Entdecke die faszinierende Welt des Wiener Lagers mit Andreas Urban, Braumeister bei der legendären Schwechater Brauerei! Mit Andreas tauchen wir tief in die Geschichte und das Handwerk hinter einem der traditionsreichsten Bierstile der Welt ein. Er teilt dabei seine spannende Reise von einem Neugierigen der Lebensmitteltechnologie zum Hüter eben dieses Wiener Lagers und erzählt, wie ein fast vergessener Bierstil durch Leidenschaft und Hingabe zu neuem Leben erweckt wurde. Der Braumeister verrät auch, wie Du das beste aus Deinem Besuch in der Wiege des Wiener Lagers machst und wie die Schwechater Brauerei die Bierkultur mit jedem Schluck lebendig hält…
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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute reisen wir in vielerlei Hinsicht an einen wichtigen Ort, einen wichtigen Zeitpunkt auch in der Geschichte des Bieres, denn wir nehmen die seltene Gelegenheit wahr und gehen mal dahin, wo ein Bierstil seinen Ursprung hat. Und das kann man ja nur noch ganz selten tun und es gibt eben einen, nämlich das Wiener Lager. Und dementsprechend ist auch klar, wir sind in Wien, wir sind bei der Schwechater Brauerei und wir sind dort bei Andreas Urban. Wunderbar, schön das du dir Zeit genommen hast! Toll, dass wir auch Biere haben, die wir zusammen verkosten können. Vielleicht stellst und dich einfach mal ganz kurz unseren Hörern selber vor.
Andreas: Ja, ein herzliches Grüß Gott vor den Toren Wiens aus der Brauerei Schwechat. Zu meiner Person, ich habe Lebensmittel- und Biertechnologie an der Universität für Bodenkultur in Wien studiert, Diplomarbeit und Dissertation schon im Bereich Bier gemacht. Und bin aktiv, sage ich mal, seit gut 1992 in der Bierbranche aktiv tätig. Und um einige Jahre zu überspringen, seit gut 15 Jahren hier Braumeister in der Brauerei Schwechat, an der Wiege des Wiener Lagers. Und das, glaube ich, ist ja auch ein großer Punkt, den wir heute behandeln wollen.
Markus: Ja, auf jeden Fall. Und wie gesagt, es ist ja auch nur noch ganz selten möglich, dass man sowas machen kann. Und, ja, da bist du ja quasi schon ein alter Hase, in Anführungsstrichen.
Andreas: Das ist richtig, ja.
Markus: Ja und wir sehen uns ja immer regelmäßig bei Bierwettbewerben, wenn es eben drum geht, Biere zu beurteilen und zu beschreiben. Und, ja und da sind wir eben auch ins Gespräch gekommen. Und ich muss aber sagen, bevor wir zu dem Wiener Lager an sich kommen, vielleicht noch ein bisschen mehr zu dir.
Andreas: Ja.
Markus: Wie bist du überhaupt zu dem Thema Bier gekommen, war das von Anfang klar oder wolltest du Rennfahrer werden?
Andreas: Am Anfang war es nicht wirklich klar. Als ich mit dem Studium begonnen habe, hätte mich eher die Lebensmitteluntersuchung, Lebensmittelkontrolle interessiert. Habe dann auch mal für ein Jahr Praxis gemacht und das war zu einer Zeit, wo die Beamten dort damals noch mit der Polaroid-Kamera Fotos geschossen haben von den gezogenen Lebensmittelproben und einfach nur extrem viel Bürokratie gemacht haben, um die Proben zu beschreiben und dann in die jeweiligen Fachlabors weitergeleitet. Das hat mich dann abgehalten, diesen Weg weiter zu beschreiten. Und wir haben einen Professor für Technologie der Brauerei an der Uni gehabt, der gemeint hat, ja, es gibt auch die Möglichkeit, Diplomarbeit zu machen. Und das habe ich dann gemacht und irgendwie bin ich dann so in dieses Milieu hineingerutscht, was mir sehr gut gefallen hat. Ich habe dann auch damals noch an der Versuchsstation für das Gärungsgewerbe gearbeitet, wo auch die Berufsschule für Brauer und Getränketechniker, damals hat es noch geheißen Brauer und Mälzer, gewesen ist. Habe dort auch unterrichtet und habe die Zeit dann auch nach dem Diplom genützt, die Dissertation dort zu machen. Und so ist man dann irgendwie in diese Branche gekommen und hat sich auch, wenn man so will, in der kleinen Branche präsentiert. Und ich bin dann 1992 damals noch in die Brau AG in Linz, im Headquarter habe ich begonnen, mittlerweile ist es die Brau Union Österreich AG. Und über die Stationen Linz, Headquarter Qualitätssicherung Zentrallabor, dann über die Brauerei Wieselburg, wo ich die Qualitätssicherung geleitet habe und seit Ende 2001 bin ich in Schwechat und eben seit gut 15 Jahren auch Braumeister am Standort. Biersommelierausbildung habe ich gemacht. Wir kennen uns, wie du richtig erwähnt hast, von diversen Judgegings, wo wir bei Bierprämierungen in der Jury sitzen, ob das European Beer Star ist, ob das bei der Brussels Beer Challenge ist oder, ich denke, wahrscheinlich auch wieder in Las Vegas jetzt beim World Beer Cup, der im April ist. Also Bier, wie soll ich sagen, bewegt mich schon. In meinen Adern ist zwar Blut, aber wahrscheinlich auch immer ein moderates Maß an Bier.
Markus: Das hast du schön gesagt. Ja und in Vegas werden wir uns, als so Gott will, auf jeden Fall auch sehen. Also Flüge sind schon gebucht, ich bin sehr gespannt …
Andreas: Ja, genau.
Markus: … war noch nie da, wird sicherlich interessant. Vielleicht noch kurz, wo kommst du ursprünglich her und was gab es da für ein Bier? Und weißt du noch, wie du überhaupt zu dem Thema Bier kamst?
Andreas: Ja, also es ist nicht so, dass ich aus einer Bierdynastie oder Brauerdynastie komme, ich bin quasi ein Quereinsteiger, ich bin der Erste in meiner Generation. Vielleicht auch der Letzte, weil die Kinder sich in andere Richtungen entwickeln, aber ist auch gut so. Ja, das ist eine gute Frage, wenn du mich jetzt nach der ersten Biersorte oder Marke, die ich getrunken habe? Ist natürlich abhängig, ich habe auch während des Studiums praktiziert, zwei Sommer hindurch in der Puntigamer Brauerei in Graz, aber auch in der Brauerei Schwechat. Und, ja, ich kann es jetzt, ehrlich gesagt, das ist eine Schande, aber ich kann es gar nicht sagen, welches Bier zuerst. Aber ich weiß, es war sicher noch, als ich größer geworden bin, war prinzipiell die Flasche. Aber möglicherweise war es vielleicht sogar ein Zipfer oder auch ein Schwechater, ich kann es nicht wirklich sagen.
Markus: Na, ist ja nicht schlimm. Also wahrscheinlich jedenfalls ein helles Bier?
Andreas: Ja, ja, also definitiv. Der Zugang war über ein Märzen oder Lager Bier. Wobei Märzen, muss man sagen für die deutschen Freunde, ist jetzt nicht das Wies´n Märzen, sondern unser österreichisches Märzen, wo es ja auch eine eigene Kategorie mittlerweile seit mehreren Jahren beim European Beer Star auch gibt. Das unterscheidet sich von eurem Hellen insofern ein wenig, als es etwas stärker gehopft ist, etwas mehr Alkohol hat um ein paar Zehntel. Ja und das war sicher der erste Schritt, um überhaupt mit dem Biergeschmack und dem Bier was anzufangen.
Markus: Ja und dann kommst du eben zur Wiege des Wiener Lager. Da vielleicht werden wir noch ein bisschen drüber reden. Also wir haben ja grade gesagt, eigentlich das helle Bier vorher schon in Österreich, bei uns ja letzten Endes auch mit dem Thema Pils und dann gibt es eben so einen Bierstil, der ja sogar mit Wien, mit der Hauptstadt von Österreich verbunden ist und der fast von der Bildfläche verschwunden war, der eher in Mittelamerika, in den USA irgendwo noch präsent war, aber eben weniger Zuhause. Wie war das, also als du dann nach Schwechat kamst, war das da schon ein Thema oder hat sich das erst wieder entwickelt, wie war das?
Andreas: Nein, nein, das hat sich wirklich erst entwickelt. Also vielleicht, warum dieser Bierstil mit dieser Bernsteinfarbe verschwunden ist, das war natürlich dann auch dem Umstand geschuldet, dass dann unmittelbar, nachdem Anton Dreher 1841 in diesem Bierstil mit dem Wiener Lager mehr oder minder going public rund um den Erdball gestartet hat, ist da ein Jahr später Josef Groll mit dem Pilsbier, das da noch heller gewesen ist, auf der Bildfläche der Brauer erschienen. Und über die Jahre hindurch sind die Biere dann auch immer heller geworden, sodass dann wir dann eben bei diesem Lager- oder Märzen-Bier oder bei dem Hellen gelandet sind. Und es ist richtig, die einzige Brauerei, wenn man so will, die in Österreich noch ein wenig diesen Wiener-Lager-Bierstil gepflegt hat, aber auch es nicht als solches tituliert hat, war die Brauerei Weitra und da relativ nahe zur Brauerei Zwettl im Waldviertel, also nördliches Österreich. Und richtig, es gab dann auch Theresianer, die haben die italienische Brauerei, die hat auch ein Wiener Lager gehabt, also über Jahre hindurch und in Österreich war es eigentlich komplett verschwunden. Und bei uns war es dann so, dass wir 2016 das aufgegriffen haben, weil das waren dann genau 175 Jahre seitdem Zeitpunkt, wo eben 1841 Anton Dreher, der Ältere, diesen Bierstil mehr oder minder, ja, kreiert, mehrere, sagen wir mal, Einzelteile, ein Mosaik zusammengesetzt hat. Damit meine ich eine neue Mälzungstechnologie, indirekte Beheizung, ich meine untergärige Hefe, damit meine ich auch kalte Gärbedingungen, kalte Lagerbedingungen, lange Lagerung bei kalten Temperaturen. Das alles zusammen hat ja dann den Wiener-Lager-Bierstil geprägt. Ja und eben der Anlass war, 175 Jahre, von 1841 her gerechnet. Und das war dann mehr oder minder der Startschuss, dass wir nachempfunden haben oder wir haben es interpretiert, wie das Wiener Lager, der Wiener-Lager-Bierstil geschmeckt haben muss. Ich muss dazu sagen, es ist leider nicht so, dass wir ins Archiv gegangen sind und irgendwo ein bisschen Staub von Büchern weggeblasen und die Originalrezeptur gefunden haben. Sondern über andere Literaturstellen, Beschreibungen von den Bieren, auch wie die Biere dann bei den diversen Weltausstellungen, sowohl in London als auch Paris, wo immer wieder sehr große Erfolge mit diesem Bierstil gefeiert wurden, Berichte darüber gelesen und eben es jetzt in diese Richtung interpretiert und gebraut. Haben den Herren damit auch, dass dann der Bierstil in Österreich plötzlich wieder en vogue war, ich möchte es nicht verheimlichen, das auch die Kollegen im 16. Bezirk Ottakring mit dem Wiener Original genauso in die gleiche Kerne geschlagen oder gebraut haben und ein paar andere kleinere Brauereien. Bis hin dazu, dass sich auch, seien es Hausbierbrauereien oder auch Hobbybrauer, plötzlich auch wieder mit diesem Bierstil befassen. Und das, finde ich, ist generell sehr gut. Das ist ein toller Beitrag zur Bierkultur und zur Diversifizierung zu den unterschiedlichen Bierstilen. Vielleicht ein Satz da noch zu meiner Person, ich bin auch hier ehrenamtlich Präsident vom Bund Österreichischer Braumeister und Brauereitechniker und da ist mir generell die österreichische Bierkultur, ganz egal ob große, kleine Brauereien, Konzernbrauerei, Privatbrauerei, generell ist mir sehr wichtig, etwas für die Bierkultur zu tun und zu bewerkstelligen. Und, genau, da freut es mich eben, dass es in Österreich selbst wiederdiesen Bierstil gibt. Und wir haben auch ein bisschen damals noch mit Doemens, als dort der European Beer Star abgehandelt wurde und die Kategorien mehr oder minder definiert und festgelegt wurden, ein paar Jahre kämpfen müssen, dass das Wiener Lager zu einem eigene Bierstil, auch eine eigene Kategorie wurde und nicht irgendwo bei dem Amber Lager mit läuft.
Markus: Ja, da habt ihr sehr wohl daran getan. Und ich glaube, es ist auch wirklich wichtig, grade auch für die Brauer eben aus einem Land, dass man so einen eigenen Bierstil hat, so eine gewisse Ikone irgendwie hat, hinter der man sich auch mal versammeln kann. Und ich habe die Diskussion jetzt grade erst miterlebt mir den polnischen Brauern, die eben ihr Baltic Porter haben und ihr Grodiczky haben, worauf sie sehr stolz sind. Was auch dort unheimlich die Euphorie entfacht und man eben da versucht, auch so eine gewisse Identität mit Bier selber zu haben und da ist das natürlich cool. Ich würde, bevor wir es gleich probieren, vielleicht noch kurz in die Geschichte ein bisschen einsteigen und zwar so, ich würde vielleicht ein bisschen erzählen, was ich so aus dem Vorfeld in Erinnerung habe und dann kannst du ja vielleicht ein bisschen erzählen, wie das dann vor Ort in Schwechat so ein bisschen weitergegangen ist. Also im Grunde gab es diese, sage ich mal, Spionagereise, in Anführungsstrichen, von Sedlmayer, Lederer und Dreher. Also interessant auch, ein Österreicher, ein Franke und ein Bayer, die zusammen nach England fahren und nach Schottland und dort eben die Bierkultur unter die Lupe nehmen beziehungsweise sogar unter den hohlen Gehstock, in dem sie Bogen ziehen, in dem sie sich das Ganze anschauen. Und dort war man damals gute 100 Jahre weiter als der ganze Kontinent. Und dieses Wissen nehmen die mit und haben dann an verschiedenen Punkten eben Dinge, wo sie ansetzen können. Einmal natürlich die Technologie an sich, Labortechnik, überhaupt Messungen von Temperaturen, von Stammwürzen, all das.
Andreas: Ja, Saccharomet war die Vorstufe von Saccharomter, ist dann auch schon in England bekannt gewesen, dort war einfach das Zentrum der Bierkultur, der Bierbrauereitechnologie, muss man vielmehr sagen, ja.
Markus: Richtig, genau. Und dann kommen die eben zurück und erfinden aber dann auch eben diese moderne Art des Mälzens. Das heißt, es gibt dann eben diese heutigen Standardmalze, Pilsner Malz, Münchner Malz, Wiener Malz, die sich dann natürlich am Ende auch in einem gewissen Bierstil niederschlagen. Und dann muss man aber noch das Panoptikum sehen vor Ort in Schwechat, wo man dann diese sehr, sehr, für damalige Verhältnisse, moderne Brauerei hat, mit gigantischen Eisweihern, wo dann eben auch entsprechend Eis geerntet wird, um kalt arbeiten zu können. Wo dann später auch die Dampfmaschine steht, eine der Ersten. Also wo man immer vorne dran ist und das weiter entwickelt und da dann eben auch diesen eigenen Bierstil hat. Und das finde ich interessant, wie war das denn so, als der Anton Dreher da zurückkam, wie hat sich das denn vor Ort entwickelt? Und wie sieht es die Brauerei aus der heutigen Perspektive, was da damals in den 1840er-, 50er-Jahren passiert ist?
Andreas: Es wäre schon spannend, könnte man eine Zeitreise machen und sich mit ihm unterhalten, mit Anton Dreher, dem Älteren, wie das gewesen ist. Es war ja so, er kam zurück und hat aber sein ganzes Wissen nicht an die Brauerei rundherum weitergegeben. Und da gab es auch diesen Ausspruch, also quasi Anton Dreher kommt zurück und ist dümmer als zuvor, weil er eben sich nicht so in die Karten blicken ließ. Es sind unterschiedlichste Dinge. Wo bei uns noch ein Holzkühlschiff in Verwendung war, hat er schon das Ganze gesehen und dann aus Metall. Dieser ganze Umstieg von direkte auf indirekte Befeuerung, wie sich das ausgewirkt hat in England im Pale Ale oder bei uns halt dann, dieses Wiener Malz, wo ich nur mit heißer Luft, als Wasserdampf dann ausscheide. Das Malz war viel heller, es ist nicht angebrannt gewesen und nicht diese rauchigen, also brenzligen Röstnoten gehabt. Und was auch noch dazu kam, plötzlich waren dann nicht mehr Tonkrüge aktuell, sondern es waren dann auch Glaskrüge leistbar, ja. Das heißt, wenn ich das Bier im Glas hatte, habe ich die hellere Farbe gesehen. Ich habe auch gesehen, obwohl der Filter noch nicht mehr oder minder erfunden wurde, dass durch die lange kalte Lagerung einfach es zu einem Absetzverhalten von Hefezellen, von den Eiweißpartikeln, von Druckstoffen gekommen ist und das Bier dann auch schon blanker erschienen ist. Und das war natürlich revolutionär und daher auch der große Erfolg. Auch wenn jetzt, wenn wir das Wiener Lager haben und sagen, naja, hell, so wirklich hell ist es ja nicht, es hat ja diese Bernsteinfarbe. Aber im Vergleich zu den Bieren, die früher gewesen sind, die ja fast in Dunkelbraun, Schwarz gegangen sind, war das natürlich ein starker Sprung, wenn man so will. Ja, vielerlei Hinsicht, die Dampfmaschine, das ist richtig. Die Eiskeller, die er angelegt hat. Wo wir quasi Nebenflüsse von der Donau, Seitenarme, wo im Winter das Eis geschnitten wurde, dann im Eiskeller die Eisblöcke gelagert, um halt möglichst, bis hin fast rund ums Jahr brauen zu können. Was ja bei uns schon möglich war, während, wenn ich jetzt an Bayern denke, gab es ja da ein Verbot, dass in der warmen Jahreszeit nicht gebraut werden darf. Wenn ich mich nicht irre, dann zwischen Josefe und Michael, zwischen April und Ende September, da wurde ja nicht gebraut. Dann gab es den Brausilvester am 30. September und dann ging es ja wieder los mit dem neuen Braujahr, wenn man so will. Das hat es bei uns dann nicht so gegeben. Und natürlich auch die, wie soll ich sagen, die Kooperation dann mit Karl von Linde. Und das war aber dann schon sein Sohn, der Anton Dreher, der Jüngere, der aber dann zuerst, und das ist manchmal vielleicht falsch dargestellt, die erste Kältemaschine gab es da nicht in Schwechat, sondern in Triest. Wo dann wirklich der erste funktionierende Maschinentyp also eingebaut oder installiert wurde. Der Grund ist vielleicht auch darin zu sehen, dass allein von der geografischen Lage wohl Triest immer schon wärmere Temperaturen hatte als hier im Wiener Raum. Und dann, eine der nächsten Kältemaschinen gab es dann eben auch hier in Schwechat. Und auch, weil du vorher diese Zusammenarbeit und diese Bierreise, Studienreise angesprochen hast mit Gabriel Sedlmayr primär, das hat ja noch über viele hindurch, gab es ja diese Freundschaft. Und man darf nicht außer Acht lassen, Sedlmayr selbst war ja der eigentlich, der in Auftrag gegeben hat bei Karl von Linde, eine Kältemaschine zu produzieren. Nur er hat dann durch die Rückschläge, die der Karl von Linde hatte, wo dann teilweise Maschinen explodiert sind und, und, und, hat er dann den Geldhahn etwas zugedreht. Aber alles in allem, diese Verbindung hat lange Zeit sehr viele Früchte getragen zwischen dem bayrischen Sedlmayr und dem, ja, bei Wien, in Schwechat befindlichen Anton Dreher oder Anton Dreher, der Ältere beziehungsweise der Jüngere.
Markus: Genau, also in beiden Fällen eben klassische Familiendynastien, die sich mit diesem Thema eben auch auseinandersetzen. Und vielleicht auch für die Hörer, um das noch ein bisschen einzuordnen, Triest, heute Italien, damals aber schon seit zig Jahren, wenn nicht sogar 100en von Jahren, eben österreichisch. Deswegen ganz normal eigentlich für …
Andreas: Ja.
Markus: … für einen Österreicher zu sagen, dann gehe ich eben in die klimatisch sinnvollste Ecke und mache das eben dort. Und natürlich auch eine große Stadt, eine Handelsstadt, eine Hafenstadt mit vielen Leuten, wo natürlich auch wirtschaftlich das sehr interessant war, ne.
Andreas: Das hat ja auch mitgeholfen, dass dann Exporte gestartet sind, nicht nur in ersten Kühlwaggons dann quasi im europäischen Festland, wo Anton Dreher … Wir haben einen noch bei uns unmittelbar vor den Toren der Brauerei stehen, einen Holzwaggon, wo dann Eisblöcke quasi unterhalb des normalen Bodens gelagert waren zum Kühlen des Waggons, wo die Bierfässer drinnen waren. Wenn zum Beispiel jetzt zur Weltausstellung nach Paris die Fässer transportiert wurden, dann ist halt in gewissen Abständen das Eis bei den Bahnhöfen erneuert worden, sodass man wirklich eine, wollen wir es nennen, Kühlkette aufrechtgehalten. Und dieses Wissen hat natürlich nicht nur, ja, also die Geschmackstabilität hat da sehr davon profitiert. So sind dann die Biere auch vor Ort eben, sei es in London bei der Weltausstellung oder auch in Paris, natürlich toll angekommen, keine Frage.
Markus: Ja und vielleicht noch ein Wort zum Sommerbrauverbot, muss man auch kurz, weil ja nicht immer alle Hörer ständig unsere Bücher lesen und sich damit beschäftigen. Es ist aber natürlich eine ganz spannende Geschichte, dass man eben aus dem 16. Jahrhundert das noch in Bayern hatte, dass man gesagt hat, okay, wir brauen wirklich nur zwischen Michaeli und Georgi und dazwischen eben nicht. Und das war ein Gesetz, was tatsächlich bis 1865 in Kraft geblieben ist. Und die Österreicher waren mit Schuld dran, in Anführungsstrichen, dass es dann endlich gefallen ist, weil die eben über die Grenze Bier über Bier exportiert haben im Sommer und die bayrischen Brauer haben immer mehr in die Röhre geguckt. Und haben dann zwar so ein bisschen in so einer bayrischen mir-san-mir-Mentalität die Grenzen etwas verschoben und dann bis im Juni, bis im Juli gebraut, aber war schwierig. Und dann hat man eben in einem großen Prozess, wo man dann auch die Regierung entsprechend unter Druck gesetzt hat, geschafft, dass dann am 19. Mai 1865 endlich das aufgehoben war und dann konnte man quasi auf Augenhöhe sein. Und dann kam natürlich tatsächlich auch relativ bald das Helle auf den Markt und dann waren einfach wieder so ein bisschen gleiche Verhältnisse hergestellt. Aber super spannend.
Andreas: Ja.
Markus: Also Biergeschichte ist ja überhaupt ein unglaublich spannendes Thema, mit dem ich mich sehr gerne beschäftige und weswegen ich auch so große Freude habe, dass wir heute über dieses tolle Thema und über dieses Bier reden können. Wobei wir es vielleicht auch mal trinken sollten.
Andreas: Ja, ja!
Markus: Du hast jetzt ja dankenswerter Weise mir einen Fourpack geschickt, also vier und in dem Fall Dosen von diesem wunderbaren Wiener Lager. Was auch von der Aufmachung her schon wirklich mir sehr gut gefällt. Schöner historischer Schriftzug, man sieht auch den Anton Dreher drauf, 1841, also wie es sich gehört. Und ich mache mal auf. Ich glaube, du kannst es mir gleich tun, oder?
Andreas: Ja. Ich habe mir auch in dem Fall eine Dose hergestellt, weil wir in Schwechat auch das Dosenkompetenzzentrum der Brau Union sind. Gibt aber natürlich das Bier auch im Fass und auch in unserer grünen Nostalgieflasche. Wo wir beginnend eigentlich 1999 unseren Schwechater Zwickl, diese Flasche, diese Nostalgieflasche wieder zum Leben erweckt haben so quasi, die Form spricht den früheren Bierflaschen, wie sie noch in der sogenannten Sturzkiste auch gewesen sind. Das waren Holzkisten, wo mehr als, ich glaube, es waren 26 Flaschen, wo dann auch, um den Platz auszunutzen, ungefähr sechs Flaschen dann über Kopf drinnen waren in der Kiste. Wir haben es bei uns noch am Exkursionsweg, so ein paar Relikte. Ja, ja, aber wie gesagt, um den Postweg auf jeden Fall, dass die Dosen oder das Bier sicher ankommt, habe ich in dem Fall die Dose gewählt.
Markus: Ja, nein, da bin ich dir auch sehr dankbar. Zumal ich sagen muss, also ich habe es ja noch nicht geschafft, vor Ort in der Brauerei zu sein. Ich glaube, es gibt ja auch ein Brauereimuseum …
Andreas: Ja.
Markus: … und so, also das muss unbedingt, steht auf meiner Liste, hoffentlich vielleicht sogar dieses Jahr zu tun.
Andreas: Gern!
Markus: Aber letztes Mal war es eben so, da kam ich vom österreichischen Bierwettbewerb, der da noch in Baden war und hatte ungefähr fünf Minuten auf dem Bahnhof in Wien, um dann weiterzufahren, und bin dann wirklich in den nächsten Kiosk quasi rein gerannt, habe mir diese wunderbare schöne grüne Flasche geschnappt, habe sie bezahlt und bin in den Zug und Nachhause gefahren. Und man muss wirklich sagen, es ist eine tolle Flasche, da hat man auch echt was in der Hand. Ich war am Anfang ein bisschen verwundert, weil die grüne Flasche natürlich immer nicht so vorteilhaft sein kann, aber wenn sie entsprechend gut behandelt, ich habe sie von hinten rausgenommen und bei mir auch schön kühl gehabt und dann auch gleich verkostet, war toll.
Andreas: Ja, ja.
Markus: Trotzdem bin ich jetzt gespannt hier auf die Dose, wie sich das jetzt … Komplett ohne Licht, ja. Hah, ach ist das schön! Also ich muss ja als Bamberger sagen, ich bin ja mit eben eher braunen und dunklen Bieren großgeworden, das ist meine Welt und so schön, also wirklich wunderschön, wie das hier im Glas ist, das macht richtig Lust. Also wir sind bei einer sehr hellen Kastanie oder, man könnte fast sagen, es hat einen Orangestich, also es strahlt mich richtig an.
Andreas: Ja, ja, genau, das ist, was wir auch meinen, der typische orangene Reflex. Und das Ganze, kann man sagen, kommt natürlich nur dann gut zur Geltung, das Bier ist ganz fein filtriert, dann kommt auch dieser orange Reflex oder dieses Feuer sehr gut durch. Auch wenn wir wissen, dass damals eben zu Zeiten von Anton Dreher, die Filtration eigentlich noch nicht gegeben hat.
Markus: Ja und da muss man ja auch sagen, wie du es vorhin schon gesagt hast, ich glaube, das ist vielen Leuten ja nicht bewusst, früher hat man diese Biere ja mindestens drei Monate gelagert, manchmal sogar länger. Und das bedeutet einfach, dass die Hefe sich absetzt und diese Biere waren in der Regel fast blank. Also das wir so filtrierte Biere haben, wie wir das heute so kennen, das ist ja erst im 20. Jahrhundert, hat sich das so durchgesetzt. Insofern, boah, also wunderbar! Es hat auch einen tollen Geruch, muss ich sagen. Also hier die ganze Umgebung hier in meinem kleinen Podcast-Studio, alles riecht so karamellig, nussig.
Andreas: Ja, ja.
Markus: Ein bisschen so nach Toffee.
Andreas: Ja, also diese Karamellnoten, die sind durchaus gewünscht.
Markus: Ja, na hoffe ich doch!
Andreas: Und ich finde, auch wirklich sehr schön. Wir haben einen sehr dichten feinporigen Schaum und der hat da so eine ganz leichte Ocker-Creme-Farbe. Das, finde ich, ist auch, ja, ist ein schönes Gesamtbild. Und wenn du, wie du richtig sagst, trotzdem diese Karamellnote, leichte Malznoten und dann, glaube ich, ist es soweit, dass man auch einen Schluck nehmen sollte.
Markus: Unbedingt, Prost! Also sehr cremig.
Andreas: Ja, es zieht sich, aus meiner Sicht, diese Karamellnote durchaus sehr schön weiter. Es ist, würde ich sagen, typgerechte Vollmundigkeit, nicht übertrieben, aber man merkt schon, es hat einen gewissen Körper mit einer leichten Malzsüße, ohne das es aber wirklich als süß empfunden wird. Und wenn du ein bisschen zuwartest, im Nachtrunk hast du einerseits doch ein bisschen so eine Röstbittere auf der einen Seite, aber auf der anderen Seite, wir verwenden auch als letzte Hopfengabe den Saazer Hopfen. Vielleicht aus dem Grund auch, weil Anton Dreher, der Ältere, auch in Tschechen in der Gegend um Saaz auch Hopfenfelder besessen hat. Also er hat überhaupt viele landwirtschaftliche Betriebe besessen, unter anderen auch einen erstanden eben im Bereich Tschechen, um auch unabhängig zu sein, was den Hopfen betrifft. Er hatte auch landwirtschaftliche Güter gehabt, wo Gerste angebaut wurde. Das heißt, er hat auch versucht, ja, mal sagen, autark zu sein, was die Rohstoffe betrifft, weil er die ganzen Felder und Ländereien besessen hat. Ja und das war so, um das abzuschließen mit dem Saazer Hopfen, um dem Ganzen noch mehr Stimmigkeit oder auch Identizität zu verleihen.
Markus: Ja, also finde ich, merkt man auch so im Nachgang, dieses recht typische Aroma, ein bisschen harzig, klare definierte Bittere, wie man das auch von den Pilsener Bieren zum Beispiel kennt. Und finde ich auch hier wieder historisch natürlich total gut, dass man sagt, okay, man nimmt dann den Saazer Hopfen. Das ist ja so das ursprüngliche Hopfenkulturanbaugebiet, heute Zatec in der Tschechischen Republik eben, wo im Grunde der Kulturhopfen an sich jetzt auch herkommt. Und natürlich haben die dann damals in Österreich, Ungarn, da auch die Qualität gesucht und dann eben auch verwendet für dieses Bier. Und das ist interessant, weil genauso dann auch im Pilsener gelandet ist und dort seine Arbeit verrichtet. Also was ich wirklich total schön finde, ist dieses Schlanke. Also wenn wir hier bei uns so Biere von dieser Farbe haben, dann sind die deutlich süßer und sind deutlich gehaltvoller, haben weniger Karbonisierung, haben weniger Hopfenbittere. Das ist in der Tat ein großer Unterschied, aber man merkt trotzdem, dass eben die Karamellmalze drin sind, so eine leichte Röstmalznote ist dabei. Aber es ist viel leichter, es trinkt sich viel angenehmer. Und die hohe Kohlensäure macht es auch sehr frisch, also gefällt mir gut.
Andreas: Was man auch dazu sagen muss, es hilft natürlich auch etwas, ein gewisser kleiner, aber doch Anteil an Melanoidinmalz, das ja in der Schwenkphase sich länger hält. Ja, also wir sind durchaus zufrieden, dass es sich so darstellt.
Markus: Ja, nee, also wunderbar und kann man, wie gesagt, allen Hörern und Hörerinnen nur empfehlen, dass auch mal zu verkosten, natürlich idealerweise vor Ort oder dann eben auch mal Zuhause, je nachdem.
Andreas: Ich wollte noch sagen, das große Problem ist, dass es leider, und das ist Konzernentscheidung, aber so ist es halt, wenn man zu einem Konzern gehört, muss man schon dazu sagen, leider im Ausland, wenn man so will oder in den nahegelegenen umgebenden Ländern leider nicht erhältlich ist. Also man muss unbedingt in den Wiener Raum fahren, aber es lohnt sich ja sowieso, Wien zu besuchen und Umgebung.
Markus: Absolut! Und, ja, was natürlich auch wunderbar ist, also jetzt von meiner Warte aus gesprochen, es gibt ja einen Zug, der fährt durch, von Nürnberg bis nach Wien. Das ist man, glaube ich, insgesamt vier Stunden unterwegs, das ist gar nicht so dramatisch.
Andreas: Das ist richtig, das ist sensationell. Das habe ich zuletzt erlebt, als ich eben beim European Beer Star, wo die Verkostung eben in Nürnberg war. Es ist unglaublich, das schafft man mit keinem Auto. Also das ist zu empfehlen, mit und ohne Deutscher Bahn.
Markus: Ja, na, manchmal hat man ja die österreichischen Wägen, also es wechselt ja so ein bisschen ab.
Andreas: Ja, ja, es ist mal so, mal so. Auch die österreichische Bundesbahn, ist nicht alles Gold was glänzt.
Markus: Ja, naja, aber ihr habt auch die besseren Speisewägen, dass muss man zum Beispiel auch sagen und das bessere Kaffeeangebot. Aber relativ.
Andreas: Okay.
Markus: Also alle, die mich kennen, wissen, dass ich ein sehr pensionierter Bahnfahrer bin und das kommt mir natürlich tatsächlich unheimlich entgegen. Und insofern, also eine Reise nach Österreich und besonders auch nach Wien ist immer zu empfehlen, ganz grundsätzlich.
Andreas: Ja.
Markus: Was man noch sagen muss, gibt es denn überhaupt irgendwelche historischen Aufzeichnungen, wie diese Biere geschmeckt haben oder welche Rezepturen sie genau hatten oder ist das alles irgendwie weg?
Andreas: Naja, es ist eher, würde ich sagen, nur mehr aus diversen anderen Unterlagen, wo man so daraus schließen kann, wie es geschmeckt haben wird. Wir haben, ehrlich gesagt, keine Unterlagen. Wir haben zwar noch diverse Aufzeichnungen, da aber leider kein Wiener Lager mehr vorgekommen ist. Und was mir aber sehr geholfen hat, einen, den wir, glaube ich, alle kennen, der Conrad Seidl in seiner Funktion als Bierpapst, mit dem ich auch immer wieder Kontakt habe, hat mir eine Ausgabe des Journal of the Society of Arts von 1869 zukommen lassen, wo über das nach London importierte Dreher-Bier berichtet wird. Und da schreiben sie, es sei heller und klar, mit einem kräftigen, dichten Schaum, süß und wohlschmeckender als englische Bier, so wie leicht getreidigen Geschmack. Die Hopfung sei betont und die Bittere mit Fortdauer der Wahrnehmung nach einer Minute zunehmend spürbar. Die Bierfarbe war zwischen Kupfer und einem leichten rötlich-braun angesiedelt. Das Bier, obwohl nicht filtriert, nahezu blank aufgrund der langen kühlen Lagerung. Ich glaube, dem ist gar nicht viel hinzuzufügen. Aber es war leider nicht so, dass wir ins Archiv gingen und die Rezeptur gefunden haben, schade natürlich. Es ist immer so, wenn es zu Übersiedlungen kommt und früher war die Zentrale in Wien direkt auf der Landstraße und wenn dann etwas aufgelassen wird, gibt es leider Leute, die den einfachen Weg wählen, alles wegzuwerfen. Dramatisch vor allem für Bierhistoriker, wie du auch einer bist. Aber, ja, so ist es mal und man muss eben damit zurechtkommen, was man vorfindet. Vielleicht noch erwähnt, du bist ja im Besitz des Buches über die Geschichte der Brauerei Schwechat …
Markus: Ja.
Andreas: .. Wo ich mit anderen Kollegen, Alfred Paleczny und dem anderen Bierhistoriker Christian Springer, ein Buch über die Geschichte der Brauerei Schwechat eben verfasst habe. Und die haben dann doch eine Fülle an Unterlagen geschichtlicher Natur, gar nicht so sehr über den Bierstil, aber über die Entwicklung von Anton Dreher, dem Älteren und seinem Vater noch, wie sie aus Deutschland gekommen sind, wo sie dann in Klein Schwechat sesshaft wurden. Ja, also es ist durchaus spannend. Grad die Rezeptur als solche, mit der kann ich nicht dienen.
Markus: Naja, aber das ging ja schon ziemlich nah. Also man muss ja auch immer vergleichen, wenn das jetzt aus einem englischen Umfeld war, dann hatten die ja zu dieser Zeit ihre Biere zum Vergleich. Und wenn man dann eben …
Andreas: Ja, genau.
Markus: … dann kommt man da ja ziemlich gut mit dieser Beschreibung hin. Vielleicht dieses relativ Süße finde ich ganz interessant. Aber es lag vielleicht einfach daran, dass man damals diese ganz hohen Vergärungsgrade vielleicht so nicht erreicht hat, wie das heute ist.
Andreas: Ja, wird stimmen, ja.
Markus: Ja, aber, ja und was ich auch wichtig finde, ist, Schwechat war ja bis in die 1920er-Jahre oder sowas, war das ja gar nicht Wien, sondern es war eine eigenständige Gemeinde, eine eigenständige Stadt und dann wurde es ja erst zum Wien, oder?
Andreas: Ja, also es war so, Klein Schwechat kam dann zu Wien und wurde erst viel, viel später wieder … also jetzt sind wir lokalisiert zu Niederösterreich. Vieleicht 300 Meter und ich bin schon an der Wiener Stadtgrenze. Wenn ich jetzt von meinem Büro hinausschaue, dann gibt es da vorne die Klederinger Straße, läuft da drüben, das sind vielleicht 70 Meter entfernt, auf der rüberen Seite ist schon Wien. Also wir sind wirklich, drum sage ich immer so gerne, vor den Toren Wiens befinden wir uns.
Markus: Ja und was damit zusammenhängt, ist eben die Frage, dieser Begriff Wiener Lager, ist dann eher ein, ich sage mal, moderner Begriff, also kommt der erst im 20 Jahrhundert auf oder hat man das …
Andreas: Nein, nein, das war schon das Vienna Lager, das ist auch so in dem englischen Artikel von 1869, steht Vienna Lager.
Markus: Ah, okay.
Andreas: Also da waren wir Großraum Wien oder Wien, ja, ja, das ….
Markus: Interessant. Ja und interessant auch, dass ja viele Auswanderer, die da eben aus Österreich ausgewandert sind, ähnlich wie auch Brauer, die eben zum Beispiel aus Deutschland weggegangen sind nach Amerika, dann eben ihre Rezepturen, ihre Hefen mitgenommen haben und dort ihre Biere gemacht haben. Und dass es dann eben in Mexiko, in Texas große, ja, Brauereien gab und bis heute noch gibt, wo mehr oder weniger ein Wiener Lager hergestellt wird …
Andreas: Ja.
Markus: … was dann lange Zeit eben größer war als das eigentliche im Mutterland. Habt ihr da mal Verbindungen irgendwie hergestellt?
Andreas: Nein, nicht wirklich. Es ist zwar auch interessant, dass sich der Name Dreher noch hält, wir kennen es wahrscheinlich alle, die irgendwo in Italien Urlaub gemacht haben. Da gibt es einerseits das Dreher Bier, das aber natürlich eher ein Helles ist. Beziehungsweise in Ungarn gibt es auch noch ein Dreher Bier, wo sogar noch das alte Logo Verwendung findet mit dem weißen Dreieck auf rotem Grund. Aber, ja Kontakt mit Mexiko haben wir aufgenommen, nein. Aber es ist ja generell so, wie du richtig sagst, sind ja viele amerikanische Brauereien so entstanden, dass eben vermutlich, also mehrheitlich deutsche Brauer, ob das jetzt Coors, ob das Miller und so gewesen ist, die sind ja alle, oder Budweiser, Budweiser, aus Deutschland gekommen und haben dort die Bierbranche zum Leben erweckt, wenn man so will. Das wissen ja die wenigstens. Und da gibt es ja in der Brauwelt den Günther Thömmes, der hat sich da sehr verdient gemacht hat und, genau, immer diese Dynastien und Geschlechter, die Wichtigen aus der Braubranche, ja, ermittelt hat, ja.
Markus: Vielleicht nochmal zurück zur Brauerei, ihr macht ja jetzt nicht nur Wiener Lager, also das ist natürlich heute unser Thema und ist auch der große Star für Leute, die sich eben für das Thema Bier interessieren. Was gibt es denn sonst so?
Andreas: Es ist so, unsere Hauptmarke ist natürlich ein klassisches Schwechater, wenn man so will, bei uns heißt es Schwechater Bier, also ein Lagerbier, das die Farbe wie ein Helles hat mit 11,6 Stammwürze und 5,0 Alkohol. Vielleicht dazu gesagt, was wir jetzt im Glas haben, hat 12,8 Stammwürze und 5,3% Alkohol. Wir haben, wie schon vorher kurz erwähnt, als wir über die Glasflasche gesprochen, die Nostalgieflasche, wir haben unser, in einigen Teilen würde man Kellerbier sagen, aber wir sagen, es ist das Schwechater Zwickl, das ist auch der Begriff, der im Osten Österreichs eigentlich der Gängige ist, mit 12,5 Stammwürze und 5,2% Alkohol. Wie gesagt, die Hauptmarke ist das Schwechater Bier, das gibt es mit dem roten Etikett oder die rote Dose. Dann produzieren wir ein alkoholfreies Schwechater, das ist das Schlossgold, eine Marke, wo wir die Lizenz übernommen haben damals noch vom Feldschlösschen von der Schweiz. Die quasi auf gleicher Basis wie ein Clausthaler, nur über das Kältekontaktverfahren, also kurze Kontaktzeit der Hefen mit der Würze, nur ganz wenig Gärungsnebenprodukte, die da zwischenzeitlich entstehen. Kurze Kontaktzeit bei zwei bis fünf Grad vielleicht fünf Tage und dann natürlich entfernen der Hefe, auch schon die Gärung gestoppt. Das ist die Variante, wie wir die beiden Alkoholfreien machen. Sind nicht 100-prozentig alkoholfrei. Aber ich glaube, das ist ja wie bei euch auch, <0,5 maximal =0,5% Alkohol, also das bewegt sich dann tatsächlich irgendwo bei 0,3% und davon wird man sicher keinen Rausch sich anzüchten können. Ja und dann einmal im Jahr und das macht Freude, weil dort sind wir immer etwas kreativ und jedes Jahr etwas anders gestaltet, die Rezeptur, einen Schwechater Zwickl Bock, der nahezu an eure Bezeichnung Doppelbock herankommt, wenn er 17,7 Stammwürze und, sage ich mal, so bei 7,5 bis 7,7% Alkohol hat. Das ist natürlich dann die Königsdisziplin, wo wir auch ein bisschen an der Rezeptur schrauben können. Sonst, muss ich sagen, sind wir natürlich als eine Brauerei, die 1,1, 1,2 Millionen Hektoliter im Jahr produziert und abfüllt, natürlich, was die Kreativität mit kleinen Suden und neuer Sorten, sind wir da etwas eingeschränkt. Aber jeder hat halt seine Berechtigung und ich kann durchaus gut damit leben, die Qualität von Schwechater Bieren hochzuhalten, ohne kreativ sein zu müssen und irgendein Pastry Stout zu kreieren.
Markus: Ja, das stimmt. Und letzten Endes, ich meine, ist ja auch gut, wenn man sich auf das konzentriert, was man schlicht und einfach am besten kann.
Andreas: Ja.
Markus: Und das ist ja auch gut so. Was mich noch interessieren würde, du hast mir ja in der Dose geschickt und bei uns in Deutschland ist das Thema Dose ja, ich würde mal sagen, immer noch so gut wie am Anfang. Also muss man ja sagen, wir hatten ja Getränkedosen bis um 2000, dann sind die mehr oder weniger verschwunden mit der Einführung von unserem Grünen-Punkt-System und dem Pfandsystem für Dosen, dann waren die weg vom Markt, zumindest was das Thema Bier angeht. Und dann kam die Dose langsam wieder über sowas wie Prosecco und so und jetzt feiert sie so ein bisschen Renaissance, weil eben viele grad kleinere Brauereien, Craft-Brauer sagen, es ist einfacher zu verschicken, es ist einfacher zu händeln.
Andreas: Gewichtsstabilität ist natürlich ein ganz enormes Plus und die Geschmacksstabilität damit gegeben ist. Du sprichst da einen Punkt an und stichst in eine furchtbare Wunde, weil, wie du wahrscheinlich weißt, vielleicht ist aus dem Grund die Frage gestellt, mit Anfang, als mit Jänner 2025 wird es auch in Österreich ein Dosenpfand und ein Pfand auf PET-Flaschen geben. Wie sich das entwickelt, ich hoffe, man hat aus, wenn mir jetzt erlaubt ist zu sagen, aus den Fehlern, die gleich bei unseren Nachbaren, also bei euch passiert sind, dass man so ein Pfand nicht beginnt. Aber ich glaube, diese 25 Cent, die sind fix. Man muss auch dazu sagen, dass das Flaschenpfand von ursprünglichen 1 Cent pro Flasche, wird auch auf 20 Cent angehoben, leider nicht ganz auf das Dosenniveau. Ich glaube, das größte Problem ist nicht die Bereitschaft, 25 Cent mehr zu zahlen, weil für die Flasche sind es dann auch 20 Cent mehr, aber du hast Zuhause das Handling. Jetzt muss ich die Dosen aufheben, ich darf sie nicht zusammendrücken, weil irgendwo gibt es eine EAN-Code oder wie auch immer, der dann eingelesen werden muss und erkannt werden muss. Da, glaube ich, also das ist für mich eigentlich der größte Knackpunkt. Aber, ja, mal sehen, es ist, ja, unsere Achillesferse, ja.
Markus: Ja, aber momentan seid ihr schon ein Dosenkompetenzzentrum.
Andreas: Ja, ja. Und es ist auch, in Österreich ist es so, dass wir, was die Dose betrifft, bewegen wir uns so gesamt, was den Gebindemix betrifft, so ungefähr bei, ja, 26, 28 Prozent, also wir nähern uns der 30 Prozent, die in der Dose verkauft werden. Hat natürlich auch noch etwas Aufschwung genommen seit Corona, wo generell der Lebensmittelhandel und der Bierverkauf im Lebensmittelhandel gestiegen ist. Und wie wahrscheinlich generell, in eurem Lande genauso, Gastronomie zurückgegangen ist. Viele, die gemerkt haben, ja, Zuhause Bier trinken ist auch nett. Sie gehen weniger weg, konsumieren weniger. Und ich glaube, Gastronomie ist in all unseren Ländern, ja, geprügelt und täglich sperrt irgendein Wirt zu, ne.
Markus: Ja, das nimmt leider Gottes zu und auch immer mehr Gestalt an, weil es in Europa so ein bisschen zeitversetzt passiert, habe ich den Eindruck. Also aus Irland zum Beispiel kamen ja die ersten Horrorbotschaften schon vor zwei Jahren, dass da mittlerweile jeder vierte Pub geschlossen ist und dieser Trend eben weiter anhält. Und bei uns scheint es langsam auch Realität zu werden. Aber gut, wir müssen sehen, da ist vielleicht auch einiges an Marktbereinigung im Gange, die mittelfristig so oder so passiert wäre, das kann auch sein. Aber auf jeden Fall mahnt es, mit Sachverstand an die Sache ranzugehen. Das Gute, glaube ich, für euch ist, dass die Dose ja nicht von so einem negativen Image kommt wie das bei uns damals war, da war das ja wirklich das Billigbier. Und die Dose war auch damals, ehrlich gesagt, in den 90ern, da hat man noch das Metallische geschmeckt, da war das auch ein dickes Metallding und das hatte nicht das, was heute diese Dosen haben, diese gewisse Eleganz und eben die Geschmacksstabilität. Also insofern, das glaube ich, also da hoffe ich jedenfalls, wünsche ich euch, dass das nicht zu sehr reinhaut.
Andreas: Wegbereiter sind unter anderen, ob bewusst oder unbewusst, einige von den kleineren Brauereien, damit meine ich bis hin zu den Craft-Brewerys. In Österreich die Erste war Bevog, das ist an der Grenze zu Slowenien, also in Radkersburg genau genommen, in der Steiermark. Das war der Erste, der gesagt hat, sein Bier kommt in die Dose. Und gut, von Amerika brauchen wir gar nicht reden, da ist es Gang und Gäbe, das Bier teilweise nur mehr in der Dose ist. Und was mir besonders gefällt, wenn du bei uns dein Bier in einem Siphon abfüllen lässt im Bierlokal, dann haben die dort ihre Dose, wo sie dann sich fast, umgerechnet ungefähr ein Liter Bier abfüllen, je nachdem, was grad on tape ist und dann kommt noch der Deckel drauf, Dosenfalz drauf, zack. Und, ja, es ist einfach, die Lichtundurchlässigkeit und damit eine längere Haltbarkeit, Geschmackstabilität, das kann man nicht leugnen. Und der Eindruck, dass das Bier dann metalisch schmeckt, das ist, ja, hält sich über Generationen, ist aber durch nichts gerechtfertigt. Ein Dreiglas hast, gleiches Bier, Flasche und Dose, wird man nicht signifikant den Unterschied merken.
Markus: Ja, wenn überhaupt dann meistens eher zum Negativen von manchen Flaschen.
Andreas: Wenn es über eine gewisse Lagerzeit geht, ja, genau.
Markus: Also dementsprechend, jede Dose ist ja wie ein kleines Fass. Ja, dann …
Andreas: Genau, ein Nano-Keg.
Markus: Genau. Das ist ja ein schöner Ausdruck, den werde ich mir auf jeden Fall merken. Ja, dann vielen Dank für deine Zeit und die vielen Infos. Vielleicht magst du am Schluss noch einen kleinen Tipp geben, wenn jetzt Leute sagen, sie wollen eben mal zu euch. Was ist die beste Jahreszeit, um bei euch vorbeizuschauen? Gibt es ein paar Tipps drum rum, die du Leuten noch geben würdest, die sagen, sie wollen Wiener Lager erleben?
Andreas: Also wenn es eine Gruppe so ab fünf ist, dann können sie natürlich auch eine Exkursion bei uns buchen, wo sie durchgeführt werden auf den Spuren von Anton Dreher. Und dann nachher auch im Brauhaus unsere Schwechater Triologie, die Hopfenperle, ein filtriertes, quasi pilsartiges Bier, dann eben das Zwickl und das Wiener Lager zu verkosten. Wir haben auch einen schönen Gastgarten bei dem Brauhaus dabei mit aus einer anderen Location stammend, verpflanzten Kastanienbäumen. ja, also ich würde sagen, grade am Wochenende sind keine Führungen, das ist vielleicht ein Manko, aber wenn man in der heißen Jahreszeit, auch an einem Freitag geht es sich noch aus, da wird auf jeden Fall produziert und abgefüllt. Ja, immer eine Reise wert. Und ganz simpel und www.schwechater.at kommt man auf die Website und dann kann man sich schon informieren und Kontakt aufnehmen und eine Exkursion sich organisieren.
Markus: Wunderbar, dann nehmen wir diese Tipp so mit. Und wünsche ich dir heute noch einen wunderschönen weiteren Tag und sage nochmal vielen Dank für deine Zeit.
Andreas: Ja, danke ebenso, hat mich sehr gefreut. Und, ja, dann würde ich schließen mit dem Spruch, Hopf und Malz, Gott erhalt´s. Es hat mich sehr gefreut, bye, bye.
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