Er ist schon einmal komplett um die Welt gereist, von seinem Heimatland Brasilien über Kanada nach Europa, wo Gui Hollanda schließlich an der VLB in Berlin in der Braumeisterklasse landete. Beseelt von der Mission, gutes Bier für die Deutschen zu brauen, zog es ihn an den Rand der bayerischen Alpen ins Blaue Land, wo er den Braukesseln der Murnauer Griesbräu neues Leben einhauchen sollte. Doch dann kam der erste Lockdown – und es sollte noch ein paar Tage dauern, bis der Brasilianer endlich das Brauerpaddel in die Hände nehmen und ans Werk gehen konnte. Das Ergebnis konnte sich sofort sehen und vor allem schmecken lassen – und ist wegen des zweiten Lockdowns mittlerweile auch aus der Dose in Münchner Spezialitätenläden zu bekommen. Im BierTalk erzählt Gui seine Geschichte und von seinem neuen Alltag an der Wirkungsstätte von Gabriele Münter und Wassily Kandinski…
Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750
Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS
Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres BierTalks. Diesmal wieder ein Special, Nummer 19. Ein ganz besonderes, weil wir gleichzeitig in Deutschland sind und ein bisschen auch in Brasilien und uns über viele unterschiedliche Aspekte dieser beiden Welten natürlich unterhalten wollen. Wir, das sind wie immer der Markus und …
Holger: … der Holger.
Markus: Genau! Und wir haben uns diesmal den Gui eingeladen, wobei das ein sehr kurzer Name ist. Eigentlich hat er einen sehr viel längeren Namen, den wird er uns wahrscheinlich gleich noch mal kurz verraten. Gui, vielleicht magst du dich unseren Hörern mal ganz kurz vorstellen.
Gui Hollanda: Servus zusammen! Wie gesagt, mein Name ist Gui. Den ganzen Namen, kann fast kein Deutscher sagen. Deswegen gehe ich immer mit Gui. Der ganze Name ist Guillermi.
Markus: Du bist jetzt in Murnau gelandet, an den Alpen, wo es kalt ist, also ganz anders. Und vielleicht erzählst du mal kurz, wie du als Brauer überhaupt dahin kommst und was dich so bewegt.
Gui Hollanda: Wie ich zum Bierbrauen gekommen bin, das war so 18. Dann bin ich eigentlich nach Europa gekommen, um einen Monat Backpacking durch Europa zu machen. Dann habe ich eigentlich echt gutes Bier hier getrunken in Deutschland, in Belgien, in Niederlanden, in Dänemark. Und ich wollte dieses Bier auch in Brasilien trinken, aber sie waren auch sehr teuer. Und habe ich einen Kollegen von mir gefragt, der (unv. #00:01:25.4#) war, hat gesagt, hey, weißt du, wie man Bier braut? Und ich habe gesagt, eigentlich nicht, aber ich habe schon einen Wochenendkurs für Hobbybrauer gefunden. Willst du mitmachen? Dann haben wir angefangen, so zusammen zu brauen. Ich habe mich entschieden nach dem Gymnasium, dass ich nach Deutschland kommen wollte, um Bierbrauen zu lernen. Dann ich habe so erstmal ein Jahr Deutsch gelernt hier, dann habe ich mein Abi geschrieben, dann war ich sechs Monate in Berlin in der VLB. Da habe ich in der Versuchsbrauerei gearbeitet. Danach habe ich erst mal mit Bierprozess-Technologien angefangen. Dann habe ich zum Brauwesen und Getränketechnologie gewechselt. Und in den letzten zwei Semestern von dem Studium habe ich gewechselt zum Diplom-Braumeister, weil ich bemerkt habe, dass ich kein Brauingenieur sein wollt. Ich wollte eigentlich Bier brauen, in einer Brauerei arbeiten als Baumeister. Und dann habe ich diesen Job hier kurz nach dem Studium gekriegt.
Markus: Das ist ja ganz spannend. Also einsteigen an den Alpen sozusagen. Holger, was sagst du? Traum-Lebenslauf?
Holger: Unbedingt! Ich finde immer toll, wenn man sich aus seiner Komfortzone rauskatapultiert. Und das ist ja hier absolut passiert. Also ihr müsst euch jetzt vorstellen, so ein Land wie Brasilien, vollkommen anders als Deutschland, dann die Sprache hier zu lernen, einfach dieser Wille, hier gutes deutsches Bier zu brauen und das dann einfach auch noch durchzuziehen, ist schon sehr beeindruckend. Du hast ja gesagt, ins kalte Deutschland. Damit meinst du ja jetzt den Winter, aber eigentlich ist ja Murnau eine ganz tolle Gegend, also das blaue Land am Staffelsee. Die Menschen sind ja alles andere als kalt, sondern sind ganz großartig. Du weißt ja, ich bin begeisterter Exil-Oberbayer sozusagen. Meine Eltern wohnen ganz in der Nähe von Murnau und ich bin oft eben auch da in der Region und liebe das. Und Gui, liebst du das auch? Also liebst du auch da diese schöne Landschaft und die Leute? Wie geht es dir jetzt hier bei uns?
Gui Hollanda: Ich (unv. #00:03:25.2#) eigentlich super gerne, dann hier eigentlich in der Mitte von den Alpen und neben dem Staffelsee zu sein, das ist echt voll schön. (unv. #00:03:33.4#) ziemlich entspannten Stammtisch zu setzen mit ganz vielen von unseren Stammgästen zu reden. Und manche von denen kann ich auch nicht so gut verstehen, weil sie eben echt bayerisch reden. Aber ab und zu habe ich dann die Kellner und die Kellnerinnen zum Übersetzen da für mich, weil Bayerisch habe ich noch nicht gelernt.
Markus: Ist die Frage, ob man das überhaupt lernen kann. Gute Frage. Aber bevor wir weiterreden, du hast uns natürlich auch drei tolle Biere geschickt, alle aus deiner Feder schon. Also du bist ja schon über ein halbes Jahr beim Griesbräu. Für alle Hörer, die das noch nicht kennen, es gibt in Murnau zwei Brauereien, das eine ist die Karg Brauerei, die sich eben auf Weißbier spezialisiert, und das andere ist das Griesbräu. Auch eine alte Brauerei, die war zwischendurch mal geschlossen, ist jetzt seit einiger Zeit wieder offen. Eine schöne historische Brauerei, heute eine Gasthaus-Brauerei. Viel natürlich mit Touristen und Wanderern, man kann da auch toll übernachten. Aber eben auch eine ganz spannende Bierpalette und viele Bier-Veranstaltungen, Seminare und Verkostungen und so. Und das ist immer ganz toll, dort zu sein. Du hast uns drei Biere geschickt. Mit welchem wollen wir denn anfangen, Gui?
Gui Hollanda: Ich glaube, erst mal mit dem Grünhopfen-Pils, oder?
Markus: Das können wir gerne tun. Dann machen wir es doch mal auf. Jetzt werden sich die Hörer schon gewundert haben. Das klingt anders, als man das so kennt. Genau, das ist nämlich eine Dose. Aus der fließt allerdings ein wunderschönes Bier ins Glas. Ich nicht, Holger, magst du es uns beschreiben oder wollen wir dem Gui den Vortritt lassen? Das war das erste Grünhopfen-Bier von Griesbräu. Das habe ich mit dem Kollegen von mir von (unv. #00:05:02.6#) organisiert. Wir haben Grünhopfen Diamant gekriegt. Wir sind eigentlich die erste Brauerei überhaupt, um ein Grünhopfen-Bier mit Diamant kommerziell zu machen. Weil ich habe es sofort von dem ersten Bauer, der das letztes Jahr geerntet hat. Das ist ein ganz einfaches Pils mit so ganz leichtem Körper, leicht fruchtig und bitter. Ich habe 11 Kilo Diamant-Hopfen benutzt für die 1000 Liter.
Markus: Und Grünhopfen heißt, ihr habt das direkt vom Feld geholt, oder wie kam das zu euch?
Gui Hollanda: Ja, wir sind erst um 7 Uhr von Murnau losgefahren, sofort zum Hallertau, kurz vor neun waren wir da. Wir haben die 11 Kilo abgeholt und sofort wieder nach Murnau gefahren und gebraut.
Holger: Man muss vielleicht auch noch mal erklären für die Hörer, Grünhopfen-Bier oder in dem Fall Grünhopfen-Kellerpils, was ist da eigentlich los? Wenn man mit Grünhopfen arbeitet, dann holt man den Hopfen ganz frisch vom Bauern direkt vom Feld und bringt den dann so schnell wie möglich in die Brauerei. Und der Schritt der Darre, also die Hopfendolden werden ja geerntet und dann werden die ja getrocknet, und dieser Trocknungsschritt, der fällt weg. Und dadurch, dass man das eben dann von der Pflückung her direkt in die Brauerei bringt, hat man natürlich noch diese ganz frischen, grünen Aromen, die in so einem Grünhopfen eben auch drin sind. Und das ist ein saisonales Bier, gibt’s natürlich immer nur zur Erntezeit. Und dann natürlich mit der Reifung und so, dann ist es meistens so, dass die Biere dann ab November zur Verfügung stehen. Also vielleicht noch mal ganz allgemein erklärt, was ist jetzt so ein Grünhopfen-Bier.
Markus: Danke Holger für diese Erklärung von Grünhopfen. Das ist schon ganz wichtig, das überhaupt mal auf dem Schirm zu haben, wie das funktioniert. Und ich finde, das hat man hier auch sehr schön in der Nase. Das heißt, wir haben eben so richtig schöne grasige, grüne Aromen wie man sich so chlorophyllige Aromen vielleicht auch einfach vorstellt. Und wie man es auch, wenn man andere Grünhopfen-Biere kennt, von denen eben auch kennt. Und spannend ist natürlich der Diamant-Hopfen als neuer Hopfen, der ja so ein bisschen auf dem Spalter-Hopfen basiert. Hat sehr viel Zitrus-Aroma und verstärkt auch nochmal diesen grasigen Eindruck. Sehr, sehr schön umgesetzt. Gui, wieso ausgerechnet dieser Hopfen? Wie kamt ihr darauf?
Gui Hollanda: Mein erster Vorschlag war ein Grünhopfen-Pils mit (unv. #00:07:13.7# Perle?) zu machen. Weil das ist ein traditioneller, ich war nicht ganz sicher, wie würden die Bayern auf ein Pils reagieren, besonders mit dem neuen Hopfen oder so. Aber dann hat der Johann mir so vorgestellt den Diamant und ich fand das Aroma so geil. Und habe ich gesagt: Okay! Das ist ein perfektes Hopfen dafür.
Markus: Und das hat auch ordentlich Bittere, oder Holger? Das macht dir doch Spaß?
Holger: Unbedingt! Das macht mir sehr viel Spaß. Und das Tolle ist ja, dass es schon dazu beiträgt, dass das Bier so richtig schön trocken ist. Aber es beißt eben nicht. Also der Diamant-Hopfen hat eben so eine fruchtige Note, so vor allen Dingen auch eine Zitrusnote. Und der Hopfen beißt aber in der Bittere nicht, aber macht trotzdem das Bier so schön schlank, so wie wir es hier auch im Glas haben. Und es macht natürlich bekanntlich Lust auf den zweiten Schluck. Und Pils, ihr wisst es ja alle, also das ist mein Bierstil. Absolut!
Gui Hollanda: Ist mein liebster Bierstil, besonders Grünhopfen.
Markus: Gibt’s denn in Brasilien Grünhopfen-Bier? Nein, oder? Gibt’s da irgendwo Hopfen?
Gui Hollanda: Brasilien, so die großen Teile von Brasilien ist außerhalb der Region, wo Hopfen eigentlich wachsen kann, vielleicht ganz, ganz im Süden Brasiliens kann man schon, aber soweit ich weiß, es wird nicht gebraut da. Meistens Brauereien in Brasilien können das nicht, kriegen weniger als 24 Stunden, sonst hat schon der Grünhopfen schon sein Aroma verloren, wenn er das nicht (unv. #00:08:32.9#) ist.
Markus: Gui, vielleicht erzählst du uns noch kurz, wie das war. Also du kommst im Juli nach Murnau, dort ist die Brauerei, du musst überlegen, was du für Biere machst. Und wie war das? Hast du einfach losgelegt oder war da schon ein Rezept fertig gelegen und du hast es einfach nur gebraut? Oder hast du ganz neue Sachen entwickelt? Wie müssen wir uns das vorstellen?
Gui Hollanda: In den ersten drei, vier Wochen habe ich nicht gebraut, ich habe es erst mal organisiert, wie ich die Brauerei wollte, so dass ich mich damit verstehen kann. Weil ja der alte Brauer, der war erst mal krankgeschrieben, weil er hat sein Knie verletzt. Ich musste alles dann allein machen. Dann wollte ich erst mal alles in Ordnung haben, wie ich wollte zum Arbeiten. Und dann ein Mitarbeiter von Kaspar Schulz ist zu uns gekommen, hat mir gezeigt, wie die Anlage läuft. Dann habe ich mit ihm (unv. #00:09:17.6#) ein paar Mal gebraut. Und so die Kleinigkeiten von der Lage zu lernen. Ich habe erst mal die alten Rezepte befolgt, weil die Zutaten und Sachen waren ja schon da. Aber ich habe schon das Rezept von allen Hauptbieren schon ein bisschen gewechselt von, was meiner Meinung nach ein bisschen besser schmeckt. Und was ich gehört von unseren Gästen auch, meine Änderungen sind ziemlich gut gekommen für unsere Gäste auch.
Markus: Das hat natürlich dann den Michael und die Barbara, das sind die beiden Chefs, sicherlich auch gefreut, oder?
Gui Hollanda: Ja.
Markus: Dann wollen wir vielleicht das nächste Bier in Angriff nehmen, oder?
Gui Hollanda: Ja, gerne!
Markus: Okay! Dann jetzt das Helle, oder?
Gui Hollanda: Ja.
Markus: Perfekt! Wunderbar! Also auf zu dieser Dose. Na wunderschön! Die Farbe schon mal gefällt mir ganz gut. Das ist so ein, ja, wie soll man sagen, so ein reifes Getreide. Das ist so ein Goldbraun.
Holger: Ich würde sagen, ein sattes Goldorange, oder?
Markus: Ja, oder Goldorange. Genau! Also sehr tolle Farbe. So ein bisschen leicht trüb, sehr geheimnisvoll, leichter Rotstich. Obendrauf schöner, fester, weißer Schaum. Also steht wie eine Eins. Wunderbar! Riechen wir mal rein. Und riecht wie ein ganz klassisches Helles, schön ausgewogen. Auch wieder so leicht grasige Aromen, aber dann kommt auch so ein bisschen Malziges rüber, ein bisschen brotig.
Holger: Ich habe fast so eine kleine Honignote auch, die ich wahrnehme so ganz hinten dran.
Markus: Und im Mund ist auch der Honig noch mal ganz intensiv, finde ich.
Holger: Ja.
Markus: Hm! Ich glaube, auch wieder verhältnismäßig viel Bittere, aber sehr schön mit diesem malzig, Karamell, Honig ausbalanciert, so dass es dann am Ende wieder rund ist. Und sehr angenehm vom Mundgefühl her, sehr weich, samtig. Spannend! Also ein ganz anderes Helles, als man es sich vielleicht vorstellt, aber ein sehr leckeres.
Holger: Unfiltriert. Das muss man vielleicht auch noch mal sagen. Ja, ganz anders, so wie du sagst. Also so eine leichte Hopfenbetonung ist da. Und es ist nicht ganz so langweilig süß, also wenn ich das jetzt sagen darf. Wir flüstern es nur, weil ja das der absolute Bierstil hier ist in der Region, Helles, ne. Und muss ja immer ganz malz-aromatisch und fast süß sein. Aber hier haben wir eine total schöne ausbalancierte Zitrus- und Malzaromen-Kombination. Also mir taugt das sehr. Lecker!
Markus: Wie kam es zu dem Rezept? Ein neues oder gab’s da auch eine Basis?
Gui Hollanda: Ich hatte erst mal ein Rezept von dem Bierstil in der Brauwelt durchgeschaut. Und dann, ich habe so ein bisschen mir auch überlegt, was für ein Malz ich bestellen könnte. Da habe ich von der Liste von den besten Malzen ein bisschen gelesen, (unv. #00:11:47.2#) von dem Geschmack so. Und dann habe ich ein paar neue Malze gewählt. Das ist ein bisschen mehr leicht, aber karamellig. Und dieser (unv. #00:11:55.5#) da sind, weil ich war für meine Meinung nicht so ganz zufrieden mit dem alten Rezept. Das war mir ein bisschen erst mal zu dunkel, ein bisschen zu süß für mich. Ich wollte ein bisschen bitterer haben, weil ich bin so ein (unv. #00:12:07.5#) von Bittere, deswegen das Pils ist mein liebstes Bier.
Markus: Das kann man nur bestätigen, weil ich kenne die Biere ja ziemlich gut. Und das waren vorher im positiven Sinne klassische Gasthaus-Brauerei-Biere. Also ein sehr rundes helles Kellerbier, würde man vielleicht sagen. Und dasselbe dann in einer etwas dunkleren Variante, also gut trinkbar, und natürlich auch für die Touristen und sowas alles schön. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass du als Braumeister gesagt hast, Mensch, da muss ein bisschen eine eigene Note, ein bisschen anderer Charakter rein. Das hast du wirklich gut hinbekommen, weil ich glaube, auf der anderen Seite ist eben diese Drinkabilty, wie die Amerikaner zum Beispiel dazu sagen, immer noch sehr schön erhalten geblieben. Also man hat jetzt einen eigenen Charakter, aber trotzdem eben ein Bier, was sehr schön trinkbar ist. Gerade im Sommer im Biergarten in Griesbräu gibt’s auch eine große Theke mit ganz vielen so frisch gegrillten Sachen und so, und da schmeckt das natürlich wunderbar dazu. Also sicherlich eine ganz spannende Geschichte. Holger, du bist doch so ein Etiketten- und überhaupt Dosen-Aussehen-Spezialist. Was mir auffällt, wenn ich mir die Dose anschaue, da steht ja oben der Begriff Bier in ganz vielen verschiedenen Sprachen drauf, und die zweite Sprache, da steht Manna. Kannst du dir vorstellen, zu welcher Sprache das gehört?
Holger: Manna ist halt Brot, flüssiges Brot. Manna heißt Brot.
Markus: Ach so! Du meinst, da hat man dann praktisch einfach mal das vorweggenommen. Weil ich dachte, so Bayern, Oberbayern, Grundnahrungsmittel Bier, dass man da vielleicht einfach mittlerweile vom Manna spricht. Könnte ja sein.
Holger: Ja, kann sein. Ich kenne Manna, also ich kenne es nur aus der Bibel. Das ist ja das Himmelsbrot. Das war sozusagen die Nahrung der Israeliten, wenn sie auf der Wanderschaft durch die Wüste waren. Ich kenne es nur aus der Bibel eigentlich. Und ich finde es eigentlich cool.
Markus: Gui, vielleicht noch eine Frage: Wie ist es denn, als du in Brasilien erzählt hast, dass du jetzt in Murnau anfängst, wie haben denn so deine Leute, deine Familie, deine Freunde reagiert? Hattest du schon Besuch vielleicht?
Gui Hollanda: Ich bin jetzt in Murnau seit Mitte von der Pandemie, also bis jetzt hat keiner von meiner Familie hier mich besucht. Momentan geht’s nicht.
Markus: Aber hast du ihnen erzählt, wie es ausschaut und wo du jetzt da so bist und vielleicht Fotos geschickt oder so? Wie finden die das?
Gui Hollanda: Ja, das mache ich. Ich gehe ziemlich oft wandern hier. Also ich mache schon viele schöne Fotos von der Region hier und von der Stadt. Das habe ich schon meinen Eltern und meinen Großeltern schon geschickt.
Markus: Und aus welcher Ecke von Brasilien kommst du überhaupt?
Gui Hollanda: Ich komme von der Stadt, die heißt Curitiba. Das ist im Süden, circa 500 Kilometer südlich von São Paulo.
Markus: Ziemlich Richtung Uruguay ist das dann schon fast, oder?
Gui Hollanda: Na ja, zu Uruguay fehlen noch 2000 Kilometer.
Markus: Liebe Hörer, das ist auch so ein Thema. Brasilien, wenn man sich anschaut, das ist so groß wie ganz Europa. Also dementsprechend ist etwas, was da um die Ecke ist in unserer Beziehung, sind gleich ein paar tausend Kilometer.
Gui Hollanda: Ein Bundesland in Brasilien ist ungefähr so groß wie Deutschland.
Markus: Und jetzt schneit’s gerade in Murnau. Ihr habt bestimmt eine Tonne Schnee. Kanntest du das aus Brasilien?
Gui Hollanda: Heute bin ich aufgestanden, das war 30 oder 40 Zentimeter Schnee heute. Alles weiß hier jetzt.
Markus: Das hast du in Brasilien noch nicht erlebt?
Gui Hollanda: Ich habe in Kanada gewohnt, als ich noch im Gymnasium war für ein Austauschjahr. Da habe ich doch viel Schnee schon gesehen. Aber seitdem habe ich auch fast keinen Schnee hier in Deutschland gesehen.
Markus: Nun haben wir noch ein drittes Bier, das ist in einer ganz großen Flasche. Das sind so die Literflaschen, die es auch vom Griesbräu früher schon gab. Da ist ein Weizenbock drin. Vielleicht kurz bevor wir den aufmachen: Wie kam es dazu, dass du den Bock gemacht hast? Oder wann hast du den eingebraut?
Gui Hollanda: Das Weizenbock habe ich Ende Oktober, Anfang November gebraut. Es war eigentlich geplant, unser Weihnachtsbier zu sein, aber wegen dem Lockdown konnten wir das Restaurant nicht aufmachen. Dann habe ich so ganz viel davon in Flaschen abgefüllt, dass wir Weißbier verkaufen konnten. Griesbräu hat pro Jahr circa 14 verschiedene Biere, die gebraut werden. Die drei Klassiker: Helles, Dunkles und Weißbier. Und dann es gibt schon unser Braunbier und Weizenbock, Maibock, Starkbier und Pale Ale, IPAs. Es gab schon früher auch ein (unv. #00:16:08.1#) Stout. Sie haben schon ganz großes Menü da für Bier.
Markus: Wunderbar! Dann lass uns doch den Weizenbock mal aufmachen. Und Holger, magst du vielleicht mal dich dem Bier nähern?
Holger: Ich habe ihn jetzt schon geöffnet und eingeschenkt. Wenn man jetzt so reinriecht und auch sieht, was man im Glas hat, dann ist das natürlich so eine naturtrübe Schönheit. Der Schaum ist feinporig und ist also so ein bisschen beige, würde ich sagen. Also passt sehr gut zur Bierfarbe. Und wenn man reinriecht, dann hat man so schöne fruchtige milde Aromen. Ich würde sagen, auch so ein bisschen Dörrobst da drin, Rosinen ganz stark. Ich trinke mal einen Schluck. Ah ja! Wunderbar! Ein ganz, ganz tolles schönes cremiges Mundgefühl. Wir haben hier eine ganz feine Rezenz. Und natürlich jetzt auch mit 7 % Alkohol gibt das so ein warmes Aroma, vollmundig, ein bisschen habe ich vielleicht sogar eine Lakritz-Note im Hintergrund und so kräutrige Noten. Die machen das Geschmackserlebnis so richtig komplex. Also ich bin verliebt, also wirklich verliebt in diesen Weizenbock. Ganz toll! Gui, also herzlichen Glückwunsch zu diesem tollen Bier.
Gui Hollanda: Danke schön! Wir haben jetzt dieses Jahr, seit ich angefangen habe, ich habe mit meinem Chef schon geredet, ich habe schon (unv. #00:17:30.8#) der zweite Lockdown Ende des Jahres kam, ich habe gesagt, Sie müssen dann mindestens unser Hauptbier in Dosen haben, damit wir das weiter verkaufen können während des Lockdowns. Weil Getränkemärkte sind noch offen im Lockdown, genau wie Craftbier-Shops. Ich habe gedacht, wir können schon mindestens unser Bier weiter verkaufen, dass das nicht einfach in unserem Lager bleibt, weil wir nicht offen sind. Weil ich finde schade, dass besonders mit dem Grünhopfen-Bier, das war genau fertig, als der Lockdown angefangen hat. Und das Weizenbock war ein bisschen später gebraut, dann haben wir die Etiketten noch nicht dafür gehabt. Die Dosen sind schon in München zu finden bei Biervana und Bierothek.
Markus: Das ist sehr gut zu wissen. Also lieber Hörer, da könnt ihr dann gleich schon mal die Bierothek kontaktieren. Da ist natürlich auch die Möglichkeit, dann das Bier auch zu bekommen. Beim Weizenbock finde ich, stört mich die Flasche gar nicht unbedingt, weil das ist ja dann auch so die Portion, die man braucht, um dann damit schön über einen Abend zu kommen. Ich finde auch das Mundgefühl wirklich grandios, also ganz weich, ganz samtig, dann eben Karamell, Rosine, sehr, sehr rund, sehr angenehm. Und auch ein bisschen gefährlich, weil den Alkohol merkt man wirklich erst so, na ja, so nach dem zweiten, dritten oder vierten Schluck. Ich habe auch das Gefühl, du hast da auch wieder mit Hopfen ganz schön gearbeitet, um das hinten raus ein bisschen trockener zu machen. Also gefällt mir sehr gut. Einerseits könntest du kurz was dazu sagen, wie du da den Hopfen im Weizenbock verwendest. Und andererseits vielleicht, wie kommt ihr denn dazu, überhaupt die Dose abzufüllen? Das gab‘s ja früher noch nicht.
Gui Hollanda: Von dem Hopfen-Weizenbock, da sind Brewers Gold als Bittere genutzt und der Tradition als Aroma (unv. #00:19:05.9#)-Hopfen genutzt. Ich wollte so ein bisschen mehr von dieser würzigen Tradition, wie der Name schon sagt, die traditionellen Bieraromen, die ich von früher gewohnt war. Weißbier war nie so mein liebstes Bier. Ich hatte vor meiner Arbeit auch nicht so viel Erfahrung damit zu brauen. Ich habe ganz viele Brauer angerufen und Tipps gefragt und ganz viel darüber gelesen. Dann habe ich mir echt extra Mühe gegeben besonders so ein Weißbier zu entwickeln. Etwas, das echt gut war. Besonders hier in Murnau, wenn die Karg schon hier haben mit einem der besten Weißbiere in Deutschland. Ich war ein bisschen so nervös und da zu Karg zu gehen.
Markus: Und du hast dann dein eigenes Rezept entwickelt da draus sozusagen?
Gui Hollanda: Ja. Dann habe ich so (unv. #00:19:51.7#) Weizenbock habe ich mir ganz viel Mühe gegeben, um ein tolles Rezept zu machen. Weil das von allen unseren Stammgästen und auch unserer Mitarbeiter der liebste Bierstil. Dann habe ich mir extra Mühe gegeben, dass ich ein echt geiles Weizenbock brauen könnte.
Markus: Ja, ist ja auch vollends gelungen. Und wie kam’s zur Dose?
Gui Hollanda: Die Dosen habe ich gedacht, die sind besser für das Bier erst mal, besonders für hopfenbetontes Bier wie das Grünhopfen. Die sind länger haltbar, sie haben keinen Sauerstoff, kein Licht. Und die sind auch schon besser für die Umwelt, weil die Dosen sind schon recyclebar, meistens. Weil die Dosen, die wir gekauft haben, sind schon aus 70 % recycleten Aluminium. Auch zu transportieren, ist auch leichter. Deswegen auch weniger CO2-Emissionen, wenn das transportiert wird.
Markus: Also durchaus auch der Nachhaltigkeitsgedanke. Holger, es ist eine 440-Milliliter-Dose. Das ist jetzt auch so ein neuer Trend. Wie ist denn da so das Echo in München, dass es jetzt keinen halben Liter mehr gibt, sondern 0,44?
Holger: Ich glaube, die meisten haben das noch gar nicht so richtig gecheckt, dass das so ist. Aber die Dose, die kommt immer mehr. Und nach wie vor habe ich den Eindruck, also hier ist es schon so, dass die Dose immer noch so ein bisschen ein Imageproblem hat. Und ich arbeite natürlich dagegen und sage halt auch, was sind die Vorteile der Dose. Aber ich glaube, hier in München ganz speziell mag man es doch so wie man es kennt. Also die Dose ist noch nicht so richtig, hat sich noch nicht richtig durchgesetzt.
Markus: Wobei ich mir denken kann, langsam aber sicher wird einfach die Qualität und der Inhalt überzeugen. Habt ihr selber eine Dosenabfüllung oder macht ihr das bei jemandem, Gui?
Gui Hollanda: Wir haben die Dosenabfüller von True Brew gemietet. Die Jungs sind zu uns gekommen mit einer Palette Dosen und einem mobilen Dosenabfüller. Die haben für uns 2500 Dosen abgefüllt während dem Tag.
Markus: Das ist eine coole Geschäftsidee. Lustigerweise kamen wir da drauf schon, ich glaube es war 2014, in den USA und da haben wir auch Hopfen-Anbaugebiete im Yakima Valley besichtigt und auch einige Brauereien. Und da haben die uns eben erzählt, dass so die ersten anfangen, mobile Dosenabfüller zu haben und fahren dann mit einem Lkw von einer Brauerei zur nächsten und füllen dort vor Ort ab. Da haben wir uns so ein bisschen aus Spaß gedacht, Mensch, das müsste man doch eigentlich in Deutschland machen, müsste funktionieren. Und jetzt irgendwie scheint es jemand umzusetzen. Das finde ich schon eine ziemlich coole Sache. Konntet ihr auswählen, was für Dosen oder hatten die nur diese 440-Milliliter-Dosen?
Gui Hollanda: Die ersten Gedanken von meinem Chef war eine Halbe-Liter-Dose, aber die Jungs von True Brew hatten diese Dose noch nicht im Keller. Dann haben wir uns entschieden für die (unv. #00:22:28.7#) Dosen.
Markus: Ist dann praktisch eine Zwei-Schluck-Dose, könnte man so sagen. Aber nein, ich finde es wirklich eine gute Sache und vor allem, man hat halt einfach immer frisches Bier. Das finde ich auch gut. Das heißt, man kann ja einfach, wenn die Lose lehr ist, die nächste wieder aufmachen. Und es ist ja wie ein kleines Fass. Also deswegen ist das Bier da drin ja auch so gut aufgehoben, weil es da einfach lichtgeschützt ist und sauerstoffgeschützt ist und gut gekühlt und gelagert werden kann. Und das macht natürlich viel, viel Gutes.
Gui Hollanda: Außerhalb (unv. #00:22:54.6#) kriegen wir ganz viel Touristen hier. Und mit dieser Literflasche wie die Literflasche von Weizenbock ist es ein bisschen kompliziert. Wenn sie sie nach Hause nehmen wollen, weil die Flaschen haben schon 3 Euro Pfand drauf und die kann man nicht irgendwo anders zurückgeben, nur bei uns. Und mit den Dosen, sie können schon dann nach Hamburg, nach Berlin fahren und bei ihrem Supermarkt zurückgeben. Das war auch der Vorteil von den Dosen, wir gedacht haben.
Markus: Das stimmt, das ist auf jeden Fall ein großer Vorteil. Dann hoffe ich doch, dass da in diesem Jahr jetzt, wenn der Lockdown dann hoffentlich rum ist und die Saison wieder losgeht und dann vielleicht auch im März, April, Mai die ersten Gäste wieder bei euch im Biergarten sitzen, dass die dann auch ein schönes Erlebnis mit deinen Bieren haben. Dann werden wir dich sicherlich auch mal besuchen und persönlich dann das Ganze verkosten. Auf jeden Fall vielen Dank, dass du uns ein bisschen erzählt hast, einen kleinen Einblick gegeben hast in deine neue Welt. Und wir wünschen dir noch da viel Freude und eine schöne Zeit. Und grüße die beiden Inhaber von uns, die kennen wir gut.
Gui Hollanda: Danke!
Holger: Alles Gute! Und vielen Dank für deine Zeit und die spannenden Berichte. Mach’s gut!
Gui Hollanda: Danke schön! Hat mich gefreut.
BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de