In dieser Folge von BierTalk reisen wir gedanklich nach Südtirol und sprechen mit Matthias Volgger von Guggenbräu, einem leidenschaftlichen Brauer, der auf 960 Metern Höhe außergewöhnliche Biere aus eigenen Rohstoffen braut. Was als Hobby begann, entwickelte sich zu einer vielfach prämierten Brauerei, die mit Kreativität und Nachhaltigkeit beeindruckt. Wir erfahren, wie er Braugerste und Hopfen in alpinem Klima anbaut, warum Kastanienbier und Molkebier zu seinen Spezialitäten gehören und was es mit seinem preisgekrönten Italian Grape Ale auf sich hat. Außerdem erzählt Matthias, wie er aus einem alten Wildhopfen-Fund eine faszinierende Biergeschichte gemacht hat. Eine inspirierende Folge über Tradition, Innovation und die Faszination des Bierbrauens in den Bergen…
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BierTalk – Gespräche über und beim Bier.
Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute bin ich ganz glücklich, weil das Jahr hat gerade angefangen und ich habe gleich eine wunderbare Gelegenheit, mit einem tollen Gast eben einzusteigen. Nicht zuletzt, weil ich ja voller Vorfreude bin, mal wieder dort hinzukommen, wo er gerade ist, nämlich nach Süden Richtung Italien und vor allem eben nach Südtirol. Also ich bin ganz froh, Matthias, dass es endlich geklappt hat. Vielleicht stellst du dich einfach mal in zwei, drei Worten unseren Hörern selber vor.
Matthias: Ja hallo Markus, schön, dass ich dabei sein kann. Ich bin der Matthias von Guggenbräu aus Südtirol und, ja, ich bin 31 Jahre jung. Und wir haben seit knapp 4 Jahren eine kleine Brauerei bei uns auf dem Hof und stellen handwerklich gebrautes Bier aus eigenen Rohstoffen, also Rohstoffe, die wir selber auf dem Hof anbauen, her. Und, genau, ansonsten, eigentlich komme ich nicht aus der Bierrichtung, ich bin eigentlich Wanderführer gewesen, Fitnesstrainer, Ernährungsberater. Und, genau, vor 10 Jahren habe ich angefangen mit dem Bierbrauen, also hobbymäßig und ich wollte eigentlich nie eine Brauerei eröffnen, aber es hat sich einfach so ergeben, würde ich sagen.
Markus: Jetzt hast du eine und noch dazu eine erfolgreiche. Und ich muss auch sagen, es ist ganz schön krass, was du für deine 31 Jahre für ein Programm schon hinter dir hast, das schaffen manche im ganzen Leben nicht, sehr spannend. Und natürlich tun sich, glaube ich, in den Gehirnen oder Ohren oder Augen unserer Zuhörer: innen so manche Fragezeichen auf , die können wir jetzt gleich ein bisschen klären. Was ich absolut vor Augen habe, ist dieses unglaubliche Bild, nämlich vor 2 Jahren, als wir in Südtirol waren, als die Beer Craft war, die Messe in Bozen, über die wir im BierTalk schon ganz oft gesprochen haben. Für mich das schönste Bierfest der Welt. Und da wird ja auch immer ein Wettbewerb veranstaltet und eben Preise verliehen. Und das ist also auf jeden Fall damals zum ersten Mal und ich glaube, immer noch einzigartig eben geschehen, dass jemand in einer Kategorie alle 3 Preise abgeräumt hat, also Bronze, Silber und Gold. Und das warst du und das war ein großartiger Moment und das fand ich echt großartig. Wir haben noch ein tolles Bild gemacht, das sieht man hier auch bei dem Teaser vom Podcast natürlich. Also ganz viel Leidenschaft, ganz viel, ja, Herzblut, was du einfach in die Sache investierst und das ist toll. Vielleicht müssen wir ein bisschen mal anfangen und erklären, von vorne. Vielleicht erst mal Guggenbräu, da schaut vielleicht der eine oder die andere und überlegt sich, was das bedeutet. Steckt da was dahinter, hinter diesem Begriff?
Matthias: Also Guggenbräu, der Name eigentlich ganz einfach, kommt vom Guggenberger Hof, also so heißt der Hof bei uns hier und deswegen war Guggenbräu naheliegend. Guggenberg, also es gibt mehrere Guggenberg in Südtirol auch und meistens werden Orte danach benannt, wo man weit gucken kann, wo man eine gute Aussicht hat und das hat man bei uns auf dem Hof. Also kaum kommt man zu uns hoch, da öffnet sich ein schönes Panorama von den Dolomiten. Also wirklich breit gefächert, von Langkofel, Plattkofel, Schlerngebiet bis zum Rosengarten und Rotwand hat man hier alles im Blick und wahrscheinlich deswegen nannten sie es hier auch Guggenberg.
Markus: Wahnsinn. Also da kribbelt es jetzt in mir schon wieder, weil mich die Lust einfach überkommt, sobald wie möglich wieder da zu sein. Vielleicht wäre das die zweite Frage, wenn wir jetzt so ein bisschen Südtirol vor Augen haben, wo ungefähr müssen wir dich verorten?
Matthias: Also ziemlich in der Mitte auf der Südtirol-Landkarte, nördlich von Bozen. Also Jenesien heißt die Gemeinde, da fährt man direkt von Bozen hoch und dann eine kleine Fraktion, Afing nennt die sich. Und auch da befinden wir uns nicht direkt im Dorf, sondern ein bisschen außerhalb von Afing, da fährt man noch mal ein paar 100 Meter hoch, auf 960 Meter liegt unser Hof.
Markus: Das heißt also, wenn wir euch besuchen wollen, dann müssen wir entweder hochfahren oder hochlaufen, also eine Seilbahn oder sowas führt da nicht direkt zu euch?
Matthias: Nach Jenesien führt eine Seilbahn, aber leider ist das auch noch mal 7 Kilometer von uns entfernt. Also entweder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln oder, genau, mit dem Auto, Taxi.
Markus: Oder man muss sich das Bier eben verdienen, das ist die andere Möglichkeit.
Matthias: So ist es, genau, es führen viele schöne Wanderungen bei uns auch vorbei. Direkt bei uns, oberhalb des Hofes führt ein Wanderweg vorbei. Also da bereitet es den Wanderfreunden auch richtig Freude, würde ich sagen, hier sich das Bier zu verdienen.
Markus: Ja und wenn ich schon über das Thema Hof oder euren Hof spreche, das heißt, gibt es da eine Gastronomie, gibt es da Übernachtungsmöglichkeiten, wie muss ich mir das vorstellen?
Matthias: Nein, weil wir sind eigentlich von null gestartet, also das heißt, vorher hatten sie den Hof aufgebaut für Milchställe, also Milch zu produzieren. Früher haben sie dann auch Butter gemacht und Käse und dann auf dem Markt in Bozen verkauft. Aber prinzipiell, für die Milchviehwirtschaft wurde das hier gebaut. Und Anfang der 2000 leider, weil mein Schwiegervater dann Darmkrebs bekommen hat, mussten sie alles aufhören, dann haben sie nur Jungviehaufzucht gemacht ein bisschen. Und jetzt geht es ja inzwischen meinem Schwiegervater wieder ganz gut, den sieht man auch beim Festival in Bozen, wenn du es vor Augen hast. Und das heißt, eigentlich war es nur ein normaler Bauernhof und Tiere wurden gehalten und alles, was rund herum dazugehört, ein bisschen Garten, ein bisschen Waldarbeit, mein Schwiegervater war auch Baggerfahrer. Und, ja, wir haben dann von null, sind wir gestartet, 2018 hat es angefangen. 2018 haben wir nur aus einer Idee heraus für uns selber probiert, ob es funktioniert, Braugerste anzubauen bei uns auf der Höhe im Hang sozusagen auch noch. Und das hat prima funktioniert schon vom ersten Jahr an. Natürlich viel Handarbeit, weil bei uns hier alles steil ist, viel mit Seilwinde. Mit Mähbinder, vielleicht kennt das einer von euch. Das ist wie ein Balkenmäher, der praktisch die Gaben bindet vom Getreide und dann muss man die Gaben zur stationären Dreschmaschine bringen und dort noch mal durchdreschen sozusagen, also riesen Arbeit. Mittlerweile haben wir ja ein Pachtfeld, das auch direkt vor unserer Haustür liegt sozusagen, wo wir auch mit dem Mähdrescher fahren können, also jetzt haben wir es viel einfacher als noch zu Anfang. Und 2019 sind dann 7 verschiedene Hopfensorten dazu gekommen. Ja und 2020 haben wir dann eine schöne Ernte gehabt und wir sind eigentlich sofort dann, ja, mit einer kleinen Produktionsmenge gestartet und haben unsere ersten Biere verkauft. Ja und das hat sich alles so irgendwie spontan schon fast ergeben. Also ich wollte, wie gesagt, eigentlich nie eine Brauerei aufmachen, aber so kleinere Erfolge wie zum Beispiel 2019, wieder beim besagten Bier Craft Festival in Bozen, da haben wir bei den Hobbybrauern mitgemacht, also bei dem Wettbewerb für die Homebrewer und da haben wir mit allen 3 Bieren, die wir eingesendet haben, haben wir einen Preis gewonnen. Und das hat noch mal ein bisschen Bestätigung gegeben in unsere Biere praktisch und so haben wir eigentlich gedacht, ja, wieso nicht, wir probieren es einmal. Wir sind gestartet mit einem 100-Liter-Kessel und, ja, schon ein halbes Jahr drauf dann, 2021 haben wir eine größere Brauanlage gekauft, wo wir praktisch 250 bis 300 Liter brauen können in einem Sud. Und, ja, also so ging es weiter, weil die Biere einfach, muss ich sagen, so gut angekommen sind, auch mit unserem Konzept, dass wir einfach unsere Rohstoffe selber anbauen, bis auf wenige Ausnahmen, wo wir in Kollaboration mit verschiedenen anderen Betrieben arbeiten, zum Beispiel unsere Grape Ales, mit verschiedenen Weingütern oder Kellereien. Oder zum Beispiel, jetzt haben wir auch drei verschiedene Molkebiere, wo wir mit einer kleinen Käserei zusammenarbeiten, die praktisch Büffel-Mozzarella herstellt aus Südtiroler Büffelmilch. Und da verwenden wir das Abfallprodukt, die Molke, die Büffelmolke zum Beispiel, ein Bier zu brauen. Und das Bier besteht zu 60 Prozent aus Büffelmolke, also anstatt Wasser Büffelmolke.
Markus: Ja, also da müssen wir gleich noch ein bisschen drüber sprechen. Wir haben jetzt ja so ein bisschen das Ende, sage ich mal, also so Richtung, wie schaut es heute aus und wir haben uns ein bisschen über den Anfang unterhalten. Was mich noch interessieren würde ist, wie ist so dieser Mittelteil? Also es muss ja was passiert sein, dass ihr euch überlegt habt, wir fangen ja an, Braugerste anzubauen, wir fangen an, Hopfen anzubauen, das sind ja jetzt alles so Sachen, die man nicht so aus dem Ärmel schüttelt, wo man auch was investieren muss und so. Also wann ist denn der Fitnesstrainer auf die Idee gekommen zu sagen, hej, jetzt machen wir da ein Bier und wir meinen das ernst und bauen das alles an, also was ist da dazwischen passiert?
Matthias: Also, ja, es hat auch so, also es gab verschiedene Auslöser dafür, sagen wir mal. Also wir sind auch Kastanienbauer, also ich bin hier der Schwiegersohn auf dem Hof, muss ich auch sagen. Und praktisch, hier ist das größte Kastaniengebiet, also Esskastaniengebiet von Südtirol, also nämlich hier Jenesien, hier sind die meisten Kastanienbäume in Südtirol. Und auch wir sind Kastanienbauern, wir haben viele alte und auch neue Kastanienbäume. Und jedes Jahr findet also der Keschtn-Markt, Kastanienmarkt in Jenesien statt, wo die verschiedenen Kastanienbauern ihre Produkte verkaufen. Und damals, als ich meine Frau kennengelernt habe, also dem ersten Jahr, wo ich dann auf dem Kastanienmarkt präsent war, da fiel mir auf, dass es überhaupt kein Bier gibt. Also es gab nur ein bisschen Wein da zu trinken, ein bisschen, ja, Apfelsaft oder weiß Gott was. Und mir hat da einfach das Bier gefehlt, weil da war so ein schöner Tag im Oktober und die Sonne hat runtergebrannt und schön 15 bis 20 Grad und da wollte ich einfach, da hatte ich Lust auf ein Bier. Und Kastanienmarkt, wieso nicht Kastanienbier, und dann, also im nächsten Jahr dann gab es Kastanienbier vom Guggenberger Hof. Also ich habe ja schon hobbymäßig gebraut und so ist dann das erste vom Hof entstandene Bier herausgekommen, das war unser Kastanienbier. Aber da war auch noch nichts von Brauerei in Sicht, muss man sagen, also das habe ich nur mit meiner kleinen 20-Liter-Anlage gebraut. Und, ja, auch noch ein Auslöser war der Hopfen, der Wildhopfen, der immer schon hier oberhalb des Hofes gewachsen ist. Also oberhalb der Hofstelle da ist so eine Mauer und entlang dieser Mauer, da wächst Wildhopfen und richtig ein schöner Wildhopfen. Und durch diesen sind wir auch ein bisschen auf die Idee gekommen, Hopfen anzubauen und generell die Rohstoffe praktisch fürs Bier, auf die Idee gekommen, dass man sich ein bisschen differenzieren kann von anderen Brauereien, die, ja, alles sozusagen zukaufen und so hat man noch mal ein bisschen ein spezielleres Produkt. Und, ja, der Anbau hat dann prima funktioniert, muss ich sagen, von Beginn an. Weil, wir sind ja auf 960 Meter Höhe, normalerweise sind ja die Anbaugebiete des Hopfen ein bisschen tiefergelegen und dort wird es mittlerweile zu heiß und auch zu trocken für den Hopfen. Da züchten sie ja gerade Hopfen, die hitzebeständig sind, also hitzetolerant und trockenheitsresistent, aber bis jetzt hat es noch nicht ganz so vielversprechende Sachen ergeben. Aber, was will ich sagen, deswegen funktioniert es wahrscheinlich auf dieser Höhe bei uns. Wir sind auch richtig abgeschirmt von allen Seiten, ein richtig gutes Mikroklima haben wir auch für den Hopfenanbau und, ja, eine super Lage, muss man sagen. Also mittlerweile haben wir ja 12 verschiedene Hopfensorten, die wir anbauen, wo man dann richtig spielen kann mit den Bieren, mit den verschiedenen Aromen, die die Aromahopfen bieten. Und auf was wollte ich hinaus, genau, der Hopfen und da ist die Idee entstanden mit dem Wildhopfen auch, der oberhalb vom Hof wächst. Und letztes Jahr erst habe ich etwas ganz Interessantes erfahren von einem 96-jährigen Mann, der dort wohnt, wo wir praktisch unsere Gerste anbauen. Da bin ich mit dem ins Gespräch gekommen und der hat mir erzählt, also das wusste ich alles nicht, der hat mir erzählt letztes Jahr, dass seine Mutter ihm immer erzählt hat, dass der Gregor Stuffer, also das war der Hofbesitzer hier vom Guggenberger Hof, das ist der Opa von meinem Schwiegervater sozusagen, der hat schon um 19., wollte der schon Bier brauen hier auf dem Hof. Und der hat Hopfen angebaut weiter unten, wo es ein bisschen wärmer ist, so 200 Höhenmeter weiter unten, ist so praktisch nahe eines Flussbettes, wo es auch schön feucht ist und warm, wo der Hopfen gut wächst, da hat er Hopfen gesetzt, Hopfen gepflanzt. Und deswegen bin ich mittlerweile mir auch 100 Prozent sicher, dass er, weil er hat ja hier auf dem Hof gewohnt, dass er den Hopfen, den wir als Wildhopfen identifiziert haben, dass der den hier auch gepflanzt hat, bin ich mir jetzt inzwischen sicher.
Markus: Ja, das wollte ich auch gerade sagen, wahrscheinlich sind das eben Reben, die von damals irgendwie noch übriggeblieben sind und sich halt vermehrt haben, toll.
Matthias: Genau und die haben sich vermehrt wahrscheinlich und mit Wildhopfen gekreuzt. Also die schmecken wie Wildhopfen, muss man sagen, die haben das Typische, aber die sind alle anders. Also ich braue auch einmal im Jahr Wildhopfenbier, da gehe ich wirklich von Pflänzchen zu Pflänzchen und suche mir die richtigen aus. Manche natürlich haben das Extreme von Wildhopfen, zum Beispiel Zwiebel-, Knoblaucharoma und das, ja, will man nicht unbedingt im Bier drin haben. Ja, wer es mag, gerne.
Markus: Ja, mittlerweile, in Amerika gibt es so einen Trend, die Leute stehen jetzt irgendwie langsam auf diese Onion-Noten, wer weiß, aber auf jeden Fall spannend. Wie machst du das denn eigentlich, wenn du jetzt diesen Hopfen anbaust und erntest, frierst du den ein oder gibst du den irgendwohin zum Präparieren oder braust du sofort oder wie machst du das?
Matthias: Ja, eine größere Menge verbraue ich sofort als Grünhopfenbier. Also letztes Jahr habe ich gemacht ein New England IPA mit frischem Hopfen, also das heißt Hopfenberg und da gebe ich wirklich eine gewaltige Menge an Hopfen rein. Ich habe das New England IPA so gemacht, dass ich mit Maischehopfung begonnen habe. Heutzutage weiß man ja, dass da die Thiole praktisch eine große Rolle spielen für ein sehr stabiles Hopfenaroma. Es schmeckt ein bisschen anders, aber wirklich interessant. Dann eine große Menge noch mal im Heißbereich, also die Bittere kommt eigentlich nur durch Whirlpool-Gabe, also extreme Menge und dann auch noch mal zu Gärbeginn, direkt zu Gärbeginn Grünhopfen direkt in den Gärtank rein. Also ganz interessant, das Bier ist wirklich sehr interessant geworden und, ja, wiedermal so ein Experiment von mir, so verrückte Sachen. Und natürlich, den Rest vom Hopfen, also das wird alles eingefroren, also getrocknet, vakuumiert und eingefroren und dann kann ich den das ganze Jahr über verwenden. Ich habe da 2 Gefriertruhen voll vakuumiertes Grünzeug, also schaut gefährlich aus.
Markus: Wahnsinn!
Matthias: Also das wird dann so verwendet, genau.
Markus: Cool! Jetzt reden wir die ganze Zeit drüber, ich glaube, du hast dir auch ein Bierchen bereitgestellt, oder?
Matthias: Genau, ich habe es mir jetzt schon aufgemacht.
Markus: Sehr gut, dann erzähl uns doch mal ein bisschen, was du da so im Glas hast.
Matthias: Also ich habe da im Glas unser Lagrinus Sour IGA, also Italian Grape Ale und das Lagrinus Sour, das ist mit 26 Prozent Lagrein-Traubenmost. Ich weiß nicht, kennt man in Deutschland Lagrein, die Weintrinker sicher.
Markus: Also nur die, die in Südtirol waren wahrscheinlich. Ist ja eine ganz tolle Rebe, muss man sagen.
Matthias: Nur die, die in Südtirol waren, genau. Also wirklich eine autochthone Sorte, Lagrein, eine ursprünglich Südtiroler Rotweinsorte und wirklich ein prägnantes Aroma, wirklich eine dunkle Farbe bekommt man zusammen mit dem Lagrein. Und ich habe gerade den neuen Jahrgang im Glas und der ist noch mal ziemlich dunkler als der alte Jahrgang. Also da haben wir jetzt wirklich ein sehr dunkles rot, violett schon fast, würde ich sagen, im Glas, letztes Jahr war es so richtig, ja, so schön rötlich, hellrötlich eher. Und auch reifer schmeckt es, also reife Beerenaromen, dunkle Beerenaromen. Während letztes Jahr so auch rote Johannisbeere dominant war, haben wir heuer wirklich dunkle Beerennoten, auch Blaubeeren und Brombeeren und so weiter, sehr interessant. Also der Lagrinus Sour IGA, mit dem haben wir auch letztes Jahr Gold gewonnen beim Cuver Beer Award in der Kategorie Fruchtbiere, glaube ich, war das. Vielleicht machen sie jetzt eine eigene Grape-Ale-Kategorie, würde ich mal fast schätzen irgendwann oder was würdest du denn sagen?
Markus: Also es würde sich anbieten auf jeden Fall, ja. Also das muss man vielleicht den Hörerinnen und Hörern noch kurz erklären, also das Grape Ale, ich glaube, das kann sich jeder herleiten, das sind eben Biere, die unter Verwendung von Trauben oder Traubenmost oder Traubensaft, also irgendwie eben von der Weinecke inspiriert, hergestellt werden. Und da also gibt es manche Brauereien in Deutschland oder Frankreich oder sowas, die das auch schon länger machen, aber Italien hat da so ein bisschen für sich die Führerschaft genommen und da gibt es auch mit Abstand am meisten natürlich von diesen Experimenten. Und das nennt sich dann eben Italian Grape Ale, deswegen IGA oder IGA dann als Abkürzung. Und, ja, also begleite ich tatsächlich so ein bisschen von Anfang an, als ich das erste Mal bei Birra Dell´Anno war in Rimini vor vielen, vielen Jahren, da kam das gerade auf, da hatten sie das gerade relativ neu auch als Kategorie. Und seitdem hat sich das immer weiter aufgefächert in ein unglaubliche Vielfalt von verschiedensten, ja, Aromen sowieso, aber auch Farben und auch von der Spritzigkeit, vom Alkoholgehalt her. Das ist so eine riesen Spielwiese, wie man eben diese Mischgeschichte zwischen Wein und Bier hin- und herspielen kann und es ist großartig, also ich bin da sehr begeistert, was eben alles geht. Und wenn man dann noch die speziellen Traubensorten nimmt, die dann ja auch wieder ihre Eigenschaften haben, besondere Aromen haben, das gibt dem Ganzen dann immer noch mal was, also ich finde das wirklich faszinieren d. Und natürlich bei euch sowieso da noch mit dem Thema eben vor Ort autochthone Sorten und dann eben alles auch noch, was bei euch entsprechend wächst und entsprechend nachhaltig natürlich auch, kurze Wege, alles, was dahintersteckt, du kennst alle Leute persönlich, die da involviert sind, das ist natürlich wunderbar, auch von der Story her, also das kann man jedem nur empfehlen. Also ich empfehle ja eh jeden sowieso immer, fahr mal nach Südtirol, aber dann eben auch diese Grape-Ale-Geschichte zu erkunden, das ist wirklich super, super spannend und eine ganz neue Welt, also egal, ob man Weintrinker ist oder Biertrinker, es ist was Neues und es macht beiden Seiten eigentlich Spaß. Also ich habe noch keinen gefunden, der das irgendwie nicht gemocht und insofern, ja. Und natürlich, das habe ich vorher vielleicht ein bisschen abgekürzt gesagt, du hast nicht nur 23 gewonnen, sondern natürlich auch schon vorher und auch nachher, also insofern ist das ein Prozess, der sich so ein bisschen durchzieht und das ist natürlich ganz großartig. Und ihr habt auch einen Onlineshop, also wo das IGA allerdings momentan ausverkauft ist, zumindest bis auf eins, glaube ich, eins gibt es, glaube ich, noch, also da kann man sich das aber auch mal Nachhause bestellen. Das werden wir natürlich auch verlinken in den Shownotes entsprechend, weil das schon einfach super spannend ist. Wieso nennst du das denn Sour IGA, also ist da noch mal speziell was, Mikrobakterien dabei oder nennt du es einfach so?
Matthias: Ja, also wir haben das Lagrinus IGA, das ist nur praktisch am Ende des Hopfenkochens, kommt es rein, damit es noch mal leicht mitpasteurisiert und dann wird es vergoren wie ein normales Bier sozusagen. Und das Lagrinus Sour, das wird gemacht mit nichtpasteurisiertem Lagrein-Traubenmost. Und der wird direkt, also nach der Hauptgärung wird das direkt in den Gärtank hineingepumpt und dann kann die Mikroflora praktisch von dem unpasteurisierten Lagrein-Traubenmost noch mal ein bisschen arbeiten. Also deswegen wird es auch leicht sauer, also durch die verschiedenen Mikroorganismen natürlich. Und, ja, da verwende ich aber auch eine spezielle belgische Saison-Hefe, die mir auf, ja, annähernd null Restzucker runterfährt, damit ich dann auch in der Nachgärung, in der Flaschengärung stabil bin, aber die gebe ich erst später natürlich, also um das dann abzuschließen sozusagen. Also da habe ich eine Abfolge von verschiedenen Hefen sozusagen und dann natürlich auch die speziellen Mikroorganismen, die durch den nichtpasteurisierten Lagrein-Traubenmost kommen. Also, ja, ein komplexes Bier, aber für ein Sour-Bier eigentlich nicht extrem komplex, also das kann auch ein normaler Biertrinker auf Anhieb sehr gut trinken. Und sowieso, also Italian Grape Ale, manche sind sehr gut geeignet auch für Nichtbiertrinker, also die sonst eigentlich gar kein Bier mögen, auch Frauen zum Beispiel, die nicht so affin sind. Und da habe ich schon viele Fans jetzt entdeckt, die praktisch mitgeschleift wurden zu einer Bierverkostung bei mir und dann sind sie gegangen als Biertrinker.
Markus: Sehr schön, kommen ganz unschuldig und dann machst du solche Sachen mit denen.
Matthias: Genau, genau. Also denen hat das so gut geschmeckt, also die sagen wirklich, das trinken sie als Aperitif dann auch gerne im Sommer zum Beispiel anstatt eines Hugo oder Aperol Spritz oder weiß Gott was. Ja, wirklich eine tolle Sache und man kann spielen mit der Fruchtsäure, allgemein mit der Säure durch den Traubenmost, man kann eben verschiedene Noten reinbringen, auch durch Hopfen, durch verschiedene Hefen in Kombination eben mit den verschiedenen Weintrauben, also wirklich eine spannende Sache. Mittlerweile brauen wir 6 verschiedene, also weil wir von verschiedenen Kellereien noch Anfragen bekommen haben und dieses Jahr wird es wahrscheinlich noch mehr werden.
Markus: Also das ist total spannend und ich muss sagen, da muss ich unbedingt mal bei euch vorbeischauen. Und das führt auch so ein bisschen zu meiner nächsten Frage, wobei ich vorher noch sagen muss, ich habe mir jetzt natürlich auch ein Bierchen aufgemacht, weil alleine trinkt es sich ja nicht so schön. Und ich habe leider keins von dir, weil ich das noch nicht aus der Flasche hatte bisher, aber ich habe es sehr gut in Erinnerung, weil ich ja oft genug bei dir am Stand war. Aber ich habe mir jetzt hier eins aus der Gegend bei uns besorgt und zwar mal aus der Basilika Vierzehnheiligen hier, da gibt es eine Brauerei Namens Trunk und die machen einen Nothelfertrunk und das ist in dem Fall jetzt ein schönes dunkles Export mit richtig schönen Röstaromen. Ist jetzt auch ein bisschen älter schon, das heißt, es hat auch ein bisschen Alterungsaromen dabei, richtig schönes rundes weiches Bier. Also es fehlt jetzt einfach noch der Schuss Rotwein, dann käme ich vielleicht ein bisschen so in deine Richtung. Aber gut, lieber das Original als eine schlechte Mischung. Aber insofern, also für unseren Zweck auf jeden Fall wunderbar, können wir zusammen anstoßen, mal kurz Prost zwischendurch. Prost! Wunderbar! Ja, was ich nämlich fragen wollte, du hast ja gerade so erwähnt, es kommen Leute zu dir und die kommen ganz unschuldig und dann machst du aus denen Biertrinker: innen. Das heißt, wo kann man dich erleben, also machst du regelmäßig Verkostungen oder gibt es da irgendwie so eine Base sozusagen, wo man dich buchen kann vielleicht auch?
Matthias: Ja, also bei uns auf dem Hof machen wir Bierverkostungen, also mit Hofführung und Brauereiführung zusammen und auch verschiedene Aktivitäten wie eine Art Braukurs. Also das nennen wir gemeinsamer Brautag und da brauen wir zusammen, ja, wir entwickeln sogar das Rezept zusammen und dann brauen wir dieses Bier zusammen, verkosten viele Biere unter dem Tag. Und zum Beispiel gibt es auch die Biererlebniswanderung, die ich mache. Natürlich als Wanderführer bietet sich das an.
Markus: Allerdings, ja.
Matthias: Und wir haben also oberhalb vom Hof, da gibt es ein Hochplateau, das nennt sich Salten und da oben haben wir unsere Almhütte und da wandern wir praktisch hin. Und da gibt es dann die Bierverkostung mit Mittagessen und, ja, anschließend dann wieder gemütlich zurück zu uns auf den Hof. Und, ja, also da könnt ihr einfach anfragen bei mir oder auf unserer Webseite schauen, da haben wir die verschiedenen Tage drin, wo wir diese Veranstaltungen anbieten, die werden wir in Kürze veröffentlichen. Oder auch für Gruppen, private Gruppen ab 8 beziehungsweise 10 Personen bieten wir diese Veranstaltungen an.
Markus: Ja, cool, perfekt, also dann kann man dich ja live erleben. Ist das dann auch für Leute, die vielleicht nicht ganz so auf der sportlichen Seite sind oder sollte man so eine Grundfitness haben?
Matthias: Also bei der Biererlebniswanderung, ja, natürlich passen wir das Tempo an, damit auch nicht ganz so fitte Leute mitkommen können, aber natürlich, ein bisschen sollte man eine Grundfitness mitbringen, damit man zumindest diese 400 Höhenmeter hochkommt. Aber, wie gesagt, alle nehmen gerne Rücksicht und es handelt sich wirklich um eine Genusswanderung, also wenn man halbwegs fit ist und gehen kann, dann geht das auch. Und ansonsten können die, die wirklich Probleme haben oder Verletzungen oder Krankheiten, die können auch mit dem Auto hochfahren, weil sowieso meine Frau und meine Schwiegermutter mit auf die Alm fahren und dort praktisch kochen, dann können die auch mit hochfahren.
Markus: Eben und dort lockt ja dann die große Belohnung in flüssiger und fester Form. Und weil du es gerade sagst, Frau, Schwiegermutter, ihr habt ja auch süße Kinder und so, wie haben die das denn aufgenommen so, als du da mit dem ganzen Bierthema angefangen hast? War das alles easy oder hat man da so ein bisschen gesagt, hm, was der Schwiegersohn da so treibt, wissen wir nicht so recht, wie ging das so?
Matthias: Ja natürlich, am Anfang waren alle skeptisch und das hat sich einfach entwickelt mit der Zeit. Also natürlich nehmen verschiedene kleine Erfolge langsam diese Skepsis weg, wie zum Beispiel eben die Preise, die wir gewonnen haben, auch im Hobbybrauerbereich. Natürlich, es ist nicht einfach, wenn man das ganze Leben zum Beispiel, also der Schwiegervater und die Schwiegermutter, die haben das ganze Leben draufhingearbeitet, hier einen Stadel aufzubauen, um Milch zu produzieren zum Beispiel und so weiter und so fort. Und dann das alles aufgeben müssen sozusagen, ist sicher nicht einfach und einfach diese Änderung und da etwas Neues zu riskieren auch, also da habe ich auch großen Respekt davor und dass sie uns auch diese Chance geben oder gegeben haben, das zu probieren, zu versuchen. Also es hat sich alles entwickelt natürlich und es war sicher nicht so einfach am Anfang.
Markus: Aber hat sich zum Guten entwickelt. Ich finde auch gerade, wenn man sieht, wie dein Schwiegervater da mitaufblüht, wenn er da am Stand steht und sowas, das ist, glaube ich, schon auch toll. Also was einem ja dann auch was gibt und vielleicht Lebensmut, ja.
Matthias: So ist es. Er hat auch immer Spaß, muss ich sagen. Also man sieht es ihm richtig an, dass er auch gerne dabei ist, wenn wir mal irgendwo auf einem Markt sind oder auf einem Festival und so weiter, der hat dann auch richtig Spaß, mit den Leuten zu reden und mal ein oder zwei Bierchen zu trinken. Also mittlerweile, muss ich sagen, macht es denen auch richtig Spaß mitzuarbeiten. Ich bin ja zum Beispiel auch immer bei Abfüllen, sind wir zu dritt. Meistens bin ich da mit meinem Schwiegervater und meiner Schwiegermutter beim Abfüllen, meine Frau muss natürlich auf die Kleinen schauen. Also sie helfen überall wo es geht, beim Anbau, beim Etikettieren, beim Ausliefern des Bieres, also wir werden da richtig unterstützt von allen Seiten. Und das muss auch sein, sonst wäre das alles nicht möglich.
Markus: Wunderbar, also das freut mich auch sehr, dass es ja da eine richtig schöne Wendung eigentlich für die ganze Familie gegeben hat. Du hast vorhin noch erzählt, du machst Molkebier, das haben wir ja auch verkostet letztes Jahr, ich erinnere mich gut. Und ist auch eine Sache, die viel diskutiert worden ist auch schon so ein bisschen in der Fachwelt. Weil, da war ich, glaube ich, vor 2 oder 3 Jahren war ich in Belgien bei einem Kongress und da hat dann so eine junge studierende Startup-Gruppe gesagt, sie hätten das jetzt was ganz Neues entwickelt, man könnte nämlich auch aus Molke Bier brauen und das wäre dann eben ganz besonders nachhaltig. Und dann habe ich eben gemeint, naja, also so ganz neu ist das, glaube ich, nicht, weil das hat man schon zu Kriegszeiten auch gemacht, als man schlicht und einfach Mangel hatte. Und, ja, aber da waren eben die Versuche immer so ein bisschen lala, muss ich sagen. Aber als ich dann bei euch eben am Stand war jetzt letztes Jahr, fand ich das echt großartig und da habt ihr mittlerweile eine ganz schöne Varianz auch mit verschiedenen Molken und so, hast du vorhin schon angesprochen. Wie hat sich das denn entwickelt und worauf muss man denn da so aufpassen, wenn man mit Molke ein Bier brauen will?
Matthias: Also auf die Idee gekommen ist eigentlich der Mann von der Käserei, also der Besitzer von der Käserei. Der hat uns über einen anderen, über ein Restaurant, wo wir ein Bier auch gebraut haben, hat der unser Bier kennengelernt und da wusste er sofort, dass wir die richtigen Ansprechpartner sind, einen Versuch zu wagen sozusagen. Und dann habe ich mit meiner kleinen Versuchsanlage mal einen 20-Liter-Sud probiert. Und eigentlich, das Originalrezept war schon richtig gut, ein paar Sachen waren noch zu verfeinern, zum Beispiel Schaumstabilität oder, ja, die Menge auch an Molke, die man verwendet und so weiter und dann sind wir auch schon gleich auf die große Anlage gegangen. Das Bier kam dann richtig gut an, also richtig gut. Das habe ich zu ein paar Festivals, habe ich mitgebracht, das Bier und das war eigentlich der Renner. Also von überall her haben sie gesagt, der hat das Büffelmolkebier und das müsst ihr probieren und die sind alle zu uns an den Stand gekommen und wollten das Büffelmolkebier probieren. Ja, also Büffelmolke, inzwischen machen wir ein Kuhmolke Wheat Ale, also ein Weizen-Ale. Ein bisschen hopfig, also schöne Noten von tropischen Früchten drin und die Cremigkeit, die schöne, die sowieso auch die Molke mitbringt, aber auch der Weizen, ein schönes süffiges aromatisches Bier, die Frische durch die Kuhmolke. Also inzwischen haben wir ungefähr 60 Prozent Molkeanteil immer bei den Molkebieren dabei. Wir machen ein Büffelmolke-Lager, also ganz normales, stinknormales Lager-Bier mit Büffelmolke. Die Büffelmolke bringt wieder dieses Mundgefühl mit, diese Cremigkeit, aber auch gleichzeitig diese Frische und Eleganz und wirklich ein süffiges Bier auch, ein feines Bier. Und unser Bufasour, also Büffelmolke Sour Ale, finde ich wirklich eine runde Sache, tolle Sache, also das ist schon richtig gut gelungen, muss ich sagen. Also normalerweise hat man ja bei den Sour-Bieren immer relativ Trockenheit dabei und da, bei dem Büffel Sour bringt noch mal die Büffelmolke diese, ja, auch wieder dieses Mundgefühl, diese gewisse Süße, die die Säure kontert. Und durch die Milchsäuregärung, die ich gemacht habe, ein extremes Zitrusaroma, also fast schon wie so eine Limonade, Zitronenlimonade, Grapefruit extrem. Und da spiele ich auch wieder mit dem Hopfen Mandarina Bavaria, der auch wieder diese Noten reinbringt, also brutale Frische und, ja, richtig ein rundes Bier mit den Büffelnoten auch drin, die dann bei der Wärme mehr rauskommen. Und auf was muss man aufpassen, vor allem, wenn man mit Molke braut, ja, also es muss zum Bierstil auch passen. Es gibt ja auch gewisse Bierstile, die mit Milchzucker, mit Laktose gebraut werden, Milkshake IPA oder Milk Stout oder weiß Gott was, also muss auch ein bisschen zum Bierstil passen natürlich von vorneherein schon. Ja, die Qualität der Molke spielt auch eine Rolle. Also viele Molken von größeren Molkereien, die sind, ja, die kommen praktisch her mit Zitronensäure, weil praktisch manche größere Molkereien machen die Mozzarella mit Zitronensäure, also die Säuerung mit Zitronensäure, damit das praktisch ausflockt und die Mozzarella hergestellt werden kann, das, ja, ist für den großen Prozess kostengünstiger und so weiter. Und diese Molke, die ich zum Beispiel verwende, die wird durch natürliche Milchsäuregärung, ja, gemacht, also die Mozzarella selber. Also braucht längere Zeit, braucht Wärme und so weiter, also ein bisschen aufwendiger, der ganze Prozess, aber ganz eine natürliche Säuerung, damit ist die Molke auch entsprechend leicht saurer, also Sauermolke ist das dann. Und, ja, also beim pH-Wert muss man dann auch aufpassen, beim Maischen, also der pH-Wert darf nicht zu niedrig sein dann. Man muss mit dem Brauwasser aufpassen natürlich, weil die Molke schon also Spurenelemente und Salze mitbringt und so weiter, die die Wasserchemie natürlich beeinflussen und das muss man alles berücksichtigen. Man muss sich immer, wenn man ein neues Bier braut, du musst dich beschäftigen mit der Materie, was sind da für Inhaltstoffe drin, wie passt das zum Bierstil, zu den Malzen, die ich verwende, zu den Getreidesorten, die ich verwende, was muss ich machen, damit es mir den Schaum stabilisiert. Genau, also richtig viele Aspekte muss man da berücksichtigen natürlich und, ja oder einfach mal versuchen und dann anschließend wieder verfeinern.
Markus: Und wenn du sagst, 60 Prozent Molkeanteil, heißt das dann, dass die normale Bierhefe mit dem Molkeanteil auch irgendwas anfangen kann?
Matthias: Nein. Ja, was heißt nein, aber wenn man jetzt nur rein auf den Zucker geht, natürlich, Milchzucker kann die normale Bierhefe nicht vergären, nicht verstoffwechseln. Ja, die Hefe aber macht was mit den anderen Mikronährstoffen, die von der Molke kommen, ja, was eigentlich ganz gut ist für die Gärung, weil die Hefe braucht Nahrung, Hefenahrung sozusagen. Also manche Brauereien, die geben ja auch Hefenährstoffe dazu, damit die Gärung gut verläuft, damit die Hefe sich gut vermehrt, damit weniger, ja, Hefefehlaromen entstehen sozusagen. Und da bringt die Molke natürlich auch einiges mit, weil ich ersetze ja praktisch das Wasser mit Molke sozusagen.
Markus: Sehr interessant. Also da muss ich mir das wirklich mal vor Ort anschauen und kann ja jedem nur empfehlen, jetzt wissen sie ja, wo sie hin müssen, wenn sie sich dafür interessieren, das ist echt eine spannende Geschichte. Noch eine Frage vielleicht jetzt, wo wir mal so einen Spezialisten auch haben, wenn du von dem Kastanienbier sprichst, also wir bei uns haben ja so die klassischen Kastanien vorm Haus, die man nicht isst. Die fallen irgendwann runter, die Kinder sammeln die und freuen sich. Aber bei euch schauen die ja ein bisschen anders aus und dann kann man die ja zum Beispiel, wie sagt man, grillen ist vielleicht das falsche Wort, aber halt erhitzen und dann zu Weihnachten stehen die ja bei uns auf dem Weihnachtsmarkt immer rum, isst man total gerne. Aber wie mache ich da draus denn dann jetzt ein Bier? Oder was gibt es überhaupt da für Unterschiede, gibt es da nur eine Sorte, gibt es da verschiedenen Sorten, wie muss man sich diese Welt der Esskastanie so vorstellen?
Matthias: Also Sorten von Kastanien meinst du?
Markus: Ja, also ob es da jetzt halt den Baum gibt und den gibt es halt zehnmal oder ob es da eben verschiedene Sorten gibt, die halt so oder so schmecken oder so.
Matthias: Genau, also da gibt es viele verschiedene Sorten auch. Und hier handelt es sich bei uns um die gelbe Südtiroler Edelkastanie, also eine eigene Sorte auch, die hier wächst und die hier, ja, schon Jahrhunderte vermehrt wurde, veredelt wurde. Und, ja, genau, die lässt sich zum Beispiel besser schälen als die Wildkastanien. Also es braucht auch die Wildkastanien hier, um diese Edelkastanien zu bestäuben. Und im Gegensatz zu den Wildkastanien lassen die sich natürlich besser schälen, die schmecken anders. Und die gelbe Südtiroler Edelkastanie ist wirklich diese autochthone Sorte von hier und überall in Europa, auf der ganzen Welt gibt es verschiedene Esskastaniensorten natürlich. Und, ja, beim Bierbrauen muss man natürlich die Kastanie mitmaischen, also nicht nur zum Schluss zum Beispiel im Whirlpool dazugeben und so weiter, weil man einfach zu viel Stärke auch hineinbringt durch die Kastanie. Also vor allem Stärke ist drin, wie auch im Getreide und das muss natürlich verzuckert werden. Und da verwenden wir Anteile von, ja, ein Drittel zum Beispiel von der Malzschüttung beinhaltet Kastanien. Und diese, ja, praktisch haben wir über Feuer gebraten und dann geschält, alles von Hand geschält, zerkleinert und dann mit eingemaischt. Also richtig eine intensive Arbeit. Also früher gab es ja den Fingerabdrucksensor beim Handy, mittlerweile gibt es ja Face-ID, aber als das noch war, da hat der Fingerabdrucksensor nicht mehr funktioniert, so viel haben wir geschält, die Kastanien.
Markus: Woah, das ist ja mal heftig. Und dadurch, dass das vorher geröstet worden ist, hat man dann auch Röstaromen und solche Dinge dann ins Bier gebracht?
Matthias: Genau und das wollte ich einfach haben. Also natürlich haben wir durch das Feuer die Raucharomatik drin, die Röstaromen, ja, durch das Anbraten, durch das Anrösten, weil eigentlich von der Kastanie selber wenig Aroma ins Bier übergeht, weil die Kastanie selber ist relativ neutral von der Aromatik her. Natürlich, wenn man die Kastanie isst, hat man die Süße und so weiter, aber ansonsten ist das Aroma relativ neutral, wenn man jetzt nicht die Röstaromatik und so weiter von den Kastanien rauskitzelt. Und die Meisten machen ja Kastanienbier mit Kastanienmehl und das Kastanienmehl hat jetzt auch nicht unbedingt brutal viel Geschmack. Ich muss ehrlicherweise sagen, die Meisten machen Kastanienbier schon mit Kastanienmehl, aber bringen den Geschmack, die Nussigkeit eher von den Spezialmalzen in das Bier rein. Und wir versuchen wirklich oder ich versuche wirklich von der Kastanie die Aromen ins Bier zu bringen und das ist nicht so einfach.
Markus: Nee, aber spannend. Auch das gab es bei auch ja am Stand schon und das muss ich dann noch mal intensiver verkosten, wenn ich dann dieses Jahr wieder da bin. Über ein Bier müssen wir auf jeden Fall auch noch kurz sprechen, nämlich das Bier der Biere sozusagen, also der Guggosauerus, der ja auch eine Kooperation in gewisser Weise ist. Vielleicht kannst du uns da noch ein bisschen mitnehmen, also wie kam es dazu, was hat es mit diesem Namen auf sich und was ist das für ein Bier?
Matthias: Ja, der Guggosauerus ist so entstanden mit meinem guten Freund dem Johannes Sauer, alias Bierdoktor. Also den habe ich kennengelernt bei meiner Biersommelierausbildung und, ja, seitdem sind wir eigentlich gute Freunde. Und, ja, bald schon drauf, ich glaube, 2020 oder schon 2019 haben wir den ersten Guggosauerus eingebraut. Ja, ursprünglich eigentlich ein Weizenbock, mittlerweile ist es eine Festweisse geworden, ja, mit knapp über 6% Alkohol. Also ein Weizenbier, das eigentlich ein bisschen stärker nur eingebraut ist mit einer speziellen Weizensorte, die wir auch selber anbauen, zu 50 Prozent. Und, ja, schön kupferfarben, malzig, malzbetont, aber auch Mandarina Bavaria als Abrundung, das noch mal ein bisschen Kontrast bietet zum Malzaroma, das natürlich das schöne brotige intensive Malzaroma, leichte Süße auch und die Frische eigentlich durch die Weizenhefe, die immer auch ein bisschen mehr Säure reinbringt in das Geschehen. Ist jetzt kein Sauer-Bier, was man vermutet bei Guggosauerus. Da haben viele Angst, dass das jetzt ein Sauer wird, aber das ist kein Sauer-Bier, wie gesagt, nur durch den Johannes Sauer heißt das so. Aber so, also die Säure merkt man jetzt nicht, aber leicht sauer, saurer als ein normales Bier und das bringt einfach eine Frische rein, das gegen den Malzkörper ankämpft und die fruchtige Hopfenaromatik vom Mandarina Bavaria. Natürlich haben wir die Hefenoten drin, das Bananige, Nelkige und so weiter, also richtig ein schönes komplexes Weizen mit einem schönen Körper, eine schöne Süffigkeit. Und das brauen wir eigentlich für Weihnachten, da ist ein Dinosaurier vorne drauf, der Guggosauerus mit der Weihnachtsmütze. Und, ja, also wirklich ein tolles rundes Bier, muss ich sagen. Und das Bier hat jetzt schon einige Preise gewonnen, muss ich sagen, also Birra Dell ´Anno auch, haben wir da den dritten Platz gemacht, dann, ja, Gold beim Cuver Beer Award auch. Ja, also das hat uns schon ein bisschen ein paar Welten auch eröffnet sozusagen und, ja, mal schauen, wie es weitergeht mit dem Guggosauerus.
Markus: Was man auf jeden Fall kann, ist dir stundenlang zuzuhören, wenn du ein Bier beschreibst. das ist so schön, das ist großartig, das macht richtig Freude und man kann das miterleben, mitfühlen, mitschmecken, mitriechen, großartig. Also vielen, vielen Dank, das war ein ganz toller Einblick in so ein bisschen deine Welt, in deine Biere, auch ein bisschen in die Philosophie, in die Familie und ich freue mich total darauf, dass dann irgendwann Mal, hoffentlich bald, persönlich auch erleben zu können vor Ort. Und wir sehen uns ja auf jeden Fall wieder dann beim KuBo Award, aber eben, wie gesagt, vielleicht schaffen wir es irgendwie drum rum, wäre cool. Wir werden auf jeden Fall für die Hörerinnen und Hörer alles verlinken, dass sie dich auch finden und dass sie den Shop finden und auch zu euch finden. Und, ja, von meiner Seite aus, ich kann dir noch mal vielen, vielen Dank sagen, ein großes Kompliment machen für alles, was du tust, das ist eine große Freude in jeder Hinsicht vom Bier, aber auch vom Menschen her und das ist, ja, einfach nur wunderbar, vielen Dank an dieser Stelle.
Matthias: Sehr gerne, Markus. Vielen Dank auch dir, hat mich gefreut, mit dir zu plaudern und ein gemütliches Bier zu trinken. Und, ja, hoffentlich sehen wir uns bald und gerne kannst du mal vorbeikommen, du bist auf einen Knödel eingeladen.
Markus: Oder zwei, okay.
Matthias: Oder zwei.
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