BierTalk 85 – Interview mit Johannes Grohs, Biersommelier, Brauer und Homebrewshop-Betreiber aus Wien, Österreich

Johannes Grohs startete eigentlich in die Bauwelt, dank eines Abstechers zur Biersommelier-Ausbildung kam ein emotionsgeladener Buchstabe dazu – und er war Teil der Brauwelt. Mit dem „Beer Store Vienna“ begeisterten er und sein Partner Alexander Beinhauer die hauptstädtischen Biertrinker in der Alpenrepublik, kurz darauf kreierte er mit seinem eigenen Label „Next Level Brewing“ auch die passenden Genussmittel selbst. Mittlerweile hat der Do-it-yourself-Brauer vor allem die Haus- und Heimbrauer im Visier, die sich insbesondere während der Corona-Beschränkungen zu treuen und wiederkehrenden Kunden entwickelten. Im Podcast verkosten wir drei spannende „Next Level“-Biere und sprechen über Johannes bierigen Werdegang…

Kommt in unsere Facebook-Gruppe und diskutiert mit: https://www.facebook.com/groups/bierakademie

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Hallo, liebe Bierfreunde, herzlich willkommen zum BierTalk Nummer 85. Es geht nach Wien, natürlich haben wir einen ganz besonderen Gast, Johannis Grohs, selber Diplom Biersommelier und hat die Wiener Bierszene ganz schön aufgemischt. Und, Johannes, du musst dich jetzt einmal vorstellen und uns dann erzählen, wie du die Szene aufgemischt hast. Grüß dich und herzlich willkommen!

Johannes Grohs: Ja, danke für eure Einladung, heute bei der denkwürdigen Nummer 85 dabei sein zu dürfen. Wie der Holger schon gesagt hat, ja, ich bin seit 2014 selbstständig im Bier- und Hobbybraubereich. Wir haben zwei verschiedene Firmen, die zum, wie der Holger so schön sagt, aufmischen der Szene, gegründet wurden. Und da ist es einmal Next Level Brewing im Bierbereich und dann für den Heimbraubereich MashCamp als Marke. Das ist, ja, ist mittlerweile schon seit Jahren so, dass wir da intensiv dran arbeiten, generell die Bierszene, sowohl aus Brauersicht als auch aus Konsumentensicht, ein bisschen voranzutreiben, sofern das halt in Österreich irgendwie möglich ist. Den Holger kenne ich ja schon seit geraumer Zeit, seit unserem gemeinsamen Diplom-Biersommelier-Kurs. Das war, glaube ich, 2013, wenn ich mich jetzt nicht irre. Und wir waren damals die beiden Einzigen im Kurs, die nicht aus der Bierbranche waren und heute sind wir beide in die Branche gewechselt, was ich nach wie vor sehr schön finde. Wie gesagt, bei mir war es ein Weg aus dem persönlichen Hobby heraus, also aus dem Bierbrauen Zuhause, aus dem Home Brewing und da ging es einfach darum, diese Leidenschaft, die man selbst für hergestellte Produkte eben hat, die auch weiter zu transportieren. Ich war zu der Zeit damals nicht ganz glücklich in meinem Bauprojektleiterjob, das war nicht unbedingt das, was man dort Menschen jetzt glücklich gemacht hat und dementsprechend wollte ich eben einfach wechseln. Da hat sich eben angeboten, etwas Neues zu probieren und das Thema Heimbrauen wie auch das Thema spezieller Biere war zur damaligen Zeit sehr wenig bis gar nicht vertreten, auch nicht in einer fast zwei Millioneneinwohnerstadt wie Wien. Und dementsprechend gab es und gibt es immer noch viel Aufholbedarf, wenn es darum geht, den Leuten zu erklären, wie hochwertig eigentlich das Produkt Bier, das doch durchaus als sehr selbstverständlich und günstig gesehen wird, wie hochwertig das eigentlich sein kann und auch ist.

Holger: Ja, sehr schön. Aber angefangen hat ja alles mit dem Bierladen, ne? Also du hast ja also, gut, nach dem Hobbybrauen, da hast du deinen Biersommelier-Kurs gemacht, dann hast du gedacht, Mensch, jetzt ist gut mit Baufirma und dann hast du ja erst mal den Bierladen gemacht. Also MashCamp kam ja eigentlich später, ja. Und warum eigentlich, also hat das mit dem Bierladen keinen Spaß gemacht oder kamen keine Kunden oder wie war das?

Johannes Grohs: Ja, also begonnen hat es, da hast du vollkommen Recht, eigentlich 2014 mit einem lokalen Biergeschäft, das durchaus vergleichbar ist mit sehr vielen lokalen Biergeschäften. Das war einerseits eine Sache, wo wir auch ein bisschen als Branchenquereinsteiger auch gelernt haben, wie das denn überhaupt mit dem Handel funktioniert. Wie gesagt, ich habe da generell im Handel oder in der Bierbranche, keinerlei Vorerfahrung gehabt. Ich dachte mir einfach, das ist eine schlaue Sache, jetzt einen Laden aufzusperren und zu lernen, was kauft der Kunde, was kauft er nicht. Und das ist ja auch verhältnismäßig risikolos, um es jetzt mal so zu sagen. Und das war und ist nach wie vor, die Filiale gibt es ja noch, unser quasi Berührungspunkt direkt auch mit den Kunden, was ich nach wie vor sehr wichtig finde. Weil, auch wenn sich sehr viel in Richtung Online verlagert hat in der heutigen Zeit, dann ist trotzdem das persönliche Gespräch eines, das nach wie vor sehr viele Informationen absetzt sozusagen mit dem eigentlichen Interesses eines speziellen Einkaufs. Also es gibt viele Gespräche, die rund herumführen und du merkst dann einfach im Kundengespräch, warum sind die Leute wirklich gekommen, an was haben sie sonst noch Interesse? Und das kann man halt durch keine Online-Version ersetzen. Da siehst du nur einen Kunden, der etwas gekauft hat und wenn sich einer dann doch noch um entscheidet, dann bekommst du das schon wenig bis gar mehr, vielleicht noch über eine Statistik mit, aber seine Beweggründe wirst du nicht mehr erfahren, warum er sich für etwas entschieden hat. Das war auch so ein bisschen das, wo wir mit unserem Laden halt auch gelernt haben, okay, was will der Biermarkt im spezielleren Bereich, oder nennen wir ihn Craft-Beer-Bereich und war dann auch ein wenig dieser Startschuss in die Richtung, wir wollen eigene Biere machen, aber wir müssen mal erst lernen, wie das funktioniert. Daher 2014 eben der Bierladen mit dem Bier-Store Vienna, der prinzipiell auch von Beginn weg Hobbybrauer-Equipment im Sortiment hatte. Und ein Jahr später dann 2015, kam dann Next Level Brewing, unsere eigene Biermarke, wo wir als Jipzy-Brauer eben verschiedenste unserer eigens entwickelten Rezepte dann nach unseren Vorstellungen bei einer befreundeten Brauerei in Kärnten, bei der Brauerei Loncium, brauen lassen.

Holger: Und da wart ihr ja ganz schön erfolgreich, also ich sage nur Vize-Staatsmeister und sowas, ja.

Johannes Grohs: Naja, wir waren nicht nur Vize-Staatsmeister, waren wir auch, aber wir waren auch unzählige Male Staatsmeister mit verschiedensten Bieren. Sind vor Corona als Brauerei des Jahres ausgezeichnet worden im Jahre 2019, weil keiner mehr an quasi ersten Plätzen gewonnen hat. Also da ist auch international dann einiges passiert, Meiningers und so weiter, einige Awards gewonnen, bis hin zur Platinmedaille. Da waren immer wieder Sachen dabei, die so gesehen, ganz gut funktioniert haben.

Holger: Also Vize-Staatsmeister, das war also so eine gewollte Überleitung aufs erste Bierchen und dieses Bierchen, damit seid ihr ja Vize-Staatsmeister geworden, oder? Weil, mir geht es ja immer auch da drum, dann endlich mal die erste Flasche zu öffnen, dann können wir ja immer noch weiterreden.

Johannes Grohs: Ja, der Holger ist natürlich tatsächlich durstig, das kann ich verstehen. Das erste Bier, das wir heute aufmachen, ist von Next Level Brewing unser Frontman, das ist ein hopfengestopftes Lager. Das ist tatsächlich Vize-Staatsmeister geworden 2019. War nur ein Bier, das ein bisschen klassischer ist dann vor uns. Ist ein bisschen moderner als man sich ein klassisches Lager insbesondere vielleicht in Bayern vorstellt, also wenn man es sich vorstellen kann, ohne es vor sich oder im Glas zu haben, auch für die Hörer, ein wenig ein Hybrid aus einem Pale Ale und einem Lager. Sprich, wir haben also ein klassisches Lager gebraut, aber die Hopfung eher in Richtung eines Pale Ales verschoben. Sprich, wir haben Hopfensorten wie Citra und Mosaic mit drinnen und es ist auch mit den beiden Sorten hopfengestopft. Dementsprechend bekommst du dann vom Körper hier die drinkability eines normalen Lagerbiers, aber es ist nicht ganz so langweilig. Und für jemanden, der schon mehr im Hopfing-Bereich gewohnt ist, grad für die Trinker von Pale Ales und IPAs, denen dann vielfach ein ganz normales Helles zu langweilig ist, für die ist das einfach dann auch etwas, dass sie ein, zwei, drei Bierchen hintereinander trinken können, ohne das ihnen langweilig wird.

Holger: Sehr gut! Wir haben ja noch jemand bei uns, den Markus und das ist ja durchaus ein Hopfenliebhaber. Markus, ist doch vollkommen in deinem Sinne, dass wir jetzt endlich aufmachen, oder?

Markus: Ja, unbedingt, ich warte schon die ganze Zeit drauf. Habe auch überlegt, ob ihr mich heute überhaupt braucht: Aber es ist okay, wunderbar, also können wir sehr gerne aufmachen. Und man muss ja noch sagen, das hat der Johannis ja grade so in dieser typischen österreichischen Nonchalance so gesagt, es ist wie ein Lager, aber natürlich wäre das bei uns allein schon deswegen schwierig, weil hier ja auch Weizen mit drin ist und Weizenmalz natürlich bei uns, untergärig, ganz böse Geschichte. Also insofern, ja, spannend auf jeden Fall. Ich freue mich schon total drauf, das zu probieren und, ja, bin schon ganz heiß, also wann geht es denn los?

Holger: Nee, nee, es geht jetzt los. Und ich habe jetzt währenddessen du gesprochen hast, direkt aufgemacht und eingeschüttet und halte schon grad meine Nase rein. Und es ist also schon so, wie der Johannis schon anmoderiert hat, also er hat ja schon einiges jetzt zum Bier gesagt, aber man hat eben diese absolut fruchtige Hopfennote in der Nase, also man riecht richtig Südfrüchte. Und das muss ich auch nochmal sagen vielleicht, der Johannis ist ein ausgesprochen guter Sensoriker. Also ich kann mich da erinnern, bei einigen Bierverkostungen, da hat der also Dinge wahrgenommen, da habe ich gedacht, meine Güte, wo ist eigentlich deine Nase? Also das ist schon sehr beeindruckend! Und das ist natürlich ganz toll, wenn man dann seine Biere da verfeinert und die Rezeptur verfeinern möchte, dass man eben in der Sensorik wirklich richtig klasse ist, ja. Aber, Prost, ja, schön, dass du dabei ist. Also ich trinke jetzt mal. Ja und es ist genauso, wie du es beschreibst, also man hat quasi ein typisches Pale Ale in der Nase und wenn ich jetzt aber den ersten Schluck nehme, dann ist eine unglaublich hohe drinkability da. Es ist eben auch so von der Bitterkeit gar nicht so streng, sondern ist eben dann, hat schon so einen Lagercharakter, aber eben nicht ganz, du sagst jetzt langweilig, also da muss ich jetzt natürlich hier für die bayrische Bierkultur eine Lanze brechen, also ein bayrisches Helles ist ja nicht langweilig! Aber, das ist jetzt so frisch und macht Lust auf den zweiten Schluck. Man merkt deutlich eben die Kalthopfung mit dem von dir genannten Hopfensorten, aber es gibt auch einen schlanken schönen Malzkörper. Überhaupt ist das Bier ganz schlank, sehr gut ausgewogen, ausbalanciert, die Resenz finde ich unglaublich angenehm. Und jetzt ist ja, bricht ja fast der Frühling rein, die Zugvögel ziehen und der Frontman, der passt hervorragend dazu meines Erachtens. Ja, ich trinke noch einen Schluck.

Markus: Ja, also was ich noch ganz interessant finde, ist, wie schön die beiden Hopfensorten ausgewogen sind. Also ich finde, wenn man jetzt von der Nase geht, dann hat man auf jeden Fall ein bisschen mehr Mosaic, sehr schön, sehr diese typischen Noten, die dann auch Richtung so, ja, schwarze Johannisbeeren ein bisschen gehen, natürlich Citrus auch dabei. Und im Mund, finde ich, da überwiegt dann fast der Citra, mit eben diesen intensiven zitronigen Noten. Und zusammen, ja, pendeln sie sich dann schön aus, auch von der Bittere ist das sehr angenehm. Also wie der Holger schon sagt, ein sehr erfrischendes Bier, was von der Fruchtigkeit fast schon an ein Radler erinnert, also wirklich eine sehr schöne Sache. Trinkt sich auch leicht dadurch, dass es so schön schlank ist und ist sicherlich ein perfektes Sommerbier.

Johannes Grohs: Ja, es ist Gott sei Dank nicht nur für den Sommer gut geeignet. Was ich jetzt noch ergänzen muss, ist allerdings, ich habe nicht gesagt, dass Lagerbiere generell langweilig sind, sondern für die Leute, die viel Pale Ale und IPA trinken, für die mag das eine oder andere Helle langweilig sein. Und für die ist es dann eben eine Sache, die sie noch an die Hopfigkeit, die sie brauchen, eben heranführt. Andererseits ist es natürlich ein sehr schönes Brückenbier, wie ich das immer nenne, um Leute in die hopfigeren Biere eher einzuführen, die jetzt aber vielleicht nicht gleich den Sprung in Richtung Pale Ale machen wollen, wo dann auch deutlich mehr vielleicht auch Malzkörper mit dabei ist oder noch mehr Aromatik. Sondern in dem Fall haben wir es einfach so gestaltet, dass du auch bei einem Gastronomen, der jetzt nicht unbedingt mit Craft Beer werben will, sondern einfach ein bisschen was absetzt, das Mainstreams möchte, dass der eben auch was im Fass anbieten kann, wo der Kunde nicht nach einem kleinen Bier sagt, ja, das war jetzt eine interessante Erfahrung, aber eigentlich hätte ich jetzt ganz gern wieder was Normales, sondern wo er einfach nach dem Ersten, wir kennen es ja aus der Gastronomie in Wien, wo er nach dem ersten kleinen Bier danach noch zwei, drei Große bestellt. Und das ist genauso, wie dieses Bier eben gedacht war und das funktionier Gott sei Dank.

Holger: Sehr gut. Ich finde ja, es ist unglaublich wichtig, auch nochmal über das Etikett zu sprechen, weil die Hörer, die können das ja jetzt nicht sehen. Und man sieht jetzt also, ja, so eine Krake, ja, mit ganz vielen Armen. Ein so eine Tentakel umschlingt das Mikrofon und eine andere Tentakel hat eine E-Gitarre in der Hand und dann richtig böse, mit einer Augenklappe und richtig freundlich guckt er auch nicht, aber scheinbar hat er irgendwie was zu sagen oder zu singen. Ich weiß nicht, was singt der denn da grad?

Johannes Grohs: Wir haben aktuell grad keinen Ton am Etikett, aber kann ich dir jetzt so gar nicht sagen, welches Lied er da grade spielt. Im Wesentlichen ging es darum, dass er ganz vorne auf der Bühne steht und den meisten Lärm macht und den Leuten einfach erklärt, hallo, ich bin der da. Der Oktopus, üblicherweise hat er acht Arme, ist unser Logo-Tier von Next Level Brewing und dementsprechend findet sich dieser Oktopus auf all unseren Etiketten im Comic-Stil. Da arbeiten wir mit einem lokalen Comic-Zeichner, sowas gibt es tatsächlich, hauptberuflich, in Wien. Die haben einen eigenen Comic, die Austrian Super Heros oder auch Ash, in der Abkürzung. Und mit dem arbeiten wir zusammen, der macht all unsere Etiketten an di par. Und das funktioniert schon seit Jahren sehr gut, um einfach irgendwelche Themen, die diese Biere für uns auch repräsentieren, etwas zu visualisieren.

Holger: Ja, also, Markus, passt das für dich, das Etikett zu dem schönen ausgewogenen Dry Hoped, helles Lager?

Markus: Ja, auf jeden Fall. Also ich muss sagen, also ich glaube, bei meinem Etikett hört man ein bisschen was vom Sound und zwar erinnere ich mich da an Fools Garden und Lemon Tree, das würde auf jeden Fall gut dazu passen. Also falls die Hörer hier ein Bier- und Musik-Pairing machen wollen, können sie das mal ausprobieren. Ja, aber an sich finde ich das spannend, mir gefällt der Krake sehr gut, ich finde den auch ein tolles Logo-Tier irgendwie, weil er ja auch was mit Stärke symbolisiert und mit Flexibilität, also hat ganz viel, das gefällt mir auf jeden Fall gut. Mich würde noch interessieren, warum überhaupt Lager? Also weil im Grunde, wenn ihr jetzt eh so nah an einem Pale Ale dran seid und auch noch Weizen reintut, dann könnte man ja gleich sagen, man macht das halt als etwas kälter vergorenes obergäriges Bier, also warum das nicht? Und die Frage, wenn ihr hier doch am Ende nur 16 Bittereinheiten habt, wie schafft man es, diese intensive Fruchtigkeit da so reinzukriegen? Ist das dann so Last-Minute-Dry-Hoping oder wie muss ich mir das vorstellen?

Johannes Grohs: Ja, einerseits, warum Lager? Da sage ich mal ganz provokant, warum nicht? Wir haben es halt auf Basis eines quasi normalen Lagers aufgebaut und dann einfach nur eine Komponente, nämlich den Hopfen verändert. Also das war irgendwo so dieses Ziel, auch den Leuten, die vielleicht mal von einem Ale oder Pale Ale gehört haben und sagen: „Ah, das will ich nicht, ich will nur ein Lagerbier“, das war auch so ein bisschen dieses Barrieren abbauen, dass dahintergesteckt ist, von der Konzeption her. Und das haben wir relativ häufig auch im Craft-Beer-Bereich in die andere Richtung, dass die Leute sagen: „Nein, ich trinke nur Ales, ich will nur IPAs. Das ist ein Lager, das trinke ich nicht.“ Um genau solche Dinge eben in beide Richtungen so ein wenig abzufedern und abzufangen, ist es einfach ein Lager geblieben. Bei uns ist das jetzt nicht ganz so streng, wenn da Weizenmalz drinnen ist, wir haben da jetzt keine Biersittenpolizei, die uns da anzeigt und sagt: „Das gehört so nicht!“ Wir sind auch, was unsere Konzeption generell betrifft, eher ein bisschen offener gegenüber, was man nicht alles verwenden kann und nicht vielleicht auch sollte. Und dementsprechend haben wir auch viele Biere schon gemacht mit Zutaten, die, ja, in Deutschland nicht so gern gesehen sind. Wobei es immer um natürliche Dinge ging, aber wenn du mit Kräutern und Blüten und Sonstigem arbeitest, dann findet das nicht jeder in Deutschland unbedingt notwendig.

Holger: Lass uns mal nochmal wieder zurück in, ja, kann man schon sagen, einer meiner absoluten Lieblingsstädte, Wien zurückgehen. Lass uns doch mal rein blicken in die Craft-Beer-Szene in Wien, wie ist die, wie steht die da, wie hat die sich entwickelt seit 2014? Wo siehst du Trends, wo geht es hin und was macht der Wettbewerb?

Markus: Kann ich noch ganz kurz einen Satz zu dem Aroma haben, weil mich das wirklich interessieren würde, wie ihr das macht mit diesem intensiven Citrusaroma.

Johannes Grohs: Ja, sorry, das hatte ich übersprungen oder vergessen. Relativ einfach, es ist hopfengestopft und sämtliche Bittereinheiten kommen im Wesentliche nicht aus Bittergaben, sondern aus späten Hopfengaben beim Kochen oder besser gesagt im Whirlpool. Und der Rest der Bittere, oder der gefühlten Bittere, besser gesagt, kommt dann eigentlich schon auch im Hopfenstopfen selbst. Also es ist jetzt nicht unbedingt im messbaren Sinne, aber Hopfenstopfen hat dann sensorisch ein wenig einen Eintrag in die bittere Richtung, dementsprechend fühlt es sich einen Ticken bitterer an als 16, wobei 16 IBU ja gar nix ist. Und damit sind wir eher auf Normalniveau, würde ich behaupten. Aber diese Fruchtigkeit kommt, wie gesagt, rein aus den Aromahopfenölen, durch Whirlpool-Gabe und Hopfenstopfen.

Markus: Wunderbar, faszinierend. Also jetzt danke und weiter zu Holgers Frage, interessiert mich natürlich auch, wie ist es denn um die Bierszene bestellt?

Johannes Grohs: Ja, die Wiener Bierszene, ich würde sagen, 2014, 2015, das waren so die Startjahre in Wien, da gab es die ersten Craft Beer Festivals und da herrschte auch sehr große Aufbruchsstimmung. Da war es so, dass der Reihe nach kleine Brauereien begonnen haben, ihre Tätigkeit aufzunehmen, da und dort gab es Eröffnungen, immer wieder neue Bier-Bars mit unterschiedlichster Ausrichtung, die geöffnet haben. War so ein bisschen Aufbruchsstimmung, aber das hat dann auch recht schnell irgendwo, ja, seinen Zenit gefunden gehabt. Jeder hat das mal probiert, keiner war übermäßig davon begeistert. Also solche Hypes, wie es in anderen Ländern gegeben hat oder nach wie vor teilweise noch gibt, sei es in Amerika oder in Skandinavien, das haben wir bei uns so nicht erlebt. Es wird sich auch bei uns niemals jemand anstellen für ein Bier, weil grad ein Bier-Release oder sowas war. Also in ganz Österreich gibt es da auch keinerlei Brauereien, wo irgendein Bier sofort ausverkauft wäre. Mag vielleicht am österreichischen Kunden selbst liegen oder warum auch immer, kann ich jetzt so genau nicht sagen, aber es ist tatsächlich bis heute jetzt noch nichts in die Richtung passiert. Corona hat leider Gottes nicht unbedingt dazu beigetragen, dass das Ganze besser wird. Durch viele Lockdowns und Barschließungen ist es natürlich eine Sache, wo es den Gastronomen auch irgendwo schwierig gemacht worden ist, die Biere unter die Kunden zu bringen. Und die Gastronomie ist nach wie vor so ein bisschen der erste Berührungspunkt für diese Biere, weil dort zumindest, im Vergleich zum Supermarkteinkauf, du im Normalfall ein bisschen Beschreibung dabei hast. Also ein bisschen Beschreibung auf der Bierkarte, auf der Tafel oder zumindest gehst du, wenn es solche Biere in der Gastronomie gibt, ja mit jemanden hin, der sich auskennt, ist üblicherweise so. Und dann bist du nicht ganz so unvorbereitet, wie wenn du jetzt einfach denkst, du hast dir ein normales Bier gekauft und dann überrascht dich da eine fruchtige Note und du weißt jetzt nicht, ob das so sein soll oder ob mit dem Bier irgendwas vielleicht verkehrt ist.

Holger: Und was hat es bedeutet für den Betrieb im Laden, also was hat sich verändert? Also du sagst ja, da ist mit viel Enthusiasmus begonnen worden und viele haben viel Neues ausprobiert, war das dann irgendwann zu Ende oder sind die Leute preissensibler geworden oder haben das Interesse verloren? Oder, ich meine, man muss da ja auch noch sagen, in Wien gibt es ja einen großen Händler, der eine unglaubliche Auswahl auch bietet an Craft Beeren, der ganz anders einkauft als ihr. Wir war das?

Johannes Grohs: Ja, so einer der größten österreichischen Getränkehändler hat sich dann ungefähr ein Jahr, nachdem wir am Markt waren mit unserem Bierladen, dazu entschlossen, auch so einen Flagship-Store zu machen. Und das war natürlich jetzt nicht unbedingt das Optimalste für ein kleines neues Business und du musst dann einfach schauen, wie du dich weiterentwickelst und wo du deinen Platz findest. Und gegen jemanden anzutreten, der weit über 1.000 Biere im Sortiment hat, da wäre es wahrscheinlich auch für viele Unternehmer in anderen diversen Städten in Deutschland und anderen europäischen Ländern durchaus schwierig, wenn der nur zwei Kilometer neben dir sitzt und der Kunde sich einfach aussuchen kann, wo er hingeht. Das ist jetzt gar kein Thema der Preissensibilität, sondern das war es einfach mehr ein Thema von, dass Kunde ständig was Neues wollte. Und wir sind jetzt keine großen Importeure gewesen, haben das eine Zeitlang betrieben und versucht, das auch zu machen, Eigenimporte durchzuführen, aber die Schlagzeile ist dann eigentlich, ja, war dann für die Kunden ausschlagkräftig, um zu sagen: „Okay, wo gehe ich hin, wo bekomme ich immer was Neues und ganz viel Neues, die neusten Biere jeder Brauerei, spezielle Exklusivimporte und, und, und?“ Und das war jetzt nicht unbedingt unser Business als kleiner Laden, jetzt im großen Stil zu importieren. Und den Platz hätten wir auch gar nicht gehabt, irgendwo 1.000 Biere kalt zu lagern. Weil, das ist nach wie vor ein wesentlicher Aspekt unseres Ladens, dass all unsere Biere in einem großen Kühlhaus stehen und wir, sofern wir das eben kontrollieren können, so auf die Bierqualität achten, dass es immer kalt gelagert ist.

Holger: Ah ja, spannend. Also die Biere, die ihr nicht nur vorne im Kühlschrank habt, sind kalt, sondern alle, also alle Biere, die bei euch im Angebot sind, werden immer gekühlt gelagert, einfach aus Qualitätsgründen?

Johannes Grohs: Ja, genau, das ist schon seit 2014 so. Da sind wir auch die Einzigen, die das so machen. Auch unsere eigenen Biere, die wir jetzt natürlich palettenweise irgendwo aus der Brauerei bekommen, die lagern genauso in einem riesen großen Kühlhaus, einem Palettenkühlhaus und sind das ganze Jahr über bestens temperiert, einfach um die Aromastabilität zu gewährleisten. Ist jetzt ja nicht so, dass Bier verdirbt wie zum Beispiel Fleisch, wenn man es in der Sonne stehen lässt, aber die Aromatik leidet halt so massiv. Und dann brauche ich nicht so viel und so tolle Rohstoffe einsetzen und so aufwendig brauen, wenn ich danach einfach die Kontrolle über das Bier verliere. Und sofern wir das eben beeinflussen können während der Lagerzeit, auch wenn es jetzt noch bei uns ist, bevor es an den Kunden geht, können wir zumindest garantieren, dass es bis zu unserer Haustür im besten Zustand war.

Holger: Das ist ja beeindruckend, also wirklich beeindruckend. Also würdest du denn dann soweit gehen, dass, wenn ihr jetzt MashCamp nicht noch dazu erfunden hättet, wäre der Laden für sich gar nicht überlebensfähig oder würde das schon irgendwie gehen?

Johannes Grohs: Ich denke schon, dass das funktioniert hätte, aber es ist dann halt diese typische Geschichte, wo du als Eigentümer selbst im Laden stehst und du kannst eigentlich rund um die Uhr nichts anderes machen als quasi für dein Überleben arbeiten. Das war jetzt nicht unbedingt so die spannende Vorstellung. Wir haben so auch laufend eine sechs-Tagewoche und irgendwo in einer Größenordnung zwischen rund um die 60 Wochenstunden. Und wenn dann auch dauerhafte Anwesenheit notwendig ist, das kriegst du dann irgendwann mal nicht mehr hin. Und für uns war es dann eigentlich auch eine Sache, wo wir natürlich mit Next Level Brewing versucht haben, auch in Richtung Gastronomie und so weiter zu gehen. Das ist neben dem Ladenbetrieb dann schon relativ schwierig. Und der Hobbybraubereich, der ist halt nachhaltig gewachsen, den haben wir mehr oder weniger in Wien von fast null weg aufgebaut. Wir haben sehr viele Kunden da teilweise aus dem Bierbereich, die uns dann im Laden kennengelernt haben, die dann gesagt haben: „Ah, okay, man kann das Bier auch selber wirklich Zuhause brauen“, die wussten das ja gar nicht. Wusste ich, bevor ich damit begonnen habe, ja auch nicht, dass das relativ einfach mit recht wenig Equipment auch Zuhause funktioniert und man trotzdem gute Ergebnisse erzielt. Und so hat sich dann auch diese Hobbybrau-Community entwickelt und sozusagen auch, die ist gewachsen, sagen wir einfach so. Und irgendwann mal eben in einer Größenordnung, wo das dann auch platzmäßig in unserem Laden, der ist ja jetzt nicht zig 100 Quadratmeter groß, sondern der hat ja knapp über 70 Quadratmeter und da war es dann schon auch irgendwo ein Thema, wofür verwenden wir den Platz? Und mit der Zeit sind dann immer wieder Handelsware, internationales Sortiment sozusagen, haben wir bei den Bieren gestrichen und den Platz im Laden freigegeben für Hobbybrauartikel. Und sozusagen sind in vielen Jahren hier zwei- oder dreimal größer umgebaut worden. Und der letzte Umbau, den wir gemacht haben, war dann eigentlich mit Corona, wo wir eine Verkostungs-Lounge in unserem Laden hatten, wo die Leute direkt unsere Biere, die ja alle kalt gelagert waren, vor Ort kosten konnten. Das dürfen wir ja nach wie vor nicht aufgrund von Maskenpflicht im Laden, dementsprechend haben wir das jetzt schon seit zwei Jahren nicht mehr. Und diesen Platz der Verkostungs-Lounge, den haben wir verwendet dafür, dass wir einfach deutlich mehr Hobbybrauware ausstellen können und das wird jetzt auch so bleiben. Also es ist einfach eine Sache, die mehr oder weniger so entstanden ist, auch aufgrund der Nachfrage der Kunden. Wir waren dann irgendwann mal nicht mehr so relevant im Bierbereich und haben jetzt überhaupt das, was natürlich unsere eigenen Biere und das, was unsere Stammkunden sozusagen noch an Wiener lokaler Brauereiszene nachfragen, ein paar ganz wenige internationale Biere noch im Sortiment für Geschenkekunden, aber das war es. Also wir sind, wenn man es heute so will, jetzt kein Bierladen mehr, sondern ganz initial waren wir eben ein Bierladen mit einer Hobbybrauecke, heute sind wir ein Hobbybrauladen mit einer Bierecke. Und das ist aber auch gut so, also das ist das, wo wir uns über die Jahre hin entwickelt haben, wo wir auch unsere Kompetenzen haben, wir kommen aus dem Hobbybraubereich. Das ist einfach auch eine wichtige Sache, wo du sozusagen wissen musst, wo du gerne auch Zuhause bist. Und mein Geschäftspartner und ich, also der Alex, der heute nicht mit dabei ist, den kenne ich ja auch aus der Wiener Hobbybrauszene und da gehen wir eigentlich genau den gleichen Weg sehr gerne, dass wir einfach drauf schauen, dass diese Hobbybrau-Community, die wir da auch aufgebaut haben, dass die nachhaltig wächst. Das ist halt auch eine Sache, man kann es sich ja vorstellen, mit Corona war einfach eine Nachfrage an Dingen, die man Zuhause machen kann. Bei uns war zum Beispiel in den Lockdowns ständig irgendwo Backhefe aus und die Leute haben sehr viel Brot gebacken und viel selbst wieder gekocht, klar, wenn auch die Gastronomie zu hat. Und dann sind halt viele auch drauf gekommen, dass man Zuhause recht einfach Bier brauen kann. Und dementsprechend war die Nachfrage dann in dem Bereich relativ groß und wir haben da dieses Segment auch deutlich ausgebaut. Wir haben ja schon seit 2017 die Online-Möglichkeit, also den Online-Shop selbst geschaffen. Das war der Startpunkt dann auch für MashCamp als Marke. Weil zum damaligen Zeitpunkt, das ist jetzt auch schon fünf Jahre her, einfach schon absehbar war, dass der Bierladen als solches irgendwo so eine gläserne Decke hat und wir jetzt quasi eine eigene Hobbybraumarke draus machen, die eben zeitgleich auch mit einem Online-Shop startet. Und das hat sich natürlich jetzt dann während der Corona-Zeit stark ausgezahlt, dass wir schon drei Jahre davor einen Online-Shop hatten.

Holger: Sehr interessant also, aber, Männer, wir sollten mal zum zweiten Bier rüber springen und den nächsten Oktopus uns zu Gemüte führen. Was machen wir denn da? Also wir haben jetzt so zwei Biere noch, also einmal Jale Break, ja und Surfin`West.

Johannes Grohs: Ja, ich würde vorschlagen, wir probieren jetzt einfach das Surfin´West, ein West Coast-IPA. Weil der Holger vorher vom Etikett gesprochen hat, da ist natürlich ein Oktopus drauf, der auf einer Welle surft, wo Hopfen drin ist. Wir sind sehr stark auf der Hopfenseite unterwegs, wenn es um die Biere geht. Also wir sind bekannt für alles, wo Hopfen mit dabei ist, von eben hopfengestopften Lagerbiere über Pale Ales, IPAs, New England IPAs, Double IPAs und so weiter, kann man sich ja alles vorstellen und das ist das, wo wir momentan sozusagen die Hopfenwelle reiten. Und in dem Fall ist ein bisschen ein moderneres West Coast-IPA, also so eine Mischung aus den ganz klassischen West Coast-IPAs, wie sie halt früher waren, ein bisschen also harzige Noten, fruchtige Noten, aber trocken. Das war ja das, wie West Coast früher war, sehr intensiv in der Bittere. Hat sich heute, meiner Ansicht nach, ein bisschen gewandelt. Und, tja, unser West Coast IPA ist halt im Vergleich zu den New England, das ist nämlich das Jail Break, das wir nachher noch trinken werden, ein wenig mehr mit sozusagen einem trockenen Körper versehen, ein bisschen bernsteinfarbener, nicht so stark auf Fruchtigkeit getrimmt. Aber ich würde sagen, wir schenken es mal ein, dann wisst ihr, wovon ich rede.

Markus: Machen wir! Ich muss ja sagen, vom Musik-Pairing sind wir natürlich jetzt bei den Beach Boys, wenn wir hier so an Surf in USA denken, passt ja sehr schön zu dem Oktopus. Bin ich mal gespannt, ob das dann auch so locker flockig im Mund und in der Nase ist, schauen wir mal.

Johannes Grohs: Ja, jetzt brauche ich dann eure Meinung.

Holger: Tja, also hier ist auch wieder das drin, was du jetzt eigentlich schon auch beschrieben hast. Also das ist ein Bier, wo man dann sofort, ja, typical America, ja, West Coast IPA, also dann auch eine fruchtige Note mit unv. #00:34:14-4# und das ist auch genau das, was dir entgegenspringt. Wir haben jetzt hier 65 Bittereinheiten, die kommen deutlich zum Tragen. Und es ist eben mega schlank und mega trocken, also das taugt mir richtig! Aber ich könnte mir vorstellen, die fränkische Bierseele, Manometer, Markus, da muss ich dich ja schon wieder an der Hand halten, oder, da fliegst du doch schon wieder weg, bei so viel Bittere?

Markus: Naja, es geht. Ich war ja grad erst in Dänemark und durfte da ganz viele auch sehr bittere Biere probieren, deswegen ist das jetzt was, was mich durchaus wieder abholt. Aber du hast Recht, also es ist sehr schlank. Ich finde, die Fruchtigkeit kommt trotzdem schön zum Tragen und zwar so in der Mitte vom Trunk. Also da ist dann ganz viel so Pfirsich, Ananas, Melone, ganz viel so schöne Fruchtigkeit und da merkt man auch die Bittere nicht so stark, sondern die kommt wirklich eigentlich erst nach dem Trinken. Also die bestraft einen eigentlich dafür, dass man aufgehört hat zu trinken. Also, insofern ganz praktisch, weil, dann will man natürlich den nächsten Schluck nehmen, also das ist schon sehr, sehr schön. Und es verbirgt auch seinen Alkohol so ein bisschen, also das merkt man auch erst so auf den zweiten Schluck, dass dann ja doch immerhin 6,5 Prozent oder sowas drin sind. Also wirklich ein sehr schönes spannendes Bier, was auch dem Stil gut entspricht. Und ihr habt ja auch von der Farbe her das ein bisschen dunkler gestaltet und auch von der Aromatik, die man vom Malz durchaus noch mitbekommt, es eben auch so ein kleines bisschen nussige, karamellige Noten sind, so ein bisschen drin. Und auch das finde ich wichtig bei so einem West Coast IPA, dass es nicht bloß aus dem Hopfen besteht. Und das ist wirklich eine schöne runde Sache, wirklich sehr schön.

Johannes Grohs: Ja, danke dafür. Das ist bei der letzten Staatsmeisterschaft leider nur vierter Platz geworden, also keine Medaille. Aber es ist dem entsprechend, was wir eben aktuell für ein West Coast IPA halten, ihr habt es eben perfekt beschrieben, brauche ich gar nicht mehr viel dazu sagen.

Markus: Die letzte Staatsmeisterschaft war jetzt die Austrian Beer Challenge, oder?

Johannes Grohs: Genau.

Markus: Ha, dann habe ich das mit bewertet.

Johannes Grohs: Ah!

Markus: Ohne es zu wissen natürlich.

Johannes Grohs: Ja, die Letzte, also es gab ja ein ausgesetztes Jahr, 2020. Also das Letzte war davor, 19 und dann eben 21.

Markus: Ja, jetzt 21 war ich ja dabei und das war wirklich sehr schön, hat mir viel Spaß gemacht. Da haben wir auch einige BierTalks produziert mit Leuten von dem Wettbewerb. Und wirklich spannend zu sehen einerseits, welche Parallelen es durch aus gibt zwischen dem, was man so in Österreich aktuell unter Biermarkt versteht, aber auch, welche Unterschiede. Und da gehört es auch dazu, also da würde man in Deutschland lange suchen, glaube ich, um ein West Coast IPA zu finden, dass so schlank ist und so klar ist. Also das ist wirklich sehr schön, ja. Und vielleicht noch eine Frage, ihr produziert nach wie vor bei Loncium oder habt ihr eine andere Brauerei mit dabei?

Johannes Grohs: Nein, aktuell sind wir, ich sage mal, zu 99, wenn nicht sogar mehr Prozent, bei Loncium unterwegs. Es gibt vielleicht den ein oder anderen Sondersud, der mal woanders läuft. Aber, das funktioniert seit Jahren dort klaglos und perfekt. Und vor allem ist auch der Alois von Loncium ein sehr investionsfreudiger Mensch, was jetzt Anschaffungen im Bereich der diversen, sagen wir mal so, brauchbaren Equipments betrifft. Also da geht es um Hopfenstopfdinge und solche Sachen, also wir reden da von Dry Hopings und diesen Equipment-Dingen, die richtig Geld kosten, aber dann einfach noch mehr Aroma raus kitzeln. Da musst du halt auch einen Partner haben, der in der Richtung auf deiner Welle unterwegs ist. Weil, wenn Bierqualität nicht unbedingt das Alleroberste sozusagen einer Brauerei ist, sondern Geschwindigkeit oder kurze Tankbelegungszeiten oder die Dinge eher im Vordergrund stehen und nicht die Qualität, dann wäre das jetzt vielleicht nicht unbedingt unser Partner.

Markus: Ja, das ist auch die erste österreichische Brauerei, die mir so in der neuen Bierwelle richtig aufgefallen ist. Das weiß ich noch, da hat mir damals so ein gestandener Braumeister hier aus Franken, hat mich besucht und hat erzählt, ja, er war im Urlaub, das war wieder in Österreich. Und da hat er was ganz Verrücktes entdeckt von so einer Brauerei. Und da wusste man damals auch gar nicht, wie man das ausspricht, ob das Longium oder Loncium oder wie auch immer heißt und hatte da verschiedene Biere dabei. Und die waren wirklich alle toll, haben wir zusammen verkostet. Und das ist mir auch sehr in Erinnerung geblieben, also das ist so mein erster Eindruck gewesen damals eben von österreichischen Craft Beer, dass da durchaus was passiert und dass das eben auch qualitativ wirklich eine Liga ist, die mitspielen kann. Und das ist wirklich, ja …

Holger: Ja, lass uns doch mal bei der Gelegenheit wirklich auch nochmal in die österreichische Kreativ-Bierszene hineinblicken. Also wie ist das jetzt, ist der Zenit erreicht, sind wir schon wieder auf Talfahrt? Ist das jetzt das Niveau, was man hält oder war jetzt Corona die Bremse und geht es irgendwann wieder los? Wie ist da deine Einschätzung, Johannes?

Johannes Grohs: Ja, ist eine schwierig zu beantwortende Frage, aber jetzt aus den letzten Jahren gesehen, muss ich sagen, passiert leider Gottes recht wenig, sowohl Brauereien, die neu beginnen. Sehr viele hören aktuell auf, aus mehr oder weniger freiwilligen Gründen. Gibt es jetzt momentan jetzt nicht, dass es Insolvenzen wären, sondern einfach Gründe, die einfach lange, lange Arbeitswochen haben und dann irgendwann mal der Meinung sind, ja, das mache ich jetzt schon seit einigen Jahren, aber mittlerweile ist es dann doch an der Zeit, vielleicht etwas anderes zu machen, weil irgendwie kein Licht am Ende dieses Tunnels ist, wo alle immer wieder von Aufbruch reden. Und, ja, das ist ein bisschen eine schwierige Sache in Österreich, da mit dem Preisgefüge und dieser Lagertrinkkultur, wirklich Marktanteile zu generieren. Also es ist eher so, dass sich die Szene in, sagen wir mal, so Festivalbesucher teilt. Auf den Festivals sind immer relativ viele Leute, oder waren es zumindest, also vor Corona, aber das sind eher Leute, die das einfach wirklich wie einen Theaterbesuch sehen. Das heißt, sie gehen dorthin, sie haben einen schönen Abend. Da geht es zwar ein bisschen mehr um Bier, als vielleicht nur in der Gastronomie, aber es ist kein Bestandteil ihres normalen Alltags. Und wenn da besondere Biere eher im Alltag unterwegs sind, dann mag sein, dass man sich dann vielleicht die günstigen Ableger oder sozusagen die Pale Ales der großen Brauereien, die es auch im Supermarkt gibt, dann die eher besorgt. Weil, wenn man das häufig konsumiert, dann ist vielleicht das Preisgefüge doch interessanter. Und dann haben wir diese Parallelwelt, die sich sozusagen entwickelt hat von den absoluten Nerds, denen geht es nur drum, dass sie was Neues bekommen und dass das noch crazyer ist als das, was davor da war. Und da ist dann mittlerweile auch irrelevant, wo das herkommt. Da wird kreuz und quer in Online-Shops in Europa bestellt, einfach um die Dinge auszuprobieren. Und das ist mit Corona natürlich auch einfacher geworden, weil jede Brauerei fast schon einen Online-Shop hat und auf der Suche nach Kunden überall hin versendet. Und da ist sozusagen diese, ja, wie soll ich sagen, diese Lust, etwas Neues zu probieren, eigentlich das, was die Leute antreibt. Da geht es jetzt nicht um Fans einer Brauerei oder die nachhaltig zu unterstützen, gibt es ein neues Bier, dann nehme ich das und wenn ich es schon kenne, dann interessiert es mich nicht mehr, weil es nicht mehr neu ist. Also das sind so diese zwei Parallelwelten, die wir haben, wo der eine eher unterwegs ist, was sozusagen in seinem normalen alltäglichen Leben vielleicht im Bereich, da Pale Ales zu trinken, das vielleicht immer im Kühlschrank hat, aber dann muss es günstig sein. Und die anderen sind halt die, wo Geld auch keine Rolle spielt, da zahlt man dann auch bereitwillig acht, neun Euro für eine Dose Bier, aber das hat man sowieso nur vor, einmal in seinem Leben zu trinken.

Holger: Ja, spannend, okay. Ja, Markus, wie siehst du das denn, kann man da Parallelen finden zu Deutschland, zu unser Kreativ-Bierszene, wie würdest du das einschätzen?

Markus: Naja, ja und nein, ne. Was ich, ja, beiderseits erschreckend aber irgendwie auch wieder interessant finde, ist das, was der Johannes grade gesagt hat, das es eben Biere sind, wo die Leute halt sagen, sie kaufen sich eine Flasche oder eine Dose oder so. Weil, ich meine, gut, das ist auf der einen Seite ja schön und ist auch interessant, dass sie das kennenlernen wollen und so, aber auf der anderen Seite kann natürlich keine Brauerei der Welt überleben, wenn sie halt, was weiß ich, 5.000 Kunden hat und denen jeweils nur eine Dose verkaufen kann. Also das wäre ja noch viel, also viele haben vielleicht 500 Kunden. Und das ist in der Tat so ein bisschen die Frage. Und bei uns suchen halt die Brauereien so ein bisschen die Flucht in anderen Extremen, dass sie eben sagen: „Na gut, dann machen wir jetzt halt ein Helles, ein Pils, ein Weizen“, also diese ganz normalen Bierstile und machen die sogar aromatisch relativ normal, manche würden sagen banal, und stellen die dann aber trotzdem für ein, zwei Euro mehr ins Regal, als das, was eben die klassischen Brauereien dafür verlangen. Und das macht es schwer! Also ich glaube, das viele bei uns momentan so ein bisschen auf der Suche sind, wo sie hingehören, wo ihre Kunden sind, wo ihr Markt ist. Und natürlich die Umstände erst mit der Pandemie, jetzt ist die Frage, was in Zukunft eben zum Beispiel Rohstoffe kosten, was Transport kostet, haben wir grad aktuell auch diverse Schwierigkeiten. Also das ist alles nicht so einfach. Und ich glaube, bei uns ist momentan, ja, so eine Zwischenphase, also wo es sich konsolidiert in der gesamten Branche, auch bei den eingestandenen oder alteingesessenen Brauereien, da werden wir noch so einiges erleben. Also ich blicke da durchaus mit ein bisschen Sorge in die Zukunft. Die Frage ist halt, ob man es mal schafft, die wichtigsten Player an einen Tisch zu holen und zu versuchen, da wenigstens gemeinsame Strategien zu finden, damit sich nicht alle auch noch ständig bekriegen. Ne, also jetzt zum Beispiel am Wochenende habe ich gesehen, das im Supermarkt wieder irgendein Bier angeboten für vier Euro den Kasten. Das ist natürlich nicht dienlich also und zwar niemanden dienlich, also auch dieser Brauerei nicht dienlich, aber auch dem Markt an sich nicht dienlich. Und das sind schon so Punkte, wo wir einfach Wege finden müssen, wie wir gemeinsam, alle zusammen, diese Bierszene nach vorne entwickeln können.

Holger: Also in jedem Fall trägt hoffentlich der BierTalk dazu bei, dass eben zu tun, ja, also das eben einfach weiter aufrechtzuerhalten und das Produkt Bier in den Fokus zu rücken und einfach immer wieder darüber zu sprechen, wie spannend doch dieses Produkt ist, und grade in Österreich für mich absolute Genussmenschen, auch vielleicht mehr Genussmenschen, als wir das von Deutschland her kennen. Was würdest du denn zum Thema Mega-Trend alkoholfrei sagen, ist das bei euch auch so oder spürst du da eigentlich nix?

Johannes Grohs: Naja, es ist eine Sache, die natürlich in der Statistik aufscheint, dass das ein Trend ist. Das ist eine Geschichte, wo es um Gesundheitsbewusstsein geht, um Alkohol reduzieren, aber nicht auf Bier verzichten. Es gibt natürlich auch von kleineren Brauereien, Loncium ist zum Beispiel auch mit dabei, alkoholfreie Versionen von Pale Ales, also wenn man jetzt quasi auch ein bisschen in dem hopfigeren Bereich unterwegs sein möchte, gibt es mittlerweile die Möglichkeiten dazu. Und es spricht natürlich überhaupt nichts gegen alkoholfreies Bier. Wäre ja auch schwierig, wenn man den ganzen Tag nur Bier trinkt und das immer Alkohol beinhalten würde, dann könnten wir nix mehr arbeiten. Dementsprechend ist es auch bei uns so, dass wir durchaus alkoholfreies Bier auch zu Mittag oder so trinken. Aber das ist wieder eine eigene, sagen wir mal, eine eigene Baustelle. Das ist natürlich etwas, dass die großen Brauereien dazu verwenden, um irgendwo die schwindenden Bierabsätze aufzufangen, aber für die kleinen Brauereien dann, technisch gesehen, nochmal schwieriger. Und die, die jetzt nicht wirklich viel an Equipment haben, für die ist es dann halt einfach unmöglich. Und deswegen, bei Loncium wäre es zum Beispiel möglich, das wir sowas auch mal machen, aber ist kurzfristig gesehen, jetzt noch nicht auf dem Plan. Schauen wir mal, was in die Richtung passiert. Aber ich möchte noch ganz gerne mal drauf zurückkommen, was ihr jetzt grad gesagt habt, wie wir diese Bierszene auch nach vorne entwickeln können oder wie sie sich überhaupt entwickeln kann. Und das ist mit auch der Grund, warum wir uns auch sehr stark eben in diesem Hobbybraubereich sozusagen einsetzen. Weil, wenn du als Mensch etwas selbst produzierst, dann hast du natürlich das Bewusstsein dafür, wie viel Arbeit da dahintersteckt und wie viel Zeit das braucht und wie viel Leidenschaft, dass da wirklich dein Bier rauskommt, dass genauso ist, wie du es haben möchtest. Und das ist dann am Ende des Tages auch das, wo du die Leute tatsächlich abholst und ihnen diese Wertigkeit gibst. Wenn sie etwas selber produziert haben, haben sie diese Wertigkeit, auch als Konsument natürlich. Und wenn du jetzt einen in deiner Freundesgruppe hast, der selber Bier braut, dann hat der natürlich auf einmal noch viel mehr Freunde als vorher und dann bekommen die das auch wieder mit. Und wir sehen, das hat einen sehr positiven Effekt, dass das Hobbybrauen an sich, die Bierkultur eigentlich sehr gut verbreitet, nämlich die wirkliche handwerkliche Bierkultur. Und wenn die Leute dann eine Brauereiführung machen und schon mal selber Bier gebraut haben im 20-Liter-Maßstab Zuhause am Küchenherd oder in einer Brauanlage, dann wissen sie, wie viel Arbeit das ist und können das auch einschätzen, warum die Industrie jetzt auf einmal mit den Methoden doch deutlich günstiger ist. Er kann dann selber entscheiden, was er jetzt genau oder wofür er dann sein Geld am Ende des Tages wirklich ausgibt, ob er das für ein Handwerk sozusagen ausgibt, wo die Biere dann auch teilwiese anders schmecken oder mit Absicht anders schmecken.

Holger: Ja, ist ein spannende Aspekt, einfach die Menschen da drin abzuholen und die Wertigkeit des Produktes durch Selbermachen auch spüren lassen. Also dahin gehen ja auch die ganzen Themen der Verkostungen, der Biererlebnisse und das macht ihr ja bei euch auch im Laden, dass ihr da auch Kurse anbietet und eben den Menschen nochmal eine neue Welt öffnet. Und neue Welt bedeutet natürlich das dritte Bier, oder? Also, Jale Break, also da ist dann der Oktopus, der guckt immer noch so böse, aber, er bricht aus, ja. Also so sehe ich das hier auf dem Etikett. Ja, dann gucken wir uns das doch mal an, oder?

Markus: Ja, machen wir auf!

Holger: Ja, komm, Markus, ich lasse dir mal den Vortritt. Jetzt habe ich bei beiden Bieren den Anfang gemacht, jetzt leg du mal los.

Markus: Ja, mache ich sehr, sehr gerne. Also erst mal finde ich es ganz grundsätzlich eine unglaubliche Hopfenbombe, in jeder Hinsicht. Das finde ich schon mal ganz toll! Und vertritt auch diesen Stil des New England IPAs wirklich sehr schön. Wir haben sehr, sehr viele fruchtige Noten in der Nase, Pfirsich, Maracuja, das geht fast in so einen Multivitaminsaft rüber, viel Orange. Schwimmen aber auch so ein bisschen rote Beeren mit, wenn man so an Erdbeeren denkt und dann aber auch so bisschen harzige Piniennoten, also alles, was so ein bisschen dazu gehört. Und was ich auch spannend finde, es hat auch was von einem Grünhopfenbier. Also ziemlich viele grüne Noten, liegt wahrscheinlich irgendwie an den Cryo-Hops, die da verwendet worden sind. Also da kannst du uns ja gleich noch ein bisschen aufklären, warum ihr die verwendet habt und was die, in eurer Meinung, mit dem Bier machen. Ich nehme mal einen Schluck. Da merkt man dieses ganz schöne weiche Mundgefühl. Also ihr habt ja auch ein bisschen Hafer drin, das schmeckt man sofort, also schön cremig, schön angenehm, schön rund. Und dann dazu wieder dieser Pfirsichton, diese Aprikosen, die da mit dabei sind. Also wirklich ein faszinierendes Bier, was wirklich diesen Bierstil New England IPA sehr, sehr schön repräsentiert. Ja, hören wir mal gespannt, was du dazu sagst.

Holger: Also ich kann eigentlich fast nichts mehr ergänzen, mit geht es ganz genauso. Man könnte jetzt vielleicht noch sagen, das ist wirklich Aroma, Flavor-Hopfen in flüssiger Form, also so kann man das sagen. Also, wer jetzt da drauf richtig steht, also mit dieser Bittere, dann doch quasi mit den Haferflocken, diese weiche Mundgefühl mag und dann eine totale Fruchtbombe gerne im Glas hat bei deutlichen Bittereinheiten, der ist jetzt mit diesem mehrfach ausgezeichneten Bier, und das müssen wir nochmal wiederholen, also, ich meine, dreimal in Folge Staatsmeister in der Kategorie New England IPA, das musst du erst mal hinkriegen bei Blindverkostungen. Also Respekt, würde ich sagen!

Johannes Grohs: Ich glaube, ihr habt schon die allerletzte Edition, wo tatsächlich Cryo drin ist. Müsste ich jetzt schauen, weil, bis Dato war nämlich keiner drinnen, hat auch immer gewonnen. Da hat euch der Andy schon die ganz neue Edition geschickt.

Markus: Genau, ja, dreimal, Cryo Amarillo, Cryo Citra und Cryo Mosaic. Also ich muss auch sagen, so intensiv habe ich das noch nicht wahrgenommen. Also ich habe auch immer gedacht, ist das vielleicht irgendwie ein Fake und wie viel ist da Marketing und wie viel stimmt? Aber es ist wirklich so, als würde du in die frischen getrockneten Dolden greifen, also es hat wirklich ganz viel wirklich intensives Hopfenaroma. Ich bin echt erstaunt und begeistert zugleich.

Johannes Grohs: Den Batch, den ihr jetzt habt, den gibt es noch gar nicht im Verkauf, der ist richtig, richtig frisch. Und ich muss auch da sagen, dass es nicht wahnsinnig abweicht von dem, wie die anderen Batches alle waren. Also, die waren auch immer so, ohne Cryo. Vielleicht, mag man sich auch einbilden, einen Tick mehr, aber es ist immer geil gewesen, sagen wir mal so, ganz einfach gesagt. Es ist einfach eine Sache, wo du wissen musst, wie die Hopfenöle miteinander auch harmonieren. Und ich glaube doch, dass es mehr darum geht, aus dem Hopfen, den du einsetzt, wirklich die Aromatik raus zu lösen. Und da sind es eher die technischen Hilfsmittel, die du hast, die Lagerzeiten, wo du die Kontaktzeit mit dem Hopfen hast, die tatsächlich den Ausschlag geben. Und vielleicht macht es, insgesamt gesehen, so ein Cryo-Hopfen, wo du einfach viel mehr konzentrierte Hopfenaromatik hast, ein bisschen einfacher im Umgang, weil du nicht ganz so viel Hopfen brauchst. Aber du bekommst es, meiner Ansicht nach, auch ohne dem hin, wenn du das technische Equipment dafür hast, den Hopfen sozusagen in dem Ausmaß halt auch wirklich zu verwenden. Es geht dann einfach wirklich in dem Bereich drum, viel hilft viel und du brauchst einfach auch diese Zeit, um die Aromaöle tatsächlich in das Bier zu übertragen, da geht nix mit schnell, schnell.

Markus: Ja, auf jeden Fall spannend. Und, ja, vielleicht zur Vollständigkeit noch zu sagen, also Cryo-Hop ist ja eine Marker praktisch von einem Anbieter, die anderen nennen das da, glaube ich, Lupomax oder so. Und die Idee dahinter ist halt einfach quasi Hopfenpellets zu haben, wo der Anteil von Lupolin entsprechend höher ist und man deswegen eine intensivere Note hat. Aber, ich glaube, ich gebe dir Recht, es ist, also wenn man es halt richtig gut macht, ich habe ja durchaus schon das ein oder andere hopfengestopfte Bier getrunken, dann kommt man schon dahin, es gibt aber durchaus andere Beispiele. Also ich kann mir sehr gut vorstellen, warum das hier dreimal Staatsmeister geworden ist. Und ist aber für mich nicht nur der Hopfen, es ist auch dieses ganz tolle Mundgefühl. Also auch das gefällt mir richtig gut und passt halt auch zu dem Bierstil so schön.

Johannes Grohs: Ja, danke vielmals. Aber, um da jetzt nochmal auf diese Cryo-Geschichte zurückzukommen, es war auch Staatsmeister ohne Cryo. Und dementsprechend, das ist jetzt nicht unbedingt dieses Wundermittel, wenn du jetzt so einen quasi aufkonzentrierten Hopfen verwendest, dann hast du damit automatisch die Ultrabombe, das ist eben nicht so. Man muss schon wissen, wie man das auch einsetzt. Die Produkte werden dann auch komplizierter in der Handhabung und auch da muss man irgendwo eine Lernkurve erst mal abwarten, damit man weiß, wie man damit umzugehen hat. Also es klingt auf dem Papier deutlich einfacher vielfach, als es dann tatsächlich ist. Und, ja, auch der Alois bei Loncium hat schon das ein oder andere Produkt ausprobiert, das als der Heilsbringer versprochen worden ist und das Ergebnis war dann eigentlich eher vernichtend und nicht brauchbar. Also momentan gibt es diese Bestrebungen der diversen Hopfenhändler, Produzenten, die Dinge zu vereinfachen oder sozusagen ein bisschen in seine eigene Richtung zu ziehen, aber am Ende des Tages geht es drum, dass du qualitativ hochwertigen Hopfen hast, der möglichst frisch ist, wo die Aromaöle gut erhalten sind und dann musst du ihn einfach in Lösung bringen. Und wie du das dann machst, ob es technisch, über die Zeit, über was auch immer, wie das funktioniert dann mit deinem Equipment, das ist dann natürlich ein bisschen abhängig von Brauerei zu Brauerei, aber du musst halt deinen Weg finden, wie du den Hopfen rein- und auch wieder rausbekommst. Weil, die größte Chalange ist nicht, so viel Hopfen in den Tank irgendwie hineinzubekommen, sondern du musst das Bier natürlich ohne diese Hopfenpartikel abfüllen. Und das ist dann vielleicht auch etwas in die Richtung, was du jetzt meinst mit dem Mundgefühl, zu gehen. Das Problem ist ja vielfach einfach, dass du Hopfenpartikel oder Rest der Partikel dann in der Falsche oder der Dose hast beim Abfüllen, sofern der Füller das überhaupt mitmacht und nicht sofort verstopft, hast du diese Partikel dann einfach auch quasi im Mund. Und jeder, der schon mal auf einem Hopfen-Pellet oder auf einer Hopfendolde gekaut oder gelutscht hat, der weiß, dass das nicht besonders angenehm ist. Das ist einfach eine scharfe Bittere, eine kratzige Bittere und um die rauszubekommen, musst du einfach auf alle Fälle versuchen, so wenig wie möglich dieser Pflanzenanteile in dein Bier zu bekommen, aber trotzdem eben die volle Aromatik.

Holger: Ja, Mensch, also jetzt haben wir gnadenlos überzogen, aber ich denke, es war gut und nötig. Also für mich ist heute klar geworden, man schmeckt und man hört die Leidenschaft, mit dem du oder ihr beiden da zugange seid. Man schmeckt und hört das Know How, was dahintersteckt, das ist wirklich unglaublich! Und es ist ja letzten Endes auch autodidaktisch erworben, mit viel Übung. Und es ist abseits jeglicher langweiliger Massenware! Und wer individuellen Geschmack wirklich testen möchte, der wird ganz deutlich, ja, diese Biere bestellen müssen also. Und ihr versendet ja auch nach Deutschland und ihr versendet auch Brauerei-Equipment nach Deutschland, also ich würde jetzt jedem empfehlen, eben auf die entsprechenden Internetseiten zu gehen, Next Level Brewing, Vienna Beer Store und dann auch nochmal das Thema MashCamp. Also da müsst ihr hinsurfen und müsst bestellen und müsst mit dem Johannis weiter diskutieren, während ihr eure eigenen Kreationen braut und ausprobiert. Also das war toll, Johannis, vielen, vielen Dank, das müssen wir fast nochmal wiederholen, oder, Markus?

Markus: Also ich würde auch sagen, das hätte ich jetzt fast sowieso vorgeschlagen, dass wir einfach nochmal eine zweite Folge machen, wo wir uns mehr diesem Home-Brew-Thema widmen, weil das ja am Ende jetzt auch fast schon so überging, so in die kleinen Tricks und Kniffe, wie man eben das besser hinbekommt. Und ich glaube, da wäre der Johannis der perfekte Gesprächspartner, um da mal noch ein bisschen einzusteigen.

Johannes Grohs: Ja, auf alle Fälle, können wir sehr gerne machen, also bin ich gern dafür bereit. Immer wieder nett natürlich, mit euch zu plaudern. Und ich hoffe, es hat natürlich auch irgendwo den ein oder anderen Mehrwert für die Hörer gebracht, vielleicht auch ein bisschen detailreicher als üblich, ein paar Gespräche zu führen. Und, ja, in dem Sinne, nochmals vielen Dank an euch für generell dieses Aufnehmen der Podcasts, das ist ja doch viel Arbeitsaufwand und den darf man auch nicht ganz außer Acht lassen, dass, was hier quasi auch den Hörerinnen und Hörern geboten wird. Ich hoffe, es geht für euch genauso erfolgreich weiter, ihr habt ja unheimlich viele Abonnenten und, ja, in dem Sinne, alles Gute. Und ich hoffe, dass auch diese Folge euren Hörerinnen und Hörern Spaß macht.

Holger: Danke schön, macht es gut, tschau, tschüss!

Markus: Danke, tschau!

Johannes Grohs: Tschau!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 84 – Interview mit Manfred Meraner, Biersommelier & Co-Organisator des Bierfestivals „Beer Craft“, Bozen, Südtirol

Manfred Meraner lebt in Bozen, Südtirol. Weltweit bekannt für Genuss aller Art, entwickelt sich dieser ganz besondere Landstrich in den Alpen zwischen Österreich und Italien auch in Sachen Bier zu einem wahren Mekka für Fans und Freunde hocharomatischer Biere. Der Optiker und Biersommelier organisiert gemeinsam mit einigen KollegInnen dort seit vielen Jahren das „Beer Craft“ Festival, für viele das schönste Bierfest der Welt. Mit zum Programm im Schloss Maretsch gehört auch ein kleiner Bierwettbewerb, der KuBo-Award, den Lorenzo „Kuaska“ Dabove und Robert „Bobo“ Widmann vom Batzenbräu entwickelt haben. Dabei erleben die Judges die Biere gemeinsam mit den Brauern, ebenfalls ein einmaliges Erlebnis, das Markus und Holger bereits vor Ort genießen konnten. Viele spannende Themen für eine unterhaltsame Podcast-Folge. Wir wünschen viel Vergnügen…

Kommt in unsere Facebook-Gruppe und diskutiert mit: https://www.facebook.com/groups/bierakademie

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Herzlich willkommen zum 84. BierTalk. Wir haben wie immer einen Gast, diesmal aus Südtirol. Jemand, der für mich das schönste Bierfest der Welt organisiert, das ist die Beer Craft in Südtirol. Herzlich willkommen, Manfred Meraner, grüß dich.

Manfred Meraner: Hallo Holger, hallo Markus, grüß euch.

Holger: Magst du denn dich selbst vorstellen und mal was zu dir sagen, was dich ausmacht, wie du lebst, was du bist und alles sowas, dass die Hörer dich ein bisschen kennenlernen?

Manfred Meraner: Was mich ausmacht, ja, also zum Thema Bier, würde ich mal sagen, absoluter Quereinsteiger. Das heißt, bis 2010 war für mich Bier eigentlich helles Weißbier, viel weiter ist es nicht gegangen. Mit 2010 bin ich bei einer neuen Brauerei eingestiegen beziehungsweise Versuche, neue Brauerei aufzubauen, das war die Bergner Bräu. Das hat dann vier Jahre gut funktioniert, mit Erfolg. Leider mit sehr starkem Gegenwind, was dafür gesorgt hat, dass das nicht gemacht wurde. In der Zeit habe ich meine jetzige Frau kennengelernt, die hat mich dann zur Optik gebracht. Dann habe ich meine Optikerausbildung unv. #00:01:48-7# angefangen und abgeschlossen. Und in der Zeit jetzt habe ich auch den Lukas Niedermeier, ist auch aus meinem Dorf, wieder mal getroffen in München auf der Braukunst Live und so ist dann das Thema Beer Craft ins Leben gerufen worden. Zwei Kinder, zwei Töchter, eine wundervolle Frau und eben als Optiker tätig.

Holger: Sehr gut und zwar mitten in der Bozener Altstadt am Bozener Markt. Also wer da mal ist, der kann da die schöne Stadt genießen und flux um die Ecke gehen und von dir, ja, eine neue Brille kaufen, sehr gut. Markus, bist du auch da?

Markus: Absolut, ich bin auch da und ich finde es immer noch lustig, dass jemand, der Meraner heißt, in Bozen arbeitet, aber auf jeden Fall alles gut.

Holger: Nee, super. Also wir müssen vielleicht ein bisschen mehr erzählen, Manfred, über die Beer Craft, also vielleicht über die Location, über die Leute, die kommen, wie das so läuft, wie das abgeht. Erzähl doch mal, was ist die Bee Craft Südtirol?

Manfred Meraner: Also die Beer Craft, muss ich mal dazu sagen, erst mal danke für die Blumen für den Organisator, das ist immer ein Organisationsteam, wir sind natürlich mehrere Personen, die das Ganze auf die Beine stellen. Vor ab, der Lukas Niedermeier, den ich schon erwähnt hab, dann Bobbo Widmann, Martin Bozzetta, was ja auch schon mal bei euch im BierTalk war und viele, viele mehr und nicht zu vergessen, die ganzen freiwilligen Helfer, was da dabei sind. Was ist die Beer Craft? Die Beer Craft ist ein Craft-Beer-Meeting, geht über zwei Tage. Das heißt, wir haben circa 40 internationale Brauereien, die ihre Biere dort präsentieren können, die Besucher können die Biere dort verkosten, können sich austauschen mit den Brauereien, mit den einzelnen Brauern auch. Interessant für die Brauereien, wir haben auch den KuBo Award, das ist ein Award mit internationalen Juroren. Die Biere, die dort prämiert werden, müssen direkt am Festival ausgeschenkt werden. Also es dürfen nur die Biere prämiert werden, die auch an dem Wochenende dort vor Ort sind. Was gibt es dazu zu sagen? Unser Hauptaugenmerk ist natürlich so, dass das jetzt nicht ein Festival wird mit lauter Musik, mit feiern, sondern es soll wirklich dezente Stimmung sein, es trifft sich alles, vom Turnschuh bis zur Krawatte, gemütlicher Austausch. Wir bieten den Brauern auch die Möglichkeit, einen halben Tag sich untereinander auszutauschen. Das heißt, es wird meist ein Ausflug gemacht, der nur für die Aussteller ist, mit Verpflegung und allem drum und dran. Und einfach so, dass das Ganze für den Aussteller nicht nur Arbeit ist an dem Wochenende, sondern es soll wirklich ein kleiner, sagen wir mal, verlängertes Wochenende, Kurzurlaub sein, das auch was Schönes hängenbleibt. Zur Location, Schloss Maretsch, im Herzen von Bozen, fünf Gehminuten vom Zentrum entfernt, mitten in den Weinbergen, passt natürlich wie die Faust aufs Auge für das Bier. Ein altes Schloss aus dem Jahr 14. Jahrhundert, 15. Jahrhundert, sowas, viele schöne Fresken, wunderschöne Location. Zum Aufbau logistisch, schrecklich, weil das natürlich durch die Altstadt alles befördert werden muss nur in kleinen Fahrzeugen. Für den Besucher, für den Aussteller ist es sicher einmalig, es ist ein großer Innenhof, überdacht, wo circa 15 Aussteller Platz haben. Dann im zweiten Stock ist es so eine Art Rundgang, wo ein Saal zum nächsten führt. Es kann alles besichtigt werden, es sind überall Brauereien vertreten. Es ist nichts abgesperrt, also es sind zum Teil Fresken, effektiv aus dem 15., 16. Jahrhundert und direkt davor steht die Brauerei. Ist natürlich eine kleine Herausforderung, aber es funktioniert sehr gut. Es ist immer lockere Stimmung und jeder, der dort war, kommt wieder, ist davon überzeugt, dass er sagt, das ist so ziemlich die schönste Location, wo er jemals war, wenn es um eine Craft-Beer-Veranstaltung gegangen ist.

Holger: Das habe ich ja grade schon gesagt, also bei mir ist das definitiv so! Es ist wirklich eine unglaubliche Atmosphäre, vor allen Dingen, also wenn es dann Abend wird und es wird dunkel und die Beleuchtung spielt auch noch irgendwie eine Rolle und so. Und es wird immer voller und man kann dann draußen sich begegnen und ist wirklich inmitten der Weinberge. Also da kommen sofort Sehnsuchtsgefühle auf und Bilder entstehen im Kopf. Und, Markus, das geht dir doch bestimmt auch so, oder?

Markus: Allerdings, also das Festival ist wirklich für mich eins der ganz wenigen, die wirklich immer gesetzt sind, also zumindest wenn es stattfindet. Aber das wird ja jetzt hoffentlich ab diesem Jahr auch wieder der Fall sein. Und ich muss auch sagen, also grade für uns jetzt als Deutsche Schrägstrich Franken, Bayern, wie auch immer, ich habe ja auch viel mit meinen Büchern mit Kulturgütern zu tun und ich finde das unglaublich schön, dass dieses Schloss so zugänglich ist. Also man muss sich das ja praktisch vorstellen, wenn man jetzt mal die Schleife umdreht, dann müsste man sagen, okay, das ist so, als wenn man so ein Bier-Festival in Neuschwanstein machen würde, ne. Und wenn man jetzt normal sich vor Augen führen würde, Neuschwanstein, da ist alles abgesperrt, da sind überall irgendwelche Glasdinger davor. Es ist ganz restringiert, du hast nur Teppiche, auf denen du laufen darfst und so weiter. Und da ist es halt so, dass dieses Schloss einfach auch ein Schloss ist, was lebt. Und die Leute haben auch genügend Respekt davor, dass es danach auch noch da ist. Das ist vielleicht eine Frage, die bei uns vielleicht auch etwas anders wäre. Und da, muss ich wirklich sagen, das begeistert mich schon, also dass es das Vertrauen auch in die Gäste gibt und andersrum und das man wirklich in dieser Atmosphäre eintauchen kann und da einfach ist. Und diese Synergie mit so viel Tradition und so viel Historie auf der einen Seite und so viel Energie und jungen Leuten und Kreativität und Mut auf der anderen Seite, das ist einfach das, was das Festival beseelt. Und das macht auch so viel Spaß zum Beispiel als unv. #00:08:50-5# da zu sein, weil das auch zum Beispiel so ist, dass wir da ganz bewusst mit den Brauern auch ins Gespräch kommen. Das ist ja was, was es bei keinem anderen Bier-Festival gibt, das ich zumindest kenne, dass man in der ersten Runde wirklich das Bier bei den Brauern probiert und trotzdem natürlich ein unabhängiges Urteil fällt. Aber, man kann mit den Leuten reden, man kann über ihre Ideen bei den Bieren sprechen und das ist auch nochmal ein ganz anderes Flair. In der zweiten Runde wird das Bier dann natürlich in der nächsten Runde ganz nüchtern und neutral und blind bewertet, aber wie gesagt, diese erste Runde und das ist wirklich sehr schön. Und da machen wir auch noch einen Ausflug und erleben dann abends die Siegerehrung, wo man auch wieder merkt, dass sich jeder für jeden freut. Und da sind ja auch Brauer aus vielen verschiedenen Ländern da und trotzdem ist das eine Gemeinschaft. Also wie gesagt, ich kann da auch nur schwärmen, für mich ist das immer ganz, ganz toll und ich bin schon richtig heiß drauf, das jetzt dieses Jahr auch zu erleben.

Holger: Nee und so ist es wirklich, ich kann das nur bestätigen. Manfred, magst du uns vielleicht noch ein bisschen erzählen, wie es grad der Südtiroler Szene geht? Also damit meine ich natürlich jetzt nicht die Forst Brauerei, aber das kannst du natürlich auch gerne sagen, wie es der geht, aber was ist passiert jetzt während der Pandemie, gibt es eben immer noch diesen Craft-Beer-Hype auch in Italien oder hat sich das abgeflacht? Also wie schätzt du die Lage ein, wie geht es der Szene?

Manfred Meraner: Natürlich etwas schwer zu sagen, weil, Festivals sind alle flachgefallen, deswegen, man hat jetzt nicht den direkten Kontakt, man kann jetzt nicht unbedingt da sagen, wie sieht es jetzt aus, sind es mehr geworden, sind es weniger. Aber ich würde jetzt einfach mal behaupten, auch durch das, Thema Lockdown, alles ist geschlossen, was macht man? Man hat viel Freizeit, man braut sich das Bier selber. Also ich wage zu behaupten, dass die Szene gewachsen ist und ich bin mir auch ziemlich sicher, dass wir das heuer, sofern wir das Festival wieder machen dürfen, wovon wir ausgehen, dass wir das auch erleben können. Weil, möchte ich noch dazu sagen, bei uns gibt es ja auch den Home Brewer Award, das heißt, die unv. #00:11:06-6# so wie auch ihr zwei, bewertet ja auch Craft-Biere von Home Brewern. Und das ist natürlich, sage ich einmal, eine Auszeichnung. Deswegen behaupte ich, die Szene ist gewachsen.

Holger: Ah ja, sehr interessant. Ja, Markus, was sagst du denn zu uns, also zur deutschen Szene, wie geht es der denn also?

Markus: Naja, also ich denke mal, die deutsche Szene, das ist so ein sehr vielschichtiges Bild. Also auf der einen Seite haben sich Prozesse beschleunigt, die sich vorher schon abgezeichnet haben. Also es gibt durchaus Brauereien, denen es schon nicht so besonders gut ging vor der Pandemie und bei denen ist es eher so, dass das eher noch schlechter geworden ist, bis hin zum zumachen. Und das sind sowohl junge moderne Craft-Brauer als auch traditionelle Brauer, die vielleicht sowieso zum Beispiel aus Altersgründen drüber nachgedacht hatten, aufzuhören. Oder auch welche, die zum Beispiel drüber nachgedacht hatten, irgendwann erst mal fremd abfüllen zu lassen und dann irgendwann auch fremd brauen zu lassen. Also solche Prozesse haben sich sicherlich beschleunigt. Auf der anderen Seite war es sicherlich auch was, wo manche neue Wege entdeckt haben, wo Brauereien jetzt zum Beispiel in die Flasche, in die Dose gegangen sind, die vorher gar nicht abgefüllt haben, die auf einmal verfügbar sind. Die damit ein neues Publikum auch gefunden haben, die das auch für sich so ein bisschen entdeckt haben. Und ich glaube auch, dass so manche Versender einen guten Job gemacht haben, dass sie einfach ihre Logistik, ihre Online-Shops entsprechend aufgebohrt haben, dass sie der Nachfrage auch gerecht werden. Und außerdem ist natürlich auch so, was bei uns ja insgesamt passiert ist, das wir überall dieses ganze Thema Online-Testing rauf und runter genudelt worden ist. Vielleicht nicht unbedingt immer zum Positiven für die, die es am Ende des Tages auch veranstaltet haben, aber, es hat auf jeden Fall sehr, sehr viele Menschen erreicht und sehr, sehr viele Leute nochmal in Kontakt mit vielen verschiedenen Bieren gebracht. Und ich glaube auch, das wird bleiben, das einfach diese Lust auf Vielfalt und dieses Bewusstsein für Vielfalt, das ist auf jeden Fall geblieben. Und insofern, also glaube ich, es ist ein bisschen zweischneidig, es gibt sicherlich deutliche Verlierer dieser ganzen Entwicklung, aber es gibt auch Gewinner. Und unterm Strich, also je nachdem, was jetzt halt noch in Zukunft passiert, aber wenn man den Stand jetzt sieht, glaube ich, wird es insgesamt mit einem blauen Auge ausgehen.

Holger: Also die Stichworte Vielfalt und Genuss animieren mich jetzt eigentlich zu dem Thema, wer hat denn Lust, ein Bier zu trinken? Also wir sind ja schließlich ein BierTalk und wer mag starten? Manfred, möchtest du dein erstes Bierchen als Gast?

Manfred Meraner: Sehr gerne. Also heute zur Feier des Tages, zur Feier des BierTalks, habe ich mal meinen Keller etwas aufgeräumt und habe mich schlussendlich für ein Timmermanns a de Göss entschieden, 2013 gebraut, 2016 abgefüllt. O de Göss, kurz zum Bierstil, Gösse, Lambic-Biere von verschiedenen Jahren verschnitten, das heißt, altes Lambic mit Frischen, um noch etwas Restzucker mit reinzubringen, das es nicht ganz so trocken wird. Das Ganze dann in der Flasche nachvergoren, damit wieder etwas CO² entsteht. Und nicht umsonst World Beer Award, best Beer Sour 2015, kann ich absolut empfehlen, wirklich schönes rundes Sauerbier, schöne Brettanomyces-Noten, florale Noten, Citrusnoten, wirklich ein geniales Sauerbier. Sehr komplex, absolut!

Holger: Wunderbar. Und die Sauerbiere in Südtirol, haben die auch eine Fangemeinde?

Manfred Meraner: Die haben zwar eine kleine, aber sehr starke Fangemeinde, das stimmt, da zähle ich mich auch dazu. Auch schon selbst mich daran versucht, also als Home Brewer, mit Brettanomyces oder eben Spontangärungen mit dem regionalen Bierstil, also dem nationalen unv. #00:15:22-2# mit einem IGA, also Italina Grape Ale. Deswegen, wer einmal mit sauer infiziert ist, der kommt nicht mehr weg.

Holger: Ja, sehe ich auch so. Also, das ist wirklich so, also wenn man einmal entdeckt hat, was diese Biere können, wie komplex die sind, was die einen entdecken lassen, im Antrunk, im Haupttrunk, im Nachtrunk, der wird immer wieder erneut irgendwie Sauerbiere haben wollen und wieder neue Erlebnisse, Genusserlebnisse nachspüren wollen, sehe ich ganz genauso. Ja, Markus, was hast du uns denn mitgebracht?

Markus: Ja, also ist spannend, ich bin mal gespannt, was du dann hast. Aber ganz grundsätzlich freut es mich schon mal sehr, dass wir so ein schönes Timmermanns Bier haben. Die Brauerei habe ich, ich glaube 2018 oder 19 noch besucht. Und kann man auch jedem nur empfehlen, ganz, ganz faszinierend, auch grade, wenn man dann durch diese ganzen Holzfasshallen geht und hier und da probiert und verkostet und versucht, also wirklich ganz großartig. Und ich freue mich auch total da drauf, endlich mal wieder in Belgien sein zu können, so richtig. Und, ja, allerdings habe ich mir ein bisschen was anderes ausgesucht. Ich habe mir gedacht, naja, was habe ich in letzter Zeit so an Bieren aufgesammelt, die ich gerne mal probieren wollte und da wartet man ja immer auf den rechten Augenblick. Und das Blöde ist ja, dass dieser rechte Augenblick dann immer manchmal dauern kann, aber jetzt ist auf jeden Fall einer und deswegen habe ich gedacht, jetzt mache ich eins dieser Biere auf. Und was habe ich mir ausgesucht? Also, ich habe eine schöne Dose gefunden mit einem Bier, was ich per se schon ganz gut fand, nämlich von BrewDog ein Hazy Jane. Gut, ist jetzt nur bedingt spektakulär vielleicht, aber, sie haben einen Sondersud gemacht, wo sie das Ganze mit Guave eingebraut haben. Und Guave ist so ein bisschen meine Lieblingsfrucht, zumindest meine Lieblingsfrucht, die nicht in Deutschland wächst und ich finde es immer wieder faszinierend, Bier zu haben, die mit diesem Aroma spielen. Und deswegen habe ich mir die mitgenommen und auch, ja, jetzt aufgemacht. Moment, nun ist offen, natürlich ein Döschen. Und, so, naja und wie es sich für so ein Hazy gehört, ist es hier auch ordentlich trübe, also opak, könnte man sagen. Ich habe einen schönen weißen festen Schaum, der ist echt ordentlich und eben diese schöne Trübung. Es ist so, ja, fast goldgelb, nur halt trüb. Jetzt rieche ich mal rein. Sehr schön! Also man merkt auf jeden Fall die Guave, aber es ist auch ganz viel so Pfirsich, Ananas, Mango, Organe, also ganz, ganz viele fruchtige Aromen. Und wenn ich ganz ehrlich bin, ich weiß nicht, ob ihr das kennt, es gibt von Haribo diese quadratischen Teile, die sind so gelb und rot und heißen offiziell, glaube ich, Pfirsiche und dieses Aroma ist es quasi eins zu eins. Also sehr erstaunlich! Also unglaublich schön fruchtig, schön intensiv. Jetzt probieren wir das mal. Ja, also es geht schön süß los, dann entwickeln sich diese ganzen Fruchtaromen, dann kommt ein bisschen Honig dazu und dann wird es ganz weich und samtig auf der Zunge. Und wenn man dann runterschluckt, dann geht das auch so ganz weich runter und dann kommt so die Bittere, so Stück für Stück und verstärkt sich so ein bisschen und ist dann auch präsent. Nicht sehr intensiv, aber sie ist da und verstärkt sich, je länger ich nicht mehr trinke und dann wird sie tatsächlich immer intensiver und will gelöscht werden. Also sehr schön, tolles Bier, muss ich mich selbst beglückwünschen. Und auf Griechisch sagt man ja, da gibt es ein extra Wort für diesen rechten Augenblick, das ist der Kairos. Und der ist jetzt mit euch hier gekommen, also sehr schön, wunderbar.

Holger: Meine Güte, jetzt wirst du jetzt auch noch philosophisch. Ja, Wahnsinn, ja. Also, Manfred, wenn man jetzt solche Biere, die ihr beiden da euch ausgesucht habt, in Bozen kaufen will, wo kann man die denn kaufen?

Manfred Meraner: Direkt in Bozen gibt es zum Beispiel einen Getränkehandel, der echt gut sortiert ist, das ist Gastro Drink. Ansonsten kann ich auf alle Fälle den Harpf Getränke in Bruneck empfehlen, der hat auch einen wunderschönen unv. #00:19:46-3# direkt in der Altstadt von Bruneck, mit wirklich professioneller Bedienung. Eine gute Kollegin von mir, die Milea, der Helmut unv. #00:20:00-9# ist der Vertreter, der auch gleichzeitig die Sektionsleitung der Biersommeliers von mir übernommen hat. Deswegen, da ist man wirklich sehr gut aufgehoben.

Holger: Das kann ich bestätigen. Und beide also, oder alle drei, der Lukas, der Helmut und die Milea wären exzellente Gäste auch für den BierTalk. Also wenn du sie mal siehst, stupse sie mal an und das wäre auch noch was, also absolut. Und Milea kommt ja aus dem ursprünglichen Vintschgau und, ja, das ist sowieso Besonderes, meine Wahlheimat, ganz genau, ganz genau. Nee, sehr gut! Und das hat natürlich auch mit der Milea zu tun, absolut. Also jetzt würde ich auch gerne mir ein Bier ins Glas schenken, weil, ihr habt da jetzt schon so tolle Produkte vor euch stehen und habt die auch schon verkostet und ich möchte ja jetzt auch nicht nachstehen. Also was habe ich mir ausgesucht? Also im Prinzip absolut logisch, also es gibt eigentlich da gar keine so große Möglichkeit, wenn man euch jetzt beide als Freunde im BierTalk hat, dann ist ja klar, es muss ein südtiroler Bier sein. Und weil der andere Kollege ja ein Franke ist, muss es halt auch ein Rauchbier sein, ja. Und dann gibt es eben eigentlich nur ein einziges Bier, was man sich bei so einem BierTalk aussuchen kann, das ist Batzen Bräu, Grand Cuvée Fumé, ja, absolut und das mache ich jetzt mal auf. Und ich kann euch sagen, für mich ist dieses Bier, ja, ich weiß gar nicht, ob ich es sagen kann, eines der besten oder vielleicht sogar das beste Rauchbier, was ich kenne. Ich darf es mal probieren. Wunderbar! Herrlich, also wirklich herrlich! Also ich darf es euch beschreiben, wir haben so ein dunkles Mahagoni, haben einen schönen cremigen beigen Schaum, feinporig. Das Bier hat eine schöne Resenz und im Geruch hat man natürlich sofort diese Rauchmalznoten, die den Süddeutschen eher an Schinken erinnern und den Norddeutschen vielleicht an Räucherfisch, aber ganz dezent, ganz ausgewogen. Also überhaupt nicht irgendwie so dich anspringend, sondern das ist im Hintergrund und man kann sich erinnern so an diese Aromen, aber trotzdem ist da noch vieles, was man sonst auch noch wahrnimmt. Also es ist ja ein Doppelbock, der in Whisky-Fässern gereift ist und das ist eben auch in der Nase, also dieses Barrel Aged, dann auch dieser Bourbon-Whisky-Geruch, der ist da mit dabei. Im Antrunk ist natürlich diese Malznote, diese Rauchnote da. Es sind süße Früchte da, es ist ein samtiges Mundgefühl da. Es ist ganz vollmundig und hat natürlich dann auch 11,3 Prozent Alkohol und wärmt dann auch so im Abgang, im Nachtrunk so richtig schön. Ich könnte mir jetzt also auf jeden Fall ein schönes Geflügelgericht vorstellen, vielleicht ein asiatisches Geflügelgericht, aber natürlich auch eine tolle Schokolade. Mit fällt da so einiges ein von Goldhelm, die haben so eine Pistaziencreme, die könnte ich mir dazu sehr gut vorstellen. Also das ist ein absolutes Gedicht! Und wer die Chance hat, dieses Grand Cuvèe Fumè mal zu erwerben und zu trinken, der sollte es tun, ja, also. Und diejenigen, die jetzt meinen, Rauchbiere mögen sie nicht, weil sie halt einfach nur bestimmte Produkte aus Bamberg kennen, die sollen es trotzdem probieren, weil sich doch nochmal eine ganz andere Welt da erschließt. Und dann natürlich, die Flasche ist schon ein Traum, das Etikett ist ein Traum! Also es ist eben auch wirklich dann auch italienisch, toll durch designt. Also das ist was, das kann man einschenken, so eine Flasche, ja. Prost jetzt bin ich aber wirklich fertig.

Markus: Prost! Das ist aber auch eine sehr schöne Flasche, ne, also muss man ja auch sagen, dass da ja auch wirklich eine Augenweide ist. Weil, grade beim Batzen Bräu ist das halt auch wirklich Genuss in jeder Hinsicht, da ist das Etikett schön, da ist der Name spannend, da ist die Flasche toll, da ist die Bierfarbe toll, da ist das Aroma schön …

Holger: Der Brauer toll.

Markus: Der auch, alle Brauer, sie haben ja mehrere davon. Und die Brauerei natürlich auch, spannend zu sehen mit all ihren Facetten, über all ihre Stockwerke. Also das ist schon …

Manfred Meraner: Darf ich mich da ganz kurz dranhängen? Also das Bier gibt es natürlich heuer auch auf der Beer Craft zu verkosten. Und eben, wie du schon gesagt hat, Holger, in Kombination mit Schokolade, wir haben auf der Beer Craft auch einen Schokolatier, den Armin von Karuna Schokolade. Das ist einer der wenigen Bean-to-Bar-Schokolatiers, das heißt, der macht die Schokoladen direkt vom Rohprodukt bis zur fertigen Tafel. Und mit dem haben wir jetzt schon ein paar Jahre wirklich geniale Kombinationen gemacht. Und natürlich auch nicht zu vergessen, den Hubert Stockner vom Genussbunker. Das ist ein Käsemeister und auch Biersommelier-Kollege und mit dem haben wir dann natürlich Bier-Käse-Kombinationen vom Feinsten und das werden wir auch wieder heuer machen.

Holger: Ja, also auch das kann ich bestätigen, ich kenne die beiden. Und ich war auch schon mal in diesem Genussbunker drin, wo der Hubert ja einfach auch Käse, die er ankauft, wo er sich vorher überlegt, wie kann er die veredeln, wie kann er die verfeinern. Das ist ein ganz, ganz langer Stollen, in dem er da arbeitet. Also wer da auch mal die Gelegenheit hat, dass sich anzuschauen … also es riecht ganz stark nach Ammoniak, das hat eben auch mit der Reifung zu tun und ein absolutes Erlebnis, also wirklich, ein absolutes Erlebnis. Und, ja und die Schokoladen, die sind, ja, da … also man kann eigentlich beides tun, da hast du vollkommen Recht, man könnte jetzt also dieses hervorragende Rauchbier erst mit den Käsen vom Hubert durchprobieren und herausfinden, was am besten passt. Und dann so als Nachtisch kann man dann mit der Schokolade enden. Weil, das Bier kann ja eigentlich auch alles, also es kann ein Hauptspeisen-Bier sein, aber es kann auch ein absolutes Digestiv-Bier sein. Und ich würde sogar behaupten, dass es das Zeug hat, auch zu einem Aperitif, das ist vielleicht dann jetzt schon ein bisschen mutig, aber, ich muss nochmal einen Schluck nehmen, ja.

Markus: Ja, bei diesem Bier kommt er einfach nur ins Träumen, das kennt man ja. Ja, aber, Manfred, wie ist das denn, also du bist ja so richtiger Südtiroler und ich muss sagen, von außen nehme ich das ja immer so wahr wie eine Insel. Also weil, man fährt ja von uns aus, also ich fahre ja in der Regel mit dem Zug, fährt man dann dadurch, durch diese ganzen Alpen und dann landet man plötzlich hinter den Bergen bei den Zwergen sozusagen und ist dann in diesem wunderschönen Gebiet, das so ein bisschen eingebettet ist zwischen dann weiter unten da Richtung Meer dann, wenn es wieder runter geht, aber eben im Hintergrund die Alpen. Und ich habe so das Gefühl, dass das wirklich auch so die Leute da so sind, also dass man sich so als kleine Gemeinschaft fühlt, das man sehr miteinander, sehr füreinander ist, sich sehr kümmert, sehr aufmerksam ist. Natürlich auch sehr alle auf Genuss geeicht sind und dass das irgendwie so ein ganz eigenes Volk in einem ganz eigenen Land ist. Seht ihr das selber auch so oder ist das die komische Sicht der Pifkes aus dem Norden?

Manfred Meraner: Das Heilige Land, ja, da gebe ich dir vollkommen Recht, Markus, also es ist da, der Südtiroler an und für sich kann sehr stur sein. Das sieht man auch, wenn es ums Bier geht. Also grob gesagt, was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht beziehungsweise trinkt er nicht. Aber das ist in der Jugend eigentlich nicht mehr so, der Südtiroler ist eigentlich ziemlich offen, was das anbelangt. Es dauert etwas, bis man ihn dort hinbekommt, man muss ihn überzeugen. Aber es stimmt vollkommen, Südtirol ist ein Genussland. Ist auch nicht schwer, also wer Südtirol kennt, wir haben irgendwie so die perfekte Kombination aus der Kreativität des Südens und die Genauigkeit, die Präzession des Nordens, das haben wir irgendwo vereint und deswegen ist es die genialste Kombi, die man sich vorstellen kann.

Holger: Ja, es ist auf jeden Fall von Gott geküsst, dieser Landstrich. Und natürlich, es ist die erfolgreichste Autonomieregion der Welt.

Manfred Meraner: Genau.

Holger: Also überall kommen Menschen daher, also andere Staaten, die wirklich schauen wollen wie funktioniert Autonomie erfolgreich. Und das ist eigentlich eine Musterregion geworden in vielen, vielen, Beziehungen, ja, also nicht nur in Richtung des Genuss, sondern eben auch politisch ausgesprochen interessant. Und natürlich auch immer dann zwischen den Mächten und zwischen dem Norden und dem Süden, natürlich auf der Südseite des Alpenhauptkamms gelegen und wo man dann schon mediterranes Klima hat und, ja, hervorragende Weine bekommt, eben aber auch hervorragende Biere. Und ich möchte nochmal so ein ganz kleines bisschen vielleicht das Thema italienische Bierszene auch mit euch beiden besprechen. Weil, die Italiener, du hast vorhin Stichwort Grape Ale angesprochen, die Italiener, die haben ja auch unglaubliche Produkte und ich habe immer den Eindruck, die deutschen Brauer, die kommen also vom Rezept, von der Technik, von der Technologie und die italienischen Brauer, die kommen aber immer von der Speise. Also ich habe immer den Eindruck, die überlegen sich erst ein Gericht und kreieren dann das Bier dazu und dann kommen noch irgendwie tolle Flaschen und Etiketten dazu und dann ist das Produkt in Summe einfach toll. Lass uns da auch nochmal bitte hinschauen und auch ein bisschen diskutieren. Also was habt ihr beiden für Erfahrungen mit italienischen Bieren, wo wir mal die Hörer auch dran teilnehmen lassen müssen? Markus oder Manfred, ist egal wer anfängt, aber das wir uns nochmal auf die italienische Szene so ein bisschen fokussieren.

Manfred Meraner: Ja, also wenn ich anfangen darf, das ist natürlich auch interessant, zurück zur Beer Craft, es ist so das Treffen eben vom Norden mit dem Süden. Es ist das Austauschen von deutschen, österreichischen Brauereien mit norditalienischen Brauern und da merkt man schon, es ist so ein gegenseitiges Beschnuppern und die schauen sich dann auch mal vom anderen was ab. Es ist ja so, die italienischen Brauereien, die Anlagen sind meistens von Deutschland, die Rohstoffe meist auch und der Italiener liefert einfach seine genialen Ideen dazu als Genussmensch. Und was die Brauereien anbelangt, es sind sehr viele, sie entstehen sehr schnell. Zum Teil verschwinden sie auch wieder so schnell wie sie gekommen sind. Die Qualität kann von genial, hervorragend bis zu sehr mittelmäßig sein, es ist alles vertreten, einfach durch die größere Freiheit, was der Italiener hat dem Deutschen gegenüber, ohne Reinheitsgebot kann man natürlich viel mehr machen. Die Herausforderung, spezielle Aromen ins Bier zu bringen und das mit dem Reinheitsgebot zu verbinden, muss ich sagen, Hut ab, ich persönlich bin da eher Deutscher als Italiener.

Markus: Ja, spannend auf jeden Fall, also ich kann dem auch grundsätzlich nur zustimmen. Ich denke, es hat auch noch eine spannende historische Dimension, weil, wenn man überlegt, dass die Römer eigentlich ja nie wirklich gerne Bier getrunken haben und das sie es aber trotzdem als spannendes Wirtschaftsgut entdeckt haben und dann selber Bier gebraut haben, um es den Germanen zu verkaufen. Und die dann die technischen Errungenschaften der Römer wiederum benutzt haben, um das zu entwickeln, was wir heute unter Braukultur verstehen, ist es ja irgendwie spannend, wenn das jetzt wieder nach Italien zurückkommt. Und was man auch sagen muss, ich glaube, es ist einfach eine ganz spannende Geschichte, wie du es gesagt hast, Manfred, das ist einfach diese italienische Seele, die ist die fünfte Zutat sozusagen. Also das ist das, was einfach das Bier nochmal spannend macht, was eine andere Herangehensweise bringt. Was auch mutig ist oft und ein bisschen verrückt und vielleicht auch oft eher ein Möglichkeitsdenken als ein Unmöglichkeitsdenken, was es bei uns einfach ja viel zu oft gibt und dadurch ist man da wirklich ganz schnell ganz woanders. Und was mir auch aufgefallen ist, es gibt eine andere Einstellung zum Thema Alkohol. Also wo bei uns ja eigentlich fünf Prozent so das geistige Limit ist für ein Getränk, da ist es in Italien halt anders, weil die Leute eher vom Wein kommen und da hat es normalerweise zweistellige Prozente, deswegen ist dann auch ein Bier mit acht Prozent kein Thema und da geht man ganz anders ran. Und es ist auch eine jüngere Zielgruppe, die in dieses ganze Thema Bier einsteigt. Also wo man bei uns eher in den Kneipen vielleicht die Menschen 50 plus sitzen sieht, da ist das halt bei den Brauereien in Italien eher die Zielgruppe irgendwann zwischen 20 und 30. Und das natürlich macht auch was mit dem ganzen Thema Bier. Und insofern, also ich finde es wirklich großartig, wie sich das entwickelt, das sind, glaube ich, jetzt weit über 1.000 Brauereien in Italien. Wenn man sich da vor Augen führt, das vor 100 Jahren der Durchschnittsitaliener im ganzen Jahr einen halben Liter Bier getrunken hat, ist das wirklich ziemlich viel, eine tolle spannende Entwicklung und eben auch viele, viele tolle Bierstile. Also das Einzige, was mir aufgefallen ist, ich bin ja öfters auch beim Wettbewerb in Italien Birra Dell´Anno dabei und da verkosten und probieren sozusagen, also das Einzige, wo sich, glaube ich, aber nicht nur die Italiener, da tun sich, glaube ich, alle schwer, ist, so ein richtig gutes Weizen zu machen. Das scheint etwas zu sein, was tatsächlich eher eine bayrisch, fränkische Domäne ist. Aber alles andere, inklusive des eigenen Bierstils, des Grape Ales, das finde ich echt faszinierend. Also mir macht das immer total Spaß, ich fahre total gerne nach Italien und probiere mich da durch. Und habe auch viele Freunde da mittlerweile, die mir auch sehr nahe sind und, ja und bin nach wie vor, fiebere ich dem entgegen, bald wieder da zu sein.

Holger: Manfred, es gab ja, also ich fahre ja schon mein ganzes Leben lang nach Südtirol, also meine Eltern behaupten ja sogar, ich sei da gezeugt und lange, lange Zeit gab es ja nichts anderes als Forst, ja. Also, und da möchte ich auch nochmal sagen, also Forst, auch passable Biere, zum Beispiel das Sixtus habe ich sehr gern, also wirklich ausgesprochen gern. Aber so dieses Monopol der Forst Brauerei ist schon auch ein bisschen aufgebrochen jetzt im Laufe der Zeit oder nicht?

Manfred Meraner: Kann man auf alle Fälle so sagen, es ist natürlich, Forst bleibt das Bier der Südtiroler, hat natürlich ein bisschen nachgelassen durch das, das einfach mehr internationale Biere uns erhältlich sind und natürlich auch, weil Südtirol immer mehr kleine Brauereien hat. Es sind wenige, die wirklich versuchen, groß zu werden. Haben wir auch versucht, haben wir natürlich von der Forst auch eine klare Antwort bekommen. Ja, was das Monopol anbelangt, die Forst hat das natürlich geschichtlich, hat sie es gut gehabt, es war immer schon in weiblicher Hand, deswegen haben die Kriege, wo die Männer eingezogen wurden, hat jetzt die Brauerei nicht so stark getroffen. Und die Forst weiß sich zu verkaufen, von dem her, natürlich im kleinen Rahmen, also wenn man sagt, um den Schornstein herum, Wirtshausbrauereien gibt es mittlerweile an die 15 Stück, wenn mich nicht alles täuscht, ungefähr, und es verteilt sich schon etwas. Also es ist sicher zu spüren, dass die Zahlen etwas zurückgehen, aber nichtsdestotrotz, wenn man sich jetzt so die Gaststätten anschaut, Forst ist überall präsent. Von dem her, kleine Änderungen sieht man, große Wellen, glaube ich, sind eher ausgeblieben.

Holger: Aber ich finde trotzdem bemerkenswert, also ich kann mich erinnern, also es gibt ja dann auch die gastronomischen Betriebe von Forst und dann kam so die Craft-Beer-Bewegung in Südtirol auf und schon gab es dann ein Felsenkellerbier mit einem Bierverkostungsglas, ja. Hätte man ja so vor 20 oder 30 Jahren nie erwartet. Und so finde ich eigentlich auch schön, dass sie sich da einstellen sofort. Auch jetzt grade das Thema Kellerbiere, ist ja ein absoluter Biertrend, genauso wie das Thema alkoholfrei, hat Forst jetzt auch. Also es ist auch irgendwie eine moderne Brauerei, ja, also. Und, ja, also ich finde es immer wieder bemerkenswert, was dann diese Kleinen, also wo du dann einfach sagst, okay, wir haben die dann sofort gespürt und die haben uns schon gezeigt, wo der Hammer hängt und das sie halt da ihre Rechte in dem Gebiet auch anmelden und verteidigen, aber trotzdem sind sie auch beeinflusst worden. Und da hat sich was bewegt und hat eine Biervielfalt produziert, ja. Also den Felsenkeller zum Beispiel, den hat es ja vorher nicht gegeben, das Bier, ja.

Manfred Meraner: Ganz genau, da gebe ich dir vollkommen Recht, eben. Also ich wage jetzt sogar zu behaupten, dass wir mit unserem Festival vielleicht auch einen kleinen Schub in die Richtung gegeben haben. Also dass die Forst sich vielleicht gedacht hat, okay, wenn so viel Zuspruch für Craft Beer da ist, wieso nicht! Deswegen, wie du sagst, Felsenkeller mit dem passenden Glas dazu, das hat sicher den klassischen Biertrinker, der sonst nur das Bierglas, ob es der Willy-Becher ist oder sowas kennt, der hält jetzt auch einen Stil in der Hand und trinkt jetzt aus dem Verkostungsglas, absolut.

Holger: Ja und das hätte man sich ja überhaupt nicht vorstellen können vor, also ich sage mal, 1985 oder so, ja, also auf gar keinen Fall. Und dann, was wir vielleicht auch nochmal hervorheben sollten, ist ja, das ganz viele tolle Brauereien auch in Österreich zum Beispiel, Thoma zum Beispiel haben sich ja zusammengeschlossen und haben ein Label entwickelt, Slow Brewing. Und lustiger Weise ist das Zentrum dieser Bewegung, also Slow Brewing, ist auch in Südtirol, in Vellau. Und kannst du dazu was sagen, Manfred?

Manfred Meraner: Muss ich jetzt ehrlich sagen, kann ich jetzt nicht viel dazu sagen, habe ich jetzt nicht wirklich einen Bezug dazu. Ich weiß eben, Slow Brewing, worum es sich handelt, aber das jetzt der Sitz in Südtirol ist, das wusste ich jetzt gar nicht, muss ich ganz ehrlich zugeben. Finde ich super, also absolut, wenn ich ein Bier finde, was das Slow-Brewing-Abzeichen hat, bin ich gerne bereit, auch etwas mehr dafür zu bezahlen, weil ich die ganze Bewegung einfach gut finde und absolut unterstütze.

Holger: Ja, also es ist auf jeden Fall ein Gütesiegel. Und haltet mal Ausschau danach, beschäftigt euch damit und da kann man auch nochmal tolle Produkte entdecken. Ja, Mensch, wie machen wir jetzt den Abschluss? Also ich weiß gar nicht, jetzt haben wir schon fast eine Stunde geredet und wer mag den Abschluss machen? Also ich kann natürlich weiterhin vorschwärmen, von meinen schönen unv. #00:42:15-3# …

Manfred Meraner: Von der Wahlheimat.

Holger: … ja.

Markus: Ja, ich denke, wir können ja schlicht und einfach ein bisschen einen Ausblick geben, also apropos Ausblick, mein Glas ist leer übrigens. Aber, gut, war ja auch nur eine kleine Dose. Ja, also jedenfalls, wir können ja wirklich den Ausblick geben, wir haben ja letztes Mal schon, als wir uns in Südtirol getroffen sind, einen BierTalk live vor Ort gemacht und das können wir ja wieder machen. Also wenn wir auf dem Festival sind, dann können wir ja gucken, dass wir uns mal in einen kleinen Raum verabschieden und dann nochmal vor Ort berichten und vielleicht mal den ein oder anderen Brauer mit an den Tisch holen, das man einfach die Atmosphäre nochmal vor Ort wirklich so ein bisschen rüber bringt. Und ich glaube, da können sich alle Hörer drauf freuen, dass sie dann mal eintauchen können, live, in diese Veranstaltung.

Holger: Ja, das ist doch ein guter Vorschlag, Markus. Und, Manfred, gibt es schon einen Termin?

Manfred Meraner: Genau, Termin steht fest, das ist der 13., 14. Mai 2020. Ich freue mich riesig drauf, endlich dürfen wir wieder. Natürlich mit der Hoffnung, dass die Auflagen noch etwas gelockert werden und das jetzt nichts Neues dazukommt. Wir finden auf alle Fälle im Schloss eine passende Location im Schlossturm für den BierTalk, dafür sorge ich und ich freue mich schon riesig, euch zwei wieder in Südtirol begrüßen zu dürfen.

Holger: Das ist auf jeden Fall ein Ziel! Also ich würde sagen, Markus, wenn wir jetzt gleich aufhören, dann gehst du sofort auf die Hotelseiten und suchst uns was Schönes aus. Und, ja, die Vorfreude ist grenzenlos.

Markus: Absolut, bin ich quasi schon dabei.

Manfred Meraner: Und natürlich alle sehr herzlich eingeladen, alle Zuhörer.

Holger: Also, das kann ich auch nur nochmal bestätigen, also alle Menschen, die den BierTalk hören, egal wo sie sind, also selbst, wenn sie in Thailand sind, es lohnt sich, nach Südtirol zu kommen ins Schloss Maretsch und dieses fulminante Bierfest einfach mal live zu erleben. Und auch, was der Markus gesagt hat, also dann einfach mit diesen Brauern ins Gespräch zu kommen und auch als unv. #00:44:24-6# einfach noch mehr zu erfahren, was der Brauer sich überlegt hat, ist einfach was ganz besonderes. Und ich bin ja auf nicht so vielen Bierwettbewerben wie der Markus, aber Bier Craft Südtirol ist einfach eine absolute Pflichtveranstaltung und nicht nur Pflicht, sondern auch Kür. Also, das ist einfach großartig! Ihr müsst jetzt den Google einwerfen, müsste Beer Craft Südtirol und Bilder eingeben, ihr müsst Schloss Maretsch als Bilder eingeben, ihr müsst das alles sofort recherchieren und dann sofort euch die Termine in den Kalender schreiben und einfach kommen. Und alle die kommen und hier den Podcast gehört haben und mich dann da ansprechen, denen gebe ich einen aus, versprochen!

Markus: Das kann teuer werden, aber gut.

Holger: Egal.

Manfred Meraner: Ich mache den Anfang.

Markus: Stimmt, genau, wir machen den Anfang, sehr gut. Also, dann noch einen schönen Abend.

Manfred Meraner: Euch auch.

Holger: Dir auch.

Manfred Meraner: Danke.

Holger: Manfred, vielen Dank, ja, vielen Dank.

Manfred Meraner: Danke.

Holger: Liebe Grüße, ne, ins gelobte Land.

Manfred Meraner: Euch auch, schönen Abend noch, Servus.

Holger: Ja, Servus.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 40 – Interview mit Luisa Schröen, Biersommeliére und Bierhändlerin von De Bierverteller aus Utrecht

Luisa Schröen erblickte das Licht der Welt dort, wo viele den Himmel vermuten: In Werter, der Heimat der berühmten Sahnekaramellbonbons. Doch wie es immer so ist – als junge Frau startete sie in die Welt und fand sich an der Universität in Utrecht wieder, wo sie sich einen Nebenjob in einer Kneipe suchte. Gefunden hat sie aber auch eine große Liebe, der sie ihre heutige Berufung verdankt: Den Bierverteller, seines Zeichens einer der schönsten Bierläden der Welt. Liebevoll arrangiert sie das riesige Sortiment und sorgt dafür, dass sich jeder Bierliebhaber abgeholt fühlt, egal, wieweit er oder sie bereits in der persönlichen Biererfahrungsreise gekommen ist. Die charmante und humorvolle Biersommeliére versteht ihr Handwerk – und bringt genau dieses Flair auch wunderbar im BierTalk rüber. Hier geht es natürlich um ihre Geschichte, aber auch um Utrecht, die Niederlande und das Bier…

Kommt in unsere Facebook-Gruppe und diskutiert mit: https://www.facebook.com/groups/bierakademie

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute haben wir wieder ein Spezial, weil wir ins Ausland gehen und wir haben eine ganz besonders charmante und bierkundige Gästin aus einer schönen Stadt, die ich letztes Jahr bereisen durfte, nämlich aus Utrecht. Und unsere Gästin ist die liebe Luisa, aber vielleicht stellst du dich am besten unseren Gästen mal kurz selber vor.

Luisa: Ja, hallo Markus, erst mal vielen Dank für die Einladung, schön, dass ich an deinem Podcast teilnehmen darf. Ja, ich bin Luisa, bin 35 Jahre alt, wohne, wie du schon sagtest, im schönen Utrecht in den Niederlanden. Wie du aber sicherlich hörst, komme ich nicht ursprünglich aus den Niederlanden, sondern komme aus Deutschland, aus einem kleinen Dörfchen. Werther, das ist in der Nähe von Bielefeld, vielleicht sagt dir das was, ist aber auch nicht so wichtig. Ich wohne inzwischen seit 15 Jahren in den Niederlanden und führe seit 2017 den Bierverteller. In erster Linie ist es ein Craft-Beer-Geschäft in Utrecht, wir organisieren aber auch Bierverkostungen, sowohl bei uns im Laden als auch bei Leuten Zuhause, bei Firmen. Selbst auf Campingplätzen wurden wir schon eingeladen, also das ist alles möglich.

Markus: Spannend, also werden wir auch gleich ein bisschen drüber reden, was der Bierverteller denn eigentlich bedeutet. Jetzt erst mal, wenn du von Werther sprichst, da kenne ich nur Bonbons, hat das was damit zu tun?

Luisa: Genauso ist es, ja. Werthers´s Echte, da komme ich her.

Markus: Nicht schlecht, jetzt habe ich endlich mal ein Bild dazu. Ja, schön. Wächst man da als Kind auch damit auf?

Luisa: Ja, natürlich. Ich habe sogar noch eine Zeitlang in der Fabrik gearbeitet, um mir meinen Sommerurlaub zu finanzieren. Also, ja, man wächst definitiv damit auf. Aber ansonsten ist Werther jetzt nicht der spannendste Ort, was, ja, vielleicht auch der Grund ist, warum ich dann irgendwann gesagt habe: „So, jetzt muss ich mal raus, jetzt verschlägt es mich in die Niederlande.“

Markus: Und wie kommt es dann für dich zu dem Thema Bier, also war das was, was dich auch schon als Jugendliche beschäftigt hat oder wie kommst du da so in die Ecke?

Luisa: Ja, die Art und Weise, wie ich zum Thema Bier gekommen bin, ist eigentlich eine sehr traurige Geschichte. Gleichzeitig kann ich auch nicht über den Bierverteller erzählen, ohne diese traurige Geschichte auch zu erzählen, also das hängt alles sehr zusammen. Es ist nämlich so, dass der Bierverteller ursprünglich die Firma meines Mannes war, von Thomas. Der hat in 2012 angefangen, Bierverkostungen zu organisieren hier in den Niederlanden. Und das lief total gut, so gut, dass er irgendwann in 2016 sich dazu entschlossen hat, auch ein Biergeschäft dazu zu eröffnen, hier in der Twijnstraat. Das ist eine der ältesten Einkaufsstraßen von Utrecht. Und sechs Wochen nach der Eröffnung wurde Thomas krank. Und nur zehn Monate später ist er an den Folgen von Bauchspeicheldrüsenkrebs gestorben. Und das war natürlich erst mal eine ganz fürchterliche und traurige Situation, in der ich auch mir auch noch gar nicht so klar war, was machen wir jetzt mit dem Laden? Und Thomas hatte zum Glück ein ganz tolles Team schon im Laden stehen in diesen ersten sechs Wochen, die sich dann erst mal darum gekümmert haben, dass der Laden erst mal irgendwie weiterläuft. Und relativ schnell habe ich mich dann doch dazu entschlossen, das aufzugreifen und einfach mal auszuprobieren, wie das ist, einen Bierladen zu führen. Das war gar nicht unbedingt meine Ambition. Ich hatte eigentlich einen ganz anderen Background, ich habe Anthropologie hier studiert in den Niederlanden. Und, ja, aber da ich auch grade erst meinen Master abgeschlossen hatte, als Thomas krank wurde und ich auch natürlich in einer Situation war, in der ich erst mal völlig, überhaupt nicht wusste, was ich tun sollte, dachte ich, na, warum denn eigentlich nicht? Und das gar nicht mal so, weil ich das für Thomas machen wollte. Also er war da auch sehr, sehr deutlich und hat gesagt: „Du, mit dem Laden, mach was du willst und du brauchst da nicht für mich irgendwas machen.“ Sondern einfach auch aus Neugierde, weil ich das Thema Bier immer schon spannend fand, viel mit Thomas probiert habe, verkostet habe, natürlich auch viele Geschichten gehört habe. Und, ja, so habe ich das dann ausprobiert. Und jetzt sind wir fünf Jahre weiter. Inzwischen bin ich Biersommelier, ich habe meine Ausbildung letztes Jahr abgeschlossen und, ja, führe ich den Laden mit viel Spaß und mit einem tollen Team und tollen Kunden, die zu uns kommen. Und so komme ich zum Thema Bier.

Markus: Ja, also ist natürlich eine nicht sehr schöne Geschichte und eine, die sicherlich auch, ja, für dich nicht einfach war, überhaupt anzunehmen. Und auf der anderen Seite hast du jetzt einfach sein Lebenswerk ein bisschen auch zu deinem gemacht. Und das wiederum ist ja auch eine schöne Geschichte, die dann auch eine Fortsetzung irgendwie findet.

Luisa: Ja.

Markus: Ja, was mich vorher noch interessiert hätte, wie kamst du überhaupt nach Holland, in die Niederlande? Also wenn man da so in Werther groß wird und Bonbon brät und sich dann überlegt, vielleicht gehe ich woandershin, würden vielleicht normale Menschen sagen: „Ich gehe nach Berlin oder Hamburg oder München“ und, ja, aber wie kommt man dann in die Niederlande?

Luisa: Ja, das stimmt, was du sagst, die meisten meiner Freunde sind nach Berlin gegangen. Ich habe mich dann doch für die Niederlande entschieden, weil meine Schwester hier studiert hat und da bin ich regelmäßig hingefahren. Und als ich dann mein Abi gemacht habe, dachte ich danach, so, jetzt muss ich raus. Und dann war die Wahl relativ schnell getroffen, einfach weil ich da schon häufig war, mir das sehr gut gefallen hat. Ich hatte noch keine konkreten Pläne, was das Studium angeht und habe dann erst mal da angefangen, in einer Kneipe zu arbeiten. Ja und so bin ich dann letztendlich in den Niederlanden kleben geblieben, habe dann angefangen zu studieren. Und während meines Studiums habe ich dann mich in einem Bier-Cafe hier in Utrecht beworben, das Kafé België hier. Der Name sagt es schon, belgische Biere. Ja und da stand Thomas hinter der Theke und so haben wir uns dann auch kennengelernt. Und so habe ich natürlich auch das Bier kennengelernt.

Markus: Ja, das ist auch eine interessante Sache, weil die meisten Leute bei uns vielleicht, wenn man an Niederlande, oder Holland sagen wir ja in der Regel bei uns, denkt, eher so, ja, mit Heineken das Ganze vielleicht assoziiert und …

Luisa: Ja.

Markus: … vielleicht mit Dosenbier und was weiß ich was. Also man jetzt nicht unbedingt die Idee hat, okay, da ist jetzt eine Bierkultur, wie man sie vielleicht aus Belgien kennt oder so. Das heißt, wir waren denn deine ersten Begegnungen, war das wirklich die Dose Heineken auf den Tisch oder kam da wirklich gleich ein besonderes schönes kräftiges intensives Bier?

Luisa: Nee, also die allerersten Begegnungen waren tatsächlich Pils und häufig auch wahrscheinlich Heineken, wobei das in dem Moment für mich nicht die allergrößte Rolle spielte. Und dann, das dauerte eine Zeitlang, in erster Linie fing das an mit den belgischen Bieren, die hier natürlich auch sehr präsent sind, inzwischen eher traditionell. Also inzwischen ist natürlich auch einiges passiert in den Niederlanden, was das Bier angeht. Aber, ich glaube, so die belgischen Biere haben als erstes einen großen Eindruck gemacht, weil ich das aus Deutschland gar nicht so kannte. So hat es angefangen und dann natürlich auch mit der Bewerbung im Kafé België.

Markus: Ja und dann startet so eine Biergeschichte los.

Luisa: Ja.

Markus: Vielleicht, wenn man sich das so überlegt, die Hörer wissen vielleicht gar nicht, was Utrecht eigentlich ist. Also was heißt, was es ist? Wissen wir schon, eine Stadt. Aber, wie muss ich mir das vorstellen, was ist das für eine Stadt, was gibt es da für eine Bierkultur? In welcher Gegend bist du da unterwegs, wie schaut das aus?

Luisa: Ja, Utrecht ist absolut eine Bierstadt und hat, seitdem ich hierhingezogen bin, ist auch wahnsinnig viel passiert auf dem Gebiet, was das Thema Bier angeht. Wie ich sagte, das hat angefangen mit den belgischen Bieren, aber inzwischen wird natürlich in den Niederlanden wahnsinnig viel und tolles und gutes Bier gebraut. Es gibt inzwischen unzählige Bier-Cafés, aber auch jede Menge Brauereien hier in Utrecht, die tolles Bier brauen. Und, ja, da lohnt sich der Besuch für die Bierfans absolut, ja.

Markus: Ja und der Bierverteller ist eben ein Laden, in dem ich Bier kaufen kann, aber auch ein Wissenszentrum, ein Kommunikationszentrum. Vielleicht auch so ein bisschen so ein Netzwerkgenerator, wo sich Leute einfach treffen. Und bevor wir da drüber reden, sollten wir jetzt vielleicht einfach mal ein Bier probieren.

Luisa: Unbedingt!

Markus: Also ich habe mir jetzt zwei aufgehoben, bevor ich dich besucht habe, habe ich ja doch einiges an Bier mitgenommen. Und zwei sind noch da, die werde ich gerne nach und nach aufmachen. Aber du hast dir vielleicht auch was ausgesucht und natürlich, erstens, der Gast zuerst und zweitens sowieso Ladys first, also insofern …

Luisa: Na, das ist sehr nett.

Markus: … magst du vielleicht mit einem Bier anfangen?

Luisa: Ja, klar, das mache ich. Also erst mal zu der Frage, welches Bier habe ich mir ausgesucht? Du hast ja gesagt, vielleicht hast du einfach zwei Lieblingsbiere. Die Wahl war sehr, sehr schwer. Also was die Lieblingsbiere angeht, gibt es natürlich so ein paar Klassiker, wo ich dachte, oh ja. Zum Beispiel das Orval, ein belgisches Trappistenbier, was ich, wenn ich nicht weiß, was ich trinken soll, immer gut finde. Oder beispielsweise das Raging Bitch von Flying Dog war das erste Bier, was Thomas für mich eingeschenkt hat. War für mich so der Eye-Opener auf dem Gebiet IPAs damals. Aber irgendwie dachte ich mir dann auch, ja, ich will natürlich auch schon ein niederländisches Bier mir aussuchen und dann habe ich letztendlich gedacht, ich suche mir was aus, was nahe bei mir ist, was mir am Herzen liegt. Und dann war die Wahl relativ schnelle getroffen, sind auch zwei Utrechter Biere übrigens. Und das erste Bier, was ich mir ausgesucht habe, ist das Sterk Water. Das Sterk Water ist ein Pale Ale, gebraut für das fünfjährige … ach, schau an.

Markus: Also was ihr jetzt nicht sehen könnt, ich habe grade in die Kamera gehalten, dass das auch das Bier ist, was ich mir zuerst ausgesucht habe, also sehr schön. Also erzähl nur weiter, aber das ist ja schön, weil, dann können wir gemeinsam probieren.

Luisa: Ja, das ist klasse. Ja, das Sterk Water ist ein Pale Ale, wurde gebrauen von der Brauerei Maxismus hier in Utrecht für das fünfjährige Jubiläum vom Bierverteller, das war letztes Jahr im Sommer. Es ist aber so, dass das Sterk Water auch schon vor fünf Jahren einmal gebraut wurde. Und zwar war das in der Zeit, die, die ich eben erzählt hatte, in der Zeit, als Thomas krank wurde. Da haben sich alle Utrechter Brauereien zusammengeschlossen, um Thomas zu unterstützen und ihm zu zeigen, wir sind da, wir denken an dich, und sie haben gemeinsam das Sterk Water gebraut. Wovon der Gewinn des Bieres auch an eine Stiftung gespendet wurde, die sich einsetzt für neue wissenschaftliche Untersuchungen für die Behandlung von Bauchspeicheldrüsenkrebs. Ja und so war für mich dann letztes Jahr, als wir unser Jubiläum feiern wollten, die Frage, was machen wir in Zeiten von Corona? Ich wollte das nicht einfach so vorbeiziehen lassen, diese fünf Jahre, konnte jetzt aber auch keine riesen Party schmeißen, auch wenn ich das gerne gemacht hätte. Ja und dann dachte ich mir, es wäre doch schön, dieses Bier dann doch noch einmal brauen zu lassen, auch weil häufig mal die Frage kam, wird das nochmal irgendwann gebraut? Naja und in diesem Fall habe ich mich dann für den einfachereren Weg entschieden, nicht nochmal alle Brauereien zusammengetrommelt, sondern habe dann eine der beteiligten Brauereien gefragt, ob sie Lust hätten, das nochmal mit uns zu brauen? Das ist Brauerei Maxismus und so gibt es jetzt wieder das Sterk Water. Ich schenke es mal direkt ein.

Markus: Ja, auf jeden Fall, mache ich mit. Man hört schon, es kommt aus einer Dose.

Luisa: Ja. So, dann sage ich erst mal Prost.

Markus: Prost.

Luisa: Von der Farbe her goldgelb, würde ich sagen. Es ist ein bisschen hazy, trubel sagt man auf Niederländisch. Ich muss dazu sagen, …

Markus: Ja.

Luisa: … ich bin dadurch, dass ich erst in den Niederlanden mich so wirklich mit Bier auseinandergesetzt habe, gewöhnt, auf Niederländisch über Bier zu reden. Und alle Begriffe, …

Markus: Okay.

Luisa: … was das Bier angeht auf Deutsch, musste ich mir so langsam dazu lernen. Also es fällt mir nicht immer einfach, auf Deutsch über Bier zu reden. Vom Aroma …

Markus: Du kannst gern im Zweifelsfall auch niederländisch sprechen und wir versuchen es dann zu übersetzen.

Luisa: Ja, das kriegen wir bestimmt hin. Da habe ich später auch noch eine Frage, vielleicht kannst du mir da helfen. Vom Aroma her, so ein bisschen fruchtig, ein paar Cirtrustöne, aber auch etwas florales da drin. Und das wirst du wahrscheinlich vielleicht gleich im Geschmack auch zurückerkennen.

Markus: Okay. Ja, es erinnert so an, ich überlege, so Blüten, ja, mit der Bitteren, vielleicht so an Jasmintee, also in so eine Richtung geht das für mich.

Luisa: Genau, so ist es.

Markus: Aber viel Grapefruit auch.

Luisa: Ja, es wurde nämlich auch mit Jasmintee gebraut, unter anderem.

Markus: Ach, okay. Ich habe noch gar nicht auf die Dose geschaut, muss ich sagen.

Luisa: Ah, das ist sehr gut. Denn meistens, wenn die Leute auf die Dose schauen, dann steht drauf, grüner Jasmintee, Curcuma, ich glaube, Hafer steht …

Markus: Ach, ja.

Luisa: … grüner Jasmintee und Curcuma. Und was ich häufig im Laden miterlebe ist, das Leute erst mal ein bisschen erschrocken sind und sagen: „Wie? Grüner Jasmintee und Curcuma, da klingt ja sehr intensiv.“ Also ich finde persönlich, dass es eigentlich sehr mild ist und sehr subtil, dieses Florale von dem Tee, was eigentlich sehr angenehm ist. Wobei Leute häufig denken, dass es wahrscheinlich ein ziemlicher Kracher ist, was den Tee und das Curcuma angeht. Es hat was damit zu tun, dass Curcuma anscheinend, ich habe jetzt nicht die wissenschaftlichen Untersuchungen dazu gelesen, aber Curcuma ist anscheinend, hat eine positive Wirkung bei der Behandlung von Bauchspeicheldrüsenkrebs. Und die Stiftung, von der ich eben erzählt hatte, die dann auch die Spenden von dem Gewinn des Bieres empfangen hat, die haben auch die Wirkung von Curcuma bei der Behandlung untersucht. Und daher hatten sich die Brauer damals schon dazu entschlossen, dass Curcuma irgendwie damit reinzubringen. Jetzt bei dem zweiten Batch, der gebraut wurde, fünf Jahre später, haben wir uns dazu entschlossen, das Curcuma etwas zurückzubringen, weil das damals doch ein bisschen viel war und stattdessen haben wir uns dazu entschlossen, den grünen Jasmintee dazu zunehmen.

Markus: Ah.

Luisa: Und so haben wir das Rezept doch ein bisschen angepasst nach unseren Wünschen.

Markus: Ja, also ich kann mich erinnern vom Kochen mit Curcuma, dass das ja auch eine sehr intensive Farbe hat. Obwohl, man kann das auch ein bisschen wiedererkennen hier, ne …

Luisa: Ja, das denke ich auch.

Markus: … also so ein sehr schönes Orange.

Luisa: Ja, das Goldgelb kommt, denke ich auch, ein stückweit vom Curcuma, ja.

Markus: Ja und ein sehr schönes Mundgefühl, also sehr schön, wie es auf der Zunge so moussiert. Ich finde, es hat auch eine relativ alkoholischen Eindruck. Also auch das habe ich noch gar nicht geschaut, wie stark das eigentlich ist.

Luisa: Es ist nicht so stark …

Markus: Mal gucken.

Luisa: … 5,8.

Markus: Na gut, für holländische Verhältnisse.

Luisa: Wahrscheinlich.

Markus: Bei uns wäre 5,8 ja mindestens ein Festbier, also insofern, ja. Aber, gut, ich meine, es hat halt einfach ein bisschen Intensität und ist ja auch gut. Und das tut natürlich auch den Aromen gut, wenn ich ein bisschen mehr Alkohol habe.

Luisa: Ja.

Markus: Und was heißt denn eigentlich Sterk Water? Ist das Stärkungswasser oder wie kann man das übersetzen?

Luisa: Ja, das ist ein bisschen schwierig zu übersetzen. Ich habe tatsächlich sogar noch darüber nachgedacht, wie übersetze ich das Sterk Water. Also wenn ich es direkt übersetze, heißt, das starke Wasser. Das verstehst du wahrscheinlich auch noch, ohne Niederländisch zu sprechen. Aber Sterk Water ist die Flüssigkeit, in der, oh Gott, wie erkläre ich das? Sterk Water ist die Flüssigkeit, in der beispielsweise Organismen eingelegt werden im Naturkundemuseum.

Markus: Ach, okay.

Luisa: Gibt es da ein Wort für?

Markus: Na, ich überlege grade. Ist das nicht einfach Alkohol?

Luisa: Ja, das ist sehr starker Alkohol, aber es wird halt, es gibt hier dann den Begriff Sterk Water dafür.

Markus: Bow, krass.

Luisa: Ja.

Markus: Okay. Ein Konservierungsmittel sozusagen?

Luisa: Genau, so ist es, ein Konservierungsmittel. Passt in dem Fall vielleicht nicht 100-prozentig wegen den 5,8 Prozent. Die Entstehungsgeschichte des Namens ist vielleicht etwas zu lang her und zu komplex, um das jetzt hier auszuführen.

Markus: Okay, also wer das wissen möchte, der muss einfach nach Utrecht kommen und dich besuchen …

Luisa: So ist es.

Markus: … dann kann er sich das ja ausführlich anhören. Ja, also erst mal ein tolles Bier. Schön und sehr würzig, dass wir uns dasselbe ausgesucht haben, das macht natürlich schon mal einen schönen Auftakt. Und wenn wir jetzt überhaupt über Utrecht als Bierstadt, hast du ja grade schon gesagt, sprechen, die Brauerei Maxismus, habe ich auch besucht. Faszinierender Laden, tolle Leute dort auch, die sich wirklich unglaublich viele Gedanken machen und die auch wirklich sehr kreative, spannende Biere machen mit einer sehr großen Reichweite, also Range. Das heißt also, sowohl Klassiker als auch wirklich ganz kreative verrückte Biere, bis hin zu alkoholfreien Bieren. Und das wirklich in einer tollen Qualität. Also wir durften uns da einmal Querbeet durch verkosten und haben auch so ein paar alte Flaschen probieren dürfen, die die da eingelagert haben, also wirklich eine ganz großartige Brauerei. Hast du zu den Brauereien in Utrecht insgesamt einen näheren Kontakt oder gibt es so ein Paar, wo du intensivere Kontakte hast?

Luisa: Ja, generell haben wir definitiv einen guten Kontakt zu den Utrechter Brauereien, einfach auch, weil ich gerne direkt bei den Brauereien bestelle, also solange das möglich ist natürlich. Und das Tolle ist, dass die meisten der Utrechter Brauereien auch noch direkt bei uns liefern und das nicht über den Großlieferanten geht. Und so spricht man sich häufig, hat man viel Kontakt, sieht man sich natürlich auch regelmäßig in den Utrechter Bier-Cafés. Das finde ich immer sehr schön, dass man, ja, meistens, wenn man bestimmte Cafés besucht, dann doch auch regelmäßig Leute aus den Brauereien trifft und das ist einfach eine sehr nette, ja, eine sehr nette Welt, in die man sich begibt. Also der Kontakt ist gut, definitiv und, ja, ja.

Markus: Ja und so haben wir uns ja auch kennengelernt, muss ich sagen, weil ich ja mit meinem Freund Uwe Kalms unterwegs war, der wiederum auch in den Niederlanden eine Brauerei hat, sein Braustudio. Und als wir zu dir gekommen sind, hat er auch grade gesagt, er muss eh noch Bier ausliefern und dann schauen wir doch mal vorbei. Und dann haben wir uns unterhalten, er hat nebenbei das Bier ausgeladen, dann habe ich mich ein bisschen umschauen können und das war schon auch eine tolle Erfahrung. Das gibt es bei uns nur noch ganz selten, dass die Brauer da wirklich selber zu den Shops fahren. Und vielleicht noch kurz zum Shop, jetzt sind wir grade an dem Punkt, vielleicht klären wir kurz die Hörer auf, was hinter dem Bierverteller steckt. Also was bedeutet dieser Begriff und welcher Kosmos ist da mittlerweile erwachsen?

Luisa: Kosmos, das finde ich ein gutes Wort. Also der Bierverteller, um es mal zu übersetzen, heißt, der Biererzähler. In Deutschland wird häufig noch gedacht, dass es Bierverteiler heißt, aber es ist der Biererzähler. Das ist auch, was wir tun, wir erzählen über Bier, sowohl bei Verkostungen als auch im Laden. Es ist ein Craft-Beer-Shop. Wir haben ungefähr 700 verschiedene Biere. Das wechselt natürlich, da kommen jede Woche wieder neue Biere dazu, aber wir haben auch definitiv ein fast festes Assortiment. Sagt man das so auf Deutsch?

Markus: Sortiment.

Luisa: Ja, Sortiment …

Markus: Wunderbar.

Luisa: … danke. Sowohl Klassiker als auch die allerneuesten New England IPAs und Emperial Stouts und natürlich auch Barrel Aged, jede Menge. Also wir haben ein relativ breites Sortiment, was das angeht. Und ich finde es auch wichtig, dass bei uns sowohl die absoluten Bier-Nerds und Geeks willkommen sind und auch tolle Sachen finden und neue Sachen finden oder auch Sachen, die schwieriger zu finden sind. Aber ich finde es auch ganz wichtig, dass Leute willkommen sind und sich willkommen fühlen, die vielleicht neugierig sind, selber noch nicht so wirklich wissen, was sie lecker finden, was sie gerne trinken, vielleicht auch nicht so super viel Ahnung vom Bier haben, dass die sich willkommen fühlen. Denn ich merke doch regelmäßig, dass unser Sortiment vielleicht ein bisschen einschüchternd wirken kann, wenn man erst mal so in den Laden reinkommt, es steht halt wahnsinnig viel Bier da und dann finde ich es wichtig, dass wir jemanden an die Hand nehmen und, ja, dass man nicht eingeschüchtert ist davon.

Markus: Ja und das ist auch so, also es steht ja nicht nur einfach so da, sondern ich finde da, das ist zum Beispiel der Punkt, wo man schon auch merkt, dass einfach, ja, eine, ich sage jetzt mal, das klingt ein bisschen plump, aber dass eine Frau irgendwie die Hand anlegt. Weil, wenn ich so bei den Bierläden, die wir bei uns so haben, bei den Meisten rumschaue, dann ist das halt oft sehr technisch, sehr strukturiert, dann geht es entweder nach Stammwürze oder nach Bierstil oder wie auch immer. Und bei dir sind es ja wirklich so kleine Erlebniswelten, wo ich mir eben verschiedene Biere holen kann, die auch noch sehr schön drapiert sind, schön eben angerichtet sind, dass man auch wirklich sich da richtig freut, den Laden zu erkunden. Für mich war das so eine Mischung aus einer Apotheke und einer Bibliothek, also wo man irgendwie Lust hat, einfach überall die Ecken sich anzuschauen, mal ein Bier rauszuholen, genauer hinzuschauen. Und es gibt auch eine Leiter, wo man hochklettern kann, um dann sich eben Biere von weiter oben zu holen oder anzuschauen, also das fand ich extrem einladend und sehr angenehm von der Atmosphäre. Und ich habe sogar Bamberger Bier dort entdeckt, was mich natürlich dann sofort begeistert hat, dass ich sogar ein schönes Rauchbier bei dir gefunden habe. Also insofern, das kann man auch allen nur empfehlen, die sich irgendwie professionell mit dem Thema beschäftigen, so wie du das präsentierst. Habe ich das auf der Welt noch nicht gesehen und es ist auf jeden Fall eine sehr schöne einladende und abholende Art der Einrichtung, wo ich mir gut vorstellen kann, dass sich sowohl jemand abgeholt fühlt, der eben wenig Ahnung von Bier hat, als auch jemand, der jetzt voll auf der Nerd-Schiene unterwegs ist und sich dann auch zurechtfindet und das, finde ich, ist toll. Also war das, hast du da sehr viel Energie in diese Darstellung, Einrichtung gesteckt?

Luisa: Also erst mal freut es mich total, dass von dir zu hören, grade von dir als Experten. Ja, da ist natürlich drüber nachgedacht und das ist, wie gesagt, das ist mir auch sehr wichtig, dass die Leute sich abgeholt fühlen. In erster Linie war die Aufteilung des Ladens nach Geschmack, also wir das so ein bisschen probiert, verschiedene Geschmacksrichtungen aufzuteilen. Wobei das inzwischen auch manchmal sehr schwierig wird, da Biere einzusortieren. Und das wollen wir auch nicht, Biere in Schubladen stecken, aber um so ein bisschen eine Richtung zu geben. Die Idee kam ursprünglich von Thomas, um das so zu machen und die Einrichtung, ja, war natürlich auch seine Idee. Hat er gemeinsam mit seinem Vater, mit meinem Schwiegervater, wochenlang dran gearbeitet und da waren auch Freunde dabei, die da mitgeholfen haben und den Laden so eingerichtet haben. Und, ja, das habe ich dann irgendwann so aufgegriffen, zusammen mit meinem Team und das macht mir auch sehr viel Spaß, dann darüber nachzudenken. Und es ist ja auch so ein bisschen so eine Wohnzimmeratmosphäre und da ich auch viel da bin und das auch so ein bisschen mein zweites Wohnzimmer ist, ist es ja auch schön, wenn es da gemütlich ist und Leute sich da wohlfühlen.

Markus: Ja, das wäre vielleicht auch so eine Frage gewesen, also wie oft trifft man dich persönlich da an?

Luisa: Ja, das ist wechselhaft, aber schon relativ regelmäßig. Ich probiere, also in letzter Zeit weniger am Wochenende, aber ich finde es dann doch auch schön, die Wochenenden so ein bisschen mitzunehmen, weil das natürlich die geselligsten Tage sind, wie man auf Holländisch sagt. Aber, ja, doch, man trifft mich häufig an, absolut.

Markus: Wunderbar. Ja, ich habe vorhin vom Kosmos gesprochen, weil man ja, wenn man ein bisschen auf der Website schaut, man sieht, es gibt natürlich den Laden, aber es gibt eben auch viele andere Angebote, also zum Beispiel Bierverkostungen, dann Bier-Quiz, Bierspiele, Blindverkostungen, auch Foodpairing. Auch Möglichkeiten für Gastronomen und Brauereien, sich da eben kundig zu machen oder schlauzumachen oder helfend beraten zu lassen, und das ist natürlich viel mehr als einfach nur ein Biergeschäft. Und bei den Bierverkostungen habe ich gelesen, man kann das sogar auf einem Boot mieten. Wie muss ich mir das denn vorstellen?

Luisa: Jetzt muss ich ganz ehrlich sagen, das du noch die alte Website gesehen hast.

Markus: Oh nein! Okay, okay.

Luisa: Wir sind grade dabei, die Website zu erneuern und auch unser Angebot ein bisschen zu updaten. Deshalb ist das Boot erst mal vielleicht nicht so interessant für den Podcast, wenn ich ganz ehrlich bin.

Markus: Na gut, aber es war bestimmt schön, oder?

Luisa: Es war total klasse, absolut. Hier in Utrecht bietet sich das natürlich an, mit dem Boot durch die Grachten zu tingeln und dann dabei Bier zu verkosten. Das ist durch Corona so ein bisschen eingeschlafen und momentan bin ich dabei, das alles zu erneuern. Und letztendlich, unter uns, stellt sich raus, dass es nicht so ganz praktisch ist, das weiterzuführen. Deshalb, für den Podcast leider nicht so interessant.

Markus: Ach, naja, das ist ja trotzdem, ich meine, es geht ja auch immer ein bisschen drum reinzuschauen, wie sich Dinge entwickeln. Und natürlich gibt es, glaube ich, nirgendwo, auch bei uns in der BierAkademie, keine reinen Erfolgsgeschichten, sondern man versucht Dinge und lernt dann eben, dass sie aus irgendwelchen Gründen vielleicht nicht ganz perfekt funktionieren oder dass man sie ändern muss oder dass man halt sich dann was anderes einfallen lässt. Also jede Erfahrung ist ja ein Gewinn …

Luisa: Absolut.

Markus: … sozusagen.

Luisa: Das stimmt.

Markus: Und ich muss sagen, ich habe auch schon Verkostungen zum Beispiel auf Kreuzfahrtschiffen gemacht. Und das war dann immer so, da musste ich nach Nürnberg fahren und hatte dann sechs verschiedene Biersorten für insgesamt 70 Leute, glaube ich. Dann hatten wir zu jedem Bier eine Praline oder ein Lebkuchen, also irgendein Foodpairing dabei und dann noch einen Bierstachel und einen Eisbock und so weiter. Das einzig Gute war, das war im Winter, also November, Dezember und es war recht kalt, das heißt, ich konnte das alles im Auto hinfahren, ohne dass ich Kühlung gebraucht habe und dann ausladen. Aber das ist natürlich ein riesen Act, dass dann vor Ort zu machen. Und das Beste war dann, als ich den Bierstachel anmachen wollte, ist erst mal der Stewart völlig in Panik ausgebrochen, weil man ja auf so einem Schiff nicht einfach ein offenes Feuer machen kann und schon gar keins, was so heiß ist. Und, naja, also, wie gesagt, auch da lernt man dann natürlich dazu, insofern kann ich mir das sehr gut vorstellen, dass es da die ein oder andere Sache gab, wo man sich überlegt, das machen wir vielleicht dann eher anders. Aber was ich och entdeckt habe, ist das Foodpairing-Thema, auch mit Pralinen gibt es das, ne?

Luisa: Absolut, ja und das ist auch was, was mir sehr am Herzen liegt, was ich total gerne machen. Was nicht immer einfach ist, also man muss vielleicht schon einiges probieren und natürlich hilft da die Ausbildung zum Sommelier auch, da habe ich jede Menge dazugelernt. Aber, ja, das machen wir nach wie vor bei Verkostungen, dass wir kleine Häppchen dazu servieren, die perfekt bei den Bieren dazu anschließen, die dazu passen. Und das macht mir auch wahnsinnig viel Spaß. Das Tolle ist, dass wir hier in der Twijnstraat, wo der Laden ist, es ist wie so eine kleine Delikatessenstraße. Also hier gibt es einen ganz tollen Käseladen, da gibt es einen, ja, das ist mehr als ein Gemüseladen, ich weiß gar nicht, wie ich es beschreiben soll. Persepolis hat auch ganz tolle Oliven und, ja, verschiedenste Leckereien, die man wunderbar kombinieren kann mit dem Bier. Und auch gar nicht so weit von hier, gibt es auch einen ganz tollen Pralinenladen und es macht einfach Spaß, da auf die Suche zu gehen nach tollen Kombinationen und die dann auch anderen Leuten vorzustellen und kosten zu lassen.

Markus: Ich glaube, das ist überhaupt so ein bisschen was Schönes, wenn man dann mit anderen vor Ort, die für ihre Sachen jeweils brennen, dann wirklich sagen kann, okay, dann lasst uns doch mal schauen, inwieweit können wir das zusammenbringen, können wir uns vielleicht auch gegenseitig unsere Kunden so ein bisschen hin- und herschieben. Und insgesamt natürlich einfach das Geschmackserlebnis nochmal intensivieren und den Leuten einfach noch mehr beibringen, dass man eben ganz bewusst genießen kann. Und das ist dann eben auch ganz weit weg vom Massenkonsum von Bier oder Schokolade oder was auch immer, sondern dann geht es wirklich drum, zu genießen, bewusst sich eine schöne Zeit zu gönnen und einfach seine eigenen Sinne zu erleben und zu erforschen. Und das finde ich grade beim Foodpairing immer eine ganz spannende Geschichte.

Luisa: Ja, ganz genau. Vielleicht wird es dich auch freuen zu hören, dass eines unserer Favoriten-Foodpairings kombiniert mit dem Schlenkerla Märzen, ja.

Markus: Hervorragend! Also bei uns wäre es eine Zimtpraline, was ist es denn bei euch?

Luisa: Ah, interessant. Was ganz anderes, wir sind weniger in der süßen Richtung.

Markus: Okay.

Luisa: Oh, das werde ich natürlich mal ausprobieren mit der Zimtpraline, das hört sich auch gut an.

Markus: Unbedingt, ja.

Luisa: Bei uns ist es eine Käsesorte, die heißt auf Niederländisch unv. #00:27:38-0#. Wenn ich das probiere zu erklären, es geht so ein bisschen, ein alter Gouda, wo dann auch so wirklich so schöne Kristalle im Käse sind.

Markus: Oh, ja, hm, ja.

Luisa: Und der mit dem unv. #00:27:48-2# da Rauch-Märzen, ja, ist so eine der Kombinationen, die wir immer gerne anbieten.

Markus: Also das stelle ich mir auch toll vor. Das ist Übrigens auch sowas, glaube ich, wo der gemeine Deutsche einfach denkt, okay, Käse in Holland ist halt irgendwie so Gouda oder Edamer vielleicht, je nachdem, aber das ist es halt nicht. Und vor allem, diese Dimensionen, wenn man diese Käse reift. Also ein alter Gouda, das ist ja was ganz faszinierendes und entwickelt ganz, ganz, ganz tolle Aromen und macht dann auch richtig Spaß. Und da kann man dann auch mit den sehr aromatischen Bieren, wie dem Rauchbier oder auch ein IPA oder Bock, Doppelbock, damit arbeiten und das macht total Spaß, also, faszinierend, schön.

Luisa: Ja, dem schieße ich mich an.

Markus: Was hast du dir denn noch für ein Bier ausgesucht?

Luisa: Ich habe das zweite Bier, was ich mir ausgesucht habe, ist ein Schwarzbier, aber, ein niederländisches …

Markus: Das ist ja schön.

Luisa: … Schwarzbier. Und zwar ist das von Boot 122 und kommt auch aus Utrecht, Boot 122 oder Boot 122 auf Niederländisch, ist ein Bier-Cafe hier in Utrecht, was es noch gar nicht so lange gibt. Und ich hatte ja schon gesagt, beide Biere, die ich mir ausgesucht habe, sind eigentlich sehr nahe bei mir, liegen mir sehr am Herzen. Boot 122 ist die Kneipe von meinem Freund Carlos und von einem ehemaligen Mitarbeiter von mir, der Ilko und die beiden haben gemeinsam ihr eigenes Bier-Cafe gegründet vor, na, ich denke, das es jetzt so anderthalb Jahre, zwei Jahre her ist. Das ist so Anfang des Lockdowns, haben die beiden sich dazu entschlossen, eine Kneipe zu eröffnen. Super Timing!

Markus: Wunderbar, ja.

Luisa: Ich schenke jetzt erst mal ein. Ich kann dir auch grade erst mal die Dose zeigen.

Markus: Ja. Oh ja, eine schöne schwarze Dose. Genau, schenk ruhig erst mal ein. Also das ist übrigens auch, kann ich ja währenddessen kurz den Hörern nochmal sagen, das ist natürlich auch was Spannendes, dass die Dose einfach zum Beispiel in den Niederlanden schon mal einen ganz anderen Stellenwert hat als bei uns. Aber, es ist schlicht und einfach das beste Behältnis für Bier, um es gut, qualitativ schön zu lagern und auch einfach zu transportieren und zu verkaufen. Insofern, ja, solange man es dann in ein schönes Verkostungsglas gibt, ist das wunderbar.

Luisa: Ja, genau.

Markus: So, jetzt sind wir mal gespannt, wie du uns das Bier beschreibst.

Luisa: Ja, das Schwarzbier von Boot 122 wurde übrigens lustiger Weise auch gebraut bei Brauerei Maximus. Da habe ich weiter nicht groß drüber nachgedacht, das war Zufall eigentlich. Von der Farbe her würde ich sagen, nicht pechschwarz, sondern eher dunkelbraun, wenn ich es so gegen das Licht halte, vielleicht so ein bisschen Richtung Cola, mit einem cremefarbenen Schaumkragen. Vom Geruch her rieche ich so ein bisschen dunkle Schokolade, Bitterschokolade, sehr klar Malz-betont. Vielleicht noch so ein bisschen Röstbrot damit drin. Und wenn ich dann einen Schluck probiere …

Markus: Prost!

Luisa: … Prost, ist es sehr viel leichter als man erwarten würde. Und das ist das, was mir beim Schwarzbier so gut gefällt, dass du sowohl das Malzige hast, die Schokoladentöne, ein bisschen Kaffee ist da auch mit drin, ohne dass ich direkt das Gefühl habe, ich trinke eine flüssige Schokolade oder einen starken Kaffee. Was ich gerne mache, also ich mag auch unheimlich gerne Imperial Stouts und die schwereren Varianten, aber so an einem sonnigen oder an einem Frühlingstag finde ich das Schwarzbier wahnsinnig angenehm, weil das halt doll drinkbar ist, wie wir auf Holländisch sagen. Ich habe da noch keine richtige Übersetzung für gefunden.

Markus: Ja, das ist das große Problem überhaupt auf Deutsch, weil, es gibt diesen tollen englischen Begriff …

Luisa: Ja.

Markus: … dringability und das wäre ja doll drinkbar sozusagen, und man hat bei uns noch nicht wirklich was dafür entwickelt. Wir haben in der BierAkademie, sagen wir immer Trinkfreudigkeit oder so, aber das ist auch nur eine Krücke, also so einen richtigen Begriff dafür haben … wir sagen letzten Endes, landen wir dann bei der drinkability, weil es ja doch irgendwie jeder versteht. Aber, doll drinkbar ist natürlich auch super, also versteht man auch sofort und hat auch diesen lustigen Charakter irgendwie dabei, also diese Freude und den Spaß und das gehört ja irgendwie auch dazu.

Luisa: Ja, sehr gut, also du hast auf jeden Fall verstanden, was ich meine. Was hast du dir denn noch für ein Bier ausgesucht?

Markus: Ja, was habe ich mir denn ausgesucht? Also auch eine Dose übrigens und zwar, ich zeige sie dir jetzt mal.

Luisa: Ah!

Markus: Ah, ja. Und zwar, ich muss sagen, ich kaufe ja selten Bier nach Etikett, also weil, eigentlich finde ich das ja doof. Aber auf der anderen Seite, manchmal macht man es halt doch und das hat mich einfach angesprochen. Also ist einfach von der Darstellung her sehr viel Comic und dann steht eben drüber, Apfelstrudel-Doppelbock und das fand ich irgendwie witzig also so als Idee. Und war ja auch grade, glaube ich, wann war ich denn da, im November oder so, also vor Weihnachten, hat man auch so ein bisschen an diese Aromatik gedacht. Und dann ist es auch noch von einer Brauerei, die Uiltje heißt, was ich irgendwie witzig fand, die sind in Harlem. Und, ja, jetzt mache ich mal auf, so. Ja, sehr spannend. Also, wie gesagt, ausgesucht habe ich es mir einfach, weil ich die Dose spannend fand, weil ich die Darstellung witzig fand und weil ich mir auch gedacht habe, was sich wohl hinter so einem Apfelstrudel-Doppelbock verbirgt. Und jetzt habe ich es also zum ersten Mal im Glas. Also ich sehe auch ein schönes, so nussbraunes Bier, auch auf jeden Fall opal. Und dann haben wir drüber einen schönen ziemlich dunklen Schaum, so haselnussbraunen Schaum, der auch ziemlich fest ist, ziemlich viel davon. Und wenn man so reinriecht tatsächlich, hat man also einerseits ganz viel Karamell und dann auch so, wie soll man sagen, was man sonst vielleicht von Haribo kennt, so einen süßen Geruch. Die Österreicher sagen dazu Zuckerlton, da gibt es auch keine wirkliche deutsche Übersetzung dafür. Und dann kommen so rote Kirschen, aber dann auch so Apfel tatsächlich, Apfel-, Birnenaromen dazu und so ein bisschen Gewürz, ein bisschen zimtige Noten vielleicht. Jetzt probiere ich mal ein Schlückchen. Hm, also auch ein wunderschönes Mundgefühl, sehr cremig, sehr weich. Und es geht süß los, dann kommen tatsächlich diese, ja, Gummibärchenaromen, anders kann man das gar nicht sagen und geht dann tatsächlich in Apfel, in Zimt, klingt da auch schön aus. Hinten raus kommt dann noch ein bisschen Honig, Schokolade, bleibt auch sehr lange, hat auch einen sehr wärmenden Abgang. Also auch da habe ich, ehrlich gesagt, noch nicht groß geschaut, was drin ist oder wie stark es ist. Oh, jetzt sehe ich grade, es hat irgendwie Prozent, also erklärt sich das auch sofort, wie man den Alkohol so spürt, wie er so den Gaumen runter rinnt. Also ein spannendes Bier und natürlich ein faszinierendes Bier von der Aromatik her. Kennst du da auch die Brauerei näher?

Luisa: Näher nicht unbedingt, aber Brauerei Uiltje ist eine der bekannteren niederländischen Brauereien. Lustiger Weise hatte ich übrigens auch überlegt, dass Bier heute Abend mir auszusuchen, habe es dann aber letztendlich nicht gemacht, ja.

Markus: Ach, das wäre es ja gewesen.

Luisa: Aber, ja, unter anderem fand ich es auch interessant, weil Brauerei Uiltje eine der niederländischen Brauereien ist, die total abgefahrene Sachen macht. Und auch eine der Ersten, die sich da getraut haben, mehr unv. #00:34:56-9# Biere, sagt man auf Niederländisch, mehr experimentellere Biere vielleicht zu machen, wie das Bier, was du jetzt auch grade verkostet hast. Daher ist das auch irgendwie sehr typisch für die jetzige niederländische Bierkultur, finde ich, die vielleicht nicht so, ja, es ist ja die Niederlande sind ja jetzt nicht so bekannt wie die Belgier, die mit den traditionellen Bieren, sondern, ja, mein Eindruck. Da bin ich eigentlich sehr gespannt, was du dazu sagst, wie du die niederländische Bierkultur erfährst und siehst. Mein Eindruck ist, dass es doch sehr, ja, eher in die experimentelle Richtung geht und da viel immer Neues kommt. Es kommen viele IPAs momentan natürlich, ja und dafür ist Uiltje eigentlich ein sehr gutes Beispiel. Obwohl du jetzt kein IPA natürlich verkostet hast, aber dennoch.

Markus: Ja, aber dennoch ein sehr experimentelles Bier. Können wir auch gleich noch drüber sprechen, finde ich auch interessant, überhaupt diese Experimentierfreude. Also ich habe vorhin noch ein bisschen kurz nachgeschaut über die Brauerei und gelesen, dass der Brauer vorher bei der Jopenkerk gearbeitet hat. Und das ist ja auch schon spannend, wie gesagt, aus deutscher Sicht, ne, zu sagen, wir installieren da in einer Kirche eine Brauerei und experimentieren da mit entsprechenden Bierstilen, ist auch schon spannend. Also wenn du mich fragst, wie ich die holländische Bierkultur einschätze oder wie ich sie erlebe, was ich ganz spannend finde, es ist eben was Eigenes. Also man hätte ja sonst vielleicht gesagt, na gut, es orientiert sich halt entweder an der deutschen Bierkultur. Was ein bisschen natürlich stimmt für die große Menge der untergärigen leichten Lager, die es halt einfach so gibt. Oder eben an der belgischen Bierkultur, weil das ja nebenan ist und die halt auch sehr intensiv und sehr prägend ist mit ihren Trappistenbieren zum Beispiel, mit den Sauerbieren. Aber, ich glaube, es ist eher so, dass die Niederländer sich vielleicht auch so in ihrer Tradition als Handelsnation, sich eher anders orientieren. Also vielleicht sogar tatsächlich eher Richtung USA oder auch Richtung Skandinavien oder so, Richtung England so ein bisschen und sich eher da umgeschaut haben und dadurch einen Weg gefunden haben, wie sie auf dem Kontinent trotzdem irgendwie was Eigenes machen. Und das dann eben verbunden mit schon auch einem Geschäftsinn und einem ganz besonderen Humor. Also wie wir jetzt hierbei den Bieren ja auch erleben, mit spannenden Namen, mit spannenden Geschichten, mit spannenden Rezepturen, da einfach dafür sorgt, dass man eine sehr hohe Identifikation hat, eine sehr hohe persönliche Bindung auch zu Brauern, zu Brauereien entwickelt und das Ganze dann eben noch in diesem, ja, räumlich relativ begrenzten Gebiet, das aber super vernetzt ist. Also auch das kennen wir aus Deutschland ja nicht. Ich kann mich mit einer Karte in den Niederlanden in den Zug setzen und kann überall hinfahren, wo ich will und gehe einfach nur raus, halte die Karte hin und hab bezahlt. Das wäre ja bei uns völlig undenkbar. Und man kann rund um die Uhr überall hinfahren, ist sofort da. Und das ist natürlich auch noch eine ganz andere Art und Weise, so ein Land zu erleben und damit, ist natürlich auch eine Möglichkeit, mir eben Brauereien anzuschauen. Und, ja, also das ist einfach sowas, wo ich auch finde, wo vielleicht auch so eine Identität erwachsen ist für die niederländischen Brauer, die eben dadurch auch, ja, so ein bisschen ihr eigenes Ding machen und miteinander auch gut können und gerne vielleicht so Eindrücke von außen aufnehmen, aber es auf ihre Weise tun. Und das gefällt mir wirklich sehr gut und hat mich auch überzeugt, muss ich sagen, grade bei den Ganzen, die ich jetzt besucht habe in Utrecht und auch in unv. #00:38:09-3#

Luisa: Interessant! Ja, absolut, ich finde, dass du das eigentlich sehr schön zusammengefasst hast und dem schließe ich mich auch an. Ich glaube, das die USA da einen großen Einfluss haben, auf das, was hier so in den letzten Jahren passieren ist, aber das natürlich die niederländischen Brauereien da auch ihren eigenen unv. #00:38:25-8# ihren eigenen Twist angegeben haben, ja, absolut.

Markus: Ja, apropos Twist, ja, das wäre vielleicht noch eine Frage. Bei uns in Deutschland wird ja rauf und runter das Reinheitsgebot rezitiert, wenn es um das Thema Bier geht. Und nun haben wir jetzt drei Biere getrunken, da hat nix, also keins was mit dem Reinheitsgebot zu tun. Kennt man diesen Begriff überhaupt in den Niederlanden oder nicht und wie geht man mit diesen besonderen Ingredienzien um?

Luisa: Ja, das finde ich sehr lustig, dass du das erwähnst. Ja, den Begriff kennt man natürlich! Auch hier in den Niederlanden gibt es die Fans des deutschen Bieres. Lustiger Weise ist das unter den absoluten Bier-Geeks momentan ein Trend, dass man eher zurückgeht zu den untergärigen deutschen Bieren, die sehr clean sind im Vergleich zu dem, was man vielleicht hier von den niederländischen Brauereien kennt. Auch bei den Brauereien merke ich in letzter Zeit den Trend zum Lager, das ist ja sehr interessant. Das Reinheitsgebot, ja, ist etwas, was definitiv bekannt ist, aber was hier absolut keine Rolle spielt. Ich finde das immer ganz lustig, wenn ich dann meine Freunde in Deutschland treffe oder meine Familie und denen natürlich immer irgendwas mitnehme zum probieren. Mein Bruder war am Anfang sehr skeptisch, wenn da noch irgendwas anderes drin war als Hopfen, Malz, Hefe und Wasser. Also da war dann immer, wie? Also, nee, also das geht jetzt aber nicht, Curcuma im Bier! Da wurde er sehr unruhig, inzwischen ist es auch ganz anders, denn ich habe ihn natürlich auch begeistern können für andere Biere. Also da merke ich auch schon och einen deutlichen Unterschied.

Markus: Also dieses Thema Reinheitsgebot ist, glaube ich, bei uns, wird es mittlerweile auch ein bisschen anders gesehen. Also zumindest, sagen wir mal, von den Leuten, die sich ernsthaft mit dem Thema Bier beschäftigen. Und da gibt es einfach die beiden Sichten oder Seiten, dass es einerseits natürlich eine gewisse Berechtigung hat, grade aus der wirtschaftlichen Sicht. Und auf der anderen Seite natürlich man trotzdem auch eine gewisse Flexibilität haben muss, grade im Vergleich international und vor allem auch, was jetzt die Wiederbelebung historischer Bierstile auch angeht, weil es ja einfach keinen Sinn macht, ein Wacholderbier zu brauen ohne Wacholder. Also da tut sich, glaube ich, bei uns auch viel. Und ich glaube, in Deutschland ist vor allem das große Problem, dass das Reinheitsgebot, was wir haben, von den verschiedenen Bundesländer völlig anders gelebt wird und auch von den Gesetzgebern jeweils dort oder von den ausführenden Offiziellen anders interpretiert wird und damit eine Brauerei nicht überall dieselben Rahmenbedingungen hat. Und das ist dann natürlich einfach schon schwierig, wenn ich, nur weil ich im falschen Bundesland bin, irgendwas darf oder nicht darf. Also da bedarf es sicherlich einer gewissen Reform. Wobei, wie gesagt, das an und für sich natürlich auch eine gewisse Berechtigung hat, aber, riesen Diskussion und spannend. Aber ist mir jetzt nur aufgefallen, weil wir jetzt da ja mitten drin sozusagen gelandet sind. Und was mir grad noch eingefallen ist, wo du es gesagt hast bei den Brauereien, wir haben auch zum Beispiel Sander van de Streek besucht, auch eine tolle Brauerei. Und der hat also einerseits natürlich auch ganz tolle verschiedene spannende intensive Biere, aber eben auch eine ziemlich große Ranch von alkoholfreien Bieren. Also bei uns ist das auf jeden Fall ein Trend, der sehr stark auf dem Vormarsch ist. Allerdings erst mal so in Richtung alkoholfreies Weizen und Pils, aber mittlerweile wird das auch viel mehr. Wie ist das denn in den Niederlanden, ist das ein Thema oder ist man eher schon noch auf der alkoholischen Ecke?

Luisa: Nee, alkoholfrei ist ein absolut großes Thema. Und mit Sander van de Streek, Brauerei van de Streek, hast du auch direkt ein sehr, sehr gutes Beispiel genannt. Ich glaube sogar tatsächlich, dass deren alkoholfreies Bier das bestverkaufte Bier ist aus der gesamten Ranch von ihren Bieren. Auch bei uns im Laden sehr populär und das ist auch wirklich ein ganz tolles alkoholfreies IPA. Ist hier Thema, habe ich auch in den fünf Jahren, die ich jetzt im Laden stehe, absolut gemerkt, dass das immer mehr wächst und da auch auf der einen Seite viel mehr die Frage ist, nach den alkoholfreien Bieren, auf der anderen Seite auch immer mehr tolle Biere angeboten werden, die geschmacklich auch einfach immer besser entwickelt sind. Also da passiert einiges, definitiv. Und auch die verschiedensten Bierstile, das finde ich auch das Tolle daran. Also es ist nicht nur alkoholfreies Bier, Pils und Weizen, sondern von Stouts zu Sours, gibt es da echt jede Menge momentan.

Markus: Also zum Beispiel ja auch bei van de Streek. Also das fand ich wirklich echt erstaunlich, was die alles für Bierstile mittlerweile in alkoholfrei verwandeln. Und, ja, ich kann mich auch erinnern, dass er mir erzählt hat, dass das momentan deren bestgehender Teil der Ranch sozusagen ist. Und wir haben auch bei uns in Deutschland zum Beispiel mit Kehrwieder eine Brauerei in Hamburg, die, ja, ich glaube, eher nicht unbedingt bewusst, aber halt dann so in dieses Segment reingekommen sind und wo mittlerweile auch die alkoholfreien Biere mit Abstand das meistverkaufte Bier sind und damit auch ein ganz wichtiges Standbein. Also insofern, klar, also geht mir auch so, wenn ich die Statistiken zum Beispiel mir anschaue, da gibt es ja auch Untersuchungen, wie die, sagen wir mal, jüngeren Generationen, mittlerweile ist man ja auch nicht mehr ganz jung, wie die so an das Thema Bier rangehen. Und da ist es so, dass tatsächlich ja viele junge Leute offensichtlich sagen: „Naja, also einerseits finde ich diese Sache mit dem Bier ganz gut, weil es ja, in der Regel zumindest, aus natürlichen Rohstoffen hergestellt wird, weniger Kalorien hat und im Grunde ein ganz gesundes Getränk ist, wenn der Alkohol da nicht wäre.“ Und dann eben auf der anderen Seite sagen sie: „Okay, Alkohol will ich aber nicht trinken.“ Und dann ist eben dieser Kompromiss zu sagen, wir nehmen ein alkoholfreies Bier, schon einfach eine schöne Geschichte und ist dann für die auch besser als jedes Cola, Fanta oder Saftschorle oder so. Und da sieht man dann eben auch, dass in dieser Altersgruppe, sagen wir mal, zwischen 14 und 29, dass einen ganz großen Stellenwert hat und man da viele Biertrinker hat, die viel Bier trinken, aber noch nie eins mit Alkohol getrunken haben. Und das ist jetzt momentan, glaube ich, für die Brauereien noch gar nicht so greifbar, vor allem bei uns nicht. Aber, man darf nicht vergessen, die sind jetzt vielleicht 20, aber in zehn Jahren sind die 30 und dann sind sie einer der kaufkräftigsten Zielgruppen. Und wenn man dann keine Antwort auf deren Fragen hat, dann wird es schwierig. Also insofern ist das, glaube ich, ein großes Thema. Und ein anders großes Thema, finde ich, ist die ganze Nachhaltigkeitsgeschichte. Also da habe ich auch vor Kurzem einen Podcast gemacht mit einem Brauer aus Amsterdam, wo wir da ein bisschen drüber gesprochen haben. Und für die ist es auch so ein Thema, das sie sage: „Grade bei uns in Holland ist da natürlich mit eben Klimawandel, Meeresspiegel und so weiter, auch eine gewisse Sensibilität da.“ Merkst du das auch?

Luisa: Ja, wobei ich glaube, dass das auch nicht einfach ist, unv. #00:44:51-9# wie heißt das auf Deutsch? Ich bin auf der Suche nach dem …

Markus: Nachhaltig, nachhaltig.

Luisa: Nachhaltig, danke. Nachhaltig zu brauen, also es gibt schon einige Brauereien, die sich da sehr mit auseinandersetzen. Die unv. #00:45:01-6# Bierbrauerei ist, glaube ich die da sehr, sehr vorbildlich am brauen ist und sich damit auseinandersetzt. Hier in Utrecht gibt es Brauerei de Leckere, die biologische Biere brauen. Also das ist definitiv ein Thema, aber ich glaube, dass das etwas ist, was auch noch Zeit braucht. Also es ist, ich bin kein Brauer, aber ich glaube, es ist auch nicht einfach, nachhaltig zu brauen.

Markus: Ja, nee, also das auf jeden Fall nicht, aber es ist zumindest ein Thema, was, glaube ich, die Leute wirklich bewegt. Und auch da habe ich neulich eine Statistik gelesen, dass mittlerweile über die Hälfte der Leute sagt, ihnen ist das wichtig, also ob eine Brauerei, wo sie halt überhaupt was kaufen, das kann auch ein Kleidungsstück sein, dass da einfach auf das Thema geachtet wird. Und über 80 Prozent sagen, sie können sich gut vorstellen, ein Produkt oder eine Brauerei nicht mehr, also dort nix mehr einzukaufen, wenn man eben da nicht da dran denkt. Und das ist ja auch so ein Punkt, wenn man das dann weiterdenkt, dann ist das durchaus auch ein Punkt, mit dem man sich beschäftigen muss. Aber gut …

Luisa: Absolut, ja.

Markus: … bevor wir da zu sehr ins Details gehen, langsam habe ich dich ja auch lang genug hier genervt, aber mich würde noch interessieren, wenn ich jetzt wiederkommen würde oder jemand anderes unser Hörer kommt und du mir oder denen drei Biere mitgeben würdest, welche drei wären das?

Luisa: Oh! Ich dachte, du fragst, an welche Orte in Utrecht würdest du uns schicken.

Markus: Das können wir ja auch noch besprechen.

Luisa: Ja. Welche drei Biere würde ich dir? Du kommst mich besuchen aus Deutschland und ich gebe dir drei Biere aus meinem Laden mit, bow, mit der Frage habe ich nicht gerechnet. Also hätte ich natürlich jede Menge Gegenfragen, ich würde dich erst mal fragen, was du denn gerne trinkst.

Markus: Da bin ich mal ganz ehrlich und sage, ich trinke gerne ein Bamberger Rauchbier. Das hilft dir wahrscheinlich nicht weiter, oder?

Luisa: Ja, da kann ich dich erfreuen, das habe ich auch, aber …

Markus: Oder so, ja.

Luisa: … dafür kommst du ja nicht nach Utrecht.

Markus: Ja.

Luisa: Also ich denke, dass ich sowieso erst mal anfangen würde bei den Utrechter Bieren. Zwei Beispiele haben ja jetzt heute Abend verkostet. Übrigens, über Boot 122 habe ich auch noch jede Menge erzählen können, aber da sind wir noch gar nicht zu gekommen. Also ich würde definitiv anfangen mit einem Utrechter Bier, aber welches? So konkret kann ich da, glaube ich, gar nicht eine Antwort zu geben, es gibt so viele tolle Biere. Es kommt auch sehr drauf an, was jemand gerne trinkt, das ist immer so die erste Frage. Ich finde es schön, jemand auch so ein bisschen was Neues mitzugeben.

Markus: Sagen wir, es ist ein lauer Sommerabend und er hat vielleicht seinen Freund oder seine Freundin dabei oder sie hat ihren Freund oder Freundin dabei und möchte abends sich dann irgendwo an eine Gracht setzen und diese drei Bierchen trinken.

Luisa: Na, bei so einem lauen Sommerabend haben wir zum Glück auch viele Biere im Kühlschrank stehen. Und dann würde ich definitiv erst mal anfangen mit einem schönen IPA. Willst du wirklich konkret hören, welches?

Markus: Nein, musst du nicht, kannst auch einfach nur einen Bierstil sagen, kein Thema.

Luisa: Ja, nee, ich würde definitiv anfangen mit einem IPA, je nachdem, was jemand gerne trinkt, New England, West Coast. Das kann natürlich alles Mögliche sein. Also ich finde das immer sehr abhängig von der Person und worauf jemand grade Lust hat. Zum abschließen, trotz des Sommerabends, ist es natürlich toll, irgendwie einen tollen Barrel Aged, Stout, irgendwas in die Richtung, was Besonderes, was Schweres. Darf ja auch mal sein an so einem Abend. Und zwischendrin würde ich das sehr abhängig machen von dem, was jemand gerne trinkt. Also du merkst, ich finde das nicht einfach, dass so allgemein zu beantworten.

Markus: Das ist auch nicht einfach. Ähnlich gemein wie die Frage, die mir immer gern gestellt wird, welches Bier nehme ich auf eine einsame Insel mit? Ist auch schwierig, grade wenn man sich viel in der Bierwelt bewegt. Oder eine andere beliebte Frage ist auch, welches Bier trinkst du dann am nächsten Morgen? Aber …

Luisa: Die hatte ich noch nicht.

Markus: Siehst du mal, kannst du dir auch mal Gedanken drüber machen. Na gut, aber egal, dann machen wir es doch andersrum, dann sage uns doch einfach vielleicht noch drei Orte, wenn wir nach Utrecht kommen und dich besuchen, wo sollten wir auf jeden Fall noch hingegangen sein?

Luisa: Ja, also ihr kommt natürlich zum Bierverteller. Ich würde euch dringend empfehlen, Fahrräder zu mieten, denn das ist eigentlich die beste Art und Weise, sich hier durch Utrecht zu bewegen und es gibt dir auch noch ein bisschen mehr Möglichkeiten, tolle Bierorte in Utrecht zu besuchen. Falls ihr doch in der Innenstadt bleiben wollt, Cafe DeRat ist ein ganz tolles Bier-Cafe hier im Zentrum. Warst du da?

Markus: Nein oder vielleicht, ich weiß es gar nicht genau, aber der Name sagt mir jetzt nix. Aber ich war in vielen Läden, also, wer weiß.

Luisa: Ja, das kann gut sein, dass ihr da vorbeigekommen seid. Ganz tolles uriges Bier-Cafe mit einer wahnsinnig tollen Auswahl und auch viel Ahnung. Also die Leute, die da stehen, haben auch wirklich Ahnung von dem, was sie ausschenken. Dann ist es natürlich auch, gehört eigentlich zum Pflichtprogramm, auch eine Brauerei zu besuchen. Es ist sehr schwer, die sind alle klasse. Es ist immer schwierig, sich einen auszusuchen, aber Brauerei De Kromme Haring ist eine tolle Adresse. Vielleicht wart ihr auch da, ich weiß es nicht.

Markus: Da war ich, ja.

Luisa: Ja, machen auch ganz tolle Biere. Und wenn ihr dann doch schon mit dem Fahrrad ein bisschen euch außerhalb der Innenstadt bewegt, würde ich euch definitiv noch zu Boot 122 schicken. Nicht nur für das Schwarzbier, das ist auch von der Location ganz toll. Vielleicht noch ganz interessant zu erzählen, die haben ihre Kneipe aufgebaut in einem Hausboot, das Hausboot liegt aber nicht mehr im Wasser, sondern auf dem Trockenen. Und ursprünglich wurde dieses Hausboot für ganz andere Zwecke genutzt, es gab hier nämlich mal in Utrecht ein Rotlichtviertel auf Hausbooten. Also das Rotlichtviertel, wie man das aus Amsterdam vielleicht kennt und das war hier in Utrecht auf verschiedensten Hausbooten in einem Kanal und das wurde irgendwann aufgelöst und diese Hausboote wurden dann ins Trockene gelegt. Und eines dieser Boote steht jetzt auf einem Industriegelände, wo auch ganz viele Künstler ihre Ateliers haben. Also das ist auch ein ganz spannendes Gebiet, um so ein bisschen so rumzulaufen. Und da haben Carlos und Ilko ihre Kneipe aufgebaut, es komplett selber renoviert, schenken da ihr Schwarzbier. Sind jetzt grade dabei, also das Bier wurde ja gebraut bei Brauerei Maximus und die beiden sind jetzt grade dabei, auch dafür zu sorgen, dass sie in ihren eigenen Kesseln brauen können. Wahrscheinlich in der kleinsten Brauerei von Utrecht und das ist ein Gartenhäuschen neben der Kneipe. Und die haben neben ihren eigenen Bieren auch ein ganz tolles Angebot an Bieren, unter anderem lustiger Weise viele deutsche Biere, aber auch einiges an lokalen Bieren. Also wenn man Utrecht besucht, will man natürlich auch die Utrechter Biere probieren. Und da sind, ja, Cade DeRat, de Kromme Haring und Boot 122 gute Adressen, aber es gibt noch sehr viel mehr.

Markus: Auf jeden Fall. Aber das Boot habe ich auch noch nicht besucht, das werde ich dann natürlich tun. Und siehst du, so sind wir dann doch noch zu unserer Bierverkostung auf ein Boot gekommen, ist doch auch schön.

Luisa: Letztendlich doch, ja, so ist die Sache wieder rund.

Markus: Ja, ne. Also bei Kromme Haring kann ich nur sagen, ich war dort mit einem finnischen Freund, mit dem ich zusammen da unterwegs war und wir sind dann hin und haben gesagt, wir würden gerne mal die Biere probieren. Und dann gab es so Sechserprobierdings und sie hatten, glaube ich, insgesamt 24 Sorten oder 30 und haben dann gemeint, ja, welche Sechs wir probieren, ne? Haben wir gemeint, naja, wir probieren alle! Und dann, wie, alle? Ja, halt, erst die Sechs und dann die Sechs. Und das konnten sie erst nicht so recht glauben, aber dann mit einem Finnen oder einem Franken konfrontiert, hat das dann schon funktioniert.

Luisa: Und dann habt ihr tatsächlich alles an einem Abend probiert?

Markus: Ja, aber halt in kleinen Gläschen natürlich, ne.

Luisa: Ja, ja.

Markus: Und wir sind beides Bier-Dutches, also wir haben dann auch das, was uns nicht so behagt hat, auch nicht ausgetrunken. Und haben dann zur Belohnung auch noch eine kleine Brauereiführung bekommen, das war dann schon auch spannend zu sehen. Und es ist ja auch toll, also die sind ja so zwischen Amerika und England irgendwie so von ihrem Gedankengut und auch von ihren Bieren und das ist auch schön, also diese Einflüsse ein bisschen zu sehen. Und dann gibt es da eine Kaffeerösterei noch in dem Laden mit drin und so, also insgesamt einfach eine spannende Ecke, wo es auch Spaß gemacht hat, da mal vorbeizuschauen.

Luisa: Schön, das freut mich zu hören.

Markus: Ja, mindestens genauso viel Spaß wie mit diesem wunderschönen BierTalk mit dir gemacht zu haben. Also an dieser Stelle 1.000-Dank, vielen Dank und, ja, auch für deine Geduld und deine Zeit und deine vielen Tipps und die tollen Biere. Jetzt weiß ich auch, warum ich sie bei dir gekauft habe und warum sie mir so gut schmecken und freue mich dann schon, wenn wir uns bald mal vor Ort in Utrecht wiedersehen und du bist natürlich auch gerne in Bamberg jederzeit eingeladen.

Luisa: Ja, sehr gerne, vielen Dank, Markus und ich komme gerne mal in Bamberg vorbei, also das steht auch noch ganz oben auf meiner Liste.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 39 – Interview mit Thomas Ötinger, Biersommelier und Hobbygastronom aus Ebern bei Bamberg

Thomas Ötinger ist seit vielen Jahren erfolgreicher Unternehmer in der Bamberger Region, vor allem rund um die Themen Marke und Marketing. 2020 entdeckte er eine neue Leidenschaft für sich: Das Bier. Als frisch gebackener Biersommelier nutzte er seine Erfahrungen und Kompetenzen, um schnell eine spannende und vielfältige eigene Welt rund um das Erlebnis Gerstensaft aufzubauen. Dazu gehörten – pandemiebedingt – Online-Verkostungen genauso wie eine eigene Gastronomie mit Blick auf den Gottesgarten und riesigem Biergarten, so dass er Bier aus allen Facetten ganz intensiv kennenlernen konnte. Und das wohlgemerkt im Nebenberuf, auch wenn das Bier bereits in seine Firma Einzug gehalten hat. Schließlich gibt es schon zum zweiten Mal ein eigenes Firmen-Weihnachtsbier, von dem wir im Podcast die letzten Flaschen verkosten und dabei ganz viel über Bier, Marketing und die Werte dahinter sprechen…

Kommt in unsere Facebook-Gruppe und diskutiert mit: https://www.facebook.com/groups/bierakademie

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute haben wir mal wieder ein Spezial angesagt, natürlich weil wir einen speziellen Gast haben. Und, wie gesagt, die Spezials sind ja immer dann, wenn wir jetzt nicht direkt in die deutsche Brauerei- und Bierszene gehen, sondern eben ein bisschen in das drum rum. Ja und heute haben wir eine ganz spannende Person zu Gast, man könnte sagen, einen Spätberufenen oder einen Quereinsteiger oder, ja, da gibt es viele Möglichkeiten, aber vielleicht stellst du dich am besten selber mal kurz vor, willkommen, Thomas Ötinger.

Thomas Ötinger: Hallo Markus. Ja, danke schön, dass ich bei dir heute im Podcast sein darf. Also Spätberufener, hat mich noch keiner bezeichnet, das ist auch sehr, sehr spannend, aber wahrscheinlich für die Bierwelt tatsächlich spät berufen. Ja, ich stelle mich mal ganz kurz selbst vor, mein Name ist Thomas Ötinger, ich bin aktuell noch 45 Jahre alt, verheiratet seit 2000, kenne meine Frau, seitdem ich 13 bin. Habe drei Kinder, die schon 21, 20 und 17 sind, das heißt also, die sind schon aus dem Gröbsten raus oder jetzt kommen sie grade ins Gröbste. Bin aufgewachsen in der Nähe von Heidelberg im Kraichgau. Dort habe ich die meiste Zeit nicht mit Bier verbracht, sondern auf dem Fußballplatz und habe dort beim SV Sandhausen Fußball gespielt und war dann ab und zu in der Schule. Und bin dann tatsächlich 1996 in die wunderbare Region Bamberg gekommen zum studieren, als Diplom Wirtschaftsinformatiker und habe dort die Liebe zum Bier kennengelernt. Ja und, ja, was meint Markus mit spätberufen? Tatsächlich bin ich erst Biersommelier seit 2020 und das hat also eine Weile gedauert, bis ich vom Biertrinker zum Biersommelier geworden bin. Und beruflich vielleicht zwei, drei Sätze, bin ich geschäftsführender Gesellschafter einer großen Marketing-Agentur, der marcapo GmbH mit 175 Mitarbeitern, die sich, ja, sagen wir mal, um die Vermarktung von unterschiedlichen Produkten von großen Firmen kümmert. Und zwischendurch führe ich dann ach noch zehn weitere Firmen, eine Holding und auch tatsächlich eine Gastro, die wir Anfang letzten Jahres gekauft haben und die jetzt auch jetzt wieder eröffnet, also im Sommergeschäft und wo wir grade so ein paar Sachen auch grade umbauen wollen im Herbst diesen Jahres. Und das neuste Kind in dieser ganzen Holding-Struktur ist tatsächlich eine Tiny-Haus-Siedlung, wo wir Ferienwohnungen vermieten. So, vielleicht das zum Thema spätberufen oder vielleicht bunter Hund. Ich bin gespannt, was du noch alles zu mir sagst, Markus.

Markus: Also bunter Hund finde ich auf jeden Fall auch eine sehr, sehr schöne Bezeichnung. Aber, ja, das ist halt so, also ich denke mal, wenn man rührig ist, wenn man rege ist, wenn man sich für Dinge interessiert, wenn man auch sich für Sachen begeistern kann, dann geht das wahrscheinlich relativ schnell, dass man in alle möglichen Richtungen so seine Finger ein bisschen ausstreckt und sich dann halt auch überall entwickelt. Und das ist ja auch gut. Weil, ich glaube, wenn man so viele verschiedene Eindrücke hat, dann profitiert ja jeder einzelne Geschäftsbereich davon, oder?

Thomas Ötinger: Absolut. Ja, also natürlich bringe ich meine Kompetenzen aus dem Vermarktungs- und Marketingbereich in die unterschiedlichen Firmen auch mit ein und natürlich auch das mit dem Thema Biersommeliertum. Ich würde eher sagen, ich bin der Bier-Entertainer als der Bierspezialist, brauen kann ich nämlich nicht, sondern ich begeistere für mich das, was die Brauer sozusagen, ja, in die Flasche bringen oder ins Fass bringen und das vermarkte ich. Und, ja, vermarkten in dem Sinn, dass ich da halt meine Bierseminare da drüber gebe, mit viel Entertainment und viel Spaß, genau.

Markus: Ja, wobei es trotzdem Bier von dir gibt. Also wir haben heute auch im BierTalk zwei wunderschöne Flaschen, die du mir geschickt hast. Auf der einen steht Frankenliebe, auf der anderen steht Frankenmagie. Also da bin ich auch schon ganz gespannt, die werden wir natürlich verkosten. Und man darf auch nicht vergessen, gestern, also wir zeichnen jetzt hier grade Mitte Februar auf, hatten wir den Hobbywettbewerb von der Maisel Brauerei, von Maisel & Friends, den Hobbybrauerwettbewerb. Und da haben wir zusammen 125 verschiedene American Brown Ales verkostet und bewertet, schon zum zweiten Mal in Folge, das war wirklich ein sehr, sehr schöner Tag. Und das heißt also, das Bier kommt schon nicht zu kurz bei dir, oder?

Thomas Ötinger: Absolut, also es waren tatsächlich einige Braune und das waren Wet Ales, Markus, die wir verkostet haben.

Markus: Stimmt, offiziell waren es Wet Ales, ja.

Thomas Ötinger: Genau, aber es waren auch einige sehr, sehr braun, da gebe ich dir Recht. Ja, das war ein wunderschöner Tag. Also tatsächlich, das Bier kommt nicht zu kurz. Tatsächlich ist es so, dass ich fast jeden Abend eine Online-Bierverkostung mache mit Kunden von mir oder mit Kunden von Kunden oder auch dann im privaten Umfeld ab und zu mal. Das heißt also, ich habe genug von der Hopfenliebe, habe ich am Abend da. Und solche Tage wie gestern mit diesen Hobbybrauverkostungen, mit anderen Biersommeliers sich auszutauschen und dann zu fachsimpeln über Fehlaromen und so weiter, das sind dann schon die Kirschen auf der Torte im Jahr, absolut.

Markus: Ja, absolut, würde ich auch so sehen. Und, ja, wenn wir vielleicht ganz am Anfang, einige Leute haben vielleicht so ein bisschen aufgeschreckt, als sie gehört haben, Thomas Ötinger. Ötinger, das klingt ja so ein bisschen wie ein ziemlich bekanntes Bier, aber man muss sagen, du schreibst dich ja mit einem richtigen ö, mit Doppelpunkt und nur mit einem t. Sagt man das dann auch eher so Ötinger oder trotzdem Oettinger, wie ist das denn richtig?

Thomas Ötinger: Das Erste war richtig, also Ötinger, genau.

Markus: Ah, okay, perfekt. Also, wunderbar, dann haben wir das auch.

Thomas Ötinger: Lieber nicht so.

Markus: Okay, also bitte nicht verwechseln und du hast natürlich nichts mit der großen Brauerei zu tun sonst, dann hättest du was anderes zu tun, im wahrsten Sinne des Wortes.

Thomas Ötinger: Wohl wahr, ja. Allerdings bin ich tatsächlich bei jeder Bierverkostung, ist das dann tatsächlich auch der Witz, ja, ob ich denn auch von dieser Brauerei Biere dabei hätte, genau.

Markus: Ist ja irgendwie auch naheliegend und ich finde es ja auch schön, wenn man so einen einfachen Running Gag hat, den man irgendwie immer bringen kann. Weil, das ist ja so eine Lehre auch bei diesen ganzen Testings, man muss die Leute alle paar Minuten auf jeden Fall zum Lachen bringen, damit die auch dann mit Spaß bei dem Abend dabei sind, ne?

Thomas Ötinger: Ja, du weißt ja, Emotion und Information, das bleibt am besten im Hirn hängen, genau.

Markus: Ja, ich habe auch ein bisschen mal nachgeschaut so in deinem Lebenslauf und was ich ganz spannend finde, ist, du warst von 96 bis 2001 an der Bamberger Uni. Das ist, deckt sich ziemlich mit meiner Zeit, also ich habe ein bisschen früher angefangen und bin, ja, ungefähr auch bis 2001 geblieben, aber ich habe dann mal überlegt, ob wir uns da mal über den Weg gelaufen sind. Wahrscheinlich nicht, oder?

Thomas Ötinger: Wahrscheinlich waren wir an unterschiedlichen Fakultäten. Ich habe als Diplomer Wirtschaftsinformatik studiert und da war ich oben an der unv. #00:06:31-0# genau.

Markus: Ah, genau. Aber das war ja ein ganz neuer Studiengang damals, Wirtschaftsinformatik, da warst du wahrscheinlich einer der Ersten.

Thomas Ötinger: Ja, tatsächlich, also nicht der Erste, gab es schon ein paar Jahre vorher, aber wir waren tatsächlich nur 40 Leute im Jahrgang. Und jetzt, naja, mein Sohn studiert jetzt auch Diplom-Wirtschaftsinformatik, ah ne, das heißt jetzt ja Bachelor und Master, also Wirtschaftsinformatik auf der ERBA-Insel und die haben jetzt ja eine komplett eigene Fakultät bekommen. Also da ist eine riesige Entwicklung passiert in den letzten, ja, 20 Jahren, seitdem ich dort nicht mehr bin, ja.

Markus: Ja, war aber auch eine spannende Zeit, wenn ich mich erinnere, da hatten wir Studentenstreiks und eben den Widerstand gegen diese Umbenennung in Bachelor und Master.

Thomas Ötinger: Oh ja.

Markus: Also eine durchaus turbulente Zeit an der Uni. Und da wurde ja auch das ein oder andere Bierchen getrunken, ne?

Thomas Ötinger: Oh ja, genau. Also da habe ich tatsächlich die Liebe zum Bier gefunden, weil, ich komme ursprünglich ja mit Heidelberg aus eher ein Weingegend, also ich war eher dem Wein zugeneigt. Und würde tatsächlich sagen, dass die Auswahl des Studienortes hatte damit dann auch was zu tun, nachdem wir, ja, in den ersten Tagen, wo ich mir die Stadt angeschaut habe, hat mir das doch schon sehr gefallen, was die fränkischen Brauer da auf den Tisch gebracht haben, ja.

Markus: Ja, also das können wir gleich mal an alle Hörer sagen, die jetzt nicht zufällig da in Bamberg wohnen, also es lohnt sich immer, hier in diese Gegend zu kommen oder sogar zu ziehen. Ja, bevor wir weiter zu deinen Themen kommen, würde ich tatsächlich mal das erste Bierchen aufmachen.

Thomas Ötinger: Unbedingt.

Markus: Wollen wir mit der Frankenliebe oder mit der Frankenmagie anfangen?

Thomas Ötinger: Also wir fangen mit der Liebe an, mit dem Hellen, oder?

Markus: Okay, wunderbar. Also, tolle Flasche, da steht Pale Ale drauf. Machen wir mal auf. So.

Thomas Ötinger: Jetzt bin ich mal gespannt, ob das bei mir auch so gut klingt. Weil, bei dir ist es immer so toll, wenn du eine Falsche aufmachst.

Markus: Ja, das war schon gut.

Thomas Ötinger: Ja, wunderschön.

Markus: Okay. Es war auf jeden Fall vernehmbar, also, wunderbar. Ja, also wir werden gleich noch dazu kommen, warum und wieso es dieses Bier gibt und was da so alles draufsteht. Wir können es ja vorher mal verkosten. Ich weiß nicht, magst du das Erste und ich das Zweite oder andersrum?

Thomas Ötinger: Ach du, du bist der erfahrene Sommelier, ich bin natürlich sehr, sehr gespannt auf deine Meinung.

Markus: Okay, also gut. Also weil, ich muss ja immer sagen, das ist ja alles relativ, also wir alle beschäftigen uns ja viel damit. Und grade, wenn man wie du jetzt fast jeden Abend irgendwie Testings machst, dann holt man ganz schnell ganz viel Erfahrung nach. Aber ich fange gerne mal an. Also wir haben hier ein, ja, ein erst mal sehr schönes Bier mit einer Trübung, es ist aber sehr geheimnisvoll, also es schimmert mich so ein bisschen an, leuchtet mich ein bisschen an. Oben drauf steht ein sehr feinporiger, dichter weißer Schaum und, ja, dann rieche ich mal da so rein. Mhm, also wir haben ganz viel so Citrusaromen, das geht so in Orange- Grapefruit-Richtung, vielleicht ein bisschen Pfirsich, ein bisschen Aprikose auch. Und dann haben wir aber auch im Hintergrund so ein bisschen was Kräutriges und auch so, ja, so Getreidenoten. Also man merkt tatsächlich da auch eine gewissen Malzkörper und auch so eine Frische, finde ich, also eine schöne frische Note von der Hefe. Jetzt nehme ich mal ein Schlückchen.

Thomas Ötinger: Ja, das mache ich parallel natürlich auch.

Markus: Mhm, also schon mal ganz toll. Was mir bei diesen Bieren auch immer wichtig ist, ist das Mundgefühl und das ist wunderschön cremig. Also der Trunk fängt an, hat eine leichte Süße, dann umschmeichelt er so die Zunge, es ist cremig, es prickelt, es ist richtig angenehm. Und dann entfalten sich noch mehr von diesen fruchtigen Aromen und dann kommt so ein bisschen auch die malzige Komponente, leichter Honig. Und wenn man dann so runterschluckt, dann tatsächlich sagt der Hopfen nochmal hallo mit so einer bitteren und nach dem Trunk kommt dann auch ein bisschen was von dem Citrus, von dem Pfirsich wieder und klingt dann wirklich in so einem kleinen angenehmen Obstsalat aus. Spannend, sehr schön. Also, wie geht es dir?

Thomas Ötinger: Ja, du, Markus, eben wie deine Leute in den Episoden davor auch immer sagen, man hätte es nicht besser beschreiben können. Ein paar Sachen spüre ich tatsächlich so nicht, da ist deine Zunge ein bisschen geübter, würde ich sagen. Allerdings alles, was du gesagt hast, das sehe ich genauso. Ich würde vielleicht noch so Brombeere, also eine beerige Note rieche ich noch zum Start sozusagen in der Nase und das andere, das hast du wunderbar beschrieben, würde ich sagen.

Markus: Danke. Ja, aber das stimmt, also diese Brombeere, Brombeere hat ja auch immer so ein bisschen so kräutrige Komponenten dabei und das ist tatsächlich auch am Anfang, sehr schön. Also, vor allem, das ist ja auch so ein Thema, das Bier ist ja eigentlich eher so hell und eine Brombeere assoziiert man ja eher mit dunkel, und da ist dann meistens im Kopf das schon mal so ein bisschen ausgeschlossen. Und, also das kann man auch nur allen Hörern mal sagen, trinkt mal so ein Bier mit verschlossenen Augen oder nehmt euch einfach ein Gefäß, wo man nicht reingucken kann, welche Farbe das hat. Und dann werdet ihr sehen, dass man das nochmal ganz anders erfasst, weil man einfach diese Voreingenommenheit, die man durch die Optik hat, so ein bisschen ausschalten kann.

Thomas Ötinger: Ja, absolut.

Markus: Also, die Frankenliebe, von Bier von marcapo, ein Weihnachtsbier. Wie kommt es dazu, war das deine Idee und wie habt ihr das gemacht?

Thomas Ötinger: Ja, wie kommt es dazu? Tatsächlich ist das jetzt schon das zweite Jahr, wo wir unser eigenes Bier mit einem professionellen Bierbrauer kreieren für unsere Kunden und für unsere Interessenten. Also die in dem marcapo-Universum sozusagen was zu tun haben, die kriegen einmal im Jahr, also an Weihnachten, ein Bier geschenkt. Also ist das zweite Jahr und wenn man das zweimal macht, dann ist es Tradition, und daher kam das. Also unser erstes Weihnachtsbier haben wir damals beim SONNEN-BRÄU in Mürsbach mit dem Daniel Schmitt gebraut. Das war so eine, ja, Fränkische Nacht haben wir es genannt, ein dunkles Bier, auch kaltgehopft, fruchtig und herb, kam auch sehr, sehr gut an, in einer Literflasche. Und dieses Jahr beziehungsweise im letzten Jahr, als wir unser Weihnachtsbier gemacht haben, sind wir zum Staffelberg-Bräu nach Loffeld gegangen zum Karl-Heinz Wehrfritz. Wir haben dort zwei Biere kreiert, weil wir was Besonderes haben wollten, also hell und dunkel wollten wir mal ausprobieren. Und, ja, das kam dieses Jahr auch wieder hervorragend an. Und das liegt so ein bisschen natürlich, natürlich so ein bisschen Biersommeliertum, weil natürlich auch, sehr, sehr viele Kunden und Interessenten bei mir in meinen Online-Verkostungen, und so haben wir jetzt unsere Marke marcapo mit dem Thema Bier aufgeladen. Und dann musste natürlich sowas dann auch zu Weihnachten auch dann raus, genau.

Markus: Ja, das ist auch ein kleines Bocklet mit dabei mit Fotos. Also da sieht man auch das Team mit beim Brauen und sieht auch, dass die da wirklich richtig Spaß bei der ganzen Geschichte hatten und auch Spaß hatten, die Rohstoffe so zu erkunden, sich mit dem Hopfen mal zu beschäftigen und so. Und man sieht auch eine Foodpairing-Empfehlung. Finde ich sehr schön. Also, kann man ja auch gleich mal für die Hörer zum notieren, zu so einem schönen Pale Ale einen Tomatensalat mit einem weißen Baguette, dann einen saftigen Burger mit Pommes und dann fruchtige Muffins. Also kann ich mir auch sehr gut vorstellen. Und hast du da Feedback bekommen auch auf diese Geschichte?

Thomas Ötinger: Ein Wahnsinn, also dieses Jahr war das Feedback grandios. Im letzten Jahr, also mit der Fränkischen Nacht, da war das zweigeteilt und zwar, wie Deutschland zweigeteilt ist sozusagen, nicht Ost-West, sondern Nord-Süd, weil es ein bisschen herber war. Der Süden war ein bisschen, naja, das ist aber schon sehr herb im Abgang. Hier war so eher, naja, ihr müsst mal wieder was machen, was nicht so herb ist. Und der Norden, der war also super, der Norden ist also wirklich so Frankfurt aufwärts, die waren hin und weg, weil da ja auch eher das Pils getrunken wird. Das wäre genau richtig und so ein dunkles Bier mit so einer herben Note, also auch einer Hopfenherbe und nicht nur diese Röstherbe, das hätten sie ja noch nie getrunken. Das war also im vorletzten Jahr sehr, sehr interessant. Und in diesem Jahr war tatsächlich, weil wir da gesagt: „Okay, mit den hopfigen herben Noten im Abgang, da bleiben wir ein bisschen im Hintergrund, dass wir vielleicht ein bisschen mainstreamiger werden.“ Ja, da gab es durchweg positives Feedback. Der eine hat natürlich gesagt: „Mensch, also das Helle hat mir besser geschmeckt“ und der andere sagt: „Okay, das Dunkle ist eher.“ Aber das liegt dann einfach da dran, was die persönlichen Vorlieben, aber war sehr, sehr gutes Feedback. Das hat mich natürlich auch beflügelt, dass wir an der Stelle weitermachen. Wir werden jetzt wahrscheinlich im Sommer nochmal einen auflegen.

Markus: Auch wieder beim Karl-Heinz?

Thomas Ötinger: Auch wieder beim Karl-Heinz. Weil, ja, das liegt so ein bisschen da dran, dass der Karl-Heinz, dem seine Brauerei, das ist so zwei Kilometer von der Gastronomie, die wir betreiben seit dem letzten Jahr und wir natürlich auch seine Biere bei uns im Ausschank haben. Und auch die Zusammenarbeit mit dem Karl-Heinz ist einfach ein Traum, ja. Er ist richtig erfahrener fränkischer Brauer, der auch weiß, was er tut und auch sagt, was halt auch nicht geht. Und das ist immer ganz gut, wenn so Leute aus dem Marketing dann ihre Ideen sprühen lassen, das ich auch mal sage: „Okay, das ist jetzt nett, was ihr gemacht habt, aber das geht nicht, ja.“ Und die Zusammenarbeit ist auch ganz, ganz hervorragend mit dem Karl-Heinz.

Markus: Ja, das stimmt. Also das kann man auch wieder, also heute sind ganz viele Empfehlungen für die Hörer dabei, aber ist auch gut so, also die Staffelberg-Bräu kann man da auch in jeder Hinsicht empfehlen. Hat auch schon so manchen Beer Star gewonnen, vor allem auch für die stärkeren Biere. Sie machen zum Beispiel einen ganz tollen hellen Bock oder Doppelbock ist es, glaube ich, sogar, was ja gar nicht so häufig eigentlich stattfindet in der Bierwelt, und den eben auch hochdekoriert. Und auch ein schöner Laden, ganz toller alter historischer Saal also. Weil, die ganze Gegend um den Staffelberg ist toll, Staffelstein, mit seinen zehn oder zwölf Brauereien, was es mittlerweile sind, das ist schon einfach eine ganz tolle Ecke in Franken, also die kann man auch einfach bedingungslos, sage ich mal so, empfehlen.

Thomas Ötinger: Ja, da haben wir grade besonders, da würde ich gerne einhaken beim Staffelberg-Bräu, also was mir tatsächlich sehr, sehr gut gefällt, ist sein alkoholfreies Dunkles. Und als ich den Karl-Heinz kennengelernt habe, da hat er erst mal gesagt: „Ja und du bist so ein Biersommelier“, also so, wie halt fränkische Brauer dann auch sind. Und dann hat er mir erst mal ein Bier hingegeben so und sage mal, was meinst du denn zu dem Bier? Und da hat er sein alkoholfreies Dunkles drin gehabt. Und, ja, dann habe ich, ja dunkles Bier, schöne Röstaromen und kein Alkohol drin und du hast die und die Hefe verwendet, weil also diese neue Hefe oder unv. #00:16:44-8# er verwendet hat. Und da hat er gesagt: „Echt, das hast du raus geschmeckt?“ Und dann haben wir tatsächlich drei Stunden in seiner Brauerei verbracht und seitdem verstehen wir uns auch ganz gut. Also das Bier ist für mich ein absoluter Geheimtipp noch und auch sein Dunkles. Und auch, wie du eben erwähnt hast, den Doppelbock, den es ja im Herbst gibt. Den haben wir auch bei uns im Bockbierausschank gehabt im letzten Jahr, kam hervorragend. Ein wunderschönes cremiges Bier, was nicht so mastig ist, obwohl es tatsächlich sehr, sehr viel Alkohol hat, ja, ein Doppelbock. Ja, das ist einfach ein Genussbier am Ende des Tages, ja.

Markus: Ja, also ein ganz tolles Tröpfchen, das man auch schön lagern kann. Also wirklich eine absolut spannende Geschichte. Und sie haben auch ein Wiener-Lager, das ich auch sehr gerne mag. Also, ja, jetzt sind wir schon mitten im Bier. Was mich noch interessieren würde, du hast ja grad gesagt, Marketing ist so eher dein erstes Steckenpferd, sagen wir mal so und da geht es ja auch immer so um Marke und Marketing. Was ist denn da so für dich der Unterschied und was bedeutet es für die Bierwelt, also sowohl für die Biersommeliers als auch für die Brauereien?

Thomas Ötinger: Du meinst mit Marke ein Marketing, oder?

Markus: Ja, genau. Also so, wie kann ich mich da, also wie schaffe ich eine Marke, wie schaffe ich Marketing, inwiefern hängt Marketing von einer Marke ab? Und was ist das für eine Aufgabe, dann eben grade auch für Leute wie uns, dass für sich zu nutzen, beides, also erst mal eine Marke zu werden und daraus dann auch ein gutes Marketing zu machen?

Thomas Ötinger: Ja, also das ist tatsächlich eine Abfolge dessen. Also um eine Marke zu kreieren, braucht es eine Positionierung, also eine Position im Markt und vor allem die Position im Kopf des, ja, ich sage mal, des Kunden, ob das der Endverbraucher ist oder im B2B-Bereich. Also beim Bier ist es ja eher sozusagen der Endverbraucher. Und welchen Platz finde ich mit meiner Marke, mit meinen Bieren im Kopf des Endverbrauchers? Das ist also der Prozess der sozusagen eigentlich Positionierung, den ich auch immer sehr, sehr gerne begleite und natürlich auch bei Spirituosen sehr, sehr gerne begleite. Weil, dort ist es ganz wichtig, wenn ich an etwas denke, komme ich tatsächlich mit meiner Marke als erstes, also kriege ich den ersten Platz im Kopf des Endverbrauchers. Und das schaffen natürlich auch sehr, sehr viele Biermarken auch, genau diesen Platz zu finden. Deshalb gibt es ja auch tatsächlich Biertrinker, die auch immer wieder von derselben Marke trinken und sagen, das ist ihr Lieblingsbier und so weiter. Und dann weiß man genau, man hat dort eine große, eine tolle, gute Positionierung geschaffen. Wenn diese Positionierung klar ist mit der Ausrichtung, also wir waren ja gestern bei Maisel & Friends und die haben eine hervorragende Position mit Maisel & Friends, mit diesem ganzen Areal und handwerklich gebraute Biere und so weiter. Da merkt man, die sind sehr, sehr gut, also die Vorarbeit der Positionierung ist sehr gut gelaufen und haben dann sozusagen die Marke dann drauf gesetzt. Und mit dieser Marke, das ist natürlich, hat was mit Farben zu tun, hat was mit Aussagen zu tun, aber vor allem mit der Philosophie, die dahintersteht. Und dann da drauf basierend, kann man dann Vermarktungsmaßnahmen machen, die dann, ja, entweder jetzt, was jetzt auch Maisel & Friends sehr, sehr gut macht, in den sozialen Medien oder mit gewissen Craft-Beer-Festen oder, oder, oder und da kann man dann diese Maßnahmen so rum ansetzen. Und wichtig ist, dass diese Maßnahmen nicht die Marke kaputtmachen oder Irritation in der Marke beziehungsweise im Kopf vom Endverbraucher gehen. Und das ist grade in der Bierwelt, och, da würde es noch so, so viel aufzurollen geben. Grade so hier bei uns in der Gegend gibt es so viele tolle fränkische Brauereien mit tollen Bieren, die aber halt ihren, ja, jetzt sage ich mal, ihren Vermarktungsstil seit mehreren Jahrzehnten gleich durchziehen. Und der Verbraucher ändert sich, der Endverbraucher und bräuchte vielleicht mal das eine oder andere Event oder auf eine Auffrischung der Marke. Und damit meine ich nicht, dass man die Tradition wegschmeißen soll, sondern im Prinzip mit der Zeit zu gehen, das meine ich damit.

Markus: Ja, da sprichst du was ganz Wichtiges an auch, diesen Punkt Irritationen auslösen. Also grade in letzter Zeit bin ich jetzt wieder mehrmals von verschiedenen Zeitungen oder Medien kontaktiert worden, dass es wieder eine große Diskussion um den Bierpreis gibt und dass das doch so ein ganz wichtiger Punkt wäre und da müsste man doch jetzt mit der Bevölkerung mal sprechen und aufklären und was weiß ich was. Und da frage ich mich dann auch immer, das ist ja bei uns grade so ein Thema, das Bier, in Anführungsstrichen, billig sein muss. Wobei ich mir immer denke, die, die das wollen, das ist doch eine absolute Minderheit, die anderen wollen doch einfach nur ein gutes Bier und sind auch bereit, ein bisschen mehr dafür zu bezahlen. Also ist der Preis auch ein Teil von dieser Positionierung?

Thomas Ötinger: Ja, das ist natürlich ein ganz, ganz großer, ja, Preis, aber vor allen Dingen ein ganz großer Punkt, das Thema, wo will ich preislich auch hin, also was brauche ich an Geld? Es gibt ja auch Biere, die durchaus, ja, haben wir jetzt ja grade ganz viele in Berlin von den Craft-Beer-Brauern, wo dann die Dose 0,5 dann irgendwie 6,50 kostet. Wenn ich das hier einem fränkischen Brauer sage, da lächelt der müde und sagt: „Also wie soll das denn gehen?“ Und das hat natürlich auch was mit der Positionierung zu tun, auch mit Preisposition. Ich glaube aber, in diese Richtung müssen wir gar nicht gehen. Allerdings muss der Endverbraucher auch durchaus verstehen, das, ja, wenn er, ich sage mal, für die Kiste Bier, die er im Lebensmitteleinzelhandel kauft, im Getränkemarkt kauft, wenn er da drei Euro mehr bezahlt, sind das halt praktisch irgendwie zehn Cent pro Flasche mehr oder 15 Cent. Das ist jetzt nicht irgendwie, also jetzt ein Wucherpreis gezahlt. Aber der Brauer und grade, wenn ich viele schöne regionale Brauereien haben möchte, dem hilft das natürlich schon, weil das natürlich, ja, auch seinen Geldbeutel an der Stelle füllt. Und reich werden die damit trotzdem nicht, ja.

Markus: Absolut. Und vor allem, wenn man überlegt, der Prokopfverbrauch sinkt ja, also wir sind jetzt ungefähr so bei 88 Litern. Und selbst, wenn man in Franken mal annimmt, das sind vielleicht 100, dann ist da aufs Jahr gerechnet, wenn die Flasche 15 Cent mehr kostet, dann sind das 30 Euro oder so. Also, davon wird, glaube ich, keiner arm. Also ich mag auch diese Preisdiskussion gar nicht wirklich, aber ich wollte mal schauen, was du dazu sagst, aus einer Marketingspeziallistenecke.

Thomas Ötinger: Und tatsächlich mit diesem Preis, also wie ich erzählt habe, wir haben ja eine eigene Gastronomie, also unseren marcapo-Platz, wo wir versuchen auch, diese fränkische, ja, ich sage mal, Genusskultur auch zu leben. Und da habe ich tatsächlich grade in den Anfängen, als es da losging, bei kostet das halbe Bier, die halbe Seidla, also Seidla selbst, drei Euro. Und wo ich sage: „Mensch, für die Qualität, was wir da im Glas haben, ist es eigentlich zu wenig.“ Aber ich habe regelmäßig Diskussion, warum denn das Seidla nicht 2,80 kostet oder 2,70 kostet? Das ist so im Rest von Deutschland, da schlagen sie sich die Hände übern Kopf, aber bei uns in Franken, das weißt du selbst, Markus, gibt es genau diese Diskussion über den Bierpreis. Und dann stelle ich immer so die Frage: „Ja, wo warst du das letzte Mal im Urlaub?“ Und dann sagt er: „Ja, in Garmisch.“ Und dann sage ich: „Was hat da wahrscheinlich dein Bier auf der Hütte gekostet?“ Ja, 6,50, das Weißbier von Paulaner. Und dann sage ich: „Ja, gut. Warum sagst du, das war da in Ordnung und bei dir hier in der Region, im Fränkischen mit wirklicher Genusskultur, wo es die Hälfte des Preises, also weit als die Hälfte des Preises, da findest du es zu viel?“ Da kommt die Antwort, ja, hier trinke ich täglich, im Urlaub, da bin ich nur einmal im Jahr. Und dann, dann wird natürlich schon ein bisschen krumm dann das Ganze.

Markus: Auf jeden Fall, ja. Ja, also die Diskussion ist ja dann wirklich immer sehr, sehr augenfällig. Also auch zum Beispiel, dass die Leute dann auf der anderen Seite bereit sind, wenn sie dann für den Hund ein Hundefutter kaufen, da kaufen sie dann die Dose für vier oder fünf Euro. Oder ihr Öl, was sie für das Auto kaufen, da wird dann natürlich auch das teuerste Öl genommen, damit es dem Auto auch gut geht, aber für sich selber muss es dann das billigste Bier und das billigste Schnitzel sein. Aber, wie gesagt, wir wollen gar nicht so viel Bashing betreiben.

Thomas Ötinger: Um Gottes Willen, darum ging es auch gar nicht.

Markus: Nee, klar.

Thomas Ötinger: Hier geht es um eine Bewusstseins

Markus: Absolut, absolut, es ist ein Bewusstseinsthema. Und man muss auch sagen, ich meine, die Schwierigkeit, glaube ich, für viele, grad diese Familienbrauer in Franken, ist ja, das sie einerseits diese Aufgabe in ihrer Komplexität nie gelernt haben, weil sie ja einfach rein geboren werden in so ein Unternehmen. Und wenn sie Glück haben, studieren sie vielleicht noch Brauwesen oder so, aber die ganze Komponente drum rum mit Betriebswirtschaft, mit Marketing und was alles sonst noch dazu gehört, das ist ja was, was sie mehr oder weniger Learning by doing irgendwie sich aneignen und sind am Ende ja dann für alles verantwortlich. Das heißt, die machen, was weiß ich, die Etikettengestaltung wird von ihnen abgesegnet und eben das Bierrezept und der Preis und der neue ELKW und was weiß ich was, und das überfordert natürlich schnell. Also ist wie ist das jetzt, wenn wir mal von deiner Seite, vom Marketing aus sieht, hast du auch Leute aus der Bierwelt als Kunden und denkst du, dass man da was bewegen kann, wenn ein bisschen einen professionellen Stups gibt?

Thomas Ötinger: Ja, du kannst auf jeden Fall was bewegen. Tatsächlich habe ich keine Bierkunden, sondern unserer Kunden, die haben eher die Struktur große Marke und verkaufen über Vertriebspartner ihre Produkte, wie zum Beispiel Still, wie die Ergo-Gruppe, wie, ja, Hans Grohe, da haben wir also 65 große Kunden, die wir da betreuen. Also da haben wir so eine Spezialnische, deshalb haben wir auch keine Brauereien als Kunden aktuell. Aber natürlich aus, ich sage mal, aus professioneller Sicht und aus Leidenschaftssicht kann ich da sagen, da ist natürlich unheimlich viel zu machen. Und, ja, da könnten wir schon sehr, sehr viel bewegen für diese einzelnen Brauereien, wenn das gewollt wird sozusagen.

Markus: Ja, das ist natürlich, zum Tun gehört dann irgendwie auch das Wollen.

Thomas Ötinger: So ist es.

Markus: Und das ist oft auch so ein gewisses Thema, das viele einfach sagen: „Das haben wir schon immer so gemacht und das machen wir halt weiter so“, was auch nicht immer so einfach ist. Ja, jetzt vielleicht mal kurz zu deinem persönlichen Einstieg, also jetzt nicht … obwohl, da können wir auch, dann reden wir erst da drüber, finde ich auch spannend. Finde ich auch gut, ja. Wie kommst du überhaupt dann zu dem Thema zu sagen, ich steige jetzt um von der Seite hinter dem Tresen, dahin, erst mal Biersommelier zu machen und dann sogar eine eigene Gastro?

Thomas Ötinger: Ja, das ist tatsächlich ein sehr, sehr spannender Weg. Und zwar, ich glaube, 2015, also wir machen relativ viele Kunden-Events, wo wir also unsere Kunden mit Inhalten versorgen und natürlich gehört dann immer was Eventiges dazu, dass auch Kunden deutschlandweit zu uns kommen und auch da einen Event macht, Und wir haben Events gemacht bei der Firma Weyermann in Bamberg. Großer Spezialmälzer, die haben ein schönes, schönes Kundenzentrum dort, wo man auch mieten kann und auch dort Kunden-Events zu machen mit Mälzereiführung und mit Bierverkostung. Und als meine Frau damals mir das vorgeschlagen hat, da habe ich gesagt: „Also echt jetzt, also ich meine, Bierverkostung, jeder weiß, wie ein Pils schmeckt, jeder weiß, wie ein Weißbier schmeckt, jeder weiß, wie ein Keller schmeckt, was soll das?“ Also, da war ich wirklich, das weiß ich wie heute noch, wie ich da entsetzt war über so einen Vorschlag überhaupt. Und mir war klar, Wein schmeckt unterschiedlich, aber Bier, also Bier, das weiß jeder. Und dann haben wir tatsächlich, hat sie sich durchgesetzt, wie sie das öfter auch mal tut, meine Frau und dann haben wir diesen Event gemacht. Und als ich diesen Event gemacht habe und diese Bierverkostung anfing, da ging so eine Tür auf, wo ich gesagt: „Wow, das kann alles Bier sein!“ Und genau diesen Effekt möchte ich auch in meinen Online-Bierverkostungen, dass Leute deutschlandweit mitkriegen, wow, das kann alles Bier sein! Und so breit sind die Aromen und so breit ist der Geschmack, der in Bier drin ist. Und dann ging bei mir immer, wenn mich was interessiert, dann muss ich mich tief ein fuchsen und dann ging das los, dass ich dann beim Michael in Bayreuth war bei Bierverkostung. Der Gregor, der beim Weyermann zu dem Zeitpunkt war, der jetzt den HopDog in München führt, bei dem war ich. Also ich glaube, einmal in der Woche war ich in irgendeiner Verkostung, weil mich das Thema so dermaßen, ja, ich sage mal, geritten hat einfach und mit Foodpairing und allem drum und dran. Und dann war das irgendwie dann so weit, da habe ich gesagt: „Okay, jetzt muss ich meinen Biersommelier machen, weil, das ist der nächste Schritt.“ Und das habe ich dann auch getan, das habe ich beim unv. #00:28:39-6# in Österreich gemacht. Und dann war auch gut für mich, also es war einfach so, Thema interessiert und dann war auch tatsächlich gut. Jetzt habe ich Informationen und jetzt fühle ich mich auch in dem Thema wohl. Und dann hat tatsächlich ein, ja, ein Marketingleiter, also ein Kunde von mir, Mirko Faust, der auch selbst Hobbybrauer ist von der BCA AG, er hat gesagt: „Du, Thomas, ich habe gesehen, du hast gepostet auf Facebook, du bist jetzt Biersommelier. Uns fällt die Messeveranstaltung aus, weil Corona, könntest du denn für meine Kunden, für meine speziellen Kunden eine Online-Bierverkostung machen?“ Und da halte ich es immer wie Pippi Langstrumpf, das habe ich ja noch nicht gemacht, also wird es funktionieren. Und dann habe ich sozusagen meine erste, ja, Online-Bierverkostung, war im Herbst 2020, noch gar nicht so lange her, gemacht. Und das war grandios, hat riesen Spaß gemacht und er hat damit auch einen riesen Erfolg gehabt. Und da habe ich gesagt: „Gut, ej, super, wenn das funktioniert, wir können ja grade keine Veranstaltungen machen, dann lade ich jetzt meine Kunden zu mir an meinen Monitor ein und meine Interessenten und mache denselben Spaß. Scheinbar geht das und scheinbar kann ich das.“ Ja und dann ging sozusagen die Reise los. Und das heißt also, mit Kundenveranstaltung, mit Kunden und Kundenveranstaltung, wo dann Kunden, die bei mir in der Verkostung waren, sagten: „Mensch, das war super und lass uns das mal für meinen Vertrieb machen, für mein Marketingteam, für das, für das.“ Und dadurch, dass ich natürlich auch ein großes Netzwerk hab, hat sich das ohne große Vermarktung sozusagen verbreitet. Ja, bis heute habe ich, glaube ich, 4.000 Leute in den Verkostungen gehabt, also innerhalb von, ja, Herbst 2020 bis jetzt. Und, ja, dadurch kommt auch fast jeden Abend sozusagen eine Verkostung wie heute Abend natürlich auch dann dazu. Genau, so war mein Weg.

Markus: Ja, also ein sehr, sehr spannender. Und, ja, also ich glaube, ich muss wirklich auch sagen, das ist auch was, wenn man das dann einfach auch regelmäßig macht und das ist auch was, was jetzt diese Online-Welt so ein bisschen beschert hat, dass es ja auch einfacher ist. Also bei uns ging es sogar noch ein bisschen eher los mit diesen Online-Verkostungen. Aber der Vorteil ist halt einfach, in Anführungsstrichen, wenn du alles gut vorbereitest, dann setzt du dich halt Nachmittags oder abends hin, schaltest deinen Monitor an, holst deine sechs Bierchen raus und verkostest dann mit den Leuten. Aber du hast nicht diesen riesen, riesen Aufwand, den man so normalerweise hat, dass man irgendwo hinfährt und dann muss man noch ganz viele Dinge tun und kann dann halt auch nur eine Verkostung alle zwei, drei Tage machen oder so. Sondern, das geht dann schon auch in der Frequenz schneller und mehr. Und damit hat man natürlich unglaublich viel Kontakt zu Leuten, unheimlich viel Feedback, unheimlich viel, ja, wo man einfach mitbekommt, wie die so ticken. Und ich glaube, das ist auch wirklich was, dass man so einfach noch viel mehr Leute begeistern kann und sich auch viel mehr drauf einstellen kann. Also mir hat das auch ganz viel Spaß gemacht. Ich konnte es mir vorher, ehrlich gesagt, gar nicht so recht vorstellen …

Thomas Ötinger: Ich auch nicht.

Markus: … musste da auch irgendwie erst so rein. Ich muss auch sagen, ich bin ja wirklich auch sonst eher einer, der jeden technischen Scheiß ab der ersten Minute haben muss, weil mich die Dinge interessieren. Aber eine Webcam zum Beispiel, die habe ich mir bis zur Pandemie nicht gekauft, weil ich einfach überhaupt gar keinen Sinn drin gesehen habe, so ein Ding zu besitzen, ehrlich gesagt. Wer will mich denn bitte schön Online sehen, ne? Und dann war das ein Thema, dann kam das auf. Und dann wollte ich eine Webcam haben und dann gab es keine, weil, die waren ja überall ausverkauft.

Thomas Ötinger: Ausverkauft, Wahnsinn.

Markus: Also in allen Läden, die überhaupt noch offen hatten. Am Anfang vom Lockdown waren ja dann auch ganz viele Läden zu. Und Online nur Wartezeiten ohne Ende. Also da habe ich erst mal da alle Winkelzüge gezogen und auch drei, vier Verschiedene ausprobiert, weil, da gibt es halt leider ganz viel Mist aber. Und das ist wirklich ein ganz neuer Bereich. Ja, wie war das für dich, du bist da auch eher so ein Technik-Freak, würde ich so sagen, also du warst bestimmt auch technisch gut aufgestellt? Warst du da vorher schon in dem Thema ein bisschen drin?

Thomas Ötinger: Ja, wir haben natürlich auch viele Sachen auch schon Online gemacht. Also grade weil, unsere Kunden sind ja, ich sage mal, dachweit und da fährst du natürlich nicht für jede Besprechung dann nach Wien oder nach Hamburg, sondern da haben wir schon auch einiges Online gemacht. Wobei jetzt natürlich alles Online ist und ich hoffe natürlich jetzt auch, dass wir wieder mal, wenn wir aus dieser Phase raus können, dann auch mal wieder präsent Leute sieht. Aber du hast einen ganz einen wichtigen Punkt angesprochen, du kannst natürlich auch diese Taktfrequenz, also das heißt, grade so vor Weihnachten, wenn es um Weihnachtsfeiern geht, ich habe oftmals zwei Verkostungen am Abend gehabt. Das war dann auch schon eine sehr, sehr lustige Sache. Das geht natürlich in der realen Welt nicht, weil, da musst du die Gläser und wo ist das Bier und so weiter, das ging natürlich nicht. Und zweiten Punkt, den ich gerne ansprechen würde, ist das Thema Bewertung. Weil, wenn du in Präsenz bist, also du hast dann 20, 30 Leute in der Verkostung, um dann zu sagen: „Ach, würden Sie mich denn bewerten für eine Online-Bewertung, dass man auch draußen sieht, dass das gut war oder dass das toll war“, das kriegt man präsent oftmals ein bisschen schwieriger hin. Nur wenn die alle vorm Rechner sind, dann kannst du sagen: „Hej, Mensch, ich schicke dir jetzt mal ProvenExport-Link. Wenn es dir gefallen hat, würde mich freuen, wenn du mich bewerten würdest.“ Bin immer per Du dann am Monitor, weil, an der Bar bist du auch per Du, dann kann ich auch Online per Du sein an meiner Bar. Und tatsächlich bin ich jetzt zwei Jahre hintereinander zur Top 3 der Event und Entertainer gewählt worden von dieser Bewertungsplattform von ProvenExport: Da hat man aber gesehen, was auch dann möglich ist. Und ich mache das ja nicht im Hauptberuf, sondern das ist ein Hobby von mir. Und da kommst du mit den ganzen Profis, die tagtäglich nix anders machen, bist du unter den Top 3, nur weil du diese Bewertung einfacher einsammeln kannst, als wenn du halt vor Ort bist sozusagen. Und das hat natürlich auch was mit Vermarktung auch zu tun.

Markus: Ich wollte grad sagen, also da schließt sich auch so ein bisschen ein Kreis, weil, ich glaube, das ist für dich auch ein Teil für den Aufbau deiner Marke, oder, dass du sagst, du hast hier diese hohe positive Feedback von Kunden über das Portal und kannst eben damit auch von Vorneherein sagen, das ist Qualität, ne?

Thomas Ötinger: Genau, richtig, absolut. Und das würdetatsächlich auch den Brauern auch sehr, sehr gut stehen, wenn im Prinzip auch die Endverbraucher auch da, wenn sie da Bewertungen einholen würden. Da gibt es natürlich auch ein paar Ideen, wie sie das machen können. Aber wie ist das denn, wenn du jetzt aktuell einen Urlaub auswählst oder du willst irgendwie ein Produkt kaufen, du schaust immer auf die Bewertung. Und es ist für dich als Endverbraucher auch nicht schlimm, wenn da eine schlechte Bewertung mal dabei ist. Weil, da guckst du dann an, okay, ein Stern hat er gegeben und beschwert sich, dass es keinen Kaviar beim Frühstück gibt oder beschwert sich, dass es keine zwei Bäder im Hotelzimmer gibt. Dann kannst du für dich sagen, ja, gut, was für einer, interessiert mich nicht. Die Bewertung kann ich raus nehmen aus meiner Bewertungsriege, weil, ist nicht mein Thema. Und man sollte eigentlich vor diesem Thema gar nicht so viel Angst haben, sondern einfach raus, um zu gucken was passiert. Weil, man kriegt ja auch wichtiges Kunden-Feedback. Also wenn jemand sagt: „Mensch, Online gefällt mir nicht so gut, in Präsenz würde mir besser gefallen. Okay, geht halt nicht grade, grade Pandemie.“ Oder wenn der eine dann sagt: „Mensch, ich hätte gerne das und das Bier oder ich hätte gern noch ein paar Informationen, da war zu wenig Zeit“, dann kann ich das aufnehmen und kann sozusagen mein Produkt auch verbessern an der ein oder anderen Stelle. Und da muss man sich auch nicht ärgern, sondern kann offen auch mit umgehen und sagt: „Okay, danke schön für das Feedback, werde ich bei der nächsten Verkostung berücksichtigen.“

Markus: Ja und ich glaube, da hat sich auch insgesamt im Verbraucherverhalten was verändert und zwar in beide Richtungen. Also man gibt, glaube ich, schneller mal einfach auch ein Feedback. Und auch grade, wenn es mal was Negatives gibt, ist man dann schnell auch mal dabei zu sagen: „Okay, dem haue ich jetzt mal eine rein“ sozusagen. Und dementsprechend und es ist auch so, dass man ganz unterbewusst gar nicht sich dagegen wehren kann. Also selbst, wenn ich jetzt jemand wäre, der sagt: „Mir sind so Bewertungen eigentlich egal,“ dann kriege ich ja trotzdem, wenn ich auf irgendwelchen Online-Plattformen bin, immer irgendwelche Sternchen angezeigt und unterbewusst beeinflussen die mich natürlich. Und sie beeinflussen natürlich auch, was mir überhaupt angezeigt wird, weil natürlich auch so ein Portal wie Amazon oder andere, dann entsprechend ja auch sortieren und die schlechten Bewertungen tauchen dann gar nicht auf. Also insofern ist es, glaube ich, was, mit dem man sich schon auseinandersetzen muss, grade auch als Gastro und grade auch als Brauer, ne.

Thomas Ötinger: Muss, muss, es geht gar nicht anders. Also ich meine, wie wählst du denn eine Gastro mittlerweile aus, wenn du neu bist? Du bist irgendwo unterwegs, willst Sightseeing machen und sagst: „Ach, wollen wir heute Abend Essen gehen“ und dann gehst du auf TripAdvisor oder suchst auf Google, es wird da kaum noch jemand gefragt, ja, nach, was ist denn jetzt die beste Gastronomie für das und das? Und da sind natürlich die Sterne ausschlaggebend, bin ich oben, bin ich unten, interessiert mich das oder interessiert mich das nicht, also. Und das ist beim Bier genauso. Ich meine, grade bei den Beerbirds, die dann auf den ganzen Apps gucken, wie viel Bewertungen hat welches Bier gekriegt? Habe ich es schon getrunken, ja, nein? Also wir haben das ja überall, dieses Thema Bewertung.

Markus: Ja. Ja und vor allem ist eben, so eine schlechte Bewertung kann auch ganz schnell Gift sein. Also merke ich bei mir immer zum Beispiel, wenn ich mir bei Audible meine neuen Hörbücher raussuche, dann ist es oft so, dass so ein Hörbuch, weiß ich, 50, 60 super Bewertungen hat und zwei, drei Leute schreiben irgendwie, ja, Sprecher ist langweilig oder sonst wie. Und das sind dann so Sachen, die bleiben dann bei mir trotzdem hängen und ich suche mir dann vielleicht was anderes raus. Also man muss wirklich da gucken. Ja, wir wollten ja noch über deine Gastro sprechen, das finde ich auch spannend. Vielleicht sprechen wir es erst mal so ein bisschen an, wie sich das entwickelt hat und dann machen wir unser nächstes Bierchen auf. Aber erst mal, wie kommt es dazu, wie bist du in diese Rolle geschlüpft und wie fühlst du dich damit?

Thomas Ötinger: Ja, das ist eine sehr lustige Geschichte, Markus. Ja, also tatsächlich haben wir jetzt im März letzten Jahres eine Gastronomie gekauft, das ist der Dornig, ja, bei Ebensfeld, das ist bei Staffelstein, also mitten im Naturschutzgebiet. Die Gastronomie ist uns angeboten worden und da habe ich gesagt: „Ja, mit Gastronomie haben wir ja eigentlich gar nichts zu tun.“ Und dann waren wir einmal da oben in diesem Naturschutzgebiet und da habe ich gesagt: „Ich brauche diese Location!“ Weil, die ist sensationell, mitten in diesem Naturschutzgebiet, in dieser Natur. Du schaust in den sogenannten Gottesgarten dort runter und natürlich ein Biergarten dabei mit 180 Plätzen. Und da habe ich gesagt: „Komm, wir brauchen sowieso einen Platz für unsere marcapo, für unsere Leute, wo wir auch Seminare zukünftig machen können, wo wir im Prinzip auch Freizeit verbringen können.“ Und das hat diese Gastronomie auch dort hergegeben, weil es zwei Gebäude sind, wo wir jetzt in diesem Herbst jetzt auch umbauen werden, um noch mehr Übernachtungsplätze zu schaffen, um auch den Seminarraum dort zu schaffen. Und dann habe ich gesagt: „Komm, wir machen das jetzt.“ Und, ja, wie die Jungfrau zum Kind, man hat ja ein paar einfache Vorstellungen und vielleicht auch ein paar romantische Vorstellungen, wie Gastronomie funktioniert. Und ich habe im letzten Jahr sehr, sehr viel gelernt, wie Gastronomie funktioniert, auf was man achten muss, was Wege sind, was im Prinzip, wie man mit dem Gast umgehen muss, was er auch braucht. Wir haben also dann was kreiert, eine Marke, wo es um das Thema fränkische Genusskultur geht. Das heißt also, wir haben dann erst mal ausgewählt, welche Zutaten soll es denn überhaupt geben, welche Destillate. Da hast du ja wunderbar geholfen, danke schön, als Edelbrandsommelier …

Markus: Gerne.

Thomas Ötinger: … die richtigen Destillate auszuwählen. Und die wir dann auch jetzt von der Edelobstbrennerei Singer auch dann ausgewählt haben nach deinen Empfehlungen sozusagen. Und das die Wurst auch aus der Region kommt und dass das ein anständiges Fleisch ist da. Aber, nur zu der Metzgerei Reichert, ja, vom Metzgerbräu vielleicht bekannt. Also das Bier haben wir nicht vom Metzgerbräu, aber seinen Schinken, den Kochschinken, den Zwetschgenbames und den Landschinken, und die Metzgerei Strauß. Also das sind alles Familienunternehmen und genau um das ging es uns aber auch, diese Familienunternehmen auch so ein bisschen zu feiern. Weil, die machen anständige Sachen, aber die haben keine Plattform, um ihre Produkte also so richtig auch gut zu vermarkten. Und da war auch so dieser Vermarktungsgedanke auch wieder dahinter. Oder den Käse, wo wir dann sagen: „Okay, bei der Hofkäserei Schmitt holen wir den“ oder den Brot, der kommt halt vom Schauer, von der Hofbäckerei. Also solche Themen, die wir dann spielen wollten, um auch denen, ja, wie gesagt, diese Plattform zu geben. Und der zweite Schritt war zu sagen, okay, wie schaffen wir eigentlich, da geht es auch um das Thema Natur, wie schaffen wir es, ein Beispiel zu geben, wie auch fränkische Gastronomie, die ja sehr, sehr fleischlastig ist und deftig ist und, ja und oftmals auch mit Zusatzstoffen gekocht wird, weil es einfach günstig sein muss, wie kriegen wir da einen Wandel hin und ein Beispiel vor allem? Deshalb habe wir auch sehr viele vegetarische und vegane Gerichte gleich von Anfang an mit auf die Karte gegeben. Ich muss allerdings sagen, ich habe mich nicht getraut, noch mehr davon drauf zu nehmen. Aber siehe da, am Ende eines Sommers ist es so, dass tatsächlich 30 Prozent des kompletten Umsatzes, also im Essenbereich, vegan oder vegetarisch war. Und dadurch haben wir natürlich auch eine andere Zielgruppe auch da oben, die auch so ein bisschen auch bewusster auch dann isst. Und, genau, das war also so die Idee, wie feiern wir diese fränkische Genusskultur, weil wir bei marcapo tatsächlich in der Geschäftsleitung, wir haben einen Franken und zwei Badener da drin, die aber ihre Heimat hier gefunden haben. Und da wollten wir im Prinzip einen Teil auch zurückgeben, um diese Genusskultur auch aufrechtzuerhalten, weil, grade stirbt auch sehr, sehr viel. Ja, so kamen wir dann wie die Jungfrau zum Kind hin. Und so haben wir da jetzt auch eine Gastronomin oben angestellt, eine wunderbare Köchin, ein junge Köchin, die sich da auch austoben kann, und auch die Leute, die das operativ betreiben. Und wir bleiben aktuell im Hintergrund, führen strategisch mit, mit unseren Ideen und Gedanken. Und, ja, vor allen Dingen, jetzt steht halt der große Umbau an, jetzt im Herbst diesen Jahres, wenn die Behörden alles, ja, ich sage mal, bestätigt haben. Die Naturschützer haben auch schon, ich sage mal, das fast Go gegeben, dass wir dürfen, der Bürgermeister auch. Und jetzt geht es dann da drum, dass zu unserem Ort zu machen und so dieses, auch das Architektonische, was wir gerne hätten und, ja, ich sage mal, die eigenen Ideen auch umzusetzen, genau.

Markus: Warst du dann auch schon mal selber hinterm Zapfhahn und was war das für eine Erfahrung für dich?

Thomas Ötinger: Tatsächlich! Den Bockbieranstich lasse ich mir natürlich nicht nehmen, da war ich dieses Jahr auch hinter dem Zapfhahn. Und ich glaube, wenn jetzt umgebaut ist, werde ich öfter mal auch hinterm Zapfhahn stehen und will natürlich dort oben dann auch Biersommelier-Verkostungen auch dann anbieten. Das ist natürlich auch so eine Idee und auch den Genuss auch da voranzuschreiben. Und zum Thema Erfahrung, wow, das ist ein harter, harter Job, muss man wirklich auch sagen, mit viel Spaß. Also ich kann diese Faszination Gastronomie, also hinter der Theke zu stehen, sehr, sehr gut nachvollziehen, die macht durchaus süchtig, aber man merkt am Ende des Abends, was hat man auch alles getan, ja.

Markus: Ja, man ist ja wirklich mit Leib und Seele dabei. Ich habe das auch viele, viele, viele Jahre gemacht als Nebenjob im Studium und später auch noch und so. Weil, du bist ja, entweder redest du mit Leuten oder du machst irgendwelche Biere oder du rennst in den Keller, schließt neue Fässer an oder musst die anderen koordinieren oder bist am Telefon. Also ist eigentlich immer irgendwas los und du kriegst das gar nicht so mit, weil du die ganze Zeit in Action bist und abends fällst du dann so in dich zusammen. Und das ist schon immer eine krasse Geschichte, da habe ich auch immer ganz viel Hochachtung, muss ich sagen, vor dem Personal in der Gastronomie.

Thomas Ötinger: Absolut, absolut.

Markus: Eine Frage noch, der Laden heißt Der Dornig, Das Dornig, was hat es damit eigentlich auf sich?

Thomas Ötinger: Der Laden heißt dein Dornig, ja, also auch die Adresse ist www.dein-dornig.de. Dornig ist tatsächlich der Berg, auf dem die Gastronomie steht, so heißt der. Also ist zwischen Staffelberg und Veitsberg, das ist also der Berg dazwischen sozusagen. Und Dein, weil wir im Prinzip dieser Region diesen Platz wieder zurückgeben wollten, das war, also deshalb dieses Dein davor. Und weil wir tatsächlich in der Vorbereitung des Ganzen mit ganz vielen Leuten, natürlich mit den Brauern und mit den Lieferanten für die Lebensmittel gesprochen haben und jeder hatte so seine eigene Geschichte zu dieser Gastronomie. Viele sind am Sonntag dort hochgewandert, als sie kleine Mädchen oder kleiner Junge waren. Die haben dort viele, ja, ich sage mal, auch Feste dort oben gefeiert, also weil, das war vorher ein Naturfreundehaus, wie die dann das Johannifeuer gemacht haben und so weiter, jeder hatte da aus der Region eine Erinnerung, wo er da oben war. Und es war halt totale Unterstützung auch, ja, das wäre schön, wenn das richtig wieder belebt wird und eine anständige Gastronomie da drauf kommt und so weiter. Und dann war relativ klar, dass wir diesen Ort, einfach sagen: „Okay, der heißt Dein.“ Also weil, das ist nicht unser, sondern das ist, wenn du kommst, ist das dein Ort, weil, du hast ja auch damit eine große, große Geschichte. Und das fanden wir sehr, sehr faszinierend auch immer.

Markus: Ja, ist ja auch ein sehr emotionsgeladener Ort, grade auch für die Franken. Also man darf ja nicht vergessen, Staffelberg als einer der beiden heiligen Berge sozusagen für die Franken, neben dem Walberla und auch der Veitsberg mit der Kapelle oben, ganz, ganz toller Ort auch. Und wenn man so ein bisschen dahinter dann guckt, der Veit ist ja eigentlich der Vitus, einer der 14 Nothelfer und dann hat man ja …

Thomas Ötinger: Genau.

Markus: … die Nothelfer, 14 Heilige wieder, die die Walfahrtsbasilika und auch eine ganz tolle Brauerei prunkt da oben, die den Nothelfertrunk macht. Was ich auch nach wie vor marketingmäßig sensationell finde, wenn man so heißt als Familie und das dann dementsprechend umsetzt. Also wirklich eine ganz spannende Geschichte. Apropos, jetzt ist es, glaube ich, noch Zeit für die Frankenmagie würde …

Thomas Ötinger: Unbedingt!

Markus: … sagen.

Thomas Ötinger: Jawohl.

Markus: Magst du die mal verkosten?

Thomas Ötinger: Die mag ich mal verkosten.

Markus: Jetzt musst du dich mal beeilen.

Thomas Ötinger: unv. #00:46:12-6#

Markus: Es drängt sich hier so auf.

Thomas Ötinger: Das drängt sich auf, sehr gut. Ja, wunderschön, ah, Mensch! Ja, wenn ich hier in das Glas so reinschaue, da haben wir eine schöne, schöne, ja, schöne dunkelbraune Farbe. Also tatsächlich nicht schwarz, sondern eher so dunkelbraun mit schönen Einschüssen, mit so roten Einschüssen, schöne Farbe im Glas. Auch klar, also bei mir ist keine Trübheit drin.

Markus: Da könnte man ganz kurz in Klammern sagen, das hätte gestern dem ein oder anderen Bier auch gut gestanden, diese Farbe.

Thomas Ötinger: Da hast du wohl Recht, ja, das stimmt. Ja, also wenn man es jetzt mit einem Wet Ale vergleicht, ist es zu dunkel geraten sozusagen, mit dem Wet Ale, genau. Wir haben einen schönen festen Schaum drauf, schön feinporig, tatsächlich nicht gefärbt. Also es ist, ja, ja, gefärbt schon, also eine dunklere Farbe, ist nicht ganz porentief weiß. Und jetzt nehme ich mal eine Nase voll, was wir da haben. Ja, also wir haben auf jeden Fall schöne, schöne Rostaromen, die wir in der Nase haben. Ja, auch ein bisschen Kaffee, ein bisschen dunkle Schokolade, so wie es sich für ein dunkles Bier auch gehört. Und tatsächlich auch ein bisschen eine fruchtige Note, die wir in der Nase haben, das kommt durch die Hopfung. Ja, das habe ich in der Nase. Hast du noch was anderes, Markus?

Markus: Nee, ich muss zugeben, ich habe schon getrunken.

Thomas Ötinger: Okay, da warst du ein bisschen schneller.

Markus: Ich konnte nicht, ich konnte einfach nicht.

Thomas Ötinger: Ja, ich weiß, du magst ja auch gerne die dunklen Biere.

Markus: Ich bin ein großer Liebhaber dieser Art von Bier. Also vielleicht, wenn ich nochmal rein reiche, also, ja, klar, Röstaromen, Karamell, vielleicht so ein bisschen Kirsche vielleicht, so dunkle süße Kirsche.

Thomas Ötinger: Dunkel, ja, ja.

Markus: Aber ganz, ganz schönes Bier, also das macht richtig Lust.

Thomas Ötinger: Ja, dann nehmen wir mal den ersten Schluck.

Markus: Oder den Zweiten, ja.

Thomas Ötinger: Ja und im Prinzip, genau, das ist ein sehr, sehr schönen Malzkörper durch das, ja, viele Malz, was da auch hier verwendet wird. Auch die dunklen Malzaromen, die kommen. Ja, eigentlich das, was in der Nase ist, hat man auch tatsächlich auf der Zunge, die schönen Röstnoten, Kaffee, Espresso, dunkle Schokolade. Auch eine leichte, ich sage mal, dunkle Fruchtnote haben wir mit dabei und im Abgang tatsächlich nur leichte Bittere von den Rösten, also vom Röstmalz, wenig vom Hopfen, nur ein kleinbisschen davon, sodass das tatsächlich ein Bier ist, was man auch sehr, sehr schön über den Abend hinweg trinken auch und auch davon ein bisschen mehr trinken kann. Allerdings hat es auch 6,6 Prozent. Und das heißt also, da muss man ein bisschen aufpassen, dass man nicht so viel davon erwischt, genau.

Markus: Ja. Nee, ich finde auch, es hat zum Beispiel ein bisschen Lakritznoten auch. Also wirklich ein tolles Bier. Auch so hinten raus ist es vom Nachgang, Abgang her so, dass es schön wieder erfrischt, also man ist wirklich dann immer gleich wieder bereit für den nächsten Schluck. Viele dunkle Biere sind ja so, dass sie einen eher sattmachen.

Thomas Ötinger: Ja.

Markus: Das ist hier nicht so der Fall. Und, ja, es heißt ja, Frankenmagie und hinter Magie steckt natürlich auch immer was Geheimnisvolles und vielleicht auch was Verbotenes irgendwie dabei. Und wenn ich jetzt so den langläufigen Franken fragen würde, was geht beim Bier gar nicht, dann würden ganz viele sagen: „Also gar nicht geht mischen!“ Aber, dieses Bier ist ein gemischtes Bier. Wie kommt es denn da dazu?

Thomas Ötinger: Ja, das war auch eine sehr, sehr spannende Story. Ich habe dann mit Karl-Heinz besprochen, ich will ein dunkles Bier und gerne so ein bisschen mit einer Kalthopfung, wo wir vielleicht also diese dunklen, ja, beerigen Aromen noch mit reinkriegen, sodass es interessanter wird als ein normales Dunkles. Und da hat der Karl-Heinz gesagt: „Das geht nicht, das machen wir nicht, das ist Quatsch.“ Und da habe ich gesagt: „Ja, aber warum? Also wir können wir es denn machen, dass wir was Besonderes hinkriegen?“ Da sagt er: „Naja, also was ich schon immer mal ausprobieren wollte, das darf man zwar nicht, aber ich würde gern das einfach mal mischen und dann noch mit einer Hopfung veredeln.“ Und da sage ich: „Ja, mischen?“ Und er sagt: „Das darf man nicht sagen, das macht man nicht! So wie du es eben gesagt hast, also mischen tun wir gar nix.“ Und ich sage: „Welches, was würdest du denn mischen?“ Und er sagt: „Ja, das Dunkle und unseren Mega-Doppelbock.“ Und sind beide ganz hervorragende Biere. Und da hat er gesagt: „Und dann nochmal ein bisschen vergären und dann nochmal mit Hopfen?“ Ja, genau, sodass es nochmal eine andere Note kriegt. Und da habe ich gesagt: „Gut, also jetzt vermarktungstechnisch schreiben wir nicht drauf, dass es zusammengemischt ist vom Dunklen mit einem Doppelbock, sondern es ist ein Cuvée.“ Weil, das ist auch was ganz Normales, was man auch in der Weinwelt macht. Und ich finde, es ist eine sehr, sehr schöne Sache, die da draus geworden ist, also das leichtere Dunkel mit dem sehr, sehr Heftigen vom Alkohol her, mit dem Doppelbock hier zusammenzubringen und es gibt irgendwie ein ganz neues Getränk. Und, ja und er war dann auch einverstanden, dass wir es Cuvée nennen und nicht Zusammengemischtes, der Karl-Heinz.

Markus: Ja, das war sicherlich sinnvoll, weil, sonst hätten einige Leute echt Angst bekommen. Aber, man muss ja sagen, also Erstens, man schmeckt es nicht. Also es schmeckt unheimlich rund, unheimlich schön harmonisch, als wäre es schon immer so gewesen.

Thomas Ötinger: Absolut.

Markus: Und Zweitens, muss ich sagen, dass ja andere Bierkulturen, für die ist das ja völlig normal. Also wenn du nach Tschechien gehst zum Beispiel, da ist es ganz normal, da gibt es ein Dunkles und ein helles und es gibt halt die Mischung. Oder wenn man nach Belgien geht, die ganzen Sauerbiere, das sind alles Blends oder Cuvées, weil man ja in der Regel eben für eine Geuze verschiedene Lambics, teilweise gar verschiedener Jahrgänge, verschneidet, …

Thomas Ötinger: So ist das, ja.

Markus: … um dann eben da am Ende zu seinem Ergebnis zu kommen. Also insofern ist das ganz unv. #00:51:48-5#

Thomas Ötinger: Und gelinde gesagt, in Deutschland wird es ja auch gemacht. Also wenn mehrere Sude gebraut werden und gelagert werden, um dann ein Grant, wenn man was Besonderes haben will. Grade bei fassgereiften Bieren wird das ja auch durchaus gemacht, ja.

Markus: Ja und früher in den Zeiten, so als die Kellerbiere so noch normal waren, vor dem ganz modernen Brauen, war es ja auch so, dass jeder Sud normalerweise immer etwas anders war als der Nächste. Und da haben die sich immer dieser Methode bedient, dass eben, wenn der eine Sud kurz vorm Ende war, dann hat man so ein spezielles Teil in der Brauerei gehabt, einen sogenannten Verschneidbock. Und den hat man dann zwischen den alten und den neuen Sud gesteckt und hat dann so ab dem Ende des alten Sudes, nach und nach immer ein bisschen mehr vom neuen Sud dazu gemischt. Sodass dann die Leute, die am Tresen saßen und praktisch so eine Halbe nach der anderen in sich hinein gekippt haben, dass die so diesen sanften Übergang überhaupt nicht mitbekommen haben. Und dann weben nach, was weiß ich, 20, 30 Litern oder 40, war dann der Übergang geschafft und dann hat man halt den neuen Sud getrunken und keiner hat gemerkt, dass das ein anderes Bier ist quasi. Also insofern, eigentlich eine ganz alte Geschichte, aber hier natürlich ganz schön. Ja und Frankenmagie, gibt es einen Grund, warum du das Magie genannt hast?

Thomas Ötinger: Also Magie also hat ja auch tatsächlich was mit diesem Verschneiden zu tun gehabt. Dass man es halt nicht tun darf und manchmal darf man ja Magie auch nicht tun und deshalb halt kam diese Frankenmagie als Name auf. Und, ja, das Dunkle hat ja auch immer was mit diesem Thema magisch auch zu tun, genau.

Markus: Ja. Na gut, da habe ich es ja sogar richtig assoziiert.

Thomas Ötinger: Absolut, absolut, genau.

Markus: Also und dann muss man hier natürlich auch wieder unseren Hörern nicht das Foodpairing vorenthalten. Da gibt es hier als Vorspeise das Rindercarpaccio, dann gibt es als Hauptspeise gegrilltes Geflügel mit aromatischem Gemüse. Und als Nachspeise ein Stück schwere Torte oder dunkle Schokolade.

Thomas Ötinger: Genau.

Markus: Habt ihr das auch mal ausprobiert, diese Foodpairings?

Thomas Ötinger: Also nicht alle davon, aber natürlich die dunkle Schokolade und das haben wir natürlich ausprobiert. Grade den Nachtisch und die Hauptspeise habe ich auch ausprobiert, genau.

Markus: Was ist denn eine schwere Torte?

Thomas Ötinger: Schwere Torte wäre also so eine Schokoladentorte, also die so richtig schokoladige Aromen, Röstaromen hat. Also nach einem Stückchen du richtig satt bist, das wäre für mich eine schwere Torte. Also jetzt keine Sahnetorte.

Markus: Ja, das stimmt. Aber das passt auf jeden Fall sehr, sehr gut zu diesem Bier, wunderbar. Ich habe noch eine Sache, die mir aufgefallen ist, die ich gerne mal ausprobieren würde. Und zwar habe ich auf deiner marcapo-Seite gesehen, ihr habt so sechs Werte, für die ihr steht.

Thomas Ötinger: Ja.

Markus: Und ich habe mir gedacht, wir könnten doch mal versuchen, kurz diese sechs Werte anzusprechen und zu überlegen, was könnte man da in die Bierwelt übertragen oder auch in die Biersommelierwelt, je nachdem, kann natürlich beide sein. Fände ich mal ganz interessant, also wir können ja mit dem Ersten anfangen, das steht Pioniergeist. Was kann sich die Brauwelt, die Bierwelt, die Sommelierwelt daraus her ableiten?

Thomas Ötinger: Also Pioniergeist heißt uns bei marcapo und natürlich auch für die Brauwelt, offen zu sein für neue Dinge, ja. Also auch die Chancen im Leben zu nutzen und die auch vor allen Dingen anzugehen. Also nicht nur zu sehen, sondern auch umzusetzen, anzugehen, um es dann ich die, ja, in die Realität zu bringen. Das ist für mich Pioniergeist, auch wenn der Weg noch nicht beschritten ist, ja, sowas wie ein Cuvée von einem Dunklen oder einem Doppelbock zu machen.

Markus: Da gehört auch ein bisschen Mut dazu und ein bisschen sich einlassen können, oder?

Thomas Ötinger: Genau, richtig und die Offenheit auch, ja.

Markus: Und das ist doch was, was es in der Brauwelt mittlerweile, glaube ich, gibt. Also das war lange Zeit …

Thomas Ötinger: Absolut.

Markus: … nicht so, aber da hat sich viel getan. Ja, der zweite Punkt ist dann Verbindlichkeit. Was ist da für einen Brauer oder Biersommelier wichtig?

Thomas Ötinger: Ja, Verbindlichkeit steht in meiner Welt tatsächlich da drum, das, wenn ich was sage, dass es auch so gemacht wird. Und das ist ja mittlerweile, ich glaube auch, dass dieser Wert dieses Land auch nach vorne gebracht hat und mittlerweile bröckelt dieser Wert auch in unserer Gesellschaft. Und man kann ja jetzt mittlerweile alles absagen, weil man, ich sage mal, ein bisschen Schnupfen und ein bisschen das und ein bisschen hier. Also das heißt, diese Verbindlichkeit, wenn ich was sage, das auch dann tun. Und wenn ich es nicht schaffe, dass ich frühzeitig Bescheid gebe, dass ich vielleicht noch zwei oder drei Tage länger dafür brauche. Also das heißt, diese Verbindlichkeit, wo Menschen miteinander auch dann, ja, zusammen sind. Ja, es nutzt mir nix, wenn ich was brauche am Montag und ich kriege es Montag in 14 Tagen, da ist es vielleicht nicht mehr, ja, nicht mehr zeitgerecht. Und Verbindlichkeit in der Brauwelt ist tatsächlich auch, dass das, was ich verspreche, auch im Bier drin ist, ja. Also dass ich verbindlich auch einen anständigen Brauprozess habe, das die Geschmäcker, die beschrieben sind, auch da drin sind. Und dass ich auch weiß, dass dieser Brauer auch nächste Woche noch da ist, das ist für mich verbindlich.

Markus: Das stimmt, ja. Na, da schwingen überhaupt viele alte Werte für mich mit. Und ich …

Thomas Ötinger: Ganz viele alte Werte, ja.

Markus: … muss sagen, ja und mich berührt es auch ein bisschen, muss ich sagen. Weil, wenn ich überlege, ich bin jetzt seit 1997 selbstständig und ich habe in dieser ganzen Zeit, glaube ich, drei- oder viermal für irgendwas einen Vertrag gemacht und ansonsten waren das eigentlich immer, in Franken würde man sagen, Handschlaggeschäfte und es hat auch bisher immer funktioniert. Und war jetzt auch zum Beispiel während dieser ganzen Online-Testing-Geschichte, das ist ja durchaus so eine Nummer, irgendeine Firma schickt eine E-Mail, wir würden gern ein Testing machen. Dann kriegst du, was weiß ich, 50, 100 Adressen, schickst irgendwelche Bierpakete dahin, gehst also doch erheblich in Vorleistung, bereitest dich da vor, irgendwann schreibst du mal eine Rechnung, irgendwann kommt dann mal Geld. Da hat es auch ganz viel mit Vertrauen und Zuverlässigkeit zu tun. Wie hast du das erlebt, gehst du da anders damit um, machst du da mehr Verträge?

Thomas Ötinger: Nee, ich mache gar keinen Vertrag. Also für Biersommelier-Verkostung ist genau derselbe Ablauf, den du auch sagst. Ich bin verbindlich, da gehe ich davon aus, dass der andere verbindlich ist. Und ohne Vertrauen geht es ja sowieso nicht.

Markus: Ja.

Thomas Ötinger: Und genauso tue ich das auch, ja.

Markus: Aber es ist schon spannend, also ich habe mir da schon ein paar Mal Gedanken gemacht. Also da geht es ja manchmal doch auch um ordentliche vierstellige Beträge und …

Thomas Ötinger: Ja.

Markus: … wenn man sagt, okay, man hat ja sich noch nie im Leben gesehen, man hatte irgendwie per E-Mail Kontakt, drei-, viermal, aber da darauf dann doch sowas basieren kann, finde ich irgendwie auch wieder ganz schön. Also selbst über Ländergrenzen hinweg, wo dann …

Thomas Ötinger: Absolut.

Markus: … ich jetzt zum Beispiel auch mit englischen Firmen ein paar Mal so ein Thema hatte, dass das dann mit dem Überweisen nicht so geklappt hat und trotzdem haben die sich da bemüht. Die hätten ja auch irgendwann sagen können, du kannst mich mal. Insofern, das ist schon, muss ich wirklich sagen, da, ja, also Verbindlichkeit ist schon auch ein wichtiger Punkt. Der Nächste ist Offenheit.

Thomas Ötinger: Ja, also offen, was wir auch vorhin schon hatten, also offen sein mit den Dingen, die da passieren. Die Chancen zu sehen und nicht zu sagen, das haben wir schon immer so gemacht, sondern sich auch erst mal anzuhören, was denn besser gemacht werden könnte oder die Ideen auch, ja, also mal auch offen anzugehen und nicht schon die Scheuklappen aufzuhaben, das heißt für mich Offenheit. Und das hat auch natürlich sehr, sehr viel mit der Brauwelt zu tun. Und ich sage mal so, Anfang 2000 hätte ich gesagt, die sind nicht offen, aber mittlerweile, auch hier bei uns in der fränkischen Region, sind sehr, sehr viele offen für Dinge auszuprobieren, mal einen anderen Weg zu gehen sozusagen.

Markus: Ja, also ich denke da zum Beispiel auch viel an dieses Generationenübergabethema, wo ich doch erlebt habe, sagen wir mal so Ende der 90er-, Anfang der 00er-Jahre, wo es doch noch so war, dass, wenn die Nachfolger in der Bierwelt da mit ihren Senioren in Diskussionen eingestiegen sind, das es dann wirklich so war, das eigentlich von der älteren Generation eher wenig Offenheit für irgendwelche neuen Ideen oder so. Sondern da waren die Jungen, habe es entweder so übernommen oder gemacht, wie die Alten das gewollt haben oder es gab halt keine Übergabe.

Thomas Ötinger: Ja, klar.

Markus: Und das ist, glaube ich, jetzt auch ein bisschen anders. Also die Jungen werden eher einbezogen, sie kriegen ein bisschen mehr Freiheiten und können, glaube ich, dann auch eher das als Ihres verstehen, was ja irgendwie auch wichtig ist, ne?

Thomas Ötinger: Absolut.

Markus: Ja, dann kommen wir zum Nächsten. Das ist spannend, da steht Erfolg. Also natürlich ist Erfolg ein wichtiger Punkt, aber wie kann man das für sich nutzen als Brauer, als Sommelier?

Thomas Ötinger: Ja, dass du im Prinzip den Erfolg im Blick hast. Also nicht Dinge zu tun, weil man sie grade tun möchte, sondern auch immer zu fragen, bringt es das, wo ich hin möchte? Also ist, diese Schritte, die ich grade tue, zahlt es auf das aus, was ich mir als Ziel gesetzt habe? Das bedeutet für mich also erfolgreich auch handeln, nicht nur zu sagen, Erfolg haben, das ist ja der Schluss da draus. Aber in seinem täglichen Tun, da macht man viele Dinge, die vielleicht gar nicht für den Erfolg einzahlen, sondern weil man sie schon immer gemacht hat. Diese auch zu überprüfen und zu sagen, auch wenn man neue Schritte macht, machen die mir jetzt nur Spaß oder muss das grade gemacht werden oder hilft das, erfolgreich am Ende zu sein? Also erfolgreich heißt ja, das Ziel, was man sich gesteckt hat, dann auch zu erreichen.

Markus: Ja, ich glaube auch, dass es viel zu oft nur mit dem rein finanziellen Aspekt gleichgesetzt wird, sondern, Erfolg kann ja an ganz vielen Ecken und Enden da sein. Also das kann …

Thomas Ötinger: Genau.

Markus: … im Marketing sein, das kann aber auch zum Beispiel in Sachen Nachhaltigkeit sein. Oder auch einfach der persönliche Erfolg, zu sagen, mein Erfolg ist jetzt, ich habe mal einen halben Tag frei oder so. Also wirklich, das auch ein bisschen anders zu definieren und dafür aber sich auch eine Belohnung beschaffen. Also wenn man sich eben kleine Erfolgsschritte vorgibt und sich dann auch freut, wenn man die erreicht hat, dann ist es, glaube ich, was, wo man ein bisschen glücklicher und zufriedener auch durch sein Leben so geht, ne?

Thomas Ötinger: Genau. Also und mir ist ganz wichtig, es hat nicht nur was mit monetären Erfolg zu tun, sondern wirklich auch, also die Ziele, die man tatsächlich hat. Das können natürlich auch monetäre Ziele sein, das können aber vor allen Dingen also Markenziele sein oder, ja, wie du sagst, okay, wir wollen das und das und das Fest feiern, dafür müssen wir aber das und das vorher tun, damit das erreicht werden kann. Oder das vielleicht auch das Bier auch funktioniert oder in die Sachen reinkommen, in den Handel reinkommen. Ja und wenn es dann da ist, hat es erst mal noch gar nix mit dem monetären Erfolg zu tun, sondern erst mal, dass man es geschafft hat, ja und das zu überprüfen. Und das auch die Schritte, die man täglich tut, und das ist oftmals eine ganz große Aufgabe, weil man täglich in seinem operativen Tun ja nicht immer in der Metaposition ist, um drauf zu gucken, hat das denn alles mit den Zielen zu tun, die dann erfolgreich, ja, erlangt werden können?

Markus: Ja und oft bedingt ja auch das eine das andere. Also wenn ich in diesen vielen Schritten irgendwie für mich erfolgreich bin, dann schlägt es sich ja meistens am Ende des Tages auch in einem gewissen wirtschaftlichen Erfolg nieder.

Thomas Ötinger: Absolut, ja.

Markus: Und dann kommen die Dinge ja wieder zusammen.

Thomas Ötinger: ja.

Markus: Ja, das führt uns auch mehr oder weniger zum nächsten Punkt. Den finde ich auch ganz spannend, das sind nämlich die Möglichmacher. Und das erinnert mich total an eine Diskussion, die ich immer in der Gastronomie habe. Also zum Beispiel gibt es in Bamberg, oder gibt es jetzt nicht mehr, deswegen kann ich es jetzt ganz offen ansprechen, gab es eine Gastronomie, die Brudermühle, die Bischofsmühle, Entschuldigung, die Brudermühle gibt es natürlich noch. Also die Bischofsmühle und dort war ich öfters zum Essen und dann wollte ich da Nachtisch haben. Und dann hieß es, ja, wir haben drei Kugeln Vanilleeis. Dann habe ich gesagt: „Naja, das ist mir jetzt zu viel, ich hätte gern eine Kugel.“ Und dann sagen die: „Gibt es nicht“, so in klassischer fränkischer Art. Und dann habe ich gesagt: „Ich zahle Ihnen von mir aus auch die drei Kugeln, aber ich hätte gerne nur eine.“ Machen wir nicht! Und das ist auch so ein Punkt, wo ich einfach sage, grade bei den Gastronomen, die ich auch berate oder bei den Brauern, im Grunde geht es nie darum, ob etwas geht, sondern nur darum, welchen Preis das hat. Ne, weil letzten Endes kann ich es ja da drüber genauso steuern. Wenn ich jetzt in einem thailändischen Restaurant bin und jemand will eine Pizza, dann sage ich: „Naja, kostet halt 200 Euro“, dann regelt sich das auch von alleine, also jetzt mal radikal gesagt. Wie siehst du denn dieses Thema, möglich machen?

Thomas Ötinger: Ja, das hat leider so zwei Seiten der Medaille. Also ich sehe das einmal, was du erzählt hast, zu sagen, okay, was kann ich dem Kunden, ich bin der Möglichmacher, dass ich seine Wünsche auch, ja, befriedige, das ist das eine. Hat aber auch die negative Seite, dass ich mich verbiege, also um alles möglich zu machen. Und für uns ist das Thema möglich machen, wir machen tatsächlich an der Stelle lokale Markenführung überhaupt erst für große Marken möglich. Also das und vor allen Dingen auch das Thema einfach, das es auch benutzt wird und genutzt und erfolgreich auch genutzt wird. Das ist also dieser Möglichmacher auf dieser positiven Seite, Und tatsächlich muss man ein bisschen aufpassen, dass der Möglichmacher nicht dazu genutzt wird, ich kann jeden Scheiß bei dir bekommen. Und da gehört jetzt nicht die eine Kugel Eis dazu, sondern wenn die jetzt anfragen, keine Ahnung, könntest du mir noch Lakritzschnecken da rein machen und könntest du mir das, dann kann man das natürlich über den Preis regeln oder zu sagen: „Hej, hör mal zu, hm, das macht doch gar keinen Sinn.“ Also das heißt auch, nicht alles möglich machen, sondern auch zu beraten, was denn auch Sinn haben kann, was vielleicht auch …

Markus: Ja, da kommt natürlich auch dann die Kommunikation einfach mit ins Spiel. Also …

Thomas Ötinger: Exakt, genau.

Markus: … man muss ja auch nicht sagen, nein!

Thomas Ötinger: Genau, das ist so eine Kommunikation.

Markus: Genau, kann man ja auch …

Thomas Ötinger: Das wäre tatsächlich auch bei uns im Unternehmen, haben wir grade in der Anfangsphase, war das, ich mache alles, was der Kunde will, ich mache ihm das alles möglich. Das ist damit nicht gemeint, sondern, generell ja, aber, es muss auch Sinn machen. Und wenn es nicht Sinn macht, dann muss ich auch mit ihm kommunizieren, dass es richtig möglich gemacht wird, also das, was er will, auch eine richtige Möglichkeit bekommt, ja.

Markus: Gut, dann kommen wir zum letzten Punkt. Da bin ich auch gespannt, aber ich glaube, das ist etwas, was im wahrsten Sinne des Wortes naheliegend ist, da geht es nämlich um die Nähe.

Thomas Ötinger: Ja, die Nähe. Ja, Menschen und Menschen machen miteinander Geschäfte und Mitarbeiter mit Mitarbeitern oder Leute mit Leuten und genau da ging es um die Nähe. Und die ist natürlich jetzt in den letzten Jahren auch sehr, sehr stark mit den Füßen getreten worden. Deshalb bin ich so froh, dass ich diese Online-Bierverkostung gefunden habe und auch Nähe zu haben zu meinen Kunden, zu meinen Interessenten und dieses, ja, Mensch mit Mensch sozusagen zu haben. Und das ist für uns ein ganz, ganz wichtiger Wert! Wir sind nicht steril, sondern da darf es auch Menschen und genauso muss es auch in der Gastronomie menscheln und da muss es auch irgendwie dieses Gefühl der Gastfreundlichkeit, ich bin willkommen. Dass ist das, was ich für die Gastronomie oder auch für die Bierbrauer sehe, also komme ich nah hin an den Menschen? Also mache ich die Scheuklappen auf und erkenne ich, was ist das denn für ein Brauer? Also ich muss mich nicht hinterm Braukessel, ja, verstecken, sondern auch zu sagen: „Ja, das habe ich mir dabei gedacht, deshalb ist das Bier so geworden“ und so weiter. Also auch sich auch zu zeigen, um auch Nähe zu ermöglichen. Weil, nur wenn ich das Visier aufmache von meiner Rüstung, dann kann ich auch Nähe zulassen sozusagen.

Markus: Ja und beim Bier ist das ja auch irgendwie eingebaut, würde ich sagen, systemimmanent oder so. Also Nähe, …

Thomas Ötinger: Genau.

Markus: … Bier bringt Menschen zusammen. Der Holger sagt immer: „Come togehter.“ Und …

Thomas Ötinger: Absolut.

Markus: … ich muss nur an meinen Postboten denken, der arme Kerl, der mir ja immer diese ganzen Bierpakete bringt. Und dem habe ich dann irgendwann kurz vor Weihnachten einfach das Bierpaket aufgemacht und ihm einfach zwei Flaschen in die Hand gedrückt. Und da hat der gelächelt wie ein Schnitzel oder zwei. Also da merkt man einfach, das ist einfach, Bier ist immer was, was Nähe erzeugen kann und wo Leute sich auch freuen und …

Thomas Ötinger: Ich glaube, deshalb ist auch das Thema Bier bei uns in der marcapo-Marke auch tatsächlich relativ schnell auch angekommen, weil das genau dieses Thema Nähe sehr, sehr gut spielt. Also bei uns ist es jetzt auch so, wir überlegen grade, wie kriegen wir die Leute jetzt auch wieder aus dem Homeoffice zu uns ab und zu rein, ja? Also die sind frei, die dürfen auch weiter im Homeoffice bleiben, aber wir merken, das Thema Nähe wird dadurch sehr mit Füßen getreten. Weil, wenn ich nur Videokonferenzen mache, ich Nähe nur schwieriger aufbauen kann, wie wenn Mensch zu Mensch vor Ort sind und ich mir in die Augen schauen kann. Und da bauen wir halt grade halt Events auf, wo wir sagen: „Komm, also die Abteilung da, die Abteilung da oder das Team da.“ Wo es dann auch mal ein Bier gibt, wo es dann auch was zu essen gibt, wo es dann auch einen fachlichen Vortrag gibt, um wieder Nähe unter den Mitarbeitern auch zu kriegen und auch zu wissen, wo die grade stehen. Aber ich glaube, das ist auch ein Wert, der, ja, vielleicht auch sehr traditionell ist, ja.

Markus: Ja und das ist aber, wie du schon sagst, glaube ich, jetzt wirklich eine Herausforderung, auch für viele Firmen, aber überhaupt für viele Menschen aus dieser Zeit der Isolation, Selbstisolation, des Rückzugs, der Vorsicht, dass man sich nicht mehr umarmt, dass man, wenn überhaupt, nur noch winkt oder so, …

Thomas Ötinger: Ja.

Markus: … da irgendwie wieder zurückzufinden zu mehr Menschlichkeit und zu mehr Nähe. Weil es schon einfach was anderes ist, wenn ich andere Menschen auch erfahren kann im Gegenüber, auch in der Umarmung miteinander, dann habe ich zu denen natürlich eine ganz andere Beziehung. Und das ist natürlich was, wenn dieses Homeoffice irgendwie auch bleibt, dann ändert sich ja auch die Aufgabe von so einer Firma. Dann ist sie vielleicht weniger Arbeitsplatz und mehr Treffpunkt und dann muss sich da ja auch was verändern an dem ganzen Setting sozusagen. Und da sind sicherlich viele, viele Aufgaben, die da in der Zukunft auf die Leute zukommen, ne?

Thomas Ötinger: Genau, also wir bauen jetzt auch Büros um in kleine Eventlocation, wo man sich dann treffen kann, um genau das zu tun, was man jetzt nicht beim Arbeiten jetzt macht, sondern tatsächlich, dass auch Kollegen sich wieder auch sehen können, ja.

Markus: So, jetzt biegen wir so langsam auf die Zielgerade ein, so zwei kleine Themen hätte ich noch, gucken wir mal. Also, das eine ist, du hast ja drei Kinder und du hast ja gesagt, die sind jetzt schon alle 20 und so weiter. Gibt es da jemand, der so ein bisschen auch in die Bierfußstapfen tritt?

Thomas Ötinger: Alle drei lieben Bier, ja, die waren natürlich auch in vielen Verkostungen auch dabei. Also grade meine Tochter, die ist eine Rauchbierliebhaberin vor dem Herrn.

Markus: Haha!

Thomas Ötinger: Klar, mein Sohn, der grade jetzt Wirtschaftsinformatik studiert, der Ältere, klar, in dem Studium, da ist natürlich Bier in Bamberg immer ein Thema, und ist aber eher sozusagen eher breiter aufgestellt. Und der Jüngste, der ist ein ganz klarer Lagerfreund, ja. Also der mag die Kellerbiere. Jetzt nicht Pils, in die Richtung, also so die süffigen Kellersachen, die hier in Franken gebraut werden, ja. In meine Fußstapfen, beruflich, wird tatsächlich mein ältester Sohn möglicherweise treten, aufgrund seines Wirtschaftsinformatikstudiums. In die Bierfußstapfen hat sich noch keiner gezeigt, nein.

Markus: Naja, das kann ja noch werden.

Thomas Ötinger: Genau.

Markus: Ein bisschen spannend finde ich das ja auch mit deiner Frau, wenn man überlegt, ihr kennt euch, hast du gesagt, seit sie 13 ist oder seid ihr 13 …

Thomas Ötinger: Genau.

Markus: … wart, weiß ich gar nicht. Aber, also das heißt also, ihr kennt euch ja wahrscheinlich, bevor ihr so richtig das Thema Alkohol kennengelernt habt. Und dann habt ihr ja wahrscheinlich erst mal so Wein, Heidelberg, da in der Ecke, eher so das kennengelernt und dann irgendwie auch gemeinsam das Thema Bier. Also ist sie da auch mitgegangen, wie hat sich das so entwickelt?

Thomas Ötinger: Ja, war auch eine sehr spannende Sache. Und zwar, beim Michael König hat sie Biertrinken gelernt, bei Maisel & Friends und zwar, als ich meinem Warn Bierverkostung, nach Bierverkostung war, war sie auch tatsächlich immer dabei, weil sie es interessant fand. Und dieses Feeling auch immer toll fand, so wie die Leute da zusammenkommen um diesen Genuss und so weiter. Aber Bier hat sie nicht gewollt, auch nicht verkostet. Und der Micha hat dann bei einer Verkostung, das war, glaube ich, Schokolade und Bier, gesagt: „Kerstin, du musst immer mal probieren, weil, sonst kommst du da nie dahinter.“ Und dann hat sie tatsächlich angefangen, ja, zu probieren und hier mal wieder zu probieren, also immer in kleinen Schlucken. Und tatsächlich, der Micha, der hat meine Frau zum Biertrinken gebracht. Und seitdem, und das ist ziemlich krass, weil viele immer sagen, so ein IPA, das ist jetzt nicht so ein Frauenbier. Also meine Frau, die liebt genau diese ganz herben amerikanischen IPAs, wo richtig der Hopfen dann richtig im Gesicht landet und hinten die Herbe, die ja fast die Fußnägel hochdreht, das ist ihr Bierstil. Und da bin ich eher sanfter unterwegs. Ja und das habe ich dem Micha zu verdanken. Und da sieht man auch wieder, was so Biersommeliers alles möglich machen, wo ich dann auch mit meiner Frau dann zusammen Bier trinken jetzt gehen kann, genau.

Markus: Ja, der Micha ist schon ein großer Verführer, das ist wohl wahr.

Thomas Ötinger: Ja.

Markus: Hat schon so manchen Menschen angefixt, klasse Sache. Ja und zum Schluss vielleicht noch die Frage, du hast am Anfang ja erzählt, Fußball war so ein bisschen deine Leidenschaft und so, Sandhausen. Wie hat sich das denn entwickelt, fängst du heute mit dem Thema noch was an, bist du von irgendeinem Verein Fan? Schaust du ab und zu oder spielst du noch selber und gibt es da auch mal ein Bier?

Thomas Ötinger: Ja, gut, Fußball und Bier, die gehören ja per se zusammen, ja, also die sind ja nicht trennbar. Ich habe tatsächlich aufgehört mit Fußball spielen mit 20, als ich zum Studieren nach Bamberg gekommen bin. Und habe immer gedacht, Mensch, ej, sieht denn keiner, was ich für ein geiler Fußballspieler bin, spricht mich keiner an , ja? Klar, wenn du beim FC Sandhausen gespielt hast, dann war tatsächlich, hat man irgendwie das Gefühl, irgendjemand muss dich doch kennen! Aber das war tatsächlich nicht der Fall. Ich habe dann ein bisschen in der Uni-Fußballmannschaft gespielt. Und habe dann aber mehr damit nix gemacht, weil ich dann auch mit 22 meine erste Firma gegründet habe und dann war natürlich alles andere wichtiger als Fußballspielen. Bin dann tatsächlich, ja, wie hast du gesagt, Spätgefundener, mit 30 habe ich dann wieder angefangen in der Altenherrenmannschaft bei uns im Dorf, beim VfR Kirchlauter, wieder Fußball zu spielen, weil mich tatsächlich ein paar alte Herren angesprochen haben und da habe ich gesagt: „Mit Bällen kenne ich mich aus, das mache mal.“ Habe aber dann beim ersten Spiel gemerkt, uh, mir fehlt aber ganz schön die Kondition, das läuft nicht mehr so wie früher. Und bin dann zur ersten Mannschaft dann ins Training gegangen, um mal wieder konditionell auf die Höhe zu kommen. Und es hat dann nicht lange gedauert, da war ich dann in der ersten Mannschaft und habe dann dort. Ja, ein paar Monate später war ich dann auch dann Kapitän und habe dann tatsächlich, ja, zehn, ach, fast 15 Jahre jetzt, nochmal in der ersten Mannschaft beim VfR Kirchlautern gespielt. Und das ist jetzt durch diese Corona-Phase, ja, 13 Jahre genau, also durch die Corona-Phase habe ich da gesagt: „So, jetzt, du bist immer verletzungsfrei durchgekommen, jetzt hörst du auf, bevor noch irgendwie was passiert.“ Weil natürlich auch das Training durch die vielen Firmen, die vielen Aktivitäten, nicht immer im Vordergrund stand in diesem Sport. Aber ich bin tatsächlich dem Sport sehr zugeneigt, schaue allerdings tatsächlich sehr wenig Fußball.

Markus: Und welche Position hast du gespielt?

Thomas Ötinger: Immer Mittelfeld. Linkes Mittelfeld, die haben ja meistens einen Klatsch, genau, da gehöre ich hin. Und dann habe ich später dann den Sechser und dann ganz später Libero gespielt.

Markus: Ich wollte grad fragen, lieber Lothar Matthäus oder lieber Andy Möller?

Thomas Ötinger: Ja, genau.

Markus: Okay, die Frage lassen wir jetzt einfach mal offen, auch für die Hörer, da haben wir jetzt noch ein bisschen Kopfkino aufgemacht. Ich bedanke mich ganz, ganz herzlich für diesen tollen BierTalk und für die vielen Infos und hoffe mal, dass wir auch den Hörern ein bisschen was zum mitdenken auf den Weg gegeben haben. Danke auch für die beiden Biere, tolle Sache und da freue ich mich schon auf die Edition im nächsten Jahr.

Thomas Ötinger: Ja, nee, jetzt am 01. Mai kommt ja der Frankensommer raus, der wird auch dann am Dornig ausgeschenkt. Den machen wir auch mit Staffelberg-Bräu. Und, Markus, da lade ich dich natürlich zum Anstich auf jeden Fall ein, dass du auch den Neuen sozusagen, dann den neuen Sondersud dann bekommst unv. #01:14:31-4#

Markus: Ja, auf jeden Fall. Entschuldige, natürlich nächstes Jahr, ich bin geistig irgendwie immer noch in 2021.

Thomas Ötinger: Ach so, okay.

Markus: Ja, alles gut. Das ist, ja, wenn man immer nur hier vor irgendwelchen Bildschirmen sitzt, dann gehen so viele Sachen an einem vorbei, Sylvester gibt es ja auch nicht also.

Thomas Ötinger: Das stimmt, ja.

Markus: Aber ja, okay.

Thomas Ötinger: Super.

Markus: Also, nochmal vielen Dank und auf bald.

Thomas Ötinger: Auf bald. Danke schön, Markus, für die schöne Zeit. Bis denn, tschüss.

Markus: Bis dann.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 83 – Interview mit Michael Friedrich von Stonewood aus Chemnitz, Deutscher Meister der Biersommeliers 2021

Michael Friedrich stolperte als 14jähriger DDR-Schüler über einen Ferienjob in einer örtlichen Brauerei und hatte seinen Traumberuf entdeckt. Nach der Lehre und der ersten Berufserfahrung zog er in den turbulenten Nachwendejahren zum Studium nach Berlin an die VLB und kam als Diplom-Braumeister zurück nach Sachsen. Dort war ihm das Angestelltenverhältnis schnell langweilig und er entschloss sich, eine eigene Bierkarriere zu starten. Los ging’s mit der Kneipe „Zum Sudhaus“, deren Küche schon kurz nach der Eröffnung zur Braustätte umfunktioniert wurde. Die 50 Liter seines kleinen Kessels waren regelmäßig an einem Tag ausgetrunken, also erfolgte der Umzug in eine große Gasthausbrauerei mitten in der Stadt. Zehn Jahre später standen die Zeichen wieder auf Veränderung – die Braumanufaktur Stonewood in der ehemaligen Germania-Brauerei nahm Gestalt an. Dort hat Micha heute seine bierige Heimat – und seinen Übungsraum. Schließlich trainiert er als amtierender Deutscher Meister der Biersommeliers fleißig für die Weltmeisterschaft und lässt uns im Podcast an seinem spannenden Lebensweg teilhaben…

Kommt in unsere Facebook-Gruppe und diskutiert mit: https://www.facebook.com/groups/bierakademie

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute wieder natürlich eine ganz besondere Folge, aber diesmal ist sie richtig besonders, weil wir einerseits in den Osten Deutschlands gehen nach Sachsen und dort jemanden treffen, der ganz viele Titel schon gesammelt hat, unter anderem einen Deutschen Meistertitel und einen dritten Weltmeistertitel, also ein ganz bekannter spannender Mann in der Bierwelt. Und er kommt aus einer Stadt, die es eigentlich gar nicht mehr gibt. Also, eigentlich ja schon, aber, das ist auch ganz spannend. Also herzlich willkommen, lieber Michael Friedrich aus Karl-Marx-Stadt Schrägstrich Chemnitz, stell dich doch unseren Hörern mal kurz selber vor.

Michael Friedrich: Ja, danke, Markus. Also ich bin der Micha, kurz, also ganz einfach Micha, komme aus Chemnitz beziehungsweise, genau genommen, aus Clausnitz bei Chemnitz. Geboren bin ich in Karl-Marx-Stadt. Bin jetzt 52 Jahre jung, alt, wie auch immer und befasse mich praktisch schon seitdem, ja, wenn man so will, 14. Lebensjahr mit dem Thema Bier. Das ist dem geschuldet, dass ich in den Ferienarbeiten gerne in der Brauerei gearbeitet habe und mir dort das ein oder andere Märkchen dazu zuverdienen. Und da habe ich dann als junger Typ einfach Spaß dran gefunden und habe gedacht, okay, das wäre jetzt mal ein schöner Beruf, den du erlernen kannst. Ja, wie gesagt, ich will jetzt noch gar nicht alles vom Lebenslauf erzählen. Mittlerweile besitze ich eine kleine Brauerei in Chemnitz, die Stonewood Braumanufaktur, auf dem Gelände einer alten Brauerei. Das ist die alte Germania Brauerei, die es schon lange nicht mehr gibt, aber die Gebäude sind zum Teil noch erhalten und dort habe ich mich eingemietet und nutze dort zum Teil noch die alten Bier- und Lagerkeller. Und wie gesagt, ich betrachte das eher als Event-Brauerei, weil ich mich ja auch viel mit Braukursen und mit Bier-Testings befasse und nebenbei ganz, ganz viel verschiedenes Bier braue.

Markus: Ja, also ein richtiges Panoptikum, was du da mittlerweile aufgebaut hast. Wir haben uns ja vor Ort auch schon getroffen, ich glaube, das war so ziemlich im Gründungsjahr oder kurz danach. Also auf jeden Fall auch spannende Geschichte, werden wir dann auch noch ein bisschen reinschauen. Jetzt ganz am Anfang, wenn du sagst, du kommst mit 14 da so rein, du bist jetzt 52, das heißt, damals war ja Chemnitz noch Karl-Marx-Stadt, wenn man jetzt so den landläufigen Wessi fragt, dann können wir uns gar nicht vorstellen, wie das ist, dass man sich da mit 14 eine Mark dazu verdienen kann. Wie ging denn das im Sozialismus, hat man das einfach so machen können?

Michael Friedrich: Ja, es gab also die ganz normale, nannte sich Ferienarbeit. Da konnte man in den Herbstferien oder in den Sommerferien, egal, sich bei Betrieben bewerben, egal ob das jetzt eine Brauerei war oder jemand, der Knöpfe hergestellt hat und konnte dort als Schüler einfache Tätigkeiten machen, wo der Betrieb gesagt hat: „Okay, das können wir denen zutrauen.“ Und für so einen Schüler war das immer nett, sich doch wirklich ein paar Mark einfach dazu zuverdienen. Das war nicht viel, das war in der Stunde vielleicht eine Mark oder 1,50 Mark in der Stunde. Zu damaligen Verhältnissen für uns schon viel Geld! Ja, wir haben da auch anders umgerechnet regelrecht. Und für mich war eigentlich das Entscheidende, dass die Arbeit dort wahnsinnig viel Spaß gemacht hat, weil, es war eine ganz, ganz alte Brauerei, die gibt es schon lange nicht mehr, die Schlossbrauerei Karl-Marx-Stadt war das. Also so mit riesigen alten Lagerkellern, mit stillgelegten Abteilungen und viel mit Kupfer, also wirklich so ein bisschen Abenteuerspielplatz. Und dann waren vor allen Dingen die Bierbrauer, das waren alles so richtige Typen, ja, also es gab wirklich so den einen, der war extrem intelligent, der hat irgendwelche Gedichte rezitiert, der Nächste war Kraftsportler. Ach, da war alles dabei und es waren halt alles wirklich richtige Typen und da hat es halt Spaß gemacht zu arbeiten.

Markus: Und was waren das so für Sachen, die du dann da gemacht hast?

Michael Friedrich: Ja, wir mussten hauptsächlich saubermachen. Also die hatten ja noch oft oder damals fast ausschließlich offene Gärung, also praktisch in einem Gärbottich die Hefe schieben, praktisch die gesamten Bottiche saubermachen damals, mit erst mal Wasser und dann mit Schwefelsäure. Also es war schon sehr, ja, grenzwertig teilweise, weil wir dort mit wenig Schutz gearbeitet haben. Dann also auch in die Tanks rein klettern, die Tanks von innen also schluppen sozusagen, schöpfen. Da gab es halt Stahltanks und gab es auch Betonbetanks, die sogenannten Rostock-Tanks mit einer Auskleidung innen drinne. Also es war schon eine extrem große Brauerei für damalige Verhältnisse, aber eben auch sehr runter gewirtschaftet, ja, wie das bei vielen Brauereien so war. Also da gab es immer, immer Arbeit, also wahnsinnig viel Arbeit, wahnsinnig viel sauberzumachen und es war oder man hat dann sehr schnell den Erfolg gesehen, ja, weil es war schon, wenn man dort hingekommen ist, relativ schmutzig und wenn man den Arbeitsplatz verlassen hat, dann war es schön sauber. Und das hat eben auch Spaß gemacht.

Markus: Also klingt jetzt nicht so wie der große Traum von vielen jungen Männern, die ich so kenne, aber auf jeden Fall natürlich spannend, weil man Hand anlegt und weil man ganz nah dabei ist und so. Und da ist dann eben auch dein Berufswunsch gereift, Brauer zu werden.

Michael Friedrich: Ja, genau, ja.

Markus: Und das hast du dann dort bei der Brauerei dann auch umsetzen können oder wie ging das?

Michael Friedrich: Ja, also ich habe dort angefangen als Lehrling. Und ich habe aber damals schon das große Ganze gesehen, gesagt: „Okay, du kannst dich in dem Beruf sehr gut entwickeln.“ Ich bin ja auch nicht blöd, sage ich jetzt mal so und habe das alles relativ schnell geschnallt. Bin auch in meiner Lehrzeit sehr gut davon gekommen, also Bester im Bezirk, dann habe ich beim DDR-Leistungsvergleich damals der Bierbrauer den zweiten Platz gemacht. Habe vorzeitig ausgelernt, also praktisch die Lehre im Schnelldurchlauf gemacht, ich war, glaube ich, in anderthalb Jahr war ich fertig. Ja, also es ging relativ zügig und habe dann auch schon schnell angefangen zu arbeiten.

Markus: Ja, das heißt, du hattest also damals schon einen gewissen Hang zu solchen Leistungsvergleichen oder Meisterschaften und auch einen Hang, die zu gewinnen, sehr spannend. Das heißt also, du hast dann ausgelernt und hast angefangen zu arbeiten. Das müsste dann ja ziemlich in die Wendezeit gefallen sein, oder?

Michael Friedrich: Ja, genau, genau. Also ich habe dann praktisch 88, etwas eher, 87 habe ich angefangen in der Schlossbrauerei als Brauer. Die hatten allerdings da 1988 die Bierproduktion komplett eingestellt. Und ich habe gesagt: „Okay, ich will jetzt nicht in einer Brauerei arbeiten“, wo nur Limonade hergestellt wird, sondern ich wollte schon in einer richtigen Brauerei arbeiten. Und dann bin ich zu Braustolz gewechselt, also auch damals in Karl-Marx-Stadt, praktisch eine Spezialbierbrauerei, die dann doch schon vom Niveau her, vom Qualitätsanspruch her schon deutlich höher war. Und dann kam noch die Armeezeit dazwischen und dann kam aber schon die Wendezeit. Und als ich dann von der Armee wiederkam, das war ein Vierteljahr, auch wieder relativ kurze Zeit, da hat dann natürlich die Brauerei gesagt: „Moment, du bist eigentlich der Jüngste, du bist zuletzt gekommen und wir haben jetzt andere wirtschaftliche Verhältnisse. Wir können jetzt keinen übernehmen, keine einstellen, du müsstest jetzt an unsere Partnerbrauerei ran treten.“ Das war damals die Mönchshof Brauerei in Kulmbach und dort habe ich dann angefangen, das war 1990, auch wieder im Lagerkeller, da aber schon relativ schnell zum Filtrierer mich entwickelt. Da habe ich dann praktisch die komplette Filterstrecke gemacht mit einem großen Schichtenanschirmfilter, PVPP-Filter, also alles, was es so hatte. Und dann, das hat Spaß gemacht, dort war ich ein Jahr und dann bin ich aber schon ganz schnell zum Studium nach Berlin an die VLB.

Markus: Ja, das ist sicherlich auch eine sehr spannende Zeit gewesen, über die wir auch gleich sprechen. Ich habe noch eine Frage zu diesem Thema des Bieres damals in der DDR-Zeit. Ich habe da auch schon viel drüber gearbeitet und recherchiert und da war es ja wohl am Ende so, dass die Stammwürze ziemlich weit unten war und das man viele Ersatzstoffe für das Bier verwendet hat und das auch das Bier oft qualitativ einfach problematisch war. Wie hast du das denn erlebt, hat sich das Bier in der Zeit, in der du da noch in der Brauerei warst, verändert? Und wie sind die Leute, die da gearbeitet haben, damit umgegangen?

Michael Friedrich: Ja, also das stimmt, also in der Schlossbrauerei, also das war eine Brauerei, die praktisch für den breiten Bevölkerungsbedarf das einfache Bier gemacht hat. Und das war tatsächlich in der Qualität wirklich nicht herausragend. Ich habe auch tatsächlich auch als Lehrling schon angefangen, ein bisschen das Bier zu pimpen, hatte mir dort ein altes Bierfass, so ein Alufass besorgt, habe das in einer Schlosserei umbauen lassen. Habe dann dort klassisches Pils rein gefüllt, habe das nochmal mit einem schönen Hopfen aus dem Südharz, mit dem tschechischen Saazer-Hopfen praktisch gestopft und habe dann im Lagerkeller mein eigenes Bier gehabt, also ein kaltgehopftes schöne Lagerbier. Und dann haben das die anderen Brauer mitbekommen und dann hatte ich das Fass nicht mehr alleine.

Markus: Das war dann praktisch das erste hopfengestopfte Bier der Brauneuzeit sozusagen in Deutschland, oder?

Michael Friedrich: Nein, also nicht ganz. Das Hopfenstopfen war ja tatsächlich auch in der DDR eine alte Tradition. Ich unterhalte mich ja gerne mit alten Braumeistern und die waren damals, wo ich noch sehr jung war, waren die auch schon so um die 50, 60 und die haben auch schon erzählt, das man eben auch schon vor dem Krieg und auch nach dem Krieg die Biere gestopft hat. Also wenn es besonders gut werden sollte, wurden die Biere dann im Keller, im Lagerkeller gestopft, meistens also mit einem handelsüblichen Hopfen, vorzugsweise mit einem Saazer-Hopfen. Und die Qualität der Biere war also in der Hinsicht sehr gut, aber die Qualität der einfachen Biere, die es im Handel gab, also die, ich sage mal, Helle und das einfache Pils, die waren wirklich nicht so herausragend. Die Haltbarkeit war miserabel, nach zwei, drei Tagen wurde das schon trüb, war aber noch trinkbar, aber es war halt nicht mehr ansehnlich. Die Qualitätsbiere, die Exportbiere und Spezialbiere, die von den entsprechenden Brauereien gebraut worden sind, die waren allerdings wieder qualitativ besser, weil die auch andere Rohstoffe zugewiesen bekommen. Ja, da gab es ja damals so, ja, eine Kommission, die das praktisch verteilt hat. Brauereien erster Priorität, angefangen von Wernesgrün, Radeberg, die großen Exportbierbrauereien, die haben natürlich die erste Qualität bekommen. Und dann gab es noch die, also die normalen Spezialbierbrauereien, wie zum Beispiel die Freiberger und die Rauschels Brauerei, die haben dann schon wieder etwas abgeschwächte Qualität bekommen und wirklich den Kehricht, wenn man so will, jetzt mal übertrieben, haben dann die einfachen Brauereien verarbeiten müssen, die wirklich für die einfachen, Konsum und also einfachen Läden, praktisch das Bier gemacht.

Markus: Doch eine krasse Geschichte eigentlich. Und man muss auch sagen, also ich habe da, wie gesagt, ja auch schon viel drüber gearbeitet und fand es trotzdem erstaunlich, mit wie viel Herzblut die Brauer da rangegangen sind, auch wenn es diesen großen Unterschied gab eben mit den Exportbieren, die dann ja auch nach dem Reinheitsgebot gebraut worden sind, während die anderen eben nicht und so. Aber, wir können ja mal diesen DDR-Teil verlassen, wenn gleich das schon spannend ist, aber eigentlich wollen wir ja mehr über dich reden. Und jetzt bist du in Berlin bei der VLB und vielleicht bevor du dazu erzählst, könntest du doch dir schon mal ein Bierchen aufmachen, oder?

Michael Friedrich: Ja, sehr gerne!

Markus: Dann lass uns doch mal teilhaben, was es für eins ist und du kannst ja mal kurz ein bisschen mit uns verkosten, das wir ein bisschen mit genießen können.

Michael Friedrich: So, also, ich erzähle es euch einfach mal, was es ist. Ich habe mir heute einen hellen Hopfenbock rausgesucht. Das ist also ein ganz klassischer heller Bock mit einer schönen Hopfennote, also nochmal etwas mehr Hopfen rein gegeben. Das trifft so ein bisschen meinen persönlichen Geschmack, ich bin jetzt nicht ganz so der große Fan von sehr süßen Bieren, also extrem süßen Bieren. Und meistens gehen einige Bockbiere ja schon die Richtung, dass sie sehr, sehr mastig sind. Das ist natürlich sortentypisch, keine Frage, aber ich, wie gesagt, ich will natürlich auch meine Handschrift hinterlassen bei den Bieren und so habe ich mich eben bei dem hellen Bock entschieden, hier nochmal den Hopfen etwas dominieren zu lassen. Nicht ganz dominieren zu lassen, aber eben schon sehr spürbar werden zu lassen, sodass diese Restsüße etwas erfrischender kommt, ja. Durch den Hopfen, der bringt da noch ein bisschen Pepp rein. Und ich experimentiere da immer mal ein bisschen mit dem Hopfen, weil, das ist ja nicht das erste Mal, dass ich den hellen Hopfenbock mache. Am Anfang habe ich fruchtigen Hopfen genommen, habe aber gemerkt, dass hier eher ein ganz klassischer Hopfen eine bessere Rolle spielt in diesen Bieren, weil das ein bisschen vertrauter ist. Und man geht beim Bockbier ja immer so von den klassischen Noten aus. Und dadurch, dass wir in Sachsen ja wirklich sehr traditionell im Bierkonsum sind, auch in der Sensorik, in der Wahrnehmung, also die breite Masse zu mindestens, da habe ich mich jetzt für einen ganz klassischen Hopfen entschieden. Das ist ein ganz einfacher Bitterhopfen, das ist der, ich glaube, den Nugget habe ich rein gegeben. Der bringt aber auch teilweise manchmal so eine ganz leichte Citrusnote. Kommt wahrscheinlich auch drauf an, was es für eine Ernte ist und woher er kommt. Und das macht die Sache nochmal sehr delikat.

Markus: Ja, dann, nimm doch mal einen Schluck. Sag mal, ob es auch so schmeckt, wie du dir das vorstellst.

Michael Friedrich: So, ja, also hat sich auch sehr schön abgesetzt, also hier in der Flasche schön abgesetzt. Es ist relativ blank, sieht es aus, obwohl alle Biere bei mir unfiltriert sind. Ja, wir haben also einen schönen weißen Schaum, ja, der steht auch rech gut im Glas hier. Ja, der Geruch so feinfruchtig, ganz feine Fruchtnote haben wir drin, aber eben geschmacklich etwas unterschiedlicher. Also, ja, so eine feine, ganz feine Karamellnote. Erinnert mich immer ein bisschen an Waldhonig, ja, also so eine feine Waldhonignote, also nicht so extreme, kräftige Waldhonignote, aber eben so eine ganz feine subtile Waldhonignote.

Markus: Ja, das passt ja auch gut zum Bierstil. Fein, schön.

Michael Friedrich: Ja.

Markus: Dann sage ich schon mal Prost!

Michael Friedrich: Ja, danke.

Markus: So und dann mache ich mir jetzt auch eins auf. Also, die Hörer wissen ja, dass ich einen ziemlich großen Keller habe, wo viele, viele Biere drin sind und ich habe natürlich auch mal geschaut, ob ich ein paar Schätzchen von dir da noch drin stehen habe. Und tatsächlich habe ich zwei gefunden und eins heißt Black Sour und eins heißt Bali Barrique oder Barrique. Und, genau und da werde ich jetzt auch mal eins aufmachen, damit ich auch ein bisschen was zu trinken habe. Und ich denke mal, ich fange mit dem Black Sour an.

Michael Friedrich: Ja, würde ich auch sagen.

Markus: Gucken mal. Also, da steht drauf, Black Sour, obergärig. Also, mache ich hier mal auf, so. Wunderbar! Also hier im Glas ein, ja, wunderschön dunkel, rostbraunes Bier, rotbraunes Bier, würde ich sogar sagen, richtig schönen Farbschimmer. Es ist opak, also man kann nicht durchgucken, aber oben drauf ein ganz schöner, auch sehr dunkelbrauner Schaum, der auch sehr fest ist und sehr stabil. Und wenn man da so reinriecht, dann ist ganz viel, ja, süße Aromen erst mal. Das geht so in Schokolade, nussig, Karamell, aber auch was Fruchtiges. Also da denke ich zum Beispiel so an Weintrauben, so Muskatellertrauben oder so und dann auch so ein bisschen rote Beeren, Kirschen. Spannend! Okay, also probiere ich mal ein Schlückchen. Und ein tolles Wechselspiel, weil man, wie der Name auch schon sagt, eine Säure ja auch hat, aber die ist im schönen Austausch, so im ständigen Dialog mit dem Malz. Also man hat so richtig karamellige Noten, wie man sich das von einem Karamellbonbon vorstellt und da dazwischen kommt dann immer so eine Sauerkirsche, auch ein bisschen diese fruchtigen weinigen Noten, dann kommt wieder was Schokoladiges. Dann kommt auch ein bisschen Bittere dazu, das erinnert einen da ein bisschen an Kaffee. Und, ja, hinten raus ein richtig erfrischender Trunk, der dann am Ende durch dieses hin und her zwischen süß und sauer eigentlich richtig wieder frisch macht, sodass man gerne den nächsten Schluck nimmt. Und ich muss auch sagen, ich habe das ja jetzt relativ lang schon im Keller stehen, also wobei, das MHD steht hier bis Dezember 2025, also alles noch gut. Aber weißt du noch, wann du das eingebraut hast?

Michael Friedrich: Das Bier habe ich eingebraut vor anderthalb Jahr. Und das war ein Experiment, ich habe ja durchaus ab und zu mal Dunkelbiere oder mache ich ab und zu mal, sehr, sehr Dunkelbiere, also ob das jetzt ein Stry Stout ist oder ein Milk Stout oder ein Kaffee Stout. Und da war die Idee, da ich ja parallel dazu auch eine Gose mache, ich mache mal ein Extra-Stout oder Foreign-Extra-Stout, also schon etwas kräftigeres Stout und beimpfe das jetzt mit einem Schluck aus meinem Gose-Fass. Das ist ein Holzfass und da sind ganz viele Mikroorganismen drin, ja, wir haben dort also zig verschiedene Lactobazillen drin, wir haben Brettanomyces-Hefe drin und so weiter, das ist also ein bunter Mix. Und das habe ich beimpft, habe gesagt: „Okay, ich überlasse das jetzt einfach mal dem Bier, wie sich das entwickelt.“ Also ich habe keine Erwartungen gesetzt, wie es geschmacklich werden soll, es war ein reines Experiment. Und es hat, ja, hat funktioniert, sage ich mal.

Markus: Ja, also ist dir absolut gelungen. Und jetzt, wo du es sagst, finde ich, hat man auch so ein bisschen Gose-Charakter. Finde ich interessant. Und das ist dann praktisch so ein bisschen wie deine Haustiere, oder, dass du das so, oder?

Michael Friedrich: Genau, genau, immer gehegt und gepflegt, ja.

Markus: Und hast du da verschiedene, also die Gose-Kultur und vielleicht die Berliner-Weisse-Kultur oder so, oder?

Michael Friedrich: Nein, nein. Also ich habe, das Erstaunliche ist, ich habe drei Fässer, drei Holzfässer a 225 Liter und in zweien ist die Gose und in dem dritten ist das KiwiBerry-Sauer. Und die zwei Gose-Fässer, die schmecken jedes Mal unterschiedlich, also ist auch, jede Charge schmeckt anders. Also die Fässer haben schon auch eigene Kulturen, habe ich den Eindruck. Ja, das ist sehr interessant, die eine Gose ist intensiver und die eine ist ein bisschen milder in der Säure. Also es gibt da tatsächlich bei jedem Fass Unterschiede.

Markus: Na, spannend auf jeden Fall und natürlich auch interessant, damit zu experimentieren. Und insofern, auf jeden Fall Glückwunsch, also ein sehr, sehr gutes spannendes Bier geworden. Und ich denke, man kennt das ja auch so ein bisschen aus Belgien, da ist ja auch so, dass die das Lambic in verschiedenen Holzfässern reifen und man am Ende dann ja da völlig andere Ergebnisse hat und sie dann ganz bewusst verschneidet zur Gösse. Wo man dann eben Leute braucht, die sich auch auskennen mit diesem ganzen Thema Blenden, Verschneiden, um dann eben da einen schönen guten kontinuierlichen Geschmack hinzubekommen.

Michael Friedrich: Ja.

Markus: Ja, aber jetzt, wir sind ja in Berlin, also, du bist da angekommen und hast wahrscheinlich erst mal Party gemacht, oder?

Michael Friedrich: Genau, das war ja die Nachwendezeit, also es war wirklich die spannendste Zeit in Berlin, da waren ja wirklich alle Gesetze ausgehebelt. Ja, also man kann das heute gar nicht mehr so beschreiben, da liefen ja unglaublich viele Partys ab und also so in Abbruchhäusern und so weiter. Das haben wir natürlich alles mitgenommen als Studenten, ja. Und natürlich auch an der VLB, damals von Wackerbauer und Krüger, Schildbach, die alten Professorhasen sozusagen, Professor Stahl. Also, ja, da in der Hinsicht werden sich viele vielleicht auskennen, das waren ja Leute, das waren Koryphäen und das war schon unglaublich gut! Und auch eine sehr starke Klasse, also wir waren, glaube ich, 28 Studenten in dem Semester, das ist schon viel! Da haben dann auch nicht alle durchgehalten bis zum Schluss, einige sind abgesprungen, aber so da, im Wesentlichen sind sie alle bei der Stange geblieben. Und ich treffe ja immer noch regelmäßig meine Studenten, Mitstudenten sozusagen, die irgendwo jetzt bei bestimmten Firmen arbeiten, der Alex Jany zum Beispiel bei Weyermann und, und, und. Also, die sind alle irgendwo gut untergekommen. Aber es war wirklich eine tolle Zeit, ich habe viel gelernt und auch das Studium war sehr schön strukturiert, es hat Spaß gemacht, ich habe viel gelernt. Und ich habe zum ersten Mal Spaß an Chemie gefunden. Ja, in der Schule war Chemie für mich immer so das Grauenfach, also habe ich nie Spaß dran gehabt, aber beim Studium hatten wir wirklich einen guten Dozenten, einen guten Professor, der das so verständlich rübergebracht hat, dass man es wirklich verstanden hat, ja.

Markus: Und die VLB hat ja auch eine eigene Brauerei.

Michael Friedrich: Ja.

Markus: Ich habe da mal lange gesprochen auch mit Kurt Marschall. War der zu deiner Zeit schon da?

Michael Friedrich: Ich glaube, nee, nee, ich glaube nicht. Also der Carsten Zufall war damals, ist vielleicht ein Begriff unter Fontän, Fontän, ja. Und dann hatten wir noch den Carsten Evers, Doktor, damals war es noch Carsten Evers, jetzt ist er Doktor Karsten Evers, die waren alle noch da. Aber mit der Brauerei haben wir nur ein einziges Mal gearbeitet. Also wir haben vermälzt, haben wir und wir haben mit der Brauerei gebraut, aber ansonsten waren wir sehr viel mit Mikrobiologie beschäftigt, wir waren sehr viel in der chemisch technischen Analyse aktiv. Das weiß ich noch, also in der Zeit hatten wir ganz, ganz viel Analytik gemacht und mit dem Bierbrauen an sich, mit der praktischen Übung des Bierbrauens, da hatten wir eigentlich weniger zu tun. Ja, viel, viel Theorie.

Markus: Außer mit der Praxis an der Flasche dann sozusagen.

Michael Friedrich: Ja, das war natürlich, ja, da hatten wir ja die ein oder andere Location in der Nähe, wo man das gut üben konnte oder auch Selbstversuche im Studentenzimmer, haben wir auch schon Bier gebraut. Ja, das hat auch Spaß gemacht.

Markus: Ja, ich habe deswegen den Kurt Marschall erwähnt, weil der ja so ein bisschen einer der ist, die sich da sehr verdient gemacht haben um die Berliner Weisse, die Wiederbelebung der ganzen Geschichte. Und nun habe ich hier ja jetzt noch auch ein saures Bier und du erzählst von Gose und das hätte mich auch interessiert, wie das eben damals an der VLB so war. Weil, eigentlich waren ja die deutschen Ausbildungsinstitute, zumindest im Westen, sehr stark davon geprägt, eben klassisches, sauberes, nach Reinheitsgebot gebrautes Bier zu machen und relativ wenig begeistert von irgendwelchen Mikroorganismen. Wie hast du das erlebt oder gab es da schon so ein bisschen so ein kleines Rebellentum?

Michael Friedrich: Zu der Zeit noch nicht, das kam ja dann, also nachdem ich mein Studium beendet hatte dann, dann ging das so langsam los. Die Bier-, ich komme jetzt nicht auf den Namen, wer das damals gemacht hat. Die hatten das Hanfbier gemacht, das Turn und so weiter. Und da ging es da auch langsam los mit den Pale Ales, also das ging ganz schonend los! Also das war so, ich glaube, so 93, 94, habe ich das erste Mal Wind davon bekommen, mit diesen ganzen anderen Bierstilen. Aber vorneweg war es hauptsächlich Pils, also hauptsächlich Pils, Pils, Pils, Pils. Und die Berliner Weisse haben wir eigentlich nur theoretisch betrachtet. Es gab ganz viele Fans davon, aber selber hatte ich damit nie Berührung gehabt. Ich bin erst ganz, ganz spät zum Sauerbier gekommen, ich persönlich! Dadurch, dass ich eine ganz klassische Ausbildung habe als Bierbrauer, da war Säure immer schlecht, also saures Bier war immer negativ betrachtet worden, ja, das ist halt schwierig. Aber jetzt mittlerweile kommen auch die klassischen Bierbrauer dahinter, dass Sauerbiere ja erst mal prinzipiell der deutlich ältere Bierstil ist und das auch ein Sauerbier extrem viele positive, vom Körper positive Argumente sind, ein Sauerbier zu trinken, ja. Grade wenn es darum geht, Immunsystem, ja, also die feine Milchsäure unterstützt ja unser Immunsystem. Und wenn man noch lebende Kulturen drin hat, unterstützt man damit seine Darmflora und bringt sie vielleicht auf einen positiven Weg. Also das sind schon gewissermaßen, ja, fast schon apothekenpflichtige Getränke.

Markus: Ja, also statt der täglichen kleinen Joghurtimpfung sozusagen, kann man das dann auch mit einem schönen Sauerbierchen machen. Ja, das stimmt schon. Ich denke mal, der Unterschied ist ja doch einfach der, ob ein Bier jetzt unbewusst sauer wird oder ob man eben bewusst mit diesen Aromen umgeht.

Michael Friedrich: Ja.

Markus: Aber gut, wir können ja noch ein bisschen gucken. Also du bist jetzt in der VLB fertig und hast dann gedacht, bleibst du in Berlin, gehst du woanders hin, gehst du in die Welt. Also was hat dich da so bewegt und wie ist es dann weitergegangen?

Michael Friedrich: Ja, also ich habe mich dann schon bei einigen also sächsischen Brauereien beworben und letztendlich bin ich dann bei Freiberger gelandet als Betriebskontrolleur, also praktisch Labor. Und dort habe ich dann ein halbes Jahr gearbeitet. War sehr interessant, es war damals noch die alte Brauerei. Also man muss wissen, also der Freiberger hat ja komplett neu gebaut dann in den 90er-Jahren, aber ich war noch in der alten Brauerei. Und das war auch eine schöne Brauerei, nur habe ich eben gemerkt, ich bin jetzt nicht unbedingt der Typ für ein Angestelltenverhältnis, ja, ich wollte schon immer irgendwo mein eigenes Ding machen. Und die Idee war damals, eine kleine Gasthausbrauerei aufzumachen und dort Bier zu brauen. Ja, jetzt war natürlich das Problem als Student und man hat keinen Knopf in der Tasche, dann geht man zur Bank und die haben einen natürlich ausgelacht und haben, was, du willst Geld von haben? Ja, hast du irgendwelche Sicherheiten? Nee, natürlich nicht, also ging das alles nicht. Und so habe ich dann gesagt: „Okay, dann musst du halt anfangen, so die kleine Tippel-Tappel-Tour. Machst du eine kleine Kneipe auf und konzentrierst dich hauptsächlich auf das Bier, also auf den Bierverkauf.“ Und da hatte ich dann so eine kleine Spezialitätenkneipe, hab mir auch damals aus, woher war das, aus Karlsruhe belgische Biere besorgt. Da gab es so einen Laden, die hatten dort ganz, ganz viele belgische Bierstile, habe ich mir belgisches Bier besorgt, dann irisches Bier und, und, und, ganz viel, oder auch die Lindemanns, die Fruchtbier. Ich hatte ungefähr so 20, 25 Bierspezialitäten auf der Karte. Und nach einer Weile, nach ein paar Monaten habe ich mir überlegt, Mensch, du bist ja Brauer, du bist Braumeister, da kannst du doch dein eigenes Bier brauen. Und habe dann 1995 praktisch das angekurbelt, habe mit der Hygiene gesprochen, mit dem Hauptzollamt wegen der Biersteuer. Und dann ab 01.01.1996 habe ich dann meine erste Mini-Brauerei in Betrieb genommen. Das war letztendlich nur ein großer Kochtopf und eine Wäscheschleuder. Das war die Wäscheschleuder als Läuterbottich und den Kochtopf praktisch als Würze- und Maischepfanne. Und das hat aber trotzdem gut funktioniert, da kamen 50 Liter Bier raus. Und die 50 Liter Bier habe ich dann einmal in der Woche an einem speziellen Tag verkauft. Und das hat ungefähr einen Monat gedauert, dann war an dem einen Tag, war die Bude so voll, du hast keinen Platz mehr gefunden. Also habe ich gesagt: „Okay, aus den 50 Litern, da müssen jetzt 100 Liter werden!“ Und dann ging das so weiter und irgendwann war die Kneipe zu klein und dann habe ich mir überlegt, okay, jetzt brauchst du was Größeres und schon eine größere Brauerei. Habe durch Zufall eine Versteigerung einer Brauerei mitbekommen, bin dort hingefahren, habe da ein paar Gefäße ersteigert, also so 1.000-Liter-Gefäße, Edelstahl, eine Pumpe und einen Plattenkühler und das und das. Und dann habe ich mir in einer angemieteten Werkstatt eine kleine Brauerei zusammengebaut. Ein Stammgast von mir, der war Schweißer, der hat mir das Schweißen beigebracht, also Edelstahl schweißen. Und dann habe ich innerhalb von, na, einem halben Jahr, hatte ich dann meine erste kleine Brauerei, die war so 500 Liter und dann ging das los mit dem Friedrich´s Brauhaus. Also das Sudhaus war dann erst mal Geschichte, das war also die erste Kneipe und die zweite, das zweite Projekt hieß dann Friedrich´s Brauhaus. Und das habe ich dann immerhin acht Jahre betrieben, hatte dort regelmäßig immer vier Sorten Bier am Hahn, selbstgebraute Biere und konnte natürlich dann ganz, ganz viel rumexperimentieren. Also da ging das dann schon los mit Pale Ales, mit Stouts, Hanfbier gemacht, Wacholderbier. Also ich habe das ausgerechnet, ich habe bestimmt 100 verschiedene Biere irgendwo gebraut. Hatte den Vorteil, ich konnte es direkt an die Kunden verkaufen und die waren letztendlich meine Versuchskarnickel. Also es hat letztendlich eigentlich fast immer geschmeckt, also fast immer, es gab mal ein paar Ausrutscher, aber im Großen und Ganzen hat es gut funktioniert. Und irgendwann wurde auch das Brauhaus zu klein, man muss dazu sagen, es hatte trotzdem 180 Plätze. Und dann hatte ich eine Idee oder ist der Vermieter auf mich zugekommen, Mensch, wir haben hier ein großes Projekt. Und dann habe ich mich eingemietet in die Chemnitzer Innenstadt mit dem Karls Brauhaus. Man muss wissen, Karl-Marx-Stadt hatte ja diesen oder hat ja immer noch oder Chemnitz hat immer noch diesen großen Kopf, den Nischel und genau gegenüber von dem Nischel war dann das Brauhaus, deswegen habe ich es Karls Brauhaus genannt. Ja und dann hatte ich dort auch noch ein paar mehr Plätze und auch noch eine größere Anlage, auch wieder selber gebaut, damals 1.000-Liter-Anlage und dann ging das dort weiter. Und das habe ich dann zehn Jahre lang gemacht, habe mit dann allerdings mit dem Vermieter etwas überworfen und habe letztendlich nur den Mietvertrag, den zehn-Jahresmietvertrag erfüllt und gleich im Anschluss die Stonewood Brau Manufaktur gegründet, eröffnet, ja.

Markus: So, also da müssen wir jetzt mal einen Punkt machen. Wahnsinn, das war jetzt ein wirklich spannender Ritt durch eine Blitzkarriere von dem Mann, der mit leeren Taschen in die Bank geht und ausgelacht wird, zu dem, der dann eben mitten in der Stadt eine Hausbrauerei hat. Das ist ja wirklich eine tolle Geschichte. Und toll fand ich auch, dass du eben deine erste Kneipe schon Zum Sudhaus genannt hast. Das hat ja dann praktisch schon so ein bisschen die Richtung vorgegeben, in die man da am Ende des Tages auch gehen will. Und das klingt auch toll, also wenn du dann so selber dir das schweißt, du hast ja gesagt, was du da gekauft hast, war so ein 1.000-Liter-Dings. Hast du das da praktisch in der Hälfte auseinandergeschweißt und dann …

Michael Friedrich: Genau, genau.

Markus: Ah, genau.

Michael Friedrich: Richtig, ne, ich habe also praktisch das zerteilt, habe mir einen Edelstahlboden besorgt, habe den da praktisch dran geschweißt, habe ich noch einen Läuterbottich-Senkboden besorgt. Also das eine war dann der Läuterbottich, das andere war dann die Würzepfanne. Hatte noch glücklicherweise von einem alten Bierbrauer eine alte Hefepfanne aus Kupfer bekommen und aus der alten Hefepfanne habe ich mir dann eine Haube selber geschmiedet. Ja, in der Werkstatt, wo ich mich eingemietet hatte, da stand noch ein schöner großer Amboss und ich habe mir so ein paar schöne Hämmer besorgt, so ein paar Rundhämmer, wo man dann auch diese Wölbung schön raus arbeiten kann. Ja, ich muss dazu sagen, ich wollte früher eigentlich Kupferschmied werden, ja, das war mein erster Berufswunsch, daher habe ich eine gewisse Affinität zu Metall und vor allen Dingen zu Kupfer. Und das ging mir relativ leicht von der Hand, also dieses Kupferschmieden hat unglaublich viel Spaß gemacht und hat dann auch die Brauerei so schon interessant gestaltet. Also auch alles mit Transmission angetrieben, so alte Transmissionsscheiben. Also das war schon eine kleine tolle Brauanlage.

Markus: Also fast schon ein museales Brauen irgendwie gewissermaßen.

Michael Friedrich: Genau, genau, das war wirklich so, ja.

Markus: Jetzt hast du ja ganz viel erzählt, hast du vielleicht Durst bekommen und magst du noch ein anderes deiner Biere mit uns verkosten?

Michael Friedrich: Auf jeden Fall, also wir sind ja nicht zum Spaß hier. Ich habe hier ein sehr erfrischendes Bier, würde ich jetzt als zweites Bier hinterher schieben und zwar ist das ein schwarzes Weißbier. Ja, das klingt erst mal, wo man sagt: „Mensch, schwarz, das geht ja gar nicht.“ Doch, natürlich geht das! Ja, also Weißbier ist ja letztendlich ein Weizenbier. Und ich habe das sehr, sehr dunkel gestaltet, also mit ganz viel verschiedenem dunklem Malz. Also Carafa-Malz von eins, zwei, drei, ist dabei und noch Basismalze und so weiter, sodass man hier also einen sehr, sehr komplexen Geschmack hat. Und natürlich für die Hauptgärung eine schöne Weizenbierhefe, das relativ warm angestellt, dass man also hier wirklich auch viele Fruchtester hat. Weil, durch diese starken, die Malzkomponenten, die verschlucken etwas, diese typischen Aromen von Weizenbier, also die Banane und die Nelke und so muss man also auch mit der Temperatur noch ein bisschen Gas geben, das man also hier wirklich noch die Ester richtig schön raus kitzelt. Und rausgekommen ist ein durchaus sehr schwarzes Weizenbier, also wirklich sehr schwarzes Weizenbier, was aber auch einen schönen erfrischenden Charakter hat.

Markus: Da bin ich jetzt richtig neidisch, also weil, dunkles Weizen ist wirklich so ein bisschen mein Lieblingsbierstil und ist auch so ein bisschen im Foodpairing die eierlegende Wollmilchsau, kann man ja zu ganz vielen Dingen verwenden. Und das, ja, stelle ich mir jetzt richtig gut vor, coole Sache.

Michael Friedrich: Ja, ich habe mal in mein Regal gegriffen, habe jetzt ein schönes altes Glas, ein Tennent-Stout-Glas. Das ist so ein ganz Kleines, mit so 0,275 Litern Inhalt, also ein schönes geschmeidiges Glas. Also es muss nicht immer das Weizenbierglas sein, jetzt grade für das schwarze Weizen geht auch ein anderes Glas. Für mein helles Weizen würde ich natürlich ein Weizenbierglas nehmen, weil das ganz klassisch gebraut ist, aber das ist jetzt mal eher, ja, ein Kompromiss zwischen einem Stout und einem Weizen. Ein sehr angenehmes Bier. Ich nehme es auch immer selber gerne im Testing, ja, da kann man eine schöne Geschichte erzählen, vor allen Dingen, wie es entstanden ist. Also mir fallen ja frische Rezepte nicht einfach so ein, sondern meistens bei simplen Tätigkeiten wie zum Beispiel Staubsaugen oder Rasenmähen, da habe ich immer die besten Ideen. Und das ist mir tatsächlich beim Staubsaugen eingefallen.

Markus: Wahnsinn! Okay, also schon mal ein Kompliment, dass du Staub saugst und dann, dass dir noch Sachen dabei einfallen, fantastisch!

Michael Friedrich: Ja, der Schaum ist hier wirklich schön, also Cappuccino-farbener Schaum ist das hier, also sehr fest, sehr schön stabil, steht im Glas. Und die Farbe, also es ist nicht extrem schwarz wie zum Beispiel ein Imperial Stout, aber man kann hier, gegen das Licht, auf jeden Fall durchschauen, aber deutlich dunkler als ein klassisches dunkles Weizen. Ja, der Geruch schön fruchtig. Es erinnert mich immer so an so eine Gelee-Banane, also es gibt ja diese süßen Bananen in Gelee mit einem Bitterschokoladenmantel und an diesen Geruch erinnert mich das sehr, sehr stark. Also diese schönen Schokoladennoten, ein ganz leichter Hauch von Kaffee, aber eben hauptsächlich hier Bitterschokolade schon im Geruch. Also trotzdem schlank, also schön hochvergoren, man hat also eine schöne Spritzigkeit drin. Und der Hopfen ist ganz weit zurückgenommen, also der Hopfen spielt hier wirklich überhaupt keine Rolle. Ich habe hier wirklich eine ganz, ganz minimale Kleinsthopfung gemacht, damit hier wirklich diese Komponenten Malz und Hefe, also diese zwei wichtigen, also für ein Hefeweizen ganz wichtigen Bestandteile und grade für ein dunkles Weizen, haben wir auch das Malz. Und hier, wie gesagt, den Geschmack durch die Hefe, um das noch ein bisschen nach vorne zu bringen, deswegen eben hier eine ganz geringe Hopfengabe. Und ein sehr mildes Bier letztendlich, ist sehr schön zu trinken. Auch für den Sommer, also wenn es wirklich sehr heiß ist, hat das eine schöne erfrischende Wirkung. Und ich empfehle das immer auch wirklich mit Schokolade zu verkosten. Allerdings, hier muss man wirklich aufpassen, dass der Kakaogehalt genau passt, nicht, das hier irgendjemand verwirrt, bei dem Spiel. Also ich tippe dann immer so auf die 50 Prozent. Hier macht man da bei der Stärke nix falsch. Wenn ich jetzt ein Imperial Stout hätte, würde ich jetzt wahrscheinlich 80 Prozent empfehlen vom Kakaoanteil für die Schokolade, aber hier in dem Falle ist es ja etwas leichter als so ein starkes Stout und somit würde das hier eine schöne Kombination ergeben.

Markus: Ja, also jetzt grenzt das an Folter, muss ich sagen. Also, ja, das heißt, ich muss unbedingt mal wieder bei dir vorbeikommen und vielleicht ist ja dann noch ein Fläschchen davon da, schauen wir mal.

Michael Friedrich: Ja.

Markus: Ja, cool! Also auf jeden Fall viel Spaß mit deinem tollen Weizen. Wir können ja ein bisschen weiter durch deine Geschichte reisen sozusagen. Also du bist dann ja dazugekommen, diese Stonewood Schrägstrich Germania Brauerei zu machen. Da haben wir uns ja auch getroffen und das, muss ich sagen, hat mich total beeindruckt, also einerseits diese alten Anlagen, wo ja wirklich das ja eigentlich so ein Vulkangestein ist und wo das eben doch eine sehr alte Brauerei war, die ganz lange dort bestanden hat, noch dazu mit diesem Namen, und, ja, auch in Teilen eben noch den Räumlichkeiten da ist. Und wie du dann deine Sache da rein gebaut hast, das fand ich total faszinierend. Also ist ja so eine Mischung aus Brauerei und Museum und Verkaufsraum und Event-Raum und überall mit ganz vielen persönlichen Noten von dir, Bilder, Flaschen, Gläser, wie auch immer. Also total heimelig, man fühlt sich sofort ein bisschen Zuhause und das hat mich damals schon absolut begeistert. Und wie war das, also wie kam man überhaupt da drauf oder wie kamst du überhaupt da drauf, diese Räumlichkeiten auszusuchen? Und wie haben die Leute da drauf reagiert und wie ist das so gelaufen?

Michael Friedrich: Ja, das war letztendlich wie immer Zufall., Also ein Schulfreund von mir, der kam auf mich zu, der wusste, das ich mit meinem Vermieter von meiner letzteren Gasthausbrauerei etwas im Clinch lag und hat gesagt: „Du, ich habe hier eine Brauerei gekauft, im Gelände der Brauerei“ und das war eben die Germania Brauerei, „hast du nicht Lust, dort irgendwie ein Projekt mitzumachen?“ Und ich habe mir das so ausgerechnet, okay, also Gastronomie ist eh schwierig, und ich sage mal, das war tatsächlich auch die richtige Entscheidung zu dem Zeitpunkt und habe gesagt, okay, du bist ja eigentlich Braumeister, du bist Bierbrauer, Braumeister und befasst dich eigentlich hier fast nur mit Gastronomie, ich will aber eigentlich nur Bier machen. Und da habe ich gesagt: „Okay, machen wir das, ich gucke mir die Räume an.“ Die waren für mich absolut geeignet, waren zwar teilweise etwas groß, aber es weiß immer, es ist besser so, wenn es ein bisschen größer ist, weil, meistens bin ich immer irgendwann an meine Grenze gestoßen. Und wie gesagt, mein Lagerkeller ist Gott sei Dank riesig. Also ich habe einen riesen großen Lagerkeller und da brauche ich aber auch nicht viel Energie, um den Kühl zu halten, weil er eben schon unten im Keller ist und schon sehr, sehr dicke Wände hat, also ich brauche relativ wenig Energie dafür. Habe auch übrigens eine Energierückgewinnung, also die Wärme, die da entsteht, wird Warmwasser erzeugt. Ja und wie gesagt, damals ist das Projekt einfach so entstanden, dass ich sage, ich habe jetzt von der Gastronomie erst mal die Nase voll, ich mache jetzt nur noch Bier. Und ich hatte ja die Erfahrung aus der Gastronomie. Also ich konnte das ja kombinieren. Zum einen habe ich die ganze Zeit trotzdem Bier gebraut, auf der anderen Seite konnte ich aber auch mit Kunden sehr gut umgehen, oder kann nach wie vor, und mache ja auch meine Veranstaltungen wie früher. Also meine Braukurse, meine Bier-Testings oder mal eine Geburtsfeier, eine Brauereiführung, also alles Querbeet, was geht, was irgendwo Event-mäßig ist, was aber planbar ist. Also ich mache jetzt keine, wie früher, a-la-Carte-Geschichten, wo man guckt, wer kommt denn so jetzt mal um die Ecke, sondern ich habe konkrete Zahlen, es kommen 20 Leute oder, ich habe jetzt eine Anfrage für 100 Leute, ja, jetzt mal übertrieben und das ist alles realisierbar, ja. Also das macht schon Spaß, also macht mehr Spaß als damals diese extrem stressige Gasthausbrauerei, das war schon sehr, sehr stressig. Der Name Stonewood, das hat sich einfach nur ergeben, weil, wir haben ja in Chemnitz zwei ganz, ganz, ganz bekannte Sachen. Also einmal der Nischel, also der Karl-Marx-Kopf, der Nischel und ich wollte meine Brauerei jetzt nicht unbedingt Nischel-Bräu nennen oder so oder Nischel-Brauerei, das klingt immer etwas nach Kopfschmerzen, sondern irgendwie ein anderer Name. Und da fiel mir der versteinerte Wald ein, also der versteinerte Wald von Chemnitz. Ja, wer sich jetzt mit Chemnitz nicht auskennt, kann ich auch erklären. Also wir haben vor, ja, 293 Millionen Jahren auf dem Gelände, wo jetzt Chemnitz ist, einen riesen Urwald gehabt und dort war auch ein riesen großer Vulkan und der ist wirklich explodiert vor 293 Millionen Jahren. Hat dort jede Menge Tuff in die Atmosphäre gestoßen, also so Haufen Geröll und Staub und so weiter. Und durch die riesen Druckwelle hat es die riesen Bäume dort umgehauen und du wurden dann unter meterdicken Gestein begraben und im Laufe der Zeit versteinerten diese Bäume und wurden dann irgendwann mal, hat man angefangen im 17., 18. Jahrhundert, hier auf dem Gelände dann den ein oder anderen Baum, versteinerten Baum, auszugraben. Und das ist ein Highlight, weil es eben ganz bestimmte Fossilien sind mit einer ganz tollen Färbung. Wir habe da auch ein ganz großes Museum und da sind riesen Bäume, die sind 20 Meter hoch teilweise, die sind ausgestellt. Das war für mich ein Highlight, wo man sagt, okay, versteinerter Waldbrauerei, aber das klang eben irgendwie komisch. Und dann habe ich gedacht, okay, Stonewood, klingt doch einfach besser. Ja, also versteinertes Holz, Stonewood, das klingt cool, das klingt auch ein bisschen nach Craft Beer, so ein bisschen in die Richtung, wie du gehen willst, belassen wir es dabei. Und habe auch relativ zeitig schon den Namen patentrechtlich gesichert, weil ich mit solchen Sachen auch mal schlechte Erfahrungen gemacht habe. Da habe ich also ganz, ganz zeitig mir schon gesichert, den Namen und habe den erst mal in die Schublade gelegt, habe gewartet, was passiert. Ist nix passiert und dann habe ich den Namen einfach genutzt und nutze ihn nach wie vor, ja.

Markus: Ja, also das ist auch eine faszinierende Geschichte. Und ich muss auch sagen, wenn man so versteinerte Baumstämme sieht, das ist wirklich sehr, sehr eindrucksvoll, welche Farben sich da bilden und das beeindruckt mich wirklich auch jedes Mal. Und ist eine schöne Idee, sowas zum Namen von seiner Brauerei zu machen. Ja, nun bist du ja auch Biersommelier geworden. Hat sich das dann am Anfang von dieser Stonewood-Zeit ergeben oder wann kamst du auf diese Idee?

Michael Friedrich: Ja, genau, das war noch in meiner Zeit im Karls Brauhaus, in meiner letzten Gasthausbrauerei, da hatte mich irgendwann mal ein Vertreter angesprochen, also hier, der hatte mit Reinigungsmittel zu tun, Mensch, hier gibt es Biersommelier. Ich so, was, Biersommelier? Das war dann, ich glaube, 2013. Ich sage: „Mensch, okay, da muss ich mich jetzt mal drum kümmern, das klingt spannend.“ Weil ich ja schon immer viel mit Aromen zu tun hatte, egal ob das jetzt in der Zeit als Betriebskontrolleur war, aber auch bei mir beim Bier verkosten, da guckt man immer so auf die feinen Noten. Und da habe ich gesagt: „Okay, das wäre was für dich, das könntest du machen.“ Habe ich dann irgendwann mal, ging es dann erst 2014, weil alles schon voll war, ging es dann 2014 erst mit dem Biersommelier. Und dann hatte ich die Ausbildung auch schon absolviert und habe dann auch schon gleich auch Veranstaltungen gemacht, also Bier-Testings. Und dann, ein paar Jahre später habe ich mir überlegt, Mensch, du kannst doch auch mal zu so einer Deutschen Meisterschaft gehen. Und dann, meine erste Deutsche Meisterschaft, an der ich teilgenommen habe, ich weiß es gar nicht mehr, welches Jahr das war, aber es war erst mal Erfahrung sammeln, ich wusste ja gar nicht, was passiert. Hatte allerdings auch den Nachteil, ich war leicht erkältet und da hat man dann wirklich auch gar keine Chance. Also wenn man wirklich ein bisschen erkältet ist, dann kann man es eigentlich auch ganz sein lassen. Ich habe trotzdem mitgemacht, weil, ich wollte eigentlich das Grundprinzip erst mal erkennen, was geht da überhaupt ab. Und da habe ich, wie gesagt, überhaupt keinen Platz belegt. Und beim nächsten Mal habe ich gedacht, okay, jetzt gibst du mal richtig Gas! Und da bin ich ja dann ins Finale mit gekommen und stand dann in Nürnberg mit auf der Bühne, habe dann, ich glaube, den vierten Platz gemacht, ja, also da war ich auch noch nicht so weit vorne. Aber, wie gesagt, ich habe ja viel gelernt und vor allen Dingen, was ich gelernt habe, war eben dann mehr oder weniger die Rhetorik. Ja, damit hatte ich mich ja zuvor gar nicht befasst, ich habe immer nur auf das Technische geschaut, auf die Erkennung von Bierstilen, auf die Erkennung von Fehlaromen und so weiter, immer mehr oder weniger diese Aspekte. Aber die reine Rhetorik, das habe ich dann konsequent geübt bei mir, bei meinen Testings. Auch von der Sprachgeschwindigkeit, weil ich meistens eher zu schnell gesprochen habe, um ganz viel Information in einer kurzen Zeit unterzubringen. Und dann habe ich mir Zeit gelassen, habe Pausen gesetzt und die Stimme laut, leise und so weiter und das hat gut funktioniert. Und, ja und dann hat es eben dann irgendwann Mal gereicht und dann war ich dritter bei der Weltmeisterschaft.

Markus: Ja, also krasse Geschichte, ne, das muss man schon sagen. Und ich meine, auch für die Hörer, die sich da, vielleicht nicht so auskennen, es ist ja auch nicht so, dass es nur einen Biersommelier gibt, sondern das sind ungefähr 1.000 gewesen, glaube ich, zu dem Zeitpunkt, wo du da bei der WM dritter geworden bist. Und jetzt sind es, glaube ich, mittlerweile schon 1.500. Es gibt allein in Deutschland drei Institutionen, die Biersommeliers ausbilden, also ein riesen Ding mittlerweile geworden. Und da dann entsprechend abzuschneiden, da muss man schon wirklich sagen, Hut ab, auf jeden Fall! Und habe mich damals auch sehr für dich gefreut, ich habe das ja damals auch mitbekommen in unv. #00:46:44-1# und das ist ja schon, also ich habe auch mal eine Zeitlang die, in Anführungsstrichen, Nationalmannschaft trainiert. Das war, glaube ich, 2015, 16, 17, irgendwie so in dem Dreh, und haben wir auch sehr viel vorbereitet, gerade mit der Rhetorik. Und das stimmt schon, das ist halt bei den Biersommeliers immer so, jeder kann halt das, was er mitbringt. Und der eine macht die Ausbildung und ist zum Beispiel, wie du, schon Brauer und kennt sich eben super gut aus, was die Produktion angeht, was die Bierstile angeht und all das und hat dann eben seine Schwächen an anderer Stellen. Und andere, die kommen jetzt wirklich zum Beispiel aus dem Journalismus und haben erst mal keine Ahnung vom Bierbrauen und dann hat man eben da große Defizit, die man erst nach und nach so ein bisschen aufholen muss. Und das ist es eigentlich, was es auch so spannend macht, weil, am Ende ist es doch eine Gemeinschaft von lauter lieben Leuten, die sich alle gegenseitig auch helfen und unterstützen. Und das ist auch was, was ich sehr schätze! Also ich hoffe mal, du hast das auch so erlebt, das, egal wo man so hinkommt, wenn da irgendeiner ist, der auch Biersommelier oder Biersommeliär ist, dann ist man füreinander da und geht mal ein Bier miteinander trinken und stellt Sachen vor und öffnet Türen. Das ist doch einfach eine schöne Geschichte, oder?

Michael Friedrich: Ja, das ist eine schöne Community. Also das macht unglaublich viel Spaß, man lernt verschiedene Charaktere kennen und auch Sichtweisen. Also es ist wirklich extrem spannend, also wirklich extrem spannend! Und es ist ja nie Ende der Fahnenstange, es tut sich ja immer was, es gibt immer wieder neue Bierstile, neue Art, Bier zu verkosten und so weiter, also es ist ja kein Stillstand drin und deswegen bleibt auch Bier nach wie vor interessant. Es wird auch in einer Million Jahren noch interessant bleiben, wenn es denn so hoffentlich wird. Also wie gesagt, ich lerne ja auch jeden Tag dazu, jeden Tag lerne ich immer was dazu. Und man muss dann, grade auch als Biersommelier oder als Brauer, Braumeister, natürlich trotzdem immer kritisch sein, auch selbstkritisch sein und auch mal Kritik zulassen, sich mal was von jemand anderes anhören oder hier sagt: „Mensch, guck dir das mal an, wie ich das mache und sage mal deine ehrliche Meinung.“ Und nur so kann man dann wirklich konkret nach vorne kommen. Ja, also wenn man jetzt von vielen Leuten so beweihräuchert wird, das ist dann immer schwierig, dann nach vorne zu kommen. Also ich freue mich immer über eine gut angebrachte Kritik, die auch fundiert ist, wo man dann sagen kann: „Okay, hier kann man jetzt an sich noch feilen, arbeiten, um das noch besser zu machen.“ Und das ist ja auch zum Vorteil der anderen, also man bringt ja letztendlich das Bier nach vorne. Ja, also den Gedanken, wir haben hier ein tolles Getränk, wir haben ja eine tolle Braukunst und warum soll ich das verbergen und warum sollen wir uns hier irgendwo verstecken mit unseren schönen Sachen. Wir sollen das den Leuten ja auch schön präsentieren und schmackhaft machen, ja. Und das Ergebnis sehe ich dann immer bei den Testings, wenn die Leute dann rausgehen und sagen: „Ach, weißt du was, ich nehme noch das, das, das, das, das Bier mit, ich kaufe noch Bier.“ Ja, das ist dann auch eine Bestätigung, dass es funktioniert und dass es den Leuten einfach auch Spaß macht.

Markus: Ja und das ist jetzt quasi auch eine Steilvorlage für mich, das nächste Bier aufzumachen, das mache ich jetzt nämlich auch mal. Und zwar, da steht hier Bali Barrique drauf und Oak Aged 2020, limitierte Abfüllung, 1.050 Flaschen. Okay, also ich mache mal auf. So! Aha, also das ist ein bisschen heller als das von eben, also, ja, würde ich sagen, so nussbraun, dunkle Haselnuss vielleicht. Es ist, ja, opal, also man kann zumindest einen Schimmer noch durchsehen. Es hat einen richtig intensiven Rotstich, das hat man schon beim Einschenken gesehen, also sehr schön rötlich. Dann hat man oben auch einen schönen, ja, so nussbraunen Schaum, der schön steht auch. Jetzt rieche ich mal hier rein. Ah, ja, das ist jetzt ein sehr komplexes Aroma, also da spielen ganz viele verschiedene Sachen mit. Also einerseits auf jeden Fall Röstaromen, Schokolade, Kaffee, Cappuccino, sowas. Aber dann sind so Gewürze, kräutige Aromen dabei und Früchte, rote Früchte, so eine Süßkirsche, so eine Schwarzwälder süße Kirsche, würde ich sagen. Dann auch wieder so eine weinige Note. Interessant, also ein bisschen ähnlich wie das andere, aber das geht jetzt eher in so einen Weinrot, wenn ich mir so einen spanischen Rioja vorstelle, was richtig Schweres. Und auch da wieder so ein bisschen Gewürztöne auf jeden Fall mit dabei. Ein bisschen Karamell, ein bisschen Vanille. Jetzt probiere ich mal einen Schluck. Hm, also ein ganz schönes Mundgefühl schon mal. Das begeistert mich total, ganz weich, ganz cremig, ganz rund und es hat ja fast zehn Prozent, ist aber dafür ganz geschmeidig. Auch von der Säure her, sehr angenehm, sehr ausgewogen, nicht zu viel. Und hinten raus eine schöne nette Bitternote, die einfach, ja, kurz da ist, aber sich dann wieder verabschiedet, dann kommt auch der Alkohol so ein bisschen durch. Und, also am Anfang des Trunkes ist es auch nochmal sehr so eine Kirsche-, Johannisbeernote, geht dann kurz in die Schokolade, in den Kaffee und dann klingt es eben so aus. Also ein spannendes Bier, auf jeden Fall, ein tolles holzfassgereiftes Bier. Und ich muss auch sagen, was da ja immer das Thema ist, auch in den Wettbewerben, es muss beides sein, also man muss man das Holzfass gut erkennen, aber man muss eben auch das Bier noch gut erkennen. Und oft ist es ja so, dass man praktisch nur noch Holzfass schmeckt und das ist ja dann eigentlich ein bisschen schade und verfehlt dann auch so ein bisschen den Sinn. Und hier ist das richtig schön gemacht! Also toll, auch hier, Glückwunsch! Ich hätte dir jetzt gerne ein bisschen Feedback gegeben, ein bisschen Kritik, aber mir fällt grad nix ein, vielleicht kommt noch was. Was versteckt sich denn dahinter, von deiner Seite?

Michael Friedrich: Ja, also das ist eigentlich ein traditionell gebrauter Bräuwein und bis Dato habe ich oder, ich probiere ja auch immer wieder alles Mögliche aus, Bali-Wein lasse ich ja bei mir zum Beispiel auf Eichenholz reifen, also auf letztendlich Chips. Also, ich sage mal, so ein Fass ist mir einfach zu teuer, muss ich ehrlich zugeben. Und da nehme ich halt praktisch die, gibt es ja handelsübliche Chips, jetzt Eichenholzchips. Die legt man dann im Lagertank vor und holt dort noch die Aromen raus. Und wie gesagt, ganz normales Whiskyholz … ja, ich will jetzt keinen Namen nennen, ja, es gibt ja einschlägige Anbieter für solche Produkte. Und dann reift der wirklich relativ lange, also normalerweise der Bali-Wein und hier habe ich mir überlegt, ich fülle das jetzt einfach mal in ein Rotweinfass, eine Erstbelegung. Also ein schönes kräftiges, ich glaube, das war sogar spanisch. Wir haben ja hier in der Nähe einen sehr guten Händler, der die Fässer wirklich sehr preiswert verkauft. Und dort habe ich diesen Bali-Wein dort rein gefüllt, habe den ungefähr, ich sage mal, drei, maximal vier Monate drinne gelassen und dann in Flaschen gefüllt, vorneweg nochmal eine kleine Speise gegeben, also ein bisschen nochmal Extrakt wegen der Flaschengärung. Und, ja, dann habe ich das einfach auch wieder sich selbstüberlassen und war dann über den Geschmack wirklich, war ich sehr begeistert. Also ich war sehr begeistert, eben diese Kirschnoten, diese schwarze Johannisbeere, also die sind wirklich, die sind ja sehr dominant für mich, also in der Nase. Also wirklich, die riecht man, die schmeckt man und dann hat man eben diese filigranen Töne im Hintergrund und die sind so vielschichtig. Und das Interessante bei dem Bier ist, wenn man das kalt anfängt zu trinken und dann mit der Zeit, ruhig wirklich Zeit lassen und dann, wenn das immer wärmer wird, dann entdeckt man wieder ganz neue Aromen, die man vorher gar nicht geschmeckt hat. Also wirklich, das ist ein Bier, da kann man an so einer kleiner Flasche, eine 0,33-Flasche ist das, da kann man durchaus zwei Stunden ganz in Ruhe vor sich hin sinnieren und immer mal einen kleinen Schluck nehmen und mit jedem Schluck schmeckt das wieder ein My anders.

Markus: Ja, also kann ich jetzt allein schon in den letzten fünf Minuten bestätigen, es entwickelt sich wirklich ganz, ganz toll und entwickelt immer mehr von diesen fruchtigen Aromen. Also das ist wirklich sehr schön und würde man ja so von einem Bier normalerweise gar nicht erwarten. Das ist dir auch wieder gut gelungen, muss man sagen. Ja, wir biegen so langsam auf die Zielgerade ein, aber vielleicht magst du dir für den Abschluss noch ein Bierchen aufmachen?

Michael Friedrich: Ja, also ich habe jetzt die Auswahl, ich hätte ja sonst gesagt, ich mache mir jetzt mal einen dunklen Bock auf, aber, ich entscheide mich jetzt auch für ein Weizen. Ich bin ja eigentlich immer der Fan von den ganz, ganz leichten Bieren, muss ich ehrlich zugeben. Also bei mir kommt es jetzt nicht immer auf den Alkohol drauf an. Den finde ich manchmal sogar eher hinderlich. Wenn man gerne Bier trinkt, ist er irgendwann mal sehr störend, deswegen habe ich mich mit der Zeit so auf sehr, sehr leichte Biere verlegt, mit aber viel Geschmack. Hier habe ich jetzt allerdings ein Weizenbier, ein Food Garden, nennt sich das, ist also ein kaltgehopftes Weizen, ein klassisches helles Weizen mit einem amerikanischen Hopfen. Ich lege mich da nie fest, am Anfang habe ich hier mich festgelegt, dass ich nur Citra rein gegeben habe zum Stopfen, jetzt mittlerweile probiere ich jetzt. Das ist ja Wahnsinn, was es immer wieder an neuen Hopfensorten gibt und deswegen probiere ich immer was aus. Und jetzt müsste ich mal überlegen, was ich hier gegeben habe, ich glaube, es könnte neuseeländischer Wai-iti oder so, ja, glaube ich. Ja, also ich habe die Namen jetzt nicht alle im Kopf. Auf jeden Fall hat er eine sehr schöne Citruskomponente, also sehr frische Note, der Hopfen hat wenig Alphasäure und hat aber viel Hopfenöl. Das ist ja das, was ich hier erreichen möchte, ich möchte dieses Bier also wirklich hier mit dem Hopfen im Geschmack sehr frisch gestalten. Das ist an und für sich ein schönes Sommerbier, wird aber von mir persönlich sehr gerne mal zwischendrinne getrunken, weil es einem wirklich die Zunge auch ein bisschen schön frisch macht und Spaß macht. Ja, jetzt habe ich es mir eingeschenkt, es ist für ein Weizenbier relativ klar. Ich habe die Flasche jetzt mal nicht unbedingt geschüttelt hier, weil ich grade am Schreibtisch sitze und da kann es durchaus mal zu Überraschungen kommen. Der Schaum ist, ja, feinporig, ist jetzt ein nicht ganz so extrem ausgebauter Schaum. Also die Karbonisierung ist jetzt nicht so extrem ausgebaut, man könnte es theoretisch aus der Flasche trinken. Aber von der Farbe her hat es eine schöne, sehr kräftig goldgelbe Farbe, also sehr einladend. Der Geruch ist ja wirklich schön, also Limette, Limette hier, Litschi, Limette, also die stehen hier sehr deutlich im Vordergrund. Und von den klassischen Weizenbieraromen, also ganz subtil im Hintergrund ein bisschen Banane, aber wirklich, die versteckt sich wirklich hinter diesen sehr dominanten Früchten, also schon erst mal Frische in der Nase. Jetzt nehme ich mal einen schönen Schluck.

Markus: Prost!

Michael Friedrich: Ja, hat trotzdem eine schöne Vollmundigkeit, sehr angenehm. Sehr, sehr angenehm! Und ist nicht bitter, muss man dazu sagen, also den Hopfen merkt man schon, aber eben überhaupt nicht aufdringlich, der Hopfen, eher so ein Hauch, der über die Zunge geht, der in die Nase steigt. Also diese Litschi und, ja, ist auch ein bisschen Mango mit dabei, also sehr erfrischendes Bier. Kann man auch gerne mal eine Mango dazu essen, einfach so portioniert. Einen leichten Käse, also ich würde da hier vielleicht hier so einen ganz leichten Ziegenfrischkäse dazu empfehlen, ja oder einen ganz, ganz sanft geräucherten Fisch. Ja, also das, wunderbare Kombination hier. Also, ja, ich ärgere mich jetzt, dass ich kein Essen hier habe.

Markus: Ja, siehst du, da haben wir was gemeinsam. Nein, wunderbar. Ja, wir waren ja jetzt im letzten Jahr angekommen da, wo du ja dann die Deutsche Meisterschaft gewonnen hast. Und das war auch ein großer Punkt und da würde mich auch nochmal interessieren, wie hast du das so erlebt und was passiert so danach?

Michael Friedrich: Ja, wie habe ich das erlebt? Also die Deutsche Meisterschaft ist ja mehrfach verschoben worden, ja, das war immer so eine Zitterpartie, wann können wir sie denn machen, wann können wir sie denn machen? Und ich habe auch wirklich immer vorneweg richtig, richtig geübt und trainiert und gemacht und getan. Dann kam Corona dazwischen, dann konnten wir keine Veranstaltung machen. Also auch eine relativ lange Trainingspause letztendlich, ich trainiere ja immer gerne mit Kunden, hier mit Gästen und das war eben leider nicht gegeben. Und so habe ich eben erst mal meine Sensorik ein bisschen persönlich trainiert und auch ein bisschen das Geschichtswissen. Also auch Brauereien gebüffelt praktisch, ein bisschen Grundwissen von der ein oder anderen Brauerei, die es so weltweit gibt. Das ist ja auch wichtig, wenn man bei so einer Meisterschaft antritt, dass man da seine Schubladen ordentlich füllt mit Wissen, und habe nochmal ein bisschen ein Coaching gemacht mit einem, ja, einem Stadionsprecher. Das war sehr, sehr interessant, weil die Stadionsprecher, die haben da eine ganz andere Art zu reden. Also so einfach mal so einen Running Gag mit reinzubringen und das auch wieder üben, das man sowas in der Schublade hat, einfach so einen Running Gag in der Schublade. Und wenn es dann passt mit der Biersorte, die man bekommt, ja, dann kann man den bringen und das bleibt auch im Gehirn haften von den, ich sage mal, Kampfrichtern letztendlich, so dem entsprechenden Kollegium, was die Leistung bewerten, ja, also solche Sachen, ne. Letztendlich war es dann soweit, die Deutsche Meisterschaft unter Corona-Bedingungen, ja. Und ich bin eigentlich relativ entspannt an die Sache rangegangen. Also das ich jetzt den ersten Platz unbedingt machen wollte, war eben gar nicht so. Das war vielleicht ganz gut, da ist man wirklich ganz, ganz, ganz entspannt rangegangen. Ich hatte aber auch überhaupt kein Lampenfieber, muss ich ehrlich sagen, das habe ich im Laufe der Zeit verlernt, Lampenfieber. Ich muss dazu sagen, ich habe ja früher sehr viel, also noch vor meiner Selbstständigkeit war ich Tänzer und habe sehr viel vor Leuten getanzt, also richtig vor vielen Leuten getanzt, und da hat man dann auch kein Lampenfieber, wenn man dann vor ein paar 1.000 Leuten auftritt. Und deswegen habe ich dann auf der Bühne auch kein Lampenfieber. Ganz im Gegenteil, ich versuche dann immer die Bühne wirklich zu rocken, also als sogenannte Rampensau und dort einfach, ja, wie wir jetzt zusammen hier, so rede ich dann auch auf der Bühne, also ganz normal, ohne zu stocken, und als ob das alles meine Kumpels sind, die da vor mir sitzen, so muss man dann auch rangehen. Und letztendlich hat das Konzept, ja, funktioniert. Ich hatte auch Glück natürlich mit der Zulosung. Im Halbfinale hatte ich das Aventinus, den Doppelbock, denn, der lässt sich ja sehr leicht erkennen im Geschmack. Und habe dann auch tatsächlich auf der Bühne auch den Namen gesagt, dass es eben ein Aventinus ist von Schneider, Kehlheim. Und dann im Finale, da bekommt man ja das Bier zugelost und da hatte ich auch wieder etwas Glück mit dem Eisbock der Kulmbacher Brauerei. War dadurch, dass ich ja auch in Kulmbach gearbeitet habe, konnte ich natürlich auch ganz, ganz viel aus meinen Schubladen raus kramen und noch ein bisschen was dem Nähkästchen plaudern. Also das hat dann auch die Jury überzeugt, dass es eben ein schöner Vortrag war, das Bier war schön beschrieben, also war überzeugend. Und wie gesagt, hätte ich vielleicht ein anderes Bier bekommen, hätte es auch anders ausgehen können, muss man dazu sagen, also man muss auch immer mal ein bisschen Glück haben. Aber bis man erst mal ins Finale kommt, da muss man auch mit Leistung überzeugen, also sensorischer Leistung überzeugen und Kenntnisse vom Bier haben. Das ist aber auch wichtig zu wissen, also man landet nicht einfach im Finale, wenn man sich mit Bierstilen da auskennt oder mit Aromen da auskennt. Also wenn man ins Finale kommt, dann gehört eine Portion Glück dazu, dass man ein schönes Bier zugelost bekommt. Hätte ich jetzt ein Bier bekommen, wo ich gar nichts gewusst hätte, dann hätte das auch ganz anders ausgehen können.

Markus: Ja, aber in gewisser Weise ist ja das Glück dann auch mit den Tüchtigen. Und trotzdem muss man sagen, der Kulmbacher Eisbock ist ja als Bier gar nicht so ohne, weil er ja kein klassischer Eisbock ist, trotzdem ein richtig toller Doppelbock. Also ein Bier, was ich auch sehr gerne mag, was aber, glaube ich, die Leute jetzt außerhalb des näheren Umkreises von Kulmbach wahrscheinlich gar nicht kennen, weil es ja gar nicht so groß vertrieben wird. Also das finde ich schon spannend und dann ist es auch aller Ehren, dass du dann mit diesem Bier auch entsprechend abgeräumt hast. Ja, wie ging es denn dann weiter? Also im Fernsehen hat man dann ja immer, das sieht man jemand gewinnen und dann regnet es Konfetti von oben und dann passiert ganz viel, und du bringst eine CD raus und bist dann weltberühmt. Aber wie muss man sich das vorstellen?

Michael Friedrich: Ja, natürlich haben dann ganz, ganz viele Medien Schlange gestanden, also erst mal unglaublich viel Gratulation. Also, wie gesagt, ich habe mich dann versucht, 1.000-mal zu bedanken. Also vielleicht ist es hier nochmal, durch diesen Kanal, nochmal ganz, ganz vielen Dank an alle, alle, alle, die mir gratuliert haben und auch alle, die mir den Daumen gedrückt haben. Also, wie gesagt, war eine tolle Sache! Und, ja, also auch wirklich, ich muss großes Lob auch an die Presse, Presseabteilung, den Michael Busemann, der Clemens, der hat das ganz toll gemacht, dass da wirklich hier diese Presseinfo sofort raus geballert, ja. Ich sage mal, eine halbe Stunden später wusste das schon ganz Deutschland, dass ich Deutscher Meister bin, ja, das war wirklich sensationell. Und dann natürlich einen Tag später, dann ging das früh los, Telefon hier, wir hätten gern ein Interview hier und der MDR, also Mitteldeutsche Rundfunk, also MDR-Fernsehen war da und Radio Chemnitz und so weiter, also ist ja alles regional und war unglaublich toll, also es hat Spaß gemacht. Und dann kamen natürlich auch ganz, ganz viele Kunden, die aus Chemnitz kommen und die mich noch gar nicht kannten, da sagten: „Wir haben das gelesen in der Zeitung und wir möchten gern mal Ihr Bier probieren und so weiter.“ Also das hat schon einen guten Umsatz gebracht auch und der Bekanntheitsgrad gestiegen. Also ich bin da echt dankbar, also wirklich, eine ganz, ganz schöne Sache! Ja, jetzt bin ich allerdings, muss ich dazu sagen, ich bin jetzt hier kein so klassischer Blogger, ja, also der jetzt permanent im Internet ist. Dadurch, dass ich natürlich in meiner Brauerei, dass ich die alleine betreibe, bin ich den ganzen Tag wirklich am Bier brauen, das ist wirklich so und dann bleiben immer am Tag so ein paar Minuten, um mal was loszuwerden, ja, im großen weiten Netz. Und das muss ich allerdings, selbstkritisch gesehen, nochmal ein bisschen verbessern, dass man als Deutscher Meister da noch ein bisschen mehr machen muss, um vielleicht nochmal ein Statement da abzugeben. Aber, wie gesagt, letztendlich bin ich ich, ja, ich bin halt der Brauer, Braumeister und freue mich natürlich über den Titel des Deutschen Meisters. Und hoffe auch, dass ich bei der Weltmeisterschaft, die ja im September in München ist, dann auch einen sehr guten Platz belegen werde.

Markus: Ja, also da drücken wir dir natürlich alle ganz fest die Daumen. Und ich muss auch sagen, ich finde das persönlich auch ganz, ganz klasse, weil, also das Ganze hat ja angefangen mit diesen Deutschen Meisterschaften 2013, damals war das noch der Vorentscheid für die Weltmeisterschaft und das haben wir damals ausgerichtet hier bei uns, von der Deutschen BierAkademie in Hallerndorf. Und da kamen wir dann auf die Idee, wenn wir einen deutschen Vorentscheid machen, dann könnten wir das doch auch Deutsche Meisterschaft nennen. Und da war dann damals der Dominik Maldo da, hat das damals gewonnen und war dann auch tatsächlich zum ersten Mal, dass die Presse das wirklich so aufgenommen hat und einen Deutschen Meister der Biersommeliers als etwas Berichtenswertes empfunden hat. Und das fand ich damals auch schon spannend, der war dann auch am nächsten oder übernächsten Tag, war er auf der Titelseite von der Bild-Zeitung und das ist wirklich toll. Und da, muss ich sagen, sieht man eben auch, wie sich das weiterentwickelt hat und wie das mittlerweile eben eine feste Institution ist und wie natürlich auch der Wettbewerb sich ganz anders vergrößert hat. Also damals waren das insgesamt vielleicht so 40, 50 Teilnehmer oder so, maximal und das ist jetzt natürlich alles ein bisschen anders. Also, total spannend, total klasse und freut mich auch, dass es dir natürlich entsprechend hilft und geholfen hat. Vielleicht zum Abschluss noch die Frage, hast du besondere Pläne jetzt für dieses Jahr, besondere Biere oder machst du eine besondere Vorbereitung für die WM oder wie sieht es da bei dir aus?

Michael Friedrich: Ja, also ich habe natürlich jetzt dadurch, dass sich die Lage wieder etwas entspannt hat und die Veranstalter ja schon mit den Hufen scharren, habe ich mich jetzt für relativ viele Veranstaltungen schon angemeldet, also verschiedene Bierveranstaltungen jetzt mit Ausschank und so weiter. Und das ist für mich ja immer auch Trainingseinheit letztendlich, vor Kunden, vor Publikum, dort zu agieren. Und, ja, ansonsten natürlich wieder neue Bierstile zu brauen und mich dann im Sommer oder wenn ich mal etwas eine Muse habe, mich noch mehr mit dem Thema Brauereien weltweit befassen, Bierstile, grade in Richtung Belgien nochmal mehr zu vertiefen. Grade in Hinsicht auf die Weltmeisterschaft, dass man da noch einige Wissenslücken nochmal schließt. Und, ja oder englische Biere vor allen Dingen, ja, die werden ja meistens ein bisschen stiefmütterlich betrachtet, der englische Bierstil teilweise, klassische englische Bierstile. Ja und hier nochmal ein bisschen nachlegen. Also kein Stillstand, also sowohl beim Bierbrauen bei mir, also ganz viele neue Ideen, Sorten, als auch beim Biersommelier, bei der Weiterentwicklung. Vielleicht noch den ein oder anderen Kurs belegen, muss ich mal schauen, ob ich Zeit habe. Das ist immer ein Faktor bei mir, der extrem dünn ist, der Faktor Zeit. Und, ja, das ist aber wahrscheinlich bei vielen so.

Markus: Ja und immerhin, also dein Motto, muss ich sagen, nie stillstehen, immer weiter, das ist auf jeden Fall gut und bringt, also bewegt mich auch letzten Endes und das finde ich auch so spannend. Ich danke dir ganz, ganz herzlich für dieses tolle Gespräch, diesen, ja, Rundumschlag durch deine Geschichte. Und das finde ich auch insgesamt einfach eine ganz, ganz spannende Sache, wie man eben mit 14 Jahren schon über das Thema Bier stolpert und dann da ja wirklich eine ganz, ganz spannende, ja, Karriere oder einen tollen Lebenslauf einfach hinlegt, der allen Freude macht. Und dementsprechend möchte ich auch alle Hörer einladen, also wenn ihr irgendwie könnt, fahrt nach Chemnitz, schaut euch das an, besucht den Micha, es lohnt sich in jeder Hinsicht, also sowohl menschlich als auch bierlich und genießt die tollen Biere. Also und dir alles Gute, ich drücke ganz fest die Daumen auch für die WM natürlich. Und wer weiß, vielleicht sehen wir uns ja vorher in Belgien oder England oder sonst irgendwo, würde mich freuen.

Michael Friedrich: Das würde mich freuen, oder in Bamberg, oder in Bamberg.

Markus: Oder in Bamberg, du bist natürlich wie immer ganz herzlich willkommen.

Michael Friedrich: Ja, ich bin gerne in Bamberg, ja, ist eine sehr schöne Stadt.

Markus: Okay, na dann, bis dahin, auf jeden Fall noch einen wunderschönen Abend heute dir.

Michael Friedrich: Danke, dir auch, danke.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 82 – Interview mit Florian Erdel, Biersommelier und hochdekorierter Hobbybrauer aus Bruchsal

Florian Erdel entdeckte als junger Mann nach und nach die Welt der Biere und entschied sich dann, schweren Herzens, sie nicht zum Hauptberuf, sondern zum Hobby zu machen. Doch wie so oft kann so ein Hobby bei uns Männern zur Profession und in gewisser Weise auch zur Obsession werden. Das führte dazu, dass bei Florian mittlerweile eine Brauanlage im Keller steht, nach der sich so mancher gestandene Brauer die Finger lecken würde, inklusiver einer beeindruckenden Hefebank mit mehr als 100 verschiedenen Stämmen. Kein Wunder also, dass der Biersommelier mittlerweile bei zahlreichen Wettbewerben zu den Preisträgern gehört und gerade im Bereich Kreativ- und Sauerbiere zu den absoluten Koryphäen des Landes zählt. Deswegen ist er auch Dozent an der Deutschen BierAkademie und sorgt für die gute Ausbildung der neuen Biersommeliers. Im BierTalk verkosten wir einige seiner Schätze aus dem Bierkeller, darunter ein Solera-Bier, ein Grape Ale und eine Berliner Weisse mit Lavendel und Schwarzen Johannisbeeren…

Kommt in unsere Facebook-Gruppe und diskutiert mit: https://www.facebook.com/groups/bierakademie

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Ja, hallo Freude des BierTalks, wir grüßen euch und haben natürlich wieder einen tollen Gesprächspartner, in dem Fall Florian Erdel und das ist ein ganz berühmter Hobbybrauer mittlerweile, also das kann man wirklich sagen. Der kommt aus Baden-Württemberg, aus Heidelsheim. Wo das ist, wird er gleich sicher noch erklären. Ja, Florian, grüß dich und herzlich willkommen zum BierTalk.

Florian Erdel: Hallo, auch herzlich willkommen von meiner Seite. Vielen Dank, dass ich in eurem tollen Podcast zu Gast sein darf. Genau, wie der Holger schon eingeführt hat, Florian Erdel mein Name, komme aus dem nordbadischen Heidelsheim, aktuell wohnhaft. Das gehört zu Bruchsal, ist die nächstgrößere Stadt, für alle Zuhörer. Wo das weiterhin unbekannt ist, Bruchsal ist eine Stadt zwischen Heidelberg und Karlsruhe und die A5 geht da direkt dran vorbei, daher hat es der ein oder andere vielleicht schon mal auf der Autofahrt gelesen. Und dort bin ich auch aufgewachsen, in dem kleinen Dörfchen hier in der Nähe, das heißt Hambrücken. Das heißt, soweit habe ich es nicht geschafft. Ich bin beruflich Diplomingenieur Maschinenbau und meine Leidenschaft gehört seit circa 2012 beziehungsweise meine Leidenschaft, meine ganze Freizeit, also rund um das Thema Bier. Hobbybrauer bin ich seit 2015, habe auch mittlerweile, ja, so circa 160 Sude auf dem Buckel, vieles ausprobiert. Das ein oder andere werden wir da heute noch vorstellen, von den aktuellen Experimentalgeschichten. Neben dem eigentlichen Hobbybrauen bin ich auch Hobbyhopfenbauer, wenn man es möchte, mit knapp über 20 Hopfenpflanzen. Und der ein oder andere kennt mich vielleicht unter meinem Pseudonym, wenn man so möchte, CHAOS Homebrewing, da blogge ich seit drei Jahren ziemlich regelmäßig bei Instagram und demnächst geht auch noch eine Webseite Online, ob das Ganze dann nochmal ein bisschen detailliert aufgezeigt wird, was so im Braukeller stattfindet. Seit Ende letzten Jahres bin ich International Biersommelier. Das hat einfach sich angeboten, weiter das Bierthema zu vertiefen. Und allgemein, kann man sagen, interessiert mich alles, was mit Sauerbier zu tun hat, Hefe zu tun hat und, ja, je wilder desto besser, würde ich sagen.

Holger: Ja, super, vielen Dank für die Vorstellung und da werden wir gleich auch noch, ja, rein schmecken und uns das mal zu Gemüte führen, was du da in deinem Braukeller alles so zauberst. Und mit dabei ist natürlich auch der Markus. Hallo, Markus.

Markus: Hallihallo, grüß euch! Ich freue mich schon sehr auf diesen BierTalk.

Holger: Sehr gut, also dann haben wir ja jetzt quasi das Muss erfüllt und können jetzt quasi zur Kür kommen. Womit fangen wir denn an? Also, ich sage mal, die sind so verrückt, die Biere und dazugehörigen Bierstile, dass man eigentlich gar keine Reihenfolge so richtig festlegen kann. Also man könnte jetzt nach Alkohol gehen, man kann nach Aussehen gehen, wir können uns entscheiden, ob Glas oder Korken oder Dose oder alles eigentlich.

Florian Erdel: Ja, also, ja, ist tatsächlich schwierig. Ich glaube, die klassischen Regeln, die es da so gibt für, wie man ein Testing machen würde, die ziehen da nicht so wirklich. Meine Empfehlung wäre, oder Vorschlag, dass wir mit dem einzigen Nicht-Sauerbier beginnen, das wäre das Coconut Sunset, ein New England Milkshake Double IPA. Das ist auch tatsächlich die Dose, die ihr vor euch habt. Die ist nicht Daheim gebraut worden, die ist bei BRLO letztes Jahr im April eingebraut worden auf einer 20-Hektoliter-Anlage. Und war dann eben kurze Zeit, bis das eben vergriffen war, dann im Handel verfügbar. Dementsprechend ist es für ein Neipa, hat das Ganze schon ein paar Monate hinter sich. Ist ja jetzt ein Bierstil, dem man eigentlich nachsagt, dass der sich nicht so gut altern lässt. Ich habe grad gestern nochmal, zum letzten Test, nochmal eine Dose probiert, weil ich noch ein paar habe und aus meiner Sicht, das werden wir ja gleich sehen, wie ihr das einschätzt, bietet sich dieses, weil es eben auch double ist und entsprechende Alkoholstärke hat, durchaus ganz gut zum agen an, wie ich das finde, ja.

Holger: Ja, das ist doch eine gute Idee, also dann köpfen wir zunächst mal die Dose. Also du hast es jetzt so ganz flüssig und schnell da durchgerasselt, aber das können wir vielleicht nochmal in Scheiben schneiden. Also Coconut Sunset, New England IPA und dann sprichst du noch von double, wahrscheinlich wegen des Alkoholgehaltes von 7,5 Prozent.

Florian Erdel: Richtig, genau.

Holger: Und was wir gar nicht erwähnt haben, was ich also ausgesprochen wichtig finde zu erwähnen, ist, es war das beste Kreativbier bei der Deutschen Meisterschaft der Hobbybrauer. Also das muss man ja erwähnen, das hast du gar nicht gesagt.

Florian Erdel: Richtig, habe ich unterschlagen, ja, richtig, ja.

Holger: Also, aber, ich habe aufgepasst! Und jetzt mache ich hier die Lasche hoch. Zack und rein damit ins Gläschen. Oh ja, oh ja, oh ja, oh ja, oh ja! Ja, was soll ich sagen? Das riecht schon mal sehr fruchtig, ist richtig schön naturtrüb, hat einen ganz tollen weißen Schaum. Ich weiß gar nicht, also ich fange jetzt schon an mit dem Beschreiben. Soll ich es machen oder will es einer von euch machen, um Gottes Willen?

Florian Erdel: Mach gerne weiter.

Markus: Naja, wenn du schon angefangen hast, bitte schön!

Holger: Genau, also wenn man jetzt reinriecht, dann hat man schon auch so die typischen Noten in der Nase von einem fruchtigen IPA, aber natürlich auch eine Ananasnote, die man auch riecht. Ich nehme mal einen Schluck. Ah ja, Wahnsinn! Also, ja, Pina Colada, würde ich sagen, kommt einem da entgegen.

Florian Erdel: Ja, absolut richtig, das war tatsächlich, wie das Ganze 2019, Anfang 2020, dann bei mir im Braukeller entstanden ist. Die grundlegende Idee war, ein Bier zu kreieren, was, ja, möglichst nahe an dieses Pina-Colada-Erlebnis rankommt. Und deswegen, sage ich mal, war da ein normales New England IPA, sage ich mal, nicht genug, deswegen sind noch geröstete Kokosflocken drin, deswegen auch der Name Coconut Sunset. Und auch noch ein bisschen Milchzucker, deswegen das Thema Milkshake im Namen, um einfach die Textur nochmal ein bisschen, sage ich mal, zu pimpen, weil man ja eben bei einem Pina-Colada-Cocktail eben auch dieses sehr cremige Mundgefühl hat, was man so in einem normalen Bier nicht hat und nicht erreichen kann natürlich in gleichem Maße. Aber durch geringe Mengen Milchzucker, sodass der Restzuckergehalt oder die Süße des Bieres irgendwie nicht störend ist auf einem Niveau, wo es eher mehr eben dieses cremig, smoothe Mundgefühl, was ein New England IPA mitbringt, auf die Spitze treibt.

Holger: Also kann man dann sagen, sozusagen ein Coconut Sunset Imperial Milkshake New England IPA?

Florian Erdel: Ja, das wäre die kürzest mögliche Beschreibung, glaube ich, die es trifft, ja.

Holger: Also, ich kann sagen, wenn ich das jetzt verkoste, zum Glück hast du dann ja sofort übernommen und hast dann auch selbst nochmal erklärt, was dich so getrieben hat und wie so die Gedanken waren, um das Bier zu kreieren, habe ich natürlich weiter genossen. Und ich kann euch sagen, liebe Freunde, also da sind Bilder im Kopf und das Hauptbild ist Sommerparty, also und ohne Maske natürlich, also so eine richtig tolle Sommerparty! Und ich freue mich da schon auf die ganzen Damen, die behaupten, also Bier mögen sie nicht so gerne und trinken sie nicht so gerne und so. Und da würde man jetzt da was in Glas füllen und wenn man da nicht weitererzählt, dass das ein Bier ist, bin ich überzeugt, dass also 100 Prozent alle weiblichen Teilnehmer dieser Sommerparty, und würde wahrscheinlich, ja, wenn ich es mir aussuchen könnte, nur weibliche Teilnehmer einladen und mich vielleicht, und die würden dann alle ganz toll da in das Glas gucken und sich fragen, wow, was ist denn das für ein geiles Zeug, ja? Und dann würde ich sagen, tja, ich habe es heute, ich habe es einfach mal mitgebracht, ja. ja, Prost! Markus, was sagst du?

Markus: Ja, ich bin auch absolut begeistert, muss ich sagen! Also ganz grundsätzlich vom Geschmack alleine her ist das schon eine der besten Pina Coladas, die ich jemals hatte, also. Und das ist einer meiner Lieblingscocktails, also ich habe den schon durchaus öfters getrunken. Und ich muss auch sagen, was natürlich das Bier einfach hat, das ist die Kohlensäure und dass dann noch eben dazu, zu dieser Aromatik, das macht das Ganze wirklich sehr, sehr spannend. Und ich finde, auch grade die Textur, dieses, wo eben die Sahne in der Pina Colada drin ist, das kommt richtig gut rüber, also ganz, ganz angenehm auf der Munde. Und auch die Fruchtigkeit und die Süße, das ist so richtig schön ausgewogen, ausbalanciert. Also, ja, das fängt einfach an, macht Spaß und ist prickelnd und ist es dann bis zum Ende und dann mag man gerne wieder trinken. Also, das ist durchaus eine sehr, sehr gute Version davon! Da kann ich gut verstehen, dass die Leute das gewählt haben. Ja und ich muss auch sagen, ich habe ja auch immer ein Problem beim Cocktail trinken, ich trinke Cocktails eigentlich so wie Bier und das bedeutet, das ist halt manchmal so, dass so ein Cocktail nach zwei Minuten oder sogar weniger, weg ist. Und das geht, ein, zwei, aber danach entfalten die natürlich ihre Wirkung. Und das ist dann immer ein bisschen blöd also. Und deswegen, muss ich sagen, ist das auch nochmal eine tolle Alternative, weil man das Erstens ja wie Bier trinkt und Zweitens ist es dann ja auch nicht ganz so stark und dementsprechend wirklich eine ganz tolle Alternative, spannend.

Holger: Weißt du, das ist natürlich wieder so ganz klar, Raupach, das ganz besondere Tierchen! Verstehst du, da haut er hier einen raus, von wegen zwei, drei Cocktails, entfaltet seine Wirkung und hier auf der Dose, 0, 33, steht 7,5 Prozent Alkohol. Und da so zwei, drei, macht ihm gar nix aus und so. Klar! Klar, klar.

Markus: Klar, na, in der Pina Colada ist ja Rum mit 40 Prozent. Normalerweise sind da vier cl oder sogar sechs cl. Also da ist dann schon auch Dampf im Kessel.

Holger: Nee, klar, so ein richtiger Oberfranke, der kann es natürlich! Tja, so, was machen wir jetzt? Also eigentlich möchte ich bei dem Bier bleiben, ehrlich gesagt, also weil, also es ist wirklich unglaublich. Und auch grade die Kohlensäure, also die Resenz, das hat der Markus grade auch angesprochen, die finde ich auch optimal gewählt. Also die ist, in meinen Augen ist die also genau richtig, also wirklich ganz genau richtig! Also weder zu stark noch zu schwach und überhaupt ist das so ausbalanciert. Und auch der Nachtrunk, der mich jetzt da so beschäftigt, der ist großartig. Also, herzlichen Glückwunsch! Also wirklich herzlichen Glückwunsch! Ich weiß gar nicht, ob es jetzt da noch bessere Kreativbiere auf so einem Hobbybrauerwettbewerb geben kann. Und wenn ich das mal sagen darf, das beste Bier, was ich je in meinem Leben getrunken habe, stammt sowieso von einem Hobbybrauer, aber das Schlechteste natürlich auch.

Florian Erdel: Ja, der Spagat oder die Breite ist da sicherlich größer, ja. Ja, also ich kann nur alle Zuhörer einladen, es gibt ja den ein oder anderen Hobbybrauerwettbewerb glücklicherweise jetzt mittlerweile über Deutschland verteilt, egal ob jetzt, wenn man die großen mal erwähnt, so wie in Bayreuth bei Maisel oder eben bei Störtebeker, die Deutsche Meisterschaft, die ist ja auch, wenn jetzt grade nicht Corona ist, auch Zuschauern oder dem Publikum zugänglich und sich wie bei einem kommerziellen Craft-Beer-Festival, da mal bei den Hobbybrauern durch die Kreativbiere durch zutrinken, das ist schon eine richtig coole Nummer.

Holger: Ja, beschreib uns doch mal vielleicht, wie funktioniert das? Also du überlegst dir das dann da in deinem Keller, dann braust du das Zeug, dann schickst du das dahin. Und muss man da einen Brief schreiben, was man eigentlich gemeint hat oder schickt man das einfach mal nur so dahin oder wie geht das ab? Erklär doch mal, wie nimmt man an einem Hobbybrauerwettbewerb teil, wie bereitet man sich vor? Und wenn man dann auf die Bühne geholt wird, fliegen dann die Schlüpfer oder wie ist das?

Florian Erdel: Also im Prinzip ist es, sage ich mal, zweigeteilt, also es gibt einmal die Kreativbierthematik oder auch Publikumswettbewerb genannt, wo letztendlich jeder Hobbybrauer die Chance hat, sein Lieblingsbier aus dem heimischen Braukeller dem Publikum, also anderen Hobbybrauern und auch anderen Leute zu präsentieren und zu verkosten. Und das Publikum entscheidet dann eben, was an diesem Tag das beste Bier war. Und, dann gibt es natürlich immer, ihr hattet ja auch schon den Martin Tietz in der Runde mit dem Irish Red Ale, auch immer ein, ja, einen ausgeschriebenen definierten Bierstil, den dann alle versuchen, möglichst innerhalb der geltenden Stilrichtlinien, gut zu treffen, um da eben auch nochmal, ja, einen Preis gewinnen zu können. Und wie bereitet man sich auf sowas vor? Ich sage mal, beim Kreativbierwettbewerb hat man da als Hobbybrauer keine Grenzen, man muss sich letztendlich nur überlegen, was eben der Masse gut schmecken könnte. Und da liegt jetzt viel beim Coconut Sunset, denke ich mal, so ein Thema, einen Cocktail nachzuahmen, nahe. Und, ja, bei den anderen Wettbewerben, da muss man natürlich am Rezept feilschen, schleifen, bis man, ja, den Stil möglichst passend trifft und vielleicht trotzdem was Besonderes drin hat, um sich von den anderen abzusetzen.

Holger: Jetzt müssen wir fast weitermachen, oder?

Markus: Ja, wobei ich noch eine kleine Frage an den Flo hätte. Also eins vielleicht noch zu dem Thema Alterung, weil du das ja gesagt hast, ich glaube, das tut dem Bier sogar eher gut, also weil, also man schmeckt es eigentlich noch gar nicht, also wenn überhaupt, dann so ein bisschen im Nachgang. Aber ich finde, je mehr das wird, umso mehr kriegt es erst recht diese cocktailigen Aromen, weil das ja durch den Rum grade in diese, ja, Sherry- und sonst was Richtung eben geht. Also dementsprechend, glaube ich, ist das für das Bier sogar gut. Und ich kenne es auch von anderen Imperial IPAs, das die Alterung sogar richtig vertragen, also insofern hätte ich da gar keine Angst beim dem Alkoholgehalt, das ist super.

Florian Erdel: Ja.

Markus: Aber, ja, meine Frage, die ich hatte, war, nun bist du ja jetzt Hobbybrauer und hast auch die ganze Maschinerie Zuhause stehen, da können wir ja nachher noch drüber sprechen, aber das muss ja irgendwann mal nicht gewesen sein. Also wie kam es dazu, dass du gesagt hast, ich begeistere mich so für Bier und wann ist dann der Hebel so ganz umgeschlagen und du hast dich da voll drauf konzentriert?

Florian Erdel: Ja, da gab es im Prinzip zwei Zeitpunkte, würde ich sagen oder sogar drei oder, es hätten drei sein können. Als ich mein Maschinenbaustudium begonnen habe, stand auch zur Wahl, Brau- und Getränketechnologie zu studieren. Spezial mein Patenonkel, der nutzt das heute natürlich sehr gerne, weil ich mich jetzt so intensiv mit dem Thema beschäftige, ich habe es dir ja damals gesagt! Aber ich habe mich letztendlich für mich damals den vernünftigeren Weg entschieden und habe halt Maschinenbau dann eingeschlagen, das war ein so ein entscheidender Zeitpunkt. Und 2012 war ich in einer Gastronomie, die ist hier bei uns in der Nähe und da gab es sogenanntes belgisches Champagner-Bier, also die bezeichnen das so. Und letztendlich sind es bekannte belgische Biere, damals waren die für mich alle unbekannt. Da waren Frucht-Lambics dabei, da war ein Faro dabei. Da waren sehr typische hopfige belgische Biere dabei und malzige und das Ganze war da eben in der Kombi mit einer, ja, relativ gehobener Gastronomie von Essenseite und auch von der Präsentationstechnik. Da wurden die Flaschen, hieß da Methode Traditionell, ich glaube, korrekt heißt es sabirieren, wurden halt dann eben auch die Champagner-Biere, die belgischen mit abgesäbelten Flaschenköpfen sozusagen serviert. Und ich habe mich da damals eben durch die Sauerbiere durch getrunken und ab dem Zeitpunkt gab es für mich eben nicht mehr nur Pils, Export und Hefeweizen, sondern dann ging die Jagd los, sage ich mal, dass ich auch, das ist von uns nicht weit, mal nach Frankreich rüber gefahren bin. Damals waren da eben, ja, belgische Biere für mich also der einfachste Weg, die zu bekommen. Und da ging diese Liebe zur ganzen Bierwelt so richtig los und hat dann letztendlich darin geendet, dass ich glücklicherweise 2014 von zwei damaligen Arbeitskollegen ein selbstgebrautes IPA auf den Arbeitstisch gestellt bekomme habe. Und da erinnere ich mich noch dran, als wäre es gestern gewesen, das war dann so der letzte Hebel und dann ging es mit dem Hobbybrauen los, das ich sowas selber machen möchte. Und das war dann unaufhaltsam, sage ich jetzt mal, ja.

Markus: Da hast du praktisch immer mehr auch da dann investiert und dich weitergebildet und, ja, so kommt dann eins zum anderen.

Florian Erdel: Richtig, ja, dann ging es immer tiefer in den Kaninchenbau sozusagen, ja.

Holger: Ja und dein Umfeld, Flo, dein Umfeld, also weiß nicht, Freundin, Frau, Eltern, Geschwister, Kumpels, die sind alle begeistert oder wie ist das oder verstehen die das gar nicht? Und dann so Sauerbiere und wie du dich dann mit Hefe beschäftigen und vielleicht, weiß ja gar nicht, wo du die Hefen überall herholst und so. Es gibt ja auch Bart-Biere und du bist ja auch ein Bartträger und da könntest du ja auch einfach mal die Hefe aus deinem Bart nehmen und da draus ein schönes Sauerbierchen machen, das hast du doch bestimmt schon gemacht.

Florian Erdel: Ja, also das Bart-Bier gab es tatsächlich bei meinem Junggesellenabschied 2017, aus dem genannten Grund, weil die, meine Kumpels, mich da schon richtig einschätzen. Habe ich tatsächlich aber noch nicht gemacht, soweit ging es noch nicht. Aber mit einem kleinen Coolchip die, sage ich mal, die Hefe der Umgebung einzufangen und damit versuchen, schmackhafte Biere zu machen, in die Richtung ging es durchaus schon. Und um auf die erste Frage zurückzukommen, ich würde es so formulieren, jeder, der Gelegenheit hatte, in meinem Braukeller mal sein zu dürfen und sich mal einen Abend durch die Sauerbierwelt mit meiner Begleitung durch trinken zu dürfen, ist danach Sauerbierfan geworden, würde ich schon so sagen.

Holger: Also das glaube ich dir, das glaube ich dir auf jeden Fall. Und ich kann nur sagen, also mein absolutes Lieblingsbart-Bier, also aus den Hefen des Bartes des Braumeisters, ist eben wirklich von Rogue, von dem ehemaligen Rogue Braumeister, Mister Meyer, ja, also das ist wirklich großartig. Aber jetzt machen wir weiter! Also jetzt, ich habe ja hier noch Ware vor mir stehen jetzt. Leg mal was fest, was machen wir jetzt?

Florian Erdel: Ich würde sagen, wir würden uns jetzt dem Perpetuum Sauer widmen. Das war der zweite Platz Kreativbier, ebenfalls bei der Deutschen Meisterschaft der Hobbybrauen, ein Jahr später, also 2021. Das ist eine 0,75-Champagner-Flasche mit Naturkorken und Drahtkäfig und hat ein rotes Etikett. Der Markus hat noch die blaue Variante.

Markus: Ja, sehr schön, aber wir machen jetzt die Rote auf.

Florian Erdel: Ja, ja.

Markus: Das ist sehr spannend, also die Blaue ist dann praktisch ohne die Fruchtzugabe sozusagen, oder?

Florian Erdel: Richtig, genau.

Holger: Naja, gut, also das ist ja jetzt wieder so im Prinzip ganz einfach für die Kenner, das ist jetzt ein Red Wine Barrel Aged Bread Saison Aged on Sour Cherries Single Barrel Solera Style.

Markus: Also wenn du dann mal fertig bist, dann machen wir weiter.

Holger: Also für alle, denen Pils einfach zu schnöde ist, ne, also.

Florian Erdel: Ja, ist …

Holger: Also wir haben ja so eine kleine Tradition, die Bierköniginnen, ja, die wir im BierTalk dann haben, die gehen dann ja immer in solchen Situationen in die Küche und müssen irgendwelche Geräte holen. Und ich glaube, ich muss das jetzt auch machen, ehrlich gesagt. Also, ja, ja, also, Markus, wenn ich dann jetzt in der Küche bin, darfst du dafür erzählen, wie sehr verliebt du dich …

Markus: Genau, wie hübsch du bist.

Holger: Ja, wie sehr du mich liebst, genau. Also mach das Mal, ich hole mir mal ein Handtuch, also mindestens ein Handtuch brauche ich.

Markus: Ich gehe jetzt mal das Risiko ein, muss ich sagen, oder, Flo, so schlimm wird es schon nicht werden?

Florian Erdel: Also, ich glaube nicht, dass ihr da jetzt Angst haben müsstet, dass da irgendwas durch die Gegend schießt.

Markus: Verkorkst du die selber?

Florian Erdel: Ja, ja. Also das ist aus dem Belgischen, also die Korken und die Drahtkäfige und auch die Flaschen, das sind Gösse-Flaschen und das kann man in belgischen, holländischen Hobbybrauer-Shops, gibt es das alles, in deutschen eher nicht. Und der Verkorker ist auch ein Standverkorker, wie man das für Weinflaschen benutzt.

Markus: Okay, also dann mache ich jetzt mal den Korken hier raus, schaue mal, wie sehr es ploppt.

Holger: Ich bin wieder da, ich bin wieder da.

Markus: Pünktlich, bei mir läuft es.

Holger: Also bei mir kommt es so ins Glas, also, wenn man es jetzt nicht besser wüsste, würde man jetzt einfach auch ein normales Kriek tippen, also so von der Farbe her sieht es aus wie ein Kriek. Also, der weiß, was das ist, also so ein Kirschbier da so aus Belgien.

Florian Erdel: Ja.

Markus: Und geht auch durchaus von der Nase so hin, ne, erst mal.

Holger: Ja, also das, ja, genau, also. Aber ich mache jetzt nicht, also jetzt muss mal jemand anders.

Markus: Okay.

Florian Erdel: Also ich habe es leider nicht, von daher.

Holger: Oh! Ja, Markus, dann ist die Sache ja klar.

Markus: Also gut, also dann, schauen wir. Also, völlig richtig beschrieben, von der Farbe her ein schönes sattes Rot. Also sogar eher ein helles Rot, also ich würde so Richtung Erdbeere gehen, also sogar röter eben als so ein normales Kriek. Vielleicht eher so wie ein Framboise oder so, also richtig schönes intensives Rot. Auch der Schaum, voll rot, also ganz klassisch. So wie früher in meiner Jugend, gab es früher so ganz künstliche Erdbeermilch, mit der hat man sein Müsli gemacht. Also da durften Kinder noch irgendwelchen Chemiescheiß essen, und so ungefähr schaut das aus. Aber wirklich ganz verführerisch, ganz tolle Farbe. Und wenn man reinriecht, dann sind es auf jeden Fall, ja, klassische Rotweinnoten und zwar eher leichtere Rotweine, also ein Beaujolais, Bordeaux, irgendwie so eine Richtung. Ein bisschen Johannisbeer, ein bisschen Kirsche, ein bisschen auch Blaubeeren, so ein bisschen Waldbeerenaromen und ein bisschen Karamell, ein bisschen Vanille, also sehr spannend. Jetzt probiere ich mal ein Schlückchen. Also, wie schon gesagt, natürlich ein säuerliches Bier. Spannend finde ich, dass die Säure kommt und bleibt, also die verändert sich nicht sehr, die ist sehr konstant. Ist eher wie so eine Kirschsäure. Also da sind wir wieder sehr beim Kriek, von der Intensität der Säure her. Hat auch ganz viel Fruchtigkeit und geht tatsächlich auch in so eine Sauerkirsche. Ist auch ein bisschen moussierend auf der Zunge, nicht ganz so viel CO². Sehr schön weich im Abgang und, wie gesagt, die Säure ist sehr konstant, also ist da, bleibt da und ist dann auch im Nachtrunk immer noch lange da. Und man kann das Bier auch so ein bisschen verfolgen, wie es dann so den Hals runter läuft, Richtung Magen sich bewegt. Und, ja, also ein spannendes Bier, ein sehr komplexes Bier und ein allerehrenwertes Bier. Und ich kann, also bei mir ist es relativ dunkel, ich kann gar nicht lesen, was alles auf dem Etikett drauf steht, aber das Geheimnis kannst du jetzt ein bisschen lüften. Ich glaube, diese Solera-Geschichte ist bestimmt auch spannend bei der ganzen Sache.

Florian Erdel: Richtig, ja. Also du hast es sehr gut beschrieben, passt sehr gut zu meinen Verkostungsnotizen. Du hast Bordeaux erwähnt, bist tatsächlich also auch ein vorbelegtes Fass aus der Bordeaux-Region, Rotweinfass, was ich da letztendlich bei mir im Keller stehen habe, ein 100-Liter-Rundbaufass. Das ganze Solera-Thema in der Bierwelt ist so ein bisschen unglücklich teilweise, würde ich sagen. Also das Thema Solera kommt eigentlich aus, ja, vom Weinausbau in Spanien, irgendwo so um zweite Hälfte vom 1900 Jahrhundert, ging das los. Kommt typischerweise vom Sherry, vom Brandy, auch Weinessig liest man heutzutage, mittlerweile auch durchaus mal bei Rum oder Whisky. In der Bierwelt, speziell in der Craft-Beer-Bewegung, wenn da von Solera die Rede ist, versteht man da aber meistens nicht so ein komplexes System, wie es bei der Sherry- und Brandy-Herstellung verwendet wird, da machen nur die wenigstens ein traditionelles Solera-Verfahren beim Bier. Das traditionelle Solera-Verfahren erkläre ich vielleicht ganz kurz.

Markus: Genau, darum würde ich dich mal bitten, weil der ein oder andere Hörer oder die Hörerin hat keine Ahnung, was Solera ist.

Florian Erdel: Ja. Also bei Sherry und Brandy, wenn man sowas mal bei Google eingibt, dann kriegt man relativ schnell ein Bild und das sind so lange Fassreihen, die übereinandergestapelt sind, mindestens vier, bis zu sieben, acht, je nach Winzerei, wenn man so möchte. Und das ist letztendlich ein Blending-Verfahren, was sie mit diesen Fassreihen machen. Und die unterste Fassreihe, die heißt Solera-Reihe. Und Solera ist ein spanisches Wort und heißt zu Deutsch, am Boden liegend, deswegen, die unterste Reihe Solera. Alle anderen Fassreihen, die darüber gestapelt sind, die nennt sich Criadera. Ich hoffe, ich spreche das richtig aus. Und da gibt es dann halt, wie gesagt, mindestens drei Criadera oben über der Solera-Reihe. Und was da letztendlich gemacht wird, es wird von Reihe zu Reihe über die Jahre geblendet. Das heißt, aus der Solera-Reihe wird das fertige Produkt, egal ob es jetzt Sherry, Brandy oder was anderes ist, in die Flasche gefüllt. Und die Entnahmemenge aus der untersten Reihe, aus der Solera-Reihe, die wird von der Reihe eins drüber, aufgefüllt. Wichtig ist auch, die Fässer, auch die Solera-Reihe, die werden nie ganz entleert, maximal ein Drittel. Das heißt, es verbleibt immer von dem vorhergehenden Produkt etwas in dem jeweiligen Fass. Und man blended letztendlich von oben nach unten. Also entleert die unterste Reihe, so bis zu einem Drittel, füllt von der eins oben drüber auf und das so weiter bis ganz nach oben. Und die oberste Reihe, die oberste Criadera-Reihe, die wird dann mit einem Wein, also neuen Wein aus dem Jahrgangskeller aufgefüllt. Und das macht man so über viele Jahre. Und die Produkte, die mit diesem unv. #00:28:33-1# Solera-Verfahren hergestellt werden, die nennt man Soleras. In der Bierwelt gibt es durchaus auch Brauereien, die sowas machen. Die Meisten machen aber ein sogenanntes Single-Barrel-Solera-Verfahren. Deswegen hatte ich auch, wie wir es vorhin vorgelesen haben, auf das Etikett Single-Barrel-Solera-Style drauf geschrieben. Und in der Fachwelt oder in der Bierwelt ist man sich da auch nicht so einig, ob jetzt Solera vom Begriff her, weil es eben bedeutet, am Boden liegend, der richtige Begriff ist für ein Bier, das mit einem Fass hergestellt ist. Und deswegen ist der Name meines Bieres Old Perpetuum Sauer, weil von einem anderen Likörwein, also Sherry ist ja ein Likörwein, der durchaus auch aufgesprittet werden kann und da gibt es ja was Ähnliches aus Sizilien, heißt Marsala. Hat sicherlich der ein oder andere auch schon gehört. Und beim Marsala macht man ein Verfahren, das nennt sich Imperpetuum, was zu Deutsch heißt, auf immer für ewige Zeiten. Das heißt, dieses Imperpetuum funktioniert mit einem Fass und nach einer gewissen Zeit, das hängt davon ab, wie man den Blending-Plan macht, und auf Basis der Erfahrung des Blenders, wird nach einer gewissen Zeit … also das Fass wird am Anfang ganz gefüllt mit dem jeweiligen Produkt, in dem Fall eben Marsala. Nach einer definierten Zeit, bei einem Marsala ist es, glaube ich ein Jahr, wird das erste Mal was entnommen, gleiche Regel wie beim Solera, also maximal ein Drittel, und das wird wieder mit frischen Wein aufgefüllt. Das heißt, das ist ähnlich wie der Solera, nur hüpft das Ganze nicht von Fass zu Fass, sondern konzentriert sich halt eben auf ein Fass. Und manche nennen das eben Single Barrel Solera Style und andere eben nennen das Pertetuum Blending oder Imperpetuum. Und ich mache das mit meinem Bier letztendlich auch so, also ich vergäre in PET-Gärfässern, in dem Fall also mit einer Mischkultur, wo auch eine Saisonhefe mit drin ist, deswegen hatte ich es Bread Saison genannt, habe ich das vergoren. Und wenn die Gärung dann langsam am abklingen ist, kam das Ganze dann in das Fass. Ursprünglich musste ich dann letztendlich mehrere Batches brauen, damit ich 100 Liter habe, um das Fass einmalig zu füllen. Und ich hatte mir das dann so überlegt am Anfang, um in das Thema reinzukommen, will ich nicht zu lange warten, bis zu ersten Entnahme, sondern ich mache das Ganze nach sechs Monaten. Und das Bier, was ihr jetzt grade in der Flasche habt, das war eben sechs Monate im Fass. Dann habe ich von den 100 Litern, 38 Liter entnommen, weil 38 Liter genau auf zwei Caks passt von der Menge, weil in einem Cak eben 19 Liter reinpassen. Ein Cak blieb wie es war und das andere Cak wurde dann nochmal auf 150 Gramm pro Liter Sauerkirschen für drei Monate gelegt und kam dann in die Flasche. Und das ist das letztendlich, was wir grade trinken. Und das Fass, die Entnahmemenge mit 38 Liter, ich habe dann parallel quasi wieder neu gebraut, das wieder gären lassen und bei abklingender Gärung, direkt nach der Entnahme, das wieder befüllt. Weil, bei dem ganzen Prozess muss man halt äußerst drauf Acht geben, dass nicht zu viel Sauerstoff rankommt, weil, dann ist es auch gefährlich mit Acetobactern, also Essigsäurebakterien. Und so eine gewisse Schicht im Sensorikprofil Essigsäure ist okay, aber zu viel, ja, muss man dann irgendwie versuchen, rauszublenden, aber dann kann man das direkt aus dem Fass nicht mehr verwenden. Von daher muss man da Acht geben und auch sich das ein oder andere Utensil basteln, um eben den Sauerstoffeintrag auf ein Minimum auch im Hobbybrauermaßstab reduzieren zu können. Und letztendlich habe ich das jetzt geplant, auf mehrere Jahre zu machen. Und das Schöne ist, man hat eben ein Bier, man hat speziell beim Sauerbier, eine kontinuierliche Versorgung von einem komplexen Sauerbier, was in der Regel über die nächste Zeit bei den nächsten Entnahmen immer komplexer wird. Und weil ich jetzt quasi die Variante ja schon probieren kann, kann ich ja theoretisch auch gegensteuern. Vielleicht ist es mir nicht sauer genug, vielleicht möchte ich nochmal andere Hefekultur mit reinbringen, um allgemein die Komplexität zu erhöhen oder auch vielleicht nochmal ein anderes Malz rein, ein bisschen mit der Farbe spielen. Das ist halt dadurch wirklich ein spannendes Projekt, was man über viele Jahre, wenn man es richtig und sorgsam macht, machen kann. Und, ja, weil das jetzt auch, sage ich mal, gleich auf Anhieb so gut funktioniert hat, steht mittlerweile auch ein zweites Fass da, wo ich dann mit einem anderen Bierstil, da wird es eher was Lambic-Ähnlicheres sein, nochmal was Ähnliches starte. Und dann kann ich ja durchaus auch aus den beiden Fässern dann auch nochmal quer blenden. Und man erzeugt dann letztendlich ein relativ großes Portfolio aus zwei Fässern.

Holger: Tja, jetzt müsst ihr das euch mal wirklich auf der Zunge zergehen lassen. Das Gute an seinem Podcast ist ja, man kann anhalten, kann es sacken lassen, man kann sogar zurückspulen und es sich nochmal anhören, weil, es könnte ja sein, dass das jetzt für irgendjemand ein bisschen zu viel war. Aber es ist auf jeden Fall mega-spannend, also absolut mega-spannend. Wir müssen aber so ein bisschen die Kurve kriegen, weil, das ist ja jetzt so richtig typisch Brauer, also total, also ich meine, der Markus hat natürlich auch so gefragt, aber ganz schnöde erklärt, wie es geht. Aber jetzt, wenn man international Biersommelier ist, ja, das bist du ja, müsste man jetzt noch hinterher schieben, wie jetzt alle, die dann da vor dir sitzen, es gar nicht mehr abwarten können, jetzt wirklich zu trinken, ja. Also das müssen wir jetzt auch noch irgendwie hinkriegen. Ja, das ist wieder eine Aufgabe, ja.

Markus: Ich habe auf jeden Fall Lust, also.

Holger: Ja, dann mach mal. Also hau doch mal noch richtig einen raus hier von wegen, wie würde jetzt die Marketingabteilung in Bruchsal das Bier verkaufen. Also so, wie der Flo es grade beschrieben hat, jetzt kann es jeder nachmachen, aber verkaufen lässt sich das so ja noch nicht.

Markus: Fragst du jetzt grad den Flo oder fragst du mich?

Holger: Mir ist das egal.

Florian Erdel: Ich sage, der Markus hat da mehr Erfahrung, ich lasse dir gern den Vortritt.

Markus: Naja, also ich glaube, wenn ich das verkaufen sollte, dann würde ich wirklich also einerseits sagen, es ist wirklich das Perpetuum Mobil unter den Bieren. Also ein Bier, das nie ausgeht und das immer besser wird und ist vielleicht das beste Haustier, was man Zuhause haben kann, weil es einen noch Spaß macht, einen wirklich auch etwas alkoholisiert und, wie gesagt, immer besser wird und nie so alt wird, dass es mal nicht mehr da ist. Und auf der anderen Seite es ja auch irgendwie die perfekte Kombination aus allem, was man so mit Alkohol anstellen kann. Also einerseits die Gärung, andererseits die Lagerung, das Blenden, die verschiedenen Mikroorganismen, das Ganze dann eben noch soweit verfeinern, veredeln, das man wirklich ein ganz komplexes Aroma hat. Und das dann eben noch als Genussprodukt, was man nicht in Litern jetzt konsumiert, sondern eben in kleinen Gläschen schön vor sich hin schnabuliert sozusagen. Ja, also besser geht es eigentlich nicht, da kann man wirklich das alles konzentrieren, was eben Bier alles ausmachen kann und ist praktisch eigentlich das perfekt Gegenstück zu irgendeinem Mainstream-Pils. Insofern, so würde ich es, glaube ich, positionieren.

Florian Erdel: Also, das ist auch meine Erfahrung, ich hatte ja vorhin gesagt, wer bei mir mal im Bierkeller war, ist danach Sauerbierfan. Und ich habe es sehr oft erlebt, und grad bei solchen Bieren, das ist ja auch, denke ich, bekannt, speziell wenn Leute eigentlich überhaupt gar kein Bier trinken, maximal mal zum Fußball ein Pils, aber sich sonst nicht für Bier interessieren, sobald gutes Essen auf den Tisch kommt, muss es der Wein sein, die holst du halt mit den Bieren brutal ab. Und da habe ich immer schon, also die wären am liebsten bei mir eingezogen, auf gut Deutsch, nachdem sie dann eben entdeckt haben an so einem Abend, was Bier sein kann. Und das Bier eben problemlos mit einem sehr guten Wein mithalten kann. Und das so ein Bier auch, wenn man über das Thema Foodpairing redet, auch, sage ich mal, an Weihnachten, wenn die Ganz oder ein Wildbraten auf den Tisch kommt, da wunderbar auch eine Hauptspeise begleiten kann.

Holger: Jetzt habt ihr doch noch die Kurve gekriegt, also das muss ich schon sagen, herzlichen Glückwunsch. Also, in jedem Fall ist es mega, also absolut, unglaublich! Und ich kann das mir gut vorstellen, dass dir die Frauen in Bruchsal da zu Füßen liegen und überall gehen eben die Weinläden Pleite, weil man denkt, beim Erdel, da kriegst du ja viel geileres Zeug. Ja und da machen wir jetzt auch mit weiter. Also was ist jetzt angesagt?

Florian Erdel: Jetzt passend, als Überleitung, würde ich sagen, gehen wir auf das Grape Ale ein.

Holger: Oh, ja.

Florian Erdel: Oder, um genau zu sein, auf das unv. #00:38:15-5# Grape Ale.

Holger: Ja, bitte,

Florian Erdel: Weil, bei der Bieriedee spielt da das Thema Wein durchaus eine Rolle. Solange ihr das Bier holt, kann ich da vielleicht auch schon was sagen. Also Grape Ale oder beziehungsweise der Bierstil kommt also aus Italien, die haben sich das ein bisschen auf die Fahne geschrieben. Weil eben, ja, es gibt eben, bei den Winzereien liegt es halt nahe, wenn Trauben da sind, dass man da auch mal einen Bier-Wein-Hybriden probiert und das Ganze heißt eben Italian Grape Ale. Ich denke, in unv. #00:38:55-2# muss ich dazu sagen, da kam jetzt vor Kurzem die neue Guideline raus, da gibt es auch einen allgemeinen Bierstil, der sich einfach Grape Ale nennt, weil es mittlerweile einfach verbreiteter ist. Und das Besondere, und das ist auch nochmal die Verknüpfung, neben den Trauben, die bei diesem Bier eingesetzt wurden zum Wein, das Ganze ist nicht mit einer Bierhefe vergoren, sondern das ist mit einer Nicht-Saccaromyces-Hefe vergoren, die nennt sich Lashansea Thermotoleranz. Vermutlich nicht unbedingt korrekt ausgesprochen. Aber die ist im Weinbereich …

Holger: Ist egal, das kann sich sowieso keiner merken. Mach weiter.

Florian Erdel: Die ist im Weinbereich schon länger bekannt und wird da eingesetzt, um speziell bei Weinen aus Regionen, wo das Klima dazu führt, dass der Säuregrad vom Wein nicht hoch genug ist oder der PH nicht niedrig genug, wird da der Wein mit dieser Hefe beimfpt. Weil diese Hefe die Eigenschaft hat, und das ist das Besondere, die kann auch moderate Mengen Milchsäure produzieren auf Basis von Einfachzuckern. Und deswegen wird die in der Weinwelt eben eingesetzt, um den Säuregrad vom Wein zu reduzieren, um den Wein damit, sage ich mal, zu verbessern, trinkbarer, haltbarer zu machen. Und dieses Bier, was ihr jetzt vor euch habt, das ist eben ausschließlich mit dieser Hefe vergoren. Weil, seit ein paar Jahren hat man die auch für die Bierwelt entdeckt, weil man da eben in einem einzelnen Schritt ein Sauerbier produzieren kann. Normalerweise macht man eben in der Sauerbierwelt eine Mischvergärung. Das hatten wir jetzt grade eben bei dem Perpetuum-Sauer. Das dauert einfach sehr lange, da geht der Gärprozess nicht Wochen, sondern Monate. Oder an macht ein Kettle-Sour, wo man eben mit Lactobazillen die Würze säuert und danach pasteurisiert oder Hopfenkocht. Und in dem Fall macht die Hefe das einfach mit, also die Hefe kann selbstständig moderate Mengen Milchsäure produzieren.

Markus: Spannend, was die alles kann, unglaublich. Also, ja, ich mache mal eben auf.

Holger: Ja. Ja, ja, also man muss ja immer wieder auch betonen, die Hefen sind keine Tierchen, so wie der Raupach, sondern die Hefen sind ja Pilze. Also, das müssen wir vielleicht auch nochmal ganz so schnöde nebenbei erwähnen. Wo ist denn jetzt hier meine Zange? Die habe ich doch extra mitgebracht aus der Küche, wo ist denn die?

Markus: Ah ja, der Herr Hahn macht das Bier wieder mit der Zange auf, unglaublich.

Holger: Ja, ja, mit dem Kork da also.

Markus: Ja, während du aufmachst, vielleicht noch ganz kurz, das finde ich überhaupt, das ist meiner, ja, wirklich Lieblingsbierstile geworden. Kennengelernt habe ich das vor vielen Jahren hier schon in Franken, weil in einem unserer ersten Biersommelierkurse, ich glaube, 2013 oder so, war der Brauer vom Grünen Baum in Theinheim, das ist der Helmut Bayer. Und Theinheim liegt so genau an der Grenze zwischen Bier-Franken und Wein-Franken. Und in dem Gasthof braut der Helmut eigentlich so ein klassisches Dunkles und ein klassisches Helles und neben an sind lauter Winzer und da gibt es natürlich auch Wein und da kommt alles so ein bisschen zusammen. Und der hat dann über den Biersommelierkurs sich überlegt, eigentlich könnte er das doch irgendwie kombinieren und hat dann angefangen, also natürlich auch ein bisschen inspiriert von dem, was er so bei unserem Kurs an belgischen Bieren kennengelernt hat. Also einerseits hat er da mit Früchten experimentiert, auch mit Kirschen, dann mit Kräutern, aber hat dann eben auch sich von den Winzern Weingeholt und hat dann Sude gemacht, wo er dann mit Rotwein oder Weißwein zusammen vergoren hat, verschiedenste Experimente gemacht hat. Und das war wirklich super spannend. Also es gibt sogar eine Berliner Weisse von ihm, also eine fränkische Weisse. Und das war alles auch lange, bevor das zum Beispiel in Berlin da wieder aufgekommen ist. Und dann kam ich auch nach Italien zu diversen Bierwettbewerben dort und da war dann eben auch grade dieses Thema Grape Ale aufgekommen. Und die Italienern sind ja total stolz da drauf, weil sie eben sagen: „Endlich haben wir unseren eigenen Bierstil.“ Deswegen sind die auch so ein bisschen sauer über die unv. #00:43:08-4# die ihnen jetzt das Italian weggenommen hat vor dem Grape Ale und das so zum Allgemeingut erklärt hat. Aber das ist dort natürlich ganz spannend, weil es in jeder Hinsicht gelebt wird. Also dort ist ein Grape Ale sowohl etwas, wo ich eben mit Trauben oder mit Saft oder auch mit Trester oder sonst wie, mit der Hefe oder so halt irgendwie was mit Wein gemacht hat. Und dementsprechend kann das dann ein total hochvergorenes sektähnliches, ganz spannendes Getränk sein oder auch ein sehr leichtes oder auch ein holzfassgelagertes, mit den verschiedensten Variationen. Und fand ich also und finde ich auch total komplex und vielschichtig. Und deswegen habe ich mich auch so auf dieses Grape Ale gefreut, weil ich jetzt gespannt bin, wie das so ist und was da so drinsteckt. Wer mag es denn verkosten?

Holger: Naja, also, Flo, also ich hoffe, dass du es jetzt vor dir hast und jetzt nochmal eins nachlegst. Und, also bei mir stehen ja noch weitere Informationen drauf, die könnte man auch nochmal erwähnen. Also 375 Millimeter, neun Prozent Volumenalkoholprozent. Ja, 35 IBU und best child, steht da auch noch. Das ist ja schon wieder so ein bisschen dunkler, also ist jetzt nicht mehr so erdbeerfarbend, sondern …

Florian Erdel: Fast Rubin, würde ich fast sagen, also es ist …

Holger: Rubin, genau. Ja, jetzt kriegen wir die Richtung, jetzt ist er plötzlich Sommelier, super, jawohl!

Florian Erdel: Ja, also, genau, also rein von der Optik, rubinrot, würde ich sagen. Es ist im Gegensatz zu dem Vorherigen opak, also trübe. Es halt einen kurzanhaltenden grobporigen Schaum, bei mir zumindest. Vom Geruch, finde ich, man riecht allgemein so eine beerige Fruchtigkeit, also ich denke da an rote Beeren. Aber auch so eine gewisse Frische und blumige Noten.

Markus: Heidelbeere, finde ich, wenn man so an frische Heidelbeeren denkt, das ist ganz intensiv.

Florian Erdel: Ja, richtig, ja. Und aber auch, was ich auch spannend finde, ich muss da auch wirklich an einen Fruchtjoghurt denken. Also ich finde, ich habe da gewisse milchige, quarkige Noten mit drin, was sicherlich dann eben auch aus der Milchsäureproduktion, und das sind auch irgendwelche Milchsäureester, die da produziert werden, die dann eben dafür verantwortlich sind. Und vom Geschmack ist mein erster Eindruck eigentlich, dass die Zunge so schnell austrocknet, wie ich das eigentlich von einem Rotwein kenne. Was ich jetzt damit erklären würde, also die Trauben, die sind ganz reingekommen, mit Schale, mit allem und haben dann circa zwei Monate zusammen mit dem Bier nochmal eine zweite Gärung vollzogen. Also das heißt, ich glaube, der Weinmensch sagt dann Maischegärung dazu, wie es eben beim Rotwein gemacht wird. Das heißt, da werden auch viele Tannine gelöst. Und ich glaube, das führt auch dazu, was ich grad beschrieben habe, das, wenn man das Ganze trinkt, dass die Zunge wie so staubtrocken wird. Und auch der Körper ist trotz, dass es hochvergoren ist, relativ voluminös, was ich auch den Tamminen zuschreiben würde, das es wirklich auch eine volle Textur hat im Mund. Und allgemein dieser fruchtige Eindruck, den wir im Geruch haben, der begegnet einem auch im Geschmack absolut. Also es ist sehr fruchtig, beerig, auch wieder diese Heidelbeerthematik. Trotz der neun Prozent merke ich die eigentlich sensorisch nicht, also der Alkohol ist gut eingebunden.

Markus: Das ist wie so ein Heidelbeerjoghurt, finde ich, oder Quark. Spannend!

Holger: Das muss ich bestätigen, ja, geht so ein bisschen in die Quarkrichtung. Wäre mir jetzt überhaupt nicht eingefallen, aber so, wie du es jetzt da raushaust, ist das wirklich so, absolut, genauso ist es. Ja, da kann man mal wieder sehen, ja.

Florian Erdel: Habe ich doch was bei euch gelernt.

Markus: Und Philly heißt jetzt, weil du diese spezielle Hefe verwendet hast?

Florian Erdel: Genau. Das ist, also mittlerweile gibt es drei aus dieser Hefegattung, für Hobbybrauer zugänglich. Die Phily-Sauer ist eine, weil sie eben aus Philadelphia ist, wurde da in der Natur selektiert. Aber es gibt noch eine, die heißt Lactic Magic, zum Beispiel aus einem Hefelabor von Kanada, die hat dann wieder ein anderes Esther-Profil wie die. Also die unterscheiden sich durchaus stark von Hefe zu Hefe, die eben diese Milchsäure zusätzlich produzieren kann.

Markus: Also das muss ich auch sagen, finde ich ganz spannend, der Hersteller hat ja praktisch für jede Hefe ein Aromenprofil. Also wie man das normalerweise eher vom Malz kennt oder vom Hopfen kennt, so machen die das von der Hefe. Und das ist natürlich auch nochmal toll für den Brauer, das er sich eben vorstellen kann, was passiert mit meinem Bier, wenn ich das jetzt da rein gebe. Finde ich toll, ja.

Florian Erdel: Ja, das, ich hatte das Thema letztens auch und, also jetzt für mich als Hobbybrauer und ich denke, das wäre für alle interessant, wenn es da was Ähnliches geben würde wie die Hopfenaromasprache für Hefen, in Form von diesen Spinnendiagrammen, um einfach darüber so ein bisschen Hefe mit Hefe, miteinander vergleichen zu können. Sowas gibt es noch nicht, das wäre ein spannendes Thema.

Markus: Noch nix Standardisiertes zumindest, ne?

Florian Erdel: Ja, nix Standardisiertes, richtig ja.

Markus: Aber das heißt, Hefe ist für dich so ein bisschen schon dein Hauptsteckenpferd oder kann man das gar nicht so sagen, weil du ja auch Hopfen anbaust und so weiter. Also wie würdest du das sagen?

Florian Erdel: Mit Hefe beschäftige ich mich tatsächlich mehr wie mit Hopfen, aber, ja, da schlagen mehrere Herzen in der Brust, ja, definitiv. Also, ja, das ist mehr wie bei Kindern dann.

Markus: Und du hast auch so ein kleine Hefebank?

Florian Erdel: Ich habe auch eine kleine Hefebank, richtig, ja, genau, also mit circa 100 Kulturen, über die Jahre so gesammelt. Die muss man auch immer hegen und pflegen, ja, genau.

Markus: Die einen gießen die Blumen oder füttern den Hamster und du gehst halt da zu deinen Hefen.

Florian Erdel: Richtig, ja, richtig, ja.

Holger: Ja, toll, also das ist wirklich unglaublich interessant. Und ich glaube ja auch, dass die Hefewelt so richtig auch noch gar nicht so richtig entdeckt wurde, also auch in der Craft-Beer-Szene. Also wenn man jetzt mal von den Sauerbierstilen absieht, dann könnte man ja bei den Hefen auch nochmal ganz, ganz viel Spannendes produzieren und alle sind so in Richtung Hopfen grade so in der Craft-Beer-Welt unterwegs. Jetzt gibt es natürlich die Kveik-Hefe auch zum Thema alkoholfreie Biere, sehr spannendes Thema auch. Aber, die Hefe ist irgendwie ein bisschen unterbelichtet, habe ich den Eindruck, ja. Und dann gibt es so absolute Cracks, beispielsweise hier Riegele Brauerei, hat ja auch eine Hefestammbank von, weiß ich nicht, wie viel Hefen. Weihenstephan auch über 1.000 verschiedene Hefen. Schade ist ja, dass viele Hefen einfach nur Nummern haben, ja, also man könnte ja da Namen verteilen, also die Raupach-Hefe oder die Erdel-Hefe oder weiß der Henker, ja. Und da könnte man sich ja jetzt auch nochmal vorstellen, wie wäre so eine Raupach-Hefe, ne, wie wäre die eigentlich?

Markus: So ungefähr wie die jetzt hier. Also weil, was ich nämlich auch noch sagen muss jetzt, je mehr das Bier warm wird, desto mehr geht dieses Aroma in so eine Wildrosenrichtung und zwar ganz intensiv, also als würde man …

Florian Erdel: Ja, richtig, ja.

Markus: … wirklich durch so einen Rosengarten, rumschlendern, wo eben so ganz viele wilde Rosensorten mit ganz intensiven Gerüchen da sind und dann hat man genau das in der Nase. Wahnsinn! Also total intensiv parfümiert, könnte man im positiven Sinne sagen, also wirklich sehr, sehr spannend.

Florian Erdel: Ja. Ja, die Rose trifft es perfekt. Das hatte ich vorhin mit blumig gemeint. Und du hast absolut Recht, jetzt wo das Bier wärmer wird, kommt das immer mehr, wird immer deutlicher, ja.

Holger: Ist sowieso so ein Phänomen, ne, überhaupt bei Verkostungen, wenn dann Begriffe fallen, die setzen dann sich fest in den Gehirnen der Verkoster. Ja, also das ist manchmal sogar richtig gemein, also wenn dann einer so einen Begriff raushaut, also wie jetzt zum Beispiel der Markus die Rose, dann hat man die Rose und die geht nicht mehr weg. Also, das ist dann, das ist fast schon gemein.

Markus: So bin ich halt!

Holger: Ja, so bist du, du bist gemein, das stimmt. Also, komm, dann machen wir noch eins, komm, Männer, rauf jetzt!

Florian Erdel: Okay. Schwierige Wahl.

Markus: Also als Altphilologe muss ich sagen, fände ich ja Pantophage total spannend.

Florian Erdel: Gut, perfekt, dann nehmen wir das, dann nehmen wir das.

Markus: Das heißt ja, das man alles frisst. Also da bin ich mal gespannt, was da dahintersteckt.

Florian Erdel: Ja, also das ist eine, ja, Berliner-Weisse-Style-Bier, mischvergoren. Also Saccharomyces, Brettanomyces und auch Lactobazillen im Spiel. Pandophages, so heißen alle meine Berliner-Weisse-Style-Biere, weil, brett eat everything, sagt man ja auch. Also Brettanomyces, die können ja, im Gegensatz zu Bierhefe oder, ja, im Gegensatz zur Bierhefe auch langkettigere Zucker umsetzen und letztendlich alles, was das Würzebufett an Zuckern bietet, kann Brettanomyces umsetzen. Und deswegen hatte ich vor Jahren diesen Namen gewählt.

Markus: Also könnte man böse sagen, ihr habt keinen Biomüll, sondern einfach eine Haufen mit Brett drauf?

Florian Erdel: Ja, genau. Und wie ihr euch denken könnt, ist es nicht einfach nur so ein Sauerbier nach Berliner-Weisse-Art, sondern da sind Früchte im Spiel und eine Zutat, mit der ich seit Jahren sehr gerne experimentiere, das sind Lavendelblüten.

Markus: Die riecht man auch schon ganz intensiv, das wollte ich grade noch loswerden, spannend, also.

Holger: Also du hast es schon aufgemacht, ja?

Markus: Hörst du doch grad.

Holger: Naja, gut, also dann mach mal.

Markus: Ich habe es nur aufgemacht, das heißt nicht, dass ich drüber reden will, du kannst auch gern …

Holger: Doch, doch, mach mal, du bist da …

Markus: Na, komm.

Holger: … also ich meine, Berliner Weisse, da bist du doch, da gehst du ab wie Schmidts Katze.

Markus: Absolut!

Holger: Komm!

Markus: Also da bin ich durchaus Zuhause, insofern. Also von der Farbe her sind wir fast wieder ein bisschen zurück bei unserem Perpetuum von eben, also ein sehr helles, intensives rot. Also etwas dunkler als das Perpetuum, aber leuchtend, strahlend, opal, also man kann noch ein bisschen durchschauen, es schimmert und scheint vor sich hin, strahlt mich richtig an. Der Schaum oben auch richtig schön rot-rose, feinporig, steht auch schön. Also das ist schon mal ganz großes Kino. Also ich mag es einfach, wenn Biere andere Farben haben und dann so richtig schön leuchtende Farben. Gestern war ja erst der Meisel Hobbybrauerwettbewerb und da hatten wir auch viele Biere, die dann in so eine schlammige Farbe gehen, das braucht man dann irgendwie nicht. Aber, wenn das dann so richtig schön leuchtet und strahlt, das ist ganz großartig. Jetzt rieche ich hier mal. Ah, ja und da ist also, du hast es schon gesagt, aber ich hatte es vorher auch schon gerochen. Weil, unser Vermieter hier, der hat vor das Haus ein riesen großes Lavendelfeld gepflanzt. Und vorher hatte ich das noch nie so intensiv, aber jetzt ist es eben jedes Jahr im Frühjahr, wenn der Lavendel dann anfängt zu blühen, dann haben wir hier praktisch Dauer-Lavendelduft in der Gegend und das erschlägt einen richtig. Auch hier ganz intensiv! Und das ist ja, der Lavendelduft ist ja auch so komplex, mit harzigen und ganz vielen verschiedenen Komponenten, natürlich auch floral und das kommt hier total schön rüber. Also ein sehr intensiver spannender Geruch. Wobei ich sagen muss, es ist nicht viel mehr als Lavendel, aber der dafür total intensiv. Jetzt probiere ich das mal. Also, vom Antrunk her ist natürlich die Säure jetzt schon mal kräftiger, die merken wir auch. Bierstil Berliner Weisse, das verträgt auch ein bisschen mehr Säure. Vor allem auch eine, die sich entwickelt. Also die ist am Anfang da und dann wird sie so ein bisschen stärker, bleibt lange und sorgt am Ende für was, was man sonst eher vom Hopfen kennt, dass das sich so ein bisschen zusammenzieht, so ein bisschen unv. #00:55:36-1# also sehr schöner Effekt,. Und dazwischen kommt dann der Lavendel mit seinen ganzen ätherischen Ölen. Und das ist ja dann so ein bisschen, wie man das auch von so Wald, Pinien sowas kennt, so harzig, ganz intensive Aromen, die da in viele verschiedene Richtungen auch gehen. Da ist auch was Süßes mit dabei, was Holziges mit dabei, ein bisschen Honig, aber eben der klassische Lavendel auch. Bleibt unheimlich lang! Also auch jetzt, wenn ich getrunken habe und rede, merke ich immer noch, wie ständig dieses Aroma wieder da kommt. Und, ja, also ich bin ja eigentlich nicht dafür da, ständig immer nur zu belobhudeln, aber das ist auch wieder großartig, also habe ich so auch noch nicht probiert. Also wir haben bei Lembke mal, gab es mal einen Probesud mit Lavendel, der war auch ganz gut, aber bei weitem nicht so intensiv und so klar in der Formensprache oder in der sensorischen Sprache. Und das ist wirklich sehr schön! Und auch die Säure ist nicht zu knallig, also sehr, auch ein angenehmes Getränk, toll.

Florian Erdel: Wobei, danke erst mal, wobei man sagen muss, also ich finde schon, dass das Säureniveau von diesem Bier, also ich fühle mich da absolut Zuhause, aber ich würde schon behaupten, dass es eher was ist für Sauerbierliebhaber. Ich glaube, jemand, der wenig Erfahrung hat mit Sauerbieren und man setzt ihm oder ist es nicht unbedingt eine gute Idee, ihm so ein Bier als Erstes zu geben.

Markus: Nee, also das würde ich überhaupt niemanden als Erstes geben, glaube ich. Aber, also das muss man da so ein bisschen voraussetzen, glaube ich, also wenn sich jemand an die Flasche ran wagt, sollte er sich schon so ein bisschen Mal an der ein oder anderen Ecke damit beschäftigt haben. Und ich meine, es ist halt so, diese Säure kann ja ganz schnell wirklich unangenehm werden. Aber hier ist es durchaus noch schön auf dem Niveau, wo sie schon da ist und präsent ist, aber nicht eben wirklich unangenehm wird. Also die ist schon da, aber sie geht ja dann auch wieder weg, sie bleibt da, sie ist dann eben eher absorbierend, aber weniger, dass es einen irgendwie langfristig beißt also.

Florian Erdel: Ja, sie ist am Anfang, also ich bezeichne das immer, sie ist am Anfang so ein bisschen spitz, jetzt in dem Fall noch, weil, das ist ja auch noch nicht so alt. Ist jetzt März 21, es ist nicht ganz ein Jahr alt. Dieses Säureprofil, wenn das Bier sicherlich noch ein, zwei Jahre hat, dann wird die nochmal besser eingebunden und insgesamt einfach, sage ich mal, ein klareres Profil, von Antrunk bis Ende, wie es aktuell ist.

Markus: Also was mir noch ganz gut gefällt, weil ich es grade jetzt auf der Flasche auch gesehen habe, da sind ja noch schwarze Johannisbeeren mit dabei. Und das ist sehr schön als Aroma! Also jetzt weiß ich auch, woher das kommt, das hat man im Nachgang, ist das dann sehr stark, sehr intensiv, dieses Gewürzige von den schwarzen Johannisbeeren. Und das, das passt natürlich auch total gut zu dem Lavendel, also das ist wirklich eine ganz runde Angelegenheit. Und, ja, denkst du dir das vorher oder kommt das so? Also man sagt ja Autoren immer, es gibt die Autoren, die machen sich vorher einen Plan und dann machen sie sich ihren Plot und dann schreiben die das und es gibt die anderen Autoren, die machen mal los und die Geschichte entwickelt sich, während sie das tun.

Florian Erdel: Also mal so, mal so. Bei diesem Bier, das gibt es seit 2019, braue ich das einmal pro Jahr, mehr oder weniger vom Verfahren her gleich, da spiele ich eher nur mit den Zutaten. Und bei dem 2021er zum 2020er, sind eigentlich nur diese Fruchtkombi dazugekommen. 2020 war es Rhabarber mit Lavendel, das hat auch sehr gut gepasst. Und wo ich das eben getrunken hatte, kam die Idee, da eben so diesen roten Beerenmix, sage ich mal, ins Spiel zu bringen. Also nicht nur Himbeere, weil, dann wird es denke ich, dann wäre es mir zu eindimensional gewesen. Wenn man da eben mehrere Player hat, eben noch mit den schwarzen Johannisbeeren, wie du grade gesagt hast, dann wird einfach das Beerenprofil, was eben dem Lavendel sozusagen die Waage halten muss, ein bisschen komplexer oder stimmiger, sage ich jetzt mal. Wenn man da nur eine Frucht hätte, glaube ich, wäre bei der Lavendelmenge, die ich da geplant hatte und die Intensität, die ich wollte, wäre das zu sehr in die Lavendelecke gedriftet und da wäre es nicht so rund.

Markus: Ja und die schwarzen Johannisbeeren nehmen ja auch einen Teil dieser Lavendelaromatik auf. Also das ist, glaube ich, auch schön, das schlägt irgendwie eine Brücke. Ja, Holger, wie geht es dir denn?

Holger: Naja, also ich mache mir die ganze Zeit darüber Gedanken zum Thema, dass zum Anfang zu kredenzen, wo ihr euch ja so einig ward und habt gesagt, nee, eher nicht. Und ich glaube schon, dass das gut funktionieren würde als Aperitif-Bier. Also da dann wieder auch in einem entsprechenden Glas kredenzt, da könnte ich mir dann doch vorstellen, dass das eben durch die Säure auch so appetitanregend wirkt und dass das also grade als Aperetifo unglaublich spannend sein könnte. Und da muss man sich dann vielleicht sogar noch überlegen, was man dann an Finger-Food da noch mit dazu kombiniert. Also ich könnte mir das schon vorstellen. Man darf nur niemanden erzählen, dass das eben ein Bier ist.

Markus: Also ich würde da Datteln im Speckmantel dazu reichen.

Holger: Absolut, also das würde auf jeden Fall passen, Datteln im Speckmantel passen in jedem Fall dazu. Also und das müsst ihr euch vorstellen, also wir haben da jetzt eine Gesellschaft und kredenzen dieses Bier als Aperitif mit Datteln im Speckmantel. Also, Männer, ich sage euch, da sind schon wieder die Frauen total begeistert, also.

Florian Erdel: Ja, schon allein wegen der Farbe, denke ich, hat man da schon von der Optik, da bin ich schon bei dir, das kann ich mir auch gut vorstellen als Aperitif, dass das dann anlockt, ja.

Markus: Ja und ich glaube, es ging ja auch vorher nicht unbedingt darum, das nicht zu Anfang eines Menüs zu verwenden, da bin ich auch völlig bei dir, ich glaube nur, es ist schwierig, dieses Bier auf Leute loszulassen, die noch nie mit einem komplexen Sauerbier irgendwas zu tun hatten. Wie viel machst du denn pro Jahr davon und vor allem, wo lagert man dann diese ganzen Flaschen?

Florian Erdel: Also von diesem Bier, ich hatte es ja vorhin schon gesagt, dass ich das seit jetzt mehreren Jahren einmal pro Jahr braue, da mache ich 40 Liter. Das ist auch bei mir auf meiner Anlage zugeschnitten, eigentlich meine Standard-Batch-Größe. Ich kann ein bisschen weniger brauen, aber auch mehr, aber in der Regel braue ich 40 Liter. Weil ja jetzt noch Früchte im Spiel sind oder auch Lavendel und weil es auch mischfermentiert ist, muss man sich bei dem Bier das so vorstellen, ich habe da für meine Sauerbiere, habe ich ein separates Equipment, das einfach nicht die Gefahr besteht oder die Gefahr zumindest reduziert wird, das, wenn ich mal ein cleanes, also ein normales klassisches Lager-Ale brauen möchte, dass es halt nicht sauer wird oder Brett-Aromen reinkommen, muss man das separieren. Und in diesem Sauerbiergäreimern, die ich eben für meine Sauerbiere habe, bei einer Berliner Weisse zwei bis drei Monate, sind die da drin, kommen dann in Caks. Wir Hobbybrauer nutzen in der Regel sogenannte NC-Caks oder auch Corny-Caks und ein so ein Cak hat fünf Gallonen, weil es eben aus dem amerikanischen Raum kommt, das sind 19 Liter. Und da kommt das eben vom Gäreimer in zwei solche 19 Liter und da sind wir bei 38 Litern. Und da verbleibt es da nochmal auf Früchten, auf eben Gewürzen oder Sonstiges dann nochmal mehrere Monate und kommt dann irgendwann, ja, in der Regel so nach maximal sechs Monaten, bei einem Berliner-Weisse-Bier, in die Flaschen und da kann das Ganze da noch eine Weile verbleiben.

Markus: Ja, ja, aber das sind ja jetzt, wenn man das hochrechnet, hat du danach 100 Flaschen. Also die müssen ja irgendwo hin. Hast du da ein extra Lagerraum für sowas oder wie machst du das?

Florian Erdel: Ich habe da einen Lagerraum, ja, also aus so Weinsteinen, habe ich da so ein Regal, wo die dann lagern, ja.

Markus: Das heißt, die liegen dann?

Florian Erdel: Die liegen, ja. Das ist auch einer, wobei, das ist eine Philosophiefrage. Aber deswegen arbeite ich auch gern mit Naturkorken. Weil, grad mit Bieren, die auf dem Säuereniveau sind, habe ich irgendwie kein gutes Bauchgefühl, wenn die ständig mit einem Kronkorken in Kontakt sind, deswegen arbeite ich da gern eben mit Naturkorken. Und wenn man die liegend lagert, ist auch der Sauerstoff, also möglicher Sauerstoff, der noch in der Flasche drin ist, weil, ich meine, als Hobbybrauer kann man das nicht so gut evakuieren wie professionell. Und liegend lagernd, sollte auch einen Vorteil haben, dass sich in der Flasche nicht nochmal auf der Bieroberfläche ein Biofilm bilden kann, ein sogenannter Päleckel, der wieder zu neuem Druck dann in der Flasche führt und dann letztendlich auch zu Gushing, also zu Überschäumen führen kann beim Öffnen. Deswegen, ja, ist meine Philosophie, es eh horizontal lagern und dafür Naturkorken und man macht auch was für die Optik.

Markus: Auf jeden Fall. Naja und also auf jeden Fall natürlich auch, man hört schon wieder, glaube ich, liebe Hörer, das sind viele spannende Begriffe, auch viele Fachbegriffe. Also man kann es im Grunde allen nur raten, die da irgendwie Lust haben, mal einzusteigen, wirklich den örtlichen Hobbybrauerverband, da gibt es ja ganz viele Ableger, die dazu gehören, aufzusuchen, da einfach mal dabei zu sein, sich das anzuschauen und eben selber mal zu gucken, wer sich vielleicht auch von dem Virus anstecken lässt. Ich bin ja eben auch bei vielen Hobbybrauerwettbewerben, allerdings immer nur auf der Juryseite, weil ich viel zu schlecht bin im Bierherstellen, aber, ich erlebe diese Menschen. Und das ist so schön, so liebe Leute, so eine tolle Community, wo sich füreinander, miteinander gefreut wird, wo es einfach eine tolle Atmosphäre ist. Also ich glaube, also wenn man dafür brennt, ist das, glaube ich, das Schönste was man machen kann, oder?

Florian Erdel: Das kann ich nur so unterstreichen, ja also ich möchte es auch nicht mehr missen. Und es ist wirklich nicht nur das Bier an sich, sondern sich über Bier zu unterhalten, macht, denke ich, jedem Spaß, jeder, der irgendwie von dem Biervirus infiziert ist, egal ob jetzt auf der Brauerseite oder einfach nur auf der Verkostungsseite. Auch die beiden Welten, die finden ja bestens zusammen in der Hobbybrauerwelt. Es gibt so viele Hobbybrauer, die so tolle Biere machen, wie wir es am Anfang vom Podcast schon hatten, als wir es über die Kreativbier oder Kreativbierwettbewerbe hatten, also das ist die Aromalvielfaltexperimentierfreude, die ist halt grandios. Und was auch logisch ist, weil ein Hobbybrauer, da sind halt nur 40 Liter mal kaputt und nicht ein paar 1.000, da traut man sich halt mehr, ja.

Holger: Also wenn man jetzt hier draußen auf die Straße geht und irgendjemand ein Bier anbietet und dann das ins Glas schüttet, dann würde derjenige, also wenn es dann so ein typischer Münchner ist, der würde mir ja eine runterhauen, ja, also aus Münchner Sicht wäre das ja kein Bier. Ja, also, aber wir sind am Ende, Freunde. Also mir hat es außerordentlich Spaß gemacht! Es war, denke ich, ein sehr, sehr vielschichtiger spannender BierTalk, den man auch nicht alle Tage so hören kann. Florian, ich finde es absolut unglaublich, was du produzierst und machst! Zum Glück wertschätzen das ja auch andere Menschen in den entsprechenden Wettbewerben. Und ich glaube auch, dieses Mal hat es bei Maisel vielleicht auch wieder geklappt mit irgendwelchen Preisen, Sonderpreisen oder Auszeichnungen, ich wünsche es dir auf jeden Fall! Und wünsche euch und den Hörern, ja, allseits gute Biere auf dem Tisch und wenn es denn dann so tolle und unglaublich komplexe Biere sind, wie wir sie heute verkosten konnten, dann kann es nur ein schöner Tag werden, einen schönen Abend geben. Und wie wir ja heute schon mehrfach festgestellt haben, die Frauenwelt, die ist dann auch noch begeistert und dann ja erst recht. Also, macht es gut, bleibt uns gewogen und euch beiden vielen Dank für eure nette Gesellschaft.

Markus: Ich hätte noch einen kleinen Nachsatz und wollte mich auch nochmal beim Flo bedanken, also einerseits für die tollen Biere, aber auch, dass er uns so schön die Stange hält, weil, du bist ja mittlerweile auch Referent bei uns im Biersommelierkurs. Und, ja, auch da ist das Feedback wirklich überwältigend, grade weil du eben dich so rein arbeitest und mit so viel einfach Äfe und Interesse und unglaublichem Wissen da dabei bist. Und ich kann auch nur unterstreichen, in einer halben Stunde wirst du es ja erfahren, wie es bei Maisels gelaufen ist, ich sage jetzt auch nix weiter groß. Ich kann nur sagen, wir erfahren ja nach dem ganzen Chutchen immer, wenn man dann also alles feststeht und so, hinter welchen Nummern sich welcher Hobbybrauer verborgen hat und du warst auf jeden Fall mein Favorit. War ein tolles Bier und ich bin sehr gespannt, wenn ich das von dir vielleicht noch irgendwann nochmal wieder verkosten kann. Ja, also danke schön und dir noch einen wunderschönen Abend.

Florian Erdel: Vielen Dank, dass ich dabei sein durfte, vielen Dank fürs Feedback, war eine tolle Runde, danke schön.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 81 – Interview mit Matthias Richter vom Bayerischen Bahnhof (Gosebrauerei) in Leipzig

Auch wenn der Bayerische Bahnhof früher nie wirklich für Bier stand, so war das 1842 eingeweihte Leipziger Gebäude doch ein Vorbote der damals neuen Zeit und der Verbindung zwischen den beiden stolzen Königreichen. Es bedurfte dann auch eines bayerisch-fränkischen Brauers, dem Ort ein neues, bieriges Leben einzuhauchen. Brauereibesitzer Thomas Schneider aus Weissenburg nahm sich Ende der 1990er Jahre der Aufgabe an, aus dem maroden Bahnhofsrest mit vielen Bombentreffern wieder ein lebendiges Stück Alltagskultur zu machen. Gesagt – getan: Der heutige Bayerische Bahnhof als Gasthaus- und Gosebrauerei entstand und mit ihm die Wiedergeburt eines fast ausgestorbenen Bierstils. Genauso wie die Berliner Weisse war die Leipziger Gose kurz vor der Wende selbst am Ende und es bedurfte wahren Pioniergeistes, ihr wieder zum alten Stellenwert zu verhelfen. Das tat Thomas Schneider auch, erkor die Gose zum Bier der Brauerei und startete zur Jahrtausendwende mit dem Brauen. 2002 kam unser Gesprächspartner Matthias Richter ins Spiel, der seitdem international wie kein anderer für das Thema Gose steht. Bescheiden und professionell, dadurch genau der richtige Mann am richtigen Ort, entwickelte er die bestehenden Rezepturen weiter und kreierte unter anderem einen Goseator, den er noch dazu in verschiedene Holzfässer zur Reifung legte. Im BierTalk erzählt er von seiner Geschichte und gibt wertvolle Tipps für Hobbybrauer, die sich vielleicht einmal selbst dem salzig-sauren Vergnügen aus dem Freistaat hingeben wollen…

Kommt in unsere Facebook-Gruppe und diskutiert mit: https://www.facebook.com/groups/bierakademie

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute machen wir wieder eine spannende Reise zu einem historischen Bierstil, nämlich zur Gose und zwar nach Leipzig. Und dort haben wir einen ganz besonderen Brauer zu Gast, der von vielen auch so ein bisschen als the god father of Gose bezeichnet wird, wie auch immer, aber der sich schon lange damit beschäftigt, unheimlich viel drüber weiß und einfach die Referenz sozusagen eigentlich ist, wenn es um diesen Bierstil international geht. Und da freue ich mich wirklich sehr, dass der Matthias Richter heute bei uns am Mikrofon ist. Hallo, Matthias, vielleicht stellst du dich nochmal ganz kurz den Hörern vor, falls dich jemand noch nicht kennen sollte.

Matthias Richter: Ja, hallo, mein Name ist Matthias Richter, bin Braumeister im Bayrischen Bahnhof in Leipzig seit 2003 und bin seit über 20 Jahren Brauer und Mälzer.

Markus: Über 20 Jahre Brauer und Mälzer, da wäre vielleicht schon mal die allererste Frage, war das für dich im Leben klar, dass du das machen willst oder wolltest du vielleicht Papst werden oder sonst irgendwas anderes als Kind?

Matthias Richter: Nee, ich wollte tatsächlich recht zeitig Brauer werden. Also es war so, in der Schule gab es so mehrere Varianten, da war Buchdrucker dabei und Beleuchter und Brauer war aber das Interessanteste da an der ganzen Geschichte.

Markus: Ja und dann konntest du als junger Man auch schon mal reinschnuppern ins Brauen?

Matthias Richter: Nee, eigentlich gar nicht, also ich wollte Brauer werden, habe mich dann bei mehreren Brauereien beworben, bin dann auch mit dem Motorrad rumgefahren und habe Brauereien besucht. Und die Erste, wo ich angehalten habe, da habe ich dann eine Lehrstelle bekommen und habe eine dreijährige Ausbildung gemacht und das war für mich der perfekte Weg.

Markus: Wo war das, bei welcher Brauerei?

Matthias Richter: Ich habe in Krostitz, bei Ur-Krostitzer gelernt, das ist in der Nähe von Leipzig.

Markus: Und das war noch zu DDR-Zeiten, oder?

Matthias Richter: Nein, nein, so alt bin ich nun auch nicht. Also ich bin 45, ich habe Mitte der 90er angefangen mit Lernen.

Markus: Wie kommst du denn dann zum Thema Gose, das ist ja nun eine ganz andere Richtung?

Matthias Richter: Das kam dann erst, ich sage mal, im Laufe des Studiums. Also ich habe nach der Ausbildung ein Studium zum Diplombraumeister in Berlin gemacht und da ging das dann so ein bisschen mehr los, ich sage mal, so mit handwerklichen Brauen auch, also zumindest da auch mal zu gucken, in die Richtung. Und ich hatte eigentlich Glück, dass direkt nach dem Studium die Stelle am Bayrischen Bahnhof frei wurde.

Markus: Das heißt, du bist da mehr oder weniger ins kalte Wasser rein gesprungen?

Matthias Richter: Ja, so ein bisschen, also brauen konnte ich. Gose kannte ich, hatte aber noch keine gebraut und, ja, der Rest kam dann quasi beim Arbeiten.

Markus: Ja und was viele ja nicht wissen, ist, du braust ja dort auch ganz normale Biere, kann man sagen. War das auch von Anfang an so, dass es eben für das Gasthaus die Standardbiere auch gibt?

Matthias Richter: Also wir hatten schon immer vier Biere gehabt, seitdem ich dort bin. Das ist ein Pilsener, was ein bisschen, ich sage mal, floraler gehopft ist, ein Schwarzbier, ein Weißbier und Gose als Spezialität.

Markus: Und bei der Gose-Rezeptur, war da schon was vorhanden oder hast du dir das erarbeiten müssen, wie gingst du da ran an die Sache?

Matthias Richter: Ich bin ja nicht der erste Braumeister im Bayrischen Bahnhof, also ich habe im Prinzip die Rezeptur so übernommen wie sie war und die ist auch seitdem nicht verändert. Also wir brauen seit über 20 Jahren die Gose na demselben Rezept.

Markus: Und weißt du was, wo dieses Rezept herkommt oder hat das dann der Braumeister vor dir kreiert?

Matthias Richter: Also das hat er mit dem Besitzer zusammen, glaube ich, gemacht, mit dem Herrn Schneider, der ist ja auch Braumeister. Und die haben aus alten Rezepturen im Prinzip das Rezept für die Brauerei entwickelt, also zusammen auch mit dem anderen Hersteller. Weil, die Brauerei ist für Gose konzipiert, also wir haben dort ein Sauergutbehälter, der wesentlich größer ist als in anderen Brauereien. Also wir ziehen im Prinzip unsere eigenen Milchsäurekultur dort her.

Markus: Ja, da hast du grad noch ein ganz interessantes Stichwort gebracht. Bevor wir mit der Gose weitermachen, der Besitzer, der Herr Schneider, das wissen ja auch viele nicht, das sozusagen eigentlich ja das eine bayrische Brauerei beziehungsweise fränkische Brauerei ist aus Weißenburg, die eben dann erst den Bayrischen Bahnhof dazu genommen haben und mittlerweile gar komplett nach Leipzig sozusagen umgezogen sind. Merkst du denn da auch was von diesen fränkisch, sächsischen Spannungsfeld?

Matthias Richter: Was meinst du mit Spannungsfeld?

Markus: Ja, denken die vielleicht anders oder ist da die Herangehensweise anders oder ist das einfach eine nette Zusammenarbeit?

Matthias Richter: Nein, das ist eine gute Zusammenarbeit. Also ich sage mal, Brauer ist Brauer, da ist, glaube ich, egal, ob er nun aus Franken kommt oder von der Küste. Also Brauer funktionieren zusammen eigentlich immer recht gut.

Markus: Das stimmt, das habe ich auch schon so oft erlebt. Ja, zurück zur Gose, also du hast dann die Rezeptur übernommen. Da finde ich vielleicht noch ganz interessant, ich habe auch mit dem Odin Paul schon gesprochen von dem Brauhaus in Goslar. Und der hat die Geschichte erzählt, dass die Gose in Goslar ursprünglich keinen oder nur ganz wenig säuerliche Noten hatte und dass diese säuerlichen Noten sozusagen eigentlich über den Transportweg dann, bis dass dann mal in Leipzig angekommen ist, ins Bier gekommen sind. Und dass man dann eben gesagt hat: „Okay, in Leipzig reproduziert man das, was man kennt“ und dass dadurch praktisch diese Säure eben jetzt in der Leipziger Gose, im Unterschied zum Beispiel zur Goslarer Gose, so präsent ist. Kanntest du diese Herleitung, siehst du das auch so?

Matthias Richter: Also ich kannte jetzt diese Herleitung von der Gose nicht so direkt, aber das Ganze macht Sinn. Also ich kenne den ähnlichen Fall vom Löwener Bier in Belgien, dass in Löwen auch nie selber ein Sauerbier war, aber außerhalb von Löwen immer als Sauerbier bekannt. Also ist eine ähnliche Geschichte, also das wird damals bei der Gose mit Sicherheit auch so funktioniert haben. Weil, die haben ja in Goslar die Gose quasi als Jungbier oder als frisches Bier getrunken und über den Transport ist es dann halt versäuert. Und das war ja in Leipzig im Prinzip auch so, man konnte früher selber entscheiden, welchen Reifegrad man von der Gose in einer Gosen-Schenke trinken wollte. Also eine junge Gose war noch nicht sauer, die war halt eher, ich sage mal, wie Weißbier mit Koriander. Und erst die mittelgereifte Gose entwickelt die Säure, ja. Die mittelgereifte Gose ist so ein bisschen mit unserer zu vergleichen. Da gab es früher halt noch die alte Gose und die war halt so richtig, richtig, sauer, weil die Milchsäurebakterien da lange Zeit hatten, richtig zu arbeiten.

Markus: Und weißt du, welche Altersstufen das ungefähr waren, die man da ausgeschenkt hat?

Matthias Richter: Also von der Zeit her weiß ich es nicht, wie lange die Reifegrade sind, also es ist jetzt auch nicht wirklich irgendwo überliefert. Aber ich denke mal, das sind schon zwei, drei Monate, was eine alte Gose war, die dann im Keller im Prinzip gelagert hat.

Markus: Was ja jetzt für ein Bier gar nicht so alt klingt, aber natürlich für ein lebendiges Bier, wo die Milchsäure arbeitet, dann eben schon eine ordentliche Zeit ist.

Matthias Richter: Ja, ja. Wird wahrscheinlich auch so ein bisschen abhängig von der Jahreszeit gewesen sein.

Markus: Das stimmt.

Matthias Richter: Und auch von der Gaststätte selber, es gab ja verschiedene Schenken, wo man früher Gose hatte. Und ich sage mal, wer einen wärmeren Keller gehabt hat, da hat es halt was eher Säure gezogen und bei den anderen hat es halt was länger gedauert. Also das wird auch sehr individuell gewesen sein.

Markus: Kann man wahrscheinlich auch ein bisschen vergleichen mit dem Real Ale in England, wo ja …

Matthias Richter: Ja, im Prinzip schon, genau.

Markus: Genau, wo die Brauereien ja praktisch ein Jungbier ausliefern und die Wirte das dann selber in ihren Kellern jeweils endlagern. Und das ist auch nach Kellertemperatur und Zeit und Kompetenz des Wirts sehr unterschiedlich, was dabei rauskommt. Ja, wo wir grade bei dem internationalen Thema sind, die Gose hat ja einen großen, ja, man kann schon fast sagen, Hype zwischendurch erlebt, grade in den USA, grade bei den Craft-Brauern, aber auch zum Beispiel in Südamerika. Da war ich auch schon öfters und habe dann wirklich spannende Varianten von einer Guaven-Gose über diverse andere Regenwaldfrüchte bis hin zu Mix-Pickles-Interpretationen erlebt. Hast du davon auch was mitbekommen, besuchen die dich, bist du da mal unterwegs, sprichst du mit den Leuten?

Matthias Richter: Also ich habe ein, zwei Schilder hier Zuhause in meinem Flur hängen von Brauereien, die quasi ein Gose-Label haben. Also da ist schon ein Austausch vorhanden.

Markus: Und was fragen die dich dann so?

Matthias Richter: Also grundsätzlich geht es immer um die Rezeptur, die ich natürlich nicht verrate. Aber, ich sage mal, man kann ja so ein bisschen Richtung vorgeben und es wird halt auch viel gefragt, wie man das modern im Prinzip interpretieren kann, ja. Also jetzt auch für Brauer, die jetzt nicht unbedingt eine kombinierte Gärung mit Milchsäurebakterien machen wollen, da gebe ich dann schon ein paar Tipps.

Markus: Ja, apropos, jetzt müssen wir, glaube ich, mal zur Praxis kommen und ihr habt euer Bier ja in zwei verschiedenen Gebinden, also einmal in so einer 0,3er-Flasche und einmal in einer ganz besonderen 0,75er-Flasche. Und die schaut im Grunde so aus, dass man unten ein relativ bauchiges Unterteil hat und dann einen ziemlich langen hohen Hals, also das Ganze ist bestimmt, na, so 40, 50 Zentimeter hoch. Und dann hat man oben einen Bügelverschluss und kann da aufmachen und durch diesen langen Hals ausschenken. Das mache ich jetzt mal, dann können wir das mal zusammen verkosten. Ich schaue mal, ob das Plop rüberkommt. Oh ja! So, also wie schon gehört, ich habe jetzt diese große Flasche genommen. Gibt es da einen Unterschied zwischen der großen und der kleinen?

Matthias Richter: Ja, also die große Flasche, das ist quasi unsere Schmuckflasche, da ist die Gose nicht pasteurisiert, in der kleinen Flasche ist sie pasteurisiert. Einfach, weil wir da auch deutschlandweit im Handel so ein bisschen sind und, wie soll ich sagen, der Kunde und der Handel nicht immer so mit naturbelassenen Bieren kann.

Markus: Ja, das stimmt, kann ich mir gut vorstellen. Und das heißt also, ich sollte auch die anderen hohen Flaschen, die ich jetzt habe, die großen Flaschen, nicht zu lange aufheben oder kann man die auch bewusst lagern?

Matthias Richter: Ja, man kann das schon bewusst machen, wichtig ist da halt wirklich, dass die kühl lagert. Weil, die kommt halt irgendwann in die Autolyse und dann ist die nicht mehr so lecker.

Markus: Kühl heißt, eher so acht Grad oder vier Grad oder zwei Grad oder null Grad?

Matthias Richter: Ja, null Grad ist zu kalt, aber so Kühlschrank ist immer gut.

Markus: Also so sechs, acht Grad?

Matthias Richter: Ja. Wir haben halt bei unserer Gose, ist es so, da sind keine lebendigen Milchsäurebakterien im Bier drin, wir machen ja kesselsauer, weil wir den Gärkeller für alle Biere verwenden. Also wir haben jetzt keinen separaten Gärkeller für die Gose und deswegen ist das Risiko zu groß, dass wir da eine Infektion kriegen und deswegen ist auch die Gose in der großen Flasche ohne Milchsäurebakterien im fertigen Bier.

Markus: Okay, also das heißt, ihr säuert praktisch das Bier während des Brauprozesses und …

Matthias Richter: Genau.

Markus: … dann ist durch das Kochen, sind die Bakterien eh tot …

Matthias Richter: Genau.

Markus: … und dann kann man dann normal damit weiterarbeiten wieder.

Matthias Richter: Ja, ja. Also ist lebendige Hefe drin, aber keine lebendigen Milchsäurebakterien.

Markus: Okay. Und ich bin jetzt ein lebendiger Trinker und nähere mich dem Ganzen mal. Und wenn man sich das anschaut, also das Bier an sich hat so ein schönes Orange, sattes Orange, leuchtet mir entgegen. Ist leicht trüb, ist ja auch klar, ist ein unfiltriertes Bier. Und oben drauf ein sehr, sehr feiner schöner weißer Schaum, der auch sehr gut steht. Wir haben jetzt ein bisschen gesprochen und der steht trotzdem immer noch wie eine Eins, wunderbar. Ich rieche mal rein. Ja, das ist jetzt schon sehr spannend, also da haben wir schön die Koriandernoten, also dieses gewürzige Intensive, was eben der Koriander mit sich bringt. Man hat auch schon so ein bisschen den Eindruck, wie wenn man so am Meer steht und einatmet, da hat man ja auch so einen Hauch von diesem Salz, was man ja eigentlich nur schmecken kann, aber irgendwie hat man es tatsächlich so ein bisschen in der Nase. Dann hat man so ein bisschen Citrusnoten, so Orange, Zitronenschale, aber auch ein bisschen Apfel, so ein Apfel, ja, reifer Apfel. Jetzt probiere ich mal ein Schlückchen. Und ist ein sehr spannendes Spiel so von drei Grundaromen. Also es geht erst mal so eine Mischung aus süß und salzig los, dann geht das Süße ein bisschen zurück, die Säure kommt, übernimmt. Dann kommt aber die Süße wieder dazu und dann habe ich am Anfang die Fruchtigkeit und hinten raus kommt immer mehr das Gewürzige, aber auch klassische Malzaromaten. Also auch das ist da, wie man es eigentlich von einem klassischen Bier kennt. Und so klingt das Ganze dann auch aus, das Salz begleitet das so ein bisschen und macht dann auch den Mund wieder schön frisch. Also ein sehr spannender, interessanter Trunk. Ja, wie optimiert man sowas, also auf welche Sachen achtest du, was ist dir wichtig bei dem Bier?

Matthias Richter: Also wichtig ist erst mal beim Salz, dass darf nicht zu salzig sein. Also das Salz liegt eigentlich so, ich sage mal, an der Geschmacksschwelle. Wer jetzt für Salz sensibel ist, der wird es schmecken. Wer nicht so sensibel auf Salz ist, für den ist das eher so ein Mineralton und das ist eigentlich auch, ich sage mal, gewünscht. Es soll halt tatsächlich kein salziges Bier sein, sondern einfach nur durch das Salz soll es gut zu trinken sein. Also der Ursprung von dem Salz kommt höchstwahrscheinlich aus Goslar. Also man hat früher auf keinen Fall Salz in das Bier gegeben, weil Salz viel, viel zu teuer war, aber in Goslar das Wasser war halt sehr mineralig, also fast ein bisschen salzhaltig. Und das später dann in Leipzig nachzumachen, hat man dort ein bisschen Kochsalz dazugegeben als dann Salz nicht mehr so teuer war.

Markus: Ja, also ich denke, das ist auch vielleicht was, was die Hörer mal selber probieren könnten, also wenn ihr im Supermarkt seid oder im Getränkemarkt und da mal schaut, wenn es verschiedene Mineralwasser gibt, da steht ja immer drauf, was drin ist, so vom Mineraliengehalt. Und da könntet ihr euch einfach mal eins aussuchen, wo viel Natrium drin isst, vielleicht mal eins, wo viel Kalzium drin ist und ein eher neutrales und dann einfach mal diese Wässer bewusst verkosten, dann nehmt ihr wirklich bewusst war, welchen Unterschied es eben macht, was ich für Wasser zum brauen nehmen und letzten Endes dann auch, wie das beim Bier verändert. Und ich bin da total bei dir, ich glaube auch, dass eben dieses sehr mineralige Wasser aus Goslar, aus den Harzer Bergen, da sicherlich der Ursprung ist für dieses, ja, leicht Salzige. Ich finde, es kommt so im Nachgang, ist es dann so ein bisschen da, aber es ist wirklich sehr angenehm, sehr schön. Liege ich da mit meiner Beschreibung grundsätzlich richtig?

Matthias Richter: Ja, also die ist perfekt! Die Säure trägt das Salz auch ein kleines bisschen mit.

Markus: Ja, das ist spannend, also man hat ja normalerweise eher so zwei von den Grundaromen, die irgendwie hier eine Rolle spielen, süß und bitter oder bei den dunklen Bieren vielleicht noch so ein bisschen Umami, aber das ist dann wirklich spannend, wenn die drei sich da so ergänzen. Ja und du experimentierst ja auch ein bisschen. Also als ich dich besucht habe zum ersten Mal, das ist ja schon lange her, das müsste 2015 oder 14 oder 13 irgendwie so gewesen sein, da hattest du grade einen Gosiator, da hast du mir auch eine Flasche mitgegeben. Die steht auch immer noch im Keller, irgendwann mache ich die mal auf. Aber, experimentierst du mit der Gose auch, machst du da verschiedene Varianten?

Matthias Richter: Also haben wir über die Jahre tatsächlich relativ viel gemacht, das hat so die letzten zwei, drei Jahre ein bisschen nachgelassen, weil einfach relativ gut zu tun ist. Aber wir haben so vor zehn Jahren angefangen, weil wir die Möglichkeit hatten mit dem US-Markt, dort auch die Sachen zu verkaufen. Also wir haben Gose auch mit verschiedenen Gewürzen gemacht, Orangenschalen und, ich sage auch mal, Kardamom und solche Sachen ausprobiert und wir haben relativ zeitig diese Gosiator-Linie aufgelegt. Das ist ein Gose-Doppelbock, also ist eigentlich kein historischer Bierstil, aber das passte recht gut, da ist wesentlich mehr Koriander dran. Er hat einen ziemlich kräftigen Malzkörper, da deckt den Alkohol eigentlich ganz gut ab. Und dann haben wir das Bier auf verschiedenen Fässern noch zusätzlich gelagert. Also mein Favorit war damals Tequila, wir hatten ein frisch entleertes Tequila-Fass und haben den Gosiator da knapp ein Jahr drauf liegenlassen und das war eine total tolle Kombination von dem Tequila, von dem Holz und von dieser wirklich kräftigen Gose.

Markus: Kann ich mir sehr gut vorstellen. Wenn man auch noch überlegt, in meiner Jungend hatten wir Tequila ja mit Zitrone und Salz …

Matthias Richter: Genau.

Markus: … insofern passt das ja auch von der Aromatik her richtig gut.

Matthias Richter: Ja.

Markus: Spannend, ja. Und was würdest du denn so sagen, wenn wir jetzt auch so an die Hobbybrauer unter den Hörern denken, was muss man denn beachten, wenn man so mit Gewürzen oder eben auch Salz oder solchen Sachen braut, gibt es da Sachen, wo man richtig was falschmachen kann? Ja, gibt es etwas aus deiner Trickkiste, was du verraten magst?

Matthias Richter: Also direkt falschmachen kann man nix, also man sollte sich halt immer so ein bisschen ran tasten, grade beim Salz. Also das Spannende am Salz ist, nicht zu viel, sondern grade so, dass man es nicht mehr merkt. Das ist eigentlich, also für mich zumindest, das Perfekte beim Salz. Dann kann man bei der Säure halt auch ein bisschen spielen. Also wir haben halt einen PH-Wert bei unserer Gose so von 3,6, 3,7 so im Schnitt, man kann das aber auch saurer machen oder halt ein bisschen weniger an der Säure machen, also hat man extrem viele Möglichkeiten. Man kann auch, haben wir auch schon probiert, ist aber kommerziell ein bisschen schwierig, Koriander stopfen, macht nochmal ein bisschen anderen Aromaeindruck. Aber da muss man ein bisschen aufpassen, Gewürze sind manchmal ein bisschen belastet mit Keimen, also man kann sich da eine Infektion ziemlich schnell reinholen. Aber zum Probieren ist das super spannend.

Markus: Das ist ja durchaus auch was, was man beim Hopfen erleben kann, also dass man beim Stopfen dann auch Infektionen damit hervorrufen kann, wenn man Pech hat sozusagen.

Matthias Richter: Ja, wobei, beim Hopfen ist es seltener, weil der ja schon mal grade gegen Milchsäure, bietet der ja einen guten Schutz oder gegen Milchsäurebakterien.

Markus: Wenn wir von Koriander sprechen, sprechen wir ja immer nur von den Samen, oder?

Matthias Richter: Ja, genau.

Markus: Hast du auch schon mal probiert, mit den Kernen was zu machen?

Matthias Richter: Nein, also Blätter, funktioniert da nicht besonders. Weil, Blätter haben immer so ein bisschen, wenn man da so Salat macht, hat an dieses leicht Seifige, das hätte man dann nachher im Bier auch. Und Blätter machen auch immer so ein bisschen krautigen Geschmack.

Markus: Also ganz bewusst die Samen verwenden.

Matthias Richter: Ja, ja.

Markus: Okay. Jetzt, wenn ich mir eure Speisekarte anschaue, da empfehlt ihr verschiedene Sachen zur Gose, also unter anderem eine Haxensülze und einen gebackenen Camembert. Hast du da persönlich Favoriten, wenn du Speisen kombinierst mit der Gose, was denkst du, ist gut?

Matthias Richter: Also ich bin da tatsächlich nicht so geeignet, weil ich bei manchen Sachen ein bisschen einen eigenen Geschmack habe.

Markus: Und was schmeckt dir persönlich am besten?

Matthias Richter: Zur Gose?

Markus: Mhm.

Matthias Richter: Nix weiter.

Markus: Ah, okay.

Matthias Richter: Also es ist tatsächlich so, für mich ist Gose das Erfrischungsgetränk. Also das ist eigentlich das Bier gegen den Durst, wenn ich im Sommer ins Gasthaus komme.

Markus: Kannst du dich noch erinnern, wann du deine erste Gose getrunken hast?

Matthias Richter: Ja, 2003, als ich im Bayrischen Bahnhof angefangen habe.

Markus: Das heißt also, du bist dahin, wusstest, dass du dieses Bier machen wirst, aber hast es vor der Stelle, bevor du angetreten bist, noch nicht probiert gehabt?

Matthias Richter: Nein.

Markus: Das ist ja auch witzig. Und wie habt ihr dann die ersten Sude, hast du das noch gemeinsam gemacht mit dem vorherigen Braumeister?

Matthias Richter: Also der war schon nicht mehr da, aber der Herr Schneider konnte ja im Prinzip auch dieses oder die Brauerei bedienen, der hat die ja mit aufgebaut und hat mir dann im Prinzip dann alles gezeigt. Und, ja, ich habe das dann so übernommen.

Markus: Ist der heute auch noch ab und zu im Brauhaus?

Matthias Richter: Ja, er ist regelmäßig da.

Markus: Und mischt dann auch ein bisschen mit?

Matthias Richter: In der Brauerei jetzt nicht mehr so viel.

Markus: Okay. Ich kann mich erinnern, also ich habe ihn besucht und auch seine Brauerei öfters, als sie noch in Weißenburg waren. Die hatten dort auch einen wunderschönen Bierkeller, den Araunerskeller. Das ist so mitten im Wald, ist ja doch so ein bisschen auch eine leicht hügelige Gegend, im Altmühltal, da unten. Und da fließen auch so ein bisschen Franken, Schwaben und Bayern zusammen. Also die Leute, die da sind, die haben irgendwie von allen Volksstämmen so ein bisschen was. Ein sehr quirliges, witziges Volk, wo ich sehr, sehr gerne bin. Und auch schon lange gastronomische Prägung, weil das ja früher alles Römergebiet war. Also da gibt es auch Affinität in Richtung Wein und was weiß ich was, also wirklich spannend. Und das stelle ich mir schon interessant vor, wenn so jemand dann sagt: „Ich gehe da weg und gehe dann nach Leipzig.“ Aber ich glaube, da wirst du wenig mitbekommen haben, du kennst ihn ja nur dort, oder?

Matthias Richter: Ich kenne ihn hauptsächlich aus Leipzig, ja.

Markus: Okay. Ja, was sind denn noch so deine Ideen, was du mit der Gose noch so anstellen möchtest in Zukunft? Hast du noch so, ja, Sachen, die du schon immer mal machen wolltest oder wo du gedacht hast, ah, packe ich jetzt demnächst mal an?

Matthias Richter: Also ich muss mal gucken, also ich würde tatsächlich gern nochmal so eine Gosiator-Serie auflegen und vielleicht nochmal gucken, ob man noch ein paar andere Fässer benutzen kann, um das so ein bisschen auszubauen, müssen wir mal gucken. Aber das ist halt auch ein bisschen eine Zeitfrage und auch eine Platzfrage. Wir sind halt über die Jahre recht gut gewachsen mit der Brauerei und sind schon ganz gut an der Kapazitätsgrenze, da ist nicht mehr so viel Spielraum.

Markus: Wie hat sich das denn in der Pandemie entwickelt, ward ihr da schwer betroffen oder habt ihr dann auch mehr versendet?

Matthias Richter: Ach, also Pandemie war halt oder ist halt schwierig. Wir machen ja 80 Prozent von unserem Ausstoß im Gasthaus und wenn das halt zu ist, verkaufen wir halt auch die 80 Prozent nicht, also wir haben uns dann auf die restlichen 20 gestützt. Und wir haben aber den Vorteil, dass wir seit 2005 noch ein Tochterunternehmen haben, das ist die Firma Wilhelm Horn und wir stellen Spirituosen her. Und die Spirituosen haben sich auch während des Lockdowns gut verkauft.

Markus: Das heißt, du destillierst dann auch mal?

Matthias Richter: Ja, also wir machen den Leipziger Allasch, was eine andere Leipziger Spezialität ist, das ist ein Kümmellikör. Und den hat man früher, ähnlich wie in Berlin den Kümmel zur Berliner Weissen, in Leipzig mit der Gose zusammen getrunken und zwar hat man den in die Gose rein gekippt. Und der Zucker aus dem Likör, also der ist wirklich sehr süß, der hat im Prinzip die Säure rausgenommen. Und früher war ja die Gose in den Bauchflaschen mit lebendigen Milchsäurebakterien, war dadurch natürlich auch ein bisschen verdauungsanregend. Und man hoffte mit dem Kümmel, dass so ein bisschen einzubremsen. Wobei, das ist halt vom Geschmack her, also man muss das mögen, diese Kombination aus dem, das ist wirklich ein sehr kräftiger Kümmel, mit dem Bier zusammen.

Markus: Ja, das kann ich mir vorstellen. Vielleicht da auch noch für die Hörer als Ergänzung, diese Flasche, wie der Matthias auch grade gesagt hat, mit diesem sehr hohen Hals hatte früher eben auch, soweit ich das weiß, die Bewandtnis, dass die dann oben so einen Pfropf gebildet haben, diesen …

Matthias Richter: Ja, genau, das hatte eine Funktion.

Markus: Genau und dann hat sich praktisch natürlich verschlossen und konnte dadurch eben auch besser gelagert werden, also deswegen also dieser lange Hals.

Matthias Richter: Das war halt früher so, das ist halt auch wieder ähnlich wie beim Real Ale, dass man das Bier als Jungbier von der Brauerei in die Wirtschaften gefahren hat. Und die Schenken hatten halt früher im Keller einen Bottich oder ein Holzfass, da kam das Bier halt rein. Die Wirte füllten selber diese Flaschen und haben die Flaschen dann halt unverschlossen im Keller zur Nachgärung stehenlassen. Und durch den langen Hals stieg da halt Hefe mit auf, die ist oben getrocknet und hat das dann verschlossen. Und zwar teilweise sogar so dicht, dass sich da die Kohlensäure drin binden konnte und das war dann nachher ein moussierendes Getränk.

Markus: Von der Berliner Weisse weiß ich ja, dass man da ganz bewusst nach alten Flaschen gesucht hat, um da eben noch alte Hefestämme zu finden und auch überhaupt die Sensorik nochmal zu sehen, wie das eben so bei gereiften Flaschen ist. Kennst du Ähnliches auch von der Gose, also gibt es da auch alte Flaschen, die noch von älteren Chargen aufgetaucht sind, die man analysiert hat, gibt es sowas?

Matthias Richter: Also das gibt es, aber ob die jetzt analysiert worden sind, das weiß ich nicht so genau. Also ich selber habe noch zwei in der Kühlzelle stehen, die sind noch verschlossen. Die wollte ich eigentlich auch so lassen! Also es waren mal vier, ich habe die anderen zwei verkostet und das war tatsächlich noch ein, ich sage mal, zwar oxidiertes, aber immer noch gut zu trinkendes Bier.

Markus: Von wann waren die und von welcher Brauerei?

Matthias Richter: Die waren Anfang der 90er und zwar von der Dahlener Heide Brauerei.

Markus: Das war ja die Letzte, die praktisch die Kontinuität so ein bisschen gewahrt.

Matthias Richter: Genau.

Markus: Ja, wie ist es denn heute in Leipzig, also wenn ich da jetzt hinkomme, also, klar, Bayrischer Bahnhof, bei euch, logisch, aber wenn ich sonst noch Gose trinken will, kannst du da noch ein paar Tipps geben, wo man das schön erleben kann?

Matthias Richter: Ja, also mein absoluter Tipp wäre, da hat man alle Gosen auf einem Haufen sozusagen, das ist in der Gosen Schenke in Leipzig Gohlis. Dort kriegt man drei Gosen, das ist einmal die Ritterguts Gose, unsere Gose und selber haben die dort auch eine kleine Brauerei und machen auch eine eigene Gose.

Markus: Ist das die Ohne Bedenken Geschenke?

Matthias Richter: Genau.

Markus: Genau. Ah, wunderbar, ja, sehr schön! Also das kann man auf jeden Fall empfehlen. Natürlich gibt es auch tolle Literatur. Also auch hier könnt ihr euch gerne, liebe Hörer, mal weiterbilden, wenn ihr wollt, spannende Geschichte. Ja, ich habe noch zwei Sachen, also einerseits würde ich gern nochmal in den Allasch einsteigen.

Matthias Richter: Gerne.

Markus: Wie war das denn, also ihr habt ja gesagt, ihr macht eine Destillerie, wollt selber eben Liköre ansetzen. Wie kommt man da auf die Rezeptur und bist du zufrieden mit dem aktuellen Ergebnis?

Matthias Richter: Also beim Allasch war es im Prinzip auch wieder wie bei der Gose, das ist ein historischer Likör, der wurde von der Firma Wilhelm Horn schon wirklich lange, lange, lange hergestellt. Wir haben die Rezeptur mit übernommen und haben die dann nur an unsere Betriebsgröße angepasst. Und später dann, wir haben die Destille noch nicht ganz so lange, als wir dann die eigene Destille hatten, dass dann immer noch ein bisschen auf die Rohstoffe angepasst. Und mittlerweile ist das Kümmelaroma ein bisschen intensiver als in dem Ursprünglichen. Das ist ein bisschen komplexer, auch weil einfach, wenn ich selber destilliere, da ganz andere Möglichkeiten habe als wenn ich es machen lasse.

Markus: Und muss ich mir das so vorstellen, dass du dann quasi so eine Art Kümmelgeist machst und den auch später zum Likör machst?

Matthias Richter: Genau. Also ich nehme wirklich viel Kümmel, den weiche ich ein und destilliere dann im Prinzip fast, bis der Kümmelsamen trocken ist, das ab. Also beim Kümmel kann man sehr viel ab destillieren und das wird dann nochmal in einem Reinigungsbrand im Prinzip rektifiziert und dann nimmt man das als Grundbasis für den Likör. Kommt halt, wie gesagt, sehr viel Zucker dazu, ein bisschen Wasser und dann ist der Likör eigentlich auch schon fertig.

Markus: Also zweimal destilliert und dann eigentlich nur noch Wasser und Zucker und …

Matthias Richter: Genau, ja.

Markus: Spannend! Okay, also muss ich unbedingt auch mal probieren. Ich kenne das aus München, da wurde ja auch der Münchner Kümmel wiederbelebt und ist jetzt sogar irgendwie auf der Liste der geographisch geschützten Produkte und sowas. In Bayern, die sind da auch sehr stolz drauf. Aber da muss man natürlich auch mal das Leipziger Gegenstück dann probieren.

Matthias Richter: Gerne.

Markus: Ja, das Zweite, was du vorhin schon angesprochen hast, ihr macht ja auch ein Schwarzbier. Das ist ja auch so ein Bierstil, den es vor allem in der reinen Form eigentlich kaum gibt. Wie würdest du denn euer Schwarzbier charakterisieren?

Matthias Richter: Also bei unserem Schwarzbier ist es tatsächlich so, dass ich das so ein bisschen meinen persönlichen Geschmack dann auch unterworfen habe, wo ich dort angefangen habe. Also es ist halt tatsächlich sehr röstig, es ist eine wirklich gute Menge an Röstmalz dran. Es hat im Gegensatz zu den anderen Schwarzbieren, also Schwarzbier ist in Ostdeutschland doch ein recht beliebtes Bier gewesen, was aber immer recht schlank war. Und ich habe dem Ganzen ein bisschen mehr Körper gegeben und den Körper aber mit dem Hopfen ein bisschen abgefangen. Also es ist, geht so ein klein wenig Richtung Stout, es ist aber ein Schwarzbier.

Markus: Und ist untergärig?

Matthias Richter: Ist untergärig, ja, ja.

Markus: Genau. Ah ja, ja, spannend. Also finde ich auch insofern sehr interessant, als da ja immer dieser Dualismus praktisch ist zwischen den Bayrisch Dunkel, was es zum Beispiel auch in der Schneider Brauerei in Weißenburg gegeben hat. Das eben eher süßlich, weniger intensiv, röstig, eher so eben Karamell, Schokolade, in diese Richtung, mit sehr viel Körper, sehr viel Süße. Und dann eben als Gegenstück so dieses Schwarzbier eher schlank, eher röstig, aus Thüringen und Sachsen. Und das finde ich auch eine sehr interessante Geschichte. Und wie gesagt, das wird halt von den Brauern oft so ein bisschen, ja, wie soll man sagen, also auf manchen Bieren steht Schwarzbier drauf und ist eher ein Dunkles drin oder andersrum. Das ist für den Verbraucher, glaube ich, auch ein bisschen schwierig. Insofern hört sich das für mich sehr spannend an, was du da machst. Wenn du euren Absatz insgesamt siehst, welchen Anteil haben denn da die Gose oder das Schwarzbier ungefähr?

Matthias Richter: Also die Gose ist schon mit das Hauptbier. Wobei, da gibt es ein bisschen jahreszeitlich, schwankt das. Also in der Sommerzeit ist definitiv das Hauptbier, in der Winterzeit geht es ein bisschen zurück. Also ein Drittel der Jahresproduktion ist Gose, ein Drittel ist Pilsener. Wir sind in Deutschland, Deutschland ist ein Pils-Land. Und das restliche Drittel teilt sich eigentlich das Schwarzbier mit dem Hefeweizen.

Markus: Euer Pilsner heißt Schaffner Pils.

Matthias Richter: Genau.

Markus: Das ist eher wegen Bahnhof, ne, also?

Matthias Richter: Ja, also die Biere haben, außer die Gose, alle einen Bahnhofsbezug. Also das Pilsner ist halt Schaffner, das Schwarzbier ist der Heizer und das Hefeweizen ist der Kuppler. Und dann haben wir saisonal vor Weihnachten noch den Prellbock, das ist ein dunkles Bier, da ist der Name auch ein klein wenig Programm.

Markus: Ja, das hört sich auf jeden Fall auch sehr gut an. Ja, nun bist du 20 Jahre da, da ist natürlich auch so ein bisschen die Frage also einerseits, siehst du dich da auch noch 20 Jahre und andererseits, wie sieht es denn da mit dem Nachwuchs aus? Hast du Azubis, kommen da Leute, um zu lernen, wie sind da so die Situationen?

Matthias Richter: Also beim Nachwuchs sieht es eigentlich gar nicht so schlecht aus. Der Brauerberuf ist nach wie vor ungebrochen beliebt und es sind zum Teil halt auch Ältere, die das lernen wollen. Also mit älter meine ich jetzt nicht 15-, 16-, 17-Jährige, sondern zum Teil als zweiter Berufsweg, dann so Mitte 20, die das machen wollen. Also da sehe ich eigentlich kein großes Problem. Und ich selber bin seit 20 Jahren oder fast 20 Jahren da und kann mir weitere 20 Jahre auch noch vorstellen.

Markus: Okay. Ja, vielleicht hört der Herr Schneider ja zu, dann ist ja alles gut. Hast du da auch mittlerweile vor Ort so ein bisschen dich gesättelt, Familie und so weiter?

Matthias Richter: Ja, ja, habe ich. Ja, also meine Frau arbeitet im Bahnhof.

Markus: Ah!

Matthias Richter: Die habe ich dort kennengelernt.

Markus: Wunderbar, das passt, das hört sich doch sehr, sehr schön an. Hast du noch einen letzten Tipp an alle Hobbybrauer unter uns, die sich mal an eine Gose ran wagen sollen, was sollten sie auf jeden Fall machen und was sollten sie auf jeden Fall nicht machen?

Matthias Richter: Also auf jeden Fall für den ersten Versuch, würde ich sagen, Hälfte helles Gerstenmalz, helles Weizenmalz, einfaches Maischprogramm, also einfach Infusion. Dann auch bei der Hefe irgendeine neutrale obergärige Hefe, also Kölsch-Hefe, Altbier-Hefe, sowas dann nehmen. Beim Hopfen ein bisschen dezent arbeiten. Wobei, man kann das Ganze auch Hopfenstopfen, das passt mit manchen Hopfen gut mit dem Koriander zusammen. Milchsäure, wenn man sich das nicht selber herziehen möchte, kann man sich eine Röstmilchsäure kaufen oder Sauergut. Für den Anfang zum Testen kann man das machen, später kann man sich dann auch mal selber hinsetzen und eine Milchsäure ziehen. Wobei das halt auch ein bisschen tricky ist, wenn man das Zuhause macht, weil man einfach die Temperatur nicht genau halten kann. Ja, beim Koriander, am besten frisch mahlen, das ist wichtig.

Markus: Genau. In Amerika habe ich mal erlebt, da hat mir eine Brauerin erzählt, ja, für ihre Gose, sie nimmt einfach immer einen Becher Joghurt und schmeißt den vorher in den Kessel. Scheint funktioniert zu haben.

Matthias Richter: Ja, das geht, also wenn man naturbelassenen Joghurt hat, kann man sich durchaus die Milchsäurebakterien daraus kultivieren, das geht.

Markus: Ja, also lustig auf jeden Fall. Dann bedanke ich mich ganz, ganz herzlich für dieses tolle Gespräch, für die vielen Hintergrundinfos und, ja, für deine Bereitschaft, zur Verfügung zu stehen. Und, ja und natürlich auch dafür, dass du dieses tolle Bier machst. Ich habe die Flasche jetzt schon fast leer, also man sieht, es läuft, auch in Franken, also sehr schön. Vielen, vielen Dank, dir noch einen schönen weiteren Tag und bis bald.

Matthias Richter: Ich habe noch was ganz Wichtiges.

Markus: Ja.

Matthias Richter: Beim Gose trinken darf man auf keinen Fall Prost sagen, sondern beim Gose trinken heißt das Gosianer.

Markus: Dann, Gosianer!

Matthias Richter: Gosianer!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk English 3 – Talk with Lana Svitankova from Kyiv, Ukraine, working for Varvar Brewery and 1st Certified Cicerone

Lana Svitankova comes from the capital of Ukraine and started only to her honeymoon with the theme of beer. It was then that she got to know Czech beers and fell in love with the barley juice. Further trips to Belgium and other beer countries followed until she became the first Certified Cicerone in Ukraine to become a beer professional. She now works for founder Vasily Mikulin’s Varvar Brewery. There, they even developed their own Ukrainian beer style, Ukrainian Golden Ale, strong, sweet and with a hint of coriander. Lana also translated several classics of craft beer literature into Ukrainian and has already written her own books and articles. In the podcast, we talk about her story and the current situation just days after the Russian invasion of her homeland…

Kommt in unsere Facebook-Gruppe und diskutiert mit: https://www.facebook.com/groups/bierakademie

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Zusammenfassung auf Deutsch:

Lana Svitankova die erste zertifizierte Cicerone in der Ukraine, arbeitet für die Varvar Brewery und hat ihre Leidenschaft für Bier während ihrer Flitterwochen in Prag entdeckt, wo sie ihr erstes markantes Biererlebnis mit einem dunklen Master-Bier hatte. Ihre Reisen führten sie durch verschiedene Bierländer, wobei ihr Interesse vor allem belgischen und britischen Bieren galt. Lana engagiert sich stark in der Bierkultur der Ukraine, übersetzt Bierliteratur ins Ukrainische und schreibt eigene Bücher und Artikel.

Lana beschreibt die Bierkultur in der Schweiz, wo sie lebt, als sehr vielfältig, mit vielen kleinen, lokalen Brauereien, die verschiedene Bierstile anbieten. Sie vergleicht dies mit der Bierkultur in der Ukraine, die seit der ersten Craft-Bier-Brauerei im Jahr 2012 eine rasante Entwicklung durchgemacht hat. Die ukrainische Bierlandschaft sei geprägt von einem breiten Spektrum an Bierstilen, von traditionellen Massenmarkt-Lagern bis hin zu experimentellen Craft-Bieren.

Das Interview wurde kurz nach der russischen Invasion in der Ukraine geführt, und Lana spricht über die aktuelle Lage in ihrer Heimat. Sie äußert sich dankbar für die internationale Unterstützung und Solidarität innerhalb der Biergemeinschaft. Trotz der schwierigen Situation betont Lana ihre Liebe und Leidenschaft für die Bierkultur und ihre Absicht, diese weiterhin zu fördern und zu entwickeln​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​.

 

Interviewtext:

Markus Raupach: Hello, and welcome to our podcast BierTalk. Today we have another episode in our English version of the BierTalk and we have a nice guest from the Eastern European region. We have Lana Svitankova from Ukraine, but she’s living in Switzerland. Of course, we now have very special days thinking about Ukraine. We are also talking about her and her beer relationship and her beer scene, and what she does with beer, but also about the actual situation of Ukraine. But Lana, first, maybe you introduce yourself and let us know something about you.

Lana Svitankova: Hello, Markus, hello, all listeners. I’m super happy to be invited here and I’m really honoured and humbled to be with you today. My name is Lana and I’ve been working in beer for, I guess, five or six, six years already. I’m a talking head for Varvar Brew in Kyiv. So usually I do all the communication stuff, introductions, international collaborations, helping them to connect to another world, in other countries, meeting new people. Also I do some educational work in Ukrainian and translate books into Ukrainian from English. So I usually do whatever I can to promote beer culture in Ukraine as well, telling people that beer is not just usual yellow, bubbly stuff, but way more. Not only about flavours of beer, but also wonderful world of beer people who are ready, come to your help anytime. These days, I’m extremely happy to be in this industry, because I’m getting so much words of support and actions of support, and I’m incredibly thankful for that.

Markus Raupach: Maybe let’s start with your personal beer history. So can you remember when you had your first beer and what then brought you into the really beer world that you got deeper and deeper in it?

Lana Svitankova: It’s quite easy. I remember that glass of beer really good because it was one of my first trips to Europe. It was a honeymoon trip to Prague and there I drank a glass of dark master. So I was super impressed and my thought was like, beer can be something like this. I need to know more about that. So it was almost 14 years ago and since then, I keep thinking about beer, talking about beer and writing about beer. So that was one of, I don’t know, like the eye opening moment. I think the second was Rodenbach. I said like, “This is not beer,” and I still really like this beer as an example of not beer. But it is. So this is the surprise which can jump at you and you either like it or not. But you won’t be ever thinking of beer in the same way as you thought before.

Markus Raupach: Yes, and that’s really the great range between if you have the typical bohemian easy drinking lager and then you have the Rodenbach, the sour beers and special beers with all these wood taste and not easy drinking but with a lot of aroma and very, very interesting and very special. So I really can understand this and then you got into beer as a beer drinker and what brought you then for to working for the industry? Also you’re now a journalist, you had books about beer. How did that come?

Lana Svitankova: Basically, I just, I like flavourful stuff. I like food. I like beer. So I continue to explore it on my own. When I like something I want to know everything about it. So I started reading books. I don’t think there were movies that time, but I think it was mostly books and all my vacations eventually turned into beer-cations. So everything was rotating around beer. I looked for breweries when I travelled somewhere. I’ve been looking for special kinds of beer like beer which is produced only in this country or in this exact city. So yeah, I drank a lot and I am not ashamed of that. Because I was so curious about all things beer, then the first craft beer started beer in Ukraine. I was super keen to know more about that as well and I got to know the owner of a brewery I’m working for. I approached him and asked like, “Do you want to make a beer running club?” So basically the brewery is located not far from a small lake and then you run from a brewery and do a one circle around the lake, it will be a five-kilometre distance. So he said, “Yeah, if you’re organising that, I’m all hands for it.” So once in two weeks, we gathered at the brewery, change into our running gear, took a five-kilometre run and then everybody got their special medal, a free glass of beer. It also was a desire to show that people who drink beer, they’re not like, you know, like the stereotypical thing that people who drink beer, they just drink it on the sofa, watching TV, doing nothing and beer is like a reason for obesity and everything like that. So they’re not fit. They don’t like sports. It’s just not true because like we’ve been running and then we drank beer. We talked about beery things, we talk about like beer travels as well and it was like a really, really nice time. After a few months, Vasil, who’s the owner, approached me and asked me to join the team. So that’s how it happened. Since then, I’ve been doing so much stuff more and more and they’ve been so supportive about that. So yeah, I am like heels over the head in love with beer and I do what I love, I love what I do and I don’t see myself stopping anywhere in the nearest future. I want to keep doing that as long as I can.

Markus Raupach: You’re really unstoppable with that. So I really can approve that and we’ll come back to that in a second. Maybe just one thing, you talked about that you came to be with the honeymoon and you make beer holidays out of your normal vacations. But you have your husband. What does he say? Is it that, does he say, “Okay, that was always my dream?” Or does he say, “Oh God?” What is his opinion?

Lana Svitankova: Oh, I have to say I’m very lucky because he also likes beer. Well, it was a drink of choice from the very beginning. So we don’t drink like distils, almost never. But we started exploring distils because we want to know what the drinks are which makes so good bottles to H Beer. So he likes the beer, he enjoys beer as well. So it makes easier to taste more beer, so I don’t have to finish a bottle myself, we always share it. So it’s very nice and very convenient.

Markus Raupach: That’s good. So you have, you can drink more different beers, and you can enjoy it together. So that’s always a nice thing. Perfect. Maybe a last thing about that, you now live in Switzerland. What is the beer culture in Switzerland? Do you feel comfortable with that? Or is it a little bit strange? What is the beer there?

Lana Svitankova: Well, I have to be honest, I was extremely surprised and I got to know that Switzerland is a country with the highest number of breweries per capita in the world. Because they have so many breweries. Mostly, they are super small, super local and tiny, located in small cities, or even villages, and you can only try their beers when you go there. So I really like this thing to go somewhere, to explore new places and to try new beers. So I have a small map, like a Google Map, and I’m pointing breweries I’ve been already. So it’s about a bit more than 100 already into here. So it’s a, you know, like a quest of sorts. The type of beers which are popular, mostly it’s like a lot of like German style beers, like Bell’s Lager. Some produce more modern styles like IPAs and the French-speaking part is more into wild sour beers. I think it because they I make a lot of wines there and the palate is more accustomed to kind of this kind of flavour. So yeah, it’s also very varied and interesting, and you can always find something for yourself, no matter which beer you prefer.

Markus Raupach: That sounds interesting and like also a big variety, and if you compare that with the Ukrainian beer scene, at least as it was until one week before, how would you describe that? Was it quiet in the beginning? Or did it already reach a certain point? Which beers did they mainly or do they mainly produce that varies the palate of the Ukrainians?

Lana Svitankova: So I think we should start from the very beginning. Basically, the first brewery which called itself craft brewery, was founded in 2012. It was a contract brewery. So basically, it was two guys brewing at a small brewing site of restaurant brewery, which produced, you know, like this classical restaurant pub style beers like pale lager, weak beer and dark lager, for example, maybe porter. So they used that system to brew more interesting, unusual beers. They brewed IPAs, porter stouts and later in 2015, we had the first wave of craft breweries, which brewed more, I don’t know, like, more brave styles, I would say. Because usually yes, in Ukraine, people mostly drink mass market lager. But I have to say they have a sweet tooth. So mass market lagers, they are more I would say on the Czech style lagers, more malty, so more sweet. Not that like crisp and dry as German lagers. So one of the first beers, which were super popular, at least at the brewery I worked for, was golden ale and milk stout. Both of them are kind of sweet. So like, it was 60% of all the brewery brewed and it still is. So people really like sweet beer. But if we are talking about now, I mean, until a few days ago, we have craft beer, which is available in supermarket, which is more accessible, not that aggressively experimental I would say. But also we have a part of craft beer, which is like, hugely weird. Now we have a small, geeky audience which can consume whatever you brew. So it doesn’t matter if you add, I don’t know, the most crazy ingredients. Like we had recently a beer which emulated borscht. So it was a beer with beetroot, black pepper, lactobacillus for sour cream. So they can drink whatever you do and it’s really good because it gives breweries a freedom to play with ingredients. But at the same time, usually they never brew the same beer again. So this is good and this is bad at the same time for me at least. I would like breweries to at least brew the beers people like a lot, because sometimes you drink something, you really like it and you can’t drink that ever again because they are going do the next one, next one, next one. So yeah, it’s a bit like I would say, it’s steady in this sense. There is accessible beers, which get more people in craft, who open new beer for them. Like I really like to call this not even a craft but a new wave of beer. So it doesn’t matter which style they brew. Like it’s different. It’s something different. They never had that before. Another part is like hugely experimental stuff. Previously, then something new happened in the world and everybody started copying that. I would say maybe a gap of two or three years had to be closed before it comes to Ukraine. But now, whenever happens, whatever new technique or whenever new style or variety of beers, it’s there. For example, we already had even like this cold brew, cold IPAs, or this, how do they name it? Like oat cream IPAs, which Other Half in US does. So like we have it all. So we are trying to be like super progressive and super experimental as well. So this is what distinguishes it a bit from Switzerland. So here, they don’t have this like booming market for like this crazy stuff, I guess for now.

Markus Raupach: You also have in Ukraine, manufacturers of brewery equipment. So as far as I know, there are many German brewers and craft brewers who got their equipment from Ukrainian companies. So that’s also interesting that there’s also the knowledge about how to make brewing systems.

Lana Svitankova: It’s also a really interesting thing, because in Ukraine, a lot of people still think that all the best stuff is imported. It doesn’t matter if it’s equipment, if it’s beer. So people are eager to pay more money for imported beer, even if it’s an IPA, which sat I don’t know how long in a container crossing the Atlantic. Than a locally brewed IPA, which is super fresh, just from the fermenter. But like we are trying to move with that and to explain to people that this is fresher, this is better. But bit by bit they begin to understand that themselves. They just compare tastes and yeah, that’s it. So this is the same with equipment. I think it’s cheaper for European brewers as well, but I think like all the people, all the brewers who strive for, I don’t know, recognition maybe, almost all of them use imported equipment. But we also have really great engineers. So for example, at Varvar we assembled our first brewery ourselves. So it was like 500 litres brewing kettle, and 500 litres fermenters. We assembled it ourselves. Now we have a bigger system, but this system, which is smaller, we use it for experimental brews and for sour program.

Markus Raupach: As Ukraine is such a big country, so it is almost as big as whole western Europe, can you still say it’s more or less one beer culture? Or is there also a difference between maybe the western part, the eastern part, the central, the different palates or different ideas of beer?

Lana Svitankova: Oh, I don’t think so because everybody’s mostly drinking the same. If we’re talking about maybe tradition of consumption alcohol drinks, I wouldn’t say we have a drink of preference. So like, in every region, people drink everything with alcohol, like beet kvass, beet cider, beet mead, beer, wine, or distils. We have everything because Ukraine is such a huge country, like as you said, we have a beer belt for growing or producing or enjoying beer. We have a wine belt in the south, and we have a vodka belt in the north. So basically we have everything with alcohol.

Markus Raupach: You already wrote books or also translated books and comics. Did you do it in Ukrainian or in Russian and how did that work? How did the people react on your books?

Lana Svitankova: So I translate everything into Ukrainian because previously, we mostly had no literature about beer in Ukrainian. So I think there was one book which was translated specifically for Carlsberg for internal usage, but I don’t remember any like specific books on beer. So in 2017, when we’ve done Randy Mosher Tasting Beer, it was basically the first beer encyclopaedia in Ukrainian. I do this to promote beer culture and my language. So this is like two birds with one stone. People were like, I thought like how many people would buy a book about beer in Ukrainian. Actually, I know for sure that the next one, comic, which was about history of beer, is in its second round already. So people are interested in that and it makes a nice gift for, I don’t know, for some celebration birthday or whatever. I think I have never heard anybody being unhappy about using Ukrainian for that. So we have three books already and I have a fourth translated, but I’m looking for a publisher for that. But yeah, that will have to wait obviously. Also, I’ve done a book myself about beer tending. So basically, we had this problem with places, bars, pubs, venues which serve beer, but sometimes it’s not properly done. Barmen don’t have enough knowledge about beer, about styles, about like courtesy, or just like how to pour beer. So everybody’s saying, like, “Where can we get this information, because like, we don’t speak English, we can’t find anything to read about that.” So I wanted to write like a small booklet, just a short one, so this is how it’s done in simple words, without being too, you know, technical or too snobbish. Because like people don’t like when you try to tell them like you are doing this, like this and doing that, like that. So this is how it should be done. So I tried to be as friendly as possible and this small leaflet turned into 300 words, so basically, it’s 100 pages. A friend of mine, he helped me to make it like good, nice looking PDF out of that and his wife made illustrations for that. So we made this book and we called it like A Small Book of Beer Tending and it’s available for free. So now nobody can find an excuse, “I don’t have anything to read or like, I don’t earn enough money for education,” or whatever. So it’s done and it’s free, and people download it and they use it for their stuff in venues. Also, I’ve heard that people who are just interested in beer, enjoy reading it, because it’s like, it’s not only about beer tending in terms like, you have to be a sommelier, or barman or server of beer. They just read it to expand their knowledge. We plan to print it like in a hard copy, but yes, again, everything happened. So a bit later, a bit.

Markus Raupach: So you came into being in these two worlds, I think. So you get more and more often to go to the Ukraine. So how often have you been there in the last month or the last year?

Lana Svitankova: Well, basically, before Covid I went like, each two months. After Covid I haven’t been there for I think a year and a half. But we met over Zooms and in chats, using all the, thank you modern technologies for connecting us. So now I don’t know.

Markus Raupach: Do you know about your family? Are they safe? Your friends? Or do you know anything about what’s going on?

Lana Svitankova: I’m keeping in touch with them all the time and for now, my family and my friends, brewery team are unhurt. Hopefully it will stay this way. So like yeah, I was super nervous and basically freaking out this two days. But yeah, now I’m a bit calmer because a lot of good news are coming in and beer industry friends helping, offering help, housing for people, jobs, financial support. They almost made me cry with happiness.

Markus Raupach: This is really great to hear and to see how the beer world also comes together and closes in and tries to get support and to help the Ukrainian brewers and also to be on their side. You read many things they do. They raise money, they offer opportunities and things. So that’s really, really good to hear. But in general, were you surprised about the development? Or did you expect that it’s such a big scale aggression?

Lana Svitankova: Well, we live in, like a modern world. Like nobody doing that. So I think, I know some friends of mine were saying, like, “We expected that. We told you. Like, be prepared.” But you know, I think it’s kind of a brain thing. You just can’t process something like that. You don’t believe it. So like, we’ve been in denial all the time. So it’s something unbelievable, like, even now, sometimes I feel detached, like I’m watching an apocalyptical movie. So it’s so hard to believe this is going on, actually, right now. So yes, for me, it was a surprise for me. But in terms like this happened, I’m not surprised this is possible in, how to say this? I’m not surprised by his action, but I’m surprised by the thing, which is, like the crossing the border. So yeah.

Markus Raupach: What I think is, all he did in the last eight years brought more and more the Ukrainian people away from Russia and more into Europe. So do you think that that is also a process that may be continuing whatever will happen?

Lana Svitankova: To be honest, I’m not sure what to say about that. But yeah, Ukrainian people would never want to go back into the arms of Russia, that’s for sure. Especially now, never again that so many people died. Actually the war started eight years ago and like that time, everybody said, like we don’t want to do and to have anything in common. But now, like, it’s the whole country. Because like, I don’t know what Vasil feels now and the whole team of Varvar like, who founded the brewery, because they had to flee from Donetsk eight years ago. So they started anew in Kyiv and now they have to relive this nightmare. So yeah, people would never forget.

Markus Raupach: Today, you have been to the UN building in Geneva and you were the demonstration. So what were your impressions from the people there? What did they say? How was the mood?

Lana Svitankova: I was extremely happy to see a lot of locals and a lot of people from different countries. I’ve seen flags of Lithuania, I think Polish flags. I think Georgian flags, Slovakian people are supporting this and you know, it’s such a relief to understand that people are not silent about this. Because eight years ago, the world was mostly silent about that and now they’re so loud. They express their support, they demand actions from the government. They help, again sending money, accepting people to their homes who flee from Ukraine. They have helped refugees. I would be happier then, I wouldn’t know people are so good, because of the circumstances. But now I’m extremely happy and proud about humanity in general.

Markus Raupach: The world now is starting to stand together. Maybe that’s also something if people which are listening to us, and they want to help, do you know a good way how to help someone who’s raising money where you could maybe visit a special website or another possibility for people who want to help?

Lana Svitankova: There is a huge number of charities and even National Bank of Ukraine established a special bank account which accepts all the financial aid. Anybody can give from anywhere in the world. It’s multi-currency account, so you can go and donate there. You can go and rally for, at the meetings, demonstrations, you can write your representative in parliament, government, demanding actions. I think everybody can do something on the personal level. I know that it won’t be fair to call for this, but as a beer person, I would never ever set my foot again in any venue or shop selling Russian beer, or any event inviting Russian breweries. You can do the same. You can just ignore or just even say, “No, I won’t buy this because this money goes for aggression.”

Markus Raupach: That’s maybe the only consequence you can really make out of this. So thanks a lot from my side and I wish of course all the best for you and for your family, for your friends and also try to help wherever I can. Also to our listeners, we will put the links on the show notes so you can also follow this. I hope we can meet again and talk about Ukrainian beer in a better situation.

Lana Svitankova: It is better to meet in Kyiv and raise the glass and drink some normal or some super exciting experimental beers. We have really nice beer. We have nice places. We have nice people. Come visit after all this.

Markus Raupach: Thanks a lot.

Lana Svitankova: Thank you.

BierTalk – Der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 80 – Interview mit Odin Paul vom Brauhaus Goslar

Er hat den wohl besten Namen, den ein gestandener Brauer aus dem deutschen Norden haben kann: Odin Paul. Der Bierliebhaber und Braumeister blickt auf einen Bilderbuchlebenslauf zurück, Brauerlehre, Braumeisterstudium, Traumjob, fünf Kinder, die auch schon im Betrieb mitmischen – schöner geht es eigentlich nicht. Heute, mehr als 30 Jahre, nachdem er zum ersten Mal in einem Braukessel rühren durfte, ist ihm das Brauen in Leib und Seele übergegangen – und er brennt für einen fast vergessenen deutschen Bierstil: Die Gose. Allerdings ein gänzlich anderes Bier als das, was man vielleicht aus Leipzig kennt. Und noch dazu dessen Vorfahr. Eine wirklich spannende Geschichte, die Odin im Biertalk ausführlich erzählt und auch die Geheimnisse hinter seiner Gose verrät…

Kommt in unsere Facebook-Gruppe und diskutiert mit: https://www.facebook.com/groups/bierakademie

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute machen wir einen ganz spannenden Ausflug, es geht in den Harz zu einem kleinen Städtchen mit einem großen Namen, nämlich nach Goslar. Und wer ein bisschen sich in der Bierwelt auskennt, kennt einen Bierstil, der zumindest die ersten Buchstaben gemeinsam hat, nämlich die Gose und natürlich tatsächlich kommt sie von da. Wie das genau ist, da sprechen wir genau mit dem Mann, um den es nämlich dabei geht, nämlich den Odin Paul, der dort Braumeister ist im Brauhaus zu Goslar. Und so bin ich sehr, sehr glücklich und freue mich, dass du heute unser Gast bist. Und vielleicht stellst du dich erst mal den Hörern kurz selber vor.

Odin Paul: Ja, hallo Markus, liebe Hörer, Odin Paul, 1969 geboren in der wunderschönen Stadt Braunschweig, bin ich auch in Goslar nur Zugereister. Und bin hier nach einer Brauerlehre im Oberharz in Altenau und ein Studium zum Diplombraumeister in Berlin, 2003 wieder nach Goslar gekommen und habe danach angefangen, die Gose hier zu brauen. Habe fünf Kinder und bin glücklich verheiratet und wohne auch in der wunderschönen Goslarer Altstadt.

Markus: Also das klingt ja quasi nach einem Bilderbuchlebenslauf, also, fantastisch. Fünf Kinder, erst mal Glückwunsch! Und danke schön, auch aus meiner Sicht, das ist toll, dass du was auch in dieser Hinsicht für unsere Gesellschaft tust, perfekt. Vielleicht die Frage noch vorneweg, das klang jetzt wirklich so sehr straight, war das für dich schon immer klar, Thema Bier, Braumeister oder musstest du da erst rein finden?

Odin Paul: Das war für mich ganz, ganz früh klar. Mit anderthalb Jahren habe ich für die Brauerei Moy in Freising, für das Brauhaus dort schon Werbung gemacht als kleiner Knirps, als meine Eltern mit mir in Weihenstephan in irgendeinem Biergarten saßen und der Werbefotograf der Moyschen Brauerei vorbeikam und von mir ein Foto gemacht hat, wie ich die Neige meiner Eltern angesetzt habe und geleert habe. Mit 16 bin ich dann in ein Braunschweiger Berufsinformationszentrum gegangen, habe mir die dort vorhandenen Werbefilme über Brauer und Mälzer angeschaut, fand das ganz, ganz toll. Habe mir gleich überlegt, also Brauer lernen, das möchte ich. Ich möchte das danach studieren und irgendwann auch eine eigene Brauerei haben. Was ich dann auch so in dieser Abfolge sozusagen dann auch geschafft habe.

Markus: Also wirklich nochmal Bilderbuch. Und wenn ich nochmal nachdenke, wenn du das so erzählst, so als Kind schon für Werbung, da gibt es doch diesen lustigen Prozesse von dem, der auf dem Nirwana-Cover von Never Mind drauf ist, der da mehrere Millionen jetzt irgendwie fordert. Das kann die aber noch nicht in den Sinn, oder, nochmal bei der Brauerei anzuklopfen und zu sagen, Mensch, mindestens einen Kasten Bier wäre das doch wert, oder?

Odin Paul: Tatsächlich musste meine Mutter oder mein Vater oder beide ein Schriftstück unterschreiben, dass sie da in der Folgezeit keine Ansprüche erheben werden. Und ich war damals, wie gesagt, ich bin 1969 geboren, war da anderthalb, also Anfang der 70er-Jahre zusammen mit so einem wirklichen Ur-Bayern mit Rauschebart und Filzhut, dann in der ganzen Region Freising auf den Werbetafeln zu sehen.

Markus: Also wirklich ein bekannter Mann, sehr spannend. Und jetzt, wenn ich den normalen Braumeister frage so, was würdest du gerne für Bier brauen und so, dann sind die ja normalerweise auch nach dem Reinheitsgebot ausgebildet. Und wie kommt man dann zu diesem Thema Gose, das ja doch ein bisschen anders funktioniert, hat dich das im Studium schon fasziniert oder wie ging das für dich?

Odin Paul: Nee, leider im Studium überhaupt noch nicht. Da, muss ich auch sagen, da war dieses Studium in Berlin an der VEB, war da doch recht konservativ noch 1992 bis 97, als ich da war, mit Aufbaustudium, da wurden so die Biere fernab des Reinheitsgebotes wirklich nur ganz peripher behandelt. Afrikanische Biere so ein bisschen, weil wir da eben auch einige Studentenkollegen hatten aus diesen Bereichen. Erst tatsächlich, als ich 2003 hier nach Goslar gekommen bin, habe ich den alten Braumeister aus Goslar kennengelernt, der vor mir die Gose gebraut hat und da mal bei einem Fest, Stadtfest hier zusammengesessen. Der hat mich angesprochen, hier, Paul, Mensch, ich bin so alt, habe Gicht, bin krank und kann nicht mehr so richtig, können Sie nicht die Gose weiterführen für mich, weiter brauen? Ich habe dann Rücksprache gehalten mit meinem damaligen Chef, dem Herrn Kolberg von der Altenauer Brauerei und der sagte: „Odin, macht das unbedingt! Mensch, das ist ein obergäriges Bier, wir in Altenau stellen nur untergärig her, du bist überhaupt gar keine Konkurrenz. Und wäre doch schade, wenn dieses tolle Bier, dieses alte Bier verschwinden würde, mach es.“ Und dann habe ich dann eben am 01.03.2004 angefangen mit der Selbstständigkeit und parallel zur Arbeit in der Altenauer Brauerei als Abfüllmeister, die Gose produziert.

Markus: Das war dann der Andreas Wagenführer, oder, der Alte?

Odin Paul: Genau, der Andreas war das, ja.

Markus: Und der hatte damit wieder angefangen oder hatte der auch schon noch einen Vorgänger?

Odin Paul: Nee, der hatte das angefangen. Der hatte sich 1990, so um den Dreh, ins Stadtarchiv begeben hier und hat nach den alten Rezepten geguckt und dann die ein wenig modifiziert und wieder angefangen, die Gose zu brauen. Und der hat sie, dem können wir es eigentlich verdanken, dass die Gose hier in Goslar überhaupt wieder ins Gespräch gekommen ist und angeboten wurde, denn davor wurde es ja viele, viele Jahre gar nicht gebraut, Jahrzehnte nicht gebraut.

Markus: Ja und auch natürlich vorher in Leipzig auch noch nicht, die haben ja erst 2000 wieder angefangen, also durchaus eine schöne Vorgeschichte. Und jetzt, bevor wir die Gose dann auch gleich verkosten, vielleicht mal vorneweg, das ist ja ein Bier, was eben durch einen leicht salzigen, leicht säuerlichen, auch ein bisschen würzigen Geschmack geprägt ist. Nun habe ich in den Archiven so ein bisschen gelesen, die Gose gibt es ja schon seit ungefähr 1000, also 995 wurde sie wohl zum ersten Mal erwähnt. Und soweit ich das gelesen habe, geht es drum, dass dieses Salzige im Flusswasser zu dieser Zeit auch da war. Ist das so, weißt du da was drüber? Und wie macht ihr das, setzt ihr das zu oder nehmt ihr noch original Flusswasser aus dem Harz, wie ist das bei euch?

Odin Paul: Also, das Wasser nehmen wir nicht mehr aus dem Fluss. Oberflächenwasser darf man zur Herstellung von Lebensmitteln auch nicht verwenden. Das heißt, ich nehme ganz normales Stadtwasser hier, das mir zur Verfügung gestellt wird von Harz Energie, also das ist das ganz normale Stadtwasser, mit 3,8 Grad deutscher Härter, aber ein sehr weiches Wasser, sehr angenehm damit zu brauen. Über das Salz, aber auch über die andere zweite Zutat, Koriander, gibt es verschiedene Quelle. Und meine Quelle, die ich auch immer dann zitiere, ist die, dass das Salz nur dazugegeben worden ist, um den Geschmack von Malz und Hopfen zu verstärken. Dass das Wasser recht salzig war, kann ich so nicht bestätigen. Was ich sagen kann, ist zum Beispiel, die Gose hat ja ihren Namen von dem Fluss Gose und dieser Gose-Fluss, der kommt aus dem Oberharz. Und kurz vor Goslar, bevor die verseuchten, schmutzigen Abzugswässer aus dem Bergbau gekommen sind und in die Gose flossen, die Abzug fließt in die Gose, wurde die Gose in einen Kanal durch die Stadt Goslar gelegt und dieses Wasser war sehr rein, weil es eben nicht belastet war durch die Bergbauabwasser. Und aus diesem Kanal, Gose-Kanal, wurde dann das Wasser zum Bierbrauen verwendet. Aber auch reichere Haushalte, die sich leisten konnten, in sogenannten Piepen, ausgehöhlten Baumstämmen, das Wasser in den eigenen Haushalt zu führen, hatten die Möglichkeit, das Wasser direkt ins Haus zu bekommen. Und aus diesem Gose-Kanal wurde eben das Wasser zum Bierbrauen verwendet. Und das war relativ rein und ob es salzhaltig war, kann ich jetzt so nicht bestätigen.

Markus: Okay, ja, wie gesagt, es gibt ja wie bei ganz vielen anderen Bierstilen auch, eine Menge Mythen, die sich darum ranken, insofern, ja, spannend. Gibt es diesen Kanal noch oder ist der heute überbaut?

Odin Paul: Der ist überbaut, der ist im Pflaster drin, in den Straßen und Wegen. Teilwiese sogar noch angedeutet durch sich abhebende Bepflasterung, das sind dann kleinere rote Steine, die kann man dann in dem ganz normalen Kopfsteinpflaster sehen, aber nur teilweise noch.

Markus: Also nochmal ein Grund, warum man auch nach Goslar mal kommen sollte, um sich das so ein bisschen anzuschauen. Ja, nun hast du die beiden Biere mir auch geschickt und wir haben hier jetzt ein Helles und ein Dunkles. Also das finde ich auch schon mal sehr spannend, dass es die Gose eben nicht nur in einer Variante gibt, sondern in zweien. Und, ja, nun verkosten wir die gerne auch gemeinsam. Mit welchem würdest du denn gerne anfangen, mit dem Hellen oder mit dem Dunklen?

Odin Paul: Fangen wir mit dem Hellen an, weil die Röstaromen im Dunklen, würde ich dann gern danach einfach mal verkosten.

Markus: Okay, also, dann machen wir mal auf. So! So, also schon mal ein sehr, sehr schönes Bier, also allein von der Optik her. Es hat so einen ganz tollen rotorange Glanzschimmer, der mir so entgegen strahlt. Ich habe jetzt so den Anfang der Falsche eingeschenkt, das ist sehr klar, also ich kann da quasi durchschauen. Oben drauf dann ein richtig schöner feinporiger weißer Schaum. Und, ja, jetzt rieche ich mal kurz dran. Ah, ja, das ist erstaunlich blumig, also da habe ich viele so florale Noten, dann kommt auch der Koriander rüber, richtig schön Gewürzaromen. Ein bisschen Citrus vielleicht auch, ein bisschen rote Beeren und wie gesagt, auch so richtig blumige Aromen. Hast du das auch so in der Nase?

Odin Paul: Habe ich auch so in der Nase. Was mir genau wie dir als Erstes auffällt, ist, dass das Bier doch recht klar ist. Also der Tank liegt schon ziemlich lange, von dem diese Flaschen sind und, ja, bei uns hier in der Gastronomie, wo wir es ja auch ausschenken, da ist es mal ein bisschen trüber, mal ein bisschen naturgeklärter. Also das wechselt da so ein bisschen, also wir haben da nie die gleiche sozusagen Klarheit oder Glanzfeinheit im Bier.

Markus: Ja, muss ja auch nicht, also ist ja ein ursprüngliches Bier und das ist ja, grundsätzlich gesehen mal, ein unfiltriertes Bier. Also ich bin wirklich mit dieser blumigen Nase, das ist ein sehr schönes Spiel, also wenn man sich so Wildrosen vorstellt und dann eben noch so Koriander, das ist so ein bisschen die Kombination. Jetzt kommt die Stunde der Wahrheit, ich nehme mal einen Schluck. Prost! Sehr schön! Also da geht es weiter, es ist weiterhin dieses Blumige, sehr Florale. Fast so wie Jasmintee, finde ich. Dann hat man diese Koriandernoten, ganz leicht was Salziges, aber sehr, sehr reduziert. Auch wenig Säure, muss ich sagen, hätte ich jetzt, ehrlich gesagt, ein bisschen mehr erwartet. Es ist sehr, also nicht, dass es sein muss, aber einfach, wenn mir jemand sagt, hier Gose, hätte ich einfach erwartet, dass es saurer ist. Aber ist super schön zu trinken und hinten raus eine deutliche Bittere. Also auch wieder eine, die einen jetzt nicht erschlägt, aber die sehr präsent ist, die danach den Mund auch sehr schön austrocknet, sodass ich auch danach wieder fast auf null gestellt bin und auch Lust bekomme auf den nächsten Schluck. Also sehr interessant, spannende Geschichte. Ist das ein Rezept, was du weiter ausgefeilt hast, wie hast du es übernommen?

Odin Paul: Ja, Markus, also ich habe das eigentliche Rezept von Herrn Wagenführer übernommen und das ein wenig verändert. Ich habe zum Beispiel den Weizenanteil erhöht, ich habe die Salz- und Koriandergabe erhöht. Wobei man ja sagen muss, das sind ja alles Naturprodukte und auch, wenn wir immer die gleiche Menge an Koriander und Salz gebe, so ist trotzdem mal die Koriandernote ausgeprägter und mal nicht. Und jetzt, finde ich auch, dieses leicht Zitronenartige ist klar zu erkennen und diese Bitterheit, diese ausgeprägte Hopfennote am Ende, die fällt mir jetzt auch bei diesem Sud extrem auf. Das ist es nur manchmal so, dass das Zitronenartige vom Koriander, ich möchte fast sagen, das Seifenartige, wenn es mal da zu extrem wird, über dieser Bitterkeit eben liegt und diese Hopfigkeit kann man dann gar nicht so wahrnehmen. Aber bei diesem hier, muss ich sagen, das ist echt toll. Weil, ich finde es toll, wenn die Gose eben auch noch so eine ordentliche Hopfennote hat. Und das hat dieses hier wirklich sehr, sehr gut, muss ich sagen.

Markus: Ja und auf jeden Fall ein richtiges Trinkbier. Also ich kann mir gut vorstellen, da im Gasthaus zu sitzen und da eben drei, vier schön davon gemütlich wegzutrinken. Es ist ein verhältnismäßig leichtes Bier mit so 4,7. Also leicht ist relativ, aber halt jetzt kein Starkbier oder so. Und 30 Bittereinheiten, steht auf der Flasche, das merkt man ja da auch. Ich denke, dass der Saphirhopfen vielleicht auch mit dieser Citrusnote, die der ja sowieso hat, da vielleicht auch ein bisschen sich verbindet mit dem Bier, oder?

Odin Paul: Richtig. Und ich bin in ganz großer Fan von dem Saphir und genau deswegen geben wir ihn auch, damit da schon so eine gewisse Frische kommt und eine kleine zitronenartige Note. Das hat der Saphir, der ist echt einer unserer Lieblingshopfen. Der Bitterhopfen, den wir nehmen, ist die Perle, von dem ich auch ein ganz großer Fan bin. Ist ein sehr konservativer Hopfen eigentlich, aber den nehmen wir als erste Hopfengabe und in der zweiten Hopfengabe, die wir dann auch fünf Minuten vorm Ausschlagen nehmen, da kommt der Saphir dazu, zusammen mit dem Salz und Koriander.

Markus: Also wirklich spannend. Darfst du denn verraten, wie viel Salz da ungefähr drin ist oder willst du lieber nicht? Also wir wollen hier keine Betriebsgeheimnisse verraten.

Odin Paul: Da habe ich kein Problem mit. 1.200 Liter schlagen wir mit einem Sud aus, heize Würze und da geben wir 500 Gramm Koriander, gemahlen und 500 Gramm Salz dazu.

Markus: Danke schön! Das wäre jetzt auch nochmal eine Frage gewesen, beim Koriander sind es dann die Samen, die da zugibt?

Odin Paul: Die gemahlenen Samenkörner, genau. Die Körner selber, die haben zwar auch, wenn man drauf beißt, eine schöne Zitronennote, allerdings sind geben die nicht so ihren Geschmack beim Bierbrauen ab und da sind die gemahlenen Samenkörner, so ein braunes Mehl eben, deutlich besser. Aber eben, schwankt auch, weil es ein Naturprodukt ist, manchmal haben wir da eine ausgeprägtere Koriandernote und mal eben ein bisschen weniger.

Markus: Und wenn ihr da so ein bisschen in die Geschichte zurückschaut, ist auch der Koriander schon immer da gewesen oder gab es da vielleicht so Kräutermischungen? Und hat sich Goslar selber versorgt, hat es vielleicht eigene, ich sage jetzt mal, Hopfengärten gehabt oder wie muss ich mir das vorstellen, auch so in der früheren Zeit, wie die Gose so entstanden ist?

Odin Paul: Also was den Hopfen angeht, ist hier nur 20 Kilometer weiter nördlich, in Hornburg ein sehr, sehr bekanntes Hopfenanbaugebiet gewesen, bis 1800, 1850 ungefähr. Noch weiter nördlich, Braunschweig, war auch ein sehr bekanntes Hopfenanbaugebiet, Braunschweig, Helmstedt rüber, das allerdings auch so 1800, 1850 stillgelegt worden ist. Aber da hatte man eben die Möglichkeit, den Hopfen her zu bekommen. Was den Koriander angeht, Goslar gehörte zur Hanse und war damit natürlich gut verbunden mit verschiedenen Märkten und konnte Gewürze, Kräuter beziehen. Man hat vorher, bevor man sich auf Salz und Koriander festgelegt hatte, viele Brauversuche, Sude gemacht mit Zimt, Anis, Kümmel, Ingwer, man hat einiges ausprobiert und geblieben ist man dann beim Salz und Koriander. Und da habe ich die ältesten Quellen, sind so von 1500, 1520, wo man sagte: „So, jetzt wurde da nur noch Salz und Koriander verwendet.“

Markus: Das finde ich sehr spannend, weil die Hanse ja als Handelsverbund Bier wirklich als Hauptexportgut für sich auch hatte und da ja Unmengen nach ganz Europa exportiert hat und für sich ja auch den Hopfen entdeckt hat so als Pflanze, um das Bier haltbar zu machen. Letzten Endes auch ein bisschen, um zu sparen, weil, vorher hat man Haltbarkeit halt mit viel Alkohol erreicht. Und wenn ich das dann mit Hopfen machen kann, dann muss ich nicht mehr ganz so viel Malz nehmen, das macht es natürlich auch ein bisschen günstiger. Da finde ich es ganz interessant, da hat Goslar ja so ein bisschen eine Sonderrolle gespielt, wenn man sagt, wir haben jetzt praktisch doch noch ein Biergewürz und machen da unseren eigenen Stiefel sozusagen. Weiß man denn, inwieweit Goslar sein Bier exportiert hat?

Odin Paul: Ja, das war erst mal hier in der Gegend sehr beliebt. Als es im Oberharz noch gar keine Brauereien gab, wurde das Goslarische Bier schon in den Oberharz exportiert, transportiert, bis dann die Oberharzer anfingen, selber Brauereien zu gründen in Zellerfeld, in Clausthal, in Lautental, in Altenau zum Beispiel. Diese Brauerei gibt es ja Gott sei Dank immer noch! Das war hier in der näheren Umgebung. Dann wurde das Bier tatsächlich auch exportiert von Hamburg bis nach Wien, von Sachsen bis nach Belgien in der Blütezeit der Gose. So zwischen 1400 und 1700 war das der Fall und wurde hier in Goslar sogar von über 380 sozusagen Braugerechtsamen hergestellt. Das waren Inhaber von Braugerechtigkeiten. Und weshalb wurde das Bier soweit exportiert, denn es gab ja auch andernorts Brauereien? Weil einfach nach einem kurzen heftigen Krieg zwischen der Stadt Goslar und dem Herzog von Braunschweig und Wolfenbüttel, den die Goslarer verloren haben, alle Einnahmen aus Forst und Bergbau, und das war natürlich hier in Goslar die Einnahmequelle, an diesen Herzog fielen. Und da musste man sich was anderes ausdenken, wie konnte das Geld in den Stadtsäckel wieder kommen? Und da hat man gesagt: „Okay, dann exportieren wir eben unser Bier, wir brauen mehr Bier“, deswegen auch so viele Brauherren. Und das Bier wurde dann eben von Hamburg bis nach Wien, von Sachsen bis nach Belgien exportiert. Und in dieser Zeit, in der es exportiert wurde, entstanden auf dem Transport, auf dem Exportweg, also zum Beispiel Halberstadt, Aschersleben, Dessau, Leipzig, dorthin, eigene Brauereien und die haben dann auch angefangen, selber die Gose zu brauen. Deshalb ist die Gose zwar ursprünglich aus Goslar, aber es gibt nur Matthias Richter im Bayrischen Bahnhof in Leipzig, der die Gose herstellt, sondern es gab eben auch eine Zeit, wo die Gose in anderen Orten auch hergestellt worden ist.

Markus: Ja, heute ist es sogar eine globale Erscheinung, muss ich sagen. Also ich habe auch schon in Brasilien, wenn ich da war zum Beispiel, um Biere für einen Wettbewerb zu verkosten, da gab es dann auch Gose. Lustiger Weise nehmen die da natürlich alles Mögliche, was man so im Regenwald findet und tun das dann auch in dieses Bier. Und dort geht es weniger wie jetzt hier auch um die Trinkbarkeit, sondern da geht es dann um die Extreme, das heißt, da sind die dann oft sehr sauer oder sehr salzig oder repräsentieren dann halt irgendwelche verrückten Zutaten. Also ich erinnere mich an eines, das hatte dann praktisch den Geschmack so von Mix Pickles, wie man das so aus England kennt, also ganz spannend. Du hast es grad erwähnt, es gibt ja diesen anderen, in Anführungsstrichen, großen Namen für Gose, nämlich Leipzig und dort gibt es ja, weil es vor Ort gebraut wird, die Gose von Matthias Richter. Jetzt nicht um zu sagen, das ist besser oder schlechter, aber wenn du einfach so sagst, vom Unterschied her, hat das für dich auch historische Gründe oder denkst du, also da ist es, glaube ich, insgesamt ein bisschen gleichzeitig süßer und saurer, ja, siehst du da andere Zielrichtungen oder wie hast du für dich das festgelegt?

Odin Paul: Nee, da sehe ich schon die historischen Gründe als ausschlaggebend. In dieser Blütezeit der Goslarischen Gose wurde sie ja hier in Goslar verkauft, um den Kirchturm herum, sage ich mal. Es gab eine Reihe Brauverfahren, jede durfte brauen, nacheinander wurden Zeiten vergeben, damit auch jeder die Chance hatte, das Bier zu verkaufen. Da konnte das Bier gar nicht alt werden, gar nicht sauer werden. Und deshalb war das Bier hier in Goslar auch nicht sauer, wie andern Orts eben auch ja keine mit Absicht sauren Biere hergestellt worden sind. Durch diesen Export erst, diese langen Transportwege mit Pferdefuhrwerk, tagelang, Wochen vielleicht sogar unterwegs, konnte es eben sein, dass die Gose beim Konsumenten in Leipzig, in Sachsen, irgendwo eben sauer angekommen ist und trotzdem hat man es getrunken, aber es konnte eben, musste nicht unbedingt, aber es konnte sauer geworden sein. Und das macht sich der Matthias beziehungsweise der Bayrische Bahnhof, im Allgemeinen aber auch andere Produzenten, die Döllnitzer Ritterguts Gose zum Beispiel ja auch, zu Nutze und sagen: „Nee, wir kennen das Bier nicht anders. Beim Odin in Goslar ist es nicht sauer, aber bei uns kam es immer sauer an, wir produzieren es sauer.“ Und deshalb, Bayrischer Bahnhof und die Döllnitzer eben, die das dann eben mit einer sauren Note, mit einer Milchsäure beim Maischen, schon herstellen.

Markus: Also das finde ich jetzt extrem faszinierend und auch eine tolle Geschichte und erinnert mich nochmal an Brasilien. Weil, was ich ganz spannend fand, natürlich gibt es dort auch jede Menge Brauereien, die zum Beispiel die modernen amerikanischen Bierstile nachbrauen, also Pale Ales, IPAs. Und so und dann haben wir uns im Wettbewerb gewundert, warum fast alle dieser Biere den bei uns als Fehlgeschmack bekannten Geschmack von einer Oxidation hatten. Und dann haben wir mal ein bisschen nachgeforscht und auch die Brauer gefragt und dann war das derselbe Effekt. Weil, wenn die die Biere aus Amerika importiert haben, dann hatten die halt schon drei, vier Monate mindestens auf dem Buckel, bis die überhaupt da waren, wurden da zwischendurch erhitzt und was weiß ich was alles, das heißt, die kamen in der Regel oxidiert an. Und dann haben die Brauer das verkostet und haben dann gemerkt oder gedacht, das gehört so und haben dann tatsächlich in ihrem Prozess diesen Geschmack auch rekreiert sozusagen, also reproduziert. Und das kann man dann ja so praktisch auch sehen, dass dann die Leipziger gesagt haben: „Gut, bei uns ist es eben säuerlich und dann müssen wir das auch so machen“ und haben dann einen Weg dafür gefunden, sehr witzig.

Odin Paul: Ja, witzig.

Markus: Spannend. Okay, also dann würde ich sagen, probieren wir doch noch Nummer zwei, hier die dunkle Gose. Da mache ich jetzt gleich mal auf, so. So! Und ich muss auch sagen, ich habe die jetzt beide mit viel Respekt aufgemacht, weil die letzten Chargen, die ich hatte, hatten ganz schön Druck. Aber die sind jetzt total brav, sehr geschmeidig. Und, ja, wenn man sich das Ganze anschaut, ist meins jetzt ein bisschen trüber, was aber den Bierschimmer sogar noch ein bisschen erhöht, also ist richtig geheimnisvoll. Es ist jetzt, ja, so rot, gold, würde ich sagen, bräunlich, aber mit einem ganz schönen eben Schein drin. Oben drauf haben wir jetzt auch wieder so einen schönen Schaum, der jetzt aber ein bisschen getönt ist. Klar, haben wir jetzt auch dunkle Malze mit dabei. Und, ja, jetzt rieche ich mal rein. Also vom Geruch her ist es ähnlich, also auch wieder dieses Florale und ein bisschen der Koriander, aber das wird jetzt abgerundet mit so ein bisschen karamelligen Noten. Also da kommen dann tatsächlich die dunkleren Malze ein bisschen rüber. Ich würde auch sagen, ein bisschen nussig. Ja, sehr spannend, auch die roten Beeren sind alle wieder da. Hast du da andere Zutaten jenseits des Malzes drin oder ein anderes Verhältnis? Oder wie geht es dir überhaupt mit der Nase, entschuldige?

Odin Paul: Also ich sehe das genauso wie du, rieche das genauso wie du. Da nehmen wir ein Röstmalz und ein Kara-Dunkel. Ansonsten sind die Zutaten genau dieselben, auch was die Koriander- und Salzmenge angeht und Hopfen auch.

Markus: Also sehr interessant! Bei mir kommt jetzt das Salz intensiver rüber, also das habe ich jetzt hier mehr als in dem anderen. Dafür kommt mir die Bittere ein bisschen wenige stark. Und ich habe auch den Eindruck, dass ich so eine leichte säuerliche Note, die aber wahrscheinlich in dem Fall jetzt von den Röstmalzen kommt, auch mit dabei habe. Also insgesamt vom Geschmack her noch ein bisschen komplexer, noch in viel mehr verschiedene Richtungen, nicht weniger drinkable sozusagen. Also es ist sehr schön, auch angenehm. Ich bin ja generell ein Fan der dunklen Biere und finde es eigentlich toll, wie grade dieses Röstige, Nussige sich mit diesem Gewürzigen schön verbindet. Kann ich mir auch super gut zu vielen Gerichten vorstellen, auch zu asiatischen Gerichten zum Beispiel, aber auch zu so einem Klassiker. Ich weiß nicht, was isst man denn bei euch in Goslar so typisch, wenn man ins Wirtshaus geht, was muss man probiert haben?

Odin Paul: Also bei uns im Brauhaus läuft der Goslarer Bierbraten am besten mit einer dunklen Gose-Bier-Soße, und da verwenden wir auch tatsächlich das dunkle Gose-Bier. Wir haben einige Harzer-Gerichte, sind dafür auch ausgezeichnet mit regionalen Zertifikaten, aber auch als typisch Harz zertifiziert, mit dem ganzen Restaurant und den Bieren. Und deshalb haben wir eben Harzer Gerichte viel und auch, ja, die Klassiker dürfen nicht fehlen, ein Jäger schnitzel kommt dann gleich an Nummer zwei, hinter dem Bierbraten, aber eben auch sowas wie Hackus und Kniste oder warmen Linsensalat an Birnenspalten können wir hier auf der Karte finden, was alte Gerichte hier aus dem Harz und aus Goslar sind.

Markus: Also bei dem Vorletzten bin ich etwas ausgestiegen, Pakus und Kniste, ist das richtig, was ist das?

Odin Paul: Hackus, Gehacktes, das ist im Darm hergestellt, Hackfleisch, gepresst zu einer Wurst und das wird in Scheiben angeboten. Und eine Kniste gibt es dazu. Das ist eine, umgangssprachlich sagt man, eine Ofenkartoffel. Das ist eine große Kartoffel, die in der Mitte geteilt wird, in der Pfanne gebacken und danach noch mit Gewürzen bestreut. Und das gibt es dann entweder mit Kräuterschmand oder eben nur Hackus dazu oder als Beilage zu einem schönen Harzer Höhenviehgericht. Und, ja, das ist so auch ein Harzer Urgericht.

Markus: Wahnsinn! Also jetzt kriege ich auch noch richtig Hunger. Nochmal ein Grund, mal bei auch aufzuschlagen, sehr, sehr spannend. Wie geht es dir mit dem Geschmack, siehst du da auch so ein bisschen den Unterschied zum Hellen, wie ich es grad so beschrieben habe?

Odin Paul: Ja, sehe ich genauso. Ich finde auch, trotz des Röstmalzes, trotz des Kara-Dunkel, wie du es gesagt hast, sind da auch florale Noten zu erkennen. Das finde ich immer wieder faszinierend an der dunklen Gose. Und, normalerweise, jetzt bei dieser Charge merkt man es nicht so, ist bei der dunklen Gose, und ich weiß nicht warum, dieses Zitronige, dieses Seifige vom Koriander noch ausgeprägter. Und wir nehmen übrigens die Gose, die dunkle, sehr, sehr gern zum Stopfen, weil bei der dunklen Gose noch mehr die Noten dieser Hopfenöle zur Geltung kommen. Wir machen da einige Versuche immer mit verschiedenen Hopfensorten, auch immer wieder neuen Hopfensorten, die angeboten werden, da machen wir immer so kleine Chargen nur. Und das kommt bei der dunklen Gose viel besser zur Geltung als bei der hellen Gose. Ich kann es mir nicht erklären, denn das Röstmalz ist ja schon, wie du es ja auch selber gesagt hast, im Gegensatz zur hellen Gose, deutlich dominanter. Und diese Toffee-Röstmalznoten sollten ja eigentlich dann so einen Geschmack vom Koriander überdecken. Aber, nee, ist genau das Gegenteil der Fall. Normalerweise ist die dunkle Gose, ja, viel ausgeprägter vom Koriandergeschmack als die helle.

Markus: Auf jeden Fall ein sehr, sehr feines Bier, also mag ich auch gerne. Und ich wüsste jetzt gar nicht, wenn ich mich entscheiden müsste, wäre ich jetzt gar nicht sicher, welche ich lieber mag. Aber auf jeden Fall beide tolle Biere, also Gratulation schon mal an dieser Stelle! Freue ich mich schon drauf, wir werden die demnächst auch im Sommelierkurs verkosten. Da bin ich schon gespannt, denen dann auch ein bisschen was erzählen zu können und auf unseren BierTalk verweisen, der bis dahin Online sein wird. Vielleicht noch eine Frage, bei der Berliner Weisse zum Beispiel ist ja so, dass man die auch früher gerne länger gelagert hat, bevor man sie dann ausgeschenkt hat. Kennst du das aus der Gose auch, also gab es da auch Lagerung oder habt ihr sowas schon mal probiert, ob das sich verändert in der Lagerzeit?

Odin Paul: Ich habe tatsächlich mit meinem Brauer Arne jetzt vor einem Dreivierteljahr damit angefangen. Wir haben im Frühsommer letzten Jahres eine neue Abfüllanlage installiert hier, wir füllen jetzt mittlerweile nur 0,33-Liter-Flaschen ab, vorher waren wir ja bei den halben Litern. Und mit dieser neuen Abfüllanlage haben wir Rückstellproben zurückgelegt und wollen die dann immer so alle paar Monate oder Jahre auch, wir haben da ausreichend zurückgelegt, dann eben verkosten. Vorher haben wir das noch nicht gemacht, deshalb kann ich dazu nichts sagen. Ich hatte allerdings, ganz witzig, ich hatte auch, ich glaube, im Sommer, bin ich zufällig an eine Londree Weisse aus Berlin gekommen, die Ewigkeiten beim Nachbarn im Fachwerkhaus im Keller lagen. Und die habe ich dann auch mal verkostet, ich weiß nicht, über 40 Jahre alt! Und die fand ich, ja, schon sehr, sehr ausgewogen und ein bisschen säuerlich war sie auch, aber es war ja wirklich ein ganz, ganz tolles Bier! Von daher freue ich mich auf die Langzeitproben, die wir da mit der Gose zu haben werden dann vielleicht Ende nächsten Jahres.

Markus: Na, da müssen wir da nochmal eine Wiederholung aufnehmen oder ein Nachfolge-Podcast, da bin ich mal gespannt, was du da erzählst. Ja, also bei der Berliner Weisse kenne ich das auch. Ich habe vor vielen Jahren ja mal ein Buch geschrieben über alle Berliner Brauereien und dann haben wir eine Pressekonferenz gemacht und dafür hatte ich bei eBay auch so eine alte Kiste Londree Weisse ersteigert aus den 70ern, Anfang der 70er. Und die haben wir dann bei dieser Pressekonferenz aufgemacht. Und das war natürlich eine Show an und für sich schon, aber eben auch sensorisch ein Erlebnis, wie ausgewogen, wie harmonisch diese wirklich uralten Biere waren. Also tolle Geschichte, da bin ich mal gespannt. Was mit bei Matthias Richter mal begegnet ist, der hat ja zum Beispiel einen Gosiator auch schon gebraut, also ein Doppelbock aus der Gose. Habt ihr das auch schon mal probiert, so in die Starkbierrichtung was zu tun?

Odin Paul: Ja, aber nicht auf Gose-Basis, da sind wir ganz konservativ beim Maibock und beim Doppelbock, ohne Salz und Koriander. Habe den Gosiator von Matthias aber auch schon probiert und finde den sehr gut, sehr gelungen. Wir sind da, was die Bockbiere angeht, aber da ein bisschen konservativer aufgestellt.

Markus: Ja, muss ja auch nicht. Also den Gosiator, hatte er mir damals eine Falsche geschenkt. Ich muss aber zugeben, ich habe die immer noch im Keller. Also es gibt da so Biere, die hat man im Keller, die warten immer auf den richtigen Moment und irgendwie kommt der nie. Also ich glaube, demnächst muss ich die mal aufmachen. Ja, was ich noch auf eurer Seite gesehen hab, ist, ihr macht ja mit den Gosen auch Mischgetränke sozusagen. Also das gibt es mit Banane oder mit Cola oder mit Früchten oder Limo oder Sirup. Sind das auch so Geschichten, die man von früher her kennt oder von euch eher so moderne Adaptionen?

Odin Paul: Das sind moderne Adaption, das ist das, was der Konsument haben möchte. So ein Krefelder, sage ich mal, so ein Bier mit Cola, das bieten wir hier an. Eine Bowle, es gibt ja eigentlich eine Altbier-Bowle, da machen wir die dunkle Gose eben mit Früchten. Das sind Adaptionen an die Neuzeit sozusagen einfach, weil der Kunde es haben möchte, der Gast es haben möchte.

Markus: Stelle ich mir trotzdem sehr spannend vor, das muss ich, glaube ich, auch mal probieren. Und vielleicht noch eine Frage, viele Leute assoziieren mit der Gose ja auch diese Flasche mit diesem typischen langen Hals. Ist das eher eine Leipziger Nummer oder gab es sowas in Goslar auch?

Odin Paul: Das gab es in Goslar auch, ich hatte da auch einige Paletten mal abgefüllt. Ist auch wirklich eine ganz flippige Geschichte, finde ich. Und Matthias macht das ja immer noch und die exportieren ja sogar ihre Gose bis in die USA, also das ist ja wirklich da ein Verkaufsschlager. Das hat ja den einfachen Hintergrund, dass die Gose abgefüllt worden ist im Mittelalter in diese Flaschen, die obergärige Hefen in diesen langen Flaschenhals nach oben gestiegen ist, dort einen natürlichen Pfropfen bildete. Und der Wirt hat ja dann beim Ausschank diesen Pfropfen durch eine zackige Handbewegung aus dem Handgelenk sozusagen geschlagen und der Pfropfen fiel auf den Boden und dann konnte dann eben aus dieser Flasche erst getrunken werden beziehungsweise konnte aus dieser Flasche ausgeschenkt werden. Und deshalb lagen ganz viele Pfropfen dann in diesen Gosen-Schänken auf dem Boden. Die wurden dann abends nach Zapfenstreich dann zusammengefegt und, ja, entsorgt. Und das ist allerdings wirklich etwas, wo ich Quellen nur gelesen habe, die sich dann in Leipzig abgespielt haben.

Markus: Ja, auf jeden Fall auch interessant, was man da in solche Richtungen noch früher so alles getrieben hat. Ja, du hast fünf Kinder, wie viele davon sind mit Gose aufgewachsen?

Odin Paul: Tatsächlich dürfen nur zwei davon Bier trinken, der eine ist 16, der andere 25. Der Älteste ist übrigens auch gelernter Brauer und Mälzer, also da haben wir schon mal einen in die richtige Richtung hinbekommen. Und die nachfolgenden Jungs arbeiten schon hier in der Gastronomie mit. Also da erfahre ich ganz tolle Unterstützung.

Markus: Ja, Wahnsinn, also der Bilderbuchlebenslauf geht weiter, ich bin echt total begeistert, sehr schön. Ja, hast du noch Beziehungen zu deiner alten Brauerei, zu der Altenauer, wo du herkamst?

Odin Paul: Unbedingt, auch wenn die seit 2003 recht durch wechselhaftes Fahrwasser gefahren sind mit Besitzerwechseln und Braumeisterwechseln sind sie jetzt auch erst wieder seid, ich glaube, Mai oder April letzten Jahres in neue Hände gekommen, in die Hände eines Braumeisters Kilian. Aus Bamberg übrigens kommt der Knabe.

Markus: Sehr gut.

Odin Paul: Und, ja, der macht das sehr ordentlich und die Verbindung ist wirklich sehr intensiv. Nicht nur, dass ich gern Malzbier und alkoholfreies Bier hier in meinem Brauhaus verkaufe, ich brauche auch immer mal wieder technologische Unterstützung, und sei es nur, dass ich meine Fässer dort waschen lassen darf oder eben auch Leergut, weil ich keine Flaschenwaschmaschine habe, auch Leergut waschen darf dort, ist das wirklich ein tolles Miteinander weiterhin.

Markus: Das ist immer gut zu hören, wenn die Brauer zusammenarbeiten, sehr schön. Vielleicht zum Abschluss noch eine Frage, ich habe auch gesehen, ihr habt ja, wie du schon gesagt hast, diese saisonalen Spezialitäten, jetzt grade gibt es eine Schoko-Gose. Das würde ich ja wirklich total gerne mal probieren, aber so schnell werde ich es vielleicht nicht schaffen, aber, das ist spannend. Hast du vielleicht so einen kleinen Ausblick für unsere Hörer, was wir im Jahr, vielleicht noch dieses Jahr, an Spezialitäten bei euch zu erwarten haben, dass sie sich ein bisschen freuen können auf ihren Besuch?

Odin Paul: Also, da ich davon ausgehe, dass wir ab Mitte April, Anfang Mai, wieder sowas Ähnliches wie Normalität hier in Deutschland bekommen, werden wir auch erst ab Mai wieder Saisonbiere herstellen, also beginnend mit dem Maibock. Das Märzen-Bier würden wir, wie der Name ja schon sagt, im Märzen ausgeschenkt, was wir im Märzen anbieten wollen, dieses Jahr leider wegfallen lassen, weil der Umsatz in der Gastronomie einfach so weggebrochen ist oder eingebrochen ist. Und deshalb fangen wir mit dem Maibock an, dann im Sommer einige Biere wieder stopfen mit verschiedenen Hopfensorten. Und dann kommt eins der beliebtesten Saisonbiere, der Rote Oktober, im Oktober, mit einem Rotmalz hergestellt, bevor wir dann kurz vor dem Weihnachtsmarkt hier in Goslar mit dem Doppelbock da weitermachen. Zwischendurch immer wieder Biere stopfen und eben auch was anderes uns ausdenken. Also wir wollen mal wieder Stacheln, das haben wir lange nicht gemacht. Das würden wir wahrscheinlich jetzt nochmal im Februar anbieten, das ist immer so ein kleiner Hingucker für die Gäste. Ja und dann mal gucken, ich hoffe, dass das dann im nächsten Jahr aber dann wieder relativ normal läuft und wir all unsere Saisonbiere herstellen können, wie wir so auf dem Plan haben.

Markus: Ja, das hoffen wir alle, dass es möglichst bald wieder in eine normale Schiene zurückläuft. grade in der Gastronomie, grade für die Brauereien. Und wir werden natürlich auch für die Hörer verlinken, dass man bei euch, brauhaus-goslar. de, diese Biere auch bestellen kann, also es gibt einen Shop und man kann eben auch vorbeikommen. Und ich muss auch sagen, ich bin dir da sehr dankbar, du bist der erste lebendige Mensch mit dem Namen Odin, den ich kennengelernt habe und dann gleich noch so ein netter und liebenswerter wie du, das ist wirklich ganz toll. Und du hast jetzt eins noch unterschlagen, euer Doppelbock trägt ja auch einen tolle Namen, nämlich Odinator. Also da freue ich mich auf jeden Fall auch schon drauf. Für heute vielen, vielen Dank für die Infos, dafür, dass du die Zeit hattest, dass wir die Biere verkosten konnten. Und dann wünsche ich dir noch einen schönen Tag und wir haben ja Ende der Woche, also eine schöne Restwoche und einen guten Start ins Wochenende.

Odin Paul: Markus, vielen, vielen Dank für das Gespräch. Zum Ende noch mein alter Werbespruch über die Gose aus dem Mittelalter, aus der Zeit, als sie bis nach Leipzig exportiert worden ist. Es ist ein hurtig Bier, die Goslarische Gose, man denkt, sie ist im Bauch, da ist sie in der Hose, Gosianer, tschüss.

Markus: Tschüss.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk English 2 – Talk with Shachar Hertz, owner of Israels largest Beer Shop and Beer Education Centre from Tel Aviv

Shachar Hertz grew up in Israel and found his love for beer when he moved to New York for college. There, at the beginning of the new millennium, the craft beer craze was just getting rolling, so he transferred to UC Davis in California and graduated with a degree in Brewing and Packaging. Back in Israel, he wanted to open a brewery, but decided to open a beer store and a small beer school where he teaches hobby brewers how to brew beer. Along the way, he started a second career as an International Beer Judge. In our podcast episode, Shachar tells his story and reports on the emerging beer market in Israel…

Kommt in unsere Facebook-Gruppe und diskutiert mit: https://www.facebook.com/groups/bierakademie

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Zusammenfassung auf Deutsch:

Shachar Hertz wuchs in Israel auf und entdeckte seine Liebe zum Bier während seines Studiums in New York. Dort erlebte er den Anfang des Craft-Beer-Booms und entschied sich, an der UC Davis in Kalifornien Brauerei und Verpackung zu studieren. Zurück in Israel gründete er statt einer Brauerei ein Biergeschäft und eine kleine Bierschule, wo er Hobbybrauern das Bierbrauen beibringt. Außerdem begann er eine zweite Karriere als internationaler Bier-Richter.

Hertz diskutiert auch die aufkommende Bierszene in Israel. Er bemerkt, dass Israelis zunehmend neue Biergeschmacksrichtungen entdecken und sich von ihren gewohnten Bieren abwenden, um Craft-Biere zu erkunden. Es gibt etwa 20 kleine Craft-Brauereien in Israel, von denen die meisten traditionelle Bierstile brauen, obwohl Hertz sich mehr Experimentierfreude wünscht. Viele Israelis lernen das Brauen zu Hause und Hertz bietet Kurse und Seminare an, um zukünftige Craft-Brauereien zu unterstützen. Außerdem diskutiert er die Herausforderungen und Möglichkeiten des Imports ausländischer Biere nach Israel und die Beteiligung von Arabern an der Bierkultur, wobei muslimische Araber auf alkoholfreie Biere angewiesen sind.

Hertz spricht auch über die Entwicklung von Bierpaarungen mit Essen in Israel, den Einfluss der Corona-Pandemie auf die Bierszene und die Bedeutung der Kühllagerung in Israels warmem Klima. Trotz des Fehlens offizieller Bierschulen in Israel betont Hertz die Wichtigkeit der Bierbildung und hofft, dass sich das bald ändert. Er teilt seine Erfahrungen mit internationalen Bierreisen und Bierwettbewerben und äußert den Wunsch, irgendwann seine eigene Brauerei zu eröffnen​​.

 

Interviewtext:

Markus Raupach: Hello, and welcome to our podcast, BierTalk. Today we record the second episode of our English podcast. And we make a little journey to the Near East, as we say. We go to Israel and meet a dear friend of me, Shachar Hertz, who owns the largest beer store in the country, is also an international beer judge and we meet quite often somewhere in the world. And so I’m very happy to welcome you in the podcast, and maybe you introduce yourself a little bit to the listeners.

Shachar Hertz: Thank you very much, Markus. It’s a pleasure to be here. So I’m Shachar Hertz. I am from Israel. I’m Israeli. I’m one of the local beer experts. And as Markus said, I’m also a beer judge and an owner of a company called Beer and Beyond, which is the largest beer shop and beer school in Israel. I’m also doing some beer tours around the world from time to time and mostly I deal with educating the Israeli people about beer, how to appreciate it, how to know more about it, and hopefully, how to drink a bit more.

Markus Raupach: For us, it sounds a little bit uncommon that people in Israel are drinking beer or in larger scale. So how did you yourself come into the beer thing? And what do you think about the Israeli beer scene?

Shachar Hertz: Well, as a classic Israeli, I was also a bit into alcoholic beverages as a younger person, but beer was not one of my favourite drinks growing up. And when I say growing up, I of course, don’t mean growing up as a kid, but growing up as an adult. But I happened to move to the United States when I was 25 and spend five years in New York. And in those years, which was the early 2000, I was exposed to the amazing craft beer revolution that was going on back then. And I completely fell in love with beer while living in the States. This is also where I went deeply into this hobby. It was a hobby at the beginning, but pretty fast, it became something that I really wanted to do professionally.

So I went to school at UC Davis, in California. And after my five years in the States were done, I got back to Israel and all I wanted is to make other people go through the same process that I did. Make them fall in love with beer and make them realize that beer is a completely different beverage than what they thought about. So that was about 15 years ago when I got back here. But it’s not surprising that Israel is drinking alcohol. It is allowed in the Jewish religion to drink, even the opposite. Like we have to drink wine of course at Shabbat dinners, for example, it’s a mitzvah. But regardless if you’re religious or not, Israelis drink alcohol. But we don’t drink a lot. We do not have a very long history of drinking or tradition or a culture of drinking alcohol. So I found myself trying to raise something that was almost nonexistent here. But slowly, but surely we see it growing.

Markus Raupach: Yeah, that really sounds interesting. What we had here, I’m also researching a lot of the Jewish culture in Germany, and there was maybe about 100 years ago, a big discussion if it is allowed to drink beer for the Jewish high festival days. And then there was a rabbi who said, “If the beer is the wine of the country, then it’s allowed to drink also beer.” So that means if it’s a beer country, you can drink beer and if it’s a wine country, you have to drink wine. So did you know about that?

Shachar Hertz: No. It’s nice to hear. But it makes perfect sense to me. Like if you are Jewish and you live in a country that is not a wine country and beer is like the dominant or main beverage of choice, so yeah, why not? It just makes sense.

Shachar Hertz: I’m saying that Israel is a wine country. Before it’s a beer country, it’s a wine country. So people who don’t need to make that choice. Unfortunately, they go with wine on those festivities. But more and more people are discovering beer and they switch to beer sometimes.

Markus Raupach: Yeah, it’s very interesting. In Germany the Jewish community had a big part in development of brewing. So for example, they invented our deposit system for bottles, or they also invented the hop pellets and things like that. So it’s really interesting how big the impact is of the Jewish people in Germany and brewing. In Israel, you say that people are not really used to drinking beer, but is it a growing market? And is it more the young people or more the older ones?

Shachar Hertz: We definitely see it growing because we pretty much didn’t have work to go down. We could only go up. Like the consumption was, and still is one of the lowest in the world. So the only way is to go up and we see that going up slightly in the last few years. But then the most, or the more interesting change that we see is not necessarily more drinking, but drinking differently. Israelis are discovering the new flavours of beer or the new world or the craft beers, and they start to switch their usual beer, the one that they were used to drink, and they explore other flavours. And this we see going on like significantly in the last few years.

Markus Raupach: And you also become more and more breweries, as far as I know. So I know about the Dancing Camel, for example. But I think there are now many breweries in Israel.

Shachar Hertz: Yeah, we have about 20+ small craft breweries in the country right now. They were all opened, I would say, within two or three waves of opening that we saw here. The first one was actually started with the Dancing Camel. They were the first ever Israeli craft beer brewery to open in Israel. That was 2006. And from 2006 to 2008, we saw like eight, nine breweries opening, and then we had a short break. And then in 2010, to 12, another eight or nine were opened, and a bit more later on. So now we have 20+ and it’s pretty much a status quo in the last few years, maybe a new one gets opened, a new one is closing. So we’re staying at the same number.

Markus Raupach: And what types of beer are they producing? So the typical craft beer styles, or is there a special thing also?

Shachar Hertz: That’s a bit of a complicated question, not because I don’t know the answer, but because I have a lot to say about this subject.

Markus Raupach: We have time.

Shachar Hertz: The Israeli breweries, the craft ones, the new ones are not among the most brave ones, I would say. Most of them go more for the traditional styles, the styles that they think that the Israeli consumers are looking for, which makes sense in a way. I mean, it’s okay, you can create a weak beer or a pale ale or an amber. It’s a new market. It’s a new industry. You don’t want to go immediately to the craziest and most extreme beer styles. But looking back 15 years ago when this is all started, I was hoping that it would take less time for those breweries to start to explore new styles and be more brave. And unfortunately, I see that most of them are sticking to the same good old classic beer styles and recipes, and don’t really make a lot of changes. But parallel to that we do have a few breweries that do the opposite. They do a lot of different beers throughout the years, they explore with local ingredients and different styles. But I would really like to see more breweries going to that direction, because I think this is something that the consumers will really know how to appreciate.

Markus Raupach: Is there a typical Israeli beer style or a typical ingredient from Israel, which is used for beer?

Shachar Hertz: No, not yet. We are a country that is known for having a lot of spices and fruits and herbs and vegetables. But for now, there isn’t like one or a couple ingredients that I see that are being used more popularly within the breweries. But I guess it has to do with what I said earlier that the experimentation level is still low and most of the breweries are sticking to the classic ingredients.

Markus Raupach: And as you have the largest beer store in the country, so you’ll also have beers from foreign breweries like American or English or German ones. And is it easy to bring these beers in and how is the acceptance by the customers?

Shachar Hertz: The acceptance is amazing. Israelis are very open minded and as I said before, they really want to try a lot of new flavours. So within the export market, the import market, actually, we see a lot of beers coming in into Israel. It’s not easy to bring alcoholic beverages into Israel. The regulation is a bit complicated and expensive and cumbersome, but we have some importers that are really into beer and they really try their best to bring the top of the crop of the world leading brands. And I think that Israel actually for a country that is so small and with such a small beer industry and low beer consumption, I think we have a great variety of international brands available.

Markus Raupach: I see when I look for your shop, there are very many interesting breweries and many well-known breweries, but also some Israeli breweries. And I also, something like a network hub for brewers. So can people, do they come to you and ask about beer and brewing and education and maybe brewers will ask for connections? Is that also a little bit of your role?

Shachar Hertz: Yes, of course. I have, I guess, some parts, either small or medium or big in almost all of the breweries that were opened here in the last 15 years. I mean, I am trying to help them and give my consultancy services to them in order for them to create the best beers and promote their brands in the best way. And we teach people how to make beer at home. And as you know, home brewing is the engine that pretty much starting every future craft brewery. They all start by brewing at home and we have a great network of home brewers. We have classes and seminars all the time in order to encourage them to become better at their hobby and eventually open their own first brewery.

Markus Raupach: That’s really amazing. Maybe also the Arab part of the country, do they also drink beer? Because the religion normally is forbidding the alcohol. Is there also an Arab beer culture?

Shachar Hertz: Much, much, much less. But we must remember that Arabs are also have different religions. The Muslims, of course, cannot drink any alcohol whatsoever. Even if a beer is considered a non-alcoholic but it has up to 0.5 alcohol in it, they cannot drink it. So we see a very actually big industry of 0.0 alcohol beers that is being sold for the Arab market and brands like Carlsberg and Heineken and Bavaria, they do greatly with those products within that market. But the Christian Arabs, they are allowed to drink. So we do have a brewery that is called Taybeh that is located in the Palestinian territories in a village that is 100% Christian Arabs. And their brewery was actually the first one in the Middle East. Even before the Dancing Camel. I call Dancing Camel the first Israeli craft brewery. But Taybeh Brewing is the first Middle Eastern craft brewery. I guess they were opened back in 1994 and they make great beers that are also available in other countries, and they also brew their beers under contract in Germany actually.

Markus Raupach: And did you realize any difference in taste between the Israeli and the Arab people? Do they like different beers?

Shachar Hertz: No, it’s pretty much the same. The palate of the average Middle Eastern, it’s pretty much the same. Our food is similar, our flavours are similar. I’m guessing that most people, like lagers and wheat beers are popular. But the Taybeh Brewing are making a great variety of beers, IPAs, ambers, and beers with spices and local herbs as well. Stouts.

Markus Raupach: I also think you have such a big variety of interesting foods and spices and fruits. So there may be a lot of opportunities for doing food pairing things. Is that also something that’s now coming up in Israel to do food pairings, maybe with beer, with wine with your food?

Shachar Hertz: Yes, we see that starting. It’s not very popular yet because restaurants are usually the last type of businesses to get into the craft beer scene. Because those products as you know, are more expensive than your mainstream beers and the restaurant needs to be profitable and they’re not sure that they’ll be able to sell it. But we have a great variety of restaurants here and entrepreneurs that look at things a bit differently and they’re more open minded, and they know that the only way for them to make their restaurant or their business more unique and attractive for customers is to be different. And what’s the best way of being different other than creating a menu with a great selection of special wines and craft beers and do pairings? We are encouraging that a lot. We try our best to push those restaurants to do those things. It will take time for it to be more popular, but we’re definitely pushing.

Markus Raupach: And also you had lockdowns during the Corona crisis. Did this affect also the beer industry and the beer scene?

Shachar Hertz: Yeah, yeah for sure. It’s actually, yeah, it’s a great question because I just had a discussion about it yesterday. There was a launch of a new beer by one of the local breweries and a lot of people from the industry were there. Veterans that, you know, that they saw all the industry coming up together like I did in the last 15 years, and we just went through memory lane. And we got all the way until the last two years and we all realized that those last two years were so different in so many ways. Mostly actually, in a good way because what happened is that most people stayed at home and drank most of their beer at home, and not outside. And when you drink a beer at home and you have all the time in the world, because you have nothing else to do except focusing on what you’re drinking, so you start looking at the bottle or the can and read the label and look at the ingredients and realise that you don’t know what an ale is. And you’re like getting to be curious and a lot of people discovered new flavours in beer within those two years. And they started to buy much more beer at home and drink at home. Pubs and bars and restaurants, of course, we’re doing badly at those times. But the consumers found a way to enjoy beer within those strange periods of times. So we saw the craft beers sales of like takeaways and home deliveries going up significantly. And a lot of new customers that discovered craft beers, thanks to the fact that they were just locked at home, getting curious about what they drink.

Markus Raupach: They had the time to learn and discover and see. And you are doing this home delivery. So as I know, Israel is a quite warm country. Are there issues with cooling chain and things like that to bring the beer in a good shape to the customer?

Shachar Hertz: No, not really, because we are a warm country and not only beer, you know, food, and every other sensitive product that needs to be shipped across the country needs to be kept cool. So most of the logistics companies and delivery companies they know that and they do their best to, you know, keep it cool. The warm climate is mostly affecting pubs and bars that don’t have like, you know, like proper cooling system or draft system for their kegs and keep the beer out when it’s warm outside. Sometimes that creates a lot of foaming problems and beers that go bad. But it’s all about education. And as long as more businesses will understand the importance of keeping beer cold, we will see less than less of that affect.

Markus Raupach: Is there something like a beer school or beer education or something like that in Israel?

Shachar Hertz: Officially, we don’t have a beer school or an academic place to study about beer. Our business is pretty much the only one that calls itself a school but it’s not like an official school. We just educate and do a lot of classes and seminars and courses. But that’s as close as we can get to a beer school. I think it’s also a matter of time. We also didn’t have wine schools here in the country 20 years ago, and now we have like three or four. So when the wine revolution here in Israel started earlier, now it’s beer time, and I’m pretty sure that if it’s not going to be me opening one in the future, I’m sure that there will be somebody who will try and go for that.

Markus Raupach: And I also looked at the website and there’s also your beer education and brewing education. And did you have interesting experiences, especially experiences maybe in your seminars? Are there special things you remember?

Shachar Hertz: Yes, I mean, you never forget the faces of the people that they realise that something that looks completely unrelated to beer for them. Like looking at the raw materials, looking at hop pellets for the first time or putting a hop pellet in your mouth and try to realize the flavour of it, it’s a bit shocking for somebody who doesn’t know what hop is, and the part that it has in beer. And then when the course ends, like three or four weeks later, they taste the beer that we brew together, and they’re like, “Oh, now I connect the flavour that I put in my mouth from this palette in the beer,” and everything becoming much clearer for them and it’s very nice to look at their face when they realize how the beer process goes from start to finish.

Markus Raupach: Yeah, that’s really true. And I also saw you do beer Olympics. What is this?

Shachar Hertz: Yes. Because we try so hard to promote this beverage that’s called beer, we really need to be as flexible as we can, as imaginative as we can in order to reach more potential customers. And one of the, I guess, markets in Israel that we aim for, is to try and offer let’s say, high tech companies or people that work at some workplace, beer activities. You know, every company is putting some effort into making their employees a bit happier. Sometimes they take them to some field trips, sometimes they go to a restaurant, and sometimes they just call us to come and do some beer tasting or this beer Olympics, which is a product that we developed that is more fun, and not just okay, sit and listen a bit about beer. But let’s play some games around it. Not necessarily drinking games, but just funny stuff, like building up the tallest tower that you can from beer coasters. Or trying to blind taste few beers and guess their names. Stuff like that, that people are … they don’t really need to know anything about beer to have fun with it and it just makes them connect to this beverage a bit more.

Markus Raupach: Yeah, that really sounds great. Maybe back to you and yourself a little bit. So you are also travelling because of beers. Are you going to the international competitions? And how did that start? And what are your feelings if you think about beer judging internationally?

Shachar Hertz: Yes, definitely one of my favourite things to do. Not surprisingly, travelling in general, is something that I liked since I was young. Actually, my beer travels started before the judgings. I mean, one thing led to the other of course. But about a decade ago, I decided to add this element to our company and start to offer beer trips around the world for Israelis because I know from my past experience that once you travel to the origin of a certain beer and you experience the brewing process and you meet the people behind the beers, and you see new countries in different traditions and cultures of beers, something is happening to you. Like inside you. Something makes you like this beer much more.

So I wanted to take as many Israelis as possible to other countries to the you know, the main and major beer destinations like Belgium and Germany, Czech Republic, the UK and even the United States. We did a couple of trips all the way there. And I started to do that like a few times a year, not as a main business, but like from time to time. And in one of those trips that was to Belgium, I mean in one of my pre-trips that I went before the group trip I went to Liege and I happened to be there right at the time where the Brussels beer challenge competition was taking place. I think it was 2013. And yeah, and I got to meet the organizer, Luke and we talked and like I told him a bit about myself and he said, “Okay, next year I’m going to call you to like judge,” and this is how it started for me with the judging.

And then I did a few other competitions as well because as you know, this is a small group of colleagues and friends, they all know each other and they recommend one another to other companies, to other competitions, and this is how. And also for me with the judging, I really, really like it. I think it’s a great experience. I mean, I tasted so many different beers in my life, but it’s a different setup. It’s an official tasting. I like the ceremony behind those things and, you know, make an impact, a small personal impact on a beer by giving it a professional review. And I think it’s something that I would keep and enjoy doing as long as I can.

Markus Raupach: Yes, that’s really the same thing I feel. I think the good thing, it’s both, it’s professional, but it’s also family. And that’s really, so you’re really with your heart in the thing and you have very nice people around you and you meet people from all over the world, which you normally never would have had the possibility to meet and you really make friends. And that’s the great thing.

Shachar Hertz: And the people are amazing. Like, beer people in general, whether it’s professional people or just regular consumers, there’s something with this beverage that attracts the good kind of people. And I think it’s really like the thing I like most about beer is that. Is the people that are around this beverage. They’re all good people.

Markus Raupach: Yes.

Shachar Hertz: Amazing.

Markus Raupach: Totally. So maybe we are close to the end of the podcast. Maybe a question: do you have a favourite beer or a favourite beer style, which you like most?

Shachar Hertz: Of course, the question that I’m getting asked the most. I grew to like this question. Once I used to really like rolling my eyes and like how can I answer such a thing? But now I’m getting to actually enjoy answering because I give a different answer each and every time. But at the end of the day, if I have, I mean a specific beer, it’s impossible to choose. But styles, yes for sure. I know by now, after trying so many, I think that if I will end up drinking only altbier from Dusseldorf throughout my entire life, I will be totally okay.

Markus Raupach: That sounds a good thing, especially if you go around the city and have all these different altbiers.

Shachar Hertz: Yes, yes. I really, I really like it. I think it’s the perfect combination of like, it’s the most balanced of all styles. You have everything in it. You have the malt flavour, the hop flavour, the alcohol content is just where you need it, perfectly drinkable. Just super, super nice.

Markus Raupach: And also if you have surrounding with the pubs there and so it’s great, yeah.

Shachar Hertz: Yes. The atmosphere is amazing.

Markus Raupach: Is there many, maybe one special wish or one thing you really would like to do in the beer world, which you didn’t have, which you didn’t do before?

Shachar Hertz: Yes, for sure. There’s one very major element in the beer world that I still didn’t step into, which is to actually have a brewery or be part of a brewery. I thought at the beginning, when I finished my studies at UC Davis, that this is what I’m going to do. I’m going to go back to Israel and open a brewery. But pretty fast, I realized that it’s maybe not the right time. The industry is like almost not existent. So I put that aside. And then I just went so deeply into the business that I have today and I put the dream of having a brewery still in the drawer. But I’m guessing that at some point in the future, I would like to be a part of a brewing business and create my own beers.

Markus Raupach: That sounds great and then I will be very happy to be one of your guests. So thanks a lot for this little insight into your life and into the Israeli beer culture. And so I wish you a nice day today and I’m looking forward to see you in the next beer judging meeting in the near future.

Shachar Hertz: Thank you so much, Markus. Prost.

Markus Raupach: Prost. Thanks and bye.

Shachar Hertz: Bye-bye.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de