Thomas Raiser wurde quasi in den Hopfenhandel hineingeboren und schlüpfte nach einer Ausbildung auf dem gesamten Globus mit der väterlichen Firma unter die Fittiche des heutigen Branchenprimus BarthHaas aus Nürnberg. Dort ist er heute Verkaufsleiter und Mitglied der Geschäftsführung – und verantwortlich für viele spannende Entwicklungen des Global Players. Dazu gehören neue Hopfensorten genauso wie der Aufbau der Hops Academy und die Analyse der jährlichen Hopfenernte. Deswegen war es genau der richtige Zeitpunkt, kurz nach Ernteabschluss im BierTalk über seine Geschichte und die aktuellen Entwicklungen der Branche zu sprechen – und das Geheimnis des spanischen Hopfenanbaus zu lüften…
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Holger: Herzlich willkommen zum BierTalk Nummer 37! Ein BierTalk der Superlative, weil in Wirklichkeit ist es unser 50. BierTalk. Ihr wisst ja, wir haben unsere Specials und eben 37 BierTalks. Und nicht nur das ist ein Superlativ, nein, fast wäre es Rio Reiser geworden, so ist es Thomas Raiser von BarthHaas. Und am Mikrofon ist der Holger und der …
Markus: Markus.
Holger: So, Thomas, das wäre doch toll, wenn du mal was zu dir sagst.
Thomas Raiser: Ja, Markus und Holger, erst mal vielen Dank für die Einladung. Ich freue mich, dabei zu sein und über Bier mit euch zu reden. Mein Name ist Thomas Raiser, ich bin seit 20 Jahren für Vertrieb und Marketing bei BarthHaas verantwortlich. Wir beschäftigen uns mit der Züchtung, Anbau, Verarbeitung und Vermarktung von Hopfen an die Brauwirtschaft.
Holger: Du bist jetzt gerade in Nürnberg, in Amerika, in Spanien oder sonst wo auf der Welt?
Thomas Raiser: Ich bin üblicherweise sehr viel unterwegs, natürlich in letzter Zeit überwiegend in Nürnberg im Büro. Aber zufälligerweise bin ich heute mal in Mainburg in unserem Mainburger Büro, im Hopfenanbaugebiet Hallertau, weil ich mir einfach auch mal ein paar Hopfensorten dieser Ernte anschauen wollte, ein paar Muster, um einen persönlichen Eindruck zu bekommen.
Holger: Jetzt ist ja gerade die Erntehochzeit, also fast schon zu Ende, aber ich bin gestern auch noch mal durch die Hallertau gefahren im Gebiet von Pfaffenhofen, und es wird immer noch geerntet. Wie war die Ernte denn? Also wie war die 2020er Ernte, seid ihr zufrieden, sind die Bauern glücklich, wie ist das Ergebnis, die Qualität, wie war die Ernte?
Thomas Raiser: Ja, du hast es schon ganz gut zusammengefasst, Holger, wir nähern uns dem Ende. Ich rechne damit, dass diese Woche die meisten Betriebe mit der Ernte fertig werden. Und man kann schon sehr gut eine erste Bilanz ziehen, die Ernte ist sehr anständig geworden. Wir hatten dieses Jahr günstige Bedingungen, nicht zu große Hitzetage, nicht zu viele Hitzetage, genügend Niederschläge, und insoweit ist die Ernte, stellt sich sehr gut dar mit einem guten Ergebnis mit guten Inhaltsstoffen. Die warmen Temperaturen jetzt im September haben dazu geführt, dass der Hopfen sehr schnell gereift ist und die Bestände, die jetzt geerntet werden, die müssen jetzt dringend eingefahren werden, damit keine äußeren Schäden mehr entstehen durch anfängliche Welke und zu starke Wärmebelastung.
Holger: Wir haben ja mehrere Anbaugebiete in Deutschland, und das, was du jetzt gesagt hast, gilt eben für alle Anbaugebiete oder vorrangig nur für die Hallertau? Ist das in Tettnang oder in Hersbruck anders oder kann man sagen, nein, das gilt so für Deutschland?
Thomas Raiser: Das kann man eigentlich für ganz Deutschland gelten lassen. Die Anbaugebiete im Elbe-Saale-Gebiet haben tendenziell etwas weniger Niederschläge bekommen als die in Bayern, aber das ist üblich für diese Region, und die guten Erwartungen treffen für alle Anbaugebiete in Deutschland zu.
Holger: Gibt es neue Hopfenarten, spannende Sorten, wo du sagst, Mensch, da kann sich die Bierwelt schon darauf freuen?
Thomas Raiser: Aus Deutschland gibt’s dieses Jahr keine neue Sorte im Markt. Vor zwei Jahren wurden die Sorten Callista und Ariana in den Markt gebracht, die jetzt sozusagen das erste Mal in einem Vollertrag stehen und die sich zunehmender Beliebtheit erfreuen. Was es Neues gibt, kommt aus Übersee, aus Amerika, eine Sorte namens Talus.
Holger: Und was zeichnet diese Sorte aus?
Thomas Raiser: Geht auch wieder in die Richtung fruchtige Aromen mit tendenziell Noten von Ananas und etwas Grapefruit.
Holger: Ah ja, sehr interessant, sehr interessant. Markus, du warst ja heute oder heuer sozusagen in Hüll, dem Forschungszentrum, und hast da dich ja auch schon mit der Ernte und mit diesem Jahr und mit dem Hopfen beschäftigt. Was waren deine Eindrücke?
Markus: Ich war fasziniert mal wieder, wie die ganze Region eigentlich von dem Thema Hopfen erfüllt ist. Also man kommt an, selbst auf der Autobahn schon, wenn man das Fenster aufmacht, es riecht alles nach Hopfen. Im Hotel eben auch, wenn man dann früh am Morgen aufmacht, das ist ein einziger Hopfenrausch, könnte man fast sagen. Man hört überall die Pflückmaschinen und die Erntemaschinen und es ist also wirklich alles am Arbeiten. Sehr, sehr spannend. Und wenn man dann in den Betrieben ist, sieht man natürlich, wie auch da noch sehr viel Handarbeit ist und wie einfach wirklich die Pflanzen dieses Jahr tatsächlich richtig gut gediehen sind. Also richtig schöne große Dolden und wir haben sehr, sehr viele eben auch bonitiert. Und da sieht man, dass noch richtig viel Inhalt drin ist, der auch intensiv vom Geruch und so weiter ist. Und wir haben da auch viele relativ neue Sorten bonitieren können, auch so ein paar, die halt aktuell nur eine Nummer sind. Dauert ja dann, bis die dann richtig einen schönen Namen bekommen. Wo jetzt vielleicht sogar Brauversuche an der einen oder anderen Stelle laufen, um zu sehen, ob das irgendwie geht. Ich bin da jedes Mal fasziniert. Also weil das einfach eine der letzten Bereiche, glaube ich, ist, wo man wirklich lernt, mindestens mittel- bis langfristig zu denken. Weil doch bei vielen Sachen ist es ja so, dass wir mittlerweile total kurzfristig sind. Und wenn man überlegt, dass dieses Institut damals gegründet wurde und die ersten 20, 30 Jahre hat es überhaupt kein Ergebnis gebracht. Heutzutage würde man das sofort zumachen und weg damit. Und jetzt profitieren wir halt alle davon, dass, solange das weiterfinanziert wurde und dass man einfach jetzt interessante, spannende, neue Hopfensorten kreieren kann. Und das basiert eben auf so einer langen Forschungsarbeit. Ich glaube, das wissen auch viele draußen nicht, dass es eben bis zu 20, 30 Jahre dauern kann, bis so eine Hopfensorte wirklich vom ersten Versuch bis zur großen Einführung am Markt greifen kann. Und das ist einfach ein langer, langer, langer Prozess, wo man viel Durchhaltevermögen braucht und wo es auch toll ist, dass es Firmen in der Privatwirtschaft gibt wie euch, die das dann eben machen und die dann total kreativ sind. Und vielleicht kannst du uns nachher noch ein bisschen was erzählen, es gibt ja jetzt sogar Hopfen, die eben Aromen, die sonst über die Hefe kommen, machen. Oder Hopfen, die Aromen, die man sonst mit Fasslagerung erreicht, bringen, sodass man wirklich über Hopfen ganz, ganz viel spannende Gerüche und Geschmäcker ins Bier bringen kann. Das begeistert mich immer.
Holger: Aber Bier ist ein gutes Stichwort. Thomas, was hast du dir denn für ein Bier für heute ausgesucht?
Thomas Raiser: Ich habe mir heute ein Bier mitgebracht, das ein Kollege von mir braut, der Mark Zunkel. Der unter einem kleinen Label namens NBG firmiert, für New Beer Generation, oder auch eine Anspielung auf Nürnberg ist, die Stadt, in der er lebt und arbeitet. Und zwar habe ich mir von NBG das Crazy Lazy Hazy mitgebracht. Er bezeichnet das selber als Right Coast Pale Ale, gehört aber in die Kategorie der New England IPAs. Und das ist ein Bierstil, der mir wirklich sehr entspricht und zusagt. Natürlich wird es nicht wundern, dass ich hopfenaffin bin. Was mir bei dem Bierstil besonders gefällt, ist die hohe Drinkability, die trotz der hohen Hopfengaben erhalten bleibt, weil der Hopfen eben überwiegend durch seine Aromen und ätherischen Öle zur Geltung kommt und nicht so sehr durch die Bitterstoffe. Und ich finde dieses Bier einen besonders guten Vertreter seiner Zunft, mit einer ausgewogenen Balance aus Hopfenaromen und den Getreidearomen aus dem Hafer und dem Gerstenmalz.
Holger: Wunderbar! Dann öffne es doch mal, schütte es dir ein und berichte uns, wie es dir mundet.
Thomas Raiser: Danke, gerne. Bevor ich es probiere, kurz eine visuelle Beschreibung. Ist ein trübes Bier, wie es natürlich typisch ist für ein New England IPA. Schöner, etwas großporiger Schaum und hohe Rezenz mit starken Blasenbildungen, die schön emporsteigen und eben die Schaumkrone halten. Jetzt gehen wir mal an die Sensorik. In der Nase kommen natürlich sofort die fruchtigen Aromen des Hopfens hervor. Erinnert mich stark an Pfirsich, Maracuja, und auch im Trunk hopfenbetont, fruchtbetont, aber ganz samtig weich auf der Zunge, ohne jegliche unangenehme Bittere im Abgang. Einfach ein für mich sehr schön ausbalanciertes IPA und durch die Version New England Style eben auch sehr weich und samtig im Gaumen. Wunderbares Produkt.
Holger: Sehr schön, das hört sich gut an. Das ist ja klar, dass so eine Firma wie deine Firma und du natürlich im Besonderen als Vertriebsleiter dann Brauereien sehr gut findet, die natürlich richtig Hopfen verwenden, also Menge verwenden. Soviel ich weiß, der Mark Zunkel ist ja eigentlich ein Amerikaner sogar, oder?
Thomas Raiser: Ja richtig, Holger, der ist Amerikaner. Der ist aber in den frühen 2000er Jahren nach Deutschland gekommen und hat in Weihenstephan seinen Diplom-Brauingenieur absolviert. Wir wurden damals auf ihn aufmerksam, als er in Weihenstephan studiert hat und sind mit ihm ins Gespräch gekommen. Und er hat uns eigentlich damals gesagt, er würde gerne in Deutschland bleiben, leben und arbeiten. War auch damals schon mit seiner heutigen Frau befreundet. So haben wir zueinander gefunden und der Mark arbeitet heute bei uns in der technischen Beratung und Produktneuentwicklung. So als Hobby nebenher macht er Bier ab und zu unter diesem Etikett NBG, wie gesagt.
Holger: Klassischer Gypsy Brewer, könnte man sagen, ne?
Thomas Raiser: Richtig.
Holger: Wo wir uns gerade begrüßt haben, bevor wir den BierTalk angegangen sind, da haben wir dich ja gesehen im Bildschirm und du hattest einen ganz tollen Hopfengarten als Hintergrund. Und dann hast du gesagt, das ist eben ein spanischer Hopfen. Und der Markus hat dann noch gesagt, er hätte es sofort erkannt, eben weil überall die Sombreros an den Dolden hängen. Und dann habe ich gefragt, Mensch, also soviel ich weiß, ist ja Hopfen nicht überall anzubauen. Also es gibt auf der Nordhalbkugel so ein Hopfenfenster und auf der Südhalbkugel ein Hopfenfenster. Also grob gesagt, so zwischen dem 35. und 55. Breitengrad. Und dann hat mich das schon sehr gewundert, wie das sein kann in Spanien. Und erklär doch noch mal bitte, warum gibt’s in Spanien Hopfen? Also spanischer Hopfen, das habe ich wirklich noch nie gehört.
Thomas Raiser: Ja, das dürfte viele überraschen. Spanien ist natürlich als Weinland bekannt und auch berühmt, aber in Spanien wird doch auch eine ganze Menge an Bier getrunken, insbesondere in Südspanien. Als damals Franco das Land geführt hat und international unter Druck kam, gab‘s eine Politik, sich von Importen unabhängig zu machen. Was den Franco dazu bewegt hat, seine Brauer zu ermuntern, einen einheimischen Hopfenanbau zu fördern. Es wurde dann damals eine Firma gegründet unter dem Namen Fomento del Lúpulo, was so viel heißt wie, Firma zur Förderung des Hopfens. Und so entstand erst ganz im nordwestlichen Galizien und später etwas südlicher in der Nähe von Leon ein Hopfenanbaugebiet mit ungefähr 500 Hektar Hopfen. Und Spanien, Nordspanien, ist so ungefähr der südlichste Breitengrad, du hast es genau richtig gesagt, 35 Grad Breite ist ungefähr die südliche Grenze, wo Hopfenbau noch möglich ist. Und wir beziehen auch aus Spanien etwas Hopfen.
Holger: Ah ja, sehr spannend. Die Kontrakte, laufen die dann so wie mit den deutschen Hopfenbauern, dass ihr euch das schon sichert, oder wird das ganz individuell vereinbart, weil man da eben schaut, wie ist das dann da mit der Trockenheit? Oder ist es genauso im Einkaufs-Prozedere, wie man es hier in Deutschland auch kennt, dass die Kontrakte eigentlich relativ lange vorher schon gemacht sind und man große Sicherheit hat auf beiden Seiten?
Thomas Raiser: Ja, das System ist vergleichbar mit dem deutschen System. Das heißt, es werden langfristige Verträge abgeschlossen. Das bedingt natürlich, dass man sich einigt auf die Laufzeit und den Preis, aber vom Prinzip her ist es dasselbe. Was in Spanien allerdings stärker ausgeprägt ist als in Deutschland, ist eine Vermarktung über eine gemeinsame Erzeugergemeinschaft, und insofern verhandeln wir überwiegend mit der Erzeugergemeinschaft und weniger mit dem einzelnen Hopfenbaubetrieb, wie das in Deutschland normalerweise der Fall ist.
Holger: Ah ja, sehr interessant. Markus, was hast du uns denn mitgebracht für den BierTalk?
Markus: Ich habe mir natürlich auch gedacht, wenn es um den Hopfen geht, dann braucht man natürlich ein hopfenbetontes Bier. Habe allerdings mir gedacht, man muss ja nicht unbedingt in der englischen Ecke bleiben, also von den Bierstilen her, deswegen könnt ihr jetzt mal vielleicht am Aufmachen erraten, was es vielleicht ist.
Thomas Raiser: Ein Bügelverschluss.
Markus: Nein, ein normaler Kronkorken.
Holger: Nein, ich glaube, ein Kronkorken-Verschluss.
Thomas Raiser: Okay!
Holger: Und dann, was ist dann passiert? Viel Schaum höre ich da, viel Schaum? Markus, du musst uns schon ein bisschen helfen.
Markus: Ja, ja, ich versuche gerade, das Bier so nahe wie möglich ans Mikrofon zu halten, weil es tatsächlich sehr viel Schaum hat, sehr viel Kohlensäure, ordentlich prickelt und brummt und macht und tut. Im Glas selber habe ich eine goldgelbe, hellgoldgelbe Farbe. Es ist fast klar, der Schaum steht immer noch wie eine Eins, also ein sehr, sehr lange, beständiger Schaum. Wenn man rein …
Thomas Raiser: Ein norddeutsches Pils?
Markus: Nein, also in Deutschland sind wir auch nicht.
Holger: Das würde der Markus auch niemals auswählen, …
Markus: Nein!
Holger: … als Oberfranke ein norddeutsches Pils. Um Gottes Willen!
Markus: Wenn wir jemals einen letzten BierTalk machen, dann werde ich das tun, aber ansonsten nicht. Also von der Nase her habe ich so Limette, Zitrone, Melone, Ananas. Geht aber auch ein bisschen so in Kokosnuss-Ecke. Also ganz spannender Hopfen, ein bisschen Banane kommt dann auch durch.
Holger: Auf jeden Fall ein obergäriger Bierstil, der mit viel Hopfen versehen ist. Es könnte sich vielleicht um ein Maisel‘s handeln irgendwie?
Markus: Nein. Also wir sind nicht in Deutschland, auch nicht vom Bierstil her. Eine Chance gebe ich euch noch. Also es gibt ja noch eine dritte Bierkultur auf der Welt.
Holger: Ah ja, Belgien natürlich.
Thomas Raiser: Belgien. Ja.
Holger: Dann ist es natürlich ein, oh ja, dann könnte es, was könnte es denn sein? Es könnte alles Mögliche sein.
Markus: Es gibt jedes Jahr ein belgisches Bier, was ganz besonders von einem Hopfen geprägt worden ist. Vom Bierstil her ist es ein Strong Blond.
Thomas Raiser: Okay!
Holger: Ja.
Markus: Ich löse es auf. Es ist von Duvel, das Tripel Hop.
Thomas Raiser: Duvel, jawoll.
Holger: Genau!
Markus: Da gibt’s ja eben seit vielen Jahren schon jedes Jahr ein Tripel Hop, das jeweils mit irgendeinem speziellen Hopfen dann nochmal gestopft worden ist. Und in dem Fall ist es der Cashmere Hopfen. Da kommen die Aromen wirklich sehr schön, sehr intensiv. Jetzt muss ich aber mal einen Schluck nehmen. Ganz trocken hier. Also im Mund auch noch mal sehr, sehr fruchtig, sehr intensiv, besonders Ananas und Kokosnuss kommen da sehr schön rüber. Und am Ende auch die 9,5 %, und deswegen ist es ganz gut, dass der Holger heute moderiert, weil ich nicht weiß, wie ich das sonst hier so durchgehalten hätte. Aber ein fantastisches Bier. Also ich finde das ganz toll diese Sache von Duvel, weil die da ja wirklich immer so wie eine Leinwand bieten praktisch, wo dann immer ein spezieller Hopfen draufkommt und sich präsentieren darf. Und das eben mal nicht in diesem klassischen IPA-Umfeld oder im Pils, sondern eben in dem Tripel. Und das dann einfach noch mal durch den hohen Alkoholgehalt wirklich die Aromen richtig schön rausbringt. Also das macht echt Spaß, tolles Bier, kann man nur empfehlen. Aber auch gefährlich, weil auch ganz schlank. Also die Leute merken dann immer gar nicht, ich habe das ab und zu auch in Tastings, da merken die die 9,5 % nicht, die trinken das so wie ein 5 % Bier. Und ungefähr eine halbe Stunde später merkt man es dann. Also das ist dann schon immer sehr, sehr spaßig.
Holger: Da freut sich der Markus. Ja, ja.
Markus: Auf jeden Fall, ja. Ich habe noch eine Frage an dich, Thomas. Ich habe mich auch ein bisschen informiert und wir kennen uns ja auch schon länger und ich weiß, dass du ja sogar mal auf Hawaii warst. Vielleicht, um dich noch ein bisschen näher kennen zu lernen, wie hat es dich denn so in die Bier- und in die Hopfenwelt verschlagen? Und vielleicht auch ein bisschen, wenn du noch zwei, drei Sachen zu BarthHaas sagst, wie sind die mittlerweile aufgestellt? Das war ja eigentlich mal ein kleiner Nürnberger Laden, der viel Konkurrenz in Deutschland hatte, und mittlerweile ist es der weltgrößte Hopfenhändler. Also das wäre spannend, wenn du uns da noch ein bisschen erzählen würdest.
Thomas Raiser: Gerne, Markus. Da kann ich ganz schön weit ausholen. Aber ich bin ehrlich gesagt sehr überrascht, dass du weißt, dass ich mal etwas Zeit auf Hawaii verbracht habe. Das sind schon Details meines Lebens. Aber ich fang mal am Anfang an. Also ich komme auch aus einer Hopfenhandels-Familie. Nürnberg war eigentlich zum Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts Dreh- und Angelpunkt des europäischen Hopfenhandels, ein wichtiger Marktplatz, geografisch günstig gelegen zwischen den Anbaugebieten in Böhmen, den Anbaugebieten rund um Nürnberg, Hersbruck und Spalt, und dann auch zu Hallertau. Und damals gab‘s sehr viele kleine Hopfenhandels-Unternehmen im Nürnberger Raum, unter anderem das meiner Vorfahren, aber auch die Firma Barth kommt aus der Zeit und aus dem Nürnberger Umland. Durch den Zweiten Weltkrieg hat sich die Zahl stark reduziert, aber es gab immer noch eine Reihe von Hopfenhandelsfirmen, die in Nürnberg beheimatet waren. Die dann aber nach und nach verschwunden sind, als sich vor allem die Braubranche in den 80er und 90er Jahren sehr stark konsolidiert hat und immer mehr Großkonzerne entstanden sind, die auch die kleineren Hopfenhändler aus dem Markt gedrängt haben. Meine eigene Familie hat im Jahr 2000 ihr Unternehmen an die Familie Barth verkauft und so bin ich nach zehn Jahren im Unternehmen meines Vaters zur Firma BarthHaas gekommen.
Markus: Wurdest du mitgekauft sozusagen?
Thomas Raiser: Ich wurde sozusagen mitgekauft oder mitverkauft. Ja, das war eine günstige Fügung. Die Firma Barth war damals auf der Suche nach einem neuen Vertriebsleiter und war der Meinung, dass ich da eventuell dazu passen könnte zu dieser Aufgabe. Und so bin ich dazu gekommen. Wie bin ich nach Hawaii gekommen? Das war zur Zeit meiner Ausbildung. Mein Vater hat eigentlich aufgrund seiner Erfahrungen im Hopfenhandel, der schon immer sehr international ausgerichtet war, sehr darauf gedrängt, dass ich eine möglichst breite Ausbildung bekomme, breit im Sinn von, verschiedene Länder und Kulturen kennenlerne und auch Sprachen lerne. Und der hat eigentlich mich dazu animiert, meine Schulausbildung und Universitätsausbildung nicht nur in Deutschland zu absolvieren, sondern etwas internationaler auszurichten. Ich habe in den USA studiert nach meinem Abitur und wollte dann eigentlich noch eine Erfahrung in Asien sammeln. Und da bin ich auf einen Studiengang gestoßen, der von der Universität von Hawaii angeboten wurde, und zwar ein halbjähriges Vorbereitungsstudium auf Hawaii und dann ein halbjähriges Praktikum in Japan. Hawaii war damals und ist immer noch ein Treffpunkt der asiatischen und der westlichen Kultur, sehr stark von Japan geprägt. Das war eigentlich eine optimale Vorbereitung, um dann nach Japan zu gehen und die japanische Kultur und auch Sprache etwas mitzubekommen. Das war also der Hintergrund meines Aufenthaltes auf Hawaii. Und ja, das hat mich auch ganz gut vorbereitet für das Hopfengeschäft, das wirklich sehr international agiert. Aus den zwei großen Anbauländern Deutschland und USA wird Hopfen eigentlich weltweit geliefert, verkauft. Und wir haben es wirklich mit allen Ländern zu tun, in denen Bier hergestellt wird.
Markus: Spannend! Das fand ich jetzt wirklich recht interessant. Und auch wirklich interessant, dass der japanische Einfluss da ja auch immer noch ziemlich stark zu sein scheint. Ich habe noch eine andere Frage, und zwar haben wir vor genau fünf Monaten mit dem Florian Perschel gesprochen und da ging‘s ja gerade los mit dem Thema eben Lockdown und so weiter. Und da habt ihr ja diese tolle Aktion ins Leben gerufen, dass ihr praktisch Hilfe für die Hopfenpflanzer gesucht habt an Leuten, die dann eben helfen, den Hopfen anzuleiten und auf den Feldern eben alles richtig einzurichten. Kannst du da vielleicht kurz ein bisschen erzählen: Wie hat das denn funktioniert? Haben die euch wirklich geholfen? Und ist da jetzt ein Ergebnis zu sehen?
Thomas Raiser: Ja, danke für die Frage. Also wir waren wirklich beeindruckt von der Hilfsbereitschaft, die hier den Hopfenbaubetrieben gezeigt wurde. Wir waren damals wirklich vor der Frage gestanden, wie können die Hopfenbauern, die Arbeitsspitze, die im April entsteht, wenn der Hopfen angeleitet werden muss. Das ist die Phase, wo die ersten Triebe aus dem Boden kommen und man diesen Trieben zeigen muss, wo sie hinwachsen sollen. Man muss die also zwei-, dreimal um den Draht, der bereits aufgehängt ist an dem Gerüst im Uhrzeigersinn herumwickeln, damit dieser Trieb dann weiter diesen Draht hochwächst. Und die schwächeren Triebe müssen abgeschnitten werden. Das ist Handarbeit, da gibt’s noch keine mechanische Lösung dafür. Und nachdem die ganzen Arbeitskräfte, die meist aus Polen kommen, nicht einreisen durften oder auch nicht wollten, aus Angst, in Quarantäne zu kommen, haben wir diesen Aufruf an die Allgemeinheit gerichtet und gesagt: Studenten, Schüler dieser Welt oder Deutschlands, helft uns bitte, helft unseren Betrieben, unseren Lieferanten, diese wichtigen Arbeiten im Frühjahr zu bewerkstelligen. Und die Rückmeldung war phänomenal. Wir haben neben diesen typischen Zielgruppen Studenten auch zum Beispiel viel Zuspruch von Brauereien bekommen, die uns mit ihrem Personal, mit ihren Auszubildenden unter die Arme gegriffen haben. Und wir haben dann letztendlich die Vermittlung übernommen zwischen den Interessenten und den Anbaubetrieben. Und das hat ausgezeichnet funktioniert. Das ist keine ganz einfache Arbeit, das muss man auch erst mal lernen. Sicherlich war die Produktivität vielleicht nicht so groß wie bei einer Kraft, die das schon vier, fünf Jahre gemacht hat, aber die Arbeiten wurden im richtigen Zeitfenster abgeschlossen und das gute Ernteergebnis, das wir jetzt einfahren können, ist dank dieser Hilfsaktion zustande gekommen. Also das war wirklich toll, wie viel Personen, Leute hier Solidarität und Hilfe angeboten haben und gezeigt haben.
Markus: Da nutzen wir doch die Gelegenheit, denen mal gleich auf diesem Wege ein herzliches Dankeschön zu sagen. Wunderbar! Ja Holger, was hast du denn für ein Bierchen?
Holger: Unbedingt! Also bevor ich mein Bierchen verrate, noch auch von mir eine Frage. Ich kann mich entsinnen, du hattest, glaube ich, mal in der Süddeutschen oder so gesagt, 2019, letztes Jahr: Mensch! Wenn jetzt nochmal so eine schlechte Ernte kommt, dann wird es wirklich knapp mit der Menge. Und die Ernte ist jetzt so gut, dass das alles wieder ausgeglichen wird? Oder gibt es immer noch die Herausforderung, dass es so nachhängt, weil eben die Jahre zu 2018 und 2019 nicht so ertragreich waren?
Thomas Raiser: Wir hatten tatsächlich in den letzten fünf Jahren, wenn ich jetzt mal den Zeitraum 2015 bis 2019 betrachte, sehr schwierige Anbaubedingungen. Es war tendenziell immer zu heiß und zu trocken. Und das ist gar nicht gut für den Hopfen. Das ist zwar ganz gut für den Bierkonsum, aber für das Hopfenwachstum eher schädlich. Und die Hopfenwirtschaft ist eigentlich in den letzten Jahren der Nachfrageentwicklung hinterhergelaufen. Man hat immer wieder Flächen ausgeweitet, aber die teilweise schwierigen Bedingungen haben zu unterdurchschnittlichen Ernten geführt. Wir waren tatsächlich immer in einer strukturellen Unterversorgung. Das hat sich mit der Ernte 2020 jetzt komplett gewendet. Auf der einen Seite haben wir dieses Jahr günstige Anbaubedingungen gehabt und wir erwarten eine leicht überdurchschnittliche Ernte. Und haben natürlich jetzt auch das Problem der Auswirkungen der Lockdown-Maßnahmen, die vor allem die Gastronomie und Eventbranche sehr stark getroffen haben, auch Sportveranstaltungen, die ausfallen. Wir rechnen intern in unseren Modellen mit einem weltweiten Rückgang der Bierproduktion von irgendwo zwischen 8 bis 12 % bei einer gleichzeitig sehr guten Ernte. Wir gehen im Moment davon aus, dass der Markt dieses Jahr überversorgt ist.
Holger: Oh, sehr spannend. Mein Gott, also das ist ja wirklich ein Auf und Ab. Und da muss man sich als Handelsunternehmen ja auch irgendwie drauf einstellen. Sehr schwierig. Was habe ich mir für ein Bier ausgesucht? Naja, im Prinzip ganz einfach. Ich lebe ja in München und hier wäre ja das größte Volksfest der Welt, aber es ist ja auch abgesagt. Und aus dem Grund habe ich mir einfach ein Oktoberfest-Bier herausgesucht, um das ein bisschen zu feiern, dass es doch irgendwie hier in der Stadt so viele Orte gibt, wo das Oktoberfest eine große Rolle spielt. Wir haben hier eine Gastronomie-Wiesn, also jeder hat sich irgendwas überlegt und alle sind trotzdem in Tracht da und so. Also irgendwie ist es doch so, dass man in der Stadt merken kann, alle vermissen dieses Fest. Ich mach‘s mal auf. Ihr dürft dann raten, was es für eins ist.
Markus: Eins von sechs.
Holger: Eins von sechs. So! Das ist natürlich kein total hopfenbetontes Bier, hat aber durchaus, ich trinke es mal, ja, also sehr schön, also einen ganz vollen, schönen Körper, und es hat ein sattes Goldgelb. Ist eigentlich ein ausgewogener Geschmack zwischen Malz und Hopfen. Es sind so leichte Aromanoten zu erahnen, so Hopfen-Aromanoten. Aber natürlich ist der Malzkörper voll im Vordergrund. Es ist einfach ein süffiges Oktoberfest-Bier. Und jetzt seid ihr dran.
Thomas Raiser: Oh, du willst es noch genauer.
Markus: Wenn es eher dunkler ist, dann würde ich mal aufs Augustiner tippen.
Holger: Nein! Das ist in dem Fall falsch.
Markus: Okay! Dann bist du dran, Thomas.
Thomas Raiser: Ist es denn ein Vertreter der typischen Wiesn-Festbiere? Oder es gibt ja auch andere Brauereien, die in dieser Zeit Festbiere machen.
Holger: Nein! Es gibt ein sehr großes Festzelt und es ist eine Brauerei, die nicht mehr typisch münchnerisch ist, aber in jedem Fall aufs Oktoberfest gehört.
Thomas Raiser: Ja, also das Löwenbräu ist nicht dunkel, glaube ich, wenn ich es richtig im Kopf habe.
Holger: Das Löwenbräu ist es auch nicht.
Thomas Raiser: Nein, ist es nicht. Also dann würde ich noch eher auf Paulaner tippen.
Holger: Genau richtig. Genau richtig. Ich habe mich fürs Paulaner Oktoberfest-Bier entschieden, weil mir das dieses Jahr ehrlich gesagt am besten schmeckt. Also bei den Oktoberfest-Bieren liebe ich in der Tat so die süffigen Biere und da ist oft dann auch Spaten so mein Liebling. Aber in dem Jahr finde ich, ist es das Paulaner geworden, das finde ich wirklich ganz großartig. Aber alle Oktoberfest-Biere sind zu empfehlen. Also alle geben sich auch wahnsinnig Mühe. Das kann man wirklich so sagen. Jede Brauerei hier und alle Braumeister, die beteiligt sind, die geben alles, weil das einfach auch eine Frage der Ehre ist. Und ich würde vielleicht sogar behaupten, dass die Oktoberfest-Biere vielleicht sogar die besten Lagerbiere der Welt sind, wenn man sie hier frisch genießt und dann auch noch den Festplatzcharakter dazunehmen darf.
Markus: Da bin ich mal gespannt. Ich habe übermorgen ein Tasting, wo ich die auch alle sechs verkosten darf, und dazu noch so ein paar Spezialitäten wie den Triumphator. Das wird auf jeden Fall ein lustiger Abend. Und dann kann ich dir sagen, ob ich das Paulaner auch am besten finde. Auf jeden Fall ist es das, was am meisten getrunken wird. Das ist ja auch schon mal spannend. Ich habe auch noch eine Frage an den Thomas, angeknüpft an das, was du gerade gesagt hast, nämlich dass wir einerseits mehr Hopfen haben, andererseits weniger Bierkonsum. Dafür kriege ich auf der anderen Seite mit, dass es jetzt neue Getränke gibt. Also einerseits so eine Art Hopfenwasser, also Wasser mit irgendwie Hopfen aromatisiert als Getränk, als Limonade in verschiedenster Form, das scheint zuzunehmen. Und auf der anderen Seite kommt aus Amerika diese ganze Hard Seltzer Geschichte, wo es im Grunde darum geht, auch wieder Wasser mit Alkohol und irgendwelchen Aromastoffen zu versetzen. Ist denn das nicht beides auch ein Feld, wo der Hopfen sich dann ein bisschen austoben kann, wenn er schon beim Bier nicht mehr so nachgefragt wird?
Thomas Raiser: Das ist ein Thema, Markus, das uns unheimlich interessiert und an dem wir arbeiten. Wir wollen auch dieses Jahr auf der BrauBeviale, die ja stattfinden wird nach bestem Wissen und Gewissen und aktuellem Kenntnisstand, sowohl eine Hopinade oder Hopinade (englisch gesprochen) als auch ein Hard Seltzer, das mit Hopfenaromen verfeinert ist, vorstellen. Das ist aber wirklich in den Anfangs- und Kinderschuhen. Die Mengen, die da im Moment in diese Richtung verbraucht werden, sind verschwindend gering und machen im Hopfenmarkt in der Hopfennachfrage noch keinen nennenswerten Unterschied. Aber wir arbeiten da sehr stark dran und halten das für sehr wichtig, dass wir uns neue Märkte für Hopfen erschließen, die über das klassische Bier hinausreichen.
Markus: Da sind wir mal gespannt, wie sich das entwickelt. Ich habe vor, glaube ich, einem Jahr oder anderthalb Jahren in Brasilien mal eine Hopfen-Limonade probiert, die schon wirklich sehr weit war. Also die beste zumindest von der Intensität des Hopfenaromas, die ich bisher probiert habe. Da bin ich mal gespannt, was ihr auf der Messe dann präsentieren werdet. Was mich auch noch interessieren würde, wir haben in unserem Online-Biersommelier-Kurs dieses Jahr auch mit euch zu tun gehabt, weil wir mit den Leuten auch live Hopfenstopfen geübt haben, und kamen dabei auch auf die Hops Academy. Das ist ja ein bisschen so ein neues BarthHaas Baby, wenn ich das richtig sehe. Wie kamt ihr denn auf die Idee und wie hat sich das dann so entwickelt?
Thomas Raiser: Die Hops Academy ist ein BarthHaas Baby, das beschreibt‘s ganz gut. Die Erkenntnis, dass Wissen über Hopfen, wie Hopfensorten entstehen, wie Hopfen behandelt wird, die ganze Wertschöpfungskette, die hinter sozusagen einem fertigen Hopfen-Pellet steckt, dass dieses Wissen relativ dünn gestreut ist in der Braubranche, die kam uns eigentlich schon lange. Und wir haben oft mit Kunden gearbeitet und versucht, etwas Verständnis und Wissen bei unseren Kunden zu wecken. Bis wir gesagt haben, wir müssen das eigentlich institutionalisieren und wirklich ein festes Kursangebot ins Leben rufen. Und das hat zur Gründung der BarthHaas Hops Academy geführt vor neun Jahren. Und das läuft ausgesprochen gut, wir haben unheimlich viel Zuspruch. Denn der Wunsch, mehr über Hopfen zu erfahren und wie man den Hopfen im Brauprozess einsetzt, um eben diese ganzen Geschmacksaromen, die wir heute schon angesprochen haben, zu erzeugen, dieser Wunsch ist unheimlich groß. Und sowohl bei den Biertrinkern als auch bei den Brauern. Unserer Meinung nach kommt das Thema Hopfen in der Ausbildung der Brauer zu kurz und wir versuchen diese Lücke mit der Hops Academy zu schließen.
Markus: Cool! Das hat uns auch auf jeden Fall gut gefallen und viel Freude bereitet. Holger, wie siehst du das denn? Hopfen, Hopfenausbildung, hast du da auch noch was nachzuholen?
Holger: Natürlich, man lernt nie aus. Mich hat der Hopfen immer absolut fasziniert. Und du hast es ja auch schon gesagt, wenn man bei der Erntezeit jetzt gerade eben durch die Gebiete fährt und so, aber auch, wenn man Bauern besucht und eben sieht, wie der Hopfen getrocknet wird und dass das auch alles gar nicht so einfach ist, dass man sehen muss, er darf nicht zu viel Feuchtigkeit haben, er darf auch nicht zu wenig Feuchtigkeit haben, das muss alles ganz genau richtig sein. Und dann kommt BarthHaas wirklich in die Betriebe und spricht eben von Mensch zu Mensch mit den Bauern und schaut sich die Ernte an und schaut sich eben auch die Prozesse danach an und nimmt Proben. Und man ist ständig im Dialog, und Wahnsinn. Du hast es ja auch ganz zu Anfang gesagt, dass dich fasziniert, wie langfristig da auch eine Partnerschaft aufgebaut wird. Ich kenne das noch aus der Forstwirtschaft, also ich habe auch mal im Vertrieb gearbeitet und hatte in England so einen Kurs, und da war dann auch ein anderer Vertriebsleiter aus Deutschland, und wir haben dann über Planung und Budgetierung gesprochen und der hat dann da so erzählt. Und irgendwie habe ich gedacht, der will dich doch verarschen, also der will dich doch verarschen. Und dann sage ich irgendwann: Hör mal zu, pass auf! Ein Quartal sind drei Monate, oder? Und er sagt dann: Nein! Ein Quartal sind 25 Jahre. Und das war der Vertriebsleiter von Faber-Castell. Die machen ja Bleistifte, und der Baum muss ja erst wachsen, wo der Bleistift rauskommt. Wo der dann so erzählt hat, das war also genau in die gleiche Richtung. Die müssen auch sehr langfristig planen, um ihre Rohstoffe zu bekommen, um dann hinterher überhaupt was zu verkaufen zu haben. Und insofern, ich sag mal, Bier ist ja eines der tollsten Themen der Welt und eben so vielseitig, und letzten Endes natürlich auch durch die Rohstoffe, die das Bier beinhaltet. Und da ist der Hopfen natürlich ganz entscheidend, absolut entscheidend. Obwohl ich auch sagen muss, die Hefe ist nach wie vor unterbelichtet. Wenn ich das mal sagen darf so ganz offiziell in so einem BierTalk. Also die Hefe, meines Erachtens, da könnte man auch noch sehr viel entdecken, vielleicht sogar auch so ein bisschen so eine Boomphase auslösen, wie wir das beim Hopfen auch erreicht haben. Also vor zehn Jahren, weiß gar nicht, da gab es, ich weiß es nicht, Thomas, du wirst es besser wissen, aber in jedem Fall ein Bruchteil von den Hopfensorten, die wir jetzt haben. Und das, was sich da entwickelt hat, ist schon sehr beeindruckend.
Thomas Raiser: Ja, da kann ich kurz was beitragen dazu. Du hast vollkommen recht, die Anzahl der Hopfensorten ist stark gewachsen, das Interesse an neuen Sorten ist natürlich auch viel, viel größer als früher. Ich kann’s etwas simplifiziert zusammenfassen. Als ich anfing in der Branche in den 90er Jahren, war die Frage in erster Linie, helft mir, wie es noch ein bisschen günstiger geht, wie kann ich weniger für meinen Hopfen ausgeben oder Hopfen einsparen. Heute dreht sich alles um die Frage: Wie bringe ich durch den Hopfen interessante Geschmacksnoten ins Bier? Und das ist natürlich für jemanden, der sich mit Hopfen beschäftigt und mit Leib und Seele lebt, eine tolle Entwicklung. Ich stimme dir aber zu, in der Hefe ist auch ein enormes Potenzial, und mir wurden da in einem eintägigen Kurs die Augen geöffnet, der gezeigt hat, wie man sozusagen durch eine kleine Nachgärung von fertigen Bieren die Geschmacksrichtung komplett verändern kann von einem Bier. Und das ist beeindruckend und auch ein Thema, das uns in unserer Forschung interessiert, das Zusammenspiel zwischen Hopfenaromen und Hefen. Und da ist sicher noch sehr viel Musik drin.
Markus: Könnte man quasi sagen, Hefestopfen oder so ähnlich.
Holger: In jedem Fall bleibt es wahnsinnig spannend und wir könnten sicher noch länger über alles philosophieren, aber wir haben uns ja ein Zeitlimit gesetzt im BierTalk, und deshalb brauchen wir ein schönes Schlusswort.
Markus: Ja Holger, also eine kleine Sache würde mich noch interessieren, habe ich am Anfang schon erwähnt. Jetzt wird der Hopfen mittlerweile eben auch sehr kreativ verwendet, auch mit neuen Aromen, neuen Aromakomponenten, und ich habe da von euch von BarthHaas etwas getrunken, ich glaube, letztes oder vorletztes Jahr auf der Messe, wo man eben die Holzfass-Aromatik zusammen mit dem Hopfen hatte. Wie kam das denn an und wie geht’s damit weiter?
Thomas Raiser: Wir haben vor zwei Jahren die Idee entwickelt, dass wir gesagt haben, wir müssen oder lasst uns versuchen, die Hopfenaromen mit denen der Holzfass-Reifung zu kombinieren. Und haben ein Produkt auf den Markt gebracht, wo wir Holzspäne und gemahlenen Hopfen zusammen verarbeitet haben, zu einem Hopfenholz Pellet, unter dem Namen ProvOak, Oak für Eiche, weil es Eichenholz ist. Und dieses Produkt bietet ganz interessante Aspekte, weil du im Prinzip eine Fasslagerung nachahmen kannst ohne die Nachteile der Fasslagerung. Als da zum Beispiel wären mikrobiologische Verunreinigungen oder Verlust von Kohlensäure durch undichte Fässer und so weiter und so fort. Das erlaubt also die Möglichkeit, diese fassgelagerten Aromen ins Bier zu bringen, ohne dass ich ein Holzfass dazu verwenden muss. Und wir haben uns das ehrlich gesagt ein bisschen aus der Weinbranche abgeschaut, wo es ja auch durchaus üblich ist, Wein auf Holzspänen zu lagern. Der Markterfolg ist durchaus gegeben.
Markus: Okay! Also kann man das schon kommerziell irgendwie probieren?
Thomas Raiser: Ja, es gibt, allerdings nicht in Deutschland, weil wir in Deutschland uns mit dem Reinheitsgebot hier ein bisschen schwertun, aber im Ausland das eine oder andere Bier, das mit diesem Produkt hergestellt wird.
Markus: Okay! Da schicken wir doch mal die Hörer auf die Suche, könnt ihr euch mal begeben. Holger, zurück zu dir jetzt aber.
Holger: Naja, also wir brauchen jetzt ein hervorragendes Schlusswort. Und ich kann nur sagen, es war wieder einmal ein unglaublich interessanter BierTalk und es ist einfach toll, wenn man so Fachleute ganz hautnah erleben darf und kann die Fragen stellen, die einem wichtig sind. Und der Markus hat ja heute eben da wirklich Gebrauch davon gemacht. Also ich bedanke mich bei euch beiden für den schönen BierTalk. Mir hat es wirklich sehr viel Spaß gemacht und ich wünsche euch noch einen schönen Tag.
Markus: Danke schön, dir auch!
Thomas Raiser: Auch von meiner Seite, vielen Dank für die Einladung! Hat echt Spaß gemacht mit euch zu plaudern.
Markus: Ja, dann bis bald!
Holger: Tschüss!
Thomas Raiser: Tschüss!
BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de