zapf haben, setzen wir einfach immer auf Zapf eins das Meckatzer, auf zwei das Selbstgebraute und beim dritten haben wir dann immer so ein bisschen einen Wechsel drin. Der Julius war zum Beispiel vor Kurzem in Belgien und hat da ein paar Fässer belgisches Bier mitgebracht. Das Problem ist nur, das Meckatzer und unser eigenes so gern getrunken wird, dass die Meisten gar nicht erst wissen wollen, was auf dem dritten Zapf ist. Und deswegen wird das Bier zwar nicht schlecht, weil wir es dann rechtzeitig trinken, aber oft nicht ganz von den Kunden leergetrunken.

Holger: Ja, sehr gut, also Meckatzer ist auf jeden Fall ein ganz tolles Produkt. Und die haben ja mehrere Bierstile im Angebot und das Weißgold ist in der Tat sozusagen das Brot- und Butter-Meckatzer. Und wenn er hört, also Michael Weiß ist der Brauereiinhaber, also herzliche Grüße, ganz, ganz tolle Brauerei und auch eine schöne Gastronomie, wunderbar. So, Markus, jetzt hast du dir was rausgeholt und jetzt bin ich ja ganz gespannt, auf was du jetzt genau Lust bekommen hast, nachdem du mir so intensiv zugehört hast.

Markus: Ja, also, na, ich habe mir halt gedacht, okay, dann nehme ich mir was passendes, was vielleicht auch, ja, also insgesamt wirklich passt. Und zwar haben wir ja einen lieben Freund und Sommelier-Kollegen, den Michael Friedrich, der in Chemnitz braut, dort eine sehr, sehr schöne kleine Brauerei sich aufgebaut hat und jetzt auch sehr erfolgreich war bei den Biersommelier Weltmeisterschaften. Und der letzten Endes so wir ihr eben auch mal so im ganz, ganz kleinen Stil angefangen hat und sich eben auch so eine kleine eigene Bierlinie aufgebaut hat. Und der hat mir neulich ein kleines Paketchen geschickt zu Weihnachten und da war ein Session-Lager drin. Da habe ich mir gedacht, okay, das passt ja eigentlich ganz gut zu dem, was ihr jetzt grad so erzählt habt, also untergärig, leicht hopfengestopft. Und probieren wir mal, wie der das umgesetzt hat. Hopsa, das ist schon mal wesentlich mehr karbonisiert, würde man so sagen, kommt mit einem ordentlichen Druck aus der Flasche. Und ist auch opak, also da kann man auch nicht durchgucken, also auch unfiltriert. Oben drauf ein schöner fester Schaum und vom Geruch her sind wir hier eher so in der getreidigen Ecke Zuhause. Also, ja, so wirklich, wie wenn man so nach einem frisch gedroschenen Getreide, da so hin riecht, so riecht die Nase komplett. Probieren wir mal. Ja, also sehr viel Kohlensäure! Man müsste am besten die beiden Biere mischen, also eures und seins, dann wären wir, glaube ich, an der Idealvariante. Aber das ist jetzt auch schon so ein bisschen am Ende seiner Zeit angelangt, das merkt man natürlich, aber es hat auf jeden Fall auch eine schöne malzige Note. Und dafür, dass es verhältnismäßig leicht ist, also das heißt ja, Session-Lager heißt ja, nicht so stark. Wobei, mit 4,2 Prozent ist das schon fast auf Normalstärke, aber es ist ein bisschen weniger intensiv vom Körper. Und hinten raus, tatsächlich merkt man auch hier eine gewisse Bittere. Und der Holger hat zwar Recht, also ich bin jetzt nicht so der super Fan von super bitteren Bieren, aber so ein bisschen gehört das mittlerweile für mich schon auch dazu, und hat er sicher auch gut umgesetzt. Also den habe ich auch schon besucht, öfters und das ist ja ganz spannend, weil seine Brauerei auch wirklich so ein bisschen so ein Sammelsurium ist, mit alten und neuen Sachen und er hat auch so ein mini Museum dabei. Und, ja, der hat auch eine spannende Geschichte, wie er selber zum Brauen kommt, den werden wir vielleicht auch mal zum BierTalk einladen. Aber das fände ich bei euch noch interessant, also wie habt ihr euch dieses Thema Bierbrauen denn überhaupt beigebracht? Also habt ihr da einfach ein Buch gelesen oder seid ihr zu einer Brauerei gegangen oder wie kamt ihr überhaupt dazu zu sagen, wir machen da jetzt selber ein Bier und bringen das bis zur Verkaufsreife sozusagen?

Max Göttl: Also das war hauptsächlich Julius seine Idee. Wie gesagt, wir kommen aus einer Winzerfamilie und dann kam der Julius einfach her, komm Max, wir brauen jetzt Bier! Ich war erst mal sehr dagegen, weil ich ganz genau wusste, dass ist eigentlich hauptsächlich abspülen und habe mich dann aber trotzdem da reinziehen lassen. Und das Meiste haben wir, wie gesagt, also erst mal mit Rezepten von Speidel direkt, viel übers Internet und dann kommen halt diese ganzen Fehler. Weil, am Anfang macht man natürlich alles perfekt, aber dann wird man nachlässig, dann arbeitet man nicht mehr sauber. Dann denkt man, man kann einfach irgendwie ein Freestyle-Bier machen und macht sein eigenes Maischschema und dann kippt das Bier oder sonst irgendwas. Und dann muss man sich halt nach und nach immer mehr den Problemen widmen und lernt darüber. Also das Internet ist ja da grenzenlos, kann man sich eigentlich alles aneignen und die wichtigen Sachen aneignen zum Bier brauen. Und dann haben wir dadurch, dass wir die Gastro eröffnet haben, konnten dieses eigene Bier anbieten, sind auch ein paar Biersommeliers, Bierbrauer et cetera auf uns zugekommen und wollten auch mal mit uns brauen. Also einmal haben wir einen Mikrobiologen, der uns die mikrobiologische Seite erklärt hat. Und dann hatten wir einen, der Bierbrauer studiert hat, der dann mit diesem, ich weiß gar nicht mehr den Titel des Buches, aber wo im Grunde genommen er sagt, das ist die Bibel der Bierbrauer. Und das hat er uns gebracht und da konnten wir uns auch nochmal rein lesen. Und es war immer so ein Stück für Stück, du hast ein kleines Problem, weißt nicht weiter, dann googelst du erst mal oder schaust, wie haben die anderen das gelöst. Und dann denkst du dir, ah, okay, daran wird es wahrscheinlich liegen, also muss ich irgendwas anpassen. Und dann hat immer natürlich die gute Literatur, um das alles noch genauer rauszufinden.

Markus: Tja, also sozusagen ein bisschen Selbststudium nachgeholt, mit viel Unterstützung auch von allen Seiten, aber das ist spannend. Und ich glaube, so letzten Endes, ein bisschen so war es eben bei vielen in der Branche. Und das ist auch ganz spannend, weil es halt einfach nochmal ein anderes Herangehen an das Thema ist. Also da hätte ich vielleicht noch eine Frage an den Julius, ist das parallel, so wie man zum Beispiel an das Kochen rangeht, also? Oder andersrum gesagt, bei mir ist es ja zum Beispiel so, meine allererste richtige Profession war ja das Fotografieren. Und da ist der ganz große Unterschied, wenn du halt so ein Wald- und Wiesenfotograf bist, dann gehst du halt raus, machst 20.000 Bilder und am Ende hast du drei oder vier, die sind gut. Und wenn man das Ganze professionell macht, dann hat man vorher seine Bilder im Kopf, geht raus, macht zehn Bilder und drei oder vier sind gut, also ein ganz anderes Herangehen. Und ist das beim Kochen genauso und kann man das dann auch mit dem Thema Bier so ein bisschen vergleichen oder wie würdest du das sagen?

Julius Göttl: Also beim Kochen ist es tatsächlich einfach die Erfahrung, die man hat, je öfters man was kocht, je öfters man was macht, desto besser wird es. Und das ist beim Bier brauen genauso. Wir haben dann dadurch, dass wir dann die Möglichkeit hatten, wirklich zwei- bis dreimal die Woche zu brauen und du bist die ganze Zeit da und machst dann mal den Fehler und korrigierst ihn und den Fehler und dadurch wird man einfach immer besser. Und außerdem lernst du in der Küche als Koch, lernst du unglaublich effizient zu arbeiten und das kommt dir beim Bier brauen natürlich auch zugute. Dann kannst du natürlich super schnell abspülen, wie der Max schon sagte, das ist schon auch eine große Arbeit.

Holger: Ja, ich muss ja noch nachliefern, warum jetzt Köche schlechte Brauer sind, oder?

Max Göttl: Ja, ja, genau.

Julius Göttl: Ach ja?

Max Göttl: Ist auch interessant, ja.

Holger: Naja, also einmal, also auf jeden Fall, ich glaube, da habt ihr vollkommen Recht, Learning by Doing ist, glaube ich, beim Brauen ganz wichtig und das ist noch wichtiger als Wissen, ne, also ist das Können und Können kommt eigentlich nur von üben. Und warum, sind jetzt Köche eigentlich schlechte Brauer, Heimbrauer? Also die Köche sind ja meistens ziemlich kreativ und probieren dann auch während des Prozesses aus. Und dann kommt es auch nicht so genau und irgendwie schmeckt es dann ja auch und so und die müssen ja nicht reproduzieren. Also, sage ich mal, Konditoren zum Beispiel, sind wahrscheinlich besser Hobbybrauer. Weil die Köche ja eigentlich gar nicht so exakt arbeiten, wie das beim Brauen eigentlich notwendig ist. So stelle ich mir das halt vor, deshalb behaupte ich halt immer, Köche sind schlechte Heimbrauer.

Julius Göttl: Das stimmt tatsächlich. Also ich erwische mich schon selber auch oft, wie ich in so einem Freestyle-Prozess komme, wo ich sage: „Ach komm, jetzt mach mal hier noch ein bisschen was von dem und das könnte und könnte ja passen.“ Aber dadurch passt sich das Bier auch immer weiter an und wird so, es stagniert nie, es verändert sich immer ein bisschen, mal besser, mal schlechter. Und man muss sich halt dann immer gut Notizen machen, weil, man weiß es erst nach acht Wochen, wie das Bier dann schmeckt. Aber dadurch kann sich ein Bier immer weiterentwickeln.

Holger: Ja, sehr gut. Und jetzt sollten wir vielleicht euch auch noch die Gelegenheit geben, ein Bier zu verkosten. Weil, ihr habt ja grade schon gesagt, mein Gott, wir kommen vor Durst hier um und wir wollen ja nicht gemein sein.

Julius Göttl: Ja, tatsächlich bin ich jetzt grad in Österreich, ich bin gar nicht in Stuttgart. Und wenn ich jetzt in der Bar sitzen würde, würde ich natürlich ein eigenes von uns trinken.

Max Göttl: Aber, Julius, du kannst ja vielleicht eins, was trinkt man denn in Österreich, du kannst ja das Mal.

Julius Göttl: Ja, ich würde jetzt eigentlich ein Gösser Märzen trinken. Das ist so das Standardbier, was man hier trinkt. Aber ich habe leider gestern Abend das Letzte getrunken und keins nachgeholt.

Holger: Großer Fehler.

Julius Göttl: Großer Fehler, also da muss ich passen.

Max Göttl: Und ich habe eine von dem böhmischen Pils, dass ich dir auch geschickt habe, habe ich mir auch eins abgefüllt, dass ich etwa dasselbe schmecken kann wie du. Aber da würde ich auf dich dann noch warten, bis du deins aufmachst.

Holger: Ja, komm, dann machen wir das doch zusammen, also du machst deins auf, ich mache meins auf.

Max Göttl: Ja.

Holger: Und dann sprichst du drüber, was habt ihr euch überlegt, warum böhmisches Pils und so weiter. Und ich kann ja auch vielleicht irgendwas sagen. Also jetzt machen wir es mal.

Max Göttl: Ah, hier ist sogar noch ein bisschen Kohlensäure drin.

Holger: Habe ich ja gehört, ja, also, jawohl!

Max Göttl: Das könnte natürlich auch daran liegen … ja, wobei, nee, das war alles Kühlkette, das heißt, da kann nicht nochmal nachgegärt sein. Aber vielleicht habe ich es besser abgefüllt. Also böhmisches Pils deswegen, weil, in Stuttgart wird schon, also es entwickelt sich irgendwie eine Kultur, dass es mehr zum Hellen geht. Also als ich aufgewachsen bin in Stuttgart war es standardgemäß, dass man ein frisches Bier in einer Bar gezapft gekriegt hat, das es ein Pils war. Inzwischen werden die Biere aus Bayern, also grad die hellen Biere beliebter. Und trotzdem ist es so, dass viele Leute in Stuttgart nochmal nach einem Pils fragen. Ich glaube, im Ruhrgebiet ist es ähnlich, da wird ja auch Pils eher getrunken als Helles, oder?

Holger: Auf jeden Fall, Ruhrgebiet ist Pils.

Max Göttl: Genau und deswegen haben wir uns für ein böhmisches Pils entschieden.

Holger: Ja, sehr gut. Also ich habe das ja jetzt schon geöffnet und habe es mir auch schon eingeschenkt. Also es ist ein ganz kleines, kleines bisschen schon noch eine Kohlensäure da, aber schwach, ja, also es reicht nicht, da wirklich einen Schaum zu produzieren. Wenn ich jetzt rein rieche ins Glas, dann habe ich wirklich diese typische Butternote, die so ein böhmisches Pils eben auch mitbringt. Und ich mache jetzt mal einen Schluck. Ah ja, mhm, genau, also da kommt jetzt auch da nochmal so eine Hopfennote darin. Also auch hier würde ich jetzt behaupten, ist wahrscheinlich ein bisschen gestopft worden.

Max Göttl: Genau, das Stopfthema haben wir beibehalten, weil das einfach, die Leute sind zu uns gekommen und haben gesagt: „Bow, krass! Man schmeckt richtig das Fruchtige, den Citrusgeschmack raus.“ Und da haben wir gedacht, das wollen wir, da wir jetzt nicht beide Biere gleichzeitig anbieten, sondern immer im Wechsel, wollen wir jetzt auch nicht, dass die Leute dann enttäuscht sind beim Pils-Bier und deswegen haben wir das Hopfenstopfen, Citrushopfenstopfen beigegeben. Auch wenn das vielleicht für ein böhmisches Pils untypisch ist, aber das ist dann quasi unser eigene Note.

Holger: Ja, nee, aber mir taugt es gut, ja. Also was du noch ergänzen kannst, also bei mir steht jetzt drauf, am 24.11. ist es abgefüllt, gebraut. Wahrscheinlich gebraut, oder?

Julius Göttl: Gebraut, ja.

Max Göttl: Das ist das Braudatum, genau. Also ich muss sagen, bei mir kommt es schon, vielleicht liegt es an meiner Flasche, aber ich finde, das hat schon ein bisschen einen Fehlton drin. Also so diesen ein bisschen süßlichen Geruch. Ich weiß nicht, wie gesagt, das könnte auch an meiner Flasche liegen, aber das ist normalerweise bei dem Pils nicht der Fall.

Holger: Naja also ich habe hier eben so eine Diacetylnote in der Nase und die findet sich auch im Trunk, aber ist jetzt nicht so …

Max Göttl: Nicht unangenehm.

Holger: … dass ich jetzt das als Bierfehler deklarieren würde. Sondern, in meinen Augen gehört ja so eine leichte Diacetylnote auch zu diesem Bierstil. Also ich würde jetzt hier also keine Infektion oder so erkennen können, also bei mir passt es.

Max Göttl: Gut. Also wie gesagt, das ist auch immer mit diesem in Flasche füllen, dann ist kein Druck mehr drauf oder nur noch wenig vielleicht. Das ist bei mir auch ein bisschen anders, ich bin halt, wie gesagt, das frische Bier gewohnt und dadurch, dass es jetzt zwei Wochen in der Flasche stand, ist das für mich vielleicht dann doch nochmal anders als vom Zapf.

Holger: Also auf jeden Fall, das wird sicher so sein, aber ich kenne es ja eben nur so, wie ich es jetzt hier habe. Und das bedeutet ja, es würde sich lohnen, eben wirklich zu euch zu kommen. Und wenn das dann überhaupt nix wird und ich denke, mein Gott, was brauen die da, kann ich ja immer dann noch ein Weißgold trinken, ja oder ein …

Markus: Sehe ich genauso.

Max Göttl: Wir haben auch noch andere Biere. Also wir versuchen jetzt unser, also grad das Flaschenbierarsenal, noch ein bisschen zu erweitern mit regionalen, so ein bisschen noch kleineren unbekannten Brauereien. Zum Beispiel haben wir von unv. #00:35:31-6# die sind grad dabei, mehrere unterschiedliche saisonale Biere auszuprobieren. Die machen halt Kartoffelbier und ein Freepare, was ein alkoholfreies IPA darstellen sollen. Was gab es noch? Ein Vierkornbier, also die haben auch tolle unterschiedliche Sorten. Und auch die, da war auch mal ein Sommelier bei uns, der wollte eben auch bei uns mal so eine Art Sommelier-Veranstaltung veranstalten, was dann wegen Corona ausgefallen ist. Aber auch der Vertreter von Meckatz hat gesagt, da hätte er auch mal Interesse. Und wenn auch ihr Interesse habt, sowas mal bei uns zu machen, dann seid ihr natürlich da herzlich eingeladen.

Holger: Ja, das ist doch ein Angebot. Vielleicht wirklich nochmal zu den Räumlichkeiten, zur Gaststätte, ist das so eine Traditionskneipe, die ihr da übernommen habt? Gibt es da vielleicht irgendwie was Besonderes zu zusagen, oder?

Max Göttl: Also die Kneipe, die wir übernommen haben, das war, bevor sie wegen Corona geschlossen hatte, hatte sie aber nur noch selten offen und nur so für Veranstaltungen. Das war alles sehr, die Fenster waren alle zugemacht, die Öffnungszeiten waren eher so von 20 bis fünf Uhr morgens und so Veranstaltungen, mal unv. #00:36:54-7# und sowas. Also es hatte einen gewissen Ruf in Feuerbach und wir haben das schon nochmal komplett umgekrempelt. Also wie gesagt, es gibt wieder Essen, es kommt wieder Licht rein und geregelte Öffnungszeiten. Natürlich machen wir auch Veranstaltungen, aber versuchen halt schon, dieses Selfmade, regional, Essen, Trinken et cetera so ein bisschen den Leuten hier in Feuerbach auch wieder beizubringen. Und solche Bars wie uns, gibt es vielleicht in der Stuttgarter Innenstadt schon die ein oder andere, aber in Feuerbach haben wir momentan da eigentlich so gut wie keine Konkurrenz. Es gab zwar ein paar ganz gute Restaurants und es gibt auch gute Kneipen, aber so eine Mischung wie bei uns, da sind wir zufällig auf was Einzigartiges gestoßen. Und wir haben auch viel Platz, also die Gastronomie hat 120 Quadratmeter, drei Räume und wir haben es halt mit Kamin gemütlich eingerichtet.

Holger: Dann könnte man ja sagen, okay, bei dem Treber, ne, da kann man dann jetzt auch noch Brot machen oder also?

Max Göttl: haben wir.

Holger: Ah ja, ah ja.

Max Göttl: Also wir nutzen, oder was heißt wir, hauptsächlich ist das natürlich Julius sein Job, aber wir nutzen oft die Abfälle vom Bierbrauen, um daraus noch Treberbrot zu machen, was auch vorangehend ist.

Julius Göttl: Das ist ja die Idee hinter Treber und Trester, dass Nachhaltige, das wir haben, das wir sowohl aus dem Treber noch das Treberbrot herstellen und aus dem Trester den Tresterbrand. Und natürlich, was auch ein großes Thema ist, unser Bier kommt im Prinzip aus der Leitung der Bar. Das ist immer das Schöne an einer Hausbrauerei. Und wahrscheinlich sind wir die kleinste Hausbrauerei Stuttgarts, mit 30 Liter pro Brauung.

Max Göttl: Pro Brauung. Das, was natürlich dann auch zu unserem nächsten Plan führt, wir haben hinten, das war früher eine Metzgerei in der Gastro und da haben wir … der Raum, der sieht noch furchtbar aus, den müssen wir renovieren. Aber unser Plan war so, dass wir vielleicht auf einen 150 oder 200 Liter-Braukessel umsteigen und das da hinten in die Metzgerei einbauen. Und im Idealfall dann im Keller gekühlte Gärtanks haben und das nur noch von der Metzgerei runter schlauchen müssten und dann vom Keller wieder, nach dem Abfüllprozess, direkt vom Keller wieder hoch ins Fass zu bekommen. Dann wäre der Kreislauf quasi geschlossen.

Holger: Und wie sind eigentlich die Zukunftspläne, also wenn man jetzt sagt, okay, wie ist es in fünf Jahren und wie ist es in zehn Jahren? Wie soll sich das alles entwickeln da mit dem Treber und Trester?

Max Göttl: Also wir haben von Anfang gesagt, es soll uns hauptsächlich Spaß machen. Also das ist jetzt nicht, dass wir davon abhängig sind von diesem, was wir da verdienen, sondern wir können das schon so fahren, da wir nur von Donnerstag bis Samstag offen haben und inzwischen auch genügend Angestellte, dass man jetzt da keine 40-Stundenwoche mehr hat. Am Anfang war es natürlich viel mehr, aber jetzt nach und nach merkt man natürlich schon, die schlimmen Reparaturen sind weg, den Leuten gefällt es und der Umsatz passt mehr oder weniger auch. Und jetzt ist natürlich die Frage, wie wird es weitergehen? Und ich persönlich und Julius, glaube ich, auch, haben uns so ein bisschen diese Dateline von einem Jahr gesetzt. Wir haben am 10.06.2021 eröffnet und haben uns gesagt so, bis 10.06.22 sollte der Laden so selbstständig laufen, dass wir auch sagen, ein Tag die Woche von mir und ein Tag die Woche von Julius reicht, um das am Laufen zu halten und den Rest sollen die Angestellten so ein bisschen für uns übernehmen. Und das wir uns dann weiteren Projekten, wie zum Beispiel Brauanlage bauen, die Küche erweitern et cetera zuwenden könnten, dieses Treber und Trester schon über die nächsten Jahre ein bisschen so beliebter zu machen, vergrößern. Und grad dieses Brauen, wenn die Leute in der Woche 90 Liter Bier trinken und wir dreimal die Woche brauen, dann ist das halt Arbeitszeit, die man natürlich durch eine andere Brauanlage sehr schnell verbessern könnte. Also die Wirtschaftlichkeit fehlt grad beim Bierbrauen noch stark.

Holger: Ja, aber das ist doch einfach, soll der Papa nochmal richtig in die Tasche greifen.

Max Göttl: Ja, der ist grad schon dabei, der hat sich bei dem ganzen Projekt auch was gesichert und zwar hat er gesagt, er unterstützt uns und als Gegenleistung will er aber den einen Teil des Kellers für sich haben, dass er das für seinen Wein ausbauen kann. Und wir sind jetzt grad dabei, das zu fliesen, Abwasser, Zuwasser, Waschmaschine et cetera alles reinzulegen, dass der endlich auch hier seinen eigenen Weinkeller hat. Wobei, er weiß natürlich noch nicht, wie viel Bier wir da auch noch lagern werden, deswegen.

Holger: Ja, man muss ihm halt irgendwann mal sagen, dass Wei ja eigentlich ziemlich eindimensional ist im Vergleich zu Bier.

Max Göttl: Das musst du mit ihm besprechen.

Holger: Ja, das habe ich schon oft versucht, mit ihm zu besprechen. Wir waren ja zusammen in Schweden zum Beispiel und dann ist dann die Veltins Brauerei war dann zum Beispiel ein Sponsor. Und er steht dann halt immer einfach dann mit seinem Trollinger oder Trollinger mit Lehmberger oder was weiß ich, was der da immer trinkt. Und jetzt auch auf der Sachsentour, dann immer nur mit dem Weinglas gesehen. Und ich habe es so ein bisschen aufgegeben, also ich zähle da jetzt ganz auf euch.

Julius Göttl: Also unser eigenes Bier trinkt er sehr gerne. Aber auch nur eins und dann geht es mit Wein weiter.

Holger: Naja, es sei ihm vergönnt. Ja, Mensch, also jetzt haben wir doch schön wieder einen Einblick bekommen in die Stuttgarter Szene oder in die Feuerbacher Szene. Mir gefällt das ja viel besser, Feuerbach finde ich irgendwie geil und Stuttgart, naja. Ich habe ja mal in Esslingen gewohnt, ja und da gibt es ja so eine Rivalität zwischen den Stuttgartern und den Esslingern. Also Feuerbach, der Begriff Feuerbach, der gefällt mir einfach besser. Und, ja, das war schön, dass wir mit uns die Zeit verbracht habt. Und die Kleine war ja jetzt doch ganz ruhig, also.

Julius Göttl: Ja, ich habe sie tatsächlich weitergegeben, aber sie ist immer noch im gleichen Raum, also sie war ruhig, ja.

Holger: Ja, sehr schön, sehr schön, also aus der kann nur was werden, also das geht gar nicht anders. Oder was meinst du, Markus?

Markus: Auf jeden Fall, Nachwuchs können wir gebrauchen. Und wer weiß, in was der Schnuller getunkt worden ist, aber das wollen wir jetzt hier vielleicht nicht größer diskutieren.

Holger: Ja, sehr gut! Also, dann hoffe ich, dass es euch auch Spaß gemacht hat. Also mir hat es auf jeden Fall unglaublich Spaß gemacht, ich habe zwei spannende Biere kennengelernt, die ich vielleicht natürlich noch nie vorher getrunken hatte. Und das ist immer gut, was ganz Neues zu entdecken und vielen Dank dafür. Und ich wünsche euch noch einen schönen Tag und vor allen Dingen, dass das alles so wird wie ihr euch das selber wünscht!

Max Göttl: Wir hoffen natürlich sehr, dass ihr vielleicht mal in Stuttgart bei Treber und Trester vorbeikommt.

Julius Göttl: Genau, wir freuen uns.

Max Göttl: Aber sagt Bescheid, dass wir auch richtig große Auswahl an unterschiedlichen besonderen Bieren da haben.

Julius Göttl: Mich hat es auch sehr gefreut, euch so in einer lockeren Gesprächsrunde kennenzulernen.

Holger: Sehr gut.

Julius Göttl: Ich folge eurem Podcast.

Holger: Sehr gut, der ist immer gut. Wie viele machen das mittlerweile, Markus, ich weiß es gar nicht genau.

Markus: Also ganz genau weiß ich es auch nicht, aber wir haben so eine stabile Hörerschaft von um die 20.000, also sind schon ein paar Leute dabei.

Julius Göttl: Wow, das ist cool.

Holger: Wunderbar. Also und die sollen jetzt alle nach Feuerbach gehen und Treber und Trester erkunden und natürlich die Brüder-Bräu-Biere probieren. Macht es gut, Freunde, bis zum nächsten Mal, tschüss.

Markus: Tschüss.

Julius Göttl: Tschüss.

Max Göttl: Tschau.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 78 – Interview mit Andreas Dick, Hopfenbauer, Biersommelier und Brauer aus Holsthum bei Bitburg

Der Hopfen wurde Andreas Dick quasi in die Wiege gelegt. Schließlich bewirtschaftet seine Familie die letzten Flächen des ehemaligen Hopfenanbaugebietes in der Grenzregion zwischen Belgien, Luxemburg und der Eifel. Hier wächst der berühmte Bitburger Siegelhopfen – und Andreas war bereits als Kind „vom Hopfen gekratzt“, so dass ihn das Grüne Gold nie wieder losgelassen hat. Bevor er jedoch selbst auf dem Hof durchstartete, absolvierte er noch die Ausbildung zum Brauer und zum professionellen Landwirt, lernte zahlreiche Betriebe in verschiedenen Regionen kennen und wurde Biersommelier. Auch vor der Kamera machte Andreas eine gute Figur, allerdings „nur“ als Handmodel, das den Bitburger Siegelhopfen durch die Finger rinnen lässt. 2021 betrat er wieder Neuland und kreierte seinen ersten Hopfengin namens „Gin 8“, den wir im Biertalk live verkosteten…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute haben wir die Nummer 78 und begeben uns auf eine kleine Reise, zumindest wenn man das von Bamberg und München aus sieht, wo ja Holger und ich sitzen, wir gehen nämlich in die Eifel. Und was es damit genau auf sich hat, wird uns bestimmt unser Gast gleich erzählen, der Andreas Dick, der unter anderem ein Hopfenbauer ist. Erst mal grüß dich, dass du da bist und vielleicht stellst du dich mal kurz ein bisschen vor, dass die Leute so einen Eindruck haben, mit wem wir es heute zu tun haben.

Andreas Dick: Ja, hallo da draußen, hallo Markus, hallo Holger. Ja, ihr seid jetzt quasi in der Toskana der Eifel, wenn man das jetzt geographisch ein bisschen sagen möchte, so nennen wir das ganz gerne hier bei uns in der Südeifel. Da werde ich nachher vielleicht auch noch beim Hopfen nochmal, bei unserem Anbau drauf zurückkommen auch. Ja, ich bin Hopfenbauer aus Leidenschaft, habe aber erst mal, bevor ich den elterlichen Betrieb übernommen habe, Bierbrauer gelernt. Extra nochmal nachgeschaut, 96 habe ich in der Bitburger Brauerei meine Ausbildung gemacht. Habe dann eine Zeitlang, ja, eine gewisse Zeit noch im Labor gearbeitet, Betriebskontrolle und bin dann nach Süddeutschland gegangen, zwei Jahre an den schönen Bodensee zu dem Betrieb von Doktor Bernhard Locher, heute Hopfengut No 20. Denke ich, die Bierkenner, die Bierfreunde und Hopfenfreunde, kennen auch diesen Betrieb und dieses tolle Anwesen mit dem Museum. Das war genau die Zeit, als ich unten war, als das aufgebaut worden ist. Dann bin ich noch ein Jahr in die Herzen der Hallertau gekommen, zum Betrieb und Gründer der IGN, der Interessensgenossenschaft Niederlauterbach. Hopfenbauer, die sich zusammengefasst haben, Georg Breitner, also auch eine ganz tolle Zeit da unten gewesen. Und habe dann, 2008 war es, Zuhause den elterlichen Betrieb übernommen. Ja, mein Vater war Existenzgründer, also ich bin erst zweite Generation Hopfenbauer. Habe noch zwei Geschwister, mein älterer Bruder ist Arzt geworden und meine jüngere Schwester ist, ja, Lehrerin geworden, Biologie, also alle irgendwie dann doch so naturwissenschaftlich zusammen gewesen. Ja und für mich ist eben Hopfen, ja, nicht nur Arbeit, sondern Leidenschaft, es gibt fast keinen Tag, wo ich nicht gerne arbeiten gehe.

Markus: Ah, das sind doch mal schöne Worte. Und, ja, wenn ich mich so erinnere, Tettnang, Hopfengut No 20 war ich auch schon. Da gibt es ja unter anderem auch einen Hopfenhimmel, also wo man so wirklich hochsteigen kann und sich das Ganze anschauen kann, also, sehr spannend. Du sprichst von der Toskana. Holger, kannst du das verstehen, warst du schon mal in der Eifel?

Holger: Oh, ich war schon mal in der Eifel, hatte natürlich schlechtes Wetter. Und ich muss die Hörer ja warnen, es ist ja gar kein BierTalk diesmal sondern en Gin-Talk. Also das muss ich vielleicht auch noch vorwegschicken, wir müssen heute Gin verkosten, also so Hopfen-Gin. Aber da können wir ja vielleicht noch später drauf kommen. Also wie gesagt, ich war schon in der Eifel und was ich da also unglaublich finde ist, da gibt es ein ganz tolles Museum, aber da weiß ich gar nicht ganz genau, ob es jetzt die Eifel ist oder der Westerwald, das ist das Raiffeisenmuseum also und da pilgern doch tatsächlich viele Japaner hin. Also wer da mal in der Ecke ist, kann das mal suchen. Ich weiß gar nicht, ist dass das Raiffeisenmuseum, ist das in der Eifel?

Andreas Dick: Nee, es ist dann tatsächlich Richtung Westerwald. Bei uns aber, wenn wir es jetzt ein bisschen geographisch einordnen möchten, wir liegen ja hier in so einem Dreiländereck. Nach Luxemburg habe ich jetzt vielleicht grade mal sieben Minuten, also Luxemburg, Deutschland, Belgien, wir unten eher nahe an Luxemburg. Da kennen vielleicht einige die Echtenacher Springprozession, das ist ja, was immer an Pfingsten stattfindet, ein katholisches Fest. Also auch wir von der Schule, wo die Kinder zum Beispiel jetzt in der Schule sind im Gymnasium, gehen dahin. Da wird ja dann auf eine bestimmte Polka-Musik getanzt, immer zwei Schritte vor, ein Schritt zurück. Man trinkt natürlich danach auch gerne ein Bier. Und dann vielleicht auch noch Trier, ist mit Sicherheit vielen bekannt als älteste Stadt Deutschlands und auch da ist natürlich so ein Publikumsmagnet. Und grade Trier, das hat dann wieder was mit der Toskana in der Eifel zu tun. Holsthum, da, wo ich herkomme, unser Ort, das sind 600 Einwohner, die hier wohnen. Wir liegen in einem sehr engen Tal und wir profitieren eben von der warmen Luft, die aus dem Weinbaugebiet der Mosel kommt, also wir haben hier ein sehr mildes Klima bei uns im Tal. Die Meisten verbinden ja mit der Eifel, so wie du grad gesagt hast, Holger, schlechtes Wetter und vielleicht dann auch ein raues Wetter. Meist ist das dann eher der Westerwald gewesen, wo die Leute waren oder eben die Hocheifel. Aber bei uns tatsächlich, wir sind hier eine Region, die sehr viele Streuobstwiesen, sehr viele Streuobstflächen hat. Also ich alleine habe über 1.000 Obstbäume auch stehen, die sind eigentlich eher zum Hobby. Ist auch der Bezug dann vielleicht zum Brennen da, weil mich selber auch Stoffbesitzer und Brenner bin. Und, ja und dann haben wir natürlich auch die Niederschläge, die wir brauchen, grade für den Hopfen brauchen und haben dann aber ein relativ warmes Klima, weil wir eben geschützt in diesem Tal liegen.

Holger: Ah ja, okay, also dann kann ich wirklich nur mich entschuldigen, dass ich das örtlich so verhauen hab. Aber der Nürburgring, der ist ja da und eben einfach strukturschwaches Gebiet, oder, und dann hat man da versucht, irgendwie Tourismus anzusiedeln. Und die Eifel hat ja so eine Nähe dann auch zu Koblenz und Köln, aber so richtig Tourismus aus diesen Städten oder so? Also irgendwie, die Eifel ist für mich immer so ein …

Andreas Dick: Ja, da muss ich dir jetzt widersprechen, da muss ich dir widersprechen.

Holger: Ja, bitte.

Andreas Dick: Also Erstens, der Nürburgring ist eher Richtung Norden. Und da hast du schon Recht, da hat man was gebaut, was nie hätte gebaut werden dürfen, dieses Eventzentrum am Nürburgring. Aber, wenn du nochmal bei uns hier in der Region bist, dann machen wir mal eine touristische Reise. Wir machen einmal hier bei uns genau in der Südeifel, bei uns hier in der Verbandsgemeinde haben wir zum Beispiel ein Naturkundemuseum. Das ist aufgebaut einmal auf … vielleicht kennst du den Begriff auch, die Teufelsschlucht, das ist ein wunderbares Naturdenkmal, wo man durch ganz tiefe Schluchten geht. Und da haben wir vor drei, vier Jahren, haben wir da ein ganz tolles Projekt mit den Gemeinden, mit der Verbandsgemeinde gemacht, wo wir einen Dinopark. Aber nicht so, dass man das jetzt irgendwie als reine Plastikimitatorengeschichte jetzt ansehen sollte, sondern wirklich als pädagogisch sehr hochwertig. Wir haben sogar einen Restaurateur da, der immer wieder mal vor den Kinderaugen etwas baut. Und da sind mittlerweile in diesem Jahr die Zahlen, mich sitze selber da eben mit im Verwaltungsrat, deshalb weiß ich das, wir haben über 100.000 Besucher dieses Jahr gehabt. Und das ist natürlich erst mal eine richtig tolle Zahl, und da haben wir auch eine Wertschöpfung. Weil, das sind ja Leute, die aus dem Gebiet, grade aus dem Rhein-Main-Gebiet kommen, die vielleicht aus Luxemburg kommen, aus Belgien kommen, aber grade eben aus Köln, aus Bonn, aus Düsseldorf. Und die Leute nutzen das einmal als Tagestour, aber eben auch für sich dann vielleicht zwei oder drei Tage länger in der Eifel, in der Großregion aufzuhalten. Luxemburg, die Stadt nicht weit von uns entfernt. Trier, wie gesagt, mit den ganz tollen Weingütern und auch mit der Bierkultur, die auch da mittlerweile da ist. Ja und das sind halt Wertschöpfungen, die bis hin in unseren Dorf dann rein reichen. Die Leute wollen irgendwo schlafen, die wollen ein ehrliches Essen haben, die wollen ein gutes Bier haben und so profitieren dann wirklich auch die vielen Restaurants und Landgasthöfe bei uns. Das haben wir grade jetzt in der Corona-Zeit gesehen, dass unsere Gastronomen, die hier in der Region sind, gar nicht meckern konnten. Also da war, also wenn ich dann sonntags … im Moment ist bei uns viel Arbeit auf den Felder, kommen wir ja nachher noch dazu, also müssen wir jede Gutwetterphase ausnutzen oder generell, wenn wir auch im Hopfen am Bearbeiten sind mit Fremdarbeitskräften, da geht es dann natürlich auch durch in den Wochentagen. Ja und das macht dann schon Spaß, an den vollen Gasthäusern vorbeizufahren. Weil, wenn Bier getrunken wird, wird natürlich Hopfen gebraucht und das ist das, was ich eigentlich verkaufen will.

Markus: Ja, das ist ja sehr schön zu hören. Und ich muss auch sagen, also ich war sowohl in Trier schon als auch in Luxemburg schon, fand das von der Region her wirklich wunderschön, kann ich jedem nur empfehlen. Auch da zu wandern in den Weinbergen und drum rum und dann einzukehren in den verschiedenen Gastronomien, das hat viel Spaß gemacht. An das Bier und den Hopfen habe ich da tatsächlich nicht so gedacht, das ist mir erst so in den Fokus gerückt, als wir so in näheren Kontakt kamen. Und deswegen habe ich mich auch so sehr gefreut und habe mich jetzt auch gefreut, dass wir die Kurve wieder gekriegt haben, zurück zum Bier und zurück zum Hopfen. Was mich so bei deiner Geschichte noch interessieren würde, wann sind denn da die Weichen gestellt worden? Also wenn du so großgeworden bist, wann kam die Idee Bier, wann kam der Hopfen ins Spiel, wieso nicht beim Bier geblieben oder wieso nicht gleich Hopfen gemacht? Oder wenn du jetzt sagst, du hast auch noch Streuobstwiesen, wieso nicht gleich in die Brennerecke? Also was sind da so Wegpunkte gewesen, die dich in diese Richtung geschubst haben, wo du jetzt so bist?

Andreas Dick: Also da muss ich oder darf ich auf meinen Vater zurückkommen, auf meine Eltern, auch auf meine Mutter zurückkommen. Meine Geschwister, wir hatten immer die freie Wahl, was wir machen und wir wurden immer gefördert mit unseren Dingen, die wir gerne machen. Und somit war es bei uns, obwohl ja der Betrieb, mein Vater natürlich schon damals stolz war auf seinen Betrieb, es wurde nie drauf hingelenkt, dass irgendeiner von uns den Betrieb machen musste, also wir haben die Zeit bekommen. Und das Schlimmste, was bei mir mittlerweile in der Ausbildung, wenn ich das heute grad in der Landwirtschaft so sehe, ist, dass die Leute manchmal so betriebsblind sind, grad die jungen Leute, die ihre Lehre vielleicht sogar Zuhause auf dem Betrieb machen dürfen, das ist ja in der Landwirtschaft möglich, und gar nicht mal so groß rauskommen. Und ich glaube, das ist, grad wenn man so jung ist, relativ schwer. Und ich habe auch die Freiheiten gehabt erst mal. Ja, meine Geschwister waren auf dem Gymnasium. Als ich wollte, dann konnte ich nicht und als ich konnte, da wollte ich nicht mehr, also habe ich es etwas anders gemacht. Ich bin dann auf die Handelsschule gegangen, also ich kann auch noch Steno schreiben. War der letzte Jahrgang, glaube ich, der das damals noch lernen musste. Und bin dann eben, ja, weil ich einfach Spaß hatte an dem Produkt Bier, einmal im praktischen Sinne als junger Mann, aber auch, wie es gebraut wird, dann an die Brauerei gekommen. Habe mich da auch ganz normal beworben. Ja, vielleicht hatte ich einen Vorteil, dass ich der Sohn vom Hopfenbauer war, aber ich habe es in der Abschlussprüfung gesehen, dass wir eben, mein Jahrgang und ich auch selber, einer der Besten waren. Also wir haben das Vertrauen auch dann der Brauerei damals … ich habe unter Herrn Hagemann gelernt, also wer in der Brauwirtschaft so die Zeiten von früher kennt, Herr Hagemann ist ja schon eine sehr, sehr große Dominanz gewesen, dominanter Brauer gewesen, ein tolles Erscheinungsbild. Und, ja, da konnte man schon froh sein, wenn man da durch diese harte Schule bei ihm gegangen ist. Und das hat auch allen von uns auch gut geholfen. Ja und dadurch war ich dann reif gewesen. Ich habe dann Zivildienst gemacht in der Schwerstbehindertenbetreuung und hatte einen, ja, Pflegefall, mit dem ich später auch noch in meinem späteren Leben als Urlaubsvertretung, mit ihm in Portugal war, in Spanien war. Also irgendwie habe ich schon viele Dinge gemacht, immer auch abgeschlossen und Dinge gemacht, die mich irgendwie geprägt haben, im sozialen Bereich, genauso eben in meinem beruflichen Bereich. Und dann war ich alt genug. Ich war dann 24, 25 Jahre alt, um dann sagen zu können, ja, ich möchte den elterlichen Betrieb übernehmen. Und das ist was anderes, wie wenn man mit 16 das sagt. Ich habe auch bei uns Zuhause, es war immer ein gutes Arbeiten. Natürlich gibt es dann, wenn man so ein Generationenbetrieb ist, mit den eigenen Eltern im Betrieb ist, immer vielleicht auch mal, ja, Reibungspunkte. Aber da, wo gerieben wird, da gibt es auch Wärme und dann kommt man auch weiter. Und so, glaube ich, haben wir unseren Betrieb ganz gut aufgebaut. Mein Vater als Existenzgründer hat das von Sudetendeutschen übernommen, die den Hopfen bei uns nicht mehr weitermachen wollten in der Region, dreieinhalb Hektar damals. Mit 18 Jahren den Betrieb übernommen und hat das Ganze dann auch wirklich komplett neu aufgebaut. Und somit sind dann, ja, heute auf knapp 22 Hektar. Und jetzt kommt, Klammer auf, vor dem Hochwasser im Juli 2021 und, ja, stecken so jetzt eben voll im Wiederaufbau. Also es ist eine ganz neue Epoche, die jetzt gekommen ist.

Markus: Ja, spannend zu hören und da werden wir auch gleich noch ein bisschen drüber sprechen. Der Holger hat ja schon angedeutet, wir werden heute auf jeden Fall auch Gin verkosten dürfen.

Andreas Dick: Ja, genau, ja.

Markus: Da bin ich schon sehr, sehr gespannt. Ich muss aber zugeben, ich habe mir auch ein Bierchen noch hingestellt. Auch, weil ich dann mal probieren will, ob das vielleicht sogar als Cocktail funktioniert. Jetzt weiß ich gar nicht, wie es bei ist. Also für die Hörer, wir haben jetzt eigentlich noch morgens, also deswegen sei es verziehen, wenn jemand von den anderen beiden hier jetzt kein Bierchen trinken darf oder will oder kann. Ja, wie ist es bei euch, sonst würde ich nämlich meins mal aufmachen, ich bekomme langsam Durst.

Andreas Dick: Ja, trink du ganz gerne dein Bier. Ich habe mir jetzt tatsächlich erst mal den Gin zwar hingestellt zum Riechen und grad zum Nippen, aber für den Durst habe ich mir ein Wasser hingestellt. Weil, ich werde hier nach dem Talk wieder auf den Bagger springen, auf einen 12-Tonner und da heißt es natürlich, da einen klaren Kopf zu behalten und dann ist das Bier da heute Morgen noch ein bisschen früh.

Markus: Okay. Und Holger, bei dir?

Holger: Bei mir ist es ähnlich, also ich habe auch mir jetzt ein ganz kleines bisschen Gin eingegossen und bin schon vom Geruch wirklich sehr begeistert und habe ansonsten auch nur ein Glas Wasser hier stehen. Also, wie du erwähnt hast, es ist morgens und ich habe auch nicht frei, ich muss arbeiten oder darf arbeiten. Und, ja, nee, also ich halte es so, wie der Andreas grade erklärt hat, absolut.

Markus: Na gut, dann trinke ich euch mal schnell was vor und wir können ja dann auch schnell zum Gin übergehen, aber es darf ja keinen BierTalk geben, wo wir nicht wenigstens ein Bier aufmachen. Also mache ich mal auf, Moment. So.

Andreas Dick: Ja, das hört sich ja schon mal gut an …

Markus: Genau.

Andreas Dick: … also dieses Zischen. Ja, also ich glaube auch, grad die Corona-Zeit, dieses Trinken Zuhause, was ja auch eine Gefahr immer bedeutet, wenn man etwas labiler ist, aber das ist auch eine große Chance gewesen, glaube ich, für viele, also für viele, die mit Bierspezialitäten auf den Markt gegangen sind und auch mit anderen Dingen. Und letztendlich, da komme ich jetzt nochmal auf den Gin, ich hatte ja am Anfang überhaupt gar nicht vor, ich sage mal, diesen Markt Zuhause zu sehen, sondern ich hatte mich ja mit der Idee komplett ja in der Gastro gesehen. Und das hat dann Corona leider erst mal kaputtgemacht, aber, in Anführungszeichen, leider. Weil die Leute doch Zuhause genießen wollen, das haben wir jetzt über die letzten Tage ja auch wieder gesehen. Jetzt grad im neuen Jahr, Weihnachten, Sylvester ist vorbei, also die Leute wollte genießen, egal wie.

Markus: Das stimmt, auf jeden Fall. Das merken wir auch in den vielen Online-Testings, die wir so machen von der BierAkademie, dass da die Nachfrage tatsächlich ungebrochen ist und auch eine gewisse Experimentierfreude und Entdeckerlust. Und die Leute bestellen sich halt mal dann eben ein Fläschchen und wenn das nix war, dann ist es auch kein riesen Drama. Also das ist insofern wirklich offensichtlich ganz spannend. Ich lasse euch jetzt mal teilhaben, vielleicht könnt ihr ja erraten, was es für ein Bier ist. Also weil, wir beschäftigen uns ja heute mit dem Thema Hopfen vor allem auch, also habe ich mir natürlich ein Bier gesucht, was da auch relativ ikonisch für diesen Rohstoff steht. Das ist ein deutsches, um nicht zu sagen ein bayrisches Bier. Von der Farbe her haben wir ein leuchtendes Orange, es ist leicht trüb, also ist unfiltriert und wir haben einen schöne cremefarbenen Schaum oben drauf stehen. Wenn man so rein riecht, haben wir ganz viel so Südfrüchte, Ananas, Banane, aber auch Mango, Weiniges.

Andreas Dick: Sag mal, ein obergäriges Bier?

Markus: Ja, ein obergäriges Bier. Sehr gut, du bist auf dem richtigen Trip.

Andreas Dick: Also obergäriges Bier …

Holger: Ja, Banane, ja.

Andreas Dick: Eben, eben, eben, also die Banane, denke ich mal, kommt nicht vom Hopfen, sondern dann von der obergärigen Hefe.

Markus: Aha.

Andreas Dick: Und du sagst jetzt, ist hopfenbetont, weil die tropischen Früchte, die du jetzt beschrieben hast, die kommen dann eher vom Hopfen. Ist es ein hopfengestopftes Bier?

Markus: Ja, auf jeden Fall. Ich probiere mal ein Schlückchen. Ein extrem weiches, cremiges Mundgefühl. Relativ wenig bitter, fängt sehr schön fruchtig an. Leichte Citrusnoten, dann kommt eben dieser Fruchtkorb mit Banane, Mango, sehr schön ausgewogen. Man merkt auch, dass es ein bisschen kräftiger ist, einen ordentlichen Körper hat, auch einen ordentlichen Alkoholgehalt. Schön wärmend im Abgang und ganz lange bleiben diese hopfigen Noten stehen. Also ein sehr, sehr schönes Bier und eben auch eines, was so als eines der Ersten in Deutschland, die das Thema Hopfen so aufs Tablett gebracht hat.

Andreas Dick: Bis du bei Schneider Weisse?

Markus: Ganz genau, richtig.

Andreas Dick: Gut, dann bist du bei, ich weiß jetzt nicht ganz genau, Tap7?

Markus: Fast, fünf.

Andreas Dick: Okay.

Markus: Genau, die Hopfen Weisse.

Andreas Dick: Gut.

Holger: Ja, die Hopfen Weisse, ja.

Andreas Dick: Also man muss jetzt sagen, Bilder ist aus, also wir sehen es tatsächlich nicht.

Markus: Nein! Nein, nein, die Bilder sind aus. Also ihr habt das sehr gut gemacht, wunderbar. Ja, ich habe mir gedacht, weil ich irgendwie …

Holger: Ich habe ja gar nichts gemacht.

Markus: Na, doch, du hast zumindest mitgedacht, das ist ja schon mal auch gut. Und, wie gesagt, meine Idee, ich werde nachher dann auch mal probieren, wie sich das dann so mit dem Gin vielleicht sogar mischen lässt, ich bin mal gespannt. Ich habe mir auch ein paar Gedanken gemacht, wie man vielleicht Bier und Gin da überhaupt zusammenbringen kann, können wir ja später nochmal ein bisschen sprechen. Ja, vielleicht noch ganz kurz, bevor der Holger dann mal mit dem Gin einsteigen kann, da bin ich mal gespannt, wie der Holger so einen Gin verkostet, vielleicht kurz vorher, wie kommt es denn da dazu? Also wann ist das so in dir gereift, warum grade Gin und wie so die Rezepturideen und so, also wie kam es zu dieser Sache?

Andreas Dick: Also man muss dazu sagen, dass wir bei uns im Betrieb, also ich und mein Onkel, hier in Holsthum immer hochwertigen Schnaps gebrannt haben. Also ich habe allein 1.000 Obstbäume stehen, das meiste im Hochstamm. Alles sehr gepflegt, ich habe bei mir keine Mistelzweige dran, nicht wie in anderen vielen Bäumen, also wir arbeiten auch sehr viel dran. Davon mal gesagt, wenn du einen großen Hochstamm hast, da brauchst du mindestens fünf, sechs Stunden, bis du den richtig schön geputzt hast im Jahr und da machen wir auch uns viel Arbeit. Und vor allem, bei uns in der Region gibt es die sogenannte Nelchesbirne, das ist die Nagelesbirne, ist so eine französische Birnenart, die bei uns sehr bekannt ist, die aber nicht zum Essen ist, sondern eher rein zum Schnaps brennen. Und der Schnapsmarkt, mit dem Wegfall des Kontingents beziehungsweise der Übernahme, wie wir unsere Steuern eben als Rohmaterial mit Schnaps bezahlen konnten, das hat uns natürlich hier in der Region hart getroffen. Viele haben von außen dann den Schnaps billiger produzieren können, aber, Qualität setzt sich durch. Jetzt ist es aber so, dass ich immer gerne auch Gin getrunken habe. Also es geht wirklich so auf die Phase zurück, wo wir früher mit dem Musikverein durch die Gegend gezogen sind und wenn Bier da nicht mehr ging, dann ging Gin immer. Und, ja, da muss man einfach sagen, da habe ich mir natürlich einen tollen Partner gesucht. Also das ist meine Marke, GIN 8 ist meine Marke und GIN 8 ist entstanden über, ja, Bernhard Zender, Brenner, mittlerweile in siebter Generation. Ist bei mir im Nachbarort, das ist, musst du dir vorstellen, einmal über den Hügel rüber, man kannte sich sowieso schon. Und er hat einen ganz tollen Gin, der nennt sich 1806. 1806 ist nämlich auch das Gründungsdatum seiner Brennerei. Und, ja, mit ihm habe ich dann, ja, viel Kontakt gehabt, wir haben uns Ideen überlegt und wir haben 50 verschiedene Sude gemacht auf so einer kleinen Dreiliteranlage, 50 Stück und keiner ist schlecht. Wir haben dann so kleine Fläschchen verteilt und haben die dann an Bierleute, es waren Fernsehköche dabei, es waren Bierkoryphäen dabei, es war aber auch ganz normale Verbraucher dabei, wo ich wusste, die trinken ganz gerne was in dieser Richtung. Und dann haben wir uns ran getastet in den Rezepturen. Die einen Rezepturen, die waren eben mehr, ja, Wacholder-lastig, die anderen Rezepturen waren mehr Hopfen-lastig und irgendwann und letztendlich habe ich mich dann gegen Bernhard durchgesetzt. Bernhard war eher der Wacholder-lastige und ich wollte schon mehr Hopfenaroma drin haben. Ich wollte aber auch das Hopfenaroma so drin haben, dass es, ja, auch für jedermann zu trinken ist. Es soll ja nicht nur eine reine Hopfenbombe sein, wie jetzt bei einem IPA mit reiner Bittereinheiten, wo zwar vier, fünf Prozent der Konsumenten sagen: „Hej, geil“, aber wir wollen es ja auch verkaufen können. Und, ja und dann kam auch für mich was, und das ist ja ein ganzes Netzwerkprojekt, dann kamen aber viele Sachen zusammen. Also ich hatte tatsächlich als allererstes mal nachgehört bei der Brauerei und mir das auch nochmal vertraglich abgesichert, dass ich eben auch vorne Bitburger Siegelhopfen drauf schreiben darf und kann, weil ich eigentlich meinen Hopfen komplett an die Bitburger Brauerei verkaufe und somit, klar, keinen Bitburger Siegelhopfen unv. #00:22:03-3# also ich nehme da immer eine gewisse Menge wieder zurück. Und das habe ich mir als erstes eben erst mal abgesichert. Und da war es auch so, dass es ganz am Anfang hieß, ja, okay, mach du das, aber bitte keine Außendienstmitarbeiter ansprechen, und mit dem Alkohol aus dem Brennbereich haben wir ja erst mal nichts zu tun. Das habe ich dann respektiert und akzeptiert, habe aber schon gemerkt, dass ich immer wieder mal Fragen aus der Gastronomie bekam, als die das gehört haben. Und mein Glücksgriff war aber dann auch, und das war auch was von der Brauerei, vor fünf Jahren hat die Brauerei den neuen Werbefilm gemacht. Also ihr erinnert euch, die Bitburger Siegelhopfenfelder, wo diese Drohne über unser Tal fliegt und diese unheimlich zarte Hand den Hopfen aufmacht, das bin ja ich. Fürs Gesicht hat es nicht gereicht, aber als Handmodell durfte ich dann mitmachen. Und damals habe ich dann der Agentur bei diversen Kleinigkeiten helfen können, sodass die wirklich einen Drehtag retten konnten. Also es war einmal so ein Steiger, den wir besorgt hatten, weil der Steiger, den sie eigentlich hatten, war zu klein, und so haben wir da ein bisschen geholfen. Und damals hat dann der Herr Koch, einer der, ja, Aufsichtsräte beziehungsweise, nee, ist Geschäftsführer von Deepblue, eine ganz große Agentur in Hamburg, hat dann zu mir gesagt: „Andreas, wenn du mal was hast, eine Idee hast, dann komm zu uns, wir helfen dir.“ Und so war es dann, so konnte ich dann 2019, 2020 erst mal an die Agentur ran treten. Und deshalb habt ihr ja zum Beispiel auch mit einer jungen netten Dame kommuniziert, ich habe seitdem auf freundschaftlicher Basis eine Agentur, Deepblue, die weltweit große Firmen hat, also wie Bitburger, wie McDonalds, wie Mercedes. Ja, da sitzen fünf Leute und helfen mir. Wir haben zusammen die Flasche konzipiert, wir wollten was anderes, wir wollten was haben, wo die Leute halt direkt drauf schauen, auch beim Namen, GIN 8. Also es heißt nicht, weil es jetzt die Probe Nummer acht ist oder weil jetzt acht unv. #00:24:11-2# drin sind, sondern, GIN 8 bezieht sich auf den Hopfen, unseren Cascade und die Sorte Solero, die im Gin ist, die von der Gemarkung Nummer acht kommen, auf der acht. Und so hat das Ganze so angefangen, Form zu nehmen und, ja, da haben wir jetzt dieses Jahr ein ganz tolles Jahr abschließen können.

Holger: Für mich ist ja Gin einfach nur ein Hipster-Getränk eigentlich, ne, also. Und du hörst dich eigentlich gar nicht an wie ein Hipster und erklär mir doch mal, was dich überhaupt begeistert an dem Zeugs. Weil, also für mich ist ja Gin einfach billig sozusagen in der Herstellung, in der Marge großartig und Wacholder ist die Basis und dann knallen die irgendwie 47 Kräuter rein und 136 Kräuter und wie du sagst, jeder Batch ist gut. Dann schön abgefüllt, 60 Euro pro Flasche kassieren und alle freuen sich, toll, wunderbar. Also erklär doch mal, also.

Andreas Dick: Da sieht man, dass du deine Flasche nicht selbst gekauft hast, die kostet keine 60 Euro, sondern 36,50 Euro. Nee, Holger, Spaß beiseite, nehmen wir doch mal direkt das Thema mit dem Bier auf, du hast direkt das richtige Wort genannt, Hipster. Das stört mich ja an dieser ganzen Craft-Beer-Szene, es kann doch nicht sein, ich werde da auf den Gin auch gleich nochmal zurückkommen, beim Craft Beer ist es doch dasselbe, die Diskussion kriege ich doch tagtäglich, wenn ich irgendwo in den sozialen Medien unterwegs bin und kriege ich jedes Mal mit, wenn es um das Thema zum Beispiel Bitburger Brauerei geht. Man hat so das Gefühl, das man als Bierbrauer und, ja, als Bierbrauer braucht man ein Karohemd, man braucht einen Vollbart, man braucht vielleicht noch ein Tattow und dann macht man mit irgendeiner Agentur, macht man ein Agentur-Bier. Das gibt es leider auch beim Gin, das man einfach eine Geschichte erfindet und dann irgendeinen hippen Kerl oder Dame davorstellt und dann so sein Bier verkauft.

Holger: Wie lief das jetzt noch mit der Hamburger Agentur, wie hieß die noch?

Andreas Dick: Deepblue.

Holger: Ah ja. Aber dann machst du das ja ganz genauso.

Andreas Dick: Nein, das ist ja auf freundschaftlicher Basis. Die Leute habe ich ja kennengelernt, die kennen mich ja. Das ist ja nicht, die Geschichte, die dahintersteht, die wird ja gelebt und das ist was anderes, da kommt es ja wieder nicht auf die Größe an. Wenn ich irgendwo unterwegs bin und sage: „Ich trinke ganz gern ein Bitburger Pils“ und das sagst du irgendwo auf einer Craft-Beer-Messe, dann wirst du ja quasi von Blicken erschlagen, Fernseh-Bier, da steckt eine große Agentur dahinter, da steckt Industrie-Bier. Dasselbe gilt ja jetzt, wie gesagt, auch für den Gin. Ja und dann sagt man aber: „Leute, wir kennen den Chef, wir kennen die Lieferanten, persönlich, wir sind bei der Produktion dabei.“ Wir haben privaten Kontakt, man hat soziale Kontakte und das macht für mich eben so ein Getränk, das macht auch mein Getränk dann eben weg von dieser Schiene Agentur-Geschichten, hin zu, ja, handwerklich gebrauten Geschichten und da kommt es ja nicht auf die Größe an. Also ich, jetzt zum Beispiel von unserem Gin, Bernhard Zender und ich, also Morgen ist wieder Brenntag, dann bin ich auch wieder in der Brennerei und das ist, du hast schon Recht, die Basis ist natürlich erst mal immer gleich. Aber das haben wir doch beim Bier auch. Beim Bier wissen wir auch, welche Zutaten rein kommen. Und wie viel Leute brauen ein schlechtes Bier, da gibt es leider auch genügend Leute und wie viel Leute brauen ein gutes Bier und manche Leute haben natürlich auch Spitzen-Biere. Und da fängt es dann einfach an! Und da habe ich ja einfach auch den Bernhard Zender und genauso auch bei mir, wir haben da so unsere Eigenheiten gehabt. Und du musst dir vorstellen, wir sind mit einer Idee bei dem Gin rangegangen wie ein Künstler vielleicht, wo er weiß, er will ein Bild malen und vor einer weißen Leinwand. Und dann fängst du an, wirklich über Aromen nachzudenken, dass es harmonisch wird, dass es eben dich nicht erschlägt. Das ist auch grad beim Hopfen, da kannst du ja so viel verkehrt machen, wo du sagst, du hast eine Hopfen-Bombe oder du hast eben was anderes oder was verwässertes, und das macht, glaube ich, dann eben das aus. Es gibt so viele gute Produkte und ich glaube, beim Gin ist es heute anders. Es war ein Hipster-Getränk, ja, aber Gin hat sich mittlerweile von den Konsumenten dazu geändert, dass die Leute, ähnlich wie bei einem guten Bier oder eben auch wie bei einem Wein, in ihrer Hausbar immer einen guten Gin drin haben. Die haben nicht einen guten Whisky. Beim Whisky-Trinker, der Whisky-Trinker, das ist etwas sehr Spezielles. Aber beim Gin hast du den jugendlichen Trinker, also jugendlichen Trinker natürlich, jetzt müssen wir aufpassen, also alles über 18, du hast den Trinker, der eben, ja, etwas mischen will, der vielleicht auf den Preis gar nicht so drauf achtet, die Spanne eben eher bei diesen Billigprodukten, die industriell hergestellt worden sind. Das schmeckst du auch, das merkst du auch am nächsten Tag. Oder du hast halt Leute, die Wert legen auf ein gutes Produkt. Dann geht das in den Bereich wie jetzt zum Beispiel, wie du gesagt hast, 60 Euro. Nur, 60 Euro, gebe ich dir Recht, für eine 0,5-Liter-Flasche, da muss die schon, ja, ich weiß nicht, da muss der Wacholder schon bei Mondschein von jungen Männern oder jungen Frauen gepflückt worden sein, ich weiß nicht, da muss schon eine richtig gute Geschichte dahinter sein, weil, das ist dann natürlich auch ein Preis, der richtig, ja, der muss nachvollziehbar sein. Es muss immer ein ehrliches Produkt sein, das, glaube ich, habe ich mit meinem Produkt schon …

Holger: Also, okay, dann gehen wir doch mal die Sache an, oder, also …

Andreas Dick: Ja, jetzt haben wir so viel gesprochen. Jetzt rieche ich erst mal rein, du musst ja erst mal gar nicht trinken.

Holger: Nee, nee, also pass auf, also da haben wir ja wieder so eine Parallelität dann zu der Craft-Beer-Welt, und das stimmt schon, was du sagst, natürlich da ist auch viel hippes Zeug dabei und so. Aber grad wir zwei, also Markus und ich, wir sind ja immer Leute, die von Anfang an schon, also da hat die Craft-Beer-Welle erst eigentlich begonnen in Deutschland, immer gesagt haben: „Wir stehen für Bier in Summe und glauben einfach, dass wir hier in Deutschland unglaublich tolle Produkte haben und Brauer haben.“ Und grade auch will ich also wirklich insbesondere eine Lanze brechen eben auch grade, ja, für die großen Brauereien oder wie du sagst jetzt, die Fernseh-Brauereien und da dann auch Bitburger, also großartige Produkte. Also ich habe jetzt zum Beispiel jetzt so um die Weihnachtszeit den Winterbock getrunken, ja und da kann ich nur sagen, unglaublich, toll gemacht. Und auch das Pils, also das Pils ist ja auch nicht einfach. Also Pils ist schlank und trocken, verzeiht keine Fehler. Und wenn du jetzt ein hopfengestopftes Bier hast, gut, da kann man auch nochmal ein bisschen hinten raus korrigieren, ja. Aber, jetzt zum Produkt und da haben wir halt die Parallelität, finde ich, zuerst mal sogar auch in der Flasche. Also es ist eben einfach ein besonderes Flaschendesign jetzt, was vor mir steht. Eine tolle schöne Farbe, also in so einem Grünton, ja und dann sehr reduziert also GIN 8 und da drüber dann eben als Grafik so eine Hopfendolde, ja und dann eben EIFEL HOP GIN, also das macht dann schon irgendwie Lust, dann doch mal sich damit zu beschäftigen. Also ich rieche jetzt mal da so rein. Ah ja, also ganz klar, finde ich jetzt, also wie gesagt, ich habe überhaupt keine Ahnung von Gin, weil, ich trinke nur Bier und Wasser und mehr muss der Mensch ja auch nicht trinken. Also da ist vollkommen so die Wacholdernote im Vordergrund für mich, also nehme den Wacholder sehr schön wahr, sehr angenehm. Beißt nicht in der Nase, also riecht auch nicht sprittig oder so, sondern wirklich wunderbar hat man eben diese Wacholdernote. Aber kommt auch so ein bisschen was Süßliches in die Nase. So den Hopfen kann ich nicht erahnen, aber ich bin ja auch so ein alter Mann, also da ist die Sensorik vielleicht auch gar nicht mehr so gut ausgeprägt. Also jetzt nehme ich mal ein Schlückchen. Ah ja, ah ja, also, ja, man merkt natürlich den Alkohol. Mir wird es jetzt schon warm so von unten heraus. Und muss da aber auch sagen, also es ist ziemlich ausgewogen und jetzt merke ich im Nachtrunk, kommt eben also so eine Süße auf, so würzige Nuancen. Und da bin ich der Meinung, da hat man so einen Aromahopfen. Ich könnte jetzt absolut nicht sagen, was drin ist, könnte ich jetzt natürlich nachlesen und so. Ich habe auch so eine ganz kleine Citrusnote. Und was mir halt auch wahnsinnig gut, also gut gefällt, was mir auch an den Bieren, die sehr komplex sind, sehr gut gefällt, ist, dass der Nachtrunk immer neue Dinge eröffnet. Also man kann sich im Nachtrunk sehr gut mit dem Getränk beschäftigen. Jetzt wäre natürlich, also wenn man jetzt wirklich Profi wäre, würde man sich natürlich jetzt sofort über ein Tonic Water unterhalten und wie muss das sein und wie muss das gemischt werden und so. Aber der Markus hat mir schon gestern gesagt: „Holger, nein, ein guter Gin, da braucht es kein Tonic Water, den kann man auch so trinken.“ Das war mir zum Beispiel auch überhaupt nicht bewusst. Also so würde ich es mal verkosten. Also ich weiß jetzt nicht, ob du, jetzt war ich ja so frech, aber jetzt wieder ganz sachlich, also passt das, was ich jetzt erzählt habe?

Andreas Dick: Also passt absolut. Und genau das, was Markus jetzt gestern dir gesagt hat, das hätte ich dir jetzt zum Beispiel auch gesagt, probier einfach mal, wenn du mal die Gelegenheit hast, andere Gins. Also grad, ja, letztes Jahr war bei Aldi zum Beispiel auch ein Hopfen-Gin für 6,90 Euro, das war eine Frechheit. Also natürlich, wenn du den dann mischst im Cocktail, dann dominieren andere Aromen, aber dafür produziere ich ja nicht so ein ehrliches Produkt wie beim Bier oder jetzt bei unserem Gin, dass du das Ganze dann so mit Zuckerwasser und mit anderen Dingen, abgeläuterten Zucker, dann eine Süße reinbringst, dass du ihn trinken kannst. Ein guter Gin muss pur zu trinken sein! Das hast du jetzt gemacht. Du hättest, wen er dir nicht geschmeckt hätte, dann hättest du, weil du es jetzt wirklich da probiert hast, das wäre eine ganz andere Reaktion auch für den Hörer gewesen. On the Rocks, ich finde es halt immer gut mit Eis. Und beim Tonic Water, da empfehle ich, weil, dann kommen die Hopfennoten noch besser raus, ich empfehle immer, beim Tonic ist es ja so schön aufgebaut eben in Farben und vor allem immer die Gelben, egal welche Sorten, ob das Thomas Henry oder Fever Tree, das sind jetzt so mal, die mir jetzt als Erste einfallen, die ganz gut kombiniert sind oder zu kombinieren sind mit meinem Gin. Benutzt immer den Gelben, das ist der Indian Tonic Water, der unterstützt dieses Citrushafte und dann kommen die Hopfennoten hinten nochmal besser raus.

Holger: Ja, sehr gut. Aber, jetzt lass uns doch mal ganz kurz noch über das Thema Preis-, Leistungsverhältnis sprechen. Also du weißt ja selber, du hast Brauer gelernt und du weißt ja, man kann sich beim Bier schon sehr viel Mühe geben, ja, also wirklich sehr viel Mühe. Und wenn ich da jetzt eben so ein tolles Bier, beispielsweise wie der Markus jetzt verkostet hat, also eine Hopfen-Weisse von Schneider, Tap 5, also kriege ich jetzt hier im Getränkemarkt bei uns hier in München wahrscheinlich für 1,29 Euro. Und warum soll ich jetzt dafür 36 Euro zahlen, verstehe ich nicht.

Andreas Dick: Weil es nicht zu vergleichen ist, weil es nicht zu vergleichen ist. Also es ist, du musst es ja beim Bier, wir haben bei den Rohstoffen von der Produktion her natürlich die Masse, die da natürlich den Preis billig macht. Wenn wir jetzt beim Schnaps, beim Gin, uns die Destillen anschauen, da reden wir ja von kleineren Mengen. Dann reden wir allein von der Rohstoffbesorgung, wenn ich allein die Flasche sehe, das ist ja ein ganz anderer Unterschied, ob es, ich denke mal, bei Schneider-Weisse, wie viel Flaschen werden die im Etikett produzieren, mit Sicherheit 500.000 bis 800.000 mindestens von dieser einen Sorte. Da hast du natürlich ganz andere Produktionskosten wie jetzt bei so einer Flasche, wo wir jetzt eine Auflage haben dieses Jahr von 5.000. Dann ist es aber auch, und das war es mir von vorneherein wert, ich habe mir natürlich den Markt angeschaut und der Markt von den Verkaufsfähigen, dass man sagen kann, man kann damit auch in die Masse gehen, da liegen wir ungefähr zwischen 28 Euro und 38 Euro. Jetzt habe ich einen Lohnbrenner, den ich nicht drücken möchte. Ich könnte vielleicht günstiger produzieren, irgendwo, aber ich habe mir einen Betrieb ausgesucht, der direkt bei mir in der Nachbarschaft ist. Einen Brenner rausgesucht, der im Grunde dasselbe verdient im Grunde wie ich, aber es ist immer noch meine Marke. Und du musst ja auch erst mal einen Brenner finden, der, in Anführungszeichen, also Bernhard, wenn du zuhörst, du weißt, wie ich das meine, nur damit zufrieden ist, Lohnbrenner zu sein. Obwohl, wenn du mal hinten drauf schaust auf die Flasche, es steht bei mir auf jeder Flasche drauf. Es wird bei mir nicht verheimlicht, dass ich, Andreas Dick, als Name, nicht bei mir auf dem Hof die eigene Brennerei habe, sondern wer das Etikett beziehungsweise die Flasche natürlich liest, wo es hinten drauf steht, der kommt direkt dahinter, dass auch der Bernhard mein Lohnbrenner ist, die Brennerei dahinter genannt wird, wenn man googelt, in den sozialen Medien schaut, kommt man da hin.

Holger: Und freundschaftlich verbunden ist, das steht extra da drauf.

Andreas Dick: Das ist auch so, das ist auch so! Das ist ja nicht nur, also viele würden es nur so drauf schreiben, bei uns ist es ja aber auch so, weil man sich in der Eifel einfach kennt und schätzt. Wir sind ja, wir brauchen immer lange in der Eifel, bis man Freundschaften knüpft, aber dann halten sie auch. Und das ist ja auch das Schöne eben über Generationen, er ist eine andere Generation wie ich. Er hat aber auch natürlich seinen Sohn in den Startlöchern und wir drei, das macht einfach Spaß, das ist eine ganz tolle Sache. Und wir haben ja auch unsere Erfolge schon reingefahren. Viele, die auf dem Markt sind, da liest man nicht viel drüber. Was haben wir jetzt dieses Jahr, was habe ich dieses Jahr geschafft? Wir haben geschafft, nach Italien die ersten zwei Paletten zu verkaufen. Und wir werden es auch jetzt schon schaffen, wir haben die erste Palette, halbe Palette, jetzt nach Ghana verkauft. Auch das ist alles Netzwerk, wo ich eben auf meine Sommelier-Tätigkeit als Biersommelier zurückgreifen kann, wo man über die Jahre sich so ein bisschen so einen Markt aufgebaut hat. Und das funktioniert nicht immer, dass funktioniert nur mit Leuten, die auch, ich sage mal, sich riechen können. Aber das ist das Schöne an dem Markt.

Markus: Qualität setzt sich durch. Und du hast auch grad so den internationalen Aspekt angesprochen, weil, das finde ich auch sehr spannend, ich bin ja neben dem Biersommelier-Dasein auch Edelbrand-Sommelier und da auch zum Beispiel in der Jury von den World Gin Awards. Und da hatten wir letztes Jahr auch die Verkostung natürlich, alles Online, also kamen bei mir Zuhause ein paar 100 kleine Fläschchen mit Gins an, die wir dann an mehreren Tagen zusammen verkostet haben. Und das ist natürlich dann auch so ein Thema, also wenn man so diese wirkliche Bandbreite dann also einerseits innerhalb verschiedener Gin-Kategorien, die es da gibt, the Bastard Gin oder Dry Gin oder was auch immer, gibt es ja eine sehr große Variante, eine Variantenvielfalt, so rum. Dann lernt man das auch nochmal ganz anders schätzen und man kann natürlich auch Qualität nochmal ein bisschen anders einordnen. Und das muss ich auch wirklich sagen, das ist mir beim Verkosten von deinem Gin wirklich aufgefallen, dass er ganz besonders harmonisch ist, ganz besonders weich, ganz besonders rund und das tatsächlich eine andere Qualität ist als das, was man oft so normalerweise vorgesetzt bekommt. Und vielleicht noch eine Sache, damit unsere Hörer das auch richtig einordnen können und vielleicht noch zwei Fakten, also erst mal, was ist denn überhaupt ein Gin? Wir haben ja schon mehrmals gehört, Wacholder spielt da eine Rolle. Also im Grunde ist das ein Wacholdergeist. Bedeutet also, wir nehmen neutralen Alkohol, ganz normalen reinen Alkohol, legen da drin dann Wacholderbeeren in der Regel ein. Dann zieht das eine gewisse Zeit und danach kommt das in die Brennblase, wird destilliert. Und über das Destillieren gehen dann die ätherischen Öle aus den Wacholderbeeren, die haben in der Regel eben so Citrusaromen, klassisches Wacholderaroma, was man kennt, aber auch so festige, ja, so Waldaromen, so alles Mögliche, was so in der Wacholderbeere eben drin stecken kann. Und das Ganze landet dann mit dem destillierten Alkohol im Röhrchen sozusagen und man hat es dann eben destilliert. Und das Besondere beim Gin ist, dass man dann eben jetzt sagt, okay, in diesem Vorgang, also zwischen dem Erhitzen dieses Alkohols mit dem Wacholder und dem Destillieren, wenn es dann über die Haube abzieht, da hänge ich nochmal einen Korb rein. Den nennt man Aromakorb und da gebe ich dann zum Beispiel Gewürze rein oder Obst oder was weiß ich, verschiedene Dinge eben, wo der Hopfen, wo dann eben das Destillat durchströmt, während es zum Geistrohr geht und damit nimmt es eben diese Aromen auch nochmal mit. Und damit kann ich dann eben dem Gin nochmal andere Aromen geben, also einmal, was lege ich in den Alkohol ein und was habe ich dann eben in diesem Aromakorb und habe dann diese Vielfalt. Und das macht natürlich dann auch ein bisschen die Kunst aus, in welchem Mischungsverhältnis was, wann, wie mache ich da, welche Rohstoffe verwende ich, wie sind die, sind die getrocknet, sind die frisch, kann ich eben entsprechend dann das steuern. Und vielleicht noch ein Letztes, was auch noch wichtig ist, Holger, wo ich dir noch mit auf den Weg geben will. Beim Bier ist es natürlich so, wenn ich so eine Flasche habe, dann habe ich da halt ein paar Cent an Steuern, die an den Staat gehen, beim Gin ist das ein bisschen anders. Also wenn wir zum Beispiel den GIN 8 hier nehmen mit 43 Prozent, müssten so um die 4,50 Euro alleine an Alkoholsteuer drin stecken, die der Staat kassiert und dann haben wir nochmal die Mehrwertsteuer für den gesamten Betrag, ungefähr sechs Euro oder so. Das heißt also, wir haben über zehn Euro, die alleine direkt in die Steuersäckel gehen, bevor überhaupt irgendjemand was damit verdient. Und das ist natürlich auch nochmal eine andere Nummer als jetzt bei einer Bierflasche, wo sich das doch eher in Grenzen hält. Andreas, hast du da auch noch dazu lernen müssen bei diesem ganzen Prozess, sowohl was die Herstellung als auch die Steuern angeht oder war dir das schon ins Blut übergegangen von deiner Geschichte her?

Andreas Dick: Nee, es war schon so, also wenn du so einen erfahrenen Brenner hast wie den Bernhard, dann lernst du immer was dazu. Also jeder Brenntag, die Geschichten, also wenn einer so auch mit so viel Leidenschaft sowas macht, das macht schon Spaß. Ich meine, selber habe ich auch beim Apfelbrand und beim Birnenbrand meine Erfahrungen ja gemacht und, denke ich mal, kann auch damit umgehen. Aber allein die Destille, die Bernhard hat, also er hat einmal eine Destille für ganz normalen Obstbrand zu machen und er hat eben auch eine reine Gin-Destille. Und da schaut gerne ml auf seine Internetseite, das ist wie ein Wohnzimmer, wenn du da drin bist. Und du hast es grad noch gesagt, Edelbrand-Sommelier, auch das ist so ein Wunsch von mir, angemeldet bin ich jetzt für so einen Kurs in Dülmen. Und auch da sehe ich, also du kannst ja nie auslernen. Das ist, dieser Markt, das ist ja, auch beim Bier, vor allem dann auch über die Ufer schauen, wie andere es machen. Bei euch bei der BierAkademie genauso, wenn ich da die Programme sehe also auch da werden wir uns mit Sicherheit irgendwann wiedersehen bei Veranstaltungen. Das darf auch nicht aufhören, also immer weitermachen, immer wieder mal reinschauen. Jetzt beim Gin zum Beispiel, ein ganz großes Thema bei mir ist das Thema, wenn man den Markt sich anschaut, tatsächlich alkoholfreie Destillate. Auch das ist ein Thema, denke ich mal, für die nächsten Jahre. Und tatsächlich ähnlich wie beim Bier, fassgereifte Produkte, und in beiden Bereichen bin ich am testen.

Markus: Also bei alkoholfreien Gins bin ich immer noch ein bisschen skeptisch, muss ich sagen, weil, eigentlich ist das dann ja Wasser mit irgendwelchen Aromen. Aber, wer weiß.

Andreas Dick: Ja, ja, ja, ja, ja, da hast du Recht und lass uns da nochmal in einem Jahr drüber reden dann, weil, ich denke, dafür habe ich genügend Erfahrung aus der Bierbranche, es sollte ein Gin sein, genau, also anders, es soll kein Wasserdestillat sein, da hast du Recht.

Holger: Ich bin ja immer ein Freund der schlauen Zitate, ja und da hat Gerhard Hauptmann doch mal gesagt, „Sobald man in einer Sache Meister geworden ist, soll man in einer neuen Schüler werden“ und das passt ja genau, Andreas, auf das, was du grade gesagt hast.

Andreas Dick: Genau.

Holger: Und ich kann das also wirklich sagen, ich bin wirklich leidenschaftlicher Biertrinker, das muss man einfach so sagen. Und auch die Ausbildung in dem Zusammenhang, vor allen Dingen auch die Ausbildung zum Biersommelier, haben da nochmal ganz neue Themen für mich eröffnet und Bier ist so unerschöpflich, für mich zu mindestens, dass ich wahrscheinlich dabei bleibe, ja. Aber trotzdem, Freund Markus ist ja Edelbrand-Sommelier und noch zusätzlich Käse-Sommelier und was uns natürlich alle vereint, ist der Genuss, ja und es wäre vielleicht wirklich mal, Markus, eine gute Idee, mit dem Bus ein paar nette Freunde einzuladen und dann einfach mal in die Eifel zu fahren, also, ja, in die Südeifel und Andreas zu besuchen, da über den Hopfen zu lernen, über den Siegelhopfen und natürlich, fahren vielleicht noch zu der Destillerie, ja, zum Freund sozusagen. Und, ja, also das wäre doch mal, also das wäre eine gute Idee, oder nicht?

Markus: Ja.

Andreas Dick: Ihr seid gerne eingeladen.

Markus: Ja, super, also da freue ich mich und ich muss jetzt sagen, ich habe jetzt auch grade mal, während du gesprochen hast, Holger, den Gin in die Hopfen-Weisse gegeben. Und ich muss wirklich sagen, das matcht, also das funktioniert sehr, sehr schön. Es intensiviert nochmal das hopfige Aroma, grade hinten raus, dafür dominiert natürlich die Nase jetzt, ein bisschen mehr der Wacholder, aber es ist insgesamt sehr rund, sehr harmonisch. Also da kann man die Hörer nur einladen, probiert das ruhig auch mal aus, ein bisschen damit zu spielen. Ich glaube auch, man kann das mit einem ganz normalen Pils machen, das muss man dann vielleicht nur noch ein bisschen was dazugeben, vielleicht ein bisschen Limettensirup oder vielleicht sogar im Sommer eine Kugel Apfeleis oder so, also kann ich mir gut vorstellen, damit ein bisschen zu spielen und ein bisschen, ja, einfach den Genuss nochmal in andere Dimensionen zu tragen.

Andreas Dick: Genau, wir dürfen vor den Sachen, Markus, auch keine Angst haben. Also das ist ja jetzt nicht, ich will ja auch, wenn wir über, ich sage mal, Bier-Cocktails, damit ging es ja los oder auch mit so einer Kombination, so ein Bier Royal, das ist ja was mit Gin und Bier. Also ich habe bei mir auf der Seite zum Beispiel auch ein ganz tolles Rezept mit dem Winterbock. Was machen wir mit so einem Cocktail? Wir schaffen es, mit so einem Bier-Cocktail oder Gin-Cocktail in einen Bereich zu kommen, der im Moment oft von Wein oder Sekt immer noch dominiert wird. Und wenn wir mit einem Cocktailgetränk es schaffen, eben in diesen Bereich reinzukommen und grad bei einem Essen, bei einem Dessert oder vorher beim Aperitif, Digestif, während dem Essen es schaffen, den Wein zu verdrängen, dann haben wir doch unsere Arbeit als Hopfenfreunde, als Bierfreunde ja gemacht. Und deshalb arbeitet das nicht gegeneinander, sondern man soll es einfach mal ausprobieren. Ich bin ja auch ein Freund, Fassbrause zum Beispiel, also grade den Gin zum Beispiel mit der Fassbrause zu kombinieren im Sommer. Das ist das Einfachste, wie man als Gastronom, der vielleicht von, ja, sowas mit anbieten kann, weil, es wird immer den ein oder anderen Trinker geben, auch in einer bieraffinen Kneipe, der vielleicht eben, ja, doch ganz gerne sowas trinken würde. Und dann habe ich, da muss man ja auch wieder rechnen, da habe ich ja auf so einer Flasche oder auch im Glas bei so einem Cocktail mit einer Fassbrause, eine ganz interessante Gewinnspanne als Gastronom.

Markus: Genau, das ist ja das, was am Ende bei den Gastronomen immer zählt, sie wollen eigentlich Geld verdienen, mit was auch immer. Ja und, Holger, wir haben ja auch schon Bier-Cocktails entwickelt, also durchaus eine spannende Geschichte, wo, glaube ich, auch viel Potenzial noch drinsteckt. Ich denke mal, bevor wir jetzt so langsam Richtung Schlusskurve einbiegen sozusagen auf unserem virtuellen Nürburgring, fände ich es noch total spannend drüber zu reden, wie es dir jetzt grade als Hopfenbauer eben mit dieser Überschwemmungsgeschichte im Ahrtal ergangen ist. Vielleicht magst du da mal ein bisschen erzählen, wie war für dich dieses Erlebnis, wie hast du diese Tage mitbekommen und was ist seitdem passiert?

Andreas Dick: Also Ahrtal ist ja das eine Gebiet, was ganz schrecklich vom Hochwasser betroffen ist. Wir sind hier ja in der Eifel und von der Eifel hat man am Anfang das gar nicht so mitbekommen, aber wir haben natürlich auch, wir haben leider auch Tote zu beklagen. Wir haben bei uns grade im Ort zum Beispiel auch einige Häuser, die abgerissen werden müssen. Und man muss sich so vorstellen, von meinem 22 Hektar Hopfen stehen eigentlich nur noch drei Hektar, die anderen sind vernichtet. So, das Lebenswerk von meinem Vater ist vernichtet, das war so die erste Reaktion nach dem 14. Juli, morgens um sechs Uhr, als mein Vater und ich eben, ja, wir kamen nicht weit, 50 Meter von unserem Betrieb weitergegangen sind und das erste Feld oder die ersten Hopfenmasten zum Teil an uns vorbei haben schwimmen sehen beziehungsweise gesehen haben, was für eine Wassermasse da ist. Ich habe abends vorher noch bei Facebook so ein, ja, wir hatten 110 Liter den Tag vorher und wir hatten aber sehr gut aufgeschlossene Böden, wir haben ein ganz tolles Bodenlebewesen, auch da setze ich sehr viel Wert bei mir im Betrieb und ich habe da noch gepostet, nasser Fuß, warmer Kopf. Das wir mit dem Regen, mit dem Hochwasser, das war bis der Zeit damals, abends, ein ganz normales Hochwasser, was wir kennen, auch während der Saison kennen, was nicht schlimm ist. Aber dann kamen ja oben in Aachen, im Kölner Raum, in Belgien im Raum, kamen ja in wenigen Stunden über 200 Liter Niederschlag runter. Und dann hatten wir eine Flutwelle hier gehabt, die nicht auf einen Schlag kam, aber man muss sich vorstellen, zum Teil ist der Fluss zehn Meter angewachsen und das hat natürlich alles mitgerissen Ja, dann ist man erst mal, dann steht man erst mal da und weiß nicht, wie es weitergehen soll. Und was dann aber kam, auch das an der Ahr, genauso wie in der Eifel und vor allem bei mir im Betrieb, das war dann die große Solidarität. Das waren Hopfenbauern aus Tettnang, aus Bayern, aus Elbe-Saale, also aus ganz Deutschland. Landwirte hier bei uns aus der Region, die ihre Hilfe angeboten haben, Jan und Roman Niewodnizanskii, beide aus der Bitburger Brauerei, haben ihre Hilfe angeboten und auch gemacht und, ja, dann ging das los. Und seit dem 14. Juli, 15 Juli, ich habe es gestern noch in der Familie nochmal gesagt, habe ich jetzt sechs Tage nicht gearbeitet. Also bei uns ging es jetzt komplett durch. Also man läuft nicht auf dem Zahnfleisch, aber man ist natürlich erst mal müde. Aber was mich antreibt und das ist die Idee, die jetzt entstanden ist, die auch möglich ist, den Hopfen neu aufzubauen. Auch das war ein Thema, wo mein Vater, der jetzt bald 80 Jahre alt wird, aber fit ist, also Hopfen macht fit, für da draußen, die Zuhörer, also er ist wirklich jemand, der jeden Tag noch im Betrieb noch mitarbeitet und dem man aber das Alter nicht ansieht. Das war für ihn schon schwierig, auch das zu verstehen, dass wir nicht um seines Lebenswillen das Ganze wieder aufbauen, weil, dann würden wir ja eins zu eins alles aufbauen, dann würden wir nicht aus dem Hochwasser lernen, sondern wir bauen für die nächste Generation auf. Und deshalb wird das Thema Nachhaltigkeit eine ganz große Rolle bei uns spielen. Deshalb wird das Thema Hochwasserschutz eine ganz große Rolle spielen. Wir werden vielleicht ein oder zwei Hektar verlieren, in Anführungszeichen, dem Fluss zurückgeben, aber wir werden die Möglichkeit jetzt nutzen, auf andere Sorten vielleicht umzuschwenken, die besser mit Extremtemperaturen zurechtkommen. Weil das hier, war das eine Extrem, das andere Extrem sind die Trockenheiten und da müssen wir uns einfach neu aufstellen. Und das ewige Wachstum kann es auch nicht sein. Also ich glaube, unser Betrieb wird mit 18 Hektar zum Beispiel ein ganz toller Betrieb sein und da drauf arbeite ich jetzt hin.

Holger: Also das hört sich auf jeden Fall super motiviert an und es ja großartig, wenn man dann den Kopf nicht in den Sand steckt und nach vorne schaut. Und ich denke, da sind dann wirklich die Menschen, wie der Niewo zum Beispiel, der ja auch schon im BierTalk war übrigens, ja, wenn man dann weiß, solche Größen auch, ja, sind an der Seite und das sind Menschen, die an einen glauben, die einem ja auch eine Zukunft schenken, Vertrauen geben und Halt geben. Und das finde ich jetzt auch grade in den Zeiten so unglaublich wichtig, dass die Begegnungen zwischen den Menschen es eigentlich ausmachen. Und dann bin ich sofort wieder bei dem Thema Bier, das ist ja für mich eben Bier auch, ja, Bier ist eben get togehter, ja.

Andreas Dick: Genau, Bier verbindet, Bier verbindet. Es ist eben auch, wie du grad richtig gesagt hast, es ist, das sind halt Familienunternehmen. Und da sind wir wieder bei dem Begriff Fernsehbrauerei. Das Familienunternehmen Bitburger Brauerei, ich meine, wir sind hier ein eigenständiger Betrieb, das Bitburger Siegelhopfen ist ja im Grunde erst mal meine Marke. Ich verkaufe meinen Hopfen an die Bitburger Brauerei und dadurch, dass wir ihn bei uns siegeln lassen, wird es zum Bitburger Siegelhopfen. Also, beide Familienunternehmen haben hier wirklich sich direkt zusammengesetzt und haben eigentlich relativ schnell, er und ich, umgeschaltet und gesagt: „Wo wollen wir“ … und werden sicherlich drei Jahre brauchen für den Wiederaufbau, das dauert einfach so lange. Alleine die Pflanze braucht ja schon mal zwei Jahre, bis drei Jahre, bis sie wieder voll ertragsfähig ist. Brauerei hat genügend Hopfen auf Lager liegen, also die werden zwei Jahre jetzt, also es geht genau auf, sagen wir mal so. Aber auch nicht nur diese großen Begegnungen, sondern auch die kleinen Begegnungen. Also gestern Abend hat bei mir noch eine Frau angerufen, die Teresa aus Bayern, die haben einen schönen Hopfenbaubetrieb. Der Mann hatte leider eine Erkrankung, ist aber auch wieder fit. Und beide haben gesagt: „Wir können zusammen kommen, mein Mann kann Traktor fahren, ich kann dann vielleicht andere Arbeiten machen.“ Genauso wie andere, grad aus Bayern oder aus Tettnang. Also Hopfenbauern sind auch schon ganz besondere, wie soll ich sagen, Schlag von Mensch und man hält, obwohl man so weit auseinander ist, dann wirklich zusammen. Und das macht einfach Spaß und das motiviert. Und vielleicht sind wir als Landwirte, als Hopfenbauer, wir sind es gewöhnt, dass was abstirbt oder das was kaputtgeht und im nächsten Jahr wieder neuwächst. Und das ist aber auch so eben genau das, wie es jetzt so mein Gefühl ist, es ist jetzt was kaputtgegangen, aber der Grundstock ist ja noch da, unser Boden ist noch da und jetzt bauen wir es eben auf, bauen es für die nächste Generation wieder auf. Ob sie es machen möchte, das wissen wir heute noch nicht, aber wir machen auf jeden Fall mal die Weichen. Und das ist noch so ein Spruch eben, den kennt aber auch jeder. Und deshalb ist das wichtig, dass ihr wirklich mal wieder zu uns dann oder zu uns in den Hopfen kommt. Man muss halt vom Hopfen gekratzt worden sein, dann kommt man auch nicht mehr davon los.

Markus: Ja, das stimmt. Vielleicht noch eine Frage dazu, wenn du jetzt sagst, von deinem Hopfen war so viel weg, war das weggeschwemmt oder sind da die Pflanzen einfach abgeknickt oder wie muss ich mir das vorstellen? Also ist da jetzt praktisch Tabularasa, fangt ihr von Null wieder an oder sind da noch Stöcke im Boden oder gibt es den Boden gar nicht mehr, also wie schaut das aus?

Andreas Dick: Also wir haben Flächen, da steht gar nichts mehr drauf. Da ist keine Gerüstanlage mehr, das ist abgerissen, die liegen kilometerweit entfernt. Wir haben aber auch Anlagen, wo nur der Hopfen abgerissen war. Oder, wir haben auch eine Anlage, da hat das so schwer reingeschlagen, das Wasser, da sind Löcher drin gewesen so groß wie LKWs, also hätte man ganze Häuser drin verstecken können. Was uns und mir gutgetan hat, also viele meckern drüber, aber ich muss ehrlich sagen, die Fluthilfe hat bei mir schon geholfen, also die Unterstützung des Landes, des Bundes und eben auch der DLR, Dienstleistung für den ländlichen Raum, die mich da unterstützt haben über die Gutachten, das hat halt geholfen, bei uns ging es relativ schnell. Und dann schläfst du auch dann wieder gut, wenn du weißt, du hast die finanziellen Möglichkeiten. Wir müssen auch eine Pflichtversicherung bekommen, da bin ich mir sicher. Also es ist ja eine Frage, kann man sowas versichern? Also ich war gegen Hagel und ich bin gegen Sturm versichert gewesen, aber solch ein Hochwasser, dagegen, ja, das war bis Dato, konntest du dich gar nicht gegen versichern.

Markus: Hm, also auf jeden Fall drastisch zu hören. Und da kann man ja nur ganz fest die Daumen drücken, dass ihr da die Kurve kriegt und dann auch mit den anderen Sorten einsteigt. Das wäre vielleicht noch so eine abschließende Frage von mir, du hast ja vorhin erwähnt, dass du da Cascade-Hopfen und Solera-Hopfen und sowas da stehen hast. Wenn wir eigentlich so Bitburger Siegelhopfen hören, da denkt man halt eher, na gut, das sind halt irgendwelche klassischen deutschen Sorten, die halt im typischen Pils einfach drin sind. Und vor allem, wenn du eben sagst, du musst auch oder lieferst ja alles bei der Brauerei ab, wie ist das, bist du da frei im Pflanzen von Sorten? Und was machen die dann mit deinem Cascade-Hopfen, wo landet der dann?

Andreas Dick: Also das Schöne ist auch, und dann, das muss man sich dann einfach mal auf der Zunge zergehen beziehungsweise im Ohr einfach erklingen lassen, was wir und Bitburger machen, glaube ich, das können die wenigsten Brauereien beziehungsweise die wenigsten Hopfenbauern, wir probieren aus. Wir machen Reihenversuche, wir machen Reihenversuche auch jetzt, dieses Jahr wieder mit Tango, mit Acoja, mit Zuchtstämmen, die vielleicht noch keinen Namen haben. Also wir haben auch die ganzen Flavour-Hopfen ausprobiert, wo man 100 Reben davon hatte und dann in der Versuchsbrauerei ganz tolle Versuche gemacht haben. Einmal für die Brauereiseite, auf der anderen Seite aber auch für uns als Hopfenpflanzer, dann Schlüsse draus zu ziehen, ist das eine Sorte, die vielleicht bei uns im Betrieb oder anderswo in Deutschland eine Rolle spielen könnte? Da bin ich ja auch für Hüll, für das Zuchtzentrum, gar nicht mal so uninteressant, weil ich hier oben alleine bin, ein ganz anderes Klima habe, wo man das Ganze dann, ganz andere Rückschlüsse ziehen kann. Wir haben natürlich, womit ich mein Geld verdiene, sind erst mal die traditionellen Sorten. Das ist eine wunderbare Perle, eine Tradition. Ich hatte auch noch einen ganz alten Hallertauer Mittelfrühstamm. Da müssen wir mal schauen, wieweit der das Hochwasser leider überstanden hat. Weil, das war so ein Klon, den gibt es nicht nochmal auf der Welt, den gibt es nur bei mir. Also das wäre schon bitter, wenn der Hopfen weg wäre. Ich werde auf jeden Fall probieren, da die ein oder andere Pflanze zu retten, um damit wieder, zu mindestens nachher, auf eine ganze Reihe, auf 100 oder 150 Pflanzen zu kommen. Dann haben wir im Bitterstoffbereich natürlich, da kommen wir als Hopfenbauer nicht dran vorbei, einen Herkules und ein Magnum. Wobei ich den Magnum bei mir jetzt eher sehe, dass der verschwinden wird. Und, ja, Cascade vor allem, davon habe ich über einen Hektar. Ja, Cascade wandert tatsächlich in viele Sonderbiere mit rein von Bitburger. Also grad eben auch, was Bitburger jetzt, der Grünhopfensud, war ja komplett von Cascade gestopft worden mit meinem Hopfen. genau auch, ja, bei vielen Bieren von Craftwerk, wo dieses Bier dann oder der Hopfen mit rein kommt. Also der ist auch eine feste Größe geworden. Wenn man den sich vergleicht, das sieht man auch bei der Perle vor allem, also wir haben ja im zehnjährigen Durchschnitt bei der Perle über 20 Prozent höhere Inhaltstoffe wie das, was die Brauerei im Schnitt einkauft. Und da sieht man, dass wir eben, und da sind wieder bei dem Eingangswort, der Toskana der Eifel, das Klima bei uns hier im Tal ist ideal für Hopfen. Und da werden wir eben, nicht bei allen Sorten, aber bei vielen Sorten haben wir eben ein ganz tolles eigenes Aroma. Und das ist auch bei unserem Cascade so, den kann man nicht mit einem anderen deutschen Cascade vergleichen. Da sind wirklich, und da sind wir stolz drauf, sehr nah am amerikanischen Cascade, was die Aromapunkte angeht.

Markus: Tja, also da bleibt uns ja nur, Holger, wir müssen da hin, oder, also sollte direkt auf dem Plan dieses Jahr irgendwann stehen.

Andreas Dick: Auf jeden Fall.

Holger: Unbedingt, also wirklich unbedingt also. Und, ja, eigentlich war es ja schon ein perfektes Schlusswort, vom Hopfen gekratzt werden und das ist auf jeden Fall, Andreas, dir heute gelungen, mich vom Hopfen zu kratzen, ja. Also ich werde sicher kein begeisterter Gin-Trinker und forste jetzt nicht das Internet durch nach ganz tollen Produkten, ich denke, ich bleibe beim Bier, aber trotzdem, war sehr, sehr interessant, sehr spannend. Und, ja, ich kann dir nur und deinem Betrieb und deiner Familie alles Gute für die Zukunft wünschen und die Chancen, die sich vielleicht aus so einer Katastrophe auch ergeben, dass die gut genutzt werden können. Und dass dann vielleicht dann in drei Jahren oder vier Jahren postum, dass du sagen kannst, Mensch, es war damals schrecklich, aber eigentlich war das auch toll jetzt, so wie wir jetzt dastehen. Und grade so eine neue Sorte wie Tango, die dann vielleicht besser mit der Trockenheit auch zurechtkommt, dafür ist sie ja auch gezüchtet, die kann man dann jetzt neu anfangen. Also vielleicht ergibt sich daraus was, ich wünsche es dir auf jeden Fall. Vielen, vielen Dank für deine Zeit, es war kurzweilig und sehr interessant.

Andreas Dick: Toll, vielen Dank.

Markus: Ja, vielen Dank auch von meiner Seite und, ja, dann freue ich mich auf ein baldiges persönliches Wiedersehen. Und an euch alle da draußen, ihr könnt also bedenkenlos euch gerne ein schönes Bitburger, gerne auch den Winterbock, den finde ich echt sensationell, einschenken, wenn ihr auf den Andreas anstoßen wollt oder eben euch so ein schönes Fläschchen GIN 8 bestellen, warum nicht. Also, bis dahin und an euch beide nochmal danke schön, bis zum nächsten Mal.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 77 – Interview mit Helmut Knöpfle, Whisky-Experte, Markenbotschafter und Keeper of the Quaich aus Hausham

Für die 77. Folge, also eine echte Schnapszahl, haben wir uns einen wahren Spirituosenkenner eingeladen, Helmut Knöpfle. Der bekennende Whisky-Fan startete vor über 30 Jahren bei Coca Cola in die Welt der Getränke, fand aber dann in Tennessee seine wahre Bestimmung. Weitere Stationen führten ihn rund um die Welt und in über 4.000 Whiskyverkostungen und -seminare, die er leitete. Seit Januar 2022 ist Helmut nun in Oberbayern heimisch geworden, wo er für die Destillerie Lantenhammer neue Strategien entwickelt. Im Podcast erzählt er über seine bewegte und teils auch beschwipste Geschichte und berichtet, was einen Whisky-Fachmann wie ihn auch heute noch antreibt, ständig auf der Suche nach neuen Entdeckungen und Informationen zu sein…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute Nummer 77 und weil es eine Schnapszahl ist, haben wir gedacht, wir gehen vielleicht auch mal ein bisschen weg vom Bier und ein bisschen hin zum Schnaps beziehungsweise zum Whisky und haben uns dafür einen ganz besonderen Gast eingeladen, nämlich den Helmut Knöpfle, der seines Zeichens Whisky-Botschafter, Whisky-Experte, Whisky-Fachmann ist, auch diverse Titel hat. Das werden wir alles noch besprechen, aber, Helmut, vielleicht stellst du dich einfach mal ganz kurz unseren Hörern selber vor.

Helmut Knöpfle: Wie du schon gesagt hast, Helmut Knöpfle, ich bin seit 1994 in der Getränke- und Spirituosenindustrie tätig und habe diesen Job als Markenbotschafter fast ausschließlich gemacht, die letzten Jahre. War eigentlich ständig unterwegs bei den Endverbrauchern, bei Kunden, bei Auszubildenden und bin immer noch, nach mittlerweile knapp 30 Jahren im Geschäft und habe die Freude bisher noch nicht verloren, mit Leuten über Whisky, über Spirituosen, über den Genussmoment zu sprechen.

Markus: Ja und das ist ja auch was, was uns beide so ein bisschen vereint, also ich sowohl auf der Bier- als auch auf der Spirituosenschiene, du mit dem Schwerpunkt der Spirituose. Aber da vielleicht noch so als Frage, du bist ja bestimmt nicht aus dem Muttermund gefallen und hattest sofort die Whisky-Flasche in der Hand, also wie kam denn dieser Übergang, dass du dich für das Thema überhaupt interessiert hast, wie kommt man da als junger Mensch darein?

Helmut Knöpfle: Ja, das ist eine, ja, eine lange Geschichte, wenn man so möchte, die reicht zurück bis ins Jahr 1994. Ich habe nicht in der Spirituosenindustrie gestartet, sondern bei einem alkoholfreien Getränkehersteller, nämlich bei Coca Cola. Und, ja, Coca Cola, der Hauptsitz liegt in Atlanta und da war ich auch das ein oder andere Mal. Und an einem verlängerten Wochenende wollte ich eben auch die Umgebung kennenlernen und so führte mich der Weg, ja, Richtung Tennessee, Richtung Kentucky und kleben blieben oder klebengeblieben bin ich da bei einer sehr bekannten Marke aus dem US-Bundesstaat Tennessee, nämlich Jack Daniels. Und so war mein Weg eigentlich gezeichnet, dass ich irgendwann Mal Coca Cola verlassen werde und, ja, mich Richtung Hochprozentig orientiere und meinen nächsten beruflichen Weg im Jahr 1998/99 beschreite mit dem, wie gesagt, Hochprozentigen im Hause Jack Daniels, Tennessee Whisky.

Markus: Und wie muss ich mir das vorstellen, also heißt das, du sitzt dann da und trinkst jeden Tag Whiskey oder du reist durch die Gegend und trinkst mit anderen Leuten Whisky oder was ist da so der genaue Job sozusagen?

Helmut Knöpfle: Der Job als Ambasador wird natürlich vielfach von Leuten, die Seminare abends besuchen, die sagen natürlich: „Wow, hast du einen coolen Job, du bist die ganze Zeit unterwegs und kannst Whisky trinken von früh bis spät und so weiter.“ So ist es eigentlich überhaupt nicht! Weil, ein Seminar zu halten, darf natürlich nicht unter Einfluss des Alkohols stattfinden, sondern als Brand Ambasador, als Markenbotschafter. Wenn man ein Seminar leitet oder ein Seminar durchführt oder eine Verkostung, ist man immer der Erste, der da ist, der die Location vorbereitet, aufbaut, den Beamer einrichtet beispielsweise, eine Leinwand aufstellt, alles verkabelt, die Kabel am Boden festklebt und so weiter, die Gläser aufstellt, die Testingsets und so weiter, alles soweit vorbereitet. Es ist ja, wir sind ja die Markenbotschafter hier in Deutschland oder weltweit, wir sind ja mehr oder weniger eine Ein-Mann-Show. Wir bereiten die Bühne vor, wir tanzen oder singen oder sprechen auf der Bühne und hinterher wird alles wieder aufgeräumt, saubergemacht, eingepackt und dann zum Nächsten gefahren. Das heißt also, ich bin spätestens gegen 16, 17 Uhr beim Kunden oder in der Veranstaltungsstätte, bereite alles vor, habe dann ab 19 Uhr für zwei, drei, vier, teilweise fünf Stunden den Vortrag über die verschiedenen Whiskys, die Herstellung, also die gesamte Entstehungsgeschichte, auch die gesetzlichen Hintergründe, natürlich auch die Verkostung. Und das kann dann durchaus mal, durchaus, ja, um die vier, fünf Stunden dauern. Und gegen ein Uhr morgens oder halb zwei Uhr morgens ist man dann fertig und begibt sich dann zurück ins Hotel, fällt ins Bett, schläft sofort. Und am nächsten Tag gegen acht ist man wieder auf der Straße und fährt dann zum Nächsten. Also es ist nicht so, dass man davon ausgehen kann, dass man jetzt nur die ganze Zeit Party macht, sondern die Zuhörer, die ja auch Geld bezahlen, 59 Euro, 119 Euro, je nach Qualitäten, die verkostet werden, die möchten auch natürlich den größtmöglichsten Nutzen und den größtmöglichsten Spaßfaktor natürlich für ihr Teilnahmegebühr haben. Und auch viel wissen und Geschichten und natürlich auch so ein paar humorvolle Geschichten hören, die es zu erfahren gibt innerhalb der Geschichten, die man eben zu erzählen hat.

Markus: ja, jetzt hast du mich so ein bisschen auch in eine kleine Zeitreise geschickt, muss ich sagen. Weil, wenn man mich so vor zweieinhalb Jahren gefragt hätte, wie das mit den Bierverkostungen ist, dann hätte ich das genauso erzählt. Also, klar, man fährt dahin, man bereitet es vor, man macht abends das Testing, fällt dann irgendwann im Hotel ins Bett. Und dann kam ja jetzt diese ganze Pandemiesituation. Wie war das denn für dich, hast du da auch dann, wie wir jetzt, das Ganze in Richtung Online umgeswitcht oder wie hat es dann für dich sich verändert?

Helmut Knöpfle: Das war eine nicht einfache Situation, die ganze Pandemiegeschichte, weil, ich bin es ja gewohnt, vor Leuten zu stehen. Man hat vor sich, von mir aus 20, 30, teilweise sogar über 100 Personen, die ich sehen kann, deren Reaktion ich sehen kann. Wo ich sehe, welcher humoristische Ansatz funktioniert, wann kann ich die Leute zum Lachen bringen, wann kann ich sie begeistern, um eben einen möglichst langen Zeitraum die Leute an mich zu binden von der Konzentration her. Weil, man trinkt ja Alkohol zwischendurch und natürlich wird auch der Gesprächsbedarf der Zuhörer irgendwann mal ungehalten, dass man sich seinem Nachbarn mitteilen möchte. Und wenn du drei, vier, fünf Stunden auf der Bühne stehst und erzählst was, das ist schon eine relativ lange Zeit. Also die Kommunikation, auch wenn es nur über die Blicke ist, ist in dem Bereich des Markenbotschafters und der Verkostung sehr, sehr wichtig. So, jetzt schlägt die Pandemie ein, es kann nur noch über den Bildschirm stattfinden. Du siehst teilweise nur die Köpfe, teilweise hast du auch nur einen schwarzen Bildschirm und man weiß nicht, wie ist die Reaktion. Auch wenn die Kostproben natürlich vorher verschickt sind und so weiter, man spricht drüber, ist es sehr, sehr schwierig auch mit der Emotion, die Leute zu begleiten. Und ich habe bei mir festgestellt, die ersten Testings, die ich Online durchgeführt habe, ich war aufgeregter und am Ende verschwitzter, als würde ich vor 100 Leuten eine Verkostung leiten, weil ich gestresster war aus dem Nichtwissen, kommt mein Vortrag, kommen die Worte an, kommen die Informationen an, stimmt die Paarung aus Geschichte, Geschichten und Humor? Weil man eben die Reaktion am Bildschirm nicht so genau sehen kann als in einer Menge, die sich dann auch selbst befeuern und eine gewisse Eigendynamik entwickeln. Also ist es, also für mich war es erheblich schwieriger und schwerer, nur am Bildschirm zu sitzen und über Whisky und über den Genussmoment zu philosophieren, ja, das stimmt.

Markus: Ja, also das ist wirklich eine echte Herausforderung. Mittlerweile, muss ich sagen, komme ich damit ganz gut zurecht. Es ist eben anders, man kann es nicht ganz genau vergleichen, man muss ein bisschen anders damit umgehen. Und manchmal hat man tatsächlich die Situation, die du grade geschildert hast, man hat da nur sechs, sieben schwarze Bildschirme vor sich und das ist dann wirklich nicht schön. Also, vielleicht an der Stelle mal ein Aufruf an alle, die jetzt hier vielleicht zuhören und mal bei Testings teilnehmen, also seit so nett und schaltet eure Kamera an, damit es auch eine wirklich Feedback-Situation gibt. Ja, nun hast du grade von den Geschichten erzählt, die man da erzählt. Also vielleicht, wie viele Testings hast du insgesamt gemacht? Und hast du so eine Lieblingsgeschichte, wo du sagst, die ist echt so ein Knaller, die bringe ich besonders gerne?

Helmut Knöpfle: Ja, es gibt tatsächlich eine Geschichte. Um auf deine erste Frage einzugehen, wie viele Testings habe ich bereits hinter mir, es müssten so an die 4.000 Vorträge mittlerweile sein. Das sind so aufs Jahr runter gebrochen, 120, 150 Vorträge. Also schon daran kann man erkennen, dass ich … natürlich in den Sommermonaten sind es mehr Schulungen an Berufsschulen, in den dunklen Monaten, also von, sagen wir mal, September bis März, April ist es dann eher die Verkostungsveranstaltung, die beginnt um 18, 19 Uhr. Also von dem her ist es schon, ja, auch jahreszeitlich unterschiedlich. So, jetzt bin ich aber so weit im Sprechen drin, dass ich das eine vom anderen vergesse. Du sagtest, die schöne Geschichte, eine schöne Geschichte, ja, die gibt es tatsächlich. Ich war mal mit einem sehr netten, sehr geschätzten Kollegen unterwegs, nämlich Richtung Insel Islay zur Whisky-Brennerei Bowmore. Und das, was ich da erfahren habe, das war also mal richtig lustig. Wir saßen im Flughafen in Glasgow und warteten auf den Flieger nach Islay, also zu dem kleinen Flughafen auf die Insel Islay. So, nach drei, vier Stunden Verspätung, weil eben auf der Insel Islay so ein Sturm getobt hatte oder es so windig war, dass der Flieger nicht landen konnte, wurde also der Flug immer pro Stunde verschoben, verschoben, verschoben. Irgendwann Mal kam der Pilot in den Wartesaal, es waren ja bloß 18 Leute, die da hingeflogen sind und hat gesagt: „So, wir versuchen jetzt mal rüber zufliegen.“ Wir gehen zum Flieger, steigen ein, fliegen los. Der Flug von Glasgow nach Islay dauert ja nur 20, 25 Minuten, da sagt der Pilot: „Wenn es klappt, dann werden wir landen und dort bleiben. Wenn der Wind allerdings so stark ist, dass wir nicht unten bleiben können, nicht landen können, dann starten wir durch und in einer Stunde sind wir wieder zurück in Glasgow.“ So, ist also da schon mal eine verrückte Geschichte einfach, einen Landeanflug zu probieren, ob es geht oder nicht. Und wir sitzen also dann im Flieger, ist schon einige Zeit her, der Kollege, den ich dabei hatte, der hatte in seinem Handgepäck eine 02-Literflasche Glenmorangi, den Zehnjährigen dabei. So, wir sitzen drin, der Pilot sagt: „Bitte fest anschnallen und unbedingt angeschnallt bleiben, es könnte nämlich etwas bumpy, etwas holprig werden bei dem Flug von Glasgow nach Islay.“ Okay, mein Kollege, der auch ein bisschen Flugangst hatte und immer noch hat, nimmt diese 0,2-Liter-Whisky-Flasche aus seinem Handgepäck, zieht die auf einen Satz runter, also auf Ex leert der 0,2 Liter aus, guckt mich mit großen Augen an und sagt: „In meiner Familie machen wir das immer so.“ Und diese Geschichte, die erzähle ich tatsächlich bei vielen, vielen Testings. Weil, es ist tatsächlich so, wenn du Flugangst hast und in einem kleinen Flieger, propellergesteuert, da der ja besser zu steuern ist als eine Turbinenmaschine, grad in so stürmischen, ja, Eigenschaften auf der Insel Islay mit dem Landeanflug, da kann es für den ein oder anderen, der also das Fliegen und Achterbahnfahren vielleicht nicht so gerne mag, durchaus etwas kritisch werden. Und der Whisky hat durchaus geholfen, also der Kollege rechts neben mir am Fenster war richtig entspannt, hat das dann auch genossen. Und ich war ebenfalls froh, dass er also da nicht mit dem Kreislauf Schwierigkeiten bekommen hat oder sonstige Sachen zu beklagen hatte. Und das ist eine der sehr eindrucksvollen Geschichten, die ich, wie gesagt, immer gerne erzähle, wenn es also um die Anreise zur Insel Islay geht.

Markus: Ja und noch dazu eine, die du auch selbst erlebt hast, also das macht die Sache ja auch nochmal authentischer und spannender. Und interessant, dass Whisky da durchaus auch mal so eine Wirkung entfalten kann. Ja, was ich auch noch sehr interessant finde, für uns in der BierAkademie war es ja so, dass wir die Ersten waren, die so mit diesem Thema Foodpairing professionell gearbeitet haben, grade mit Bier und Schokolade, mit Bier und Käse und du warst, glaube ich, der Erste, der das Ganze mit Whisky gemacht hat. Also wie man dann eben grade mit der Spirituose Whisky, die ja schon eine Herausforderung ist durch ihren höheren Alkoholgehalt und dadurch, dass man eben normalerweise nicht 0,2 pro Gang trinken kann und das dann mit einem Diner oder mit einem Menü zu kombinieren. Wie hast du das entwickelt, wie kam das an, wie haben da die Leute reagiert?

Helmut Knöpfle: Das reicht auch einige Jahre zurück, das war ja so die Situation, nur eben ein nacktes Whisky-Testing zu haben ohne Essensbegleitung. Dann gab es zwischendurch schon, hat man mal, ja, Landjäger und so ein Bauernbrot mit dazu gereicht. Aber so im Laufe der Zeit war eben die Idee, wieso kombiniert man nicht Whisky mit einem entsprechenden Menü, so wie es beispielsweise bei einer Weinverkostung oder bei einem Wein-Menü oft schon zelebriert wird und auch durchgeführt wird. So, ob ich jetzt der Allererste war, kann ich nicht mit 100-prozentiger Sicherheit sagen. Was ich weiß, dass es zu dem Zeitpunkt, wo ich unterwegs gewesen bin, zum Beispiel im Europäischen Hof in Heidelberg, war das ein absolutes Novum, fünf oder sechs Whiskys aus Schottland, also Single Malt Scotch Whiskys zu präsentieren, in Verbindung mit einem schönen Menü, natürlich abgestimmt auf die Geschmackseindrücke des Whiskys. Und mit einer Gruppe von Leuten, die sich natürlich auch nicht gegenseitig kannten, weil sie sich einfach im Hotel angemeldet hatten, zu einem Whisky-Desgustationsmenü. Und das war, so in den Anfangszeiten war es eben ein komplett, ja, ein Novum könnte man sagen, in dieser Szene, weil es bis zu diesem Zeitpunkt, Anfang der 2000, noch nicht so in der Gänze, wie es heute durchgeführt wird, bekannt gewesen ist. Und da gibt es ja die verschiedensten Abwandlungen. Hat man Meeresfrüchte oder nimmt man Wildgerichte oder nimmt man nur das heimische Rind beispielsweise oder die heimischen Tiere oder nur fokussiert auf, ja, vegetarisch oder vegan, wenn es sein möchte, da sind viele verschiedene Dinge und Möglichkeiten und Speisenabfolgen natürlich möglich. Das auch einen großen Spaß macht für denjenigen, der an einem Diner oder an einer, ja, Diner-Whisky-Verkostung teilnimmt, weil es auch ganz neue Geschmacksvarianten auf der Zunge, auf dem Gaumen hervorbringt und, ja, so eine neue Situation beschreibt. Weil, wenn ich hergehe und, ja, würde sagen, genießt man denn nur einen rauchigen Whisky mit einer rauchigen Zigarre im Nachgang nach einem Diner, dann stelle ich oftmals die Frage, isst du denn gerne Schokoladeneis mit Schokoladensoße oder Vanilleeis mit Vanillesoße? Natürlich eher selten. Man nimmt ja oftmals die gegensätzlichen Produkte, also Vanilleeis und Schokoladensoße oder Vanilleeis und heiße Himbeeren, also immer die gegensätzlichen Dinge, die sich anziehen. Genauso kann man das auch im Whisky-Segment natürlich ansteuern und zelebrieren, dass man nicht einen rauchigen Whisky mit einer rauchigen Zigarre logischerweise, sondern einen rauchige Zigarre mit einem Sherry-lastigen Whisky kombiniert, um eben diese Geschmacksnuancen gegen sich zu pushen und einen größeren Genussmoment zu haben. Weil, Rauch und Rauch blendet sich im gewissen Sinne auch gegenseitig aus. Und das größere oder der größere Geschmacksmoment ist so mit den gegensätzlichen Geschmackswelten noch besser herauszuarbeiten und noch schöner zu genießen.

Markus: Ja, sehr, sehr spannend. Und ich kenne das ja durchaus vom Bier, da gibt es ja auch das Rauchbier, grade hier in Bamberg und da war es eben am Anfang auch immer so, dass die Leute gesagt haben: „Ja, da musst du halt den rauchigen Schinken, den rauchigen Käse oder irgendwie so dazu nehmen.“ Das geht auch irgendwie, also kann man schon machen, weil es eben in gewisser Weise harmonisch ist, aber es ist eben nicht wirklich spannend, weil man halt nur mehr vom Selben hat, aber eben nix anderes. Und da haben wir zum Beispiel tatsächlich auch über ein Whisky- und Bier-Seminar, wo wir dann mit Whiskys gearbeitet haben und mit Bieren und mit Essen dann rausgefunden, dass es zum Beispiel eine ganz tolle Zimtpraline von unserem örtlichen Schokolatier gibt, die sowohl sehr schön zu einem Rauchbier-Doppelbock passt als auch zu einem eher rauchigem Whisky. Also wo man dann wirklich auch mit der süßen Ecke da zum Beispiel mal arbeiten kann und das hat echt gut funktioniert. Also insofern, Foodpairing ist super spannend. Also ich hatte so dieses Jahr, nee, letztes Jahr einen sehr krassen Moment, da war ich in Österreich und die Herausforderung war, dass der Koch sich ein Menü überlegt hatte von zehn Gängen, die alle mit Innereien gemacht waren und dazu wollte er dann jeweils passende Biere haben. Und das ist schon mal von der Anzahl der Biere natürlich krass, zehn Stück und dann vielleicht noch einen Aperitif und Digestif oder irgendwie so und natürlich dann diese speziellen Gerichte, die ich jetzt ja nun auch nicht alle kannte. Das ist ja auch so ein Punkt, das man ja sich ein bisschen was drunter vorstellen muss, aromatisch, was da jetzt auf dem Teller landet, um dann irgendwas zu finden, was sich da kombiniert. Wie gehst du da so ran, ist es für dich eher so, dass du sagst, du hast die und die Whisky-Palette und wir suchen was passendes zu Essen oder erlebst du es auch, dass jemand sagt, ich habe das und das Menü und bringe mir mal was Spirituosenmäßiges dazu, wie funktioniert das bei dir?

Helmut Knöpfle: Da bin ich schon so, ja, ein kleiner Egoist, weil, ich suche mir natürlich auch gerne, wenn ich ein Degustationsmenü moderiere und begleite und habe die Möglichkeit, mit dem Chefkoch mir was auszudenken, dann nehme ich natürlich auch gerne die Dinge, die ich gerne esse und gerne auf dem Teller habe natürlich, um da so eine Speisenfolge zu kreieren, die auch mir schmeckt, logischer Weise. Das ist der eine Punkt, wie man es machen kann. Das andere ist natürlich auch, dass der Chefkoch oder der Hotelinhaber oder der Veranstalter auch natürlich seine Ideen mit einbringen kann, was er denn gerne als, ja, Menüvorschlag, ja, haben möchte, weil es eben zum Haus passt oder zum Restaurant passt. Und von diesen verschiedenen Gesichtspunkten muss man eben dann die dazu passenden oder auch nicht passenden Whiskys aussuchen, damit sie eine möglichst komplexe Spanne an, ja, Degustationsvariationen hervorbringen. Ist ganz spannend einmal, weil ich grade sagte, was dazu passt und was dazu nicht passt, weil grade, wenn etwas absolut nicht passt, komplett polarisierend ist, dann ist es auch wieder so, dass man einen gewissen Reiz daran findet und dann, ja, unbewusst sucht, wo denn hier die Parallelen sein können, wo sie gar nicht vorhanden sein können, weil sie eben so weit auseinanderliegen, eben wie Vanilleeis und Schokoladensoße. Und das macht das ganze System, wenn man so möchte, macht es sehr interessant in der Zusammenführung der verschiedenen Whiskys zu den Menüfolgen. Weil, wenn man, sagen wir mal, 40, 50 verschiedene Whiskys aus einem Unternehmensportfolio zusammenführt, ist es wie ein Lottospiel eigentlich, ich habe sieben Whiskys aus möglichen 50 aus dem Portfolio. Und genauso wie beim Lottospiel habe ich die Möglichkeit, dass man also mehrere 100 Variationen dadurch erstellen kann, nur das Zusammenfügen der Whiskys in Kombination mit dem Paaren der Speisen dazu, um eine ordentliche und schöne Abfolge auf der einen Seite haben zu können und natürlich auch einen schönen Gaumenschmaus, eine Explosion, wie es ja oftmals bezeichnet wird, wie ein kleines Feuerwerk von einem Menü zum anderen. Und das macht die ganze Verkostungslinie, wenn man also das als Menü bezeichnet, so spannend und so interessant, weil es nahezu unendliche Möglichkeiten gibt, Speisen und Whisky zusammenzuführen.

Markus: Ja, generell Foodpairing ist für mich auch immer eine ganz spannende Geschichte, weil es ja so ist, dass man eigentlich zwei Dinge zusammenführt, die alleine schon gut sind, aber zusammen eben noch ein bisschen besser und überraschend. Und, ja, es vielleicht im Idealfall auch so ist, das keiner von den beiden gewinnt. Nun heißt das Ganze ja BierTalk und deswegen sollten wir zumindest mal ein Bierchen aufmachen. Es sei dir natürlich verziehen, dass du in diesem Moment jetzt nicht zu einem Bierchen greifen möchtest, ich habe aber mal eins ausgesucht, was auch ganz gut zu dem Thema heute passt. Ich mache es mal kurz auf, das hat hier nämlich erst mal oben so eine Schutzkappe und dann einen normalen Kronkorken.

Helmut Knöpfle: Dieses Geräusch macht Lust.

Markus: Ja, ne. Ich würde es dir jetzt gerne rüber reichen, aber das machen wir dann mal persönlich, wenn wir uns wieder treffen. Also wie schaut das Ganze aus? Ich habe jetzt hier in dem Glas ein Bier oder zumindest ein Getränk, sagen wir mal so, was so ein orange, braun hat, aber mit einem relativ intensiven Rotstich drin. Also das ist fast schon wie mit roten Beeren getränkt, so ungefähr schaut es aus. Oben drauf sitzt ein schöner weißer Schaum, leicht getönt. Und wenn man da dran riecht, dann ist es sehr fruchtig und auch so gewürzig, man hat so fast Gewürztraminer als Eindruck, dann geht es so ein bisschen in die Himbeere auch, in die Erdbeere. Also sehr spannend, sehr fruchtig. Ich probiere mal ein Schlückchen. Das ist sehr spannend, also es geht los und erinnert einen erst mal an Bier, also man hat ein bisschen malzige Aromen, ein bisschen Getreide, ein bisschen so wie Toast, aber dann kommen auch wieder diese fruchtigen Aromen. Dann hat es was von Apfel, geht dann auch wieder so in diese Gewürztraminer-weinigen Aromen und dann geht es über in rote Beeren, Kirsche, Himbeere, hinten raus kommt dann auch eine gewisse Säure. Und das bleibt relativ lange auch nach dem Trunk und, ja, ist eine sehr interessante, spannende Geschichte. Was habe ich da für ein Bier? Das nennt sich Zwei Welten und kommt von meinem Freund David Hartl, der hier eine Brauerei in der Nähe von Bamberg hat. Und der war vor Kurzem in Südtirol und hat dort mit einer Brauerei aus Südtirol zusammen ein Bier gemacht. Und das ist eben nicht nur ein Bier, sondern ein Bier-Wein-Hybrid. Das heißt, sie haben dann eben auch Trauben genommen von Weinbergen vor Ort und haben dann das Malz und die Trauben zusammen vergoren. Und das gibt sogar einen Bierstil, der nennt sich Italian Grape Ale, den die Italienern so ein bisschen für sich reklamieren, wo man eben dieses Zusammenspiel von Trauben und Getreide für die Erzeugung eines bierähnlichen Getränkes am Ende eben nutzt. Und das ist wirklich spannend und eine tolle Mariage, könnte man sagen, die sehr viel Spaß macht. Wir haben uns ja auch mal drüber unterhalten, das gibt es ja auch im Whisky-Bereich, dass man zum Beispiel einen Whisky nimmt und n ein gebrauchtes Fass gibt, wo zum Beispiel vorher ein IPA oder ein Stout oder sowas drin war. Wie hast du das so erlebt? Und eigentlich sozusagen ist ja Whisky doch sehr nah am Bier, also gibt es da für dich nicht doch eine gewisse Affinität?

Helmut Knöpfle: Die Affinität ist grundsätzlich natürlich gegeben, weil da, ja, einige Produktionsschritte sicher sehr, sehr ähnlich sind, wenn nicht sogar gleich. Nur, was eben das Bier vom Whisky unterscheidet, ist die Destillation und natürlich die jahrelange Einlagerung. Und, ja, wenn man so in der Geschichte zurückschaut, war ja das Fass ursprünglich als Transportmittel sehr, sehr wichtig, auch mit dieser typischen Bogenform, damit man es auch gut rollen und gut um die Kurve bringen konnte. Weil, ein zylindrisches Fass mit einem Inhalt von 200 Kilo Flüssigkeit, plus nochmal 50 Kilo Holz als zylindrischer Körper, wäre unmöglich, zwar nach vorne und zurück zu rollen, aber man würde es sehr, sehr schwer um die Kurve bringen. Deshalb hat so ein Fass auch so eine leichte Bogenform mit einer Auflagefläche, die vielleicht, ja, so groß ist wie zwei Briefmarken. Und mit diesem kleinen Punkt kann man natürlich so ein Fass auch angenehm durchs Lagerhaus rollen oder wo auch immer es hin muss. Und im Laufe der Zeit kam man ja auf die Idee, den Whisky ins Holzfass zu legen, um dem auch gewisse Holznoten, dieses Vanillin und die Bestandteile des Holzes angedeihen zu lassen. Das war ja vor 300 Jahren in Amerika, dachte man ja ursprünglich, es ist ein Negativmerkmal für den Whisky. Weil, der wurde beispielsweise produziert in Kentucky, wurde in Transportmaterial eingefüllt, also in Fässer eingefüllt, wurde auf einen Waggon gelegt, mit Pferden und ging dann beispielsweise von Kentucky dort durch die ganzen Staaten hindurch Richtung Westen, von mir aus, nach San Franzisco oder wo auch immer hin. Da waren die schon mal ein halbes Jahr unterwegs mit so einem Pferdefuhrwerk. Und im Laufe der Zeit auch durch den Einfluss der Hitze, hat natürlich der Whisky, sehr hochprozentig, mit 60, 65, 70 Prozent Fassstärke, wie man so schön sagt oder so, wie er aus dem Brennkessel kam, hat der natürlich gearbeitet mit dem Holz und hat aus dem Holz Geschmacksanteile extrahiert, Farbanteile extrahiert. Und noch vor, ja, 300 Jahren dachte man, als man ankam beispielsweise in San Franzisco, dass es für den Whisky ein Negativmerkmal ist, wenn der jetzt plötzlich Farbe bekam im Laufe der Zeit. Und es hat Jahrzehnte gedauert, bis man festgestellt hat, das der eigentlich runder, angenehmer, weicher und viel besser trinkbar geworden ist durch die Lagerung im Holzfass, und so hat sich im Laufe der Zeit die Holzfasslagerung entwickelt. Wir haben ja in Schottland diese Mindestlagerzeit von drei Jahren in einem Holzfass, und meistens sind die Whiskys natürlich älter, sieben Jahre, zehn, zwölf, 15, 18, 20, 25. Und je länger natürlich der Whisky Kontakt hat mit dem Holz, desto angenehmer bis zu einem bestimmten Grad wird er natürlich und desto mehr verschiedene Duftanteile, Geschmacksanteile extrahiert er natürlich aus dem Holz und wird zu dem, wie wir ihn kennen natürlich.

Markus: Ja und das finde ich jetzt ganz spannend, was du sagst, weil, das wusste ich jetzt so auch noch nicht. Bedeutet das eigentlich, dass dann die Holzfasslagerung von Amerika nach Schottland rückwärts exportiert wurde oder haben die Schotten das vorher auch schon so gemacht?

Helmut Knöpfle: Das ist eine gute Frage. Das muss wahrscheinlich auch in Schottland parallel gelaufen sein, dass man dort auch Fässer verwendet hat, um natürlich den Whisky einzulagern. Weil, seit wann wird in Amerika Whisky hergestellt? 200, 300 Jahre, 1766, wann auch immer. Seit wann wird in Schottland Whisky hergestellt? Es ging los im Jahr 1494. Also, da ist Schottland weit, weit voran und hat zu der Zeit auch schon natürlich ein Transportmedium oder ein Lagermedium gebraucht. Und wer waren denn die Leute, die in Amerika Fuß gefasst haben? Die ursprünglichen Einwohner, das waren die, die Christoph Kolumbus natürlich fälschlicherweise als Indianer bezeichnet hat, als er auf der Suche nach Indien war, das ist das eine. Die haben vielleicht geraucht, um mal, in Anführungszeichen, zu sprechen, aber sie konnten keinen Whisky, keine Destillate herstellen. Das waren die Einwanderer, kommend aus Irland, aus Schottland beispielsweise, aus Europa, die die Kunst der Destillation dabei hatten und sich natürlich das vorhandene Getreide, zunächst mal der Roggen, sich das zunutze gemacht haben und daraus Alkohol hergestellt haben. Also die Schotten mit ihren Ursprungspunkten, einmal Schottland natürlich und einmal auch aus dem Jahr 1296 nach Christus, als in Irland zum ersten Mal urkundlich dokumentiert der Whisky oder dieses Wasser des Lebens, das unv. #00:31:34-5# dokumentiert worden ist, liegt erheblich länger zurück als die Kunst der Destillation und der Whisky-Lagerung in den amerikanischen Fässern.

Markus: Ja, faszinierend. Also spätestens jetzt haben, glaube ich, alle Hörer mitbekommen, dass du wirklich ein echter Whisky-Experte bist. Wie wird man das eigentlich, also gibt es dafür eine Fachausbildung oder musstest du da irgendwo in die Lehre gehen oder wie eignet man sich so ein Wissen an?

Helmut Knöpfle: Ja, das ist, ja, dauert zunächst eine lange Zeit. Da erzähle ich gleich noch ein paar Geschichten auch dazu. Ja, spätestens jetzt, sagtest du, weiß der Hörer. Ja, ich muss da auch mich selbst etwas im Zaum halten, weil der Gesprächspartner, du zum Beispiel, du fragst mich für fünf Pfennig und bekommst für eine Mark eine Antwort. Und dann wird das Ding natürlich, dann sprechen wir nicht eine Stunde, sondern drei Stunden über das Thema Whisky. Weil, wenn ich im Reden bin, fällt mir natürlich das noch ein und das noch ein und das könnte ich noch erzählen. Und dann werden die Abende, die geplant sind mit zwei, zweieinhalb Stunden, die werden dann plötzlich zu vier, viereinhalb und fünf Stunden, von der Länge her. Und das ist ja auch das Schöne und das Angenehme dabei, das man über das Thema Whisky eigentlich nicht diskutieren kann. Ist jetzt so ein bisschen, ja, mit spitzer Zunge gesprochen, worauf ich hinaus will, wenn du fünf, sechs, acht Whiskys getrunken hast bei einer Verkostung oder bei einem Testing, beim Seminar, dann bist du auch nicht mehr so richtig in der Lage zu diskutieren, sondern, und das ist der schöne Effekt dabei, du bist in der Lage zu philosophieren. Und ich habe bei allen Whisky-Testing, also bei diesen 4.000 zurückliegenden Whisky-Testings, habe ich immer erfahren, dass der Whisky die Leute zusammenbringt, sie nicht aggressiv macht, sondern sie in die Philosophie führt und Freundschaften schließt. Und das ist das Wunderbare daran, drum mache ich diese Whisky-Testings auch sehr, sehr gerne, egal in welchem Kundenkreis oder in welchem Segment, ob das Motoradclubs sind, ob das Sommeliers sind, ob das Bierspezialisten sind oder einfach nur Konsumenten, die einfach gerne mal einen Whisky genießen. Wenn die Leute unter dem Dach des Whiskys, unter diesem schönen Baldachin Whisky zusammensitzen, dann sind sie in der Lage zu philosophieren, Freundschaften zu schließen und einfach das Leben zu genießen. Deine Frage, wie wird man zum Whisky-Experten, es ist auf der einen Seite natürlich die Liebe zur Spirituose, auf der anderen Seite auch die Liebe zu den Menschen. Vor Leuten zu stehen, den Leuten eine Information zu bringen, die sie vielleicht noch nicht in dieser Gänze kennen, natürlich auch die Leute zu unterhalten, einen schönen Abend zu gestalten oder eine schöne Zeit zu gestalten, um so ein bisschen Information, Hintergrundwissen und die Tiefe der Spirituose des Whiskys zu erklären, um eben noch bewusster genießen zu können. Wie wird man zum Whisky- oder zum Spirituosen-Spezialisten? Es sind Unmengen an Büchern zu lesen, an Fachliteratur zu lesen, viele Termine im Austausch mit Brennmeistern, mit anderen Markenbotschaftern, die Brennereien natürlich zu besuchen. Selbst auch viel Whisky zu probieren, nicht in Menge, sondern von der Unterschiedlichkeit natürlich und seinen eigenen Horizont innerhalb dieses kleinen Universums erheblich zu erweitern, um auch so einen gewissen Draufblick zu haben, was ist möglich innerhalb dieser kleinen Welt und was macht am meisten Spaß und worüber lässt sich wohl am besten informieren oder philosophieren in dem Fall. Der Punkt ist natürlich, jeder Küchenmeister, jeder Installateur, jeder Bäckermeister, der sich für sein Fach interessiert, hat genauso ein großes Wissen über sein Fachgebiet wie ein anderer beispielsweise. Also ein Universitätsprofessor weiß natürlich auch viel, weil er das schon über Jahrzehnte hinweg macht und weil er jeden Tag sich mit seiner Materie beschäftigt und sich dafür interessiert und nicht zweimal pro Woche zum Handballspielen geht, dann zum Fußballspielen und dann noch zum Schafkopfen beispielsweise. Also, man ist schon irgendwo getrieben von einem Wissensdurst und der geht ja immer weiter. Du läufst bis zum Horizont, möchtest erfahren, was ist dort. Dann stehst du am Horizont und siehst wieder einen Horizont und gehst wieder weiter und möchtest das noch wissen, das noch wissen. Und das ist so diese schöne Gegebenheit, dass das Aufsaugen des Wissens niemals endet. Also dass das Lernen über den Genuss über Whisky, über jedwedes Thema, hat niemals ein Ende. Und das ist das Schöne für uns Menschen, dass wir immer eine Aufgabe haben.

Markus: Das stimmt, das treibt einen an und lässt einen auch immer wieder neugierig sein. Und man muss natürlich auch sagen, es ist einfach noch diese zweite Komponente, also das eine ist, dieses Wissen der Materie an und für sich und das zweite ist eben, wie gebe ich das weiter, wie gehe ich da mit Leuten um, wie vermittle ich das dann, und das ist ja sicherlich nochmal eine andere Herausforderung. Apropos, ich habe bei dir gesehen, du hast noch so einen schönen Titel, ich hoffe, ich spreche ihn richtig aus, da steht Keeper of the Quaich. Habe ich es richtig ausgesprochen und was bedeutet das?

Helmut Knöpfle: Ja, du hast es richtig ausgesprochen, Keeper of the Quaich sagen viele. Auf Deutsch übersetzt heißt dieser Titel, der Hüter der Schale. Die Schale, das ist so ein Trinkgefäß, ein typisches Trinkgefäß aus Schottland. Man muss das mit beiden Händen fassen, kommt aus der früheren Zeit, damit man seinem Gegenüber, wenn beispielsweise die verfeindeten Clans, die jetzt Frieden schließen oder irgendwelche Leute, die sich eben treffen und sich vielleicht nicht so grün waren ursprünglich, dass man beide Hände an dieser Schale hatte. Also nicht parallel zum Trinken noch ein Messer oder eine Waffe ziehen konnte, um den anderen zu verletzen, um die tatsächliche Freundschaft zu begießen und darauf anzustoßen. Deshalb hat man also da in Schottland diesen Quaich, diese Schale gehabt, um eben, ja, sich zuzuprosten oder sich eine gute Gesundheit mit dem Anstoßen zu wünschen. Und da gibt es seit dem Jahr 1989 eine Vereinigung in Schottland, die Leute, die sich besonders verdient gemacht haben zum Thema Scotch Whisky, die werden berufen, ausgesucht, eingeladen nach Schottland auf Blair Castle und werden in einer großen Zeremonie mit dem Titel, der auf Lebenszeit gilt, Keeper of the Quaich, ausgezeichnet. Und man muss sich das vorstellen wie so eine Art Firmung, man wird aufgerufen, es wird ein, ja, es wird erzählt über die Dinge, die man geleistet hat im Scotch-Whisky-Business. Und zur Zeremonie legt man die rechte Hand an einen übergroßen Quaich, an eine große Schale und schwört gewissermaßen die ewige Treue auf den Scotch Whisky und wird somit in den Stand der Keepers of the Quaich erhoben. Und dann ist eine große abendliche Feier mit verschiedenen Duks, mit Earls, mit Royals aus Schottland und wird also dann in diesen Stand der Keepers of the Quaich berufen oder erhoben, wenn man so möchte. Ausgezeichnet natürlich mit einer Urkunde, die hier auch im Büro hinter mir hängt. Und das war, ich gucke mal drauf, am 26. März 2018 auf Blair Castle in Schottland. Und die eigene, wenn ich da noch weitererzählen darf, die eigene Zeremonie, die Hand an die Schale zu legen und auf den Whisky zu schwören und die Auszeichnung zu bekommen, das ist das eine, was also sehr, sehr beeindruckend ist, wo schon beim Erzählen sich bei mir die Haare aufstellen und um einen Stehplatz raufen. Aber das, was ebenfalls gleichsam bedeutsam und beeindruckend war für mich, ist der Abend, wo es also ein Whisky-Diner gab, natürlich mit Haggis und so weiter, wo also diese Royals, die auch zuhause bleiben hätten können, sich Deutschland sucht den Superstar anschauen oder was weiß ich im schottischen Fernsehen kommt, nein, die kommen auch zu dieser Zelebration, zu diesem Abend. Und dann steht einer von den Duks auf, geht nach vorne auf die Bühne und singt Acapella, alleine, ohne Begleitung, ein schottisches Lied vom Burns zum Beispiel. Also dann ein anderer, der sich kaum auf den Händen halten konnte, steht auf und ist mit zittrigen Händen und spricht zu den neuen Keepers. Also ich war der einzig Deutsche, der im Jahr 2018 in diesen Stand erhoben wurde, es waren 29 andere weltweit, die diesen Titel bekamen. Und erst im Nachgang habe ich dann mitgekriegt, dass dieser Royal, der mit zitternden Händen sich auf den Tisch gestützt hat, dass der im Krieg sechsmal verwundet worden ist und mit einem Rollstuhl kam und extra aufstehen wollte, sich eben mit den Händen am Tisch abgestützt hat, um zu den neuen Keepers of the Quaich zu sprechen. Und das ist, also das war für mich mal absolut beeindruckend, dass jemand kommt, der an den Rollstuhl gefesselt ist, gezeichnet vom Krieg, von wo auch immer her und spricht zu mir, zu einem kleinen Licht, der Whisky-Testings macht in Deutschland, spricht zu mir und freut sich, dass ich jetzt einer von den Keepers bin. Und das ist mal richtig beeindruckend und das begleitet mich das ganze Leben. Auch dieser Titel, es ist nicht, dass ich mich jetzt da auszeichne mit dem Titel, sondern es ist also nicht so, dass der Titel den Mann ehrt, nach meinem Verständnis, sondern der Mann ehrt den Titel. Also so, wie ich vorgehe, so wie ich bin zu den Menschen in den Testings, zu meinen Nachbarn, zu meinen Kollegen, ist es der Mann, der den Titel ehrt. Also ich habe auch etwas zu ehren, weil ich eben diesen Titel verliehen bekommen habe. Und das ist ganz wichtig und sehr beeindruckend für mich seit dieser Zeit, seit dem 26. März 2018.

Markus: Es gibt in der Bierwelt was Ähnliches, das ist die Knighthood of the Brewer´s Paddle in Brüssel, wo man dann eben auch als Bierfachmann sozusagen in den Ritterstand erhoben werden kann für das belgische Bier. Und das ist auch sehr, sehr stark zeremoniell und ist auch immer mit viel Gänsehaut verbunden. Und wie du schon sagst, das ist eben so, dass diese Leute, die diese Auszeichnung bekommen, dann eben auch erst Recht den Titel ehren, also dann eben auch aktiv sind. Und das ist vielleicht noch ein Punkt, über den wir reden sollten in dem Podcast, wie man dich denn erleben kann. Und da gibt es die ganz einfache Version, man kann dich als Buchautor erleben, weil, du hast auch schon ein paar Bücher geschrieben, oder?

Helmut Knöpfle: Genau, bei dem Thema, wenn du sagst, ein paar Bücher, dann hört sich das an wie zehn, 15, 20 Stück, ein Paar muss man in dem Fall auch wirklich nehmen, es sind nämlich nur zwei. Eins davon hat den Titel, Praxishandbuch Bar und Gastronomie. Das hat auch eine schöne Geschichte eigentlich als Hintergrund. Nämlich als ich angefangen habe, in der alkoholfreien Getränkeindustrie unterwegs zu sein, das war ich von einem Gastronomen zum anderen. Ich hatte in dem kleinen Gebiet, das ich betreut hatte bei Coca Cola, 550 Kunden, Gastronomie, Betriebsmärkte, alles Mögliche. Und ich habe mir bei jedem, es gab ja so, und das gibt es auch heute noch, so kleine Bedienungsblöcke und die hatte ich immer im Auto dabei und habe mir immer Notizen gemacht, was ist eigentlich interessant bei dem Gastronom, was macht der Gastronom gut oder der Veranstalter oder der Hotelbesitzer, was macht er richtig schlecht und wo ist es zu verbessern. Habe ich mir nur für mich eben auf Bedienungsblockzettel aufgeschrieben und das Ganze über einen Zeitraum von fünf Jahren. Ich habe die Zettel, habe ich gesammelt in einer großen Schuhschachtel, wo so Winterstiefel drin sind. Diese Schuhschachtel, die war echt gefüllt bis ganz nach oben hin. So, jetzt habe ich irgendwann Mal mir überlegt, was mache ich mit dem ganzen Papier? Ich schmeiße das jetzt einfach weg, weil es sowieso nur rumsteht. Und dann fing ich an, diese Zettel auszusortieren und nach bestimmten Themenfeldern zu kategorisieren. Und dann ging es los, da könnte man da eine Abhandlung schreiben, da eine Abhandlung schreiben. Und mehr und mehr, es dauerte vielleicht so ein Dreivierteljahr, Jahr ungefähr, hatte ich mir dann natürlich auch als Ziel gesetzt, dass mal in einer Word-Datei runter zuschreiben, da hatte ich circa 280 Seiten an Material zusammengefasst. Und so ist das dann entstanden, dass man über einen Verlag, dass sich da ein Buch draus entwickelt hat. Das war das Erste, also das Praxishandbuch Bar und Gastronomie. Und das zweite ist relativ jung, das kam jetzt im Jahr 2019, glaube ich, auf den Markt, über die Tätigkeit in der, ja, an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Wo wir auch unserer beider Link haben, wenn ich bei dir in Kulmbach beispielsweise bin mit der Ausbildung zum Edelbrand-Sommelier. Und da wurde ich gefragt über die Dinge, die ich in Weihenstephan spreche, ob man da nicht die Möglichkeit findet, ebenfalls ein Buch zu schreiben? Und dann habe ich natürlich sehr großspurig gesagt: „Natürlich, das mache ich innerhalb von einem halben Jahr, ist das fertig. Und wie viel Seiten sollen geschrieben werden?“ Sagen die: „Ja, locker 200.“ So und dann habe also diesen Autorenvertrag unterschrieben und habe mir gedacht, naja, innerhalb der Sommerferien werde ich mal schnell ein Buch schreiben. Ich saß da, den ersten Tag saß ich da, mir ist nichts eingefallen, ich konnte mich mit der Gliederung nicht arrangieren, am zweiten Tag saß ich da, ich war am Boden zerstört. Ich war soweit, dass ich bei der Verlagsansprechpartnerin angerufen habe und ich wollte diesen Autorenvertrag, wollte ich stornieren. Gott sei Dank hatte die auch Urlaub, ich habe nur auf Band gesprochen, bitte rufen Sie mich zurück, ich muss da was sagen. Und am dritten Tag weil ich so entspannt war, weil ich jetzt keinen Druck mehr hatte, plötzlich ist die Feder gelaufen und innerhalb von vier, viereinhalb Monaten haben sich 194 Seiten, Marketing, Information zusammengefunden auf Papier. Und so entstand ein Buch, Marketing für Brenner. Also für Obstbrenner, wie kann der lokale Obstbrenner, der nur eine kleine Menge natürlich an Spirituosen herstellt, wie kann der in seiner Umgebung noch effektiver werden, wie findet er den Weg in die Gastronomie, zum Facheinzelhandel, zum Fachgroßhandel mit seiner Menge, die er eben herstellen kann, um eben so ein bisschen mehr auf sich aufmerksam zu machen und seine regionalen Produkte schön anbieten und verkaufen kann. Und somit sind also bisher zwei Bücher entstanden, auch natürlich mit viel Herzblut logischerweise, ja, um einfach dem Menschen oder dem Leser etwas Gutes zu tun.

Markus: Ja, das hast du auf jeden Fall, also die beiden Bücher stehen bei mir natürlich auch im Regal und sind auch in Benutzung. Und du hast wirklich sehr schön diesen Moment beschrieben, das geht mir auch immer so, wenn es eben drum geht, das nächste Buchprojekt anzufangen oder den nächsten Artikel oder so. Es ist nicht so, dass man sich hinsetzen kann und sagt: „Ich schreibe jetzt los.“ Sondern es braucht einfach den Punkt, manchmal ist das ein Tag, manchmal sind es zwei, manchmal ist es auch eine Woche, manchmal sind es zwei, bis der Punkt einfach erreicht ist, wo es dann läuft, aber dann läuft es. Also das muss man einfach überschreiten und dann ist es spannend und dann ist dann auch dieser kreative Prozess am Laufen und das finde ich wirklich ganz toll. Und wie ist es, wenn man dich jetzt persönlich erleben will, also was müsste ich da jetzt tun, um zum Beispiel mit dir ein Testing erleben zu können?

Helmut Knöpfle: Du hast ja auch meine Privatnummer natürlich, du rufst mich an, wir stimmen einen Termin ab und dann komme ich zu dir, also ist relativ unkompliziert. Da ich ja in neuer Position bin in einer sehr bekannten oberbayrischen Obstbrennerei, die auch Rum und Whisky und Liköre herstellt, geht die ganze Organisation natürlich seit dem 01. Januar diesen Jahres über die Firma logischerweise. Also kann der Interessent, der Wiederverkäufer oder der, für den es interessant ist, ja, kann mich natürlich ansprechen und dann werde ich genauso einen Termin vereinbaren und ein Whisky-Testing, ein Obstbrand-Testing oder was auch immer der spezielle Gusto ist, dann vor Ort durchführen.

Markus: Vielleicht so als Abschlussfrage, wie kamst du denn da dann hin? Also was bringt einen von diesen ganzen schottischen Highlands und Schlössern und Lords und was auch immer, bringt einen dann dazu, ins Voralpenland zu wechseln und sich da dann mit Obstbränden zu beschäftigen?

Helmut Knöpfle: Das ist auch eine sehr persönliche Entscheidung, möchte ich mal sagen. Ich bin jetzt seit dem Jahr 1994 nur in der Industrie tätig. Industrie heißt also, weit über 2.000 Mitarbeiter, weltweit natürlich. Coca Cola hat erheblich mehr, Campari hat mehr, Schlummberger hat vielleicht ein bisschen weniger, Morisson Bowmore hat weltweit auch mit Santori sehr, sehr viele Mitarbeiter. Also man ist schon irgendwo ein sehr stark leuchtendes Birnchen, aber man ist immer nur ein kleiner Punkt in einem großen Unternehmen. Und die Entscheidungen oder die Ideen, die ich gerne umsetzen möchte, ist bei einem großen Unternehmen erheblich schwieriger durchzusetzen als bei einem kleineren Unternehmer. Man muss sich das vorstellen, du hast ein großes Tankschiff auf dem Ozean, der fährt langsam mit einer großen gewaltigen Masse durch das Weltmeer. Bis der mal eine 45°-Drehung oder eine 90°-Drehung machen kann, braucht es erheblich Energie, erheblich Zeit im Vergleich zu einem kleinen Sportboot. Das kleine Sportboot macht zack, zack und hat sofort eine 180°-Wendung oder eine 90°-Biege drin. Also man kann in einem kleinen Unternehmen erheblich schneller, effizienter und nach eigenen Ermessen reagieren, auf den Markt reagieren, im Vergleich zu einem großen Unternehmen. Ich spreche verschiedene Werbemaßnahmen an oder verschiedene Testings, die anders gestaltet werden können oder die Produktion von neuen Whiskys oder mehr auf Fassstärke zu gehen. Da sind in einem kleinen Unternehmen die Entscheidungswege erheblich kürzer, erheblich schneller als in einem großen Unternehmen erst mal eine E-Mail zu schreiben, dann in ein Meeting zu gehen, in nochmal eins, dann braucht man Schulterblick, dann muss man nochmal eine Schleife drehen und so vergehen Wochen um Wochen, bis eine Entscheidung zu einem Produkt oder zu einer Kategorie gefällt werden. Im Vergleich zu einem kleinen Unternehmen wie Lantenhammer in Hausham hier am Schliersee. Da ist die Firmenleitung, das sind vier, fünf Leute, die eine Entscheidung treffen können und mit denen kann ich direkt sprechen und dann ist eine neue Maßgabe, ist sehr, sehr schnell und effizient herbeigeführt. Und das ist so für die letzten Jahre meines beruflichen Lebens, ich bin ja auch nicht mehr der Jüngste, ist es so ein schöner Wechsel in einem effizienten, schnell, entscheidungsträchtigen Unternehmen nochmal tätig zu werden, um einfach die Erfahrung, die ich jetzt über die letzten 30 Jahre erworben habe, nochmal richtig auszureißen und in große Effizienz umsetzen zu können.

Markus: Und hast du schon ein Projekt, wo du jetzt sagst, okay, das will ich auf jeden Fall jetzt in der nächsten Zeit priorisieren, umsetzen? Was möchtest du da bewegen, gibt es da einen Punkt?

Helmut Knöpfle: Die Projekte, ist natürlich auch eine gewisse Geheimhaltung, wo ich jetzt nicht alles natürlich raus lassen darf. Es geht auf der einen Seite natürlich um neue Produkte, um Produktentwicklungen. Auch das genaue Beobachten des Marktes, wird denn der Whisky-Markt … wir gehen mal 40, 50 Jahre zurück, da war Cognac ein sehr, sehr wesentliches Produkt innerhalb … wenn man das jetzt auf den deutschen Markt bezieht, das war mit Chantre, mit Asbach, das Rüscherl zum Beispiel, da war also der Cognac sehr, sehr manifestiert innerhalb des deutschen Marktes. Und mehr und mehr kam in dieser Partyszene beispielsweise der Beam-Cola, Jim-Beam-Cola oder der Jacky-Cola, der also vom Asbach, wenn man das so nennen möchte als Produkt, der hat große Verluste hinnehmen müssen. So und der typische Jacky-Cola-Trinker, der wird ja irgendwann mal heiraten. Der geht mit 18 in die Discothek, hat seinen ersten Kontakt mit Jacky-Cola, wird dann irgendwann mal weggeheiratet. Ist 28 Jahre alt und muss dann hoffen, dass die Schwiegermutter oder der Schwiegervater mit einer ordentlichen Flasche Single Malt Scotch Whisky ankommt, weil er ja nicht mehr weg darf, weil er Hausarrest hat von seiner Frau, nicht mehr in die Discothek kann, aber doch weiterhin genießen möchte. So und inwieweit trägt sich der Whisky, der ja eine lange, lange Hochzeit mittlerweile hat, wie lange trägt der sich noch und was kommt nach dem Whisky? Haben wir zwingend nur den Single Malt Scotch Whisky als, ja, das wesentliche Produkt auf dem Markt? Nein, natürlich nicht! Wir haben asiatische Whiskys aus Taiwan, aus Japan, wir haben so viele deutsche Hersteller, die mittlerweile auch einen sehr, sehr guten Whisky herstellen- Das ist nur das Segment Whisky, aber was kommt nach dem Whisky? Hat der Cognac ein Revival? Wird es der Rum sein? Wie ist es denn mit dem Gin, wir haben ja auch unendliche Gins. Und das ist so meine Aufgabe als Markenbotschafter, ich bin so das Bindeglied zwischen Vertrieb und Marketing. Also ich bin derjenige, so im übertragenen Sinn gesprochen, ich bin derjenige, der das Parkett besorgt, der das Marketing installiert, das Parkett, damit der Vertrieb ordentlich drauf tanzen kann. Das will heißen, dass ich konkret auch auf der Suche bin nach neuen Trinkanlässen oder nach bestehenden Trinkanlässen, die auszufeilen und einen Genussmoment für die nächste Generation, die in das legal drinking age kommt, dementsprechend auch verfügbares Einkommen hat, um einen neuen Getränke- oder trinkanlass, einen Trinkimpuls, einen Genussimpuls zu erfahren und das in eine neue Welt, wenn man so möchte, zu bringen, um eben den Genussmoment nicht im Sande verlaufen zu lassen, sondern einen neuen Moment zu schaffen für eine kommende Generation. Schwierig ausgedrückt, da lässt sich auch philosophieren bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag, aber es ist durchaus wichtig und interessant, diesen Genussmoment, also nicht das Wirkungstrinken, sondern das Genusstrinken mit Sinn und Verstand weiterhin hochzuhalten, natürlich auch in einem entsprechenden Luxussegment oder in einem Preissegment, um dem Menschen, dem Konsumenten, der sich dafür interessiert, eine schöne Zeit am Abend oder am Wochenende zu bereiten.

Markus: Ja, absolut und das ist auch eine Herausforderung, die ja zum Beispiel die Bierwelt genauso kennt. Und da muss ich sagen, das wäre vielleicht dann mal ein weiterer Podcast mit dir, den wir in ein paar Monaten vielleicht mal machen können, wie sich da so weiterentwickelt hat. Weil wir in der Bierecke ja zum Beispiel das Thema haben, da geht man ja jetzt auch mal weg vom Thema Alkohol und sagt, okay, dann ist eben der Bereich alkoholfreie Bier ein großer Wachstumsmarkt, der ja jetzt in den Sommern teilweise schon bis zu 30 Prozent ausmacht und wo man auch weiß, dass bei den jüngeren Zielgruppen das tatsächlich ein immer, immer größeres und wichtigeres Segment wird. Was es natürlich auch bei der Spirituose gibt, aber das ist natürlich sehr viel schwerer vorstellbar, wie man einen 40 Jahre alten fassgereiften Whisky in einer alkoholfreien Variante darstellen möchte. Also, wie gesagt, da können wir vielleicht mal einen eigenen Podcast dazu machen, fände ich auch sehr spannend. Vielleicht zum Abschluss noch, gibt es so eine Sache, wo du sagst, das ist so mein größtes Learning oder mein größtes Highlight, was ich aus meiner ganzen Zeit als Markenbotschafter mit all meinen Seminaren so mitnehme?

Helmut Knöpfle: Wenn ich zurückblicke auf 4.000 Veranstaltungen, ich habe oftmals och Bilder von Veranstaltungsstätten, von Situationen, von lustigen Sachen, von beeindruckenden Sachen, ich habe ja auch die ganzen Seminarre, die Vorträge, ich habe überall ein Formblatt dazu. Ich kann es nicht mehr unbedingt als Bild verknüpfen, manchmal zuordnen, weil es einfach schon zu viel ist. Dazwischen liegen auch pro Jahr um die 80.000 Kilometer, die ich zurücklege. Das sind mittlerweile zusammengerechnet knapp über zwei Millionen Kilometer, die ich auf deutschen Straßen im Auto zurückgelegt habe. Und da ist natürlich auf diesen langen Fahrten, wird natürlich viel telefoniert und viel sinniert und viel überlegt, was interessiert den Menschen oder was könnte den Leuten am heutigen Abend besonders viel Spaß machen. Und was ist das Highlight aus 4.000 Seminaren, die man als Vortragsredner hinter sich gelassen hat? Da gibt es nur einen Extrakt daraus, nämlich, wenn die Leute nach zwei, drei, vier, wie auch immer wie vielen Stunden, wenn die am Abend zufrieden sind, wenn sie sagen, das hat ihnen gefallen, es war ein netter Abend, sowas könnte man gerne wiederholen, sie haben was Neues erfahren, sie haben gelacht, sie haben Spaß gehabt bei der Verkostung, sie haben neue Geschmacksvarianten entdeckt zum einen. Und was für mich jedes Mal ein Highlight ist, ein kleines Highlight bei jedem Abend, wenn die Seminarteilnehmer, es müssen nicht alle sein natürlich, wenn ein, zwei, drei Leute kommen, verabschieden sich persönlich mit Handschlag bei mir, haben vielleicht noch die Zeitschrift Der Whisky Botschafter dabei und ich soll ihnen unterschreiben drauf, eine kleine Widmung dazu schreiben, das ist für mich so das Brot oder der Honig, der runter läuft nach einem langen Abend, der Dank der Leute, wenn man sich mit einem Handschlag, jetzt mittlerweile ist es ja nur die Faust, die zusammenstößt oder der Ellbogen beispielsweise, aber wenn die Leute zufrieden sind, mit einem Lächeln zufrieden nach einem Seminar rausgehen aus dem Veranstaltungsraum oder dem Lokal und einfach den Abend genossen haben und ich ihnen eine schöne Zeit bereiten konnte, dann habe ich mein kleines Highlight, das mittlerweile über 1.000e sind, erfahren. Und das mich dann auch zufrieden ins Hotel oder nachhause kommen lässt, wo ich sage: „Ich habe den Menschen was Gutes getan.“ Ich hatte selber natürlich auch Spaß dabei und es haben sich Freundschaften gefunden und so ist es einfach so, wie eine Wolke, auf der man schwebt und in guter Zufriedenheit in die Zukunft gehen kann, mit dem, was man, ja, aus der Vergangenheit mitnimmt.

Markus: Ja, also da hast du mir völlig aus der Seele gesprochen, das geht mir auch so. Ich denke mal, das ist einfach toll zu sehen, dass man bei den Leuten was bewirkt, dass man auch von der Einstellung her ein bisschen was verändert. ich höre oft so nach einem Testing, dass die dann zu mir in der Verabschiedung sagen: „Ich werde ein Bier nie wieder so trinken wie vorher“ und das ist schon mal einfach eine Sichtweise, wo man wirklich was verändert hat und wo man auch sagt: „Okay, das war jetzt natürlich ein Genussabend, aber es war schon auch was, wo man Leuten wirklich was mitgeben konnte.“ Ja und du hast uns und mir heute auf jeden Fall auch viel mitgegeben. Also auf jeden Fall vielen, vielen Dank für diese tolle BierTalk-Stunde mit dir. Heute mal ganz abseits vom Bier, aber sehr nah beim Whisky, der ja im Grunde von der Grundsubstanz her auch ein Bier ist, also dann doch wieder ein bisschen BierTalk. Und, ja, von meiner Seite aus vielen, vielen Dank und wer weiß, vielleicht machen wir mal eine Fortsetzung und schauen mal, was du so in einem halben Jahr, Jahr, dann schon umsetzen konntest und gucken mal ein bisschen bei Lantenhammer rein, was du so angestellt hast, vielen Dank.

Helmut Knöpfle: Sehr gerne, es war mir eine große Ehre und ich wünsche viel Spaß beim Hören. Und weiterhin auch bei dir in deinem Podcast, lieber Markus, viel Spaß bei vielen interessanten Gesprächen, die in der Zukunft noch kommen werden. Und ich bin hocherfreut, dass ich die Nummer 77 hatte, die sogenannte Schnapszahl, vielen Dank.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 35 – Interview mit Walter Proetzel Reelitz, Braumeister und Bier-TikTok Star aus Lima, Peru

Walter Proetzel Reelitz ist 61 Jahre alt und wohl der größte TikTok-Star der Bierwelt. Unermüdlich erklärt er dem staunenden Publikum die wichtigsten Fakten rund ums Bier, singt, tanzt, verkostet und macht einfach Lust, dieses spannende Getränk kennen zu lernen. Dabei sitzt er nicht in den USA, China oder Taiwan, er kommt aus der Andenhauptstadt Lima und hat eine facettenreiche Familiengeschichte, die sich komplett ums Bier rankt. Im BierTalk berichtet er von seinen vielfältigen Erfahrungen und der peruanischen Bierszene, die unter anderem auch ein eigenes Oktoberfest und eine BierAkademie aufzuweisen hat…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute mal wieder ein Speziell, die Nummer 35 und wir gehen über den Atlantik und zwar nach Süden, nach Südamerika in das ehemalige spanische Vizekönigreich oder auch Inkareich, nämlich nach Peru. Und viele fragen sich so ein bisschen, was hat Peru mit Bier zu tun? Und das frage ich mich ehrlich gesagt auch, dafür haben wir aber einen Gast, nämlich den Walter Proetzel. Und wenn man sich jetzt wundert, was hat dieser Name mit Peru zu tun, würde ich sagen, fragen wir ihn am besten selbst. Walter, wenn du dich vielleicht kurz den Hörern einmal vorstellst.

Walter Proetzel: Dann gehen wir los und danke auch für die Möglichkeit über Bier oder über die Biergeschichte in Peru zu erzählen. Die Braukultur in Peru ist fantastisch, ich möchte in den nächsten Minuten da weiter über Bier erzählen, sprechen. Und mein Name ist Walter Proetzel Reelitz und ich arbeite schon als Braumeister seit 28 Jahren in der größten Brauerei in Peru bei Backus und ich komme von einer Brauerfamilie. Mein Opa war Braumeister, Werner Reelitz, sein Bruder Richard Reelitz war auch Braumeister in Deutschland. Und zwar, mein Opa war Braumeister in Deutschland und in Peru, wir haben eine eigene Brauerei in Vetschau und in Kargow auch, in Europa. Der Bruder von meinem Opa, Richard Reelitz, der war auch Braumeister und hat bei der Bärenbrau in Gießen gearbeitet. Und mein Großonkel war auch Braumeister und ich bin der einzige Braumeister in Peru mit dieser Familientradition.

Markus: Also vielen Dank, das ist schon mal eine ganz spannende Geschichte, werden wir gleich noch ein bisschen einsteigen. Natürlich auch nochmal danke schön, dass du überhaupt dabei bist und mitmachst und deine Zeit opferst. Wir haben ja immerhin einen ganz schönen Zeitunterschied, das heißt, bei mir ist Nachmittag, bei dir ist früh am Morgen. Aber, ja, vielleicht vorneweg nochmal, du bist geboren in Peru oder in Deutschland, wo sind deine Wurzeln?

Walter Proetzel: Ja, die Familie von meinem Opa sind ausgewandert nach Peru. Weil, da ist eine schöne Geschichte, mit der Familie Landmann und deshalb bin ich in Lima geboren und war natürlich in Deutschland, Brauwissen studiert. Und diese Familie, ich erinnere mich jetzt daran, das war da, die Familie Landmann waren Hopfenimporteure in Südamerika und die kannte sich schon mit der Familie Reelitz in Europa. Und als mein Opa auswandern wollte mit der ganzen Familie, kontaktierte er die Familie Landmann in Südamerika. Mein Opa hatte fünf Möglichkeiten, Arbeitsstellen, ja, in Uruguay, Paraguay, glaube ich, Brasilien, Panama und Peru. Und es ist jetzt, ich kann leider dir oder euch die Antwort nicht geben, der Grund, warum mein Opa nach Peru gekommen ist, das werde ich nie wissen. Und das wusste auch meine Mutter nicht.

Markus: Wann war das denn, in welchem Jahr?

Walter Proetzel: 1900 circa 54

Markus: Ah.

Walter Proetzel: 1954, ja, schon lange her, schon lange her.

Markus: Schon lange her.

Walter Proetzel: Schon lange her. Und ich bin 1960 geboren in Lima, aber als ich immer meine Mutter gefragt habe: „Warum ist der Opa oder unser Opa, mein Opa nach Peru gekommen oder ausgewandert“, hat sie nie antworten können.

Markus: Ja, also das heißt, du bist in Lima geboren und dort aufgewachsen. Und hast du dann schon immer gesagt, ich will Brauer werden oder etwas mit Bier machen oder hattest du vielleicht andere Träume als Kind, was du gerne gemacht hättest?

Walter Proetzel: Mein Vater ist Rechtsanwalt und er wollte, dass ich ein Diplomat werde, ja, das ich Rechtsanwalt auch werde und dann Diplomat, ne. Aber ich war der Einzige in der Familie, der diese Brautradition nachvollziehen konnte, der Einzige, keiner hatte Interesse. Und ich muss dir dann erzählen und das habe ich dann vor ein paar Wochen hier in einer Lima-Zeitung erklärt, mein Opa hat mich dann zu der ersten Brauerei da mitgenommen und dann hat er meiner Mutter gesagt: “ Das ist unser nächster Braumeister.“ Mit sechs Jahren war ich in der Brauerei, ich habe nur Maschinen gehört, vieles gerochen, aber ich konnte natürlich nichts verstehen. Und mit zwölf Jahren bekam ich mein erstes Bier und mein Opa erklärte mir: „Guck mal, das ist, was ich mache.“ Und dann habe ich langsam das Bier verstanden, die Braukultur und nicht nur das, sondern auch die Tradition in meiner Familie. Und das war der Hauptgrund, warum ich mich dann von Diplomat auf Braumeister, dann umgeschult habe und dann habe ich Brauwissen in Deutschland studiert. Aber vorher habe ich meine Lehre abgeschlossen in München in der Hacker-Pschorr-Brauerei und dann noch gearbeitet in zwei Brauereien, Löwenbräu und dann noch in Fürstenfeldbruck.

Markus: Ja, also eine spannende Geschichte. Vorher vielleicht noch, wenn wir an Südamerika denken, dann denken wir ja an Fußball. War das nicht auch eine Option für dich, vielleicht eher Fußballer zu werden?

Walter Proetzel: Markus, ich habe Fußball gerne trainiert und ich habe sogar, als ich das erste Mal in Deutschland war 1977, ich habe in München bei 1860 und sogar, und sogar in Bayern bei Bayern München trainiert. Also ich wollte auch Fußballer werden und Fußballtrainer. Und ich war auch Co-Trainer bei FC Wacker in München für die Jugendlichen. Also Sport treibe ich immer noch, Fußball nicht mehr, aber immer Sport, immer noch sportaktiv.

Markus: Und bist du noch Fußballfan von einer Mannschaft in Peru oder auch in Deutschland oder beides?

Walter Proetzel: Ich sagte ja, mit einer bayrischen Mannschaft, Bayern München und Bayern München hat jetzt 3:0 in Barcelona gewonnen und da war ich überglücklich. Und jetzt spielt, glaube ich, Bayern München gegen Atlético Madrid, jetzt im Februar, März. Und in Peru, ja, natürlich habe ich auch eine Mannschaft, die ich nachvollziehe oder nachfolge, ist Cristal, was ich so sehe, unsere Mannschaft in Peru, die ich mag, ne.

Markus: Und wie kam es mit deiner Ausbildung bei Hacker-Pschorr, also wie hast du das überhaupt einfädeln können, dass das geklappt hat? Schreibt man da eine Bewerbung oder bist du nach Deutschland gefahren und hingegangen oder wie ging das?

Walter Proetzel: Nein, das sind Kontakte, die Braumeister, Brauer kennen sich alle überall in der Welt. Und das war ein Kontakt von einem Braumeister damals. Ich glaube, das war, ja, unwichtig jetzt, aber das war ein Kontakt. Dann war die Nachfrage, kann er bei euch dann eine Lehre anfangen? Dann kam das Ja und da war ich der Lehrling auf einmal. Und Herr Troppmann, das war der Braumeister damals, der damaligen Hacker-Pschorr-Brauerei und Herr Scheel, das war der Direktor dieser Brauerei zur damaligen Zeit.

Markus: Und hast du damals auch schon Deutsch gesprochen?

Walter Proetzel: Si, poso presto, ich habe hier die deutsche Schule besucht, Alexander von Humboldt Schule. Wir haben hier auch die Pestalozzi-Schule, ist ja eine Schule, wo man auch Deutsch lernen kann und es gibt verschiedene Schulen auch in Lima, wo man Deutsch lernen kann. Also ich bin schon als Deutscher, natürlich mit der deutschen Sprache und natürlich motiviert, dann mit der Lehre anzufangen.

Markus: Also das finde ich ganz, ganz spannend und auch sehr interessant. Ich war ja schon mehrmals in Südamerika, allerdings bisher nur in Brasilien und Chile. Und habe aber auch das sehr genossen und dieses Lebensgefühl auf dem Kontinent wirklich sehr, sehr gerne gehabt und auch eben die Biervielfalt. Und eben auch, dass viele deutsche Brauereien, zumindest in der Geschichte, die Länder sehr geprägt haben. Vielleicht, bevor wir noch mehr über Bier sprechen, magst du mal uns eines vorstellen und vielleicht eines mit uns trinken, auch wenn es noch früh am Morgen ist?

Walter Proetzel: Kein Problem, ich kann natürlich immer, weil, ich stelle immer die Frage, wann sollte man das Bier genossen oder genießen? Immer und zu jedem Zeitpunkt. Also dann können wir anfangen. Wir werden dann heute mit Cusqueña-Bier, unser Premiumbier in Peru, dann anfangen. Wir haben hier ein schönes Glas, ein Keru, das ist das Keru mit dem zwölfeckigen Stein. In Cusco ja bekannt, die Leute oder Touristen, die in Cusco waren, kennen diesen Stein. Und wir haben hier die Flasche und diese Flasche werden wir jetzt aufmachen, ein Cusqueña, Premiumbier von Peru. Exportieren wir überall, auch nach Europa, nach USA und in Südamerika natürlich. Da machen wir die Bierflasche auf. Wir haben den Saazer Hopfen, wir haben Karamellmalz und Pilsener Malz. Also, dann auf dein Wohl und auf euer Wohl!

Markus: Wunderbar, sa ute würde man sagen oder salute.

Walter Proetzel: Salud.

Markus: Salute, okay.

Walter Proetzel: Tiquero, salud. Also, salud amagos, ja.

Markus: Salud, ich mache mir auch ein Bier auf, aber du kannst ja vorher kurz ein bisschen erzählen, wie du das Bier empfindest, wie es riecht und wie es schmeckt.

Walter Proetzel: Also, typisch Saazer Hopfen, Citrus, ganz fein, ganz feiner Hopfen. Schaum, gefällt mir, ist gut. Und die Farbe natürlich auch, goldig, also nicht so gelb, sondern echt Gold. Und das Beste kommt jetzt, Markus.

Markus: Der Schluck.

Walter Proetzel: Einmal schlucken.

Markus: Genau.

Walter Proetzel: Schmeckt fantastisch. Körper ist gut, nicht so herb, sondern echt sehr gut ist das Bier. Also Hopfen passt und Geschmack bestens, gutes Bier.

Markus: Wunderbar, also jetzt machst du mir richtig Durst. Und ich habe auch in meinem Keller geschaut, was ich noch an Bieren da habe, eben leider nichts aus Peru, aber immerhin noch aus Südamerika. Und da habe ich zum Beispiel Bier aus der Nähe von Santiago oder in Santiago sogar und die benennen sich nach einem Kätzchen. Und da haben sie jetzt ein Oat Meal Stout in der Flasche und ich mache mal auf. Kennst du die vielleicht sogar?

Walter Proetzel: Nein, nein, nein, aber ich war in Chile, 2018 bin ich nach Chile geflogen und ich habe das Bier Cusqueña vorgestellt, allen Restaurants, überall, das war eine tolle Erfahrung. Damals war der Bierkonsum, Cusqueña-Konsum bei 44.000 Hektolitern pro Jahr, 200.000 Hektoliter.

Markus: Ah, dann hattest du Erfolg als Botschafter. Also, ich schenke mir mal ein.

Walter Proetzel: Nein, Markus, aber da gibt es so viel über Bier zu erzählen, weil viele Deutsche, und nicht nur in Peru, sondern auch in Chile, wir haben so viele deutsche, wir haben echt so viele Braukultur in Mittelamerika, Südamerika, viele Deutsche sind ausgewandert. Und die typischen Biere sind Lagerbiere und alle mit diesem Hopfen. Und das sind echt, wir haben sehr gute Braukultur in Brasilien, wie du erzählt hast, und in Chile und sogar in Peru. Vielleicht in Peru mehr bekannt, wie du gesagt hast, für die Inkas. Wir haben ein tolles Bier, also wirklich. Ich erzähle immer, wenn die Touristen nach Peru kommen, was ist das Erste, was die machen, Cusqueña trinken und dann Machu Picchu, aber zuerst Cusqueña.

Markus: Das stimmt, ein gutes Bier muss immer am Anfang stehen auf dem Speiseplan. Und in diesem Sinne, nochmal prost.

Walter Proetzel: Prost, Markus.

Markus: Und ich sage noch ganz kurz, also mein Old Mill Stout hier ist tatsächlich ein typischer Vertreter dieses Bierstils, richtig schöne dunkelbraune Farbe, oben drauf so ein rostfarbener, nussfarbener Schaum und schmeckt tatsächlich auch, wie es sich gehört, eben schön röstig, nussig, sehr weich, also angenehmes spannendes Bier. So ein bisschen das Gegenstück zu deinem, weil, du hast eher ein helles frisches Bier und meins ist jetzt eher so ein dunkleres und ein bisschen röstigeres Bier. Aber spannend, mal schauen, was du uns da noch weiter erzählst. Wie ging es dir denn dann überhaupt, wenn du in Deutschland die Ausbildung gemacht hast und kommst dann zurück nach Peru, macht man da andere Biere oder entwickelt man neue Biere? Oder haben die dich überhaupt rangelassen, also durftest du überhaupt selber Bierrezepte machen, wie war das als du zurückkamst?

Walter Proetzel: Nein, nein, nein, wir haben Rezepte schon seit Jahren in Backus. Wir haben das erste Bier überhaupt in Peru, wurde am 15. Oktober 1863 gebraut. Also wir hatten viele Braumeister und auch kleine Brauereien, aber dann haben sich dann drei Brauereiengruppen, da waren drei Brauereigruppen oder Braugruppen in Peru. Das war südlich von Lima, Cusco, Arequipa. Und mein Opa hat gearbeitet als damals der technische Direktor. Und in der ersten Brauerei, wo mein Opa gearbeitet hat, da ging ich mit ihm als ich klein war. Und, genau, dann sind da neue Brauereien gebaut, 1970 hat eine unglaublich schöne Brauerei, sehr modern, sehr modern. Wir haben die modernste jetzt Flaschenabfüllung in San Juan, stell dir mal vor, im Urwald, ne, mit 30, 40 Grad, also Bierkonsum garantiert. Und da ist das Bier San Juan, das ist das regionale Bier. Dann haben wir eine Brauerei nördlich von Lima. Und in Lima natürlich ist die größte Brauerei Perus, mit einer Ausstoßkapazität von fünf Millionen Hektolitern und wir gehen auf zehn Millionen Hektoliter. Unser Konsum, ich sage mal, per Person, also, ne, liegt bei 44 Liter pro Person. Im Durchschnitt liegt Südamerika bei 60, ne, also wir sind nah dran. Und in Europa liegt ihr bei 70, ne, Deutschland natürlich 120 und in der Tschechischen Republik, glaube ich, bei 140. Also da brauchen wir noch ein bisschen Zeit.

Markus: Ja, aber es scheint ja dann auf jeden Fall ein steigender, wachsender Markt zu sein. Das ist ja schon auf jeden Fall eine spannende Geschichte. Und was für Biere werden da getrunken, helle Lagerbiere oder gibt es auch ein Weißbier oder ein Export oder solche Sachen?

Walter Proetzel: Nein, also Bier hat sich sehr schön entwickelt in Peru. Früher war nur Cristal, das waren Lagerbiere. Und wir haben also Cusqueña, was auch ein Lagerbier ist, exportiert. Aber mit der Zeit, die Craft-Beer-Entwicklung überall in Südamerika ist sehr stark angefangen, also nicht nur in Chile, nicht nur in Brasilien, auch in Peru, auch in Ecuador, also überall sieht man Craft-Beer-Entwicklungen, und die haben die neuen Stile, Bierstile eingeführt. Da siehst du überall sehr schön differenziert die Biere aus Herkunft, Stile, Bierstile und Alkoholgehalt. Und da siehst, wir importieren jetzt Bier aus der ganzen Welt, ne, aus Schottland, aus Deutschland, aus Belgien. Also wir haben eine Biervielfalt in Peru, also immens, immens, ja. Also wir haben von Lagerbiere, auf Ale-Biere, auf dunkle Biere, Weißbiere. Und wir haben sogar bei Backus ein Weißbier auch, CUSQUEÑA Trigo, schmeckt fantastisch. Und das ist das meistgetrunkene Weißbier in Peru.

Markus: Spannend. Macht ihr das mit offener Gärung?

Walter Proetzel: Nein, alles geschlossene Gärung. Also wir haben, stell dir mal vor, zylindro-konische Tanks, 10.000 Hektoliter groß.

Markus: Das ist groß, das stimmt, ja.

Walter Proetzel: Aber, guck mal, ich wollte dir, Markus, auch eigene Fotos zeigen, wie das Bier in Peru angefangen hat. Ich weiß nicht, ob du das sehen kannst, siehst du was?

Markus: Ja, also ich muss es unseren Hörern etwas beschreiben, aber jetzt sehen wir praktisch einen historischen Lagerkeller, wenn ich das richtig sehe, mit Holzfässern unter der Erde. Das kenne ich aus Deutschland, dass man noch Eis sieht, was da irgendwo gestapelt ist, aber es schaut sehr typisch aus, wie wir das kennen, ja.

Walter Proetzel: Diese Holztanks, die haben wir aus Deutschland importiert. Jeder Tank hat eine Kapazität von 87 Hektoliter.

Markus: Das ist ordentlich, ja.

Walter Proetzel: Ja und, guck mal, ein Berieselungskühler. Kannst du dich noch erinnern?

Markus: Oh ja, kann ich auch sehen. Das wird sogar teilweise in Deutschland noch genutzt, zum Beispiel bei der Uerige Brauerei in Düsseldorf. Und das ist ganz spannend, weil da das Bier nämlich außen an dem Metall runter läuft, innen drin läuft dann kaltes Wasser dagegen und damit kann ich eben die Würze runter kühlen. Und das war früher einfach der wichtige Schritt zwischen Kühlschiff und Gärtank, dass man das Bier dann eben gut vergären konnte, ja.

Walter Proetzel: Da wollte ich dir auch ein bisschen Geschichte zeigen. Guck mal an, das ist die Geschichte von der größten Brauerei in Lima, damit ihr alle sehen könnt. Kannst du das Bild sehen?

Markus: Ja, jetzt. Also jetzt sieht man große Tanks außen vor dem Gebäude stehen, sehr große Biertanks. Das sind bestimmt, ja, 1.000 Hektoliter oder so. Wie groß sind die?

Walter Proetzel: 5.000 Hektoliter.

Markus: Ja, Wahnsinn.

Walter Proetzel: 5.000 Hektoliter. In der damaligen Zeit, als ich angefangen habe 93, ich habe bei Backus am 12. April 93 angefangen, wir hatten 21 Tanks, heute haben wir 58. Also, der Konsum steigt. Also wenn du fragst, wenn du heute fragst, Bierimporteure, Craft-Beer, große Brauereien, überall wird Bier getrunken.

Markus: Ja. Na, das ist doch schon mal eine gute Nachricht. Und ich habe das auch so erlebt in Brasilien zum Beispiel, aber auch in Chile, das also grade auch die jungen Leute wirklich sehr gerne Bier trinken und das auch so ein bisschen für sich entdecken. Und in Brasilien zum Beispiel ist es so, dass es dort sehr viele Leute gibt, die zum Beispiel die Ausbildung zum Biersommelier machen und dann auch später damit Geld verdienen wollen, also die das durchaus als Beruf sehen. Ist das in Peru auch so, gibt es da eine interessierte Gruppe an Bier?

Walter Proetzel: Ja, sehr sogar, genauso wie in Chile, Argentinia, Uruguay und Brasilien genauso. Also ich bin der Meinung und ich bin mir sicher, der Bierkonsum wird dann weiter steigen. Weil, Bier muss man verstehen, ne, Bier ist ein sehr komplexes Getränk. Also Bier ist nicht einfach, von heute auf morgen, dass ich Bier herstelle. Und unsere Konsumenten müssen das verstehen. Heutzutage bin ich nicht mehr als Braumeister tätig in der Brauerei, sondern ich teile Braukultur, den Konsumenten, ja und ich zeige denen, was Bierkultur bedeutet. Weißt du, viele Konsumenten denken, Bier ist nur Alkohol und es erfrischt, nicht mehr. Also Lager-Bier, Ale-Bier, die Tradition in Deutschland, Belgien, England, diese ganzen Traditionen, Bier muss man verstehen. Und heute arbeite ich sehr daran, das Food-Pairing mit Bier. Also ich bin ein Mann, ich bin ein Fan, Markus, zum Beispiel Bier, also Cheese and Beer, Cheese and Berr ist für mich einfach toll.

Markus: Ja, also da kann man tolle Sachen machen, müssen wir noch gleich drüber sprechen, Käse und Bier, tolle Kombination. Aber vorher, wo du es grade schon erwähnt hast, da bist du, glaube ich, also soweit ich das weiß, weltweit eigentlich führend, du machst ja bei TikTok Bieraufklärung. Also da gibt es 90- oder 100.000 Follower, die regelmäßig von dir eben kleine Filmchen anschauen, wo du ihnen Dinge über Bier erklärst, also zum Beispiel die richtige Temperatur für Bier. Oder, ich habe gesehen, da gibt es zum Beispiel ein Video, wo du eine Blindverkostung machst, also dir die Augen verbinden lässt und dann vier verschiedene Biere servieren lässt und die dann tatsächlich auch noch erkennst. Also das ist natürlich total spannend. Wie kamst du denn auf die Idee und was bekommst du da für Feedback?

Walter Proetzel: Genau, um ein Bierbraumeister zu sein, musst du einfach üben und üben. Und ich kenne schon einige Biere wie Budweiser und Heineken und was noch und die aus Europa kommen. Das heißt, du musst dir nur ein bisschen Zeit nehmen, dich ein bisschen konzentrieren und dann kannst du natürlich die Differenzierungen als Braumeister erkennen. Und dann kannst du sogar sagen: „Dieses Bier, dieses Bier, dieses Bier“ und die kannst du natürlich alle erkennen, aber dafür brauchst du ein bisschen Praxis. Das ist, was der Braumeister braucht eben, ein bisschen Praxis macht den Meister.

Markus: Ja, das auf jeden Fall. Ich meinte allerdings auch, wie du überhaupt auf TikTok gekommen bist. Also das ist jetzt, also ich bin ja jetzt Mitte 40 und habe auch keinen TikTok-Account also und du bist ja schon, wenn ich das sagen darf, über 60 und hast das eben und bist ja einer der bekanntesten Bierleute sozusagen auf TikTok. Wie kommt man auf die Idee?

Walter Proetzel: Ich gebe dir Recht, am Anfang war TikTok für mich schwierig zu verstehen, weil, natürlich mit den Jahren. Also Instagram, okay, kenne ich, aber TikTok war etwas Neues, etwas Schnelles. Aber ich sah die Möglichkeit oder wir sahen die Möglichkeit als Braumeister mit meinen ganzen Bierkenntnissen, Bierkulturen und so weiter und so fort, einfach mehr über Bier zu zeigen, mehr über Bier zu sprechen. Und ich nutze TikTok aus, um Bier zu zeigen. Braukultur, Bierkultur ist so wichtig, Bier verstehen. Genau, ja, stell dir mal vor, Markus, genau wie mein Opa damals mir gezeigt hat, Bier zu verstehen, also Hopfen, Malz, Wasser, Hefe, das alles zu verstehen, mit der richtigen Temperatur, unterscheiden zwischen Ale-Biere, Lager-Biere, diese kleinen Details, um eben die Bieratmosphäre noch schöner zu machen. Und deshalb nutze ich die Möglichkeit mit TikTok, einfach Bier zu zeigen. Bier zu verkosten, zu genießen und nicht einfach denken, dass Bier einfach nur Alkohol, ein Erfrischungsgetränk ist. No, Bier ist viel mehr. Und deshalb bin ich bei TikTok dabei.

Markus: Ja, also faszinierend, da gibt es sogar Tänze von dir, also ein unglaubliches Portfolio. Wenn jetzt jemand von unseren Hörern sich das anschauen möchte, wie finde ich dich bei TikTok, gibt es da so einen Hashtag oder wie geht das?

Walter Proetzel: Einfach Walter Biermeister, schreibe ich dir aber im Chat, ja und ihr könnt ja suchen. Und das Schöne dabei ist, ich bekomme auch Fragen von den Zuhörern. Ich habe inzwischen 200.000 Zuhörer, also die einfach Interesse haben an Bier. Und es steigt weiter. Also wie du siehst einfach, Bier ist einfach das beste Getränk.

Markus: Großartig. Also es sind sogar 200.000 Follower, das ist ja Wahnsinn. Also, liebe Hörer, wir schreiben das natürlich dann in die Shownotes, dann könnt ihr da auch direkt hingehen und euch das anschauen. Nun ist es ja so, also du machst einerseits Biererziehung so ein bisschen über TikTok, aber du machst auch überhaupt Bierausbildung in Peru, oder? Also bist du da irgendwie dabei auch, bei der Ausbildung von Leuten rund um das Thema Bier?

Walter Proetzel: Ja, ja, in eigenen Brauereien. Wir haben eine Schule, wir haben die BierAkademie, genau.

Markus: Genau, ja.

Walter Proetzel: Die BierAkademie und zwar, diese BierAkademie, und wir sind stolz darauf, wir gehören heute zu der größten Brauerei. Und wir haben vor drei Jahren entschieden, in Peru die Bierakademie zu eröffnen für die ganze Zone. Stell dir mal vor, für Mittelamerika, Südamerika, eine BierAkademie selber in unserer Brauerei zu haben. Wir haben einen Kurs, einen 13-Wochenkurs, ja und vier Wochen und die anderen Wochen in der Brauerei, mit Hausaufgaben. Aber wir sind echt stolz, dass man Peru ausgesucht hat. Ich weiß nicht, Peru ist irgendwie ein Magnet. Weil damals, wie mein Opa nach Peru gekommen ist, weiß man nicht, und warum man die BierAkademie in Peru, sich entschieden. Also irgendwer hat gesagt: „Nein, die BierAkademie muss in Peru sein.“ Und heuer bin ich in der BierAkademie und ich schule nicht nur Leute in der Brauerei am Wasser sozusagen, sondern auch, kommen externe Leute, Restaurants und Konsumenten und ich zeige und ich spreche über Bier und ich zeige. Und ich spreche und ich zeige ihnen, wie das mein Opa damals, genau dasselbe. Ja, Markus, Bier ist das komplexeste Getränk. Und wenn man etwas Natürliches zu sich nehmen möchte, dann denkt man oder dann, denke ich, Bier ist das Beste.

Markus: Ja, also da sind wir auf jeden Fall einer Meinung. Und es freut mich auch total zu hören, dass da eine andere BierAkademie auf der anderen Seite vom Atlantik existiert und floriert, dass das funktioniert. Spannend, also muss ich unbedingt mal vorbeischauen. Ich glaube auch, dass ich das schon verstehen kann, dass man Peru ausgesucht hat als Basis. Weil, ich denke, man braucht ein stabiles Land mit einer guten Biertradition und einer guten Lage auch irgendwie. Und ich glaube, da ist Peru sicherlich vielleicht strategisch ganz günstig gelegen und vielleicht auch noch ein bisschen normaler. Weil, in Brasilien wäre man dann so in diesen ganzen Wust gewesen, was sich da ja an Brauern und Craft-Brauern tut. Also finde ich eine gute Geschichte. Vielleicht nochmal kurz zu dir und deiner Geschichte, du hast eine Familie, du hast eine Frau und hast Töchter. Sind die auch irgendwie im Thema Bier?

Walter Proetzel: Ich habe zwei Töchter, zwei Söhne, zwei Kinder. Jana studiert in der Uni hier in Lima und Kevin ist in Deutschland, in München. Hallo Kevin. Und er hat sich am Anfang nicht für Bier interessiert, aber er ist in Deutschland jetzt, also er hat sich für Bier auch interessiert und kann auch Bier genießen. Und Jana noch nicht, aber so langsam kommt sie. Sie studiert…

Markus: Ernährungswissenschaft, ja.

Walter Proetzel: Ernährungswissenschaft und sie versteht schon langsam das Bier, Bier ist natürlich und Bier macht nicht dick. Also ich weiß nicht, warum man sagt: „Oh je, Bier macht dick.“ Nein, Bier macht nicht dick. Ich kämpfe immer und erkläre, Bier macht nicht dick, genieße dein Bier. Genieße dein Bier, das ich so ich immer, ne.

Markus: Absolut, ja.

Walter Proetzel: Und mein Sohn, der hat eine Lehre abgeschlossen in München und er möchte jetzt eine Umschulung beginnen auf Chemiker. Und vielleicht endet er auf Bier. Und er ist der Einzige, der mit der Biertradition weitermachen kann, sonst bin ich der Letzte, Markus, in der Familie.

Markus: Na, dann hoffen wir mal oder, na, vielleicht ist es ja einer seiner Söhne, die er dann vielleicht mal hat.

Walter Proetzel: Kann sein.

Markus: Man weiß es ja nicht. Vielleicht noch eine Frage zum Thema Peru. Wenn ich da bisher an Bier gedacht hab, ist mir auch immer das Chicha Bier in den Sinn gekommen. Hattest du da schon mal eine Berührung, hast du das mal erlebt vor Ort? Gibt es das überhaupt noch?

Walter Proetzel: Ich empfehle immer, weil, viele Touristen kommen nach Lima, nach Cusco, nehmen den Zug, das ist echt eine Erfahrung, Machu Picchu kennenzulernen, aber ich empfehle immer von Cusco nach Machu Picchu. Diese Reise ist für mich viel schöner. Da siehst du Häuser mit roten Fahnen. Und da, wo die roten Fahnen sind, da trinkt man Chicha. Also, du weißt Beschied, ihr wisst Bescheid, rote Fahnen, Chicha. Also im Süden wird noch viel Chicha getrunken. Aber, wenn du jetzt reingehst auf Victoria Bier, es ist eine Mischung, Bier mit Chicha. Habe ich selber noch nicht verkostet, aber ich so selber noch nicht getrunken, aber wir haben schon eine Mischung zwischen Bier und Chicha.

Markus: Okay, also klingt spannend. Vielleicht für unsere Hörer noch kurz, also Chicha ist so etwas wie das Urbier, was es eben in Südamerika gegeben hat oder gibt. Also zumindest früher war es so, dass die Zutaten dafür von Damen, die es meistens hergestellt haben, gekaut worden sind und man dann diesen Brei / also teilweise saßen die dann zu mehreren, um einen Brei aus Getreide herum und haben den dann abwechselnd gekaut. Und das Ganze ging dann ins Wasser. Und durch die Enzyme aus dem Speichel kann dann eben die Stärke vom Getreide umgewandelt werden in Alkohol, so wie wir das kennen oder überhaupt erst mal abgebaut werden in Zucker und dann später von der Hefe in Alkohol, so rum. Und, ja und das hat natürlich alleine wegen dieser Herstellung, dass das jemand vorher kaut erst mal, natürlich schwierige Assoziationen bei vielen Leuten in Europa. Aber mittlerweile gibt es auch andere Herstellungsmethoden. Aber gibt es noch jemand, der das wirklich auch kaut?

Walter Proetzel: Ja, immer noch.

Markus: Immer noch?

Walter Proetzel: Immer noch, immer noch. Muss man sagen, dass Chicha aus Mais kommt und Mais Morado. Also das hat eine andere Farbe, nicht nur gelb, sondern wir haben da einen Mais mit Violetfarbe und daraus wird Chicha gemacht. Man muss es einfach kennen. Man muss es einfach trinken, ausprobieren. Und wir haben auch dasselbe in Afrika. Auch in Afrika wird auch so ein, Sorghum, glaube ich, mit Sorghum, ne, dieses /

Markus: Genau, Hirse und Sorghum, ja.

Walter Proetzel: Genau, da wird auch dieses Getränk mit Sorghum hergestellt, auch mit Mund, auch mit Speichel.

Markus: Ja, auch der Reiswein in Japan und China war ursprünglich so, dass der tatsächlich gekaut worden ist. Da gab es sogar Vorschriften, dass das nur junge Frauen, also Jungfrauen machen durften mit ganz besonders weißen Zähnen. Also da hat man noch sogar darauf Wert gelegt, sehr spannend. Aber vielleicht nochmal oder möchtest du noch was sagen?

Walter Proetzel: Nein, nein, nein.

Markus: Nein. Vielleicht nochmal kurz zu dem Thema Food-Pairing, da hattest du ja grade schon gesagt, dass dich das sehr interessiert und sehr begeistert. Für uns auch ein wichtiger Punkt und grade auch mit Bier und Käse. Und da ist es bei uns ja so, dass es in Deutschland gar nicht so viele, sage ich jetzt mal in Anführungsstrichen, gute oder unterschiedliche Käsesorten gibt, sondern da müssen wir immer in die Schweiz oder nach Frankreich, um diese Käse eben dann zu nehmen für das Pairing. Wie ist es denn mit Käse in Peru, gibt es dort Käse, Käsereien, guten Käse?

Walter Proetzel: Wir haben sehr guten Käse in Peru. Wir haben eine Reise gemacht vor circa vier Wochen und da war ich in einer Käserei in Peru, einer von den besten Käsereien in Peru, ja. Und da wollte ich denen zeigen, oh je, machen wir ein Cheese-Beer. Nein, aber Käse trinkt man mit Wein. „Einen Moment hier“, habe ich gesagt, „jetzt werden wir das ausprobieren.“ Und am Ende, ja, am Ende haben sie sich so sehr gefreut, die Meisten. Also die haben das sehr schnell gelernt und die haben gesagt: „Es passt fantastisch Bier zu Käse.“ Weil, wir haben das Salzige oder den guten Geschmack vom Käse, aber wir haben den malzigen Geschmack vom Bier und das passt sehr, sehr gut. Und das war, die waren einfach fasziniert, die konnten sich selber nicht vorstellen, dass es passt, das Bier zu Käse passt oder Käse zu Bier. Aber nicht nur zum Käse, sondern wir haben eine sehr gute Gastronomie, sehr gehobene Gastronomie in Peru und wir haben das Bier für unsere Gastronomie. Und weil, wir sprechen nur über peruanische Gastronomie, peruanische Gastronomie, aber was passt am besten zur peruanischen Gastronomie? Und wir sind dabei, schon seit ein paar Monaten, alle, die Leute, die in der Brauerei arbeiten, auch Konsumenten, Restaurants, Chefs, Barman und so weiter zu zeigen, dass Bier auch zu unserer Gastronomie am besten passt. Weil, wir haben natürlich scharfes Essen, wir haben zum Beispiel das gewöhnliche oder das bekannte Ceviche. Aber Ceviche ist nicht immer dasselbe. Das heißt, wir haben ein Ceviche nördlich von Peru, südlich von Peru, also wir haben verschiedene Essgewohnheiten. Und zum Beispiel, stell dir mal vor, wir haben eine sehr schöne Gewohnheit, Bier wird dann begraben für zwölf Monate. Und dann wird das Bier aufgemacht nach zwölf Monaten und dann trinkt man das Bier. Das ist zum Beispiel etwas sehr Typisches. Und denen schmeckt es am besten nach zwölf Monaten.

Markus: Das ist faszinierend. Also ich kenne das aus Berlin, da gab es ja früher die Berliner Weisse und die hat man auch in Sand eingegraben. Und hat man dann auch nach zwölf Monaten oder auch nach zwei, drei Jahren und hat die dann verkauft als Sand Weisse. Und wenn du jetzt da in so einem Geschäft warst und wolltest was ganz Besonderes deinen Gästen bieten, dann hast du so eine Sand Weisse bestellt. Und dann wurde die wirklich ausgegraben und dann auf einem Tablett serviert, durch das ganze Wirtshaus getragen und richtig zelebriert. Und das fanden natürlich dann die Leute toll. Und dann hat man auch gezeigt, wie viel einem die Gäste wert sind, also auch spannend. Ich habe auch so ein bisschen gelesen über die Küche in Peru und habe festgestellt, dass da viele chinesische Einflüsse sind. Also gibt es zum Beispiel ein Gericht, das nennt sich Chifa oder Kiefer oder so ähnlich. Das habe ich, glaube ich, in Chile mal gegessen irgendwo in einem peruanischen Restaurant. Also stimmt das, ist da viel chinesischer Einfluss da?

Walter Proetzel: Ja, wir haben viel chinesischen Einfluss hier in Peru. Und Chifa ist das chinesische Restaurant. Also Chifa ist nicht nur ein Teller, sondern Chifa sagen wir zu allen chinesischen Restaurants, die nennen wir Chifa, ja. Und wir erklären auch immer, was ist hier Typisch, chinesisches Essen mit Inka Kola, ne. Ich dürfte vielleicht nicht Inka Kola sagen, aber es ist eine Gewohnheit, wenn ich Chifa esse, ich trinke Inka Kola. Und wir möchten jetzt zeigen, dass zum Beispiel das Weizenbier zum Chifa oder zum Chifa-Essen sehr gut passt. Und ich glaube, wir haben das seit Monaten schon überprüft, wir selber und tatsächlich, das Weizenbier zum chinesischen Essen passt am besten, passt sehr gut. Auch das belgische, das deutsche und das peruanische Weizenbier.

Markus: Ja, auf jeden Fall. Und überhaupt ist das bei uns auch ein Thema, grade bei der asiatischen Küche sage ich den Leuten immer, das ist perfekt für Bier und eben also eigentlich ganz dumm, dazu einen Wein zu trinken, weil es ja immer um Aroma geht, um Gewürze. Und das verstärkt eben grade die Kohlensäure aus dem Bier richtig schön, der Alkohol bringt das gut zur Geltung. Da wäre man mit einem Wein einfach völlig falsch dran.

Walter Proetzel: So ist es, so ist es, Markus, ganz deiner Meinung und ganz ihrer Meinung, also einfach ausprobieren. Und ich bin der Meinung und ich bin mir sicher, Food Pairing mit Bier ist eine Erfahrung und muss man machen, muss man machen. Und so lernt man eben das Ausprobieren mit Food Pairing mit Bier. Und Bier ist, was ich immer sage, ne, Bier muss man einfach genießen, aber man muss ein bisschen über Bier verstehen und ein bisschen über Bier lernen. Und dann wirst du verstehen, man trinkt nicht nur beim Fußball oder nur eiskalt, sondern man muss einfach lernen, es gibt doch verschiedene Bierstils, wie Ale-Biere und Lager-Biere. Und man muss nicht immer mit drei oder vier Grad Celsius das Bier genießen, sondern man muss, nein, tatsächlich auf die Temperatur aufpassen, dass richtige Einschenken, das richtige Glas haben, das saubere Glas, keinen Plastikbecher. Also man muss schon einiges lernen über Bier, ne.

Markus: Auf jeden Fall. Also dafür haben wir ja die Ausbildung zum Biersommelier zum Beispiel bei uns und ihr habt wahrscheinlich ähnliche Möglichkeiten, wie man sich da eben weiterbilden kann. Ja, das war jetzt ja fast schon ein perfektes Schlusswort, aber eine Frage habe ich noch. Ich habe auch gelesen von einem Bier Namens Bicolor Cristal, was du mitentwickelt hast oder was ihr entwickelt habt. Was hat es denn damit auf sich?

Walter Proetzel: Ja, das ist das Cristal Bicolor, Cristal Bicolor. Lass mich mal anrufen und vielleicht hier ein Telefonat zu machen. Und ich zeige euch die Flaschen, wir sind sehr stolz, dass wir einige der besten Malztypen von der Welt hier in Peru haben und das Malz kommt aus Deutschland, aus der Weyermann Mälzerei.

Markus: Also nicht nur aus Deutschland, sondern aus Bamberg, ja.

Walter Proetzel: Aus Bamberg, ganz genau, aus Cristal Bicolor benutzen wir das speziell Weyermann Malz. Und das ist ein malziges Bier, also es schmeckt mir fantastisch und schmeckt mir am besten also. Und wir haben auch, und da gibt es eine tolle Geschichte, Markus, das zwar für unser Oktoberfest in Peru, haben wir das Rocha entwickelt. Das war der Deutsche, der hat also angefangen mit dem Oktoberfest. Und der ist zu unserer Brauerei gekommen und wir haben das Rocha mit ihm selber entwickelt. Der ist dann am Nachmittag, einmal in der Woche gekommen, mit Wurst und alles und war den ganzen Nachmittag hier bei uns und Bier verkostet mit Wurst. Also das waren tolle Nachmittage, tolle Erfahrungen, tolle Erfahrungen.

Markus: Und Rocha heißt in dem Fall dann ein Rotbier oder wie?

Walter Proetzel: Ein Rotbier, ja. Wenn du mir eine Minute noch gibst, dann kann ich dir die Flaschen bringen und zeigen.

Markus: Ja, gerne.

Walter Proetzel: Gib mir eine Minute. Ich wollte dir auch über ein Bier erzähle, was sehr interessant ist und zwar, das ist Cristal Bier, das meistverkaufte und das meistgetrunkene Bier in Peru. Was ist das interessante an dieser Flasche? Schau mal dir hier genau das Symbol hier, das ist eine, wie soll man, aus Ägypten.

Markus: Eine Sphinx.

Walter Proetzel: Eine Sphinx, ganz genau. Und warum ist das Bier oder Cristal Bier mit einer Sphinx gekennzeichnet? Weil, wir respektieren einer der besten Bierkulturen überhaupt in der Biergeschichte, ne, deshalb hat Bier, unser Cristal Bier zum Beispiel eine Sphinx als Symbol, stell dir das mal vor.

Markus: Das ist schön, faszinierend. Also auch hier wieder als kurze Info, Ägypten ist eben eine der ältesten Bierkulturen, also nicht die älteste, aber eine der ältesten.

Walter Proetzel: Eine der Ältesten.

Markus: Und sie waren die, die es am professionellsten gemacht haben. Also es gab in Ägypten dann schon Brauereien, die die Dimension von Großbrauereien heutiger Zeit erreicht haben. Und interessanter Weise hat man auch rausgefunden, dass die Ägypter für ihre Biere zum Beispiel Datteln verwendet haben, um das ein bisschen zu aromatisieren. Und diese Datteln haben sie am Boden zertreten, um das eben besser lösbar zu machen dann in der Flüssigkeit. Und dabei haben sie Substanzen aus Flechten ins Bier gebracht, die am Boden wachsen und das wiederum hat dann dem Bier eine antibakterielle Wirkung gegeben. Und das ist vielleicht einer der Gründe, warum die Ägypter in der Antike eine verhältnismäßig lange Lebenserwartung haben. Also auch wirklich eine spannende Geschichte, hat viel mit Bier zu tun. Und das freut mich, dass ihr da ein Bier macht, was da dran erinnert, schön.

Walter Proetzel: Und was du gesagt hast, was du gemeint hast, das ist unser speziell Bicolor. Jetzt möchte ich schnell die Farbe euch zeigen, das ist so eine rötliche Farbe.

Markus: Und ganz kurz noch, Bicolor war auch ein Jubiläumsbier zum Jubiläum von Peru, oder?

Walter Proetzel: Ja, das stimmt, genau. Ja, wir haben jetzt 100 Jahre gefeiert und deshalb haben wir dieses Bier, gebraut mit Malz aus Bamberg. Wir wollten einfach die peruanische Fahne irgendwie darstellen mit einer rötlichen Farbe und der weiße Schaum, das ist so unsere peruanische Fahne.

Markus: Perfekt, also das kriegen wir in Deutschland niemals hin, ein schwarz-rot-goldenes Bier, ja.

Walter Proetzel: Perfekter Schaum, die Farbe natürlich rötlich und der Geschmack, also der Geschmack ist natürlich malzig, nicht so herb. Aber mir schmeckt zum Beispiel dieses Bier, einer der Besten überhaupt.

Markus: Na, dann prost. Dann muss ich mir auch noch eins aufmachen so kurz vor Schluss des BierTalks. Ich habe mir noch eins aus Chile mitgenommen. Da geht es wohl darum, grade die einheimischen Ureinwohner ein bisschen in verschiedenen Bierstilen auszudrücken. Und die Brauerei liegt so zwischen Santiago und der Pazifikküste. Da geht es wohl um einen Stamm aus der Atacama-Wüste, also auch ganz interessant. Vielleicht auch ganz interessant aus der peruanischen Sicht, weil das ja das Grenzgebiet ist zwischen Peru und Chile. Und das Bier selber ist ein Brown Ale. Dafür ist es ganz schön dunkel, wenn ich mir das hier so anschaue und hat aber auch die typischen nussigen Aromen von so einem Brown Ale. Ganz lustig, dass ich mir so instinktiv Bierstile rausgesucht habe, die dunkler sind als die, die du dir rausgesucht hast. Aber dein rotes Bier schaut wirklich ganz toll aus, also das gefällt mir auch sehr gut, würde ich auch gerne mal probieren. Also ich muss mal nach Peru kommen, unbedingt.

Walter Proetzel: Und zum Abschluss, Markus, ich möchte mich natürlich nicht nur bedanken für diese Chance, die du mir gegeben hast, was über Peru oder überhaupt über Peru zu sprechen, über die peruanische Gastronomie, Tourismus in Peru und nicht vergessen, das gute Bier in Peru. Und wichtig ist, Markus, wir haben so viele Craft-Brauereien in Peru, wir haben so eine schöne Bierkultur in Peru und deshalb, diese Reise, wenn man nach Cusco oder wenn man nach Peru kommt, man kommt schon Bier-Tours dann organisieren in Peru, also wir haben sehr gute Bier tatsächlich und überall, in den Anden und in Cusco, wir haben so schöne Craft-Brauereien, die man kennen muss. Also man muss einen extra Urlaub machen, nicht nur Machu Picchu, nicht nur die Archäologie, sondern wir haben Gastronomie, wir haben Tourismus, aber wir haben das gute Bier in Peru. Und wichtig ist, was wir immer lehren und zeigen hier in Peru, Bier verstehen, Bier ist nicht nur Alkohol und erfrischend, sondern Bier ist eine der komplexesten Getränke überhaupt in der Welt. Und man muss einfach Bier verstehen, Bierstile kennenlernen und diese ganze Möglichkeit, Food Pairing, Bier genießen und sich eine schöne Zeit nehmen, Markus, wie jetzt mit dir oder mit euch.

Markus: Genau, wunderbar, danke schön für dieses tolle Schlusswort. Und ich kann auch mich nur anschließen, unseren Hörern empfehlen, also unternehmt mal eine Reise nach Südamerika, vielleicht besonders nach Peru, da kann man natürlich auch die Geschichte verbinden mit dem Bier. Und ihr könnt mehr über den Walter eben erfahren über TikTok, über Facebook, wir werden die entsprechenden Links in die Shownotes einbinden und auch natürlich ein paar Artikel über dich und deine Brauerei. Und ich sage vielen, vielen Dank für heute, für die vielen Informationen, für diesen spannenden Einblick in eine ganz andere Welt. Und, ja, gerne bis zum nächsten Mal, da fällt uns bestimmt nochmal ein schöner Termin ein, prost.

Walter Proetzel: Prost, danke, Markus.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 76 – Interview mit Sarah Jäger, Bayerische Bierkönigin und International Beer Sommelière aus Schwandorf

Sarah Jäger konnte als erste Oberpfälzerin der Geschichte das Volk und die Jury von sich überzeugen und den Thron als Bayerische Bierkönigin besteigen. Die Schwandorferin arbeitet seit vielen Jahren in der Branche und sprüht vor Charme und Begeisterung für ihr Lieblingsgetränk. Eine weitere Krönung während der Amtszeit erhielt sie nach dem erfolgreichem Abschluss der Weiterbildung zur International Beer Sommelière, in der sie einen umfassenden Blick in die Bierkulturen jenseits der Grenzen des Freistaates werfen konnte. Im BierTalk erzählt sie von den bewegenden Minuten ihrer Wahl und dem spannenden Weg, den sie seitdem beschreiten durfte – unser Weihnachtsspecial für die treue Hörerschaft…

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Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Liebe Freunde, es ist der 76. BierTalk und ein ganz besonders tolles schönes Weihnachtsgeschenk von uns an euch. Und zwar die amtierende Bayerische Bierkönigin am ersten Weihnachtsfeiertag. Mehr geht nicht. Sarah, grüß dich! Schön, dass du da bist. Wir sind ganz stolz, dass wir mit dir die amtierenden Bierkönigin haben, die Bayerische Bierkönigin. Das wäre der Markus auch irgendwann mal geworden, aber er hat einfach so eine schlechte Figur und sieht auch nicht dementsprechend gut aus. Also herzlich willkommen! Vielleicht magst du dich vorstellen kurz den Hörern, weil es gibt auch Nordlichter oder Leute in Peru oder Chile, die uns hören, und die kennen dich vielleicht noch gar nicht.

Sarah Jäger: Servus zusammen! Ich bin die Sarah. Ich bin die amtierende Bayerische Bierkönigin 2021/2022. Ich bin 32 Jahre alt und komme aus Schwandorf in der wunderschönen Oberpfalz. Soll ich noch mehr dazu sagen?

Holger: Steht dir frei. Also wir können auch mit dem Fragen beginnen. Wie wird man Bayerische Bierkönigin? Wie wird man das? Erzähl doch mal!

Sarah Jäger: Es gibt natürlich erst einmal Richtlinien, wie man es denn überhaupt werden kann. Als das Erste ist schon mal, es gibt eine Bierkönigin und keinen Bierkönig. Das ist mal ganz wichtig, weil das fragen mich immer ganz viele Leute. Man muss geboren und wohnhaft in Bayern sein, damit man das bayerische Bier natürlich so gut wie möglich vertreten kann. Und man muss über 21 Jahre alt sein, weil man natürlich die Repräsentantin des Bayerischen Bieres im In- und Ausland ist. Und dann muss man natürlich ganz viel Leidenschaft für das Produkt mitbringen, um das bestmöglich den Leuten näherzubringen.

Holger: War das denn deine Idee, dass du das werden wolltest, oder haben dich Leute darauf angesprochen, dass du doch die ideale Königin wärst? Oder wie war das?

Sarah Jäger: Ich habe es tatsächlich im Internet gelesen und habe mich dann ehrlich gesagt eigentlich auf einen Spaß hin beworben. Also ich habe jetzt nie im Leben damit gerechnet, dass ich wirklich Bayerische Bierkönigin werde. Aber jetzt bin ich natürlich stolz, dass ich das Amt durchführen darf.

Holger: Und wenn man es dann plötzlich wird, also ich gehe davon aus, dass du auch normalen Tätigkeiten nachgehst und dann plötzlich hat man da so ein hohes Amt und ist international unterwegs, und wie geht das dann mit dem Arbeitgeber? Macht der sowas mit?

Sarah Jäger: Ich muss sagen, ich arbeite selber in einer bayerischen Brauerei und das war mit dem Arbeitgeber davor schon abgesprochen. Also ich bin für meine Termine, die ich unterm Tag habe, freigestellt, gehe aber ansonsten ganz normal in die Arbeit. Das heißt, wenn ich mitten in der Nacht heimkomme, dann bin ich auch am nächsten Tag in der Früh um halb sieben wieder im Büro. Das macht‘s natürlich ein bisschen schwierig und ein bisschen anstrengender, aber wie gesagt, also wie vorhin einfach schon erwähnt, wenn man die Leidenschaft zum Produkt hat, dann hält man das gerne durch.

Holger: Das ist ja vorbildlich, also ein Hoch auf die bayerischen Frauen! Markus, das ist auch deine Meinung, oder?

Markus: Absolut! Also ich bin völlig begeistert und habe mich erstmal unheimlich gefreut, dass die Oberpfalz mal an der Reihe ist, weil das hat irgendwie noch gefehlt. Und ich muss auch sagen, ich habe die Wahl mitverfolgt und durfte auch mitwählen und, also ohne jetzt irgendwelche Geheimnisse zu verraten, du warst auch meine Favoritin sozusagen. Und ich fand das auch super sympathisch dann, ihr wart dann irgendwie in der Garage zusammengesessen, zumindest sah das so aus, und diese Freude, das war alles wirklich echt und war toll. Und das fand ich wirklich ganz toll und hat mich auch wirklich sehr berührt. Und deswegen war ich da auch absolut begeistert und bin jetzt auch begeistert. Also du machst das gut. Und das ist gar keine so einfache Position in der jetzigen Zeit gerade mit der Pandemie und da hast du glaube ich echt, es ist gut, dass du das geworden bist, auf jeden Fall.

Holger: Das finde ich auch, unbedingt. Sarah, die anderen sind wirklich international unterwegs gewesen, deine Vorgängerinnen. Es gab auch schon Bierköniginnen oder Ex-Bierköniginnen hier im BierTalk, aber du bist wirklich die allererste amtierende Bayerische Bierkönigin. Und reist du dennoch viel und auch viele Auslandsaufenthalte oder ist das jetzt pandemiebedingt dann doch stark eingeschränkt?

Sarah Jäger: Es ist natürlich eine ganze andere Amtszeit. Also man kann das nicht vergleichen mit den Amtszeiten meiner Vorgängerinnen. Ich war tatsächlich, das weiteste, wo ich weg war, war in Schwetzingen, auch schon fast Ausland, aber ich war tatsächlich, also weggeflogen bin ich natürlich noch nicht. Das ist aber einfach auch in der derzeitigen Situation nicht möglich.

Holger: Bist du darüber traurig oder nicht?

Sarah Jäger: Ja natürlich ist es ein bisschen ärgerlich. Also diese Auslandsreisen, die praktisch die Bierköniginnen machen, das sind schon immer mit die Highlights der Amtszeit. Genauso wie irgendwelche großen Feste oder so, wo man dann den Anstich machen darf. Aber ich meine, man hat davor eigentlich gewusst, auf was man sich einlässt und in welches Jahr man hineingeht. Man hat natürlich gehofft, dass zumindest ein Teil stattfinden kann, aber wer hätte vor zwei Jahren gedacht, dass wir in zwei Jahren immer noch an derselben Stelle sind wie am Anfang im Endeffekt?

Holger: Stimmt! Da hätte ich auf jeden Fall nicht daran gedacht. Und (unv. #00:05:36.4#) auch verboten, also selbst, wenn ich daran gedacht hätte, hätte ich mir den Gedanken verboten. Da können wir doch jetzt mal einen drauf trinken, also dass das bald alles irgendwie vorbei ist und wieder normal wird. Und das ist jetzt ein starkes Statement. Ich hatte mir jetzt gedacht, du hast jetzt Biere ausgewählt für unseren BierTalk und jetzt sucht sich die Bayerische Bierkönigin eben ein Bier aus. Und das ist ja, also das stelle ich mir extrem schwierig vor. Weil das ist ja ein Statement, was du jetzt abgibst. Was ist es denn?

Sarah Jäger: Ich habe mich wirklich schwergetan. Ich bin aber dann trotzdem, also ich habe auf die regionalen Biere bei mir in der Umgebung ein bissel zurückgriffen, um da nicht irgendjemand ein bisschen mehr in den Vordergrund zu stellen. Also ich habe einfach gesagt, ich mach was Regionales, einfach direkt bei mir in den Nachbarorten zwei Biere herzunehmen. Das glaube ich ist die beste Entscheidung, was ich für heute habe treffen können.

Holger: Dann lüfte das Geheimnis.

Sarah Jäger: Ich muss jetzt leider, ich habe meinen Flaschenöffner weggelegt. Ich komme gleich wieder.

Holger: Markus, also ich weiß nicht, ob ihr das jetzt gerade abgesprochen habt, aber das ist wirklich ein Déjà-vu. Weil das war bei der Sabine ganz genauso.

Markus: Absolut! Also sehr, sehr spannend, dass offensichtlich wir jedes Mal dafür sorgen, dass die Königinnen ihren Flaschenöffner verlegen. Aber ist natürlich auch schön, gibt uns mal die Gelegenheit für lustige Off-Talks sozusagen. Bist du auch so froh wie ich, dass die Sarah die Königin geworden ist?

Holger: Ich bin genauso froh mit der Sabine und in Wirklichkeit bin ich auch genauso verliebt. Da haben wir dann da irgendwie uns ausgetauscht, wie toll die Sabine ist. Und wir könnten jetzt natürlich auch uns darüber austauschen, wie toll die Sarah ist. Ich habe damit gerechnet damals, dass du das dann auch rausschneidest, hast du aber nicht getan, und das war natürlich schon, da gab’s peinliche Situationen. Das darf ich dir sagen.

Markus: Aber es war so schön. Also manche Sachen, die sind einfach durch die Situation so toll, die kann man dann einfach nicht rauslassen, weil der Journalist in mir dann einfach sagt, Mensch, das ist so ehrlich und so ernst und so nah irgendwie auch, dass man das einfach drin lassen muss. Und ich glaube, also sowohl du als auch die Sabine seid da sehr gut weggekommen dabei.

Holger: Ja, unbedingt! Also jetzt …

Sarah Jäger: Ich bin jetzt wieder da, gell.

Holger: Jetzt ist sie wieder da. Aber ich weiß nicht, ob du es jetzt gerade noch mitgekriegt hast, also wir hatten eben bei der Sabine genau denselben Moment, wo die Sabine unbedingt in die Küche musste und da haben wir dann halt weitergesprochen. Und ich hätte jetzt vielleicht, wenn du nicht so schnell wieder dagewesen wärst, noch erwähnt, dass du eben so super aussiehst wie immer und sogar dein Diadem auf dem Kopf hast und dich richtig schick gemacht hast, aber untenrum nur eine Jogginghose und Wollsocken (unv. #00:08:41.8#). Aber ich weiß nicht, Markus, das kann man ja vielleicht dann auch schneiden. Okay!

Markus: Ich überlege es.

Holger: Also du bist dann da.

Sarah Jäger: Oh Gott! Ich habe jetzt für euch, und zwar von der Schlossbrauerei Fuchsberg die Kugelhalbe. Hat damit die Verbindung, ich komme aus dem Landkreis Schwandorf oder besser gesagt ich wohne in Schwandorf, und bei uns steht praktisch die größte begehbare Holzkugel seit ein paar Jahren. Die ist über 40 Meter hoch und da gibt’s halt praktisch extra ein Bier dafür. Das ist eben von der Schlossbrauerei Fuchsberg und die habe ich jetzt hier und das ist ein helles Lagerbier. Das ist natürlich nichts so Ausgefallenes, aber trotzdem sehr gut zu trinken. Ich durfte nämlich da meinen ersten Termin als Königin wahrnehmen an der Kugel und da habe ich das Bier auch trinken dürfen. Also wir haben wirklich bei dem Bier einen sehr schönen goldgelben Ton, einen komplett weißen feinporigen, ich würde jetzt so sagen, langanhaltenden Schaum. Wenn man daran riecht, dann kommen natürlich erst einmal diese Malzaromen in die Nase, aber auch ein bisschen Säure. Also es ist jetzt nicht zu malzig, also da ist ein bisschen Säure einfach mit drinnen. Also das ist ein sehr schlankes Bier, ist jetzt nicht zu spritzig auf jeden Fall im Mund. Man hat auch wieder diesen Malzkörper, den man da einfach wirklich spürt und schmeckt. Und es regt definitiv zum Nachtrunk an. Also das ist eigentlich gut für einen Einstieg dieses Bier.

Holger: Sarah, super! Ich finde das super, weil typisch Bayerisch ist sicher mal der Bierstil Helles.

Sarah Jäger: Ja genau!

Holger: Der hat auch eigentlich einen Siegeszug durch die Republik angetreten. Also alle möglichen Brauereien produzieren jetzt Helle. Das ist sicher ein Trend in der Branche. Das kann man so sagen. Selbst Warsteiner hat jetzt eben ein neues Helles herausgebracht. Und wenn du sagst, also diese Holzkugel und so, und dann gibt es doch auch diese schönen kugligen Bierkrüge.

Sarah Jäger: Ja genau!

Holger: Und gehört das dann auch dazu?

Sarah Jäger: Das ist praktisch auch extra dazu gemacht. Aber ich habe keins da, also ich trinke das jetzt aus so einem Teku Becher, Teku Pokal.

Holger: Ah Pokal, Teku Pokal, also ein Verkostungsglas, ein Bierverkostungsglas.

Sarah Jäger: Genau!

Holger: Ich hoffe, dass bei Fuchsberger das die Leute mitbekommen, dass die Bayerische Bierkönigin, im BierTalk das erste Bier eben die Kugelhalbe ist. Also ich (unv. #00:11:40.0#)

Sarah Jäger: Ich habe mir wirklich Gedanken drüber gemacht. Also das war wirklich nicht einfach, was nimmt man da.

Holger: Du wirst lachen, ich habe mir auch den ganzen Tag Gedanken darüber gemacht, was du dir wahrscheinlich auswählst. Aber mir hätte man alle Finger abschneiden können, ich wäre niemals auf die Kugelhalbe von Fuchsberger gekommen. Also Markus, ich weiß nicht, kennst du das, kennst du die Kugelhalbe?

Markus: Nein. Also muss ich auch sagen, also ich kenne Fuchsberger an und für sich, und ich kenne auch dieses Projekt beziehungsweise ich habe das damals mitbekommen, ich glaube, so 2017, 2018 ist das so verkündet worden, 2018 war glaube ich auch der Spatenstich und so.

Sarah Jäger: Ja genau!

Markus: Und fand ich damals schon eine witzige, gewisser Weise auch kuriose, aber spannende Idee, also zu sagen, wir bauen da mal eine Riesenkugel. Aber ich habe nicht mitbekommen, dass es dafür ein Bier gibt. Also deswegen, das ist natürlich sehr, sehr spannend. Jetzt würde mich aber interessieren, also größte begehbare Holzkugel der Welt. Wie gesagt, ich habe in Erinnerung, dass das wirklich ein ganz schön großer Oschi ist. Da, wo sonst solche Sachen gebaut werden, das sind dann so Baumwipfel-Pfade oder irgendwie so, also wo man dann eben zum Beispiel von oben eine besondere Aussicht hat oder sonst irgendwie. Ist das da bei der Holzkugel auch so?

Sarah Jäger: Ja, das liegt direkt am Steinberger See und man hat halt dann einen schönen Blick auf den See und auf die Landschaft, die halt außen rum ist. Und im See ist auch so eine kleine Insel mit drin. Es ist eigentlich sehr schön zum Anschauen.

Markus: Spannend! Also ein bisschen wie der Krombacher See, nur auf Bayerisch.

Sarah Jäger: Ja, so ungefähr.

Markus: Da müssen wir mal hin, Holger, unbedingt.

Holger: Da müssen wir unbedingt hin. Also vielleicht ist es auch gut, wenn die Sarah mal erklärt, wo das überhaupt ist. Ich meine, wir sind jetzt relativ ortskundig und Oberpfalz ist klar, aber ich könnte mir vorstellen, so andere Hörer werden jetzt sagen, hey, die reden die ganz Zeit von Bayern, aber wo ist Oberpfalz? Sarah, erkläre das (unv. #00:13:38.8#)

Sarah Jäger: Wenn man jetzt Bayern anschaut, dann ist es auf der rechten Seite eigentlich so. Sagen wir mal, rechte Seite so mittig gelegen, grenzt an die Tschechei. Und Schwandorf selber liegt dann eigentlich zwischen Regensburg und Weiden, falls das jemand sagt oder Regensburg und Hof, kann man auch nehmen, einfach so auf halber Strecke ungefähr.

Holger: Okay! Sozusagen im Nordosten vom Süden.

Markus: Und da gibt’s ein ganzes Seenland. Also das ist auch was, was mir vorher gar nicht so bewusst war. Als wir haben hier in Franken unser fränkisches Seenland, was auch so eine relativ junge Geburt ist, das es eigentlich erst so seit 20, 30 Jahren gibt. Und was auch ein bisschen interessant ist, weil da doch viele seit 50 Generationen einfach Landwirte, sage ich jetzt mal auf Hochdeutsch, auf einmal zu Tourismus-Gastgebern geworden sind. Und da merkt man, dass die sich mit dieser Rolle ein bisschen schwertun. Wie ist das denn in diesem Oberpfälzer Seenland? Also gibt’s das schon länger oder sind das auch neue Seen? Und wie ist da der Tourismus so drauf?

Sarah Jäger: Ich kann dir, also die Jahreszahl kann ich dir nicht sagen, aber es gibt dieses Oberpfälzer Seenland, und dafür werben wir auch, der Tourismus ist auch da, könnte aber meiner Meinung nach noch mehr ausgebaut werden. Also ich finde einfach, wir haben da in der ganzen Umgebung ein bisschen zu wenig Hotels. Aber ich glaube, die sind da gerade dran, dass die einige Projekte praktisch wirklich durchziehen wollen, um dann die Touristen noch mehr anzulocken. Und dann muss ich natürlich auch Schlafmöglichkeiten bieten können, weil sonst kann ich natürlich die Touristen nicht herholen.

Holger: Durchaus eines deiner Lieblings-Hellen, kann man das so sagen?

Sarah Jäger: Ach, es gibt wirklich so viele Helle und so viele gute helle Biere. Ich habe noch nie gesagt, dass irgendwas mein Lieblingsbier ist, weil ich immer sage, wenn mich jemand fragt, was ist denn dein Lieblingsbier, dann sage ich immer, es kommt auf die Tageszeit drauf an, es kommt darauf an, was ich zum Essen habe. Aber es ist ein sehr gutes trinkbares Helles auf jeden Fall.

Holger: Perfekt! Markus, was hast du uns denn mitgebracht heute?

Markus: Ich habe mir gedacht, ich passe mich da so ein bisschen an, muss ich sagen. Ich habe seit längerem ein Bier in meinem Kühlschrank, das ich schon immer mal probieren wollte und verkosten wollte, und das auch so ein bisschen edel ist, wo ich mir gedacht habe, da brauche ich den richtigen Zeitpunkt und auch die richtigen Leute, um das zu trinken. Ich mach es mal auf. So! Und jetzt kommt das mal ins Glas. So! Also! Jetzt habe ich das hier in meinem Gläschen und wenn man sich das anschaut, also von der Farbe her sind wir bei einem Sonnengelb mit einer leichten Trübung. Obendrauf steht ein sehr, sehr fester kompakter weißer Schaum mit ganz vielen kleinen Bläschen, der auch wirklich echt extrem standhaft ist. Wenn man da so ein bisschen reinriecht, hat man sehr intensive kräutrige Aromen. Ganz interessant, da geht’s so ein bisschen fast so in italienische Kräuter, so ein bisschen wie Estragon, Basilikum, irgendwie sowas. Aha! Und interessanterweise fast auch so ein bisschen weinige Noten. Muss ich mal probieren. Mhm (bejahend). Also extrem spritzig, sehr weich, sehr rund, eine gewisse Süße und hinten raus tatsächlich auch eine schöne Bittere, die relativ lange steht. Spannend! Also was ist das? Das ist auch ein Helles und es ist in einer Klarglas-Flasche, was an sich schon interessant ist. Und es heißt Noam und da draufsteht „Bavaria Berlin Lager born in Weihenstephan“. Also irgendwie ein ganz interessantes Projekt, was jemand in Weihenstephan entwickeln hat lassen und am Anfang zumindest dort hat auch brauen lassen. Wo das jetzt genau gebraut ist, weiß ich ehrlich gesagt gar nicht, lässt sich auch nirgendswo rausfinden. Und die Idee ist eben, ein besonders edles bayerisches Helles zu machen. Und als Besonderheit nimmt man hier den Smaragdhopfen, um so ein bisschen Bittere dazuzugeben und so ein bisschen besondere Aromen. Der hat eben auch dieses Kräutergewürzige ziemlich extrem und eben auch eine kräftige Bittere hinten raus. Ja, also ich war immer sehr skeptisch, muss ich sagen, weil die eben auch so mit dem Anspruch da rangehen, praktisch so aus dem Hellen so eine Art Champagner zu machen, also zumindest vom Anspruch her und vom Preis her auch. Ja, also es ist nicht schlecht, ich würde jetzt nicht sagen, es ist die Krönung aller Hellen, aber es hat tatsächlich einen relativ eigenen Charakter. Ich bin mir allerdings auch nicht ganz sicher, ob die Klarglas-Flasche wirklich die allerbeste Idee ist. Das ist für Bier dann doch auch bei guter Lagerung gar nicht so einfach. Kanntet ihr das?

Sarah Jäger: Nein.

Holger: Ich kenne das und habe es auch schon mal verkostet. Und kann mich aber auch nicht mehr dran erinnern, was da jetzt ganz genau dahintersteht. Also es hat mir irgendjemand mitgebracht, eben auch hier aus Weihenstephan. Also der Weg von mir bis da ist ja nicht weit. Und ich kenne einfach viele, die da studieren und auch da arbeiten. Und das sollte eben so, ja, wie du schon sagst, also so einen edlen Touch haben und eben gerade die Flasche, das Flaschendesign sollte das eben auch noch mal betonen. Aber fürs Produkt, wir wissen ja, Licht und Sauerstoff sind Feinde, ist es eben nicht ideal. Also die Flasche müsste dann in jedem Fall auch UV¬-beständig irgendwie sein und beschichtet sein. Das weiß man natürlich jetzt alles gar nicht.

Markus: Nein, ist sie glaube ich nicht. Und das ist auch von der Füllmenge her 0,34, also irgendwie …

Holger: Mhm (bejahend). Genau!

Markus: … ja auch, also jetzt sage ich mal nicht ganz weit weg vom Klassiker, aber halt schon irgendwie eigen. Hm! Also ja, würde mich mal interessieren, ich muss mal schauen, ob ich da ein bisschen mehr rausfinden kann, wer da so wirklich dahintersteckt. Vor allem, wo es jetzt dann letzten Endes auch gebraut wird und warum da jetzt Bavaria und Berlin in einer Zeile genannt wird, das ist dann doch ein bisschen komisch. Also weil man überhaupt nicht versteht, wo jetzt da der Bezug letzten Endes dafür da ist. Und auch auf der Website, wie gesagt, habe ich extra mal im Vorfeld des BierTalks geguckt, also der Sitz der Gesellschaft ist wohl in Berlin, aber alles andere, hm. Also erstaunlich.

Holger: Ich denke schon, so ein bisschen geht’s Richtung Lifestyle. Man muss die Flasche einfach anschauen, dann ist irgendwie alles, alles, alles gut. Also mich erinnert das oder hat das mehr an „Schöner Wohnen“ als an Berlin oder an Bier oder so erinnert. Und das fand ich eher enttäuschend. Aber wie gesagt, ich habe es schon mal getrunken, aber ich weiß es nicht mehr. Ich kann eigentlich gar nicht mehr so richtig was dazu sagen.

Markus: Naja! Aber jetzt habe ich es mal mit euch verkostet. Auf jeden Fall bin ich froh, das mir für diesen speziellen Moment aufgehoben zu haben. Und wie gesagt, jetzt kennen wir das auch mal. Und mal gucken, vielleicht finden wir da mal noch ein bisschen mehr raus. Aber siehst du, Sarah, was es alles in unserem Bayernland gibt und was man alles mit unserem schönen Hellen veranstaltet. Warsteiner haben wir schon genannt, jetzt haben wir hier dieses Noam Projekt. Also alle toben sich da so ein bisschen aus.

Holger: Nein, absolut! Man hat einmal, ein Augustiner oder ein Tegernseer Hell kann man an jeder Hamburger Tankstelle mittlerweile erwerben. Also das ist ein wirklicher Siegeszug. Das muss man sagen. Und du bist ja eine Botschafterin, Sarah, also deine Aufgabe, die Hauptaufgabe ist ja, die Botschafterin zu sein fürs bayerische Bier, oder?

Sarah Jäger: Ja genau! Und deswegen, also ich bin wirklich stolz, wenn man das jetzt auch einfach wieder sieht, was es einfach bei uns hier in Bayern für tolle Biersorten, Bierstile, Bierarten und was für schöne auch kleine Brauereien es einfach gibt, die so super süffige Bier kreieren, das ist einfach nur Wahnsinn.

Holger: Prima! Lass uns mal ganz kurz zu den Rohstoffen noch gehen. Ich weiß ganz sicher, es gibt eine Hopfenkönigin auch, aber ich weiß gar nicht, ob es auch eine Malzkönigin gibt. Und kennst du die alle?

Sarah Jäger: Ich habe tatsächlich bis jetzt noch keine einzige kennengelernt. Das ist aber einfach auch wirklich Corona-bedingt, weil normalerweise trifft man sich halt einfach auf größeren Veranstaltungen, wo halt dann mehrere Produkt-Königinnen eingeladen werden. Aber Hopfenköniginnen gibt’s auf jeden Fall, aber Malzkönigin habe ich tatsächlich auch noch nicht gehört. Also ich könnte dir jetzt nicht sagen hundertprozentig, dass es die wirklich auch gibt. Aber es gibt alles Mögliche, es gibt Weißwurst-Königin, es gibt eine Honig-Königin, eine Milch-Königin, es gibt eigentlich alles.

Markus: Ich glaube, es gibt tatsächlich auch Malzköniginnen, aber eher so kleiner gesehen von den jeweiligen Regionen her. Aber was ich ganz interessant finde, wir haben hier in Bamberg eine Mälzerei, nämlich die Weyermann Mälzerei und da hat die Sabine Weyermann vor kurzem so eine Art Autobiographie herausgebracht oder rausbringen lassen. Und da ist der Titel „Die Malzkönigin“, wo es also so ein bisschen auch tatsächlich um die Geschichte geht. Und das hat natürlich ganz viel, also einerseits überhaupt von dem Thema, eine Frau in der Brauwelt und wie schaffe ich es dann eben in dieser Männerdomäne, dann so einen Laden aufzubauen, noch dazu dann in diesen Zeiten, wo eben auch gerade das Männliche überall extrem dominiert. Dann ist sie auch sehr stark ins Ausland gegangen, in Amerika zum Beispiel, hat sich da auch durchgesetzt. Also das ist sicherlich eine spannende Geschichte. Ich habe noch nicht Zeit gehabt, das ganze Buch zu lesen, aber war die Auszüge, die ich kennengelernt habe, sind auf jeden Fall spannend. Also das ist sicherlich auch für Leute, die sich da interessieren, in dieses Thema mal so reinzuschnuppern, ist das sicherlich ein kleiner Buchtipp.

Holger: Da muss ich wirklich sagen, das trifft‘s auch voll zu, also Sabine Weyermann ist wirklich die Malzkönigin, und zwar dauerhaft. Da gibt’s eigentlich gar keine Begrenzung der Amtszeit. Das muss man wirklich so sagen. Aber ihr werdet mir nicht böse sein, ihr seid jetzt da schon voll in den (unv. #00:24:21.6#), ich schütte es auch mal ein. So! Und ich habe mir wirklich, wirklich, wirklich heute den ganzen Tag darüber Gedanken gemacht, welche Biere du dir aussuchst, Sarah. Und (unv. #00:24:35.4#) war das absolut sofort eindeutig und klar. Weil ich hatte mir gedacht, na ja, es muss natürlich irgendwie wirklich königlich sein, und wenn man dann in Bayern ist, dann ist klar, es gibt eben Prinz Luitpold von Bayern, den gibt’s ja. Und der hat auch eine Brauerei. In dem Fall ist es eben ganz klar die Schlossbrauerei Kaltenberg, das kennt der ein oder andere vielleicht von den mittelalterlichen Festspielen. Und da gibt’s eben auch einen absoluten Klassiker in der bayerischen Bierwelt, und das ist eben ein naturtrübes Kellerbier. Das Bier heißt: Kaltenberg Schlosskeller naturtrüb. Da habe ich gedacht, nur das kann es sein, Weil Königin und Prinzregent und Bayern und dann ist eigentlich alles sofort klar. Und ich muss sagen, dass ich dieses Bier immer wieder auch gerne (unv. #00:25:45.2#), also das ist sehr harmonisch, ganz schön malzbetont, unglaublich toll ausbalanciert und hat trotzdem so einen gewissen Charakter, hat auch eine ganz kleine Bittere, die ich so liebe, also ist jetzt nicht absolut total nur süß. Und das ist so ein schönes Feierabendbier. Wer mich kennt, weiß ja, die Feierabendbierchen, die liebe ich ganz besonders. Also Prost!

Sarah Jäger: Prost!

Markus: Prost!

Holger: Das kennt ihr aber beide, oder? Also das Bier.

Sarah Jäger: Ich kenne es tatsächlich auch wieder nicht.

Holger: Das musst du unbedingt (unv. #00:26:24.3#)

Sarah Jäger: Tut mir leid.

Markus: Solche Biere dürfen einfach die Donau nach Süden nicht überschreiten, geschweige denn nach Osten.

Holger: Aber mal davon abgesehen, ich kann wirklich sagen, dass eben die Hoheit Prinz Luitpold von Bayern sich richtig persönlich auch kümmert. Also der ist ein Qualitätsverfechter und nimmt sich dem Thema an, ist leidenschaftlicher Brauer auch, und hat eben da diese beiden Braustätten in Kaltenberg und dann in Fürstenfeldbruck mit der König Ludwig Brauerei. Da bleibt kein Auge trocken. Das finde ich auch bemerkenswert, dass eben so eine Tradition da weitergeführt wird und auch beibehalten wird. Es ist vielleicht jetzt kein Bier, was man jetzt in Hamburg an einer Tankstelle kaufen kann, das macht aber auch nichts, weil es auch kein Qualitätskriterium ist, in Hamburg an einer Tankstelle irgendwas zu bekommen, sondern das ist einfach ein schönes bodenständiges bayerisches Kellerbier. Das ist schön und wahr. Ich trinke jetzt einfach noch. Prost!

Markus: Na dann, Prost! Auf jeden Fall!

Sarah Jäger: Prost!

Markus: Ich finde es auch ganz interessant, also ich kenne das Bier natürlich und ich finde es auch wirklich gut, also ist sehr, sehr gut umgesetzt. Und man muss allerdings sagen, dass das eben nicht immer so passiert. Also gerade in Bayern, also im nichtfränkischen Teil von Bayern sozusagen, versuchen sich immer wieder Brauereien an dem Bierstil Kellerbier. Und da habe ich schon schlimme Sachen erlebt. Also auch welche, die dann zum Beispiel ein Kellerbier obergärig brauen. Wo ich mich dann ganz besonders frage, was das soll, weil das eigentlich das Oxymoron schlechthin ist, ein Bier, das davon lebt ein untergäriges Bier zu sein, als obergärige Version zu brauen, und dann eben auch geschmacklich relativ weit weg vom Original. Aber da finde ich, ist das König Ludwig auf jeden Fall ein sehr, sehr guter Vertreter, den ich gerne mag. Und da wünsche ich dir, beglückwünsche ich dich, Holger, das ist eine sehr gute Wahl für so ein vorweihnachtliches Bierchen.

Holger: Vielen Dank, Markus! Sarah, jetzt kann man behaupten, in Bayern gibt es so gut wie jeden Bierstil. Also das kann man wirklich fast behaupten. Was sind denn so Bierstile, die für dich so richtig spannend sind oder Bierstile, die du jetzt erst während deiner Amtszeit für dich entdeckt hast und dich überhaupt nicht mehr loslassen?

Sarah Jäger: Ich muss sagen, natürlich kenne ich, kannte ich davor diese ganz normalen bayerischen Bierstile. Also sagen wir mal, von einem Hellen über Weizen, also einfach diese ganz gemeinen Sachen Pils und so weiter, das, wo man halt bei uns in jedem Wirtshaus kennt. Aber es sind halt dann a) einfach so diese ganzen Sachen mit IPAs oder mit Stouts oder so, das ist halt einfach, also bei mir in der Umgebung kriegt man es eigentlich wirklich fast gar nicht. Also bei mir zumindest hier in Schwandorf, in Regensburg vielleicht schon eher, aber ich wüsste nicht, wo ich hier irgendwo in einem Wirtshaus so einen Bierstil zum Trinken bekommen würde. Aber ich fand auch diese ganzen Sachen wie zum Beispiel, man trinkt jetzt nicht einfach einen Bock, wenn man sich nicht so viel mit dem Thema Bier befasst. Also klar, arbeite ich in einer Brauerei, aber man trinkt eigentlich immer dasselbe. Aber ich finde auch diese ganzen Bockbiere superlecker, supersüffig, also total interessant und echt spannende Bierstile.

Holger: Was ist denn typisch Bayerische Bierkönigin? Also gibt es da irgendwas, was immer, also was Pflicht ist? Oder wie stellt man sich das vor? Man sieht dich immer in so schönen Dirndln zum Beispiel und da hast du immer dein Diadem da auf dem Kopf, die kleine Krone. Gibt’s noch andere Dinge, die einfach dazugehören?

Sarah Jäger: Man hat im Endeffekt die Krone und das Charivari, die gehören halt zur Bierkönigin dazu. Und die hat man auch immer bei jedem Auftritt mit dabei und an sich. Aber sonst sind das eigentlich die Hauptutensilien, was man so als Bierkönigin mit sich herumträgt. Der Brauerbund ist da ganz klar, also wir sind glaube ich die einzige Produktkönigin, die keine Scherpe rum hat. Das kennt man wirklich von den anderen, die haben praktisch diese Scherpe wie bei so Misswahlen oder so rum, wo halt dann oben steht, was für eine Königin sie sind. Aber bei uns gibt’s das eben nicht.

Holger: Und die ganzen Dirndl und so, also da könnte ich mir jetzt vorstellen, da gibt’s Hörer oder Hörerinnen, die das interessiert. Darfst du die dann alle behalten? Oder wie geht das überhaupt, werden die maßgeschneidert für dich oder wer wählt das aus? Also ist es dann irgendwie im Bayerischen Brauerbund, gibt’s da jemand, der dich morgens anruft und sagt, hey, das musst du jetzt heute anziehen? Oder wie geht das?

Sarah Jäger: Nein. Wir haben praktisch einen Dirndl Sponsor, das ist Spieth & Wensky. Und da kriegen wir die Dirndl her. Da habe ich am Anfang für meine Amtszeit halt acht Stück gekriegt, und eine Lederhose und superviele Blusen und Jacken. Ich bin da wirklich perfekt ausgestattet worden. Ich muss sagen, ich schaue wirklich ab und zu, wenn ich auf Veranstaltungen gehe, von wem das ausgeht und wähle dann vielleicht die Farbe noch eher passend zu der Brauerei oder so. Das mache ich jetzt für mich persönlich, das macht wahrscheinlich kein anderer, aber ich mach das halt. Ich finde immer, das gibt ein schönes stimmiges Bild ab, wenn man dann irgendwie mit dem Brauerei-Logo ein Foto macht.

Holger: Nein, sehr gut! (unv. #00:32:11.4#)

Sarah Jäger: Ist vielleicht eine Spinnerei, aber …

Holger: Nein, finde ich schön. Ein Dirndl macht sowieso immer was her. Und dann gibt’s eigentlich auch noch einen Dienstwagen. Also ich habe das schon gesehen, dass du einen richtigen Dienstwagen (unv. #00:32:23.6#) hast.

Sarah Jäger: Ja genau! Man hat halt praktisch seinen Dienstwagen, der wird auch gestellt von der bayerischen Ray. Da muss man sich um nichts kümmern. Man kann wirklich zu jedem Termin fahren und hat Tankkarten. Also ich muss sagen, als Bayerische Bierkönigin hat man schon, das ist schon wirklich was Wertvolles und man muss sich eigentlich um so außen rum nicht mehr um viel kümmern. Also man kriegt ein Diensthandy und man wird eigentlich bestens versorgt. Also das ist jetzt nicht so, dass man sich selber um irgendwie was schauen muss, dass man dann irgendwie noch eine Jacke hat zum Dirndl dazu. Also ich finde das eigentlich wirklich super und bin da wirklich sehr dankbar.

Holger: Und dann, wenn du jetzt so viel rumkommst, dann zu mindestens in der bayerischen Bierwelt, (unv. #00:33:13.0#) jetzt, also Hochzeitsanträge, Heiratsanträge? Ist es viel dann, sag ich mal, wenn die Brauerei in der 15. Generation geführt oder so, also wie ist denn das? Du kommst dann mit ganz vielen Brauern auch zusammen.

Sarah Jäger: Ich habe jetzt noch keinen Heiratsantrag gekriegt.

Holger: Was? Das glaube ich aber nicht.

Sarah Jäger: Nein, also ich muss sagen, ich habe in den letzten sieben Monate so viele neue Leute kennenlernen dürfen und wirklich auch so viele Freundschaften schließen können, und ich muss sagen, wenn man als Bierkönigin auf einen Termin hinkommt, dann ist man natürlich immer einfach das Highlight und jeder würde sich natürlich gern mit einem unterhalten. Das zum Beispiel sehe ich jetzt gerade in der Zeit, wo wir jetzt haben, auch ein bisschen als Vorteil, weil man ist natürlich auf kleineren Veranstaltungen. Und teilweise schaffe ich es dann am Abend, mich mit fast jedem Gast einmal zu unterhalten. Und das finde ich auch sehr toll und glaube ich macht die Leute auch ein bisschen stolz, dass sie sich mal mit der Bayerischen Bierkönigin haben wirklich persönlich unterhalten dürfen.

Holger: Ja, Wahnsinn! Markus, kannst du dir das vorstellen, dass die Männerwelt da, dass sich da noch niemand gefunden hat, der einen Heiratsantrag gemacht hat? Also ich kann mir das gar nicht vorstellen.

Markus: Ich glaube, die sind einfach nur schüchtern. Weil es ist dann doch, ich meine, wenn da die Königin vorfährt, noch dazu mit der eigenen Kutsche und dann eben kommt mit Diadem und Ornat und entsprechenden Dirndln und so weiter, dann ist das natürlich schon eine imposante Erscheinung. Und dann sind die sicherlich alle beeindruckt, aber die denken sich halt alle, na ja gut, das ist einfach eine andere Liga. Da kann ich heimlich und still und leise verehren und kann vielleicht mal anstoßen und mal ein schüchternes Blickchen riskieren, aber mehr, also hier gleich Heiratsanträge zu verteilen, kann ich mir vorstellen, ist wahrscheinlich ein bisschen schwierig. Nichtsdestotrotz kann ich mir schon vorstellen, dass du natürlich viele, eben, wie du sagst, neue Leute kennenlernst, da insgesamt deinen Horizont ganz schön erweiterst. Wie ist das denn für deine Familie auch und so? Also gehen die da ab und zu mit und wie ist da so der Horizont? Sagen die, die Kinder mit, die begleiten dich? Und wie geht’s euch da als Familie?

Sarah Jäger: Die ganze Familie, das war mir auch wichtig, die steht da komplett dahinter. Und zum Beispiel meine Mama, die begleitet mich auch öfter mal. Also sie kann natürlich nicht so oft mit, aber wenn sie Zeit hat, dann kommt sie natürlich sehr gerne mit und findet das natürlich auch immer ganz schön. Wir sind halt eine, sagen wir mal, eine sehr ehrenamtlich aktive Familie und deswegen ist da der Zeitfaktor von jedem einzelnen sehr ausgereizt, dass die jetzt mit mir noch in ganz Bayern rumfahren und von Veranstaltung zu Veranstaltung rennen. Aber meine Mama, die nimmt sich da schon die Zeit und kommt da dann gerne mit, wenn ich sie frage.

Holger: Wir können uns doch jetzt mal vornehmen (unv. #00:36:19.2#) und auf die Mütter zu trinken. Also das ist doch ein wahnsinnig guter Grund miteinander anzustoßen. Und du hast ja noch ein Bier.

Sarah Jäger: Genau!

Holger: Du hast dir direkt zwei ausgesucht. Und das eine (unv. #00:36:36.1#) wie das andere. Und wenn du jetzt dieses Geheimnis auch noch lüften würdest, das wäre toll.

Sarah Jäger: Okay! Wir bleiben natürlich wieder in der näheren Umgebung. Ich habe jetzt noch für euch von der Familienbrauerei Jacob die Winter-Weisse. Weil ich mir gedacht habe, ich will natürlich auch gerne noch ein Winterbier haben. Ich mach das jetzt erst mal auf, weil ich hab’s nämlich wirklich noch nicht probiert und noch nie getrunken und deswegen bin ich jetzt auch wirklich gespannt, wie es denn schmeckt. Ich schenke es mal ein. Habt das ihr schon mal getrunken?

Holger: Ja, ich kenne das.

Markus: Jo, ich hab’s auch schon mal getrunken und ich habe auch tatsächlich eine Flasche da. Der Bayerische Brauerbund hat so einen schönen Neunerpack geschickt mit allen möglichen Winterbieren und da ist es auch dabei. Aber ich habe es noch nicht aufgemacht.

Sarah Jäger: Okay! So! Von der Farbe her würde ich jetzt sagen, sind wir so in einem schönen Kastanienton drinnen. Der Schaum ist für ein Weizen natürlich sehr stabil, sehr feinporig, sehr cremig und steht, also ich habe von Spiegelau diese Suite Bierglas.

Markus: Perfekt!

Sarah Jäger: Und das passt da echt perfekt rein.

Holger: Und der Kastanienfarbton ist sozusagen die Augenfarbe der Bayerischen Bierkönigin.

Sarah Jäger: Ja, das stimmt natürlich auch. Hast du dir das davor angeschaut oder was?

Holger: Ah ja, natürlich! Ich habe deine Weihnachtskarte an meinem Nachtkonsölchen stehen.

Sarah Jäger: Werde ich praktisch immer ins Nachtgebet mit eingebunden?

Holger: Unbedingt, Sarah! Unbedingt!

Sarah Jäger: Also riechen wir mal dran. Man hat da wirklich, also weißbiertypisch diese Bananengerüche. Ist aber auch leicht süßlich, ein bisschen so nach Toastbrot, also weil halt eben dieses Malz und weil halt einfach dieses Röstmalz da noch ein bisschen mit drinnen ist. Ich probiere mal. Ja, wir haben da echt einen malzigen Antrunk. Da ist aber auch wieder dieses Banane vom Geruch her, das kommt halt natürlich im Antrunk jetzt auch wieder mit raus. Es ist nicht zu spritzig, aber total vollmundig. Ja, also man hat auch wirklich im Geschmack einfach so ein bisschen so Karamellnoten mit drinnen, fast wie so ein Mehrkorntoastbrot. Also nicht wie so ein normales, sondern wirklich so ein Mehrkorntoastbrot, die diese verschiedenen Getreidesorten drinnen haben. Und es ist echt eine Süße, also praktisch, das ist wirklich ein Einklang aus Süße und Würze, also total stimmig. Und im Nachtrunk haben wir wirklich eine fruchtige Herbe, aber es bleibt trotzdem total mild. Also wirklich sehr angenehm zum Trinken. Ein sehr schönes Winterbier.

Holger: Herrlich! Und man muss vielleicht auch noch mal so überhaupt die Familienunternehmen, die die Brauereien führen, also auch ganz insbesondere wiederum in Bayern, die muss man auch noch mal hervorheben. Und jetzt haben wir auf die Männer und auf die Mütter getrunken und jetzt können wir eigentlich auch noch auf die Familienbrauereien trinken. Das ist auch noch ein guter Grund.

Markus: Na, dann machen wir das doch.

Holger: Ja, Prost!

Markus: Prost!

Sarah Jäger: Prost!

Holger: Jetzt müssen wir natürlich auch noch mal so nach deinem schönsten Erlebnis oder besonderem Erlebnis als Bayerische Bierkönigin, was muss man da hervorheben? Was ist dir widerfahren, was kein Mensch glauben kann eigentlich?

Sarah Jäger: Ich muss sagen, das intensivste und mit auch das schönste Erlebnis war natürlich der Sommelier-Kurs über euch, weil das ist halt einfach über Wochen gegangen ist und man sich einfach so viel mit dem Thema Bier befassen konnte und ich so viel lernen durfte. Also klar, man weiß davor, man muss als Bayerische Bierkönigin wirklich viel über Bier wissen, weil sonst kann man es gar nicht werden. Aber was ich da einfach noch dazugelernt habe und wie viel spannende Biere ich in der Zeit einfach noch verkosten durfte und trinken durfte, das war natürlich bis jetzt auf jeden Fall ein Highlight. Aber eine Sache, die ist für mich, also ich sage immer, das ist eigentlich das Lustigste, was ich bis jetzt erlebt habe, und zwar war ich in Hirschaid bei der Brauerei Kraus.

Markus: Bei der Hilde.

Sarah Jäger: Bei der Hilde. Genau! Ich habe so viel lachen müssen, weil ich habe nämlich da, da war eine närrische Bierprobe, und wer mich kennt, weiß, ich war schon mal Faschingsprinzessin bei uns hier in Schwandorf, und habe jahrelang in der Garde getanzt. Und für mich war natürlich dann närrische Bierprobe, also das ist eine Faschingsgesellschaft und die macht jetzt da Bierverkostungen, die führe ich dann durch. Und das war ein Abend, ich glaube, ich habe in den letzten zwei Jahren nicht mehr so viel gelacht wie an dem Abend. Die Hilde ist natürlich ein Unikat, das muss man natürlich dann auch noch mal mit dazusagen. Aber war echt sehr spannend und hat echt viel Spaß gemacht.

Markus: Hildegard Kraus, ein absolutes Unikum oder eine Unika oder wie auch immer man das sieht. Aber ganz, in jeder Hinsicht ein Erlebnis, auch die Brauerei.

Sarah Jäger: Ja.

Markus: Ich muss sagen, wir haben da mal die Pressekonferenz gehabt zu irgendeinem unserer Bierkeller-Bücher, also jedenfalls noch relativ am Anfang. Und wir waren halt bei ihr und haben das dort halt einfach gemacht. Und dann hat sie irgendwann das Regiment übernommen und quasi die gesamte Pressekonferenz weiter geschmissen. Aber super, also mit Geschichten erzählt und die Leute wirklich unterhalten. Und das ist einfach, die lebt das, also die hat ein unglaubliches Wissen und eine unglaubliche Geschichte dahinter und Leidenschaft natürlich auch rund um das Thema. Und das ist wirklich toll, also absolut.

Sarah Jäger: Aber ab und zu muss man ihr einfach das Mikro wegnehmen, damit sie nicht mehr weiterredet.

Markus: Ja, ja, also wenn du es ihr nicht wegnimmst, dann redet sie halt …

Sarah Jäger: Genau!

Holger: Mensch, Sarah, es war toll, dass du da warst und dir die Zeit genommen hast für uns. Also mir war das ein echtes Vergnügen. Und überhaupt ist es toll, dich da ein Stück begleiten zu können während deiner Amtszeit. Und ich finde das auch irgendwie ein ganz, ganz tolles Amt, weil das Bier hat das auch wirklich verdient hervorgehoben zu werden, und wie geht das besser als durch so eine charmante nette und schöne Bierkönigin wie du das bist.

Sarah Jäger: Ich sage natürlich vielen Dank für die Einladung und mir hat es natürlich auch viel Spaß gemacht. Und ich habe mich auch wirklich gefreut, dass ihr auf mich zugekommen seid. Und war ein sehr schöner Abend. Ja.

Markus: Ich kann auch nur sagen: Großartig! Holger, du hast eigentlich alle möglichen Worte, die ich sagen könnte, schon vorweggenommen. Insofern also, war mir eine große Ehre. Und Sarah, ich hoffe, wir bleiben noch lange verbunden und werden noch den einen oder anderen schönen Abend mit einem schönen Bierchen haben. Bis dahin! Prost!

Sarah Jäger: Prost! Tschüss!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

 

BierTalk 75 – Interview mit Andreas Eckschmidt und Johannes Lurz von BroBier aus Reckendorf

Andreas Eckschmidt und Johannes Lurz haben die perfekte Bamberger Bierkarriere hingelegt. Klassisch in die Bierkellerkultur hineingewachsen und schon als Kinder durch die örtlichen Brauereien gestöbert, wollten sie bald mehr wissen und versuchten sich – natürlich aus einer Bierlaune heraus – am Hobbybrauen. Die Freunde waren begeistert, der Glühweintopf zu klein und schließlich eine 100-Liter-Anlage selbst zusammengezimmert. Es kam, wie es kommen musste: der Weg führte sie erst nach Breitengüßbach zu Jörg Binkert, dem Vater vieler deutscher Craftbiere, und danach zu Dominik Eichhorn in die Reckendorfer Schlossbrauerei, wo sie nun quasi Untermieter der Brauanlage sind. Doch mittlerweile verbinden die drei auch eine tiefe Freundschaft und großer Respekt – schließlich betrat Dominik mit der Installation des ersten Omnium-Sudhauses der Welt brautechnologisches Neuland, das sie nun gemeinsam regelmäßig erkunden…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute Nummer 75. Und wir haben gleich zwei Gäste, man könnte auch einfach sagen, die Bros oder die von BroBier. Oder wie auch immer man es richtig ausspricht, werden wir gleich sehen. Auf jeden Fall freue ich mich sehr, dass ihr da seid. Und stellt euch doch mal unseren Hörern ein bisschen vor.

Andreas Eckschmidt: Servus! Ich fang einfach mal an. Ich bin der Andi. Ich bin eben einer der beiden Gründer von BroBier. Und neben mir sitzt …

Johannes Lurz: … der Hannes. Servus! Ich bin der zweite Gründer von BroBier. Und wir freuen uns wahnsinnig, dass wir heute dabei sein dürfen.

Markus: Fantastisch, wunderbar! Habe ich es denn richtig ausgesprochen mit Bro oder muss man das ein bisschen spezieller betonen?

Andreas Eckschmidt: Im Prinzip hat es zwei Bedeutungen. Das Bro kommt natürlich von Bruder. Das ist, weil wir einfach seit Kindheitstagen beste Freunde sind. Ich glaube, meine Mutter mag ihn mehr wie mich, ehrlich gesagt. Das ist bei uns immer recht verrückt. Das stand damals einfach mal auf einem Zettel, nachdem wir gebraut haben, aber dazu kommen wir später. Die zweite Bedeutung ist: Wir sind aus Bamberg, wir sind Bamberger Jungs, und wir sprechen ja kein P wie Paula hier in Bamberg. Von daher kommt‘s auch ein bissel von Probieren, steht auf den Flaschen meistens drauf „Probier’s“. Und so ist es ein bisschen eine Doppeldeutigkeit. Die älteren Leute bei uns im Dorf sagen auch ganz oft: Das ist das Probier-Bier, das probieren musst. So ungefähr.

Markus: Das klingt wunderbar! Wunderbar! Ihr seid aber nicht zufällig im Krankenhaus bei der Geburt vertauscht worden, oder so?

Johannes Lurz: Manchmal, also man könnte es erahnen, dass es so ist. Manchmal bin ich mir auch unsicher, wenn er sich mit meinem Vater irgendwie unterhält, ob das tatsächlich so ist. Aber ich denke, dafür sind wir doch unseren Vätern zu ähnlich.

Andreas Eckschmidt: Ja. Auf der einen Seite schon, viele Leute denken es dann auch im Dorf: Hey! Dein Vater war doch gestern noch am Stammtisch. Und ich so: Nee, der war arbeiten. Bis sich dann herauskristallisiert hat, dass er seinen Vater gemeint hat und nicht meinen. Ich finde es immer ein wenig schwierig, weil der Hannes hat noch einen Bruder und den kennen dann die meisten gar nicht.

Markus: Das ist eine sehr witzige Geschichte. Vielleicht wenn wir ganz kurz mal drauf eingehen, wie ihr überhaupt jeweils zu diesem Thema Bier gekommen seid und wie ihr dann zusammen zu diesem Thema Bier gekommen seid?

Johannes Lurz: Das ist eine sehr gute Frage. Also gut, bei mir ist es jetzt so, ich komme aus Reckendorf ursprünglich. Für mich ist das Thema Bier eigentlich schon immer irgendwo präsent. Mein Vater zum Beispiel spielt in der Blasmusik und dadurch sind so Themen wie Kerwa oder sonstiges, bei den Veranstaltungen auch gern Bier getrunken wird, immer irgendwo präsent. Das heißt, ich trinke eigentlich schon immer gerne mal ein Bierchen und das hat mich einfach begeistert. Ich habe gerne Bier getrunken, ich habe gerne auch verschiedene Biere ausprobiert. Und dadurch kommt eigentlich so die Begeisterung hin zum Bier. Und dann regt natürlich das auch irgendwie das Interesse, was eigentlich dahintersteckt. So war das bei mir der Fall.

Andreas Eckschmidt: Bei mir war es relativ einfach, ich war halt immer mit dabei. Also mein Papa spielt halt nicht in der Blaskapelle. Wir sind ursprünglich eigentlich aus Ungarn, da ist so (unv. #00:03:15.5#) in der Nähe. Und dadurch, dass ich da immer dabei war, war das halt dann für mich genauso. Und mein Papa trinkt natürlich auch sehr gerne Bier. Dann waren wir beide mal in Bamberg gesessen auf der Brücke, haben Bier getrunken, und als Bamberger bildet man sich auch irgendwie ein bissel was ein. Ich meine, wir sind Bierstadt und mit den ganzen tollen Brauereien, die wir haben. Und dann haben wir irgendwie gemerkt, dass wir eigentlich gar keine Ahnung von Bier haben. Ich meine Hopfen, Wasser, Malz ist irgendwie drin scheinbar, aber viel mehr wussten wir nicht. Dann haben wir relativ schnell beschlossen, dass wir gesagt haben: Komm! Wir kaufen uns mal ein, zwei Bücher, weil im Internet haben wir damals noch nicht so viel gefunden. Und hat sich jeder von uns ein Buch gekauft, das durchgelesen und dann stand ziemlich schnell fest: Komm! Wir brauen jetzt einfach mal daheim. Ganz klassisch im Glühweinkocher angefangen. Das Einzige, was bei uns vielleicht ein bisschen besonders war, wir haben von Anfang an gesagt, wir wollen da keine Rezepte aus dem Buch nachbrauen oder so, sondern wir wollen von Anfang an eigene Rezepte schreiben und unser eigenes Bier brauen im Prinzip.

Markus: Und dann gab’s Versuchskaninchen, die das probieren mussten?

Johannes Lurz: Ja, natürlich! Also klar, das ist dann das Erste, was man macht. Man ist natürlich das erste Mal, wenn irgendwie was Bierartiges rauskommt bei den Versuchen, ist man natürlich schon sehr stolz darauf. Und das erste, klar, die ersten Versuchskaninchen sind dann die Familie, Freunde.

Andreas Eckschmidt: Tatsächlich auch der Herr Eichhorn, der Dominik.

Johannes Lurz: Ja, richtig!

Andreas Eckschmidt: Weil der hat uns früher mal bei so einer kleinen Wohltätigkeitsorganisation, die wir geleitet haben, unterstützt mit Backstage. Und da haben wir ihn dann natürlich auch gleich ganz stolz das erste Bier gebracht mit einer fränkischen Brotzeit dazu. Das haben wir dann gemeinsam verkostet und probiert. Und der war dann auch sehr begeistert. Und ich glaube, außer dem Dominik, dem Hannes und mir hat keiner wirklich alle Biere getrunken, die wir je gebraut haben. Das ist tatsächlich nur bei uns dreien der Fall.

Markus: Spannende Geschichte! Und ganz kurz für die Hörer noch: Dominik Eichhorn von der Reckendorfer Schlossbrauerei, den hatten wir auch schon im BierTalk. Das ist natürlich sehr spannend, gerade wenn man so einen Mentor oder Begleiter gleich am Anfang so ein bisschen bei sich hat. Er ist glaube ich auch jemand, der wirklich das Herz auf der Zunge hat. Das heißt, der sagt auch dann wirklich, was er denkt und wie er so das Ganze empfindet. Wie ging dann so der Impuls weiter, dass ihr gesagt habt, okay, wir gehen dann jetzt in eine professionellere Richtung und wollen vielleicht auch mal ein Bier verkaufen?

Andreas Eckschmidt: das war dann eigentlich so, beim allerersten Mal haben wir unsere Väter noch geschimpft, wir trinken mehr Bier am Brautag als da rauskommt. Das übrigens dann auch, weil wir eben ein bisschen zu viel im Tee hatten, der Name BroBier entstanden. Am nächsten Tag, wo wir aufgestanden sind und aufräumen wollten, stand das dann einfach auf einem Zettel. Wir wissen beide nicht, von wem von uns beiden das kommt. Dann war der ausschlaggebende Punkt, dem Johannes sein Vater, sein 50. Geburtstag. Und da haben wir dann 100 Liter gebraut gehabt, das kam supergut bei den Leuten an. Die wollten wissen, wo man es kaufen kann. Und konnte man halt nicht, weil wir es nur in der Garage machen. Und dann hat es mit so kleinen Aufträgen angefangen, hey, mal für die Firmenfeier, für den Geburtstag, für die Hochzeit, haben dann auch schon Firma angemeldet ganz klein. Und irgendwann waren wir dem Ganzen überdrüssig, weil wir unser eigenes Bier nicht mehr getrunken haben. Wie es weitergeht, kann der Hannes gerne erzählen.

Johannes Lurz: Gut, es war dann irgendwann, die Entscheidung stand auch oder lag auf dem Tisch, dass man gesagt: Okay, wie machen wir das jetzt irgendwie weiter? Wollen wir das in einem größeren Maßstab irgendwie weiterproduzieren? Was haben wir denn für Möglichkeiten? Und dann sind wir auf die Idee gekommen, dass wir doch einfach mal zu Brauereien gehen und einfach mal nachfragen könnten, gibt’s denn überhaupt grundsätzlich die Möglichkeit, dass man seine eigene Rezeptur irgendwie auf so einer Anlage braut und kann man das überhaupt skalieren? Wenn ich jetzt daheim irgendwie in einem Einkocher oder wir haben uns irgendwann eine 100-Liter-Anlage zusammengeschustert, kann ich das eigentlich vergleichen, die ganzen Werte, die ich jetzt bei uns auf unserem Rezept stehen habe, kann ich das mit so einer großen Anlage vergleichen? Das war eigentlich die größte Schwierigkeit. So sind wir dann zu einer Brauerei, ortsansässigen Brauerei auch, und haben da einfach mal angefragt. Und die waren da natürlich auch begeistert und so ist das irgendwie mal in die professionellere Schiene gekommen, dass wir dann bei einer Brauerei waren, dort brauen durften an einem Brauttag. Und das war eigentlich der Start von dem Ganzen.

Andreas Eckschmidt: Das war damals beim Brauhaus Binkert, den Jörg kennst du logischerweise auch.

Markus: Jo!

Andreas Eckschmidt: Und da haben wir die ersten Sude quasi gemacht. Wir wollten eigentlich schon von Anfang an nach Reckendorf, aber damals hat der Dominik nur das alte 100-Hektoliter-Sudhaus gehabt, und das war für den ersten professionellen Sud deutlich zu viel, grad für unser erstes Bier damals, für das Amber war das eine Riesenmenge, und da haben wir uns einfach bei 15 Hektoliter beim Binkert wesentlich einfacher getan das zu verkaufen.

Markus: Das kann ich mir vorstellen. Und der Jörg ist natürlich auch ein sehr sowohl erfahrener Braumeister als auch eben Technologe. Weil du gerade gesagt hast, natürlich fanden die das gut. Ich muss sagen, das ist schon, also der Jörg findet nicht alles gut. Also müsst ihr ihn schon wirklich überzeugt haben. Und ich kann mir auch vorstellen, dass das bei ihm für euch auch noch mal so einen Schub gegeben hat, weil er, glaube ich, viel Input dann auch noch mal gibt, wenn man dann mit ihm zusammen braut.

Andreas Eckschmidt: Ja. Auf der einen Seite schon, auf der anderen Seite hat er uns aber auch machen lassen. Wir haben damals beispielsweise schon während der Hauptgärung gestopft. War jetzt nicht, weil wir gesagt haben, wir kennen uns da ultragut aus, inzwischen weiß man, dass das auch ganz gut ist für die Biere, aromatisch gesehen. Er hat uns das damals abgeraten, weil es zu viel Aroma raustreibt während der Gärung mit dem CO2. Wir haben da aber vehement darauf bestanden, weil das unser erstes Rezept war. Also er hat uns auch schon machen lassen. Hat natürlich auch Input gegeben, aber wir durften trotzdem frei nach Schnauze unser Ding machen. Das fanden wir auch ganz cool.

Markus: Apropos, wir reden die ganze Zeit über Bier, ich glaube, wir müssen auch mal eins trinken.

Andreas Eckschmidt: Ja, bitte!

Markus: Ich muss zugeben, dass ich von euch aktuell tatsächlich nur eines dahabe. Dafür aber gleich ein richtiges, würde man sagen, nämlich den Weizen-Doppelbock hopfengestopft. Jetzt weiß ich nicht, ob wir den gemeinsam verkosten wollen, dann könnten wir den trinken, oder ob ihr vorher noch was anderes trinken wollt, je nach dem?

Johannes Lurz: Wir haben jetzt beide den Weizen-Doppelbock vor uns stehen und (unv. #00:09:20.5#)

Markus: Na dann! Keine Frage! Dann mache ich ihn auch mal auf. Moment! So! Und gebe den mal ins Gläschen.

Andreas Eckschmidt: Ich hoffe, das klingt von unserer Seite auch so sexy wie von deiner mit dem Einschenken.

Markus: Da werde ich immer wieder danach gefragt oder werden wir immer wieder danach gefragt, ob wir da irgendwie tricksen oder irgendwie nachträglich noch Sounds einspielen. Aber ist gut, dass ihr jetzt so reagiert habt. Nein, es ist wirklich alles live. Ich mach’s halt hier direkt neben dem Mikro. Und wenn man dann eben so einschenkt, dass es eine gewisse Fallhöhe vom Bier gibt, dann passt der Sound auch entsprechend. Aber gut, dass ihr das mal so betont habt. Wunderbar! Ich sag vielleicht mal ganz kurz, wie mein Empfinden hier vom Bier ist, dann könnt ihr ein bisschen gucken, ob ich da auf der richtigen Schiene bin. Also erstmal vom Aussehen her habe ich also eine klare Trübung, aber das gehört sich für so einen Weizenbock auch so. Die Farbe ist so sandorange irgendwie, also eine schöne weiche Farbe mit so einem leichten Orangestich sozusagen. Obendrauf ist dann der Schaum so fein- bis mittelporig. Ist auch leicht getönt. Und insgesamt lächelt mich es auch richtig schön an. Jetzt rieche ich mal rein. Ha! Und da habe ich also einerseits die klassischen Weizenbock-Aromen, also Banane, wie man es so kennt, eher eine reife Banane, schön intensiv, schön fruchtig, dann frisch, ein bisschen Zitrus. Und dann kommen eben auch so Tropenfrucht-Aromen, also so Richtung Papaya, Mango, irgendwie in so eine Richtung, sehr schön, sehr frisch auch, sehr einladend. Jetzt nehme ich mal ein Schlückchen. Ein sehr cremiges Mundgefühl. Es fängt ein bisschen süßer an, wie man es vom Weizenbock erwarten würde. Dann im Mund selber geht’s so über in so leichte Honignoten. Dann kommen diese fruchtigen Aromen, geht eben wieder so in Tropenfrüchte über, in Banane. Wenn man dann runterschluckt, ist es so eine schöne Mischung, wo einerseits dann tatsächlich jetzt auch die Hopfenbittere sich ordentlich zu Wort meldet, aber sich immer wieder abwechselt mit den fruchtigen Noten von der Banane, von den Tropenfrüchten, und fast auch so ein bisschen gewürzige Aromen, noch ein bisschen pfeffrige dabei, vielleicht auch so ein bisschen Guave, also eine sehr schöne Reise durch ganz viele verschiedenen Aromen. Insgesamt also ein sehr dichter und sehr intensiver und auch sehr angenehmer Geschmack. Also von meiner Seite auf jeden Fall schon mal Glückwunsch! Habe ich das einigermaßen richtig erfasst?

Andreas Eckschmidt: Fandest du nicht, dass es ein bisschen salzig schmeckt?

Markus: Moment!

Andreas Eckschmidt: Nach mehr.

Markus: Jetzt hast du mich echt verunsichert. Weil das ist tatsächlich …

Andreas Eckschmidt: Sorry! Auch Entschuldigung an alle Hörer, (unv. #00:12:03.2#) musste jetzt sein.

Markus: Du, ich schneide es sowieso raus. Nein, Quatscht! Natürlich bleibt das drin. Und ist ja auch gut, also den Witz kenne ich schon, aber ich muss sagen, wir hatten das neulich bei einem Bierwettbewerb mal, dass einer am Tisch wirklich behauptet hat, das Bier wäre salty. Und dann haben wir da ewig rumdiskutiert und ich habe dann am Schluss gesagt „Naja! Vielleicht bin ich auf dem Auge einfach etwas blind“ und habe das dann auf sich beruhen lassen. Das hat mich jetzt ein bisschen dran erinnert. Hätte ja sein können, dass ihr so eine Prise Salz rein gebt, machen viele sogar beim Kaffee. Aber es schmeckt tatsächlich nach mehr. Da stimme ich euch auf jeden Fall zu.

Johannes Lurz: Nein, also grundsätzlich bist du mit deiner Beschreibung, also stimmen wir komplett überein, denke ich. Das Schöne finde ich bei dem Weizen-Doppelbock ist einfach, dass es so komplex ist und in so verschiedene Richtungen geht. Es ist wirklich, man schmeckt, das ist ein Weizen irgendwie, also es hat einfach diesen typischen Weizencharakter, es hat den typischen Doppelbock-Charakter, auch diese leichte Süße, das Bananige von dem Weizen. Und dann einfach durch das Hopfengestopfte hat man einfach diese fruchtigen Aromen, das Tropische noch mal mit dabei. Und das alles entfaltet sich irgendwie in unterschiedlichen Phasen. Also je nach dem, im ersten Antrunk und dann aber auch hinten raus noch mal eben eine leichte, ganz leichte Bittere rundet das Ganze ab. Also ich finde, das Bier ist schon rund und gut gelungen und ganz verschiedene Geschmacksrichtungen einfach bei dem Bier.

Andreas Eckschmidt: Ich finde es auch schön, also was wir auch versucht haben zu betonen, es ist dezent hopfengestopft. Also das waren jetzt bei der Hauptgärung und bei der Lagerung waren das ungefähr 80 Kilogramm Sabro bei 200 Hektolitern. Also ist jetzt nicht die Welt, ging uns da aber auch einfach darum, wir wollten einfach nur einen Touch drinnen haben und wir wollten da jetzt nicht irgendwie eine Art Naipa-Verschnitt oder sowas draus machen, sondern es soll ganz klar auch dieses wunderbare Weizen-Doppelbock-Aroma da sein. Es ist nicht das fruchtigste Bier, das man je getrunken hat, aber darum geht’s uns auch gar nicht. Wir lieben beide einfach Weizenbiere und diesen Charakter auch irgendwie darzustellen und ein ganz bissel zu verbinden. War uns wichtig, vor allen Dingen, weil wir das in Kooperation mit der Schlossbrauerei gemacht haben. Und wir stehen beide auch ein bisschen so Vereinigung von Tradition und Moderne. Und das fand der Dominik auch sehr gut. Wir haben da lange über das Rezept zu dritt diskutiert und ich glaube wir sind mehr als zufrieden damit. Jetzt stoßen wir auch endlich mal an.

Johannes Lurz: Das Schöne ist einfach, dass wir damit auch viele Leute erreichen. Ich meine, die Leute, die Zuhörer wissen auch teilweise, dass wir verschiedene Sondersorten, Sonderbiere auch immer zu unserem Standardsortiment machen und brauen. Und der Weizen-Doppelpack, damit spricht man einfach den Weizentrinker an und man spricht den Bocktrinker an. Das passt jetzt perfekt in die weihnachtliche kalte Zeit.

Andreas Eckschmidt: Man spricht auch irgendwie den Spezialbier-Trinker an. Natürlich bei uns original alles nur 0,5. Und für die Leute, die uns vielleicht nicht kennen, wir haben standardmäßig drei Biere, das ist ein Helles Urfränkisch unfiltriert nur mit einem Hopfen und einem Malz gebraut. Wir haben fränkisches Rotbier, das sehr, sehr komplex ist. Das sind knapp acht verschiedene Spezialmalze drin. Ein helles Rauchbier, das einen ganz leichten Rauchgeschmack bloß hat. Und dann kommen eben immer wieder mal Sonderbiere wie IPA, Naipa, Amber, Böcke und worauf wir halt grad Bock haben.

Johannes Lurz: Genau!

Andreas Eckschmidt: Von der Farbe vielleicht noch, was mir eingefallen ist. Dass wir eigentlich da ein ganz schönes Herbstlaub haben in dem Sinne, ganz bunt gemischt, ganz verschiedene Gelb- und Orange-Töne ein bisschen. Also ich finde, mich erinnert das Bier von der Farbe immer ein bisschen an Herbst.

Markus: Und wenn wir schon über die Farbe vom Bier sprechen, dann müssen wir auch über die Farbe vom Etikett sprechen. Wie kommt man denn auf die Idee, das lila zu gestalten?

Andreas Eckschmidt: Ach, das war eigentlich, wie soll man sagen, der Recken Weizenbock hat schon ein bisschen lila Elemente. Und wir fanden die Kombination mit Lila und Gold recht edel. Wir finden auch, das ist ein recht edles Bier in dem Sinne, weil es halt eben so vielschichtig und komplex ist. Und da fanden wir die Kombination lila-gold eigentlich recht schön. Es ist auffällig, ohne dass es auch irgendwie im Auge sticht. Es ist jetzt keine, keine Ahnung, Leuchttürkis oder Pink oder irgendwie sowas, sondern ist eigentlich, fanden wir, eine angenehme Kombination.

Johannes Lurz: Und passt natürlich auch zur Weihnachtszeit. Also jetzt für die kalte Jahreszeit, Weihnachtszeit. D

Markus: Genau! Das wollte ich gerade auch sagen. Dafür ist es natürlich wie die Faust aufs Auge, weil es natürlich so ein bisschen so einen weihnachtlichen, wie so ein eingepacktes Geschenk mit so einem Gold-Schleifchen oder so. Die Assoziation kann man natürlich sehr gut herstellen. Und da steht jetzt auch drauf: Reckendorfer & BroBier. Das heißt, es ist dann so eine offene Collaboration, wie man so schön sagt, also jetzt, was ihr gemeinsam macht, oder wie reiht sich das in eure Reihe ein?

Andreas Eckschmidt: Es ist ein gemeinsames Projekt, das soll auch ein bisschen darstellen, dass wir halt hier in Reckendorf einfach in der Schlossbrauerei zwei Sudhäuser und zwei Brauereien haben. Das ist uns auch eine Herzensangelegenheit. Deswegen wollte der Dominik auch von Anfang an, dass wir hier brauen können, weil er eben von unserer Leidenschaft auch so begeistert war. Und auch, wenn das jetzt ein bisschen blöd klingt, auch für die Zuhörer, aber uns geht es sehr, sehr gegen den Strich, was aktuell in der Braubranche auch abläuft mit den ganzen Etikettenschwindlereien. Da werden Biere von anderen Braueien reingenommen, ein Etikett draufgeklebt, am besten sich auch noch prämieren lassen und Co.. Uns geht das sehr gegen die Meinung, wir sind sehr stolz, dass wir unsere Biere, die ganzen Rezepte selber schreiben, beim Brauen auch größtenteils mit dabei sind. Also wir wollen auch keinen anlügen, wir sind natürlich nicht bei jedem Sud dabei. Wir müssen ja auch noch ausliefern und haben die Firma zu leiten. Aber die Standardbiere werden inzwischen ganz normal gebraut, bei den Sonderbieren sind wir natürlich immer mit dabei, weil hier dann tatsächlich auch ein bissel das Know-how dafür fehlt, wie man das Ganze macht. Aber wir sind wirklich zwei Brauereien und in einem im Prinzip, sind komplett eigenständig hier in Reckendorf, haben auch unsere eigenen Tanks hier. Inzwischen gibt’s auch Investitionen, die gemeinsam getätigt werden wie Hopfenfilter, ein bissel Ausbau vom Hof und, und, und. Und wir sind hier auch sehr froh, dass wir freie Hand haben. Die einzige Begrenzung ist, wir dürfen keine Sauerbiere machen. Aber damit können wir aktuell noch ganz gut leben.

Markus: Ich glaube, das ist ganz gut, damit auch leben zu können. Aber wenn du gerade sagst, die eigene Firma zu leiten, wenn ihr vielleicht da noch ein bisschen was erzählt. Wie hat sich denn das entwickelt und lebt ihr jetzt wirklich vom Thema Bier?

Johannes Lurz: Grundsätzlich, wie hat sich das Ganze entwickelt? Wir beide sind die Gründer von dem Unternehmen auch. Es ist auch noch so, dass wir beide mitbeteiligt an der Firma sind. Bei mir ist es jetzt so, dadurch, dass ich letztes Jahr mit meinem Master fertiggeworden bin, also ich habe Maschinenbau studiert und den Master jetzt letztes Jahr fertiggemacht, und ich wollte jetzt erst mal ins Berufsleben einsteigen, dass ich sage, irgendwann könnte ich mit in die Firma komplett einsteigen. Deswegen, ich bin jetzt nebenbei so und unterstütze natürlich. Wir haben fast täglich Telefonate, bei denen wir irgendwelche Entscheidungen treffen müssen. Und ansonsten bin ich natürlich, wenn ich Urlaub habe oder am Wochenende, mit dabei, liefere mit aus, überprüfe noch mal irgendwelche Drücke und so weiter.

Andreas Eckschmidt: Also es läuft halt recht, also die Anteile von der Firma sind halt zwischen uns beiden mit aufgeteilt. Ich halte natürlich wesentlich mehr, weil ich mach‘s tatsächlich hauptberuflich inzwischen. Aber man darf das auch nicht durch die rosarote Brille sehen, so eine Brauerei ist extrem teuer und wir sind hier halt eben mit am Start, erleichtert uns einige Investitionen, auf der anderen Seite müssen wir natürlich auch Tanks, Kästen, Flaschen, das ganze Marketing-Portfolio im Sinne von Etiketten und, und, und bezahlen. Und davon können wir beide eben nicht leben, bei weitem nicht, auch ich noch nicht. Also man nimmt sich noch ein bisschen aus der Firma raus. Und wir haben halt einen Privatvertrag nochmal zusätzlich, dass er irgendwann mit einsteigen kann, wenn er möchte und wenn auch die Summen und Gehälter passen. Und ansonsten läuft‘s halt so, wenn ich jetzt beispielsweise sage, ich will gern ein Zwicklpils brauen und der Hannes sagte, Zwicklpils habe ich jetzt keinen Bock drauf, dann kann ich es nicht machen. Also das bleibt alles fifty-fifty in den Entscheidungen. Und ansonsten schauen wir, dass wir … Das Gute ist, wir zwei Blödköpfe haben eigentlich eh immer dieselbe Meinung. Also es ist von daher eigentlich immer recht easy.

Markus: Das glaube ich auch, dass ihr euch da immer ganz gut ergänzt und auch da eben gut in euerm Geschmack harmoniert. Was hat euer Umfeld denn dazu gesagt? Also einerseits, was haben so die Kunden und die Biertrinker, wie sind die mit eurer Marke, was kommt da so für Feedback? Und wie ist es mit eurer Familie, wie sehen die das, dass da jetzt eine neue Brauerei entstanden ist?

Johannes Lurz: Grundsätzlich, von unserer Familie bekommen wir natürlich viel Rückhalt. Also die fanden das am Anfang, also es gab auch teilweise Freunde oder Bekannte, die das am Anfang auch ein bisschen vielleicht belächelt haben, als wir in der Garage irgendwie angefangen haben. Also wirklich aber sehr vereinzelt. Die anderen Kumpels, Freunde fanden das natürlich super, konnten auch teilweise mit dabei sein. Wir hatten immer Besuch. Also jedes Mal, wenn wir gebraut haben, war irgendjemand da, der uns zugeschaut hat: Was machen wir eigentlich da? Was ist unser Ziel? Wie funktioniert das? Und waren da auch immer mit interessiert. So war es ursprünglich. Jetzt natürlich, wenn es größer wird, also gibt es wenige von unseren Bekannten, Freundeskreis, Familienkreis, die da irgendwas Negatives drüber sagen.

Andreas Eckschmidt: Zumindest nicht in unser Gesicht.

Johannes Lurz: Ja genau! Zumindest nicht uns … Genau, sagt uns keiner direkt. Deshalb schon mal vielleicht so im Freundes- und Bekanntenkreis und wie gesagt, die unterstützen uns da, geben uns Tipps, Input. Da sind wir auch, herzliches Dankeschön an alle unsere Freunde auch, die uns, egal um was es geht, bei Veranstaltungen und so unterstützen und unter die Arme greifen. Aber jetzt und so von den Biertrinkern, die man jetzt nicht so kennt oder so, da kommt auch positives Feedback erst mal grundsätzlich, wo man sagt, okay, es sind gute Biere, es sind stabile Biere, es ist mal ein bisschen was Neues mit irgendwie einem Twist dabei. Die finden das natürlich gut. Aber es gibt natürlich wie wahrscheinlich bei jedem irgendwo auch negatives Feedback grundsätzlich, wo man aber auch sagen muss, teilweise haben es vielleicht die Leute auch noch nicht mal probiert und haben halt einfach ein bisschen was gegen etwas Neues.

Andreas Eckschmidt: Wir sind tatsächlich eher eine klassische Brauerei. Wir fungieren auch so. Also wir arbeiten um unseren Schornstein herum. Wir sind jetzt nicht groß im Online-Handel. Der ist jetzt seit letzter Woche beispielsweise erst wieder offen. In der Situation, wie wir grad sind, gibt’s uns zweieinhalb Jahre. Wir machen jetzt in dem Jahr knapp oder jetzt zwei Jahre besser gesagt machen wir jetzt knapp 2000 Hektoliter. Da sind wir sehr stolz darauf. Und weil wir halt eben traditionelle Biere machen, Helles unfiltriert mit einem Hopfen, einem Malz, ein fränkische Rotbier, ein Rauchbier ein leichtes. Uns ist halt hier die Kultur wichtig. Wir haben leider nicht den Vorteil, dass irgendjemand mal von unseren Großeltern oder sonstiges eine Brauerei gegründet hat. Aber wir lieben die Braukultur, die Brauszene. Und auch, wenn wir beide keine gelernten Brauer sind, haben wir davor extreme Achtung, uns liegt das extrem am Herzen. Und das ist auch das, was die Kunden glaube ich merken und auch die Leute, dass wir einfach ein Riesen-Respekt vor dem Ganzen haben und uns diese Kultur so wichtig ist. Und wir auf der anderen Seite aber halt auch mal ein Naipa raushauen können und dass die Leute dann auch probieren, was wir eigentlich echt cool finden.

Markus: Ihr habt auf jeden Fall schon eine richtig große Bandbreite schon gemacht und auch vieles immer präsent. Macht ihr denn jetzt alles in Reckendorf oder macht ihr noch einen Teil beim Jörg?

Andreas Eckschmidt: Nein, beim Jörg sind wir schon sehr lange nicht mehr. Wir machen tatsächlich alles in Reckendorf. Einfach aus dem Grund, dass wir hier, also wir sehen uns auch nicht als Gypsy-brauer oder ähnliches an, weil wir haben hier einen festen Platz. Uns gehören hier auch im Prinzip Räumlichkeiten mit. Wir haben hier eigene Tanks stehen, wir greifen stetig ins Baugeschehen mit ein. Auch wenn ich jetzt beispielsweise mal nicht dabei bin, wenn ein Helles gebraut wird. Dann mache ich aber dann, wenn das Bier durchgegoren ist, tun Grünschlauchen. Was heißt durchgegoren, wenn es halt so weit ist, dann mache ich das Grünschlauchen selber. Wir legen überall Hand an, wir sind stetig im Brauprozess mit einbegriffen. Vielleicht nicht so unbedingt zur Sympathie des Braumeisters hier, weil wir halt einfach auch unseren Stiefel durchziehen und es natürlich auch schwierig ist, alles miteinander zu vereinen. Aber für uns ist es halt einfach extrem wichtig und wir gehen mit dem Thema extrem offen um, dass wir hier in der Schlossbrauerei sind. Und ich finde es auch gut, dass zwei Brauereien so zusammenarbeiten können. Da gibt’s, da brodelt auch die Gerüchteküche im Sinne von, unser Rauchbier ist das Recken-Rauchbier, obwohl der gar kein Rauchbier hat, und lauter so Blödsinn, wo wir auch vehement versuchen, dass solche Blödigkeiten verboten gehören, weil es einfach Kundentäuschung ist. Und ein bisschen dazu, dass dem Dominik die Firma gehört und wir hier nur angestellt sind, dann würde ich glaube ich keine 80 Stunden in der Woche mir den Arsch aufreißen und die ganzen Probleme haben, die wir haben. Aber wir machen das mit sehr viel Leidenschaft und ich glaube, das schmeckt der Endverbraucher auch.

Markus: Und bei der Gelegenheit können wir vielleicht auch noch ein bisschen über die Brauanlage an sich sprechen, weil uns nämlich nach dem BierTalk mit dem Dominik klargeworden ist, dass das fast so ein bisschen runtergefallen ist, weil wir das schon eigentlich eher so als ganz normal angesehen haben. Das ist schon auch was Besonderes. Ihr habt schon gesagt, es gibt ein altes Sudhaus und es gibt eben auch ein modernes Sudhaus, was dieses Ziemann Omnium System ist mit einer (unv. #00:25:37.1# Nessie?), die da praktisch statt einem Läuterbottich letzten Endes funktioniert und damit eben ganz andere Stammwürzen, ganz andere Abläufe letzten Endes möglich sind. Vielleicht wollt ihr da ein bisschen erzählen, wie kommt ihr mit dem System zurecht? Gefällt euch das?

Andreas Eckschmidt: Da muss ich jetzt leider Gottes noch mal einen Monolog halten, da bin ich ein kleines bisschen mehr involviert mit. Es ist sehr spannend vorab, es ist sehr interessant, es ist neu, Brauprozesse funktionieren anders wie auf der alten Anlage. Die Amylasen funktionellen kürzer. Wir holen beispielsweise eine Amylase nach dem fertigen Brauvorgang vor bei 83 Grad, wo die eigentlich gar nicht mehr stattfinden dürfte. Funktioniert als kurze Explosion. Wir haben mit dem Janus einen separaten Hopfenkessel quasi, wir können einfach hier Glattwasser abfangen mit einem höheren pH-Wert. Das wird auf einer speziellen Temperatur sagen wir mal zum Kochen gebracht und da lösen sich einfach viel mehr Bitterstoffe in dem Ganzen, man verbraucht weniger Hopfen. Es entsteht eine feinere Bittere. Es ist, glaube ich, sehr schwer, das jetzt hier irgendwie zu erklären. Es ist auf jeden Fall sehr kompliziert gedacht oder wie soll man sagen, nicht kompliziert gedacht, schwierig zu erklären, wenn man nicht davorsteht. Es ist aber halt was komplett Neues. Also auch, wenn hier ein Braumeister zu Besuch ist und wir erklären das, dann sagt der auch manchmal „Hä? Das funktioniert doch gar nicht so“. Und dann muss man erklären „Doch, auf der Anlage klappt das eben so“.

Johannes Lurz: Vielleicht als kleine Ergänzung, ich weiß jetzt nicht, für die Zuhörer natürlich auch, grundsätzlich ist der Läuterprozess komplett anders. Bei einem alten Sudhaus kann man es sich vorstellen, also läutern, um es ganz einfach zu sagen, ist dafür da, eigentlich um das Malz, welches ich verwendet habe, von der Flüssigkeit zu trennen. Normalerweise funktioniert das mit einem Sieb, kann man sich das vorstellen, und durch Schwerkraft sozusagen trennt man dann die Feststoffe von der Flüssigkeit. Und beim Nessie System ist es so, also es heißt Nessie, weil das vier Räder sind, die ausschauen wie so ein, also ein bisschen absteigend, und schaut aus wie so eine Nessie, die irgendwo …

Andreas Eckschmidt: … aus Loch Ness.

Johannes Lurz: Genau! Loch Ness. Und da ist es so, dass man sich das wie Waschmaschinentrommeln vorstellen kann, die sich ganz langsam drehen. Und dann wird eben von Rad zu Rad die Flüssigkeit von den Feststoffen getrennt. So vielleicht erst mal als grobe Unterscheidung davon.

Andreas Eckschmidt: Und da verwenden wir die verschiedenen Flüssigkeiten für die verschiedensten Prozesse. Also wir sitzen eh grad im Sudhaus, wir haben jetzt vor uns im Prinzip drei Behältnisse, große stehen, die alle unterschiedliche Funktionen erfüllen. Ein kleines noch, also es ist sehr komplex. Ich glaube, da könnten wir ein komplettes Video drüber drehen. Was für uns halt interessant ist, also wir benutzen nur die neue Anlage und auch die Nutzung von uns ist am meisten. Wir sind da ganz oft auch irgendwie das Experimentierkaninchen sozusagen, weil wir sind die Ersten weltweit, die auf so einer Anlage ein Rotbier gebraut haben, ein Rauchbier gebraut haben. Amber, jetzt auch mit dem Weizen-Doppelbock, mit dem Naipa, mit den IPAs und Ales im Allgemeinen, die wir machen. Wir stehen da auch sehr arg in Kontakt mit Ziemann mit den Ingenieuren, um uns gegenseitig auszutauschen. Das ist irgendwie ganz verrückt, weil wir sind beide keine gelernten Brauer oder Braumeister und diskutieren dann über Prozesse, die dann hier passieren in Reckendorf bei der Anlage und können da unsere Erfahrungswerte mitteilen. Was extrem spannend war, also auch, wenn andere Leute kommen, man ist da schon irgendwie sagen wir mal in einer Richtung sehr speziell unterwegs und kennt sich dann inzwischen auch sehr, sehr gut da drin aus.

Markus: Das ist fast so ein bisschen wie ein Restart, so kann man sich das vorstellen. Also dass eben letzten Endes mit dieser ganz neuen Anlage auch jemand, der jetzt auf einer alten gelernt hat, erst mal die Dinge wieder neue begreifen muss und eben neu rangehen muss. Und ich finde es auch interessant, dass der Ursprungsgedanke eigentlich war bei der Entwicklung der Anlage, dass gerade für größere Brauereien damit viele Erleichterungen da sind. Und dann hat man eben gemerkt, naja, aber wenn man das Ganze in klein skaliert, dann ist es eben auch für kleine Brauereien sehr spannend, weil ich halt mit ganz anderen Mengen arbeiten kann und eben auch mit ganz anderen Rohstoffmengen arbeiten kann. Und was ihr schon gesagt habt, dass man eben zwischendurch Flüssigkeiten aus dem Prozess rausnehmen kann, was normalerweise gar nicht geht, weil die alle in einem Topf sind. So kann man es eben Stück für Stück machen und kann auch zum Beispiel Rücksicht darauf nehmen, dass beim Hopfen ätherische Öle eine große Rolle spielen. Und wenn ich die halt nur reingeben kann, wenn das Ganze kocht, dann verdampfen mir natürlich viele davon. Wenn ich aber eben Teilflüssigkeiten habe, die zum Beispiel nur 60, 70, 80 Grad haben, dann habe ich da einen anderen Verlust. Und so kann man einfach da ganz spannend arbeiten. Also ich kenne es ja auch nur von der Theorie beziehungsweise von der Praxis als Trinker, Brauen kann ich damit natürlich nicht. Aber ich muss wirklich sagen, ich finde das echt spannend und habe auch schon Vergleichsbiere mit dem Dominik getrunken, wo man auch wirklich merkt, das ist was anderes. Ja, also besser ist, aber schwierig, aber es ist anders. Und es ist oft auch klarer, crisper könnte man sagen so in der Geschmacksausprägung. Es ist auch so ein bisschen finde ich von der Technologie her, dass man sagt, okay, jemand hat halt mal das Automobil erfunden und seitdem arbeiten wir jetzt aktuell immer an diesem Verbrennungsmotor, seit man sich dafür entschieden hat, und ist natürlich jetzt irgendwo dabei, dass man das einfach ausgereizt hat. Und dann ist halt alles, was man da erfinden kann, irgendwie schon erfunden worden. Und bevor man jetzt sagt, wir arbeiten nochmal an sowas, sagt man, okay, wir gehen mal einen Schritt zurück und überlegen uns, vielleicht ist das auch irgendwie ganz anders möglich und fängt dann eben nochmal von vorne an. Und da glaube ich auch, dass diese Technologie natürlich viel Potenzial noch hat, um verbessert und optimiert zu werden. Und da seid ihr jetzt Protagonisten der ersten Stunde, finde ich auch sehr spannend. Fühlt ihr euch auch so?

Andreas Eckschmidt: Ja, irgendwie schon. Es ist sehr spannend, auf der anderen Seite ist es auch ein bisschen ein Wechselbad der Gefühle. Weil es ist cool, das Ganze zu entdecken und rauszufinden, aber jetzt eine Brauerei quasi in der größten Brauereidichte der Welt so gesehen hochzuziehen, wo der Franke im Allgemeinen kritisch gegenüber Neuem ist und nicht unbedingt die offenste Weltkultur manchmal an den Tag legt, so sind wir halt leider Gottes ab und an, und da will man eigentlich, dass alles perfekt funktioniert. Also wir hätten die Brauerei wahrscheinlich leichter starten können, hätten wir auf einem klassischen Sudhaus gebraut, hätte uns wahrscheinlich das Leben extrem einfacher gemacht, vor allem im ersten Jahr. Wir mussten noch einiges rumdoktern, weil einfach auch Probleme entstanden sind, die vorher nicht bewusst waren und die dann irgendwie selber zu zweit oder in Arbeit mit dem Dominik zu lösen, war nicht immer das Einfachste.

Johannes Lurz: Im Endeffekt ist es auch so, dass man zwar damit rechnet, dass der Endverbraucher auch sich denkt, wow, die brauen jetzt hier auf einer ganz neuen Anlage, aber im Endeffekt eigentlich, wenn man ganz ehrlich ist, interessiert das wahrscheinlich vielleicht 5 % von den Leuten, die unser Bier kaufen, dass wir auf so einer Anlage brauen.

Andreas Eckschmidt: Wahrscheinlich (unv. #00:32:38.9#)

Johannes Lurz: Genau! Das heißt, man rechnet zwar damit, dass es Begeisterung irgendwo hervorruft, aber im Endeffekt ist es so, dass bierbegeisterte Leute oder auch die technikinteressierten Leute, die finden sowas schon super, aber mehr irgendwie auch nicht. Das ist der Punkt eigentlich dabei.

Andreas Eckschmidt: Das ist auch nicht (unv. #00:33:01.2#), dass wir da hier auf der Anlage brauen und uns so viele Sachen überlegen müssen oder so viele Sachen austesten. Ich meine, man testet nicht aus und sagt, ha, war ein schöner Test, sondern dann kommt ein Bier bei raus, das verkauft werden muss. Es müssen Rechnungen bezahlt werden. Man liegt nachts wach, weiß nicht, wie man das und das stemmen soll, und dann soll man auch noch rumprobieren. Das war definitiv keine leichte Zeit.

Markus: Aber so ein bisschen auch eine klassische Unternehmergeschichte einfach, wo man am Anfang halt einsteigt und in gewisser Weise auch ein bisschen Lehrgeld zahlt und dann eben Kreativität braucht, Durchhaltevermögen braucht, einfach die die nötige Energie, um dann seinen Laden auch durchzuziehen. Das finde ich schon gut und da kann man euch auch nur großen Respekt letzten Endes zollen. Was würdet ihr denn sagen, von all den Bieren, die ihr so gemacht habt, was waren eure absoluten Tops und vielleicht auch, gab’s einen Flop?

Johannes Lurz: Ich fange mit dem Flop, bei Flop muss ich (unv. #00:33:53.4#). Das passt nämlich super zu dem Nessie-System. Wir haben mal ein 100 % Weizenbier gebraut. Es ist ja normalerweise Weizenbier besteht nie aus 100 % Weizen, sondern ist immer Gerstenmalz mit dabei, weil der Läutervorgang normalerweise auf einem Standardsudhaus nicht möglich ist. Und deswegen dachten wir, hey, mit der neuen Anlage geht das und das wäre doch mal cool zu wissen, wie eigentlich ein Weizen, also Weißbier schmeckt mit 100 % Weizenmalz. Für uns war das wahnsinnig spannend, da was zum Beispiel wieder cool auszuprobieren. Was aber rauskam, war einfach ziemlich flach. Also das Gerstenmalz ist bei dem Weizen auch so, dass es trotzdem für die Vollmundigkeit sorgt, und das hat einfach komplett gefehlt. Das war interessant, das war getreidig irgendwie vom Geschmack her, aber es war einfach, das hat keinen begeistert, das hat keinen interessiert eigentlich, dass jetzt 100 % Weizen drin ist, sondern eigentlich war das so, es war eine Enttäuschung für den Endverbraucher, weil der mit einem Weizen rechnet, mit dem Weizen, wie er es kennt und …

Andreas Eckschmidt: Mit was Bananigem vielleicht auch.

Johannes Lurz: Genau! Und das hat einfach komplett gefehlt. Und deswegen war das vielleicht ein Flop.

Andreas Eckschmidt: Es hat auch einigen Leuten tatsächlich ganz gut geschmeckt, aber es war halt so, wir haben das eigentlich im High Gravity Verfahren gebraut, wir haben eigentlich einen Weizenbock gebraut und haben den dann nach der Gärung ein bisschen runter verdünnt. Und dann war es so, das war einfach nur nelkig und gar nicht bananig. Wir haben eigentlich mit dem Maischsystem und alles geguckt, dass es so bananig wie möglich wird, und Weizen hat auch noch eine ganz leicht saure Note. Es hatte auch einen ganz leichten sauren Stich, ohne dass da jetzt irgendwie Lakto oder sonst was im Spiel war. Es war von der Herstellung ultrainteressant, das war halt auch ultraleicht, da gab‘s gar keinen Widerstand. Also das konntest du schütten wie nichts, aber es war halt, der Endverbraucher hat es einfach nicht gecheckt, sagen wir es mal so.

Markus: Quasi habt ihr Hard Seltzer erfunden.

Andreas Eckschmidt: Nein, das nicht. Das lassen wir uns auch nicht vorwerfen, weil Hard Seltzer ist was ganz anderes. Das weißt du auch.

Markus: Klar, aber da musste ich jetzt auch mal. Dann gehen wir lieber zu den Tops.

Johannes Lurz: Zu den Tops, also grundsätzlich ist es so, die Standardsorten trinkt man natürlich selber wie soll man sagen als Feierabendbier so ein Helles oder so, muss ich sagen, ist in meinen Augen jetzt so wie mein Favourite. Aber ich liebe natürlich auch unsere Sondersorten. Also das fängt an jetzt wie das Naipa, was wir jetzt gebraut hatten, liebe ich einfach. Ich liebe zum Beispiel auch das Freiraum Ale. Aber ich muss wirklich sagen, für mich persönlich, das soll jetzt auch gar keine Werbung oder sonst irgendwas sein, ist einfach der Weizen-Doppelbock das Highlight aktuell. Ich muss wirklich sagen, der schmeckt mir rund um.

Andreas Eckschmidt: Wer hätte es gedacht? Ich bin derselben Meinung. Überraschung! Surprise, Surprise! Ich finde den tatsächlich auch wahnsinnig gut. Was noch von unserem Standardsortiment, ich trinke das Helle natürlich auch sehr viel, mal abends bei der Arbeit oder so zum halben Feierabendbier läuft’s halt einfach hinein, wie Drecksau, wie manch einer sagen würde. Aber eigentlich unser perfektestes Bier ist, glaube ich, das Rotbier. Das ist, glaube ich, so wie es auch früher gewesen wäre. Wir haben eine ganz leichte röstige Note drinnen, die tatsächlich nur auch wegen dem Nessie-System da ist, weil wir ein bissel hellere Biere damit erzeugen können und wir mit dem Carafa Typ II da ein bisschen gegengesteuert haben. Es sind knapp acht verschiedene Spezialmalze drin. Das ist eine Bombe. Wenn das nicht so einen hohen Endvergärungsgrad hätte, könnte man es wahrscheinlich kaum trinken, weil es so intensiv ist. Es hat mir schöne malzige Note. Ich finde das dunkelrote Rubinfarbene wirklich klasse und ich glaube, wir haben selten ein Bier gebraut, das mehr on point ist wie das.

Markus: Ja, also da kann ich euch nur beipflichten. Ich bin ein sehr großer Rotbier-Fan und probiere mich da auch immer wieder gerne durch, was es alles so gibt, und da gehört das auf jeden Fall auch zu meinen Top 3. Finde ich ein ganz, ganz faszinierendes, spannendes Bier mit eben ganz viel Aroma und Dichte. Jetzt, wenn wir das senden, ist der vierte Advent gleich, also der vierte Advent Samstag sozusagen. Das heißt, da würde ich euch zum Abschluss einfach fragen, Mensch, wenn ihr euch was wünschen könntet so zu Weihnachten, zum neuen Jahr für eure Brauerei, für eure Biere, was wären denn so die Wünsche, was steht auf euerm Wunschzettel drauf?

Johannes Lurz: Boah! Ich fange einfach mal an. Wenn ich mir wünschen dürfte, was ich möchte, würde ich mir einen neuen Lagerkeller wünschen.

Andreas Eckschmidt: Ja.

Johannes Lurz: Weil das ist aktuell ein bissel auch die Kapazitätsgrenze, vor allem in den Sommermonaten oder halt Frühling, also Frühjahr und Sommermonate. Wir sind in der Planung und es ist auch aktuell ein Riesenprojekt, aber ein Lagerkeller wäre ganz toll.

Andreas Eckschmidt: Ja, ein Lagerkeller definitiv.

Johannes Lurz: (unv. #00:38:44.6#) eine gute Idee.

Andreas Eckschmidt: Ja, das ist ein kompliziertes Thema, ist schlafraubend. Aber dann würde ich mir glaube ich wünschen einfach Offenheit, einfach, dass die Leute mal was probieren, dass die Leute, naja, komm, es ist doch so.

Johannes Lurz: (unv. #00:39:02.0#) dass es keinen Krieg auf der Welt gibt, dass sich alle Menschen lieben.

Andreas Eckschmidt: Ja, das ist doch auch ein schönes Ziel. Depp! Nein, einfach nur die Offenheit, neue Sachen zu probieren. Weißt du, wenn einem so ein Naipa nicht schmeckt, dann ist es so, aber einfach da mal vielleicht offen ohne Vorurteile ranzugehen. Weil es gibt manchmal Biere, auch die IPAs oder Pale Ales, die da manchmal produzieren, die mehr Tradition wie so ein helles Bier haben. Und dass die Leute vielleicht nicht immer nur ein, was ist gut, und ein, was ist toll, wir haben so viele geile Brauereien hier in Franken. Allein hier im Dorf haben wir insgesamt mit uns drei Brauereien, die alle geil sind. Wir haben in Bamberg so viele super (unv. #00:39:37.0#), im Bamberger Umland. Und wir hoffen einfach nur, dass die Leute mehr fränkisches gutes Bier trinken und einfach offen sind, mal was ausprobieren und einfach die Handwerkskunst schätzen, auch wenn es denen mal nicht schmeckt. Und Weltfrieden.

Markus: Also ihr merkt schon, liebe Hörer, der Weizenbock tut seine Wirkung. Aber ich finde auch den Wunsch absolut berechtigt. Also ob ein Lagerkeller jetzt in den Sack vom Nikolaus oder in den vom Christkind passt, weiß ich nicht, aber all die anderen Sachen sollten drinstecken. Und ich glaube, das kann man wirklich allen mitgeben hier auf den Weg, die auch zuhören, seid offen, probiert, geht ohne Vorurteile an neue Biere ran. Und wenn ihr dann beschließt, sie schmecken euch nicht, ist es gut, vielleicht schmecken sie euch aber doch, dann ist es auch gut oder vielleicht sogar noch besser. Und insofern gebt jedem Bier eine Chance. Euch beiden auf jeden Fall vielen Dank, das war ein sehr spannender BierTalk. Wir haben schön reingeschaut, wie es eben ist, wenn man so eine neue Brauerei aufzieht, auch unter so ganz besonderen Voraussetzungen wie bei euch. Und von meiner Seite aus natürlich auch toi-toi-toi, viel Glück weiterhin für euren Weg.

Johannes Lurz: Vielen Dank, das freut uns, dass wir da sein durften. War ein superangenehmes Gespräch.

Andreas Eckschmidt: Und vielleicht sehen wir uns mal wieder beim Spazierengehen (unv. #00:40:46.7#) mit zwei Bierglas in der Hand und grad mit dem Hund spazieren gehst.

Markus: Genau! Ich packe mal sicherheitshalber ein Gläschen ein.

Johannes Lurz: (unv. #00:40:54.3#)

Markus: Ciao!

Andreas Eckschmidt: Bis dahin! Servus!

Johannes Lurz: Tschüss!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 74 – Interview mit Martin Tietz, Ex-Deutscher Meister der Hobbybrauer aus München

Eher durch einen familiären Zufall wurde Martin Tietz vom leidenschaftlichen Biertrinker zum Hobbybrauer, dann allerdings packte ihn dieses Vergnügen und ließ ihn nicht mehr los. Als Gast bei der Hobbybrauermeisterschaft ließ er sich von dem Wettkampfgedanken begeistern und träumte schließlich davon, selbst auf dem Treppchen zu stehen. Im September 2020 war es dann schließlich soweit: Die Jury wählte sein Irish Red Ale zum besten Bier des Wettbewerbs und machte ihn damit zum Deutschen Meister. Im BierTalk schaut Martin zurück auf diese glorreichen Tage und erzählt von seinen Lieblingsorten in seiner Wahlheimat München…

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Holger: So, liebe BierTalk Freunde, herzlich willkommen zur Folge Nummer 74. Jetzt haben wir natürlich heute auch wieder einen ganz besonderen Gast, und zwar den Martin Tietz. Und da könnte es schon sein, dass einige von euch diesen Namen schon mal gehört haben. Und zwar ist der Martin 2020 der deutsche Meister der Hobbybrauer gewesen, und zwar mit einem Irish Red Ale, das war das Siegerbier, und begeistert seitdem die Szene. Martin, herzlich willkommen! Schön, dass du bei uns bist. Am Mikrofon ist wie immer der Holger und der …

Markus: Markus.

Holger: Prima! Martin, wir würden dich einfach bitten, stell dich doch mal vor. Also wie wird man deutscher Meister der Hobbybrauer, wie kommt man zum Brauen und was machst du in deinem normalen Leben?

Martin Tietz: Oh, jetzt, das sind ganz schön viele Sachen auf einmal. Martin Tietz, ich bin geborener Hamburger, bin aber schon seit 1994 aus Hamburg weggezogen, war dann in Frankfurt ein paar Jahre und bin nach München gezogen 1999. War dann noch drei Jahre im Ausland in Los Angeles für die Allianz tätig, das ist mein Arbeitgeber offiziell. Habe da auch witzigerweise das erste Mal mit dem Bierbrauen Kontakt gehabt. Da habe ich mit einem Arbeitskollegen, der schon länger dort gelebt hat, haben wir ein Weißbier in einer Garage gebraut bei 30 oder 32 Grad Temperatur. Das war auch sehr bananig, also die Vergärung, das wusste ich damals noch nicht, die hat natürlich bei den Temperaturen so ein bisschen auch Aromen hervorgebracht, die man nicht so extrem im Weißbier erwarten würde. Und das hat mich damals noch gar nicht so richtig angefixt, muss ich ehrlich sagen, da war ich nicht so wirklich von dem Thema berührt. Habe aber mein Leben lang gerne Bier getrunken. Also das fing an mit meinem Vater, als ich 16 war oder als ich dann die ersten Kneipenbesuche in Hamburg oder nach dem Tennistraining mit meinen Tennisfreunden. Also Bier hat immer eine Rolle gespielt. Aber das Bierbrauen kam dann eigentlich erst sehr viel später, und zwar war das vor fast genau sechs Jahren zu Weihnachten. Da haben meine Familie und ich das erste Mal seit längerer Zeit damals mal wieder alle gemeinsam Heiligabend gefeiert bei meinen Eltern in Hamburg. Und dort haben wir dann gesagt, da wir uns eigentlich nichts schenken, zieht jeder ein Los, also einen Namen, und derjenige bekommt dann ein Geschenk. Und meine Schwester Anja hat dann meinen Namen gezogen und mir dann ein Geschenk besorgt. Da war die Preisgrenze 50 Euro. Und die hat dann damals gedacht, Mensch, Bier ist ja sein Thema, da schenke ich ihm mal so eine Starterbox. Jetzt darf ich den Namen natürlich vielleicht nicht sagen, aber man kann damit sehr besser brauen. Ist auch die Einstiegsdroge glaube ich für viele, viele Hobbybrauer gewesen, die es dann einmal versucht haben und Gefallen dran gefunden haben. Und so war es dann auch bei mir. Eine schöne Randgeschichte ist auch die, dieses Paket hat damals offiziell 75 Euro gekostet im freien Handel und 50 war die Grenze. Und da hat meine Schwester das bei Ebay erstanden von so ein paar Jungs aus Hamburg, die das übrighatten. Weil sie hat nämlich auch so einen Spaß dran gefunden, dass sie schon gleich dann eine richtige Brauanlage sich angeschafft haben in der Gruppe und das übrighatten. Und das hat sie mir dann erzählt Heiligabend, als ich dann das Geschenk ausgepackt habe. Und ich habe gedacht, was sind denn das für Spinner? Also da irgendwie mit so viel Bier dann anfangen und dann da irgendwie gleich anfangen zu brauen. Das ist schon ein bisschen merkwürdig. Und dieser Spinner war ich dann vier Monate später selber. Ich habe dann eben diese vier Liter Bier gemacht, einmal, zweimal, dreimal und hatte dann aber immer nur vier Liter. Dann habe ich mir so ein zweites Starterpaket gekauft, habe dann an zwei Töpfen am Herd praktisch parallel, vom Timing her nicht so einfach, vor allem mit so rudimentärer Ausstattung, dann eben acht Liter gemacht und das war mir dann irgendwann zu anstrengend. Und dann bin ich 50 geworden und habe mir dann zum Geburtstag dann mir eine Brauanlage geschenkt, eine Braueule, die mir da sehr gut gefallen hat, weil die auch recht viel auch mal selbständig macht. Die maischt dann praktisch das Maisch-Programm alleine durch. Und ich hatte damals noch kleinere Kinder als heute und wollte nicht den ganzen Tag mit dem Brauen beschäftigt sein, wollte mich auch um die Familie kümmern können und habe dann praktisch da meinen Einstieg gefunden in die Hobbybrauer-Szene.

Holger: Wunderbar! Das hat, das müssen wir vielleicht auch noch mal erwähnen, alles stattgefunden eben bei Störtebeker. Und wie bist du denn dahin gekommen? Muss man sich da bewerben? Wird man da berufen oder wie geht das eigentlich? Erzähl doch mal!

Martin Tietz: Das ist eigentlich eine ganz offizielle Veranstaltung, da kann sich praktisch jeder anmelden, der Hobbybrauer ist, also der halt nicht gewerblich braut. Da habe ich von gehört und fand das irgendwie ganz spannend, weil ich auch immer sehr den Kontakt mit Brauern genossen habe, die im Hobbybereich unterwegs sind, oder auch mit Profis, weil das einfach alles coole Leute sind. Ich habe bisher noch keinen kennengelernt, der irgendwie blöd war. Waren natürlich immer nettere oder weniger nette, aber die meisten wirklich echt richtig nett. Und da habe ich gedacht, da fahr ich mal hin. Und bin dann das Jahr vorher 2019 mit meinem besten Freund aus Hamburg, dem Frank Kornblum, dorthin gefahren zu Störtebeker nach Stralsund, und habe da mal mitgemacht. Und da gab‘s dann auch ein Thema, das war halt eben so ein sehr, sehr hopfiges Ale, sehr fruchtig, und da habe ich mal rangetraut. War aber sehr demütig, ich bin da sehr, sehr demütig und geerdet hingefahren.

Holger: Markus, du bist ja quasi eigentlich bei jeder Bierveranstaltung in der Jury. Warst du da auch in der Jury?

Markus: In der Jury war ich noch nicht, aber natürlich bei anderen Hobbybrauer-Wettbewerben. Und ich finde es immer ganz spannend, weil man da einfach erlebt, wie intensiv die Leute dabei sind und wie dieses gemeinsame Fieber für das Brauen einfach so alle erfasst und wie da die Leute fachsimpeln und wie, glaube ich, Menschen, die jetzt mit dem Hobbybrauen gar nichts am Hut haben, wirklich denken, da stehen Leute, die Chinesisch sprechen. Und wie dann aber auch diese gemeinsame Freude aneinander und füreinander ist. Und das finde ich, ist sowas ganz Besonderes, weil diese Atmosphäre dann zum Beispiel auch bei der Siegerehrung so ist, dass nicht irgendwie drei sich freuen und 150 sind enttäuscht, sondern es freuen sich wirklich alle. Und das ist wirklich eine ganz tolle Geschichte. Und da krieg ich immer so ein bisschen Gänsehaut, weil man da einfach wirklich merkt, wie Bier Menschen zusammenführen kann und wie man eben gemeinsam Spaß an diesem Thema haben kann. Und das finde ich, hat man auch bei dir erlebt. Also da habe ich die Siegerehrung nur über Video gesehen, aber ich finde, da kommt dieses Gefühl auch genauso rüber. Und ich glaube, du warst dann auch wirklich überrascht, oder? Hatte man das vorher so ein bisschen im Urin, dass heute was geht?

Martin Tietz: Das kann ich total hundertprozentig bestätigen, was du sagst, Markus. Die Atmosphäre ist unglaublich freundschaftlich. Natürlich will jeder auch ein bisschen konkurrieren mit anderen und man probiert von den Kollegen, und natürlich möchte jeder gewinnen. Aber die Atmosphäre war wirklich ganz toll und ich habe ganz viel Glückwünsche bekommen, auch ehrliche Glückwünsche, und man hat sich mit mir gefreut. Das war ein schönes Gefühl. Und ich weiß auch noch, wie ich 2020, nein, 2019, Entschuldigung, dann das erste Mal dabei war und bei der Siegerehrung dann die (unv. #00:06:25.0# Gröner?) Bagaluten aus Kaltenkirchen, die da gewonnen haben, ich habe die so bewundert und so beneidet. Und ich habe da gestanden und dachte mir so, das möchte ich auch mal erleben, diesen Pokal, der auch übrigens sehr schön ist, möchte ich einmal selber gewinnen. Aber dass es ein Jahr später dann auch wirklich funktioniert, da hatte ich nicht mit gerechnet. Ich fand mein Bier super, ich war sehr, sehr zufrieden und habe es natürlich auch im Vorfeld so ein bisschen mal verteilt und mal geguckt, wie es den Leuten so schmeckt, und habe da auch viel gutes Feedback gekommen. Aber fürs Treppchen oder gerade für den ersten Platz, das ist natürlich auch viel Glück, und da hatte ich nicht mit gerechnet. Ganz ehrlich nicht.

Holger: Mensch, dann beschreib doch mal den Pokal, wenn der so schön ist, wenn der so toll aussieht.

Martin Tietz: Eigentlich ist es ein Holzklotz, aber der ist ein bisschen so Strandgutholz-Optik und hat dann eben so eine kleine silberne Manschette, wo dann eben das Logo vom Deutschen Hobbybrauer-Meisterschafts-Wettbewerb drauf ist für den ersten Platz in Gold. Und der macht sich seit jetzt 15 Monaten super mitten im Wohnzimmer oben auf dem Regal. Und ich gucke den auch wirklich jeden Tag an. Muss ich wirklich zugeben.

Holger: Das funzt ja auch. Wenn da jemand reinkommt und dann diesen Pokal sieht, da ist man auf jeden Fall in „Hab Acht!“. Was kriegt man sonst noch? Also irgendwie eine Kreuzfahrt oder ein dickes Preisgeld für eine richtige Brauerei, oder wie geht das?

Martin Tietz: Nein, es gibt natürlich dann für den Sieger, der darf sein eigenes Bier dann, also sein Rezept dann einbauen dort vor Ort bei Störtebeker in Stralsund, mal eben so 40.000 Liter. Natürlich ein Sprung von meinen 30 oder 50 auf 40.000. Das ist auch schon mal ein anderes Flair mit dem Braumeister dort. Und dann gibt es halt noch 40 Kisten, wenn das Bier fertig ist, von dem eigenen Bier frei Haus geliefert. Das ist fast das Beste, wenn dann der DB Schenker Lkw mit der Hebebühne vor die Haustür fährt in eine Reihenhaussiedlung und die Nachbarn aus dem Fenster gucken und dann sehen, wie der so eine Europalette Kasten Bier mir an die Garage geliefert wird. Das war schon echt cool. Und dann gibt es noch einen Sachpreis.

Holger: So! Jetzt heißt es ja BierTalk, weil wir auch Bier trinken. Und ich habe schon eine ganz trockene Kehle. Markus, wie geht’s dir?

Markus: Ja, ich wäre auch bereit. Natürlich!

Holger: Aber normalerweise natürlich klar, ist der Gast, der ist natürlich immer der erste, der sein Bier da präsentieren darf. Ich gehe davon aus, du hast es dabei, Martin, und es ist vielleicht das Siegerbier? Ich weiß nicht, dürfen wir hoffen?

Martin Tietz: Nein, es ist nicht das Siegerbier. Ich habe jetzt heute mal dabei ein Wiess, ich habe einen Wiess gemacht, also praktisch des Kölsch, was nicht Kölsch sein darf oder Kölsch heißen darf. Kölsch darf nur heißen, was auch in Köln filtriert worden ist, nicht abgefüllt, sondern filtriert. Und es darf auch nur von bestimmten Brauereien gebraut sein. Wenn eine neue Brauerei jetzt in Köln aufmacht, dürfen wir Kölsch auch nicht Kölsch nennen. Also ein Wiess naturtrüb, 10 % Weizenmalz. Und ich meine sogar, 90 % Pilsener, so ein ganz bisschen Kara, so ein Esslöffel, und ein bisschen gehopft mit so 25 bis 30 IBUs ungefähr.

Holger: Ich kenne das eigentlich nur von Gaffel. Gaffel hat doch so ein Wiess, oder?

Martin Tietz: Ja.

Holger: Aber dann mach’s doch mal auf und lass uns teilhaben, wie cool das schmeckt.

Martin Tietz: Ja, ich bin jetzt schon am Einschenken, es ist noch recht frisch. Ich habe heute auch eine Testflasche aufgemacht, ob die Nachgärung schon durch ist. Aber ich sehe gerade, ich rieche mal dran, riecht super, hat eine schöne Farbe, schön golden, auch recht klar schon dafür, dass es noch nicht so lange gereift ist, nachgegoren ist. Aber die Kohlensäure ist noch nicht da. Also das darf gerne noch mal eine Woche liegen, dann ist es bestimmt fertig.

Holger: Okay! Dann müssen wir mit einem anderen Bier weitermachen.

Martin Tietz: Was trinkt ihr denn?

Holger: Markus, was trinkst denn du? Irgendein Kellerbier aus Franken, oder? Oder gibt’s was Spannendes?

Markus: Nö, nö, nö, nö! Ich habe mir gedacht, ich bleibe so dem Thema treu. Also ich muss sagen, ich hatte auch welche von den Siegerbieren vom Martin, weil wir neulich auch gemeinsam ein Tasting gemacht haben. Aber sie haben nicht lange genug durchgehalten. Genauer gesagt, war meine Lust zu groß, deswegen ist davon nichts mehr da. Aber ich kann nur allen sagen, die noch was bekommen, es gibt wohl noch Restbestände bei Störtebeker. Das ist wirklich ein ganz, ganz feiner Tropfen, weil eben diese Ausgewogenheit zwischen Malz und Hopfen da wirklich ganz, ganz toll war. Man darf nicht vergessen, dass das Red Ale so ein bisschen das Gegenstück eigentlich ist zu dem, was wir bei uns als Rotbier kennen. Und das ist auch ein sehr schön ausgewogenes Bier. Also davon habe ich keins mehr, deswegen habe ich dann gedacht, okay, dann versuche ich doch diesem Thema Hobbybrauer ein bisschen treu zu bleiben. Und ich war eben auch in einer Jury eines Hobbybrauer-Wettbewerbs, und zwar bei Maisel, letztes Jahr bei Maisel & Friends. Und da gibt’s jedes Jahr auch eine Hobbybrauer-Messe und eine Meisterschaft. Und dort haben wir auch ein Siegerbier gekürt. Und das war ein Tropical Coast, also ein West Coast IPA, und das habe ich jetzt hier, habe ich zugeschickt bekommen, und habe gedacht, ich warte auf diesen BierTalk, um es zu probieren und mach‘s mal auf. So! Gebe das mal ins Gläschen.

Martin Tietz: Habe ich übrigens auch mitgemacht, war aber nur 40. oder 41. oder so. Also da sieht man schon mal, dass die Leistungsdichte da oben auch sehr eng ist.

Markus: Das stimmt! Das ist auch als Jury wirklich nicht einfach, weil ich meine, im Grunde, es geht um zwei Dinge. Das eine ist erst mal, natürlich gibt’s Vorgaben, was man den Brauern an die Hand gibt, was sie einem machen sollen, in Anführungsstrichen, also was für einen Bierstil sie kreieren sollen. Aber andererseits lässt man die auch bewusst ein bisschen offener als zum Beispiel bei einem normalen Bierwettbewerb, damit eben die Hobbybrauer auch ihre Kreativität und ihre eigenen Ideen und so ein bisschen verwirklichen können. Und dann müssen wir als Jury eben immer schauen, okay, also erstmal, entspricht das noch dem Stil? Und dann, inwieweit hat der, die Hobbybrauer*in da dann alles richtiggemacht erst mal von den reinen normalen Kriterien? Sind da Fehler drin oder so? Und inwieweit ist es dann eben kreativ, besonders interessant, wirklich schön umgesetzt und so weiter? Und da gibt’s dann auch wirklich Diskussionen, wo man dann wirklich kämpft. Also gerade bei dem Wettbewerb war es dann so, dass wir am Ende wirklich lange, lange diskutiert haben, wer gewinnt, weil die oberen zehn Biere relativ eng beieinander waren unserer Meinung nach. Und das war wirklich sehr, sehr spannend. Jetzt rieche ich mal rein. Ah! Und da merkt man schon, das macht wirklich dem Namen absolut Programm. Wir haben hier so tropische Früchte, Mango, Ananas, Orange, Grapefruit, also eine richtig schöne, fruchtige intensive Note. Heißt ja auch Tropical Coast, also das passt wunderbar. Jetzt probiere ich mal. Mmh! Also sehr cremiges Mundgefühl, geht auch fruchtig los, hat dann einen schönen Körper. Also ein bisschen Karamell merkt man, da ist ein bisschen auch was davon, von einer malzigen Seite. Und dann übernimmt eine durchaus kräftige Bittere, die auch lange bleibt, den Mund auch so ein bisschen zusammenzieht. Aber trotzdem bleiben diese fruchtigen Aromen immer präsent. Also das ist so ein richtig schönes Spiel zwischen Bittere und Mango, und dann kommt wieder Bittere, dann kommt Ananas, dann kommt wieder Bittere, dann kommt Orange und so weiter. Also wirklich sehr, sehr spannend, sehr langer Nachtrunk auch. Also wirklich ein ganz, ganz schönes, spannendes Bier. Und vielleicht, dass wir es noch kurz sagen, der Gewinner hieß Fernando (unv. #00:13:05.8# Koppi?). Und der hat eben damals gewonnen. Was heißt damals, ist ja jetzt erst ein halbes, dreiviertel Jahr her. Spannend, auf jeden Fall. Und falls du zuhörst, Fernando, nochmal Glückwunsch, das hast du echt gut gemacht.

Holger: Vielen Dank, Markus! Sehr spannend! Jetzt würde ich gern noch mal ganz kurz zurückspulen ein bisschen. Du hast jetzt gesagt, das ist noch zu erwerben, also das Siegerbier. Wenn wir es jetzt schon nicht hier im BierTalk haben, wie ist es denn zu erwerben? Also auf der Homepage im Shop, bei dir Martin? Oder wie würde das gehen, damit die Hörer vielleicht das ausprobieren können?

Martin Tietz: Eigentlich ist es ausgelaufen. Ich glaube, im Online-Shop gibt es das auch nicht mehr bei Störtebeker. Wenn man Glück hat, noch Restbestände. Das ist natürlich für den Gewinner, den ehemaligen Gewinner, ein bisschen schade, weil das natürlich auch irgendwie toll ist, wenn im Regal im Getränkemarkt die Flaschen stehen mit dem Namen drauf. Meine Schwester hat mir auch berichtet, sie war dann bei Edeka in Hamburg und da standen meine Flaschen dann auch eben, und sie hat die alle geradegerückt, weil die waren schief, und das fand sie doof, dass mein Bier so schief im Regal steht. Das fand ich ganz süß. Aber das gibt’s jetzt nicht mehr. Und jetzt gibt’s dann halt eben ab März, April den Weizenbock, den hopfigen Weizenbock von meinem Nachfolger aus Aachen.

Holger: Es ist auf jeden Fall schwierig, es noch zu bekommen.

Martin Tietz: Es ist, glaube ich, schwierig. Also wenn jemand unbedingt das noch haben will, gibt’s wahrscheinlich nur Restbestände. Ich habe noch nach Kisten in der Garage, die werden auch noch leer, denke ich mal im Laufe der nächsten Wochen oder Monate.

Markus: Ich glaube, bei der Bierothek müsste es noch welche geben in den Restbeständen. Wenn ich mich recht erinnere. Wobei ich sagen muss, bei mir ist vorhin auch das Kopfkino angegangen, weil ich mir vorgestellt habe, was meine Nachbarn sagen würden, wenn da ein Lkw ankommt und wirklich 40 Kästen Bier auf einmal auslädt. Also die sind durchaus gewohnt, dass da Bier ankommt, aber in der Menge, das ist schon eine sehr spannende Geschichte.

Martin Tietz: Ja, das war sehr lustig.

Holger: Martin, mach doch weiter. Du hast doch bestimmt noch eins auf dem Tisch stehen, oder?

Martin Tietz: Klar! Ich habe mir jetzt dann eins aufgemacht, jetzt, wo ich genau weiß, dass das schon richtig schön durch ist und auch schön gereift ist. Das ist ein Indian Pale Ale. Das nennt sich bei mir Sturmflut. Also meine Biere haben auch immer so ein paar Namen, die so ein bisschen auch mit meiner Herkunft zu tun haben oder eben auch mit was Biertypischem. Mein Weißbier heißt Talabfahrt, mein Weizenbock heißt Steilhang. So haben auch diese Namen ein bisschen einen Bezug zur Herkunft. Bei dem Thema Talabfahrt, das war ganz witzig, da hat meine Tochter, die muss, glaube ich, sieben oder acht gewesen sein, die Amelie, da habe ich sie dann gefragt: Du Amelie, ich brauche einen Namen für mein Weißbier. Das muss immer so mit Bergen zu tun haben. Dann sagt sie, nenne es doch Talabfahrt. Das fand ich für eine 8-Jährige sehr bemerkenswert. Und seitdem heißt es halt so. Und das habe ich mir jetzt aufgemacht. Hat auch eine sehr fruchtige Note. Ich versuche halt auch immer so ein bisschen die Balance herzustellen mit einem Bier. Meine IPAs haben jetzt nicht 80 oder 100 IBUs, weil ich finde, dann schmeckt man auch von den Fruchtnoten nicht mehr. Und ich habe auch das Gefühl, man hat das im Hals länger und es kratzt auf der Zunge. Das ist bei mir so, dass ich sehr viel Hopfen in den letzten fünf Minuten Kochzeit oder in den Whirlpool gebe. Halt die Bitterhopfen und die Vorderwürze. Das mache ich eigentlich immer. Also nicht nach zehn Minuten wie einige andere Hobbybrauer, ich mache das immer in die Vorderwürze mit dem Bitterhopfen, weil ich der Meinung bin, dass dann die Hopfung noch ein bisschen weicher wird. Aber das kann auch nur Einbildung sein. Da gibt’s auch keine Beweise für. Hat eine schöne Balance, ist schön hell. Ein bisschen Wiener Malz, ich mag’s ganz gern so ein bisschen goldfarben. Es hat einen schönen Schaum. Das schallert aber auch ordentlich, das hat glaube ich 7 %, und da reicht dann auch eine Halbe gleich während des BierTalks.

Holger: Erklär doch mal, was du so einem Hobbybrauer, der vielleicht so jetzt beginnt, was du dem empfiehlst. Also was sind so sage ich mal seniore Tipps für den Hobbybrauer-Einsteiger? Es könnte ja sein, dass irgendjemand das hört und denkt, ey, komm, ich bestell mir jetzt auch mal so ein Kit und Ziel ist dann deutscher Meister. Wie macht man das dann?

Martin Tietz: Das ist eigentlich nicht schwer. Ich finde, dass man mit relativ wenig Equipment auch gleich zu Beginn schon ein sehr, sehr schönes Bier sich selber brauen kann. Das ist das Schöne an dem Hobby, man muss nicht erst tausende von Euro ausgeben, man kann sehr, sehr klein und einfach anfangen. Also wenn man 150 Euro ausgibt, dann ist man schon so dabei, dass man sich auch mal zehn oder 20 Liter brauen kann. Da gibt’s auch entsprechende Foren bei Facebook, wo man sich auch Hilfe holen kann, oder auch in anderen Quellen.

Holger: Hobbybrauer.de zum Beispiel wäre so eine Adresse.

Martin Tietz: Genau! Was man auf jeden Fall beachten sollte, ist sauber arbeiten. Also dass die Flaschen halt eben, da muss man keine Wissenschaft draus machen, aber dass man da nicht aus der Flasche trinkt zum Beispiel. Das sage ich auch jedem, der ein Bier von mir bekommt für Zuhause. Es wird bei mir nicht aus der Flasche getrunken, es wird aus dem Glas getrunken. Weil die Keime am Flaschenhals von den Körperflüssigkeiten, das kriegt man schlecht wieder sauber. Auch im Brauprozess, gerade im Kaltbereich, wenn ich nach dem Kochen runterkühle, ist halt eben auch Sauberkeit gefragt. Das ist zu beachten. Ansonsten gibt es eigentlich gar nicht viel. Mutig an die Rezepte rangehen, auch gerne mal selber ausprobieren, man muss nicht immer Rezepte im Netz suchen und die genau nachmachen. Es gibt bestimmte Malzsorten, die man als Basismalz uneingeschränkt nehmen kann. Also Pilsener, Wiener und Münchner, die kann man alle 100 % nehmen in meinen Augen, um auch ein schönes Bier zu machen. Dass man halt eben mit so Karamalzen ein bisschen aufpasst und Röstmalzen. Da sind nur halt eben in so bis fünf, sechs Prozent von der Schüttung, maximal vielleicht zehn, wenn man es sehr röstig mag. Ich bin nicht so der Rost-Fan oder Röst-Fan besser gesagt. Aber loslegen und Spaß haben. Das ist einfach eine totale Freude sein eigenes Bier abends zu trinken.

Holger: Hört sich gut an.

Martin Tietz: Für ein IPA, wenn ich jetzt so da mal meine IPA Teste, einen Test mal so anschaue, da würde ich jedem empfehlen, am pH-Wert zu schrauben. Also gerade bei hopfigen Bieren den pH-Wert zu messen und das Bier so ein bisschen bei fünf oder sogar unter fünf einzupendeln. Ist auch ein Tipp von einem Profibrauer, dem Uli Schindler von der Nockherberg Brauerei, der mir auch noch mit Rat und Tat zur Seite gestanden hat in den letzten fünf Jahren. Schönen Gruß an ihn, der hat natürlich auch dazu beigetragen, dass mein Bier heute vernünftig ist. War auch ein Tipp von ihm.

Holger: Tja Markus, das sind gute Informationen. Hast du auch schon mal selbst gebraut übrigens?

Markus: He-he-he-he! Erstmal muss ich sagen, ich glaube, dass die einen oder anderen, die uns zuhören, jetzt das nachvollziehen können, was ich vorhin gesagt habe. Das hört sich vielleicht dann erst mal an so ein bisschen wie Fachchinesisch, aber das ist ja gerade das Spannende eigentlich, wenn man sich da so reinpfriemelt und vor allem, wenn man am Ende dann den Erfolg der eigenen Leistung so ein bisschen genießen kann. Und genau das ist das, woran es bei mir eigentlich hakt. Natürlich habe ich schon öfters versucht zu brauen, aber ich muss sagen, mit dem Ergebnis war ich noch nie wirklich zufrieden. Also liegt sicherlich daran, dass ich einfach diese ganzen Themen, das Ganze akribisch zu machen, was Temperatur angeht, letzten Endes auch die Umgebung, die man erst mal herstellen muss in der entsprechenden Hygiene, damit es für Bier auch alles wunderbar funktioniert, das ist bei mir alles ehrlich gesagt schwierig. Und dann habe ich für mich auch beschlossen, also ich kann natürlich mit unseren Leuten bei Braukursen und so weiter grundsätzlich das Ganze erklären und machen und auch das gut vorführen, aber der geborene Bierbrauer bin ich nicht. Da bleibe ich dann lieber beim geborenen Biertrinker und freue mich dann, dass es eben Leute wie den Martin gibt, die dann so tolle Sachen machen, die ich genießen kann. Ist mir immer wesentlich lieber, muss ich sagen.

Holger: Ja, mir auch. Also mir ist auch lieber, wenn du nicht braust, sondern eher verkostest.

Markus: Dir ist vor allem lieber, wenn du was zu trinken bekommst. Und ich glaube, (unv. #00:19:55.1#)

Holger: Ja, unbedingt, unbedingt! Nein, unbedingt! Bei mir ist es heute ganz, also wirklich ganz einfach. Und zwar habe ich mir gedacht, der Martin wohnt in München, ich wohne in München, was gibt’s dann Besseres als einfach sich einen August auf die Leber zu tackern. Und da das ein bisschen spezieller dann doch werden sollte, habe ich mich dann für ein Augustiner dunkel entschieden. Also nicht so einen einfachen August, sondern schon irgendwie was Spezielleres. Weil normalerweise reden hier alle immer nur vom Hellen und vom Edelstoff, und jetzt nehmen wir mal das schöne Dunkel. Ich mach’s mal auf. So! Jetzt kommt’s auch rein ins Glas. #00:20:32.6#

Martin Tietz: Ein schönes Geräusch.

Holger: Genau! Und da nehmen wir auch mal einen richtigen Schluck. Also nicht irgendwie und so. Da habe ich jetzt auch ein normales Glas genommen und nicht so irgendwie Verkostungsglas und so einen Scheiß, sondern einfach so wie sich das gehört. Erst mal, es ist schon eine ganz wunderbare Farbe. Das ist schon so eine, wie soll ich sagen, Waldhonig, also das ist schon so richtiges Waldhonig, was mir hier entgegenschwebt sozusagen. Ah! Und es riecht auch malzig. Also so wie man sich halt auch dann so einen Alt-Münchner Dunkel vorstellt. Und ich nehme mal einen Schluck, wenn ihr gestattet. Sehr schön! Also es ist so ein röstiges, würziges Malzaroma. Hat keine aufdringliche Süße, wie viele Dunkle auch, sondern es ist so ein bisschen, jetzt gerade so im Haupttrunk, brotig, also so eine schöne Bauernbrot-Charakteristik, die mich da so anlächelt. Und dann kommt auch wieder diese Malzsüße durch, mit ganz leichter Säure vielleicht. Und jetzt so im Nachtrunk, da kommen die Röstaromen hoch und vielleicht sogar ein bisschen Kaffee. Es kann was, also es ist wirklich ein schönes Bier. Und das muss man wirklich dann auch sagen, Augustiner macht ordentliche Biere und ist da auch ganz bodenständig mit ihren Produkten. Und das Dunkle trinke ich einfach gerne. Und wenn man jetzt hier so rausschaut, dann ist es nicht das beste Wetter heute, es ist kalt. Wir hatten auch schon ein bisschen Schnee. Und an so einem Dezembertag wie heute, da ist so ein Dunkles zum Abend einleiten genau richtig, habe ich mir überlegt. Prost!

Markus: Prost! Wobei ich sagen muss, nicht nur an einem Dezembertag. Ich bin generell ein Freund des Dunklen und gerade auch das Augustiner Dunkel und das trinke ich schon gerne auch öfter und durchaus auch im Sommer. Ja, überhaupt, also wie ist das denn, Martin, wenn man da so in München lebt? Hast du da so deine Lieblingsbierecken? Ist das eher traditionell? Ist das eher modern? Oder hast du deine Lieblingsbank, auf der du im Sommer gerne ein Bier verkostet? Wie schaut das da so aus, wie erlebt man dich in München biertrinkend?

Martin Tietz: Die Vielfalt macht’s, genauso wie bei den Bierstilen oder Biersorten ist es auch finde ich mit den Locations in München. Es gibt wunderschöne Biergärten und das liebe ich auch am meisten. Ich glaube, ich bin das größte Opfer, das Biergartenopfer der Corona-Pandemie, weil das Biergartenleben schon sehr eingeschränkt war die letzten zwei Jahre. Und das ist für mich einfach das Größte, an einem schönen Nachmittag sich irgendwo auf eine Bank zu hocken, mit fremden Menschen zu sprechen, sich zwei, drei Weißbiere oder eine Maß zu schädeln und einfach Spaß zu haben und Kontakt zu knüpfen mit netten Menschen. Das macht mir total viel Spaß. Ich bin sehr gern am Nockherberg tatsächlich. Zum einen, weil ich da auch nebenbei so ein bisschen Brauhausführungen mache und ein bisschen Beer Tastings mit so Gruppen. Der Laden ist mir sehr ans Herz gewachsen, muss ich sagen. Die brauen da auch ihr eigenes Bier, gehört zwar zu Paulaner, aber brauen da halt eben selbst. Und das ist auch ein sehr leckeres Helles und sehr gute auch mal spezielle Sorten. Und ansonsten noch ein bisschen Geheimtipp ist HopDog in München, wo man auch sehr gute Bamberger Biere bekommt, also fränkische Biere, fast, also es gibt ganz, ganz viele tolle typische fränkische Biersorten auch am Hahn. Das ist was ganz Besonderes. Das kann ich auch sehr empfehlen.

Holger: Also kann ich auch nur bestätigen, der HopDog ist wirklich gut, Auenstraße, sehr, sehr schön. Und wenn dann schönes Wetter ist, dann noch schön an die Isar tingeln mit einem …

Martin Tietz: Wenn man noch laufen kann, hinterher dann ist die Isar eine gute Idee.

Holger: Siehst du, da ist schon wieder der Unterschied zwischen dem Hobbybrauer und dem Biersommelier. Bei mir geht’s immer ums Genusstrinken. Aber jetzt wissen wir ja bei dir Bescheid. Tja! He-he! Markus, deine Tipps für München, dürfen wir die hören?

Markus: Meine Tipps für München? Ich überleg gerade. Naja, die sind halt mangels großer Erfahrung etwas langweilig, ich denke mal. Also sagen wir mal so, wo man sich immer ganz gut aufgehoben fühlt, ist das Taphouse, da gibt’s immer wieder spannende Biere. Was für mich so ein bisschen Geheimtipp war schon immer, ist die Forschungsbrauerei. Da ist jetzt demnächst unter neuer Ägide wieder Neueröffnung, wird bestimmt auch spannend. Aber das hat einfach auch eine tolle Geschichte und ist eine besondere Ecke, die glaube ich auch viele Münchner gar nicht so kennen. Und natürlich ansonsten das Thema Biergarten, das ist fast so schön wie in Franken. Und gerade so die, die in der Stadt sind, die eben so ein bisschen dann eine Oase der Ruhe in diesem ganzen Treiben bieten, das ist schon immer wieder schön. Und da muss ich echt sagen, ist München schon eine tolle Stadt. Und letzten Endes natürlich auch zum Oktoberfest, wobei ich dann in der Regel nicht auf dem Hauptfesttreiben bin, sondern eben auf der Oiden Wiesn. Was dann auch noch mal ein bisschen was Besonderes ist. Und da versumpfe ich schon auch mal. Also insofern bin ich schon gerne da und erlebe das. Und habe jetzt auch gerade dem Martin ganz interessiert zugehört, weil ich von dieser Nockherberg Brauerei noch gar nicht so viel weiß. Kannst du da vielleicht noch ein bisschen was erzählen, wenn du sagst, du machst da eh Führungen? Gibt’s da vielleicht die spannende Story oder das interessante Detail, was du verraten magst?

Martin Tietz: Der gesamte Nockherberg ist eigentlich eine ganz tolle Geschichte. Da gibt’s eben das Starkbierfest auch in dem Saal. Und das hat auch eine lange Geschichte. Seit 400 Jahren wird dort praktisch Bier gebraut in irgendeiner Form. Erst von den Mönchen, von den Paulaner Mönchen. Und eine wechselnde Geschichte, ist jetzt vor, ich glaube, drei Jahren komplett saniert worden und umgebaut worden. Der Saal fasst 4000 Leute, der Biergarten 2500. Und das Restaurant glaube ich noch mal 500. Sehr gutes Essen von dem Florian Lechner, der ein ehemaliger Sternekoch ist. Und der Schweinsbraten und auch die anderen Gerichte sind vielleicht 2 Euro oder 3 Euro teurer als in einem, ich sag mal, einfachen Wirtshaus in München, aber es lohnt sich, weil das Essen ist einfach Spitze. Und der Service ist nett und ich fühle mich da immer sehr wohl und bin da sehr gerne. Die brauen da eben selber in einer 2000-Liter-Anlage, können zwei Sude am Tag machen. Und das gesamte Bier, was dort ausgeschenkt wird, außer das Weißbier, das kommt aus (unv. #00:26:09.5#) von Paulaner, wird praktisch dort gebraut.

Markus: Na, das hört sich doch toll auch an. Und vor allem auch, ich finde, das ist auch der große Unterschied vielleicht, dass die Dimensionen da in München einfach noch mal anders sind, weil man bei uns also vielleicht von maximal 200 Sitzplätzen redet, und das ist halt dann dort gleich zehnmal so viel. Aber natürlich auch dadurch spannend, weil dieses Come Together natürlich auch noch mal eine große Rolle spielt. Holger, was sind denn deine Lieblingsplätze, wenn wir schon dabei sind?

Holger: Bei mir ist es einfach so, ich bin unheimlich gerne in der Augustiner Bierhalle, Neuhauser Straße. Das ist für mich so eine Location, wo man eigentlich immer hingehen kann. Und man kann vorne sitzen und einfach dem Treiben zuschauen, man kann auch da in einem ganz kleinen Biergarten sich verstecken, der quasi im Innenhof sich befindet. Und dann gibt es auch ein gehobenes Speise-Restaurant. Und eben die Ausstattung und auch die Stuckdecken, die finde ich ganz toll. Dann bin ich sehr gerne im Fraunhofer, das gehört zu Spaten, das ist Fraunhoferstraße, so ein ganz, ganz altes Traditionslokal, wo ich schon bei meinem ersten Aufenthalt in München, also ich lebe jetzt quasi schon zum zweiten Mal hier, das war dann Anfang der 90er Jahre war ich da immer, das finde ich unheimlich großartig. Also Fraunhofer ist auch eine ganz, ganz tolle Location. Natürlich die Biergärten, ich wohne quasi am Chinesischen Turm, also nur vier Minuten fußläufig entfernt. Und da treffen wir uns dann abends als Familie und essen dann da zu Abend. Man darf dann hier alles auch selber mitbringen, außer das Bier natürlich. Aber wir packen dann so einen Picknickkorb und haben eine Brotzeit dabei und gehen da eben dann Abendessen. Und wenn es dann dunkel wird, dann gehen wir schön durch den englischen Garten wieder nach Hause. Also das ist halt auch eine tolle, tolle Sache. Aber wenn du jetzt die Forschungsbrauerei nicht erwähnt hättest, dann hätte ich sie jetzt erwähnt, mit dem Werner Schuegraf, der auch schon im BierTalk hier bei uns Gast war, der in Haidhausen in so einer Popup-Brauerei jetzt die letzten drei Jahre, glaube ich, waren es, eben ganz tolle Biere gemacht haben unter dem Label Hopfenhäcker. Der hat jetzt die Ehre, eben in die Räumlichkeiten der Forschungsbrauerei zu wechseln. Da wäre jetzt am 25.11. Eröffnung gewesen, ist aber natürlich dann den Corona-Themen zum Opfer gefallen. Aber da gibt’s sicher wieder auch erneut eine Eröffnungsfeier. Und da freue ich mich auch schon drauf. Dann natürlich hier ganz klar auch zu erwähnen Biervana als Bierspezialitäten-Laden, wo man immer ungefähr 600 verschiedene Biere bekommt und auch eine sehr gute Beratung bekommt durch den Matthias Thieme und seinem Team. Das ist auch noch mal sicher eine Lieblings-Location von mir. Ach, da gibt’s so viel, ich kann gar nicht aufhören und möchte auch nicht haben, dass irgendwer bös ist, dass ich das jetzt nicht aufgezählt habe. Und zu guter Letzt natürlich dann Giesinger. Also ich meine, das fasziniert mich total, wie halt der Steffen Marx noch vor einigen Jahren in der Birkenau eben auch mehr oder weniger Hobbybrauer war, in der Garage gebraut hat, dann mit dem Simon Rossmann jetzt einen ganz genialen Braumeister gefunden hat. Ein junger Mann, der jetzt schon zweimal in seinem Leben eine eigene Brauanlage hat bauen dürfen und die dann auch noch betreiben dürfen. Und eben überhaupt, diese ganze Erfolgsstory, die haben jetzt ein neues Helles noch mal rausgebracht, also neben der „Erhellung“. Die werden sich auch irgendwann mal auf dem Oktoberfest sein, könnte ich mir vorstellen. Jetzt ja auch mit dem eigenen Brunnen und so. Und ich denke, das ist auch ein Ziel. Und das gönne ich denen auch. Also es gibt insgesamt so viele tolle Sachen und ich bin so gerne hier in München. Die meisten wissen es ja, ich bin eigentlich aus dem Ruhrgebiet, aber hier im freiwilligen Exil in München. Und deshalb wie gesagt einen schönen August auf die Leber tackern, das mache ich jetzt nochmal, schenke mir nochmal ein hier, schönes Dunkles, und erfreue mich.

Martin Tietz: Holger, ich hätte noch einen Geheimtipp für dich. Du kannst auch gerne mal nach Sendling-Westpark kommen. Vor meiner Haustür ist ein kleiner Vorgarten, der Biergarten hat so zwei bis zehn Plätze, es gibt auch eine Brotzeit, ist auch in der Nachbarschaft sehr beliebt. Das ist immer das Schönste, wenn ich mit meinem Nachbarn Jörg so vor der Tür sitze und Nachbarn kommen vom Einkaufen und kehren erst mal bei mir ein und kriegen erst mal ein Bier auf die Faust. Das ist immer ganz nett. Ich muss zwar immer ziemlich viele Flaschen spülen am nächsten Tag dann, aber auch ein Geheimtipp. Kannst dich ja mal anmelden.

Holger: Nee, unbedingt! Also absolut! Es gibt sogar ein Buch, das vollgespickt ist mit Münchner Geheimtipps. Und da bin ich sogar drin. Also das kann man sich gar nicht vorstellen, aber ich habe hier in Schwabing so einen kleinen Keller und da kann man auch brauen und da kann man auch Verkostungen machen und da kann man alles Mögliche machen. Das ist so ein kleines Gewölbe und so, das ist ein richtiger Kleinod hier mitten in Schwabing. Und da bin ich doch tatsächlich als Geheimtipp in diesem Buch drin. Man mag es kaum glauben. Ich weiß auch gar nicht, wie die auf mich kommen ehrlich gesagt. Also ich habe überhaupt keine Ahnung. Da muss irgendwer mal da bei mir gewesen sein bei einer Verkostung und dann haben die dann da so nett darüber geschrieben. Das hat mich natürlich sehr gefreut. Absolut!

Markus: Da hast du bestimmt die Hochprozenter aus dem Keller geholt sozusagen. Und dann ging das Kopfkino los. Aber es ist ja auch schön. Also der Keller ist in der Tat ein Geheimtipp. Muss man halt auch gucken, ob man dahinkommt. Vielleicht noch die Frage, Martin: Wie ist es denn bei dir, du hast doch bestimmt auch eine Vormünchner Geschichte in Bezug auf Bier? Oder hat sich das erst in München so richtig erlebt?

Martin Tietz: Nein, natürlich. Ich habe natürlich in meiner Jugend und als junger Erwachsener überwiegend Pils getrunken in Hamburg. Also die ganzen gängigen Pilssorten, die es so gibt, Flensburger und Jever und Ratsherren gab es damals noch. Und seltener Holsten und Astra. Das war damals noch uncool, heute ist Astra megacool. Da war ich so von der Biervielfalt, mal ein Kristallweizen und ein Hefeweizen, aber das war‘s eigentlich auch schon. Die Liebe zur Vielfalt, die kam dann tatsächlich erst später, fing so, glaube ich, auch an in den USA, in Los Angeles. Da gab‘s eben auch so ein paar Sierra Nevada zum Beispiel oder eben Sam Adams habe ich da oft getrunken. Und da haben mir halt eben diese typischen Ami-Biere nicht so gut geschmeckt wie Coors Light oder Budweiser, das war nicht so meins. Da habe ich halt dann eben auch angefangen, mir mal so die ganzen Biersorten mal genauer anzugucken. Das war vielleicht so ein bisschen der Kickoff in meine Biervielfalt. Hier in München trinke ich eigentlich nur Helles. Ich trinke kaum noch Pils. Ich mag das Helle eigentlich auch sehr gerne. Ich weiß, Markus, du magst Helles nicht so, du bist nicht so der Helle-Fan. Aber ein Dunkles geht auch immer, auch das, was der Holger im Glas hat, das kenne ich auch, das mag ich auch ganz gerne. Also die Vielfalt macht’s, aber ich bin jetzt tatsächlich mehr auf Helles umgestiegen und von dem Pils weggekommen.

Holger: Ich meine, aber da muss man ganz klar sagen, Augustiner Pils ist wirklich auch ein Spitzenprodukt. Also das müsste man auch eigentlich unbedingt mal jetzt hier mit in den BierTalk nehmen. Das muss ich mir vornehmen. Also das ist auch ein ganz, ganz tolles Pils. Das ist wirklich mein Stil und bleibt auch mein Stil. Also ich bin absolut Pils-begeistert und werde es wahrscheinlich mein Leben lang bleiben.

Markus: Und der Maximator, den darf man auch nicht vergessen. Das ist auch ein absolut legendäres Bier. Und da habe ich tatsächlich mal im Augustiner Keller eine Verkostung gehabt, und wir haben da die ganz normalen Biere probiert, und ich habe dann mit den Kellnern ein bisschen mich unterhalten, was sie denn sonst noch so dahaben. Und da hat er mir erzählt, da im Keller, da steht noch eine Kiste von dem Doppelbock, aber der ist abgelaufen. Und die wissen gar nicht, was sie damit eigentlich machen sollen. Und dann habe ich gesagt: Naja, wunderbar! Ich nehme euch das gerne ab diese Last. Und dann haben wir das zu Hause verkostet und der war glaube ich zu dem Zeitpunkt sechs oder sieben Jahre alt. Und natürlich perfekt gelagert dort im Keller. Und das war oder ist ein fantastisches Bier. Ich glaube, zwei Flaschen habe ich noch. Also das kann ich auch jedem nur empfehlen, kriegt man selten, aber Maximator ist auch ein ganz tolles Bockbier, muss man sagen.

Holger: Mensch, da sind wir doch auch schon wieder am Ende unseres BierTalks angelangt. Und das war doch auch wieder eine spannende Reise durch verschiedene Welten. Martin, vielen, vielen Dank für den Ausflug in die Hobbybrauer-Welt und natürlich auch von deinen Berichten der deutschen Meisterschaft. Und natürlich, Markus, vielen Dank auch an dich für deine schöne Begleitung wie immer. Und ich wünsche euch allen noch einen sehr schönen Abend. Vielen, vielen Dank!

Martin Tietz: Vielen Dank! Schöner Abend!

Markus: Ja, schönen Abend auch von mir. Ciao!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de