Die Erfolgsgeschichte eines Hessen in Franken startet mit einer großen Liebe, nämlich der von Christof Pilarzyk zu seiner künftigen Ehefrau Kerstin Müller. An seiner neuen Wirkungsstätte in Rödental angekommen, krempelt Christof den einst verschlafenen Brauerei-Gasthof Grosch um, entwickelt mit seinem Team neue Biere und schenkt Coburg sein wohl bedeutendstes Fest, das Samba-Festival. Außerdem bringt er den Verein Bierland Oberfranken um entscheidende Schritte voran und wird schließlich zum Geschäftsführer der Privaten Braugasthöfe berufen. Ein Bierleben, wie es im Buche steht, aber eigentlich mit Äppelwoi begann…
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Holger: Herzlich willkommen zu unserem 26. BierTalk. Bei uns als Gast ist der Grosch. Aber zunächst: Mein Name ist Holger und natürlich wie immer ist auch dabei …
Markus: … der Markus.
Holger: So! Jetzt ist natürlich die Frage: Was ist der Grosch? Der Grosch ist eigentlich ein Brauerei-Gasthof und die Seele und das Herzstück dieses Gasthofes ist der Christof Pilarzyk. Und der ist unser Gast heute. Christoph, sag doch mal was zu dir und deiner Wirkungsstätte.
Christof Pilarzyk: Hallo! Ich bin der Christof Pilarzyk. Meine Wirkungsstätte ist der Braugasthof Grosch, gegründet 1425, und liegt im wunderschönen Rödental. Also ein wunderschöner historischer Bau mit einer wirklich historischen Brauerei. Also so eine richtige Handwerks-Brauerei noch. Die einzige Elektronik ist im Prinzip die Kühlung und der Rest geht per Hand. Und die gute Seele bin ich nur zum Teil, denn diese Seele ist bei uns eine Einheit. Dazu gehört natürlich meine liebe Frau, die aus diesem Hause stammt. Also ich bin eigentlich nur so der Reingeschleifte, wie es so schön ja heißt.
Holger: Das heißt, du bist gar kein Franke, sondern kommst irgendwo aus einem Landstrich woanders her?
Christof Pilarzyk: Ja, ich bin ein Hesse und kann auch so babbeln, aber dann versteht mich keiner. Ich bin aus Hessen zugereist sozusagen.
Holger: „Die Hesse komme“, oder wie ging das noch?
Christof Pilarzyk: Ja. „Erbarme, die Hesse komme“. Ich selbst stamme aus einer Äppelwoi-Wirtschaft raus, also habe mit Bier in meinem früheren Leben nur wenig zu tun gehabt.
Markus: Aber irgendwie Wirte-Seele durch und durch.
Christof Pilarzyk: Ja. Von klein auf. Also ich kenne es gar nicht anders. Und ich finde sowieso, das ist der geilste Beruf der Welt: Wirt sein. Und hier das Brauen noch dazu, also eigentlich haben wir hier den Himmel auf Erden.
Holger: Das ist ja ein schönes Stichwort. Apropos Himmel auf Erden, was verkosten wir denn heute so Leckeres?
Christof Pilarzyk: Ich habe ja vier Biere mitgebracht beziehungsweise euch ja zugesendet. Der Anfang wäre vielleicht das Erntebier, das ist ein leichtes Bier, entwickelt von unserem Urgroßvater, dem Uwe Grosch. Dann hätten wir den Luthertrunk, das ist ein Bio-Bier unfiltriert. Das ist so mein Meisterstück gewesen, um mich hier einzuleben, um meinem Schwiegerpapa auch zu zeigen, dass ich auch ein bisschen was kann. Dann haben wir unseren alkoholfreien Fuhrmann und den Fuhrmannstrunk mit Alkohol.
Holger: Und so soll dann auch die Reihenfolge sein. Markus, hast du was einzuwenden?
Markus: Nein, gar nicht. Also ich finde es interessant. Normalerweise würde man ja wahrscheinlich immer mit dem alkoholfreien Bier beginnen, aber ich bin völlig beim Christof. Der alkoholfreie Fuhrmannstrunk ist trotzdem auch ein sehr aromatisches Bier. Vielleicht macht es durchaus Sinn, wenn wir mit dem Leichtbier anfangen. Insofern freue ich mich darauf. Das Etikett strahlt mich auch so schön an, also man sieht, wie Erntebier, ein Feld, man sieht Ähren, blauer Himmel, grüne Felder, also sehr, sehr schön. Insofern freue ich mich darauf, können wir gerne aufmachen.
Holger: Dann machen wir das Ding doch mal auf hier.
Christof Pilarzyk: Und während ihr das aufmacht, vielleicht ganz kurz was zum Etikett. Zu unserem Grosch hat natürlich früher nicht nur der Gasthof und die Brauerei und eine Metzgerei gehört, sondern natürlich auch die Landwirtschaft. Denn man hat ja alles im Prinzip in Eigenregie angebaut. Das Erntebier, was wir da heute haben, hat der Hugo Grosch, der Urgroßvater gebraut. Und zwar war es ja früher so, dass die Erntehelfer in den Pausen mit Bier versorgt worden sind. Und mit einem Vollbier waren die Knechte natürlich mittags schon besoffen. Dem hat er dann Abhilfe gesucht und nachdem es ihm ein Gräuel war, Wasser in sein gutes Bier zu schütten, was damals eigentlich so üblich war, hat er also eine leichte Variante des Pilsbieres eingebraut. Soviel vorweg.
Markus: Okay! Na, dann lassen wir es mal krachen.
Holger: Das ist ja ideal für den ersten Durst, wenn ich das so sagen darf. Ich habe nämlich schon probiert.
Christof Pilarzyk: Haha! Du bist immer schnell, oder?
Holger: Ja. Also nicht immer, aber im Trinken schon.
Christof Pilarzyk: Okay! Das Bier ist eigentlich der Hammer. Wenn ich dazu nicht sage, dass es ein leichtes Bier ist, und das so zur Verkostung rausgebe, ist es für die, die, ich sag mal, so aus der normalen industriellen Pils-Welt kommen, immer im direkten Vergleich. Die sind immer dann erstaunt: Wie? Das hat nur so wenig Alkohol? Weil es geschmacklich, denke ich, ist ziemlich vollwertig für ein Leichtbier.
Holger: Ja, unbedingt! Kann ich nur bestätigen. Hat 2,8 % Alkohol und ist so ein richtig schönes malzaromatisch, gut ausbalanciertes, schönes Bierchen mit so feinwürzigen Aromen. Und ist frisch und spritzig und hat auch so einen leichten trockenen Charakter, finde ich. Macht auch Lust auf einen zweiten Schluck. Also Prost!
Markus: Prost!
Christof Pilarzyk: Prost!
Markus: Ich kann mir auch gut vorstellen, dass das dabei rauskommt, wenn man eben vor zwei Generationen sich überlegt hat: Wir machen ein leichtes Pils in Franken. Also es ist ja doch durchaus malzbetont, ein malziger Körper. Erinnert dadurch auch ein bisschen zum Beispiel an das Pils aus Pilsen. Und hat hintenraus trotzdem auch eine schöne Bittere. Also so, dass ich wirklich den Unterschied auch spüre zu jetzt einem klassischen Kellerbier zum Beispiel. Also dadurch wirklich eine sehr feine, sehr runde Geschichte. Auch die Farbe sehr schön. Also gefällt mir auch total gut. Und ist es wirklich ein unverändertes Rezept? Oder wie macht ihr das?
Christof Pilarzyk: Es ist komplett unverändert, es ist mit einer gestockten Vergärung gemacht. Das ist eins der Originalrezepte. Wobei es wahrscheinlich eine kleine Abweichung zu den Malzen früher gibt, weil der Malzfabrikant oder der Malzzulieferer, der hat sich einmal geändert. Aber so prinzipiell muss man sich das so vorstellen, ist es eigentlich dieses Bier. Es ist ja ein Uralt-Rezept, also wir haben keinen Lebenden mehr gefunden, der das Originalbier getrunken hat. Und wir haben nur die Malzrezeptur und die dazugehören Hopfen bekommen. Aber ich denke, das ist dem Ursprung recht nah. Also das wurde auch so immer beschrieben, das war ein süffiges Ding. Und ich selbst nehme das unheimlich gerne, wenn ich Gartenarbeit habe und mal so einen richtigen Schluck Bier, ich sag mal der Schluck Bier ohne Reue.
Markus: Übrigens für die Hörer, man hört jetzt im Hintergrund, die Vögel zwitschern. Das hat nichts damit zu tun, dass wir hier doch mehr als 2,8 % haben, sondern beim Christof sind die Spatzen eingezogen, und die sind halt jetzt einfach da.
Christof Pilarzyk: Ja. Die Spatzen pfeifen es vom Dach, dass es das gute Grosch Bier heute gibt.
Holger: Der Pilarzyk hat einen Vogel, oder sogar Vögel.
Christof Pilarzyk: Viele Vögel. Ja.
Markus: Oder ein Vogelnest auf dem Kopf. Kann man ja auch sagen.
Holger: Ist gut zu Vögeln und zu anderen Tieren. Hahaha!
Christof Pilarzyk: Danke! Es war schön mit euch.
Markus: Wir fangen heute wirklich von hinten an, merke ich gerade. Das Niveau sinkt, bevor die Vögel singen. Das Mundgefühl finde ich total schön, sehr cremig, sehr weich, sehr rund. Also das trinkt sich auch richtig gut. Und Holger, wenn wir sagen, ein leichtes Pils, siehst du das auch so?
Holger: Nein, also wunderbar. Ich würde es jetzt wirklich nicht in die Pils-Ecke drücken, aber ich verstehe das natürlich mit deinen oberfränkischen Genen, dass das so ein bisschen in die Richtung geht. Aber so würde ich es einfach nicht bezeichnen. Für mich ist es ein schön malzbetontes Bier. Und der Christof hat ganz recht, wenn man es nicht weiß, dass es nur 2,8 % hat, dann merkt man es auch gar nicht. Das ist wirklich so ein Bier, was ja jetzt auch voll im Trend liegt. Also gerade das Thema alkoholarm oder eben dann auch alkoholfrei liegt total im Trend und da kann man mal sehen, wie modern die Brauerei Grosch schon seit langer Zeit ist.
Markus: Ihr habt ja auch Hugo und die Lina bei euch verewigt. Also das ist das Ehepaar von damals. Kann man bei euch auch im Gasthof sehen.
Christof Pilarzyk: Jawoll! Das sind die Urgroßeltern von Kerstin. Und die sind beide so echte Typen. Also die Lina hat zum Beispiel beim Grosch den Sonntagsbraten und so eingeführt. Man muss sich vorstellen, diese Gastwirtschaft gibt’s seit 1425 und war im Prinzip so eine Raststätte des Mittelalters. Das heißt also, man hat irgendwas Deftiges zu essen bekommen, immer natürlich ein gutes Bier, aber so das wirkliche Kochen war eigentlich so bis kurz nach dem Ersten Weltkrieg nicht so gegeben, wie man sich das heute vorstellt. Da gab’s einen Eintopf, da gab’s auch mal einen Braten. Und die Lina war die erste, die mehr Rezepturen gemacht hat. Und auch dieses Sonntagsessen mit mehr als einem Braten, mit gigantischen drei Braten angefangen hat. Der Original-Herd, der steht heute noch bei uns im Eingang. Und wenn du den siehst, dann fragst du dich ernsthaft: Wie hat die auf so einem kleinen holzbefeuerten Herd so viel Essen machen können? Sie hat es irgendwie hingebracht.
Markus: Diese original holzbefeuerten Herde sind wirklich Wunderwerke, wenn man sie beherrscht.
Christof Pilarzyk: Ja.
Markus: Ein guter Freund von mir, der Andreas Gänstaller mit seiner Frau, die hatten eine Zeit lang auch die Zoigl Stube, und da hat sie auch alles mit so einem Holzofen gekocht. Und das war unglaublich, wie man das hinbekommt, weil man ja auch die Temperatur nur mit den Holzscheiten steuern kann und eben damit, wo auf dieser Fläche oben stelle ich meine Töpfe hin und so. Immer alles auf den Punkt, immer alles perfekt, sehr schöne Kruste und so, also wirklich bewundernswert. Vielleicht muss man dem Holger an der Stelle auch noch eine andere Sache erklären. Coburg ist ja heutzutage Oberfranken oder überhaupt die Coburger Ecke, wo du ja hingehörst.
Christof Pilarzyk: Oh ja.
Markus: Aber es ist ja durchaus auch was sehr Eigenes, und das sieht man nicht nur am Bier, sondern vor allem auch am Kloß.
Christof Pilarzyk: Jawoll! Unser Kloß, eigentlich Coburger Kloß genannt, ist aber ein Thüringer Kloß. Und das hat was damit zu tun, dass Coburg die südlichste Herzogsstadt war von Sachsen-Coburg. Also wir haben ja ein Herzogtum hier und das war der südlichste Teil, und so ist die Verbindung nach Norden essenstechnisch wesentlich stärker als in anderen Gebieten. Und das Besondere an dem Kloß ist, während du einen Bamberger Kloß oder Knödel an die Wand schmeißt und der kommt zurück, ist der Coburger oder der Thüringer Kloß so, dass du den an die Wand schmeißt und dann rutscht der ganz langsam die Wand herunter. Das ist ein sehr weicher Kloß. Und der Hintergrund ist, der saugt besonders gut die Soße auf. Also das war immer besonders wichtig, viel Soße und dass der Kloß das aufsaugt, weil was es nicht so viel gab früher, war Fleisch. Das ist der Hintergrund, warum dieser Kloß so weich ist.
Markus: Der Rutscher wird er ja auch genannt. Und Holger, kannst du dir das vorstellen, bei uns Qualitätsmerkmal, man wirft den Knödel erst mal an die Wand.
Holger: Unbedingt! Also ich kann es mir sehr gut vorstellen, weil ich kenne dich ja so gut. Aber was ich mit Coburg verbinde, sind diese Bratwürste. Also die sozusagen innen mehr oder weniger noch roh sind und außen quasi verkokelt. Aber schmecken irgendwie doch gut. Also das hört sich zwar jetzt nicht irgendwie so appetitlich an, genauso wie man das natürlich nicht sagen kann, wenn man mit Klößen wirft, aber es ist lecker. Das muss ich sagen, es ist lecker. Das ist ja auch so eine Coburger Besonderheit, oder nicht?
Christof Pilarzyk: Jawoll! Aber auch den Ursprung wieder letztendlich in der Verbindung in den Norden hat, in Thüringen. Sie ist also der Thüringer Wurst recht ähnlich. Und sie ist vor allen Dingen groß, sie ist also relativ groß. Also überhaupt nicht zu vergleichen mit diesen Nürnberger Bratwürsteln. Also sie ist ungefähr drei bis dreieinhalb Mal so lang und wird in einem speziellen Brötchen protestantisch geschnitten. Das ist auch eine Besonderheit. Da wird im Prinzip der Semmel von oben durchschnitten und nicht von der Seite. Weil von der Seite, das ist katholisch. Nur so mal ganz nebenbei bemerkt. Denn eine Besonderheit hier ist auch, Coburg ist protestantisch. Und wenn wir dann ein Stückle weiterfahren nach Lichtenfeld, so Bamberg, da kommen wir dann wieder in die katholische Gegend. Auch so eine Besonderheit hier in dieser Ecke.
Holger: Aber das Hotel oder der Gasthof, weil du ja sagst, das war immer eine Raststätte für Fuhrleute, war jetzt nie irgendwie Hotel zur Post oder so?
Christof Pilarzyk: Nein. Nein, also der Name „Der Grosch“ ist seit ungefähr 150 Jahren. Davor war es mal der Rote Ochsen, im ganzen Ursprung. Ein roter Ochsen ist ja ein Zeichen also früher bei Gasthäusern gewesen, dass es erstens was mit Fuhrleuten zu tun hat, denn die haben ja nicht mit Pferden hantiert, sondern mit Zugochsen. Und zweitens, dass natürlich auch eine Metzgerei damit verbunden war. Im Dreißigjährigen Krieg hieß des Ganze auch mal „Zum Silbernen Helm“. Also die Geschichte ist recht wechselvoll, aber die Familie an sich ist seit 1425 auf diesem Gelände. Das Interessante ist allerdings, dass so jede dritte, vierte Generation keinen Sohn hatte. Und so der Name der Wirte sich immer geändert hat. Also ich habe ja auch so einen speziellen Nachnamen, Pilarzyk. Meine Frau ist eine geborene Müller, also auch schon keine Grosch mehr. Warum? Hugo und Lina hatten eine Tochter, die dann von einem Braumeister aus Sonneberg geheiratet wurde, vom Ernst Müller. Dann nach dem Ernst Müller kam mein Schwiegerpapa. Und das war auch wieder ein Könner vom Herrn, er hat zwei Töchter. Naja, und dann kam der Hesse.
Markus: Und dann kam dieser Name, den immer keiner aussprechen kann.
Christof Pilarzyk: Deshalb sagen ja auch einfach alle Herr Grosch zu mir oder der Christof vom Grosch.
Markus: Genau. Aber Holger, du siehst schon, also da ist wirklich ganz viel Geschichte, ganz viel Tradition. Also da können wir später auch noch übers englische Königshaus zum Beispiel sprechen oder über brasilianische Rhythmen. Aber ich denke, vorher sollten wir über eine andere Geschichte hier, Sache sprechen, denn es steht ja noch vor uns, der Luthertrunk.
Holger: Unbedingt! Das haben wir uns ja vorgenommen, mit dem Bio-Bier dann nachzulegen. Da würde ich jetzt sagen, das nehmen wir jetzt einfach mal.
Christof Pilarzyk: Ja. Und während ihr die Flaschen öffnet, ich habe meine natürlich schon längst offen – ah, hört sich das fein an – vielleicht eine ganz kurze Geschichte zum Luthertrunk. Also der Martin Luther war mehrfach Gast in unserem Haus. Wie gesagt, wir lagen ja an der alten Handelsstraße, die von Rom bis an die Nordsee hochging, also so die Hauptroute des Mittelalters, auch an der Wallfahrtsroute Richtung Bamberg. Und so war Luther mehrfach bei uns im Haus und deshalb ist der Luther auch da mit dem großen Gefolge vor unserem Haus abgebildet. Das war so meine Idee damals zu sagen: Mei, bei uns fehlt einfach so ein anderes Bier. Ihr müsst euch vorstellen, wir haben früher ein Pils gehabt, wir haben einen Malztrunk gehabt und den Fuhrmannstrunk und als Saisonbier den Bock. Das hatten wir so immerzu gemacht. Und das erste, was wir dann gemacht haben, das erste Bier Erntebier und dann kam der Luthertrunk. Und der Luthertrunk, also wir brauchten mal ein schönes unfiltriertes Bier. Und das erste, was vom Luthertrunk da war, war der Name. Und der Name war dann auch Programm. Wir haben gesagt: Mei, Luthertrunk, Luthertrunk, dann muss das ganze ja auch so sein, ein bisschen wie wir uns das im Spätmittelalter vorstellen oder zu dieser Zeit, als Martin Luther gelebt hat um 1500. Also ein bisschen helleres Bier, weil das damals was Spezielles war, nicht zu dunkel. Und das muss Bio sein. Warum Bio? Es gab damals nur Bio-Malz, zwangsläufig. Und hopfenbetont sollte es wenig sein, weil wir aber auch ein Bier machen wollen für ich sag mal Beer for Beginners, also vor allen Dingen Frauen habe ich da so im Blickpunkt. Also ein Bier mit viel Aromahopfen, aber mit wenig Bitterhopfen. Das ist so der Hintergrund von dem Bier. Und als ich mit meinem Schwiegervater verhandelt habe, habe gesagt, ich möchte gerne ein Bio-Bier machen, da habe ich mir eine sehr verbale Abreibung geholt. Wer will denn so einen Bio-Mist trinken? Das ist die Vorgeschichte.
Holger: Also wir. Wir machen es jetzt auf.
Christof Pilarzyk: Ja. Dann probiert mal den Bio-Mist. Es ist mittlerweile mein drittstärkst verkauftes Bier. Dann beschreibt mir doch mal mein Bier. Würde mich interessieren.
Holger: Ich habe jetzt was Naturtrübes im Glas.
Christof Pilarzyk: Meine Sperlinge singen dir ein Lied.
Holger: Unbedingt!
Markus: Kannst du noch, Holger? Oder soll ich übernehmen?
Christof Pilarzyk: Nein, ich finde es schön, dass es ihn sprachlos macht.
Markus: Absolut. Ja.
Christof Pilarzyk: Hahaha! Und ich deute das einfach, ich bin ja ein positiver Mensch, als was absolut Positives jetzt.
Holger: Das ist ja jetzt, würde ich jetzt sagen, so ein klassisches Kellerbier mit so malzsüßen Aromen. Also so eine Karamellbonbonnote kann man feststellen.
Christof Pilarzyk: Jawoll!
Holger: Mir persönlich ist es zu süß, da ist dann das Erntebier mir schlanker und lieber, aber ich kann mir gut vorstellen, dass das eben auch wirklich bei den Frauen ausgesprochen gut ankommt. Und dann kann ich es mir auch noch gut vorstellen so als ein guter Begleiter zu beispielsweise so einem schönen Kloß, also mit schöner Soße. Da passt das doch super. Jetzt kannst du übernehmen.
Markus: Vor allem, wenn man es anschaut und auch der Antrunk und auch der Geruch, da bin ich sehr nahe bei einem typischen fränkischen Kellerbier. Also das ist schon mal für mich auf jeden Fall gut, weil das sehr einladend ist, sehr ausgewogen. Es hat natürlich eher so die malzige Seite betont, aber ich finde dann, wenn man es trinkt, kommt noch was dazu. Man hat natürlich das Malzige, aber dann kommen noch so fruchtige Aromen. Und ich bin noch ein bisschen hin und her gerissen, wo ich das verorten soll. Für mich ist es eher so Erdbeere, irgendwie in diese Richtung, also eine ganz interessante Note. Die jetzt aber auch nicht so wie zum Beispiel bei vielen Pilsbieren so eine Citrus-Komponente ist, sondern eher so eben rote Beeren. Und das zieht sich auch so ein bisschen durch. Und hintenraus, finde ich, merkt man auch, es hat einen kräftigen Körper. Man merkt auch, dass es ein bisschen mehr Alkohol vielleicht hat als jetzt ein ganz normales Bier. Dadurch wirkt‘s auch trotzdem schlank, also obwohl ich schon auch viel Süße habe. Ein nobles Kellerbier, würde ich sagen, und dadurch kriegt es auch so einen spritzigen Charakter vielleicht ein bisschen. Und auch so im Nachtrunk erinnert es mich ein bisschen an so eine Note, wie man sie zum Beispiel nach einem Schluck Sekt oder Prosecco hat. Also das find ich ganz witzig, weil wenn du sagst, die Frauen als Zielgruppe, kann ich mir vorstellen, dass die das auch anspricht. Also ich würde das zum Beispiel auch mal in ein Sektglas geben – und alle Bier-Hardliner jetzt mal weghören – vielleicht noch so eine Erdbeere rein – und jetzt könnt ihr wieder weiterhören – und das dann als Aperitif servieren. Sowas ist bestimmt eine schöne Geschichte. Also ja, ein tolles Bier, macht mir sehr viel Freude. Und es würde mich nur interessieren, ob Luther wirklich persönlich sowas ähnliches bei euch probiert hat.
Christof Pilarzyk: Er war zumindest Gast in unserem Hause, das ist belegt. Und da Martin Luther ein absoluter Bierfan war, gehen wir davon aus, das ist jetzt unsere Geschichte, die Veste Coburg ist ja fußläufig nur eine halbe Stunde von uns entfernt. Und er beschreibt in einem Brief an seine Frau: Die gar grässlichen Weine der Coburger Herzöge. Und da gehen wir mal von aus, dass er sich da immer heimlich mal abgesetzt hat und hat ein gutes Bier hier getrunken, damit er diesen gar grässlichen Weinen der Coburger Herzöge entgangen ist.
Markus: Kann ich gut nachvollziehen, weil ich kenne die gar grässlichen Weine der Franken in meiner Jugend. Also mittlerweile ist das ja anders, aber in meiner Jugend war der Frankenwein wirklich schlimm. Aber mittlerweile hat sich da ja auch viel getan und Silvana Bacchus und so weiter, Riesling, ist jetzt richtig gut geworden. Damals war das aber vor allem sehr billig und vor allem sehr sauer. Nein, aber wirklich tolles Bier. Gefällt mir. Und Bio heißt jetzt in dem Fall Bio-Malz, Bio-Hopfen?
Christof Pilarzyk: Genau.
Markus: Musstet ihr euch dann auch zertifizieren lassen irgendwie?
Christof Pilarzyk: Ja, ja. Das ist zertifiziert. Damals in der Urzertifizierung ist es ein Euro-Ökosiegel gewesen, mittlerweile bieten wir auch ein rein deutsches Siegel dafür an. Und jetzt sind wir dran, das Ganze, das ist in der Planung, die ist jetzt durch Corona leider ein bisschen verschoben, das Ganze dann noch in Demeter-Qualität zu machen. Das hat so ein bisschen den Hintergrund, dass wir da an dieser regionalen und nachhaltigen Geschichte sehr interessiert sind und da viel für tun. Also nicht nur im Gasthof, und das so in der Brauerei auch ein bisschen übernehmen wollen. Wobei ich sagen muss, unsere kompletten Malzlieferanten sind ja aus Oberfranken, die auch oberfränkische Braugerste verarbeiten. Das ist uns ganz wichtig. Und der Hopfen ist definitiv alles aus Deutschland, im Prinzip komplett aus Bayern, also auch regional. Also das ist für uns wichtig.
Markus: Ja, Holger, da springt dein Herz doch höher, oder?
Holger: Da springt mein Herz in der Tat höher. Ich kenne nur ein einziges Demeter-Bier, das ist von Pinkus Müller, ein Lagerbier. Aber Christof, das Thema Hopfen und Demeter, das ist ja wirklich ganz selten. Wo würdest du denn dann beziehen?
Christof Pilarzyk: Es gibt glücklicherweise immer mehr Hopfenbauern, die im Bio-Bereich tätig sind. Und wenn viele im Bio-Bereich tätig sind, dann ist es ja nur eine Frage der Zeit, dass die auch sich so eine Demeter-Qualität. Das heißt ja nicht am Ende, dass diese Sachen wirklich vom Geschmack her besser sind. Nein, aber von der Nachhaltigkeit. Vielleicht eine Geschichte noch zum Luthertrunk, fällt mir grad ein. Was ist so das Besondere daran? Ich erinnere mich noch, als wir das Bier gemacht haben, das erste Mal, da ist die Kühlung auf seltsame Art und Weise zweimal ausgefallen. Und jedes Mal war dann so 12,5 Grad auf einmal auf dem Zeiger. Das heißt, also jedes normale Bier wäre da am Ende gewesen als untergäriges. Und komischerweise hat das also das Bier ausgehalten. Auch der ganze Gärprozess, wenn du da zuschaust, der funktioniert ja wie, als wäre ein Turbo drin. Das ist also wunderbar. Und ich schiebe das natürlich so ein bisschen auch auf die Bio-Geschichte. Aber vielleicht bilde ich es mir auch nur ein. Das kann natürlich auch sein.
Markus: Ja, so ein bisschen, wenn man die Gärung wärmer macht, macht das ja auch solche Aromen, wie wir sie beschrieben haben. Also es kann durchaus sein, dass das da was damit zu tun hat. Das liegt ja dann in einer Linie mit dem Dampfbieren, die man so kennt, mit den California Common oder Steam Beers, die in Amerika waren. Insofern, da sind wir tatsächlich nah dran. Also finde ich auf jeden Fall eine total spannende Geschichte. Und vielleicht, bevor wir zum Fuhrmannstrunk kommen, müssen wir noch ganz kurz darauf eingehen, Coburg hat ja diese traditionelle Verbindung zum englischen Königshaus. Hattet ihr da auch schon mal irgendeine Verbindung? Hast du schon mal ein Bier zur Queen geschickt, oder gab’s da mal was?
Christof Pilarzyk: Es ist ja so, das Coburger Herzoghaus ist ja praktisch in ganz Europa mit den Königshäusern verheiratet und verbandelt. Das bekannteste ist natürlich England. Zu Prinz Harry seiner Hochzeit haben wir das Bier hochgeschickt und haben da auch ganz lieb ein dreiviertel Jahr später ein Dankesschreiben bekommen aus dem Königshaus für die Gabe und den wunderbaren Biergenuss. Wir haben damals ihnen das Prinz Albert Pils geschickt, klaro, Prinz Albert aus Coburg. Und ein Hochzeitsbier, ein Rotbier, was wir ab und zu in der Saison machen. Und das hatten wir zwei Jahre vorher schon mal zum Königshaus nach Schweden geschickt und waren dort wirklich überrascht, wie gut das ankam. Warum war das so? Unser Herzog, Jungherzog hat geheiratet, sein Patenonkel ist der König von Schweden und wir durften auf dem Polterabend unser Bier ausschenken. Und so kam dann die Verbindung zum schwedischen und englischen Königshaus zusammen. Das ist so die kurze Version dieser Geschichte.
Markus: Da wird man ehrfürchtig, Holger.
Holger: Unbedingt! Das ist wirklich spannend. Also der Grosch gehört ja auch zu dem Verbund privater Braugasthöfe. Da kann ich nur empfehlen, also gerade, wenn man jetzt nicht unbedingt im Ausland Urlaub machen möchte, vor dem Hintergrund der ganzen Pandemie, und sich wieder ein bisschen auf Deutschland konzentriert, wäre das zum Beispiel was. Also sich mit diesem Thema mal zu befassen und die privaten Braugasthöfe Frankens oder Oberfrankens zu besuchen und da viel kennen zu lernen, vor allen Dingen Geschichte. Also das ist doch was ganz Spannendes.
Christof Pilarzyk: Ja, das ist superspannend. Vor allem bin ich auch der Geschäftsführer der zufälligerweise Privaten Braugasthöfe.
Holger: Kein Thema, Christof, die 10 Euro nehme ich dann danach.
Christof Pilarzyk: Hahaha! Oh Gott! Ja, ein bisschen Werbung muss ja sein. Ich bin auch sehr stolz, ich bin ja ein nichtgelernter Brauer, das betone ich auch immer wieder. Ich maße mir nicht an, den Braumeistertitel zu führen, weil ich den nie gemacht habe. Nichtsdestotrotz kann ich sehr viel und weiß sehr viel und bin deshalb stolz, dass mich die privaten Braugasthöfe da als Geschäftsführer eingesetzt haben. Und ich kann wirklich nur sagen, also dieser Verbund entspricht 10.000 Jahren – das muss man sich mal einfach reinziehen – Geschichte. Also die meisten Brauereien haben so 300, 400, 500, 600 Jahre auf dem Buckel und die sind ja alle auch so familiengeführt. Und das macht immer Spaß, da irgendwo einzukehren. Also das ist jetzt keine Werbung, sondern das ist meine feste Überzeugung, weil wir ja auch selbst ein Gasthof sind. Das ist Gastlichkeit auf einer historischen, traditionellen Ebene.
Markus: Da muss man die Werbung noch komplettieren, es gibt dazu eine Internetseite braugasthoefe.de und es gibt auch so eine kleine Broschüre. Und da kann man sich wirklich immer gut informieren. Ich muss sagen, ich habe selber auch schon sehr oft in verschiedenen privaten Braugasthöfen übernachtet, privat und beruflich, und es war immer besonders schön. Weil man da halt einfach weiß, ich kriege das Bier in einer guten Qualität, da kümmert sich jemand um die Schankanlage, ich kann auch abends noch ein Gute-Nacht-Bierchen haben. Das sind Leute, die verstehen einfach ihr Handwerk, die lieben das, was sie tun. Und das ist einfach wirklich jedes Mal ein Genuss da zu sein, in jeder Hinsicht. Also viele geben sich auch viel Mühe in der Küche, kochen dann mit Bier und seinen Rohstoffen, haben sehr abwechslungsreiches Programm. Und sind da einfach in ganz vielerlei Hinsicht immer wieder so auf Zack. Also deswegen, das ist sicherlich ein guter Tipp für alle unsere Zuhörer. Aber es geht natürlich weiter: Fuhrmannstrunk, es wird dunkel. Mit was fangen wir denn an? Mit dem Alkoholfreien oder mit dem Normalen?
Christof Pilarzyk: Ich würde mit dem Alkoholfreien anfangen. Ich glaube, den Fuhrmannstrunk mit Alkohol, also den Urfuhrmannstrunk, den sollten wir uns, glaube ich, zum Schluss aufheben. Also auch ein Erfolg, Luthertrunk wird jetzt alkoholfrei eine schöne Ergänzung sein. Also das wäre mein Vorschlag jetzt.
Holger: Das machen wir jetzt auch so. Also her mit dem Alkoholfreien. Also da muss ich ja wieder aus meiner zweiten Leidenschaft ein bisschen vielleicht zum Besten geben. Ich bin ja der Nutzfahrzeugbranche genauso verfallen wie der Brauereibranche oder der Bierbranche, und beschäftige mich schon lange Zeit mit alten Lkws und alten Bussen. Und früher wurde dann immer ein Fuhrmannseid geschworen. Also die Zunftherren haben eben immer diesen Eid einverlangt von den Fuhrleuten, bevor sie die Waren überhaupt übernehmen durften. Und den gebe ich jetzt mal zum Besten. Der heißt nämlich: Ich schwöre einen Eid zu Gott, dem allmächtigen, dass ich das Gut, das mir zu fahren aufgeladen wird, für billigmäßige Belohnung dahinfahren, treulich verwahren und redlich überliefern, kein Stück verfahren oder irgendwo anderswo hinbringen, als mir aufgegeben ist, was mir etwa an Geld und Wechseln zurückzubringen gereicht wird, aufrichtig und ohne einzige Hinterhaltung überreichen und mich in allem also betragen will wie einem redlichen, aufrichtigen und getreuen Fuhrmann gebührt. Na?
Christof Pilarzyk: Boah!
Holger: Das ist Berufsehre. Also Prost!
Markus: Prost!
Christof Pilarzyk: Prost!
Holger: Und dazu passt ja auch absolut alkoholfrei, weil „Don’t drink and drive!“.
Christof Pilarzyk: Ja!
Markus: Zumindest heutzutage, ja, auf jeden Fall.
Christof Pilarzyk: Genau. Und deshalb ist es auch das neueste Bier aus unserer ganzen Reihe von Bieren. Weil der Fuhrmannstrunk früher war natürlich anderer Natur. Das lag natürlich daran, dass die Fuhrleute einen sehr harten Job hatten. Dann hat man natürlich auch sich richtig ein Bier gegeben, so ähnlich die Arbeiter, die Werftarbeiter in London oder die Packer, die ein Stout getrunken haben, so waren das hier jetzt Fuhrleute. Und die hatten einen unendlichen Vorteil mit ihren hochmodernen Lastwagen des Mittelalters, die hatten nämlich ein automatisches Fahrsystem. Die Ochsen und Gäule waren so intelligent, die haben auch ohne den Fuhrmann den Weg nach Hause gefunden. Und damit durften die natürlich auch Alkohol trinken.
Markus: Genau. Und wenn man nach Belgien schaut, da gibt’s dann sogar eigene Gefäße, die gemacht worden sind, damit sie an den Fuhrwerken gut halten können, ohne dass Bier rauskommt. Das kann man sich auch mal anschauen, das Stichwort dazu heißt Kwak. Also sehr, sehr interessant auf jeden Fall. Und ich muss ja sagen, dieses Bier erinnert mich total an meine Jugend, weil meine Lieblingsbonbons waren diese Blockmalz Bonbons. Die bekommt man heutzutage noch in diesen weißblauen Plastiktüten. Und das ist so genauso. Das finde ich echt großartig.
Christof Pilarzyk: Wir haben ja diese Malzbonbons in den Braugasthöfen und die sind genau in dieser Richtung auch. Und das war auch Wunsch und Zweck des Ganzen. Als ich dieses angefangen habe, da ist mein Schwiegervater dann endgültig in Rente gegangen, weil der Luthertrunk hat ihn schon fast hingerichtet den armen Kerl. Aber als ich dann noch mit der Ansicht kam, einen alkoholfreien Fuhrmann zu machen, dann war Schluss. Da konnte und wollte er nicht mehr mitgehen. Alles vergessen und vergeben natürlich mittlerweile, aber das ist auch so eine schöne Geschichte, weil er sagte: Du richtest unsere traditionelle Brauerei hin. Erst dieses Bio-Zeugs und jetzt auch noch ein Alkoholfreies. Undenkbar.
Markus: Und dann gewinnst du damit noch einen European Beer Star in Gold. Das darf man ja auch nicht vergessen. Also ich kann da frisch von der Leber reden, weil ich in der Jury da nicht dabei war bei dem alkoholfreien Bier. Ich kann aber sehr gut nachvollziehen, also wäre ich an dem Final Table gesessen, hätte ich auch so entschieden. Das ist wirklich ein ganz, ganz tolles Bier, weil es für mich das wichtigste Kriterium erfüllt. Und das bedeutet nicht, dass man so nah wie möglich an einem alkoholischen Bier ist, sondern dass es einfach ein richtig gutes Getränk ist, dass alle Geschmacks- und Aromakomponenten auch hat, die ein Bier hat, aber was einfach richtig Lust macht, das ganz normal einfach zu trinken als Getränk. Und das ist gerade dieses wirklich Schöne, dass das was ist, was man einfach gerne nimmt und wo ich auch kein Problem damit habe, statt zum Beispiel einem Softdrink oder einer Saftschorle oder was weiß ich zu sagen: Okay! Dann nehme ich jetzt eben diesen Fuhrmannstrunk alkoholfrei und fühle mich damit richtig wohl. Also ganz, ganz schöne Geschichte. Holger, du als Fuhrmann, kommt das dann in deine Kiste künftig immer rein?
Holger: Nein, unbedingt! Das ist doch was richtig Leckeres. Vor allen Dingen eine Variante alkoholfrei und dunkel ist ja eigentlich eher selten. Und das bereichert doch schon wieder mein Leben.
Christof Pilarzyk: Das war auch Sinn und Zweck der Übung, weil wir haben ja auch festgestellt in der Gastronomie, dass der Trend gerade im Mittagsgeschäft immer mehr zu alkoholfreien Bieren oder überhaupt alkoholfreien Getränken hingeht, und wir hatten nichts Adäquates. Dann habe ich gesagt, dann lasst uns doch ein alkoholfreies Bier machen, aber garantiert kein Helles oder Pils-Artiges, weil davon gibt es genug. Und die waren auch nicht so in der Geschmacksrichtung. Also unsere Biere prinzipiell vom Grosch, auch hier aus Oberfranken sind natürlich alle im Schwerpunkt malzbetont. Das liegt vielleicht auch ein bisschen an der Historie. Und deshalb ist der Fuhrmannstrunk auch so geworden. Ich sag mal, dass er zur Weltmeisterschaft kam, liegt vielleicht auch ein bisschen daran, dass wir eine sehr junge Baumeisterin haben, die sich diesem Fuhrmannstrunk, wie er schon bestand, angenommen hat, und dann, ich sag mal so, liebevoll mit gewissen Streicheleinheiten das Bier zur Exzellenz geführt hat. Also unserer Silvana haben wir da viel zu verdanken, die im Prinzip dem Bier so den letzten Schliff gegeben hat. Und es ist natürlich toll, wenn du mit einer jungen Braumeisterin und dem ganzen Team von so einer Mini-Brauerei wie unserer da auf dem Podest stehst. Ich habe bis heute das Bandel vom jungen Beer Star Abend an. Ich möchte es gar nicht ablegen, weil das war einfach für uns die Krönung, das war ein Ritterschlag und das hat uns riesenstolz gemacht, dass wir kleine Mini-Brauerei dort so weit kommen.
Markus: Und es hat mir meinen Führerschein gerettet übrigens.
Christof Pilarzyk: Oh!
Markus: Das muss man auch sagen. Ja. Weil wir hatten, es ist ja immer so, dass auf der Brau, der großen Messe in Nürnberg, an einem Abend werden alle Siegerbiere präsentiert. Also da dürfen dann nur die Juroren hin und eben die Gewinner. Und dann kann man alle Biere, die European Beer Stars gewonnen haben, verkosten und quasi so viel wie man möchte. Natürlich ist da die Versuchung groß und es sind ja immerhin 40, 50 verschiedene Bierstile mal 3 verschiedene Gewinner, dass man da doch immer wieder mal nippt und macht und tut. Und gut, ich bin ja da auch immer beruflich unterwegs und habe dann meinen Stand und mache den ganzen Tag über Verkostungen auch mit alkoholfreiem Bier. Und hatte dann abends aber dann am Siegerabend auch überlegt: Was machen wir denn jetzt? Probieren wir mal hier oder da? Und habe dann aber dich ja getroffen und vorher schon gewusst, dass es da diese Goldmedaille gibt. Und bin an diesem Fuhrmannstrunk hängengeblieben und habe, glaube ich, an dem Abend insgesamt bestimmt drei oder vier Flaschen davon getrunken. Dazwischen mal von dem einen oder anderen Bierchen genippt und bin dann tatsächlich danach mitten in eine Polizeikontrolle reingefahren. Und die haben ja gedacht: Super! Jackpot. So ein Typ, hat das ganze Auto voll mit Bierflaschen, Bierfässer, Gläser, also wirklich ein einziges Bierdings, kommt aus der Messe raus, den halten wir jetzt an, das wird jetzt unser Ding. Und die Polizistin schon gegrinst und so und hat mich dann blasen lassen. Und am Ende stand 0,0. Und das habe ich letzten Endes dem Fuhrmannstrunk auf jeden Fall auch zu verdanken. Insofern werde ich da immer gut dran denken. Ich bin ja auch durchaus ein echter Fan dieses Bieres, absolut, nicht nur seit diesem Abend.
Holger: Jetzt können wir doch mal in die alkoholhaltige Variante wechseln, oder?
Christof Pilarzyk: Haha!
Markus: Gerne. Gerne.
Christof Pilarzyk: Gerne.
Holger: Dann machen wir es mal auf.
Markus: Übrigens unterschreibt da ja immer deine Frau hinten drauf.
Christof Pilarzyk: Ja. Da legen wir auch ganz großen Wert darauf. Sie ist die Chefin. Ich komme ja aus dem Beraterbereich raus und ich bin immer dafür, dass es einen gibt, es kann nur einen geben. Das ist ganz wichtig in der Führungskultur. Meine Frau ist eine Oberfränkin durch und durch, sowohl figuresk als auch in Sprache und Anmutung. Sie ist eine tolle Chefin. Das ist vielleicht auch der Grund unserer glücklichen Ehe. Wir haben gesagt, im Geschäft bist du der Chef, ich bin nur der Verrückte mit den verrückten Ideen. Und sie ist der Dreh- und Angelpunkt und deshalb unterschreibt meine Frau auch da hinten drauf. Das ist der Grund, dass ich da nicht erscheine, weil sie die Chefin ist, auch meine.
Markus: Ich glaube, da hast du jetzt was mit dem Holger gemeinsam.
Holger: Wahrscheinlich mit vielen Verheirateten, würde ich behaupten. Das ist ja auch gut so. Also habe ich heute noch gesagt, mit einem jungen Kollegen, der jetzt kurz davor ist Vater zu werden, da habe ich noch gesagt: Das Beste, was ich je in meinem Leben gemacht habe, ist heiraten und drei Kinder. Das ist so. Also da bin ich auch nach wie vor der Meinung. Da können wir mal einen drauf trinken, würde ich sagen. Prost!
Christof Pilarzyk: Prost!
Markus: Prost!
Holger: Markus, das ist doch großartig für die oberfränkische Seele und für die Zunge und alles eigentlich, oder?
Markus: Könnte man ganz bayerisch antworten: Da bin ich dahoam. Also sehr, sehr schön, allein schon von der Farbe. Also ich bin, das gebe ich ja immer zu, ich bin wirklich ein Fan der dunklen Biere, der malzbetonten Biere mit und ohne Rauch. Und das ist wirklich, also da kann ich den ganzen Abend damit verbringen, fühle mich wohl, das gibt mir ganz viel, das passt zu meinen Lieblingsspeisen. Das ist wirklich ein ganz schönes Bier. Richtig schön cremig. Die malzigen Noten natürlich, die wir beim Alkoholfreien auch hatten, sind auch wieder da. Kommt aber noch ein bisschen mehr Röst-Aromatik, ein bisschen Schokolade, ein bisschen Kaffee. Es kommen interessanterweise auch ein bisschen diese roten Beeren, die wir vorhin schon hatten. Also ganz, ganz spannend, sehr komplex und wirklich wie gesagt ein toller Speisenbegleiter. Selbst, wenn ich jetzt auch im Bierkeller wäre, bei euch zum Beispiel sitzen würde in eurem schönen Brauereihof und dann so eine Brotzeitplatte, tolle Kombination. Also tolles Bier. Und wenn man es an die Sonne hält, dann leuchtet es richtig schön. Bei uns scheint sie jetzt gerade noch oder wieder. So ein richtig schöner Rotstich auch in dem Bier. Also in jeder Hinsicht eine Weide für die Augen, für den Gaumen. Großartig!
Holger: Nein, das kann ich nur bestätigen. Das Mundgefühl ist ganz toll. Und ich finde es auch Wahnsinn, was das für eine Reise ist so zwischen, oder vom ganz Malzsüßen, Karamelligen, hin zu diesem Kaffee und auch diese leichte Bittere dann von den Röstaromen hinten im Nachtrunk. Also das ist auch richtig toll. Selbst ich jetzt als totaler absoluter Pilsfanatiker könnte mir das jetzt so als Digestif-Bier zu einem schönen Nachtisch ausgesprochen gut vorstellen, ausgesprochen gut.
Christof Pilarzyk: Ist notfalls auch machbar. Es ist natürlich bei uns ganz klar der Begleiter zu diesen typisch fränkischen Braten. Diese ich sag mal fast massigen Soßen, die unheimlich viel Charakter haben, und da kann das Bier gut mithalten. Da ist es auch ein exzellenter Begleiter. Und dafür ist es auch gedacht, aber natürlich auch für Nachtisch übrigens gibt’s das auch. Wir haben eine Creme, eine Fuhrmanns-Creme, eine Malzbier-Creme, also als Creme und auch als Sorbet. Und das ist schon interessant, wenn du so ein Sorbet hast und da kommen natürlich dann die Hopfenaromen ein bisschen anders rüber. Spannend, äußerst spannend. Und da finde ich es immer wieder toll, was unser Küchenchef da zaubert mit freier Hand, während ich das Bier dazu trinke. Weil Alkohol ist ja während der Arbeitszeit nicht erlaubt.
Markus: Ja, ja. Wir glauben das. Das erinnert mich auch, es gibt immer ein Wochenende, wo ich eigentlich versuche, jedes Jahr nach Coburg und Rödental auch zu kommen. Das ist, wenn das Samba-Fest ist. Und da sind wir normalerweise dann auch abends Gäste bei euch und da gibt’s natürlich immer Fuhrmannstrunk, gar kein Thema. Vielleicht ist das auch noch was, was viele Hörer vielleicht nicht wissen, dass du ja dazu auch eine interessante Beziehung hast, könnte man sagen. Also was hat es denn mit dir und dem Samba-Fest, was ja soweit ich weiß das größte außerhalb von Brasilien ist, auf sich?
Christof Pilarzyk: Bis vor zwei Jahren war ich der Mitgesellschafter und Mitbegründer dieses Samba-Festivals, was ich mit einem Freund zusammen aufgebaut habe aus kleinsten Anfängen. Übrigens der Fuhrmannstrunk von Anfang an dabei, ein ganz kleiner Stand, und für Insider das Bier auf dem Samba-Festival. Man muss sich vorstellen, vor fast 30 Jahren, die Grenze war so gerade am Aufgehen und es war nicht wirklich viel los für junge Leute. Und da kamen wir auf die glorreiche Idee: Wir könnten ja Samba-Musik nach Coburg bringen. Der Ursprung war, wir haben den Coburger Mohr, so heißt der wirklich, also das hat jetzt nichts mit Rassismus zu tun, sondern so heißt der nun mal, das ist das Stadtwappen. Und haben darum eine Geschichte gebaut, dass dieser Coburger Mohr natürlich ein Sklave ist, der verschleppt worden ist, mit einer römischen Armee dann hierherkam und seine Nachfahren, die wurden dann Brasilianer. Und er war Trommler in der römischen Legion. Und so ist auch die Samba eigentlich aus Coburg nach Brasilien gekommen und dann von Brasilien wieder zu uns zurück. Und das ist die Ursprungsgeschichte zu Samba.
Markus: So schreiben Franken Geschichte, so ist es. Alles kommt letzten Endes von uns. Klar.
Holger: Ja, aber du musst immer noch zugeben, ein bisschen Hessen ist ja noch dabei. Also jetzt gib mal nicht wieder so an.
Markus: Hahaha! Aber das Selbstbewusstsein ist schon, also das ist ja egal. Also auf jeden Fall spannend. Und wer das noch nicht kennt, unbedingt mal dahinfahren, sich das anschauen. Christof, bist du da wehmütig, dass du nicht mehr dabei bist?
Christof Pilarzyk: Ja natürlich. Im Prinzip musst du dir vorstellen, das ist wie ein Kind, was auszieht. Aber es ist einfach so, jeder, der mich kennt, weiß, ich habe sehr viele Sachen gemacht und irgendwann im Leben rächt sich das natürlich, wenn du immer von beiden Seiten brennst. Und es ist mir leichtgefallen, aber der Rolf Beyersdorf macht das richtig toll. Und der ist auch alleine und ich sag immer, es ist gut, wenn man sich im Guten trennt, wenn man auseinandergeht. Ich hätte es einfach gesundheitlich gar nicht mehr geschafft, so einfach ist die Geschichte. Und natürlich ist es immer eine Wehmut, wenn die Vorbereitungszeit ist, das hast du immer noch im Kopf. Da 27 Jahre das zu machen, das ist natürlich eine riesenschöne Routine. Und vor allen Dingen, wenn man weiß, diese Gruppen kommen aus der ganzen Welt. Da waren wir immer besonders stolz darauf. Und das sind fast alles keine Profis, sondern Amateurgruppen. Und jeder, der das Samba-Festival mal besucht hat, der wird begeistert davongehen. Es ist laut, natürlich. Trommeln sind laut. Aber es sind ja nicht nur Trommeln, sondern auch andere Musik. Dieses Jahr musste das Samba-Festival leider abgesagt werden. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass wir nächstes Jahr da wieder toll durchstarten. Ich bin riesenstolz, dass ich Papa davon bin, oder auch Mama, je nachdem, wie man es sieht. Das ist einfach so ein Lebensabschnitt, den ich auch gar nicht missen möchte. Und immer verbunden mit unserem Fuhrmannstrunk, bis heute. Das macht der Hesse in Franken, so kann man sich entwickeln. Ich bin eigentlich eine Erfolgsgeschichte sozusagen. Ich kam als biertechnisch unterentwickelter Mensch nach Oberfranken und wurde hier kultiviert. Und das ist so mein Dankeschön für die Kultivierung das zurückzugeben, die Bierbegeisterung und auch die Begeisterung einfach hier für den Landstrich.
Markus: Was für ein schönes, schönes Schlusswort. Oder Holger, was sagst du?
Holger: Man kann es eigentlich nicht besser sagen. Ich muss ja auch zugeben, ich bin auch sehr gerne in diesem Landstrich und genieße da auch die Trink- und Esskultur, wie sie kaum mehr woanders so zelebriert wird. Das muss man wirklich sagen. Und du hast ja gesagt, Wirt, was gibt’s da Schöneres? Also das ist ja der absolute Traumberuf und das spürt man auch an jeder Ecke. Und das finde ich großartig. Toll, mit euch gesprochen zu haben. Ich bin bereichert und beglückt. So kann man in den Abend starten. Dankeschön!
Markus: Vielen Dank!
Christof Pilarzyk: Danke euch. Super!
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