BierTalk 11 – Interview mit Markus Hoppe von Hoppebräu aus Waakirchen

Markus Hoppe tingelte als Braumeister um die Welt, aber verlor dabei nie sein eigentliches Ziel aus den Augen – die eigene Brauerei. Was 2010 als „Markus Hoppes Garagenbräu“ begann, wurde 2018 mit dem eigenen Sudhaus erwachsen. Ein Jahr später öffnete der sympathische Oberbayer die Pforten seiner „Zapferei“, in der frisches Bier aus elf Hähnen in die Gläser der Gäste fließt. Gemeinsam mit seiner Familie hat Markus Hoppe ein echtes gastronomisches Juwel erschaffen, das immer einen Ausflug ins Tegernseer Land rechtfertigt…

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Holger: Herzlich willkommen zum 11. BierTalk. In der Tat, wir haben eine Schnapszahl. Und weil wir uns sozusagen mit Schnaps beschäftigen, da ist es dann zum Whisky nicht weit. Dann gibt es noch Brauereien, die da auch eine gemeinsame Tätigkeit ausüben. Und so kommen wir in das Herz Oberbayerns in die Nähe von Tegernsee zu Hoppebräu. Herzlich willkommen Markus Hoppe, grüß dich, guten Abend.

Markus Hoppe: Hallo Holger, hallo Markus! Schön heute beim BierTalk dabei zu sein.

Holger: Das habe ich ja schon fast vergessen wieder. Ich habe heute zwei Markusse an meiner Seite, also Markus, melde dich auch noch mal ganz kurz.

Markus: Ja, ich überlege grad, wie der Plural ist, ob das Marken ist oder Marküsser oder wie auch immer. Also jedenfalls, ich bin der andere davon. Hallo!

Holger: Jetzt könnt ihr es also quasi an den Stimmen auseinanderhalten. Aber ich finde Marküsse gut, also das ist wunderbar. Und jetzt bin ich wieder bei dir Markus. Stell dich doch mal kurz vor, also den Hörern. Also es gibt ja durchaus Menschen vielleicht, die dich nicht kennen.

 

Der Anfang in der Biergarage

Markus Hoppe: Davon ist auszugehen. Also mein Name ist Markus Hoppe und ich bin Gründer und Betreiber der gleichnamigen Brauerei Hoppebräu. Ich bin 30 Jahre alt und habe mit 20 2010 Markus Hoppes Garagenbräu gegründet und das Ganze während meiner Ausbildung zum Brauer und Mälzer gemacht. Und es hat mir sehr viel Spaß bereitet, unterschiedlichste extravagante Biere zu brauen, aber auch klassische Bierstile selbst auszuprobieren und eine eigene Note hineinzubringen und dann zu merken, wow, was für eine Diversität ist denn überhaupt möglich beim Thema Bier. So hat sich quasi das Hobbybrauen und die Ausbildung gleichzeitig zum Brauer und Mälzer hervorragend ergänzt. Und bei mir war von Anfang an klar, ich will mehr mit diesem Beruf zu tun haben und mehr machen. Und bin dann nach meine Ausbildung nach Mauritius gegangen, war während der Ausbildung in Schottland bei BrewDog mal auf ein Praktikum. Auf Mauritius habe ich eine Gasthausbrauerei in Betrieb genommen und dann eineinhalb Jahre klassische bayerische Biere als auch sehr, sehr spannende internationale Bierstile gebraut. Dort ist dann diese Liebe für die große Vielfalt so fest in mir verwurzelt geworden, dass ich, als ich zurückkam, Markus Hoppes Garagenbräu kurzerhand umbenannt habe in Hoppelbräu und ein Gewerbe angemeldet habe und das Bier, das ich dann gebraut habe, auch veräußert. So ging alles los. Und jetzt 2020 sitze ich gerade in meinem Gasthaus in Hoppebräus‘ Zapferei an meinem Lieblingstisch an der Eckbank und schaue mir sehr viele leere Stühle und Tische an. Aber auch durch das Fenster in die Brauerei, da brennt noch Licht, wir brauen fleißig weiter und haben uns ein paar Sachen einfallen lassen jetzt, diese schwierige Zeit ganz positiv zu überbrücken. Und nicht selten ist ein Schaden, wo auch ein Nutzen ist.

Holger: Sehr schön gesagt. Also auf jeden Fall, das glauben wir auch, dass eben in so Krisen auch Chancen stecken. Und ein Thema, das wir uns heute überlegt haben, ist eben auch der BierTalk. Mensch, jetzt hast du schon einen weiten Bogen geschlagen, Markus, das hat doch stark beeindruckt, oder nicht?

Markus: Ja, ich bin ganz hin und weg. Und manchmal wünscht man sich, dass man nicht nur Namensvetter ist, sondern auch Schicksalsvetter, ich wäre gerne mal auf Mauritius gewesen. Gibt es denn die Brauerei überhaupt noch?

 

Ein Brauer auf Mauritius

Markus Hoppe: Die gibt es noch. Das ist die Flying Dodo Brewing Company in Bagatelle, das ist am Berg oben oberhalb von Port Louis eine Einkaufsmall. Das klingt erstmal nicht so schick, aber neben dieser Einkaufsmall, wo sich sehr, sehr viele Menschen treffen und eigentlich ganz Mauritius zum Einkaufen hinfährt, die Insel ist ja sehr klein, hat der Oscar Olson, mein damaliger Chef, ein Haus im Kolonialstil gebaut, eine Brauerei reingebaut, ein 5-Hektoliter-Sudhaus aus Glas mit zwei Restaurants, einem Biergarten und hat das als klassische Gasthausbrauerei aufgezogen. Und ich habe vier Mal die Woche gebraut und auch immer Live-Brauen gemacht und ganz viele Biere eben gebraut. Und mittlerweile sind sie etwas größer, sie beliefern ein paar Hotels, haben eine kleine Flaschenabfüllanlage und füllen so 1-Liter-Flaschen ab, experimentieren sehr viel und jedes Jahr ist ein neuer Brauer oder ein neuer Braumeister dort. Somit kommt immer wieder ein neuer Hausgeschmack quasi in das Ganze rein. Und das finde ich sehr schön und sehr spannend.

Markus: Und da hat sich nicht so Mauritianerin gefunden, die dein Herz erobert hat?

Markus Hoppe: Nein, meine Frau hat mich schon vorher gefunden oder ich sie und erobert. Und wir waren gemeinsam unten und hatten dort eine wirklich tolle Zeit.

Holger: Und ich kann nur sagen, also die Ehefrau von Herrn Hoppe muss sich nicht verstecken, vor niemandem auf der Welt sozusagen. So.

Markus: Hättest du gern geheiratet. Ja.

Holger: Ja, so ungefähr. Also jetzt geht es ja bei uns um Bier und das ist total spannend, aber ich glaube, wir haben einiges vor uns noch, und deshalb würde ich doch sagen, Markus, sag uns doch mal, was sollen wir zuerst aufmachen, was ist dir wichtig? Wir haben hier einiges an Auswahl vor uns.

 

Auch Hoppebräu hat ein Helles

Markus Hoppe: Genau. Ich habe versucht euch meine Bandbreite, was in vier Bieren schwierig ist, mitzubringen. Das erste Bier, das ich gerne aufmachen würde, ist unser Helles, also das Bier, das bei uns in der Brauerei von den Hektoliter-Zahlen das größte Volumen einnimmt, das uns lokal auch am meisten hilft, weil sich die Leute hier mittlerweile mit diesem Bier identifizieren, Gott sei Dank, und weil es quasi das erste Bier in der Klassik-Serie ist. Ich hole noch mal kurz etwas aus. Hoppebräu baut auf drei Säulen. Einmal auf die klassischen Biere, die allerdings erst im zweiten Gang kamen. Dann auf die Wuid Biere. Man könnte jetzt auch Craftbiere sagen, aber auch ein Helles ist ein Craftbier und das würde ich hier ungern weiter vertiefen. Wir nennen sie Wuid Biere. Es sind hopfengestopfte Biere, die für den klassischen Biertrinker oder für den Gaumen des klassischen Biertrinkers erst einmal ungewöhnlich sind. Deswegen heißen die Biere Wuider Hund, Wuide Hehna, Vogel Wuid et cetera pp. Dann gibt es noch eine dritte Säule und das sind fassgereifte Bierspezialitäten. Das sind immer Imperial Stouts in unterschiedlichsten Eichenfässern ausgebaut, zum Beispiel Sherry Fässern oder Whisky Fässer. Das sind quasi diese drei Säulen. Und mit dem Hellen würde ich gerne starten, das ist eben der Hauptvertreter der Klassikserie ist.

Holger: Super! Dann machen wir jetzt mal den Topseller auf.

Markus Hoppe: Ein schönes Geräusch.

Holger: Ein schönes Geräusch und jetzt kommt ins Glas. Also wer jetzt noch keinen Durst bekommen hat, der ist ja selbst schuld, oder?

Markus Hoppe: Absolut.

Holger: So.

Markus Hoppe: Jetzt müsste ich euch fragen, was für ein MHD bei euch hinten draufsteht?

Holger: Was für ein MHD? Ja, kann ich dir sagen, bei mir steht hinten drauf 28.10.20.

Markus: Bei mir auch.

Markus Hoppe: Ja, wunderbar.

Holger: Trinken wir alle dasselbe Bier?

Markus Hoppe: Genau.

Holger: Wunderbar. Ich habe hier auf jeden Fall ein schönes goldfarbenes typisches Helles mit einem feinporigen Schaum im Glas, das mich anlacht und ich möchte eigentlich trinken, aber ich …

Markus Hoppe: Dann trinke! Sehr zum Wohl!

Markus: Eben, mach doch! Also die Farbe ist traumhaft, kann man nur sagen.

Holger: Ja, absolut. Prost!

Markus: Prost!

Markus Hoppe: Prost!

Markus: Man kann auch ein bisschen anstoßen so virtuell.

Holger: Da habe ich mich ja schon den ganzen Tag drauf gefreut. Und ich hatte gedacht, um 18 Uhr würde ich es schon trinken können und jetzt musste ich noch zwei Stunden warten.

Markus Hoppe: Furchtbar.

Holger: Und jetzt endlich, endlich, endlich, also wunderbar. Ich kann nur sagen, mir ist jetzt gerade auch im Geruch und im Mund, im Gaumen ein ganz typisches Helles begegnet eben wirklich, wie du sagst, traditionell, so wie es der Oberländer mag.

 

Das Bier hat ein Geheimnis

Markus Hoppe: Ganz klassisches bayerisches Helles mit 11,5 % Stammwürze. Pilsener Malz, keine Karamellmalze drin. Es ist mit dem Hefestamm W3470, also mit dem klassischen Hefestamm vergoren. Mit 82 % Vergärungsgrad, also etwas schlanker, es ist wenig Restkörper, ein klassisches oberbayerisches Helles. Die Hopfensorten, die hier drin sind, ist der Hallertauer Tradition und der Hallertauer Hersbrucker. Die sind Aromahopfen, keine Bitterhopfen. Das heißt, man braucht, dass man auf die Bittereinheiten kommt, etwas mehr Hopfen. Die Bittere ist aber ausgewogener und somit weniger kratzig, und das Bier geht feiner runter. Das hat auch nicht zu viele Bittereinheiten, also es ist wirklich ein mildes süffiges, bekömmlich darf ich ja nicht sagen, aber ein sehr, sehr feines Bier.

Holger: Ja, das kann ich nur bestätigen. Markus, was sagst du dazu?

Markus: Ja, absolut. Also ich bin ganz hin und weg, wie schon immer in den BierTalks gesagt, das Helle ist ja nicht mein absoluter Lieblingsbierstil, aber das ist für mich das beste Helle, was ich bisher bei den BierTalks getrunken habe, also wirklich richtig, richtig gut. Und was auch toll ist, ist wirklich dieses Mehr an Hopfen. Und man merkt hier auch, finde ich, dass Hopfen eine Hanfpflanze ist. Also so diese grasigen, kräutrigen Aromen sind sehr intensiv, sehr frisch, könnte fast ein Grünhopfenbier sein. Also das gefällt mir richtig, richtig gut und macht richtig Lust, und hat auch sehr viel Eigenaroma. Also viele Helle sind fast ein bisschen langweilig, aber das ist echt ein spannendes Bier. Also Dankeschön, eine sehr schöne Eröffnung für diesen Abend.

Markus Hoppe: Da sage ich doch Danke.

Holger: Perfekt. Und ich kann vielleicht noch ergänzen, ich finde gerade, dass das so ein bisschen trockener ist, macht Lust auf einen zweiten Schluck. Den nehme ich jetzt auch.

 

Bier braucht Handschrift

Markus Hoppe: Mir ist auch immer ganz wichtig, alle meine Biere, egal in welchem Bierstil, das Bier muss eine Handschrift haben. Und meine Handschrift ist, ein Bier muss trinkbar und süffig sein. Von dem her ist mir der Vergärungsgrad bezogen auf den Bierstil sehr, sehr wichtig und da lege ich auch großen Wert darauf. Und wir verwenden viele unterschiedliche Hefen, um dann bierstilspezifisch immer den passenden Restkörper im Bier zu haben. Und wir haben hier keine Säuerung bei diesem Bier, dass man den pH-Wert noch extra runterbringt, dass das Bier dünner wird. Wir zielen auch nicht auf besonders viel Schwefel ab, wie das manche sehr gut laufenden Großbrauereien machen. Wir versuchen, das Bier so einfach wie möglich zu machen, also quasi ein gewisses Back to the Roots. Wir vergären sehr kalt, wir stellen sehr kalt an. Es dauert länger, es liegt dafür sechs Wochen im Tank, bei einem Grad, wird konstant von der Hefe genommen, geht dann in die Abfüllung. Und das war’s. Also ein großes Geheimnis gibt es nicht. Die Einfachheit macht dieses Bier aus.

Holger: Ich finde auch, dass man das so schmeckt. Also ich kann dem Markus nur beipflichten, also für mich ist das auch ein ganz hervorragendes Helles. Aber vielleicht erzählst du noch ein bisschen was auch zur Zapferei. Also du hast das gerade so ein bisschen angeschnitten, dass du da jetzt sitzt und so, das ist ja dann die Brauerei-Gastronomie. Und was macht die Zapferei aus? Erzähl doch mal!

 

Kommunikation ist das A und O

Markus Hoppe: Für mich war immer klar, keiner hat gewartet, dass der Markus Hoppe kommt und Bier braut, und dass man das endlich kaufen kann. Keiner hat auch auf Bier gewartet, dass noch mehr kostet als anderes Bier. Ich habe aber eine sehr große Leidenschaft fürs Bier und brenne dafür und die Wertschätzung fehlt in manchen Bierzelten oder auf manchen Bierfesten leider Gottes doch. Es heißt zwar immer, es dreht sich viel ums Bier, und dann sind Leute da, die sagen, sie kennen sich so gut aus mit Bier, weil sie trinken so viel davon. Und dann sage ich ganz gerne, ja, welches denn? Ja, nur das. Dann sage ich, dann kennst du das eine Bier, aber das war’s dann leider auch. Da kommt genau der Punkt: Kommunikation. Bier ist viel, viel komplexer und vielschichtiger, als man im ersten Moment denkt, und das will ich zeigen. Deswegen gibt es diese Zapferei. Mir ist enorm wichtig, Leute unaufdringlich für Bier zu begeistern. Wenn ich mich jetzt vor jemanden hinstelle, der einfach nur gerne gutes Bier trinkt, immer seine eigene Marke und kein Hoppebräu und sagt, ah, die ganzen Wuiden Biere, mit den Geschmäckern, das brauche ich alles nicht. Dann werde ich den nicht abholen, wenn ich ihm Geschichten erzähle. Den hole ich nur über eine Emotion ab. Und wenn ich jetzt, so wie hier in der Zapferei sitze, mir diesen Mann vorstelle oder diese Frau, die eigentlich nicht so viel Lust hat, aber mit dem befreundeten Pärchen hier ist, weil die gesagt haben, das ist ganz toll hier, dann stelle ich mir vor, was soll der hier erleben? Und man kann eben erleben, durch ein Fenster in die Brauerei schauen, man sieht einen Brauer in Gummistiefel und Schaber, der einen Tank wäscht oder eine Hopfengabel macht. Man hat elf Zapfhähne, aus denen Bier fließt. Man hat Gerichte, die auf die Biere abgestimmt sind. Und das Personal ist vogelwild, genauso wie wir alle. Meine Mama arbeitet hier, meine Tante arbeitet hier. Wir haben drei volltätowierte Leute, von denen oft die Gäste denken, die wären die Brauer, weil ich kein einziges Tattoo habe und ja so gar nicht in diese Branche passe, in diese Craftbier Branche. So sind wir eben, und man kann hier wirklich einen Genuss transparent und authentisch erleben. Und das war das Ziel. Vielleicht muss ich noch irgendwas zu dem ganzen Raum erwähnen. Also das Licht ist leicht dämmerig, gelblich, es ist eine Backsteinwand um das große Fenster in die Brauerei rund rum, eine Holzdecke, dass das Ganze gemütlich wirkt hier drin, ein dunkler Holzboden, lauter zusammengewürfelte Tische und Stühle, die ich teilweise in Maxlrain am Dachboden gefunden habe während meiner Ausbildung, andere, die ich einem Bauern abgekauft habe. Vom Schrottplatz ist einer hier, vom Wildbräu Grafing sind viele Wirtshaustische da, weil wir am Anfang mit der Einrichtung sehr sparen mussten, die aber dem Ganzen jetzt den Charme geben. Wir haben eine weißgeflieste Theke, die an eine New Yorker Craftbier Brauerei erinnert. Und so sind irgendwie alle Einflüsse und alle Ideen, die ich auf meinen Reisen und meiner Biergeschichte irgendwo erlebt habe, hier vereint, und das versuchen wir gemütlich und unaufgezwungen den Leuten nahe zu bringen.

Markus: Jetzt Holger, hast du mal erlebt, was Podcast und was Radio sein kann, nämlich Kino im Kopf.

Holger: Absolut.

Markus: Wir haben jetzt alle einen wunderschönen Eindruck, wie es bei dir ausschaut. Und ehrlich gesagt, das Helle ist weg und ich habe Durst.

Holger: Ja, unbedingt. Also ich muss auch noch mal sagen, ganz, ganz toll gesprochen. Man hat Lust, sofort hinzufahren, also sofort hinzufahren. Sich ins Auto zu setzen und sofort hinzufahren. Aber der Durst ist natürlich auch noch da. Was würdest du jetzt vorschlagen als zweites Bierchen?

Markus Hoppe: Es ist jetzt schwierig. Ich würde es euch überlassen. Also das New England Pale Ale ist weniger bitter, sehr, sehr fruchtig und leichter im Alkohol. Das Vogelwuid IPA ist ein klassisches Traditional IPA, etwas stärker und etwas herber. Also eigentlich würde ich doch euch das nicht überlassen und wir gehen aufs New England.

Holger: Okay, dann machen wir das so. Super.

Markus: Dankeschön! Auf das habe ich mich eh am meisten gefreut.

 

Ein New England IPA aus den Alpen

Markus Hoppe: Hervorragend. Dann macht es wieder Tsss! Was ich auch noch sagen muss, was natürlich bei dem schönen Wetter schmerzt, der Biergarten draußen ist jetzt richtig grün, die Bäume treiben aus. Wenn man da im Biergarten sitzt, hat man links so eine Endmoränen-Landschaft, die jetzt als Grünland bewirtschaftet wird, und da stehen Pferde drin. Im Hintergrund ist ein Alpenpanorama und nach vorne raus ist einfach nichts. Das fehlt mir momentan enorm. Also es ist so trostlos, normalerweise ist das so ein belebter und quirliger Ort, und so viele unterschiedliche Menschen kommen zusammen. Man darf hier so viel erfahren und erleben, und momentan ist einfach nichts da. Das ist schon irgendwie ein seltsames Gefühl.

Holger: Aber du bist da und die Biere sind da, und es wird weitergebraut.

Markus Hoppe: Genau.

Holger: Ich würde sagen, zum Wohl! Markus, ich lasse dir jetzt mal den Vortritt, also dem Bamberger Markus. Eröffne du doch mal, was hast du im Glas?

Markus: Ich habe auch wieder ein sehr, sehr schönes Bier im Glas. Von der Farbe ist es gar nicht so weit weg von dem Hellen, jetzt aber eben trüb, weil wir einen Hazy IPA haben, also ein Bier, wo Hopfen und Hefe und alles noch so richtig schön drin ist und dadurch das Bier eben auch trübe ist. Drüber steht auch wieder ein schöner weißer Schaum. Jetzt rieche ich mal da rein. Also sehr fruchtige Aromen Richtung Pfirsich, Richtung Maracuja, aber auch so typische hopfengrüne Aromen. Finde ich schön, weil oft hat man bei diesen New England IPAs nur noch Früchte und so ist doch noch ein bisschen was vom klassischen Hopfenaroma da, ist wirklich sehr, sehr schön. Nehme ich mal ein Schlückchen. Auch ein sehr, sehr schönes Mundgefühl, fand ich auch beim Hellen toll, die Cremigkeit, interessanterweise bei dem hier auch. Wieder die Fruchtaromen, dann kommt ein bisschen Honig und dann hinten raus so ganz leicht, aber trotzdem präsent, auch die Bittere. Sehr schönes Bier und vor allem so ein leichtes, frisches Bier, also wo ich mir jetzt, wie du gesagt hast, Biergarten, da könnte ich mich den ganzen Tag damit hinsetzen und eins nach dem anderen trinken. Toll!

Holger: Ja, so geht es mir auch. Und normalerweise sprichst du immer dann noch die Frauen an. Also hier könnte ich mir zum Beispiel auch wieder sehr gut vorstellen, dass die Damen dieses Bier auch sehr mögen, oder Markus?

Markus: Also bei den Damen war ich vorhin schon bei Markus Schilderungen, wie er da so erzählt hat mit Berge und Pferde und Idylle und überhaupt. Also das ist sicherlich der beste Ort, wo man hinfahren kann, wenn man so eine frische oder anbahnende Beziehung hat, eben sehr schön romantisch. Und da passt natürlich dann so ein Bier auch dazu. Bin ich völlig dabei.

Holger: Worauf bist du denn am meisten stolz bei dem Bier, Markus?

 

Balance und Drinkability

Markus Hoppe: Bei dem Bier? Das ist das erste New England Pale Ale, das wir bei uns gemacht haben. Und diese New England IPAs sind sehr, sehr stark im Trend. Mich stören aber zwei Sachen etwas an den Bieren. Dass es eben oft nur Frucht ist und dass es fast immer enorm viel Alkohol hat. Ich trinke gerne Bier. Wer gerne Bier trinkt und nur acht- oder neun-prozentige vor sich hat, hat relativ schnell ein Problem. Von dem her war der Anspruch hier, ein New England Pale Ale, also nicht IPA, sondern Pale Ale zu machen mit 12 Grad Plato, 5,5 % Alkohol, aber dennoch enorm viel Geschmack. Und der dritte Punkt, der mir sehr am Herzen liegt, deutsche Hopfensorten. Hier ist nur eine amerikanische Sorte mit drin von vier Hopfensorten und die anderen sind alle aus der Hallertau. Ich lege sehr großen Wert auf Regionalität und Nachhaltigkeit und denke mir sehr oft, wir haben so tolle Hopfen direkt vor der Haustüre, warum also ständig ausschließlich Hopfen aus den USA, aus Neuseeland zu kaufen? Natürlich, die haben andere Witterungsbedingungen, ein ganz anderes Klima, produzieren durch mehr Sonnenstunden natürlich mehr Öle und diese noch intensiveren Fruchtaromen. Aber ich habe hier versucht zu zeigen, dass man das wunderbar miteinander kombinieren kann und man das, was man vor der Haustüre hat, nicht unbedingt vergessen muss. Und das finde ich, ist mir hier ganz gut gelungen.

 

Ritt auf der Rasierklinge

Holger: Ja, das würde ich auch sagen, also das ist wirklich gut gelungen. So ein Bierchen, wo man einfach dranbleiben kann. Das ist auch nichts Besonderes, wir hatten schon ein Gespräch mit dem Werner Schuegraf, und da hatte ich das auch schon gesagt, und hier passt das, glaube ich, auch so ein bisschen. Also für mich ist, ich nenne das so den Ritt auf der Rasierklinge, also dass man einfach jetzt auch in dem Umfeld, auch wo du dich bewegst, Biere produzierst, die auf der einen Seite schon besonders sind und auf der anderen Seite aber gut trinkbar. So habe ich das gerade gemeint, wo ich das beschrieben habe. Und da ist eben derjenige, der jetzt ein kreatives Bier sucht, der ist damit gut bedient. Und derjenige, der jetzt normalerweise sein Helles trinkt, vielleicht auch dein Helles, und aber Lust mal hat, was auszuprobieren, der ist überhaupt nicht enttäuscht und den muss man auch das Bier nicht erklären, sondern der kann sich das selber erschließen und kann für sich da auch eine Entscheidung treffen. Und ich glaube, das ist hier sehr gut gelungen. Das ist so ein schönes Bier, wo man sagen kann, Mensch, das ist ein neuer Bierstil, der im Trend liegt jetzt vielleicht am Tegernsee und in der Umgebung, bei den meisten normalen Menschen vielleicht jetzt gar nicht, und haben es auch noch nie gehört, aber die probieren das dann mal und ich könnte mir vorstellen, die können sich damit auch verbinden. Und das finde ich, macht‘s auch aus, für die Leute auch wirklich Biere zu brauen, wo man sich als Brauer nicht nur selber beweihräuchert und zeigt, was alles möglich ist, sondern dass eben auch die meisten Leute sagen, passt schon.

Markus Hoppe: Und das ist ein Bier, da hätte ich mir nicht gedacht, das geht im örtlichen Getränkemarkt gut, das geht im örtlichen Edeka gut, die Leute kaufen das. Und wir haben hier auch teilweise den örtlichen Fußballverein sitzen, und die sagen, boah geil, ein New England Pale Ale, Wahnsinn, habe ich noch nie gehört, schmeckt super, kann ich aber auch richtig gut trinken. Du hast eigentlich den Nagel auf den Kopf getroffen, ich brauche nichts mehr dazu sagen.

 

Auf das Mutterland schauen

Markus: Was auch gut ist, es geht auch ein bisschen eben um das Thema, wie interpretiere ich diesen Bierstil. Und hinter dem New England IPA steckt eigentlich grundsätzlich mal New England, also die Ostküste der USA und eben die New England Staaten und damit eben auch die Tradition und auch die Verbindung zum ehemaligen Mutterland, zu England. Und wenn man da eben schaut, dann ist die Grenze zwischen IPA und Pale Ale sowieso relativ fließend. Also man kriegt da schon IPAs mit 4 % und Pale Ales, die gehen eben auf 4,5 oder 5. Dementsprechend ist das eh so ein bisschen gar nicht so genau definiert, aber auf der anderen Seite geht es eben um eine Sache immer, nämlich darum, dass es einfach Spaß macht, diese Biere zu trinken, weil in England die Tradition einfach die ist, ich gehe in mein Pub und habe da eine schöne Zeit und bin da über Stunden und trinke eins nach dem anderen und habe Freunde und neue Leute und wie auch immer und genieße einfach den Abend, schaue vielleicht ein bisschen Fußball oder was auch immer. Und ich denke, das ist hier eben sehr, sehr schön umgesetzt, im Gegensatz zu vielen gerade so Amerikanern dann wieder von der Westküste, die dann halt versuchen, das so zu interpretieren, dass ich halt ohne Ende Fruchtaromen habe und ganz viel Bittere vielleicht dann doch. Dann ist es zwar ein sehr beeindruckendes Bier, aber dann eben auch wieder langweilig und eben mit wenig Drinkability, also mit wenig Lust, davon mehr zu trinken. Und ich glaube, da hast du einfach den Punkt wirklich ziemlich genau getroffen, wo man sagt, okay, diese Idee, wir haben ein eher fruchtiges trotzdem sehr hopfiges Bier mit sehr viel Aroma, sehr viel Intensität, und in dem Fall von den deutschen Hopfen, wie wir es mir vorhin auch schon vorkam, so ein bisschen auch diese fast Eukalyptus-Noten, also gerade so nach dem Trunk merkt man, da ist fast so ein bisschen die Zunge auch betäubt. Also ganz, ganz schön, ganz spannend, ganz intensiv, aber eben so, dass man davon mehr trinken kann, dass es erfrischend bleibt und dass es einfach Spaß macht. Weil das ist ja auch sowas, wenn deine Jungs schon immer Helles trinken, schon immer Pils trinken oder Weizen, für die ist das eine neue Erfahrung, mit der sie aber so umgehen können wie sonst auch. Und das ist gut.

Markus Hoppe: Genau. Man kann die Leute abholen.

Holger: Jetzt würde ich sagen, werden wir noch ein bisschen wilder, oder?

Markus: Absolut.

Holger: Ich habe ja immer totale Probleme das richtig auszusprechen, deshalb sage ich es einfach hochdeutsch: vogelwild. Aber Marcus, du kannst es noch mal richtig aussprechen bitte.

 

Es wird vogelwild

Markus Hoppe: Das jetzige Bier ist das Vogelwuid IPA. Da erzähle ich vielleicht kurz was zur Namensfindung. Das erste Bier, das ich im Tank hatte, das hieß bei Markus Hoppes Garagenbräu noch „3 Amis Märzen“, weil drei amerikanische Hopfensorten drin waren in diesem Märzen. Und dann bin ich aber da schon auf deutsche Hopfen umgestiegen, dann ging der Name nicht mehr, und ich hatte keinen Namen. Das Bier war aber im Tank. Und dann sagt mein Papa auf der Heimfahrt zu mir, nenne es doch einfach wuider Hund. Alle sagen, du bist ein wuider Hund, weil du die ganzen wuiden Biere braust. Das passt doch. Gesagt, okay, passt. Bier Nummer zwei war dann das Vogelwuid. Bier war gebraut, kein Name da. Mein Opa hat es probiert und sagt leicht abfällig, boah, das schmeckt ja vogelwuid. Quasi, das kannst net saufen. Und damit war der Name geboren. Die ganzen anderen Wuid-Biere wurden dann der Reihe nach frei erfunden. Also es musste immer ein Wortspiel sein oder ein geflügeltes Wort, ein Tier und Wuid mit drin. Dann kam die Wuid Sau, dann die Wuide Hehna und danach das Fuchsteufelswuid. So hat sich das Ganze entwickelt. Was man auch sagen muss, mittlerweile hat sich mein Opa, der jetzt 84 Jahre alt ist, dieses Jahr 85 wird, sehr, sehr an diese Biere gewöhnt und sagt, das Vogelwuid ist eines seiner Lieblingsbiere.

Holger: Da kann man sehen, wie sich dann die Horizonte erweitern. Also rein ins Glas.

Markus Hoppe: Sodala.

Holger: Ist jetzt auch von der Farbe her fast das Helle, ne?

 

Silber beim European Beer Star

Markus Hoppe: Ja, es ist auch sehr hell. Also wo ich hier großen Wert drauf gelegt habe, war, es heißt IPA India Pale Ale, also Pale hell, es sollte auch hell sein. Dieses Bier hat viel mitgemacht mit mir. Das war nicht immer so, wie es jetzt ist. Also es war mal etwas dunkler, also da habe ich ziemlich viel feinjustiert. Und so wie es jetzt ist, bin ich enorm zufrieden. Es hat 6,5 %, es ist hell in der Farbe, es ist Weizenmalz und vermälzter Hafer zum Teil mit drin, aber sehr wenig. Es ist knackig bitter mit 48 Bittereinheiten. Intensiv hopfengestopft mit Hallertauer Mandarina Bavaria, Deutschen Cascade, Citra aus den USA, ein Amerikaner durfte noch mit drin sein, und mit Hallertauer Kalista, den ich sehr gern mag. Es ist ein Traditional Pale Ale, hat beim European Beer Star letztes Jahr Silbermedaille gewonnen, worüber ich mich sehr freue. Zum Wohl!

Holger: Zum Wohl! Prost! Markus, da saßt du dann am Jurytisch, oder? Also wenn man so eine Silbermedaille gewinnt beim European Beer Start Award, dann ist Markus Raupach dabei. Erzähl mal!

 

So läuft ein Bierwettbewerb ab

Markus: Ja, das ist schon absolut spannend, finde ich richtig cool, dass du da gewonnen hast. Ich bin eben auch schon seit vielen Jahren da dabei. Und auch als Table Captain, wo es eben drum geht, dass man verschiedenste Biere bekommt, immer derselbe Bierstil. Das Ganze geht über zwei Tage, und am Anfang geht es los, dass praktisch alle eingereichten IPAs nach und nach verschiedene Tische kriegen. Die suchen dann schon mal davon ungefähr ein Drittel oder ein Viertel raus, wo man sagt, die sind jetzt qualitativ in der Oberklasse sozusagen. Dann gehen die nochmal in eine Zwischenrunde, wo wir dann wieder an einem neuen Jurytisch schauen, okay, was ist davon jetzt finalwürdig? Das sind zwei oder drei solche Tische, und dann eben geht es an den Finaltisch, wo dann meistens acht Juroren aus aller Herren Länder gemeinsam die Biere verkosten und dann eben sagen, okay, welches kriegt jetzt eine Gold-, eine Silber-, eine Bronzemedaille. Insofern ist das eine ganz harte Auslese, gerade bei Bierstilen wie IPA, wo es einfach auch sehr, sehr viele Biere gibt, die eingereicht werden. Und das da dann zu schaffen, wirklich am Ende eine der Medaillen zu bekommen, ist mit die beste Leistung, die man im Grunde im Bierbereich machen kann. Also insofern da an dieser Stelle schon mal Gratulation.

Markus Hoppe: Vielen Dank!

Markus: Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich da jetzt beim IPA, vielleicht war ich in der Vorrunde, das kann gut sein, weil wir da immer durchgewürfelt werden, es gibt über 100 Bierstile, aber ich hätte es auch weitergewählt beziehungsweise eine Medaille gegeben, muss ich sagen. Was mir sehr gut gefällt, ist so dieser Antrunk. Also es kommt fast so ein bisschen süß, geschmeidig am Anfang und entwickelt sich dann richtig und dann kommt auch die Bittere, aber immer noch in einer Art und Weise, wie man einfach das schön trinken kann. Also es ist gut umgesetzt. Ich glaube, da spielt eben der Hafer auch eine Rolle, um das ein bisschen geschmeidiger zu machen, ein bisschen weicher, ein bisschen runder zu machen. Sehr angenehm das Vogelwuid. Und ich muss sagen, wir trinken deine Biere jetzt schon seit einigen Jahren und ich glaube, ich habe mit dem Vogelwuid auch schon das ein oder andere mitgemacht.

Markus Hoppe: Ja, bestimmt. Und du hast es mit Sicherheit auch schon anders kennengelernt, als es jetzt ist.

Markus: Mhm (bejahend). Es war auf jeden Fall deutlich dunkler, da kann ich mich erinnern.

 

Bier-Evolution

Markus Hoppe: Genau. Aber so, das finde ich, ist immer das Schöne, derjenige, der zwanghaft festhält an dem, was man immer schon gemacht hat, bloß weil man es immer schon so gemacht hat, das finde ich immer sehr, sehr schade und auch dämlich. Man muss sich konstant weiterentwickeln, und wenn sich das Wissen weiterentwickelt, dann muss man das auch anwenden.

Holger: Und jetzt gehen wir noch ein Bier weiter.

Markus: Bevor du das holst, würde ich gerne noch eine Sache sagen. Was ich sehr schön finde, ist, dass du da den Mandarina Bavaria nimmst, weil das ein Hopfen ist, der vor, was weiß ich, ungefähr zehn Jahren so richtig in Mode gekommen ist, ziemlich frisch also auf dem Markt war, und dann jetzt so ein bisschen aus der Mode gekommen ist und gerade jetzt in diesem Jahr ziemlich stark auch schon wieder verschwindet von der Bildfläche. Und das ist eigentlich sehr schade, weil er aromatisch, finde ich, ein sehr toller Hopfen ist, der sich auch oft über die Zeit verschieden entwickelt. Je nachdem, wie alt ein Bier quasi ist, kann der durchaus immer wieder interessante Nuancen haben. Und auf der anderen Seite ist es eine der wenigen neuen Hopfensorten, die sehr resistent sind für die Klimawandelprobleme. Das heißt, der kommt auch gut damit zurecht, wenn es eben mal länger trocken ist oder sehr heiß ist. Und das ist eigentlich dumm von den Hopfenbauern so einen Hopfen umzupflügen. Also insofern finde ich es gut, dass du an dem festhältst, weil dann ist zumindest ein bisschen was noch gesichert in der Produktion.

 

Mandarina Bavaria

Markus Hoppe: Den Hopfen kaufe ich direkt vom Hopfenbauern, da lege ich auch großen Wert drauf. Hinfahren, bonitieren. Und zum Beispiel der Mandarina Bavaria wächst beim Martin in Vohburg an der Donau auf fünf unterschiedlichen Böden mit fünf unterschiedlichen Hanglagen. Wenn man die dann Ende August alle bonitiert von Hand und sagt, was, das ist alles Mandarina Bavaria, dann sieht man wieder, wie vielschichtig der sein kann und wie enorm wichtig die Punkte sind, ist er bewässert oder nicht, ist es eine Süd- oder eine Nordlage vom Hang, steht er gerade, wie viel Sonne hat er bekommen. Auf einmal riecht er grasig, dann riecht er nach grüner Tomate der eine, der andere riecht dann tatsächlich nach Zitrusfrüchten, der andere riecht leicht nach Tee. Und so kann man dann wirklich auswählen, ich hätte nicht ganz gerne nur den Mandarina Bavaria aus der Hallertau, wo ich nicht weiß, von welchem Bauern und schon gar nicht von welchem Feld, sondern wir können auswählen, von dem Bauern, und zwar von diesem Feld genau den, den ich jetzt in der Hand habe und reinrieche.

Holger: Wirklich wunderbar. Ich kann nur sagen, wenn sich jetzt jemand beschwert, und das kommt vor, dass sich Leute beschweren, wenn wir ein bisschen überziehen und diese angepeilten 30 Minuten, 25 bis 30 Minuten überschreiten, dann … tja, heute ist es einfach so, damit müssen wir dann leben. Und trotzdem glaube ich, wir haben so viel Interessantes jetzt schon erfahren, dass wir weitermachen, egal wie lange es dauert, wir machen weiter.

Markus: Und vor allem machen wir auf, und zwar das Slyrs.

Holger: Ich kann noch gar nichts sagen, weil ich bin so andächtig noch.

Markus Hoppe: Hmm, wunderschön.

Holger: Wirklich Wahnsinn.

Markus: Dieser Schaum.

Holger: Bei mir auf der Flasche steht Nummer 4597.

 

Eine seltene Flasche

Markus Hoppe: Die sind durchnummeriert bis 10.000. Bei diesem Bier ist mir sehr, sehr wichtig, dass es auch eine gewisse Exklusivität mit sich bringt. Die gibt es nicht immer und die sind nicht endlos verfügbar. Das sind aber Biere, die man auch gut und gerne drei bis fünf Jahre oder noch länger im Keller reifen lassen kann. Auf dem Etikett findet man auch kein Mindesthaltbarkeitsdatum, sondern einen Jahrgang. Und zwar ist das jetzt wieder Jahrgang 2019. Dieses Bier wird gebraut wie ein Vierfachbock quasi. Wir schlagen aus unserem Sudhaus normalerweise 2.270 Liter Heißwürze aus mit im Durchschnitt 11,5 % Stammwürze. Bei diesem Bier schlagen wir bloß 1.200 Liter aus, also 1.000 Liter weniger, mit 24 % Stammwürze. Es ist ein enormer Kraftakt, dieses Bier zu brauen und zu produzieren und die Würze überhaupt durch den Läuterbottich zu bringen. 12 unterschiedliche Malze sind hier drin, sämtliche Röstmalze, die man sich vorstellen kann. Dann kommt das Bier über den Plattenkühler in den Tank, da kommt die Hefe dazu und das Bier vergärt ganz normal durch. Das dauert dann ungefähr 12 Tage, bis auf 6,5 bis 7 % Restextrakt runter. Also wieder vom Verhältnis her, vom Vergärungsgrad sehr gut, dass das Bier, obwohl es so stark ist, trinkbar ist, dass es nicht nur süß im Mund ist. Es muss auch in gewisser Art und Weise trocken daherkommen. Dann liegt das Bier weitere zwei Monate im Tank, dass sich die Hefe komplett absetzt, in zylindrokonischen Tanks, die man dann abschießt die Hefe, weil das Bier im Anschluss dann in Whiskyfässer kommt, und zwar in Whiskyfässer der Brennerei Slyrs am Schliersee, das ist keine 30 Minuten von uns weg. Und die produzieren Whisky, der in Eichenfässern aus amerikanischer Weißeiche gereift ist. Und die hatten eine Mountain Edition und haben diesen Whisky dann auf dem Berg am Stümpfling, am Spitzing oben gereift, haben die Fässer entleert und wir haben dann diese leeren Fässer frisch gekauft und unser fertiges Bier in diese Fässer gegeben und noch mal vier Monate nachreifen lassen. Haben da einen extra Reiferaum, wo wir die Luftfeuchtigkeit erhöhen können, dass die Fässer nicht mehr hydrophil sind und kein Wasser mehr ziehen, sondern den Alkohol aus dem Bier ziehen und somit die ganzen guten Aromen in das Bier holen. Wenn man jetzt hier reinriecht, riecht man den Whisky, Dörrobst, Holz, aber auch eine leichte Vanillin-Note vom Whisky, und ich finde, sogar fast was leicht Kokosartiges. Und nach diesen zwei Monaten kommt das Bier wieder aus den Fässern, ohne dass man die Fässer bewegt, wohlgemerkt mit einer Pumpe, in den Tank, dann kommt nochmal ein Teil Kräusen rein, also angegorenes Bier. Und der Tank wird unter Druck gesetzt, dann können der angeborene Teil fertig vergären und man hat dann Kohlensäure im Bier. Dann wird das Ganze abgefüllt. Also es ist ein enormer Kraftakt und Zeitaufwand dieses Bier zu brauen, aber wir machen jedes Jahr eine Edition und verlieben uns jedes Jahr neu in diese Biere. Zum Wohl!

Markus: Zum Wohl!

 

Slyrs Imperial Stout – das perfekte Nachtischbier

Holger: Zum Wohl! Ich bin auf jeden Fall auch schon verliebt und ich weiß nicht, ob wir es schon gesagt haben, es ist ein Imperial Stout als Bierstil. Das finde ich, ist auch noch wichtig, dass wir das erwähnen. Ich bin auf jeden Fall schon verliebt.

Markus: Für alle, die das nicht genau im Kopf haben, also wer schon mal ein Guinness getrunken hat, muss sich dann praktisch vorstellen, wenn man aus diesem Guinness ein Doppelbock macht, also das Ganze noch viel kräftiger einbraut, dann landet man irgendwann bei so einem Imperial Stout. Und das, was der Markus beschrieben hat mit dem Läuterbottich – ich muss eben sehr, sehr viel mehr Malz nehmen, wenn ich am Ende so viel Alkohol und Aroma haben möchte. Und dieses viel Mehr an Malz ist eben auch ein viel Mehr an Feststoff. Stellt euch vor, ihr braut einen Kaffee und nehmt dafür fünfmal so viel Pulver wie normal, das dauert dann einfach auch ewig bis das dann abfließt und so, und ihr habt auch viel weniger, was am Ende dabei rauskommt. Und das ist eigentlich das Spannende, dass es ein ganz edles, feines Produkt ist. Für mich vom Geruch her ist auch noch ganz viel so Schokolade mit drin. Also der Whisky ist nicht so, dass er dominiert, dass er das voll überbordet, sondern er ist schön eingebunden. Das macht das Bier so schön weich und samtig. Also es ist ein ganz, ganz großer Genuss, das auf der Zunge zu haben.

 

Foodpairing mit Schokolade

Holger: Ich muss auch gerade an Goldhelm Schokolade denken, das ist eine kleine Manufaktur aus Erfurt. Und das MaPiNu zum Beispiel ist eine Schokolade, das könnte ich mir gut dazu vorstellen zum Beispiel. Sehr, sehr lecker. Oh, da habe ich jetzt aber Lust drauf. Aber ich habe gar keine mehr, du hast ja wahrscheinlich welche.

Markus: Auch schon aufgegessen leider.

Holger: Um Gottes Willen. Ich bin oft hier in München, da gibt es einige hauptberufliche Sommeliers. Das sind dann in der Regel Weinsommeliers, die bei den großen Häusern arbeiten, also zum Beispiel im Tantris oder bei Dallmayr oder bei Feinkost Käfer. Und wir treffen uns ab und zu mal und da wird dann natürlich ausschließlich über Wein gesprochen. Aber ich habe dann immer die Aufgabe, wenn man dann fertig ist, ein Bier mitzubringen, was die anderen so ein bisschen auch noch mal überraschen soll. Und das wäre jetzt sowas, also das könnte ich denen mitbringen, das können die auch wertschätzen. Die äußern sich da auch nie abfällig irgendwie über Bier, sondern setzen sich damit auseinander. Und die würden jetzt sagen, also da bin ich fast sicher, dass die sagen würden, ein Wein mit dieser Komplexität, den muss man erst noch suchen. Das würden die sagen. Dann gibt es auch noch ein paar, die dann danach, wenn mir dann keiner mehr zuhört und der Abend eigentlich zu Ende ist, die kommen dann und sagen, ey Holgi, hast du noch ein paar Flaschen? Weil die nämlich eigentlich viel lieber Bier trinken. Das muss ich mitbringen das Zeug, nächstes Mal.

 

Besser als ein Rotwein

Markus: Auf jeden Fall. Also das hält locker mit jedem Rotwein mit. Man hat auch fast 12 %, muss man auch dazu sagen. Großartig. Sowas zum Beispiel, das ist, wenn wir jetzt zum Beispiel Weihnachten haben und man hat einen schönen Braten, dann ist so ein Bier natürlich ganz toll, weil das mit den Aromen schön mithalten kann und ein sehr, sehr schöner Begleiter ist. Und ich meine, auch die Zusammenarbeit mit Slyrs ist natürlich toll, ist immerhin eine der ersten Whisky-Destillerien in Deutschland gewesen. Bemühen sich auch sehr, die Whiskys zu veredeln, mit Fässern viel zu spielen, sind da sehr weit auch in dem Experimentieren schon. Da ist es für dich sicherlich auch eine kleine Ehre, dass du derjenige sein darfst, mit dem die da zusammenarbeiten?

Markus Hoppe: Definitiv, definitiv. Wir verstehen uns auch sehr gut und mein Bruder ist gelernter Destillateur und hat bei Lantenhammer gelernt, was der Mutterkonzern von Slyrs ist. Von dem her gibt’s da immer schon einen engen Kontakt und Austausch. Und wer gleich kreativ und anders denkt, findet sich. Und von dem her denke ich, passt das Ganze hier wie die Faust aufs Auge.

Holger: Und bei Slyrs auch tolle Location, tolle Gastronomie, man kann auch besichtigen, kann probieren und natürlich auch landschaftlich am Schliersee erste Sahne. Das ist vielleicht ein schönes Schlusswort, oder?

 

Mit dem Bus zur Zapferei

Markus: Ja, wobei eins müssen wir noch sagen, wenn wir schon bei erste Sahne und Erleben sind. Genau diese Kombination, also Slyrs und den Markus Hoppe mit seinen tollen Bieren, kann man auch über die Bierakademie erleben, nämlich mit unserem BusGenuss-Programm. Also sobald das wieder erlaubt ist, fährt der Holger mit seinem Oldtimerbus auch wieder los und da kann man dann von München aus in einer Tagestour das alles live erleben und sich auch noch mal erklären lassen und zeigen lassen und kann auch die tollen Speisen probieren, die der Markus zaubert. Also insofern ein kleiner Werbeblock sei an dieser Stelle mal erlaubt.

Holger: Und den Markus kennenlernen und die Mama kennenlernen und die Tante, und wenn man ganz viel Glück hat, sogar Markus‘ Frau.

Markus: Jetzt ist aber ein gutes Schlusswort.

Markus Hoppe: Herzlichen Dank! Sehr schön war’s.

Markus: Vielen Dank an dich.

Holger: Unbedingt. Ich möchte mich bei euch beiden bedanken. Das war wirklich sehr schön. Danke, danke. Und schönen Abend an alle.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

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