Dieses Mal geht es tief ins Ruhrgebiet, genauer gesagt nach Bottrop. Begleite uns auf eine faszinierende Reise durch die Welt des Bieres mit unserem besonderen Gast, Arthur Riedel, dem ehemaligen Gesicht Deutschlands größter Biermarke und stolzen Gründer der Bottroper Bierbrauerei. Arthur war schon Teilnehmer bei den allerersten Seminaren der Deutschen BierAkademie und hat es bis zur Erfüllung seines Lebenstraums, der Gründung seiner eigenen Brauerei, geschafft. Im Talk teilt er seine inspirierende Geschichte – von den Anfängen in einer leerstehenden Kiosk-Immobilie bis zum Gewinn des Goldenen European Beer Star für das beste Kellerpils Deutschlands. Entdecke das authentische Ruhrpott-Feeling und wie Arthur mit Leidenschaft und Herzblut seine Brauerei zu einem regionalen Highlight gemacht hat. Also, schnapp dir ein kühles Bottroper Bier und genieße diese Episode…
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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute geht es mal in den Pott, also ins Ruhrgebiet. Wer die alten Folgen noch kennt, früher war ja Holger meistens mit dabei, für den wäre das ein Hochfest gewesen und ich bin mir sicher, er hört diesen BierTalk bald mit ganz viel Spannung und Freude an und fühlt sich dann ein bisschen zurück in seiner alten Heimat. Und, ja, wir sind also, wie gesagt, im Pott, wir sind im Ruhrgebiet, wir sind in Bottrop, wir sind bei unserem lieben Arthur Riedel. Einer der ältesten Biergefährten, in Anführungsstrichen, den die BierAkademie hat. Du warst bei unsern allerersten Seminaren dabei, bei den Masterkursen, begeistert von Bier und Schokolade, das war ein tolles Seminar, also viele schöne Sachen, die wir zusammen erlebt haben. Und du hast es wirklich geschafft, zu dem Gesicht Deutschlands größter Biermarke zu werden, also auch das muss man erst mal hinbekommen. Und die Krone der Evolution dann natürlich deine eigene Brauerei in deiner Heimat. Dass ist bestimmt auch so ein bisschen so ein Lebenstraum, den sich viele gerne verwirklichen würden, du hast es gemacht. Aber jetzt habe ich schon viel gesagt, vielleicht stellst du dich ganz kurz noch selber vor, zwei, drei Worte, was ich vielleicht noch vergessen habe.
Arthur: Ja, hallo Markus, grüß dich. Ich freue mich natürlich, dass ich jetzt beim BierTalk dabei sein darf, vielen Dank für die Einladung. Ja, kurz zu mir, Arthur Riedel, 51 Jahre alt, Braumeister und seit 2021 selbstständig mit 9 Freunden, wir sind zu zehnt und wir haben zusammen die Bottroper Bierbrauerei gegründet. Das ist jetzt der Schnelldurchlauf, da kommt noch einiges dazu, denke ich, im Laufe des Talks, ja.
Markus: Das denke ich mir, auf jeden Fall. Und natürlich auch noch die wunderbaren Bierchen, die du mir geschickt hast, drei an der Zahl, die dann bei mir eben eingetroffen sind, ein helles, ein dunkles und ein Doppelbock. Also auch wieder etwas sehr Schönes, wo ich mich als Franke natürlich auch völlig Zuhause fühle, bin ich schon mal ganz gespannt. Und, ja, vielleicht trotzdem kurz als erste Frage, bei zehn Freunden kommen einem ja immer elf Freunde in den Sinn. Waren es mal elf, waren es nie elf oder habt ihr jemals an diese Analogie gedacht?
Arthur: Haben wir und wenn man es genau nehmen will, der elfte Mann ist bei uns der Niklas, Niklas ist, ja, ein Junge aus der Nachbarschaft, der bei uns immer wieder mithilft und den wir jetzt mittlerweile als Arbeitskraft mit angestellt haben. Er ist nicht mit dabei als Gesellschafter, aber volles Mitglied, so kommen wir auf 11, plus unseren Frauen, die im Hintergrund sind und da haben wir praktisch eine komplette Fußballmannschaft zusammen, ja.
Markus: Na, dann bin ich ja wieder beruhigt. Und dass ist ja auch was, was im Ruhrgebiet durchaus wichtig ist und da muss man vielleicht auch ein bisschen dieses Lebensgefühl noch mal kurz den Menschen erklären, die das nicht so kennen. Also Bottrop ja eine Stadt eben, wie gesagt, mitten im Pott, da war die letzte Steinkohlezeche, die noch aktiv war. Noch heute laufen rund um die Uhr Pumpen, die dafür sorgen, dass das Stadtzentrum nicht im Wasser versinkt, weil es eigentlich tiefer liegt als das Wasser drum rum, aufgrund der Bergbaugeschichte. Also wirklich ganz viel Tradition, di man heute auch noch spüren kann. Du bist da groß geworden, wie ist es da, beschreib doch mal das Ruhrpott-Feeling für Anfänger.
Arthur: Ja, Ruhrpott-Feeling für Anfänger, Ruhrpott ist was Eigenes, also da hast du erst mal schon mal die eigene Sprache, unser Ruhrpott-Platt, wenn man so will. Der Umgang ist recht derbe aber herzlich untereinander und so ein gesunde Lokalpatriotismus ist da. Und Fußball, wie du sagst, spielt schon eine sehr große Rolle. Also da wird man reingeboren in einen Verein und dem bleibst du dein Leben lang treu. Und wir haben ja auf einer Länge von Dortmund bis Duisburg auf diesen 40 Kilometern auf der A40, mit Drittligaverein kommen wir auf bestimmt 10, 15 namhafte Vereine. Und da gibt es schon eine gute Rivalität, aber auch alles so schön im Bereich, so würde man das sagen, das Gefrotzel an der Theke und so, das gehört bei uns alles dazu.
Markus: Ja und auch eine interessante Mischung an Menschen. Wenn man überlegt, vor 150 Jahren waren das alles irgendwelche Dörfer und dann kommt die Industrialisierung, dann kommen die Kohlereviere. Dann kommen ganz viele Arbeiter, grade aus den damaligen ostpreußischen Gebieten, die sogenannten Ruhr-Polen und auf einmal ist die einheimische Bevölkerung in der Minderheit und plötzlich sind es Großstädte, überall raucht es, dampft es und zischt es und ein Selbstbewusstsein kommt natürlich auch auf, diese Malocher-, Arbeitermentalität. Ist das noch was, was man heute spürt in der Stadt?
Arthur: Ja, also ein absoluter Schmelztiegel. Meine eigene Vergangenheit ist auch, du sagst Ostpreußen, Oberschlesien, auch Bergbaugebiet. Viele Oberschlesier sind nach dem zweiten Weltkrieg in den Ruhrpott gekommen und das ist halt der Schmelztiegel, die ganzen immer SKIs, Skibowski, Kwiatkowsky, Kaschinski und wie sie alle heißen, die haben halt die Vergangenheit. Dann kam diese Welle mit den Gastarbeitern aus Italien, Griechenland, Türkei. Also wir sind schon ziemlich multikulti und da funktioniert das unheimlich gut. Also da sind wir ganz froh, dass passt gut zusammen.
Markus: Und ist dann grade so ein klassisches Bier wie ein Helles und ein Dunkles was, was Leute dann auch zur Identifikation so ein bisschen wollen oder brauchen?
Arthur: Also das Helle und das Dunkle, die Namen bei uns, das ist der Einfachheit geschuldet. Der Ruhrpottler an sich ist eher einfach, da wird kein großes Geschiss drum gemacht. Unser Helles ist kein klassisches Helles, sondern das ist so ein Kellerpils. Für uns war ganz klar, wir sind eine Pilsener-Region, da war das Pils gesetzt. Und als ich zu meinen Kollegen sagte, ich will aber noch ein zweites Bier mit dabei haben, dann sagte, ich will ein Dunkles dabei haben, da sind die direkt zusammengezuckt. Die hatten Köstritzer Schwarzbier sofort vor Augen und, klar, ein tolles Bier, wir kennen es. Und das ist aber halt ein Bier, davon trinkt man ein oder zwei und dann ist die Aromatik so intensiv, dass dann der Reiz da zum Weitertrinken nicht gegeben ist, und unser Dunkles ist halt ein Bayrisch oder ein Fränkisch Dunkel. Und die beiden Biere haben sich bei uns gut etabliert, also da sind unsere beiden Brot- und Butterbiere. Das Helle, stellen wir fest, also das Pils läuft in der warmen Jahreszeit deutlich besser und in der dunklen Jahreszeit läuft das Dunkle besser. Das hat sich echt bei uns so ganz gut etabliert, ja.
Markus: Ja, passt ja auch gut. Und ich finde auch schön, diese handlichen Flaschen. Also zumindest bei mir kam es hier in wunderbaren 0,33er-Flaschen an. Ich habe jetzt einfach mal das Helle in der Hand, weil, nachdem du grade schon so drüber gesprochen hast, muss ich sagen, kriege ich auch richtig Lust, dass wir es zusammen aufmachen, mit deinem Einverständnis natürlich.
Arthur: Klar.
Markus: Und was ich auch ganz toll finde, da prangt ein European Beer Star drauf. Also ich glaube, das können nur ganz wenige Braumeister, vor allem von so kleinen Brauereien, von sich behaupten, dass sie den gewonnen haben, da werden wir auch gleich noch drüber sprechen. Und dann steht da drauf: … und dann fängs´e schnell am Singen. Mal schauen, ob wir dich noch zum Singen bringen, aber auf jeden Fall sollten wir es mal aufmachen. Ich mache mal und tue mal ins Glas. Ich glaube, du hast schon losgelegt, oder?
Arthur: Ja, ich bin jetzt auch grade dabei, es zischt, ja.
Markus: So, da ist es. Apropos Singen, wie hättest du es gern, willst du erst was dazu sagen, soll ich meine Eindrücke schildern, wie würdest du es?
Arthur: Also diese Zitate, die wir da drauf haben, ich weiß nicht, wie weit dir Adolf Tegtmeier oder Jürgen von Manger was sagt.
Markus: Ja.
Arthur: Das ist so ein Ruhrpott-Comedian und der hat das Lied „Griechischer Wein“ auch auf Bottroper Bier umgedichtet. Und in dem Lied „Bottroper Bier“ kommt genau dieses Zitat vor und dann fängs´e schnell am Singen, also ein absoluter Gassenhauer aus den 70er-Jahren. Wir Bottroper sind natürlich davon überzeugt, dass der Udo Jürgens das Lied geklaut hat und den Text auf „Griechischen Wein“ umgedichtet hat, aber so ganz geklärt ist das aus unserer Sicht noch nicht, ne.
Markus: Ja, aber den Comedian kenne ich natürlich auch aus meiner Jugend, der war ja früher auch viel im Fernsehen. An dieses konkrete Lied kann ich mich nicht erinnern, aber ich werde das gleich nachholen, wenn wir fertig sind, da freue Ihnen mich schon drauf, spannend.
Arthur: Also ist ein Original und passt wie die Faust auf´s Auge, da wird von einem Arthur gesungen und Kneipe und Ruhrpott-Milieu und so. Und Bier ist natürlich der Schlager und der Headliner in dem ganzen Lied, also das passt unheimlich gut zu uns, ja.
Markus: Wunderbar. Also ich fange mal ein bisschen das Singen an, du kannst ja dann mit einstimmen. Also auf jeden Fall haben wir ein wunderbares goldenes, hellgoldenes Bier im Glas, schöner weißer Schaum, eine schöne Trübung. Und was mich am meisten begeistert hat auf den ersten Riecher sozusagen, ist die Nase, weil das für mich sehr viele Erinnerungen weckt. Also als ich jung war, das ist ja mittlerweile auch schon vier Jahrzehnte her oder so, aber da war es noch üblich, dass wir in Bamberg zum Beispiel, wir haben in einem großen Haus gewohnt, da gab es dann zwei-, dreimal im Jahr so eine Hausparty. Und das waren dann insgesamt, war ein Hochhaus, waren 50 Leute oder 60 und da hat man dann immer ein großes Fass Bier von irgendeiner der Bamberger Brauereien geholt. Und es war natürlich dann immer ein großes Highlight, wenn man dann dieses Fass, also damals bestimmt ein 50er-Fass, also richtig groß, wen man das angestochen hat und dann dieses erste schöne geniale helle Kellerbier ins Glas geflossen ist. Und dann erinnert man sich grade als Kind natürlich an Gerüche und so, und das riecht wirklich genauso. Also eine richtig schöne Mischung aus einerseits karamelligen, malzigen, getreidigen Tönen und auf der anderen Seite aber schon kräftige Hopfennote, auch schöne kräutige, leichte Citrusnote, spritzig auch von der Hefe, so eine schöne Frische. Und insgesamt sehr, sehr einladend, also was, wo man richtig, ja, eben Lust drauf bekommt und erinnert mich total an diese Biere, die ich da in meiner Jugend kennengelernt habe. Und das waren natürlich auch die Biere, die dann auch gelaufen sind, sagt man bei uns ja so schön. Also kann ich mir vorstellen, dass das bei euch auch so ist.
Arthur: Ja, das ist unser Anspruch, genau. Wir wollen unbedingt ein Bier haben, klar, es muss handwerklich topp ausgebraut sein, aber es soll zum Weitertrinken einladen. Grade wenn man bei uns unterwegs ist oder in unserem Ausschankraum steht, da wird keiner nach dem ersten Bier gehen, das ist immer unser Ziel.
Markus: Ja und du sagst, ein Kellerpils. Also ich glaube, das ist auch eine moderne Geschichte, früher waren das einfach die hopfenbetonteren Kellerbiere, mehr oder weniger, würde ich mal so sagen. Oder wie würdest du sagen, weiß ich gar nicht.
Arthur: Also unser Bier, wir müssen kurz schauen, was bei uns so verbreitet ist. Also drum herum sind große Industriebrauer, wir haben auch den Mittelstand mit Stauder in Essen und dass sind die Biere, wo unsere Kundschaft mit vertraut ist. Ich mache ja auch viele Bier-Tastings bei uns in der Brauerei und der Kunde ist schnell überfordert bei uns, wenn es zu speziell wird. Also müssen wir ein Bier haben, dass den Kunden anspricht, aber ein bisschen anders ist noch als die, ich sage jetzt mal, die großen industriellen Biere, aber noch nicht dazu neigt, zu überfordern. Das unser Kunde halt Spaß hat und sagt, oh, das schmeckt aber gut, das schmeckt anders, schmeckt ein bisschen intensiver. Und ich glaube, damit haben wir, mit dem Bier, haben wir das schon ganz gut hinbekommen.
Markus: Ja, also dem kann ich nur zustimmen. Ich habe mittlerweile einen Schluck genommen und muss sagen, es hat auch eine schöne Honignote, ganz angenehme Süße, ist aber trotzdem richtig schlank, also fast trocken und hat eine ganz tolle Bittere, die dann hinten raus kommt und sehr nobel ist, sehr spitz ist, sehr lange bleibt. Und ich kann mir gut vorstellen, dass das deutlich anders rüberkommt als das, was die Leute da so kennen, aber eben auf eine sehr angenehme Art und Weise. Weil durch das Malzige eben irgendwie auch ein bisschen süß und durch diese kräftige Bittere aber auch ein bisschen Selbstbewusstsein, ein bisschen, ja, nobler ist vielleicht das falsche Wort, aber halt für viele vielleicht gefühlt, ja, besser, ist vielleicht ein falsches Wort, ich weiß es nicht, aber, wir sind ja kein politisch korrekter Podcast, also dass ist das, was, glaube ich, bei den Leuten im Kopf ankommt. Und wo man dann ja auch vergleicht mit dem, was man sonst so hat und sagt, okay, das ist ein Bier, da lächele ich einerseits mehr und andererseits habe ich ein bisschen mehr diesen Eindruck, Mensch, ich habe ein tolles Bier getrunken. Und das ist, glaube ich, dann was, was verhaftet bei den Leuten, ne?
Arthur: Also unser Stammpublikum ist irgendwo so zwischen 40 und 65 und das sind noch die alten Pils-Trinker und bei denen kommt ein intensiver gehopftes Pils oder ein Bier in der Art recht gut an. Die können sich noch an die Zeiten früher erinnern, als die Pilsbiere im Ruhrpott auch alle kräftiger gehopft waren und das finden die schon alle recht angenehm.
Markus: Sind da noch viele dabei, die auch unter Tage waren?
Arthur: Ach nee. Das war, also bei mir war 90, bin ich von der Realschule gegangen und die, die damals noch zur Zeche gegangen sind, das war schon mit dem Bewusstsein, wir machen da die Ausbildung, aber dann wird auch Schluss sein. Also so diese richtige Petrologengeneration, das sind Leute wie mein Papa, der ist jetzt um die 80, mit seinen Kollegen, die waren noch richtig unter Tage viel. Und alles, was so nach den 90ern kamen, die haben zwar noch ein paar Jahre unter Tage gearbeitet, aber das war auch nicht mehr die Arbeit von dem Anspruch her, von dem körperlichen Anspruch vergleichbar mit dem, was sie in den 60er-, 70er-Jahren hatten.
Markus: Ja, das stimmt. Da gibt es ja oft diese Bilder, die man manchmal sieht, wie sie da in diesen Aufzügen zusammengepfercht da runterfahren und alles ist schwarz, man sieht nur noch die Augen dazwischen. Dass ist schon irgendwie, also einerseits wird das ja oft so ein bisschen romantisch verklärt, auf der anderen Seite muss das eine unglaublich harte und grausame Arbeit und Arbeitsumgebung natürlich auch gewesen sein und natürlich auch nicht ungefährlich, insofern spannend. Und ich frage mich auch immer so ein bisschen, wie das ist, wenn du das so sagst, so eine Generation, die eine Ausbildung macht in die Arbeitslosigkeit, also das ist schon irgendwie krass oder, wenn man sich das überlegt. Das gibt es ja heute auch noch Brandenburg oder so, ne?
Arthur: Nee, also so ist das nicht gelaufen, in die Arbeitslosigkeit sind die gar nicht gegangen, weil der Bergbau, der hat seine Leute sehr gut ausgebildet und wer dann Elektriker oder Schlosser gelernt hat, das waren ja so diese Standardberufe, die sind auch alle irgendwo wieder untergekommen danach. Also viele sind dann auch abgewandert von den Bergmechanikern, die ausgebildet wurden, die haben sich dann im Tunnelbau, haben die sich dann weiterbeschäftigt. Und das, was so diese Basis gelernt hat, Schlosser oder Elektriker, die sind in vielen anderen Unternehmen untergekommen, also wir haben schon einen sehr guten Strukturwandel mittlerweile im Ruhrgebiet.
Markus: Ah, das ist interessant. Danke schön, gut zu wissen. Und heißt ja dann, dass diese ganzen eben Bergbauberufe ihren Widerhall auch an der Oberfläche sozusagen hatten, wo die Leute dann ja auch unterkommen können. Ja, also auf jeden Fall ein schönes Bierchen, du sagst, klassisch hergestellt, lange ausgelagert. Was macht das Bier für dich von der Braumeisterseite aus?
Arthur: Wir arbeiten, also grade für mich, der jetzt aus Großbrauereien kommt und das Handwerk vor ja über 30 Jahren kennengelernt hat, da kannte ich das noch mit offener Gärung und Lagerung in liegenden Lagertanks und da hat das Bier aber auch seine sechs Wochen kalt bei 0 Grad bekommen. Und das waren für mich so Qualitätsmerkmale, die wollte ich für uns wieder umsetzen. Also wir haben eine Hauptgärung, wir machen ein Eintankverfahren und haben eine Hauptgärung von circa 12 bis 14 Tagen bei 12 Grad Celsius, dann kühlen wir das Bier runter auf 0 Grad Celsius und lassen es noch mal 6 Wochen nachreifen, dadurch setzt die Hefe sich sehr gut ab. Und wir haben keinerlei Probleme mit, ja, Hefen, die in sehr unansehnlicher bröckliger Form ausfallen, aber dadurch hat das Bier auch eine schöne Reife und ein gutes Aroma, einen guten Geschmack, ja.
Markus: Ja, ich finde, das merkt man auch, also es ist halt sehr rund. Also die Einzelteile, die durchaus kantig sind, fügen sich schön zusammen und sind dadurch eben, geben ein schönes rundes Ergebnis und das macht dann dieses vermeintlich einfache Bier wieder zu einem sehr schönes Komplexen und gibt eben dadurch, genau wie du sagst, diese Lust auch, da gerne dabei zu bleiben und noch ein zweites oder drittes zu machen. Gehen wir doch vielleicht erst mal in die Bottroper Brauereigeschichte, was habt ihr denn da für eine Brauerei stehen? Also wie kam das, hast du die konzipiert oder ist die vom Himmel gefallen oder war die schon da, wie war das?
Arthur: Bei uns war es so, wir sind 10 Freunde, die sich zusammengetan haben, kennen uns teilweise schon seit über 40 Jahren, der Älteste ist jetzt 61, der Jüngste ist 48. Klar, die werden in der Jugend nicht zusammen in einer Mannschaft Fußball gespielt haben, aber so im großen Bekanntenkreis mehr oder weniger kannte man sich, die meisten von uns kommen auch aus demselben Stadtteil. Und wie das halt so ist bei Jungs, nach der Ausbildung, nach dem Studium hat sich das Ganze ein bisschen zerlaufen, wir haben uns da lange Zeit auch nicht gesehen. Und als der Letzte von uns vor 10, 12 Jahren geheiratet hat, waren mal wieder alle zusammen. Und wie das auf so einer Hochzeit ist, irgendwann stehen die Kungs draußen, Bierchen, Zigarette und dann steht dieser alter Trupp da so zusammen, ich gucke mir die Jungs an und dann sagte ich zu denen: „Ja, Männer, in der Konstellation haben wir uns schon ewig nicht mehr gesehen. Jetzt hat der Letzte von uns geheiratet, wie lange wollen wir jetzt mit dem nächsten Treffen warten, bis wir die erste Beerdigung haben oder wie habt ihr euch das gedacht?“ Ja gut, dann gab es wieder lange Gesichter, du und Beerdigung und so. Sage ich, aber ist doch wahr, welchen Anlass nehmen wir denn jetzt? Und dann hat ein Kollege das ganz aktiv angepackt und der hat das so organisiert, dass wir uns dann einmal im Jahr im Sauerland, in Winterberg getroffen haben. War so ein Männerwochenende, war eine schöne Geschichte. Zu der Zeit war ich schon Biersommelier, da haben ich immer zu diesen Anlässen auch verschiedene Bieren mitgebracht, die wir dann verkostet haben, war immer recht gesellig, hat Spaß gemacht. Und irgendwann, das war 2017, als wir uns getroffen haben, haben die Kollegen mich gefragt, ob wir uns nicht mal in Olpe treffen können? Dort lebe ich, weil ich ja zu der Zeit bei der Krombacher Brauerei gearbeitet habe. Ja, ob wir nicht mal die Brauerei besichtigen können? Ja, da sind die 2018 nach Olpe gekommen. Ich habe zu der Zeit ein kleines Sudwerk mit 20 Litern schon gehabt, habe dann für den Anlass einen dunklen Bock gebraut, den haben die verkostet, haben Spaß dran gehabt. Danach sind wir zur Krombacher Brauerei gefahren, haben die besichtigt. Ich glaube, der ein oder andere hatte das erste Mal in seinem Leben unfiltriertes Bier probiert, fanden sie auch gut. Ja, das war dann halt ein nettes Wochenende im Oktober und Anfang Dezember kriege ich einen Anruf, wir wollen eine Telefonkonferenz mit dir machen. Ich sage: „Was habt ihr denn, habe ich irgendwas ausgefressen?“ Nee, dann saßen auf der anderen Seite in Bottrop, saßen dann 8 oder 9 von den Kollegen und ich saß alleine in Olpe und dann ging das Thema los mit, wir wollen auch Bier brauen. Sage ich: „Wie stellt ihr euch das vor, das ist doch nicht mal eben?“ Pass auf, wenn du das kannst, dann können wir das auch, ne, Wertschätzung von Kollegen. Und Ende vom Lied war dann halt, wir haben zu zehnt einen 50-Liter-Sudwerk gekauft und haben dann am 01. Mai 2019 im Keller von einem Kollegen, haben wir das erste Bier gebraut, deshalb Bottroper Bier seit 2019. Und so ist das Ganze dann losgegangen. Du kannst dir ja vorstellen, wenn 10 Kerle zusammen Bier brauen, dann hat jeder noch mal mindestens 5 Freunde, das war natürlich für uns zu wenig. Es hat sich rumgesprochen, wir haben Spaß gehabt, unsere Freunde haben Spaß gehabt und dann kam der Gedanke auf, in jeder Stadt drum herum gibt es eine Brauerei, nur in Bottrop nicht, wollen wir nicht in Bottrop wieder eine Brauerei aufmachen und so ist das Ganze dann entstanden.
Markus: Wahnsinn! Also fast eine Bilderbuchgeschichte eigentlich. Ja und viele dieser Bausteine, kann ich mir sehr gut vorstellen, also Winterberg war ich auch des Öfteren schon, auch interessante Abende verbracht, durchaus auch mit Freunde. Und, ja und auch die Situation kenne ich gut, wenn man mit seinen alten Freunden zusammen sitzt. Also in meinem Freundeskreis gab es auch tatsächlich schon die ersten Beerdigungen und das ist dann tatsächlich so ein Thema, wo man sich dann zusammensetzt und sagt: „Okay, so Baum gepflanzt, Haus gebaut, Sohn gezeugt oder so, was machen wir denn jetzt noch?“ Und da ist Brauerei eigentlich eine ziemlich schöne Perspektive, die ja dann irgendwie auch Spaß macht und auch wieder zusammenführt offensichtlich. Und finde ich cool, also auch, dass die dann in dir auch den Kristallisationspunkt gesehen haben. Wie ging es dann weiter, also dass es dann zu einer professionellen Geschichte wurde?
Arthur: Ja, dann ging das Ganze los mit der Suche einer Immobilie, wo wir das machen können. Wir haben verschiedene Vorstellungen, Ideen gehabt. Mein Traumwunsch war eine große Industriehalle, Zeche oder halt einfach was Industrielles, große Halle, roter Backstein, viel Platz. Das war aber für uns nicht finanzierbar, das war schon alles weg und nicht machbar. Und in dem Stadtteil, in dem wir alle großgeworden sind, Bottrop-Fuhlenbrock heißt der, da haben wir einen Kiosk, an dem wir schon als, ja, Kröten sagt man bei uns, die Klümpchen geholt haben, dann später Zigaretten und alles, was man so brauchte, um erwachsen zu werden und dieser Kiosk stand zu dem Zeitpunkt seit 12 Jahren leer. Einer von unserer Truppe ist zu dem Inhaber marschiert, hat den dann gefragt: „Hör mal, was hast du mit dem Haus vor?“ Und das war ein alter Fuchs, der sagte sofort: „Was habt ihr denn damit vor? Ja, wir wollen eine Brauerei aufmachen. Da hat der sich erst mal weggeschmissen, wollte uns das Ganze nicht glauben, aber irgendwann hat der gemerkt, die Jungs meinen das wirklich ernst und dann konnten wir dieses damals 137 Jahre alte rote Ziegelbacksteinhaus, konnten wir Anfang 2020 kaufen. Haben das dann ein Jahr lang renoviert, bis wir einen Standard hatten, dass wir eine Brauerei, also einen Lebensmittelbetrieb darein machen können, dass wir einen Ausschankraum dabei. Und, ja, ich kann dich nur einladen, wenn du bei uns in der Ecke bist, komm vorbei, damit du siehst, wie wir die Gebäudestruktur erhalten haben, das Ganze hat so einen eigenen Charakter, einen eigenen Charme. Und da haben wir 2020 komplett ein Jahr lang renoviert, bis wir in der ersten Januarwoche 2021 anfangen konnten zu brauen. Ja und dann ist es losgegangen, mit 4 Lagertanks. Und es ist relativ bescheiden losgegangen. Das heißt, wir haben ein 10-Hektoliter-Sudwerk gekauft, 2 Geräte-Sudwerke und 4 Lagertanks dabei. Und dann war jeder Tank oder ist bei uns 8 Wochen belegt und dann haben wir praktisch alle 2 Wochen 1.000 Liter Bier gehabt, 10 Hektoliter. Und unser Anspruch war, regelmäßig den Kiosk aufzumachen. Und als wir losgelegt haben, war ein Andrang, das war der Hammer, also wir waren innerhalb von Stunden, waren wir ausverkauft. Wir haben das halt versucht, mit Wartelisten zu regeln, hat auch nicht funktioniert. Und als wir den Verkauf an einem Mittwoch vor dem Christi-Himmelfahrt-Donnerstag hatten, hatten wir vor unserem Kiosk eine Schlange, die war fast 300 Meter lang. Also da ist noch zufällig einer von der Bottroper-Online-Zeitung, der wollte mal eben Bier holen. Weil, wir haben einen 6-Träger fertiggemacht, es gab einen halben Liter Helles, ein halben Liter Dunkles, ein Glas von uns dabei, ein Glas mit Bismarck-Hering für den Tag danach und dann gab es noch ein Schnäpschen dabei. Das war halt so ein Paket, bei den Vätern unheimlich beliebt und da wollte jeder noch was haben. Und als der von der Online-Zeitung mal was holen wollte, der ist einmal bei uns vorbeigefahren, auf der anderen Seite ist ein Kreisverkehr, der hat gedreht, ist zurückgefahren, hat seine Kamera eingeschaltet., und dieses Video gibt es, glaube ich, noch bei YouTube, also der ist dann ganz langsam die Schlange abgefahren. Es sind neue Freundschaften entstanden, die Leute haben alle ein Bier gekriegt und, ja, war ein Wahnsinnsding, also hat schon mächtig Spaß gemacht.
Markus: Ja und ihr habt natürlich da auch durch den glücklichen Zufall, wie auch immer man das bezeichnen mag, mit der Pandemie, auch noch mal was, was natürlich eine Geschichte ist, die alle berührt hat, alle verbindet. Und wo genau solche Sachen dann eben, wo man da neue Freundschaften finden kann, wo es auch positive Storys gibt und so, das, glaube ich, verbinden viele Leute auch damit und dann bleibt es dann auch noch mal positiver in Erinnerung. Wie war das denn, also ich meine, auf der einen Seite habt ihr dann ja auch ein bisschen Glück, in Anführungsstrichen, gehabt, weil das heißt ja, eure Hauptrenovierungszeit fiel ja dann in dieses erste Lockdown-Jahr, wo wahrscheinlich eh alle ziemlich viel Zeit hatten oder, war das so?
Arthur: Ja, die Problematik war für uns, klar, viele hatten Homeoffice, aber wir durften nicht mit mehr, ich glaube, die Auflage war 2 oder 3 Leuten, auf der Baustelle sein. Das heißt, wir haben in Schichten gearbeitet, wir haben uns abgewechselt. Es gab ja auch unheimliche Auflagen, wie viele Personen zusammen sein dürfen und all so ein Zeug. Und das haben wir dadurch geregelt, dass wir dann halt in Schichten gearbeitet haben und viel auch in Eigenleistung machen konnten. Also das war Fluch und Segen zugleich. Und auf der anderen Seite das, was sich daraus entwickelt hat, das wurde von den, ja, Bürgern und von den Medien halt sehr positiv aufgenommen, weil es waren mal positive Nachrichten, die verkündet werden konnten, Bottroper Bier hat aufgemacht, es gibt Bottroper Bier und der Andrang und Party und, und, und. Also alles, was wir gemacht haben, wurde halt sehr wohlwollend aufgenommen und halt entsprechend auch kommuniziert und das tat uns unheimlich gut. Und eine Geschichte, die sich dann daraus entwickelt hat, im September 2021 war in Bottrop ein Musical, also relativ kleine Veranstaltung und die haben uns eingeladen und haben gebeten, dass wir unser Bier dort ausschenken, in Flaschen rausgeben. Dann gab es auch eine größere Firmenfeier, die wollten auch unser Bier haben. Und wir haben dann im September unser Bier mit so 2 Einarmfüllern also komplett immer abgefüllt und das, was abgefüllt war, ist in Kisten gegangen. Unsere Kunden konnten am Kiosk das Leergut zurückgeben, konnten aber nichts Frisches mitnehmen. Ja und das war für beide Seiten frustrierend. Also wir haben Leergut angenommen, wir haben Bier in der Brauerei gehabt, aber wir konnten nichts verkaufen, weil wir das Bier halt für die Events gebraucht haben. Und dann war für uns die Frage, wollen wir auf diesem kleinen Niveau weitermachen, dass alle Leute nur unglücklich macht oder packen wir es an und vergrößern uns? Und das war dann halt der Zeitpunkt, wir haben mit einem befreundeten Architekten gesprochen, der hat sich dann unser Grundstück angeguckt, was man da machen kann. Und dann haben wir 2022 eine Halle mit 160 Quadratmetern drangebaut, noch mal 6 Tanks dazu gekauft, einen Füller dazu gekauft und jetzt sind wir halt auf dem Weg, dass wir weiter ausbauen, zweimal die Woche öffnen können. Wir haben jetzt mittlerweile 15 oder 16 Handelspartner, die unser Bier auch mit vertreiben und wir haben uns in der Region, glaube ich, ganz gut etabliert, ja.
Markus: Ja, das ist doch eine wunderbare Geschichte, auch schön zu hören und auch schön zu hören, dass die Leute da eben auch eine Verbindung wieder zu ihrem Bier, zu ihrer Region finden. Und ich bin auch wirklich schon sehr gespannt, die Einladung wurde registriert, wenn ich mir das dann vor Ort anschaue. Also auch grade das finde ich immer toll, wenn man es eben hinbekommt, die lokale Architektur in Verbindung, in Einklang zu bringen eben mit einer neuen Nutzung. Wobei natürlich bei einem Kiosk irgendwie die Nutzung schon immer auch da war, dass man da offensichtlich auch was getrunken hat, insofern ist es ja nur eine Weiterführung, aber auf jeden Fall freue ich mich da schon drauf, dass zu sehen. Und ich kann mir auch vorstellen, ich meine, gut, wenn jemand von der Krombacher Brauerei kommt, also werden wir auch gleich noch ein bisschen drüber sprechen, aber dann hat man natürlich schon eine andere Sudgröße im Kopf. Das heißt also, für dich ist dann schon auch klargeworden, okay, an der ein oder anderen Stelle, da macht es dann eben Sinn, schrittweise zu erweitern, die Kapazitäten und so. Also das heißt, du hast dann auch eine Menge Erfahrung mitgebracht, die, glaube ich, diesem Projekt viel geholfen hat, ne?
Arthur: Ja, also die Erfahrung habe ich aus Großbrauereien mitgebracht. Ich habe ja gelernt, meine Ausbildung habe ich gemacht von 92 bis 95 in Duisburg bei der König Brauerei, dann bin ich nach Kulmbach und Bayreuth, um dort meinen Handwerksbraumeister zu machen, das war 98/99. Und dann war ich noch bis 2008 bei der König Brauerei und habe 2008 von der König Brauerei zur Krombacher Brauerei gewechselt und da war ich Braumeister, also Abteilungsleiter. Da hat man sich aber sehr spezialisiert, also bei Krombacher jetzt war ich verantwortlich für die Filtration, für die Herstellung der Biermischgetränke, für die Planung. Und bei 8 Abfüllanlagen und bei der Größendimension, die Krombacher hat als größte Brauerei in Deutschland, da musst du mit einem Drucktank da zusehen, dass die Biere entsprechend da sind, auch die Biermischgetränke und so, das war mein Hauptjob. Also von der Brauerei, von dem Handwerk des Brauens, von der Entwicklung der Biere, war ich von meinem Job her relativ weit entfernt. Dadurch, dass ich Biersommelier war, habe ich wieder einen guten Draht mit der Forschung und Entwicklung gehabt, da konnte man dann auch ein bisschen was machen. Aber für die Geschichte mit der Bottroper Bierbrauerei, da musste ich mich ganz wieder zurückdenken in die kleinen Bereiche. Also wir haben jetzt ein 10-Hektoliter-Sudwerk, wir haben 10- und 20-Hektoliter-Tanks, da arbeitest du mit ganz anderen Dimensionen. Und da habe ich unheimlich viel zulernen können, zulernen dürfen, auch ein bisschen die Erfahrung mit reinbringen können, aber war viel Umstellung. Also das war schon sehr spannend für mich, die Zeit, ja.
Markus: Ja und was du natürlich auf jeden Fall hast, ist ein sehr, sehr großes Netzwerk und das hat dir ja wahrscheinlich auch da gut geholfen.
Arthur: Absolut.
Markus: Bevor wir da noch weitersprechen, würde ich sagen, also dass ist jetzt ein bisschen falsch, allegorisch zu sagen, wir sind auf der dunklen Seite der Macht angekommen, aber wir haben ja jetzt einfach noch ein schönes dunkles Bier. Und nachdem mein Helles sich schon irgendwie ganz schnell verabschiedet hat, wollte ich mal fragen, wollen wir vielleicht mal das Dunkle zwischenrein angehen, bevor wir weitersprechen?
Arthur: Ja, sehr gern.
Markus: Na gut, dann machen wir.
Arthur: Ich hatte auch ein bisschen ein schlechtes Gewissen, dir nach Franken 1/3-Liter-Flaschen zu schicken, aber da habe mir gedacht, der soll sich mal an unsere Pott-Größe gewöhnen, der Franke, wir haben aber natürlich auch 1/2-Liter-Flaschen da, ja. Also wir haben 1/2-Liter-, 1/3-Liter-Flaschen und saisonal, so wie jetzt vor Ostern, haben wir auch 1-Liter-Flaschen im Angebot.
Markus: Na, wunderbar. Außerdem, muss ich sagen, du hast ja eben nicht nur eine geschickt, sonst wäre ich vielleicht wirklich ein bisschen traurig gewesen, aber so ist es doch wunderbar, dann greift man halt ein bisschen öfter zu, auch okay. Und ich meine, als Franke kann man ja sagen, so ein Schluck pro Flasche ist ja auch schön. Nein, also machen wir hier mal auf, so. Huih! Ja, also wie du schon angekündigt hast, also ein schönes Dunkles und zwar eher in dieser fränkischen Variante, also jetzt nicht pechschwarz, sondern kastanienbraun, aber richtig intensiv, mit einem schönen Leuchten, so ein orange-goldener Schimmer, der einem so ein bisschen entgegenspringt. dann ein richtig schöner brauner getönter fester Schaum, der da oben draufsitzt. Und von der Nase her ganz viel so Nuss, Nuss-Nougat, ein bisschen rote Beeren, Malz natürlich, Karamell und auch sowas Frisches wieder. Also das, finde ich auf jeden Fall, war beim Hellen ja auch schon so, eine richtig schöne angenehme frische Note. Ja, also ich muss mal einen Schluck nehmen, Moment.
Arthur: Gönn dir.
Markus: Ja, wunderbar. Also da sieht man, dass die beiden durchaus miteinander verwandt sind, aber halt die Parameter sich verschieben. Jetzt heißt es, ein bisschen mehr Süße, ein bisschen mehr Malzkörper. leichte schöne Röstaromen, aber jetzt nicht ganz intensiv Kaffee oder so, sondern eher so Nuss, nuss-nougatig.
Arthur: Es sollten ganz dezente Noten sein, was das Dunkelmalzige anging. Röstig wollte ich gar nicht drin haben, das kann ich bei meinen Spezialbieren gerne mit reinbringen. Aber auch das soll ein Bier sein, wir haben Gäste, die stehen auf das Dunkle, also die Biere polarisieren, die einen stehen absolut auf das Helle, die anderen auf das Dunkle. Und die sagen, das ist ein Dunkles, dass kannst du den ganzen Abend sehr gut trinken und so wird das auch wahrgenommen.
Markus: Ja und es hat auch wieder eine schöne kräftige Bittere und die hat hinten raus so, wie soll ich es beschreiben, fast was Mentholiges irgendwie, also so ein bisschen was Erfrischendes auch noch mal, was schön die Süße wieder abfängt, also ganz, ganz angenehm. Arbeitest du da mit besonderen Hopfen?
Arthur: Da nehme ich bei beiden Bieren, nehme ich Hallertau Perle.
Markus: Ah ja, schön.
Arthur: Also eher ein klassischer Hopfen, und die letzte Hopfengabe erfolgt bei mir im Whirlpool, damit noch ein bisschen die Aromen mitziehen kann. Beim Dunklen, denke ich, kommt ein bisschen Bittere auch über die Röstmalze mit rein.
Markus: Also auf jeden Fall ein sehr angenehmes Bier, auch wieder schön schlank. Ja, kann ich mir sehr gut vorstellen, dass die Leute da gerne ein bisschen länger dabei sitzen. Und es ist ein schöner Kontrast auch zu dem hellen, also kein extremer Kontrast, aber ich habe halt eine Wahl zwischen den beiden oder kann auch hin und her. Das ist wahrscheinlich das Beste, dass würde ich wahrscheinlich tun, einmal so und einmal so, dann wird einem auch nicht langweilig, das ist doch schon mal sehr schön. Aber, wie du schon sagst, das Dunkle an und für sich kannte man jetzt eher vom Köstritzer oder von einem Altbier oder so, oder?
Arthur: Bei uns ist es wirklich der Einfachheit geschuldet, weil wir im Pott, da macht sich keiner groß Gedanken über German Style Kellerpils oder bayrisch oder fränkisch Dunkle. Dass muss ein Dunkles ein oder ich nehme ein Helles, fertig und so gehen die Leute auch bei uns damit um.
Markus: Ja, also das verbindet die Franken mit den Ruhrpottlern, muss ich sagen, also.
Arthur: Ja, so habe ich mich in Franken immer so wohlgefühlt.
Markus: Ja, nee, absolut, also das gab es ja bei uns früher, also kenne ich auch noch von früher, eben Hell oder Dunkel, das war die Wahl. Und irgendwann kam dann mal noch Weißbier dazu, aber das war dann schon schwierig, aber da hatte man eine eindeutige Unterscheidung durch das Glas, aber ansonsten, das war es dann auch in Sachen Bierstil. Aber war ja auch okay, also es ging ja da auch einfach drum, was zu trinken zu haben, Punkt.
Arthur: Ja.
Markus: Und all das, was es mittlerweile so alles gibt, das war da ja noch nicht so also. Beziehungsweise ist die Frage, war früher mehr Lametta oder nicht, keine Ahnung. Aber vielleicht mal kurz reingefragt, du hast ja eben auch Biersommelier, glaube ich, 2012 oder sowas gemacht und warst ja dann einerseits bei der Krombacher, andererseits in dieser Biersommelierwelt unterwegs und parallel dazu hat sich ja dieses ganze Craft-Beer-Thema in Deutschland so ein bisschen entsponnen und war ja sehr präsent auch in den Medien bis vor wenigen Jahren. Wie hast du denn das so erlebt und, ja, hat dich dass dann irgendwie auch beeinflusst in gewisser Weise?
Arthur: Ja, absolut, also für mich war das eine totale Bereicherung. Ich habe kurz nach meiner Ausbildung, war man neugierig und einer meiner Vorgesetzten hat eine Zeitlang in Irland gearbeitet, dann habe ich den gefragt, wie braut man denn ein Stout? Also ich muss sagen, was haben wir gelernt in der Berufsschule, wie man Pils braut, wie man Alt braut, wie man Kölsch braut, ein bisschen Weizen war bei uns im Pott auch noch mit dabei in der Berufsschule in Dortmund. Dann hat man mal vielleicht über den ein oder anderen Bock gesprochen, aber dann war auch vorbei. Und ich wollte mal wissen, wie braut man ein Stout und ich wusste, dass er ein, zwei Semester auch in Irland war und dann war die Antwort für einen jungen Brauer, der es wirklich wissen will, war die Antwort, ach, alles kein Reinheitsgebot, alles scheiße. Und das war eine Aussage, von der war ich doch ziemlich enttäuscht, muss ich sagen, und auch in der Meisterschule haben wir noch nicht viel Licht ins Dunkel gebracht. Aber als ich das erste Mal bei Wolfgang Stempfl bei Doemens war und der Wolfgang die Palette der belgischen Biere aufgemacht hat, das war für mich eine totale Bewusstseinserweiterung, also das war total krass. Ich hatte ja den Splitt-Kurs, wir waren erst beim Wolfgang, also wirklich waren erst in München und dann in Obertrum, und was uns da vermittelt wurde, in dieser relativ kurzen Zeit, das war für mich so viel Neuland. Und wir haben das dann auch weiter sehr aktiv gepflegt mit meinem Biersommelierkurs, mit dem wir immer noch einen sehr engen Draht haben und das ist absolute Fortbildung und ich finde das auch für den Biermarkt unheimlich spannend. Also du sagtest ja schon, ich war bei Krombacher, wenn man die großen Biere verkostet oder sich die Entwicklung der großen Markenbiere angeschaut hat in den späten 90er-Jahren bis so 2005, 2006, die Pils-Biere waren sowieso alle vergleichbar. Die Bittere wurde ja immer weiter runter gefahren, da waren kaum noch Nuancen oder es waren nur Nuancen, wo man das noch unterscheiden konnte, und durch die Craft-Beer-Geschichte mussten die Großen sich auch ein bisschen bewegen. Und wenn man sich jetzt anschaut, wie viel Biere die Großbrauer, diese ehemaligen Monobrauerereien mit in ihrem Portfolio haben, das ist alles den Craft-Brauern geschuldet, also da haben die schon sehr gute Arbeit geleistet.
Markus: Das stimmt auf jeden Fall. Und du hast ja dann eben auch innerhalb der Krombacher es geschafft, so ein bisschen zu dem Gesicht zu werden, für diese neueren Biere oder Herangehensweise. Also einerseits finde ich das ziemlich geil, also ich könnte mir vorstellen, dass das schon ein tolles Gefühl ist, wenn man sagt, okay, Deutschlands größte Brauerei hat genau ein Gesicht, dass die Nase in die Kamera hält für diese Brauerei und dass bin ich. Auf der anderen Seite, wie entsteht sowas? Also haben die irgendwann Mal intern gefragt, wer hat Lust, dass zu machen oder wie hat sich das entwickelt?
Arthur: Also das war so eine Geschichte, als Biersommelier war ich sowieso immer begeistert, was so die Vielfalt der Biere anging. Und dann kam Krombacher mit der Geschichte Brautradition. Gut, das ist jetzt kein Geheimnis, wenn ich sage, das Kellerbier Krombacher ist ein unfiltriertes Pils. Dann gab es ein Kellerbier dunkel. ja, heutzutage weiß man, wie man bei Großbrauereien ein helles Bier dunkel machen kann und dass ist dann unfiltriert und dann heißt es Kellerbier dunkel. Und da habe ich ein bisschen als Braumeister gegen rebelliert und habe auch gesagt: „Leute, das kann doch so nicht sein, da muss doch mal irgendwo das Handwerkliche der Brauer auch mal rüberkommen.“ Und, ja, in so einem großen Laden, da gibt es verschiedene Hierarchien und als Braumeister stehst du jetzt grade nicht auf der oberster Leiter. Und dann, von oben wurde einiges geblockt, aber es gab auch Leute rechts und links davon, die hatten ein offenes Ohr und haben gesagt: „Eigentlich hat er ja Recht, warum machen wir nicht irgendwas mit einem neuen Rezept?“ Und dann war die Frage, ja, was willst du denn machen? Und dann habe ich direkt aus der Schublade vier Rezepte rausgeholt, die präsentiert und die sind dann irgendwann beim Inhaber gelandet und der sagt: „So, das setzen wir jetzt um“ und so kam es halt zu diesem Krombacher Landbier. Ja und als die Geschichte halt dann angelaufen ist und die Marketingleute fanden das auch unheimlich spannend und sympathisch, das Bier war aus meiner Sicht auch ganz ordentlich und dann habe ich gesagt: „Okay, dann mache ich beim Marketing dann mit.“ Weil die mich gefragt haben, ob ich bereit wäre, auch mein Gesicht dann halt vor die Kamera zu halten und dann haben wir halt diese Werbekampagne für Krombacher Landbier mitgemacht, ja.
Markus: Ja, also sagst du jetzt in Ruhrpottischer Bescheidenheit, aber das ist schon eine coole Nummer gewesen, muss ich sagen. Und, ich meine, es ging ja auch ein bisschen damit einher, dass man gesagt hat, okay, also das war ja da, als diese erste Craft-Welle, in Anführungsstrichen, so ein bisschen abgeebbt war und man irgendwie so ein bisschen Ernüchterung verspürt hat, dass eben jetzt nicht alle auf einmal IPA trinken. Und im Gegensatz dazu so eine Bewegung eben aufkam, zusammen mit Veltins zum Beispiel mit seinem Kellerbier, dass sie rausgebracht haben und anderen Ähnlichen dann auf den Markt, dass man gemerkt hat, okay, diese klassischen Bierstile, das ist doch eigentlich spannend, weil das verbindet beides. Also auf der einen Seite hat man viel Handwerk und viel Regionalität, auf der anderen Seite aber eben hohe Drinkability und einfach bewährte Bierstile, die Leute gerne trinken, wo ich jetzt nicht in eine Exegese und in eine Ausbildung gehen muss, bevor ich überhaupt mein Bier trinken kann. Und das, finde ich, hat diese Kampagne als eine der Ersten so richtig zelebriert, diese beiden Welten so ein bisschen zu feiern. Und da warst du auch ein gutes Gesicht dafür,
Arthur: Danke.
Markus: ja, weil du warst nicht so alt, aber auch nicht so jung und auch nicht irgendwie schon verbraucht in irgendeiner Hinsicht, sondern halt wirklich jemand, der das auch glaubwürdig rübergebracht hat. Und das war wirklich eine tolle Geschichte, also habe ich damals sehr bewundert. Und ich habe auch ein paar Verkostungen mit den Bieren gemacht, ich fand die auch gut, also das war schon eine coole Nummer. Gab es da eine eigener Brauerei dafür?
Arthur: Nein, das wurde in Krombach direkt mitgebraut, also das konnte man da so mit einfließen lassen, das passte, ja, das war okay.
Markus: Ja, spannend, okay. Also das auch gesehen und du kannst auch in der Rückschau sagen, das war für dich auch eine coole Zeit, oder?
Arthur: Ja klar, war aufregend, es hat Spaß gemacht. Ein Highlight war, ich saß Zuhause am PC und es lief auch teilweise Fernsehwerbung und meine Frau liegt auf dem Sofa und guckte Nachrichtensender und auf einmal fällt sie fast vom Sofa, weil mein Gesicht im Fernsehen war. Also das war schon ganz witzig, da haben wir viel drüber gelacht zuhause.
Markus: Hat sie was gesagt, nee? Ah, doch, im Fernsehen, nicht schlecht.
Arthur: Ja, so ähnlich. Also ich fand diese Zeit, so 2012 den Biersommelier gemacht, die Craft-Beer-Welle, das ging hier so, glaube ich, ab 2010 in Deutschland los. Was jetzt ein bisschen in Vergessenheit geraten ist in letzter Zeit, das war das, was die Radebergers geleistet haben. Also die waren ja totaler Vorreiter und die haben ja eine unheimliche Qualität rübergebracht mit BraufactuM, aber das ist beim Verbraucher nicht angekommen, der Verbraucher war einfach noch nicht reif dafür.
Markus: Ja, insgesamt, ja und ich glaube, der ganze Markt war nicht reif dafür. Aber der Anspruch, den sie hatten, war großartig. Und sie waren auch die Ersten, die es überhaupt transportiert haben, dass man eine Kühlkette für Bier braucht. Und insofern, also da haben wir mit dem Marc Rauschmann schon, glaube ich, zwei BierTalks mittlerweile mal gehabt, wo wir da drüber gesprochen haben. Dass ist echt schade einfach, weil ganz viel von diesem sehr positiven Willen und Wirken einfach so ein bisschen verpufft ist und sich dann irgendwann Mal auch gezeigt hat, aber dann war eben BraufactuM schon quasi Geschichte. Beziehungsweise jetzt ist es ja wiederbelebt, also sind wir mal gespannt, wie es sich weiterentwickelt. Aber das stimmt, die werden oft so ein bisschen vergessen. Die haben zumindest auf diesem nationalen Level, waren die, glaube ich, die, die am meisten Reichweite dafür auch entwickelt haben.
Arthur: Ja, also die haben da richtig viel Arbeit reingesteckt und auch monetär viel gemacht, also da ziehe ich immer noch meinen Hut vor, ja.
Markus: Apropos, also der Marc war ja da auch viel international unterwegs und hat auch belgische, amerikanische Biere importiert. Warst du denn dann auch Bier-mäßig viel auf Reisen, jetzt mal jenseits von Irland? Oder vielleicht warst du da ja auch, weiß ich gar nicht.
Arthur: War ich noch gar nicht, in Irland. Klar, privat, wenn ich mit meiner Familie unterwegs bin, ich kann mich an eine Geschichte erinnern, also wir haben Urlaub in Kroatien gemacht und auf dem Hinweg habe ich 2 Brauereien besucht, auf dem Rückweg habe ich 1 Brauerei besucht. Und dann wurden wir von der A3 umgeleitet, dann ging es Richtung A70 und dann sage ich so zu meiner Familie: „Wir könnten auch in Memmelsdorf bei Hanno Straub, könnten wir jetzt Mittagessen gehen, auch eine tolle Brauerei.“ Und da kam nur von allen dreien nein! Und mein Sohn ganz diplomatisch, Papa, ganz ehrlich, wir wissen, dass das alles immer toll ist bei dir, aber wir können keine Brauerei mehr sehen. Also läuft das bei uns Zuhause. Mittlerweile ist mein Sohn 19, da läuft das auch ein bisschen anders. Aber eine ganz große Geschichte bei uns ist der Biersommelierkurs, den wir 2012 gemacht haben. Wir treffen uns immer noch einmal im Jahr und eine unserer ersten Reisen ging zum Beispiel nach Belgien. Wir haben uns in Trier getroffen bei der Kraft Bräu, beim Sebastian Nguyen und sind von da aus dann rüber nach Belgien, haben dann Orval besichtigt und Liefsmann, Timmermans, wir waren bei Duvel, Brasserie Caracole, eine ganz kleine Brauerei. Und das versuchen wir jedes Jahr einmal hinzukriegen, dass wir immer wieder verschiedene Brauereien besichtigen und uns da halt in der Richtung ein bisschen weiterbilden. Da ist ein ganz guter Input untereinander, jeder, der mal irgendwo war und was spannend findet, der bringt das Ganze zu uns. Und so bringe ich mich weiter, auch über die Biersommeliergeschichte. Jetzt war ich die letzten 3 Jahre leider nicht mehr auf Fortbildungen vom Verband. Oder aber auch in Bamberg, wenn ich an die Fortbildung bei dir denke, unheimliche Bereicherung für mich, da profitiere ich heute noch von, ja. Also noch mal vielen Dank, Markus, war echt tofte!
Markus: Danke schön. Ja, aber ich finde, das ist genau der Punkt, dass wir, sage ich mal, als Biersommelier-Community wirklich auch ein bisschen füreinander da sind und auch offen füreinander sind. Und das ist eigentlich ziemlich egal, wohin man irgendwie fährt, es sitzt immer irgendwo einer und da kann man dann eben vorher sich mal melden und man kriegt dann ein paar Insider-Tipps. Und je nachdem, wie intensiv man dann auf der Bierseite sein will, kann man das dann auch und man ist auf jeden Fall immer irgendwo ein bisschen vor Ort verwurzelt. Und dass ist schon eine tolle Möglichkeit, einfach auch zum Beispiel einen Landstrich kennenzulernen, eine neue Stadt kennenzulernen, wenn man eben von der Bierseite aus da rangeht und nicht so rein von der touristischen. Insofern, also da hast du Recht, das ist eine ganz große Bereicherung, was auch unheimlich viel Freude macht. Und dass ist eine fast arschlochfreie Zone, was auch schön ist, dass man wirklich überall liebe, nette Menschen hat, die einen auch aufnehmen, die einem auch helfen, wenn mal was ist. Also dass ist schon, ja, toll und da gebe ich den Dank zurück.
Arthur: Da kann ich dir nur beipflichten. Ist eine Erfahrung, die meine Kollegen jetzt vom Bottroper Bier neu kennengelernt haben, die auch meinen Sohn sehr faszinierend. Wenn wir unterwegs sind, wir machen auch immer allein, also Vater-, Sohn-Tour immer über Vatertag und dann gucke ich, welche Brauereien wir besichtigen können, kontaktiere die Kollegen kurz, relativ kurzfristig. Und ich habe es noch nie gehabt, dass irgendwo eine Tür zu geblieben ist. Oder wenn, dann kommt ein Feedback, hör mal, heute passt das nicht, wie sieht das denn morgen Nachmittag bei dir aus, kriegst du das noch anders hin? Und dann kommst du da rein und man wird meistens, eigentlich immer herzlich empfangen und jeder nimmt sich eine kurze Zeit und man kann über die Biere quatschen, ein bisschen Bier mitnehmen, dann abends verkosten und so. Also da halten wir Brauer und Biersommeliers wirklich einen unheimlich guten Draht und ich finde, wir haben eine geile Branche, ja.
Markus: Ja, also dem kann man nur zustimmen. Und apropos, das Dunkle hat sich schon wieder verabschiedet, da sollten wir jetzt vielleicht noch den Doppelbock angehen, wenn du noch kannst.
Arthur: Jaja, ich denke, ich kann noch, ja, kriegen wir hin.
Markus: Okay, also den Fuhlator. Wenn ich dir richtig zugehört habe, hat es was mit dem Stadtteil zu tun, aus dem kommst, oder?
Arthur: Genau, unser Stadtteil heißt Bottrop-Fuhlenbrock und wir lege jetzt viel Wert auf Regionalität und dann haben wir überlegt, unser Maibock oder generell, wir haben auch einen Winterbock, dann ist das unser Fuhlenbrock. Und dann, ja, die Story zum Fuhlator kann ich gleich erzählen, als wir dann überlegt haben, welchen Namen wir dafür nehmen, dann habe ich den Jungs noch erzählt, ein untergäriger Doppelbock hat die Endung -ator, der obergärige hat die Endung -us. Und ich habe nur den Fuhlator vorgeschlagen, da sagten sofort alle anderen: „Ja, das machen wir, das hört sich gut an, da lassen wir uns was einfallen, ja.“
Markus: Ja, also da ist auch ein schöner individueller Name mit Geschichte, das ist doch bestens, über die Entstehung bin ich dann auch noch gespannt. Ganz kurz zu dem, was ich hier im Glas habe, es ist so ein bisschen die Steigerung von dem Dunklen, was ich grade hatte.
Arthur: Ein bisschen rötlicher, ne.
Markus: Ein bisschen rötlicher, genau, leuchtet noch ein bisschen mehr. Ist natürlich ein bisschen fester am Glasrand, das merkt man, weil da ein bisschen mehr Alkohol ist. Und in der Nase haben wir jetzt noch mehr Karamell, noch mehr Rosinen, auch ein bisschen weinige, fast erdbeerige Noten. Das ist nämlich auch sehr schön, dass da was Fruchtiges dabei ist.
Arthur: Also ich finde, der Alkohol, den nimmt kaum wahr erst mal, also von der Nase her, den hohen Alkoholgehalt.
Markus: Ja, nee.
Arthur: Und dafür, dass der 21% Stammwürze hat.
Markus: Woah, da ist Dampf dahinter. Nee, also, genau, also vom Geruch her, finde ich, dominieren diese Malzaromen, aber auf eine sehr schöne Art und Weise. Es ist nicht einfach nur bäm, Röstmalz, sondern da ist wirklich eine sehr schöne Komplexität da, mit diesen ganzen fruchtigen Aromen, eben mit den Rosinen, weinigen, nussigen, Toffee so ein bisschen, Biskuit auch. Also eine ganz, ganz vielschichtige Aromatik. Gebrannte Mandel, also hat ganz viel zu erzählen, das gefällt mir richtig gut.
Arthur: Ja, ich habe aber bei der Kombination mit dem Malz nicht gespart, da kam einiges zusammen.
Markus: Woah! Und schön weich, also im Mund merkt man dann die Alkoholprozentchen schon. Aber gut, dafür sind sie da.
Arthur: Ja und wärm ein bisschen, ne.
Markus: Und erwärmt auch im Abtrunk, im Abgang sozusagen, kann man so ein bisschen nachverfolgen, wie er so die Speiseröhre runter rinnt und macht warm, das ist aber gut. Also ich war ja grad erst anderthalb Wochen im Bett gelegen, mir hilft das jetzt sehr, um wieder zu den Lebensgeistern zu kommen, also wunderbar, sehr schön. Und du sagst, du hast an der Malzecke nicht gespart. Haben wir auch noch gar nicht drüber gesprochen, ich glaube, die Malze kommen fast alle hier bei mir aus Franken, oder?
Arthur: Ja, ja. Also wir haben da einiges ausprobiert und ich bestelle eigentlich alle meine Malze in Bamberg, ja. A) Habe ich mit den Kollegen einen sehr guten Draht, man kennt sich schon sehr lange. Und da haben ich auch sehr gute Ansprechpartner, wenn es darum geht, ich brauche ein neues Rezept und ich habe die und die Idee von der Malzmischung her, da will ich in, was würdest du mir empfehlen? Glaubst du, ich sollte die nehmen oder würdest du mir lieber ein anderes empfehlen? Weil, weißt du, wenn du Karamünch eins, zwei, drei hast, die kann ich nicht alle auseinanderhalten, die kann ich auch nicht alle unterscheiden. Und dann will ich schon den Fachmann haben, der mir da ein vernünftiges Feedback gibt und das funktioniert sehr gut, ja.
Markus: Ja, dass, finde ich, ist auch ein ganz entscheidender Bestandteil, glaube ich, heutzutage in den Mälzereien, dass die eben auch quasi eine Rezeptberatung, im positiven Sinne, machen können. Weil, wie du schon sagst, man einfach nicht über die mittlerweile durchaus stattliche Palette an verschiedensten Malzen und verschiedensten Einsatzoptionen und Temperaturen und was weiß ich was allem, den Überblick behalten kann, ist ja klar und da ist natürlich gut, wenn einem Leute dann entsprechend unterstützen. Und das eben auch nicht nur Leute sind, die jetzt so hell, dunkel im Kopf haben, sondern die eben auch mindestens nationale, eher vielleicht sogar internationale Sichtweise haben und man damit halt viele Bierstile auch einfach umsetzen kann und die Klaviatur halt schön spielen kann und das merkt man hier auch toll. Und wieder auch eine ordentliche Bittere. Also das merkt man wirklich allen drei Bieren an, dass auch an der Seite nicht gespart worden ist, sondern dass es wirklich grade in Sachen Drinkability und ich glaube, auch wirklich für die Leute, die so einen Kern der Marke haben wollen, gehört das bestimmt dazu, oder, dieses Knackige am Ende.
Arthur: Ja und grade beim Bock. Also da muss ich an einen Kollegen, auch ein Franke, denken, der war zu meiner Zeit Leiter der Forschung und Entwicklung, der Andreas Bech in Krombach, mit dem habe ich auch viel gequatscht und ausgetauscht. Also ich glaube, der hat mehr über Bier vergessen, als ich jemals wissen werde, ein guter Mann. Und da habe ich den Spruch immer im Hinterkopf, also ein Bock, der braucht Hopfen, der braucht einen ordentlichen Hopfen dahinter, weil sonst ist der zu schwer, der ist zu mastig im Mund. Und das war jetzt so ein Spruch, den habe ich auch bei diesem Bier, habe ich das beherzigt. Und ich glaube, von der Gesamtkomposition her passt das auch alles.
Markus: Ja, also ist auf jeden Fall rund, es fällt nicht auseinander. Es fällt aber halt auf, obwohl wir diese 9 % haben, obwohl wir diese intensiven Malzaromen haben, trotzdem einen schönen Abgang haben, der dann schön mit der Bittere ausklingt und den Mund auch wieder saubermacht. Und man eben in keinster Weise jetzt satt und voll und eben nicht mehr kann, sondern da nimmt man gerne noch ein Schlückchen. Also spannend, cool, Glückwunsch zu diesem tollen Bier. Die Geschichte bist du uns noch schuldig, wie kam es da dazu?
Arthur: Da muss ich ein bisschen weiter ausholen, also wir haben ja, ich sage immer, unsere Brot- und Butterbiere sind das Helle und das Dunkle. Recht spannend ist, wir machen zweimal im Monat bei uns offenen Ausschank und wenn ich dann so durch die Gegend laufe, dann haben wir unsere eingefleischten Stammkunden da und da gibt es immer Diskussion, das Helle oder das Dunkle. Dann ist unser Anspruch, einmal im Quartal haben wir noch eine dritte Sorte dabei. Sobald die dritte Sorte dabei ist, redet keiner mehr über Hell oder Dunkel, sondern immer nur über die dritte Sorte und da zerreißen sie mich. Und angefangen hat das letztes Jahr mit dem Maibock. Ich habe einen Maibock eingebraut, der ein bisschen anders war, der hatte 16,5 % Stammwürze und von den Malzen her waren wir eher so ein bisschen intensiver, Rotgold fast. Und ich habe dann aber mit dem Hopfen gespielt, der hat dann in der Kaltreifung noch Bavaria Mandarina und Citra bekommen, sodass der dann schon fruchtige Noten hatte. Wir haben am 1. Mai Maibockanstich gemacht, war ein tolles Event und ein Bier, dass polarisiert hat. Die einen fanden das gut, die anderen fanden es nicht ganz so gut und so ist das halt, wenn man Spezialitäten mit dabei hat. Im Sommer haben wir ein Sommerlager rausgebracht. Das Sommerlager ist ein leichtes Bier mit 3,9 Vol.-%, 10,8, 10,9 % Stammwürze, das habe ich dann mit Citra kaltgehopft. Wir haben es nur auf 1/3-Liter-Flaschen abgefüllt, und das Ganze, haben wir letztes Jahr Glück gehabt, grade haben wir das abgefüllt auf 1/3-Liter-Flaschen, da hatten wir eine Hitzewelle im Juni, Ende Juni, Anfang Juli, innerhalb von 2 Wochen waren die 1.000 Liter weg, weil die Leute das als Durstlöscher so wahrgenommen haben. Die Meisten hatten die Citra-Noten in der Nase, die dachten, wir hätten einen Radler gemacht. Sage ich: „Das ist kein Radler, das ist alles nach dem Reinheitsgebot“ und das Bier ist echt gut gelaufen, ja. Dann haben wir zum Winter hin, haben wir einen Winterbock, ein dunkler Bock, auch so mit 7,5 % Alkohol. Und bei dem Winterbock, da mache ich die Kalthopfung mit Monroe. Monroe, finde ich, ist ein sehr interessanter Hopfen.
Markus: Stimmt.
Arthur: Von dem habe ich schon lange, ja, einen Gedanken gehabt, schon zig Jahre. Als ich das erste Mal Monroe in der Nase hatte, mit diesen dunklen roten Früchten, da habe ich immer gedacht, den kannst du irgendwann Mal mit einem dunklen Bock kombinieren, das dunkle Malzige mit den roten Früchten und das passt vorzüglich in die dunkle Jahreszeit. Unseren Winterbock, den stopfe ich halt damit. Der hat teilweise leichte Marzipannoten dadurch sogar, kam bei den Tastings unheimlich gut an, bei unserer Kundschaft kam das gut an. Ja und das waren so die Biere, die wir nebenbei gehabt haben. Und letztes Jahr im Oktober habe ich mit meiner Frau, mit unserem Van waren wir unterwegs, auf dem Rückweg aus Österreich haben wir dann am Chiemsee übernachtet, waren noch mal bei Schönram abends schön essen. Und dann habe ich überlegt, willst du jetzt vom Chiemsee bis Olpe durchfahren, auf dem Weg liegt noch Franken. Habe ich den Ossi Kundmüller angerufen von Weiher und habe den gefragt, wie das aussieht, das war ein Freitag, sage ich: „Können wir bei euch vorbeikommen, ein Bierchen trinken und dann auf dem Brauereihof übernachten?“ Ja, sagt er, komm vorbei. Wann willst du kommen, heute? Ich so, ja. Ja, wir haben Bockbieranstich. Ich so, ja, jetzt erst recht, und da sind wir dann da hoch. Wie das halt so ist, ja, da war noch ein Sommelierkollege aus Detmold da und wie das halt so ist, wir haben alle zusammengesessen, Spaß gehabt. Und dann gab es den Rolator, den Doppelbock von Weiher da, vom Roland. Und als ich dann Nachhause gekommen bin, stand ich bei uns in der Brauerei, meine Jungs standen in der anderen Ecke, haben abgefüllt, ich habe grade geschrottet. Und wenn du da alleine an dieser Schrottmühle stehst und die Säcke reinschmeißt, mit Kopfhörern oben drauf, dann wirst du irgendwann kreativ. Und irgendwann habe ich die Schrottmühle ausgemacht, bin zu den Jungs rüber und habe gesagt: „Männer, ich habe Bock, einen richtig kräftigen Doppelbock zu brauen.“ Da gucken sie mich an, wie stellst du dir das vor? Sage ich: „Ja, so einen ordentlichen Doppelbock, schön malzig, süffig, dass der gut runtergeht.“ Ja, dann mach das doch. Das war so grade im Oktober, ja und dann haben wir den Anfang November, habe ich den eingebraut, 4 Wochen bei 12 Grad gelagert und dann bis Februar noch mal bei 0 Grad reifen lassen. Ja und was ist jetzt das Endprodukt, haben wir im Glas. Wir haben den Anfang Februar dann abgefüllt, ja, Ende Februar hatten wir dann Bockbieranstich, richtig schön in so einer alten Mühle in Bottrop. Ja und das war ein tolles Event und ein guter Auftakt. Also da kommt der Doppelbock her.
Markus: Da war ganz Bottrop dann aber ganz schön benebelt, glaube ich.
Arthur: War eine gute Party, ja.
Markus: Das denke ich mir. Ja, also das ist schon, ich meine, also 9 %, das ist eine Herausforderung. Aber, mein Gott, also die Leute müssen ja wissen, wie man damit umgeht. Und das ist ein absolut tolles Bier. Also das ist auch ein echtes Genießerbier, nicht nur eins, was man mal so in sich reinkippt, sondern eben auch wirklich was, wo man auch Foodpairing-mäßig ganz viel damit anfangen kann. Also da hast du schon ein tolles Tool, glaube ich, gemacht. Machst du auch sowas, also so Seminare, wo dann Leute eben auch zum Beispiel Foodpairing ausprobieren können?
Arthur: Ja, also wir machen in der Brauerei 2 bis 3 Bier-Tastings im Monat, die führe ich dann auch alle durch. Und dann bin ich auch halt sehr aktiv als Biersommelier. Wir haben jetzt diese Woche, bin ich in der Bernadus-Kapelle in Oberhausen-Sterkrade. Der Tobias Fleckner, der Koch, hat in einer Kirche seine Event-Gastronomie, der hintere Bereich der Kirche ist immer noch Sakral. Und der Tobias, der war bei mir bei einem Bier-Tasting vor 2 Jahren, fand das ganz gut, hat sich erst mal gar nicht als Koch zu erkennen gegeben. Und ich finde das immer fantastisch und spannend, wenn ich mit einem Koch zusammenarbeiten kann. Und was ich dann erst im Nachhinein erfahren habe, der Knabe ist Olympiasieger der Köche, der ist Bundesverdienstkreuzträger und all so ein Zeug. Und er hat da noch einen Maître Wein von einem 5-Sterne-Hotel dazu eingeladen, und es gibt jetzt zu jedem Gang, gibt es ein Bier und einen Wein und das ist natürlich spannend. Also wir kriegen beide, der Weinsommelier und der Biersommelier, wir kriegen beide dann das Menü vorgegeben, das haben wir letzte Woche durchgesprochen und jeder von uns wählt dann entsprechend seine Begleitung aus. Und die Gäste haben dann die Möglichkeit, den direkten Vergleich zu haben, Bier oder Wein, was passt jetzt zu diesem gang besser? Das sind so Geschichten, da habe ich natürlich richtig Spaß dran. Und bin auch viel im Sauerland unterwegs als Biersommelier, auf der Burg Schnellenberg machen wir immer wieder Events und, ja, das macht wirklich Spaß, ja.
Markus: Ja, auf jeden Fall. Also wir werden das auch verlinken in den Shownotes, man kann dich buchen als dein Biersommelier sozusagen und da gibt es also die Möglichkeit, wirklich mit dir ganz viele Dinge rund um das Thema Bier zu erleben. Und das finde ich also eine sehr faszinierende Idee zu sagen hier, eine Bier- gegen Wein-Battle live vor Ort zu machen. Lasst ihr die Leute dann auch abstimmen, was ihnen am besten geschmeckt hat oder wie macht ihr das?
Arthur: Ja, also die entscheiden das selbst, bei jedem Gang, wo es besser gemundet hat. Und ganz witzig war es, wir haben es ja letztes Jahr schon mal gemacht, nach dem 3. Gang kam der Weinsommelier zu mir, sagte: „Meine Stammgäste sagen, ich hätte jetzt grade das 3. Mal gegen dein Bier verkackt.“ Sage ich: „Ast rein, nein, mach dir keinen Kopf.“ Ich meine, wir sind ja vom Fach, wir kennen das Ganze ja, wenn man die Aromenspektren ja zerlegt, wie viel Aromen hat ein Wein, da sind wir irgendwo bei knapp über 800 und beim Bier liegen wir bei über 2.000 verschiedenen Aromen. Wenn man das Spektrum kennt und man kennt seine Biere und man weiß, wie man das ein bisschen kombinieren kann, dann glaube ich schon, dass wir mit einem Bier ein bisschen weiter vorne sind als der Weinsommelier.
Markus: Ja klar und der hat halt auch immer noch das Limit, dass er oft keine Kohlesäure hat, dass halt der pH-Wert sehr ähnlich ist und so und da ist es dann natürlich schon schwierig, gegen diese Vielfalt anzukämpfen, die die Biere bieten. Und man trinkt natürlich auch, also Bier vielleicht noch mal ein bisschen anders, grade in Verbindung mit Essen. Also ich mag das auch gerne, dieses bisschen battlen, im positiven Sinne. Weil, ich meine, was es ja am Ende immer macht ist, dass Leute bewusster genießen, also sowohl ihr Essen, als auch das Bier, als auch den Wein. Und da wollen wir sie ja hinführen, dass man eben weggeht von einer Verrichtung einer Notwendigkeit, dass ich irgendwas trinken und essen muss, zu einem echt bewussten Genuss, weil ich dann eben auch die Dinge ganz anders wertschätzen kann und auch bereit bin, andere Preise dafür zu bezahlen und natürlich auch verantwortungsvoller mit dem Alkohol umgehe und all diese Dinge. Das hat ja was damit zu tun, das wirklich zu genießen und zu wertschätzen. Und das fängt mit so einer Veranstaltung auf jeden Fall an beziehungsweise, das ist schon auf einem sehr hohen Niveau. Aber, ich glaube, da gibst du vielen Leuten einfach viel mit und dafür ist es natürlich perfekt. Also auch da werde ich mich mal einladen, wenn ich in der Nähe bin, das klingt auf jeden Fall toll.
Arthur: Also der Einstieg bei uns, bei den Bier-Tastings, die wir in der Brauerei machen zum Beispiel oder die auch sonst extern mache, da geht es darum, die Biervielfalt vorzustellen. Es geht ja gar nicht darum, irgendwie eine Werbeveranstaltung für Bottroper Bier zu machen, sondern mit den ersten Bieren stelle ich die Rohstoffe vor. Und das Ganze wird halt kombiniert, warum habe ich bei dir Bier und Schokolade mitgemacht, solche Geschichten. Da gibt es dann eine Schokolade oder es gibt einen Käse oder es gibt mal eine Wurst dazu, dann wird das Ganze entsprechend kombiniert, dass man die Aromen noch mal rauskitzelt oder halt ein bisschen was rausnimmt, wenn irgendwas zu intensiv ist. Und vielen meiner Gäste geht es danach so, boah, hätte ich ja nie gedacht, hätte ich ja nie gedacht, dass das so schmecken kann. Oder in der Kombination, nehmen wir mal die Geschichte mit Schlenkerla, bei uns im Ruhrpott, wenn ich jemanden ein Schlenkerla vorsetze, das Schlenkerla Märzen, die sind alle überfordert. Gebe ich einen Schwarzwälder Schinken dazu, dann kommt der große Aha-Effekt, oah, wer hätte das gedacht, das kann man ja doch trinken. Sag ich: „Klar, das wird jetzt nicht euer Lieblingsfernsehbier beim Fußball, aber so kann man das Ganze kombinieren.“ Und dann führe ich die da auch noch ein bisschen weiter und erzähle denen was von, du grillst doch auch bestimmt Zuhause, hast du schon mal ein Pulled Pork gemacht? Ja, habe ich gemacht. Sage ich: „Jetzt stell dir mal vor, dein Schweinenacken liegt 18 Stunden im Smoker, dann holst du dazu noch so ein Schlenkerla. Was meinst du, wie begeistert deine Gäste sind.“ Und so gehen die dann bei mir aus den Tastings raus und sagen: „Ja.“ Und als Feedback habe ich auch schon bekommen von Teilnehmern, die bei mir waren, uns als Sommelier, wenn man das Glas so in der Hand hält, dann schwenkt man das halt immer wieder, man riecht da dran, wir haben ja Spaß an den Aromen. Und einer meiner Teilnehmer, der kam mal zu mir und sagte: „Hör mal, seit ich bei dir beim Tasting war, ich stehe jetzt jedes Mal so und schwenke das Glas und rieche da dran.“ Sage ich: „Ja und da kannst du noch einen draufpacken, wenn du das nächste Mal in der Kneipe bist und du kriegst das erste Bier, dann riechst du da dran. So mache ich das natürlich immer, man will ja die Wahrnehmung sofort haben, das frische Bier. Und dann guckst du den Wirt ganz ernst in die Augen.“ Und dann? Dann wird er dich sofort fragen, ob irgendwas nicht in Ordnung ist. Kam er beim nächsten Tasting dann zu und sagte: „Du hast Recht, das ist wirklich so, die werden alle nervös.“ Sage ich: „Genauso läuft das.“
Markus: Sehr schön, ja, wunderbar. Also da hast du schon mal ein Biersommeliergeheimnis verraten, ohje, ohje. Nein, alles gut, sehr, sehr schön. Ja, also langsam aber sicher müssen wir zum Schluss kommen, glaube ich, aber ich wollte noch ganz kurz zwei Sachen besprechen, also einerseits euer Logo. Ich glaube, das ist vielen auch nicht so bewusst, dass ja Bottrop dieses Wahrzeichen hat, den Tetraeder.
Arthur: Richtig.
Markus: Dass ist ja was Faszinierendes. Also andere haben eine Burg oder eine Kirche oder so und ihr habt eine große Metallkonstruktion. Kannst du uns mal aufklären, was ist denn dieser Tetraeder genau und wie kommt der auf euer Logo?
Arthur: Also wir haben in Bottrop oder im Ruhrpott ist es so, es gibt diese Abraumhalden. Unter Tage wurde die Kohle abgebaut, die Kohle konnte man gebrauchen, aber um an die Kohle dranzukommen, hat man ganz viel Abraum, sprich, Steine und so aus dem Berg geholt und die wurden auf Halden gebracht. Und auf einer der Bottroper Halden steht der Tetraeder, das ist so ein, ja, Wahrzeichen, man kann da draufklettern, hat einen wahnsinnigen Überblick über das ganze Ruhrgebiet. Und da haben wir überlegt, was können wir als Logo nehmen und da haben wir jetzt die vereinfachte Form des Tetraeders genommen. Und im Nachhinein wurde ich schon vereinzelt drauf angesprochen, ob wir irgendwas mit dem Templerorden zu hätten? Aber das ist totaler Quatsch, haben wir nix mit zu tun. Und der Name Bottroper Bier war für uns klar, dass wir Bottroper Bier heißen wollen, das war überhaupt keine Diskussion intern. Aber es gibt ja, wie gesagt, dieses Lied von Jürgen von Manger, Bottroper Bier. Das musst du dir unbedingt anhören, Markus, dann weißt du, wovon ich rede. Uns war erst nicht ganz bewusst, wie das mit den Namensrechten aussieht. Und der Jürgen von Manger, der ist vor 30 Jahren verstorben, seine Frau ist verstorben und die beiden hatten keine Erben. Und jetzt kommt der große Vorteil, wenn man eine Truppe hat mit 10 Leuten, das ist unter anderem ein Polizist dabei, dann haben wir den Beamten mal an die Arbeit gekriegt und haben gesagt: „Du siehst jetzt zu, dass wir die Erben vom Tegtmeier rauskriegen.“ Und dann sind wir auf die Moni von Manger gekommen, das ist seine Nichte. Die Moni selbst ist Sängerin und sie lebt in Hagen, die haben wir dann besucht, bevor wir mit der Brauerei losgelegt haben. Und sie hat dann den Carsten Bülow dazu geholt. Der Carsten Bülow ist auch ein Schauspieler, der die Stücke von Tegtmeier auf der Bühne aufführt. Und wir haben denen vorgestellt, was wir vorhaben und gefragt, ob wir den Namen Bottroper Bier verwenden dürfen? Und dann haben sie sich das Ganze angehört, sagten: „Ja, das passt.“ Dass Lied und so, dass ist alles geschützt und wir durften aber jetzt den Namen mitnehmen und so hat sich das Ganze dann entwickelt mit der Story. Deshalb, der Saft fürs Leben und so, alles so Zeilen aus dem Lied, ja.
Markus: Wahnsinn. Also mir kommt grad wirklich so eine Filmszene vor Augen, wie ihr da zu zehnt mit einem Kasten Bier auftaucht und an die Tür klopft, dann schaut die da aus der …
Arthur: Ja, wir waren nur zu viert und wir hatten auch kein Bier dabei, weil die Brauerei stand ja noch nicht, aber, ja, die haben uns verstanden.
Markus: Ja, ja, aber ich denke mir nur, wenn man das verfilmen würde, wäre das bestimmt eine geniale Szene, wer ist dann da draußen, 10 Jungs und ein Bier. Naja, egal, also auf jeden Fall sehr schön. Und zum Abschluss noch, der European Beer Star, das ist ja auch wirklich eine schöne Geschichte. Also ich glaube, die meisten Hörer kennen das, aber noch mal, um das kurz einzusortieren, also der European Beer Star ist einer der beiden großen und ältesten Bierwettbewerbe der Welt, wird jedes Jahr in Deutschland veranstaltet, mittlerweile in Nürnberg und dort, ja, sind 1.000e von Bieren aus der ganzen Welt, die gegeneinander antreten. Und so ein Bierstil, wie eben ein unfiltriertes Helles, ist jetzt kein seltener Bierstil. Das heißt, da sind viele, viele Brauer, eben von der Mongolei bis nach Chile oder so, die da um diesen Titel konkurrieren. Und dann gibt es eine Jury von so 120 Leuten, auch relativ erlesen auch aus der ganzen Welt, die sehr erfahrene Beerjudges sind, die das dann eben auch bewerten, über 3 oder 4 Durchgänge, bis dann so ein Bier von der Vorrunde bis zum Finale durchkommt. Also am Ende den Goldenen Beer Star zu bekommen, das ist wirklich eine unglaubliche Leistung und noch mal eine unglaubliche Bestätigung. Wie hast du das erlebt und wie ging das so für dich und wie war es so, als du das erste Mal die Meldung bekommen hast, wie war das?
Arthur: Ja, also das war absolut geil, das war direkt bei uns im ersten Jahr. Wir haben im Sommer ein Voting gehabt vom Falstaff Magazin, dieses Genussmagazin, da ging es um die beliebtesten Kleinbrauereien in den einzelnen Bundesländern. Und da haben wir unsere Community aufgerufen, also viel über Facebook, Instagram und die konnten jeden Tag voten. Und wir haben da mit Abstand in Nordrhein-Westfalen die meisten Stimmen gehabt und bundesweit hatten wir dann auch die meisten Stimmen, da war wir schon die beliebteste Kleinbrauerei in Nordrhein-Westfalen, da war im Sommer. Und dann im November, ich bin von Bottrop, also ich lebe ja immer noch in Olpe, bin dann von Bottrop nach Olpe gekommen, ich saß abends auf dem Sofa und da gucke ich auf mein Handy, Nachricht vom Verband der Kleinbrauer oder mittelständischen Brauereien-Verband oder irgendwie sowas. Und Brille nicht aufgehabt und dann klicke ich das Ganze an und werden meine Augen immer größer, da sage ich zu meiner Frau: „Ich muss ja an den PC.“ Und dann kam die Nachricht mit, wir haben Gold geholt in der Kategorie German-Style Kellerpils. Und das ist natürlich, das war ein Hammer und für mich als Brauer sowieso. Bei unseren Verbrauchern oder Freunden und Bürgern in Bottrop kam das auch unheimlich gut an. Aber im Endeffekt, der Verbraucher draußen, der kann mit sowas nicht viel anfangen. Also für mich persönlich, das war eine Auszeichnung der Arbeit, der Leistung, die wir bisher gebracht haben. Und eine Geschichte war auch, als ich im Oktober in Weiher war bei Kundmüller, dann stand ich da, erst mal mit dem Ossi gequatscht und dann stand ich mit einem Gast zusammen. Und wer bei Weiher war, der kennt ja diese Trophäensammlung. Für mich ist das die beste oder die erfolgreichste Brauerei, die wir in Deutschland haben, Kundmüller. Und dann sagt einer von den Urfranken zu mir: „Hör mal, das mit den ganzen Pokalen, taugt das was, ist das schon was Besonderes?“ Sage ich: „Ej, das ist die Hammerbrauerei hier.“ Also bei den Bürgern selbst, bei den Biertrinkern selbst, glaube ich, da ist das gar nicht so, da fällt das gar nicht so schwer ins Gewicht.
Markus: Nee, da bin ich bei dir, das ist absolut so. Mir ging es vor allem eben um die Empfindung, die man so als Braumeister hat, weil, das hat man auch nicht so oft im Leben, dass man den Goldenen Beer Star gewinnt.
Arthur: Also für mich persönlich ist das schon ein absoluter Erfolg und auch eine Bestätigung der Arbeit. Und was so ein bisschen immer hinten runterfällt, weil das ja nirgendwo steht, mit unserem Dunklen waren wir zweimal im Finale. Also wir waren unter den besten Acht, haben es aber nicht unter die Top 3 geschafft. dass ist das, was mich noch mehr wurmt.
Markus: Naja, Gott, kann sich ja noch ändern. Aber auf jeden Fall, also das ist eine coole Sache und ist einfach auch noch mal eine schöne Bestätigung, wie du sagst, deiner Arbeit und dass ihr da eben durchaus was richtig macht und auch qualitativ, nicht nur emotional, wirklich da am Puls der Zeit seid und tolle Biere macht. Was sich ja jetzt hier im Tasting auch sehr schön bestätigt hat, also vielen Dank, das war ein toller Einblick in deine Biere, deine Brauerei, dein Leben sozusagen.
Arthur: Danke, Markus.
Markus: Und, ja, wünsche ich dir heute noch einen wunderschönen weiteren Tag, ganz, ganz viel Erfolg weiterhin mit dem Bottroper Bier und freue mich schon sehr, wenn ich dann mal live vor Ort bin, dann können wir vielleicht so einen zweiten Teil live aufnehmen.
Arthur: Ja, cool, immer wieder gern. Und, ja, ich freue mich immer wieder, wenn wir uns sehen, es gibt ja immer was zu quatschen bei uns.
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