BierTalk Spezial 70 – Interview mit Tom Schafferhans, Brauer bei Skagen Bryghus und Müßiggang aus Skagen, Dänemark

Heute reisen wir an die Spitze Dänemarks – nach Skagen, wo Ostsee und Nordsee zusammentreffen. Dort braut Tom Schafferhans, Diplom-Braumeister aus Thüringen, im Skagen Bryghus eine beeindruckende Bandbreite: vom Pils bis zum Kirschbier, vom alkoholfreien Champion bis zu „New Nordic“-Experimenten mit Porse & Co. Und: Er verfolgt ein radikales Herzensprojekt – Eisbock als eigene Kunstform. Wir sprechen über Toms Weg von Rhönbrauerei und VLB Berlin in den hohen Norden, über Dänemarks größte Biergartenszene, smørrebrød-taugliche Pairings, und warum strenge Stiltreue und kreative Freiheit kein Widerspruch sind. Im Mittelpunkt steht Toms Label „Müßiggang“ – inklusive Live-Verkostung seiner ersten Releases Frostwerk und Kryomorph: konzentrierte Aromen, Fassreife, samtiges Mundgefühl – Genuss für kleine Gläser und große Momente. Wenn Ihr Lust auf nordische Braukultur, starke Geschichten und starke Biere habt: einschalten, zurücklehnen, Müßiggang zulassen…

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BierTalk – Gespräche über und beim Bier.

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute begeben wir uns auf eine ganz spannende Reise wie immer eigentlich, aber wir sind, also wir überlegen so Mitteleuropa und dann gehe wir so von Deutschland nach Norden, dann kommen wir nach Dänemark und dann gehen wir immer weiter nach Norden, also wo das Ende ist sozusagen, bis es nicht mehr weitergeht. Und da landen wir in einer ganz kleinen schönen Stadt, in einem Städtchen, das nennt sich, ich spreche es wahrscheinlich falsch aus, aber geschrieben wird es auf jeden Fall Skagen. Und wenn man da dann noch ein kleines Stückchen weitergeht, dann landet man am Strand und dann kann man mit einem Fuß in der Ostsee stehen und mit dem anderen Fuß in der Nordsee, also super spannend. Das habe ich vor ungefähr 2 Jahren gemacht und natürlich bin ich dort auch in der Brauerei eingekehrt, denn es gibt dort das Skagen Bryghus und dort habe ich dann mit lauter Glück und Freude einen lieben deutschen Braumeister getroffen, den Tom Schafferhans. Und der hat nicht nur dort ein Projekt, sondern hat auch selber noch ein Projekt, und all das werden wir jetzt heute ein bisschen erfahren. Also schön, Tom, dass du die Zeit gefunden hast, dass wir uns endlich treffen können und dass ich auch 2 von diesen Bieren hier stehen habe, über die wir gleich sprechen werden, ich bin schon ganz kribbelig. Aber vielleicht stellst du dich ganz kurz mal unseren Hörern selber vor.

Tom: Ja, hallo, Markus, erst mal schön, dass es doch jetzt geklappt hat, das ist ja schon fast 2 Jahre her, dass wir uns hier getroffen hatten.

Markus: Absolut.

Tom: Aber so ist es eben, wenn das Projekt Müßiggang heißt, ne. Ja, ich bin der Tom, bin hier angestellt als Braumeister bei Skagen Bryghus. Also die dänische Aussprache ist eben Skagen, da werden oft Buchstaben so ein bisschen verschluckt oder halt nicht ausgesprochen, wie das g, ja, das ist dann eben weg. Und das ist also eine Gasthausbrauerei, wo ich hier hauptberuflich arbeite. Aber nicht nur im Gasthaus, sondern halt auch als Flaschenbier wird das hier verkauft im Land, also so Craftbeer-mäßig, machen alle möglichen verschiedenen Sorten. Und darüber hinaus habe ich eben noch mein eigenes kleines Eisbock-Projekt gestartet, über das wir ja heute auch reden wollen.

Markus: Total spannend. Und, ja, du hast jetzt hier so no challenge gesagt, naja, ist halt eine Brauerei und wir machen so ein paar Bierchen. Also ganz ehrlich, es ist eine ganz imposante Palette von unglaublich vielen verschiedenen Bieren, also seien es jetzt deutsche Bierstile, seien es eben englische Bierstile, amerikanische Bierstile, auch kreative Biere mit allerlei Zutaten jetzt zum Beispiel außerhalb des Reinheitsgebots, also eine sehr, sehr interessante spannende Palette und auch ein bisschen was haben wir zusammen probiert, als ich da war, wunderbar. Und was man ja auch sagen muss, die Umgebung ist ja großartig, es ist Dänemarks größter Biergarten. Also auch das ist ja fantastisch, 500 Leute passen da, glaube ich, ungefähr rein, also riesengroß und wirklich also sehr, sehr schön, jetzt im Sommer wahrscheinlich völlig überfüllt. Vielleicht einfach mal so ein paar Hintergründe vielleicht so en oder ein paar Impressionen, wenn du uns mal so ein bisschen erzählst, wie schaut es da aus, wie müssen wir uns das vorstellen, wie ist es da in und um Skagen? Ist das jetzt besser gewesen bei mir?

Tom: Ja, Skagen, genau, genau, ja.

Markus: Ah, sehr schön.

Tom: Jetzt finden es wahrscheinlich die Zuhörer nicht mehr auf der Karte dann.

Markus: Wir verlinken es ja in den Shownotes, dann kann man es sehen.

Tom: Ja, wie gesagt, ja, wir sind eben eine Brauerei. Das war vielleicht ein bisschen untertrieben, ja, weil, das ist auch nicht so die dänische Sache, dann irgendwie groß zu prallen mit irgendwelchen Dingen, aber es sind schon irgendwie 50 Biersorten oder so, die wir hier am Laufen haben, nicht alle immer, aber so insgesamt schon. Soll heißen, also alles von Pilsner Doppelbock, Weißbier machen wir auch, verschiedene über, Letztens habe ich dann Radler und mein Kirschbier eingeführt und Alkoholfreies ist auch neu. Das hast du, glaube ich, noch nicht bekommen damals, das ist erst seit 1 Jahr.

Markus: Nein.

Tom: Da haben wir auch, dänische Meisterschaft, einen Titel gewonnen für das Alkoholfreie. Haben auch die, was war es denn, wer war noch mit, ich glaube, Royal war mit, hat den 2. Platz gemacht, da ist man da natürlich schon stolz drauf. Also, ja und ansonsten, ich meine, es gibt die 2 Teile, einmal Flaschenbier, einmal den Biergarten und das ist natürlich saisonal. Also Skagen generell ist so, ich würde mal sagen, das Sylt Dänemarks, so ein bisschen, ja. Das ist eben dort, wo man in den Sommerferien hinkommt und da ist dann auch einiges los hier. Im Winter geht es ein bisschen langsamer, aber jetzt Zurzeit, im Moment ist wirklich Hochkonjunktur und dieses Jahr ist auch der Sommer wirklich so, dass es ordentlich Leute anlockt. Und dazu haben wir eben oft noch Musik. Also im Moment ist es von Donnerstag bis Sonntag durch Musik, dass eben die Leute kostenlos Konzerte, ja, hören können hier und in der Brauerei und dabei natürlich Bier trinken und das Ganze auch wieder finanzieren, also so ist das Ganze gedacht.

Markus: Absolut, also ein wirklich faszinierendes Gesamtpaket. Mir kam es ein bisschen so vor wie so eine Mischung aus, sage ich mal, Norderney und dem Herrn der Ringe, irgendwie so diese Hobbit-Dörfer, also man hat diese Sanddünen und dazwischen stehen eben diese Häuschen überall so rum. Und man darf auch nicht vergessen, es ist eine Straße, die ja wirklich nicht eine Einbahnstraße ist, aber halt eine Straße, die man da langfahren kann sozusagen bis eben zum Ende der Welt und wenn man zurück will, muss man wieder dieselbe Straße fahren. Also da ist dann durchaus auch immer ein bisschen Trafik, und dann macht es ja auch Sinn, dass man bei euch einfach mal einkehrt und sich eins der vielen Biere schmecken lässt. Und was mir auch aufgefallen ist, ihr habt ja zum Beispiel auch, ich glaube, es war ein Hagebuttenbier und ein Wacholderbier oder eins mit Honig, glaube ich, auch, also durchaus eben auch so spannende Experimente. Und das führt natürlich ein bisschen zu der Frage, also vielleicht einerseits, wie bist du überhaupt zum Thema Bier gekommen und andererseits, wie kommt man dann nach Dänemark oder war es andersrum, war es erst Dänemark und dann das Bier?

Tom: Nee, also Bier konnte ich eigentlich schon immer leiden, sagen wir mal. Aber ursprünglich zum Bier gekommen, ja, das ist ein bisschen eine komische Sache. Also ich war nämlich eigentlich in der Bundeswehr und war dort Offizieranwärter, bin da allerdings nach 4 Jahren ausgeschieden und wollte mich anderen Sachen widmen. Und komischerweise, ich habe ja Letztens die Folge mit dem Herrn Narziß gesehen, der ist ja so in seiner Karriere, ist der Fähnrich geworden, ja, ich habe auch als Fähnrich das Militär verlassen, natürlich zu einer ganz anderen Zeit und so weiter. Aber, ja, ich hatte mir damals tatsächlich ein weißes Blatt genommen und habe überlegt, was will ich denn machen. Also ich wusste bloß, ich wollte das mit dem Militär eben nicht weitermachen und habe mir da verschiedene Sachen aufgeschrieben. Und dann hatte ich da unter anderem Winzer draufstehen oder wenn gar nichts hilft, halt irgendwie Wirtschaftsingenieur studieren oder irgendwie. Winzer ging nicht, weil in Thüringen, da, wo ich herkomme, da ist mit dem Weinanbau, zumindest in Süd-Thüringen, nicht so direkt in der Nähe was los. Und da habe ich die nächste Brauerei angerufen und die haben gesagt, ja, ich könnte doch mal ein Praktikum machen, das war die Rhönbrauerei in Kaltennordheim. Und daraus hat sich dann eine Lehrstelle ergeben. Und ich habe das bis heute nicht bereut, da relativ spontan den Brauerberuf gewählt zu haben. Natürlich, also wie gesagt, Bier konnte ich vorher schon leiden und hatte Interesse, aber es hätte auch anders ausgehen können von der Sache her, ne, wenn die nicht so schnell reagiert hätten und gesagt hätten hier, du kannst hier Lehrling werden bei uns.

Markus: Ja, es ging ja dann den richtigen Weg, das ist ja cool. Also gut, dann haben wir also dich in Thüringen schon bierbegeistert und dann eben in der Brauerei im Praktikum und dann eben zur Ausbildung. Und wie findest du dann nach Dänemark?

Tom: Zunächst Mal habe ich also die Lehre gemacht ganz normal als Brauer, habe dann aber nach 1 Jahr im Windschatten des Braumeisters quasi zu Öttinger gewechselt, in Gotha. Die haben ja dort also eine ihrer damals 4 Brauereien, inzwischen ist es eine Paulaner, die haben das gekauft, ja und habe dort eben die Lehre weitergemacht. Und natürlich auch in der Berufsschule, an meine Berufsschullehrerin kann ich mich noch erinnern, wie kannst du das machen und kannst von der kleinen mittelständischen Brauerei zur großen bösen Oettinger wechseln, ja. Ja, das ist aber im Endeffekt auch nicht schlecht gewesen, muss ich sagen, weil dadurch natürlich viele Brautechniken, die man eben lernt, also mal eine Zentrifuge oder andere Sachen, ja, auch die ganze Skala und Analysen und wie das da alles läuft auf dem Niveau, das war schon sehr interessant. Und das hat mich dann auch letzten Endes dazu halt bewogen, auch Braumeister werden zu wollen. Und das habe ich dann auch gemacht, also ich habe die Lehre beendet, habe dann noch 2 oder 3 Monate bei Oettinger noch als Brauer gearbeitet. Und dann bin ich nach Berlin, hatte auch inzwischen dann schon ein Kind, und habe dort eben studiert an der VLB zum Diplombraumeister. Und damit war ich dann 2016 fertig, ja und dann natürlich muss man irgendwann mal was arbeiten, also habe ich Jobs gesucht. Und das war aber schon das Ziel, ins Ausland zu gehen, einerseits einfach, um was anderes zu sehen. Und zum anderen natürlich auch, um mal zu mindestens für eine Weile dem Reinheitsgebot zu entkommen, ja, mehr Freiheiten zu haben und irgendwo alles aufzusammeln, also außerhalb dessen und zu lernen, das war schon also so das Ziel. Und da hat es sich ergeben, dass damals in Aalborg, oder Ålborg auf dänischer Aussprache, die Gasthausbrauerei jemanden gesucht hat. Und da habe ich zunächst eben dort gearbeitet und später dann noch in Frederikshavn bei einer Brauerei und vor 2 1/2 Jahren bin ich hier nach Skagen gewechselt, also so hat schon das ergeben. Ursprünglich war die Idee mal, wenn mein Sohn in die Schule kommt, also so nach 5 Jahren, dann überlegen, ob es wieder zurückgeht oder wie auch immer, aber letztendlich hat auch das Leben uns hier so gut gefallen, dass wir eben entschieden haben, hier zu bleiben.

Markus: Ja, die Lebensqualität ist schon unglaublich in Dänemark, das ist schon wirklich sehr, sehr schön. Und ich kann mich auch erinnern, vor 2 Jahren war ich ja deswegen da, weil ich just von der Gasthausbrauerei in Aalborg eingeladen war, die hatten damals gerade ihre Whisky-Brennerei, na, nicht eingeweiht, aber halt mit ihren ersten Whiskys kamen sie dann raus. Und haben dann ein Event gemacht, wo wir dann mit einem Segelboot von Aalborg aus in diesen Sund gefahren sind bei Thisted da in diesen, ja, ich weiß gar nicht, wie man das genau nennt, aber egal, also ein Stück Wasser halt. Und dann sind wir da wirklich mit dem Boot dahin und dann auf der Insel, da lagert der Whisky, waren wir dann, haben die verschiedenen Fässer dort gesehen und auch verkostet und sind dann wieder zurückgefahren, das war schon ein tolles Event. Und vorher war ich beim Thisted Bryghus, wo ja auch ikonische Biere entstehen. Also insgesamt ist Dänemark ja wirklich ein Land der Bierliebhaber geworden auch, mit einer großen Szene an kleinen Brauereien, vielen Bierenthusiasten, die sich da engagieren und Hobbybrauern. Also ein ganz lebendiges und spannendes Land, gerade eben auch, was das Thema Bier angeht. Und letzten Endes, wir haben ja dort gemeinsam den Christian Andersen getroffen, der ein Buch geschrieben hat zum Thema Pilsner, mich dafür vorher kontaktiert hatte. Das war ein anderer Grund, warum ich mir gedacht habe, da mal hinzufahren, weil der eben gesagt hat, ich soll ihn doch mal besuchen. Und als wir eben da waren, hat er eben gesagt, Mensch, dann lass uns doch zur Brauerei gehen, er kannte dich ja auch. Und dann haben wir uns zusammen getroffen, das war ja auch großartig, also auch diese Freundschaft da, die Verbundenheit wirklich, also das gefällt mir schon wirklich total gut und ich habe mich da auch sofort sehr wohl und sehr willkommen gefühlt. Ich denke, das ist vielleicht auch so ein Punkt, oder, fühlst du dich …

Tom: Ja, ja, ich finde das auch überraschend, weil oft ist es ja vielleicht auch ein bisschen Klischee inzwischen, aber so diese nordische Unterkühltheit oder so ein bisschen, man hat es so schwer, da irgendwie reinzukommen. Und so geht es vielen Leuten auch, aber, ich sage mal, sobald man über Bier anfängt zu reden, dann kommen auf einmal ganz andere Charakterzüge zum Vorschein. Also da ist man auch auf einer Leidenschaft, ja, also entweder fürs Biertrinken oder halt auch fürs Biermachen, ja nachdem, auf welcher Seite so man mit den Leuten redet. Ja, das ist so, das gefällt mir auch wirklich gut. Und vor allem, dass auch die Qualität geschätzt wird. Es ist natürlich auch, ich sage mal so, bevor die Craft-Bierwelle aufkam, war halt auch, ja, also war jetzt nicht so wie in Deutschland. Das heißt, das ist auf fruchtbaren Boden gefallen und die Brauereien sind explodiert in den Zahlen und die Bierqualität ist auch entsprechend, also richtig hoch zum Teil.

Markus: Ja und ich glaube auch, dass für viele jetzt gerade, sagen wir mal, deutsche Bierleute, also entweder kennen sie nur Carlsberg als dänische Brauerei oder es ist für sie so eine Art weiße Landkarte in Sachen Bier. Und das ist aber auch gar nicht so schlecht, weil damit ist natürlich die Möglichkeit, neue Sachen zu entdecken und relativ unvoreingenommen an Brauereien, an Biere, an Bierstile ranzugehen, die ist natürlich relativ groß. Oder auch insgesamt die Bierstile, die dänische Bierhistorie, das ist ja nahezu unbekannt, also bei uns im Land auf jeden Fall und damit natürlich auch noch mal eine ganz spannende Palette an Bieren, die da möglich sind und an Rezepturen. Was ich allerdings sehr interessant finde, dass gerade du aus Thüringen sagst, du willst dem Reinheitsgebot entfliehen, wo doch Thüringen total stolz drauf ist, dass sie ein eigenes Reinheitsgebot von 1434 haben. Wie geht es dir denn da in dieser Geschichte? Also was probierst du gerne aus, was sind so deine Sachen, wo du sagst, da möchte ich ganz bewusst mal diese, sagen wir mal, Regelung außenvor sein lassen und wirklich mal experimentell sein mit meinen Bieren?

Tom: Ja, so bei den Zutaten ist es einfach so. Also es ist ja schade, wenn man jetzt Honig reintut und das dann nicht mehr Bier nennen darf oder, ja, manche anderen Dinge auch. Ich meine, manchmal nimmt es auch Überhand, ja, da wird dann irgendwie hier, das heißt Bock und dann hat es nichts mit einem Bock zu tun. Also ich habe schon irgendwie so Bockbiere gesehen, da hatte der Bock eben 5 % und war obergärig oder was auch immer. Also das ist dann halt auch wirklich ein bisschen Wildwest zum Teil. Also ich für meinen Teil, ich halte immer die klassischen Bierstile, klassisch, also soll heißen, in ein Pilsner, da gehört einfach nix rein, ja. Von Theodor Schütz oder wie die heißen hier, die haben dann immer ein Pilsner und dann ist da Apfelsaft drin und was weiß ich alles. Also das macht man halt nicht, sowas. Aber dafür bei den Bierstilen, wenn ich sozusagen freie Bahn habe, wenn das Ziel ist, jetzt nicht ein klassisches Bier zu brauen, dann nutze ich das auch wirklich gerne. Und ich braue auch gern mit belgischen Zutaten. Das ist so ein bisschen, auch belgische Hefe und belgisches Bier, das ist so ein bisschen auch noch mein Steckenpferd. Da können wir ja vielleicht gleich noch drüber reden, denn dass ich immer gern starkes Bier braue, das hängt ja auch ein bisschen mit den Belgiern auch zusammen, die machen das ja auch ganz gern.

Markus: Das stimmt, das ist bei denen Programm, ja.

Tom: Und Kandiszucker ist auch einfach gut, ja, auch in Verbindung mit bestimmten Hefen und so weiter, also das macht dann schon Spaß.

Markus: Ja und man darf auch nicht vergessen, du gehst ja auch in die andere Richtung und machst eben mal historische Biere oder mit besonderen historischen Zutaten, also mit, was weiß ich, Dinkel oder Roggen oder Hafer oder solchen Geschichten, wo man ja auch viel probieren kann, ne?

Tom: Da gibt es ja auch diese Pflanze, in Deutschland heißt die, glaube ich, Sumpfporst und auf Dänisch heißt die Porse. Das ist so, die wächst am Strand, nicht direkt am Strand, aber so hinter den Dünen, so dazwischen drin. Und daraus kann man ein Bier machen. Man kann da zum Teil den Hopfen mit ersetzen. Je nachdem, wann man das gibt, ist es eher bitter oder so zum Teil sogar süßlich. Also da kann man interessante Sachen draus machen. Das sind so typische Sachen von hier und das ist dann so unter dem Begriff neues nordisches Bier so zusammengefasst, wo man dann eben hergeht und nimmt eben solche Dinge oder Wermuth oder Honig aus der Region. Oder, ja, eben diese, wie heißen die denn auf Deutsch, Hüben heißen die, also nicht Hagebutten, aber diese Strandrose oder wie die heißen, die kann man eben auch nehmen. Also es gibt alle möglichen Möglichkeiten hier.

Markus: Meinst du Sanddorn?

Tom: Nee, das sind diese, die so ein bisschen größer sind wie die Hagebutten hier, zum Teil werden die eben auch mal zum Brauen hier genutzt.

Markus: Ah, Hippen.

Tom: Ja. Also ich habe da mit denen selber noch nicht gebraut, mit Pflanzen kenne ich mich auch nicht so gut aus.

Markus: Nee, ich habe es ein bisschen auch kennengelernt eben, als ich in Thisted war dort beim Bryghus, weil die machen ja auch ein Bier mit eben Porst oder Galen, also diesen Kräutern, die da rumwachsen. Und die machen ja sogar ein riesen Geheimnis drum. Also da trifft man sich einmal im Jahr und fährt dann mit verbundenen Augen sozusagen an den Ort, wo das eben wächst. Dann kriegen alle die Augen entbunden sozusagen, müssen so viel sammeln wie sie können, dann wird das in Säcke gestopft, Augen wieder verbunden, man fährt wieder zurück zur Brauerei. Ein Großteil wird eingefroren und dann wird eben über das ganze Jahr damit gebraut. Also super witzig auch die Storys, die man einfach drum rum macht. Sie machen auch ein Bier mit Bernstein, wo Bernstein vorher eingelegt ist. Das ist auch ein sehr interessantes Thema, das überhaupt zu machen. Also da geht es, glaube ich, weniger drum, dass das wirklich einen geschmacklichen Einfluss hat, aber das ist einfach das Zelebrieren von so einem Thema, das Ausprobieren. Und sie haben auch eine eigene Idee, eben Steinbier zum Beispiel zu machen. Also das jetzt nur als Beispiel, soll kein Werbeblock für Thisted sein, wobei das natürlich ein tolles Brauhaus ist, aber um das zu sehen.

Tom: Ich habe gerade das mit dem Bernstein, also, ich sage mal so, naja, ich will jetzt nicht über alles reden, was ich so ausprobiere so hinter den Kulissen, aber Bernstein ist tatsächlich eine Geschmackskomponente, die wirklich interessant ist. Da habe ich auch ein paar Versuche gemacht mit. Sie ist nicht billig, sagen wir mal, zu mindestens, wenn man es in größeren Mengen verwenden will. Ich glaube, die verwenden den auch irgendwie wieder oder so. Aber das ist natürlich absolut einzigartig, dass man auch irgendwie so ein Fossil benutzt. Und es auch rechtlich, ist das nicht definiert. Was ist Bernstein überhaupt, ist das jetzt eine Zutat, löst der sich auf, wie ist das zu behandeln? Bisher läuft das einfach so nebenher. Vielleicht ist es auch besser, das gar nicht so an die große Glocke zu hängen, dass nicht erst irgendwer kommt und Gesetze erfinden muss. Aber, ja, man kann auch damit Bier machen.

Markus: Also wir können ja da einfach den Leuten Lust machen zu sagen, okay, fahrt einfach mal hin, schaut euch das an, probiert vor allem natürlich und lasst euch einfach da mit offenen Herzen und offenem Gaumen so ein bisschen verführen, entführen in diese Bierwelt des Nordens. Vielleicht noch so ein bisschen zum Brauhaus an und für sich, du bist da ja der Braumeister eigentlich. Mit wem hast du da sonst noch zu tun, sind da viele Leute? Spricht da sonst noch jemand Deutsch oder bist du da so für dich, wie bist du da jetzt so ein bisschen gesettet?

Tom: Ja, also sagen wir mal so, es gibt den Chef, der das auch ja mitgegründet hat, also den Rene, und der hat, ich sage mal so, der hat den Titel Braumeister. Er ist nicht ausgebildeter Braumeister, er ist halt, so typisch für Dänemark, eben ein Hobbybrauer, der das eben dann groß aufgezogen hat und entsprechend eben, ja, die Biertypen entwickelt hat und so weiter und ich bin eben der Diplom-Braumeister. Wir haben so ein bisschen so eine Zusammenarbeit so, mal macht er ein Rezept oder sagt hier bei dem Rauchbier, was wir machen wollen, vielleicht machst du das mal lieber, du kennst dich ja vielleicht mehr damit aus, so in der Richtung, so haben wir die Zusammenarbeit. Und dann haben wir eben noch drei Leute in der Produktion, die eben abfüllen und brauen auch, einer davon. Also, ja, insgesamt sind wir sozusagen 4 Leute tatsächlich am Bier, aber im Sommer, gerade saisonmäßig, bis zu 50 Angestellte insgesamt, vor allem eben Kellner und Küche, weil ja das Restaurant hier dann ordentlich läuft, ne.

Markus: Und apropos Restaurant, gibt es da auch was anderes als Hering?

Tom: Ja, also es gibt natürlich dann schon die typischen dänischen Sachen, also beispielsweise eben Stjerneskud. Also das ist schwer zu beschreiben, das ist eigentlich ein Roggenbrot, das sieht man aber nicht mehr, das ist ja versteckt unter einem riesen Berg von Zutaten, wo dann eben Garnele und Fischfilet, paniertes Fischfilet drauf ist und noch Salat und so weiter und mit Dressing und allem. Also das ist auf jeden Fall eine Empfehlung. Und es gibt natürlich auch Burger, der Brauhaus-Burger, der ist immer gern genommen. Ja, also so typische Dinge eben und dann halt eben saisonabhängig noch andere Fischvarianten und Fischfrikadellen und sowas, das ist eben eine große Sache hier. Und das hat ja auch damit zu tun, das Skagen unter anderen eben für die Fischindustrie ein wichtiger Hafen ist.

Markus: Ja und ich muss auch sagen, ich habe diese Kunst des belegten Brotes in Dänemark noch mal völlig neu kennengelernt. Also, ich sage mal, so, wie ich es erlebt habe, würde ich es mal zusammenfasen mit Smörrebröd als Titel, aber weiß ich gar nicht, ob das richtig ist, aber so viele ganz unterschiedliche und fantastisch schmeckende belegte Brote mit unglaublichen Zutaten. Also es ist immer so, dass man ein kleines Scheibchen Brot untendrunter hat und dann türmt sich irgendein Berg von irgendwas sehr kunstvoll drapiert und zusammengestellt oben drüber, das fand ich wirklich großartig. Egal wo wir waren, überall gab es da ganz tolle Variationen. Also das, ja, finde ich ein tolles Erlebnis eigentlich, wie man so ein belegtes Brot zelebrieren kann.

Tom: Das ist auch so eins der Dinge, die ich halt am Anfang, ja, das heißt, nicht verstanden hatte, aber die mich sehr überrascht haben. Denn, ich bin irgendwo vorbeigegangen an einem Restaurant oder an so einem Café und da war eben Smörrebröd und was, das soll irgendwie 12 Euro kosten, ein Butterbrot? Ich habe gedacht, also was ist das denn, ja, sind die irre. Ja, aber wenn man das dann eben sieht, wie das angerichtet ist und auch, wie viel das letzten Endes ist. Oft hat man da quasi eine Hauptmahlzeit auf dem Butterbrot liegen, dann ist das schon alles, macht das schon Sinn.

Markus: Auf jeden Fall. Was man übrigens jetzt auch so ein bisschen raus hört, du sprichst ja perfekt Dänisch. Wie kam das denn, mit der Zeit oder hast du das bewusst gelernt oder wie?

Tom: Ja, perfekt will ich jetzt nicht sagen. Die Dänen hören es schon noch, aber oft können sie nicht mehr genau sagen, ob ich jetzt Deutscher, Schwede oder Norweger oder so irgendwo von woanders her bin, ja, also nicht mehr genau zuordnen, das ist schon mal ganz gut, manchmal. Nee, also letztendlich habe ich erst mal, ehrlich gesagt, habe ich mein Englisch verbessert, als ich herkam, denn wir hatte immer Englisch gesprochen auf der Arbeit, weil ich ja noch gar kein Dänisch konnte. Und selbst das Englisch der meisten Dänen ist eben besser als zu mindestens des Durchschnittsdeutschen oder besser als ich es eben sprechen konnte damals, weil eben, ja, was hier schon in der Schule ganz gut ausgebildet wird und auch, weil eben beispielsweise Filme eher nicht übersetzt werden. Und dann nach 2 Jahren, oder 1 oder 2, irgendwann habe ich angefangen, in die Sprachschule zu gehen. Die steht hier jedem frei zugänglich zur Verfügung, also wenn man jetzt herkommt. Da wurde ich dann halt rausgeworfen. Das war halt so ein Erlebnis, wo dann auch, ja, wo ich dann auch gedacht habe, na gut. Ja, das war eben, weil ich viel gearbeitet habe, ja, war ja auch Braumeister und konnte eben nicht einfach Heim gehen wann ich wollte oder wie, musste halt gemacht werden. Jedenfalls habe ich nicht immer teilnehmen können an dem Kurs und dann haben die gesagt, ja, ich habe nur unter 75 % Teilnahme, Sie sind jetzt raus. Naja und dann habe ich da angerufen und habe eben gesagt, ja, ich möchte das ja aber gerne lernen, das ist ja jetzt nicht, weil ich keine Lust habe. Ja, aber wenn Sie jetzt nicht hergehen, dann werden Sie ja nie Dänisch lernen und wie sollen Sie dann einen Job kriegen.

Markus: Ich habe einen.

Tom: Ja, ich sage ja, ich kann ja nicht kommen, weil ich einen habe, genau. Also das war ein bisschen, es hat einfach nicht gut geklappt von den Terminen her. Aber letztendlich, mein nächster Arbeitgeber, sagen wir mal, da war der Chef recht konservativ, der hat gesagt, das ist eine dänische Firma, du musst jetzt auch Dänisch reden. Ich habe gesagt, na gut, wenn du damit leben kannst, mit all dem Unfug, den ich dann von mir gebe, dann los. Und das war dann halt tatsächlich ein bisschen ins kalte Wasser geschmissen, aber es hat funktioniert.

Markus: Wahnsinn! Und hast du auch Familie mittlerweile da vor Ort?

Tom: Ja, also für meine Tochter war es einfach, die war noch ein Baby, als sie herkam, sie hat quasi gleich so nebenher gemacht. Und mein Sohn im Kindergarten, da hat es ein bisschen gedauert, aber es ging dann auch. Und die sind ja jetzt auch in der Schule halt in einer Klasse für dänisch Muttersprache, nicht für Dänisch als Fremdsprache. Von daher bin ich da eigentlich froh drüber, das gemacht zu haben jetzt. Also zu mindestens die Sprache nimmt man mit, egal, wie sie später mal sich entscheiden, ob sie hierbleiben oder in ein anderes Land gehen, genau.

Markus: Ja und wir haben ja diese wunderbare Errungenschaft der Europäischen Union, wo man ja wirklich hin und her kann und überall arbeiten kann. Und ich habe auch das Gefühl, dass die Jugend das immer mehr lebt und gar nicht mehr so an dem jeweiligen Nationalstaat hängt. Also das ist schon eine tolle Gelegenheit. Und ich muss sagen, alle, die ich erlebt habe, die eben so zweisprachig aufgewachsen sind, für die war das immer ein riesen Gewinn. Also da, das ist zum Beispiel was, ich bin kein neidischer Mensch, aber da bin ich ein bisschen neidisch auf die Leute, die tatsächlich eben mit verschiedenen Sprachen aufgewachsen sind, weil das eine Fähigkeit ist, die kann man im Leben so nie wieder lernen. Und das ist schon, ja, ein großartiges Geschenk so ein bisschen, was man da so mitbekommt. Ja, apropos großartiges Geschenk, du hast mir ja ein Paket geschickt und da sind auch 2 Flaschen drin mit Bier und nicht mit irgendeinem Bier. Bevor wir da gleich zum Verkosten gehen, mal vielleicht so ein bisschen gesagt, als wir uns getroffen haben vor 2 Jahren, da hattest du mir ja noch erzählt, es wäre so ein Projekt, eine Idee, die du gerade beginnst oder umsetzt. Und da geht es eben um starke Biere, vielleicht um Eisbock oder solche Sachen, das war so mein Wissensstand. Wenn du vielleicht da ein bisschen erzählst, also einerseits vielleicht noch mal, wie kommst du auf die Idee und andererseits, was ist das mit dem Namen, was hat es damit auf sich. Und, ja, vielleicht auch so ein bisschen, wie ging es jetzt zu dem Stand, den wir jetzt haben hier oder ich hier in meinen beiden Flaschen?

Tom: Ja, das ist eigentlich eine längere Geschichte, da muss ich noch mal ein bisschen zurückkommen darauf, wo ich gearbeitet habe und was ich so gemacht habe, weil daraus ergibt sich das. Also ursprünglich war das Søgaards Bryghus in Aalborg, wo ich eben angefangen habe und, ja, da verschiedene Biere auch gebraut. Ähnlich wie hier, nicht ganz so viele. Aber da hatte ich wirklich Freiheit und das war auch zum Teil auch, ich will nicht sagen beängstigend, aber man konnte eben brauen, was man so wollte, also die Freiheit, sollte halt schon schmecken. Aber ich hatte halt keine Erfahrung, ich bin ja halt Brauer geworden und dann, ja, bei der Oettinger auch dann. Also die deutschen Bierstile hatte ich so ungefähr drin, aber wie man jetzt ein IPA braut und wann man da den Hopfen jetzt reintut, und dann sagte der eine, nee, es reicht, dass in den Whirlpool zu schmeißen und der Nächste sagte … Also das war alles neu, ja, also für mich dort, ich war zwar Braumeister, aber unerfahren. Und da konnte ich mich eben ausleben und dann kam auch mal so ein Bier wie ein Imperial Stout mit 12 %, das Black Swan. Da kann ich mich noch erinnern, das haben wir dann umgestellt auf Doppelmaische. Also für die, die es jetzt vielleicht nicht kennen, den Prozess, haben wir das halt gemaischt und die Würze dann anstatt Wasser genommen und noch einmal zu brauen, um das damit eben auf diese Stammwürze zu kriegen, damit es eben am Ende 12 % Alkohol haben kann. Ja und so ging das weiter. Und dann war ich auch in der Planung für diese Whisky Destillerie bei Søgaards dabei, habe den dann selber nicht mehr mithergestellt, aber so in der ursprünglichen Planung, und hatte mir da auch überlegt, dass man die Maische für den Whisky ja eigentlich auch ziemlich stark machen könnte, weil man dann nicht so viele Tanks braucht dafür. Ich glaube, im Endeffekt haben die das nicht so gemacht, wie ich mir das gedacht hatte. Aber, ja, da hatte ich mir jedenfalls einiges überlegt und habe die Gedanken auch immer im Hintergrund behalten und habe dann bei Frederikshavn Bryghus gearbeitet, wo dann die Idee aufkam, wir könnten doch mal Dänemarks stärkstes Bier machen.

Markus: Sehr gut!

Tom: Da war genau Corona in der Zeit auch, da war nicht viel los, also habe ich mich hingesetzt und habe Erlenmeyerkolben gekauft und Gärversuche gemacht mit verschiedenen Hefetypen, mit verschiedenen, ja, Zusammensetzungen, also mehr Zucker, weniger Zucker, Belüftung und all solche Details, also ein bisschen Forschung betrieben da. Und am Ende hat es dann eben ein Bier gegeben, das hieß Keine Hexerei, das gibt es auch immer noch zu kaufen, auch wenn die Brauerei inzwischen nicht mehr in Betrieb ist, also zumindest mit der Brauanlage, die sie hatte damals. Das hatte 19%, aus reiner Gärung. Und das war dänischer Rekord. Ist auch sowieso eins der stärksten gegorenen Biere überhaupt so weltweit, würde ich sagen.

Markus: Absolut, ja.

Tom: Ja, bei Samuel Adams mit dem Utopias, da kann man dran glauben, dass das nur aus Gärung kommt, ich glaube, die müssen das aus rechtlichen Gründen so sagen.

Markus: Ich glaube, die sagen schon auch, dass es ein Eisbock ist, oder, wenn ich mich richtig erinnere.

Tom: Nee, Eisbock, aber wenn du es halt 6-mal fasslagerst und das jedes Mal 1 1/2 % Whisky rauszieht noch aus dem Fass, dann kann man ja zurückrechnen, wo die hin gegoren haben.

Markus: Das stimmt natürlich, ja.

Tom: Abe, ich glaube, das hat dann mit, ja, wenn man Bier verkauft, darf man keinen Schnaps verkaufen. Ich glaube, die untertreiben da quasi und sagen, es ist aus Gärung, wegen irgendwelcher rechtlichen Sachen, aber ist ja auch jetzt gar nicht so das Thema. Jedenfalls, es hat gereicht, es war Dänemarks Stärkstes und wir haben damit den Mikkeller geschlagen, glaube ich, die hatten irgendwie 17 1/2 oder so gemacht vorher. Und da habe ich dann auch ein bisschen weiterentwickelt und auch noch mal ein sehr starkes Lagerbier gemacht auch und andere Dinge. So die stärkste Gärung, die war schon über 21 %, vom Labor bestätigt, also jetzt nicht irgendwie gemessen oder verschätzt, war schon so. Und natürlich kommt dann irgendwann die Frage auf und der Chef sagte, ja, können wir denn noch mehr? Ich sage, na, so langsam wird es schwierig, der Hefe noch mehr auszupressen. Und dann eben Eisbock, so wie auch andere den Gedanken schon hatten. Ich meine, Georgbräu zum Beispiel, die machen das ja auch, so hat sich das ja da auch entwickelt. Genau und dann Eisbock gemacht, einen mit 37 und einen mit 38 % dort. Und letztendlich, also da kam dann die Idee auch her, dass das eigentlich, und jetzt kommt so ein bisschen so die Idee von Müßiggang jetzt mal raus, dass das eigentlich gar kein so ein Bierstil mehr ist. Es ist zwar technisch gesehen ein Bier und definitionsgemäß, aber das Verhältnis von einem Eisbock geschmacklich zum Bier ist schon eher wie Portwein zu Rotwein oder sowas. Das ist nicht mehr so, dass man da jetzt hergehen könnte und kann das in einer Verkostung einfach so mit irgendwo dazwischen reintun. Das kannst du mit einem Imperial Stout noch machen, aber das geht eben dann nicht mehr mit einem Eisbock. Und deswegen denke ich auch, dass Eisbock eine eigene Kategorie verdient in der Getränkewelt. Also jetzt nicht unbedingt in der Legislative, also wir brauchen jetzt kein Eisbock-Gesetz oder so, also das kann schon noch Bier sein, aber von der Art und Weise, wie es behandelt und verkostet wird und kombiniert auch. Ich denke, das hat es verdient und deswegen habe ich mich auch entschieden, dass Müßiggang halt ausschließlich das macht. Genau und das ist jetzt das Thema und deswegen stehen die 2 Flaschen vor dir, das sind die ersten beiden, die ich da produziert habe. Und die sind quasi in dieser ganzen langen Reihe dieser Entwicklung von Imperial Stout über dieses Keine Hexerei, was zum Teil auch belgisch beeinflusst war vom Geschmack her, also da ist auch belgische Hefe drin gewesen, bis hier.

Markus: Faszinierend, ja, also auf jeden Fall super spannend. Und ich bin auch schon ganz, ganz aufgeregt, mit jemanden zu sprechen, der Mikkeller geschlagen hat. Muss man ja auch erst mal hinbekommen, nachdem das ja wirklich immer, dass der …

Tom: Jetzt sind die ja Carlsberg, jetzt darf man das ja auch sehr gerne machen.

Markus: Ja, natürlich. Aber, ich meine, es ist halt, er hat ja wirklich versucht, alles auszuloten, also bis zum 1.000 IBU-Bier und was er alles angestellt hat, sodass man wirklich ein bisschen schon gedacht hat, okay, es gibt eigentlich nix, was er nicht ausgereizt hat. Aber da hast du ihn offensichtlich geschlagen, sehr cool! Und, ja, mit dem Georg steht auch seit Ewigkeiten ein BierTalk aus, das werde ich bei Gelegenheit jetzt irgendwann doch mal nachholen, dann kann der auch ein bisschen was erzählen von seiner Geschichte.

Tom: Mit dem Georg, ich hatte mal ein bisschen mit ihm geschrieben mal, wir hatten mal Kontakt und da hat er echt gesagt hier, ich kann bei ihm keine Brauereibesichtigung machen, dass ich ihm hier keine Geheimnisse klaue. Ja, ja, tatsächlich.

Markus: Ach Gott, ach Gott, ach Gott, hm.

Tom: Ja, ja, das will ich nur mal in aller Öffentlichkeit sagen, bei mir kann man das gerne machen.

Markus: Ja, ich meine, wann war das denn? Ist schon ein bisschen her, oder, wahrscheinlich?

Tom: Ja, ist schon ein bisschen her, also es ist auch mehr so aus Spaß. Also das Ganze ist ja eine relativ exklusive und kleine Szene, will ich mal sagen. Ich weiß nicht, ob es überhaupt eine Handvoll gibt von Eisbock-Brauereien, die jetzt im nennenswerten Umfang das herstellen.

Markus: Auf jeden Fall, also das sind nicht viele. Und man darf ja auch nicht vergessen, zu der Zeit, also jetzt hat er ja eine neue Brauerei und, ich glaube, jetzt ist das alles auch einfacher und transparenter, aber damals war das ja wirklich noch so in so einem kleineren Maßstab und war wirklich schon eine Tüftelei. Also ich habe ihn da ja ein paarmal besucht, das war schon sehr, sehr spannend. Und er hatte ja noch diesen Zweikampf laufen mit BrewDog, wo das ständig hin und her ging. Also er hatte zumindest da, glaube ich, auch ein bisschen Bedenken, wie das so weitergeht und wer da vielleicht mal reinguckt und so. Und man darf auch nicht vergessen, dass er natürlich einen großen Teil seines Umsatzes schlicht und einfach mit dem Verkauf dieser Biere macht, vor allem auch nach China, wo die sehr, sehr hoch gehandelt werden, und da ist es dann natürlich irgendwie auch ein wirtschaftliches Thema. Aber egal, also ich werde ihn auf jeden Fall fragen, wenn ich demnächst Mal mit ihm reden werde, spannend auf jeden Fall. Letzte Frage vielleicht noch, bevor wir jetzt das Fläschchen aufmachen. Du hast ja schon ein paarmal den Namen erwähnt, Müßiggang. Wunderschönes deutsches Wort, ich kann mir fast nicht vorstellen, dass man das jemanden auf Dänisch überhaupt erklären kann, zumindest auf Englisch würde es mir schwerfallen, sagen wir mal so. Aber wie kommst du zu dem Namen und wie erlebst du das?

Tom: Ja, das Lustige ist, ich habe den Namen schon 2018 registriert, also mir schützen lassen und habe dafür auch Geld bezahlt. Ich meine, wenn ich die Firma gegründet hätte, ist der ja automatisch geschützt, aber so in dem Sinne, ich habe mir den schon länger zurechtgelegt.

Markus: Ah, okay.

Tom: Denn die Idee, also die ist schon so, dass man dieses Bier halt nicht als, ich sage mal, Nebenher-Bier trinkt. Das ist auch fast nicht möglich, denn dafür ist es zu stark und zu intensiv vom Geschmack, das werden wir ja gleich sehen. Und zum anderen, das soll auch diesen Moment, also Müßiggang, bewusster Gaswegnahme, will ich mal sagen, den soll das schon verkörpern. Also ich würde es mal eher so mit Zeitpunkten vergleichen, wo man vielleicht einen Rum trinkt oder einen Whisky oder in der Richtung, also den trinkt man jetzt meistens jetzt auch nicht so mal eben in aller hast irgendwie. Und deswegen Müßiggang und für mich auch eine kleine Erinnerung eben manchmal dann auch, da vielleicht mal einen Gang zurückzuschalten, ja, wenn ich das mache, es soll mir auch Spaß machen, das herzustellen. Natürlich gibt es da auch manchmal irgendwas, wo es klemmt, nützt ja nichts, aber da muss man eben durch. Aber den Namen hatte ich schon länger. Und man kann es auch überschätzen, ich glaube, auf Englisch ist das Nächste idleness, also, ja, so im Sinne fast schon von Nichtstun, aber das ist ja nicht derselbe Geschmack. Und dann auf Dänisch leddiggang, also Lediggang sozusagen. Und da gibt es halt auch einen dänischen Philosophen, der darüber eben auch so einen schönen Satz gesprochen hat eben wie, Müßiggang nicht die Wurzel allen Übels ist, sondern tatsächlich ein göttliches Leben, solange man sich dabei nicht langweilt. Und ich finde, das verneint dann ganz gut so den dänischen Philosophen mit dem deutschen Namen vom Müßiggang eben. Und zum anderen, Müßiggang ist auch einfach, man kann es ja auf der dänischen Tastatur, muss man erst einen Buchstaben raussuchen und alles. Das macht es zwar schwierig, aber auch irgendwie unvergesslich, dadurch, dass es eben so schwierig zu merken ist. Hatte ich schon so ein bisschen …

Markus: Ja, auf jeden Fall, also ich finde es ein wunderschönes Wort. Und ich habe auch im Vorfeld mal im Duden nachgeschaut, also dort steht praktisch, es ist ein Zustand, in den man sich von der Arbeit oder Verpflichtungen zurückzieht, um sich zu entspannen und zu genießen. Also so ein positives Nichtstun eben, wo man sich nicht langweilt, sondern wo man sich dann endlich für sich selber und für seinen Genuss und für die Selbsterfahrung und für seine Sinne Zeit nimmt und sie da eben dann genießt und auslotet. Also wirklich ein spannendes, schönes Wort. Und das finde ich schon auch eine tolle Idee, das für ein Bier zu machen, weil im Grunde gerade so ein Bier, wo ich dann hohen Alkoholprozenten, von sehr intensiven Aromen, von einer Exklusivität, einer Besonderheit einfach insgesamt spreche, etwas, was ich mir gönne, was ich mir leiste, was ich leben und lieben muss. Und wo ich mir dafür eben auch ein bisschen Zeit nehmen muss und alles andere ausschalten, abschalten muss, was mir vielleicht auch hilft, alles anderes aus- und abzuschalten, je nachdem. Also das ist, glaube ich, wirklich so ein schöner Kosmos, finde ich faszinierend für ein Bier. Aber gut, lass uns jetzt mal zum Probieren kommen. Ich habe eine Flasche, schaut so ein bisschen aus wie so eine schöne 1/2-Liter-Apothekerflasche und ich habe so einen Holzkorken oben drauf oder einen Stopfen, wie auch immer man das genau nennt, und auf dem einen steht F, auf dem anderen steht K. Ja, was muss ich mir drunter vorstellen und mit was soll ich anfangen?

Tom: Ja, ich denke, also erst mal zu F und K. Das F steht für Frostwerk. Den Namen habe ich so gewählt, weil natürlich Eisbock ein Werk des Frostes ist, also ohne Frost könnten wir ja den gar nicht herstellen. Und, genau, also hat mir einfach der Klang von dem Wort gut gefallen.

Markus: Finde ich auch schön, ja.

Tom: Und der andere Name, Kryomorph, das ist eben sozusagen, ja, Kryo, also der Frost wiederum oder Kälte und dann morf, die Gestalt, also sozusagen ein Bier, das durch diese Verwandlung gegangen ist und diese neue Gestalt bekommen hat, in der es jetzt ist als Eisbock.

Markus: Also von der Chemie her würde man ja sagen, es ist vielleicht, also in gewisser Weise ein Androaggregatzustand. Also ist ja wahrscheinlich fachlich völlig falsch. Aber für mich ist immer so, ich präsentiere ja auch gerne Eisbock auf Veranstaltungen und so und ich mache ja auch viel mit Spirituosen und was ich total faszinierend finde ist, dass eben der Eisbock, weil es sich um diese extreme Konzentration handelt durch das Ausfrieren, also ich friere ja praktisch nur das Wasser weg, alles andere konzentriert sich dabei ja extrem, kriege ich da viel intensivere, viel stärkere, viel kräftigere Aromen her als zum Beispiel beim Destillieren. Also wenn ich einen Eisbock mit 40 % vergleiche mit einem Destillat mit 40 % mit dem Bierbrand, dann wird der Eisbock immer gewinnen, weil er halt sehr viel intensiver, sehr viel stärker, sehr viel auf dem Punkt ist, und das finde ich so krass. Und das passiert ja durch diesen Prozess des Ausfrierens. Also kann ich mir gut vorstellen, da passt Kryomorph natürlich total gut.

Tom: Es ist ja auch im Endeffekt noch mal so eine Art Reinigung, also wenn das Bier ein bisschen unklar war vorher, also irgendwie noch ein bisschen Proteine oder Hefe oder irgendwas, das ist dann alles raus. Also das, was man bei Lagerbier halt mit der kalten Lagerung macht, das ist ja dann noch mal extrem verstärkt, da fallen eben alle Unreinheiten da aus, das wird runder. Man muss eben ein bisschen auch aufpassen, also soll heißen, der Hopfen und die Bitterkeit wird auch aufkonzentriert, wenn sie nicht ausfällt. Also man muss das Bier schon so vom Rezept her konstruieren, dass es dann als Eisbock gut schmeckt. Und deswegen, denke ich, ist es auch wichtig, dass eben, wie gesagt, als Eisbock-Brauerei zu behandeln. Denn viele machen es ja tatsächlich, die nehmen irgendein Bier, irgendein starkes und frieren das dann hoch. Also ein Bier, das so gut schmeckt, aber vielleicht nicht unbedingt den besten Eisbock ergibt. Und da sehe ich eben das Potenzial drin, das gezielt eben dahin zu entwickeln schon.

Markus: Also vielen Dank, dass du das sagst, das finde ich auch ganz, ganz wichtig, je weniger beim Eisbock, also beim Eisbock ist es natürlich auch ganz, ganz wichtig, nur da hören nicht so viele zu, von daher ist es natürlich auch super, dass du das sagst. Für mich ist es auch besonders immer ein Anliegen, wenn es um das Thema Destillat geht, Bierbrand geht oder so, weil natürlich nicht, wenn ich irgendein Wald- und Wiesenbier, was einfach übriggeblieben ist, einfach anfange zu destillieren, kommt nicht automatisch ein 1-A-Brand dabei raus, sondern ich muss vorher im Kopf haben, was hinterher dabei rauskommen soll und muss eben meine Rezeptur, meinen ganzen Prozess drauf abstimmen, dass das dann am Ende passt. Und das ist was, was eben viele, viele da nicht in Kalkulation ziehen und dann nehmen sie halt, wie gesagt, irgendein Bockbier oder irgendwo, wo sie halt irgendwas bekommen und wundern sich, dass das Ergebnis nie erstklassig ist. Aber das liegt eben genau daran, dass ich mein Ursprungsbier sozusagen so brauen muss, dass ich den Prozess, den ich später damit mache, sei es jetzt ausbrennen oder eben destillieren, schon mit einbeziehe und mir überlege, was macht das mit diesem Bier, was verändert das und was will ich am Ende haben und wie komme ich dahin. Und das ist für mich ganz, ganz große Kunst. Und wie du sagst, da gibt es nur eine Handvoll Menschen, die das beim Thema Eisbock überhaupt machen und beherrschen, also insofern spannend. Gibt es vielleicht irgendein Beispiel, wo du sagen kannst, das ist zum Beispiel so ein Punkt, also nimmst du automatisch, sagen wir mal, die Hälfte an Hopfen oder ein anderes Malz oder irgendwas, wo du sagst, das ist so ein Beispiel dafür, wo ich anders ansetze bei meinem Ursprungsrezept, um am Ende einen besseren Eisbock zu bekommen?

Tom: Ja, also beim Hopfen, ich habe beides probiert. Es rundet sich irgendwann ab auch bei der Lagerung. Wenn man jetzt zu viel drin hat, dann hat er es eben nicht beachtet, irgendwann wird es schon noch, ja, wie auch bei vielen Imperial Stouts. Aber Hopfen würde ich eher ein bisschen reduzieren. Während beim Malz zum Beispiel der Einfrierprozess selber schon diese Abrundung bringt. Also manchmal hat man ja, wenn man viel Röstmalz nimmt, so ein bisschen so eine Malzbitterkeit, die wird dadurch relativ schnell gebrochen. Und wenn man es dann, wie Kryomorph, eben noch 1 Jahr in Fässer tut, dann ist es dann wirklich schon rund, obwohl es gar nicht so unglaublich lange gelagert war. Also das ist so eine Sache. Zum anderen ist es auch, was die Hefe angeht, also man kann dann ein bisschen Gas geben, was die Hefe angeht, also was Fruchtaromen und so angehen, weil, die will man ja gerne erhalten. Die gehen ja eher ein bisschen weg, Überlagerungszeiten. Da habe ich zum Beispiel mir auch ein bisschen aus der Weinherstellung da ein paar Sachen abgeguckt vom Zusammenspiel der Tannine mit den Fruchtaromen und so weiter. Also ich versuche, da eine Balance zu machen, die es also erlaubt, das Bier so zu trinken, wie ich es verkaufe, aber wenn es noch 2 Jahre zuhause steht, dann wird es auch nicht direkt schlechter oder so. Also das ist so ungefähr das Ziel, was ich hier habe, denn, ich sage mal, also ein Haltbarkeitsdatum werde ich wohl nicht draufschreiben.

Markus: Ja, was soll da schlecht werden, also kein Thema. Ja, jetzt habe ich richtig, richtig Lust. Also, was mache ich jetzt auf, und wie?

Tom: Ich würde sagen, ja, auch wenn es eigentlich so ein bisschen so die Betaversion ist, ja, aber das Frostwerk, denn es ist das hellere Bier und es ist nicht fassgelagert.

Markus: Okay. Also dann mache ich jetzt hier mal live auf. So, ich schenke mal ganz bewusst nicht zu viel ein, weil, wir wollen ja das 2. auch noch probieren und ich sollte den Podcast zumindest noch beenden können. Also ich muss schon mal sagen, die Farbe ist ja absolut der Hammer! Also ich habe hier mir extra das Barrel-Aged-Glas gegönnt von Spiegelau, wo man wirklich das Bier auch wunderbar sehen kann und was eben auch die Aromen gerade von so älteren gereifteren stärkeren Bieren wunderbar wiedergibt. Und das ist wirklich, ja, einfach ein wunderschönes Braun, also ich würde sagen, so ein Kastanienbraun, was aber weniger ins Rote, eher ins Orange geht. Wie so ein wunderschöner, ja, vielleicht wie ein wunderschöner Sonnenuntergang, also ganz, ganz tollt Farbe vom Bier, schon mal optisch eine echte Augenweide. Es liegt auch schön im Glas, man sieht auch, wenn man das ein bisschen schwenkt, wie es eben so Schlieren bildet, das ist schon mal super spannend. Jetzt rieche ich da mal rein. Ah, eujeujeu! Also wie schon angekündigt, ein ganz intensiver, ein ganz starker Geruch. Es geht los mit so ein bisschen Kaffee, ein bisschen Tabak, Karamell, dann kommen so Trockenbeeren, Rosinen, aber auch sowas wie Hagebutte oder so, also so rote Beeren. Dann geht es in so eine Cookie-Richtung, nussige Aromen, geht so fast ein bisschen Waldbeeren, ein bisschen Brombeeren, also sehr, sehr vielschichtig, sehr, sehr fruchtig, sehr komplex. Auf jeden Fall für mich eher malzbetont. Und, ja, eben gar nicht so alkoholisch. Also man hätte jetzt erwartet, dass einem so diese Alkoholnote erschlägt, aber ist überhaupt nicht, ganz im Gegenteil. Man hat ganz, ganz viel Aromen in der Nase, das ist ein richtig schönes Spiel. Jetzt probiere ich mal einen Schluck. Wahnsinn! Beginnt ganz süß, wandelt sich dann und bekommt so ein bisschen eine Wärme, eine Schärfe und hinten raus dann auch eine leichte Bittere. Geht ganz ölig, ganz weich runter und dabei kommen die ganzen Aromen von denen ich gerade schon von der Nase erzählt habe, also gerade das Toffee, gerade diese fruchtigen Aromen, die Trockenbeeren, Feigen, Datteln, ein bisschen Lakritz vielleicht auch und hinten raus wieder ein bisschen fruchtige Aromen, Orange, Orangenschalen, also ganz spannend, ein bisschen Schokolade sogar. Super komplex, also Wahnsinn.

Tom: Freut mich, das so zu hören, denn ein paar Sachen davon kann ich ja vielleicht noch mal drauf eingehen, wie ich denn das hinbekommen habe.

Markus: Unbedingt! Bitte, bitte, bitte, ja.

Tom: Ja, also bei dem Bier, das ist ja das, ich sage mal, das Produkt, wo ich sage, das ist so gemacht, dass man es auch ohne Fasslagerung eben genießen kann, also das muss jetzt nicht irgendwie 3 Jahre erst ins Fass, bevor es irgendwie rund wird. Und deswegen habe ich mich da auch entschieden, Kandiszucker einzusetzen, das kannte ich eben schon von vielen Bieren, auch insbesondere stärkeren. Das gibt einfach so eine, abgesehen von einer wunderbaren roten Farbe, die du ja auch gleich gesehen hast, aber es gibt so eine Abrundung und die ist ein bisschen Karamell und das bindet einfach das Bier so zusammen. Kandiszucker ist einfach gut darin so, die Hefe und ein bisschen, ja, die Bitterkeit, alles irgendwie zusammen zu binden. Sol heißen, der ist nicht ganz weggegoren, das hat da so eine gewisse Restsüße. Und im Endeffekt, ich habe eine fruchtige Hefe benutzt, um eben die Fruchtnote reinzubringen. Gerade bei einem Bier, was jetzt nicht so lange fassgelagert ist, denke ich, kann man das einfach machen, damit es eben auch, ja, ich sage mal so, die verdampft ja jetzt nicht. Also bei Wein geht die ja nach einer Weile dann ein bisschen abwärts, nach ein paar Jahren, aber bei dem, denke ich, war das eben genau richtig. Ja, das soll eben, ich sage mal so, der Eisbock für jeden sein, würde ich es mal so nennen, ja. Also der ist jetzt nicht zu kompliziert, aber hat trotzdem viele Nuancen in verschiedene Richtungen.

Markus: Auf jeden Fall, hat ganz viel zu bieten. Und was mir jetzt sehr auffällt, nachdem es sich hier im Glas noch so ein bisschen etabliert hat, gesetzt hat, es hat auch eine wunderschöne Honignote, so ein Waldhonig, ganz schön, ganz rund. Sehr, sehr schön, ganz toll!

Tom: Das ist gut, freut mich.

Markus: Ja, also da bist du auf jeden Fall gut dabei. Für mich wäre noch die Frage, wo setzt man sowas ein? Das kann also schön natürlich zum Beispiel nach einem Essen, nach einem Menü oder so oder vielleicht auch so nur, wenn man da sitzt, ein paar Pralinen hat vielleicht oder ein bisschen Käse oder irgendwie sowas, das ist so ein bisschen wie so ein Cognac, so nippt und genießt. Das ist schon, also ja.

Tom: Ja, das hat ja tatsächlich auch so ein bisschen die Farbe wie so ein richtig alter Cognac, ne?

Markus: Das stimmt. Aber der ist gefärbt, das her ja nicht gefärbt, also großartig.

Tom: Nun kann diskutieren, ob jetzt ein bisschen Karamellmalz nicht irgendwie gefärbt ist, aber bei Cognac, die haben ja nicht so viele Möglichkeiten.

Markus: Weißt du denn von dem, was ich jetzt habe, weil, mir würde es total schwerfallen, einen Alkoholprozentsatz zu sagen? Also so aus dem Bauch raus würde ich sagen, wir sind irgendwo bei, ja, was weiß ich, 25 oder sowas oder 30, aber mehr nicht.

Tom: Ach.

Markus: Wahrscheinlich deutlich drüber, oder?

Tom: Das liegst du ein bisschen verkehrt, genau. Und das ist ja auch so toll echt, weil Eisbock da tatsächlich auch zum Teil trügerisch sein kann. Nee, das würde ich so ungefähr schätzen so 35 rum.

Markus: Woah! Nee, das denkt man nicht, auf gar keinen Fall, ja.

Tom: Wenn man das etwas anwärmt, so, ich sage mal, auf Körpertemperatur, dann kann man es anstecken, zumindest also, als ich das hier zuletzt eingefroren habe, habe ich da mal eine Probe genommen, das brennt, das Bier.

Markus: Woah, ist natürlich cool.

Tom: Das hat natürlich auch damit zu tun, je mehr Zucker so ein starkes Getränk hat, desto leichter brennt es, also jetzt aus chemischen Gründen. Das heißt, ein komplett trockenes Bier würde bei 35 eher noch nicht anzuzünden sein, ja. Aber, ich meine, es geht ja nicht drum, dass man das Bier jetzt anzünden kann, aber es ist nur einfach mal so eine Idee gewesen von mir, einfach mal zu probieren, wie stark ist es denn jetzt, bevor ich es zum Labor schicke. Ich habe da auch im Hintergrund ein bisschen dran gearbeitet, die Physik eben vom Einfrierprozess besser zu verstehen und auch berechnen zu können, wie viel Prozent es hat.

Markus: Spannend. Ja, ich muss sagen, das erklärt mir jetzt auch, wieso meine Feuerzangenbowle jedes Jahr brennt, also auch das Endresultat, weil das dann schlicht und einfach auch an diesem Zuckergehalt liegt, der da drin ist. Aber, sorry, ich habe dich unterbrochen. Also physikalisch also je nachdem, du musst jetzt hier keine Betriebsgeheimnisse verraten, aber das wäre ja schon mal interessant, also mehr, als das man letzten Endes den Wasseranteil ausfriert, weiß ich jetzt auch nicht, ehrlich gesagt. Was gibt es da so für Parameter, auf die man da achtet oder Dinge, die da wichtig sind?

Tom: Ja, am meisten natürlich die Gefriertemperatur, das ist einfach das Ausschlaggebende. Also man muss halt, ich sage mal, die Faustregel, es gibt ja so Getränke mit wenig Prozenten, ist ja die Hälfte des Alkoholgehaltes. Also wenn man jetzt 40 % hat, hat man minus 20 Grad als Gefriertemperatur. Das ist aber nur eine Faustregel, das funktioniert dann auch nicht mehr bei niedrigeren Temperaturen, da gibt es schon größere Abweichungen. Und dazu kommt zum Beispiel, dass also jetzt sehr viel Zucker dann das Einfrieren erheblich stört. Das heißt, je mehr Zucker man dabei hat, desto früher brennt es, aber auf der anderen Seite, desto schwieriger ist es einzufrieren und zu kristallisieren, also der Zucker stört erheblich den Prozess. Deswegen ist es auch, wenn man jetzt ein Bier herstellen will, was da eine ordentliche Fülle hat und vielleicht sogar süß ist, als Eisbock gar nicht so einfach.

Markus: Das bedeutet dann, also wenn man es zuckern wollen würde, dass es mehr Sinn machen würde, das Endprodukt zu zuckern oder ist das auch ein falscher Schluss?

Tom: Nee, das ist die logische Schlussfolgerung, genau.

Markus: Okay, immerhin, das funktioniert noch.

Tom: Das ist jetzt, glaube ich, also ich hoffe mal nicht, dass ich jetzt den Georg da jetzt irgendwas Neues verraten habe, ja, das wird er schon wissen, denke ich. Ja, genau und dann sind natürlich andere Faktoren wie zum Beispiel, also man muss halt eine Gefriertruhe haben oder einen Gefrierraum, wenn es denn dann mal größer wird irgendwann, dass die Temperaturen bewältigen kann und genau steuern kann, denn ansonsten kann man es ja nicht richtig reproduzieren, beziehungsweise eben, wenn ich jetzt einen Weltrekord aufstellen will, dann reicht halt eine normale Haushaltsgefriertruhe einfach nicht mehr aus. Und, genau, deswegen habe ich auch Laborgefriertruhe, also nicht, dass ich das jetzt ausreizen würde für die Biere hier, aber irgendwann vielleicht schon mal.

Markus: Das heißt, wie kalt könntest du maximal gehen?

Tom: Ja, maximal, also so wie jetzt, minus 60, ja und ansonsten, ich meine, da kann man noch Trockeneis reinschmeißen, dann ist es minus 80, ne. Also das ist natürlich eine Frage des Aufwandes und im Endeffekt, um es ehrlich zu sagen, warum trinken wir denn Spirituosen bei 40 % oder vielleicht mal 45, da ist ja irgendwann auch einfach rausgefunden worden, dass man also das dabei genießen kann. Und wenn es eben 60 % hat, dann eher nicht mehr, dann fängt man en, eben ein bisschen Wasser reinzugießen und solche Sachen. Das will ich halt beim Eisblock, hätte ich eher irgendwie, ich glaube, ich würde Schmerzen kriegen, wenn einer Wasser reinschütten müsste, um es trinken zu können, wo ich doch gerade erst in erheblichem Aufwand das Wasser entfernt habe, ne.

Markus: Das stimmt allerdings, ja.

Tom: Also wenn man so eine vernünftige Grenze erreicht, was natürlich nicht bedeutet, dass man nicht auch mal was Unvernünftiges macht und irgendwie wie Georgbräu und eben BrewDog damals den Greek oder sowas. Muss ja nicht immer als Greek sein, aber, ich denke, um den Geschmack auszuloten, ist es nicht nötig jetzt komplett zu eskalieren.

Markus: Wobei mir da gerade so in den Sinn kommt, ob man dann nicht sogar so eine witzige Show machen könnte, wenn man Trockeneis nimmt und irgendwie so eine Form aus Trockeneis macht und da dann eben so ein Ursprungsbier reingießt, das müsste ja dann instant ausfrieren. Muss man mal drüber nachdenken, auf jeden Fall spannende Idee.

Tom: Aber dann muss man auch überlegen, also Trockeneis in geschlossenen Behältern und Arbeitssicherheit, da kommen ja dann natürlich in der Wirklichkeit, wenn man das als Firma betreibt, dann noch so ein paar Problemstellungen dazu unter Umständen.

Markus: Okay, okay, das stimmt. Na, ich will jetzt auch niemanden auf dumme Gedanken bringen. Also ich muss sagen, mein Setting zuhause ist denkbar einfach, ich habe mir eine ziemlich gute Haushaltgefriertruhe besorgt, die eben minus 20 plus 1, 2, 3 Grad packt und da gebe ich dann halt immer meinen Eisbock rein. Ich habe diese Bukanter-Gefäße, wo 3 Liter reingehen. Und ich experimentiere auch gerne rum. Also ich benutze zum Beispiel auch Mischungen aus verschiedenen Bockbieren. Also meine Lieblingskombi ist 2 Flachen Schlenkerla Eiche und 4 Flaschen richtig schöner Weizen Doppelbock. Das ist dann, dieses Bananing-Rauchige ist der Hammer. Oder was man natürlich auch noch machen kann, man hat ja dieses Gefäß und man kann da Bier reintun, aber man kann natürlich, so wie du den Zucker reintust, kann man natürlich auch noch Spirituosen zugeben oder so oder eben andere Aromen und damit auch noch mal spielen. Also ich finde das schon eine tolle Spielweise einfach, wie man mit so 3 Liter Flüssigkeit und einer Eistruhe echt experimentieren kann, spannend.

Tom: Es gibt wirklich so viel auszuloten. Und jetzt, also wir haben ja noch nicht über die Größe der Firma oder der Brauerei geredet, ja, das ist ja wirklich nebenher. Das heißt, ich habe jetzt von dem anderen Bier, was du ja auch noch gleich probieren willst, von Kryomorph habe ich gestern auch wieder etwas über 700 Flaschen abgefüllt, das ist jetzt die Produktion davon für den Start. Und ich hoffe natürlich, dass es sich gut verkauft, damit ich eben noch viele andere Dinge ausprobieren kann, um eben den Bierstil wirklich auszuloten. Beispielsweise, denk mal an Eiswein, wo die Säure mit der Süße zusammenspielt oder Trockenbeerenauslese, solche Dinge, die kann man auch in Eisbock übersetzen, von der Komposition. Ich habe es schon ausprobiert, also wenn man Sauerbier einfriert, das wird auch erheblich saurer dadurch, nach der Konzentration. Aber, wie gesagt, wenn man das so entwickelt, dass es am Ende zusammenspielt, dann können da ganz neue Dinge entstehen, von denen die Brauwelt bisher überhaupt keine Ahnung hat, dass das geht, ja und das ist so ein bisschen das Ziel. Ein bisschen ein Spielplatz, ein bisschen Technik, aber im Endeffekt auch Kunst, das ist so genau deshalb auch, warum mich der ganze Brauerberuf eben derart interessiert und warum ich immer noch sehr froh bin halt, mich umentschieden zu haben.

Markus: Und, ich meine, das ist doch wirklich ein Punkt, gerade mit dem Thema Kunst, mit der Idee, Aromen oder Geschmäcker oder Dinge nachzubauen, umzusetzen, im Kopf eben ein Ziel zu haben, dass man dann verfolgt, das ist ja dann auch wirkliche Handwerkskunst, finde ich, also fasziniert mich auch. Und alle mit dem Thema, dass du eine Trockenbeerenauslese nachbauen willst, hast du mich eigentlich schon. Also da bin ich auf jeden Fall dabei, keine Frage, mag ich total gern, auch Eiswein oder sowas. Aber sonst ist Wein so nicht mein Ding, also ich trinke schon ab und zu Wein und ich habe auch ein paar Bücher dazu geschrieben, aber es ist nicht mein Thema. Beziehungsweise andersrum gesagt, als ich jünger war, ich war ja schon immer auf Bier geeicht und mein Problem war dann, dass ich Wein genauso getrunken habe wie Bier, aber es hat natürlich schneller und andere Resultate und das waren dann immer sehr kurze Weinfeste und so. Es war nie so mein Thema und dementsprechend, ja, also, ja.

Tom: Ja, genau, ich schreibe dann beim Eisbock das nächste Mal gleich dazu, bitte kleine Gläser nehmen, ja.

Markus: Unbedingt! Also das war übrigens auch meine Überlegung, als ich heute jetzt vorhin das Glas rausgesucht habe, habe ich gedacht, was nehme denn? Ich habe ja auch viele Spirituosengläser, sehr, sehr schöne und auch sehr, sehr aromatisch gute, habe mich dann aber doch für das Bierglas entschieden. Auch wenn da offiziell 0,3 reingehen, man muss ja nicht 0,3 reinfüllen und es funktioniert auch mit weniger Biermenge natürlich sehr, sehr gut. Aber das ist natürlich auch ein Punkt, also wenn ihr euch jetzt diese Biere kauft da draußen, bitte, bitte, bitte kauft euch auch vernünftige Gläser, genießt es entsprechend. Weil, das ist total schade, wenn man so ein ausgefeiltes fantastisches, wunderbares komplexes Produkt hat und das dann aus irgend so einem Senfglas genießt, in Anführungsstrichen, dann nimmt man dem Bier halt ganz, ganz viel wieder weg von dem, was es eigentlich kann und was du zum Beispiel da alles reingelegt hast, um am Ende da rauszukommen.

Tom: Also man muss schon die Nase in ins Glas kriegen, das ist schon wichtig. Ob das jetzt ein Weißwein oder ein Rotwein oder vielleicht ein Cognac-Schwenker ist, aber so in der Richtung.

Markus: Thema Glas ist von mir natürlich auch immer so ein Herzensanliegen, da muss man tatsächlich immer gucken. Also am Wichtigsten ist, glaube ich, seit euch dessen bewusst, also probiert einfach aus, füllt dasselbe Bier in verschiedene Gläser, riecht dran, schmeckt dran und erlebt bewusst, wie stark die Gläser das Bier verändern, das geht auch schon mit einem Hellen oder einem Pils. Und ist eben dann, je aromatischer das Bier ist, umso intensiver und erlebt einfach mal, also zum Beispiel, wenn ihr Weißbier-Fans seid, nehmt mal ein Weißbier und nehmt dasselbe Weißbier im Weißbierglas und in einem Rotweinglas. Da sind solche Welten dazwischen, dass man dann echt lernt zu verstehen, dass nicht immer das Glas, was einem dahingestellt wird und als Kult präsentiert wird, auch das Beste ist für das jeweilige Bier. So, jetzt aber hin zu diesem K, zum Kryomorph. Das hast du ja selber auch, das können wir zusammen verkosten, also wenn du magst. Und dann könntest du ja auch gerne mal, also außer du willst, je nachdem, ich kann es auch gerne wieder zuerst beschreiben, aber wenn du willst, kannst du auch mal vorlegen und ich ergänze, wie du möchtest.

Tom: Ehrlich gesagt, ich möchte gar nicht irgendwie deine Meinung in irgendeiner Art beeinflussen, das ist schon wirklich spannend zu hören, was jetzt jemand, der also das Bier weder gesehen noch irgendwie geschmeckt hat vorher, dazu jetzt sagt.

Markus: Okay, also gut.

Tom: Es gibt ja viele YouTube-Kanäle, ich höre zum ersten Mal, weiß ich nicht, Metallica, Enter Sandman und dann tun die so überrascht und natürlich kannten die das Lied schon vorher. Also so ist es ja in dem Fall nicht …

Markus: Nein!

Tom: … du kennst das wirklich nicht …

Markus: Nein, ich kenne es wirklich nicht, ja.

Tom: … und deswegen möchte ich auch gar nichts sagen vorher, genau.

Markus: Also, genau, das kann ich noch mal sagen, ich habe wirklich de Flaschen bis zum heutigen Tag nicht angerührt. Ich habe, bevor wir jetzt aufgenommen haben, da war Tesafilm oben drüber, den habe ich weggenommen, aber ich habe sie nicht mal aufgemacht und dran gerochen, also ganz bewusst, um einfach da mir den Moment auch nicht zu nehmen, das wäre ja auch schade. Also gut, dann gebe ich das hier mal auch ins Glas. Uih! Also, von der Farbe her sind wir jetzt deutlich dunkler, also wir haben, ja, ich würde sagen, ein Ebenholz, also sehr, sehr dunkles Braun. Hat immer noch eine leicht orange-rötliche Färbung, aber ist jetzt auch blickdicht, opak, kann man nicht durchgucken. Liegt auch sehr, sehr schön im Glas, bildet richtig schöne Schlieren, Schleier an den Glasrändern, wenn man das schwenkt. Und, ja, so ein geheimnisvoller Farbton, also man sieht eben, dass man nichts sieht auf eine sehr angenehme Art und Weise. Es zieht einen so in den Bann, dass man denkt, oh, ich möchte da jetzt nicht mehr entdecken, aber ich komme halt mit meinen Augen nicht weiter rein, also sehr, sehr spannend, sehr reizvoll und gerade dieser leichte Rotstich begeistert mich da total in der Farbe. Jetzt schauen wir mal wie das riecht. Okay, also jetzt haben wir mehr Schokolade, wieder so ein bisschen Tabak, aber eher so Pfeifentabak und dann kommen jetzt auch wieder Beeren, Trockenbeeren, mehr Feigen, mehr Datteln, vorhin hatten wir ja mehr Rosinen. Wobei, die sind jetzt auch da, aber die Schokolade stößt das so ein bisschen in eine andere Richtung, dass diese Beeren eben größer werden, so wie Feigen. Dazu kommt auch Karamell, aber eher so dunkles Karamell. Früher gab es diese Bonbons, ich weiß nicht, ob du die kennst, die sind so weiß und hellbraun oder weiß und dunkelbraun und sind so wie eine Schnecke gerollt und da gab es eben die helleren und die dunkleren und das ist jetzt eher so wie das dunklere. Und eben also viele Beeren, da sind wir auch wieder bei den Brombeeren, sind wir auch bei Gewürzaromen so ein bisschen, ja, ein bisschen Kardamom vielleicht sogar, also ganz interessante Nebentöne, die da noch dabei sind, von den Beeren her so Brombeere, Blaubeere. Mich begeistert total dieser schokoladig karamellige Ton, das macht so richtig Lust. Es gab ja von Stork mal diese Schokoladenriesen, also dunkler Karamell und außen rum dunkle Schokolade, wenn man da so reingebissen hat, ich meine, ich rieche es jetzt nur, aber so, wie man da reingebissen hat, so riecht das. Ich weiß es nicht, ob es die noch gibt, keine Ahnung, aber ich fand die auf jeden Fall …

Tom: Die waren ja damals als Plombenzieher bekannt, weil die auch gerne mal eine Plombe rausgezogen haben, ne.

Markus: Ja, zumal die auch so unscheinbar daherkamen, man hatte ja die Schokolade außen rum, das hat erst mal so getan, man beißt in Schokolade, aber dann kam eben der Korkenzieher dahinter oder der Plombenzieher.

Tom: Um deine Plomben brauchst du dir hier keine Sorgen zu machen. Aber ich bin gespannt, was du zum Körper und zum Geschmack sagst dann.

Markus: Also ich bin auch gleich mit dem Geruch fertig, aber eine Sache kommt mir gerade noch, wenn ich so an einen griechischen Süßwein denke, so Mavrodafni oder so, sowas kommt mir auch in den Sinn, also so ein bisschen, ja, Rosinen eben, aber so in dieser schweren Art und Weise, ein bisschen Honig auch wieder. Also wirklich auch sehr komplex, insgesamt eben ein bisschen dunkler, ein bisschen röstiger, ein bisschen schokoladiger, ein bisschen karamelliger, noch ein bisschen mehr in diese Richtung als bei dem anderen, aber ähnlich intensiv, also es strömt mir entgegen. Ich habe vielleicht 0,05 im Glas, maximal, also da ist ganz, ganz viel Luft und trotzdem steht es oben über dem Glas wie eine 1 ganz fest, also das ist schon ganz intensiv. Jetzt probiere ich mal.

Tom: Das ist auch eine Sache, ich habe am Anfang überlegt, ob der Eisbock nicht tatsächlich Kohlensäure zugesetzt haben soll, weil ich habe gemerkt, dass eben das ja wirklich ein Duftträger ist. Also ein Bier duftet ja auch gut, weil die Kohlensäure, eben die Perlen den Geruch raustragen aus einem Bier, aus einem IPA zum Beispiel. Und das ist eben bei dem Eisbock hier, nach dem Einfrieren ist keine mehr drin. Ich habe mir überlegt, soll ich welche zusetzen, aber im Endeffekt habe ich mich einfach entschieden, das Bier so gehaltvoll wie möglich zu machen vom Geschmack, damit es auch ohne CO2 eben diese Aromen freigibt.

Markus: Ja, nee, macht es auch, also wirklich. Jetzt, wo es noch ein bisschen wärmer wird, kommt auch noch ein bisschen mehr Lakritz, ein bisschen Tonka-Bohne, also auch so ein bisschen exotischere Geschichten noch mit rein, also wirklich super komplex. Aber jetzt muss ich mal probieren. Oh, mhm, sehr fein! Also unglaublich samtig, also ganz weich auf der Zunge von Anfang an bis zum Ende. Das hüllt die Zunge so richtig ein in so ein Wohlgefühl. Und dieses Wohlgefühl fängt süß an, geht fruchtig weiter mit so einer Mon-Chéri-Kirsche und ein bisschen Rosinen und Feigen auch wieder und dann geht es so über, dann kommt so ein bisschen eine Bittere von eben der bitteren Schokolade auch. Und dann hat man natürlich auch eine leichte alkoholische Note, das geht so in so eine Cognac-Richtung. Und hinten raus wird es dann wohlig warm, also man kann das richtig nachvollziehen, wie es so den Gaumen runterläuft und den Körper wärmt, ein perfektes Schlückchen auch für den Winter zum Beispiel, wenn man so ein bisschen was Wärmendes will. Aber es ist eben auch so samtig, also so ganz langsam, ganz zart rinnt es so runter und entfaltet dabei weiter seine Aromatik. Ich glaube, mir der Mon-Chéri-Kirsche bin ich da nicht schlecht oder so eine Schwarzwälder Kirschtorte, also viel schokoladige Aromen, viel fruchtige Aromen, viel eben so Kirschen, rote Beeren, aber eben so schön rund. Ein bisschen Marzipan vielleicht auch, also vielleicht auch so ein Dominostein mit einer Kirsche dazu oder wer so Amarena Kirchen kennt, die mit dunklem Schokoladeneis, egal.

Tom: So viele Wörter, wie du dazu finde kannst, habe ich gar nicht parat. Ich finde das immer beeindruckend, wenn so ein richtiger Sommelier loslegt. Aber ja, genau das habe ich mir auch vorgestellt dabei, dass das hoffentlich so ankommt. Und habe eben auch, um das klarzustellen, Eisbock, Bock ist ja eigentlich untergärig, aber das ist kein untergäriges Bier, also die Hefe hat dort ihren Fruchtcharakter ausleben können, eine obergärige Hefe. Hier will ich nicht genau ins Detail gehen, aber ich hatte ja schon gesagt, das ist jetzt nicht direkt eine belgische Hefe, aber ich bin von den belgischen Hefen immer sehr angetan, die machen aus allerhand Zutaten unglaubliche Aromen. Und da habe ich eben die Inspiration her und habe mir auch gedacht, dass eben diese Früchte dort eine Rolle spielen sollten in dem Bier.

Markus: Auf jeden Fall, also das machen sie auch total gut. Und was mir besonders gut gefällt, ist wirklich die Harmonie. Also es ist auch, wenn man das so in den Mund nimmt, ist es nicht so, dass man verschiedene Komponenten hat, die aufeinanderfolgen oder die so nebeneinander her sind, sondern das ist wirklich eine Gesamtheit, also die dann zwar komplex ist und viele Facetten hat, aber es ist wirklich so, dass es einem vom Anfang bis zum Ende gleichbleibende Intensität in all diesen Aromen gibt. Und das ist wirklich selten, also sehr, sehr schön, sehr, sehr gut getroffen, ich bin echt begeistert. Und was man auch noch sagt, du hast ja gesagt, es ist 1 Jahr alt und normalerweise kriegen diese Biere dann ja relativ schnell schon krasse Alterungsaromen, die auch angenehm sein können, keine Frage, die aber manchmal dann relativ schnell im Vordergrund stehen. Und das ist hier überhaupt nicht der Fall, das finde ich auch total schön, dass dieses Altern offensichtlich eher zu einer Harmonie geführt hat, zu einem Runden, zu einem Abrunden und weniger zu einem Auseinanderfallen, was ja oft mal so passiert. Also deswegen, wirklich großes Kino! Also da machst du mir eine große Freude, dass du mir gleich so eine ganze Flasche geschickt hast.

Tom: Ja, wobei, 1 Jahr alt ist ja jetzt nicht, dass ich es vor 1 Jahr auf die Flasche gefüllt habe oder irgendwie habe rumstehen lassen, sondern es war ja in Fässern.

Markus: Genau, ja.

Tom: Also das hat in Whisky-Fässern gelagert. Und da habe ich auch nicht gekleckert, sagen wir mal, sondern ich haben von Buffalo Trace, von George Stack, also von deren Highend-Whisky, habe ich Whisky-Fässer eben gekauft, leere und habe das da reingefüllt. Und dann hatte ich noch ein Weller Special Reserve dabei, 1 Fass. Soll heißen, also 1/3 im Weller Special Reserve und die anderen 2 in diesen Bufallo-Trace-Fässern, da hat es drin gelagert in diesem Jahr. Also es hat die Zeit gut verbracht und hat dort eine kleine Auszeit genommen, um sich eben abzurunden und zum Teil auch, ich sage mal, ich weiß nicht, ob du das wahrgenommen hast, aber so einen Hauch Vanille, Kokosnuss, also so ein bisschen Whisky ist schon drin, und ich denke, das hat dem Bier auch sehr gewonnen. Also es war auch schon so gemacht, dass man es, ich sage mal so, wenn wir es direkt getrunken hätten nach dem Gären oder nach dem Einfrieren, das wäre was anderes gewesen, aber es ist eben so gemacht, dass es nach der Fasslagerung gut schmeckt. Und damit hatte ich eben auch einige Jahre Erfahrung, um das ungefähr abschätzen zu können. Ich denke auch, es könnte auch noch länger auf Fässern liegen, ich habe deshalb auch 1 aufgehoben, also 1 Fass ist so für irgendwann später.

Markus: Ja, also da habe ich auch mal einen interessanten Talk gehabt mit jemand, der sich da gut auskennt und der sagt eben, das ist bei so einem Fass eine ganz interessante Entwicklung. Also man erst mal diese Entwicklung der Aromen und das wird erst mal immer intensiver so, bis man dann sagt, okay, es ist eigentlich to mutch. Aber wenn man den Punkt dann überwunden hat und lässt es länger liegen, dann kommt es noch mal zu einer Veränderung, es wird dann noch mal runder, noch mal harmonischer und am Ende richtig gut. Also keine Ahnung, ob das jetzt eine allgemeingültige Aussage war, aber auf jeden Fall war das durchaus jemand, der sich damit gut auskennt und von dem ich auch hervorragende Spirituosen, in dem Fall, getrunken habe mit langer Fasslagerung. Also ich glaube, das macht schon auch Spaß, da viel zu experimentieren.

Tom: Ja, ich wollte einfach mal ein paar Zahlen in den Raum werfen. Also ist natürlich jetzt auch, keine Ahnung, wenn es jetzt einer nachbrauen will, dann eben los. Aber, das ist das dunkelste Bier, das ich je gebraut habe. Also Ausgangspunkt für dieses Bier ist ein doppelt gemaischtes Imperial Stout gewesen. Also ich hatte vorhin über 12 % geredet, das ist in der Tat noch stärker gewesen nach der Gärung, es hatte über, gerechnet, ich habe es nicht im Labor gehabt, aber gerechnet 300 in der Farbe. 80 oder 100 ist normalerweise schwarz, also spätestens bei 100, ja Und dann hat es ungefähr errechnet 300 gehabt, aber tatsächlich der Einfrierprozess, der nimmt sogar Farbe weg, also zum Teil fällt dort Farbe aus. Das ist jetzt nicht viel, das ist dann erst, wenn man sehr extreme Sachen macht. Und diese Abrundung, das hat auch irgendwie, auch errechnet, irgendwie 80 Bittereinheiten. Ich habe jetzt natürlich noch nicht das zum Labor gehabt, das kommt noch, wie viel davon nach dem Einfrieren übrig ist und nach der Fasslagerung. Ich denke, man schmeckt es nicht, es schmeckt nicht wie 80.

Markus: Ja, man sagt ja immer, dass Alkohol und Bittere so ein bisschen Gegenspieler sind. Und wir sind natürlich vom Alkohol her deutlich höher, deswegen ist die wahrgenommene Bittere wahrscheinlich auch deutlich niedriger. Also ich hätte es jetzt, wenn mich jemand gefragt hätte, irgendwo so auf 50 vielleicht, 40, 50 irgendwie geschätzt, aber ja, spannend auf jeden Fall. So, sorry, ich habe dich unterbrochen.

Tom: Ist auch gut möglich, dass es dort in der Gegend liegt. Also nur noch mal, um zu zeigen, dass man als das vom Ende her denken muss, das Bier, nach der Fasslagerung. Vor der Fasslagerung wäre es nicht annähernd so trinkbar gewesen wie Frostwerk beispielsweise. Und wiederum vorher ist es ein Imperial Stout gewesen, was eigentlich over the top war. Ich meine, ich habe das hier gebraut, ich habe 27 Stunden für den Sud gebraucht, um das durchs Sudhaus zu kriegen. Das haben wir früher auch immer gemacht. Meine Kollegen in der Branche, die sagen, ja früher, weißt du noch, da haben wir immer 30-Stunden-Sude gemacht, wenn du so ein Bier machen wolltest. Ich sage, ja, ich mache das halt immer noch. Inzwischen, ich habe es hingekriegt, ein paar Stunden zwischendrin ist das Sudhaus mal alleine zurechtgekommen, also der Läuterprozess dann eben langsam selber vor sich hingelaufen mit dem dicken Zeug drin. Aber, ich sage mal, da muss man halt mal ein Opfer auf sich nehmen, damit es am Ende so ein Bier gibt.

Markus: Ja und das lohnt sich ja auch durchaus. Also jetzt, wo es ein bisschen wärmer wird, merkt man auch den Whisky-Anteil ein bisschen mehr, aber trotzdem, also ich finde, ich bleibe dabei, es ist sehr dezent und das finde ich auch gut. Also oft ist es ja gerade bei holzfassgelagerten Bieren, die mit Vorbelegung eben sind, dass einen das total erschlägt, dass dieser Whisky einfach überbordend ist und alles andere zudeckt. und das will man ja nicht. Also eine Holzfasslagerung soll ja ein nettes, schönes Finish machen, soll das ja irgendwie abrunden, soll das Tüpfelchen auf dem I sozusagen sein, dass eben Bier und Holzfasslagerung da zusammenkommen und eben dann ein wunderbares Ergebnis bilden am Schluss und eben nicht der eine von den beiden so stark im Vordergrund steht, dass man das andere gar nicht merkt. Und das ist wirklich toll, als das ist richtig schön umgesetzt, das merkt man eben, wenn man jetzt noch mal dran riecht. Vanille, Kokos liegt eh sehr nah beieinander von der Aromatik, das ergibt sich hier sehr schön. Entschuldigung, Vanille und Karamell, sorry. Und diese Kokosnote, die kommt jetzt ein bisschen stärker rüber, vereint sich schön. Also ich habe ja vorhin schon gesagt, so Tonka-Bohne und Schokolade und ein bisschen Lakritz, all das zusammen geht natürlich in diese Richtung und, ja, es ist ein wunderbares Bier. Also sowas könnte ich mir auch mal vorstellen, wenn ich so ein ganz festliches Menü habe, keine Ahnung, Weihnachten, so eine Weihnachtsgans oder so, nicht als Hauptgetränk, aber so nebenbei zum dran riechen, zum immer wieder dran nippen, mit den verschiedenen Sachen genießen. Wunderbar, also ganz, ganz schönes tolles intensives Bier. Ich würde mal sagen, von der Harmonie, von der Rundung sozusagen und vor allem vom Mundgefühl her noch besser als das Frostwerk. Aber gut, da sagst du ja eh, das ist eins, was auch auf dem Weg ist sozusagen, was du noch ausfeilen willst. Also das kann man meiner Meinung nach nicht besser machen, das ist echt sehr, sehr schön. Also ich freue mich schon auf den 1. Wettbewerb, wo du das einreichst, wo es mir dann vielleicht wieder begegnet oder anderen, ja.

Tom: Bin ich auch mal gespannt, ich meine, wer ist da sonst noch so bei Wettbewerben in der Extrembierkategorie, mal sehen. Im Moment, es sind ja noch keine Etiketten drauf, die sind noch nicht fertig und dann muss ich natürlich auch Zeit haben, die irgendwann draufzusetzen und so weiter. Das ist wirklich eine One-Man-Show im Moment und es ist Hauptsaison in meiner Arbeit so, aber, ich denke, so gegen Ende des Jahres sollte es irgendwie zur Verfügung stehen.

Markus: Ist ja ein perfektes Weihnachtsgeschenk. Also vielleicht da auch gleich die Überleitung, wenn jetzt jemand sagt, ja, ich will dieses Bier, ich will das probieren, ich möchte da ran, wie kann man das machen? Kann man das irgendwie vorbestellen oder gibt es so eine Art Newsletter oder irgendwas, wo man mit dir Verbindung aufnehmen kann, dass man sagt, okay, wenn das dann jetzt dann rauskommt, dann kann ich da dabei sein?

Tom: Ja, ich habe ja so eine Facebook-Seite, Müßiggang Craft Beer, die kann man finden. Eine Webseite, also ich habe eine reserviert, aber ich habe keine gestaltet, das war jetzt im Moment auch noch nicht, ich sage mal, noch nicht nötig, solange es noch nichts zu kaufen gibt. Was es geben wird, das ist jetzt aber eher für die dänischen Kunden von Interesse, dass man das über Skagen Bryghus, also meinen Arbeitgeber im Webshop kaufen können wird. Also ich kann ja die Brauanlage nutzen, ich habe mit denen einen Handel gemacht, die kriegen da einen guten Preis für das Bier und die verkaufen es dann auch. Die haben da auch Interesse dran, ja, an dem Interesse sozusagen, dass dann dadurch aufkommt, also das wird dadurch landesweit in Dänemark verfügbar sein. Und ansonsten, ich weiß ja nicht, wer aus der Branche mithört, wenn jetzt ein Importeur in Deutschland denkt, dass das interessant ist, dann mich mal gerne anschreiben, also ich habe eine E-Mail-Adresse, ja, wo man mich erreichen kann oder auf Facebook einfach mal. Im Moment ist das noch nicht die 1. Priorität, weil erst mal natürlich, ich bin ja in Dänemark hier, aber, ich denke, das kriegt man schon irgendwie hin.

Markus: Ja, ich denke auch. Also ich rufe auch noch mal hier alle auf, der jetzt da die Möglichkeit hat vielleicht oder die, dass irgendwie dann auch vielleicht zu vertreiben oder zumindest zugänglich zu machen, das fände ich schon sehr, sehr spannend. Also was wir auf jeden Fall machen könnten ist, wir haben ja mit unserer BierAkademie-Alumni regelmäßig Verkostungen, dass wir mal da ein Paket damit machen, wenn es draußen ist, das fände ich auf jeden Fall super spannend, das mal zu machen.

Tom: Im Moment steht es einfach noch nicht, aber, wenn man jetzt nach Dänemark kommt oder jemanden hat in Dänemark oder vielleicht jemanden kennt, der vielleicht Interesse hätte, das Bier zu importieren, dann lässt es sich irgendwie machen. Ich werde mich da auch demnächst in Gang setzen. Ich war auch Letztens in Österreich und habe dort schon Interessenten gefunden, also schauen wir mal. Es sind ja auch im Moment nur, wenn man noch den 1. Sud haben will, ja, Batch Nummer 1, es sind ja auch nur 700 Flaschen oder 700 und ein bisschen, ne. Also nicht in jedem Edeka in Deutschland wird es demnächst auftauchen.

Markus: Nein, das glaube ich auch nicht, das ist ja auch wirklich eine Spezialität. Also ich kann mir gut vorstellen, also auf der einen Seite kann ich jedem ja nur Lust machen, einfach mal nach Skagen zu fahren, weil das wirklich einfach faszinierend ist von der Landschaft her, vom ganzen drum rum, vom Erlebnis her, das ist jeden Kurzrurlaub der Welt wert, da auf jeden Fall mal hinzufahren. Das kann man ja dann damit verbinden, dass man sich bei dir entsprechend eindeckt. Und ansonsten, wie gesagt, wir werden mal gucken, dass es Möglichkeiten gibt. Und wenn es dann soweit ist, kann ich ja noch mal über mein Netzwerk zumindest das dann publizieren und kommunizieren und dann kriegen wir das schon irgendwie hin. Also auf jeden Fall super, sowas zu haben, weil das ja auch wirklich was ganz Besonderes ist, wie du sagst, es gibt eine Handvoll Menschen, die sowas in der Art überhaupt machen und zelebrieren und das mal live hier mitzuverfolgen, ist natürlich auch total spannend und super.

Tom: Ich denke auch, diese Spezialisierung hat es so noch gar keiner gemacht, weil, ich meine, Georgbräu, würde ich sagen, das ist jetzt so die Brauerei, die das eben, ich sage mal, betreibt in dem Sinne, dass sie auch davon leben und nicht nur wie BrewDog, dass halt als Marketinginstrument nehmen. Es gibt keine, die sich wirklich darauf komplett spezialisiert hat. Georgbräu macht ja schon nebenher auch noch, naja, normale 13 %-ige Lagerbiere und solche Sachen.

Markus: Also wobei man beim Georg halt sagen muss, die Entwicklung an sich ist natürlich krass, dass er ja wirklich mit einem ganz normalen Brauhaus angefangen hat und dann einfach dieses Hobby für sich entdeckt hat, die Biere immer stärker zu machen. Bis dann seine ganz normalen Kunden gesagt haben, wir können nicht mehr zu dir zum Essen kommen, weil das Bier so stark ist und dann die Antwort von ihm ist, na, dann mache ich halt mein Wirtshaus zu, das ist schon unglaublich. Also da, wie gesagt, auf de BierTalk können sich auch alle schon mal freuen, das ist eine spannende Geschichte, ja.

Tom: Das Schöne ist ja in Skagen, da kann man dann einen Eisbock trinken und wenn einem das so ein bisschen zu viel geworden ist, dann trinkt man halt zur Not sogar ein Alkoholfreies von Skagen Bryghus und dann läuft das.

Markus: Genau oder legt sich einfach an den Strand für ein paar Stunden, bis man wieder ein bisschen abgenüchtert ist und kommt wieder zurück, also auch das geht natürlich, also super. Nee, also insofern, also vielen, vielen Dank für diesen Ausflug in deine doppelte Bierwelt und deine Geschichte und auch ein bisschen nach Dänemark. Und natürlich von meiner Seite aus alles, alles Gute für beide deiner Projekte sozusagen, insbesondere für dieses und wirklich noch mal ganz, ganz großes Lob, also wobei, ich will mich da gar nicht versteigen, wer bin ich, dass ich da loben soll, aber es schmeckt mir auf jeden Fall großartig, es hat wunderbare Aromen, es ist sehr schön gemacht, wirklich Braukunst und da freue ich mich einfach drauf auch ganz persönlich, wenn es das dann demnächst noch in weiteren Variationen gibt, sodass man sich da ein bisschen durchprobieren kann, also bleib dran. Und, ja, dir auf jeden Fall heute noch einen wunderschönen Tag, ich freue mich sehr und, ja, danke für diesen Talk.

Tom: Hat mir richtig viel Spaß gemacht und ich denke, wir sehen uns mal wieder irgendwann und können dann bestimmt über die nächste Version, ich habe nämlich ein Portweinfass gekauft zum Beispiel, so wieder fachsimpeln.

Markus: Okay. Na, das auf jeden Fall und ich werde auch natürlich wieder nach Dänemark kommen. Da weiß ich gar nicht, ob das die ganzen Hörer: innen so richtig wissen, ich habe ja vor einigen Jahren entdeckt, dass in meiner Familie es Vorfahren gab, die mal in Dänemark, in Aarhus eine Brauerei hatten oder in Odder, das ist heute ein Stadtteil von Aarhus und die hieß damals tatsächlich Raupachs Brygerie. Und ich habe nach und nach diese alten Biere und Rezepturen und Etiketten, alles wieder so ein bisschen rausgefunden und jedes Jahr zum Fränkischen Bierfest mache ich 1, 2 von diesen Rezepten und dann gibt es eben historische dänische Biere mitten in Franken, das ist total witzig. Und da möchte ich auf jeden Fall natürlich dranbleiben und noch ein paarmal öfter auch nach Dänemark fahren, um zu recherchieren, denn angeblich gibt es da in Aarhus auch noch ein paar Namensträger, wo ich dann eben gucken muss, wie ich mich mit denen verständigen kann, weil die sind wahrscheinlich alle irgendwo im Altenheim und sprechen wahrscheinlich kein Deutsch. Aber also sehen, also da wird es auf jeden Fall noch viele spannende Momente geben.

Tom: Wenn du einen Übersetzer brauchst und ein bisschen ein Getränk zum anwärmen, dann sag Bescheid.

Markus: Sehr gute Idee, also, dann haben wir einen Deal. Noch mal, vielen Dank und habe noch einen wunderschönen Tag heute und, ja, bis bald.

Tom: Genau, tschüssi.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de.

BierTalk English 41 – Interview with Obakeng Melope, brewer and award winning film maker from Jericho, South Africa

In this episode we take you far south – to South Africa, to the small village of Jericho near Pretoria. There we meet Obakeng Melope, an award-winning filmmaker and passionate brewer. In her new film she combines two ancient arts: brewing traditional sorghum beer and telling stories around the fire. We talk about how beer in South Africa is deeply connected to culture, rituals, and family history, why women are the guardians of this brewing tradition, and how Obakeng’s project Beer is Art inspires young people to reinterpret old knowledge in new ways. Get ready for fascinating insights into South African beer culture, moving stories of grandmothers who have passed down brewing for generations, and the vision of a woman who sees beer not only as a drink but as a true art form

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BierTalk – Gespräche über und beim Bier.

Markus: Hello, and welcome to another episode of our podcast *BierTalk*. Today we’re travelling far south, to South Africa, close to Pretoria. We’ll meet a filmmaker, but also a brewer – someone who offers a very special experience: you can attend a screening and watch live how sorghum beer is brewed. So, welcome, Obakeng Melope. It’s great to have you here! Maybe you can start by telling our listeners a little bit about yourself?

Obakeng: Good day, Markus, and thank you so much. I’m really happy to be here – I’ve been wanting to join this podcast for a while. My name is Obakeng Melope, I live in South Africa, and I’m both a filmmaker and a beer brewer. I first made my name in the film industry, and as a filmmaker you get to travel a lot to festivals. I’ve been all over Europe – France, the UK, Switzerland, The Netherlands – and also to Canada. And when you travel, you really experience local cultures, including how people drink and make beer. My first real interaction with beer culture was in the UK. That was the first time I saw women openly drinking mainstream beer – something I’d never seen in my village, where beer drinking was mostly for men. That motivated me, it showed me there was no taboo for women to enjoy beer. In The Netherlands I saw another beer culture, closer to ours in terms of food and traditions, and that inspired me to think about beer and food pairings. Then came Covid. During lockdown I started watching YouTube videos on brewing – often Germans with big beards, big glasses of beer, showing the foam, the carbonation… I found it fascinating. Around that time I discovered a programme on Facebook called *Road to 100* by Eugenia Brown from the US. She taught 100 women of colour about brewing, tasting, food pairing – everything connected to beer. After that, in South Africa, I joined the Brutus Brewing Programme, where I learned to brew hands-on. To grow my skills, I also volunteered in breweries. And Markus, the best part of volunteering is simple: you can pour yourself a fresh beer straight from the tap!

Markus: Fantastic. And did you grow up in the village where you are now?

Obakeng: Yes, I was born and raised in Jericho, though today I live in Johannesburg. Most breweries here are in Joburg or Cape Town. I’m back in my village now to shoot my second film – people really liked my first one, so I wanted to continue.

Markus: And when you were growing up, do you remember people making beer?

Obakeng: Yes. In our rural village children weren’t allowed near bars or taverns – buying or drinking mainstream beer was strictly off-limits. But traditional sorghum beer was different. It was brewed at home by our grandmothers, and children were part of that process. In my film you see women brewing – not men – because here brewing sorghum beer is considered a woman’s role. We helped with the firewood, watched the process, and learned. The idea was that one day we would take over and keep the tradition alive. The process starts by mixing millet sorghum with warm water, letting it ferment, then cooking it into a porridge over an open fire – never on a stove. We loved that stage, because the porridge was sweet and eaten with sugar. Later, when it was cooled, fermented again, and turned alcoholic, children weren’t allowed near it. That beer was reserved for adults and for special occasions: weddings, funerals, childbirth, or initiation ceremonies.

Markus: So it’s not something people always keep at home – only brewed for special events?

Obakeng: Exactly. In my family we brewed only for occasions. Other families or clans might brew more regularly, sometimes even sell it to support their children. During apartheid, Black people were banned from drinking mainstream commercial beer, so sorghum beer became even more important – both as a drink and as a way for women to provide income.

Markus: Did that also help preserve the tradition?

Obakeng: Yes and no. On the one hand, apartheid forced our grandmothers to keep brewing, and they passed on the skills. On the other hand, today many young people see sorghum beer as old-fashioned. That’s why I made my film – to inspire people over 21 to learn and carry on the tradition before it disappears. Otherwise, big corporations will take our knowledge, mass-produce the beer, and profit, while the tradition and community value are lost.

Markus: Your film also shows the tradition of storytelling, which I found fascinating. Could you tell us about that?

Obakeng: Storytelling was central to village life. In the past, especially during apartheid when men worked long months away in the mines, women kept traditions alive. Every evening at 7 pm we’d gather around the fire – no TV then, sometimes just a radio – and the women told stories. These stories were passed down for generations, often through animals as characters. For example, a falcon once lent a needle to a chicken. The chicken lost it, and ever since, the falcon punishes the chicken by eating its chicks. Of course, animals don’t really talk, but the lesson is clear: when someone lends you something, you must take care of it and return it properly. These stories taught us values like respect, responsibility, and community. Today, unfortunately, some of those stories have been taken by big companies, turned into films, and sold back to us – without giving credit or benefit to our communities.

Markus: A wonderful example, thank you. But was it difficult to convince elders to share their recipes and stories on camera?

Obakeng: Very difficult. Many of the elders I knew had already passed away when I came back from Johannesburg to make the film. The few grandmothers I found were in their 70s, 80s, even 90s. Some had memory problems, others could still recall the traditions clearly.

Luckily, this is a small village and we all know each other. They trusted me – many had watched me grow up. They remembered me as the little boy who came to play at their homes, or begged for a plate of food before going back home. That trust allowed me to capture their knowledge, though much has already been lost.

Markus: Do you remember the first beer you brewed yourself?

Obakeng: Yes, it was at a brewery, using a small system like a Grainfather. The beer turned out well, but brewing requires expensive equipment and proper storage. That’s why we often rely on friends with breweries to keep our beer maturing. At home, though, it’s different. My grandmother, who is 88, still insists on doing everything herself – stirring the porridge, handling the pots. She doesn’t let us touch her brewing. Only when she’s gone will it be our turn to take over.

Markus: Let’s come back to your film. How did the idea come about?

Obakeng: I wanted to show that beer is art – both in brewing and storytelling. The tradition is eroding, so I felt the need to preserve it. In the film we even brewed a pilsner infused with sorghum, to show young people that tradition can live on in modern craft beer. Other countries incorporate their local ingredients into beer – Americans add chocolate, muffins, even pickles; in India they use local spices and teas. We can do the same with sorghum, which is already central to our culture and food. Many South African breweries are now experimenting with sorghum-infused beers, and I encourage young people to do the same.

Markus: That’s really important. And, as you say, Africa is not one country – even within South Africa there are so many different tribes, traditions, and beer ideas. Could you give us a little overview of the South African beer world?

Obakeng: Beer culture here is growing quickly. Traditionally we’ve been more of a drinking culture than a brewing culture, but now more breweries are opening, festivals are expanding – like the big one in Pretoria – and you can meet brewers face to face. It’s not easy, though. Brewing is hard work, costs are high, and small breweries compete against huge mainstream companies. Many brewers have dramatic stories: some are fourth-generation homebrewers, others sacrificed their homes or savings to keep their brewery alive. But it’s also inventive. We have beer clubs, beer runs, hiking events with beer. The passion is strong – and if you don’t have passion, you won’t survive in brewing here.

Markus: I also experienced that at the African Beer Cup – it was inspiring to meet so many African brewers with unique ideas. And your film contributes to preserving that. You’ve already screened it in the US, and soon in Scotland. How have audiences reacted?

Obakeng: I was very nervous at the first screening in Philadelphia. We showed it on a big monitor at a beer festival, and luckily people stayed engaged, asked questions, and loved learning about sorghum. We discussed methods like using a “teabag” of sorghum in the mash tun to avoid clogging equipment. In Montclair, New Jersey, the audience was mostly older people – retired teachers, senior citizens. I expected young people, but it was these elders who were most interested, worried like me that traditions might vanish. We also screened in clubs around the US, even on the Fourth of July. I learned that to keep attention, you need a sort of cult following – people who come not just for beer, but for knowledge, culture, and community. That’s how I see beer: not just drinking, but education, sharing, and art.

Markus: That’s a beautiful picture, comparing beer culture to an art gallery. I’ll keep that metaphor! Now, how did the Scotland screening come about?

Obakeng: I connected with Amélie Tassin, founder of *Women in Beer*. She supports women throughout their beer journey. At first it was just an idea, but after proving myself in the US she invited me to screen in Europe. Europe is already a strong beer market, so it’s the right place to share our traditions and maybe even spark collaborations. In the film I even reference a German brewing practice – inducing secondary fermentation by adding fresh wort – something I learned from my grandmother and later recognised in German methods.

Markus: Exactly – it’s about bringing beer worlds together, sharing ideas, and inspiring creativity. Your film conserves tradition while showing how people live it with passion. I invite all listeners: if you can, attend a screening, talk to Obakeng, and experience African beer culture. Hopefully we’ll even organise one in Germany. Do you already have plans for future projects?

Obakeng: Yes – my next film will focus on beer entrepreneurship. Our first film showed beer as art, now we want to show beer as a career path. South Africa has many educated young people without jobs. The beer industry could use their skills – in logistics, marketing, science, anything. If we open the doors, the industry can grow like it has in the US with thousands of breweries.

Markus: That sounds wonderful – not just passion, but a real mission. I wish you all the best with your screenings and future films, and I hope we’ll meet soon for a screening in Germany. Thanks for your passion, your work, and your contribution to beer and tradition.

Obakeng: Thank you. And one last word: *Beer Is Art* is my mission – teaching young people brewing, podcasting, licensing, starting their own brands. Everything I do is inspired by this idea.

BierTalk 152 – Interview mit Nils Vogel und Alexander Lebèus, den Beer Kitchen Guerillas aus Esslingen

Willkommen zu einer neuen Folge von BierTalk! Heute wird’s kreativ, genussvoll – und ein bisschen rebellisch. Denn wir treffen zwei leidenschaftliche Bierfreunde, die mit ihrem Projekt Beerkitchenguerillas zeigen, was passiert, wenn man gutes Essen mit gutem Bier nicht nur kombiniert, sondern neu denkt. Alex und Nils kommen aus der Hobbybrauszene, sind ausgebildete Biersommeliers – und vor allem: begeisterte Genussmenschen. In ihrer Küche wird Bier nicht nur getrunken, sondern auch verkocht, kombiniert, gemixt und interpretiert. Ob Cheesecake mit Himbeertopping und Brown Ale, oder ein Shrimp-Schaum mit IPA – was hier serviert wird, ist Experiment und Erlebnis zugleich. Wir sprechen über kulinarische Guerillataktik, kreative Aromenspiele, mutige Menüideen – und darüber, wie schwer es manchmal ist, Bier auf die großen Tische der Gastronomie zu bringen. Also: Vorhang auf für zwei Genussaktivisten, die mit Leidenschaft und Humor zeigen, dass Bier weit mehr sein kann als Pils und Braten…

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BierTalk – Gespräche über und beim Bier.

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute schauen wir mal wieder, was alles so möglich ist in der Welt der Biere und der Biersommeliers und all der Leute, die sich eben mit Geschmack, Genuss und den schönen Dingen des Lebens beschäftigen. Und dafür treffe ich 2 ganz besondere Jungs, die machen gemeinsam ein Projekt, dass nennt sich die Beerkitchenguerillas. Ja und was es damit zu tun hat und was sich dahinter verbirgt, das werden sie uns gleich ein bisschen erzählen. Erst mal, Alex und Nils, schön, dass ihr da seid und vielleicht stellt ihr euch ganz kurz mal unseren Hörer: innen selber vor.

Alex: Ja, hallo Markus, ich grüße dich. Schön, dass wir hier heute da sein dürfen und danke für die Einladung. Wie gesagt, ich bin Alex, einer von den beiden von Beerkitchenguerillas, das mal vorab.

Nils: Okay, ja, ich bin der 2. der beiden Beerkitchenguerillas, mein Name ist Nils. Du hattest ja auch ein bisschen gesagt, Hintergrund, wo wir herkommen, was wir so gemacht haben, wir kommen beide aus der Hobbybrauerecke. Da kann der Alex vielleicht auch gleich noch mal kurz was zu sagen. Ich habe irgendwann Mal mit einem Freund, das muss so um die 2000er-Jahre rum gewesen sein, der hat einen Volkshochschulkurs gemacht zum Brauen. Und da haben wir, wie man das so klassisch kennt, in Einkochern angefangen, Bier zu brauen, haben dann festgestellt, wenn man mehrere davon an einen Stromkreis anschließt, dass dir dann auch irgendwann die Sicherung rausfliegt. Und später dann, da gab es längere Pausen, in Stuttgart, wo ich hingezogen bin Anfang der 2010er-Jahre, da habe ich dann hier die Hobbybrauerszene entdeckt und bin da selber dann tiefer eingestiegen, vom Mitbrauer zum Selberbrauer. Und von da hat es mich dann nicht mehr losgelassen und wir haben viel, viel gebraut. 2019 dann bei der Heimbrau Convention das BJCP-Examen gemacht und so auch noch mal ein bisschen mehr in das Thema Aroma und Aromatik eingestiegen. Und darüber dann sukzessive weiter an dem Thema Genuss und Aromatik gearbeitet beziehungsweise da weiter sich reinvertieft, das ist ja ein komplettes Rabbit Hole. Und der Alex hat mich dann irgendwann 2020 angeschubst und hat gesagt, lass uns doch mal den Biersommelier machen. Und dort ging das ganze Thema Beerkitchenguerillas dann los, aber da können wir vielleicht gleich noch ein bisschen tiefer drauf eingehen.

Markus: Auf jeden Fall, also schon mal super spannend zu hören. Vielleicht eine Frage gleich noch, weil du ja jetzt immer mehr oder weniger selbstverständlich von wir gesprochen hast, vielleicht das noch kurz an einen von euch beiden, wann habt ihr denn zusammengefunden, sodass ihr sagt, ab da gibt es ein Wir und wie war das vorher?

Alex: Also das ist ziemlich genau jetzt 10 Jahre her oder, nee, sogar schon länger. 2014 so fängt, glaube ich, auch ein bisschen meine Geschichte an, wollte ich eigentlich mal Whisky machen und habe mich da in das Thema auch ein bisschen reingefuchst. Und, ja, weil ich nie halbe Sachen mache, habe ich gleich mir eine Brauanlage gebaut und wollte die Anlage dann mal testen und bin dann so zum Bierbrauen gekommen. Und habe mich dann über das Hobbybrauforum in Deutschland, was ja ziemlich groß ist, ja, da ziemlich viel einlesen können und gleich guten Anschluss gefunden. Und, ja, da gab es eine Sammelbestellung und irgendwie ein User, also Frank ist sein richtiger Name., Nils, weißt du noch, wie er da heißt?

Nils: Im Forum? Nee, das habe ich jetzt auch gerade nicht parat.

Alex: Weißt du auch nicht mehr, okay. Jedenfalls hat er eine Sammelbestellung gemacht und hat das Ganze so organisiert. Was ja ganz toll war, dass ein paar Leute sich dann auch nicht nur online treffen, sondern auch mal offline, haben wir uns getroffen und die Sachen dann verteilt. Und das war so ein bisschen das erste Treffen so von den Stuttgarter Hobbybrauern. Ich glaube, wir waren 9 oder 10 Leute, die sich da getroffen haben und da traf ich Nils das erste Mal.

Markus: Und dann war das Liebe auf den ersten Blick?

Alex: So ungefähr.

Markus: Okay, fantastisch. Und vielleicht auch gleichmal vorneweggenommen, wann habt ihr dieses Beerkitchenguerilla-Label dann für euch entdeckt?

Nils: Ja, wir haben ja 2020 dann zusammen den Biersommelier gemacht, und im Rahmen der Biersommelierausbildung muss man einen Business-Case bearbeiten. Und wenn man keinen mitbringt, weil man eh schon in der Branche aktiv ist, dann war die Aufgabe, sich einen auszudenken. Und da haben wir uns hingesetzt und haben gesagt, ja, was können wir machen und uns beide hat da das Thema so ein bisschen gejuckt, dass Bier in der Gastronomie, speziell auch in der gehobenen Gastronomie, zu wenig präsent ist. Und da haben wir uns überlegt, was können wir da machen und aus den Überlegungen ist dann eben das Projekt Beerkitchenguerillas geworden. Wie der Name schon sagt, Guerilla-Taktik, auftauchen, über Bier und Genuss aufklären und dann auch wieder verschwinden, in der Hoffnung, dass die Saat, die wir dann gesät haben, auch Früchte trägt. Und die Idee war, so eine Art Popup-Konzept für Gastronomen anzubieten, die das Thema mal ausprobieren wollen, weil das Thema Bier ja erklärungsbedürftig ist, speziell, wenn man außerhalb der normalerweise in der Gastronomie erhältlichen Biere sich bewegt. Und war ursprünglich eigentlich so eine Schnapsidee, aber wie das immer so ist mit Schnapsideen.

Alex: Ja, wir sind ein bisschen drangeblieben, ja, bei der Geschichte.

Markus: Ja, faszinierend. Habt ihr denn an sich einen Hintergrund schon im Thema Kühe oder Kochen?

Alex: Ja, also mein erster Berufswunsch war schon immer, dass ich Koch werde, das habe ich dann aber nicht durchgezogen. Und hat mich aber nie ganz losgelassen, also das war schon immer mein Steckenpferd, gutes Essen und gute Getränke und so weiter, ja. Und ich glaube, auch da hat sich Nils, und ich eigentlich auch, immer von Anfang ganz gut verstanden und haben uns privat oft getroffen, dass wir zusammen kochen. Also es ist nicht nur dort bei diesem Biersommelierseminar entstanden, diese Idee, sondern das hat schon vorher Früchte getragen, was wir einfach zusammen schon privat gemacht haben.

Nils: Ja, also ich persönlich habe keinen Koch- oder Küchenhintergrund, ich habe mich da jetzt immer weiter reingefuchst. Und es macht ja auch super Spaß, also man entdeckt ja so viel neue Sachen, so wie das überall ist im Bieruniversum, ich finde, da gibt es so viele Türen und Toren zu den nächsten und wiedernächsten Rabbit Hole. Und für mich ist aktuell oder seit wir die Beerkitchenguerillas machen, auch das Thema Küche, Kochen und Aromen, ja.

Markus: Ja, wenn wir da gleich ein bisschen noch mal reingehen, Beerkitchen heißt dann Kochen mit Verwendung von Bier oder zum Bier oder mit Rohstoffen von Bier oder, keine Ahnung, also was ist eure Idee, wenn wir über Beerkitchen sprechen?

Alex: Also genau das, keine Ahnung, es kann alles sein und nichts. Das ist ja genau das, also wir wollen uns da gar nicht festlegen. Also das ist auch so ein bisschen so unser Konzept, es ist nichts Steifes, nichts nach Schema F, sondern es ist ganz offen, alles ganz offen. Wir kochen mit Bier, wir machen aber auch nur einfach mal was mit Bier dazu. Weil wir in Deutschland, so empfinden wir das, wenn du sagst, du kochst mit Bier, dann denkt man immer nur an deftige Soßen, ja oder einen deftigen Braten. Aber dass du mal eine Salat-Vinaigrette mit einem Pils gemacht hast, mit einem knackigen oder sowas, da denkt die wenigsten dran. Ja, also das ist alles so ein bisschen offen und wir wollen jetzt auch keinem da jetzt strikt zeigen, so macht man es. Aber der Nils sagt da bestimmt auch gleich noch mal was, was wir uns so von dem Konzept auch noch mal überlegt haben, was wir mit den Menschen bei so einer Veranstaltung zusammen erleben wollen.

Nils: Ja, genau, also die Konzeptidee von den Beerkitchenguerillas ist im Prinzip, dass wir idealerweise so eine Atmosphäre schaffen, als würde man mit einer größeren Gruppe Freunde zusammen kochen. Das heißt, das ist eher eine freundschaftliche Atmosphäre, eine lockere Atmosphäre. Und da wollen wir eigentlich so ein bisschen die Leute vergessen lassen, dass es hier um das Thema Bier geht, weil da haben die Leute oft voreingenommene und festgefahrene Meinungen, was Bier ist und was nicht Bier ist und was Craftbeer ist und was nicht Craftbeer ist. Aber das soll bei so einem Genussabend gar nicht im Weg stehen, sondern wir sagen auch ganz oft bei solchen Veranstaltungen, vergesst mal das Thema Bier, genießt einfach die Speise mit dem Getränk zusammen. Und ob das Bier jetzt mit im Kochprozess verwendet wurde oder einfach perfekt zu dem Essen passt, das ist erst mal Nebensache, sondern im Vordergrund soll der Genuss stehen.

Markus: Das heißt, also im Grunde muss ich mir das so vorstellen, ich kann euch buchen für einen Abend oder einen Nachmittag oder wie auch immer und das kann dann entweder den Kochprozess beinhalten oder nicht oder ist das immer so?

Nils: Das hängt ein bisschen davon ab, das ist ja auch so ein bisschen der Guerilla-Anteil, wir gucken, was es vor Ort für Möglichkeiten gibt. Mal haben wir eine vollausgestattete Küche, mal hat man nur einen Raum, wo serviert wird und dementsprechend passen wir dann das, was wir entweder mitbringen oder vor Ort machen, individuell an. Und das kann ein bisschen aufwendiger sein, das kann aber auch ganz einfach sein. Für uns steht ja im Vordergrund, dass die Leute mitnehmen, Bier ist mehr als Pils, Export, Weizen und man kann auch ganz, ganz tolle Kombinationen mit einem schönen Essen, mit schönen Gerichten machen.

Markus: Habt ihr da vielleicht gerade so ein Beispiel mal im Kopf? Also wenn wir jetzt so Hörer: innen da draußen haben, die sich jetzt versuchen zu überlegen, okay, was könnte ich denn da erleben oder was könnte da in meinen Gaumen sozusagen kommen und mich kitzeln, habt ihr so ein paar Sachen, wo ihr sagt, Mensch, das haben wir vor Kurzem mal gemacht, so und so und so würde das ausschauen oder so, so war das, so haben die Leute reagiert, irgendwie so?

Alex: Ja, also da fällt mir gleich was ein. Gerade bei unserer ersten großen Veranstaltung, wo wir organisiert hatten, hatte der Nils einen ganz tollen Nachtisch gemacht. Der ist mir so in Erinnerung geblieben, das hat der Nils richtig geil rausgesucht. Also eins kurz dazu, wir machen, wenn wir so ein Menü machen, 4-, auch 5- oder 6-Gänge-Menü und jeder von uns überlegt sich da was und wir kreieren diesen ganzen Menüablauf zusammen, ja, aber jeder ist so ein bisschen federführend für den einzelnen Gang dann verantwortlich. Und in dem Fall war es der Nils und der hat sich überlegt, ein American Cheesecake zu machen und den einmal mit einem Topping mit Himbeeren und einmal mit einem Topping aus Karamell. Und das gab es beides gleichzeitig auf dem Teller und dazu 2 verschiedene Biere, einmal ein französisches Fondaudége und einmal ein, was war es, hilf mir noch mal kurz, ein Brown Ale, glaube ich, war es.

Nils: Genau.

Alex: Ja, ein Brown Ale dazu. Und natürlich holst du dann mit dem Bier, weil Himbeeren und Himbeeren und Karamell und Brown Ale, ist ja ähnlich, beides zusammen perfekt, ja. Und das ist das, was der Nils vorhin gesagt hat, die Leute sollen sich drauf einlassen. Was ich aber richtig cool finde und was sich der Nils da überlegt hat war, jetzt in diesem Moment sollen die Leute anfangen, die Biere zu vertauschen und dann mal gucken, was mit dem Geschmack passiert. Und alle saßen plötzlich am Tisch und waren baff und wussten nicht, was gerade passiert im Mund, weil plötzlich die Aromen so miteinander harmonisieren, dass das Fondaudége mit der Karamellsoße und die Himbeersoße plötzlich mit dem Brown Ale solche Geschmacksexplosionen im Mund erzeugen, Wahnsinn.

Markus: Das ist gemein, jetzt kriege ich Hunger. Nein, alles gut.

Alex: Entschuldigung.

Markus: Ja, wunderbar, also ich meine, das ist ein tolles Beispiel. Und ich glaube, das ist ja auch so ein bisschen der Punkt, dass man den Leuten wirklich einerseits ein bisschen, ja, Wege öffnet, ihren eigenen Genuss, ihr eigenes Koordinatensystem da im Mund so überhaupt mal zu erleben und zu erforschen und dann eben auch anzufangen zu experimentieren und bewusst genießen, bewusst eben sich drauf einzulassen, was habe ich hier auf meinem Teller, in meinem Glas, was macht das zusammen. Und sich dann eben auch auf Leute einzulassen, die dann vielleicht noch was dazu erzählen und einem das ein bisschen näherbringen, das ist natürlich schon richtig schön. Ihr habt ja zum Beispiel das auch in Romrod gemacht beim HBCon, wie war denn da so das Echo der eher vielleicht, sage ich mal, zahlendeckenden Hobbybrauer? Also das sind ja normalerweise eher so Ingenieure und so, die sind ja nicht so kreativ oder merkt man da, da ist dann doch eine Affinität auch da?

Nils: Ich glaube, da gibt es eine immer größer werdende Gruppe an Leuten, die sich das Thema verschiedene Aromen ganz gut vorstellen können, also wir waren das 1. sowie auch das 2. Mal komplett ausgebucht. Und was ich besonders schön fand war, das ist ja immer noch eine stark männerdominierte Thematik, aber, ich glaube, in unserem Kurs war mit der höchste Frauenanteil. Und das fand ich auch besonders schön, dass, ja, viele Paare, aber auch einzelne Brauerinnen und Brauer dann zu uns gefunden haben oder bei uns eingefunden haben. Und, ja, das Schöne ist ja an dieser Atmosphäre wie bei Freunden, dass man gar nicht so das Gefühl hat, das ist jetzt so eine steife Veranstaltung, da vorne ist der Experte, der sagt mir, was ich jetzt zu schmecken habe und der sagt mir, was ich jetzt zu riechen habe, sondern wir versuchen da ja immer so ein bisschen dieses Gespräch anzuregen.

Markus: Also die Leute so ein bisschen auf den Genusstrichter zu bringen sozusagen.

Nils: Genau, richtig.

Alex: Auch mal zu fragen, nicht, du sollst jetzt das und das schmecken oder schmeckst du das jetzt, sondern, was schmeckst du denn? Und eine Sache war uns, genau, bei diesem gesamten Konzept auch immer ganz wichtig, um diesen bei-Freunden-Charakter noch mal ein bisschen zu unterstützen, es sollte immer an einem großen Tisch, also an einer Tafel stattfinden, dass die Leute, während sie das genießen oder diese Veranstaltung genießen, miteinander ins Gespräch kommen können, auch wenn wir jetzt mal nichts zu sagen haben, ja. Also wir sind vielleicht die Brückenbauer, jemand, der es anregt, so, hej, was empfindest du gerade. Und das Schöne ist, dass das gleich bei der 1. Veranstaltung in Romrod schon echt genauso funktioniert hat, wie wir uns das überlegt haben. Klar, am Anfang sind sie alle ein bisschen ruhiger und so, wissen jetzt ja auch noch nicht, was auf einen zukommt, aber so nach dem 1-, 2.-Gang war plötzlich da an dem Tisch ein reges Miteinanderreden und Philosophieren, das war toll. Also das hat Nils und mich nach der ersten Veranstaltung so toll abgeholt, dass genau das Konzept, was wir uns überlegt haben, einfach so wunderbar funktioniert, die Leute sind froh und haben eine tolle Zeit.

Nils: Und bei der HBCon war es noch besonders, weil wir da ja nicht Leute vor uns sitzen haben, die von dieser ganzen Bierwelt noch nichts wissen, sondern das waren ja alles im Prinzip schon auf der Bierseite Experten. Aber ich habe noch so einen O-Ton im Kopf, wir hatten da bei der ersten HBCon-Veranstaltung, hatten wir ein Rote-Bete-Carpaccio gemacht zu einem belgischen Faro und ich hatte eine Rückmeldung, da hat eine Hobbybrauerin gesagt: „Also Rote Beete roh zu essen, das habe ich mir noch nie überlegt. Das war aber so toll, auch speziell mit dem Faro, das nehme ich mit nachhause.“ Das heißt, wir haben da die Leute nicht von der Bierseite abgeholt unbedingt, aber von der Genussseite und das war da ganz besonders.

Markus: Sehr, sehr spannend zu hören. Und man merkt eben auch, dass man Leute da durchaus noch überraschen kann, selbst wenn sie schon ein paar Jährchen auf diesem Planeten waren. Wie ist es denn von der Bierseite her, habt ihr da dann auch so, ja, euch neue Welten erschlossen und seid ihr da immer wieder unterwegs, da einfach zu schauen, was es noch an Neuigkeiten gibt oder versucht ihr da eher ein bisschen klassisch unterwegs zu sein, was ist da so euer Ansatz?

Alex: Nee, also Nils und ich, wir haben uns schon auch sehr den Belgiern verschrieben. Nee, man muss eigentlich sagen, die Belgier sind halt natürlich sehr harmonisch zu essen, ja, also egal, welche belgischen Biere sind. Aber man kann da genauso offen mit allen umgehen, also wir haben jetzt auch viele britische Biere schon eingebaut, auch deutsche Biere. Zum Beispiel ein Urquell Pils, ja, da haben uns einen Biercocktail überlegt mit Gin und Gurke und ein bisschen Urquell, was mega zusammenpasst. Und das wären jetzt zum Beispiel Sachen, wo wir dann mit dem Bier was machen und nicht nur dazu kredenzen und so gibt es ganz viele Sachen. Und klar, auch unser Horizont möchte auch immer weiter gefördert werden und das bauen wir da mit ein.

Nils: Ja, ich glaube, ich habe schon ein paarmal gehört, du hast eine Sammlung, glaube ich, in der Garage an Bieren oder in einem extra Raum.

Markus: Ja.

Nils: Und so ist es bei mir zumindest auch.

Alex: Ja, bei mir auch.

Nils: Also ich lebe hier in Stuttgart in einem denkmalgeschützten Gebäude, das hat noch so eine zweite Kelleretage, wo kein Betonboden drin ist, sondern Sand und eine konstante Temperatur von so 12, 15 Grad das ganze Jahr über. Und da wird die Sammlung immer größer und größer, also speziell bei ein bisschen hochprozentigeren Bieren oder eben Sauerbieren. Und da, ja, ist es immer schön runterzugehen, sich das Bier holen zu können zu dem, was man gerade kocht oder einfach runterzugehen und sich inspirieren zu lassen und sagen, auf welche Flasche habe ich den heute mal Lust und im zweiten Schritt dann zu überlegen, was kann ich denn dazu kochen oder dazu zubereiten. Und insofern sind wir da, glaube ich, beide überhaupt nicht auf irgendwelche Bierstile festgelegt. Wie der Alex schon gesagt hat, die belgische Bierwelt ist natürlich von der Aromenseite sehr, sehr breit, aber wenn wir links und rechts was finden, was spannend ist, dann versuchen wir das auch gleich miteinzubauen.

Markus: Das ist natürlich sehr schön. Gibt es denn irgendwelche Regeln, nach denen man da vorgeht? Also so, keine Ahnung, wenn ich jetzt ein Pils habe, ihr habt gerade gesagt, das mit Gurke und Gin, finde ich total spannend. Also vielleicht, wenn ihr ein Rezept auch verratet, freuen wir uns natürlich. Aber wie kommt man da drauf, sind das Ideen, die spontan kommen, ist es Erfahrung, ist es Ausprobieren oder wie macht ihr das?

Alex: Ja, also ich glaube, für mich ist das echt immer Gehirnfürze, sage ich da so gern mal dazu. Ich habe einfach Ideen, ja und ich muss es dann mal testen, ja. Ich habe einfach die Muse, mich da auch rein zu fuchsen oder wir beide haben da die Muse, ja. Und eins der großen Highlights ist auch immer, dass Nils und ich uns bei mir dann oder bei ihm dann in der Küche treffen und dann neue Sachen da miteinander kochen und ausprobieren und solche Sachen machen.

Nils: Aber das Witzige ist, wir ticken schon komplett unterschiedlich. Also ich bin eher so der Zahlen-, Regeln-, Faktenmensch.

Alex: Wie Markus das vorhin das sagte, du bist der Hobbybrauer, der Zahlen, Fakten und so weiter will und ich bin eher der Kreative, Bierbrauer, Koch.

Nils: Genau und das führt aber dann immer zu spannenden Diskussionen und auch in beide Richtungen dann mal noch, ja, zu neuen Ideen oder Einfällen. Also, ich meine, du hast das ja hier im Podcast schon mit vielen Leuten diskutiert, wie man das macht. Da gibt es auch diverse Bücher, über die Geschmäcker erst zu gehen und dann im zweiten Schritt sich noch die Aromen des Gerichts und des Bieres zur Brust zu nehmen. Also so komme ich in der Regel und der Alex macht das aus dem Bauch heraus, mit Gefühl. Und meistens ist es dann so, dass wir am Ende entweder mehrere Gerichtsvariationsideen haben oder eben zu einem Gericht mehrere Biervariationen. Und das ist eben das, was der Alex eben beschrieben hat, dann setzen wir uns hin und probieren das einmal aus und meistens haben wir dann einen Matchwinner. Aber es kommt auch immer mal wieder vor, dass der Alex sagt, nee, ich fand das einen Ticken besser mit dem Bier und ich sage, ich fand die Säure dort oder die Süße dort oder die Aromatik in dem ein oder anderen Punkt einen Tick besser, und dann schreiben wir beides auf in unsere Rezeptsammlung.

Markus: Das heißt also, da kommt irgendwann mal so ein ganz, ganz dickes Buch raus, oder, mit ganz vielen tollen Rezepten.

Nils: Ja.

Alex: Ja, wir haben schon angefangen mit Schreiben. Entschuldigung, ich wollte nicht teasern.

Markus: Ja, ein kleiner Mini-Spoiler, das ist völlig in Ordnung. Da schreiben sich bestimmt schon ganz viele auf die Warteliste dann praktisch rein. Apropos, gibt es denn da Leute, die profitieren, so eure Angehörigen oder sowas, die dann eben auch mitprobieren können und dann glücklich sind über diese Entwicklung?

Nils: Ja, auf jeden Fall.

Alex: Ach, ich glaube schon.

Nils: Wir machen ja meistens im kleinen Familienkreis, also mit unseren beiden Familien dann so Kochabende oder Kochtage, Wochen, je nachdem, wie aufwendig das wird. Also im nächsten Familienkreis auf jeden Fall und wir versuchen auch, hier und da mal Freunde mit einzuladen.

Alex: Wir überlegen uns einmal pro Jahr eine Menüfolge und das wollten wir immer ein Jahr lang durchziehen und dann gibt es ein Jahr drauf wieder was Neues, sodass es eigentlich für die HBCon oder auch für andere Veranstaltungen ein Jahr immer das Gleiche gibt, aber dann halt nächstes Jahr wieder was Neues. Und da laden wir zum Beispiel jedes Jahr im Januar den Hobbybrauerverein hier aus Stuttgart ein, die dann da kommen können und mit uns das als Generalprobe probieren. Und dann natürlich wollen wir auch partizipieren mit denen, was gefällt denen dann besser. Also da sitzen dann noch mehr Nerds zusammen als nur der Nils und ich und da können wir wirklich mit Freunden dann darüber sprechen. Und das machen wir jetzt auch schon, ich glaube, dass 3. Jahr.

Markus: Das ist ja spannend. Also es gibt sozusagen ein Jahresmenü, was immer gleich ist?

Alex: Ja.

Markus: Aha.

Nils: Ja.

Markus: Und wie kann man das überhaupt buchen, also wenn ich jetzt mal nicht beim HBCon bin und möchte das erleben, wie funktioniert sowas?

Alex: Also, wenn du Räumlichkeiten hast, ein bisschen, ich sage jetzt mal, ein bisschen Kochmöglichkeiten und ab 10 Leuten, 15 Leuten aufwärts, kriegen wir das hin.

Markus: Das klingt doch nach einem Plan. Und da könnte auch jeder, der jetzt hier so zuhört, sagen, Mensch, wenn ich das zum Beispiel meinem Freund zum Geburtstag schenken möchte oder meiner Mutter zum Hochzeitstag oder was weiß ich, dann kann man euch da buchen oder wie funktioniert das?

Nils: Also schreibt uns gerne mal an über Instagram, wir machen das ja beide als Hobby, da muss man immer gucken, wie es passt. Aber grundsätzlich sind wir Anfragen gegenüber offen, oder, Alex?

Alex: Also das ist gerade das Thema mit dem ersten Mal, da haben wir halt die Möglichkeit, bei mir im Restaurant, wo ich ja der Brauer bin von der Brauerei, haben wir die Möglichkeit, halt dort das immer auszuprobieren, das ist immer ganz toll. Und wenn wir das dann woanders machen wollen, dann ist das auch kein Problem, dann kochen wir halt das, was vorgekocht werden kann, bereiten wir zuhause vor und wir kommen dann und können dann dort alles zusammen fertigmachen.

Markus: Da hast du gerade noch ein Stichwort gesagt, das haben wir vorhin fast ein vergessen, ich glaube, wir haben noch gar nicht über deine, in Anführungsstrichen, Brauerei gesprochen, oder?

Alex: Ja.

Markus: Magst du uns das noch mal kurz vorstellen?

Alex: Herzlich gerne, ja, gerne. Also ich bin mittlerweile vom Hobbybrauer, bin ich zum berufstätigen Brauer geworden und bin jetzt seit 5 Jahren in Esslingen in einer alteingesessenen Brauerei, Wirtshausbrauerei, der Brauer. Der Einzige allerdings, also da gibt es keinen anderen Mitarbeiter, da bin ich der Einzige.

Markus: Du darfst gerne sagen, wie der Laden heißt.

Alex: Zum Schwanen heißt das, ja.

Markus: Okay. Und da brauchst du, also bist du verantwortlich für die Biere?

Alex: Ja, richtig, genau. Also ich habe da eine 1.500-Liter-Anlage und braue da, ich nenne das jetzt mal normale Biere, aber auch gerade schon ein bisschen ein paar andere Sachen. Also wir haben da schon alle möglichen Imperial Stouts und solche Sachen schon probiert.

Markus: Na, das ist ja perfekt, dann habt ihr ein Bierlabor sozusagen zum Ausprobieren von Bieren eben da auch noch.

Alex: Genau.

Markus: Sehr cool. Das ist natürlich eine tolle Kombination, wenn man das noch in der Hinterhand hat, sehr schön. Und Nils war da aber dann auch schon mal zumindest irgendwie mit dabei?

Alex: Ja, der hat auch schon mitgeholfen.

Markus: Das ist doch sehr schön, ja, also das ist doch schon mal cool. Und wenn du jetzt eben sagst, also du hast den Sprung quasi zum Hauptberuf Brauer gewagt und wenn das jetzt mit den Beerkitchenguerillas so einen schönen Start nimmt, könnt ihr euch da durchaus vorstellen, dass das mal mehr wird oder dass man es zumindest mal ein bisschen kommerzieller anbietet?

Alex: Also bei mir, denke ich, schon. Nils, ich glaube, bei dir eher Nils oder wie?

Nils: Ja, also es ist ja nach wie vor, ich sage mal, so eine Art Pionierarbeit, die wir hier leisten. Weil, das haben wir auch schon ein paarmal, glaube ich, diskutiert in verschiedenen Podcast-Formaten oder ich habe es auch bei dir ein paarmal gehört, Markus, dass Bier in Deutschland leider viel zu günstig ist und speziell, wenn man dann die normalen Pfade verlässt und auch mal teurere, exklusivere Biere versucht, in solch einem Format einzubauen, dann kommt man immer relativ schnell an Grenze, was die Leute bereit sind, dafür zu bezahlen, und für Gastronomie an sich sowieso. Was will ich damit sagen, es ist einfach ein hartes Umfeld, um da wirklich seinen Lebensunterhalt mit zu bestreiten, von daher muss man immer so ein bisschen abwägen. Aber Spaß machen tut es auf jeden Fall und wenn wir damit noch mehr Leuten ein Biererweckungsmoment verpassen können oder ein Aromen- und Genusserweckungsmoment mit Bier verpassen können, dann freuen wir uns natürlich.

Markus: Ja, das stimmt. Und ich glaube, es ist auch ein ganz wichtiger Punkt, dass man sich eben die Freude dran behält. Also wenn, ich glaube, das ist dann die Gefahr ansonsten, wenn man das dann zu sehr forciert und umswitcht, dass es dann eher zur Belastung wird als zur Lust und dann ist es ja auch blöd. Und genau davon lebt es ja eigentlich, dass ihr das ja mit ganz viel Lust an der Sache macht und eben Leute begeistert und Leute überzeugt. Und, ja, vielleicht eine Frage noch, weil du es am Anfang gesagt hast, Nils, dass ihr ja auch überlegt habt, eben gerade die höherpreisige Gastronomie anzugehen. Habt ihr denn da mal Versuchsballons gestartet, eben zu kooperieren oder mal überhaupt darein zukommen oder denen das ein bisschen schmackhaft zu machen?

Nils: Also ich habe so ein bisschen den Gastronomiequerulanten hier in Stuttgart gemacht. Wir haben ja verschiedene Sterne-Gastronomien hier und direkt um die Ecke bei mir zuhause, wo ich wohne, ist ein 1-Sterner, da habe ich meiner Frau zum Geburtstag mal einen Abend geschenkt. Und da habe ich dann vorher angerufen und gefragt, ob sie neben der Weinbegleitung auch eine Bierbegleitung anbieten, und da kam dann ein nein zurück. Dann habe ich gesagt, das könnte ich übernehmen. Und da haben sie gesagt, sowas bieten sie nicht an, sowas machen sie nicht. Da habe ich gesagt, gut, dann wird meine Frau mit ihrer Freundin kommen, ich bleibe zuhause.

Markus: Das ist krass!

Nils: Und wir haben das noch ein 2. Mal ausprobiert bei einem anderen 1-Sterner. Da sind wir dann beide zusammen Essen gewesen und haben dann mit dem Sommelier am Tisch ein bisschen versucht, die Diskussion anzufangen. Das war eigentlich eine ganz nette Anekdote, weil, ich bin davon ausgegangen, es ist ein gehobenes Restaurant und der Sommelier kam an den Tisch und hat gefragt, ob wir einen Aperitif wollen? Und wir haben gesagt, ja, was können Sie denn anbieten? Da hat er meine Frau angeschaut und gesagt, ja, vielleicht, wir hätten einen schönen Champagner da. Hat sie gesagt, ja, super, nehme ich. Und ich habe ein bisschen gezögert, er hat dann gesagt, ja, möchten Sie vielleicht ein Bier trinken so als Aperitif? Ich habe gesagt, ja, super. Und dann ist der Sommelier quasi schon wieder auf dem Weg gewesen zum nächsten Tisch oder eben auch, um die Getränke zu holen und da hat meine Frau gefragt, willst du gar nicht wissen, was das für ein Bier ist? Und da habe ich gesagt, naja wir sind hier in einem Sternerestaurant, das wird schon was Schönes sein. Und das hat er so ein bisschen noch gehört und hat dann gesagt, naja, wir haben das lokale Lagerbier hier von der Brauerei. Und dann habe ich gesagt, ah, dann würde ich vielleicht auch den Champagner nehmen. Und dann war er ein bisschen irritiert und dann sind wir aber ins Gespräch gekommen und er fand das Thema auch ganz spannend. Aber er hat auch gesagt dann im Endeffekt, wir haben dann auch länger uns unterhalten noch und er hat gesagt, er findet es ganz spannend, aber es ist schwierig, das in die Köpfe reinzukriegen und auch das anzubieten, also A) Sommeliers zu finden, die beides können im Zweifel. Also sie haben den Fokus auf Wein, aber die dann das Thema Bier noch mitspielen können. Und eben auch, wie ich es eben schon gesagt habe, die Bereitschaft der Kundschaft, das so zu substituieren und aber dann einen ähnlichen Preis zu bezahlen, das ist ganz schwierig. Und da müssen wir immer weiter dran arbeiten. Ich habe mal den Podcast gehört mit dem, na, wie heißt er, der Küchenbulle und der hat gesagt, bei ihm in der Bullerei können die Leute gerne kommen und gegen ein Korkgeld auch ihre eigenen Getränke mitbringen. Das ist so das Ziel für das nächste Mal, da lasse ich das Menü mal anschauen und bringe dann eigene Biere mit, mal gucken, was das dann für Reaktionen hervorruft, mal schauen.

Alex: Ja, vielleicht möchte der Sommelier ja dann da mal mitprobieren, also der Sommelier vor Ort.

Markus: Also wir haben hier ein Restaurant, der hat zwar keinen Stern, aber bemüht sich. Und da, ach Gott, da habe ich vor vielen, vielen Jahren mal für eine Gruppe ein Bier-Tasting am Nachmittag gemacht, weil es auch ein Hotel ist. Und die waren eben da im Hotel und wollten das machen und hatten dann eben gefragt, ob wir es da in den Räumlichkeiten machen können. Und dann haben wir das gemacht und da war der Weinsommelier von dem Laden an dem Tag eben da und hat dann so ein bisschen rein stibitzt und ich habe ihn dann natürlich probieren lassen und so sind wir ins Gespräch gekommen und haben uns da auch ein bisschen angefreundet und immer mal wieder treffen wir uns da. Und da ist das sehr ähnlich, also der hat auch großes Interesse an dem Thema Bier und wir hatten auch schon mal überlegt, ob wir vielleicht so eine Kombiveranstaltung mal machen oder irgendwie so. Aber es ist wirklich, es ist einerseits die Wertigkeit, die Bereitschaft der Leute, dann auch eine Wertigkeit eben zu bezahlen unterm Strich. Und natürlich letzten Endes auch gibt es da immer die Leute, die dann die Gastronomien führen, die Inhaber, die da auch oft noch so eine Berührungsproblematik irgendwie haben. Und das ist in der Tat nicht so einfach, also finde ich auch sehr schwierig und schade. Und wie ihr schon sagt, da gibt es halt einfach das örtliche Lagerbier oder eins der örtlichen Lagerbiere ohne Liebe jetzt und beim Wein machen sie halt einen riesen Zirkus und haben, was weiß ich, 20 verschiedene Rieslinge, wo man sich dann auch irgendwie fragt, ob es das braucht, aber egal. Also das ist schon irgendwie, ja, also ist schwierig. Und tatsächlich sind die Sommeliers oft erstaunlich offen, aber natürlich irgendwie auch in ihrem Ding gefangen, für dass sie dann letzten Endes auch bezahlt werden, das ist auch so ein Thema dabei.

Nils: Ja, also das kommt auch hin und wieder mal vor. Also als Biersommelier, da gibt es auf der Biersommelier.org-Seite ja auch so eine Möglichkeit, sein Profil dort öffentlich zu stellen. Das habe ich gemacht und da gibt es immer mal wieder auch Anfragen von Gastronomen, aber die haben dann leider recht oder oft recht eingeschränkte Ideen, was sie da machen. Also sie sagen dann, ja, wir haben von der Brauerei hier bei uns diese 3 Biere am Hanh und damit möchte ich jetzt was machen, das ist ein Pils, ein Export und ein Weizen. Und dann kommt man ein bisschen ins Gespräch und sagt, naja, da könnte man auch mehr draus machen, da könnte man vielleicht auch ein bisschen was Schickeres machen, aber da scheitert es dann direkt dran. Nee, nee, also wir haben die Biere, die wir hier am Hahn haben von der Brauerei, die uns auch die Ausstattung hierhin gestellt hat und damit müssen wir auskommen.

Alex: Es hapert halt schon leider, also eigentlich muss man ja sagen, die Brauereien haben sich ja die Restaurants so hingezogen in den letzten Jahrzehnten, meiner Meinung nach, mit den ganzen Krediten jetzt, wie du gerade angesprochen hast, mit der Ausstattung und so. Das verpflichtet natürlich, die Biere der jeweiligen oder des jeweiligen Geldgebers, also der Brauerei zu verkaufen und dadurch bist du gar nicht mehr frei, ja. Weine sind natürlich offen und da gehst du rum, da kannst du dich reinfuchsen. Da nimmst du von dem Weingut, nimmst du 3, 4 Sorten, von anderen noch mal 3, 4 und das machst du 2-mal, 3-mal und dann hast du eine schöne Weinkarte zusammen und beim Bier bist du hat eingeschränkt.

Markus: Ja, nee, das stimmt. Und ich finde auch manchmal, wenn man dann zum Beispiel so eine Weinprobe oder so mitmacht, das ist dann immer, wenn man überlegt, wie wir das oft machen und wie viel Mühe man sich da oft gibt, finde ich das oft ziemlich banal, ne. Also da sagen sie, stellen sie sich halt hin und wiederholen mehr oder weniger den Werbeslogan, den der Winzer halt entsprechend von sich gibt. Aber so wirklich auf die Themen, die ihr jetzt auch gerade insgesamt bearbeitet, also Geschmack, Genuss, Aromen, die Vielfalt, da wirklich tiefer reinzugehen mit den Leuten, das so ein bisschen zu erarbeiten, denen ihren eigenen Geschmack, ihren Gaumen zu entwickeln und zu entdecken, das passiert da auch oft nicht so. Das fand ich auch krass, vor allem, wenn man dann überlegt, wie viel Leute bereit sind, für solche Weinproben zu bezahlen.

Alex: Ja und vor allem, wie viel sie dafür bezahlen so.

Nils: Das ist aber auch ein ganz guter Ansatzpunkt im Prinzip. Also ich war Letztens hier in einem kleinen Weinfachgeschäft in Stuttgart, OFF GRID heißen die und die hatten die Brauerei Kemker zu Besuch. Und gerade so, ja, Rotbiere oder eben auch Göse oder Framboise-Biere, Sauerbiere, das sind so Biere, die holt dann schon ein Stück weit Naturweinliebhaber wieder ab und da kann man versuchen, vielleicht mal von der Seite auch anzuknüpfen. Also ich war da als Gast, aber ich fand die Veranstaltung total spannend, da wurden neben den Kemker-Bieren auch viele Weine probiert. Und am Ende des Abends haben ein paar Leute eben noch den ein oder anderen Special ausgepackt von Tre Fontane oder von Cantillion und das hat die Weinleute komplett begeistert und die fanden das total spannend. Und da kann man vielleicht von der Seite noch mal versuchen ranzukommen und da auch so ein bisschen einen Weg in die Weinwelt zu finden oder die Weinwelt so ein bisschen in die Bierwelt zu überführen.

Markus: Cool! Ja, so muss das eigentlich sein, ne, im Idealfall das auch ein bisschen zusammenzuführen, weil, ich meine, im Grunde geht es ja beiden Zielgruppen darum, einfach eben zu genießen und Aromen zu erleben und sich ja auch von diesen natürlichen Lebensmitteln so ein bisschen begeistern zu lassen, und da geht mit Wein ja auch viel. Wenngleich wir ja auch alle wissen, dass Bier mehr Aromen hat, aber lassen wir das mal, wie auch immer.

Nils: Nee, ich glaube aber, das ist Teil des Problems so ein bisschen, dass man sich so gegenseitig immer so ein bisschen foppt und stichelt, anstatt zu sagen, hej, lass uns mal was Cooles zusammenmachen. Aber, ja, also wir sind da in alle Richtungen offen und nutzen jede Gelegenheit, die sich bietet, den Leuten das Thema Bier in seiner Vielfalt näherzubringen. Und wie gesagt, also es war eine spannende Veranstaltung. Auch das, was du eben gesagt hast, da ging es dann teilweise mehr darum, möglichst viele Sachen zu probieren, als sich mit den Aromen der einzelnen Sachen zu beschäftigen, das fand ich ein bisschen schade, aber ansonsten war das eine super tolle Veranstaltung. Und, ja, es tut uns auch, glaube ich, ganz gut, mal hier und da so ein bisschen die Weine zu probieren, einfach, um auch mit den Kollegen besser auf Augenhöhe reden zu können.

Markus: Das stimmt auf jeden Fall. Apropos, hast du denn mit den Spirituosen dann komplett aufgehört zu denken oder bist du da irgendwie noch dran?

Alex: Jein, jein. Also ich habe ja vorhin gesagt, ich habe diesen Gin-Pils-Cocktail mir überlegt, ja, das finde ich auch sehr interessant. Whisky bin ich nach wie vor auch ein Liebhaber von, aber ich habe es leider noch nie geschafft, einen zu machen, ja. Aber es gibt gerade was bei mir im Tank, was eventuell dafür verwendet werden könnte, mal schauen. Also ich habe da auch in meiner Brauerei ein paar Projekte noch am Start. Also auch vor 1 Jahr haben wir angefangen, Sauerbier zu machen, da liegen jetzt auch schon 2.500 Liter Sauerbier rum, mal gucken, was die Zukunft so bringt.

Markus: Das klingt doch auf jeden Fall spannend. Aber das Equipment zum Destillieren hättest du oder müsstest du da irgendwohin?

Alex: Nee, nee, das habe ich nicht. Aber ich habe einen Bekannten, den ich in der Ausbildung zum Ausbilder, also ich habe meinen Ausbilderschein für Brauer und Mälzer auch schon gemacht, den habe ich da kennengelernt. Dem seine Familie hat eine Brennerei und mit dem habe ich ein bisschen angebandelt und der hat die Möglichkeit, sowas zu machen.

Markus: Perfekt!

Alex: Ich würde das Bier brauen und er destilliert es dann.

Markus: Wunderbar, na, das verheißt ja auch Gutes. Und ich muss ja auch sagen, das Spannende ist ja, man kann Spirituosen dann wiederum auch relativ gut in der Küche verwenden, also sowohl direkt als Zutat oder dann zum Beispiel auch einfach aus so einem Bestäuber raus oder Zerstäuber raus am Ende zum Beispiel auf so einen Salat noch mal obendrauf oder auf einen Fisch oder wie auch immer. Das sind so tolle Möglichkeiten, die man da hat, das ist durchaus auch sehr spannend, gerade in der Küche.

Nils: Ich fürchte, jetzt hast du dem Alex noch mal einen ganz anderen Floh ins Ohr gesetzt, er ist auch unser Mister Equipment nämlich.

Alex: Ja, aber, also hier in Stuttgart gab es vor der ganzen Craftbeer-Bewegung und so weiter, schon eine ganz kleine Brauerei, eine ganz, ganz tolle Brauerei, die nennt sich Cast, also Ca für Californien und st für Stuttgart, und leider ist die geschlossen worden. Und ich habe die Möglichkeit gehabt, die letzten Bestände an Flaschenbier dort aufzukaufen, ja. Und das waren Scotch Ale und verschiedene andere Sachen. Und da sind auch Sachen einfach nach den Jahren jetzt sauer geworden, aber ich mache daraus gerade, also aus einem Barley Wine zum Beispiel mache ich ein Bierbalsam, da liegen auch schon 50 Liter im Holzfass.

Markus: Wollte ich gerade sagen, so ein, in Anführungsstrichen, Bieressig im positiven Sinne, das ist ja wunderbar, kann man tolle Sachen damit machen.

Alex: Ja, richtig, weil du das gerade so toll gesagt hast hier mit der Küche und drüber stäuben. Genau, also das ist die Idee, daraus einen schönen Balsam zu machen und das dann vielleicht auch auf dem Tisch bei uns im Restaurant, anstatt Öl ein bisschen da so ein Bierbalsam mit Brot anzubieten.

Markus: Also jetzt hast du mich endgültig hungrig gemacht, aber gut. Wir sind ja auch kurz vor Schluss schon fast angekommen, vielleicht an euch beide noch eine Frage, wenn ihr so entweder ein Rezept oder einen Tipp oder eine Idee jeweils hättet, die ihr vielleicht unseren Hörer: innen so mit auf den Weg geben wollen würdet, was wäre das denn?

Alex: Das weißt du noch gar nicht, Nils, das ist nämlich das nächste Projekt, was ich für Instagram machen möchte, also ein Tiefseegarnelenschäumchen mit einer festen Kräutermayonnaise und dazu Forellenkaviar, das Ganze kombiniert mit einem ganz leckeren New England IPA.

Markus: Jetzt grenzt es an Folter, aber ich bin mal gespannt, wie Nils weitermacht.

Nils: Ich bin bei uns so ein bisschen der Mister Nachtisch, insofern werde ich da jetzt leider was zu sagen. Aber das Erste, was mir wichtig ist, ist, dass man vielleicht erst mal die Hemmung verliert, das überhaupt auszuprobieren, man sollte einfach das mal ausprobieren. Und da kann man sich auch ganz einfach erst mal orientieren, was gibt es denn vielleicht in den Ländern, wo es die Biere gibt, dazu. Also denn das Thema Bier und Essen, das haben wir ja jetzt nicht erst in den 2000er-Jahren erfunden, sondern überall da, wo es etablierte Bierstile gab, haben sich auch passende Speisen dazu gefunden und die sind lokal dann immer recht populär geblieben, ja. Also die Austern und das Stout zum Beispiel oder jetzt bei uns dann eher das Lagerbier und der Schweinebraten oder, oder. Das heißt, man muss gar nicht unbedingt sich jetzt den Kopf zerdenken, was mache ich denn als Erstes, sondern einfach mal die Augen offenhalten, speziell im Ausland mal und gucken und probieren und dann auch selber zuhause einfach mal probieren. Und, ja, einfach so ein bisschen diese Hemmung verlieren und zu sagen, das wird vielleicht nicht perfekt oder es schmeckt vielleicht nicht. Im Zweifel habe ich ein Bier und ein Essen und wenn es nicht zusammenpasst, dann kann ich es sequenziell einfach genießen. Und als Gang, den ich noch empfehlen kann, wo ich auch das Rezept teilen kann, fand ich jetzt ganz toll dieses Jahr bei der HBCon, das war eine Birne, die wir in Rotwein und Gewürzen poschiert haben, mit einem Vanille-Rosmarin-Mascarpone, ein bisschen Walnuss-Crumble drüber und ein Belgian Strong dazu und das war auch eine fantastische Sache. Ist auch ganz einfach zu machen tatsächlich.

Markus: Okay, also jetzt habt ihr mich endgültig, sehr, sehr cool. Also da, ja, das tut mir auch total leid, dass ich es dieses Jahr nicht zur HBCon geschafft habe, jetzt weiß ich auch, warum mir das so leidtut. Aber, nein, also Wahnsinn, da bin ich total gespannt und hoffentlich dann beim nächsten Mal wieder dabei sein zu können und dann die Dinge auch probieren zu können. Und es klingt auf jeden Fall wunder-, wunder-, wunderbar und was ich das letzte Mal probieren konnte, war ja auch wunderbar und das Feedback ist ja auch so. Also dementsprechend Glückwunsch auf jeden Fall zu dieser ganz, ganz tollen Idee und dazu, einfach Leute da mitzunehmen, zu begeistern und auch ein bisschen, ja, wachzumachen vielleicht auch und neugierig zu machen und auf Entdeckungsreisen zu schicken und mitzunehmen, das ist wirklich schön. Und insofern, also danke für diesen kleinen Einblick in eure Welt und vielleicht machen wir noch mal irgendwie so einen Livetalk, wenn wir uns das nächste Mal dann eben sehen, wenn ihr so ein Event macht, weil dann können wir natürlich noch mal ganz konkret auf die Dinge auch eingehen, die ihr da so zaubert, oder?

Nils: Ja, gerne, wir sagen dir Bescheid Anfang des Jahres.

Alex: Ja, gerne.

Markus: Wunderbar.

Alex: Oder lade uns doch einfach ein, dann kommen wir zu dir.

Markus: Ja oder so, eben, das haben wir ja schon besprochen, das wäre durchaus auch eine Idee, weil ich meine letzte Geburtsparty tatsächlich habe ausfallen lassen irgendwie, weil, es hat einfach nicht gepasst, da könnte man es nächstes Mal vielleicht ein bisschen größer aufziehen, warum nicht, schauen wir mal. Perfekt, also auf jeden Fall vielen, vielen Dank für den Einblick in euere Welt so ein bisschen und heute noch eine schöne Zeit, auch wenn leider Gottes zwar offiziell Sommer ist, aber bei uns zumindest in Bamberg fällt der gerade ein bisschen aus, aber wer weiß, vielleicht wird es ja im Laufe des Tages noch. Viel Spaß euch noch.

Nils: Danke.

Alex: Danke schön. Und vielen, vielen Dank für den tollen Podcast.

Markus: Ja.

Nils: Vielen Dank, Markus.

Alex: Tschau.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk English 39 – Interview with Jef Versele, 6th generation owner at Van Steenberge Brewery, Ertvelde, Belgium

Welcome to a brand-new episode of BierTalk! Today, we’re taking you on a journey to one of Europe’s most iconic beer countries – Belgium. But this isn’t just about beer. It’s about legacy, innovation, and a family that’s been brewing for over six generations. Our guest is Jef Versele, head of the historic Brouwerij Van Steenberge near Ghent. With stories that stretch from horse-drawn beer carts to global success with the legendary Gulden Draak, Jef shares how his brewery survived world wars, family drama, and a changing beer world – all while staying true to its roots. From the wisdom of his grandfather to the strength of a great-grandmother who saved the business, from farmhouse ales to future-facing fermentation projects – this is not just a brewery; it’s a world of beer. So grab a glass, settle in, and join us for a heartfelt and inspiring conversation with one of Belgium’s most passionate brewers…

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BierTalk – Gespräche über und beim Bier.

Markus: Hello, and welcome to another episode of our podcast BierTalk. Today we’re doing an interesting journey into a neighbouring country, to one of the biggest and most interesting beer countries, we go to Belgium. And we see both an old and a new brewery in the north of Ghent. And it’s also maybe not a brewery or a beer, it’s a whole world of beers. So I’m very excited to meet a sixth-generation brewmaster. So, Jef Versele, great that you are here. Maybe you could introduce yourself a little bit to our listeners?

Jef: Yes, Markus, I’m Jef, Jef Versele. I’m the sixth-generation owner of the Brouwerij Van Steenberge. Our brewery was founded in 1784 and, like I’ve said many times, I don’t think that I have blood in my system, but I have beer in my system. And it’s true.

Markus: Wow, that’s a great story. But if you talk about your birth. So, do you remember when you realised your life would be about beer, about a brewery?

Jef: So, the brewery, for me, it was always holiday. So the brewery was from the side of my mother’s family and, when I was coming to the brewery, it was always like coming to the playground. I was going to visit my grandfather. And the passion that was created through the beer was created through my grandfather. I had an unbelievable respect. He was my ’Godfather’, he was my hero, and I looked up to him. So all my holidays I spent here, from my youth until I was studying. I was always spending my time here in Ertvelde because it was a phenomenal time, as a little child, having a grandfather who was a brewer. And that has always had a lot of impact on me. I had the pleasure of working with him for many years. He died at the age of 94, and I think his last day working was at the age of 93. So this man was phenomenal. He taught me almost everything I know today. And I’m very grateful for that but, like I said, the passion for the beer came more from the passion, or the love, that I have for my grandfather, he was quite an inspiring man.

Markus: So you more or less took over directly from him? Or was there someone in between?

Jef: No, there was somebody in between but, like I said, I worked directly for my grandfather. He also had his son involved in the brewery, the Steenberge. Unfortunately, he was looking for me, it´s like, how you look at it, he was not married, didn’t have any children, and he was more into the properties of the brewery, their own bars. My grandfather was more operating the brewery, so I had much more contact with my grandfather when it came to the brewery than I had with my uncle. And when my grandfather unfortunately disappeared, not that long after that my uncle also stopped operationally in the brewery.

Markus: And do you have some memories of how brewing was in these old times? When you were a child and running through the brewery as a big playground? What were the differences from brewing today?

Jef: It’s day and night. The only thing which is still the same is that we’re at the same location. It’s amazing to see and from time to time I have to be aware of that, what we have changed over the last 25 years, it’s incredible. But you see each stone, each brick you see or you touch in the brewery, it has a history, it has a story. When I was a small child, I remember that we had the horses here on the premises, we had the old brewhouse, we had the maltery, and I think the only building which is still left from all that is a small, old building where we now have a cool generator that’s standing. But all the rest has been changed over the years. But I remember, as a small child, you cannot compare the brewery with like it is today. When I started working here in the brewery in ’99, we had a production of 20,000 hectolitres of beer. Today we produce 185,000, so you can’t compare that any more. I always say, in those days there was more craftsmanship. It was like an art, it was like a true Ambacht Craft. Today it’s a little bit more industrial, so a lot has changed. But, okay, if you walk through the front door, if you view the house of my grandfather, it’s still there, not much from the outside has changed. But if you look closely, it’s a complete new brewery that we installed here in 25 years, which is insane.

Markus: Wow, that’s really the work of a lifetime, another lifetime, if you’re the sixth generation. And for you was it always clear that you would be the owner of the brewery, that you would do that job? Or did you at any time have another idea?

Jef: No, no. Because, like I said, it was from the side of my mother, my father also has a large company that’s producing animal foods for domestic and big animals, it’s quite a large company. It’s called Versele Lager, it’s very international. So there was one thing, I was sure that I was going to be an entrepreneur one day. The question was: was it going to be more into the direction of my father’s business, or more into the direction of my mother’s side of the business. And then if I you have the opportunity between drinking beer or tasting dog foods, the decision was made quite fast. I think that decision was also formed during the period when I started studying. Of course, if you have a brewer as a grandfather, or in the family, it’s always like you’re somebody’s passion. It seems that I always have more friends than other people, because I could provide them with good beer. So I remember this, so it was always a nice story, hey, you don’t have that many brewers, so it was always like you were special, you’d always experience that. We have one of the most beautiful work that exists in the world. I’m lucky that I can practise this beautiful job, because it’s one of a kind. And I’m impassioned by it, and when you’re in a group and nobody knows you, you always have a beautiful story to tell. And certainly like we have. We have a situation where there are not that many family businesses that have existed for that long. That’s what makes us different from a lot of the others, and what makes us also quite unique. I think in Belgium, the oldest brewery is now, for about 13 generations, Brouwerij Roman. So if you tell that that your brewery, our brewery as well, is older than the constitution of the United States, of the creation of Belgium, which is quite phenomenal. So that’s something of which I’m quite proud, and that’s something on which we try to put the emphasis because it makes us different from a lot of other brewers. Yes, indeed.

Markus: Yes, totally. And I’m a little bit, I have the same story sometimes here in Germany where, to be honest, Germany was founded as a country in 1871. So most of the breweries are older. And that also explains why we have so different ways of beer and drinking and whatever in the country. And you could never sit a Berlin guy next to a Munich guy. They would always do something different in terms of beer, just because it’s a different culture. So that’s really interesting, also if you look to Belgium. And when you were talking about your father’s side, the farmhouse, so it also goes a little bit back to the history of the brewery. As far as I know, it was founded as a farmhouse brewery, wasn’t it?

Jef: Yes, we were a farmhouse brewery. So, we were making beer during winter because there was no work on the land. And on top of that, cooling techniques did not exist. So we had to brew during winter. So the type of beer that we were making was like an ‘old brown’, like a sour ale, that was the first beer which we were making. And of course, you needed cold temperature. So the brewing season started in the end of October, November, and finished in March, April when hot weather was coming up again. But in Belgium, you have to know, it’s a little bit like in Germany, but in Belgium, for sure, you could only sell your beer if you also own the pub. So for many years, the policy or the strategy of the brewery was more linked to, yes, the more pubs we have, the bigger the brewery would be.At a certain moment, you should question yourself, what was the real business? Were we real estate managers or were we brewers? So that’s one of those things that I remember very well. So, when I was young, the brewery was run by the bars which were in the property of the brewery. And at that time, we were not only beer makers, but we were also making lemonade and soda drinks and soft drinks. So in our policy it was, the more we could supply the bar, the more the bar was connected to the brewery that has given us a monopoly on what the bar owner had to sell. The reason why we started doing our own lemonades and et cetera is to have full control over the bar. So that has been, for many years, the main policy of our brewery, through time, we were forced to change that policy. I’ll explain it a little bit later, but that’s one of those reasons, which is why it’s quite impressive if you see how it has changed, and how we have been able to adapt ourselves to the situation or to the changing markets. And that’s always what we have been doing. And that’s one of those stories that I always tell, is that our problem is that we’re too big to be small and too small to be big. And that’s one of those issues that we have had during the past and that we have still today: how are we able to adjust ourselves to the changing markets? And that has always been something which we can find back in our complete history. And I always tell it, we are too big to be small and too small to be big. So sometimes it has advantages, but sometimes it’s also the opposite. But to come back to the farming, so we were farmers, we started making a type of ‘old brown’. You also have to know that the situation or the role, or the importance of the bar was much more important than it is today. It was mainly the bar, the comfort in the bar was much better than the comfort that the people had at home on top of that. The water was not drinkable, so people had to drink beer to be safe. So that’s also a completely different situation from what it is today. If you look into our history, like I said, we were founded in 1784. We have a few key points and one of those key points of course was the First World War. In that period the brewery was occupied by the Germans, and the Germans introduced here into our brewery how to make lager beer. And because until that moment we did not have any knowledge of bottom fermentation, of low fermentation, it did not exist in our brewery. But the Germans introduced here how cooling techniques they had already experienced or they had already a lot of knowledge on glycol, ammonia cooling, so that existed already. So they helped us in changing the beer culture a little bit here in our brewery. So then we started to make lager beer and then, if you start making lager beer, okay, your world is changing. And that, combined with a bottle line, gives you a whole other dimension. But before I go that far, you shouldn’t forget that a very important key point in our history was the end of the First World War. In 1918, when the war was over, lots of breweries here in our area were destroyed. You have to know that, before the First World War, in this area and I’m speaking about the area where we are situated, in the north of Ghent. So, the north of Ghent, so then we are between Antwerp and Bruges, so we are up to the northern side, close to the Dutch border. And if you go from the Ghent area up to Bruges, you used to have in this area more than 358 breweries before the First World War. After that, more than 80% disappeared. And also we or the idea existed, is that my great-grandfather, Paul van Steenberge, who was a microbiologist, who was also mayor, he was a senator, he had lots of activities, and one of his activities was the brewery. But just to give you an idea that that man was a very important man. And after one of his meetings, he came home and he told his wife, Margit he told her, “Dear Margit, today I have sold the brewery, and I can become the president of a new formation, which is called the Krüger.” And the Krüger is a brewery which was founded after the First World War and was founded by 19 independent brewers from our area. And he could become the president of the group because his was the biggest brewery at that moment. And for him it was an easy solution because, by being the president of the brewers for a group, he was operationally less involved. And so that would give him more time to spend in politics, because he was very into politics. He was born for that, and he came home and he told his wife, he said, “Margit, today I have sold the brewery.” But Margit said, “Just a moment, Paul, I think you’ve made a mistake. First of all, this is not your brewery, this is my brewery. Its head is my father.” But I tell this as you have to see it in the spirit of the time. Today, we men, we don’t have that much say at home. But in those days, the position of the wife was a little bit different than it is today. And so she said, “No no, this is my brewery. I promised my father that I was born as a brewer’s daughter and I’m going to die as a brewer’s daughter. So you can go back to your friends and tell them that you cannot participate.” And that man was quite stubborn. He said, “If this is the case, I will never set a foot in the brewery again.” And he kept his word. So he never again set foot in the brewery.

But his wife ran the brewery together with her son, my grandfather. And I think that’s one of the most important lessons that he taught me, the first day when I started working here at the brewery. He said, “Jef, you never have the right to sell the brewery. You only have the right to sell the brewery if you’re forced to due to economic circumstances, because you’re responsible for your people who are working here, then you have the authority to do so. But you cannot sell the brewery for your own profit, that’s impossible. And when you sell, at least you need to offer the brewery first to a family member.” So the family member always has the first right to buy the brewery, instead of a third party. And that’s something which he repeated many times. So my grandfather’s philosophy was always the next generation. So, “Jef, what is your mission?” My mission is to hand over the brewery to the seventh generation. That’s the only mission that I have. And he was quite convinced of that. But to come back to my great-grandmother, it’s thanks to her that the brewery still exists. And to honour her, I have put a statue on my rooftop bar. I was inspired by a Flemish artist who is called Jan Fabre. And if you come to the city of Ghent at the Museum of Modern Art, there’s a beautiful statue of a man who’s measuring the clouds. And also from a young child, I was inspired by that man who was measuring the clouds. How can you measure clouds? It’s impossible.

But I was always inspired by that. And I said, “Okay, I will make a statue for my great-grandmother, to honour her and to thank her that it’s thanks to her that the brewery still exists. So I put a beautiful statue on my rooftop bar in which my great-grandmother is sitting on the rooftop bar. And she’s handing over, and she’s saluting all the people who are driving to our beautiful street, the Lindenlaan. I always say this is the Champs Élysées of Ertvelde  and she’s saluting the people with a glass of Augustijn in her hand. And it’s thanks to that powerful woman that the brewery still exists. And that’s a story that I always tell. When I have visitors listen, it’s a history that you have to pass on. It’s how you are working, it’s how important it is. It’s not just an economic mission that you have, but you also have a responsibility of the five generations before you who have built up this business, to continue the story. And that makes us unique and that makes us or makes me very proud. And I hope that I can pass this feeling also onto the next generation because, like I said once already, we have a beautiful profession. We are a product, and that’s what bothers me the most lately, how alcohol comes into the news in a negative way. We have to stop doing that. We have to tell positive stories about our business and what we do for society, and how we bring people together and what we are changing into society. And I think that message is much more important than speaking about the risks of alcohol consumption.

Marjus: Yeah, and maybe also the idea that, when the brewery started, it did not only produce alcoholic beer, it also produced a lot of other beverages. And maybe that’s also part of the solutions, to adapt again to the market, to the new circumstances, and then maybe go back to this.

Jef: Well, that’s for sure. That’s what I’m saying. So, whether you like it or not, I’m convinced that 25% of our market is going to disappear between now and 10 years. So that’s also one of the reasons why I started up a small microbrewery, a test plant, not that far away from the brewery, which is called the Hopspot, in which we are doing lots of new batches, in which we are experimenting with the new styles of beer, which we are doing some development on the level of non-alcoholic, but also kombuchas, protein things and et cetera. Because I think we need to stay into our business and we are good in fermentation. Fermentation, that’s our DNA. So, we are looking now to extend our business with tests on that level. And of course, who knows, maybe between now and three, four years, we will find a product in which I think that we’ll have some potential. But we cannot miss the train. If we miss that train, for me, it’s like standing still or going backwards, and that’s not an option. And there’s no option. We need to continue developing. We need to continue growing. Unfortunately, economics-wise, we need to do this. And, of course, this is lately a little bit more difficult than it was before. Because before, like I said, that 25 years in the business, we had for at least 23, 22 years organic growth. And the world is a village. And we were also ‘surfing’ a little bit on the image of Belgian Beer. I do think that Belgian brewers have made a few mistakes. But okay, good, the image was still there or is still there. But it’s standing under the influence of a lot of very good craft, which is developing everywhere. But it’s up to us to be creative. It’s up to us to be a step ahead and to be like our grandfathers. Like my grandfather was, when he was starting with craft over speciality beer. Today, everybody speaks about doubles, triples, ‘quad’s, eight parts, you name it. But my grandfather was on that level, was a pioneer. Nobody believed in that category, but lucky that he did that, that he changed his philosophy. And the philosophy has been made not because of luxury. The philosophy has been followed due to the necessity of changing. Because if he had not changed, and stayed in the classic lager beer markets, I would not think that I would be sitting here today. I think the brewery would have disappeared already a long time ago.

Markus: Yeah, I think that there’s also some part of this story again, because it’s always necessary to adapt to change. And I see it in some Belgian breweries that also switched first from ale to lager, but then also right in time switched back from lagers to ales to find a new way of surviving, and have their own brand and everything around that. And maybe we can have a little word about your maybe most well-known brand? It’s called the Gulden Draak. And it’s a 10.5% beer, or some of it, it’s a wider range, but maybe you could introduce to us a little bit how that was created, and maybe also a little bit about the name?

Jef: Well, first maybe we should back go a little bit. So, like I said, we ended there at the First World War, when my grandmother decided not to sell the brewery, that it was not for sale.Then of course you have the interbellum, the period between the First and the Second World War, in which it was very difficult for us. And then my grandfather started to see what the impact was of what was changing, what the problem was. So you also have the beginning of the formation of large, larger brewer groups. And okay, you have to compete against bigger players. When you have bigger players, you have more money, when you have more money, you can buy better locations. If you want to have a good bar, you need to have a good location. That’s the most important point. Then, of course, a good bar manager or bar owner. That’s also very important. But the location is also important. So it became very difficult for my grandfather to compete. On top of that, his former brewer colleagues became beer distributors. You also have the start of marketing and development of big brands. The brands are developed, which has an impact also on our business. So we were just selling locally. You then have a certain moment you get competition from Stella. You get competition from Alken-Maas. You get lots of different competitions in which it became very difficult for us. And at some moment, my grandfather was the president of the brewers’ formation. He was the president of the small, middle-sized brewers. And one of his best friends was the owner of the brewery. And he inspired my grandfather. He said, “Mr Jozef, if you want to survive with your brewery, you have to start making speciality beer.” But telling somebody “You have to start making speciality beer”, it’s not that easy. First of all, we did not have any experience. My grandfather said, “Maybe I should give that a try.” We started then first with high fermentation. And then we were very lucky that my grandfather met the Augustinian Order. They were looking for contract brewers. My grandfather won that competition. And like that, we started to make not only high fermentation, but we also started with the refermentation. And we were very lucky that the Augustinian Order had a very famous brew engineer, Janus who was a member of the Augustinian family. And he introduced my grandfather really into the art of high fermentation and refermentation. And all of what we are speaking today, that’s the basics. The basics had been formed by the vision of my grandfather to decide at a certain moment “Oh my God,” as a classic brewer with his own bars, with his own lager beer, “I don’t have any future. I need to change.” And like I said, it was not a change out of luxury, it was a change out of necessity. So that’s how he changed. And he said, “Yeah, I need to give it a try.” And we were lucky that we met the Augustinian Order. And the Augustinian Order insisted that the brew advisor became the advisor of the brewery. And like that, we started to build that culture of high fermentation. And okay, of course, it was also with ups and downs, ups and downs. But okay, we were one of the pioneers. That was us. That was the Brouwerij de Koninck. That was the Brouwerij and those were the first in speciality beer. Then you had the first commercial one, which was then De Honsebrouck, with Kasteelbier, which made a switch. It was really the beginning. And now I’m speaking of the late ’60s, the early ’70s. And then of course, in this area, in the area of Ghent, we were very lucky, because there was also a changing pub culture. You had the, like the beer institutes, all those famous bars. They helped a lot in the development of speciality beer. And before that, it was mainly considered as something which is owned by Trappists or by monks. But you see this, there’s some change. And we were one of the first, my grandfather was one of the first and like I said, my grandfather was a true, authentic brewer. He was always making beer for himself. And he was never satisfied with the result. I remember, every Friday we had the tasting at 11 o’clock. And it was always the same at the end of the tasting, our beer was always the best, it was always the best, I remember. But my grandfather instructed to his brewmaster, he said, “Maybe in this brew you have to change this, or you have to change that.” So he always wanted to improve his beer, to make it better, but if the result was the opposite of the idea that he had, he never complained. He said, “Yeah okay, it’s my fault, I take the responsibility for this.” But he was always eager to change, to make it better. I said, “No. no, grandfather, the posity stopp, don’t touch it, leave it as it is. The customers are happy.” The only problem my grandfather had, like I said, was that he was making beer for himself, he was not making beer for somebody else. So it was his taste or no taste. And he was not a marketer. He didn’t believe in marketing. He didn’t want to spend money on marketing. He he’d believed in the power of a brand, I think we should have been, I think that we missed something. He was always making beer, so that we became a little bit the number one brewery to go to if you want to have your beer produced by us. The main, I would say, my grandfather was always making beer for his friends. And because he was the president of the Brewers’ Associatio, and then he said to this brewery, “Maybe I should make you some speciality beers now.” So he made beer for a lot of his colleagues but, as you know, when it has a certain volume, the colleagues decide to make it themselves, and because it was much more interesting to make it themselves. So that was always the story of our brewery. So we rose, we took a few thousand hectolitres more, so we lost again. Because my grandfather never believed in the brand. But over time that changed, because he saw it as well, he said, “I have to invest a little bit in my brand.” So our main brand has always been Augustijn, but that was regionally. Then in ’86, at a certain moment my grandfather was making a beer for a village close to ours, for the Brouwerij which doesn’t exist any more and they had a beer which was called De Bruegel Bier. They were making Bruegel Bier, and that was for a local music group, he has making that beer. And when he was making the beer, we had our Italian importer on a visit. And he said to my grandfather, “Ah, Mr Jozef, I would like to try this beer.” And my grandfather said, “Yes, you can try it,” and he said, “Oh my, this is phenomenal. This is the best beer I’ve ever drunk.” You have to know, it’s a dark triple, of 10.5 % APV, a dark ’tripel’ of 10.5. Now, I’m speaking of the year ’86, that was insane, huh? But it was very hard to make, so there was one batch. And, like always, my grandfather always said no. “No, I will not make it for you.” But how do you convince a brewer? You convince a brewer by giving him some hectolitres. I would say that we’re ‘prostitutes to volume’. We say no but, if somebody gives you 1000 hectolitres, you say yes. The Italian said to my grandfather, “Listen, Mr Jozef, I’m going to buy 100 hectolitres.” 100 hectolitres in those days, that was like a month’s work. So my grandfather said, “It’s okay.” Then the Italian guy said to my grandfather, “Maybe we should put this beer into a white bottle.” In a white bottle, can you imagine? Nobody had ever come up with that idea. My grandfather said, “Why shouldn’t we try?” And then he named it Gulden Draak, after the statue of the dragon which is on the belfry of the city of Ghent, which I also have a very beautiful story about. So like that, something unique was born. The advantage of this type of beer, and the advantage for a brewery like ours, is that it’s very difficult to make good lager beer. That’s what people always underestimate, how to make consistently good lager beer. For us, our brewery is too small to have consistently very good lager beer. So high fermentation, refermentation was the solution, because our installation was not the best in those days. We had a lot of impact of oxidation on our beer, the impact of oxygen on our way of working was huge. So the refermentation helped us by creating products which have a longer shelf life. And, in the mind of the consumer, that you have, like, ‘living Bier’. The consumer will accept that there are some taste changes over time. In a lager you don’t have that. So this was first, “Oh, good opportunities to come around, with being not the best brew, not having the best equipment.” Then, of course, with a beer like Gulden Draak, which is a beer of 10.5 %, I can tell you that there is nothing that can grow in a beer of 10.5. So, consistently, I think it was the beer which was always good. With Augustijn we have our ups and our downs because, in Augustijn, for the refermentation we use wine yeast, and there we suffered, because we did not have the yeast under control. On top of that, in our brewery today we have six different yeast strengths. Of course, in those days, there was no knowledge, today there’s already a little bit more knowledge, but not everything is known about the yeast culture. And that’s what I’m always saying: “That’s our DNA.” Today as well. In what are we unique? We’re unique because we still propagate our own yeast culture. We have six different types of yeast which we use, of which we use two in the first fermentation and four in the refermentation. But in the refermentation and that is a success, I’m almost convinced, but I have to stay modest), but I think that we are one of the best when it comes to second fermentation. Not only second fermentation in the bottle, but also in the keg. And then we are very blessed that my grandfather brought a wine yeast to our brewery, and the wine yeast can cope much more easily with higher alcohols than the beer yeast does. And that’s the success of Gulden Draak. So, you’re drinking a beer of 10.5, and it doesn’t come in like a beer of 10.5, it comes in like a beer which is quite easy to drink, and that’s due to the refermentation which we do on this beer. If I produced Gulden Draak or Piraat without second fermentation, you would have, like, an alcoholic ‘bomb’. In this you don’t. Yeah, okay, the beer is still strong, but it’s also all in the mind. People drink wine of 14% APV, but drinking beer of 10.5, it’s like a crime, eh? It’s not true. The advantage of that it’s also how we’re trying to position the beer as a barley wine. It’s more like a wine that it is a beer. And of course, like what we’re saying, it’s a living Bier, so we’re convinced it’s good today, and it will be better tomorrow, but I prefer that you drank it yesterday. The advantage for the market-to-be is that you can keep it easily 10, 15, 20 years, it’s capable of it still today. And that’s where I come in, I started in ’99, we were producing 300 hectolitres of Gulden Draak. And my grandfather told me, we were only working four days a week, I said to my grandfather, “You know what? Friday, Saturday, I will sell beer.” I decided quite fast to sell beer abroad. And from the beginning, I travelled a lot to the United States a lot. Why to the States? Because it was a developing beer market. But the biggest advantage is that you have a market there in which you don’t have one account, you always have a chain of accounts. You have 10, 20, 30, 40 restaurants which will support your beer. So with one contract you could supply 40 bars at once. I brought something nobody knew and something new. I said to my grandfather, “I’m only going to sell Gulden Draak”, also because it was unique, a dark triple, and it’s in a white-painted bottle. For the Americans I had to put on the bottle in the beginning: “Watch Out, This Is Not Milk”, because normally a white bottle is a milk bottle, but this one was for ‘Bier’, so I had to put that on the label and we started. And my grandfather said to me, “Jef, you’re crazy. Why are you selling Gulden Draak?” He said, “This beer is too strong. This is beer for people with problems.” I can say today that I’m very happy that there are a lot of people with a lot of problems, hey? So today we produce close to 40,000 hectolitres of Gulden Draak. 40,000. If you had told me that 15 years ago, I would have signed a contract ‘blind’. And I do believe that, for sure, and that’s the proof, we need to be unique in a niche market that we have to operate in. I have to do something that someone else is not doing. If I’m doing something that someone else is doing, I can’t compete, because I will always be too expensive or there will be somebody who can produce more cheaply than we can. But in Gulden Draak we have something unique. Then of course you start to extend the portfolio, so we started with the classic, then I brought the Brewmaster, then I brought the Quad, then we got the Stout, the Smoked, the Fire. Now we do a lot of barrel ageing on that line. I think that maybe now I’m at the maximum extent of the line. But I think that if we’ve achieved something, I think, if I can say so, Gulden Draak is a small, recognised, worldwide brand.

Markus: Yes, it’s a world of beer in itself, and to be honest, I have almost all of them in my cellar, and also some quite old ones. And what I really like is, as you said, you have the wine yeast, and this really gives the beer this wine-like finish, with a little fruitiness, with a little dry tartness. It’s so great, and it makes the drinkability so high, and it’s a very dangerous beer, to be honest, because, as you say, it drinks easily.

Jef: It drinks easily, but it needs some practice, so you get used to it, eh? For me, it’s like a barley wine, it’s the perfect beer. I prefer it when it’s six months’ old, it has so much materialisation that you can keep the beer. I love it. And it goes well with every form of food, certainly with all different types of meat dishes. It also goes very well with blue cheese, it’s a perfect match, a perfect match.

Markus: Absolutely. It’s perfect for food pairing in many ways, we have it a lot in menus. Just one thing for clarification, you said that it was initially, like, a dark triple? You also threw in a ‘barley wine’ term, and now there’s also a version called Quadruple Piraat. So, for all the guys out there who are not so familiar with the differences between these terms, or styles, or however you call it, how would you say the original is or where’s the borderline to, say, a quad or whatever?

Jef: Well, for me, obviously no discussion, it’s a dark triple. Where does the word tripel come from? Tripel means that the brewmaster is going to use three times as much malt as for normal beer. By marketing, in conversation, people think that a double is dark and the triple is blond, that’s not true. So it’s a dark triple, that’s for sure. Its high fermented and it’s refermented. In the brewhouse, what’s special for this beer is that we use. I would only use malt, I can never attempt the alcohol from 10.5, so we need to add quite some beet sugar. I won’t tell you how much sugar we have to put in, because you’ll stop drinking the beer.

Markus: It’s fermented!

Jef: It’s fermented, yes, exactly. And then for the refermentation we use some invert sugar. But for me, for sure it’s a dark triple, no question.

Markus: And where would you say is the borderline to a quad, or maybe a Grand Cru? It’s always hard to define.

Jef: Our own-brand quad us dark, with an extra batch of Municher malt, which is a quad so, four times. For me, we positioned the Grand Cru in the triple. The Grand Cru commercially is a little bit nicer, that’s why we use Grand Cru.

Markus: It’s interesting to see how these names …

Jef: And then you have our barrel-aged beers, which we bring under the Cuvée Prestige. And that’s also the beauty of Gulden Draak. The Gulden Draak is the beer which ages the best, and it’s also a beer which, I’ve done cognac, I’ve done calvados, I’ve done bourbon, so what we do, when the beer comes out of the lager tank, because we don’t pasteurise, fermented. And the problem is, in Gulden Draak, like I said, it’s 21 degrees plateau, the classic Gulden Draak, the Krombach Stout is 25 degrees plateau, right? I can assure you that it’s quite some stress for the yeast culture, that’s why I always repropagate fresh yeast. I cannot cultivate my yeast and re-use the yeast, because the alcohol creates too much stress, and the vitality of the yeast gets attacked. So it cuts back from the start of the propagating I try to have a start VDK of 98% to be sure that our yeast is in top condition. If the yeast is not in top condition, the fermenting will take not eight days, but take 14, 16, 18 days. That’s very important for us so that, when we propagate the yeast, we always have fresh yeast. That’s one thing. Second, we do not pasteurise. So, we’re going to determine our basic yeast by a long Lager Beer, minimum 24 days. So the Gulden Draak, when it comes from the fermenter, we start the cooling on the fermenter, we cool to minus 1, we keep it three to four days in the fermenter and then it goes into the lager tank. In the lager tank I keep it from 18 to 24 days, and then we take it out. For my Barrel Aged Biere, I take it out from the lagertank, and then it goes into the banks there. We have banks from 180 to 240 litres. And there we let it sit at a temperature of 16 degrees. We let it sit, and then you see the fusion, so the taste of the barrel goes into the beer. Because of the high alcohol content, the beer is very well protected, so you don’t see any infection occurring in those barrels, because the beer is protected by itself, yeah? And then it depends on the type of barrel, and whether it’s the first, second or third time that we have used it. Then we keep the beer between 20 and 30 weeks in depends. But that’s one thing on which we’ve been working very hard lately. Those we bring out under the Cuvée Prestige, the most popular one is the one which is on the Laphroaig-barrels, which has a very a very peaty taste. All those bottles we sell online, and most of our Barrel Aged Beeres the go on vine, because it’s for a specific consumer, I can tell you, they sell quite well. Now I developing also a distillery, so that’s my next project. I’m going to build a distillery to be able to re-use those barrels and then to make whisky, and then to have a whisky with a beertaste. That’s my ultimate project. So I think that, with that project, I will be able to hand over this brewery to the next generation. And when the next generation starts, that’s for sure, I will stop, I will stop. So, I have three children, I hope that one of my children comes into my footsteps and takes over the brewery, and then I think I can spend some time on other things, I think.

Markus: That really sounds like a perfect plan, both ways, the distillery and handing ove. Just one question about the Barrel Aged Bieres, because I’m also a big fan. And what I really like is the marriage between the different barrels, or spirits, and the beer, which always turns out wonderful, very harmonic, very balanced, and you always have both the beer and the spirit. Do you blend different ones or do you always use single barrels? How do you do that, that you get to this perfect match?

Jef: No, we do not blend, I don’t blend them. I use the barrel only three times, but then we see that the taste is gone, I can only use them three times, but I don’t blend. But it’s true that the first time the production will be high, and the second time a little bit less, and the third time less. So let’s say that, if you had 100 litres the first time, in that case I’ll add some extra Gulden Draak, which has not been in the barrels, so that I have a little bit more. But it depends on the taste, how aggressive it is. And you shouldn’t forget that the biggest challenge there is also because of the refermentation. The refermentation, which is also applied with these bottles, is that the yeast will take away a lot of the aroma. That’s always something of which I’m afraid, to which standard can you go? And, of course, we don’t have enough experience to see, but I see that with those Barrel Aged Bieres, I prefer to drink them quite young. Like I said, I’ve been doing this now for four, five years and the idea came, I started with that with the Brewmaster. And once on my trip, if you go to the States, you see it quite often, you see a lot of breweries which are also distilleries. It’s normal, ‘in ground’ we have the same DNA – we are starting from the same basic product. So that’s when it was formed, and then the Brewmaster, for me it’s always been important. I want this beer to be available to everybody. I don’t want it to become, like, a luxury product. And of that we actually have to be very careful. If I see at what prices wine has been sold, then I think we can be very lucky. But we have to bring the potential, or how people look at our products, that we need to change. That’s what we have been doing. And then, I think would like to refer to our latest project, which is Fourchette, which is phenomenal. That’s a beer which I have developed together with a Michelin chef. It’s a blend of a very floral type of wheat beer, but it’s not a wheat beer which we planned with a Tripel, which has been made just for the gastronomy. We try to sell this beer for the gastronomy, and with that I tried to tackle a business where normal booze would not go. I think there, for us, there’s still lots of potential. That’s our fastest-growing brand. Believe it or not, it’s our fastest-growing brand. The packaging is top, so we try to bring premium, premium, premium, premium and then, you see, okay, if you bring a beer product in a premium packaging, with a top-quality product, there’s still some potential and you attract people who would normally not be drinking beer. So it’s a little bit out of our comfort zone, but it gives us a lot of insights into what’s happening. And I do believe, first, that that’s the market where we need to be. Like I told you, I have to be in the market, I can’t be, I’m not a mass player. We are a small player, we need to be different on every level. We should not be copying other, popular stuff. We should be doing our own stuff. I think that’s one of our, if I can say ‘success’, okay, I am quite proud of what we have achieved. But we aren’t there yet. So much work and, like I said, too many ideas, not enough time, being too small to be big and too big to be small. So that’s our problem. And then, you have a business to run, you can’t forget that you have a business to run, in the end. If you’d asked me, “Jef, what has changed the most?”, I can be very mad if people ask me, “Can I visit your factory?” This is not a factory, it’s a brewery. But we are getting into a ‘factory’ mentality and that’s something which is dangerous, dangerous.

Markus: I can also refer to the Fourchette because, when I was in your brewery last time, you offered us this beer, and I really had it the whole evening. So it’s really a great beer.

Jef: It’s sold in a premium packaging, we took a Bordeaux glass, a wineglass, thin glass, so the taste comes out very well. The balance of the floral, the beer has a taste that has a very, how do you say in English, floral taste that, combined with the bitterness, it’s an unbelievably good match. In that I have also done some barrel-ageing that I’ve done on Sauvignon Blanc barrels, and I have done on Vermouth. If you ask me, on Vermouth, I think it’s the best beer I have ever made in my entire life. The marriage of the Vermouth barrel with the beer, it’s insane. So I think there’s still a market. There are so many beautiful things to be developed, and I think that’s the future for the brewery. And, yes, I’m very optimistic, and yes, I do believe in the opportunities, for sure.

Markus: And in terms of Fourchette, I can only say you always discover another aroma, another interesting …

Jef: Exactly.

Markus: … aspect, so that’s what I really like, that it changes the whole time, but that it’s always nice, and also that it’s perfect also for the food we had, so it was really a great one. And also, in terms of the Laphroaig special version, I have a very little story, because I gave it to the brewmaster of our famous Schlenkerla Smokebeer brewery here in Bamberg, I don’t know if you know about smoke beer in Bamberg?

Jef: Yes, and I was inspired, that’s why I made the Gulden Draak Smoked. My grandfather was a big fan!

Markus: Great! So I gave him the beer, after a big tour he gave for a group of our sommeliers, as a present. The next day we met, and he said, “Oh, you ruined my day, because I wanted to have a little sip in the evening, and I drank the whole bottle”. So that’s really interesting, that’s a really great one. We’re almost at the end, just a last question, so that you can introduce a little bit to our listeners to the world that they will enter. So, I visited your brewery, I visited the Hopspot, and maybe you can say just a few words, if people come and they have a lot of questions, we could still talk for five hours, but they can maybe ask their questions there so, how could they visit the breweries, both of them? How does it work?

Jef: They can always send an e-mail to info@vansteenberge.com, you can look at our website, it’s www.vansteenberge.com. We always have public tours in which you can subscribe yourself. In summer we do one on Wednesday, one on Saturday, and we combine that also with a visit at our microbrewery the Hopspot. So those two combined is a very nice day out. When you send an e-mail, it’s almost 99% for sure that you will be ‘seized’, and somebody here in the brewery will give you a tour.

Markus: Fantastic. So, thank you very much for the time here in the podcast, for all you do for the beer world, for all these great beers, also for the great time we had at your brewery so, of course, I wish you all the best for this day, this week, the upcoming time, and hope to see you soon in your breweries and to have a nice beer!

Jef: I hope to see you soon as well. Thank you so much for the opportunity, and thanks to your listeners and the people who are following you, because without consumers, no brewery, eh? And we have to be, like I said from the beginning, the biggest danger for our industry is coming from the non-drinkers. So we have to put, what do we contribute to the business? That I think is very important. That’s what I tell my brewer colleagues as well, speak about the good things, how we bring people together and how we build memories. It’s not about this, it’s about memories and I think that will always survive. And I think, as a brewer, we have a social obligation to bring people together. Because people need to be together. Because that helps society much more than anything else. So, thank you for this opportunity to let me tell my story. And, like I said, you’re always welcome for a good beer.

BierTalk – Der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de.

BierTalk Spezial 69 – Interview mit Tobias, dem „Bierschoff“ aus dem Mittelpunkt Frankens

Ein Ornat in Rot und Weiß, ein Stab mit Glocke und Trichter, ein halber Liter Segen – in dieser BierTalk-Folge wird es mystisch, wortgewaltig und unglaublich unterhaltsam. Zu Gast ist Tobias, auch bekannt als der Bierschoff, der mit Hingabe und Humor seit über zehn Jahren das Bier und seine Kultur zelebriert. Wir sprechen über Offenbierungen, salbungsvolle Zeremonien, Bockbiere mit Weihrauch – und über eine Pilgerreise nach Göbekli Tepe, einem der ältesten Orte der Biergeschichte. Zwischen spiritueller Tiefe und fränkischer Trinkfestigkeit: eine Folge, die Geist und Gaumen gleichermaßen erfreut…

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BierTalk – Gespräche über und beim Bier.

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute bin ich ganz nervös, weil ich jemanden zu Gast habe, der im Grunde meinen allerersten Berufswunsch für sich erfüllt hat. Denn, als ich ganz klein war, habe ich meiner Mutter immer gesagt, ich will irgendwann Mal Erzbischof werden. Hat dann nicht geklappt wegen der Frauen und vielen anderen Dingen in meinem Leben, aber dieser Wunsch und die Idee war doch immer so ein bisschen dar. Und, keine Angst, wir haben jetzt nicht den Erzbischof zu Gast, aber wir haben den Bierschoff zu Gast und das ist großartig, weil wir uns schon, ach Gott, also mindestens 1 Jahr verabredet haben und es jetzt endlich schaffen. Und deswegen sage ich erst manchmal Euer Hochwürden, oder wie auch immer man richtig sagt, schön, dass du hier bist, und vielleicht stellst du dich unseren Hörern mal kurz selber vor.

Tobias: Ja, servus erst mal! Schön, dass ich da sein darf, schön, dass wir ins Gespräch kommen, dass wir das sogar für die Welt festhalten können, ich freue mich da jetzt sehr drauf. Und, ja, kurze Vorstellung, ich werde genannt als Der Bierschoff also und das darf ich seit 10 Jahren, über 10 Jahre darf ich dieses Amt begleiten, aus der Dreieinigkeit von Wasser, Hopfen und Malz heraus, durfte eine Offenbierung erfahren und dann diesen Bierruf ergreifen. Das du auch Bischoff werden wolltest, wusste ich bis jetzt noch nicht. Aber das ist natürlich wiedermal eine wunderbare Parallele, die ja das Bier und seine Geschichten so schön schreibt, das freut mich, ja, schön.

Markus: Ja, eine unglaubliche Koinzidenz. Und wir sind natürlich in einer Kathedrale des Bieres, weil wir, wenn wir uns treffen, auch irgendwo sein müssen, wo das auch Sinn macht. Wir sind in einer Brauerei, in dem Fall sind wir in Memmelsdorf, dort wird seit über 600 Jahren Bier gebraut, hier in der Brauereien Drei Kronen, also ganz, ganz spannend. Und, ja, ich würde sagen, wir haben ein Bier, wir sitzen hier, wir sind am Tisch, machen wir mal Prost.

Tobias: Dann machen wir Prost.

Markus: Prost!

Tobias: Prost!

Markus: Sehr schön! Also so ein schönes kühles Bier an einem Sommernachmittag, das ist echt was wert. Und wir wollen natürlich die Leute auch teilhaben lassen, also wie immer, ich habe ein wunderbares Rauchbier, genannt Stöffla, was wirklich schön diese klassischen Rauchnoten, ein bisschen BRQ, ein bisschen, ja, so schinkig vielleicht, könnte man sagen, aber auch ein bisschen fruchtige Noten schön in sich vereint. Schön weich im Mund, geht runter wie Öl und passt natürlich in dem Fall wie eine Ölung so ein bisschen zu unserem Gespräch. Was hast du dir denn ausgesucht?

Tobias: Ich habe das Summer Ale mir ausgesucht, ja, ich muss ja dann trotzdem noch das Fahrzeug führen. Ist ein bisschen leichter und gerade nach dem doch jetzt warmen Tag und dem Stress ist es erst mal was richtig Schönes zum runterkommen. Ja, hopfig, erfrischend, leicht, gut!

Markus: Wunderbar.

Tobias: Nicht leer, muss man sagen, nicht leer.

Markus: Ja, nee, wichtig, solche Biere brauchen wir, sehr schön. Jetzt vielleicht, also seit 10 Jahren Bierschoff, gibt es ein Leben davor, gibt es ein weltliches Leben oder hat man da nur noch so ein geistiges Leben? Magst du uns ein bisschen erzählen, wer du vielleicht sonst noch bist und wie du dazu gekommen bist?

Tobias: Also natürlich hat man ein Leben davor. Das Leben davor ohne Bier ist gar nicht so lang, also das ist, wir sind ja trotzdem Oberfranken halt, natürlich hat man da schon relativ früh schon mal am Krug vom Opa nippen dürfen zum Beispiel. Und, ja, ich war dem nie ganz abgeneigt, muss man sagen und da hat man natürlich zum Bier hingefunden. Ansonsten bin ich gelernter Techniker für Kältetechnik. Das heißt, das ist ja auch eine Branche, die nah an der Bierproduktion, am Biergewerbe dran ist. In jeder Gastronomie gibt es einen Kühlschrank, in jeder Bude, überall Kühlung, das heißt, auch da durfte ich schon im Beruf Kälte machen und Brauereien, Gasträume, Gasthäuser besuchen. Und, ja, ich meine, auf der anderen Seite, ohne Bier wäre mein Beruf nicht möglich, denn schließlich hat der Karl von Linde die Kälteanlage erfunden, um kaltes Bier zu produzieren.

Markus: Cool!

Tobias: Das heißt, mein Beruf fußt und basiert auf dem Wunsch, kaltes Bier zu trinken und, naja, dem darf man doch da dann frönen.

Markus: Der Ruf hat dich sozusagen ereilt. Kannst du dich noch erinnern an dein erstes Bier?

Tobias: Mein erstes Bier, also das allererste, wo ich mal so genippt habe, war sicher mal beim Großvater. Aber das erste Bier, dass ich mir komplett selbst gekauft habe, das war mal in Kroatien auf einem Campingplatz, da hat die Frau an der Kasse das mit der Alterskontrolle nicht ganz so ernst genommen. Und das war ein Karlovačko damals, das war, ja, war mal so ein Versuch. Wir haben gesagt, wir holen es für den Papa, ne, der braucht noch ein Kaltes. Hat sie ein bisschen gezögert, aber, naja, es war halt dann doch nicht für den Papa, ne.

Markus: Naja, aber wir breiten mal den Mantel des Schweigens drüber aus. Vielleicht jetzt für alle, die zwar vielleicht unter Bierschoff sich was vorstellen, aber vielleicht noch nie was gesehen haben. Das heißt, man erlebt dich zum Beispiel in einem Ornat, da hast du dann eine Mitrate und du hast auch ein rotes Gewand an und das erinnert tatsächlich oder ist im Grunde eine Anmutung wie bei einer Messe, wie bei einer Zelebration von etwas. Werden wir gleich noch ein bisschen drüber sprechen, was da so passiert und warum. Aber wie kommt man da drauf? Also hattest du irgendwann die Erleuchtung, war es ein Traum nach einer durchzechten Nacht oder war es eine Frau, die dich so genannt hat oder wie kommt man überhaupt auf die Idee zu sagen, ab Morgen bin ich jetzt der Bierschoff?

Tobias: Also ab Morgen ging das schon gar nicht, sondern das war natürlich ein Prozess. Teile dieses Stabes waren schon vorhanden, der war noch nicht so ausgearbeitet. Der Stab gibt einem relativ viel Macht, Menschen Bier einzuflößen, und man könnte jetzt sagen, ich habe im jugendlichen Leichtsinn diese Macht ein bisschen missbraucht. Und dann trat das Bier an mich heran in einer Offenbierung, also ich kann das auch nicht anders beschreiben und ich wurde gefragt, möchtest du dieses Amt denn in Verantwortung, in Güte und den Menschen zugewandt? Ich würde dir Wasser, Hopfen und Malz an die Hand geben und dann wärst du der Bierschoff. Und, naja, das ist jetzt nix, was du schon leicht angetrunken auf einem großen Fest einfach so übers Knie brichst. Und dann musste ich, und das durfte ich dann halt im Nachhinein erkennen und benennen lernen, ich durfte reifen, ich durfte gären und irgendwann durfte ich dann für mich das, ja, Abfüllen, dieses Konzept, diese Bierrufung und durfte mich dann der Bierschoff nennen. Und habe dann schnell gemerkt, dass es nicht möglich ist, das in einem Kostüm zu tun, sondern dass ich dafür schon ein Ornat brauche und dann das verkörpern muss, sonst wäre es nicht diese Aufgabe, die ich zu erfüllen habe.

Markus: Spannend! Also wenn ich gäre, sind meistens unerwünschte Nebeneffekt dabei, aber lassen wir das mal so stehen. Du hast jetzt gerade vom Stab gesprochen, das muss man natürlich auch ein bisschen erklären für die Leute, die das jetzt noch nicht kennen. Der Stab ist im Grunde, ich sage jetzt mal von mir aus gesehen, könnte man jetzt entweder sagen, es wie so eine Art Kreuz, so diese alten Kreuze, die oben aufhören, die da so einen Querbalken haben oder auch ein Besen oder Rechen ohne diese kleinen Zacken, oder wie auch immer, vom Grundgerüst. Und dann sieht man aber daran, ich würde mal sagen, Bierdevotionalien, also Öffner und diverse andere Instrumente rund um das Thema Bier. Wir haben eine Glocke, wir haben einen Krug, einen wunderschönen, Zinn- wahrscheinlich Krug. Und wir haben einen Trichter, sage ich mal und der wiederum hat dann einen langen Schlauch, der ist bestimmt 1 1/2 Meter oder sowas lang.

Tobias: 1 1/2 Meter, ziemlich genau, ja.

Markus: Genau und der hat dann unten noch was zum an- und ausmachen sozusagen. Habe ich irgendwas vergessen, was da noch dazu gehört?

Tobias: Nö, ist eigentlich, Bierdevotionalien hat das Ganze gut umschrieben eigentlich.

Markus: So rotweiß natürlich, Franken, das gehört auch dazu.

Tobias: Franken, die Farben, genau.

Markus: Und der ist aus Holz, das habe ich vielleicht noch am Anfang vergessen, also wirklich ein schönes Thema. Und damit, das ist ja wie so ein Wanderstab vielleicht und der war zuerst da oder wie kamst du zu dem überhaupt?

Tobias: Der war so ähnlich zuerst da, genau. Das hat tatsächlich was mit dieser Glocke zu tun, die war mit als allererstes da. Die Glocke, auf der steht Happy Hour und irgendwann war halt mal Happy Hour und wir haben uns gedacht, hej, wenn Happy Hour ist, gibt es alles reduziert, also bringen wir einfach die Happy Hour mit und dann läuten wir, ist Happy Hour.

Markus: Also sich ein halbes Freibier erklingeln sozusagen.

Tobias: Ja, kann man so machen. Mittlerweile sind es ja Ganze. Nein, der Rest dann aber dazu gehört, genau. Ja und so begleitet mich der Stab jetzt schon lange. Ich habe auch einen zweiten Stab für große Festlichkeiten oder wenn sehr stationär wo was macht. Der ist dann aus Eichenholz und kunstvoll gedrechselten Querbalken, sage ich mal. Der ist aber aus Volleiche sehr schwer und das ist eben der Reisestab, genau.

Markus: Und vielleicht noch eine Frage zu diesem Thema Bierrufung, kannst du beschreiben, welches Wesen dich da gefragt hat oder wie das zu dir kam, kam es aus dir oder aus dem Universum oder aus einem Bier oder aus einer Brauerei oder wie kann man sich das vorstellen?

Tobias: Ja, das kann man sich eigentlich gar nicht richtig vorstellen, wenn einem das nicht selber passiert.

Markus: Okay.

Tobias: Also ich kann das gar nicht richtig, also ich versuche Annäherungen, das zu erklären.

Markus: Ein transzendentales Erlebnis?

Tobias: Ein transzendentales Erlebnis. Also für mich ist es ein Mysterium und damit muss es das wohl für die Meisten auch bleiben, wenn einem das nicht selbst passiert. Für mich ist es klar, dass es Wasser, Hopfen und Malz ist, das war ein wichtiger Bestandteil dessen und darin auch eine Dreieinigkeit. Und mit der Dreieinigkeit sind wir ja auch bekannt, die gibt es in anderen Konzepten und ich sehe die nicht oppositionell gegenüber, sondern eher durfte ich über die Jahre erkennen, dass ich nicht der Erste bin auch, der jemals auf dieser Erde gewandelt ist, sondern dass es eher ein intérêtes Amt, das Bier wohl anscheinend immer wieder vergibt.

Markus: Also so ähnlich wie beim Dalai Lama?

Tobias: Vielleicht ähnlich wie beim Dalai Lama, ja. Ja, ist ja witzig, ja, ja.

Markus: Spannend. Also warst du vielleicht irgendein fränkisches Baby, wo dann der Geist hineingefahren ist, man weiß es nicht.

Tobias: Man weiß es nicht.

Markus: Würdest du dann grundsätzlich sagen, dass du bist ein religiöser Mensch?

Tobias: Ich bin durchaus auch ein religiöser Mensch, ja.

Markus: Und gab es da von der anderen Religion Kritikpunkte, wenn du sagst, du bist der Bierschoff und hast ein Ornat und bist dementsprechend unterwegs?

Tobias: Also es gibt immer wieder mal Kritikpunkte von Anhängern anderer Glaubensrichtungen, sage ich mal, die jetzt nicht Bier an erste Stelle sondern halt klassisch Gott. Aber von offizieller Seite, ich sage mal, von denen, die dann tatsächlich in diesen Ämtern tätig sind, sehr wenig. Es gibt Zurückhaltung, aber ich würde jetzt sagen, von offiziellen Seiten keine Anfeindungen. Kritik ja, natürlich. Ich über ja auch Kritik an dem, also ich nehme das schon auch auf die Schüppe. Ich meine, die dann zugehörigen Organisationen machen es ja auch manchmal einem leicht, sie zu kritisieren, die haben sich jetzt nicht nur mit Ruhm bekleckert. Aber, ich meine, ich darf aus der Güte, der älteren Religion folgen zu dürfen, einfach auf die Youngster Religion, einfach darf man da ein bisschen sagen, ihr werdet vielleicht auch mal noch was.

Markus: Genau. Ja, eben, also Bier gibt es ja seit 14.000 Jahren oder so, da war Jesus definitiv nicht da. Nein, wie auch immer.

Tobias: Auch Abraham noch nicht da.

Markus: Ja, ja, also wobei, altes … naja, lassen wir das mal. Spannendes Thema auf jeden Fall. Aber du bist ja zum Beispiel auch auf Festen unterwegs, also auf Bierfesten oder eben auch auf Kirchweihen oder so. Hattest du schon mal in Action mit einem Pfarrer oder sowas zu tun?

Tobias: Na klar, immer wieder. Also zum Beispiel mache ich auch das Konzept, dass Menschen nicht nur schriftlich oder irgendwie in Gebäuden miteinander verbindet, sondern ich mache auch das Konzept der Brauung. Das heißt, dass Menschen, so wie die Zutaten des Bieres, werden ja unzertrennlich miteinander verbunden und da haben wir eine Zeremonie, dass das mit dem Braupaar dann natürlich macht.

Markus: Schön!

Tobias: Und da sind natürlich oft auch dann natürlich Pfarrer anwesend. Und da darf ich bis jetzt von mir behaupten, dass die, die dann zu mir gekommen sind und das mit mir besprochen haben, durchaus positive Rückmeldungen kamen, und das freut mich auch. Da muss man nicht gegeneinander sein, weil da geht es ja auch um die Nächstenliebe, um die Güte, um das Schöne am Leben und der Vergebung und solchen Dingen. Und da stehen wir uns, denke ich, oft nicht oppositionell gegenüber.

Markus: Ja, kann man in Zukunft gemeinsam gären oder so.

Tobias: Man kann gemeinsam gären und lange.

Markus: Ist ja auch wunderbar.

Tobias: Und anstoßen.

Markus: Da müssen wir drauf anstoßen, genau. Prost! Also jetzt wissen wir in etwa, was du da machst und wie du dazu gekommen bist und dass du da auf Feste zum Beispiel gehst oder so. Wie kommst du denn da dazu, also lädt dich jemand ein oder sagst du, ich komme vorbei oder kriegst du vielleicht auch einen Ruf und es wird gesagt, du musst jetzt aufs Oktoberfest und musst den Anstich machen oder irgendwie so, wie kommt das?

Tobias: Also ich würde schon gern mal auf dem Oktoberfest den Anstich machen, aber die müssen mich da, glaube ich, vorher fragen, ich werde da jetzt nicht einfach auf die Bühne spazieren können. Üblicherweise werde ich jetzt mittlerweile gefragt. Ich habe natürlich in der Anfangsphase, musste ich das ja auch herausfinden, da bin ich dem Ruf gefolgt, mehr oder weniger, und durfte manche Sachen machen. Jetzt letztes Jahr bin ich einem ganz großen Ruf gefolgt, da bin ich ja nach Göbekli Tepe gefahren, das war wirklich ein Ruf, um da hinzufahren. Ansonsten, jetzt so im Alltag, sage ich mal, ist es, kontaktiert man mich, ich habe hier ein Fest, ich möchte mich vermälzen, ich möchte heiraten, ich habe einen Junggesellenabschied und wir würden den Mann gern einen Segen mit in die Ehe mitgeben. Geburtstag, unser Fest soll gesegnet sein, wir hätten gern mal geweihte Braukessel. Dann schreibt man mich einfach an und dann muss halt der Terminkalender das hergeben, ist ja klar.

Markus: Ja und da kommen wir gleich noch dazu. Jetzt hast du gerade so ein Stichwort genannt, wo ich finde, da müssen wir unbedingt gleich einhaken, bevor es am Ende noch vergessen wird.

Tobias: Ich glaube nicht.

Markus: Ich glaube es auch nicht, aber trotzdem, denn du warst da, wo ich noch nicht war zum Beispiel, was ich total spannend finde, nämlich an auf jeden Fall einem der, zumindest aktuell, bekannten Ursprungsorte des Themas Bier, sagen wir mal so. Also ganz genau weiß man nicht, wo man nicht noch irgendwas Älteres findet, aber auf jeden Fall …

Tobias: Ist ja analogisch beschrieben, was man hier macht.

Markus: Genau, also auf jeden Fall super spannend. Ich habe mal auch einen BierTalk gemacht mit der Archäologin, die dort vor Ort war.

Tobias: Mit der Laura.

Markus: Genau, die aus Österreich kommt.

Tobias: Ja, die habe ich auch getroffen.

Markus: Ah, sehr gut. Genau, aber das heißt, du warst vor Ort, vielleicht kannst du uns da ein bisschen teilhaben lassen. Also für alle jetzt wiederum, die das noch nicht so wissen, also der Ort heißt Göbekli Tepe, ist in der Türkei, Nähe Grenzregion zu Syrien, denke ich mal, und dort hat man Ausgrabungen gefunden. Da kannst du gleich ein bisschen was dazu erzählen, wie das so ausschaut, was das ist. Und man weiß eben, dass das, wie gesagt, eine der ältesten Fundstätten für wohl Brauwesen oder Bierherstellung ist. Genau, erzähl uns mal ein bisschen, also wie ist das da, wie kamst du überhaupt hin, was hast du da erlebt, was hast du gesehen?

Tobias: Das ist natürlich ein langer Weg dahin, denn ich bin jetzt da nicht mit dem Flugzeug hingeflogen, sondern ich habe gewusst oder das war Teil dieses Rufes, der mich dahingeführt hat, war der Übergangspunkt von Menschen, der nomadisch lebt, zu einem Menschen, der sesshaft wird. Also das ist einer der wichtigsten Knackpunkte der gesellschaftlichen zivilisatorischen Entwicklung, die wir in den 300.000 Jahre Existenz Homosapiens mit haben. Ab diesem Punkt, wir haben 280.000 Jahre, 290.000 Jahre keinen Ackerbau betrieben und ab dem Punkt, wo wir Ackerbau betrieben haben, haben wir richtig auch aufs Gas gedrückt, also das ist ein ganz, ganz entscheidender Punkt. Und diese Menschen waren aber Nomaden, die waren nicht sesshaft, die sind immer wieder rumgelaufen. Das heißt, für mich war es klar, dass ich diesen Ort auch als Nomade erreichen möchte. Das heißt, ich bin da jetzt nicht gelaufen, wäre auch sicher sehr schön, aber man ist ja irgendwo doch auch dann limitiert dann und Gepäck habe ich natürlich dabei, das ganze Bierschoff-Equipment möchte ich ja mitnehmen. Und deswegen bin ich mit meinem alten VW-Bus von Deutschland über den Balkan bis in die Türkei gefahren und wieder zurück, 12.000 Kilometer waren es insgesamt. 12.000 Jahre in der Geschichte zurück.

Markus: Boah!

Tobias: Das war natürlich wunderschön. Und ich habe in jedem Land, wenn möglich, eine Brauerei und ein Gasthaus besucht, um auch die Kultur auf diesem Weg zu lernen, zu erkennen, die Unterschiede zu sehen. Und auch einfach die vielen Gemeinsamkeiten durfte ich erkennen, die man einfach doch überall dann hat, wenn man auch die Sprache nicht spricht, dass man sich doch einfach mit einem Seidla in der Hand, kann man sich verständigen. Ja und da bin ich da nach Göbekli Tepe gekommen, irgendwann, ganz großer Zufall, da war gerade der World Neolithic Congress. Neolithicum nennt sich diese Zeit, in der praktisch Göbekli Tepe gebaut worden ist. Dann war ich dort plötzlich in der Universität zwischen diesen ganzen Archäologen, Professoren, Doktoren und halt diese irgendwie dahin reingeschlappte Oberfranke. Weiß ich nicht, ob ich da was zu suchen hatte, aber ich sollte da sein.

Markus: Du warst da, ja.

Tobias: Ich sollte auch da sein, ich durfte da sein, ich durfte teilhaben und ich durfte mit diesen Ausgräbern sprechen. Und dann durfte ich irgendwann auch auf diesen Berg, durfte ankommen, das war mein Ziel. Und Göbekli Tepe ist auf so einem, ja, kargen Hügel und da endet sozusagen, also nach Süden ist die obermesopotamische Ebene. Das ist ein ganz weites flaches Land, Richtung Süden, Richtung Syrien, und das macht so einen Halbkreis, das Gebirge. Und in der Mitte dieses Halbkreises ist dann praktisch der erste Hügel, den man hochgeht, der da der höchste so ist, da drauf haben die das gebaut, aus riesigen Kalksteinen, bis zu 8 Meter hoch. Also nagele mich bitte nicht drauf fest, auf diese ganzen exakten Daten. Riesige Säulen, 15 Tonnen schwere Steine, haben die eine gigantische Halle damals gebaut vor 12- bis 13.000 Jahren. Und dann ist man eben drauf gekommen, dass man da … wie kommt man da jetzt aufs Bier. Die haben aus diesem Kalkstein heraus, riesige Töpfe geschlagen. Also mit Steinzeitwerkzeug, es gab noch kein Metall. Das heißt, mit Flint Stones, mit Feuersteinen, mit Granitschaben haben die riesige Kessel gebaut. Und man hat verbranntes Getreide auf diesem Gelände gefunden. Weil, nichtverbranntes Getreide ist natürlich weg, das verrottet alles, besonders in 12.000 Jahren findet man davon gar nichts mehr. Und dann konnte man da Bier nachweisen. Na, Moment, das möchte ich jetzt genau sagen, wie es die Archäologen sagen, in der Wandung der Kalksteinkessel wurden Probebohrungen gemacht und da sind Restrückstände von Bierstein gefunden worden, die entstehen, wenn Getreide verkocht wird, ganz vorsichtig mal ausgedrückt. Ich bin da jetzt auch kein Chemiker, aber das war so ungefähr das. Und deswegen ist man darauf gekommen, da muss es wohl Bier gegeben haben.

Markus: Spannend! Und hast du auch dich der Frage nähern können, wie die dieses Bier da gemacht haben? Also weil, das sind ja Steingefäße sozusagen und man hatte ja damals noch keine Möglichkeit, das irgendwie mit Feuer untendrunter zu erhitzen oder was wir heutzutage machen. Oder später hat man ja dann Holzgefäße gehabt, auch die kann man ja nicht unten irgendwie heißmachen. Weiß man, wie das lief?

Tobias: Also da hat die Laura, Prof. Dr. Laura, Nachname fällt mir gerade jetzt …

Markus: Der fällt mir jetzt gerade auch nicht ein, aber wer in der BierTalk-Historie guckt, findet das.

Tobias: Aller höchsten Respekt an ihre Forschungsarbeiten. Die hat da Experimente gemacht, das habe ich mir natürlich angehört und sie dazu gefragt. Und dann habe ich selbst auch ein Experiment gemacht, das war mir wichtig. Ich habe auf der ganzen Route nach untern die Zutaten für ein Bier eingesammelt. Das heißt, ich hatte eine Hefe aus Nürnberg von Orca Brau, ich hatte Malz, habe ich in München mitgenommen. Dann hatte ich einen Hopfen aus Slowenien und dann hatte ich noch mal ein Wasser aus der Türkei und noch ein Firik Pilavi aus der Türkei, das ist ein besonderes Malz. Und das habe ich dann am Gaskocher, Camping-Equipment, verarbeitet, mir so eine Art Reibstein gesucht, so Basaltsteine und da drauf gerieben, das Korn und das verarbeitet und mich so ein bisschen dann an das angenähert und konnte da sozusagen so ein Bierexperiment starten. Das hat nicht lange gehalten, das war oxidiert, aber darum ging es ja nicht, ich wollte ja das verstehen, wie entwickelt sich etwas, was man an diesem heiligen Hügel braut, verhält und da durfte ich mich so annähern. Und, ja, also die haben Wildgetreide benutzt zu dieser Zeit damals, Gerste, Emmer, Einkorn. Weizen gab es noch gar nicht, und viele Gräser. Also wenn man jetzt so durch die Gegend läuft, jetzt gerade sind die Grashalme ungemähter Wiesen sehr hoch und da sieht man oben schon diese kleinen Grashalme. Und diese kleinen Körner hat man tatsächlich eingesammelt, die gemahlen und in diese Töpfe reingeworfen und dann mit erhitzten Steinen, so steinbiermäßig, hat man das dann gekocht.

Markus: Genau.

Tobias: Und nach Gefühl, also es wusste ja keiner was, die haben es ja erfunden.

Markus: Ja. Nee, also das, finde ich, war für mich zum Beispiel eine ganz, ganz spannende Erkenntnis, dass die eben, wie du gerade sagst, so steinbiermäßig, also wahrscheinlich das Ursteinbier, was man halt eben, weil man eben nicht drunter irgendwie Feuer machen kann oder so, eben gesagt hat, okay, wir nehmen Steine, erhitzen die irgendwo und werfen dann diese heißen Steine in unser Wassergetreidegemisch. Und können das dann auf diese Art und Weise sogar wirklich ein bisschen steuern, weil ich halt über die Anzahl, wie viele Steine und wie große Steine und so, ist ja ein bisschen try and error, mit der Zeit kann man das, kann man eben tatsächlich auch gewisse Temperaturen erreichen. Und das ist total spannend, also wie Leute zu dieser Zeit solche Techniken dann offensichtlich schon entwickelt haben, auch in dem Maßstab. Also ich denke, das wirst du ja auch vor Ort gesehen haben, wie groß die Dimension war, sowohl von dem Heiligtum an sich, aber ich habe eine Publikation gelesen, dass man da jetzt drum rum einfach auch viele, viele Höhlen und andere Sachen entdeckt hat, wo man einfach sagen muss, das war dafür, dass man eigentlich gedacht hat, das war vielleicht nur so eine Kultstätte, das muss mehr gewesen sein. Also das muss größer gewesen sein, da muss es eine regelmäßige Produktion gegeben haben und dauerhafte Besiedlung und all das vor dieser Zeit. Also da ist bestimmt noch viel Forschung zu tun, super spannend. Also da beneide ich dich total, finde ich cool, dass du da warst und danke dir auch für diese Schilderung, das ist ganz, ganz toll. Und wir das wiederum vergessen, ich glaube, du hast sogar ein Bier mitgebracht, was damit etwas zu tun hat.

Tobias: Das könnten wir mal versuchen, da bin ich auch sehr gespannt, ob das jetzt noch gut ist. Das ist von der Neda Brewery aus Istanbul, die haben eben dieses Freaky-Malz da verwendet. Das ist nicht komplett ausgereiftes Gersten- oder Weizenmalz, so genau … lost in translation, sage ich mal, es müsste Gerste sein. Und das ist nicht komplett ausgereift, denn die Enzyme im Korn gehen zur Neige, also die bauen ja den Zucker auf, aber bauen den Zucker ja auch wieder ab oder die Stärke. Das heißt, sie funktionieren in beide Richtungen. Im Bierbrauen wollen wir es zum Abbauen hernehmen, weil wir dann den Zucker haben wollen. Und die sind aber noch vorhanden im Korn, bevor es ausgereift ist, dann bauen die sich sozusagen selber ab und dann müssen die wieder erweckt werden, so sind sie noch da. Dann wird die Spreu vom Weizen getrennt. So die historische Betrachtung, wie man es mittlerweile macht, weiß ich nicht. Aber da werden die Körner oder das Ganze, der Büschel, den man halt abschneidet, sage ich mal, der wird verbrannt und dann kommt dadurch so eine leichte Röstung rein. Und dann kann man das zum Maisen nehmen, also direkt, weil du ja noch die Enzyme drin hast, und dann fährst du halt deine Rasten ab. Und so funktioniert das, wo wurde mir das zumindest erklärt von den lieben Leuten von der Neda´s Brauerei für Bosphorus Brewing. Die mussten sich leider umbenennen wegen politischen Diskrepanzen.

Markus: Aha.

Tobias: Auch sehr spannend, welche Widrigkeiten Brauen in aller Welt entgegen …

Markus: Finde ich interessant, ja, also vor allem, weil Knithos, also geschrieben Knithos, ja eher in die griechische Richtung tendiert, was in der Türkei ja eigentlich eher so, sage ich mal, vielleicht nicht so beliebt ist, aber anscheinend dann doch, sehr spannend.

Tobias: Die haben ja doch sehr viel gemeinsame Historie.

Markus: Auf jeden Fall, ganz viel, ganz, ganz viel.

Tobias: Ganz viel, ganz viel.

Markus: Also da fließt das kühle Nass, sehr, sehr schön.

Tobias: Schauen wir uns mal an, oder?

Markus: Wunderbar, genau.

Tobias: Ich rieche mal hier schön darein.

Markus: Genau. Es ist ein, ja, würde ich sagen, braun-, bernsteinfarben, dunkles, also rotgold, ach, wie auch immer, also schöne Farbe auf jeden Fall, sagen wir mal so.

Tobias: Rot ist es auf jeden Fall, so braunbiermäßig. Ganz wenig Schaum. Ist noch nicht drüber, vom Geruch her.

Markus: Nee, also man hat durchaus malzige Noten, ein bisschen auch …

Tobias: Ist erst 4 Monate abgelaufen.

Markus: Na dann.

Tobias: Na dann.

Markus: Auf jeden Fall mal Prost!

Tobias: Prost!

Markus: Interessant, hat so einen leicht weinigen Anklang auch, aber im positiven Sinn. Also was Fruchtiges, was Schönes, Honig.

Tobias: Ich habe das schon lange nicht mehr gehabt, das hat sich richtig gut gemacht. Also gekippt ist das Ding nicht, ne?

Markus: Nö. Nö, nö, passt.

Tobias: Passt.

Markus: Also auf jeden Fall deutlich anders natürlich,

Tobias: Ganz anders, ganz anders.

Markus: aber das will es und soll es ja auch sein.

Tobias: Ich habe davon einige jetzt auch über die Zeit, ich habe da ein paar Flaschen dabei gehabt. Ich glaube, die Beschreibung überlasse ich mal dir.

Markus: Ich versuche es mal. Also ich würde sagen, also von der Farbe her, wie gesagt, sind wir ja so bei einem, ja, rotbraun, eher dunklen rotbraun. Der Schaum, wie er noch da war, war er auf jeden Fall auch schön getönt, feine Poren. Und wenn wir da so reinriechen, dann finde ich eben, es hat so einen weinigen, eher so Retsina-mäßigen Anklang, aber ohne jetzt zu sehr in eine Alterungsaromatik zu gehen, sondern das scheint vielleicht von der Hefe auch ein bisschen zu kommen oder insgesamt von den Zutaten. Dahinter haben wir ein bisschen Toffee, ein bisschen so Malz, ein bisschen Röstaromen. Getreide auf jeden Fall ordentlich da. Auch noch ein bisschen was anderes Fruchtiges, vielleicht ein Hauch Banane oder so, also auf jeden Fall auch ziemlich komplex. Und im Mund oder am Gaumen fällt auf jeden Fall schon mal auf, wir haben eine schöne Kohlensäure, es moussiert schön auf der Zunge, ist da auch weich und rund. Es hat auch wieder, es changiert zwischen diesem weinige Retsina eben. Also ich finde es so harzig, auch so eine harzige Bittere ein bisschen im Abgang, davor aber wieder auch sowas wie so ein Malzbonbon, wie so ein Toffee, also sehr schön malzbetont auch. Also wirklich spannende Geschichte und kann ich mir total gut vorstellen, wenn wir jetzt in der Türkei irgendwo am Strand säßen und hätten so einen schönen Grillteller vor uns und, ja.

Tobias: Da würde das super zu passen.

Markus: Ja, da würde es auf jeden Fall, ja.

Tobias: Zu Kebab natürlich, Kebab, ja.

Markus: Hervorragend. Also, ja, danke schön für diesen Einblick, also großartig. Ein echtes türkisches Bier, nachdem Efes jetzt bei Warsteiner gebraut wird.

Tobias: Für mich ist da ein so ein Ding drin, ich kriege das nicht benannt.

Markus: Hast du die auf dem Weg dahin …

Tobias: Genau.

Markus: Die hast du besucht. Vorher oder nachher?

Tobias: Vorher. Das war in Istanbul, da muss man ja, also wenn man mal in die Türkei fährt, dann muss man mal nach Istanbul.

Markus: Unbedingt, ja.

Tobias: Unbedingt zu empfehlen ist auch, dass nicht unbedingt mit dem eigenen Auto zu machen. Also fahrt da lieber Taxi.

Markus: Ich bin einmal in Tunis Auto gefahren, das ist schon lange her, das war in den 90ern, aber das war echt ein Erlebnis. Also weil, jeder freie Quadratmillimeter, der vorhanden war, wurde von den Autos auch genutzt, egal ob Bordstein, ob Marktplatz, was auch immer und man fährt Querbeet. Recht hat der, der am lautesten kundtut, was er will und am deutlichsten und selbstbewusstesten. Und wenn man lernt, da mitzuschwimmen, funktioniert es, aber es ist für einen Mitteleuropäer erst mal ein gewisser Lernprozess.

Tobias: Man muss da schon reinkommen. Also jetzt sind es noch die ganz vielen beinahe suizidalen Lieferrollerfahrer,

Markus: Oh ja!

Tobias: die schneiden einen auch mal ganz schnell. Aber das war auf dem Weg Istanbul. Knidos, durfte ich in der Gaststätte sein und in der Brauerei, habe natürlich beides segnen dürfen. Da habe ich dann auch einen neuen Titel bekommen, denn es wurde jemanden erklärt, was passiert da jetzt eigentlich, ja. Mir wird ja auch vorgeworfen, es wäre ja sehr einfach, das Christentum zu parodieren so. Aber dort habe ich den Titel, es wurde einem älteren Herrn erklärt und wurde da einfach gesagt, ja, ist Bier-Iman, Bierra-Iman. Und, ach ja, klar, macht Sinn, Bierra-Iman, also ich bin der Iman des Bieres. Ist okay für mich, freut mich, und da gab es dann 6auch keine Anfeindungen.

Markus: Ja und da kann man ja auch Grenzen überwinden beziehungsweise verbindend wirken, das ist ja richtig cool. Wobei ich mir vorstellen kann, dass es bei dem ein oder anderen Islam-Anhänger auch noch mal zu Widerständen führen könnte.

Tobias: Da reicht es aber auch schon, dass man einfach Christ ist.

Markus: Das stimmt, ja.

Tobias: Also das ist dann egal, ob man spöttisch dem christlichen Gott gegenüber ist oder nicht.

Markus: Ja.

Tobias: Das durfte ich auch erleben, das reicht, dass man Christ ist. Das ist aber dann, Istanbul ist sehr liberal, progressiv, zukunftsgewandt. In den Regionen um Sanliurfa und Nahe an der syrischen Grenze, da ist der Islam noch mal deutlich stärker ausgelegt, deutlich restriktiver. Da wird dann Alkohol zum Beispiel nur nachts getrunken, weil dann sieht es ja Allah nicht, so.

Markus: Praktisch, oder?

Tobias: Ja, also gerade in der Türkei waren ganz besonders große Unterschiede auch in der Bierkonsumkultur festzustellen. Aber im Wirtshaus in Urfa, haben wir dann eins gesucht mit diesen Archäologen, um mal Kongressnachbesprechung. Das war tatsächlich mit einem Schiebefenster, man musste klopfen, dann wurde geguckt, wer steht vor der Tür und der darf dann auch rein. Also ist nicht wie bei uns, klack, Schwemme, so wirklich jeder erst mal rein, Seidla in die Hand und dann schaut man mal, ob man einen Platz findet. Nee, da wurde schon an der Tür, harte Tür sozusagen, wie am Klub und dann gab es erst Gerstensaft.

Markus: Krass. Ja, das sind tolle Erlebnisse. Ich bin auch mal durch Ägypten getourt, einmal von oben nach unten und einmal von links nach rechts, super spannend, aber eben viele Gegensätze. Tolle Kultur, also das finde ich auch immer wichtig, das zu respektieren und zu akzeptieren. Da lebt man halt anders, deswegen nicht besser oder schlechter, sondern anders.

Tobias: Anders.

Markus: Und solange man damit zufrieden ist, ist das auch gut. Und ich muss sagen, was ich eigentlich auch ganz positiv erlebt habe jetzt mit diesem ganzen Religionsthema, also zumindest im eigenen Islam ist es so, wenn du irgendeiner Religion anhängst, bist du trotzdem eigentlich normalerweise respektiert. Sie sind noch mal anders, wenn jemand gar nicht gläubig ist, weil da kommt so ein Missionsgeist rüber, aber normalerweise akzeptieren sie, wenn man sagt, man hat eben seinen Glauben. Wie das jetzt bei einem Bierglauben ist, weiß ich nicht, da könnte man noch mal, aber das ist ja auch egal.

Tobias: Ich meine, das sind ja alles abrahamitische Religionen so.

Markus: Stimmt, ja.

Tobias: Was mir geholfen hat, war Rüdiger Nieberg hat einen ganz, ganz tollen Spruch dazu gehabt, als er kritisiert wurde oder gefragt wurde, glaubt er denn an Allah und da hat er gesagt: „Ich glaube an den einen Gott und wenn es nur den einen gibt, an welchen anderen soll ich denn glauben.“ Und damit ist dann auch, also ja, also wenn es nur den einen gibt, kann ich ja schlecht an einen anderen glauben. Und das fand ich sehr weise und durfte das für mich mitnehmen und das hat auch geholfen, sage ich mal.

Markus: Stimmt und der offenbart sich halt in verschiedenen Formen und insofern, genau.

Tobias: Insofern, bei mir ist es halt manchmal mehr der Seidla.

Markus: Genau. Und da sind wir jetzt eigentlich wieder zurück, also weil du jetzt auch gerade gesagt hast, du hast auch in der Türkei dann eine Brauerei gesehen. Wie muss man sich das denn vorstellen? Also, sagen wir mal, diese Brauerei hier würde mit dir einen Termin ausmachen und sagen, wir würden gern unser Brauhaus segnen lassen, wie würde das ablaufen?

Tobias: Erst mal schauen wir uns natürlich den Prozess einmal an. Also es muss ja dann der Brauer, Braumeister, jemand, der mit den Anlagen vertraut ist, der hat dann natürlich auch manchmal gewisse Anliegen, was man vielleicht mal mit Segen bedenken sollte. Ist es mal der Läuterbottich, ist es mal das Kühlschiff, ist es mal der, ja, Hopfenkocher, Whirlpool, irgendwas zwickt immer, das hört man sich natürlich zuerst an. Ist ja klar, ich möchte mich da hineindenken. Und dann machen wir einen symbolischen Sud. Ich nehme meinen heiligen Kelch, wie heilig der ist, mittlerweile hat er sehr viel gesegnet, mag was dran sein. Dann wird darin Wasser hineingegeben, dann wird Gerste hineingegeben, dann wird Hopfen hineingegeben und dann haben wir sozusagen schon mal sowas wie gebraut, denn mit frischem Bier die Tanks und Anlagen zu bespritzen, das macht immer einen Brauer ein bisschen traurig, weil er dann viel putzen muss, also nehmen wir einen symbolischen Sud. Wenn die natürlich gerade jetzt in dem Moment brauen, während einer Segnung in der Brauerei, dann nehmen wir den Sud, der da ist.

Markus: Klar.

Tobias: Also aus dem Kessel heraus segnen ist natürlich noch besser, dann muss halt wieder geputzt werden. Also da muss man sich ein bisschen anpassen. Ja und dann werden halt die Gerätschaften meistens der Benutzungsreihenfolge, sage ich mal, entlang gesegnet, auf ihre Funktionen, auf ihren Ausschlag. Gegen Verunreinigungen ein bisschen Weihrauch dazu, das hilft ja auch oft, einfach Bakterien mögen das nicht so gerne, wenn da ein bisschen Weihrauch da ist. Und dann riecht das Ganze wunderbar und dann gibt es da einen Segen aus Wasser, Hopfen und Malz.

Markus: Gibt es da eine bestimmte Formulierung, die du da benutzt, kannst du uns ein Beispiel geben?

Tobias: Das ist eben aufgrund der unterschiedlichen Problematiken, die die Kessel haben. Ich habe da keine komplett festgelegte Formulierung, sondern das ist immer eine Eingebung in dem Moment, aber in jedem Fall, ne, im Maischebottich ist ja der Hopfen nicht so wichtig, sondern da wird ja der Wunsch aus dem Wasser und der Stärke gegeben. Ich könnte jetzt einfach mal symbolisch vielleicht einen Segen sprechen, mal so hier quer durch die Wand, da hinten ist der Braukessel.

Markus: Genau.

Tobias: Und so segnen wir diesen Braukessel im Namen des Hopfens, des Malzes und des reinen Wassers, auf dass das Bier, das darin geboren wird aus dem Wasser, dass zuerst gegeben wird, in dass das Malz eintaucht, ja, entstehen darf. Dass sich das Malz löse, dass es sich aufspalte in die Teile, die wir wollen. Auf dass es dem gibt und uns bereichert in seiner Stärke, die danach in die Kessel weiterfließen soll. Prost!

Markus: Wunderbar.

Tobias: Ganz spontan jetzt so, ich sage mal.

Markus: Das wäre ja ein perfektes Schlusswort, aber wir sind erst mindestens bei der Hälfte, höchstens so. Also spannend, cool. Hat auf jeden Fall auch eine Andacht in sich, wo man merkt, das hat auch durchaus eine sehr ernste Komponente. Ist ja auch, Brauen hat ja viele spannende Teile, wo man auch viel bedenken muss. Braust du selber auch?

Tobias: Sporadisch, sage ich mal, hobbybrauermäßig, sage ich mal, ist das dann eher. Und da bin ich eher so auf dieser experimentellen Seite, da versuche ich dann wirklich ganz, also ich nenne es mal Extremhobbybrauen. Wie gesagt, das Amt für Göbekli Tepe nenne ich jetzt mal als Paradebeispiel, ich bin im Moment dabei, mir so einen Kalksteinkessel zu organisieren, dass ich mir das selberbaue, um da mal in so eine Richtung, ich sage mal, forschen.

Markus: Das ist sehr interessant.

Tobias: Das wäre interessant, spreche ich gerade mit dem Steinbruch, ob ich mal so einen Kalksteinblock kriege und ob ich da ein Loch reinmachen darf und so in der Richtung, das ist eher das. Und wenn ich dann aber Bier mache oder das verkaufbar ist, dann mache ich das mit Brauereien zusammen. Jetzt die letzten Jahre mit Orca Brau zum Beispiel, da sind aber andere Brauereien auch möglich und im Gespräch, immer gerne mit Orca.

Markus: Ja, der Felix ist ja ein Goldstück von einem Menschen.

Tobias: Ah, ganz großartiger Mensch.

Markus: Insofern, also schöne Grüße an dieser Stelle, genau.

Tobias: Ganz liebe Grüße.

Markus: Und apropos, also du hast ja gerade von Weihrauch erzählt und wir haben gerade über das Bierbrauen gesprochen, da gibt es ja ein Beispiel, oder?

Tobias: Da hätten wir jetzt 2 Beispiele da, da darfst jetzt du mal eins aussuchen. Ist es eher der Weihrauch-Bock oder eher der Doppelbock?

Markus: Also ich sage ja selten entweder oder, ich sage ja meistens sowohl als auch.

Tobias: Wenn beides möglich ist, also beides ist möglich.

Markus: Also es kommt auf dich an.

Tobias: Womit fangen wir an?

Markus: Wir haben ja 2 tolle Flaschen da, ich finde allein schon die Gestaltung sensationell. Also einmal die Dreimalzigkeit, ein Weihrauch-Bock und einmal den Trinitator, einen Holi-Doppelbock. Ich denke mal, man würde wahrscheinlich mit dem Weihrauch-Bock anfangen. Erstens wäre es für mich jetzt ein schöner Übergang, von meinem Rauchbier habe ich vielleicht noch ein bisschen Anklang da dran. Außerdem ist das Logo ja wirklich sehr schön mit dieser Dreifaltigkeit in sich auch, wie so eine Blüte gemacht, mit Wasser, Hopfen und Hefe, dazwischen das Getreide, wunderschön gemacht. Also wenn es nach mir ginge, würde ich mit der Dreimalzigkeit anfangen.

Tobias: Dann fangen wir mal mit dem. Wichtig ist, es ist nicht der Eisbock, der heißt auch Dreimalzigkeit.

Markus: Ah, okay.

Tobias: Da durfte ich eine kleine Serie machen, die mit einem Märzen anfängt, untergärige Serie sozusagen, mit Märzen anfängt, dann ein Bock, dann ein Doppelbock und dann gab es noch einen Eisbock.

Markus: Eisbock, hervorragend.

Tobias: So da das ist eine ziemliche Steigerung, sage ich mal, des Ganzen.

Markus: Ja.

Tobias: So, dann nehmen wir mal die Kelche.

Markus: Danke schön. Hervorragend, also wir haben ja da Gläser stehen und dieses wunderbare Bier.

Tobias: Ich mag es mal wieder ein bisschen steiler gießen.

Markus: Hervorragend!

Tobias: Ja, da ist ein bisschen Schaum.

Markus: Wunderbar!

Tobias: Ich sehe schon, da auch beim Eingießen ist eine gewisse Erfahrung bei dir schon da.

Markus: Naja, ich schenke ja schon ein bisschen länger ein als du.

Tobias: Ja, ist hervorragend, auf jeden Fall. Da mache ich noch mal einen kleinen Schaumschuss.

Markus: Ah ja, wunderbar. Also wieder, die Farbe ist sensationell, jetzt sind wir wirklich bei Mahagoni oder so, oder?

Tobias: Da sind wir jetzt hier dunkel.

Markus: Oh, schön! Aber mit Rotstich wieder, also ganz, ganz toll. Also wunderbar, total schön, also mit einem schönen Rotstich dabei, oben der Schaum auch schön dunkelbraun getönt. Wir riechen mal rein. Ah ja, tatsächlich.

Tobias: Ich könnte fast schwören, ich rieche den Weihrauch.

Markus: Ja und so ein bisschen drum rum, ein bisschen Datteln, ein bisschen Feigen.

Tobias: Der ist ja schon alt.

Markus: Hat schon ein bisschen was, genau.

Tobias: Der durfte schon reifen, ne, sowas. Wann haben wir den abgefüllt, 21 haben wir den abgefüllt.

Markus: Gut, 4 Jahre sind völlig okay für so einen Bock. Okay, dann probieren wir ihn jetzt mal und dann musst du uns unbedingt erzählen, was da dahintersteckt. Hat sich wunderbar gehalten, schön. Ein dezenter Weihrauch, der war wahrscheinlich mal stärker am Anfang.

Tobias: Ich finde, er ist jetzt wieder stärker geworden,

Markus: Ah, okay.

Tobias: der ist jetzt wieder stärker geworden.

Markus: Spannend.

Tobias: Aber der kommt auf jeden Fall raus, ne?

Markus: Er kommt raus, auf jeden Fall, ja.

Tobias: Aber der ist stärker als beim Trinitator.

Markus: Da ist auch Weihrauch drin?

Tobias: In allen Bieren von mir ist Weihrauch drin, bis jetzt.

Markus: Okay, mal sehen, perfekt. Ja, schön, auf jeden Fall auch ein wunderbares Bier. Auch wieder was, was sehr weich ist, das finde ich jetzt auch gerade sehr schön, gefällt mir gut. Und man merkt gar nicht so, dass es ein Bock ist, also könnte man jetzt easy …

Tobias: Also dass der 6,2 hat, 6,0, das ist jetzt nicht sofort präsent.

Markus: Ja, schönes gemütliches Bierchen.

Tobias: Also ich finde, man merkt schon, dass der ein bisschen, also man sagt ja immer, so ein ganz süffiger Bock ist es jetzt nicht, weil er einfach noch mal so ein kleines Eckchen Komplexität mitbringt.

Markus: Ja.

Tobias: Aber wenn man jetzt sagt, man hat Durst, dann ist der schon schnell weg.

Markus: Erstens das oder wenn wir jetzt sagen, wir haben so einen Fruchtsalat. Also ich mache immer in der Weihnachtszeit eher, das ist jetzt natürlich gerade die falsche Zeit, aber mache ich immer so einen Obstsalat, wo ich zum Beispiel viele Nüsse rein tue und eben Feigen und Datteln und Rosinen und vielleicht auch ein Schüsschen Rum und was weiß ich was, viele Citrusfrüchte, Ananas und was weiß ich,. Und ein bisschen Schokolade auch, also ganz wichtig für Obstsalat, ein bisschen dunkle Schokolade raspeln, macht jeden Obstsalat geil, also kann man viel machen. Und das zum Beispiel wäre mit diesem Bier der Hammer, also sehr, sehr cool, spannend. Ja, erzähl mal, also wie kommt man überhaupt da drauf und wann kommt dieser Weihrauch ins Bier? Wo hast du den her, wie lief das, was hat der Felix dazu gesagt?

Tobias: Was hat Felix dazu gesagt. Na, ich hatte vorher schon ein Märzen, das ist natürlich jetzt nicht mehr, ein Märzen ist nicht solange lagerfähig. Deswegen freut es mich, dass ich noch ein paar Flaschen von diesem Bock übrig habe und da ist natürlich ein besonderer Anlass, mit dir da mal eine aus dem Keller zu holen.

Markus: Danke schön, ja.

Tobias: Viele gibt es nicht mehr. Aber, ja, da hatten wir diesen Märzen gebraut noch auf der alten Brauanlage bei ihm. Also das spielt auch mit rein, dass es nicht lange haltbar ist, sage ich mal so. Und das war mit der erste Sud, den wir dann auf der Kaspar Schulz, die er jetzt hat, gemacht. Und wir haben uns eben gesagt, ja, wir finden uns gut, wir finden uns sympathisch, wir brauen ein Bier zusammen, einfach collab-mäßig.

Markus: Ganz kurz, hast du die Anlage dort auch gesegnet?

Tobias: Selbstverständlich.

Markus: Logisch, ja.

Tobias: Also die haben auch eine Urkunde in der Brauerei hängen, gesegnete Brauanlage. Die erhält dann auch jeder, dessen Brauerei gesegnet wurde, erhält eine Urkunde mit Wachssiegel, dass man da auch einen Nachweis hat. Also es gibt viele Prämierungen, aber die Bierschoff-Segnung ist eine ganz rare Auszeichnung der Brauerei.

Markus: Und nachhaltig.

Tobias: Und nachhaltig.

Markus: Ja, ja. Okay, ich habe dich unterbrochen.

Tobias: Kein Problem. Ja und dann haben wir uns einfach gesagt, ja, wir machen ein Bier, dann kam eben die Idee auf, Märzen, Bock, Doppelbock. Eisbock so mal in der Zukunft gedacht, jetzt ist da natürlich der Bock dran oder beziehungsweise war dann dran. Dunkel, fränkisch. Damit mussten wir den Felix ja fast schon dazu überreden, mal was eher Klassisches zu machen. Das habe ich geschafft und deswegen ist es ein Bock geworden. Und das war, glaube ich, auch so mit das erste vollreinheitskonforme Bier, dass er dann auf der neuen Anlage gemacht hat.

Markus: Trotz Weihrauch?

Tobias: Nee, Weihrauch, Buchen.

Markus: Ach so, ihr habt so ein Rauchmalz gemacht so?

Tobias: Ich habe das Malz, genau, Rauchmalz benutzt und dieses Malz, das möchte ich jetzt nicht völlig verraten. Das ist ein bisschen mein Geheimnis, ich habe mir da eine Technik entwickelt, die wurde mir eingegeben, sage ich jetzt einfach mal, mit der ich ins Malz schon den Weihrauch reinkriege. Dann wurde natürlich ein bisschen Weihrauch vorgelegt in zum Beispiel den Läuterbottich, haben wir die Weihrauch-Glocke reingestellt, in den Whirlpool und der Rest wird einfach von außen gesegnet, aber da kommt er in den Prozess, über das Weihrauch-Malz. Hier waren es 2 Säcke, 50 Kilo war das Malz, ja, genau. Ist eine ganz schöne Heidenarbeit. Die sind da drin und dann halt die klassische Bockschüttung. Max, ne, du kennst Max von Orca, liebe Grüße, jetzt woanders, liebe Grüße an der Stelle, hat sich da viele Gedanken gemacht oder ist eine sichere Bank, dass wir dann so ein rundes Ding noch mit rausbekommen.

Markus: Hammer!

Tobias: Und dann haben wir halt noch den Hopfen, haben wir natürlich auch noch geweihräuchert. Genau, die Hefe nicht, das macht keinen Sinn, da tut man nicht so gut damit, vorher, danach, aber sie hat sich wohl … Ach, genau und dann habe ich noch für den Sud eine Hefe aus 14-Heiligen geholt, ja.

Markus: Aha, die ist zumindest dem Weihrauch nahe.

Tobias: Die ist dem Weihrauch nah, die kommt aus einer Gose-Brauerei, kann man so sagen.

Markus: Absolut, ja. Und vielleicht, also noch mal ganz kurz gesagt für alle, die das jetzt so en passant mitbekommen haben und das nicht wissen, also Orca ist Orca Brau, eine Brauereien in Nürnberg. Der Felix war auch schon im BierTalk, hat seine Geschichte erzählt. Ist ganz spannend auch, hört euch das ruhig mal, warum das überhaupt Orca heißt und was seine Philosophie ist. Und ich habe ihn noch kennengelernt in seinen ersten Tagen und da war er wirklich wie der Ritter gegen das Reinheitsgebot sozusagen, deswegen eben dieses Thema, ihm zu einem normalen Bier zu überreden, ist gar nicht so einfach. Mittlerweile sieht er das, glaube ich, auch ein bisschen entspannter, es hat auch vielleicht was mit dem Alter zu tun, wer weiß, aber wir hatten auf jeden Fall tolle Gespräche jetzt wieder beim Bierfest in Nürnberg. Und coole Sache, er ist einfach ein ganz, ganz lieber Mensch, allem anderen voran, was ich total schön finde. Und was wir in der Bierwelt, glaube ich, mit den Meisten haben, was sie ja so schön macht eigentlich.

Tobias: Das ist wirklich wunderschön, das darf man ruhig ansprechen, das ist definitiv so.

Markus: Ja. Also und Weihrauch, also das könnte natürlich auch eine ganz neue Marktlücke sein. Also ich hatte ja mal eine lange Diskussion mit Vertretern der Kirche tatsächlich, warum wir denn in dem Gottesdienst nicht auch Bier verwenden können. Also weil, der jüdische Glauben zum Beispiel, die haben in den 1910er-, 20er-Jahren, irgendwann war das, tatsächlich sich die Erlaubnis eingeholt bei ihren Rabbis, dass man hier bei den Zeremonien Bier statt Wein verwenden darf, weil die eben gesagt haben, in der Religion verwenden wir deswegen eigentlich Wein, weil da, wo die Religion herkommt, Wein das edle, besondere Getränk der Regionen war. Und wenn man in einer anderen Region war, wo es ein andere edles, besonderes Getränk gibt, sage ich mal so, also jetzt sehr abstrakt, dann ist es eben auch durchaus erlaubt und völlig in Ordnung, wenn man statt des Weines dann eben dieses andere Getränk nimmt, und damit durften die zum Beispiel bei ihren Zeremonien Bier verwenden. Und das ist ja dem christlichen Pfarrer hier immer noch verboten. Aber vielleicht, wenn man da Weihrauch drin machen kann, könnte es doch was sein, was da einen natürlich schon umstimmt, ne.

Tobias: Da möchte ich kurz einhaken.

Markus: Gerne.

Tobias: Hat mich ein bisschen theologisch jetzt, da müssen wir theologisch jetzt, gehen wir mal ein bisschen in die Tiefe. Du hast gesagt, das ist das wertvolle Getränk der Region, das ist alles aber auf dem Wein ja griechisch geprägt. Du hast gerade gesagt, du warst auch schon in Ägypten.

Markus: Ja.

Tobias: Ägypten, absolut über Jahrtausende hin eine riesige Bierkultur, Wein ist da gar nicht gewesen. Das heißt, alles Ägypten Bier. Zythos heißt das Zeug, ist bis nach Gallien exportiert worden in Amphoren und so weiter. In ganz großen Amphoren möchte man da nämlich sogar sagen, Weinamphoren waren viel kleiner und Olivenöl. So und jetzt erinnern wir uns mal an diesen einen Typen, so in der Mitte von der Bibel taucht der so auf, so Jesus haben die den genannt und den sein erstes Wunder war, Wasser zu Wein verwandelt, sagen sie, sagen sie.

Markus: Sagen sie, ja.

Tobias: Wo war das? IN Kanaan, das Wunder zu Kanaan. Das ist geographisch ziemlich nah an Ägypten, wenn nicht eigentlich in Ägypten.

Markus: Also damals auf jeden Fall Ägypten.

Tobias: Damals auf jeden Fall Ägypten und damit in eine Bierregion. Jetzt wurde das ganze Zeug aber von diesen Griechen aufgeschrieben, die haben das wahrscheinlich nicht so richtig verstanden. Jetzt frage ich da halt man ganz modern, historisch kritisch stelle ich das mal theologisch zur These, vielleicht, wenn das denn so große Behältnisse waren, was sie gehabt haben für Wein, vielleicht sollte auf dieser Hochzeit auch Bier getrunken werden, war ja eine ägyptische Hochzeit und vielleicht war das erste Wunder Jesu gar nicht Wasser zu Wein, sondern Wasser zu Bier.

Markus: Also das könnte ich mir vorstellen, ja, könnte ich mir gut vorstellen. Also es ist tatsächlich so, dass bis heute noch die auch Wasser in Amphoren aufbewahren. Das sind dann so Tonamphoren und die haben oben einfach ein paar Löcher. Und irgendwie ist es anscheinend so, warum weiß ich nicht, aber das, wenn man da Wasser reinfüllt und es irgendwo hinstellt, dass auch wirklich frisch bleibt. Und da ist natürlich naheliegend, weil letzten Endes, die Amphore hat ja deswegen diese Form, dass sie unten so spitz ist, weil man sie halt in einem Land, wo der Boden mehrheitlich aus Sand besteht, sehr einfach irgendwo hinzustellen ist und dann auch stehenbleibt. Und das war der Grund, warum wir dann Fässer gemacht haben, weil das hier halt schlecht funktioniert in der Fränkischen Schweiz eine Amphore irgendwo rein zu rammen. Und insofern, also wer weiß, finde ich eine ganz spannende These, sollten wir mal dem nachgehen.

Tobias: Stelle ich jetzt mal zur Diskussion an.

Markus: Also wenn wir Hörer: innen haben, die jetzt hier in der Sache bewandert sind, gerne mal melden, wäre ja spannend, also dem mal auf den Grund zu gehen, cool. Also auf jeden Fall hier wieder ein sehr, sehr spannendes Bier. Wie weit waren wir denn, ich habe dich, glaube ich, schon wieder unterbrochen, oder?

Tobias: Das weiß ich eben auch nicht so genau.

Markus: Egal, also irgendwann war dieses Bier jedenfalls da. Wie kam es denn an?

Tobias: Ja, sehr gut, das war blitzschnell weg eigentlich. Also es ist ja immer nur 1 Sud, das waren jetzt da, genau, ein kleiner Sud, kein Doppelsud. Was hat der denn, weiß nicht, 400 bis 500 Liter sind das. Das ist sehr schnell weg. Jede Brauerei, den Ausstoß und das Sudhaus habe ich jetzt auch nicht im Kopf, nee.

Markus: Nee, ist auch nicht wirklich wichtig. Also spannend auf jeden Fall.

Tobias: Kam da gut an, genau.

Markus: Jetzt haben wir den Felix auf der einen Seite, der ja ein junger kreativer, obwohl ja mittlerweile auch gar nicht mehr so jung, aber egal, vielleicht jetzt gefühlt eher so, sagen wir mal,

Tobias: Gefühlt auf jeden Fall.

Markus: auf jeden Fall, genau, aus dieser Ecke kommt. Wie ist es denn auf der anderen Seite, also gibt es so ganz traditionelle gestandene Brauer, wie reagieren die denn, also hast du da auch offene Türen? Bist du da auch schon gewesen, in solchen Brauereien?

Tobias: Ja, ich überlege gerade, ob ich ein Beispiel, ein gutes habe. Also im Craft-Bereich ist es, sage ich mal, potenziell noch einfacher, aber ich war zum Beispiel auch schon, was jetzt sehr traditionell ist, ist jetzt Haberstumpf.

Markus: Ja, absolut.

Tobias: Würde ich sagen, Haberstumpf, zwar wieder neu aufgesetzt, aber an sich, das Brauereikonzept ist traditionell,

Markus: Absolut.

Tobias: Kupferkessel, Schleppkette, alles. Läutergrant, den nehmen sie jetzt nicht mehr, die haben jetzt wirklich einen Läuterbottich und machen das.

Markus: Aber ein wunderschönes Sudhaus.

Tobias: Das Sudhaus ist wunderschön, wirklich wunderschön. Auch die Keller, es ist wirklich eine ganz tolle Brauerei, ja, Biergarten auch klasse. Ganz große Empfehlung, es ist wirklich schön da.

Markus: Also falls jemand sucht, in Trebgast ist das, ganz schön, ja.

Tobias: Trebgast im Landkreis Kulmbach, echt schön. Genau, Othmar ist der Braumeister. Da durfte ich auch schon die Brauerei segnen zum Beispiel, so. Genau und da würde ich jetzt sagen, das ist schon traditionell, beinahe historisch, also ist historisch, ist ein historisches Gebäude, Sudhaus, Technik, die angewendet wird.

Markus: Nee, auf jeden Fall. Also da bist du ja auch flexibel und kompatibel, also das vielleicht auch an alle Brauer: innen, die hier zuhören, wenn ihr mal eure Brauerei segnen lassen wollt, in den Shownotes findet ihr die Kontaktdaten beziehungsweise könnt den Bierschoff einfach suchen, dann werdet ihr da auch fündig werden und könnt euch dann die Segnung quasi bestellen sozusagen. Wenn wir mal auf die andere Seite schauen, also das eine waren ja jetzt die, die das Bier machen, wenn wir mal zu denen schauen, die das Bier trinken. Das habe ich ja auch schon öfters erleben dürfen, also ich glaube, das letzte Mal für mich war, glaube ich, in Kulmbach auf dem Bierfest, wo du das auch unterwegs warst und das war schon auch toll zu sehen. Also das ist ja, ich sage es mal aus einer ketzerisch bambergerischen Perspektive, so eine Art Mini-Oktoberfest, wo man halt so ein großes Zelt hat, an allen 4 Ecken gibt es verschiedene …

Tobias: Hol mal Luft, okay, hol mal Luft, ja.

Markus: Ja, ja, ich weiß, ich weiß, ich sage ja, aus einer ketzerisch bambergerischen Perspektive, du kannst gerne gleich auf mich einhauen. Und man hat also diese verschiedene 4 Ecken, dieses Kulmbacher Bierzelt, wo es dann eben die verschiedenen Marken gibt dieser Biere. Und dazwischen wird Musik gespielt mit so vielen Prosits, wie es irgendwie geht, damit die Leute so schnell wie möglich so viel davon trinken, sage ich jetzt mal so ketzerisch, wie gesagt.

Tobias: Ist auch nicht alles falsch da dran.

Markus: Aber das Tolle ist und wir waren da und waren da schon 1, 2, 3 Stunden zugange und dann bist du da aufgetaucht und es war wirklich so, dass da auch eine Awareness da war. Also das heißt, es wurde ruhiger, man hat auf dich auch geachtet, du bist da gekommen in deinem Ornat, bist dann zu den Leuten hin mit deinem Stab und hast da mit den Leuten die Zeremonie durchgeführt. Werden wir jetzt gleich mal ein bisschen besprechen, worum es da geht. Und das war auch wirklich ein Highlight, war eine Show, hat den Leuten echt Spaß gemacht. Und, ja, vielleicht erklärst du uns ein bisschen, was passiert da, vielleicht auch, was passiert vielleicht spirituell auch mit den Menschen, weiß ich nicht und wie läuft das so?

Tobias: Also, genau, also ich glaube, worauf du anspielst, ist die Salbung des Bieres.

Markus: Wenn das so heißt, ja.

Tobias: So nennen wir das so halt. Also wir müssen da ja differenzieren, der Segen, den Segen kann man einfach so geben. Eine Brauung ist natürlich auch ein anderes Segnungskonzept. Dann gibt es noch die Braufe, die erfolgt, wenn man dann ins Bier hinein, vom Massdiener zum Bier jünger, zum Aprostel wird, dann erfolgt in diesem Zwischenschritt die Braufe. Oder auch bei Kindern, darf man natürlich auch einen Segen geben.

Markus: Nur ganz kurz, das heißt, bei dir kann man auch so eine Karriere oder in der Bierrität, wie auch immer man das nennt, kann man eine Karriere durchlaufen mit verschiedenen Leveln, sage ich mal?

Tobias: Ja, somehow hat sich das so entwickelt. Also ich wusste auch nicht, dass es das gibt, aber der Pfad des Bieres hat dazu geführt, dass das jetzt möglich ist, sage ich mal.

Markus: Spannend.

Tobias: Man musste da irgendwann differenzieren.

Markus: Okay, also kommen wir auch gleich noch dazu, was das differenziert.

Tobias: Genau. Aber, jetzt kommt jemand her und sagt, lieber Herr Bierschoff, euer Hochwürden, was auch immer, fühlt euch frei, mich anzusprechen mit, ist alles gut, Bierschoff ist völlig in Ordnung, und ich möchte gern eine Segnung haben. Bei manchen muss man da noch ein bisschen Überzeugungsarbeit leisten, dass das jetzt wirklich ein halber Liter ist. Weil Seidla it is, sagen wir immer wieder, es ist ein Seidla. Wir sind aus Oberfranken und einen Seidla kriegst du und das ist es. Und das ist auch genau die richtige Menge. Ich gebe nicht mehr und ganz selten weniger. Ich kann da natürlich schon Abstufungen machen, ich sage mal, gerade bei Damen im Dirndl ist es manchmal durchaus sinnvoll, nur 0,3 zu geben, sage ich mal, geht einfach physikalisch nicht anders. Aber Seidla it is. Ich mache auch keine zwei nacheinander, ich mache keine Maß. Wenn ich den Menschen nicht kenne und vertraue, dass er es kann, das ist wichtig, es gibt Menschen, die können das, das muss er aber erst mir … Ich versuche damit eben, aus den Stellen heraus verantwortungsvoll umzugehen, weil man kriegt dann einfach einen halben Liter Bier rein und der wird sehr schnell verzehrt. Und das geschieht so, der halbe Liter Bier, der wird mitgebracht. Ich gebe den nicht aus, dann habe ich keine schankrechtlichen Probleme, denn die Schankthematiken sind extern basiert. Also wenn jemand mit einem Bier kommt und der sieht sehr nach 15 aus, dann sage ich schon auch mal nein, aber erst mal hat er ja Bier in der Hand. Dann kommt das in den heiligen Kelch vom Aprostel, der gießt das in diesen Kelch ein. Dann wird es das erste Mal geschenkt, dann kommt es in den Trichter hinein und nach einer kurzen Setzungszeit, dann wird es ein 2. Mal geschenkt.

Markus: Der Trichter ist am Stab dran.

Tobias: Der Trichter ist am Stab dran.

Markus: In ungefähr 2 Meter Höhe so.

Tobias: Ja, genau. Das muss nach oben gereicht werden Richtung Himmel, von dem auch das Wasser und die Sonne kommt und dann darf es Richtung Erde fließen. Der Salbling kniet sich dann nieder, nicht vor mir, sondern vor dem Bier. Das möchte ich klar differenzieren, ich brauche keine Anbetung, das ist nicht mein Game. Und dann segne ich den mit dem Schaum. Und oben aus dem Trichter heraus, das ist eine ähnliche Bewegung, wie es die derwische Litanei übrigens tut, die auch vom Himmel den Segen zur Erde geben. Und dann erhält er den Segen aus Wasser, Hopfen und Malz, passenden Spruch zur Festlichkeit hinzu, das ist immer individuell, und dann wird ein Lied gesungen von allen Umstehenden, mir, dem Aprostel und eben den Gästen. Und der, der den Segen empfängt, der zieht den Hahn auf und in dem Moment verbindet er sich einfach komplett mit seiner gesamten Existenz mit dem Bier. Das sind wenige Sekunden und viel mehr kann man auch oft in der schnelllebigen Zeit gar nicht rausholen, aber es sind sehr intensive Sekunden, die man sich komplett dem widmet, dass jetzt Bier in einen hineingeht, dass man sich damit verbindet, dass man das voll wahrnimmt, dass man jetzt schluckt und atmet und existiert und das Ganze im Bier und darin darf das entstehen. Deswegen schenken wir dreimal, in den Krug, in den Trichter, in den gesegneten, das ist auch wieder diese heilige Zahl. Und der hat dann einfach, ja, dann steht er auf und dann lacht er mich meistens an und sagt, so schlimm war es gar nicht, wie er es sich vorgestellt hat. Dann umarmen wir uns und dann sagt er, boah, das war wirklich sehr gut. Ganz selten, dass es da Ausfälle gibt, ich sage mal, 1 von 100 hat ein Problem damit.

Markus: Also ein richtiges Biererlebnis. Also ich habe damals ein Video gemacht, das werde ich auf jeden Fall auch zur Verfügung stellen zum Podcast, dass die Leute sich das anschauen können. Und wir werden das bei nächster Gelegenheit auch mal mit mir probieren, dann können wir das noch nachliefern.

Tobias: Machen wir auf jeden Fall!

Markus: Das machen wir auf jeden Fall, werde ich meine eigene Erfahrung hier noch schildern und dann vielleicht in einer kleinen Zweitfolge noch dann zum Besten geben. Spannend, freue ich mich schon drauf. Man muss ja auch noch Ziele haben im Leben, das ist ganz wichtig.

Tobias: Man muss Ziele haben im Leben, ja.

Markus: Jetzt hast du gerade Aprostel erst mal gesagt, das ist so die finale Stufe dieser Leiter oder vorerst zumindest, oder eine Figur, die da auch irgendwie dabei ist, also wie kann man sich das vorstellen? Also wenn ich jetzt jemand bin, der jetzt der Salbling war sozusagen, der dieses Bier empfangen hat, wie kann ich denn da weitermachen, wenn ich das will?

Tobias: Also erst mal erkennt man ja meistens, dass man sich dem Bier nähert, weil man Durst hat, so, das ist jetzt erst mal. Erst mal muss man sich selbst fragen, habe ich einen Durst? Wenn du keinen Durst nach dem lebendigen Wasser hast, dann wird es schwer, dir das auch zu geben, das muss man ganz klar sagen. Wenn du das aber suchst, dann darfst du dich an mich wenden, dann darfst du eine Biersalbung empfangen. Dann gebe ich jetzt seit kurzer Zeit, weil es sehr viel Nachfrage gab, Bierjüngerseminare. Da geht es halt eben um die Historie des Bieres, da geht es drum, wie trägt man denn so eine Kutte, so eine Mönchskutte, wie verhält man sich mit diesem Kelch, worauf ist zu achten, wie gehen die Lieder, was singt man da, wie ist der Geist dessen, dass wir transferieren wollen. Das wird erst mal in den Grundlagen transferiert, so weit sind wir gerade. Und wie dann der Weg zum Aprostel sein wird, das findet man raus.

Markus: Das heißt, die Aprostel, die es jetzt gibt, die sind gekommen.

Tobias: Zugelaufen.

Markus: Spannend, also auch sehr interessant. Wenn ich jetzt als Bierjünger sozusagen unterwegs bin oder sein will, also da kann ich mich bei dir melden, kann an so einem Seminar teilnehmen. Und, ja, interessant.

Tobias: Ihr könnt das auch gern mal mitnehmen. Also ich hatte schon Brauer da, ich hatte bis jetzt ein ganz breites Spektrum der Gesellschaft da.

Markus: Und dann habe ich noch ein Ornat, was ich dann da?

Tobias: Man kriegt dann erst mal so eine Mönchskutte. Da haben wir 2 Varianten, Sommer und Winter. Klar, also im Sommer brauchst du keine Wollkutte tragen, das ist ganz grausam. Andersrum natürlich, die Baumwolle im Winter ist auch nicht so schön. Genau und dann darf man irgendwann in die heilige Bierkapelle gehen, die ich da habe.

Markus: Ja, wir haben noch gar nicht drüber gesprochen, wo du eigentlich herkommst und wie es da ausschaut.

Tobias: Ja, Oberfranken haben wir schon gesagt.

Markus: Ja, Oberfranken ist schon klar. Aber wenn du uns da vielleicht noch einen kleinen Einblick geben magst, ich sage mal so, wo trifft man sich da, wie schaut so eine Bierkapelle aus?

Tobias: Ja, da ist Fotoverbot, Erlebnispflicht.

Markus: Sehr gut, finde ich vorbildlich, ja.

Tobias: Du möchtest ja auch nicht unbedingt, so sagt man, hört man, berühmten Bierkeller. Ist vielleicht auch nicht für jeden erlaubt, da ein Foto zu machen, kann ich mir gut vorstellen.

Markus: Ja.

Tobias: Und so ist es in der Bierkapelle auch, das ist ein Ort der Andacht, der Besinnung, der Ruhe und dessen, dass man getrennt ist von der Welt und das findet da statt. Das ist in Oberfranken, ja, im Frankenwald, auch auf der Höhe. Ganz genau möchte ich es nicht verraten, das wird dann preisgegeben, weil es gibt ja auch Leute, die einem nicht nur Gutes wollen.

Markus: Nein, da gab es ja leider schon Beispiele. Gut so, sehr vernünftig.

Tobias: Genau.

Markus: Ja, die Leute können dich ja kontaktieren.

Tobias: Ansonsten wohne ich, das kann ich sagen, ausreichend Abstand dazu, im Mittelpunkt Oberfrankens und da natürlich mitten drin in dieser unfassbar schönen Brauereiregion, die wir Heimat nennen, und das ist natürlich was Schönes.

Markus: Mittelpunkt Oberfrankens, das ist dann zwischen Bayreuth und Kulmbach irgendwo oder?

Tobias: Zwischen Kulmbach und Bamberg, wenn man jetzt die Richtung nimmt, ja.

Markus: So Thurnau-mäßig oder so?

Tobias: So die Richtung, genau.

Markus: Okay, spannend. Ich weiß, ich war schon da, aber mein Gedächtnis ist natürlich da wieder schwach.

Tobias: In Oberfranken steht so eine Eistüte.

Markus: Genau. Aber ich finde es immer ganz gut, wenn man Dinge auch vergisst, weil dann kann man sich freuen, wenn man es wiedererlebt. Das hat auch was für sich, kann es wiederentdecken. Apropos wiederentdecken, wir haben noch ein 3. Bier.

Tobias: Willst du das wirklich noch aufreißen? Ja, dann machen wir das.

Markus: Also je nachdem, aber wenn es da ist, ich sage immer, wenn es da ist.

Tobias: Also nicht geizen am Bock, oder?

Markus: Ja, ja, also das sind ja Erlebnisse, die muss man ja machen. Also der Trinitator, jetzt bin ich natürlich etwas im Zwiespalt sozusagen, weil das Logo auf der Flasche eigentlich etwas ist, was es gar nicht gibt. Also wir sind da praktisch in einer escheresque Zeichnung, wo wir ein Dreieck haben, was in sich verschlingt und damit eigentlich dreidimensional ist, aber wenn man es dann zu Ende denkt, eben unmöglich ist, wie das bei Escher eben so ist.

Tobias: Wie das auch bei der Dreieinigkeit so ist.

Markus: Genau, ja.

Tobias: Wie sind den 3 Personen eins und trotzdem individuell das Eigene. Wie ist denn Wasser etwas, wie ist denn Malz etwas, wie ist denn Hopfen etwas, das dann verbunden etwas ist, das ja einfach viel mehr ist als die Summe ihrer Teile. Also jetzt könnte man Malz essen, kann es versuchen zu trinken, ganz klassisch, aber in der Kombination wird es etwas, was weit drüber hinausgeht über das, was man vorher hineingegeben hat.

Markus: Okay, also das ist jetzt nicht dem vorherigen Konsum geschuldet, den wir schon hatten, sondern das ist so beabsichtigt.

Tobias: Nee, das ist Dreieinigkeits-keltische Knoten.

Markus: Genau, der ist auf dem, was wir gerade hatten, auf der Dreimalzigkeit eben keltisch. Das habe ich vorhin gesucht, genau ein keltisches Symbol, jetzt sind wir eben hier ein Level weiter, ist ja auch logisch beim Doppelbock, klar. Ja, nee, also wie gesagt, ich würde mich total freuen, wenn wir schon da sind, dann probieren wir das.

Tobias: Ja, dann und eine Flasche hast du noch für deinen Bierkeller.

Markus: Auf jeden Fall, die kommt da auch rein und wird aufgehoben.

Tobias: Woah!

Markus: Uih, das ist ein lebendiges Bier.

Tobias: Der hat Sauerei gemacht.

Markus: Na, das machen wir nachher wieder weg

Tobias: Ja, das ist auf meiner Hose.

Markus: Na gut.

Tobias: Nicht das erste Mal, dass sich Bier auf mir befindet. Das schäumt aber, ich hätte es eher andersrum erwartet, muss ich sagen.

Markus: Danke schön. Das ist halt ein sehr lebendiges Bier, ich meine, ist ja auch klar, ist viel drin und dann noch das Symbol vielleicht drum rum, was auch noch mal dafür sorgt, dass hier die Heiligkeit besonders sprießt und sprudelt. So, das machen wir da halt weg. Genau, müssen wir mal schauen, ob uns der Halu nachher steinig oder nicht.

Tobias: Ich glaube nicht. Also ich glaube, der hat schon mal Bier auf dem Tisch gehabt.

Markus: Aber das glaube ich nicht, insofern auch dieser Tisch wird schon Bier erlebet haben, da glaube ich auch dran, genau. Also Farbe tatsächlich ähnlich wie das Letzte, ich finde, es ist sowohl etwas dunkler als auch etwas röter, also in beiden intensiver. Ja, wir haben so eine Holzbetäfelung hier, da sind wir schon sehr nah dran, also sagen wir mal, intensiv Mahagoni, wie auch immer. Und ich habe auch tatsächlich einen wunderschönen Schaum hier drauf. Also ganz, ganz tolles Bier schon mal von der Optik her, pure Lust und Leidenschaft, würde ich sagen.

Tobias: Du hast auch einen wunderschönen Schaum drauf.

Markus: Ja und steht auch wie eine Eins.

Tobias: Auch dieses Degu-Glas, da muss man sehr direkt einschenken.

Markus: Ja, muss man, weil sonst verliert sich das recht schnell.

Tobias: Ja.

Markus: In der Nase sind wir natürlich wieder sehr auf der malzigen Seite, auch der hat schon ein paar Jährchen hinter sich, aber sehr, sehr schön.

Tobias: Aber hier nicht so intensiv.

Markus: Nein, insgesamt nicht so intensiv, also werden wir vielleicht auch gleich vom Geschmack her sehen. Aber wir haben auf jeden Fall wieder so eine Fruchtigkeit, ein bisschen Schokolade, finde ich auch und dann eben wieder so Feigen und Datteln und Toffee und so alles, was da so ein bisschen mitschwingt, ein bisschen Brot vielleicht auch, ein bisschen Cookie, also doch insgesamt auch eine fruchtige Note wieder. Vorhin war es, jetzt mal Sommeliergeschwaffel, eher so kirschig und jetzt sind wir eher so brombeerig, aber das ist völlig egal.

Tobias: Also es ist schon eine Differenz da, muss man ganz klar sagen.

Markus: Ja, auf jeden Fall, ja. Und man hat schon den Rauch, also zumindest, wir wissen es jetzt halt. Ich weiß jetzt nicht, wenn wir es jetzt Lieschen Müller geben, aber, ich glaube, es ist auf jeden Fall irgendwie da.

Tobias: Ein bisschen Rauch ist da.

Markus: Ich meine, das ist ja immer mein Problem, muss ich sagen, weil ich bin ja doch mit Rauchbier so geeicht, dass mein Level, Rauch überhaupt wahrzunehmen, so hoch ist, dass mir es schon ein paarmal passiert ist, dass ich bei Verkostungen oder so gesagt habe, wieso ist das ein Rauchbier, da ist doch gar nichts drin und die anderen sind fast umgefallen. Insofern ist das vielleicht dann auch ein bisschen …

Tobias: Ja, wenn man natürlich lieber zwischen Spezial und Schlenkerla zuhause ist, dann ist das sehr dezent, der Rauch.

Markus: Ist schwierig. Also gut, Prost!

Tobias: Prost!

Markus: Schön. Also ich finde, man merkt sowohl die Verwandtschaft zu dem, was wir eben hatten, zu unserer Dreimalzigkeit als auch diese, sage ich jetzt mal, höhere Spiritualität, also diesen höheren Alkoholgehalt, dieses, ja, flüchtiger ist jetzt der falsche Begriff, aber so ein bisschen geistiger, weingeistiger, könnte man sagen, das ist auf jeden Fall da. Also hat auf jeden Fall viel zu sagen und ist wieder unglaublich rund und ich finde, im Abgang geht es fast ein bisschen in Lakritz, aber in eine ganz leichte, ganz leicht.

Tobias: Das hat er jetzt aber erst gekriegt, das hat er jetzt erst gekriegt.

Markus: Wie so diese Schneckchen von Haribo, ja, interessant.

Tobias: Ach, richtig, letztes Jahr 8,2 hatte, also 8,2, muss ich sagen, hat man auch hier wenig so Trinkwiderstand für den Gehalt. Deswegen haben wir 0,3, haben uns da geteilt jetzt.

Markus: Passt, ja, ja, das kann man schon machen. Und, ja, was wir noch gar nicht besprochen haben, also wir haben ein bisschen drüber gehört, du bist da unterwegs und so, wie das so in den Brauereien läuft und wie das so auf den Festen läuft. Wie reagiert denn dein Umfeld, also was hat denn die Familie gesagt, als du gesagt hast, ich bin jetzt hier der Bierschoff, wie lief das, oder deine Freunde oder so, wie lief das denn so?

Tobias: Naja, ich habe mich ja auf dem Pfad des Bieres begeben und es ist zumindest wahrgenommen worden, dass es jetzt nicht völlig überraschend ist, dass ich diesen Pfad eingeschlagen habe und ich erlebe da durchaus viel Unterstützung. Also viele auch dieser genannten Aprostel sind aus meinem Freundeskreis heraus entstanden, aus dem ich diese Kraft schöpfen darf. Das ist tatsächlich ein wunderbarer Freundeskreis, ganz liebe Grüße an dieser Stelle, an alle Aprostel da draußen. Und wenn man das wird, wird man sich auch mehr oder weniger da drin irgendwie arrangieren müssen, also mit den Menschen, die schon Aprostel sind. Und die haben das eigentlich, ja, meistens positiv aufgefasst, die Familie auch und so. Ich meine, ich war schon immer ein bisschen verrückter, kann man so sagen, aber, ja, gibt schon auch Leute, die sagen, der hat doch einen Vogel. Ist okay.

Markus: Ja, wer hat das nicht, also sage ich mal so.

Tobias: Ach, lieber einen Vogel wie keinen.

Markus: Ja! Da weiß man, was man hat.

Tobias: Da weiß man, was man hat. Der hilft einem auch einfach, immer mal wieder im Leben das Positive zu sehen, so ein Vögelchen.

Markus: Ja, nee, also das finde ich auch, ist wichtig. Also man muss über sich selber lachen können, man muss sich auch mal blamieren können und man muss auch mal einen Blödsinn machen können und auch eben eine lustige Seite und eine spannende Seite und eine verrückte Seite irgendwie an sich entdecken und zulassen und, nee, das finde ich total gut. Und ich finde ja auch, was eben bei dir ist, da ist ja schon auch ein ernster Teil dabei. Also es ist auch Spaß natürlich und das gehört ja auch essenziell dazu, aber es hat eben auch durchaus eine Komponente, wo man sagt, man setzt sich ja auch wirklich damit auseinander und hat auch eine Botschaft und steht auch gewisse Werte und für Sachen ein, das, finde ich, ist auch wichtig.

Tobias: Das ist sehr wichtig, das ist sehr wichtig, dass man da ein Wertekonzept. Wir unterhalten uns in Deutschland relativ viel über Werte, ich finde, wir unterhalten uns manchmal über die falschen, denn wir uns eigentlich … Also, ja, ich mache jetzt hier nichts Politisches auf, den Satz breche ich jetzt mal ab. Aber ich finde, wenn wir uns manchmal auf so einfache Dinge, gehe ich mal den Weg, wenn wir uns manchmal auf so einfache Dinge konzentrieren wie, dass man einfach zusammensitzen kann, dass man gegenüber sein kann, dass man den anderen Menschen anerkennt, der einem, ja, da begegnet, dass man sich in Respekt begegnet. Und es gibt 2 Arten von Respekt, ein Respekt von einer Machtposition. Man hat ja auch Respekt vor einem Tiger, obwohl er nicht mal ein Mensch ist, man hat Respekt vor einem Polizisten. Aber man kann einfach so einen grundsätzlichen Respekt haben, der sich von dem Machtrespekt unterscheidet, dass man Menschen einfach auf Augenhöhe, auf Herzenshöhe, von einer Verbindung, die viel tiefergehend ist, begegnet und sich einfach offen zeigt, und wenn man sich darin begegnet, dann darf man einfach ganz viel Liebe und Güte empfangen und geben. Und wenn wir uns auf diese Werte besinnen, dann glaube ich, dass wir eine schönere, offenere, ja und zurückumarmende Gesellschaft schaffen können oder darin Teil sein dürfen. Und ich glaube, da drin ist viel dessen, was das Bier wirkt, was es macht, dass man einfach, egal wo man hinkommt, man macht dieses Gerstengetränk auf, man versteht sich nicht, man spricht nicht miteinander und doch weiß man, ich sage Prost, du sagst Serefe, ich sage Cheers, du sagst

Markus: Kippis!

Tobias: Was auch immer und wir verstehen uns. Und ob man sich dabei in die Augen guckt oder nicht, das ist gar nicht wichtig. Das sind ganz die kleinen Differenzen, die wir dann doch in dem Konsum haben und da kommt es drauf an, dass man das Gegenüber sieht, dass man sich da drauf einlässt und nicht, ja, Banden aufbaut. Denn, wir haben jetzt die ganze Zeit über diese Dreieinigkeit gesprochen und da kommt jetzt, ich glaube, das wird das Schlusswort, da kommt jetzt ein ganz bisschen die letzte Essenz rein, nämlich das ist das Geheimnis an diesem Ganzen, die Hefe sind nämlich die Menschen, die das Ganze erst lebendig machen. Und wenn wir, wir wie die Hefe wirken im Leben und aus dem Bier heraus, wird das Ganze mehr als die Summe der Teile lebendig und größer als das Ganze, denn da drin ist einfach das, was Leben schafft. Und das ist das Schöne und da stoße ich so gerne mit Menschen drauf an, da begegne ich so gerne Menschen und im Bier dürfen wir uns begegnen, fröhlich sein, das Leben feiern und einfach genießen.

Markus: Darauf Prost!

Tobias: Prost!

Markus: Ja und bessere Schlussworte kann man nicht finden, ich kann es jetzt nur wiederholen, das mache ich aber nicht. Ich sage, ganz, ganz vielen Dank, dass du da warst und dass du uns ein bisschen von deiner Bierrufung erzählt hast und von all dem, was dich eben treibt und bewegt und motiviert und auch, was du erlebst und erlebt hast schon, erleben hast dürfen, das ist Großartig. Und mich auch hast teilhaben lassen, dass ich auch jetzt hier so tolle Biere mit dir trinken konnte, war eine wunderbare Zeit. Ich freue mich, wenn wir dann den Live-Versuch starten.

Tobias: Ja, das mache wir auf jeden Fall.

Markus: Das machen wir auf jeden Fall, und wünsche dir auf jeden Fall bis dahin noch einen schönen weiteren Restsommer. Wir schwitzen dann gemeinsam, in den nächsten Wochen wird es wieder schön warm. Aber es wird auch Kirchweihen geben und es wird Durst geben und es wird Gelegenheiten, genau,

Tobias: Altes Bierfest, Sandkerwa, das Annafest.

Markus: Gelegenheiten geben zu genießen. Annafest steht an.

Tobias: Stimmt.

Markus: Spätestens dann, also dann haben wir schon den nächsten Plan. Und ihr wisst auch, was ihr zu tun habt, schaut einfach mal beim Bierschoff vorbei auf der Website und kontaktiert ihn gerne, er ist für euch da. Das ist ja auch schön, man muss füreinander da sein. Und insofern, euch heute noch einen wunderschönen Tag, dir vielen Dank und auch noch einen wunderschönen Tag. Und jetzt trinke ich dieses Bier aus.

Tobias: Danke, dass ich da sein durfte. Prost!

Markus: Prost!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de.

BierTalk 151 – Interview mit Stefan Penninger, Brenner, Edelbrandsommelier und Teilhaber von Aircohol, aus Waldkirchen

Vom bayrischen Blutwurz bis zur finnischen CO₂-Destillation – in dieser Folge von BierTalk wird es hochprozentig und zukunftsweisend zugleich. Markus spricht mit Stefan Penninger, Destillateurmeister und Geschäftsführer des Traditionsbetriebs Penninger, über die Kunst des Schnapsbrennens, über Gewürzgeister, Essigbrauen, Innovationslust – und ein spektakuläres Forschungsprojekt namens Aircohol, bei dem Alkohol aus CO₂ gewonnen wird. Wir lernen, warum Essig auch „gebraut“ wird, wie man Pflaume mit Tonkabohne kombiniert und wieso man im Bayrischen Wald über Whisky spricht, wenn von Zukunft die Rede ist. Eine Folge voller Tiefe, Dampf und Durchblick…

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BierTalk – Gespräche über und beim Bier.

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute machen wir mal eine Reise nach Niederbayern, also quasi ganz kurz vor Österreich und treffen einen guten Freund und durchaus auch Mitstreiter in Sachen Alkohol von mir, nämlich den lieben Stefan Penninger. Da sagt der Name eigentlich schon, was das Programm ist, aber da werden wir auch gleich ein bisschen drüber sprechen. Und es geht einerseits ein bisschen um Spirituosen, aber um eine ganz andere Geschichte auch noch, die ich im Rahmen der Bierwelt kennengelernt habe, nämlich ein Projekt, wie man quasi aus dem Nichts Alkohol zaubern kann. Also sehr spannend, wir werden sehen. Aber, lieber Stefan, erst mal schön, dass du da bist, schön, dass du die Zeit gefunden hast, und vielleicht stellst du dich unseren Hörern mal ganz kurz selber vor.

Stefan: Ja, hej, servus, danke für die Einladung. Mein Name ist Stefan Penninger, ich bin Destillateurmeister. Ich bin Geschäftsführer eines Familienbetriebs in 5. Generation und wir beschäftigen uns, schon mindestens 4 von diesen Generationen, mit der Spirituose., also quasi mit den hochprozentigen Alkoholika. Und, gut, was gibt es zu mir zu sagen. Ich, wie gesagt, bin bei uns auf dem Hof geboren und aufgewachsen. Wobei Hof jetzt nicht landwirtschaftlich, sondern schon der Hof einer gewerblichen Brennerei ist. Ich habe quasi schon von Kindesbeinen an all das gesehen, was die Herstellung von Spirituosen angeht, wenn Zwetschgen angeliefert werden und eingemaischt werden, wenn eingeschürt wird zum Destillieren. Ich habe schon an Apfelanlagen rumgeschraubt, da konnte ich noch keine großen Fahrräder fahren. Und, genau, ich habe dann in Regensburg, habe ich noch studiert Informationswissenschaften und BWL, damit ich quasi das Kaufmännische, was unseren mittelständischen Familienbetrieb betrifft, halt von der Pike auf lerne. Und habe dann allerdings, als ich in die Firma eingestiegen bin, sozusagen die fachliche Komponente noch nachgelegt. Ich habe die Ausbildung zum Bayrischen Edelbrandsommelier gemacht, ich habe diverse Brenn- und Destillateuraufbaukurse gemacht und habe dann 2017 tatsächlich mit dem Industriemeister, Destillateurmeister, geprüft von der IHK Berlin, abgeschlossen. Die Ausbildung dafür ist übrigens, für die aus der Bierwelt, die kennen es natürlich, die Ausbildung der Destillateurmeister ist auch an der VLB in Berlin angegliedert. Also das Institut für Gärungsgewerbe und Biotechnologie, die den Meisterkurs abhält, ist eine Tochter oder ein Teil der VLB, genau. Und vielleicht das Letzte, was ich noch gemacht habe sozusagen ausbildungstechnisch ist, dass ich 2019 die Ausbildung zum Bayrischen Gewürzsommelier noch gemacht habe an der Genussakademie in Kulmbach.

Markus: Ja, also durchaus ein hochdekorierter Gesprächspartner, den wir hier heute haben, spannend. Und, ich meine, im Rahmen der Edelbrandsommeliergeschichte begegnen wir uns natürlich öfter und sind uns auch schon öfters begegnet und haben auch Projekte schon zusammen gemacht, unter anderem auch ein Spiel. Also das können wir ja in den Shownotes eigentlich verlinken, dann können alle mal gucken. Heißt, glaube ich, Whisky, Gin und Himbeergeist, oder?

Stefan: Ja, genau, genau, sozusagen ein Quiz über Detailfragen zum Thema Alkoholherstellung.

Markus: Ja, also war auf jeden Fall auch ein sehr lustiges Projekt. Vielleicht, nachdem wir tatsächlich vor allem Hörer: innen aus dem Bereich Bier haben, wenn ich jetzt so normalerweise mich in eine Brauerei stelle, dann sehe ich halt irgendwelche Tanks und Kessel und Malz und Zeug, was da so rumsteht. Wenn ich jetzt bei dir in der Brennerei bin, ist da was ähnlich, ist da was anders? Wie ist das bei dir, wie schaut es bei dir so aus?

Stefan: Also es gibt tatsächlich große Gemeinsamkeiten zwischen der Brauerei und der Brennerei, speziell natürlich, wenn wir in die Getreide- und mehligen, stärkehaltigen Stoffe gehen, wenn wir im Korn, Whisky oder so schauen. Also der klassische Single Malt Whisky der wird ja eigentlich hergestellt wie Bier ja auch. Der einzige Unterschied ist dann eigentlich nur noch, dass du beim Bier halt dann noch den Hopfen reinschmeißt und aufkochst, und wir dann die Würze im Endeffekt direkt vergären und dann die vergorene Würze abdestillieren. Aber es gibt natürlich auch verschiedene Arten von Whisky. Man kann zum Beispiel auch viel mit Rohfrucht machen, also ungemälzten Rohstoffen, Mais, Roggen zum Beispiel, und dann kommen wir langsam in Richtung der Korn-Brennerei. Die Korn-Brennerei könnte theoretisch auch mit nur ganz wenig Malz arbeiten, da ist eigentlich fast ausschließlich Rohfrucht, die verwendet wird. Bei der Brennerei gibt es aber natürlich auch noch andere Rohstoffe neben der stärkehaltigen Gerste beispielsweise, sondern wir haben in Deutschland ganz, ganz traditionell, haben wir die Obstbrände. Da kriegen wir quasi die Obstsorten, kriegen wir direkt vom Landwirt. Und da brauchst du zum Beispiel natürlich nicht mehr irgendwie verzuckern und Stärke umwandeln und irgendwie mit Melassen arbeiten, sondern da kannst du direkt die Frucht, so wie sie kommt vom Feld, die wird im Endeffekt dann nur kleingemacht. Also wir brauchen einen physikalischen Aufschluss, damit wir auf diesen Saft, der in der Frucht drin ist, rankommen und dann können wir da direkt eigentlich schon mit der Hefe drauf gehen. Und das wird natürlich vergoren in Gärtanks, wie sie in der Brauerei auch sozusagen sind. Und die Unterschiede sind dann eigentlich in den Details, da haben wir unterschiedliche Hefen, unterschiedliche Anstelltemperaturen, unterschiedliche Gärdauern und so weiter und so fort. Also da sind wir wirklich, eben die alkoholische Gärung, wenn wir es mal so nach der Feuerzangenbowle sagen wollen, ist im Endeffekt natürlich immer dieselbe. Und, genau, dann gibt es noch so Sachen, die uns von der Brauerei unterscheiden beziehungsweise die deutlich anders sind. Da wären wir zum Beispiel bei der Likörbereitung. Da ist zu 98 %, sage ich mal, das Ausmischen von verschiedenen Fruchtsäften, von Kräuteransätzen und so weiter, mit Zucker und mit hochprozentigen landwirtschaftlich erzeugten Neutralalkohol. Also es gibt viele Lebensmittel, Spirituosen müssen immer aus Lebensmitteln hergestellt werden, und es gibt viele Lebensmittel, die wir sozusagen verarbeiten können, verarbeiten dürfen zu Spirituosen, die aber beispielsweise keine Stärke oder nicht ausreichend Zucker haben. Da ist vielleicht das prominenteste Beispiel der Gin, war ja ein riesen Ding in den letzten 10, 12 Jahren. Und bei Gin ist es halt so, du kannst Wacholder natürlich auch vergären, also alkoholisch mit Hefe und so weiter und so fort, aber das ist halt von der Ausbeute her sehr, sehr gering. Und deswegen macht man das üblicherweise so, dass wir landwirtschaftlich erzeugten Neutralalkohol, also der hat 96 vol.% und der ist von der landwirtschaftlichen Großbrennerei schon so hergestellt, dass er eigentlich geschmacklich und geruchlich ziemlich neutral ist. Und dann nehmen wir quasi diese Rohstoffe, seien es jetzt Gewürze, Wurzeln, Beeren, allerlei Dinge, die kann man dann in diesen landwirtschaftlich erzeugten Neutralalkohol einlegen. Der öffnet dann die Zellstrukturen, der löst die ätherischen Öle und so weiter, die in den Rohstoffen gebunden sind. Und das Ganze können wir dann entweder abseihen oder, wenn es noch feiner werden soll, kann man das auch abdestillieren und dann haben wir quasi diesen neutralen Alkohol veredelt und zur entsprechenden Spirituose gemacht. Man nennt das die Vergeistung und ist halt die Basis zum Beispiel für Gin oder Himbeergeist oder ähnliche Produkte.

Markus: Ja, also auch eine riesen Welt letzten Endes, die mit ganz vielen Parametern ausgestattet ist.

Stefan: Allerdings.

Markus: Da geht es ja dann auch um, was weiß, um Temperaturen, um Lagerung, um Holz vielleicht sogar auch oder andere Zutaten. Gibt es denn bei dir überhaupt Hopfen dann irgendwo in deinem Betrieb?

Stefan: Tatsächlich bei mir nicht, also nur dekorationshalber an der Außenfassade, aber wir, also Penninger verwendet Hopfen nicht in den Produkten, es wäre theoretisch aber möglich. Also Hopfen ist natürlich eine aromatische Pflanze, die, je nachdem, ob Aroma- oder Bitterhopfen von der einen oder anderen Seite kommt und man kann Hopfen durchaus verarbeiten. Man kann einen Hopfengeist machen, man könnte einen Hopfen-Gin machen. Natürlich gibt es das Thema Bier-Brand, also da hat man ja natürlich den Hopfen im Bier drin, dass man abdestilliert. Aber man muss ganz ehrlich sagen, Bier-Brand, wenn du vergleichst mit dem, was eigentlich viel, viel relevanter ist, nämlich dem Whisky, ist der Bier-Brand halt eine Nische in der Nische in der Nische und Whisky ist halt ein riesen großer See, auf dem international ganz, ganz viele rumschwimmen.

Markus: Allerdings, ja. Wobei ich sagen muss, wenn jemand so deinen Namen hört, könnte ich mir vorstellen, dass da im Hinterkopf so eine Melodie anfängt und dass man dann an Blutwurz denkt. Und vielen Leuten ist vielleicht gar nicht bewusst, was das überhaupt ist. Vielleicht magst du uns da noch mal ganz kurz einführen, worum handelt es sich da, was ist das, dieses sehr mystische niederbayrische Getränk?

Stefan: Also ich habe jetzt, ist vielleicht rausgekommen, ich habe jetzt sofort angefangen zu dozieren über meine Leidenschaft, eben das Schnapsbrennen und das Herstellen von Spirituosen, aber unser ureigenes Produkt ist natürlich der Penninger Blutwurz. Das ist ein Kräuterlikör mit 50 % Alkohol, also ein sehr hochprozentiger Likör. Und da merkt man schon, Likör hat nichts mit der Grädigkeit, also mit dem Alkoholgehalt zu tun, sondern ein Likör ist eine Spirituose, wenn sie mindestens 100 Gramm Zucker pro Liter Fertigprodukt hat. Und, wie gesagt, wir haben mit dem Blutwurz einen Kräuterlikör. Das bedeutet, wir nehmen eine Mischung aus natürlich hauptsächlich der namensgebenden Blutwurzwurzel, aber auch mit verschiedenen anderen Kräutern, Gewürzen und anderen Wurzeln. Und wir setzen das eben, wie gesagt, an in landwirtschaftlich erzeugten Neutralalkohol und mit Wasser und wir machen da quasi einen Kräuterauszug. Das ist so, wenn man es nimmt, erst mal sehr, sehr hocharomatisch und aber auch sehr, sehr bitter. Und um das Ganze halt einfach ein bisschen gaumenschmeichlerischer und so weiter zu machen, vermischen wir das eben mit der entsprechenden Menge Zucker und stellen das dann eben auf 50 % Alkohol ein. Und ist eigentlich klassisch als Digestiv getrunken, also nach schwerem Essen, aber heutzutage ist natürlich auch das Thema Mixing und sozusagen der bayrische Longdrink. Da haben wir eben ein Rezept für den sogenannten Franz Joseph und das ist eben eine Mischung aus dem Blutwurz als Longdrink mit Waldberry-Bitter-Limonade.

Markus: Und der brennt sogar, oder? Also, ich glaube, ich habe ihn sogar in brennender Form schon genossen.

Stefan: Ja, genau, das ist sozusagen der Gag am Blutwurz, dass der halt so viel Alkohol hat, dass er halt im Glas schon brennt. Wir haben da so kleine Steinzeugpfännchen, wo man den reingeben kann und anzünden kann und da sozusagen kann man den noch flambieren. Das ist einerseits natürlich ein netter Partygag, also du kannst den anzünden und siehst halt so ein bisschen die Flamme. Ab ungefähr 50 % Alkohol, ist ein bisschen temperaturabhängig, funktioniert das. Und was ich extrem geil an dieser Verzehrform finde ist einfach, wenn du das flambierst, dann hast du quasi in diesem kleinen Steinpfännchen die Oberfläche von dem Blutwurz, die mit der Flamme sehr, sehr nah in Verbindung steht, die wird halt sehr, sehr warm und der Rest von dem drunter liegenden Likör, der ist halt wesentlich kühler. Und wenn du das halt quasi dann trinkst, also bitte nur kurz flambieren, nicht da irgendwie 3 Minuten brennen lassen und dann die Schnuppe verbrühen, also wenn man das dann sozusagen trinkt, dann vermischt sich diese warme Oberflächenschicht im Mund mit dem kühleren Rest vom Likör, und das ist halt wirklich so eine brutale Aromenexplosion, die dann quasi stattfindet. Und, wie gesagt, das ist die ganz klassische Verzehrform, also der Blutwurz im Pfännchen flambieren, so kennt man es eigentlich aus der bayrischen Wirtschaft, aus den Wirtshäusern.

Markus: Absolut, ja. Kannst du dich noch erinnern, wann du deinen ersten Blutwurz getrunken hast?

Stefan: Also ganz genau kann ich es natürlich nicht sagen, aber ich weiß, dass ich bei der Entwicklung des Blutwurzes, das muss um irgendwann 1989, 1990, also da war ich noch nicht volljährig, da durfte ich aber schon also dran riechen. Und ich glaube mich dran zu erinnern, dass ich mir gedacht habe, ja, was soll denn das? Also ich meine, das ist halt einfach kein Geschmack für junge Menschen. Aber als ich den dann weit später natürlich erstmals so probiert habe, habe ich mir halt schon gedacht, okay, 50 % Alkohol, da ist was geboten. Und so richtig, das muss man schon sagen, so hochprozentig und hocharomatisch, vor allem, wenn es ins Bittermäßige geht oder so, das sind halt einfach Produkte, die sind nicht irgendwie für den jungen Erwachsenen, nicht für die Zielgruppe 18 bis 25, sondern sowas trinkt man üblicherweise schon ein bisschen später in seinem Leben.

Markus: Wie ist das denn überhaupt, also offensichtlich bist du ja dann wesentlich älter als der Blutwurz. Wie ist das denn so, ja, wenn man so in einer Brennerei aufwächst, also kannst du dich erinnern so, was weiß ich, mit 3, bevor du in den Kindergarten bist, hast du noch mal in der Brennblase vorbeigeschaut oder wie läuft das so, wie kommt man so rein in dieses Thema?

Stefan: Also vielleicht, weil zum heutigen Aufnahmedatum im Sommer, es ist extrem heiß in meinem Büro und wenn ich dann zurückdenke, was ich als Kind in der Brennerei erlebt habe, erinnere ich mich als Erstes daran, dass wir ein großes 1.000-Liter-Holzfass hatten, das war damals schon lange nicht mehr in Verwendung. Und im Sommer haben wir das vollgemacht und haben da quasi die Eis-Parkett-Challenge, nee, nicht Eis-Parkett-Challenge, aber halt dieses Eisfassbaden, das haben wir natürlich ohne Eis, aber wir haben quasi als Kinder schon in den alten Fässern gebadet, wenn es zu heiß war im Sommer. Aber im Prinzip ist es so, und das geht mir so, wie es vielleicht vielen Leuten geht, wenn sie an ihre Eltern denken, an Vater und Mutter, mich hat das erst mal im Prinzip überhaupt nicht interessiert, das war das Langweiligste, was du dir nur vorstellen kannst. Das war völlig normal für mich, in einem Industriebetrieb aufzuwachsen, wo halt Abfüllanlagen drinstehen, wo Tanks drinstehen, wo eine Brennblase ist und so weiter und natürlich haben da Leute gearbeitet und haben Sachen getan. Und was habe ich gemacht, ich habe mein ferngesteuertes Auto fahren lassen oder ich bin Rollschuh gefahren oder so, das waren natürlich die Dinge, die mich interessiert haben. Das ist tatsächlich erst sehr viel später passiert, dass ich dann sozusagen mich mal wirklich drauf besinnt habe, was ist das da eigentlich, wo ich hier aufgewachsen bin und was habe ich hier eigentlich und was ist eigentlich das für eine besondere Sache. Und das ist sehr, sehr witzig, weil, jetzt geht es mir halt mit meinen Kindern so ähnlich, die sind auch hier oft bei uns auf dem Hof und fahren halt irgendwie mit den Rollschuhen umeinander oder fahren mit dem Radel irgendwie durch das Fertigwarenlager und so weiter. Und dann denke ich mir so, ja, die spielen hier vollkommen unbekümmert, weil es für sie das Normalste von der Welt ist, aber eigentlich ist es ja eine total freakige Sache. Also, ich meine, wie viele Leute haben überhaupt schon eine Brennerei und wie viel weniger haben eigentlich nur noch eine Brennerei dieser Größe. Also das ist schon alles irgendwie ein bisschen, also wenn man jetzt mal geistig einen Schritt zurückgeht, ist die Situation, in der ich mich befinde, schon ein bisschen sehr außergewöhnlich.

Markus: Absolut, aber auch sehr spannend, also da möchte ich auf jeden Fall später auch noch ein bisschen drauf eingehen. Ich wollte vorher noch mal so einen kleinen Sprung machen, weil es ja tatsächlich einen ganz konkreten Anlass gibt, wo ich gedacht habe, da müssen wir jetzt unbedingt auch den BierTalk machen und das hat in der Tat auch etwas mit dem Bier zu tun. Denn ich war in Finnland beim Bierwettbewerb und wir waren da mal wieder dann im Land unterwegs und haben bei einer kleinen Brauerei vorbeigeschaut in Fiskars. Das ist, ja, im Grunde so ein kleiner Ort, der sehr historisch ist, wo es ganz viele alte Gebäude gibt, wo es im Grunde auch viel Freizeitmöglichkeiten gibt. Das heißt, das ist so ein Naherholungsausflugsort für ganz viele Leute auch aus Helsinki zum Beispiel. Und da steht eben auch eine Brauerei und Brennerei und die haben also sowieso ein sehr spannendes Equipment, ich war da auch vor Jahren schon mal, da waren die noch eher am Anfang und jetzt haben sie eben alles mächtig ausgebaut. Und ich habe da dann ein kleines Gerät, so klein war es gar nicht, aber jedenfalls so ein Teil dieser Anlage entdeckt, da stand schon mal ein Wort drauf, was ich interessant fand, nämlich Aircohol. Und dann hat der Führer uns erklärt, dass sie praktisch aus der Umgebungsluft oder überhaupt aus dem Nichts sozusagen Alkohol erzeugen können, indem sie CO₂ umwandeln und dass das ein ganz neuer Prozess ist und was ganz Spannendes, und dann sind wir da zufällig ins Gespräch gekommen, sehr witzig. Und du hast erzählt, dass du mit diesem Projekt schon von Anfang an so ein bisschen betraut bist und da auch engagiert bist. Und da habe ich mir gedacht, das wäre doch total interessant, wenn man das den Leuten mal nahebringt, weil das natürlich auch für die Brauerei zum Beispiel ein ganz spannendes Thema ist, also einerseits wegen des Themas CO₂-Fußabdruck. Also weil halt einfach in der klassischen Brauerei, wo ich jetzt keine Rückgewinnungsanlage habe, ganz viel CO₂ entsteht, was einfach in die Atmosphäre entweicht und auf der anderen Seite, wenn ich natürlich Alkohol gewinnen kann als Basis für alle möglichen Dinge, habe ich natürlich noch mal eine schöne Sache, wie ich zum Beispiel, sagen wir mal, Spirituosen oder einen Bier-Brand oder was auch immer herstellen kann eben mit diesem zusätzlich erzeugten Alkohol. Und, ja, ich glaube, ich habe es eh nur bedingt gut erklärt, also vielleicht kannst du noch mal zwei, drei Worte also einerseits dazu sagen, wie du da überhaupt dazu gekommen bist und andererseits vielleicht noch ein bisschen auch erklären, wie der Prozess ist. Wobei, so tief musst du da auch gar nicht einsteigen, da können wir noch drüber reden, aber auf jeden Fall spannende Geschichte.

Stefan: Sehr, das hat mich auch extrem gefangen, und vielleicht erkläre ich es tatsächlich, wie ich dazu gekommen. Weil die Firma Aircohol , die sich damals in Begründung befand und halt auch eine extrem forschungsintensive Firma war, ist ein kleines Startup, muss man sagen, da hat sich natürlich auch im Laufe der letzten 5 Jahre einiges entwickelt und das, was man jetzt sieht, ist quasi halt der Status, in den es sich entwickelt hat. Aber wir sind sozusagen, wie wir gestartet sind oder so, das ist vielleicht am schönsten, wenn ich es einfach erkläre, wie ich da dazu gekommen bin. Also Aircohol wurde, glaube ich, die Idee so im Jahr 2019, muss das gewesen sein, der (Simo Hämeleinen?) #00:18:49-8# hatte die Idee, mit seinem Kumpel Mati, Simo war vorher in der Software-Branche, der hat in Helsinki für Rovio das Lizenzgeschäft gemacht. Also ihr kennt vielleicht alle irgendwie Birds oder so, das ist diese Firma und da war er halt ein relativ hoher Manager und ist halt dann irgendwann ausgestiegen. Und er hat einen Kumpel gehabt, der ist, glaube ich, Ingenieur und waren halt irgendwie, keine Ahnung, sind sie auf die Idee gekommen, hej, das große neue Thema ist für uns alle natürlich das Thema mit dem CO₂-Capturing und so weiter und so fort, Klimawandel, Bla, Blubb, und da sind sie eben auf die Idee gekommen, okay, gibt es irgendwie eine Möglichkeit, wie wir CO₂ nehmen können und dieses CO₂ eben in Alkohol umwandeln und diesen Alkohol dann idealerweise vielleicht sogar noch irgendwie als Trinkalkohol, als Spirituose oder so dann wieder in den Kreislauf reinzubringen. Er hat dann angefangen, die ersten Experten sozusagen dazu zu befragen. Und weil er in Helsinki war, in Helsinki gibt es eine Brennerei, die ist mittlerweile auch von einer großen finnischen Brauereien aufgekauft worden, war damals noch unabhängig. Und ich habe lustigerweise in Finnland studiert, ich habe 2 Rasmus-Semester in Helsinki gemacht und ich besuche quasi, ich habe da noch Kumpels und ich fahre da alle paar Jahre, fahren wir wieder nach Finnland für eine Woche, um die zu treffen und so weiter und so fort. Und dann habe ich halt gesehen, nachdem ich mal ein paar Jahre nicht dort war, habe ich halt gesehen, hej, da gibt es ja jetzt eine Brennerei in Helsinki. Übrigens, Finnland oder allgemein Skandinavien und harter Alkohol und so weiter, das ist bei denen natürlich ein sehr, sehr schwieriges Thema, mit staatlichem Alkoholmonopol und so weiter und so fort. Also es war jetzt nicht trivial, in Finnland eine Brennerei zu eröffnen für sozusagen, das waren ja auch 3 Privatiers, die das gemacht haben und nicht irgendwie ein Konzern, der halt irgendwie bestens vernetzt wäre oder so. Egal, ich war halt dann dort und ich habe mir die Brennerei angeschaut und so weiter. Wir haben dann tatsächlich eine kleine Kooperation mit denen gemacht, ich habe meinen Destillateursazubi hingeschickt zu denen, um dort das Whisky-Brennen bei denen ein bisschen zu lernen. Das war dann so, dass er natürlich über Whisky ein bisschen was aufgeschnappt hat dort, aber das war dann so, dass ein deutscher Destilateursazubi im 2 Lehrjahr vor allem zum Thema Ausmischen, Abfüllen und so weiter und so fort, denen noch einiges hat beibringen können. Al es war ein sehr, sehr fruchtbarer Austausch für beide Seiten. Und, nun ja, ich war dort, sie kannten mich und jetzt kam dieser Simo, ist eben in diese Brennerei gegangen und hat mit dem damals dort Verantwortlichen gesagt, hej, ich kenne mich da gar nicht so aus, aber da gibt es diesen Typen in Deutschland und von dem weiß er, der kennt sich aus. Und dann hat er mich quasi angeschrieben, hej, Stefan, wie schaut es auch, da gäbe es jemanden, der hat eine total freakige Idee, irgendwie aus CO₂ Alkohol zu machen, magst du mit dem mal reden? Und ich meine, ich bin ja ein alter Öko-Hippie und so weiter und so fort, Klima, Energie und so weiter, das ist mir alles sehr, sehr wichtig. und natürlich, wenn es mit Helsinki zu tun hat, dann bin ich sofort Feuer und Flamme. Und dann habe ich eben, das war lustigerweise, da war ich 2020, das muss dann im Juni sowas gewesen sein, nee, im August, da war ich eben in Berlin an der VLB und habe die neuen Destillateur-angehenden-Meister, da bin ich an der Schule quasi Dozent, war eben in Berlin und hatte nachmittags halt wenig zu tun, viel Zeit und dann habe ich halt mit Simo telefoniert. Und der hat mich halt ein bisschen in das Projekt eingewiesen und, wie gesagt, war dann auch gleich Feuer und Flamme und war ab dem Zeitpunkt eigentlich involviert. Damals war noch gar nicht klar, wie das jetzt irgendwie mit diesen Bioreaktoren und wie da irgendwie dann noch irgendwie Biomasse erzeugt werden soll, es war alles noch sehr, sehr hemdärmelig, aber es kam dann irgendwie 2020/2021 eben zur offiziellen Firmengründung. Und ich habe mit 2, 3 anderen Personen, die sozusagen nur beratend tätig waren, habe ich einen ganz, ganz kleinen Firmenanteil quasi dafür gekriegt dafür, dass ich halt mein Wissen und meine Expertise und so weiter eingebe. Ist übrigens ein lustiger Begriff für diese Art von Beteiligung, das nennt sich Swat for Equity, also quasi Schweiß für Eigenkapital. Wie gesagt, nicht mal 1 % des Anteils habe ich dafür gekriegt, mich sozusagen ein bisschen zu engagieren. Und ich habe in erster Linie geholfen, so einen Überblick zu kriegen, okay, wie sind Ausbeuten von welchen Rohstoffen und wie ist der Vertrieb und wie viel Vodka wird getrunken, wie viel Gin wird getrunken und so weiter und so fort. Genau und ab diesem Zeitpunkt war ich quasi in der Firma Aircohol investiert. Die Aircohol-Firma hat jetzt, glaube ich, aktuell 7 oder 8 Mitarbeiter, das sind 2 Biotechnologen oder Biochemiker, der eine von der Universität aus Portugal und die andere, die Elina ist von Helsinki University, dort hat sie auch so ein Biertechnologie-Department geleitet, sind eben zu Aircohol gekommen. Und das Ziel ist quasi, aus CO₂, aus der Luft eben Alkohol und in dem Fall sogar halt trinkbaren Lebensmittelalkohol zu erzeugen. Und jetzt ist es so, wie kann sowas funktionieren? Sowas könnte man zum Beispiel auf physikalisch-chemischen Wege machen, aber dann wäre es ein technischer Alkohol, wäre es halt kein Lebensmittel. Und die Mädels und Jungs von Aircohol nehmen quasi das CO₂ aus der Luft, und da ist auch im Laufe der Zeit, hat sich dann sozusagen herauskristallisiert, am schlauesten ist es halt, dieses CO₂ gleich dort aufzufangen, wo es hochkonzentriert anfällt. Und da sind wir halt zum Beispiel bei großen Brauereien oder bei großen Brennereien auch. Die Vodka-Brennereien in Finnland, in Skandinavien und natürlich in Osteuropa sind natürlich auch super interessiert. Die sammeln dieses CO₂ sowieso, das kommt quasi schon in einem relativ hohen Reinheitsgrad, irgendwie 90 %, kommt das bei denen schon direkt einfach aus den Gärtanks raus. Da kann man das CO₂, das normalerweise entweder direkt in die Atmosphäre geht, was blöd ist, oder halt aufgefangen wird und dann wieder gewaschen und dann irgendwie zum karbonisieren von Getränken oder so hergenommen wird, aber im Endeffekt, am Ende des Tages landet es irgendwo in der Atmosphäre. Und wenn man dieses CO₂ nimmt, dann muss man zum Beispiel auch nicht das CO₂, das schon in der Atmosphäre ist, irgendwie mit großen, teuren und energieintensiven Carbon-Capturing-Mechanismen oder so herhalten. Also wir haben quasi einen Rohstoff, der für einen anderen Prozess ein Abfall ist und wir nehmen jetzt einen pflanzenbasierten Rohstoff oder, wie soll man sagen, ein pflanzenbasierter Katalysator, der quasi aus diesem CO₂ in diesem Bioreaktor wiedervergärbaren Zucker erzeugt. Und das ist halt quasi der Gag, weil, wenn ich diesen vergärbaren Zucker dann wieder drin habe, dann kann ich jetzt da die Hefe wieder drauf loslassen, die das dann wieder verstoffwechselt, die da wieder Alkohol draus macht. Und diesen Alkohol, den kann ich dann ganz klassisch zum Beispiel eben eine Rektifikationskolone, also über Destillation wieder aufkonzentrieren und kann den zum Beispiel als Basis verwenden für eben klimanegativen Vodka, Gin oder sonstige Dinge. Also das ist jetzt mal so ganz grob zusammengefasst, weil, wie gesagt, die Biophysik und Biochemie, die da drin ist, die durchsteige ich auch nur bis zu einem gewissen Teil. Aber wir haben quasi eine kleine Firma, ein Startup, das zu den großen Konzernen hingeht und den großen Konzernen sagt, hej, Folgendes, wir nehmen das CO₂, dass bei deiner Brauerei, bei deiner Brennerei, bei deiner Vodka-Herstellung anfällt und wir erzeugen daraus wieder Alkohol. Und dieser ganze Prozess ist sogar so extrem CO₂-erfordernd, dass diese ganze Operation eben klimanegativ sogar ist. Also am Ende haben wir Alkohol und haben sogar mehr CO₂ der Atmosphäre entnommen, als am Schluss im kompletten Prozess sozusagen von uns eigentlich dann wieder anfällt.

Markus: Obwohl da noch mal eine Gärung stattfindet?

Stefan: Genau, obwohl noch mal eine Gärung stattfindet. Also das ist wirklich durch sozusagen, bei diesem Bioprozess, der abläuft, wird halt so viel CO₂ gebunden und notwendig, dass das Gärungs-CO₂, das nachher kommt, kompensiert wird, das sogar das CO₂ von sozusagen theoretisch sogar, wenn du den Strom nicht regenerativ erzeugst, sondern im ganz normalen Strommix und so weiter, braucht ja eine entsprechende Menge CO₂ und so weiter und so fort, also der komplette Prozess ist bis am Schluss in der Flasche, in der Flasche jetzt dann natürlich nur noch leicht, aber ist klimanegativ.

Markus: Ist ja faszinierend. Ich versuche, es noch mal kurz in meine Worte zu fassen, das heißt also, ich habe irgendwo die aufgefangene Kohlensäure, also das CO₂, was in der Brauerei oder Brennerei nach der Gärung irgendwo aufgefangen worden ist. Dann habe ich, sage ich jetzt mal einfach gesagt, so eine Art Tank, da gebe ich dieses CO₂ rein, dann habe ich da irgendwelche Organismen, die sich über das CO₂ freuen und das fressen und die produzieren dann quasi Zucker am Endes des Tages.

Stefan: Genau.

Markus: Und leben weiter oder sterben die dann oder wie ist das bei denen?

Stefan: Am Ende des Tages, also am Ende des Prozesses, glaube ich, sterben die dann ab. Aber da muss ich tatsächlich sagen, soweit bin ich dann jetzt nicht mehr drin, aber ich glaube, die sterben ab, damit man an den Zucker rankommt.

Markus: Na, ist ja kein Problem, also dann sterben die ab und dann habe ich praktisch diesen Zucker. Und dann kann ich den wiederum in einen handelsüblichen Gärtank geben und vergären oder funktioniert diese neue Gärung dann auch wieder in diesem System?

Stefan: Nee, das ist tatsächlich, das ziehst du dann raus und kannst du im ganz normalen Gärtank vergären und ganz normal abdestillieren. Ich meine, du könntest diese Gärung natürlich auch direkt trinken, aber dann hast du halt eine alkoholische Lösung, eine schwachalkoholische Lösung, die nicht so sonderlich lecker schmeckt, also es ist jetzt nicht so, dass da irgendwie jetzt ein leckeren Gerstensaft dabei rauskommt. Also sozusagen, das Ganze ist lebensmitteltechnisch zertifiziert, also es ist ein Lebensmittel, was dabei rauskommt, aber es ist halt geschmacklich so, dass du da schon noch mit ordentlich Filtration und, wie gesagt, Rektifikation und so weiter draufgehen musst, damit wir am Schluss etwas erhalten, was halt eben ähnlich ist wie der auf Getreide- oder Melasse-basierende Standardneutralalkohol.

Markus: Das heißt, ich brauche so einen doppelten Schritt, also einmal diesen Zucker, der da rauskommt, zu vergären und dann das, was da an Alkohol rauskommt, noch mal ein bisschen zu reinigen, in Ordnung zu bringen, dass es dann im selben Zustand ist sensorisch, wie jetzt ein normaler Neutralalkohol?

Stefan: Genau. Du kannst dir das einfach so vorstellen, wie wenn aus dem Bioreaktor dann was rauskommt wie eine nichtvergorene Würze es wäre, die du ja auch nicht pur trinkst, sondern auch noch weiterverarbeiten musst, um da eben ein konsumfähiges Produkt draus zu machen. Also es ist eine ganz weit hergeholte, aber, denke ich, relativ griffige Analogie.

Markus: Ja und rein theoretisch, man könnte jetzt auch zum Beispiel sagen, also jetzt blöd gesagt, man könnte ja sagen, man nimmt diesen Alkohol, der da entsteht und macht den gar nicht fürs Konsumieren, sondern verbrennt ihn zum Beispiel oder was weiß ich was, könnte man ja sonst was damit tun, also man könnte auf jeden Fall auch Energie gewinnen auf dem Weg, ist schon …

Stefan: Ja, würde auf jeden Fall funktionieren, es wird dann nur, denke ich, unwirtschaftlich. Weil, wenn du dir überlegst, dieses Bioethanol, dass ja zum Beispiel auch dem E10 beigemischt wird und, keine Ahnung, in Brasilien fahren ja die Autos mit Bioethanol, und so weiter, 100 Prozent. Dieses Ethanol ist halt sehr, sehr billig. Und dieser Aircohol-Prozess, der kostet natürlich schon eine ordentliche Stange mehr. Und deswegen funktioniert es halt nicht, um jetzt irgendwie da Bioethanol herzustellen, um es dann auch eben wieder im Tank zu verfahren, sondern das funktioniert halt eben bei Lebensmittel, wo der Kunde bereit ist, gewisses Geld dafür zu bezahlen, damit und so weiter und so fort. Also auf gut Deutsch, du kannst in Finnland rechnen, irgendwie eine Flasche Vodka, Standard, nicht die billigste Qualität, 0,5, gibt es halt irgendwie ab 15 oder 20 € und wenn du das auf den Liter reinen Alkohol umrechnest und so weiter, ist es halt sehr, sehr viel Geld. Und dann funktioniert dieses Aircohol-Verfahren halt auch wirtschaftlich und wenn du es halt nur im Tank verballern würdest, dann würde es halt nicht wirtschaftlich funktionieren.

Markus: Zumindest solange CO₂ so billig ist, sagen wir mal so, aber das ist ja …

Stefan: Ja, klar, da gibt es natürlich einiges. Also ich meine, diejenigen, die da am interessiertesten sind, das sind natürlich diese großen Spirituosenkonzerne, die großen Getränkekonzerne, die riesen Brauereien, die halt irgendwie mega Tonnen an CO₂ ausstoßen jedes Jahr und die haben sich ja alle entweder selbst reglementiert oder halt irgendwelche EU-Auflagen müssen die halt in diesem und jenen und folgenden Jahr CO₂-neutral sein und die sind alle schon etliche Jahre hintendran. Also auf gut Deutsch, denen brennt´s, denen brennt die Hüte, die müssen links und rechts schauen, wo sie irgendwas machen können, um sozusagen ihren Carbon-Footprint zu reduzieren. Und da kommen sozusagen solche Ideen natürlich gerade recht und dementsprechend waren da halt auch eben die großen Konzerne sofort dran interessiert. Aber, wie du schon sagst, in Fiskars bei der Brukets Brewery, Bruket Destillerie ist das erste sozusagen Pilotprojekt, wo sozusagen der erste Bierreaktor steht, mit dem tatsächlich gearbeitet wird.

Markus: Ja und das ist ja, wie du sagst, nur, um das ganz kurz zu ergänzen, in der Tat ja in der Brauwelt genauso, dass man eben mit AB InBev, mit Heineken, mit Carlsberg ganz große Mengen an Selbstverpflichtung eben hat, wir sind CO₂-neutral bis 2030 oder 2035, 2040, aber auf jeden Fall in diesem Rahmen. Und das ist eine krasse Selbstverpflichtung und ist ja gut, wenn es da eben Dinge gibt, wie die dem sich besser annähern können auf diese Art und Weise. Ja, weil du jetzt gesagt hast, in Fiskars ist der Prototyp, hast du denn da einen Überblick, wie das funktioniert? Also die vor Ort, die waren sehr begeistert und waren sehr glücklich und haben auch sehr überschwänglich berichtet, was sie damit so alles anstellen. Ist das auch so, was sich in deiner Erfahrung widerspiegelt?

Stefan: Also es ist schon so, dass das, wie gesagt, eine forschungsgetriebene Startup-Bude ist. Also es ist jetzt nicht so, dass man sagen kann, ja, okay, wir haben jetzt da diesen Piloten und irgendwann kauft die Penninger Brennerei da das nächste Gerät von denen und so weiter, sondern das ist schon noch Research Emotion quasi. Also da gibt es alle 2, 3 Monate, kommen sie mit irgendeiner Idee daher und dann wird die erst mal ausprobiert und so weiter und so fort. Also bei Fiskars ist eine Pilotanlage, die von Fiskars betrieben wird. Und das, was da allerdings rauskommt, ist alles noch in einem Maßstab, dass die sozusagen das dann wieder ins Labor schicken oder das sozusagen der Großkonzern, der interessiert dran ist, hier einzusteigen, dass bei Fiskars, in deren Sichtweise Minimaßstab, machen lässt und Fiskars liefert denen halt soundso viele Liter von diesem Aircohol und die machen dann irgendein Laborchichi drauf und so weiter und so fort. Und es gibt da noch in Lahti, das ist eine Stadt, die ist ungefähr so 1 Stunde, 1 1/2, nördlich von Helsinki, da hat Aircohol dann noch so ein richtiges Lab, wo halt neue Bioreaktoren ausprobiert werden, wo der Techniker, der technische Ingenieur ständig an einem Bioreaktor rumschraubt und rumbaut, um das irgendwie zu verbessern, während der andere gerade irgendwelche Bioversuche fährt und so weiter und so fort. Also wie gesagt, Fiskars ist das Pilotprojekt bei einer Brauerei, bei einer Brennerei, aber die Forschung an dem Ganzen selber ist in Lahti bei Aircohol.

Markus: Und hast du selber schon mal so ein Ergebnis probieren können, also sowohl diesen Zucker, der rauskommt oder auch den ersten Alkohol, der man da bekommt oder so?

Stefan: Ja, habe ich tatsächlich schon probieren können. Und, ja, es ist jetzt schwierig zu beschreiben, weil es halt eben nicht diese Standardfrucht- oder Stärkebasis ist, sondern eben halt was anderes. Aber, ich sage immer so, wenn du nicht weißt, was das ist, hat das ein komisches Off-Flavour, hat aber zum Beispiel das Ding, die Noten, die mich jetzt zum Beispiel so in Ferne an Himbeergeist und Brombeergeist erinnern. Also wenn ich, Stefan Penninger, ich habe ja auch ein bisschen Aircohol hier bei uns, weil, die haben mir natürlich auch was geschickt, ich soll mal ein bisschen Fairy Dust draufsprenkeln und mal schauen, was ich da machen kann und ich habe halt da auch noch ein bisschen rumdestilliert und geschaut und so weiter und so fort. Und ich habe da eine alkoholische Basis erzeugt, die war schon so im Bereich 60, 65 % und die hatte eben so, wie gesagt, so ein leicht komisches Off-Flavour, aber halt auch schon so merklich so Beerengeistcharakteristiken. Und ich sage dir, ich kann das Zeug nehmen und ich baue dir da einen Fruchtlikör draus, einen Himbeerlikör, einen Brombeerlikör, einen Heidelbeerlikör draus und der Endkunde checkt nicht, dass da Aircohol drin ist und nicht ein ganz normaler 0815 prima Sprit.

Markus: Ja und Likör ist ja durchaus auch was, was viel konsumiert wird, das heißt, da hat man dann auch wirklich die Menge dahinter, dass das Ganze irgendwie Sinn macht. Spannend!

Stefan: Wobei, das Ziel, sage ich mal, von den interessierten Firmen ist halt schon sozusagen eine neutrale Basis zu kriegen. Aber, um sozusagen eben aus einer 60-prozentigen Spirituose, wo noch Geschmack drin ist, eine 96-proztentige Spirituose oder einen Neutralalkohol zu machen, der nach nichts mehr schmeckt, das kann ich leider hier nicht tun und das können auch die Jungs von Aircohol nicht selber. Also da geht halt dann wieder ein Container zu den entsprechenden großen Konzernen, die in ihren Labs diese Möglichkeit haben, eben diese Rektifikation zu machen.

Markus: Und das kostet ja auch noch mal eine Menge Energie und Zeit und so weiter. Also ist die Frage, wenn man es direkt verwerten kann, warum nicht auch das tun?

Stefan: Ja, schon. Wobei die Rektifikation, glaube ich, so energiemäßig schon die effizienteste Art und Weise ist, um sozusagen Alkohol so zu verarbeiten. Also wenn ich auf 65 % brenne, brauche ich dafür, auf 1 Liter gerechnet, wesentlich mehr Energie als so eine Rektifikationskolone, wenn die halt wirklich da 10.000e Liter drüber laufen lassen.

Markus: Okay. Naja, auf jeden Fall also super interessant und spannend und danke, dass du uns mal diesen Einblick gegeben hast. Also das werden wir natürlich weiter verfolgen und auch in den Shownotes entsprechend verlinken, dass die Hörerinnen und Hörer sich dem auch ein bisschen nähern können. Es gibt ja die Website von Aircohol, wo die so ein bisschen auch erklären, was sie da tun. Und natürlich ist es auch ein bisschen geheimnisvoll, muss es ja auch sein, ist ja auch spannend.

Stefan: Ja, vielleicht darf ich da noch, bevor wir da weggehen, noch etwas anmerken. Also das Erste ist tatsächlich, dass 2 große Konzerne da lange hin- und herüberlegt haben und natürlich gegenseitig die Exklusivität haben wollten, und mit einem dieser Konzerne ist jetzt quasi eine Abmachung gemacht worden. Also wie gesagt, Fiskars war ja schon so ein paar 100 Liter auf jeden Fall, genau weiß ich es nicht, aber bei diesem Konzern der nächste Stepp, also die nächste Größe des Technikum, das wäre dann halt schon so, dass wir da im Bereich von einem Investment von irgendwie 10, 15 Millionen € sind, der das dann sozusagen macht. Und wie gesagt, da gibt es jetzt eine Kooperation mit diesem großen Konzern. Ich darf ihn natürlich nicht nennen, deswegen fahre ich da so immer links und rechts drum rum. Aber da geht es wirklich jetzt konkret weiter, dass es so ist, dass irgendwann einmal die großen internationalen Vodka-Marken oder so, und das wird jetzt nicht mehr lange dauern, also da bin ich schon so im Bereich 2, 3 Jahre.

Markus: Sehr, sehr interessant. Und ist ja auch immer wieder gut zu sehen, dass es eben Innovationen gibt und Innovatoren gibt. Und wer weiß auch, was da noch so alles passiert, weil, ich meine, im Grunde die Idee, so einen Bioreaktor zu haben, der CO₂ verarbeiten kann, ist ja das eine und dann vielleicht gibt es ja da verschiedenste Mikroorganismen, die man verwenden kann, die auch verschiedenste Dinge produzieren. Das muss ja nicht immer nur der Zucker sein zum Beispiel, da ist ja Tür und Tor geöffnet zu allen möglichen anderen Verfahren. Also finde ich spannend.

Stefan: Das ist tatsächlich brutal, also Aircohol macht das ja wirklich nur für Lebensmittel und nur für Alkohol und nur eben mit zuckerbildenden Mikroorganismen, die da arbeiten. Aber soweit ich das sehe, gibt es aktuell mindestens 300 Startups und Forschungsprojekte und sonstige Dinge in der EU, wo undenkbar unterschiedliche Sachen eben mit so Bioreaktoren, teilweise mit eben natürlichen Stoffen, teilweise mit irgendwelchen, keine Ahnung, genetisch manipulierten Bakterien oder irgendwas und jeder will irgendwie was anderes machen. Und die einen machen es für die Kosmetikindustrie und die anderen wollen halt irgendwelche Hightech-Materialien bauen, die es quasi so überhaupt noch gar nicht gibt. Und sozusagen das ganze Thema Mikrobioreaktorenzeugs, also da wird ja unglaublich viel Forschungsgeld gerade drüber ausgegossen. Also da kann es sein, dass wir, was weiß ich, in 5 oder in 10 Jahren Materioalien auf einmal finden, wo, keine Ahnung, wo jetzt noch keiner dran denken kann.

Markus: Ja, aber ist ja auch wichtig und richtig und vielleicht auch in mancherlei Hinsicht ganz notwendig, weil man ja viele Dinge hat, wo man denkt, dass man mit aktuellen Mitteln Prozesse nicht mehr stoppen kann, die wir schon in Gang gesetzt haben.

Stefan: Ja, also wenn wir so weitermachen, dann brauchen wir uns da nicht mehr lang drüber Gedanken machen.

Markus: Also insofern, wollen wir mal die Daumen drücken und hoffen, dass da auch die Wissenschaft ihren Teil dazu beiträgt.

Stefan: Fingers crossed.

Markus: Genau, ganz fest. Also wie gesagt, danke, dass du uns darüber ein bisschen aufgeklärt hast. Jetzt lass uns noch ein bisschen zu dir zurückkommen, in den Bayrischen Wald sozusagen, in die Realität.

Stefan: Aus der Highend-Forschung in einem urbanen Gebiet in Skandinavien zum Outback Niederbayern Bayrischer Wald.

Markus: Wobei, sagen wir mal, in der Anzahl der Bäume kann es mit Finnland durchaus mithalten, glaube ich, also zumindest der Bayrische Wald, sagen wir mal so.

Stefan: Der Bayrische Wald hat viele Bäume, aber, ich glaube, die haben immer noch wesentlich mehr.

Markus: Ja, insgesamt, klar ist es …

Stefan: Ja, der Bayrische Wald, muss man schon sagen, Finnland ist ja ein riesen Flächenland und der Bayrische Wald ist natürlich die ländlichste Pampa, die du dir irgendwie nur vorstellen kannst, aber trotzdem haben wir im Bayrischen Wald noch wesentlich höhere Bevölkerungsdichten als irgendwie so in Lappland oben, in Finnland oder so. Da kannst du ja irgendwie, keine Ahnung, 20, 30 Kilometer fahren und siehst halt vielleicht mal ein Dorf, das gibt es bei uns im Bayrischen Wald nicht.

Markus: Stimmt auf jeden Fall. Aber in Sachen Innovation, ich habe auch mal gelesen, du hat mal einen Space-Wurz gemacht, oder?

Stefan: Ja, das war eigentlich natürlich ein Gag, sowas zu machen mit einem Kumpel von mir und jetzt über 10 Jahre später werde ich immer noch drauf angesprochen. Das war, da bin ich gerade kurz vorher in die Firma gekommen und habe meinen Kumpel kennengelernt. Und wir haben halt die Idee gehabt, das haben natürlich viele Leute und später auch noch viel, viel mehr gemacht, dass wir eben so einen Wetterballon nehmen und den Wetterballon halt mit einer GoPro vorn dran und so weiter, dass wir den halt in die Stratosphäre fliegen lassen. Und sozusagen der Gag dabei war, dass wir in dieser kleinen Kapsel, wo halt eben die GoPro drin war, drauf geschnallt war und die Batterien und so weiter, dass da auch Bärwurzwurzeln mit drin waren und dann konnten man quasi oder konnten wir mit Bärwurzwurzeln, die eben in der unteren Stratosphäre waren, konnten wir dann eben einen Bärwurz brennen. Das war schon eine ziemlich freakige Geschichte, wie gesagt, über 10 Jahre später werde ich immer noch und immer wieder da drauf angesprochen.

Markus: Siehst du mal! Ich meine, der Name war ja auch toll, also Space-Wurz.

Stefan: Ja, genau, der war mega. Wenn ich immer so geile Namen für Produkte hätte, dann wäre mir ein großer, großer Stein vom Herzen gefallen.

Markus: Naja, also an Innovationen, auch in dieser Hinsicht mangelt es dir ja nicht. Ich meine, da muss man vielleicht auch noch ein bisschen sagen, du hast ja vorhin gesagt, dass der Blutwurz an sich erst Ende der 80er, Anfang der 90er so richtig erfunden worden ist. Ich meine, es ist ja bei euch wirklich so, dass jede Generation den Laden wirklich deutlich weiterentwickelt und eben andere Aspekte, neue Sachen hinzufügt. Vielleicht magst du da auch noch, weil ich finde das auch interessant jetzt zum Beispiel für Leute, die eine Brauerei haben, wo ja auch immer die Frage ist, wie kann ich innovativ sein, wie kann ich was weiterentwickeln, wie gehe ich damit um, wenn meine Eltern mir so einen Laden übergeben, wie auch immer. Vielleicht magst du da ein bisschen erzählen, wie das so war, also was du vorgefunden hast, als du da so langsam aber sicher reingewachsen bist und wie du dann so Weichen gestellt hast zu dem, was es heute ist.

Stefan: Ja, vielleicht fangen wir noch mal nur kurz ganz, ganz vorne an. Also unsere Firma, sozusagen mein Ururgroßvater Stefan-der-I-Penninger, der war eigentlich Metzger aus dem Rothtal und der hat im Bayrischen Wald in eine Gastwirtschaft eingeheiratet, also meine Ururoma war Gastwirtin, er war Metzger. Und er hat allerdings nicht die Erlaubnis bekommen, eine neue Metzgerei dort zu eröffnen und dann hat er sich halt überlegt, okay, was mache ich. Und dann hat er von der örtlichen Weißbierbrauerei damals das Recht abgekauft, Essig zu brauen. Also das Essigbraurecht war wie das Bierbraurecht oder das Schnapsbrennrecht damals noch ein Zünfteständedings, also konnte nicht jeder einfach irgendwie damit anfangen. Das war bei uns im Jahr 1905, also da reden wir ja noch vom Deutschen Kaiserreich, da war noch nix irgendwie mit Grundrecht auf freie Berufswahl und so und so neumodischen Klimbim. Und da hat er halt eben dann begonnen, mit Essig zu brauen, also die 1. Generation der Penningers waren halt eben Gastwirte und Essigbrauerei. Und in der 2. Generation, mein Uropa, der war ursprünglich mal im bayrischen Heer. Er hat anscheinend Gardemaß gehabt und so weiter, war quasi in der Leibstandarte König Ludwig. Dummerweise ist ihm da so ein großes politisches Ereignis 1914/18 entgegengekommen. Der war halt quasi im bayrischen Heer und der hat aber da einen relativ guten Job gehabt, und zwar war er Versorgungsunteroffizier und ist quasi hinter der Front von Bauernhof zu Bauernhof und hat halt geschaut, wo er was zum Beißen für die kämpfende Truppe herkriegt. Und dort hat er in Lothringen die Tochter eines Limonadenfabrikanten kennengelernt und die wollte er dann auch heiraten. Und der Vater der betreffenden Dame hat gesagt, ja, aber ein hergelaufener Soldat, der nix kann, dem gebe ich meine Tochter nicht. Und sozusagen die Familienhistorie sagt, dass er quasi erst bei ihm quasi das Schnapsbrennen lernen musste, bevor er dann die Tochter ehelichen durfte. Und so ist in den 1920er-Jahren ist quasi die Obstbrennerei in die Familie Penninger mit reingekommen. Mein Opa, der war dann eine Generation, hatte natürlich dasselbe Problem mit dem Weltkrieg und so weiter und so fort. Und als der dann zurückgekommen ist, also vor dem Krieg war er zu jung, um was zu reißen und nach dem Krieg galt es natürlich, erst mal das Land und die Firma wieder aufzubauen. Und die Firma Penninger war damals Weinabfüller und Gastrolieferant. Also wir haben ganz, ganz viel Wein zum Beispiel aus Italien aufgekauft, haben den Wein abgefüllt und haben den an Gastronomien verkauft. Und sozusagen unser Wettbewerbsvorteil war, dass wir eben den Wein im Balg, also im Großgebinde gekauft haben und selber abgefüllt haben und dadurch hat man ihn halt 50 Pfennig billiger verkaufen können als der andere, der ihn schon in Flaschen kaufen musste, und das war halt damals unser Business. Und weil sozusagen eigentlich als Handelsunternehmen, Handelsfirmen in viele Gastronomien reingekommen sind, hat er halt immer auch gleich noch eine Flasche Bärwurz oder eine Flasche Zwetschgenbrand vom Penninger aufgeschrieben, wenn er halt einen Wein verkauft hat. Und mein Vater, in dessen Zeit hat sich quasi Penninger schon gewandelt, eben vom Gastrolieferanten und so ein bisschen Selbsthersteller, also 90 % Handel, 10 % Eigenherstellung, hat sich über die 30, 35 Jahre meines Vaters hat es sich eigentlich komplett umgekehrt, also 90 % Eigenprodukte. Natürlich heutzutage der Penninger Blutwurz, der Penninger Bärwurz, die ganzen Fruchtliköre, die Obstbrände und so weiter und so fort., die ganzen traditionellen deutschen/bayrischen Spirituosen, die kommen eigentlich so aus der Zeit meines Vaters. Und jetzt kommen wir eben zu mir, ich bin 2012/2013, wie gesagt, in die Firma eingestiegen. Und wer sich ein bisschen mit der Spirituose, mit den Spritis auskennt, das war halt die Zeit, wo halt auch der Gin angefangen hat. Damals haben wir noch lange hin- und herüberlegt, sollen wir das mit dem Gin vielleicht auch mitmachen, obwohl wir ja eine bayrische traditionelle Brennerei sind. Und mein Vater war das anfangs sehr dagegen, was wollen wir mit Gin und so weiter, das hat ja überhaupt nichts mit uns zu tun. Aber dass der Gin ja im Endeffekt die angelsächsische Variante von sozusagen einem Wacholderbrand, Wacholdergeist, Wacholderspirituose ist und wir natürlich auch jahrzehntelange Erfahrung in der Kräuterdestillation hatten, der Fit war halt sehr, sehr gut und dann war eben der Granit-Gin mein erstes Baby, mein erstes eigenes Produkt hier, dass ich sozusagen unter meinen Fittichen hatte. Und der Granit-Gin hat natürlich den Zeitgeist voll erwischt und der Gin ist ja dann wirklich explodiert und war fast 10 Jahre lang eigentlich die wichtigste Spirituosenkategorie, die man bis jetzt haben musste. Und dort konnten wir uns halt wirklich sehr, sehr viel Rückenwind und sehr, sehr sozusagen gutes Image und überregionale Bedeutung halt eben aufbauen. Und dann war bei mir natürlich der Gedanke, ja, okay, natürlich hat jeder Hype, jede Welle, und das war ja allen klar, dass das eine Welle ist oder ein Hype, hat irgendwann Mal ein natürliches Ende und was passiert dann eigentlich? Und mein Gedanke war dann, okay, also, ich meine, wenn der Gin so gut funktioniert hat und der Gin so ein großes Thema war, was ist denn die nächstgrößere, die nächstwichtigere Kategorie? Ja und dann waren wir halt sofort beim Whisky. Also das war allen klar, das war auch in Deutschland gerade ein riesen Thema links und rechts, alle Brennereien haben umgestellt von Obstbränden auf Whisky und so weiter und so fort und so auch wir. Und wo wir in den 80er-, 90er-, 2000-Jahren halt eben so ein bisschen Fabrikgebäude außerhalb von Hauzenberg, wie gesagt, im Industriegebiet hatten, habe ich gesagt, nee, jetzt machen wir den nächsten Schritt und jetzt bauen wir ein neues großes Besucherzentrum mit eben Whisky-Brennerei, mit Fasslager. Und es soll halt von Anfang schon sozusagen diese Dual-use-Geschichte zwischen Besucherzentrum, wo du wirklich als Besucher jeden einzelnen Schritt der Spirituosenherstellung erleben kannst und aber halt auch die entsprechende moderne Herstellungs- und Fertigungsmöglichkeit parallel. Und im Jahr 2020 haben wir das Ganze hier eröffnet in Wallkirchen, in unserem Nachbarort. Wir sind ganze 11 Kilometer umgezogen, für uns ein großer Schritt, das ist sogar ein anderer Landkreis, uh! Aber, wie gesagt, war für ein riesen Schritt, ein riesen wichtiger Schritt. Das Timing hätte vielleicht ein Schlückchen noch besser sein können. Weil, wir sind nämlich umgezogen in der 1. März-Woche 2020. Montagvormittag haben wir das Umziehen angefangen, Dienstagnachmittag hat Markus Söder eine Pressekonferenz gehalten, ja, wir bleiben jetzt alle mal schön brav zuhause. Das ist natürlich blöd für ein Besucherzentrum, wo du eigentlich Leute haben willst. Aber der Lockdown war ja dann auch irgendwann vorbei und so weiter, das ist ja alles water down the river. Aber wir haben jetzt hier quasi ein schickes neues Besucherzentrum, wo du halt reingehen kannst, du kannst dir zweimal am Tag eine Tour anschauen. Und du kommst wirklich halt überall vorbei, an den Silos, wo halt die Rohfrucht und wo das Malz angeliefert wird, an der Brauerei, wo wir das Ganze halt einbrauen. Wir haben Würzegärung für einen Single Malt Whisky, wir haben Maischegärung für unsere bayrische Variante eines amerikanischen Whiskys. Wie gesagt, wir machen Rum, wir machen Weinbrand, also die ganzen coolen Dinge, die halt vorher ein bisschen schwierig waren und jetzt haben wir uns halt komplett da drauf eingeschossen, ohne natürlich unsere bayrische Komponente und sozusagen unsere Wurzeln zu verlieren. Also ich mache diese internationalen Spirituosenkategorien, weil ich sie geil finde, aber ich mache sie halt sozusagen mit dem Auge und der Nase und dem Gaumen eines bayrischen Schnapsbrenners.

Markus: Was ja durchaus viele Vorteile hat, wenn man das Ganze dann auch mal probiert. Du hast jetzt vorhin von den Anfängen erzählt und von der Essigbrauerei, da bin ich erst mal so ein bisschen zusammengezuckt. Weil, früher hat man bei uns Brauereien so ein bisschen, dass man das als Schimpfwort benutzt, wenn bei Brauereien das Bier oft schlecht geworden ist, dann hat man die Essigbrauerei genannt. Du hast das ja jetzt wieder aufgegriffen, vielleicht magst du da ein bisschen was erzählen. Und vor allem diesen Prozess, also warum nennt man Essig brauen?

Stefan: Also Erstens hast du natürlich vollkommen Recht und daher kam ja auch das, sozusagen dieses Recht, Essig zu brauen, das an Brauereien oder so dranhing. Also, wie gesagt, als das begonnen mit Penninger 1905, da gab es zwar natürlich Karl Lindes Kältemaschine schon eine Zeit, aber es war jetzt nicht so, dass irgendwie jede Brauerei schon eine Kältemaschine hätte und jede Brauerei jederzeit entsprechende Gärtemperaturen oder Lagertemperaturen herstellen konnte, das konnten nur die Reichsten und die Größten. Und auf dem Land, diese ganze Weißbierbrauereien und so weiter, die halt hochtemperatur-vergären mussten und so weiter und so fort, denen ist halt auch wirklich oft Bier schlecht geworden. Und ist bei den Winzern genauso gewesen, also dieser Weinessig, Rotweinessig, Weißweinessig kommt halt einfach daher, irgendwie eine Lage oder eine Qualität ist halt irgendwie schlecht geworden und hat sich eine Essigsäuregärung eingefangen. Und dann hat man halt geschaut, dass man da einen Essig draus macht, um halt eben das nicht wegkippen zu müssen, sondern weiter als Lebensmittel zu konsumieren. Also das ist mal vollkommen klar. Und vielleicht jetzt mal zum Prozess an sich und warum wir auch Essig brauen, weil, es handelt sich wieder um eine mikrobiologische Fermentation, dieses Mal nicht mit Hefe und nicht von Zucker zu Alkohol, sondern dieses Mal setzen wir eine Stufe später an, wir nehmen Alkohol. Und da gibt es, ich weiß gar nicht, ob ein Bakterium ist, wahrscheinlich ist es wieder eine Familie, aber wir sagen einfach immer, die Essigbakterien, die Acetobacter. Und das sind Bakterien, die verstoffwechseln niederprozentigen Alkohol zu Essigsäure, also es ist eine biologische Gärung. Also bei uns, wir stellen in erster Linie einen doppelstarken Bio-Brandweinessig her, also wir stellen einen weißen Brandweinessig her mit 10 % Essigsäure. Und das machen wir so, dass wir eine 11 %-ige Alkohol-Wassermischung ausmischen, also unseren Rohstoff, unsere Maische, sagt man sogar tatsächlich so, die Essigmaische hat bei uns so 11 % Alkohol und wir vergären die auf traditionellem biologischen Wege in einem hölzernen Spanbildner-Behältnis. Also das könnt ihr euch vorstellen wie ein riesen großer Holzbottich, bei uns hat der 40.000 Liter. Und in diesem Holzbottich hat man so Buchenholzspäne noch, das ist das Habitat, also quasi der Lebensraum für diese Essigbakterien. Und wir verrieseln von oben einfach diese Alkohol-Wassermischung drauf, die sickert durch diese Späne durch. Und während diese Alkohol-Wassermischung durch diese Späne durchsickert, da knabbern diese Essigbakterien so ein bisschen was von dem Alkohol weg und scheiden ein bisschen Essigsäure aus. Das Ganze sickert dann unten im Sickerboden zusammen und dann pumpen wir das einfach im Kreis, immer wieder alles, was unten zusammensickert, wird oben wieder draufgegeben. Und das dauert dann, je nachdem, ob Sommer, ob Winter, dauert das so zwischen 11 und 14 Tagen und dann hast du eine Batch, eine Charge von dieser Alkohol-Wassermischung quasi zum Brandweinessig vergoren. Jetzt muss ich zugeben, dass ist halt, wie gesagt, ein sehr, sehr historisches, sehr, sehr langsames und altertümliches Verfahren. Also in modernen Firmen, in modernen Essigbrauereien, in Fermentarien, da werden halt Edelstahlschnellfermentatoren verwendet und da dauert solch eine Batch vielleicht so 1 1/2 Tage oder so, die haben eine ganz, ganz andere Ausschussleistung. Aber wir haben unseren Essigbildner aus dem Baujahr 1940, wir brauchen keinen neuen und deswegen werden wir uns auch von dem nicht trennen.

Markus: Ist das denn sensorisch auch anders, also hat dieser Essig dadurch auch einen anderen Geschmack?

Stefan: Ja, hat er. Ist schon so dadurch, dass du halt diesen Kontakt hast mit dem Holz und halt diese lange Fermentationsdauer und viel Kontakt mit Sauerstoff und so weiter, du merkst dem schon an, dass er eine andere Charakteristik hat als jetzt der Standardindustrieessig, den du halt irgendwie im Supermarkt also wirklich für minimaltest Geld kaufen kannst. Aber, es bleibt dabei, 10 %-ige Essigsäure ist halt wirklich, wirklich sauer. Und dementsprechend, ich sage immer so, es ist wie beim Vodka, diejenigen, die drauf eingestellt sind und so weiter, die erkennen auch beim Vodka die minimalsten sensorischen Unterschiede und für alle anderen ist es halt Vodka. Und beim Essig ist es auch so, also diejenigen, die halt wirklich auf den Penninger-Essig geeicht sind, also bei uns heißt es, so einen Wurstsalat machst du nur mit Penninger-Essig und mit nix sonst, die achten halt sehr, sehr drauf. Aber, wie gesagt, das würden die meisten anderen wahrscheinlich nicht schmecken, diese Unterschiede.

Markus: Faszinierend! Also den muss ich noch mal probieren, das habe ich damals, glaube ich, nicht gemacht, aber werde ich auf jeden Fall nachholen. Was ich probiert habe, war eine andere Kreation von dir, das fand ich auch spannend, du hast ja 3 Edelbrände genommen und da mit Gewürzen versetzt, also, ich glaube, Pflaume mit Tonkabohne, Marille mit, was war das?

Stefan: Szechuan-Pfeffer.

Markus: Szechuan-Pfeffer, genau und dann war es noch Birne mit Kardamom, oder?

Stefan: Genau, genau. Und zwar sind das, ich habe diese Produkte entwickelt oder die Idee dazu gehabt, kurz nachdem ich eben in Kulmbach an der Genussakedemie meine Ausbildung zum Gewürzsommelier gemacht habe, da haben wir halt ganz, ganz viel gelernt über Gewürze und über auch Flavour Pairings und so weiter und so fort. Also das Thema Food Pairing, Flavour Pairing, was wir bei den Edelbrandsommeliers auch hatten, haben wir natürlich auch bei den Gewürzsommeliers. Und im Endeffekt kannst du dir das vorstellen, wie wenn du beim Spice Rum eine Rum-Basis nimmst und dem halt noch ein bisschen Aroma links und rechts von anderen Stoffen mitgibst. Weil Rum darf ja eigentlich nicht aromatisiert sein, aber Spice Rums sind halt eben gewürzt. Da habe ich mir halt gedacht, hej, könnten wir nicht dieses Flavour Pairing auch mit dem traditionellen Obstbränden eben machen? Also habe ich da entsprechend eben einen Williamsbirnenbrand genommen und einen Zwetschenbrand und einen Marillenbrand und habe begonnen, da halt eben mit diesen Flavour Pairings zu experimentieren, und da gibt es halt jetzt Varianten, die halt sofort naheliegend sind. Also da hast du zum Beispiel eine Zwetschgenbrand, der halt sehr, sehr stark dominiert ist durch seine Bittermandel-, Marzipannoten. Wenn du dem von der Tonkabohne, dieses wärmende, dieses Kumarin-haltige, wenn du dem das dazugibst, gleich und gleich gesellt sich gern, dass es halt sozusagen eine sehr, sehr eingängig passende Note ist halt mit sehr, sehr wärmenden Komponenten. Pflaume, Tonkabohne, das sind ja eher so Gewürze und Früchte eher so für den Winter. Und dann habe ich mir halt überlegt, ja, was könnten wir denn für andere Jahreszeiten noch machen. Für den Frühling habe ich dann eben den Williamsbirnenbrand mit Kardamom verbunden. Kardamom als Mazerat, also als Ansatz, der hat halt sehr viel von dieser Frische und von diesen Citruskomponenten, die im Kardamom halt drin sind, der Alkohol löst die halt raus. Und das funktioniert ganz wunderbar mit sozusagen dieser Bananencharakteristik aus dem Williamsbirnenbrand, das passt, das matcht von den Flavour her sehr gut zu dieser Decandisäureester, der den ausmacht. Und ganz, ganz freakig allerdings, die Sommerkomponente Marillenbrand. Marille ja auch ein Steinobstfrucht, also Fruchtigkeit kombiniert mit diesem Steincharakter, Bittermandel, wärmende Komponenten und den kombiniert mit Szechuan-Pfeffer. Und da muss ich sagen, Szechuan-Pfeffer kannte ich vor meiner Gewürzsommelierausbildung auch nicht. Das ist ein Gewürz aus dem südlichen China, also der Name sagt es schon. Wird gern zu den Pseudo-Pfefferarten gezählt, ist also kein Pfeffer, sondern eine ganz andere Art, aber wird halt wie Pfeffer verwendet und hat auch eine sehr gut schärfende Charakteristik. Wer Szechuan-Pfeffer pur nimmt, dem wird so ein bitzelndes, fast so Ahoi-Brause-mäßiges Mundgefühl auffallen. Und das war das, was mich eigentlich ursprünglich drauf gebracht hat, hej, schau mal, ob du nicht irgendwie durch alkoholische Extraktion da dieses bitzelnde Element rauskriegst. Das funktioniert leider nicht, leider, es wäre ein witziger Gag gewesen, das funktioniert nicht. Aber mir ist halt eben aufgefallen, dass dieser Szechuan-Pfeffer als alkoholischer Auszug, dass es eine sehr, sehr fruchtige Komponente hat. Und dann habe ich ein bisschen rumprobiert und dann habe ich eben Marillenbrand mit diesem Szechuan-Pfeffer-Auszug kombiniert und auf einmal ist aus diesem Marillenbrand aromatisch ein sehr, sehr stark Pfirsich-mäßiges Getränk geworden. Also wir haben nicht nur Flavour Pairing, sondern wir haben fast sowas wie einen Flavour-Transfer, dass du aus der Aprikose durch die Zugabe von Szechuan-Pfeffer eigentlich so Pfirsich-Noten kriegst. Und jetzt muss ich sagen, das ist natürlich ein sehr, sehr nerdiger Ansatz. Also die Sommeliers und so weiter, denen geht jetzt das Herz auf, aber die Otto-Normal-Hörenden, die werden sich jetzt denken, ja, was spinnt er denn da jetzt umeinander. Ja und da haben sie natürlich auch Recht, das ist natürlich auch in gewisser Weise eine Spinnerei, aber ich fand das halt so geil und so witzig und dann habe ich gesagt, okay, unsere Sommerkreation ist halt eben Marillenbrand, Aprikosenbrand mit Szechuan-Pfeffer.

Markus: Und es war faszinierend oder ist faszinierend. Ich habe es dann auch tatsächlich bei mir in der Ausbildung eingesetzt und das ist wirklich spannend zu sehen, wie die Leute dann versuchen, das zusammenzusetzen, zu begreifen und dann anfangen, damit zu experimentieren. Und wirklich super spannend, also tolle Geschichte, danke schön!

Stefan: Ja, danke schön, aber halt wirklich absolut die Kuriosität, sage ich mal, der Spirituosendings. Wobei, eine Anmerkung sei mir noch erlaubt, und zwar, dass jemand Aprikosen mit Szechuan-Pfeffer kombiniert, das ist jetzt extrem, extrem ungewöhnlich und umso witziger fand ich es, wie ich im vorletzten Jahr dann rausgefunden habe, dass eine ganz, ganz große Vodka-Bude einen Flavoured Vodka auf den Markt gebracht hat, Aprikose und Szechuan-Pfeffer.

Markus: Nein, das ist ja krass.

Stefan: Und dann habe ich mir halt gedacht, ja, okay, gut, alles klar, ihr lest also auch unsere Pressemitteilungen.

Markus: So ist das, genau. Ja, aber, ich meine, es macht auf jeden Fall total Spaß und ist, glaube ich, dann auch was, wo Leute wirklich lernen, ihre Sensorik zu entdecken und dann auch so ein bisschen damit zu spielen und dann eben weiterzuentwickeln. Und das ist eigentlich wie auch letzten Endes bei dem Thema Essig, wenn ich anfange, was weiß ich, ein einfaches Salatdressing, da habe ich halt dann, keine Ahnung, Essig, Wasser, Zucker, Salz, irgendwie so und ein bisschen Öl und dann fängt man ja auch im Zuge der Zeit an zu experimentieren mit vielleicht anderen Alkoholen oder mit Marmelade oder mit, was weiß ich was, Fruchtessigen oder anderen und schon wird es noch mal spannender und gibt dem Salat dann auch einen ganz anderen Pep. Und so kann man, glaube ich, mit allen Dingen einfach spielen. Und da hast du schon Recht, da sind wir alle ein bisschen nerdig in der Sommelierecke, aber das macht ja vielleicht auch einfach ein bisschen Spaß, das ist ja auch okay.

Stefan: Ja, vor allem mit dem Essigthema. Also unser Penninger Brandweinessig, da haben wir so Fruchtessige gemacht, die wir auf diesem Essig quasi aufbauen. Also die Säureessigkomponente ist unser Penninger Brandweinessig, aber wir nehmen halt verschiedene Säfte, Mousse, Pürees und so weiter und so fort und machen da halt Fruchtessige. Da haben wir einen Waldfruchtessig, einen Birnenessig, Letztens habe ich einen Feigenessig noch gebracht. Und wie du schon sagst, du fängst halt an, beim Salat irgendwie Standard-Balsamico und Standard-Öl und irgendwann denkst du dir, ja, okay, kann man da nicht mal und so weiter und so fort, und dann fängst du das Experimentieren an und dann kommen auf einmal ganz andere Dinge raus wie nur eben diese Standardsachen.

Markus: Auf jeden Fall. Vielleicht wollen wir zum Ende noch den Leuten ein bisschen Lust machen, dich auch zu besuchen, weil du ja gesagt hast, du hast ein Besucherzentrum gebaut. Ich meine, gut, ich war jetzt schon da, aber ich muss mich trotzdem maximal dummstellen, weil das ist ja wichtig, was erwartet uns denn da? Also es gibt auf jeden Fall was zu essen, das habe ich verkosten können, das war schon mal wunderbar, aber es gibt auch viel zu sehen und zu erleben. Ja, was hast du da so auf Lager?

Stefan: Also es ist so, wir haben einen kostenlosen Teil unseres Besucherzentrums, das ist halt, du kannst bei uns im Kino den Imagefilm anschauen, kannst eben die Ausstellung im Besucherzentrum durchschauen und kannst halt da in den Shop gehen. Aber, ich würde natürlich jeden empfehlen und vor allem, wenn sie von weiter weg kommen, mir haben zweimal am Tag, um 10:30 Uhr und um 14:00 Uhr, haben wir eine geführte Besuchertour. Also es wird immer in kleinen Gruppen, wird immer mit einem menschlichen Begleiter, mit einem menschlichen Guide, geht ihr quasi bei uns über das Gelände. Und wie ich schon gesagt habe, es geht los halt bei den Silos, wo das Getreide angeliefert wird, über die Mühle, über das Sudhaus, den Gärkeller und natürlich die Brennerei. Ganz, ganz toll bei uns natürlich auch als Whisky-Brenner, das Whisky-Fass-Lager, unser quasi Kathedrale des Geistes. Bei uns sieht man auch ein bisschen, was heißt ein bisschen was, bei uns sieht man auch rein, wie sozusagen die fertigen Spirituosen dann ausgemischt werden in der Mischerei, bei uns kann man in die Abfüllung rein. Das sind alles so Dinge, die man vielleicht bei den großen Besucherzentren gar nicht mal mehr sehen kann. Aber bei uns ist es halt wirklich so, den Weg vom Getreidekorn in den Betrieb bis zur Flasche, die eben tatsächlich im Regal steht, also quasi from grain to glas, da sieht man bei uns quasi jeden Stepp, kann man bei uns im Besucherzentrum sehen. Und da gibt es noch ein bisschen mehr, also wir haben ja die Essigbrauerei noch, die man anschauen kann. Wir haben eine Kaffeerösterei, der Kaffee für unseren Kaffeelikör und für unsere Gastronomie, den rösten wir natürlich auch frisch. Ja und natürlich, wir sind eine Whisky-Brennerei, am Ende der Tour gibt es natürlich auch was zum Probieren, ist doch klar.

Markus: Ja, da werden sich die Leute am allermeisten drauf freuen. Wobei ich auch mal den Kaffee ausprobieren möchte, da bin auch sehr gespannt, weil ich ja wirklich sagen muss, das ist oft erstaunlich. Also ich kenne zum Beispiel bei Maisel in Bayreuth, gibt es auch eine Kaffeerösterei mit auf dem Gelände und das ist auch eine Wahnsinns Ergänzung zu diesem ganzen Thema Bier, was die dort haben. Und so kann ich mir das bei euch, glaube ich, auch gut vorstellen, wenn man eben eh mit Aromen spielt und eben da rummacht.

Stefan: Deswegen hat es mich auch so gereizt, das zu machen, weil du hast halt wieder hochwertigen Genuss und hast wieder dieses Aromenspiel und so weiter, wo du dich hineinknien kannst. Also wir haben jetzt vergleichsweise wenig Kaffeesorten und so weiter, also wir sind jetzt nicht in erster Linie eine Kaffeerösterei, aber wir haben eben auch eine Kaffeerösterei und da eben anzudocken an eben Spirituose und Kulinarik, Gustatorik und so weiter.

Markus: Perfekt! Also wir werden natürlich auch da den Link entsprechend in die Shownotes setzen, dass die Leute da auch hinfinden. Vielen Dank auf jeden Fall, dass du uns heute schon ein bisschen auf diese Reise mitgenommen hast und auf jeden Fall Lust gemacht hast darauf. Und natürlich auch ein bisschen uns mit der Aircohol-Geschichte eben mitgenommen hast auf diese Seite deines Lebens und die auch unglaublich, glaube ich, wichtig ist, dass wir, unsere Generation uns maximal engagieren und versuchen, ein bisschen was noch richtig zu machen oder besser zu machen, wie auch immer, damit es die Nächsten vielleicht ein bisschen leichter haben, wir werden sehen. Aber auch dafür jedenfalls vielen Dank und dann dir heute noch einen schönen weiteren Tag.

Stefan: Ja, also der Dank ist ganz von meiner Seite. Also ich hoffe, ich war nicht zu schlimm, ich falle immer gleich sofort ins Dozieren rein und so weiter und so fort. Aber, ihr seht es, um die Klischees rauszuziehen, ich brenne mit Leidenschaft. Aber, ich glaube, das ist auch irgendwie klar geworden, ich habe so viele unterschiedliche Dinge, die mich faszinieren und wo ich schaue, dass ich halt überall in den Kochtöpfen mit rummischen kann, mit rumkochen kann. Und wie gesagt, für dich oder an dich und an euch ganz, ganz vielen Dank, dass ihr die Gelegenheit mir gegeben habt, mich da ein bisschen zu zeigen. Und wie gesagt, das mit diesem Aircohol-Thema, da geht es halt nicht nur drum, dass mich das aus intellektueller Sicht oder aus Forschersicht fasziniert, sondern, wie gesagt, wir haben halt diese große, große Nebenkomponente eben mit dem CO₂ und dem Klimawandel und so weiter und so fort und da kann man tatsächlich sagen, da können auch wir, die mit Alkohol zu tun haben, die ja gern mal nicht so als die moralischen Instanzen gelten, da können wir auch mal unseren Teil dazu leisten, das Gute zu tun.

Markus: Sehr gut, wunderbar, was für ein schönes Schlusswort. Also dann, vielen Dank und auch natürlich an euch alle da draußen und dann bis demnächst. Und wie gesagt, dir noch alles Gute für heute.

Stefan: Ja, danke dir und euch auch, tschau, tschau.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de.

BierTalk 150 – Interview mit Holger Hahn, Biersommelier und Mitgründer des BierTalks, aus München

Willkommen zur Jubiläumsfolge Nr. 255 von BierTalk! Markus und Holger, die beiden Gründer unseres Podcasts, feiern fünf Jahre BierTalk – diesmal jedoch nicht wie geplant live in Südtirol, sondern virtuell und doch ganz nah wie in alten Zeiten. Sie blicken auf die Anfänge des Podcasts zurück, teilen persönliche Erinnerungen an spannende Reisen und bewegende Momente rund ums Bier, und sprechen über die Kunst und Herausforderung, Juror bei internationalen Bierwettbewerben wie dem World Beer Cup zu sein. Dabei dreht sich der Spieß auch einmal um: Holger stellt Markus die Fragen, und so erfahren wir tiefe Einblicke in Markus’ Motivation und Leidenschaft für die Bierwelt. Natürlich darf auch das Thema Biergenuss nicht fehlen, und so verkosten beide besondere Biere, begleitet von kreativen Food-Pairings. Freut euch auf eine unterhaltsame und persönliche Folge, vollgepackt mit Geschichten, Fachwissen und echter Bierbegeisterung – eine echte Jubiläumsausgabe eben…

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Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

BierTalk – Gespräche über und beim Bier.

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Wie immer eine ganz besondere Folge, aber heute vielleicht wirklich, wirklich, wirklich eine ganz besondere Folge, und zwar einerseits einfach aufgrund der Zahl, denn wir gerade jetzt, wo wie aufnehmen, ist der 251 BierTalk gerade online gegangen mit dem Matthias Volgger. Und der eigentliche Plan war, dass ich mich dann in Südtirol live mit dem lieben Holger, der mit mir zusammen ja diesen Podcast überhaupt aus der Taufe gehoben hat, in Südtirol treffe und wir dann eben Mal so ein bisschen sprechen anlässlich dieser 250 BierTalks. Das klappt jetzt leider nicht, weil ich nicht in Südtirol sein kann, aber wir wollen natürlich unsere Aufzeichnung trotzdem machen. Und deswegen bin ich total froh und glücklich, dass Holger Zeit hat und wir jetzt praktisch so wie vor 5 Jahren praktisch jeder in seinem Kabäuschen sitzt, damals noch notgedrungen wegen der Pandemie und, ja, miteinandersprechen. Hallo, Holger, schön, dass du da bist. Und vielleicht nach 5 Jahren gibt es irgendjemand, der dich vielleicht nicht kennt, dann kannst du noch ein paar Worte zu dir selber sagen.

Holger: Ja, klar, kann ich gerne machen, Markus Ja, prima, ich freue mich auch riesig, einfach wieder dabei zu sein und mit dir zu sprechen, ganz großartig. Ja, wer mich nicht kennt, also mein Name ist Holger Hahn und ich bin absolut bierbegeistert, so wie der Markus auch. Wir haben uns vor langer Zeit kennengelernt, sind beide Biersommeliers, haben viel Zeit verbracht in allen möglichen Ländern, haben immer das Thema Bier in den Vordergrund gespielt oder versucht zu spielen. Und sind dann, ja, auch gemeinsam geschäftlich unterwegs gewesen, also waren beide Eigentümer der BierAkademie jeweils zu 50 %. Und, ja und dann kam Corona, dann hat sich ganz vieles verändert und natürlich dann auch beruflich bei mir verändert, und so hat dann der Markus alleine weitergemacht. Und ich bin aber nichtsdestotrotz immer noch total bierbegeistert, aber mache das jetzt nicht mehr hauptberuflich wie damals, sondern wieder so wie früher, dass ich mir jeden Tag, jeden Abend überlegt habe oder überlege, welches Bier denn heute passen würde.

Markus: Was natürlich auch seine guten Seiten hat, muss man sagen, denn dann ist das Hobby eben noch Hobby und das Ganze immer auf jeden Fall auch ein bisschen mit Lust und Freude verbunden, was ja auch ganz wichtig ist. Und ich muss ganz ehrlich sagen, es vergeht auch kaum eine Woche, wo ich nicht an uns und unsere gemeinsame Zeit zurückdenke oder auch erinnert werde. Gerade in letzter Zeit war ich ja in Amerika und da ist fast jeden Tag irgendein Schulbus an uns vorbeigefahren. Und da musste ich natürlich an die coole Zeit denken, wo wir unseren Schulbus hier hatten, die BierAkademie, mit der wir rumgefahren sind, also vor allem du natürlich, und überall in ganz Deutschland Menschen geschult haben rund ums Thema Bier in diesem umgebauten Schulbus. Also super spannende und schöne Zeit! Und da bin ich auch unheimlich dankbar dafür, weil da auch viel natürlich hängengeblieben ist und mich auch verändert hat und zu dem beigetragen hat, was wir jetzt so alles machen. Und insofern bin ich ganz gespannt, wir haben ja auch gesagt, wir drehen das heute Mal ein bisschen um, also so, dass du vielleicht auch mir mehr Fragen stellst, da bin ich mal gespannt. Trotzdem würde ich dir eine stellen, weil, was auch immer wieder vorkommt ist, dass bei den BierTalk-Folgen ich plötzlich nach einer Viertelstunde feststelle, oh Gott, wir haben jetzt noch gar nichts getrunken. Und dann muss ich immer an den inneren Holger denken sozusagen, der da ist und sagt, wir sind ja ein BierTalk, wir müssen auch mal was genießen. Hast du dir denn heute auch was kaltgestellt?

Holger: Ja, unbedingt, ja, habe ich gemacht. Und nach alter Väter Sitte würde ich das Thema Food-Pairing direkt mal aufgreifen mit einem Bier aus den Niederlanden und auch mit einem Käse aus den Niederlanden. Aber ich weiß nicht, ob wir vielleicht schon so weit sind oder ob wir noch mal ein bisschen über uns oder miteinandersprechen, da bist du der Moderator, da richte ich mich ganz nach dir. Aber für mich ist das unglaublich toll, wieder so in dieser alten Welt gerade zu sein, ist richtig schön.

Markus: Ja, also das klingt total verheißungsvoll, muss ich sagen, aber du hast Recht, ich glaube, wir sollten den Spannungsbogen noch ein bisschen aufbauen und vielleicht vorher noch ein bisschen miteinanderreden und dann kannst du ja irgendwann selbst entscheiden wenn dich dann die Lust kitzelt, dann dem Folge zu leisten. Wobei ich sagen muss, ich habe mir auch so eine kleine Kombination hingestellt, aber da können wir ja dann auch gleich drüber sprechen, wenn es soweit ist. Ja, du bist ja gerade notgedrungen zuhause, ne?

Holger: Ich bin notgedrungen zuhause, genau, ich habe einen Muskelfaserriss in meiner linken Wade, äußerst schmerzhaft. Aber, das hat den Vorteil, ich bin eh zuhause, habe schön Zeit, mit dir zu sprechen und ist natürlich auch eine willkommene Ablenkung und eine gute Ausrede, dass Bein gerade nicht hochzulagern.

Markus: Da ist ausgerechnet der Fahrmuskel eingeschränkt bei jemanden, der fast immer unterwegs ist, das ist natürlich schon krass. Ja, was hast du denn zum Beispiel für eine Frage, frage ich dich jetzt einfach mal.

Holger: Naja, also wir beide haben ja uns Folgendes ausgemacht und ich habe einfach gesagt, Mensch, Markus, soviel kann ich ja gar nicht mehr über Bier sprechen, also vor allen Dingen nicht im Vergleich zu dir und da haben wir dann ja gesagt, Mensch, es wäre doch schön, dich auch Mal zu Wort kommen zulassen. Also du moderierst das ja immer und hast immer deine Gäste und fragst die immer ganz viele Sachen und die gehen dann natürlich kompetente Antworten. Und ich fände halt eben spannend, dir auch Mal eine Stimme zu verleihen, also einfach das Thema umzudrehen. Und wenn man dich jetzt verfolgt, auch in den letzten Jahren verfolgt hat, dann ist ja eine große Leidenschaft von dir, eben wirklich, also ich würde jetzt behaupten, auf jeden Bierwettbewerb, den es weltweit gibt, also von Brasilien bis zu Tasmanischen See, da Jurymitglied zu sein. Und jetzt vor nicht allzu langer Zeit stand ja zum Beispiel der World Beer Cup an und da hast du viele Bekannte getroffen und das wäre doch mal was, wo wir jetzt schön anfangen könnten. Warum begeistert dich dieses Jurorensein zu krass, dass du wirklich weltweit dein CO2-Footprint ständig mit Füßen trittst?

Markus: Danke, dieser Seitenhieb musste natürlich sein. Wobei ich sagen muss, ich bemühe mich auch, also nach den uns zur Verfügung stehenden Kräften, den Fußabdruck auch etwas zu mildern. Bedeutet, auf der einen Seite machen wir immer auch so CO2-Ausgleich bei verschiedenen Anbietern, wo man dann eben dafür was spenden, investieren kann in den Klimaschutz oder auch bei den Airlines selber. Und auf der andren Seite versuche ich dann auch, wenn man zum Beispiel solche Strecken zurücklegt, dass man das nicht tut, um jetzt für 3 Tage in die USA zu fahren, weil das besonders sinnlos ist in meinen Augen, sondern dann auch ein bisschen mehr draus zu machen, damit sich das irgendwie auch lohnt, diese Strecke zurückgelegt zu haben. Aber ein sehr wichtiger Hinweis und das ist tatsächlich auch was, was mir immer so ein bisschen auch im Hinterkopf natürlich schwebt, gerade wenn ich auch überlege, mache ich solche Reisen oder nicht und inwiefern muss das sein. Aber wenn man überhaupt dann so fragt, ja, muss das sein, bin ich, glaube ich, so aus ganz verschiedenen Gründen da dabei. Also ein Grund ist vielleicht wirklich in meiner Vergangenheit als Chorknabe liegt der. Und zwar, klingt jetzt vielleicht blöd, aber ist tatsächlich so, ich war ganz lange Zeit hier im Chor, im Domchor in Bamberg. Das ist einer der ältesten Chöre der Welt, existiert seit, was weiß ich, über 1.000 Jahren. Und ist auf jeden Fall ein Klangkörper, der viel gereist ist früher auch und wir haben jedes Jahr mindestens eine Reise gemacht, irgendwo ins Ausland, in der Regel irgendwo in Europa oder wir waren auch zum Beispiel in Amerika. Und das Tolle war, wir waren immer bei anderen Chören zu Gast. Und das heißt, wir waren in den Familien, wir waren dort wirklich immer aufgenommen eher wie ein Familienmitglied, wie Freunde, wir waren nie Touristen, wenn wir irgendwo waren. Und das war immer schön, das mitzuerleben, weil man dann eben so eine andere Kultur, ein anderes Land, vom Essen, vom Trinken. Vom ganz normalen Verhalten, wann gehe ich früh ins Bad, wie wasche ich mich, was weiß ich. All diese Dinge erlebt man halt ganz anders und erlebt eine Kultur viel schöner und viel intensiver. Und das habe ich eben 10 ,15 Jahre meines Lebens gemacht und fand ich immer ganz toll und immer ganz spannend. Und dann konnte ich irgendwann aus beruflichen Gründen dann eben in diesem Chor nicht mehr sein und dann hat mir das tatsächlich gefehlt. Und als ich dann bei den ersten Bierwettbewerben war, ist mir aufgefallen, Mensch, das funktioniert ein bisschen genauso. Also das heißt, wir sind immer eingeladen natürlich bei dem entsprechenden Wettbewerb. Natürlich wohnen wir jetzt nicht in den Familien, zumindest selten. Also manchmal kommt das tatsächlich auch vor, aber dann natürlich aus freiwilligen Gründen. Zum Beispiel bei meinem Tripp in die USA war ich auch ein paar Tage bei einem Freund, wo ich übernachtet habe. Aber, grundsätzlich kriegen wir natürlich Hotels, aber wir sind eben so wie in einer Familie. Das heißt, da sind immer Leute vor Ort, die sich kümmern, die eben besondere Pläne ausarbeiten, die viele Türen aufmachen, wo man normalerweise gar nicht hinkommt, die einen ganz anders einführen, die einen wieder Kontakte vermitteln in die ein oder andere Ecke und wo man eben wirklich wieder nicht als Tourist, sondern Land und Kultur so erlebt, als wäre man da mit seiner Familie oder mit den besten Freunden. Und das ist was, was mir immer sehr ans Herz geht. Und war jetzt zum Beispiel in Amerika für mich auch ganz wichtig, weil ich wirklich, ja, mir überlebt habe mit den aktuellen politischen Umständen, fahre ich dahin? Also will ich das, will ich mich dem potenziellen Risiko aussetzen, will ich das unterstützen und so weiter. Und habe dann tatsächlich mit gerungen und habe dann überlegt, nee, eigentlich ist es genau dumm, dass jetzt nicht zu machen, sondern du musst eigentlich dahin und musst auch ein bisschen stehen irgendwie für das, was uns wichtig ist. Und ich muss sagen, das war jetzt im Nachhinein auch ganz, ganz toll, weil ich habe auch viele tolle Gespräche dort geführt. Und wir waren ja im mittleren Westen, was ja so ein bisschen Trump-Mainland auch ist, also da gab es schon auch Diskussionen, aber das war wichtig und war richtig und war gut. Und trotzdem erlebt man auch diese Herzlichkeit dieser Menschen, das Leben, das positive Lebensgefühl. Auch die Ganzen, die eben nicht dieser Mainstream-Meinung sind, sondern anders denken, erlebt man auch. Und auch das ist wiederum wichtig, dass man merkt, okay, die sind nicht alle so. Und gerade in unserem Bereich in der Bierwelt, in der Judging-Welt sind es sehr, sehr weltoffene Menschen, denen das auch wirklich nahegeht und wehtut, was da gerade passiert und das war auch in dieser Hinsicht ein tolles Erlebnis. Also deswegen für mich, natürlich ist schön, bei dem Bierwettbewerb zu sein und da auch Biere zu trinken, aber ich muss sagen, das ist für mich fast ein bisschen Nebeneffekt der ganzen Geschichte. Mache ich gerne und ich glaube, ich mache das auch ganz gut, aber wichtiger ist für mich tatsächlich, die Menschen zu treffen, diese Judging-Familie wiederzutreffen, zu erleben, wie man miteinander umgeht, wie man füreinander einsteht, ja, wie man sich aneinander, also füreinander auch interessiert. Und wir haben jetzt zum Beispiel in den letzten Tagen, haben uns zwei der ganz alten Judging-Kollegen auch verlassen, sind gestorben. Und das sind auch Punkte, wo man dann merkt, wo die Community auch zusammenhält und auch entsprechend darüber spricht, miteinander umgeht. Und, ja, also das ist wirklich, es ist eine Bereicherung im Leben, die ich nicht missen möchte und gerade deswegen ist es so schön, also da auch gleichzeitig die Welt noch ein bisschen zu sehen und eben viele Menschen kennenzulernen, seine Familie zu vergrößern, sagen wir mal so.

Holger: Ja, sehr schön, Markus. Es hört sich ja wirklich so an, als wäre es mehr oder weniger gut wie so ein Geben und Nehmen, so eine Win-Win-Situation. Und auch, wenn du beschriebst, dass natürlich in Amerika sich dann das Bild noch mal anders darstellt, wie es ist und dann doch vermittelt wird. Da gibt es so einen schönen Spruch von Humboldt, den ich sehr liebe, der heißt, achte oder sei vorsichtig bei den Weltanschauungen derer, die die Welt nicht angeschaut haben. Und ich glaube, reisen trägt insgesamt zur Verständigung bei und das ist wirklich toll. Und Bier ist ja auch das Bindeglied, also oft, ja, gerade wenn man  zusammensitzt und so, dann kann bei so einer schönen Bierrunde natürlich auch ganz viel entstehen. Aber lass uns doch mal so ein bisschen da weiterreingehen. Also du bist dann da bei diesen Wettbewerben und du checkst dann ja wahrscheinlich irgendwann ein und dann denken die, okay, der kommt aus Deutschland und dann kommt der auch noch aus Bamberg und schon sitzt du am Rauchbiertisch oder wie ist das?

Markus: Ja, dummerweise kann das tatsächlich passieren und ich glaube, es hat ursprünglich auch mal so angefangen. Also ich glaube, einer meiner ersten Bierwettbewerbe war der italienische Birra Dell’Anno Wettbewerb. Und da haben sie mich tatsächlich gezielt eingeladen, weil sie eben festgestellt haben, also es ist schon über 10 Jahre her, dass die italienischen Brauereien eben anfangen, ein Kellerbier zu machen und sie überhaupt niemanden hatten in der bestehenden Jury, der zu diesem Bierstil irgendwas sagen kann. Und dann haben sie eben geschaut, wenn könnte man denn einladen, wenn könnte man fragen und irgendwie sind sie dann da auf mich gekommen, und dann war ich eben natürlich auch an dem Tisch, wo es um dieses Thema Kellerbier ging. Später dann natürlich, als es sich ein bisschen weiter aufgefächert hat, natürlich auch Rauchbier. Wobei ich da tatsächlich sagen muss, das war eine Zeitlang, dass ich dann immer die Rauchbiertische hatte oder auch die Rauchbierfinals, hat sich jetzt wieder ein bisschen gelegt. Das ist auch ganz gut, also ich schau mir ganz gerne auch ein bisschen andere Bierstile sozusagen an und gerade auch welche, die vielleicht gar nicht so deutsch sind, ist das auch durchaus spannend, das zu bewerten. Aber nichtsdestotrotz ist es schon so, also gerade auch jetzt beim World Beer Cup zum Beispiel werden die deutschen Judges natürlich ganz bewusst auch bei den deutschen Bierstilen eingesetzt. Also da hatte ich dann halt, das Programm war dann irgendwie Kölsch am Morgen gefolgt von Hellem und dann ein Weizen, ein helles Weizen zum Beispiel und dann am Nachmittag vielleicht Bockbier und dann Märzen und dann vielleicht tatsächlich Rauchbier oder so, also über so die deutschen Bierstile hin und weg. Am zweiten Tag war es dann tatsächlich auch ein bisschen Pale Ale und IPA und ein paar belgische Bierstile, am Ende aber dann war wieder deutsche Bierstile natürlich auf dem Tableau gestanden. Und am dritten Tag hatten wir fast nur Finals, da waren es dann auch meistens deutsche Bierstile. Also ist schon so, man ist schon ein bisschen geprägt, aber es ist natürlich auch irgendwo sinnvoll. Wobei wir da auch immer wieder diskutieren, weil, es ist natürlich auch so ein Thema, man muss sich auch objektivieren. Also es ist ja nicht so, dass ich jetzt nur, weil ich hier in Deutschland beziehungsweise speziell in Bamberg geboren bin und hier biersozialisiert bin, automatisch der geborene Experte bin für ein zum Beispiel in Amerika eingereichtes, sagen wir mal, Rauchbier, in der Kategorie Rauchbier, sondern es geht ja darum, dass dieser Wettbewerb seine Beschreibungen hat für eine Kategorie, also wie stellt der Bierwettbewerb sich ein ideales Rauchbier vor. Und das ist ja das, was die Brauer vorher auch lesen, wenn die ihre Biere einreichen und dann müssen die sich ja darauf verlassen können, dass, wenn sie jetzt ihr Bier einreichen und wenn dieses Bier den Kriterien entspricht, dass es dann eben auch entsprechend seine Medaille bekommt. Und da kann jetzt nicht irgendein Juror herkommen und sagen, ja, ich komme aber aus Bamberg und ihr schreibt zwar in euren Beschreibungen, dass ein Rauchbier so und so sein muss, meiner Meinung nach ist das aber so und so, deswegen bewerte ich das jetzt einfach anders, das geht natürlich nicht. Und die Versuchung ist natürlich da und einige erliegen dem auch. Und da muss man dann schon auch immer aufpassen, dass man eben das nicht verliert, dass man wirklich für den Wettbewerb in dem Moment da ist und für die Kriterien von dem Wettbewerb und nicht für das eigene persönliche Bild des jeweiligen Bierstils. Und da ist es teilweise manchmal sogar so, als zumindest früher war das ab und zu so, dass Wettbewerbsbeschreibungen von Bierstilen, ich sage mal, im weitesten Sinne falsch waren, also dass da halt Dinge drin waren, die man eigentlich gar nicht so sehen würde. Aber trotzdem konnte man zu dem Zeitpunkt die Biere nicht dafür bestrafen so zu sein, wenn sie unter diesen Bedingungen eingereicht worden sind. Also, ich weiß nicht, ob das verständlich war, aber das ist tatsächlich immer so eine Krux, wo man auch ein bisschen aufpassen muss. Und natürlich sitzt man auch nicht alleine an so einem Tisch, das heißt, man hat dann, was weiß ich, zum Beispiel jemand aus Japan da sitzen, jemand aus Neuseeland und jemand aus, was weiß ich, Marokko oder so und dann noch einen Belgier und eine Engländerin und dann muss man sich ja in diesem internationalen Kontext zu sechst oder zu acht auch einigen und sich austauschen und dann auch die anderen respektieren und akzeptieren. Und auch, die einen sind halt lauter, die anderen sind leiser, auch da ein bisschen drauf achten, sich selber auch ein bisschen zurücknehmen und so. Also da ist schon viel Fingerspitzengefühl an so einem Judgingtable, glaube ich oder weiß ich, wenn man die Sache gut machen will und dem Bier gerecht werden will, dem Wettbewerb gerecht werden will, aber auch den anderen, die da auch sitzen. Denn niemand hat die Weisheit mit Löffeln gefressen und niemand weiß alles und kann es am besten. Deswegen ist das ja ein Team und so muss man das auch ein bisschen sehen.

Holger: Ja, also jetzt hast du ja so viel über Bierstile und Bier gesprochen und du weißt ja, nach so einer gewissen Zeit wird meine Zunge ja ausgesprochen trocken, ne.

Markus: Ja.

Holger: Und ich würde ja jetzt sagen, als machen es zumindest mal auf und ich schenke mir schon mal ein. Ich kann dann auch weiter fragen, du kannst dann auch weiter sprechen, aber, also Bierchen ist jetzt schon angesagt, ja.

Markus: Sehr gut.

Holger: Ja, also warte, also hör mal, ist schon da, ja und ich mache es mal auf.

Markus: Also ist auf jeden Fall eine Flasche und keine Dose.

Holger: So ist es. Jetzt schenke ich mal ein. So, herrlich! Also ich kann es auch nicht abwarten, ich trinke jetzt mal einen Schluck.

Markus: Na gut, dann mach das. Soll ich ein bisschen raten, was es ist oder magst du uns gleich was verraten?

Holger: Nein, nein, wir bleiben erst mal noch am Tisch sozusagen. Jetzt hast du ja gesagt, also da sitzen also ganz viele Leute und ihr habt irgendeinen Bierstil, der jetzt bei euch im Vordergrund ist. Und dann weiß ich ja, weil ich ja auch selber schon oft bei solchen Wettbewerben mitgemacht habe, da gibt es ja immer dann auch einen Tablecaptain, ja, der ja so ein bisschen dann auch das letzte Wort hat oder es zusammenfasst oder auch Hilfestellung leisten kann, wenn es zu einer Diskussion kommt, ja. Man kann ja durchaus die Dinge auch anders interpretieren, ganz besonders eben, wenn jetzt der Brauer auch eine Interpretation hineingegeben hat, die viele spannend finden und auch ganz großartig, aber andere am Tisch eben sagen, ja, stimmt, ist total lecker, finde ich auch, ist ganz interessant gemacht, aber hat mit dem Stil gar nix zu tun, aus meiner Sicht und das kicken jetzt weg, dieses Bier, ja. So und dann gibt es ja eine lebhafte Diskussion und lass uns doch da mal ein bisschen Einblick haben. Also wie geht man dann damit um, also da jetzt jemand, der sich unglaublich viel Mühe gegeben hat, da einfach wegzukicken, aus dem Wettbewerb hinaus, nur weil er, ja, vielleicht kreativ sein wollte und Leute am Tisch sitzen, die auch das wertschätzen wollen und andere wiederum, die es zwar wertschätzen, aber sagen, hat hier nix zu suchen, wie ist denn das dann?

Markus: Ja, man ist da so ein bisschen hin- und hergerissen. Also ich würde mal sagen, ganz grundsätzlich gibt es natürlich einfach klare Regeln und da schauen wir auch in den ersten Runden, also so ein Bier geht ja normalerweise über eine Vorrunde und meistens noch eine Zwischenrunde bis zu einer Hauptrunde, wo zwischendurch immer wieder welche ausgeschieden werden. Das kann man so ein bisschen vergleichen wie mit den Olympischen Spielen, sagen wir mal, der 100-Meter-Lauf. Und da wird eben auch vorgegeben, du musst 100 Meter in der schnellsten Zeit laufen, so wird beim Bier eben vorgegeben, sagen wir mal, ein Pils, das muss so hell sein, so bitter sein, so viel Alkohol haben, so rezent sein und solche Dinge halt, die zu so einem Pils gehören. Und dann werden die verkostet und alle, die eben den ganz grundsätzlichen Kriterien nicht entsprechen, fliegen dann schon mal raus. Also wenn sie zum Beispiel die falsche Farbe haben, zu wenig bitter sind, zu alkoholisch sind, zu wenig Kohlensäure haben oder wirkliche Produktionsfehler haben. Also um das wieder mit Olympia zu vergleichen, wenn jemand halt nach 80 Metern schlappmacht oder wenn jemand sich auf ein Motorrad setzen will und da durchfahren will oder nackt läuft oder was weiß ich was. Also einfach Kriterien, die überhaupt nicht passen, dann fliegen solche Biere raus. Und das ist erstaunlich oft der Fall, sodass man über die Vorrunden in der Regel allein aus diesen Gründen schon ausreichend Biere eliminiert, sodass man gar nicht diskutieren muss. Oft trifft es auch noch in den Zwischenrunden zu, dass es einfach ganz klare objektive Kriterien gibt, wo man sagt, okay, als da ist offensichtlich, ist man da einfach nicht genau da, wo man sein soll und dann kann man auch schon mal Biere ausschließen. Und dann kommt man meistens i die Finalrunde, wo dann die letzten, sagen wir mal,  8 oder 10 Pilsbiere, die die ganzen Vorrunden überstanden haben und damit praktisch aus dem, sagen wir mal, insgesamt vielleicht 200 eingereichten Pilsbieren übriggeblieben sind, die sind dann am Tisch. Und dann ist es eben so, dass sie alle die 100 Meter in einer guten Zeit laufen und das als Kriterium eigentlich dann wegfällt, weil die sind alle gut, alle sind super. Dann ist es wirklich nur noch die Frage, okay, was ist jetzt am spannendsten, was ist am interessantesten, wo werden bestimmte Eigenschaften besonders gut gemacht, wo ist es besonders harmonisch. Natürlich geht es bei Bier auch immer darum, dass es eine Ausgewogenheit hat, dass es schön rund ist, dass man die sogenannte Drinkability hat, dass man also gerne das Glas, was man in der Hand hat, austrinken würde und sich vielleicht auch noch ein Zweites bestellen würde, weil es einem eben gut schmeckt, solche Gedanken muss man sich dann ein bisschen machen. Und dann ist es in der Tat so, dass dann mal der eine zum Beispiel sagt, okay, das ist jetzt vielleicht ein bisschen eckig und kantig, aber genau das stelle ich mir eigentlich unter einem guten Pils vor, dass eben nicht so Mainstream ist, sondern dass eben auch mal ein bisschen was anderes von sich gibt und das findet er besonders gut, wie jetzt hier die Bittere zum Beispiel am Ende besonders präsent ist oder so. Und gibt es halt andere, die dann sagen, nee, das ist eben nicht meine Vorstellung von einem richtig guten Pils, sondern da erwarte ich eben, dass ein Brauer das besonders gut schafft, das alles in Harmonie zu bringen, eine ordentliche schöne saubere Bittere, die aber eben mit dem Alkohol zusammen schön klingt und ausschwingt und dann einfach angenehm ist und deswegen ist das eben ein besonderes gutes Pils. Und dann steht man natürlich da. Im schlimmsten Fall hat man dann vielleicht einen Patt am Tisch so, dass 4 Leute sagen, das ist für mich das Goldbier und 4 andere sagen, das ist für ich das Goldbier und dann geht tatsächlich die Arbeit los. Und dann ist es so ein bisschen vielleicht wie in einem Parlament. Also da geht es dann erst mal drum, dass man als Tablecaptain dafür sorgt, dass auch alle einigermaßen gleichberechtigt gehört werden, denn das ist in der Tat oft auch ein kultureller Unterschied. Also mein Lieblingsbeispiel ist immer, ich hatte vor 2 Jahren, glaube ich, beim European Beer Star mal zum Beispiel einen relativ jungen Mann aus Japan bei mir am Tisch und eine, ja, auch relativ junge Dame aus Südamerika und die sind halt charakterlich sehr unterschiedlich. Also so ein junger japanischer Mann, jetzt nicht generalisierend auf alle, aber in dieser Situation, war eben eher stumm, der sagt kaum was und respektiert jeden, der älter ist und hält sich zurück, und den muss man wirklich ansprechen und bewusst noch mal sagen, bitte, was ist deine Meinung, was ist deine Idee. Dann sind die oft auch nicht ganz so gut im Englisch, das heißt, man muss dann auch genau zuhören, muss im Zweifelsfall helfen, muss ein bisschen unterstützen. Da müssen die anderen auch mitmachen, müssen genau zuhören natürlich, dürfen nicht währenddessen sich anderweitig beschäftigen. Und dann hat man halt zum Beispiel so eine junge Südamerikanerin, die halt loslegt, die eigentlich kaum zu stoppen ist, die immer was zu sagen hat und immer auch eine gute Meinung hat und überhaupt eine Meinung hat und die auch an alle kundtun möchte und so. Und dann muss man die eben auch einfangen, ohne ihr wehzutun und sagen, okay, das ist schön, dass du deine Meinung hier hast und ich lasse die ja auch stehen, jetzt schauen wir uns mal die anderen an und dann reden wir eben alle wieder zusammen und dann gleicht man das so ein bisschen aus. Und im allerallerschlimmsten Fall, also wenn man merkt, man kommt gar nicht auf einen grünen Zweig, dann muss man abstimmen. Das läuft dann im Grunde wie bei einem Voting, dass man eben sagt, okay, jetzt stellt eben eure Reihenfolge, mal Gold, Silber, Bronze jeweils fest und dann zählt man eben die Stimmen am Tisch zusammen und schaut, ob sich dann ein klares Bild ergibt. Ich muss sagen, in 99,9 % aller Fälle ist das dann auch so, also da kristallisiert dann schon was raus, vor allem, wenn man dann noch mal tiefer reingeht und vielleicht einzelne Biere gegeneinander vergleicht oder so. Und wenn es ganz hart auf hart kommt, dann entscheidet am Ende der Tablecaptain. Wobei ich das, Gott sei Dank, noch nie machen musste und ich sehe das auch nicht als meine Aufgabe, muss ich sagen. Also viele interpretieren diesen Job so, dass der Tablecaptain quasi der Chef im Ring ist und am meisten weiß und am meisten kann und deswegen auch die stärkste Stimme hat. Und das sehe ich gar nicht. Für mich ist der Tableacaptain eher jemand, der moderiert, der sich zurückhält, der eher versucht auszugleichen und alle zusammen zu einem guten Ergebnis zu führen und unterstützt und ergänzt und auch, wenn eine Wissenslücke besteht, die zum Beispiel füllt, aber jetzt nicht von vorneherein sich hinsetzt und einen Vortrag hält, wie er meint, dass es zu sein hat. Und auch da gibt es natürlich unterschiedliche Herangehensweisen an das Thema. Aber ich kann jetzt nur von meiner Arbeit hier berichten, Gott sei Dank, dass das eigentlich immer sehr harmonisch ist. Und ich muss sagen, zum Beispiel letztes Jahr in Bozen fand ich das sehr, sehr erstaunlich, da waren eigentlich mit einer Entscheidung schon fertig, also hatten schon Gold, Silber, Bronze bestimmt in einer Kategorie, waren im Finale und ich habe aber gemerkt, dass einer bei uns am Tisch irgendwie unglücklich war. Und dann habe ich einfach gesagt, okay, bevor wir das jetzt final abgeben, würde mich interessieren, was bewegt dich denn, was ist so dein Punkt. Und dann hat er noch mal angefangen zu erzählen welche Probleme er mit der Entscheidung hatte und was er bei diesem einen Bier eben nicht so gut fand im Verhältnis zu den anderen. Und dann habe ich mich dann entschieden, lass uns das noch mal aufmachen und wir haben dann noch mal, na, so bestimmt 5 Minuten oder fast vielleicht sogar 10 Minuten noch mal gesprochen und diskutiert. Und am Ende haben wir die Entscheidung tatsächlich umgedreht, weil alle dann doch das verstanden haben, das nachvollziehen konnten und dann sich umentschieden haben. Und das fand ich zum Beispiel einen ganz tollen Moment, wo man wirklich gemerkt hat, das mit eben dem Respekt, gegenseitigen Respekt und mit dem aufeinander Eingehen und Zuhören man sogar in so einer Situation, wo eigentlich schon alles fertig ist, doch noch mal sowas umdrehen kann. Und da war ich auch ganz stolz, dass wir das so gelöst haben. Da waren auch alle danach sehr zufrieden, sehr glücklich und, ja, hat man richtig gemerkt, dass alle das richtig gut fanden, war ein toller Judging-Moment.

Holger: Aber lass mich da vielleicht noch mal ganz kurz nachfassen, also ich hoffe, du hast auch mittlerweile ein Bierchen, weil, das wäre ja fast Tierquälerei, so viel wie du jetzt hier erzählst. Also mach die eins auf, ich stelle die Frage in der Zeit.

Markus: Ja, Moment.

Holger: Und weiß du, also es ist ja oft auch so, dass die Präsentation der Biere, also welches Glas, man wählt natürlich da ein neutrales Glas, ist dann aber auch für das ein oder andere Bier vielleicht nicht ganz so günstig. Also man kann nicht alles rausholen oder jetzt zum Beispiel das Thema World Beer Cup haben da nicht die Europäer oder die Brauer, die einsenden eben von weit her, wo die Biere schon eine Reise hinter sich haben, Temperaturschwankungen hinter sich haben und so, nicht von vorneherein Nachteile und wie geht man eigentlich damit um, also wie ist das da? Also das ist ja wirklich vielschichtig, sogar die Reihenfolge der Verkostung an dem Tisch kann ja eine Rolle spielen, wo dann das ein oder andere Bier besser oder schlechter wegkommt. Und diese Neutralität, also wirklich sich Mühe zu geben gerecht zu sein und so, also wie geht man damit um?

Markus: Ja, also da sprichst du einen wichtigen Punkt auf jeden Fall an, einen interessanten Punkt, der auch immer wieder auftaucht. Also erst mal vielleicht der Punkt die Reihenfolge, das spielt tatsächlich eine Rolle, weil also auf jeden Fall jetzt, also weil, der Hintergrund ist zum Beispiel beim European Beer Star oder bei anderen Wettbewerben war es bis vor kurzer Zeit so, dass man mit Papier und Stift verkostet hat und dabei kam man dann zum Beispiel den ganzen Flight, also sprich, alle 10 Biere einer Runde auf einmal hingestellt und hatte die vor sich stehen und konnte die auch immer vergleichen und da hin- und hergehen. Jetzt haben die ganzen Wettbewerbe alle auf digital umgestellt und mit Digitalthema ist es jetzt so, dass die Biere nicht mehr alle gleichzeitig kommen, sondern eins nach dem anderen und man eins nach dem anderen bewertet. Und das bedeutet, dass es dann natürlich umso schwerer ist, wenn jetzt zum Beispiel gerade das erste Bier ein sehr, sehr gutes ist, weil man ja, nachdem man ja nicht weiß, was noch kommt, normalerweise nicht dem ersten Bier gleich die Maximalpunktzahl gibt. Aber wenn man dann eben merkt, okay, alles, was danach kommt, ist einfach deutlich schlechter, dann wird es irgendwann dünn nach unten und dann muss man damit irgendwie umgehen. Also ist halt einfach auch eine Erfahrungsgeschichte, die man jetzt so ein bisschen neu lernen muss, was sich ein bisschen einpegeln muss. Aber das ist zum Beispiel so ein Thema, dass man in der Tat dann vorsichtig sein muss, dass man nicht so ein allererstes Bier, was eben richtig gut ist, dass man das nicht zu schlecht bewertet, nur vor dem Hintergrund, weil es eben das Erste ist und da entsprechend so ein bisschen, ja, drauf schaut. Also das ist sicherlich ein Punkt, die Gläser, ist auch ein ganz, ganz wichtiger Punkt. Da ist es zum Beispiel leider beim World Beer Cup so, dass in Plastikbechern verkostet wird. Das sind zwar trotzdem sensorisch einigermaßen verwendbare Plastikbecher, aber natürlich  nicht zu vergleichen mit einem vernünftigen Glas, wo man das dann ganz anders anschauen und riechen und schmecken kann. Es ist zwar für alle gleich, aber es ist halt für alle gleich schlecht. Und das ist dann manchmal auch ein bisschen schade, gerade wenn man Bierstile hat, die natürlich von einem Glas und von der Präsentation leben. Also zum Beispiel die Weißbiere, wo einfach die fruchtigen bananigen Noten sich schön entfalten, wenn man eben Raum im Glas hat. Und ich finde dieses ganz schwer, wenn die dann eiskalt in so einem Plastikbecher serviert werden, dann ist das hart, also auch für uns als Juroren natürlich, das entsprechend dann zu beurteilen, zu bewerten. Aber immerhin, wie gesagt, es ist für alle gleich und gehört natürlich dann auch irgendwie zu unserer Aufgabenstellung dazu, dass wir das mit in Betracht ziehen und dann entsprechend eben mit dem Plastikbecher noch ein bisschen umgehen, das Bier vielleicht ein bisschen beleben, durchschwenken, vielleicht ein bisschen erwärmen und dann eben auch dem noch eine 2. Chance geben und da dann wirklich dem auch ein bisschen Rechenschaft geben, dass wir mit den Umständen umgehen müssen, wie sie am Tisch eben so sind. Was das Bier an sich angeht, ist es in der Tat so dass Biere, die weitergereist sind, in vielen Bierstilen natürlich leiden. Also Bier ist ein Frischegetränk und will eigentlich sofort aus der Brauerei frisch getrunken werden, die meisten jedenfalls. Und wenn man da eben zwischendurch noch mal 4 oder 6 Wochen oder 8 Wochen oder noch mehr Transport hat und das dann vielleicht noch mit einem Überseecontainer irgendwie übers Schiff oder übers Flugzeug mit verschiedensten Druckverhältnissen ist, ist das durchaus schwierig, tut auch nicht jedem Bier gut. Große Wettbewerbe wie der World Beer Cup zum Beispiel machen das so, dass die die Biere dann auf dem jeweiligen Kontinent in Europa zum Beispiel sammeln, dann einen gekühlten Container nehmen oder einen gekühlten Frachtraum in einem Flugzeug oder so, um dann zumindest die Kühlkette einigermaßen einhalten zu können. Also das war früher, glaube ich, mal schlimmer, das ist jetzt besser, aber trotzdem merkt man schon immer wieder mal, also gerade zum Beispiel bei Wettbewerben, die etwas später im Sommer stattfinden, dass dann einfach viele Biere oxidiert sind, bei vielen die Reise einfach entsprechend ihre Spuren hinterlässt. Das hilft aber nix, also weil wir können ja nicht extrem polieren, wie das Bier gewesen wäre, wenn wir das vor 8 Wochen frisch getrunken hätten, das weiß man ja eben nicht, wir können immer nur das beurteilen, was im Glas ist, und da versuche ich schon immer auch dem Bierwettbewerb entsprechend Rückmeldungen zu geben. Also klar bewerten wir die Biere jetzt nicht so gut, weil sie eben diese Reisefehler sozusagen haben, aber es ist vielleicht auch ein Grund für den Bierwettbewerb eben mal drüber nachzudenken, ob man an den Datelines was ändern kann, an dem Shipping-Prozess irgendwie was ändern kann, um die Biere in einen besseren Zustand zu kriegen. Weil, das Problem an der Geschichte ist ja, die Brauereien zahlen Geld dafür, ihre Biere einzureichen und die Wettbewerbe leben von diesem Geld. Und wenn die Brauereien jetzt reihenweise die Rückmeldung bekommen, dass die Biere alle oxidiert sind wegen des Transportprozesses, dann wäre ja die logische Entscheidung, wenn ich die Brauerei hätte, dann reiche ich da meine Biere nicht mehr ein, weil ich ja nicht gewinnen kann, wenn die Biere durch die Reise einfach entsprechend leiden. Und das bedeutet unterm Strich, dass der Wettbewerb ja Einnahmen verliert und damit das Ganze eben kein Geschäft mehr ist. Und dann wäre es ja besser, eher Möglichkeiten zu finden, wie man der Brauerei helfen kann oder den Wettbewerb unterstützen kann, dass man die Biere in einem besseren Zustand in den Wettbewerb bekommt. Und das ist eben so ein Punkt, wo wir versuchen schon auch wo es geht, drauf hinzuwirken und auch Feedback zu geben entsprechend. Ja, aber, wie gesagt, also das ist so, gerade unsere deutschen frischen untergärigen Bierstile. Also klingt jetzt ein bisschen wie ein Widerspruch, weil ja unsere Lagerbiere, wie der Name schon sagt, eigentlich davon leben, dass sie gelagert werden, aber eben nicht, dass Sie durch die Gegend gekarrt werden. Und das in der Tat macht dann vieles und gerade so unser hellen Pils, selbst Bockbiere oder sowas, da merkt man einfach, die haben dann schon etwas auf dem Buckel, bis die dann da am Tisch stehen. Ist aber umgekehrt genauso, wenn wir dann zum Beispiel hier in Europa Wettbewerbe haben und dann kommen Biere aus Asien, aus Südamerika oder aus Nordamerika, dann haben die natürlich diesen Nachteil und haben zum Beispiel nicht mehr diesen strahlenden Hopfencharakter oder diese schöne crispe Bitternis, die man da normalerweise bei einem IPA erhofft oder so, da fehlt dann halt auch ein bisschen was. Also das gehört auch ein bisschen dazu, dass man so ein bisschen damit umgehen kann, trotzdem versuchen wir so objektiv zu sein wie es geht und die Biere so zu bewerten wie sie am Tisch stehen.

Holger: Ja, okay. Also ich sehe schon, ein spannendes Thema, da sollten wir uns wirklich mal überlegen, ob wir das nicht vielleicht zu einer neuen Tradition entwickeln, dass wir immer wieder Mal einen BierTalk machen, wo ich dich frage und du zu Wort kommst. Wir können ja Mal die Hörer dazu auffordern, nach diesem BierTalk uns dazu eine Rückmeldung zu geben, ob das nicht eine tolle Idee wäre und vielleicht sogar gleichzeitig mit Themenvorschlägen versehen, was ich dich mal fragen soll oder so. Aber jetzt lass uns noch mal in eine etwas andere Richtung gehen, wir bleiben sozusagen in Amerika. Ich sage mal hier in Deutschland hat sich ja die Craftbeer-Szene doch stark beruhigt, Corona hat da sehr viel verändert. Und wie hast du das erlebt, also wie ist das in Amerika, ist das immer noch total lebendig, so wie es damals rüber geschwappt ist, gibt es da eine Veränderung? Und wie würdest du das beurteilen, was ist dir begegnet?

Markus: Ja, also das ist auch eine sehr, sehr vielschichtige Frage. Ich finde, also ganz grundsätzlich ist es total interessant, weil sich sowohl Unterschiede wie auch Gemeinsamkeiten ergeben, also das heißt, auf der einen Seite Unterschied. Was dort immer noch ungebrochen ist, ist ein gewisser Optimismus, ein gewisser Pioniergeist, Aufbruchstimmung. Also da ist immer noch die, die jetzt Brauereien aufgemacht haben oder vor Kurzem welche aufgemacht haben, die sind immer noch voller Tatendrang. Und war auch auf der Messe dann zum Beispiel zu sehen. Also im Anschluss an den World Beer Cup ist dann immer die  Craft Brewers Conference, was eine riesengroße Fachmesse sozusagen ist. Da haben sie mir zwar rückmeldet, dass insgesamt wesentlich weniger Besucher da waren, aber die, die da waren, sehr viel mehr gekauft haben. Also da sieht man, dass tatsächlich doch jetzt, obwohl die Situation dort drüben bei Weitem nicht rosig ist, investiert wird in neue Anlagen, in neue Rohstoffe, Lieferantenverträge und so weiter. Also da geht tatsächlich was und die schauen anders in die Zukunft. Wo bei uns man irgendwie den Eindruck hat, viele fangen an, den Kopf in den Sand zu stecken und sie suchen nur noch nach Schuldigen und nicht mehr nach Lösungen, das hat man da drüben nicht so, also die sind schon wirklich eher nach vorne orientiert und wollen dann tatsächlich auch was tun. Auf der anderen Seite sieht man auch Gemeinsamkeiten. Also was ich wirklich sehr interessant fand, die wenden sich ab von diesem Begriff Craft in der Form, wie das seit Jahrzehnten eigentlich jetzt zelebriert worden ist. Also Craft steht ja eigentlich für diese sehr extremen, sehr aromatischen, oft auch sehr alkoholstarken Biere aus eben so kleinen jungen amerikanischen, sage ich mal, rebellischen Brauereien, die eben versuchen, Biere möglichst extrem und möglichst intensiv und abwechslungsreich und sowas zu machen. Und da gibt es jetzt eben ganz, ganz viele kleine Brauereien gerade auf dem Land oder in den kleineren Städten, die eben sagen, das wollen wir gar nicht sein. Also wir wollen nicht die Brauerei sein, die jede Woche ein anderes schräges IPA rausbringt oder ein, was weiß ich, Marshmallow infused Vanilla Cocktail-Stout oder was weiß ich was, sondern die machen ein Kellerbier und ein Weizen und ein normales Pale Ale und manche sogar ein Light American Lager, also praktisch so ein Gegenstück zu einem Bud Light oder zu einem Budweiser, mit etwas mehr Aroma, mit ein bisschen mehr Selbstbewusstsein, vielleicht eher nach dem Reinheitsgebot und so, also ohne die Mais- und Reiszufügungen oder so, aber eben ganz normale Biere. Und die sagen dann, nee, wir wollen nicht Craft-Brauerei sein, sondern wir wollen einfach die regionale Brauerei vor Ort sein, die hier eben schöne Biere von den Leuten für hier für die Leute von hier macht und praktisch der Nahversorger in Sachen Bier sein. Und das finde ich ganz interessant, also dass man sich von diesem doch sehr intensiven lauten Craft-Gedanken so ein bisschen abwendet und hingeht zu dem, was hier vielleicht auch so kennen. Also bei uns in Franken ist es ja zum Beispiel so, wenn du 90 % der Brauereien hier fragst, da würde keine einzige sagen, sie ist eine Craft-Brauerei, sondern die sagen alle, ja, wir sind halt Tradition, uns gibt es schon immer. Und wir machen halt, was wir machen und haben halt eine ganz andere Philosophie, eine ganz andere Idee, als jetzt die große Industriebrauerei von nebenan, aber wir würden uns niemals als Craft, als junge Rebellen, als Extreme bezeichnen, sondern wir wollen einfach ein ganz normales Bier machen. Und ich glaube, die Kombination ist sogar in den USA jetzt gar nicht schlecht. Also wenn man mal auf die Zahlen guckt, sie waren ja deutlich über 10.000 Brauereien, hatten jetzt den regelrechten Absturz, sind jetzt irgendwo wieder bei 9.000 oder vielleicht sogar leicht drunter. Also das ist schon ein ganz schön krasser Absturz. Also da sieht man auch, der Markt konsolidiert sich, aber eben, wie gesagt, man hat den Eindruck, dass das Selbstverständnis sich ein bisschen ändert, aber das dieser Wille und die Lust und einfach das Nachvorneschauen und dieser Unternehmergeist und sowas, das ist einfach sehr viel stärker als bei uns. Da wird sehr viel ehr nach vorne geschaut, sehr viel mehr die Sachen einfach in die eigene Hand genommen und gesagt, okay, wenn es nicht läuft, dann müssen wir halt was tun. Und das vermisse ich manchmal so ein bisschen hier auf dieser Seite vom Atlantik. Und das fand ich toll, also das man das noch so sehen kann und ich bin mal gespannt, wie da die Entwicklung weitergeht.

Holger: Wie siehst du bei uns in Deutschland die Entwicklungen, also glaubst du, dass das wiederkommt, also dass das dann noch mal neu belebt wird? Also dass eben so der Gedanke, wir sind nicht rebellisch und verrückt, so wie du es jetzt gerade beschrieben hast, sondern wir sind traditionell und gut, also echt und begeisternd und so bieten wir unsere Produkte eben regional lokal an, glaubst du, das belebt das alles noch mal oder ist eigentlich das, was wir erlebt haben, ich sage jetzt mal, zwischen, ja, 2010 und 2019, 2020, ist das unwiederbringlich vorbei?

Markus: Also ich denke, so, wie es war, ist es unwiederbringlich vorbei, das war schon einzigartig, da ist mittlerweile auch viel zu viel passiert. Also so, wie die Welt durch 2001 massiv verändert worden ist und nie wieder so sein wird, wie es in den 90ern war, so ist, glaube ich, auch nach dieser Pandemie und dem Ukraine-Krieg auch vieles nicht mehr so zurückdrehbar, da hat sich viel zu viel verändert. Also da sind auch viele äußere Einflüsse, die damit zu tun haben. Aber auch, was die Bierwelt an sich angeht, glaube ich, das kriegen wir so nicht wieder zurück. Weil, das war ja auch so ein bisschen so ein naiver Glaube, wir müssen einfach nur eine Brauerei aufmachen und bunte Logos machen und viel Hopfen reinschmeißen und dann wird es schon und war ja auch bei vielen lange Zeit so, da sind jetzt die Herausforderungen ein bisschen anders. Und ich habe so ein bisschen, ja, ich bin so hin- und hergerissen, auf der einen Seite habe ich auch ein bisschen Angst um viele Player in der Bierwelt, da sie da nicht unter die Räder kommen, auf der anderen Seite habe ich aber viel Vertrauen. Also was will ich damit sagen, wenn ich jetzt mit Brauereien spreche, mache ich ja viel, dann sind es ja gerade hier bei uns der Gegend einfach Unternehmen, die gibt es teilweise seit 4-, 5-, 600 Jahren und dann sage ich denen immer, naja, also überleg mal, was dein Laden schon mitgemacht hat. Also da war der 30-jährige Krieg, da war die Pest, die zehnmal über das Land hier hin- und hergefegt ist, alle möglichen Invasionen, was weiß ich, was alles passiert ist, bis hin dann eben zu den Weltkriegen, zur Inflation, Hungersnot und so weiter, und all das hat deine Brauerei, deinen Laden über die ganzen Generationen überstanden, überlebt und wurde weitergeführt, man hat sich immer angepasst und hat immer Wege gefunden, wie man eben weitermachen kann. Und ich glaube, man muss eben zu diesen Tugenden ein bisschen wieder zurückfinden. Weil, viele Brauer, glaube ich, sind in so einer Bequemlichkeitsnische seit dem Ende des 19. Jahrhunderts, weil sich da die ganze Bierwelt bei uns eben drauf eingestellt hat, wir machen einfach untergärige Biere, rund um 5 %, die machen wir hell und mit einer gewissen Hopfennote und am Ende kam dann halt überall so eine Art Pils raus. Das hat sich jetzt ein bisschen abgeschwächt in Richtung Helles, aber ist das ist so ein Mainstream-Thema. Und wenn die jetzt feststellen, okay, das ist vielleicht nicht mehr das, was ankommt, dann finden die da keine Lösungen mehr, weil ihre Welt besteht aus dem, also die können gar nicht groß anders denken. Da ist es schon was Besonderes, wenn man an ein Dunkles oder ein Rauchbier oder sowas, selbst das wird ja in vielen Gegenden von Deutschland schon als ganz exotisches und ganz besonderes Bier wahrgenommen, was es ja in Wahrheit eigentlich gar nicht ist. Und das, was eigentlich ja jetzt wichtig ist, man muss ja überlegen, wir haben ja nicht nur die wirtschaftliche Situation, sondern wir haben einfach auch die Situation, dass die Demographie sich ändert und dass die neuen jüngeren Generationen einfach in ihrem Konsumverhalten ganz anders sind. Das heißt, sie haben bei den jungen Menschen teilweise 50 %, die einfach sagen, ich will keinen Alkohol trinken, will ich nicht. Und wenn ich die Alternative habe, was anders zu kriegen, dann nehme ich das. Und das bedeutet natürlich, wenn eine Brauerei knallhart und stur drauf festhält, wir machen ein 5 % helles untergäriges Bier, dann produzieren die an mindestens 50 % ihrer zukünftigen Zielgruppe vorbei. Und wenn das alle machen, kann man sich ja auch ausrechnen, dass damit mindesten 50 % der Unternehmen langfristig nicht mehr existieren, weil ihnen einfach die Leute fehlen, die das Bier dann konsumieren und das ist natürlich schwierig. Die Frage ist, was kann ich denn machen, also was kann ich dieser Zielgruppe anbieten, wie kann ich denen ein Angebot machen aus meiner Brauerei, aus meinem Laden heraus, dass die mir trotzdem als Kunden erhalten bleiben? Da muss ich mich eben zurückerinnern, was war denn eine Brauerei vor 1850. Da hat man ja auch nicht nur dieses helle 5-%-Bier produziert, sondern da gab es eine riesengroße Bandbreite von sehr leichten Bieren, von Limonaden, von allen möglichen Getränken, die man in so einer Brauerei eben hergestellt hat, die nicht nur diesem einen Thema entsprochen haben. Und ich glaube, da müssen Brauer wieder hin, dass sie sich einfach als Getränkekompetenzzentrum verstehen und sagen, okay – das passiert ja, wenn man ein bisschen schaut, bei den Größeren zumindest – ich kann auch ein Spezi machen, ich kann eine Limo machen, aber ich kann auch Kombucha machen oder ich kann mir ein Hopfenwasser einfallen lassen oder alle möglichen Dinge. Weil, das Gute ist ja, was Leute auf jeden Fall wollen, auch diese junge Zielgruppe, die wollen nicht übermäßig viele Kalorien, die wollen keine künstliche Farbstoffe, keine künstlichen Aromen, die wollen eben grundsätzlich ein gesundes, gutschmeckendes Getränk. Und das ist ja das, was eine Brauerei prinzipiell kann, wenn man sich den Alkohol wegdenkt. Ein fermentiertes Getränk, was nach dem Reinheitsgebot hergestellt ist, ist ein wunderbares Getränk für alle Lebenslagen und wenn es ohne Alkohol ist, dann ist es eben auch noch perfekt und gesund, mit ganz vielen Inhaltstoffen. Und das muss eine Brauerei einfach leisten, und ich das kann sie auch. Da gibt es mittlerweile auch die Technologie dafür, man muss keine Millionen mehr investieren, um solche Getränke herstellen zu können, da müssen sie jetzt einfach mal ihre Kunst zeigen. Und gelernt haben sie es in der Ausbildung, die Möglichkeiten haben sie in der Kommunikation, es wird in der Branche auch genug gesprochen, auf allen Kongressen gibt es entsprechende Vorträge, was man da alles tun kann. Und ich glaube, das ist eben der Punkt, da erwarte ich mir einfach, dass die ein bisschen mehr jetzt einfach nach vorne schauen, die Situation nutzen, wo sie jetzt noch in Saft und Kraft stehen und auch die wirtschaftliche Power haben, da neue Gedanken zu entwickeln, neue Produkte, neue Kommunikationen vielleicht auch und damit eben Antworten finden auf die Fragen dieser jungen Generation. Und da ist für mich eben die große Frage, schaffen wir das, schaffen dass genügend Unternehmen und wer bleibt dabei so alles auf der Strecke? Und einige gibt es ja auch schon, die nicht mehr da sind und das wird auch natürlich eine Zeitlang so weitergehen. Und das ist ein bisschen schade, aber gehört vielleicht auch einfach zum Wandel dazu, der halt Leben generell ist, also wir sind ja keine statische Gesellschaft, sondern wir sind immer im Wandel und so eben auch da.

Holger: Ja, okay, spannend. Also  jetzt ist ja gute Tradition und wir haben ja jetzt auch schon ganz schön viel gesprochen, einfach mal auf die Bier auch zu schauen, die wir beide uns hier ausgesucht haben. Und jetzt bin ich ja mal total gespannt, also was du da jetzt vor dir stehen hast, weil, also jetzt könnte es ja so was sein, also ich weiß ja, du nimmst dann immer noch drei Koffer zusätzlich mit und bringts dann alles Mögliche weder zurück in die Heimat. Also es könnte ja jetzt was ganz Verrücktes aus Amerika sein oder was ganz Klassisches aus Amerika oder es könnte natürlich auch sowas sein, wie du es gerade beschrieben hast, also einfach gut gebraut und echt, ja, ein lokales Bier, das begeistert. Also ich bin sehr gespannt, also lass uns doch mal erfahren, was hast du dir heute überlegt?

Markus: Ja, also ich bin zwischen diesen ganzen Welten. Und ich muss auch sagen, ich habe zum ersten Mal tatsächlich aus Amerika nicht viel Bier mitgebracht, einfach weil ich auf dem Hinweg so viel Bier dabei hatte, dass ich im Koffer nahezu nichts sonst hatte und dann habe ich mir natürlich dort drüben noch Kleidung kaufen müssen und so weiter, um dann einigermaßen da wieder zurückkommen zu können und da war der Koffer schon ziemlich voll. Dementsprechend habe ich nur 2 Dosen mitgebracht und das ist ein ganz krasses holzfassgereiftes Bier, dass ich jetzt für den BierTalk mittags nicht aufmachen wollte, weil es auch alkoholmäßig total stark ist. Aber das nur mal gesagt am Rande, also wer mal dahinkommt, in Indianapolis gibt es eine Brauerei, die nennt sich Sun King und die haben eben ein total faszinierendes Holzfassprojekt, nehmen sich dann immer etwas vor, was sie nachbilden in Bier. Also zum Beispiel gab es dort ein Negroni-Bier, wo sie dann wirklich mit Bier und der Holzfasslagerung nahezu eins zu eins das Negroni-Aroma nachgespielt haben, aber mit der Drinkability von Bier, nur mit den Aromen, also sehr, sehr interessant. Und was ich da mitgebracht habe, war deren Version eines Rum-Cola, also auch total verrückt. Das wollte ich einfach für uns, wenn wir mal wieder zusammensitzen in der Runde mit dem BierAkademie-Dozenten oder sowas, mal mitbringen, um zu zeigen, was geht, wenn man nur will und lang genug damit rumspielt. Deswegen habe ich tatsächlich jetzt hier was genommen, was in der Zeit, während ich weg war, angekommen ist. Und zwar kriege ich ja immer mal wieder so ein bisschen Bierpost und da kommt hier aus der Ecke, wir haben ja die Maisel Brauerei hier, wo wir einen sehr denkwürdigen BierTalk mal gemacht haben mit Jeff Maisel, falls du dich erinnerst, aber, ich denke, du erinnerst dich, genau. Und die haben mir ihre neue Kreation geschickt, das ist die Neuauflage von dem Bockville und das ist praktisch so eine Mischung aus einem IPA und einem Bock, also am Ende kommt dann ein Imperial India Pale Lager dabei raus, was schon wieder schwierig ist, also ich sage mal, fast in dieser Craft-Ecke. Also wenn man das übersetzt, bedeutet das eben ein starker heller Bock, der mit sehr viel Hopfen gestopft worden ist, wir kommen am Ende bei 7,53 % raus. Was da ein bisschen mitschwingt, ist natürlich auch ein großer Unterschied zum Beispiel zu den USA, weil dort wird ein 7-%-IPA niemals als Imperial gelten, das ist ganz normal. Und man darf auch nicht vergessen, dass dort mittlerweile fast alle IPAs, also zumindest die West Coast IPAs und Pale Ales gar keine Ales mehr sind, sondern mit untergäriger Hefe gebraut werden, um dem Hopfen noch mehr Spielraum zu geben und dem Bier an sich noch mehr Drinkability zu geben. Das ist ganz interessant, also egal, wenn da IPA draufsteht, ist deswegen noch lange kein A drin, da sind die auch relativ locker, was das angeht. Also dementsprechend ein Bier, was ein bisschen in diese Welten spielt. Und hier haben sie eben eine ganz lustige Komponente verschiedenster Hopfen genommen. Ich schaue gerade mal, ob was dazu drauf steht, welche drin sind. Leider nicht, aber ich würde jetzt mal vermuten, ganz viel aus der Citrus-, aus der Tropenecke, so kommt es auch rüber. Also ein ganz fruchtiges, frisches und für seine 7 % dann auch relativ leicht trinkbares Bier. Und ich habe mir gedacht, das probiere ich jetzt einfach hier mal so, um die beiden Welten zu verbinden, also einerseits die doch recht kreativen IPAs und auf der anderen Seite eben das bodenständige schöne Lager oder auch Bockbier, wo es dann doch auch trotz des etwas höheren Alkoholgehalts um eine schöne Drinkability geht. Und ich habe dann eben auch ein bisschen was zu essen mir noch hingestellt, weil wir ja Mittag haben und weil ich wusste, du willst Food-Pairing spielen, habe ich gedacht, spiele ich auch mal. Keine Ahnung, ob es funktioniert, das werden wir dann wissen, aber spannend. Also auf jeden Fall viel Frucht, durchaus eine etwas alkoholische Note, schön wärmend, am Ende eine angenehme runde Bittere, was man, ja, wirklich schön trinken kann. Interessant, was da mittlerweile ist. Man muss auch dazu noch vielleicht sagen, dass es ja ganz spannend ist, eben vor 15 Jahren wäre so ein Bier gefeiert worden als Augenöffner, Türöffner, was weiß ich was, mittlerweile kommt es einfach mal eben so als nächste Edition wieder vorbei, weil wir da auch eine gewisse Normalität mittlerweile erreicht haben, selbst in unseren ganz klassischen fränkischen Brauereien. Ja, was hast du denn?

Holger: Ja, sehr gut. Ja, also ich hoffe, ich habe was, was du überhaupt nicht kennst, zumindest nicht als Marke. Also vor mir steht ein Bier aus den Niederlanden und hat so, ja, so dunkle Bernsteinfarbe, fast so ins Bronzeartige, aber mit ganz weißem, wirklich sehr stabilen Schaum. Und, ja, also wenn man so reinriecht, dann hat man so ein schönes Zusammenspiel so von so blumigen Noten, von Citrusfrüchten, auch grasige Aromen, gibt so einen Hauch dazu, ja, was dann auch wieder ganz toll zur Story passt mit dem Gras, kann ich gleich mal erklären. Und ich nehme jetzt mal einen Schluck. Genau, also da gibt es dann so eine leichte Bitterkeit, man merkt, da ist irgendwie auch Aromahopfen drin irgendwie. Und da ist Lactose dabei, die so ein bisschen diese Süße des Milchzuckers mit der leichten Bitterkeit, ich denke, das Pilsener Malz verbindet, ja. Und was genau für ein Hopfen verwendet wurde, kann ich gar nicht sagen, ich denke auch, das sind verschiedene Hopfen, die da gut ausbalanciert sind, also eben auch mit der Citrusfruchtigkeit, also auf jeden Fall Aromahopfen. Und das ist ein Bier, das die selber eben herstellen, und zwar ist es eigentlich ein Bauernhof, der ganz besondere Kühe hält und auch einen ganz besonderen Gouda produziert. Und diese Mark heißt Remeker, kommt, sage ich mal, so aus der Gegend von Arnheim. Also wenn man jetzt im Ruhrgebiet wohnt, wo ich ja lange gelebt habe und auch das meine Heimat ist, dann kann man da mal schnell rüberfahren und sich da eben es gutgehen lassen. Und ich habe das kennengelernt eben von jemanden, der sich sehr mit Käse beschäftigt. Und Gouda ist ja, ja, jetzt auch kein Käse, wo man jetzt sagt, okay, der hat jetzt Weltruhm in Richtung Komplexität und so, ja, aber Gouda ist dann doch auch ein ganz typischer niederländischer Käse. Und die bieten verschiedene Sorten an und das hat dann immer was mit der Reifung zu tun. Und ich kann dir nur sagen, du hast in deinem ganzen Leben noch nicht so einen Gouda gegessen. Also das Bier ist auch toll und es harmoniert wirklich zu dem jungen Gouda, den die produzieren, zu dem mittelalten und auch zu dem alten. Und dann gibt es noch so einen super alten, den nennen die Bracht, ja, also wir würden sagen Pracht, ja. Und so ist es auch, der hat dann so richtige Kristalle und ist eigentlich, ja, hat so eine bröckelige Struktur, aber auf der Zunge, im Mund wird das eben zu einer Cremigkeit entwickelt, wie ich sie selten erlebt habe. Also ich möchte behaupten, man kann mit diesem Gouda sogar ein Fondue machen. Also du siehst, ich bin da voll des Lobes und könnte man wirklich mal ausprobieren. Also Remeker muss man sich mal merken und die Kombination von dem Bier. Die schreiben drauf, dass es ein Blonde ist, ja, aber ich weiß gar nicht genau, ob ich das so als typisches Blonde da so einsortieren würde, in jedem Fall obergärig und Alkoholgehalt ist 4,5 %, also nicht zu stark und in Verbindung mit dem Käse eine Offenbarung, unbedingt, unbedingt, unbedingt ausprobieren.

Markus: Ja, also da machst du mir jetzt wirklich Lust, das auch zu tun. Ich muss sagen, ich habe tatsächlich schon auch verschiedene Goudas probiert, vor allem auch in verschiedenen Reifestufen und mir ist durchaus bewusst, dass es da Unterschiede gibt, aber dass es so krass ist, finde ich natürlich sehr, sehr cool. Also kann ich noch nicht, werde ich unbedingt auch mal ausprobieren, spannend. Holland ist immer noch ein bisschen weißer Fleck auf meiner Landkarte, muss ich sagen, also ein bisschen öfters war ich jetzt schon da, aber bei Weitem nicht so, wie man das eigentlich müsste, das Land hat ja viel zu bieten. Ich war witzigerweise in Gouda selber, also es gibt ja einen Ort, der so heißt, wo dann ja auch der Käse verortet ist und da gibt es auch ein Gouda-Museum, das ganz witzig gemacht ist, so ein bisschen Disney-World-dig, aber noch auf eine nette Art und Weise, das fand ich auch ganz toll, das mal zu sehen. Und da gibt es eben auch historisch ja diesen Marktplatz, wo dann früher diese ganzen Käselaibe auch gerollt und gehandelt und überhaupt wurden. Und das ist schon, also hinter diesem Käse steckt unheimlich viel, sensorisch wie auch geschichtlich. Und bei uns ist das, glaube ich, einfach dadurch, dass der im Supermarkt, in Anführungsstrichen, so viel verramscht wird einfach, hat der gar keinen Stellenwert, wird immer nur als Überbackungsmittel für Pizza und sonst was verwendet, aber eigentlich ist das ganz unfair, also weil. das ist schon ein toller Käse mit viel Potenzial ist.

Holger: Also wir können ja vielleicht noch so ein bisschen tiefer so einsteigen. Also wir würden ja sagen, zu so einer anspruchsvollen Käseplatte, da gehören einfach Gruyère und Comté und Roquefort und Manchego und, weiß ich nicht, irgendwelche tollen Weichkäse, ja, aber auf Gouda kommt dann erst mal keiner. Und was macht es wirklich besonders, also auf diesem Bauernhof gibt es ausschließlich Jersey-Kühe, ja, das ist eine Rasse und die dürfen eben auf einem ca. 100 Hektar großen Areal leben und dieses Areal ist seit 40 Jahren nicht mehr bearbeitet worden, also da ist der Boden nicht gewendet, da gibt es alte Rasensorten. Das habe ich auch gesagt, also dieses grasige Aroma aus dem Bier harmoniert dann auch ein bisschen so mit der Story. Und dann gibt es eben Kleesorten und eben diese alten Grassorten, die manchmal eigentlich gar nicht mehr hat. Und das Besondere ist, so moderne Turborasen, die können gar nicht mehr nur mit Gras umgehen, also die brauchen Kraftfutter, die brauchen Mais, die können gar nicht mehr nur mit Gras klarkommen. Und bei diesen Kühen ist es so, also die werden wirklich nur von diesem Boden ernährt, im Winter gibt es dann Heu und sonst kriegen die nix anderes und die werden natürlich auch nicht mit Antibiotika behandelt. Also das ist wirklich ein ganz, ganz spannendes Konzept. Und eigentlich ist es eben so, dass das alles eben diesen Geschmack auch produziert, ja. Und es wird ausschließlich Rohmilch verarbeitet und die wird dann niemals im Prinzip über die Körpertemperatur der Kühe überhaupt erhitzt, also bleibt bei 38 Grad. Dann gibt es eben diese Sorten, also der junge Gouda heißt Pril, ist so 3 bis 4 Monate gereift, dann gibt es den Ryp, der ist 5  bis 6 Monate gereift, dann gibt es eben den alten Gouda und eben Pracht. Und was auch noch vielleicht wirklich bemerkenswert ist, normalerweise werden ja dann die Käsesalbe so mit so einer Salzlake immer wieder eingerieben. Das machen die auch überhaupt nicht, sondern machen das mit Butterschmalz und nur damit wird gewaschen und dann entstehen da wiederum so besondere Pilze, die dann auch noch mal einen Geschmack produzieren. Also wenn ich spätestens jetzt nicht geschafft habe, dass eben sozusagen der natürliche Prozess in dieser gesamten Kette diesen unglaublichen Geschmack produziert und wenn das jetzt nicht dazu führt, dass alle sagen, ej, ich muss jetzt sofort diesen Gouda probieren, den der da so anpreist, also dann weiß ich es aber auch nicht.

Markus: Nee, das weiß ich dann auch nicht. Und wir werden auf jeden Fall natürlich in den Shownotes das auch verlinken, sodass die Leute da auch hinkommen, wenn es irgendeine Internetseite oder sowas dazu gibt, zumindest um sich zu informieren. Also super spannend, finde ich auch toll.

Holger: Es gibt einen Webshop, den können wir gerne verlinken und, ja, auf jeden Fall, also das müssen wir machen, also das ist was Besonderes.

Markus: Ja, nee, machen wir auf jeden Fall. Also ich muss sagen, ich habe mir auch ein bisschen was zum Spielen hierhin gestellt und was ich jetzt auf die Schnelle hatte, wo ich mir gedacht habe, das wäre vielleicht ganz interessant, mit diesem Bockville IPL auszuprobieren, ich habe auf der einen Seite noch ein bisschen einen französischen Käse. Die Franzosen reden, glaube ich, einfach grundsätzlich mehr als die Holländer, zumindest über diese ganzen emotionalen und geschmacklichen Sachen. Der klassische Holländer ist, glaube ich, eher so auf nüchterne Zahlen und sowas fixiert, deswegen sind die Käse, glaube ich, auch nicht so in der Kommunikation wie jetzt eben die französischen. Und da habe ich einen Fourme d’Ambert aus der Auvergne und auch mit so historischer Milch, da gibt es so eine Kuhrasse, die gibt gar nicht so viel Milch und die sind eben dafür dann zuständig, diesen Käse herzustellen. Der wird dann versetzt auch mit so einer Blauschimmelkultur, wird dann so mit langen nadeln eingestochen, dass da auch Sauerstoff hinkommt, dass diese Blauschimmelkulturen auch wachsen können und dann entsteht und gedeiht der. Der ist eher mild in dem Blauschimmelkäsen sozusagen und ich habe mir gedacht, das müsste zu dem Bier eigentlich ganz gut passen. Also jetzt probiere ich das mal aus, ich nehme mal ein Stückchen von dem Käse, schauen wir mal, so und probiere den jetzt mal zusammen mit dem Bier. Und in der Tat, das harmoniert großartig, also das Bier wird viel fruchtiger, die Bittere geht zurück. Der Käse hat ja auch durch den Blauschimmel so ein bisschen was Bitteres das geht auch zurück, dafür sind die Aromen des, das geht so in so eine Champignon-Richtung, werden sehr viel intensiver, sehr viel stärker und insgesamt ist es total rund und weich. Also auch ein tolles Erlebnis, kann man total schön machen. Und muss man da immer auswählen, wie intensiv das Bier und wie intensiv der Käse, kann man ja in der Palette viel spielen, durchaus spannend. Und dann habe ich mir noch als zweites hingestellt, das ist etwas aus unserer BierTalk-Geschichte, sagen wir mal, weil am Anfang haben wir ja die BierTalks auch noch gemacht in Kombination mit Verkostungen und hatten dann ja auch so ein paar Pairings. Und mitten in der Pandemie gab es einen neuen Joghurt, und zwar war das ein Rahmjoghurt mit spanischer Organe und den fand ich total cool. Ich weiß gar nicht mehr, was wir damals für ein Bier hatten, aber es war, glaube ich, auch ein Imperial IPA, irgend sowas. Und den habe ich neulich wieder entdeckt und habe gedacht, den nehme ich jetzt mal mit und der Zeitpunkt kommt, wo ich ihn brauchen kann und jetzt ist er da. Den mache ich jetzt auch mal auf und probiere mal, ob das auf der süßen Ebene auch läuft. Also ich kann mich erinnern, dass das damals einfach eine schöne Kombination war mit diesem Milchzucker, der ja in so einem Joghurt auch drin ist und den Organennoten und all das, also probiere ich jetzt mal da, das Bier dazu. Siehe da, ich habe ein Milch-Shake-IPA gezaubert. Nein, also wunderbar. Es verliert ein bisschen Süße, das ist erstaunlich, aber ansonsten wird es sehr, sehr fruchtig, sehr, sehr weich, tolles Mundgefühl und funktioniert auch als Nachtischbier. Also insofern, ja, man kann tatsächlich mit leichtesten Mitteln ein bisschen experimentieren. Und ich freue mich schon drauf, deinen Gouda auch zu bestellen und dann mal auszuprobieren. Also danke für den Tipp an dieser Stelle.

Holger: Wunderbar! Also, ja, Mensch, also jetzt haben wir schon über eine Stunde wieder gesprochen und du siehst, ja, an meiner Bierbegeisterung, da hat nix nachgelassen und ich bin natürlich wieder so ein bisschen in meine alte Welt zurückgekehrt, also einfach selber ausprobieren, immer wieder für mich selbst experimentieren und so und trotzdem ist ein bisschen Wehmut dabei, dass ich das auch nicht mehr hauptberuflich machen kann, ist eigentlich schade. Aber so ist das und die neue Aufgabe ist auch schön und macht mir viel Freude und viel Spaß und passt ja auch total zu meinem eigentliche Beruf und da geht auch Hobby und Beruf dann auch so ein bisschen ineinander über. Aber, ich fände es toll, wenn wir doch immer wieder mal sowas jetzt wieder gemeinsam machen und ich dich auch zu Wort kommen lassen kann, also das fände ich schön. Und ich fände wirklich gut, wenn uns mal der ein oder andere dazu eine Rückmeldung gibt, wie ihr das jetzt gefunden habt, dass der Markus nicht irgendjemanden interviewt, der eben aus der Bierwelt kommt, ein totaler Experte ist oder eine spannende Geschichte zu erzählen hat, sondern dass wir es auch immer wieder mal umdrehen und Markus zu bestimmten Themen fragen und heute eben die Themen, wie ist das eigentlich bei so einem World Beer Cup und was hat er erlebt in Amerika und der Szene und im Vergleich eben zu unserer Szene. Ich hoffe, es hat euch gefallen. Also mir hat es auf jeden Fall wieder riesig Spaß gemacht und, ja, Markus, es ist einfach ganz großartig, dass wir uns irgendwann mal kennengelernt haben.

Markus: Ja, also das kann ich nur absolut zurückgebe, das ist immer noch so schön, hat mein Leben so unglaublich bereichert und ich wäre auf jeden Fall nicht der, der ich heute bin, wenn wir uns nicht begegnet wären und das ist großartig, also finde ich auch sehr schön und bin da auch sehr dankbar dafür und freue mich auch, dass wir weiterhin in diesem sehr, sehr guten Verhältnis miteinander umgehen und uns trotzdem sehen und treffen und reden und solche schönen Sachen wie jetzt erleben können. Und ich glaube auch, sage niemals nie, also es wird ja irgendwann mal die Zeit kommen, wo du vielleicht nicht mehr fährst und vielleicht hast du dann ja wieder ein bisschen mehr Lust, Bier zu machen und da findet sich vielleicht auch wieder ein Weg, wir werden sehen. Also auf jeden Fall cool, ich fand es auch sehr interessant und hat mir sehr viel Spaß gemacht. Und ich freue mich auch auf das Hörer: innen-Feedback, was da jetzt kommt und dann können wir uns ja da ein bisschen danach ausrichten.

Holger: Ja, macht`s gut und auf jeden Fall irgendwann bis zum nächsten Mal und ihr legt oder entscheidet so ein bisschen mit, wie das aussieht, das fände ich gut. Also, servus!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de.

BierTalk 149 – Interview mit Sebastian Sauer von Freigeist Bierkultur aus Aachen und der Welt

Sebastian Sauer gehört zu den Pionieren der deutschen Craft-Bier-Bewegung – aber nicht etwa mit IPA und Pale Ale, sondern mit vergessenen Bierstilen wie Lichtenhainer, Gose oder Breuhahn. In dieser Folge sprechen wir über seine Anfänge im Dreiländereck von Deutschland, Belgien und den Niederlanden, über wilde Bierreisen von Peru bis Nepal und über seine Leidenschaft für historische Biere, die er mit internationalem Netzwerk und kreativer Ader neu interpretiert. Gemeinsam blicken wir zurück auf 15 Jahre Craft-Beer-Geschichte, diskutieren die Entwicklung der Szene – und lernen, warum manchmal auch Stachelschweinschnaps zur Bierkultur dazugehört. Eine Folge voller Tiefe, Reisen, Rauch – und natürlich Gose…

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BierTalk – Gespräche über und beim Bier.

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute ein Gespräch, dass ich schon ganz, ganz, ganz, ganz lange vorhabe, wo ich mich auch schon unheimlich drauf freue und ich glaube, ihr könnt euch auch drauf freuen, denn ich treffe mich heute mit Sebastian Sauer. Sehr aufmerksame BierTalk-Hörer werden sich erinnern, den Namen haben sie doch schon mal gehört. Ja, es gibt noch einen anderen Sebastian Sauer im Bierzirkus, den wir vor Kurzem auch hatten, da ging es aber um das Lichtenhainer. Wobei, das ist bei unserem Sebastian vielleicht auch ein bisschen der Fall, wir gucken mal. Also erst mal super, wunderbar, dass es klappt, ich freue mich total, dass wir zusammen sind. Lieber Sebastina, vielleicht sagst du noch zwei, drei Worte zu dir und dann steigen wir auch ein.

Sebastian: Hallo, Markus und hallo, liebe Zuhörer, vielen Dank für die Einladung und, ja, vielen Dank für das damit verbundene Interesse. Und, ja, mein Name ist Sebastian Sauer, ich bin Gründer und Inhaber von Freigeist Bierkultur, eins der allerersten ausschließlich auf Craftbeer ausgerichtete Projekte in Deutschland. Und, ja, bin mal gespannt, wo unser Gespräch hingeht heute.

Markus: Ja, das bin ich auch. Und ich muss ja sagen, es ist ja wirklich auch ein bisschen skurril für mich, weil so, als wir uns kennengelernt haben, also das ist ja durchaus schon 15 Jahre her oder so, da waren wir ja so ein bisschen die jungen Wilden, so ungefähr, ne, also zumindest so ein bisschen, Vertreter dieser Art und man hat eben diese neuen Biere und all das so ein bisschen erlebt und gemacht und getan. Und jetzt ist es quasi 15 Jahre später, das ist echt eine verdammt lange Zeit, es hat sich viel verändert und, ich denke, die ganze Branche schaut auch ein bisschen anders aus und wir können da zurückschauen auf eine ganz spannende Zeit und das werden wir heute natürlich auch ein bisschen tun. Trotzdem, würde ich sagen, vielleicht nehmen wir die Hörer: innen mal so ein bisschen mit zu deinen frühen Tagen, sage ich mal. Also ganz banal gesagt, wie hat sich denn bei dir überhaupt die Sache mit dem Bier ergeben und, ja, wie bist du da so reingestolpert oder gestartet?

Sebastian: Also ich komme gebürtig und wohnhaft aus dem Dreiländereck, Niederlande, Belgien, Deutschland und das hat eine ziemliche Bedeutung gehabt bei mir in der Entwicklung. Also ich habe halt relativ jung mit gerademal 17 Jahren angefangen, mich für Bierspezialitäten zu interessieren und habe dann halt geschaut, was ich hier vor Ort bei mir bekommen konnte, um halt diese Biere zu probieren. Und bin dann halt, ja, relativ schnell sind die Vorräte erschöpft gewesen, was dann halt man hier vor Ort in Getränkemärkten bekam und sodass dann halt der weitere Radius dann irgendwann relativ schnell nach Niederlande und Belgien führte. Und das sind natürlich sehr bekannte Bierausrichtungen, die es aus den beiden Länder halt gibt, da schnell auf Bierfestivals und dann halt auch das Thema Craftbeer, sehr schnell in Berührung gekommen. Und das hat mich halt total fasziniert und begeistert, sodass ich das ungefähr so 5 Jahre gemacht habe und eigentlich immer dann, ja, total begeistert war, unheimlich fasziniert war von dieser ganzen Szenerie und dann halt irgendwann gesagt habe, mein Gott, es wäre doch total klasse, wenn irgendjemand mal historische Biere machen würde, es gibt ja sehr viel mehr als Pale Ales und IPAs. Und das war halt schon damals so der Fokus in der Craftbeer-Bewegung und da war es halt bei mir so, dass ich dann gesagt habe, boah, wäre klasse, wenn jemand Lichtenhainer und Gose-Variationen und sowas halt machen würde und Adam Bier und Braunschweiger Mumme und das macht halt keiner. Und dann habe ich halt so klassisch nach dem Sprichwort, wenn der Berg nicht zum Propheten kommt, dann muss halt der Prophet zum Berg, da habe ich halt dann angefangen, das Ganze selber zu machen. Habe dann mit einem Freund von mir aus Köln, der eine Gasthausbrauerei hat, der Peter Esser, habe mich mit dem quasi zusammengetan und dann halt die ersten Interpretationen zusammengebraut. Und das war halt 2009, also wirklich so ganz, ganz früh im Craft-Land Deutschlands. Also das war, zu dem Zeitpunkt gab es noch keine Craftbeer-Bars, wie man sie heutzutage kennt, keine Craftbeer-Bootleshops, das Thema kam eigentlich erst alles danach.

Markus: Ja und vor allem war es ja auch so, dass wenige Leute mit diesen Namen überhaupt was anfangen konnten. Also mit Gose vielleicht, aber wenn man dann eben Richtung Mumme, Adam, Lichtenhainer oder sowas geht, da gab es wahrscheinlich eine Handvoll, geschweige denn, dass man irgendwo Rezepturen oder sowas hatte. Also vielleicht die erste Frage, wie kamst du überhaupt darauf, weil, ich meine, für dich war das doch auch etwas, was praktisch so auch vor deiner Nase praktisch war und auf der anderen Seite, wie hast du dich dann da rein gefrimmelt, um die Rezepturen, die Prozesse, das alles so ein bisschen rauszufinden, wie das richtig war?

Sebastian: Ja, man findet schon halt in einigen Archiven ganz gute Infos, auch historische Rezepturen zu etlichen Bieren, dann halt auch wieder teilweise in den Quellenverzeichnis wieder letztendlich Hinweise auf andere Bücher. Das heißt, man ist dann schon so irgendwo, dass es im 19. Jahrhundert relativ viel gute Quellen für dieses Thema halt gibt. Ja, zu dem Zeitpunkt tatsächlich kannte das eigentlich quasi niemand, es gab zu vielen dieser Biere 0,0 Interpretation und weltweit. Also auch hier ein Lichtenhainer gab es zu dem Zeitpunkt gar nicht, da konnte auch keiner was mit anfangen. Für mich war tatsächlich das reine Interesse, als seinerzeit schon großer Rauchbier-Liebhaber und halt auch Sauerbier-Liebhaber, dass ich halt mir die Kombination von beidem halt wirklich toll vorstellte und das einfach mal in Realität sehen wollte. Also es war deswegen auch mehr ein auf eigenes Gusto ausgelegtes Projekt, als jetzt zu sagen, okay, das soll jetzt kommerziell besonders erfolgreich sein. Dann wäre man wahrscheinlich hingegangen und hätte gesagt, man bringt Pale Ales und IPAs halt raus, die zu dem Zeitpunkt auch von keinem oder so gut wie keinem hergestellt wurden, weil das wäre wahrscheinlich die, ja, geschäftlich interessantere Ausrichtung gewesen, aber es war wirklich das, was ich selber halt probieren wollte. Und das ist halt das auch nachher, was dann halt Freigeist bekannt gemacht hat, sodass halt auch vielfach gerade im Ausland das Interesse da halt erwachsen konnte, in der Situation, Pale Ales und IPAs gab es überall. Das musste man jetzt nicht aus Deutschland beziehen, aber es waren halt gerade diese deutschen Biersorten, die dann craftig daherkamen, wo man sagte, super, wenn du hier ein Lichtenhainer trinken willst, dann musst du halt das von Freigeist nehmen. Und ein Pale Ale aus Deutschland hätte zu dem Zeitpunkt jetzt auch keinen besonders hinterm Ofen hervorgebracht.

Markus: Ja, das stimmt absolut. Wobei ich trotzdem sagen muss, also ich glaube, zu dem Zeitpunkt war sogar Briefmarkensammeln noch populärer als Lichtenhainer zu brauen, also das ist schon wirklich interessant. Und überhaupt, ich meine, war das denn von dir überhaupt so eine Idee als Berufswunsch oder womit hast du zu der Zeit überhaupt deine Brötchen verdient? Und wann ist das dann so auch umgeschwankt, dass du gesagt hast, ich will mit dem Bier erst mal vielleicht hobbymäßig, aber dann vielleicht auch mehr?

Sebastian: Ja, also noch mal bestätige, das war eine ganz schreckliche Idee, diese Biere halt anfangs zu brauen, weil wirklich das Interesse quasi bei null lag. Also es gibt da halt auch, zu dem Zeitpunkt halt rausgefunden, dass natürlich, was man sich denken kann, auch, ja, wenn man nicht gerade in Bamberg ist, es halt sehr wenig Rauchbier-Liebhaber gibt.

Markus: Leider.

Sebastian: Ja und die Rauchbier-Liebhaber, die es gibt, die mögen meistens kein Sauerbier. Und die Leute, die dann teilweise, also bei uns in der Gegend, die dann noch so ein bisschen vielleicht das aus Belgien kennen, dann Sauerbiere mögen, die mögen meistens kein Rauchbier. Also man hat wirklich dann noch mal so diese Nische der Nische, die man dann eigentlich abdeckt. Also für manche war es dann maximal, dass es vielleicht interessant war, aber so wirklich so richtig Begeisterung konnte man mit sowas nicht erwecken. Ja, also bei mir war es tatsächlich, wie gesagt, einfach nur als semiprofessionelles Thema gedacht. Ich habe zu dem Zeitpunkt meine Firma gegründet, Bierkompass. Das war in der Anfangszeit tatsächlich als Online-Shop gedacht, um halt wirklich zu dem Zeitpunkt, wo man halt so Spezialbiere überhaupt nicht bekam, wie gesagt, es gab keine Craftbeer-Flaschengeschäfte in der Form. Es gab halt so ein bisschen so ein paar besser sortierte Getränkemärkte oder halt auch ein paar Spezialbiermärkte, die dann halt vielleicht mal bei uns in der Gegend ein Bockbier aus einer anderen Region hatten, das war dann schon ein Spezialbier, aber es gab jetzt quasi keine Verfügbarkeit von Pale Ales, IPAs, sauren Bieren, diese ganzen Sachen, die waren eigentlich fast nicht verfügbar. Und das war so ein bisschen das Thema, dass ich halt zu dem Zeitpunkt schon über die vorangegangenen 5 Jahre sehr gute Connections gemacht hatte, hinsichtlich der internationalen Bierszenerie viele Leute bis dahin kannte, weil ich halt regelmäßig diese Bierfestivals frequentiert habe, mit den Leuten vor Ort gesprochen habe, viele besucht habe, sodass ich dann gesagt habe, okay, pass auf, ich würde gern euer Bier importieren. Und die so, nach Deutschland, was, wirklich? Also hier Armand von Tre Fontane, der damals auch sagte, Sebastian, du hast dir ja die schlimmste Aufgabe aller Zeiten ausgesucht, du willst Sauerbier, also Geuze und Lambic nach Deutschland importieren, ist vollkommen undenkbar. Und, ja, damit habe ich halt quasi angefangen und habe dann halt so ein bisschen die eigenen Produkte dann halt mit in dieses Sortiment genommen. Wie gesagt, ministe Verkaufszahlen in der Form, aber peu a peu wuchs das Interesse. Es gab dann immer mehr Kunden, die auf den Online-Shop aufmerksam wurden, auch in anderen Ländern wurde viel darauf zurückgegriffen. Und ich habe halt wirklich damals, ja, so die Creme della Creme an Bieren halt gehabt, also Cantillon und Tre Fontane. Seinerzeit dann die ganzen Brauereien vor ihrer Übernahme hier, De Molen noch, Néau. Das war alles das, was damals so der heiße Scheiß, in Anführungszeichen, in unserer Branche halt war, die halt auch noch viel übersichtlicher war als heutzutage, und das ist halt so ein bisschen gekommen. Das war aber alles nebenberuflich, das war zum Ende meiner Ausbildungszeit noch. Und dann war dann im Endeffekt das erste volle Jahr, wo ich das Thema Bierkompass gemacht habe, das war dann meine Zivildienstzeit, lief dann parallel und zum Ende des Jahres habe ich dann in der Braustelle in Köln angefangen.

Markus: Spannend, also super faszinierend. Und gerade, wo du jetzt die Brauereien aufgezählt hast, da sind viele, viele Erinnerungen so hochgekommen an Flaschen, die man damals sehnsüchtigst erwartet hat und dann geöffnet hat. Wahnsinn, also das waren schon absolut coole Zeiten. Apropos, wir sind ja ein Bier-Talk und wenn Holger da wäre, würde er schon mindestens 10-mal angemahnt haben, dass wir immer noch kein Bier getrunken haben. Ich glaube, du trinkst schon eins.

Sebastian: Ich trinke die ganze Zeit…

Markus: So ist es.

Sebastian: Auch wenn wir kein Video zoomen können, heißt das nicht, dass ich keins trinke.

Markus: Genau, was hast du denn, das frage ich doch jetzt gleich mal.

Sebastian: Ach ja, jetzt muss ich natürlich wieder die Hosen runterlassen. Ich bin tatsächlich eben nur, weil ich wissend, dass wir jetzt einen BierTalk haben und ich zuhause quasi nie Bier trinke, weil ich halt immer so viel auch unterwegs bin und dann da Bier trinke, dann habe ich mir jetzt gerade beim Rewe 2 Flaschen Tannenzäpfle von Rothaus geholt, weil es tatsächlich nach wie vor bei uns keine bessere Auswahl im Rewe-Getränkemarkt gibt, und auf die ganzen anderen Industriebiere hatte ich jetzt wirklich keine Lust.

Markus: Ja, aber da hast du doch etwas schönes Gutes auch im Glas. Freut mich, prost an dieser Stelle. Und das verweist noch auf etwas anderes, nämlich, dass du ja tatsächlich eher selten zuhause bist.

Sebastian: Ja.

Markus: Und es in der Tat ja auch so ist, ähnlich wie bei mir, ich habe mir auch geschworen, dass ich, also zumindest, wenn ich nicht einen BierTalk habe, daheim eigentlich so gut wie keinen Alkohol trinke, weil man ja eben dauernd unterwegs ist und dauernd beruflich trinken muss und irgendwie, ja, eine Balance in diesem ganzen Thema halten muss, genau. Ich habe mir aber dieses Mal tatsächlich extra für diesen BierTalk ein Bier aufgehoben, das muss ich dir zumindest erzählen und dann können wir auch gleich weitermachen, aber das fand ich so spannend, weil ich da tatsächlich auch an dich denken musste und mich dann noch mal gefreut habe. Denn, ich war vor Kurzem in Weihenstephan beim Club Ausländischer Weihenstephaner und die haben jedes Jahr einen Wettbewerb, wo die Studierenden Interpretationen von Weißbier einreichen, also entweder ein ganz normales oder eben ein in irgendeiner Art und Weise kreatives. Und dieses Jahr haben sie sogar noch 85-jähriges Jubiläum gehabt und das ein bisschen größer gefeiert. Und bei diesem Wettbewerb ist wirklich also ein Bier dabei gewesen, da habe ich total auch an dich denken müssen und zwar handelt es sich um ein Bier von einer Studentengruppe, die sich nennt, Dicht und Ergreifend und sie nennen es Brotzeitbrettl. Und dieses Bier ist gebraut mit Altbrot und Brezen, mit Weizeneichenrauchmalz, mit dunklem Braumalz, Melanoidinmalz und ein Pilsner Malz und mit Salz und Pfeffer verfeinert, also ein sehr spannendes und komplexes Bier. Jetzt bin ich mal gespannt, ich mache es mal auf.

Sebastian: Ja, klingt auf jeden Fall spannend.

Markus: Ja, also das war ein Bier, das kann ich jetzt sagen, nachdem der Wettbewerb gelaufen ist, wo ich wirklich die Maximalpunktzahl vergeben habe, weil das wirklich beides hatte, also einerseits total schön diese ganzen krassen Aromen und Ideen präsentiert und auf der anderen Seite aber eine schöne drinkability, sodass man auch gesagt hat, ja, das trinke ich auch gerne Mal weg sozusagen. Und das muss man ja erst mal hinbekommen. Und wenn ich das jetzt hier so im Glas habe, da habe ich wirklich in der Nase ganz schön diese Salz- und Pfeffernoten. Es erinnert tatsächlich an so eine Brezel, viel Getreide, viel Brot. Einen wunderschönen Schaum übrigens auch, also das ist auch toll. Tolle Farbe, schönes, so ein Ockerbraun, schön trüb. Ist da unfiltriert, ist einfach nur in der Flasche und dann eben ein wunderschöner Schaum obendrauf, ganz dick und fest. Und hat von dem Pfeffer auch so ein bisschen florale Noten mit dabei, so ein bisschen Jasmin oder so, also so Blütendinge und dann aber auch krass die Pfeffernoten und das Salz am Anfang. Also ich glaube wirklich, das würde dir auch Spaß machen, es ist zwar nicht wirklich sauer, aber es ist auf jeden Fall sehr komplex und sehr interessant. Hast du überhaupt sowas wie ein Lieblingsbier?

Sebastian: Nein. Das ist natürlich immer eine ganz furchtbare Frage. Die wirst du wahrscheinlich genauso furchtbar finden wie ich normalerweise, wenn man die dich fragen würde, oder?

Markus: Absolut. Also ich werde immer gefragt, welches Bier ich auf eine einsame Insel mitnehmen würde und ich dann immer sage, auf dieses Lieblingsbier, da antworte ich am besten gar nicht oder ich sage, es hängt einfach davon ab, wo ich bin und in welcher Laune und Lust ich gerade so bin. Und am Ende landen wir aber bei dem einsamen Inselbier immer beim Spezial-Lager, weil das für mich so ein Bier ist, das geht irgendwie immer und deswegen. Aber du hast Recht, es ist eine ganz fürchterliche Frage, aber der Journalist an sich stellt sie eben. Was ist denn deine Standardantwort, frage ich doch mal so.

Sebastian: Ach ja, genau das Gleiche, es ist halt einfach, wo man sagt, es gibt zu viel Auswahl und es kommt immer auf die Situation an. Also Spezial-Lager ist natürlich eine hervorragende Antwort, das ist mit Sicherheit bei mir in der Topliste ebenfalls mit drin. Und man muss auch dazu sagen, also manchmal, das ist ja auch gerade das Schöne bei solchen Brauereien, eigentlich nicht ganz so schön, wenn man dann den schlechten Tag erwischt, aber es sind natürlich auch Schwanken drin. Also es gibt auch teilweise, dass es in manchen Brauereien dann auch mal nicht ganz so gut schmeckt wie an anderen Tagen. In Düsseldorf beispielsweise, was ja bei mir so vor der Haustür liegt und eine tolle Biervielfalt hat, aber an manchen Tagen schmecken die besten Biere nicht gut und manchmal schmecken sie hervorragend. Und das erlebt man ja auch im Fränkischen, wo ich grundsätzlich furchtbar gerne hinfahre, nächste Woche wieder sein werde Gott sei Dank, aber ist dann auch wieder wo man sagt manchmal, das ist hervorragend und dann, manches Mal kommst du hin und sagst, jetzt kannst du es nicht trinken.

Markus: Also absolut, aber das macht ja auch ein bisschen eben den Charme aus, weil es ein handwerkliches Produkt ist und eins, das eben Schwankungen in jeder Hinsicht unterliegen kann. Und insofern, es macht ja auch ein bisschen unseren Spaß an der Sache aus, glaube ich, so ein bisschen, weil wenn die immer gleich wären, dann wäre es ja auch irgendwie blöd, also insofern, ja, na gut.

Sebastian: Ist halt keine Konserve, das ist halt das Schöne.

Markus: Absolut, genau. Und dann lasse ich dich jetzt auch in Ruhe mit diesem Lieblingsbier, ist ja auch Quatsch eigentlich.

Sebastian: Also wolltest du jetzt nicht, dass ich mein lauwarmes Rothaus-Pils dir noch beschreibe?

Markus: Ach so, dass darfst du natürlich sehr, sehr gern, Entschuldigung, also wenn du das möchtest, sehr, sehr gerne, Bühne frei.

Sebastian: Nein, alles gut.

Markus: Okay, gut, wir machen da Mal einen kurzen Punkt. Also was ich ja überhaupt faszinierend fand, du hast es ja auch gerade schon so im Nebensatz erwähnt, du warst ja auch oder bist einer von denjenigen, die da wirklich sehr schnell sehr viel international unterwegs waren, sowohl innerhalb Europas, dann auch über den großen Teich, in den USA. Dann, du bist immer noch unheimlich viel unterwegs, machst Collaboration-Brews in England, in Frankreich, in den USA, wo auch immer, kennst unheimlich viele Leute, kommst dadurch natürlich unheimlich rum, hast ganz viele Biere probiert, bist da auch einfach ein gefragter Gesprächspartner. Und das finde ich eigentlich sehr schon, weil das so ein bisschen repräsentiert, wie global man mittlerweile leben kann, wenn man es darf und wie schön das ist und wie interessant das ist und wie spannend das ist. Und insofern würde mich da ein bisschen interessieren, wie waren denn da so die Anfänge? Also du hast gesagt, okay, sowieso bist du aufgewachsen da in der Grenzregion und hast dann viele Kontakte gehabt Richtung Belgien, da waren wir ja gerade. Wie ist es dann so gegangen, dass es sich dann so über den Atlantik erstreckt hat und so in weitere Verbindungen geführt hat?

Sebastian: Ja, also wie gesagt, die Szene seinerzeit war halt auch alles ein bisschen kleiner und es gab jetzt nicht so viele Brauereien überall, mittlerweile hast du ja dann auch wirklich, ja, fast in jedem Land wirklich namhafte Brauereien. Wenn du halt vor 20, 15 Jahren halt, sagen wir mal jetzt, weiß ich nicht, in Spanien gab es dann eine Craftbeer-Brauerei vor 15 Jahren.

Markus: Oh ja.

Sebastian: Wie gesagt und das ist heutzutage, du fährst hin und sagst, boah, Wahnsinn und machst halt Kneipen- und Brauereitouren allein in Barcelona. Aber das war natürlich zu dem Zeitpunkt nicht, da hatten wir Letztens noch drüber gesprochen. Wir waren, ich glaube, 2011, wurde damals aus Italien eine Craftbeer-Kreuzfahrt angeboten. Das war eine große Festivität zum Anlass von einem Geburtstag von der bekanntesten Bierkneipe in Rom und die hatten dann Gott und die Welt aus der Craftbeer-Szene halt eingeladen und das hat halt dreimal insgesamt stattgefunden. Aber beim allerersten Mal, wo wir da waren, wie gesagt, 2011, um den Dreh, es gab dann halt vorher hier Stadtplan und Bla und wir kamen in Barcelona an und, ich meine, das ist natürlich eine hervorragende Stadt, aber jetzt als Craftbeer-Trinker war das, hier in dem Bottle-Shop, da steht dann der Carlos und der hat da ein Holzfass, könnt ihr da bei dem 2 Sorten trinken und das war es so. Also das war wirklich nicht mehr und da hat sich natürlich gigantisch viel getan. Ja, aber diese ganzen Anfänge waren tatsächlich alle sehr übersichtlich so, um das vorauszusagen. Bei uns war es dann halt wirklich so, dass, ich glaube, 2011, also bis dahin so ein paar Sorten halt gemacht, sehr wenig Interesse vor Ort in Köln und überhaupt halt und das dann halt wirklich verschiedenste Importeure peu a peu dann so ein bisschen an die Tür klopften. Das fing damals an mit Italien, die schon immer sehr, sehr avantgardistisch in der Richtung waren und die sagten, hier, wir haben es irgendwo erfahren. Also ich war bei dem belgischen Bierfest damals bei Winnis eingeladen, weil das halt Freunde waren und dadurch halt auch noch mal einen anderen Bekanntheitsgrad bekommen und sodass dann halt wirklich die ersten Importeure halt sagten, okay, wir würden gerne Mal eine Sendung empfangen. Und, ja, wie gesagt, es waren dann halt überrascht, dass dann halt dieses, ja, dieses Fossil Deutschland sich plötzlich anfing so ein bisschen zu bewegen. Und alle um uns rum waren halt schon längst, dass da eine Bierentwicklung stattgefunden hatte und in Deutschland tat sich halt nichts, das war dieses ganz Klassische, die Bierlandschaft. Möchte ich jetzt auch überhaupt nicht negativ aussprechen, ich bin ein großer Fan der klassischen Biere in Deutschland, aber halt aus der Sicht eines Craftbeer-Menschen war es halt ein Fossil und dass da halt sich wirklich nichts tat. Und dann war halt, oh, da ist jetzt mal eine deutsche Craftbeer-Brauerei, Wahnsinn, was haben die mit? Dann halt auch noch mal diese Sorten, die sowieso keiner kannte und das hat halt wirklich für mich einen Eindruck hinterlassen. Und halt auch Interpretationen nachgemacht, dass dann halt viele Leute gesagt haben, oh, Gose, da wollen wir uns halt auch mit beschäftigen. Und das ist dann halt in ein paar Ländern in Europa, dass das Bier dann halt verfügbar war und dann halt auch relativ schnell in den USA, dass dann halt der damalige existente Importeur Shelton Brothers und die haben mich dann kontaktiert, wir kannten uns tatsächlich auch noch aus belgischer Bierfestivalzeit. Und zu dem Zeitpunkt war auch in den USA noch ein riesen Bedarf an importierten Bier, was dann ein paar Jahre später auch komplett eingebrochen ist, aber zu dem Zeitpunkt war das halt noch ein riesen Ding. Und die haben dann gesagt, okay, finden wir total klasse und haben dann halt einen Container Bier bestellt. Und das war halt zu dem Zeitpunkt so unvorstellbar jetzt, dass jemand einen Container Bier irgendwo hinschickt aus jetzt so einer Mini-Brauerei in Deutschland und, genau, da habe ich halt dann hingeschickt. Und bin auch dann relativ schnell, 2012 in die USA gereist, weil die halt ihr erstes internationales Bierfestival organisiert haben. Und dann sagte halt damals der Inhaber von Shelton Brothers, der Daniel Shelton sagte dann nach dem Festival, es war das erste Mal, das Cantillon durch Fontänen entsprechend eine Präsenz hatte bei einem Bierfestival vor Ort und alle hätten eine riesen Sehnsucht und eine riesen Erwartung diesen Brauereien gegenüber gehabt, vielen anderen Brauereien, sagte er, aber eigentlich war nachher unheimlich viel Reden von Gose im Anschluss. Das heißt, da sind wirklich so viele Leute, die zu dem Festival gekommen sind und haben gesagt, ich habe gehört, ihr habt eine Gose, die würde ich mal gerne probieren. Und das war wirklich, wir hatten ein Fass mitgeschickt, die Gose war ruck zuck leer. Und ich habe dann Jahre später noch mal dann einen Brauer, den ich da zum ersten Mal getroffen hatte, den habe ich später dann noch mal in Texas wiedergetroffen und der sagte, wir sind nachher alle hingegangen und haben diese ganzen Sorten bei uns nachgebraut, weil wir das so toll fanden, weil wir halt alle gar keine Ahnung hatten, niemand war in Deutschland, um mal eine Gose zu trinken. Du kriegtest die ja eh nicht, außer du bist jetzt spezifisch nach Leipzig gefahren. Und so halt so ein bisschen unter anderem dadurch, dass die Gose halt auch in den USA so bekannt geworden ist. Die Ritterguts Gose gab es zu dem Zeitpunkt noch nicht in den USA und es gab nur Bayrischen Bahnhof und dann aber auch halt in relativ kleinen Mengen. Und es war damals nur möglich, ganz, ganz viele amerikanische Brauereien von Rang und Namen halt, die zu diesem Festival gekommen sind und dann halt die Biere probiert haben. Und der war damals bei Sixpoint Brewery in Brooklyn und er sagte, wir haben das nachher alles nachgebraut, weil wir es so toll fanden und neuer Input da war. Vorher ging es halt, oh, jetzt machen wir ein IPA, jetzt machen wir ein Red IPA, jetzt machen wir ein Double IPA, jetzt noch mal ein Black IPA und plötzlich, oh, eine Gose, ah, klasse, können wir auch mal probieren.

Markus: Ja, endlich mal eine Möglichkeit, sich abzuheben. Spannend, also da müssen wir gleich noch mal über das Thema Gose sprechen. Vorher noch ganz praktikabel die Frage, ich finde es heute ja schon schwierig, Bier in irgendein Ausland zu transportieren, also in die USA mit Importance geht es ja dann noch, aber sonst. Wie war das denn damals, also vor allem, wenn du da größere Mengen irgendwohin transportiert hast, das muss doch mit dem Zoll ein nightmare gewesen sein sozusagen.

Sebastian: Nee, gar nicht mal. Also das ist natürlich immer das Problem, die meisten Leute, die ja in dieser Branche arbeiten, machen das ja professionell, haben es aber nie gelernt. Und das war ja bei uns dann natürlich auch der Fall, sodass du dann halt dich in Zollthemen reinfuchsen musst, ohne dass dir irgendjemand Mal was zum Thema Zoll gesagt hat. Also du fängst dann halt an zu recherchieren und so weiter und eigentlich ist es kein großes Thema. Ja, gut, wir mussten dann halt auch peu a peu dann halt lernen, wie man einen Container zum Beispiel belädt und so weiter. Das waren auch viele Erfahrungen, die man über die Zeit halt machen musste. Aber das ist, im Endeffekt brauchst du einfach nur ein standardmäßiges Zollpapier dafür. Das ist wie in jedes Drittland, wenn du nach Norwegen oder in die Schweiz beispielsweise Bier schickst, also zolltechnisch ist es das Gleiche und du musst eigentlich nur eine Vereinbarung unterschreiben, dass der Importeur in der Lage ist, deine Biere vor Ort zu repräsentieren, sodass da halt rechtliche Fragen ein bisschen abgesichert sind, aber jetzt vom Zolltechnischen ist es gar kein Thema. Da gab es beispielsweise Richtung Brasilien immer wesentlich größere Auflagen, wo du halt noch Laboranalysen und so weiter und Herkunftserklärungen für die Biere haben musstest, für jede einzelne Sorte.

Markus: Ja, das meine ich ja, also das ist dann schon ganz schön komplex unter Umständen. Und ich muss sagen, ich habe öfters die Probleme in die andere Richtung, wenn jemand mir zum Beispiel einfach nur eine Probe von 2 Whiskys schickt oder irgendwie sowas. Und wenn das aus Kolumbien kommt, das dauert 2 Monate, wenn es überhaupt jemals durch den Zoll kommt, also das ist schon durchaus spannend. Aber, gut, das heißt aber andererseits, kann man das sagen, dass du/ ihr so ein bisschen dieses Bild der Gose in den USA dann auch geprägt habt? Also ich habe ja dann viele Diskussionen auch gehabt mit den Leuten von der BJCP mit ihrer Stilbeschreibung. Und viele Amerikaner und vor allem Südamerikaner lieben die Gose ja dann extrem sauer und extrem salzig und teilweise mit sehr, sehr krassen Kombinationen, mit Früchten und Mix Pickles und was weiß ich was. Also ganz weit weg jetzt mal gesagt von dem, was wir zum Beispiel in Goslar haben / dann eben in Leipzig, also das finde ich sehr interessant, weil das so ein Bierstil ist, der ja bei uns in Deutschland so zwei verschiedene Seiten hat, also einmal dieses fast Nichtsaure, was man so in Goslar bekommt, dafür hell und dunkel und dann das Kesselsaure, was man so im Bayrischen Bahnhof bekommt und dann eben so ein bisschen die wilderen Geschichten, die du dann auch gemacht hast und so. Also wie war das, diesen Bierstil zu definieren und den Amerikanern das damals auch zu erklären, was überhaupt Gose ist und wo das herkommt und wie man das richtig macht?

Sebastian: Oh, das ist natürlich immer auf einer Interpretationsbasis. Also beispielsweise die Goslarer Gose ist ja letztendlich auch, ja, keine saure Gose, weil es halt wirklich auf Dauer sich auch schwerer verkauft und es natürlich aus einer klassischen Brauersicht auch noch mal ein bisschen unüblicher ist, mit Milchsäurebakterien zu arbeiten und so weiter. Also das, denke ich mal, ist der Hauptgrund, weswegen die Goslarer Gose nicht sauer ist heutzutage, früher aber halt schon. Also das ist halt einfach nur, weil sie halt auch wiederbelebt wurde. Und es ist ja, Gose ist halt zweimal im 20. Jahrhundert ausgestorben. Das heißt, es ist ja alles, ich glaube, die Goslarer Gose in den 2000, dass die wiederbelebt wurde, in dem Sinne, die in Leipzig, das war 99. Und das ist ja auch alles auf alten Rezepturen zwar basierend, aber dass das spezifisch sauer ist, steht ja in vielen Rezepten ja dann auch nicht unbedingt drin. Deswegen ist, denke ich mal, die Leipziger Variante näher am Original dran als jetzt die Goslarer Gose, die es gibt.

Markus: Ja, also das ist ja überhaupt schon faszinierend. Aber lass dich nicht unterbrechen, alles gut.

Sebastian: Ja, klar, also das wäre so ein bisschen die Grundausrichtung. Es ist immer natürlich, ja, gerade für jemanden, der sich halt recht viel mit solch historischen Rezepten beschäftigt hat, ist es halt immer der Punkt, wo greift man jetzt drauf zu und das man jetzt halt sagt, okay, das ist jetzt die Interpretation schlechthin und daran misst man alles. Ich meine, man sieht es beispielsweise bei einem deutschen Pils, das ist, umso südlicher man kommt, umso malzbetonter ist es im Durchschnitt, es gibt immer Ausnahmen, aber im Durchschnitt malzbetonter, im Norden dann halt, dass man es etwas knackiger und herber halt mag. Das ist dann wieder, wo man in der Sortenbezeichnung hingeht, dann halt norddeutsches Pils, süddeutsches Pils, böhmisches Pils theoretisch noch, das ist so ein bisschen die Unterscheidung. Und das ist natürlich bei den anderen Stilen, die es alle 100te Jahre gab, verschiedenste Brauereien das interpretiert haben, sodass du halt wirklich sagst, du hast teilweise beim Adam-Bier in den 1890ern, dass du Alkoholgehaltsunterschiede zwischen 5 und 10 % hattest, unterschiedliche Säuregehalte, der dann drin war. Das heißt, wie willst du da eine Beschreibung verfassen zu sagen, das ist jetzt das Adam-Bier. Beim Lichtenhainer war es genauso schwierig, weil es letztendlich Beschreibungen gibt, die gar kein Rauchmalz aufwerfen, teilweise von Weizen keine Rede ist, teilweise von Gerste keine Rede ist. Das ist so ein bisschen, je nachdem, du musst nur lange genug zurückgehen, um eine komplett andere Ausrichtung zu haben. Und dann ist natürlich der Faktor, dass du historische Zutaten hast, die noch mal eine ganz andere Ausrichtung hinzubringen, ganz, ganz schreckliche Vergärungsgrade, dass die Biere vergleichsweise alle sehr viel süßer waren als heutzutage, das ist so ein bisschen das Thema. Meine Herangehensweise war halt immer, dass ich die Rezepturen so interpretiert habe, wie die Biere sein könnten, wenn sie heute noch existieren würden. Also wenn man so sagt zum Beispiel, einen historischen Doppelbock, die waren zwar gleich stark vom Zuckergehalt wie heutige Doppelböcke, aber halt, der Vergärungsgrad war so schlecht, dass halt eigentlich nur 5 % Alkohol teilwiese drin war und der Rest war halt immer nach wie vor noch unvergorener Zucker. Und so kann man halt so sagen, okay, die Vergärungsgrade sind besser und das Ganze so ein bisschen interpretieren, dass es halt so sein könnte, aber es ist nichts in Stein gemeißelt. Ich habe halt für mich, bin ich halt hingegangen, dass ich ein Lichtenhainer, spezifischer Jahrgang, spezifisch in dem Fall die Region Lichtenhain. Bei anderen Sachen, die ich interpretiert habe, okay, diese spezifische Stadt, dieser spezifische Zeitpunkt, das war halt meine Interpretationsgrundlage, aber das ist nie, dass man sagt, das ist das Einzige.

Markus: Genau, also da sprichst du mir aus der Seele. Das, finde ich aber, ist immer sowas, was mir zumindest oft gerade schwerfällt in den USA, weil die gerne einfach eine Definition haben wollen. Und wenn man ihnen dann eben sagt, naja, passt auf, das ist halt eine Sache, die hat nicht nur die Dimension von einem Ort vielleicht und von irgendwelchen Rohstoffen, sondern eben auch von der Zeit. Und dieses Bier wurde 100te von Jahren hergestellt und hat sich halt im Rahmen verschiedenster Gründe, seien es jetzt die Rohstoffe, die Temperaturen, die Leute, die Vorlieben, wie auch immer, hat sich halt verändert und deswegen kann man nicht sagen, das war genauso oder es muss genauso sein, sondern wir sind da halt in einem fließenden Prozess so ein bisschen und da muss man halt dann auch etwas flexibler sein, was eine Stildefinition angeht. Und das ist teilweise echt harte Diskussion. Also oft zum Beispiel auch beim World Beer Cup oder sowas, wenn wir da am Jurytisch sitzen und die dann mir zum Beispiel sagen, so muss jetzt ein, was weiß ich, ein Doppelbock sein oder so, wo man dann eben auch sagt, na ja gut, wir haben heute gewisse Definitionen, aber im Grunde geht es ja eher um eine Idee von einem Bier, was sich eben in die jeweilige Zeit, in die jeweiligen Gepflogenheiten eingereiht hat und da hat es eben eine bestimmte Funktion gehabt und die hat es dann eben auch erfüllt und das war dann halt immer unterschiedlich, naja, wie auch immer. Aber du hast da von der Diskussionskultur, fällt dir das leicht, mit Leuten zu sprechen, die denken, sie haben da schon ein sehr großes Wissen oder wie geht es dir da so?

Sebastian: Ja, tatsächlich, ich mache es halt schon zu lange, als dass ich da jetzt großartig Standpunkte noch festlegen muss, es ist dann schon relativ, dass ich mir meine Gedanken gemacht habe. Aber, wie gesagt, das ist halt das Wesentliche, dass man so ein bisschen so ein Grundverständnis dafür hat. Ich nenne mal ein Beispiel, also es gibt den, ja, Bierstil aus der Hannoveraner Kante Breuhahn historisch. Es gibt eine einzige Interpretation von diesem Bierstil, der nicht von mir ist, also es gibt halt eine Interpretation von mir, es gibt eine Interpretation von einer anderen Brauerei. Ich kenne jetzt die tatsächlich nicht, habe sie nie getrunken, die andere Interpretation, aber allein an der Zutatenliste, die ziemlich viele Kräuter enthält. Halt irgendwie das freie Breuhahn ist tatsächlich mir nie über den Weg gekommen. Ich weiß, dass es das gibt, aber ich, wie gesagt, trinke nie zuhause Alkohol, deswegen ist halt, dass ich das jetzt auch nicht im Online-Shop bestelle, um es dann zu trinken, ich warte immer noch auf die Gelegenheit, mal irgendwo das mal so vielleicht probieren zu können. Auf jeden Fall ist halt, ich kenne meine gesamte Quellenlage zum Thema Breuhahn. Also ich kenne Bücher, die nur vom Breuhahn handeln, also nicht mal nur so, ah ja, hier am Rande, es gibt auch noch diesen Stil, sondern es gibt halt wirklich sehr viel mehr Literatur dazu. Und das ist halt, alles, was ich dazu gelesen habe, ist halt, es ist ein sehr, sehr heller, leichter Bierstil, so ein bisschen eine Vorversion der Berliner Weisse und ist eigentlich nachgebraut eines Hamburger Weißbieres von diesem Braumeister Kurt Breuhahn und das ist halt alles relativ klar und es halt wohl eine weißweinartige Säure und so weiter. In keiner der Beschreibungen finde ich irgendwas zu Kräutern, also es ist wirklich nichts dergleichen, was ich je finden konnte. Und wie gesagt, die Leute von Das Freie haben sehr viele Kräuter drin, aber wer bin ich, dass ich sage, da stimmt nicht, weil ich ja weiß, wie variabel das Ganze ist, sodass ich mir sehr gut vorstellen kann, dass die eine Rezeptur haben, wo halt Kräuter drin sind, und damit ist da eine ganz, ganz andere Ausrichtung, die genauso legitim ist. ich würde jetzt immer einen Breuhahn anders beschreiben, basierend auf dem, was ich kenne, aber man muss genauso offen sein für das andere. Wenn man natürlich hingeht und sagt, okay, man hat jetzt diese sehr neueren Bierstile, beispielsweise jetzt diese ganzen Lager-Biere, die sind ja dann doch relativ festgefahren. Das ist ja dann, wenn ich sage, ich habe ein Dortmunder Export, dann weiß ich ja irgendwo, was ein Dortmunder Export ist, als diese Sache, die es 100te Jahre lang gab, die meiste Zeit davon nicht wirklich besonders gut quellengedeckt und mal sehen, kann alles gewesen sein. Und wenn ich jetzt hier Kölsch habe, wenn ich ein Dortmunder Export habe, wenn ich solche Sachen habe, wo wir alle sagen, okay, diese Zeit ist sehr gut dokumentiert, dann bin ich halt schon jemand, der da sagt, okay, wenn ich irgendwo sitze, gerade im Amerikanischen, wo dann halt irgendwo steht, wir haben ein Dortmunder Export gebraut und du siehst halt schon am Alkoholgehalt, 4,9, wie gesagt, gut, dann haben sie nicht verstanden, was ein Dortmunder Export ist. Da werde ich dann wieder so ein bisschen, wo ich sage, ah, das geht nicht. Während ein Breuhahn mit Zutaten, die ich noch nie gesehen habe und ein Breuhahn, wo ich sage, das kann ich mir vorstellen und beim Export weiß ich halt, das stimmt nicht.

Markus: Genau, also ich denke eben auch, es geht darum, eine gewisse Lockerheit da zu haben und auch eben keine Verbissenheiten zu entwickeln, außer es sind eben wirklich solche krassen Sachen, das passiert, da bin ich auch bei dir. Und zum ersten Mal kann ich im BierTalk eine BierTalk-Empfehlung geben, auch nicht schlecht, also wenn du Lust hast, kannst du irgendwann Mal zurück ins Archiv gehen, Folge 97 war mit dem Christopf Digwa von Das Freie, wo er auch so ein bisschen erzählt, wie die auf die Rezeptur gekommen sind. Er ist ja da bei einer Uni zumindest gewesen und die haben das da alles erforscht und so, also auch super interessant und eben auch mit dieser Offenheit. Und ich finde, so muss man da auch rangehen, also mit einer Wertschätzung, mit einem Interesse erst mal und dann kann man ja immer noch sehen, wie dann die Kommunikation läuft, also ob dann auch ein Wille zu einer Kommunikation da ist oder eben nicht. Und auf der anderen Seite natürlich gibt es Lager-Biere, da schaut das natürlich ganz anders aus, aber gerade das macht es ja so spannend. Vielleicht noch eine Frage zu dem Lichtenhainer, hast du deinen Namensvetter, den ich eingangs erwähnt habe, aus Ziegenhain mittlerweile mal getroffen?

Sebastian: Ja, das ist halt ganz lustig, weil Sebastian Sauer ist jetzt nicht der häufigste, auch nicht sehr seltenste Name, definitiv. Und dann war es halt ganz lustig, weil er ein paar etliche Leute angeschrieben hat, tatsächlich auch Gose-Produzenten, hier meinen geschätzten Kollegen Tilo Jäninchen von der Ritterguts Gose und Tilo schrieb mir dann nur direkt, bist du nach Thüringen umgezogen, weil, wie gesagt, der Name dann schon in der Bierszene natürlich nicht ganz unbekannt ist. Und, ja, total nett. Also, wie gesagt, er ist halt, ja gut, ihr wisst das ja, weil ihr zugehört habt, aber wir haben uns da tatsächlich zu einem gemeinsamen Bier dann getroffen, er hatte mich kontaktiert. Ich fand das total putzig und ich sagte, den Kollegen würde ich gern mal kennenlernen. Und dann habe ich aber gesagt, pass auf, lass uns doch mal einfach hier ein Lichtenhainer zusammen brauen, weil er hatte noch nie eins vorher gebraut. Und dann hatten wir eins über Apfelholz geräuchert, wir haben das Malz selber geräuchert und das war dann der Doppelgänger Lichtenhainer. Und jetzt haben wir tatsächlich dieses Jahr noch eine zweite Variante jetzt gemacht, das wird dann tatsächlich über Kornelkirschholz geräuchert, das Malz. Weil, Kornelkirschholz ist einerseits das härteste Holz Europas wohl und ist halt in dem Ort, wo er herkommt, ist halt die Ziegenhainer Hausbrauerei seine Lokalität. Und der Ziegenhainer ist ein alter Wanderstock. Früher wurden da die Wanderstöcke hergestellt aus diesem Kornelkirschholz, weil die halt besonders robust waren. Und da haben wir gesagt, wenn wir schon was mit einem entsprechend regionalen Charakter herstellen wollen, dann sollten wir auch das Holz davon verwenden.

Markus: Also das ist ja eine coole Geschichte, sehr schön. Und ich muss wirklich sagen, das ist ja eine Dimension, die habe ich jetzt letztes Jahr erst so richtig entdeckt, was man eben anstellen kann, wenn man mit dem Holz des Rauches variiert. Also da hat ja hier in Bamberg das Schlenkerla ja auch eine Serie jetzt aufgelegt, eben mit auch Kirschholz und Erlenholz und sowas. Also ich fand das so glorreich, also einerseits überhaupt diese Idee zu haben. Also gut, sie haben ja vorher die Eiche schon gemacht, aber das war ja irgendwie, das kannte man jetzt schon. Aber wirklich da jetzt mal diese ganz anderen Holzsorten zu nehmen und dann auch noch sich zu überlegen, jetzt nehmen wir auch einen anderen passenden Bierstil, bringen das dann zusammen, also unglaublich. Hast du die schon probieren können?

Sebastian: Ja, ich kenne die alle sehr gut. Also ich bin ja auch ein großer Fan vom Schlenkerla und präsentiere diese Biere gerne auch bei befreundeten Lokalitäten. Tatsächlich war ich vorletzte Woche noch in Dänemark und habe die Weichsel beispielsweise dort präsentiert, letzte Woche in Düsseldorf auch. Nee, vorletzte Woche hatten wir das helle Lager unfiltriert und das Märzen unfiltriert, genau, letzte Woche in Düsseldorf habe ich die Weichsel und das unfiltrierte Lager noch präsentiert.

Markus: Da kann ich mir total gut vorstellen, dass die Weichsel bei den Altbier-Trinkern gut ankommt, oder, weil die ist doch nah dran, so ein bisschen.

Sebastian: Ja. Vor allem, man trifft natürlich immer außerhalb Bamberg, nee, auch in Bamberg, aber natürlich immer ganz, ganz viele Leute, die mit Rauchbier überhaupt nichts am Hut haben. Und selbst, wenn du dann halt schon in einem Tasting bist, wo Leute sich schon viel mit Spezialbier beschäftigt haben, dass man sagt, okay, ich habe ein Rauchbier probiert, das geht gar nicht. Aber es ist tatsächlich auch immer so ein bisschen, das habe ich immer erlebt, man muss die komplizierten Biere umso intensiver vorab beschreiben, also bloß nicht, dass derjenige die Chance hat, das Bier schon vorab zu trinken, um sich seine Meinung zu bilden, sondern vorab möglichst viel erzählen und dann halt, dass die Leute es probieren können. Weil dann kannst du halt sagen, okay, pass auf, achte eher so ein bisschen eher die fruchtig rauchige Note und so weiter und dann schmeckt es tatsächlich auch allen. Das waren wirklich 100 % gute Rückmeldungen beim Tasting, also das war dann auch wirklich schön.

Markus: Da kann ich mich ja nur bei dir bedanken, wenn du unsere Bamberger Biere so promotest. Und da sind wir aber auch gleich bei einem anderen Thema, also du hast dich natürlich mit unseren historischen Bieren und Bierstilen und Sorten und so weiter beschäftigt, aber du hast ja dann auch im Ausland geguckt. Also was gibt es denn da für spannende historische Biere, Brauweisen, wie auch immer? Was ist dir denn da so begegnet, kannst du uns da mal ein bisschen mitnehmen auf diese Reise, was man da so erlebt?

Sebastian: Ja, also gut, es gibt sehr, sehr viele Geschichten, ich weiß jetzt nicht, ob du auf irgendwas Konkretes anspielst, aber es ist halt nicht das, was ich jetzt brautechnisch irgendwo verfolge. Also die internationalen Stile kommen immer mal wieder vor, aber halt sehr, sehr wenig eigentlich bei Freigeist.

Markus: Ja, ich meine jetzt nicht unbedingt, dass du sie selber braust, aber du hast ja einfach dieses Interesse an dem Thema. Also jetzt konkret zum Beispiel in Mexiko oder in Südamerika oder so, wenn man dieses, was weiß ich, Chicha-Bier oder sowas hat und da auch wirklich mal dahingeht, wo es eben noch lebt. Also wer weiß auch, wie lange es noch so traditionell hergestellt wird. Das finde ich schon faszinierend und vielleicht eben auch für unsere Zuhörer: innen ganz spannend, da mal einen kleinen Einblick zu bekommen, was man so erleben kann, wenn man eben auf Extrem-Beer-Reise sozusagen geht.

Sebastian: Ja, ja, also ich bin halt sehr passionierter Reisender, das heißt, ich habe sehr viele ungewöhnliche Reiseziele in der Zwischenzeit halt besucht, auch über Nordkorea und Iran und Ecuador und Usbekistan und so weiter. Das heißt aber auch überall, dass ich wirklich hingegangen bin, um auch Bier zu trinken mitunter. Also Iran jetzt, da war tatsächlich eher der hausgemachte Wein mehr Thema als das Bier, aber halt überall sonst halt auch immer das Bierthema verfolgt und, ja, das sind natürlich wirklich sehr spannende Sachen. Das ist dann halt teilweise auch in Nepal beispielsweise auf Hirse-Basis. Da wurde halt letztendlich so ein Metallgefäß und unten war dann noch mal so ein Siebeinsatz drin und dort wurden halt ein paar Tage vorher schon ankeimende Hirsekörner genommen und das Ganze wurde dann halt mit, ja, letztendlich wurde angesetzt in einem Eimer und wurde dann halt mit Wasser aufgefüllt und so gärte das Ganze. Es war dann leicht alkoholisch, sehr, sehr hefig, so ein bisschen stechend von der Aromatik her und das wurde halt in dieses Gefäß gepackt. Und weil halt die Hirsekörner sehr, sehr klein sind, war immer dieser Siebeinsatz drin, sodass man die nicht automatisch dann halt mit verschluckt, und dann halt auch ein Strohhalm drin. Und wenn man das Getränk leer hatte, wurde es dann halt automatisch noch mal aufgefüllt mit Wasser, mit frischem Wasser dann halt, um dann noch mal so ein bisschen das, ja, quasi dieses anschwellende Wasser dann noch mal zu trinken, genau. Dann in Peru beispielsweise, in Ecuador habe ich es auch gehabt, war tatsächlich diese Chicha-Geschichte, wo halt klassisch von Frauen Mais gekaut wird, das Ganze wird dann ausgespukt. Und die ganzen Enzyme im Speichel sind letztendlich dafür verantwortlich ein bisschen, das, was bei uns halt dieser Mälzungsprozess halt ist, dass halt die Stärke, die in dem Mais drin ist, halt in Zucker umgewandelt wird. Und das ist halt das, was dann halt die Grundlage für eine Vergärung ist, dass halt die Hefe nachher den Zucker aufessen kann und dadurch Kohlensäure und Alkohol entsteht, und das war so ein bisschen die Sache, dass das dann halt Eimer waren. Das war dann entsprechend dort vorbereitet und man ist dann halt durch die Straßen gegangen, es gab keine Beschriftungen der Häuser, also auch null Tourismus in der Form, es war nichts von Interesse sonst in diesem Städtchen. Und wir sind halt durchgegangen mit einem Guide, den ich halt konkret gefragt habe, ob er mich dahinbringen kann, und es waren nachher wirklich dann nur so rote Besen, die raushingen da, wo man halt Chicha trinken konnte. Und das war dann halt, je nachdem, wie voll oder leer der Eimer war, war es dann halt süßer beziehungsweise dann schon mehr durchgegoren und sauer, wenn der Eimer leerer war. Und, ja, nichts dergleichen, was man hierzulande mit Biergeschmack identifiziert, aber trotzdem halt ein sehr interessantes getreidiges Getränk. Also auch sehr, sehr spannend in der Form, auch diese ganze Kultur damit zu verbinden, die unterschiedlich. Weil, das ist ja auch, keine Ahnung, wie viele, gefühlt, Millionen Bier-Tastings ich gemacht habe, aber wo dann häufig auch kommt, für mich ist das kein Bier, wenn es sauer, rauchig oder was auch immer ist. Ist halt einfach eine Definitionssache, ist natürlich, alle auf Vergärung von Getreide beruhenden Getränke beziehungsweise bierähnliche Getränke und das ist natürlich eine riesengroße Vielfalt, die da reinfällt und das ist das, was es spannend macht. Und wenn man dann sagt, okay, man ist so ein bisschen offen und erwartet nicht, dass das nächste Bier dann halt wie ein Pils schmeckt oder wie bei euch, dass es wie ein Fässla schmeckt, sondern kann man da so ein bisschen neugieriger und ein bisschen weltoffener an das Thema rangehen.

Markus: Ja, aber das finde ich ja auch gerade wichtig und richtig, um eben dann den Horizont so ein bisschen zu erweitern und den Leuten eben dieses Spektrum aufzuzeigen, was es denn so alles gibt. Und was ich ja witzig finde ist, dass dann ja die Präsentation dieses Chicha-Bieres so ähnlich ist wie bei uns in der Oberpfalz der Zoigl, also das man dann so den Zeiger raushängt, wenn es was zu trinken gibt, das ist ja irgendwie schön, also dass es offensichtlich eine internationale Sprache ist. Und auf der anderen Seite auch, dass es dann eben mindestens eine Kultur noch gibt, die sich das erhalten hat, diese alte Art und Weise, die ja früher auch zum Beispiel im Himalaya Gang und Gäbe war, dass man wirklich die Reiskörner dort oder eben Mais oder Manjock oder irgendwas durchkaut und das ja sogar so ein Haufen ist, der dann von mehreren immer wieder durchgekaut wird. Und dann am Ende wird es aber gekocht, oder, bevor man es dann vergärt und trinkt oder bleibt es so und gärt dann direkt?

Sebastian: Ja gut, auch da muss man natürlich wieder vorsichtig sein, pauschale Aussagen zu treffen. Soweit ich weiß, wird es halt immer gekocht danach, aber ob das jetzt in 100 % der Fälle der Fall ist, das vermag ich jetzt dann auch nicht zu sagen.

Markus: Ja, ja, wir lassen es mal so stehen für die Hörer, die jetzt Kopfkino haben. Und wenn es gekocht ist, ist es ja auf jeden Fall save. Also schon interessant, aber das erfordert dann auch was. Was hat denn dein Magen dazu gesagt?

Sebastian: Tatsächlich war das vollkommen in Ordnung. Wobei ich jemand bin, der wirklich, egal, welche Erfahrung ich gemacht habe, beim nächsten Mal genauso wieder offen an das Thema rangehe und, ja, man dann auch manchmal eine böse Überraschung erlebt, aber beim nächsten Mal bin ich genauso wieder und sage, das muss ich probieren, egal was und so weiter, also das ist auf jeden Fall das Thema. Aber bei diesen genannten Geschichten war jetzt wirklich gar kein Problem mit verbunden. Also das ist halt auch immer das Schöne, dass halt eigentlich bei bierähnlichen Getränken dadurch, dass es halt auch gekocht wurde und dann halt die Hefe, dass es dadurch auch keimfrei ist.

Markus: Bist du bei solchen Reisen alleine unterwegs oder hast du deine Partnerin dabei oder Kollegen oder wie machst du das?

Sebastian: Sehr unterschiedlich, es kommt immer drauf an, welche Art von Reise es ist, also von alleine, Partnerin, über halt teilwiese auch mit Reiseagenturen.

Markus: Okay. Also ich überlege mir gerade, wenn ich meiner Freundin sagen würde, wir fahren jetzt mal ins Peruanische Hochland und suchen uns irgendein Dorf und dort fragen wir dann jemanden, der uns zu Häusern bringt, in denen Frauen Sachen kauen, was wir danach trinken. Weiß ich nicht, ob das …

Sebastian: Da war meine Freundin mit, das war tatsächlich, das hat meine Freundin mitgemacht, also sie fand das genauso spannend wie ich. Wir waren auch tatsächlich dann auch in einer Destille noch, die hatten auch sehr, sehr spannende Spirituosen, ganz andere Sachen, nein, da war sie auch Feuer und Flamme und so weiter. Und du hast da jedes Mal, das war wirklich so ein riesen Becher. Also ich mache mal einen kleinen Querverweis, es müsste irgendwo im Internet noch von der taz oder auch ein faz, die taz hat damals, glaube ich, nur die Fotos genommen von mir, aber in der faz gibt es einen Artikel zu dem Thema und das sieht so klasse aus. Also einfach mal meinen Namen, Peru, Chicha oder halt taz eingeben und da sieht man halt die Fotos, die ich damals gemacht habe und das waren alles diese kleinen indianisch abstammenden Frauen halt und da diese großen Bowlerhüte auf. Also die sahen so scharf aus, die fand ich so klasse, also das war wirklich herrlich. Also auf diese Fotos bin ich so schrecklich, ja, nicht stolz, aber halt so glücklich drüber halt, dass ich die gemacht habe auch, weil man sich das immer Mal von Zeit zu Zeit wieder angucken kann, weil ansonsten es halt wirklich nur in meiner Erinnerung halt noch rumspucken würde und das war wirklich, diese Eindrücke, viel zu viel, als dass man das in einem Moment, wo man dann da halt saß, wirklich wahrnehmen konnte. Also es waren, wie gesagt, relativ große Gläser, die Frauen hatten so viel Ausdruck dann halt auch, weil ich natürlich dann als Gringo dann da sitze. Und hier der Fahrer/Guide, der wollte davon überhaupt nichts, der hat nichts angefasst, Ich habe gesagt, ich gebe dir eins aus, sagte er, nee, der wollte da nur Coca-Cola trinken. Und wir waren dann in einem kleineren lokaler Markn, das ist wie so ein kleines Tante-Emma-Lädchen und die holt dann halt irgendwo einen Eimer unterm Tisch hervor und geht dann halt mit einem Messbecher da darein und du kriegst da diesen, ja, so ein bisschen dieses breiige Getränk dann halt darein. Und, wie gesagt, also selbst der Einheimische, der wollte davon gar nichts und das war schon absolut lustig halt, die Situation. Aber das ist, also da war meine Freundin auch dabei. In Ecuador war es etwas schwieriger, das zu finden, aber die war genauso engagiert, um das zu finden, also sie schreckt da wirklich auch vor nichts zurück. Selbst wo wir irgendwo Mal Stachelschweinschnaps in Laos trinken mussten, weil unser lokaler Wanderführer das dann insistierte, nach der Wanderung würde man das trinken und haben wir dann auch, hat sie dann nicht gezuckt und hat ebenfalls einen Schluck genommen.

Markus: Ich habe es jetzt gerade nicht ganz verstanden, was für ein Schnaps, Stachelschweinschnaps?

Sebastian: Ja, genau.

Markus: Echt?

Sebastian: Ja.

Markus: Oh Gott. Wie macht man das?

Sebastian: Also waren tatsächlich oben auch dann die Stachelschweinstacheln, die dann wirklich dann auch aus der Flasche rausguckten. Also das war auch ganz ominös. Also ich habe da ein bisschen nur vorsichtig dran genippt, weil ich auch nicht wusste, ob das nicht irgendein Blindenschnaps ist.

Markus: Das stimmt, ja, das kann natürlich auch noch sein. Aber dann hast du auf jeden Fall Glück, dass sie das mitmacht. Aber ich glaube, das muss dann auch sein, wenn du so viel unterwegs bist und das alles tust und man dann eine Beziehung dazu führen will, dann muss es ja irgendwie so sein, dass man das Interesse da irgendwie teilt. Und ich muss auch sagen, dass deine Erzählung mit gerade so ein bisschen erinnert hat, es gibt auch den ein oder anderen Guide hier in Bamberg, der die Leute in die Rauchbiergaststätten führt, aber selber keins trinkt, finde ich aber immer ein bisschen komisch. Aber es ist, ich meine, das hat jetzt nicht das Level, aber es ist auf jeden Fall interessant. Und ich habe jetzt gerade, so ein bisschen stelle ich mir gerade vor, dass die ein oder anderen am Radio beziehungsweise Computer sich überlegen, Mensch, die klingen so ein bisschen wie die beiden Herren auf dem Balkon auf der Sesamstraße sozusagen.

Sebastian: Waldorf und Statler.

Markus: Oder so, genau, erzählen über die guten alten Zeiten und diese ganzen Geschichten. Aber das ist halt, also mir geht es da ja ähnlich, vielleicht nicht ganz so extrem wie bei dir, aber wenn man halt 10, 20 Jahre in diesem Bierzirkus unterwegs ist und 100e, 1.000e von Brauereien besucht hat, alle möglichen Hinterzimmer gesehen hat und Keller und die unterschiedlichsten abstrusesten Gerätschaften und sonst irgendwas, das sind so viele Eindrücke, so viele spannende Geschichten und Momente, die kann man auch gar nicht alle jederzeit erinnern und so, da vergisst man auch Dinge. Und da ist es natürlich toll, wenn man Bilder hat und das reicht einem. Das ist eigentlich zu viel für ein Leben, aber ich finde es auch super spannend und super interessant und dann natürlich auch eben mitzuerleben. Also zum Beispiel, letztes Jahr war ich in England noch mal bei Mastens und das war wahrscheinlich einer der letzten Tage, wo das Bourdon Union noch gelaufen ist. Und ich habe den dann tatsächlich überredet, dass es eine gute Idee ist, mich da oben rauf klettern zu lassen und dann habe ich da oben tatsächlich von dem laufendem Bourdon Union oben in diesen Trögen Fotos und Videos gemacht und mir das Ganze noch mal anschauen können und kurz danach kam dann die Verlautbarung, dass sie aufhören damit, es zu produzieren und dann, dass sie die Systeme abgeben. Und das ist dann schon was, wo ich auch so ein bisschen das total schön finde, da in meine Bilderarchive noch mal gucken zu können und das noch miterlebt zu haben, das ist schon spannend. Und da würde ich vielleicht zum Abschluss dich noch ein bisschen fragen, wie geht es dir denn so, wenn du jetzt ein bisschen zurückschaust, also auf all diese Erlebnisse, auf diese ganze Zeit, wo du praktisch diesen Minianfang dieses Hypes in Deutschland miterlebt hast und dann letzten Endes auch den gar nicht so großen Aufstieg und den dann doch relativ tiefen Fall oder wie auch immer man das sehen will, aber diese Entwicklung also auch mit all den Brauern, die es zwischendurch gab, also menschlich noch gibt, aber als Unternehmen halt nicht mehr gibt, wie sich das so entwickelt hat? Also wie schaust du da so drauf und vielleicht auch ein bisschen, wie schaust du in die Zukunft?

Sebastian: Boah, ja, unheimlich schrecklich komplexe Frage. Es ist, ja, also es ist gigantisch, diese letzten 15, wenn ich als Hobbyist das noch hinzuzähle, 20 Jahre halt, also Wahnsinn, die Erlebnisse dieser Zeit und die Begegnungen, also es ist wirklich, ja, wirklich in meinem Fall definitiv lebensprägend, weil ich niemals diese Zeit mehr auch aus meinem Leben kriegen könnte, selbst wenn ich wollte und es einfach so viele Bindungen gibt und das ist sowas von toll, egal, wo man halt hinkommt, diese Verbundenheit mit dem Thema. Man kann immer wieder viele Sachen dazulernen, diese Begeisterung, die von Leuten ausgeht, wenn man irgendjemanden trifft, der sagt, ah, super, du machst Bier, wenn man teilwiese so, ah, Freigeist, ah, also das ist wirklich so schön, wie viel Begeisterung man auch in Leuten damit wecken kann. Also das ist wirklich klasse, das war es alle Male wert, egal, wohin die Reise geht, das war bis jetzt schon mal eine super Sache, unheimlich viel lernen können. Und ich denke mal, egal, was ich davon, irgendwo trotzdem die Verbindung dazu halt immer haben würde, also das, denke ich mal, ist schon wichtig. Du hattest bei dem, was du angeschnitten hattest, was du trinkst, habe ich eigentlich gedacht, ich wollte eigentlich da schon einspringen, ich denke, aber es kommt wahrscheinlich gleich eh dann noch mal zu dem Thema, dass man einfach sagt, okay, das ist ja schon das Gigantische, was wir erreicht haben, das du in Weihenstephan ein nicht nach dem Reinheitsgebot gebrautes Bier dann halt hast, diese ganzen Sachen, die es in der Zwischenzeit gegeben hat und auch nach wie vor noch gibt, wo wir vor 15 Jahren angetreten sind, kein Mensch dran geglaubt hat. Also manches ging ja dann doch relativ schnell und war möglich und so weiter. Also das ist auch dahingehend unheimlich beeindruckend, was man doch in der Zeit halt irgendwo erlebt hat, also diese Sortenvielfalt, so viel halt an Entwicklung. Wohin die Reise geht, ich glaube nicht, dass sich in Deutschland noch so viel zu dem Thema tut. Es gibt halt das, was es im Moment noch gibt, es hat relativ viel zugemacht, wie wahrscheinlich alle wissen. Ich denke, es wird auch noch ein paar Sachen geben, was eigentlich schon relativ lange bekannt war, weil natürlich ein absolutes Überangebot existierte, sehr, sehr schade. Sehr schade für viele, die auch letztendlich aus diesem System dann halt ausgeschieden sind auf die Art und Weise. Wäre toll gewesen, wenn wesentlich mehr Interesse dafür existiert hätte. Ich glaube nicht, dass noch mal eine Welle kommt, weil es halt insgesamt, ja, international das Thema relativ wieder eingeschlafen ist und in Deutschland halt nie zu so einem Hype gekommen ist. Aber selbst das Schlimmste, was man sich vorstellen könnte, ist immer noch das Tollste, dass man einfach sagt, allein dadurch hat man doch gelernt auch, wie viele gute Lager-Biere und wie viele gute klassische Biere es gibt und kann da den Unterschied unterscheiden oder kann da die Unterschiede dann halt erkennen und wertschätzen. Und das ist beispielsweise ein Thema, was ich halt auch mehr und mehr halt mache, tatsächlich die fränkischen Biere bei befreundeten Kollegen halt vorstelle, weil die hervorragend sind und mittlerweile Lager-Bier eine so dermaßende Popularität genießt, wo vor 15 Jahren quasi überall aus der Craft-Beer-Welt es nur hieß, wenn das Bier spannend sein soll, dann muss es obergärig sein und das hat sich Gott sei Dank überlebt.

Markus: Also das finde ich auch, das ist so fast wie eine Katalysatorwirkung, habe ich so den Eindruck, also es hat sich ganz, ganz viel verändert. Und ich glaube, auch die Konsumenten haben sich verändert, zumindest die neuen Konsumenten, wie auch immer. Also es gibt weniger Leute, die jetzt beim Angebot 10 billige Kästen Bier kaufen und viel mehr Leute, die eher einen Sixpack kaufen und selbst den noch durchmischen und einfach bewusster auch gucken, was gibt es denn in meiner Brauereien überhaupt, wie heißt denn das, gibt es da eine Geschichte dahinter, ist das irgendwie spannend und dann eben auch mal ein bisschen links und rechts gucken. Und natürlich haben sich auch einige erhalten, die eben andere Biere machen und spannende Biere machen, den Bogen hast du sehr schön gespannt, dann eben so eine Kulturstätte so wie Weihenstephan am Ende eben sagt, okay, wir öffnen uns jetzt da komplett und total und lassen alles Mögliche zu. Das ist natürlich schon großartig und bringt letzten Endes dann auch richtig viel, gerade wenn man in die Zukunft schaut. Ich glaube, es ist vieles einfach normaler geworden, es haben sich vermeintliche Grenzen einfach aufgelöst und es ist jetzt einfach eine Bierwelt, die viele verschiedene Facetten hat. Und es gibt neue Herausforderungen, gerade jetzt das Thema eben alkoholfrei, glutenfrei, was weiß ich, also viele neue Sachen auch, womit sich Brauereien irgendwie beschäftigen müssen und es aber auch tun und da vielleicht auch die Dinge nutzen, die sie in dieser Zeit jetzt so gelernt und erfahren haben. Und was mir auch sehr gut gefällt, ist einfach, dass diese Internationalität zugenommen hat, also das wirklich eine große Vernetzung ist, was Rohstoffe angeht und Rezepturen angeht, was Personen angeht, ich glaube, das lässt einen auch positiv in die Zukunft blicken. Also vielleicht ist die Anzahl der Brauer nicht mehr so groß, aber dafür die Kreativität und die Unterschiede, die Diversität von diesen ganzen Geschichten. Und das macht für uns ja trotzdem die Sache noch spannend, da irgendwie in die Zukunft zu schauen, oder?

Sebastian: Ja, absolut. Also, wie gesagt, ich hatte erst Letztens eine relativ lange Diskussion mit einem befreundeten fränkischen Brauerkollegen und der verfluchte so ein bisschen das Craft-Beer-Thema und sagte dann, Gott sei Dank, dass das abnimmt und dass das nicht mehr so präsent ist und so weiter. Ich kann das auch in guten Teilen nachempfinden, aber man muss auch dazu sagen, so viel Aufmerksamkeit diese ganzen Brauereien jetzt auch bekommen und halt auch, dass so viele Leuten dazugekommen sind, die sich dafür interessieren, wieso sind solche Sachen so populär, wieso fahren so viele Leute dahin, wieso habt ihr so viele ausländische Gäste auch in den ganzen Brauereien sitzen, weil das Craft-Beer-Thema halt zwischendurch existent oder nach wie vor existent ist, aber zwischendurch halt auch so viel Bildung dadurch zu den Leuten gekommen ist. Und wir sind alle mal durch diese Bewegung gegangen und, super, das IPA hat 1.000 Bittereinheiten und das ist ein Barrel Aged, was auch immer was, aber man hat auch zwischenzeitlich gelernt, worauf es bei guten Lager-Bieren halt ankommt und welche Vielfalt es gibt. Und das ist halt das, wo heutzutage man eigentlich, also ich weiß nicht, ich kann nicht so weit zurückdenken, wann ich das letzte Mal in Franken war, als ich dann auf keine italienische Biertruppe gestoßen hin, die dann halt wirklich die fränkische Bierkultur erkunden. Und das ist absolut ein Zeichen, was durch das Craft-Beer-Thema gekommen ist und das ist ja nur ein Beispiel. Und es ist halt, ganz viele Leute, unter anderen auch meiner einer, die halt eigentlich nur dadurch überhaupt durch die Welt gereist sind, um diese Unterschiede kennenzulernen und halt diese Wertschätzung dafür zu haben und, ja, jetzt versuche ich halt, diesen Kollegen halt entsprechend da halt auch Entsprechendes zurückzugeben.

Markus: Ja, auf jeden Fall und das machst du in Form von Begeisterung. Und das ist auch, glaube ich, das, was wir am allerbesten jetzt können, einfach Leute weiterhin von dem Thema zu begeistern, von den Bieren, von den Inhalten, von den Ideen, von den Geschichten, was da alles so dahintersteckt und natürlich auch von den Aromen und, ja, dafür auf jeden Fall an dieser Stelle schon mal vielen Dank. Noch einen Punkt vielleicht zum Schluss, wenn jemand dich jetzt erleben möchte, also ich habe dich ja zum Beispiel zum letzten Mal persönlich gesehen in Bozen bei der Beer Craft, wo du einen Stand hattest. Gibt es so andere Fixpunkte, wo man sagen kann, wenn jemand dich mal erleben möchte oder Biere von dir haben will oder so, wie können Leute dir begegnen?

Sebastian: Das kommt immer sehr drauf an, wo die Leute ansässig sind. Also nächste Woche beispielsweise beim Schlenkerla, weil das Spezial geschlossen ist. Nee, Quatsch. Aber im klassischen Sinne, es sind halt einige Festivals, die jedes Jahr halt stattfinden. Die Festivalsaison ist natürlich jetzt langsam so ein bisschen vorüber für dieses Jahr. Es wird noch einen tollen Anlass geben, weil wir eben über historische und auch über international historische Bierstile gesprochen haben, Ende September wird in Trebaseleghe, das ist ein kleiner Ort in der Nähe von Padua, wer nicht weiß, wo Padua ist, das ist wieder in der Nähe von Venedig, halt ein Historical Beerfestival stattfinden in einer Lokalität, die Al Cantoniere heißt. Und das ist mein Freund Vincenzo Matarazzo, der seit einigen Jahren dort wirklich hervorragende internationale Stile zusammenbringt. Es ist eigentlich nur ein großes Pizzalokal mit einer großen Auswahl von Craft-Beeren, aber die haben den ganzen Garten vollstehen dann mit einer riesigen Anzahl von Zapfleitungen und wo dann halt wirklich Biere aus Ecuador, aus Japan, aus Südafrika ausgeschenkt werden und vielfach auch die Leute vor Ort, werden da halt hinkommen. Also in den letzten Jahren war es dann teilweise auch so, dass Leute aus dem Baltikum gekommen sind, von Saaremaa aus Estland beispielsweise, wo dann Koduölu, Keptinis präsentiert wurde, so die ganzen Sachen, die die meisten Leute wirklich auch noch nie probiert haben. Und dieses Jahr wird beispielsweise auch ein Keptinis vor Ort gebraut, es kommen noch aus Ecuador tatsächlich auch Freunde zu dem Festival hin, es kommen dann aus Japan und so weiter Leute in dieses kleine Örtchen nach Italien. Und das wird tatsächlich ein schönes Festival, wo wirklich auch für dich, Markus, mit Sicherheit ganz, ganz viel Neues zu erkunden wäre und da werde auch ich da sein. Und, ja, ansonsten halt das Beste, was man machen kann, entweder mich direkt kontaktieren oder halt einfach nur zu schauen bei mir bei Facebook, entweder bei Freigeist Bierkultur oder bei mir persönlich, Sebastian Sauer, poste ich eigentlich immer das, was jetzt ansteht an Veranstaltungen, am Freitag beispielsweise, wo ich in Münster sein werde. Und, genau, das sind so die Sachen, die ich da den Leuten empfehlen kann.

Markus: Wunderbar, vielen Dank, wir werden auf jeden Fall auch in den Shownotes das noch mal verlinken, sodass die Leute dann auch leicht dahinkommen. Und nur ganz kurz, unser Ausstrahlungstermin ist wahrscheinlich nächsten Januar, das heißt, dann ist der September schon rum. Aber das macht nichts, weil vielleicht, also ich hoffe, ich schaffe es zu dem Festival, vielleicht nicht dieses Jahr, aber dann vielleicht nächstes, steht auf jeden Fall auch schon auf meiner Liste und dann kann man da ja vielleicht sogar eine nächste Folge noch mal produzieren, wo man dann ein bisschen darüber spricht.

Sebastian: Sehr schön.

Markus: Also auf jeden Fall ganz, ganz vielen Dank, das war ein toller Talk und eine schöne Reise in eine ganz spannende Welt, die wir beide viele Jahre miterleben durften und noch dürfen. Und, ja, wie gesagt, danke dir, noch viel, viel Spaß, noch viele weitere Anregungen, Impressionen und viel Kraft zur Begeisterung anderer zu diesem Thema.

Sebastian: Vielen lieben Dank, Markus und vielen lieben Dank an die Zuhörer für die Aufmerksamkeit.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de.

BierTalk Spezial 68 – Bieringer-Talk mit Steffen Volkmer aus Ludwigsburg bei Vanessa Pantoudis (Hop Around the World)

Bieringer meets Bierversteher – ein Gespräch, auf das wir lange gewartet haben – endlich ist Biersommelier, Bierakademie-Gründer und Bierkultur-Enthusiast Markus Raupach zu Gast bei Steffen Volkmer im „Bieringer“-Podcast. Zwischen fränkischem Zwickerla und norwegischem Farmhouse Ale geht es um mehr als nur Hopfen und Malz: Es geht um Leidenschaft für Biergeschichte, internationale Tasting-Erfahrungen, den Reiz des Nicht-Brauens – und warum Comics über Pils genauso viel erzählen können wie ein gut sortiertes Bierseminar. Ein Talk über Bier als Kulturtechnik, globale Familienbande unter Beer Judges und die Kraft der Geschichten hinter dem Glas…

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Steffen: Heute habe ich einen ganz besonderen Gast da. Wir haben schon vermehrt versucht, dieses Gespräch zu führen vor Kamera, es hat immer aus irgendwelchen Gründen nicht geklappt, meistens weil er unglaublich beschäftigt war.

Markus: Naja.

Steffen: Herzlich willkommen, Markus Raupach.

Markus: Hallihallo, schön hier zu sein, endlich.

Steffen: Endlich. Und bevor in die Vollen gehen, machen wir uns erst mal ein Bier auf. Wir sind heute übrigens bei hop around the world in Ludwigsburg bei der Vanessa, im Hinterraum, im Tasting-Raum. Wenn ihr sehen wollt, wie es bei Vanessa vorne aussieht, dann müsst ihr einfach mal zu hop around the world gehen oder aber das Interview anschauen, dass ich mit ihr geführt habe, da sieht man nämlich auch was vom Laden.

Markus: Ja, wunderschön, the place to be.

Steffen: The place to be, genau. Und du bist hier, weil du heute Abend hier ein Tasting machen wirst, ist das richtig?

Markus: Genau, ja, ich darf zum the place to be the place to beer machen sozusagen.

Steffen: Und da hast du auch Biere aus deiner Heimat hierherbeordert oder beordern lassen?

Markus: Ja, es war nicht ganz so einfach. Die Ursprungsidee war tatsächlich, ein Holzfass mitzunehmen, also mit Bier.

Steffen: Auf der Schulter, ja.

Markus: Ja, tatsächlich. Also weil, das Problem ist in der Tat so, also das gibt es ja bei uns in Bamberg eigentlich nur beim Schlenkerla, also die Rauchbierbrauerei und das heißt dann eben 10, 20, 30 Liter, je nachdem, in einem echten Holzfass. Und das kann man weder verschicken, noch irgendwie einfach so per Kurier, sondern das muss man tatsächlich irgendwie persönlich transportieren.

Steffen: Linksmäßig so, ja.

Markus: Genau. Und ich war vorher, also gestern Abend eigentlich noch oder vorgestern Abend oder überhaupt gestern früh, so rum, noch in Polen, in Krakau bei einem Bierwettbewerb und bei einer Konferenz und dann war die ursprüngliche Idee, ich fahre dann mit dem Zug von Krakau zurück. Und witzigerweise fuhr der Zug über Bamberg, da lade ich dann dieses Fass quasi so ein und dann bringe ich das hierher und steige allerdings dazwischen noch zweimal um. Und, ja und dann war das so ein bisschen das Thema, weil wir hätten mindestens ein 20- oder 30-Liter-Fass nehmen müssen, wo wir dann bei 40 Kilo ungefähr sind.

Steffen: Ja, sowas trägt sich nicht ganz einfach.

Markus: Und, ja, nicht jeder Bahnhof hat einen Aufzug, vor allem, nicht jeder Aufzug funktioniert. Und nachdem ich sowas Ähnliches schon mal erlebt habe, habe ich gedacht, vielleicht dann doch nicht. Also haben wir es hergeschickt und dementsprechend gibt es jetzt also natürlich auch Rauchbier, aber noch ein paar andere Franken-Klassiker und ich hoffe mal, da kann man den Leuten hier Lust machen.

Steffen: Okay. So einen Franken-Klassiker haben wir jetzt hier in der Flasche, den trinken wir und dann kannst du ja auch ein bisschen was dazu sagen.

Markus: Ja.

Steffen: Also wir teilen uns den jetzt heute Mal. Es steht drauf, ich verrate es mal, Bio Zwickerla, also die Franken machen ja immer alles, wenn sie das Kleine, mit la, ja, Schlenkerla, Zwickerla, und es steht dunkel dran. Wenn ich das jetzt hier so eingieße, stelle ich fest, so dunkel ist das überhaupt nicht.

Markus: Ja, das darf man nicht überwerten. Also wenn man von historischen Bierstilen spricht, dann gibt es in der Regel zwei oder drei Verschiedene. Ja, Prost, prosten wir erst mal.

Steffen: Prost, ja.

Markus: Schön, so muss das. Ja, gibt es in der Regel 2 oder 3 Verschiedene und die zeichnen sich halt dadurch aus, dass eben eines eher hell ist und eines eher dunkel und vielleicht irgendwas irgendwo in der Mitte sein mag. Und dementsprechend waren eben früher die Dunkleren die, die eher dunkel waren und die Helleren, die eher hell waren, das kennt man auch aus der englischen Bierwelt oder so. Also das ist ja erst eigentlich seit dem 19., 20. Jahrhundert so, dass wir Biere so machen können, wie wir das heute kennen. Also im Grunde ist das eine fränkische Version eines Dunkleren, bewegt sich farblich eben irgendwo zwischen Bernstein und, ja, eben einem schönen Braun, Dunkelbraun.

Steffen: Auch ein bisschen Rotstich drin noch.

Markus: Genau. Also Unterschied zu einem klassischen Dunklen wäre, dass wir hier jetzt keine großen Röstaromen haben, keine Schokolade, keinen Kaffee, sondern eher Karamell, Toast, Toffee, Keks vielleicht. Also so schöne angenehme Aromen, wie man sie vielleicht vom Rotbier her auch kennt, damit ist das durchaus verwandt.

Steffen: Ein bisschen Orange noch, sowas da.

Markus: Orange, perfekt, hah. Ja, also im Grunde haben wir ein dunkles Kellerbier und das eben unfiltriert, wie schon dasteht und das nennen sie halt Zwickerla. Weil Zwickerla ist praktisch die fränkische Form von Zwickel und das wiederum ist die, naja, moderne Form von Kellerbier, sagen wir mal so und das geht eben letzten Endes dahin zurück. Aber wie auch immer es sei, das ist eine ganz, ganz tolle Brauerei, die kenne ich tatsächlich schon seit 40 Jahren. Also ich das zum ersten Mal war, da sind wir in den späten 80ern, frühen 90er, da war das eine ganz kleine Brauerei, die haben über das Jahr 3 verschiedene Biere gebraut, hektolitermäßig so irgendwie so 4-, 500. Und, ja und die hatten einmal im Jahr ein Fest, das war dann das Bockbierfest. Da war die Garage offen, da drin standen 3 Jungs, eine fürchterlich schlechte Metal-Cover-Band, die haben da eine Menge Lärm produziert und dazu gab es dann eben das Bockbier und dann war das ein Fest. Da sind wir hingefahren damals, als die Ersten so ein Auto hatten in der Gruppe und das war natürlich alles cool. Und heute machen sie 30-, 35.000 Hektoliter, also ganz andere Nummer, sie haben eine Range von an die 20 Bieren, wenn nicht sogar noch mehr, wenn man die Sondersude alle rechnet. Haben sich echt einen Namen gemacht, haben weltweit ganz viele Preise abgeräumt und haben es aber trotzdem geschafft, ehrlich zu sein. Haben einen wunderschönen Brauerei-Gasthof mit einem genialen Biergarten, wo man im Sommer wirklich eigentlich den ganzen Tag sitzen kann, man kann sogar übernachten, wenn man ein Paar zu viel hatte, tolles Essen. Also im Grunde, der Ort besteht aus der Brauerei, also, ja, Brauerei Kundmüller in Weiher, mehr kann man dazu nicht sagen. Also es ist, man kann in Franken nicht viel falschmachen, aber da macht man auf jeden Fall was richtig, also insofern, ja.

Steffen: Also auf jeden Fall ein sehr schönes Bier, ist auch Bio noch dazu.

Markus: Ja, auch, richtig.

Steffen: Und das finde ich auch immer ganz gut. Es ist auch tatsächlich noch so ganz leicht ein bisschen Hopfen ist auch noch zu schmecken, also es ist wirklich ein tolles Bier.

Markus: Ja. Ja, es sind 2 Brüder, Roland und Oswald, die das zusammen machen. Und der Roland ist einfach ein begnadeter Braumeister, der hat schon so viele tolle Biere gemacht einfach und witzigerweise auch Stile, die man ihm gar nicht zutraut. Also die machen auch ein IPA und ein Imperial Stout und wirklich Kracher, echte Kracher. Haben auch internationale Kooperationen mit Brauereien aus der ganzen Welt, Brasilien, USA, Australien, was weiß ich. Das ist schon also wirklich so auch ein bisschen für mich so, die zeigen so ein bisschen, wie man der Heimat verbunden bleiben kann, aber trotzdem mit diesen ganzen modernen Trends mitgehen kann und das gefällt mir gut.

Steffen: Jetzt sehen wir, also wir wissen jetzt, du kommst aus Bamberg und wir haben gehört, du hast sehr, sehr viel Ahnung von Bier und auch Biergeschichte, da müssen wir vielleicht mal so ein bisschen drauf eingehen, was du noch sonst so machst. Also du bist unter anderem der Gründer und der Betreiber von der Deutschen BierAkademie.

Markus: Ja.

Steffen: Genau. Seit wann gibt es dann das?

Markus: Also als eigene Firma gibt es das seit 2013, im Grunde mit dem angefangen, was wir da tun, habe ich schon Anfang der 2000. Also was wir da tun heißt, Veranstaltungen auf der einen Seite. Also in Bamberg kann man Bierseminare besuchen, Biertouren, Brauereitouren, wir machen halt so einen ganzen touristischen Bereich, wo man dann auch zum Beispiel Bier und Schokolade, Bier und Käse. Da waren wir bei beiden so die Ersten, die das professionell auch angeboten haben. Bis hin zu, wir hatten schon Bier und Currywurst und was weiß ich was, also man kann ganz viele witzige Sachen machen.

Steffen: Wie wir kommen zum Bier, ne.

Markus: Ja, ja, eben, zum Beispiel, richtig. Und auf der anderen Seite halt der Profibereich. Sprich, wir bilden Biersommeliers aus, Beer-Judges, wir beraten in der Gastronomie, in Brauereien, machen spezielle Fortbildungen vielleicht auch für Brauereien oder Getränkeunternehmer, und das auch nicht nur in Franken, sondern im Grunde national oder vielleicht sogar international. Und das sind so die beiden Bereiche, einmal Spaß in Bamberg und einmal qualitativ hochwertige Weiterbildungen.

Steffen: Das heißt, wenn man sich bei dir weiterbildet, also ich sehe hier gerade auch Vanessas Urkunde an der Wand, die da auch bei dir war, dann wird man zum national Beer-Sommelier oder Biersommelier. Wie ist denn da der Schwerpunkt, ist der jetzt mehr so auf Stilkunde Biere ausgerichtet oder ist das mehr auf das Historische, auf das Geschichtenerzählen oder ist es mehr auf das Bierbrauen und so das Technische ausgelegt, wo sind denn bei dir die Schwerpunkte? Also es gibt ja neben dir jetzt noch Doemens, früher gab es noch Kiesbye, sie sind jetzt wieder so fusioniert. Da, finde ich, ist das Ganze schon sehr auf die technische Seite so ein bisschen fokussiert. Ist das bei dir anders?

Markus: Ja, also wobei man sagen muss, die Wurzel ist die gleiche. Also wir haben früher oder ich habe früher mit Doemens zusammengearbeitet, habe auch da die Kurse mitgemacht, wir haben auch gemeinsam Kurse veranstaltet, später dann auch mit Kiesbye. Und als die dann jeweils beschlossen haben, sie würden gern eigene Wege gehen, blieb mir nichts anderes übrig, als auch eigene Wege zu gehen und deswegen sind wir da. Und mich haben schon immer 2 Dinge oder vielmehr 3 Sachen waren es, die mich angetrieben haben. Das eine war, beide kamen aus der Brauerausbildung und da liegt es natürlich nahe, dass ich aus diesem Brauerausbildungsbereich viele Inhalte nehme, weil sie einfach schon da sind und in diesen Sommelier hineinstecke. Und das ist grundsätzlich auch in Ordnung, aber gibt dem dann natürlich einen Schwerpunkt auf diesem Technischen. Und das andere ist, dass beide sehr in ihren Regionen gedacht haben oder auch noch denken, das heißt, da ist dann automatisch ein Schwerpunkt auch sehr stark auf den bayrischen Bieren oder süddeutschen Bieren bis hin zu den österreichischen Bieren. Und die anderen werden schon auch behandelt, keine Frage, auch gut, aber halt nicht in der gleichen Intensität. Und das waren für mich so Punkte, wo ich mir gedacht habe, okay, wir brauchen nicht so intensiv dieses Brauerthema, weil wenn jemand Brauer werden will, dann kann er das auch machen oder kann zum Hobbybrauerverein gehen oder sich da eben entsprechend engagieren. Natürlich brauen wir auch im Kurs zusammen und die Leute verstehen, was da passiert und warum das passiert, aber jetzt halt nicht in dieser Tiefe. Und auf der anderen Seite habe ich gerade dadurch, dass ich global seit vielen, vielen, vielen Jahren unterwegs bin, bei allen möglichen Bierwettbewerben in der Jury bin und einfach Freunde habe aus der Bierwelt rund um den ganzen Globus, habe ich einfach viel internationale Perspektive. Und das war so der Punkt zu sagen, Mensch, wenn, dann lass uns doch das alles damit reinbringen. Wir haben dann eben auch die Referenten, das heißt, wenn wir über englische oder amerikanische Biere oder belgische oder wie auch immer sprechen, haben wir auch Leute, die dann jeweils von da kommen, die dann auch was zu sagen haben authentisch, die eben nicht über irgendwas berichten, sondern die das selber leben und das ist einfach eine andere Nummer. Und vielleicht noch ein Thema zum Storytelling oder überhaupt zu den Bierstilen. Da gibt es halt auch 2 Ansätze, es gibt diesen sehr technischen Ansatz, den man vielleicht auch von der BJCP her kennt oder so, dass es halt heißt, ein Bier hat soundso viel Bittereinheiten, soundso viel Farbe, soundso viel Alkohol. Was mir immer auffällt auch beim Beerjudgen, wichtiger ist es eigentlich, einen Bierstil zu verstehen. Also warum gibt es ein Pils, was ist die Idee dahinter, wofür wurde das gemacht und wie wurde das am Ende auch konsumiert. Und wenn ich das weiß, wenn ich mir vor Augen führen kann, da saßen Leute in Pilsen im Biergarten und haben literweise dieses wunderbar Bier getrunken, dann merke ich einfach, worauf es da ankommt und dann kann ich auch viel besser beurteilen, ob das, was ich jetzt im Glas habe, wirklich sowas ist oder vielleicht nur ein nice try. Und da gibt es eben auch ganz, ganz viele und mein Schwerpunkt ist tatsächlich, auch da eher von der historischen Schiene zu kommen und den Leuten eher so ein Grundverständnis dafür zu geben, warum wir so eine Bierkultur haben, was dahintersteckt. Und dann ist es viel leichter, damit umzugehen und sie auch zu erzählen und damit zu arbeiten

Steffen: Kommst du denn irgendwie aus dieser geschichtlichen Sache, also bist du, ich weiß nicht, hast du studiert, Geschichte des Altertums oder was auch immer?

Markus: Tatsächlich, also ich habe tatsächlich Geschichte studiert. Und am Anfang habe ich in der Tat, also als ich angefangen habe zu studieren, musste man sich so ein bisschen auswählen und meine erste Idee war, weil mich das wirklich an der Schule auch fasziniert hat, ich mache was über Karthago, das fand ich spannend, so Hannibal, Elefanten und Trallala.

Steffen: In Ceterum censeo Carthaginem esse deledam, richtig.

Markus: Richtig, so ist das. Und dreimal dieser Rivalenkrieg und auch die Story dahinter, dass die eben aus dem heutigen Libanon ausgewandert sind und dass sie vielleicht sogar schon in Amerika oder Südamerika waren. Es gibt ja unglaublich viel dazu, das fand ich super spannend. Und dann hatte ich aber einen richtig guten Professor auch in der Expansionsgeschichte. Also da sind wir dann eben bei dem Bereich, als, sagen wir mal, aus unserer europäischen Perspektive sagen wir, das ist eben die Zeit, wo die Europäer die Welt entdeckt haben, also noch nicht kolonialisiert haben, aber halt überall so Fuß gefasst haben und sich ausgebreitet haben. Und das wiederum fand ich dann schon auch spannend, weil das natürlich, ja, auch den Horizont für die Europäer erweitert hat. Und ich habe mich dann viel mit der anderen Seite beschäftigt, also was hat es zum Beispiel für die indigenen Südamerikaner bedeutet, dass da jetzt Spanier ankommen oder so, das fand ich auch sehr spannend. Und dass ist dann ein Ansatz, der mir eigentlich bis in die Bierkultur geblieben ist, weil das ja auch so ist, dass man also auch bei der Bierkultur weiß, es gibt in all diesen Regionen der Welt, ob das jetzt der Himalaja ist oder die Anden, da gibt es eine Bierkultur, die ist 10.000 Jahre alt. Und die ist dann wohl oder übel mit dem zusammengetroffen, was wir dorthin exportiert haben oder wollten, und manchmal sind die nebeneinander geblieben, manchmal haben die sich vermischt, manchmal haben sie sich beeinflusst. Also gibt es auch tolle Geschichten und das hat mich dann so, mein Interesse von der Historie, tatsächlich so ein bisschen da rübergeschoben.

Steffen: Wie bist du dann von da zum Bier gekommen?

Markus: Naja, also da gibt es eigentlich nur eine Antwort, Bamberg.

Steffen: Bamberg, ja, okay. Ja, wenn man bereits als Kind an den Tropf gelegt, ja, war ja …

Markus: Das Problem ist, also wenn man in Bamberg aufwächst, also sagen wir, als ich in Bamberg aufgewachsen bin, wie das heute so ist, kann ich ja nur noch bedingt beurteilen, aber damals war das einfach ganz normal. Das heißt also, ich bin da großgeworden, es war für mich völlig normal, dass ich mit meinen Eltern im Sommer, sind wir jeden zweiten Tag in irgendeinen oder auf einen Bierkeller gegangen, sagen wir ja, haben das Wohnzimmer praktisch im Sommer getauscht gegen irgendeinen tollen Ort, wo man sein Picknickkörbchen mitnimmt, dann sein ganzes Essen auspackt, dann holt man sich ein frisches Bier und hat einfach einen richtig schönen Nachmittag oder Abend. Dann kommen Freunde vorbei, die bleiben ein bisschen, die gehen wieder, kommen wieder andere und das ist so wirklich eine tolle Kultur. Dann war ich im Chor in Bamberg, im Domchor. Ehrenwürdiger Verein, viele 100 Jahre alt, 800 Jahre alt. Und da sind wir dann natürlich auch Sonntag nach dem Gottesdienst erst mal ins Schlenkerla und haben Frühschoppen gemacht, damit war der Sonntag dann auch erledigt. Aber das war einfach normal, also ich habe das nie als besonders empfunden. Und dann, als ich studiert habe, war es so, ich wollte eigentlich zuerst woandershin, also Tübingen war so die Idee zum Beispiel oder so. Und dann hat sich das aber alles zerschlagen, weil ich den Studienplatz nicht bekommen hatte, wie ich wollte und am Ende habe ich gesagt, okay, jetzt bleibe ich erst mal in Bamberg und fange da mal an. Und das Witzige war, ich war der Einzige im Jahrgang, der aus Bamberg kam und alle anderen kannten das nicht, also habe ich jeden Tag praktisch den Gästeführer gespielt, in Anführungsstrichen. Und als Student ist man ja eher daran interessiert, die flüssigen Sachen kennenzulernen und so sind wir halt jeden Abend irgendwo anders hin. Und nachdem da 2, 3 Wochen rum waren, haben die mich einfach angesprochen und gesagt, das gibt es doch gar nicht, wir waren jetzt jeden Abend irgendwo anders, es gibt jeden Abend ein anderes Bier, du kannst immer was erzählen, du warst überall schon mal irgendwo vor Ort. Bei uns gibt es das nicht, wir kennen 1 oder 2 Biere und das war es. Und da ist mir dann aufgefallen, okay, irgendwie ist das was Besonderes. Und es hat trotzdem noch ein bisschen gedauert, aber dann so nach und nach, als ich dann angefangen habe, mich auch selbstständig zu machen, weil ich dann viele Kunden auch aus dem gastronomischen Bereich, aus dem Brauereibereich. Und da hat sich das dann wieder getroffen und dann habe ich eben gemerkt, okay, eigentlich bist du in der Provinz, aber wenn wir über das Bier reden, bist du genau da, wo man sein muss.

Steffen: In der Metropole, ja, ja.

Markus: In der Metropole, genau. Und das war dann tatsächlich zum Beispiel mein erster größerer Bierwettbewerb, auf den ich eingeladen worden bin, das war, glaube ich, der italienische, Birra dell\´anno. Da kam ich deswegen hin, weil der Kuaska, der italienische Bierpapst sozusagen, weil der gesagt hat, jetzt brauen unsere Italiener Kellerbier, haben keine Ahnung, wie das geht und wir brauchen irgendjemand, der das bewerten kann. Also der sagen kann, ist das ein Kellerbier. Und so kam er dann auf die Idee, mich einzuladen und so kam ich dann dahin. Und dann war es in den Jurys genauso. Ich kam dahin und habe natürlich Bier mitgebracht und zum ersten Mal Schlenkerla Eiche oder, das haben die noch nie im Leben gesehen. Und das waren einfach tolle Momente, wo man merkt, okay, da gibt es Leute, für die ist das wirklich geil, sowas zu erleben, sowas zu haben, da drüber zu sprechen, das zu genießen. Und, ja, diese Bierlebensfreude, die hat mich da so hingetrieben und trägt mich immer noch.

Steffen: Kommen wir noch mal zurück auf den international Beersommelier, du hast ja dann natürlich auch diese ganzen Materialien ausgearbeitet und so weiter. Wie läuft das denn ab, wenn man das heute machen möchte, ist das online oder hast du ein, keine Ahnung, Hogwarts gebaut und da kommen alle rein oder so?

Markus: Ja, also wir haben Präsenzkurse gemacht bis zur Pandemie, und dann war es einfach logischerweise, wie bei allen anderen auch, das große Thema, was tun? Und das Gute ist, ich komme ja eigentlich von einer Werbeagentur, die habe ich während des Studiums schon gemacht, deswegen hatte ich auch die ganzen Gastronomen und so als Kunden und deswegen war mir diese ganze Computergeschichte jetzt nicht fremd. Zudem hatte ich im Studium auch schon beim Radio gearbeitet, deswegen war auch das sowas, wo ich mit Mikrofon und so mich gut ausgekannt habe und habe dann gedacht, na gut, dann versuche ich erst mal, wie man das am Computer umsetzen kann. Und die erste Idee war dann ein Podcast, das habe ich dann noch im März 2020 angefangen, den BierTalk. Und das war eigentlich eher eine Beschäftigungstherapie, um ehrlich zu sein, weil ich saß daheim, hatte nichts zu tun, völlig depressiv. Und das war aber total cool, weil ich dadurch, dass ich so viele Leute gekannt habe, die im Ausland waren, konnte ich praktisch in dieser Zeit, wo niemand reisen konnte, Fenster aufmachen zu deutschen Braumeistern in Costa Rica, in Australien, in China, sonst wo. Und das fanden die Leute natürlich cool, also alle miteinander, deswegen war das sehr erfolgreich. Und dann kam die Idee, na gut, wenn wir schon so mit Leuten darüber reden, können wir auch was verkosten. Dann haben wir praktisch den Podcast als BierTalk live gemacht, wo wir dann einfach Verkostungen abends gemacht haben und Pakete weggeschickt, wie man das halt so kennt mittlerweile, damals war das völlig neu, und dann hat sich das weiter ausgebreitet. Und dann kam die Idee, naja gut, wenn das alles geht, dann müsste man doch diese Ausbildungsschiene eigentlich auch online machen können. Und das war dann im September 2020, wo ich mir gedacht habe, okay, jetzt machen wir das einfach mal. Und habe dann einfach mal das Konzept mir überlegt, wie könnte man das tun mit den damaligen Möglichkeiten und habe dann mal so ausgelobt und schon so einen eher günstigeren Tarif, einfach, um das mal auszuprobieren. Und das war ziemlich cool, dann hatten wir den ersten Kurs eben noch 2020. Natürlich gab es da viele Kinderkrankheiten und Learnings und was weiß ich, aber am Ende war es, also zumindest dem Feedback nach, für alle ein richtig guter Kurs, wo wir richtig viel gelernt. Wir haben 120 Biere verkostet, das darf man auch nicht vergessen. Also das ist ja der Vorteil, du kannst das ja alles nachhause schicken und die Leute sind eh schon auf dem Sofa, das heißt, da kann auch nichts passieren, das ist sehr schön. Das Schöne ist auch, wir machen, und machen wir heute noch so, das sind praktisch 16 Wochen, immer Mittwochabends zwischen 18 und 21 Uhr und dadurch, dass immer eine Woche dazwischen ist, hat man auch Zeit, das noch mal nachzubereiten. Es gibt auch mal eine Hausaufgabe zum Beispiel oder praktische Übungen, die man zwischendurch mal macht. Und das ist dann auch eine längere Auseinandersetzung mit dem Thema, wo dann auch das Feedback so war, es bleibt besser hängen. Und es muss natürlich niemand ein Hotel zahlen, niemand muss rumreisen und so, also es gibt viele, viele Pluspunkte. Und halt die internationalen Referenten, das ist für mich der absolute Pluspunkt. Weil, das geht im Live-Kurs nicht, ich kann nicht für eine halbe Stunde jemanden einfliegen aus Kanada und dann kommt einer aus Amerika und sonst wie, das geht nicht. Das geht da natürlich schon und das ist cool. Also wir haben zum Beispiel den Chefarchäologen aus Ägypten, der die erste industrielle Brauerei der Welt ausgräbt in Abydos, der erzählt jedes halbe Jahr, beim nächsten Kurs wieder, was passiert ist, wie es weitergeht. Also näher kann man an einem Thema nicht dran sein. Und das ist dann wirklich Biergeschichte, die man auch erlebt, die die Leute auch fasziniert. Weil, wie gesagt, du bist halt direkt dran, der ist an seiner Ausgrabungsstätte, der sitzt da und der zeigt und der erzählt, bis hin halt zu, was weiß ich, einen amerikanischen Brauer oder einen indischen Brauer. Beim belgischen Bier haben wir zum Beispiel denjenigen, der die Trappisten-Brauereien berät, also der zum Beispiel das Sunder-Beer entwickelt halt oder das Tind Medo Beer entwickelt hat mit den Menschen zusammen. Und auch da, näher kannst du an dem Thema nicht dran sein. Und das Gute ist auch, diese Menschen bleiben den Kursteilnehmern  ja als Kontakt. Das heißt, man baut sich damit auch ein Netzwerk auf und zwar auf einem ziemlich hohen Level. Das heißt, wer das also dann danach nutzen will, dem steht die Bierwelt schon offen. Also Vanessa ist ja ein super Beispiel dafür, wie man dann halt, je nachdem, was man danach gerne machen will, sich ausleben kann. Und das ist eigentlich auch mein Ziel, also den Leuten wirklich Türen aufzumachen, Horizont zu erweitern, viel Freude an dem Thema zu geben und dass dann jede und jeder schauen kann, was er oder sie mitnimmt und so halt machen will und das ist schon cool. Und um es noch zu vervollständigen, also das ist der normale Weg, der Live-Online-Kurs, treffen wir uns eben 16-mal abends live, Abschlusswochenende dann in Bamberg in Person, auch sehr witzig. Und es gibt noch eine Alternative, das ist der Videokurs, den haben wir vor 2 Jahren entwickelt. Das heißt, da gibt es das Ganze dann wirklich nur als Video. Da ist dann einmal im Monat ein Online-Treffen, wo wir uns mit allen treffen, die da gerade teilnehmen und ansonsten kann man das in seinem eigenen Lerntempo machen. Also die eine ziehen das durch und sind in einem Jahr fertig, ist aber eher nicht die Regel, aber man kann und andere machen das halt in ihrem Tempo, über 1 Jahr oder 2. Es sind sehr viele Videos, insgesamt, boah, wir haben es mal ausgerechnet, es sind, glaube ich, dass ich jetzt nicht lüge, 30 Tage Dauergucken oder so, also es ist echt viel. Wobei, es sind halt viele Verkostungen, das heißt, die muss man auch nicht alle machen, aber man kann halt sagen, ich habe jetzt dieses Bier oder jenes Bier und dann mache ich das eben mit und das funktioniert auch gut. Also insofern, es gibt viele Möglichkeiten. Man kann die Module auch einzeln machen, dass jemand sagt, ich will mal nur mich über englische Biere informieren, dann mache ich einfach nur britische Biere und nehme das mal, nehme das mit als Paket und kann dann immer noch gucken, wenn ich später was anderes machen will.

Steffen: Ich hatte auch schon von deinem Wissen profitiert, weil Markus hat mir hier, ihr kennt es ja, ich halte es ja immer ganz gerne in die Kamera, hat mir hier mit seiner Expertise zur Seite gestanden, weil da geht es ja um die Geschichte des Bieres. Und was ich halt ganz toll fand, er hat übrigens auch das Vorwort, steht hier auch irgendwo drauf, mit einem Vorwort von Markus Raupach, was ich ganz toll fand ist, dass du den Comic schon kanntest und selber auch ungefähr genauso begeistert von der amerikanischen Urfassung warst wie ich, mit genau denselben Einschränkungen, ein paar Sachen müssten upgedatet werden und deswegen haben wir das zusammen gemacht. Und das fand ich natürlich klasse, innerhalb von dieser Bierwelt jemanden zu treffen, der, sagen wir mal, auch dieses Comic-Gen noch in sich trägt.

Markus: Absolut, ja.

Steffen: Also das fand ich ganz großartig, deswegen noch mal vielen Dank, dass du da mitgeholfen hast. Ein bisschen auch so Site-Frage, bist du auch sonst so ein regulärer Comic-Fan, also kannst du mit dem Medium was anfangen?

Markus: Also ich kann mit dem Medium viel anfangen, habe als Kind viel die Klassiker, Mickey Mouse, Donald Duck und was es dann sonst so in der Marvel-Welt und sowas gab, bis hin zu sowas wie Prinz Eisenherz oder so. Und dann habe ich einen sehr, sehr guten Freund, den ich auch schon seit Kindestagen kenne, der ist richtig Hardcore-Comic-Sammler, also der hat auch die ganzen alten Supermänner und was weiß ich was, Zuhause ganze Regale voll, also wie sich das so gehört. Kenne ich auch von jedem Umzug, den ich da begleiten durfte oder musste. Und wir haben auch dreimal, glaube ich, in einer WG zusammengewohnt, da hatte ich das dann auch frei Haus und der hat mich natürlich noch ein bisschen infiziert. Zum Beispiel, ich habe die ganzen Mundart-Asterixe, weil ich das einfach total witzig finde.

Steffen: Das ist super witzig, ja, das ist so.

Markus: Ja, weil da so viel zusammenkommt irgendwie.

Steffen: Gibt es auch auf Fränkisch.

Markus: Genau, richtig. Und das ist schon, ja, ist super spannend. Also ich finde halt dieses Medium schön und deswegen fand ich auch diesen ersten Comic so cool, weil zum Beispiel sowas wie diese Pilsgeschichte, das kann man auf 100 Seiten total langweilig machen oder man kann es eben auf 4 Comic-Seiten richtig schön machen und wo man dann trotzdem noch Kopfkino hat. Also auch das ist ja sowas, ich sehe beim Comic Bilder, aber es ist eben nicht so, dass das Bild vollständig ist, sondern ich habe dann trotzdem noch das Ganze drum rum. Und ich brauche ja zwischen den Bildern die Filmsequenz, die muss ich auch erst noch mal bilden. Und das finde ich so schön, weil der Comic eben so gemacht ist, dass man nicht falsch abbiegen kann, also man geht durch die Geschichte durch, aber trotzdem erlebt man das noch mal und dadurch ist das schön und spannend und interessant und das vergisst man auch nie wieder. Und deswegen, also der hat viele solcher Momente, aber der Pilsenteil, den fand ich besonders spannend, deswegen, da hat er mich am allermeisten gepackt und den habe ich auch oft verwendet in der Ausbildung dann immer wieder. Da war ich dann so froh, dass es das jetzt auf Deutsch gibt, weil, dann muss ich das nicht mehr erzählen und übersetzen, sondern jetzt ist es einfach da.

Steffen: Und ich bin da natürlich auch sehr froh. Und das ist auch, ich finde natürlich auch da drin, was sehr schön ist, dass der so mit dieser Kombination aus Fakten und Mythen spielt. Also gerade in der Biergeschichte gibt es ja viele Dinge, die einfach, sagen wir mal, die sind überliefert, aber nicht bewiesen. Und genau damit spielt der Comic ja auch sehr schön und am Ende hat man so ein Gesamtbild und das hat mir so gut gefallen an diesem Ding. Du hattest vorher gesagt Podcast, den machst du auch immer noch, oder?

Markus: Den mache ich auch immer noch, die Frequenz ist etwas weniger. Also ich muss zugeben, am Anfang in der Pandemie haben wir teilweise drei Folgen in der Woche veröffentlicht, weil es nicht viel anderes zu tun gab und dann sind wir auf einmal die Woche und jetzt momentan ist es alle zwei Wochen. Da merke ich schon, es ist ein bisschen wenig für mich. Ich bin jetzt schon, also wir haben jetzt Dezember und, ich glaube, die aktuelle neueste Folge kommt schon im nächsten Mai, also ich habe schon viel vorproduziert sozusagen. Aber ich scheue immer noch ein bisschen davor zurück, weil ich finde die Komfortzone ganz schön, dass ich sagen kann, wenn ich jetzt mal zwei, drei Wochen aus irgendwelchen Gründen wirklich nicht dazu komme, was Neues aufzuzeichnen, dann habe ich den Puffer einfach da. Aber es ist nach wie vor großartig. Ich bin jetzt bei 250 Folgen und es sind wirklich allerlei Größen aus der nationalen, internationalen Bierwelt und nicht nur Bier, auch ein bisschen drüber hinaus. Also zum Beispiel der erwähnte Archäologe aus Ägypten, da gibt es eine 2-stündige Podcast-Folge, also die ist schon hart, aber sie ist auch geil. Und es ist alles transkribiert, das heißt, jemand kann auch sich das Transkript runterladen, gegebenenfalls sich noch übersetzen lassen, weil das ist natürlich auf Englisch in dem Fall. Aber ich habe jetzt zum Beispiel jetzt vor drei Tagen in Polen, in Krakau war einer meiner Bieridole von den Beer-Writern war da. Den habe ich noch nie live gesehen, wir hatten schon mal in einer Online-Konferenz öfters zu tun, aber ich habe ihn noch nie in Person getroffen, Randy Mosher. Und der hat dieses Tasting-Beer zum Beispiel geschrieben und einer mit der Ersten überhaupt so nach Charlie Papazian, danach die ersten Homebrewer-Guides und so. Und das ist einfach eine ganz tolle spannende Figur und den habe ich dann einfach gefragt, Mensch, jetzt haben wir eh so eine halbe Stunde Zeit, lass uns doch mal schnell noch einen Podcast aufnehmen, und das sind dann so Sternstunden. Oder zum Beispiel, ich habe auch mit Professor Narziß, das ist so die Ikone aus der Bierausbildung, oder Brauereiausbildung, also wirklich Hardcore-Brauer-Ausbildung. Ich glaube, es gab niemanden, der so viel vor allem über untergäriges Bier gewusst hat wie er. Und den habe ich interviewt vor drei Jahren oder sowas, da war er schon hoch in den 90ern. Und eigentlich wollte ich zwei Folgen mit ihm machen und bei der ersten Folge habe ich so gemerkt, das war dann, wir haben uns bei ihm auf einen Kaffee getroffen und er war halt auch schon ein bisschen müde, an dem Tag war schon viel los und da habe ich gedacht, okay, jetzt reden wir erst mal über all die Sachen neben Bier, also so, wie er so da reingekommen ist, wie er in die Ausbildung gekommen ist, all dieses drum rum, was jetzt er nicht schon 1.000-mal erzählt hat. Und dass fand ich total spannend, weil er eben dann erzählt hat, wie diese Kindheit und Jugend dann direkt nach dem Krieg oder noch während des Krieges war, wie er sich da durchgeschlagen hat und wie dann sich das alles so entwickelt hat, dass er am Ende zu diesem Bierpapst geworden ist. Und zu dem 2. Interview kam es dann gar nicht mehr, muss ich sagen, leider. Aber der Teil, den wir gemacht haben, der ist so schön und auch so besonders, dass das wirklich ein Zeitdokument eigentlich ist. Und da bin ich total froh, dass wir das gemacht haben und das ich die Fragen gestellt habe und nicht die, wie gesagt, die ihm auch schon 1.000 andere Leute vorher schon gestellt haben. Und so gibt es wirklich ganz, ganz viele tolle Folgen, die wirklich, also für mich jedenfalls, jeweils echt ein kleiner Schatz sind, wo man was erlebt. Also vielleicht eins noch, was ich auch witzig fand, ich habe oder wir haben damals, der Holger war am Anfang ja noch mit dabei, haben wir Jeff Maisel gehabt. Das war in der Pandemie, ziemlich zu den ganz krassen Lockdown-Zeiten. Und er hat uns dann ein Paket geschickt mit 7 oder 8 Bieren und hintenraus Doppelbock, fassgelagerter Doppelbock, was auch immer und der Podcast ging auch so eine gute Stunde. Und der Jeff ist halt ein echter Brauer, der hat jedes Bier ausgetrunken. Und das merkt man im Laufe des Podcasts, also der hatte am Ende wirklich, also sage ich jetzt mal, ordentlich einen sitzen, aber auf eine sehr sympathische Art und Weise. Und er erzählt, glaube ich, auch Sachen, die er normalerweise nicht erzählen würde, die aber nicht peinlich oder blöd sind, sondern die einfach unheimlich viel Charme haben und die dann auch dieses ganz Menschliche an der Seite rauskehren. Und das zum Beispiel, solche Momente, die hat man da halt einfach und das fand ich schon eine coole Sache.

Steffen: Er hat viele coole Interviews in dem Podcast und eins mit mir.

Markus: Allerdings, ja.

Steffen: Das ist, das gehört halt auch dazu, aber …

Markus: Alle Größen.

Steffen: Ja, ja, genau. Aber du hast natürlich Recht, dieses Interview machen, das ist ja auch etwas, was mir wahnsinnig Spaß macht und vielleicht auch eher noch so dieses talken, also weniger interviewen als viel mehr talken, das finde ich schön, weil man da natürlich auch so auf so eine, ja, von A nach B kommt, eben mal kurz über ein Comic redet, mal kurz über Gäste redet und das finde ich super. Deswegen bin ich auch froh, dass du heute hier bei mir bist, ist ja quasi so das Revanche-Foul sozusagen.

Markus: Sozusagen, genau.

Steffen: Dann würde mich noch interessieren, ich habe dich in diesem Jahr, also wir befinden uns noch in 2024, wenn ihr das seht, bin ich mir nicht mehr so sicher, aber im Augenblick noch in 2024, wir haben uns dieses Jahr auf dem Bierfest in Nürnberg getroffen, und das ist super, es macht richtig Spaß. Ich weiß nicht, wer schon mal in Nürnberg war, aber da gibt es ja die Burg und im Burggraben quasi findet diese Festivität statt und da hat es eben ganz viele Bierstände. Und das kostet auch keinen Eintritt wie andere Bier-Events, sondern du kannst da einfach erst mal reinlaufen und dich orientieren, also hat wahnsinnig Spaß gemacht und da warst du auch. Aber nicht nur das, du hast das ins Leben gerufen, ist das so fast korrekt?

Markus: Fast, also ins Leben gerufen, wäre jetzt ein bisschen viel, das muss man dem Thomas Landherr und seinen Kollegen lassen, das haben die schon alles gemacht, das gibt es auch schon jetzt so 20 Jahre oder so. Aber es war ziemlich, also 4, 5 Jahre später oder sowas, nachdem es das dann gab, also im Grunde ist es ein riesen großer Biergarten und da waren halt ungefähr so 50, 60 fränkische Brauereien oder sind immer noch. Und dann kam diese Craft-Beer-Geschichte auf, also das es eben jetzt auch noch andere Biere gab und besondere Biere und so und dann war die Frage bei denen eben, wie kriegen wir das in dieses Fest, ohne das es so ein Rumgenippel mit 01 und so wird und dann halt irgendwie, weil das wollten die halt nicht, die wollten den Charakter behalten. Und dann hat er mich eben gefragt, ob da ihm helfen würde. Und dann war es so, dass wir beim ersten Mal, ja, das war, glaube ich, 2010, ungefähr jedenfalls, habe ich dann ein Craft-Beer-Zelt gemacht. Das hieß dann, also das Fest dauert 5 Tage und ich habe dann an 2 oder 3 Tagen für jeweils 3 Stunden dieses Zelt bespielt und habe mir da von all den Brauern, die eh schon auf dem Fest waren, deren neuen besonderen Craft-Biere besorgt und mit den Leuten Verkostungen gemacht und das war ganz cool. Und im Folgejahr haben wir dann dieses Zelt praktisch die ganze Zeit bespielt und dann habe ich auch schon angefangen, noch andere Biere mitzubringen und so ist das Stück für Stück gewachsen. Ich habe dann Gastbrauer in meinem Zelt sozusagen gehabt, jeden Tag einen anderen aus der Region. Und die haben dann sich so etabliert, dass sie mittlerweile eigene Stände haben und mittlerweile gibt es so eine ganze Craft-Beer-Area. Also diesen ganzen Bereich habe ich praktisch ins Leben gerufen und betreut und das hat das Fest unglaublich bereichert und ihm trotzdem nicht seinen Charakter genommen. Weil, das ist eins der ganz wenigen Bierfeste, wo man eben hingehen, schön was trinken kann. Das ist im Grunde die positive Version vom Oktoberfest, also das heißt, ich kriege nicht nur ein Bier, sondern ganz viele, ich habe nicht nur ein Zelt, sondern ganz viele Open-Air-Areas mit ganz vielen verschiedenen Bühnen und verschiedenster Musik und ganz vielen verschiedenen Essen und kann da durchlaufen und mich halt da mit dem Thema Bier beschäftigen und kann eben überall probieren und mich auch meistens mit den Brauern unterhalten, die sind oft auch da, und dementsprechend einfach eine ganz tolle Möglichkeit, einfach sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Und Franken ist da natürlich auch besonders, weil diese Bierkultur da eben noch lebt. Das heißt dann, da kommen insgesamt vielleicht eine halbe Million Menschen hin im Laufe dieser ganzen Tage und die gehen da nicht hin, weil sie sagen, ich muss jetzt das letzte Imperial Stout auch noch irgendwie für mein Antap-Konto, sondern die sagen halt, na gut, gehe ich jetzt mal in meinen normalen Biergarten oder gehe ich mal aufs Fest und dann gehen sie halt aufs Fest. Und dann setzte sich dahin und haben über den Lauf des Abends 5, 6, 7 Biere, was weiß ich was, über 8, 9 Stunden verteilt. Da ist auch in der Regel keiner betrunken, da gibt es auch keine Schlägereien oder irgend so, also auch von dem Charakter her ist das ein sehr nettes angenehmes Fest. Und, ja, kann man jedem nur empfehlen, wer das mal erleben will, unbedingt.

Steffen: Also ich kann es nur bestätigen. Und ich habe es im strömenden Regen erlebt und es war trotzdem cool und gut besucht, das hätte ich gar nicht gedacht bei so viel Regen, also richtig toll, ich bin da auch richtig Fan davon. Toll, wie gesagt, finde ich auch, dass es ohne Eintritt ist. Das ist aber wahrscheinlich nur möglich, weil es städtisch unterstützt wird irgendwo, oder?

Markus: Nee, also unterstützt wird es nicht, weil sogar Miete bezahlt wird für die Fläche, aber es ist natürlich so, dass die Brauereien für ihre Stände eine Miete bezahlen, also auch ich zahle für meinen Stand. Und der Vorteil ist halt, dadurch, dass es Erstens ziemlich viele sind und dadurch, dass die Leute auch wirklich was trinken, geht das. Also jetzt mal, um so ein paar Zahlen zu nennen, wenn ich jetzt so normalerweise auf so einem Craft-Beer-Fest bin, dann schenkt man über 2 Tage an so einem Stand vielleicht 100 Liter Bier aus, maximal. Und wenn ich auf dem Bierfest bin und habe da über 5 Tage den Stand, dann schenke vielleicht 1.500 oder 2.000 Liter Bier aus. Und dementsprechend kann ich dann auch das Ganze finanzieren, weil dann auch das Einkommen entsprechend da ist und dann trägt eben jeder so seinen Teil dazu bei. Und damit ist das auch so, also es ist tatsächlich ein normales wirtschaftliches Fest, was sich selber trägt aufgrund ganz viel auch persönlicher Liebe und Arbeit eben, der Thomas Landherr, der Landi, der das schon immer organisiert, der lebt das auch und liebt das, die ganze Familie ist da integriert und die leben halt dann da diese 5 Tage und nur deswegen geht das, ja.

Steffen: Finde ich großartig. Du hast einen Stand, du hattes quasi Gastbiere da, aber braust du auch selber?

Markus: Nein. Beziehungsweise ich habe das schon mal versucht, also ich kann gut über Bier reden, ich kann es beurteilen, aber ich bin ein ganz schlechter Brauer, weil ich …

Steffen: Da sind wir uns so ähnlich. Das ist immer so, wenn ich so in den Biersommelierkreisen und auch den Brauerkreisen irgendwie so verkehre, dann bin ich immer so ein bisschen der Außenseiter, weil ich der Einzige bin, der nicht braut.

Markus: Ja, ich denke, manchmal ist es auch besser so.

Steffen: Ja, nee, das muss ich nicht gelernt haben. Das ist, sage ich mal, ich putze ungern, mir ist das gesamte Berechnen von irgendwelchen Formeln, ist mir zuwider, aber ich trinke sehr gerne Bier und ich rede und schreibe gerne darüber also. Und ich finde das schön, dass es da noch andere Menschen, die das so …

Markus: Ja, absolut. Das ist eben der Punkt, also du musst als Brauer, wenn du es wirklich ernstnimmst, dann musst du eine super Putzfrau sein, du musst dich wirklich strikt an Dinge halten können, du musst sowas wie Temperaturen genau einhalten und so weiter und so fort. Und dafür bin ich einfach zu sehr der kreative Kopf und dann auch manchmal zu faul oder einfach zu fahrig.

Steffen: Zu faul, irgendwie läuft es auf, bei mir zumindest, auf zu faul raus, ja.

Markus: Und ich glaube, ich  auch einfach zu früh angefangen, auf zu hohem Niveau Biere zu bewerten. Und wenn du halt gewohnt bist, was weiß ich, beim World Beer Cup am finalen Tisch zu sitzen und die Beire zu bewerten, das Level erreichst du selber nie, also egal, wie sehr ich mich anstrengen würde. Das heißt, jedes Bier, das ich selber braue, wäre für mich einfach eine Enttäuschung und dann lasse ich es lieber bleiben. Und dafür gibt es ja Leute, die das machen.

Steffen: Die das richtig gut können, genau, ja. Also ich muss da auch nicht mitgespielt haben. Ich persönlich sehe mich tatsächlich auch nicht in der Position eines Judges, aber du machst das sehr häufig, oder, das ist so.

Markus: Genau.

Steffen: Ist das eine Profession von dir? Ich meine, das ist ja auch mit Stress verbunden, du musst reisen oder du darfst reisen,

Markus: Eben, ja.

Steffen: das ist natürlich auch das. Aber, ich weiß nicht, kann man sich da, ich weiß nicht, weißt du ungefähr, wie oft du schon gejudgt hast?

Markus: Puh! Also auf internationaler …

Steffen: In dem Jahr jetzt.

Markus: Ja, genau, auch selbst das wäre geradezu, aber in dem Jahr vielleicht 15 Wettbewerbe oder so, 15. 20, irgendwie in dem Dreh. Insgesamt vielleicht 200, was weiß ich. Und tatsächlich über den ganzen Globus, also, was weiß ich, von Chile bis Taiwan, viel mehr geht ja … also Australien war ich noch nicht, Neuseeland war ich noch nicht und Japan, so Sachen, da würde ich gern noch mal hin.

Steffen: Kommt noch, ja.

Markus: Teilweise bin ich auch eingeladen, aber muss dann halt einfach woandershin, das gibt es ja auch und das ist dann schon toll. Also ein großer Vorteil ist, es ist eine Familie. Also es gibt so ungefähr 100 bis 200 Judges, die so auf internationalem Niveau da sind und das ist so ein bisschen flying circus. Das heißt, dieser Kernbereich von denen, die machen mindestens die Hälfte der Jury bei den großen Wettbewerben irgendwie aus, also nicht alle von denen, aber so 50, 60 aus dem Pool sind da da. Das heißt, wir kennen uns alle sehr, sehr gut, wir sind gut befreundet. Und natürlich ist immer irgendjemand in dem jeweiligen Land auch zuhause. Das heißt also, es ist immer so, dass wir in Länder kommen, aber dort so, wie wenn ich als Kind früher schüleraustauschmäßig bei einer Familie zu Gast war. Das heißt, du bist nie ein Tourist, sondern du bist immer ein bester Freund oder ein Familienmitglied und so erlebst du das Land auch, so erlebst du die Kultur. So zeigen die dir das auch. Du kommst in Brauereien oder auch in andere Orte rein, wo du als Tourist nie im Leben hinkommen würdest, einfach weil die Leute dafür sorgen. Und umgekehrt ist es genauso, wenn die Leute nach Bamberg kommen, dann gehen wir halt in die Schlenkerla-Brauerei in den Keller, probieren da alle möglichen Sachen oder machen sonstige Dinge, die eben jetzt auch nicht jeder einfach so machen kann. Und das sind einfach die tollen Seiten der ganzen Geschichte. Und ich glaube, was mich selber angeht, natürlich ist das eine, sich mit dem Bier auszukennen und es bewerten zu können zu technisch faktisch, das andere ist, es erfordert aber auch viel Kommunikation und Fähigkeiten. Also ich bin oft dann auch der Table-Captain, das heißt, der, der das Ganze so ein bisschen moderiert und so. Und das ist, glaube ich, sogar noch eher meine Stärke, dass ich das wirklich gut kann, wenn ich da halt 8 Leute am Tisch sitzen habe aus aller Herren Länder und dafür sorgen soll, dass die miteinander über diese 10 Biere jetzt reden und wir am Ende auch zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen, was durchaus mal kontrovers auch sein kann und man dafür sorgen muss, dass jede und jeder auch gehört wird und danach alle auch zufrieden sind und sich nicht die Köpfe einschlagen. Das sind so Punkte, was mir, glaube ich, auch leichtfällt, was mit Spaß macht. Und insofern ist diese Familie der international Judges für mich wirklich echt wichtig geworden und macht mir total viel Spaß, weil ich eben die halbe Welt bestimmt dadurch schon gesehen habe, wo ich sonst wahrscheinlich nie hingekommen wäre.

Steffen: Gibt es da so bierseitig noch so Überraschungen, irgendwas, was dieses Jahr gewesen ist, wo du gesagt hast, okay, da hat sich für mich wieder was völlig Neues aufgetan geschmackstechnisch?

Markus: Ja, doch. Weil, dieses Jahr war ich zum ersten Mal in Norwegen und war dann wirklich ganz tief in diesem Farmhouse Ale oder Kwak drin und durfte dann eben auch wirklich bei diesem Bauern auf dem Bauernhof haben wir dort eben Kwak-Biere gebraut. Und dann auch einen kleinen Wettbewerb von denen dort besucht, wo man ganz viele dieser Biere auch probieren und verkosten konnte und mit jedem auch reden konnte, wie sie es machen, was sie machen und das ganze Drumrum auch erfahren konnte. Und das war für mich schon super spannend, weil man in diese Kultur sonst so auch nicht reinkommt. Und es ist auch tatsächlich so, da fliegt man erst mal dreimal irgendwohin und dann fährt man mit einem Schiff durch den ganzen Fjord und ist dann irgendwie nach vielen, vielen Stunden irgendwo am Ende der Welt und da ist dann eine Schulturnhalle und da sind die dann. Und das macht man halt normalerweise so auch nicht. Und das war wirklich in jeder Hinsicht ein ganz, ganz tolles Erlebnis.

Steffen: Jetzt hat uns die Vanessa hier noch ein paar Flyer hingelegt von der German Beer Consumer´s Union oder Union auf Deutsch. Bist du da auch irgendwie involviert?

Markus: Ja.

Steffen: Ich vermute es, sonst hätte sie uns den Flyer wahrscheinlich nicht hier hingelegt.

Markus: Das stimmt, ja. Also Hintergrund ist tatsächlich der, also es gibt ja die Bierkonsumenten und es gibt die Brauereien und es gibt den Staat und so und die haben alle ihre Interessen beim Thema Bier. Und was jetzt den Konsumenten angeht, da gab es zumindest in Deutschland keine vernünftige Vertretung dafür. Klingt jetzt erst mal ein bisschen blöd, wofür brauche ich das?

Steffen: Ja, wozu, das ist auch interessant.

Markus:  Also da geht es zum Beispiel drum, dass wir als Biertrinker gerne wissen wollen, das auf der Flasche zum Beispiel steht, wer hat dieses Bier gemacht, wo wurde es wirklich gebraut, keine Ahnung, wer hat es abgefüllt, was ist da drin, also die Informationen, die wir halt haben wollen. Und auf der andren Seite haben wir auch ein Interesse daran, dass es diese Brauereien noch möglichst lange in möglichst großer Vielfalt gibt und wir wollen auch nicht, dass der Staat zum Beispiel durch Gesetzgebungen oder sonstige Einschränkungen den Brauern das Leben schwermacht, damit haben wir in beide Richtungen praktisch Idee. Und wenn man jetzt die Brauer fragt, dann würden die wahrscheinlich wieder ganz anders antworten. Und deswegen ist es ganz gut, dass es diese 3. Standbein gibt. Und in allen anderen europäischen Ländern ist das auch so, also da gibt es jeweils, kleiner oder größer, so einen Verein oder eine Organisation von Leuten, die gerne Bier trinken und die dann oft auf nationaler Ebene eben da auch ein bisschen mitmischen und jeweils auf der einen oder anderen Seite dann auch mit den Akteuren zusammenarbeiten. Und das nennt sich EBCU, also European Beerconsumers Union. Und die habe ich auch kennengelernt durch meine ganzen Jugding-Reisen und da haben die mir halt immer erzählt, das ist eigentlich ganz cool, wir haben nur ein Problem, immer wenn wir in Brüssel zum Beispiel sind und bei der Kommission oder sonst wie irgendwelche Themen anschneiden, dann sagen die immer, naja, wer seid ihr denn und dann haben wir immer in der Mitte ein großes Loch, weil es gab keine deutsche Organisation. Und dann war natürlich die Antwort immer die, naja, also wenn ihr das größte Land der EU, was die Bevölkerung angeht und natürlich auch, was die Biertradition und Brauereien und so weiter angeht, nicht habt, dann braucht ihr gar nicht erst anfangen, da irgendwie darüber zu reden. Und dann habe ich mir gedacht, naja, eigentlich könnte man das ja irgendwie tun und habe mir dann Gedanken gemacht, wie man das machen kann. Und das Schwierige ist, dass wir in Deutschland ja nicht eine Bierkultur haben.

Steffen: Ja, stimmt.

Markus: Also das ist immer, sage ich mal, in der Ausbildung, es gibt keine deutsche Bierkultur, weil die Bierkulturen, die wir haben, viel älter sind als unsere Idee von Deutschland. Das heißt, also vor 1871 gab es auch Bier, aber eben kein Deutsches Reich. Und dementsprechend haben wir halt in Köln oder in München oder in Berlin oder, keine Ahnung, in Stuttgart jeweils eine andere Vorstellung von einem guten Bier und dementsprechend können die Leute manchmal auch nichts miteinander anfangen. Also wenn man jetzt einen Münchner fragt, ob er sich jetzt für Kölsch einsetzen würde oder einen Kölner fragt, ob er sich für die Berliner Weisse einsetzen würde, wäre auch ein Fragezeichen. Und das heißt, man muss irgendwie das so ein bisschen zusammenbringen, also einerseits den Leuten klarmachen, okay, ihr habt trotzdem alle ein Interesse, nämlich eure lokale Bierkultur zu fördern, zu erhalten, zu stärken und da macht es auch Sinn, ´sich ein bisschen zusammenzutun und gemeinsam euch dann auf europäischer Ebene zu organisieren. Und so habe ich das dann angefangen, diesen  Verein gegründet. Wir sind jetzt knapp 300 Mitglieder, also noch nicht so riesen groß. War aber Absicht, dass das nicht zu schnell wächst und zu viele Leute vielleicht mit reinkommen, die einfach nicht nur irgendwelche Posten haben wollen, funktioniert aber gut. Und wir sind dann eben auf dieser europäischen Ebene eingebunden. Zweimal im Jahr trifft man sich irgendwo in Europa in einem der Mitgliedsländer und da gibt es dann eben auch einen kleinen Kongress, wo wir uns unterhalten, was gerade so die Themen sind. Natürlich besucht man da auch die ein oder andere Brauerei und hat jede Menge Spaß, weil auch da natürlich jeweils die Host-Länder sich nicht lumpen lassen, sage ich mal so. Also man kann auf die Art und Weise auch ganz toll Bierkultur erleben, aber dabei eben noch was Sinnvolles tun. Also jetzt zum Beispiel gerade war ein riesen Thema das Pfand zum Beispiel, was bei uns ja Gang und Gäbe ist, aber in vielen anderen europäischen Ländern noch nicht war und das soll europäische angeglichen werden. Und hätte zum Beispiel so ausschauen können, dass es für uns ganz negative Regelungen hätte geben können, weil wir praktisch von unserem Pfand-Level runtergehen hätten müssen, damit andere raufkommen. Und das klingt ja erst mal gut, aber hätte wahnsinnige Konsequenzen zum Beispiel bei uns gehabt und da haben wir zum Beispiel uns stark eingesetzt, dass das nicht so ist. Oder Steuer, ein ganz großes Thema. In vielen Ländern gibt es ganz unterschiedliche Steuersätze für gewisse Größen an Brauereien und auch da versucht man sich eben zu helfen und sich zu unterstützen. Oder auch Export, was weiß ich was. Also oft auch so wirklich technische Themen, aber drum rum ist halt auch der Spaß und der ist immer da. Und das ist auch, also wenn ich jetzt hier kurz Werbung machen darf, es ist einfach, EBCU heißt, man zahlt einen Mitgliedsbeitrag von im ersten Jahr 20 Euro und dann 12 Euro pro Jahr, das kostet jetzt nix eigentlich und dafür kann man an all diesen Dingen teilhaben. Wir machen auch ein-, zweimal im Monat Workshops, Online-Workshops, wo man sich dann mit aus ganz Europa mit Leuten über bestimmte Themen auseinandersetzen kann, Vorträge bekommt zu bestimmten Bieren oder so. Wir machen regelmäßig Besuche auch bei den Festivals, man kann sich auch zum Beispiel als Volontier dann bei den anderen einsetzen und dabei sein. Also auch wieder eine tolle Welt für jemanden, der da Spaß dran hat, sich da mit dem Bier auseinanderzusetzen und, ja, so.

Steffen: Wir sehen also, der Markus macht unglaublich viel und ich weiß gar nicht, wahrscheinlich haben wir jetzt noch ganz viel ausgelassen, was er auch noch macht. Gibt es irgendwas, wo du noch sagen würdest, da wollte ich noch drauf hingewiesen haben, da bin ich auch dabei?

Markus: Also ich sage vielleicht noch ein Stichwort, weil es mir selber am Herzen liegt und weil es dir, glaube ich, nicht fern ist, ich habe auch viele Spiele mittlerweile schon entwickelt rund um dieses Thema Bier, weil das auch eine schöne Art und Weise ist, sich damit auseinanderzusetzen. Da gibt es einige Quizzes zum Beispiel auf dem Markt und es gibt ein Biersommelierspiel, was viele haben, auch die Vanessa zum Beispiel, wo man mit Gruppen sehr, sehr schön interaktiv spielen kann, also wirklich auf eine angenehme Art und Weise, ohne dass es ein Saufspiel ist. Und das ist auch schön, weil ich eine Brettspielleidenschaft schon immer habe. Und das auch noch mit dem Thema Bier zu verbinden, war für mich auch noch sehr spannend.

Steffen: Und ansonsten, du kennst jetzt quasi die Bierstile der Welt, die Geschichte dahinter, du kennst teilweise Brauer. Hast du ein persönliches Lieblingsbier?

Markus: Ja, das ist gar nicht so einfach mit dem Lieblingsbier. Ich würde mal sagen, also Lieblingsbiere habe ich viele, weil es oft von der Situation abhängt, von dem Ort, wo ich bin, von der Jahreszeit und überhaupt, aber ich werde manchmal gefragt, welches Bier ich auf die einsame Insel mitnehmen würde. Und da habe ich lange mit mir gehadert und bin dann am Ende bei einem Spezial-Lager rausgekommen, also einem der Bamberger Rauchbiere, das jetzt von der Intensität her nicht so ganz so intensiv ist wie jetzt ein Schlenkerla zum Beispiel, Schlenkerla Märzen, wunderschöne Bernsteinfarbe, richtig tolle malzige Aromen mit diesem Rauch-Touch und ich glaube, wenn ich nur ein Bier mitnehmen könnte, dann wäre es wahrscheinlich dieses. Aber wie gesagt, das heißt nicht, dass ich die anderen weniger liebhabe, sondern manchmal muss man sich halt das eine aussuchen und dann wäre das das, ja.

Steffen: Also die Sache mit der einsamen Insel, das ist ja auch immer so, ich meine, wer nimmt einen Kühlschrank mit, wie viel von dem einen Bier darf ich mitnehmen, wenn ich keinen Kühlschrank habe, bin ich auf einer Südseeinsel, wo das Wasser 23 Grad hat, wie soll ich das dann kalt bekommen und so weiter und so fort. Da gehen ja unglaublich viele Faktoren einfach verloren bei der Frage.

Markus: Ja, wobei man sagen muss, das ist das, was die Bierkultur schon immer angetrieben hat, denn, wie ja auch in unserem Comic steht, von Anfang an hat man sich Gedanken gemacht, wie machen wir Bier, wie machen wir es besser und wie sorgen wir für Dinge wie Kühlung, wie Transport, wie Berechnung, wie was weiß ich was. Und so hat die Menschheit ganz elementare Dinge nur entwickelt, weil sie Bier trinken wollte, bis zur künstlichen Kühlung, bis zum Kühlschrank, das haben wir alles dem Bier zu verdanken. Und ich würde wahrscheinlich auf der Insel dann einfach auch kreativ sein und würde eine Art Kühlschrank bauen und würde irgendwie dafür sorgen, dass, wenn ich schon dieses tolle Bier habe, dass ich es dann auch richtig genießen kann.

Steffen: Und schon haben wir das sensationellste Schlusswort, das man sich überhaupt nur wünschen kann. Ich sage vielen Dank, Markus Raupach, schön, dass es endlich geklappt hat.

Markus: Ja.

Steffen: Ja und ich hoffe, euch hat es auch Spaß gemacht und wir sehen uns wieder und wir sehen uns auch wieder.

Markus: Machen wir.

Steffen: Tschau.

Markus: Tschau.

BierTalk 148 – Interview mit Tobias Leisgang, Innovationsmanager aus Bamberg

Bier ist Tradition – aber auch Innovation. In dieser Folge spricht Markus mit Tobias Leisgang, Innovationsberater aus Bamberg, über die Herausforderungen und Chancen der Bierbranche in Zeiten des Wandels. Wie gehen Brauereien mit Unsicherheit um? Warum fällt es so schwer, sich von Gewohntem zu lösen? Und wie kann man Kundenbedürfnisse neu denken – vom alkoholfreien Bier bis zur Erlebnisgastronomie? Tobias bringt Impulse aus der Unternehmenswelt mit, zeigt Parallelen zum Brauhandwerk auf und stellt seine kreativen Bierdeckel-Fragen vor, die zum Nachdenken über die Zukunft anregen. Ein Gespräch über Kopf, Bauch, Entscheidungsmut – und die Kraft, Neues zu wagen…

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BierTalk – Gespräche über und beim Bier.

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute haben wir uns was ganz Besonderes vorgenommen, weil es ist natürlich wieder ein neues Jahr, es gibt viele Herausforderungen, die gibt es auch schon länger, ehrlich gesagt, nicht erst seit diesem Jahr, aber es wird immer offensichtlicher, dass gerade auch in der Bierwirtschaft wir anfangen müssen, neu zu denken, umzudenken, kreativ zu sein, innovativ zu sein. Und, ja, was liegt da näher, als sich jemand einzuladen, der sich genau damit auskennt. Also ich habe heute einen guten Freund und Bierkollegen, Tobias Leisgang da, der sich eben beruflich mit dem Thema Innovation und Kreativität und all dem, was dazu gehört, beschäftigt. Und da werden wir uns heute ein bisschen unterhalten. Also ich freue mich, dass du da bist und vielleicht sagst du noch zwei, drei Worte zu dir selber, Tobias.

Tobias: Ja, hallo Markus. Schön, dass ich da sein darf im BierTalk, ja, da sind ja normalerweise die absoluten Bierspezialisten und Koryphäen da. Genau, komme aus Bamberg, kenne den Markus vom Quizabend, wir spielen regelmäßig in einer wunderbaren Bamberger Gastronomie einmal im Monat zusammen Quizabend. Und wie Markus schon gesagt hat, ich bin in der Unternehmensberatung tätig, ich berate Organisationen zum Thema Innovationen. Da geht es um neue Produkte, neue Geschäftsmodelle. Ja, und wie du sagst, viele stehen oft vor der Frage, die Zeiten werden unsicher, das alte Geschäftsmodell trägt vielleicht nicht mehr so richtig. Und da komme ich dann ins Spiel und helfe so ein bisschen Ideen generieren und wie kommt man auch in die Umsetzung.

Markus: Wunderbar, da werden wir gleich ein bisschen auch in die Bierwirtschaft gucken. Vorher vielleicht noch ein paar Worte vielleicht zu dir, damit die Leute sich das noch ein bisschen besser vorstellen können. Also vielleicht einerseits, welchen Bezug hast du vielleicht zum Thema Bier? Weißt du vielleicht noch, welches dein allererstes Bier war? Und vielleicht, wie muss man sich den Alltag von so einem Innovationsmanager überhaupt vorstellen?

Tobias: Okay, ich fange mal mit dem Bier an und schlage dann die Brücke zum Alltag, weil abends gibt es dann manchmal ein Feierabendbier. Also mein Bezug zu Bier, ich mag die Vielfalt hier in Oberfranken, als Bamberger ist man ja da gesegnet, allein schon mit den Brauereien in Bamberg, aber auch im Landkreis. Ich bin ein großer Craft-Beer-Fan, um ehrlich zu sein. Ich war in meiner Karriere früher ganz oft in den USA und habe da die Liebe zum Craft-Beer, zu IPAs auch vor allem entdeckt. Und ja, also überall, wo wir irgendwo in Urlaub sind, Tobias Leisgang muss immer ausfindig machen, gibt es hier irgendwo eine kleine Craft-Beer-Brauerei um die Ecke. Fahr da auch mal hin, klingle da, unterhalte mich ein bisschen mit denen, weil ich es einfach genial finde, was es da für eine Vielfalt gibt, was Menschen quasi aus so wenigen Einzelzutaten an Vielfalt, an Geschmäckern und, ja, Varianten irgendwie rausholen können, also fasziniert mich immer wieder.

Markus: Ja und wie schaut dein Alltag aus?

Tobias: Mein Alltag schaut tatsächlich so aus, ist total unterschiedlich, das kann sein, dass ich mal zu einem Vortrag irgendwo unterwegs bin, reise dann irgendwo an zu einem Event, mache dann einen Impulsvortrag, spreche ein bisschen über Megatrends, über Innovationen in der entsprechenden Branche. Das kann ein Ganztages-Workshop sein, wo wir quasi Ideen erarbeiten und Strategien austüfteln, in Umsetzungspläne kommen. Manchmal ist es auch von zu Hause, ich mache eine Online-Session, bin in einem Online-Meeting und mit allem, was davor und danach natürlich dazu gehört, Vorbereitung, Nachbereitung, Auftragsklärung, also tatsächlich sehr vielfältig.

Markus: Genau, also kann man eigentlich gar nicht von dem Alltag sprechen, sondern es ist einfach eine sehr vielfältige Geschichte. Und so ist es ja bei mir auch und das finde ich total schön und angenehm. Weil, ich glaube, für mich wäre es das Schlimmste, wenn ich jeden Tag immer dasselbe machen müsste, da bin ich absolut nicht dafür geboren.

Tobias: Genau, Vielfalt beim Bier, Vielfalt bei den Aufgaben und bei, wie so ein Tag abläuft, absolut.

Markus: Genau. Apropos, ich habe ja mal den Podcast angefangen mit meinem guten Freund Holger und der wurde immer nervös, wenn wir so zwei, drei Minuten Podcast hatten und er hatte noch nichts zu trinken, da hat er immer angefangen, so ein bisschen rum zu grummeln und gefragt, warum reden wir jetzt immer noch, wir wollten doch ein Bier trinken. Und ich glaube, du hast dir auch eins mitgebracht, oder?

Tobias: Ja, habe ich tatsächlich gemacht. Wenn ich richtig informiert bin, ist heute Abend Nokkerberg Starkbier-Probe und da habe mir gedacht, da muss natürlich heute ein Starkbier angestochen werden. Jetzt könnten wir sagen, 16:10 Uhr ist ein bisschen früh für ein Bockbier, aber wir machen das einfach heute. Und zwar habe ich einen Lucia Maria Bock von der Brauerei Först in Drückendorf. Ich weiß nicht, ob der Volker zuhört, der Brauer, aber er hat einen wirklich schönen, schönen Bock.

Markus: Absolut, tolle Brauerei. Also falls du zuhörst, auch von mir ganz liebe Grüße. Und, naja, da bin ich mal gespannt, was du dazu sagst, wenn du es im Glas hast. Ich habe mir auch was rausgesucht, ich habe mir gedacht, ich fange auf der anderen Seite an, weil ich heute nämlich noch ein bisschen Auto fahren muss und habe mir eine Himbeerweiße aus Berlin aus meinem Keller geholt, von einer meiner Lieblingsbrauereien, von Lemke und auch eins meiner Lieblingsbiere, das leider auch aktuell gar nicht mehr hergestellt wird, also da bin ich ganz, ganz traurig. Aber ich habe noch ein paar, ich habe mir die ganze letzte Charge gesichert, also meine Biergarage hat vier Kisten davon. Und, ja, eine davon habe ich jetzt hier und das ist auch ein sehr schönes Bier, weil es einfach ganz anders ist als das, was man eben zum Beispiel bei uns so in Franken hat. Bei dir zischt es schon.

Tobias: Genau, ich habe es schon hier aufgemacht.

Markus: Erzähl mal.

Tobias: Dann schenke ich mal ein. Und, genau, es hat eine schöne helle Farbe, genau, wirklich super schönen Schaum auch. Also ich finde, auch die Flasche ist super schön, Design sehr, ja, sehr übersichtlich mit dem Först-Löwen drauf und so einer schönen rötlich schimmernden Schrift irgendwie, also macht auch so vom Aussehen was her. Und ich nehme jetzt einfach meinen ersten Schluck.

Markus: So jetzt ist auch die Weiße im Glas.

Tobias: Ja, also ist schon gut süß, aber so ist es halt beim Bockbier. Finde ich extrem süffig und, ja, es schmeckt irgendwie ziemlich, ich würde jetzt mal sagen, straight, also hat irgendwie keine Schnörkel.

Markus: Perfekt, also bringt dich perfekt in unseren Talk sozusagen. Und, ja, bin ich jetzt ein bisschen neidisch, weil den habe ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr getrunken, um ehrlich zu sein. Also muss ich mal schauen, dass ich einen bekomme oder wenn wir das nächste Quiz haben, bringst du mir vielleicht ein Fläschchen mit, wir schauen mal.

Tobias: Ja, da muss ich tatsächlich zum Volker noch mal hinfahren, das war die letzte Flasche, die im Kühlschrank war.

Markus: Ach so. Ja, das musst du nicht, aber ich werde Mittel und Wege finden, also auf jeden Fall cool. Ja, bei mir ist es schön himbeerig, im Glas auch ein wunderbares Bier. Wie gesagt, die Himbeerweiße, da geht es halt darum, diese leichte Säure, die eine Berliner Weiße hat, mit der Frucht zu kombinieren und das Ganze dann eben zu einem schönen, erfrischenden und nicht zu starken Bier zu machen, was jetzt gerade für mich auch wunderbar passt. Und ich muss sagen, die letzten Tage war es ja so schön sonnig …

Tobias: Ich wollte gerade sagen, das ist irgendwie so ein Frühlingsgetränk, oder?

Markus: Genau, also da hat es perfekt dazu gepasst oder hätte es perfekt dazu gepasst, jetzt heute ist es leider Gottes wieder ein bisschen eingetrübt. Aber, ich bin nächste Woche in Athen und ich hoffe mal, dass da vielleicht die Sonne wieder scheint und da kann ich jetzt vielleicht schon ein bisschen vorausschauen, wer weiß. Ja, wenn wir beim Thema Innovation und ein bisschen beim Thema Bier sind, ist dir das denn schon mal irgendwie begegnet im Laufe deiner beruflichen oder auch privaten Laufbahn, dass du bei einer Brauerei oder bei einer Gastronomie warst und da so Fragen aufgetaucht sind, die dich auch in deinem beruflichen Feld irgendwie berühren?

Tobias: Also ich habe tatsächlich noch nichts mit einer Brauerei oder der Gastronomie gemacht tatsächlich. Ich fange vielleicht mal mit einer Analogie an, weil, wenn ich mir so einen Innovationsprozess anschaue, dann ist der ja auch nicht immer linear und geradlinig, auch da gibt es Varianzen, auch da spielt Timing eine Rolle. Wann ist die Zeit reif zum Beispiel für so eine Innovation? Es kann ja durchaus sein, dass die Zeit noch nicht reif ist für ein Produkt, dass man zu früh dran ist, also da hängt es schon von Timing ab. Und ich glaube, da gibt es schon Parallelen so zum Brauprozess, zu wissen, wann ist der richtige Zeitpunkt, also wann ist es reif, wie lange muss es irgendwo im Keller lagern? Da sehe ich durchaus Parallelen, die man übertragen könnte.

Markus: Ja und ich muss sagen, ich bin ja auch oft im Gespräch gerade mit Brauereien und Brauern logischerweise und ich finde, da ist immer so ein krasser Gegensatz zu zwei Dingen, die man eigentlich so als selbstverständlich sieht. Weil auf der einen Seite sind es ja Unternehmen, die gibt es teilweise seit 300, seit 500 Jahren, also würde man ja sagen, das ist sozusagen Tradition pur. Aber, auf der anderen Seite, wenn wir jetzt alleine mal unsere Lebensspanne sehen, wie viel hat sich in dieser Zeit ständig geändert und wie waren ständig die Herausforderungen an alle Unternehmen, die irgendwo am Markt unterwegs waren, sich in irgendeiner Form darauf einzustellen, damit zu beschäftigen, umzustellen. Also wenn ich jetzt zum Beispiel mal an meine Lebenszeit und Bier denke, dann waren das die ersten Herausforderungen in den 80ern, als die Pilzwelle hier in Franken so durchgeschlagen ist. Dann kommt das Kellerbier als neues Thema, das Bio-Bier. Dann kommt die Wende, wo dann auf einmal ein neuer Markt praktisch da ist, aber auch ganz viele Chancen und Risiken mit auch neuen Unternehmen und Übernahmen und was weiß ich was allem. Dann haben wir natürlich 2001, den Crash damals und dann den Finanzcrash. Dann eben jetzt die jetzige Zeit, Corona, riesen Herausforderungen für alles mit Gastronomie. Und dann natürlich der Ukraine-Krieg mit dem Energie-Thema dazu und so weiter und parallel Klimawandel, Verteuerung von Energie, von Rohstoffen und so weiter. Also das heißt, es sind ständige Herausforderungen und ich finde, das ist einfach total interessant, dass man immer denkt, so ein alter Tanker, so ein Unternehmen, die leben davon, dass sie praktisch immer gleich sind. Aber dabei ist die Kunst, glaube ich, in diesem immer Gleichsein, ständig anders zu sein. Und ich glaube, das ist wirklich nicht so einfach. Auch als Chef, das sind ja oft kleine Unternehmen, wo vielleicht ein, zwei, drei Personen über alles entscheiden und dann ständig mit solchen Dingen konfrontiert sind. Gibt es denn da so, ich weiß nicht, so Guidelines oder so, wie man priorisiert oder worauf man achtet oder so Punkte oder irgendwie sowas?

Tobias: Du sprichst was Gutes an, das sind alles oder in vielen Fällen sind es kleine Unternehmen, wenn man jetzt mal irgendwelche Großkonzerne und Großbrauereien rausnimmt. Aber wenn ich jetzt mal hier Richtung unsere Gegend hier in Oberfranken schaue, dann sind es ja wirklich kleine Familienunternehmen. Das ist jetzt nicht wie in großen Unternehmen, dass die sich irgendwie Innovationsmanager leisten, das ist dann Innovation, würde ich mal sagen, Geschäftssache. Die nennen es vielleicht auch nicht Innovation, machen es aber trotzdem, was ich gut finde. Ich glaube, was wichtig ist, was für mich so ein erster Tipp wäre, wäre tatsächlich, sich ein bisschen Zeit für Experimente zu reservieren. Und ich sehe Brauereien, die können das ganz gut. Die sagen, ich probiere mal was aus und ich habe aber so mein Stammportfolio, was einfach läuft und da muss ich auch nichts daran ändern, wenn das passt und läuft. Und gleichzeitig mache ich aber immer Experimente, um quasi, ja, Stand zu halten mit neuen Trends, mit Herausforderungen, die du genannt hast, um eine gewisse Flexibilität an den Tag zu legen.

Markus: Wie macht man das denn überhaupt, wenn ich an so einem Punkt angelangt bin, wo ich den Eindruck habe, es ist jetzt einfach zu viel? Also zum Beispiel in so einer Corona-Zeit oder nach so einer Corona-Zeit, wenn ich auf der einen Seite Personalmangel habe, teurere Rohstoffe, teurere Energien, einen schrumpfenden Markt, andere Bedürfnisse im Markt, andere Produkte, was weiß ich was, also wo von jeder Seite irgendwas kommt, wie kann sich so ein Unternehmer da gut verhalten? Also sollte man da erst mal innehalten, sollte man sich Rat suchen, sollte man das Stück für Stück abarbeiten, wie ist da so eine gute Herangehensweise?

Tobias: Ja, natürlich am besten mal beim Tobias Leisgang anrufen. Nee, Scherz.

Markus: Endlich, Mensch, der zweite Elfmeter, aber jetzt. Nein, okay.

Tobias: Also mein erster Rat wäre da, die haben ja alle bestehende Kunden und das Erste ist natürlich immer, auf die bestehenden Kunden zu schauen, was brauchen die. Wir sprechen im Innovationsbereich von nutzerzentrierter Entwicklung oder kundenzentrierter Entwicklung und das hat ganz viel mit Verständnis von Kundenbedürfnissen zu tun. Du hast Herausforderungen genannt, ich würde jetzt vielleicht mal eine Chance addieren, wo du auch kürzlich eine Folge gemacht hast, die ich gehört habe, Thema alkoholfreies Bier. Ja, also das ist vielleicht ein Kundenbedürfnis, was sich über die letzten Jahre stärker entwickelt hat, was auch vielleicht eine gewisse Akzeptanz mittlerweile erreicht hat. Ich kann mich erinnern, ein paar Jahre zurück, das war ja verpönt, das Thema, irgendwie alkoholfreies Bier, also für viele war das ja schon Frevel, dazu Bier zu sagen. Und wenn ich mir heute angucke, was da an Vielfalt da ist und was da an Entwicklungen da ist und was da an Geschmack drin ist, dann finde ich das total super. Und das wäre für mich zum Beispiel so ein Beispiel zu sagen, wie verändern sich Kundenbedürfnisse, was sind da Trends.

Markus: Ja und ich finde es auch ganz spannend, was du da sagst, was du bei den Kunden wahrnimmst, weil genau dasselbe kann man nämlich auch bei den Brauern wahrnehmen. Also ich kenne immer noch viele, gerade fränkische Brauer, wenn man die auf das Thema alkoholfrei anspricht, dann schüttelst die und dann sagen die, das ist kein Bier und sowas würde ich niemals machen und bei mir gibt es nur vernünftiges Bier, gescheites Bier und da ist eine richtige Aversion dahinter. Und da muss ich immer so ein bisschen an den Titel von deinem Podcast denken, über den haben wir noch gar nicht gesprochen, weil der heißt ja Kopf und Bauch und ich glaube, das ist so ein bisschen das, was bei diesen Leuten, wo man dann einfach schauen muss, weil aus dem Bauch raus haben die diese Aversion, aber wenn sie mal wirklich drüber nachdenken, dann muss ihnen doch klar sein, da ist ein neues Bedürfnis und da ist ein neuer Markt und der alte Markt ist eher einer, der weniger wird und schrumpft. Also muss ich mich dem ja irgendwie als Unternehmenschef in meiner Verantwortung auch für die Firma irgendwie annehmen, auch wenn es mir selbst selber vielleicht jetzt gerade gegen den Strich geht sozusagen im Bauch, weil das eben schon so ein Schatten ist, über den ich springen muss. Also ist sowas auch manchmal ein Thema bei dir, dass man so Prinzipien hat, die man dann auch mal über Bord werfen muss oder so?

Tobias: Ja und weil du eben den Podcast erwähnst, also es gibt da unterschiedliche kognitive Verzerrungen. Also das sind quasi, unser Hirn ist halt verdrahtet, dass es sich das Leben möglichst einfach macht, es liebt Energie sparen. Und da gibt es halt gewisse Abkürzungen, die sich da über Jahrhunderte Evolution eingeprägt haben und eine davon ist zum Beispiel der sogenannte Default Bias. Also ich habe mich an den Standard gewöhnt und dann entscheidet man quasi nicht rational. Nimm jetzt den Brauer, mit dem du dich unterhältst zum Thema alkoholfreies Bier, der hat halt über Jahre gesehen, ja, mein Bier wird doch getrunken, die Leute kommen quasi in meine Brauerei, Gaststätte und ist da quasi in diesem Default drin. Und da rät ihm quasi sein Bauchgefühl oder sein Kopf, sagt ihm einfach, naja, kannst du doch einfach so weitermachen, wird schon so weiterlaufen. Und gleichzeitig, was noch dazukommt, ist ein anderer Effekt, ist die sogenannte Verlust-Aversion. Du musst ja dann was weglassen, du hast vielleicht irgendwie eine gewisse Kapazität an Ausstoß, was du machen kannst, wenn du da jetzt Platz machen willst für eine alkoholfreie Variante, musst du ja was von dem anderen weniger machen. Und das, glaube ich, fällt halt auch vielen schwer, zu sagen, ich lasse dafür was weg. Ist aber nicht nur im Brauereiwesen so, also das ist ein Phänomen, das sieht man quer durch alle Branchen, dass Unternehmen sich schwer tun, quasi was aufzugeben, ein bestehendes Geschäftsmodell, ein bestehendes Produkt weniger zu machen oder nicht mehr zu machen.

Markus: Wenn man da ein bisschen an die jetzige Zeit denkt, würdest du sagen, wir sind vielleicht eher an einem Ende von etwas, also weil doch viele, ja, sicher geglaubte Dinge so ein bisschen sich verabschieden nach und nach aus unserem Leben oder sind wir vielleicht auch an einem Anfang von etwas, wo wir auch die Chance haben, Dinge vielleicht auch einfach neu zu gestalten oder im Zuge all der neuen Entwicklungen, die es ja auch gibt, Stichwort KI und so weiter, vielleicht auch einfach neue Wege zu gehen, die wir vielleicht vor 5 bis 10 Jahren uns gar nicht vorstellen konnten, weil sie nur in einem Sci-Fi-Film irgendwo drin waren. Also wie ist dein Gefühl so zur aktuellen Zeit, bist du da eher, ja, bereit, neue Wege zu beschreiten oder bist du ein bisschen wehmütig, weil wir so vieles jetzt ein bisschen von uns lassen müssen?

Tobias: Also absolut, ich bin total positiv, um ehrlich zu sein, weil es so viele neue Chancen gibt. Ich denke, wir stehen am Ende von etwas. Also ich glaube, wir sind jetzt viele Jahre mit einem Industriezeitalter gut gefahren, hat uns auch guten Wohlstand generiert und mein Gefühl ist schon, dass es so ein bisschen zum Ende kommt, ja. Also wir haben viele Dinge, sind an der einen oder anderen Stelle auch gesättigt, also ich würde mir jetzt kein drittes Auto kaufen, einfach um in der Automobilindustrie irgendwie Wachstum zu generieren und ich glaube, das kann man auf ganz viele andere Bereiche übertragen, des täglichen Lebens. Und gleichzeitig fängt so ein neues Zeitalter an. Ich hätte manchmal gerne Zeitmaschinen, würde gerne so in den Anfang des Industriezeitalters zurückreisen, weil ich mir vorstellen kann, dass es den Menschen damals ähnlich ging. Da hat so das Manufakturzeitalter, hat so ein bisschen geendet und es kamen plötzlich diese ganzen Maschinen und haben es möglich gemacht, Dinge in größeren Stückzahlen zu produzieren und verlässlicher zu produzieren und jetzt kommt halt einfach irgendwie was Neues. Es ist in vielen Fällen vielleicht noch gar nicht so klar, wie sieht dieses Neue aus, was wird sein, war es, glaube ich, damals auch noch nicht im Industriezeitalter. Und ich finde es aber super spannend, quasi jetzt so diesem Übergang mitzumachen, weil, ja, da, wie du sagst, die Chance da ist, viele Dinge neu zu machen. Und ich finde es auch was total Natürliches, also in der Natur ist es ja auch so, es gibt so etwas wie Jahreszeiten. Also es gibt einen Herbst und einen Winter und da kommen einfach Dinge zu Ende, die Blätter fallen vom Baum runter und liegen dann irgendwie als Laub am Boden, also sind dann quasi abgestorben und im Frühling, über den wir uns vorhin unterhalten haben, entsteht wieder was Neues.

Markus: Ja und ich glaube auch, was du gerade gesagt hast mit diesen Verlustaversionen, das ist, glaube ich, auch immer Bestandteil von dieser Geschichte, weil man ja immer auch wirklich eine Kontrolle abgibt, sage ich mal. Also um das jetzt zu erklären, was ich meine, wenn wir 200 Jahre zurückgehen oder 250, da waren ja 90 % der Menschen damit beschäftigt, die anderen alle zu ernähren und das hat sich ja dann über die Industrialisierung komplett rumgedreht. Und dann war es ja eben zum Beispiel vorher so, dass jeder wusste, wo seine Milch herkommt oder wo sein Salat oder was weiß ich was herkommt, weil er ihn selber angebaut hat oder die Kuh im eigenen Stall gestanden ist. Und dann, über die Industrialisierung bin ich in der Stadt und gehe auf einmal in den Laden und kaufe mir halt mein Glas Milch oder meinen Kopfsalat oder noch weiter fertig. Und heutzutage ist es halt so, also wir hatten es ja vielleicht vor 30, 40 Jahren schon mal, als die Autos Elektroniken bekommen haben, da haben dann die Leute gesagt, oh Gott, jetzt kann ich mein Auto nicht mehr selber reparieren, weil ich da nicht mehr zugreifen kann. Und wenn wir jetzt eben in die KI-Zeit gehen und da ein bisschen weiterdenken, dann wird es ja noch mehr so sein, dass wir einfach als Individuen viele Dinge überhaupt nicht mehr, ja, bearbeiten, herstellen, verstehen können, die Basis dessen sind, mit denen wir täglich arbeiten oder auf der Basis wir existieren. Das stelle ich mir nicht so einfach vor, das auch im Kopf so klar zu kriegen. Also vielleicht ist das auch Teil dieser vielen Diskussionen, die Zurzeit einfach so sind, weil Menschen sich schwer tun, auch damit zurechtzukommen, dass man da auch Kontrolle und Gewohnheiten aus der Hand geben muss.

Tobias: Absolut. Und gleichzeitig, weil du KI ansprichst, finde ich, entsteht ja so ein Bedürfnis fürs Menschliche, fürs Individuelle, ja. Also wir hatten die Industrialisierung, die Dinge industrialisiert, jetzt kommt die KI, die auch so ein Stück weit das Thema Wissen und Wissensarbeit industrialisiert und zu Massenware macht. Und ich glaube schon, dass für Menschen da so eine Sehnsucht für was Individuelles entsteht, für vielleicht Manufaktur, für das Einzigartige, das Individuelle oder für das Menschliche. Und ich glaube, wenn ich jetzt mal auf Brauereien und Brauereigaststätten gucke, ich glaube, die haben da einen wahnsinnigen Schatz, weil die können das, also die können dieses individuelle Bier, ja, ich habe jetzt irgendwie eine Freude, weil ich irgendwie von einem regionalen Brauer irgendwie ein handwerklich gut gemachtes Bier hier mir einschenken kann, was aus der Region, wo ich weiß, wer steckt dahinter, ja. Also ich habe einen Menschen dazu, mit dem kann ich mich unterhalten, wenn ich da hinfahre und bei dem eine Kiste Bier quasi direkt ab Brauerei hole, ja, da gibt es ein Gespräch gratis. Ich glaube, das ist ein USP, den viele wahrscheinlich gar nicht so realisiert haben. Oder der Stammtisch in der Gaststätte, das ist eine Dienstleistung, ja, wo Menschen zusammenkommen, wo ich eben nicht mit meiner KI sprechen muss, sondern einfach mit echten Menschen sprechen kann. Also vielleicht wird das im Wert steigen und macht genau diese Geschäftsmodelle in Zukunft erfolgreicher und gefragter denn je.

Markus: Ja, also vielen Dank, dass du den Bogen da geschlagen hast, hätte ich sonst jetzt auch gemacht, weil das ist der Punkt, weil da kommen wir tatsächlich wieder zurück eben zum Thema Handwerk und letzten Endes natürlich auch zum Thema Bier, aber auch zum Thema Gastronomie, Zusammensein, gesellig sein, sich persönlich erleben, zusammensitzen, Leute neu kennenlernen und so, das bekommt ja alles einen ganz neuen Stellenwert, wenn an vielen anderen Stellen das eben nicht mehr so stattfindet, weil alles virtualisiert ist und man wahrscheinlich auch weniger tägliche Kontakte und all diese Dinge hat. Also selbst, wenn jetzt zum Beispiel keine Hotline mehr mit Menschen besetzt ist, was ja zum Teil schon so ist, dann muss ich ja auch nicht mehr mit jemandem interagieren, wenn ich da was will, sondern ich habe halt dann ein maschinelles Gegenüber. Und ich glaube, da ist natürlich so ein echtes Erleben von Menschen in der Gastronomie mit Sicherheit ein Wert, den man als Brauer, glaube ich, auch verkaufen und in Wert setzen kann und den man schön gestalten kann, sodass Leute auch gerne wiederkommen und das gerne erleben, sich freuen und was dafür tun, dass es den Laden auch weiter gibt. Also ich glaube, das ist auch so ein Punkt, viele nehmen sich einfach für zu selbstverständlich und haben vielleicht auch von den vergangenen Generationen gar nicht diese Wertschätzung für sich selber, für ihr Business, für ihren Laden sozusagen, sondern denken eher, na gut, sie sind halt da und sie sind praktisch auf die Gnade derer angewiesen, die da kommen, das dreht sich ja auch um. Also vielleicht ist das auch so ein bisschen was, dass man oft selber gar nicht sieht, wie wertvoll das ist, was man hat und was man macht. Erlebst du sowas auch?

Tobias: Ja, also es gibt im Innovationsbereich, gibt es ein Werkzeug, um vielleicht mal ein konkretes Werkzeug hier vorzustellen, hat alles natürlich tolle amerikanische Namen, ist immer ein bisschen schwierig, wenn man dann in so traditionellen Kontexten unterwegs ist. Value Proposition Canvas, also was ist der Wert einer Dienstleistung oder eines Produkts und was wird da gemacht. Ich schaue mir quasi meinen Kunden an, ich gucke, was muss der Kunde an Aufgaben erledigen, also Jobs to be done heißt es im Englischen. Und das sind aber nicht nur Aufgaben im klassischen Sinne, sondern das können auch Bedürfnisse sein, also emotionale Bedürfnisse, und schaue mir dann an, was hat der Mensch an Schmerzen bei der Erledigung dieser Aufgaben oder emotionalen Bedürfnisse und was könnten für den, das heißt sogenannte Gains, also was könnte diese Aufgaben beziehungsweise emotionalen Bedürfnisse, ja, verbessern, steigern oder vielleicht sogar Begeisterung auslösen. Und wenn man das mal macht, also nimm jetzt einfach mal eine Braugaststätte, wir gehen jetzt mal in den Bereich der Gastronomie, sich einfach mal anzugucken, welche Leute kommen da, was haben die an Bedürfnissen, was sind quasi so ihre Aufgaben, die sie erfüllen, dann ist es ja nicht nur der Nahrungsverzehr, dann ist es ja nicht nur das Durststillen, sondern es gibt dann noch ganz viele andere Aufgaben, die es zu erfüllen gibt. Und sich dann zu überlegen, was kann ich denn tun, um den Schmerz da zu reduzieren, nehmen wir jetzt mal Einsamkeit, könnte so ein Schmerz sein, ja. Menschen leben in der Stadt, das wird vielleicht immer anonymer und Menschen verspüren da Einsamkeit, es gibt Studien zum Thema Einsamkeit, und sich dann zu überlegen, wie kann ich jetzt mit meiner Gaststätte quasi dieses Problem lösen, welche Lösung könnte ich dafür anbieten? Und da zu experimentieren und auch mal auszuprobieren, halte ich für ein sehr erfolgsversprechendes Rezept. Es werden nicht alle Lösungen funktionieren, weil, da stecken auch immer ganz viele Annahmen drin. Also wir sprechen dann vom Annahmen überprüfen, Hypothesen testen und das kann man halt nur durchaus probieren. Aber wenn man da regelmäßig experimentiert und Dinge ausprobiert, dann wird man irgendwann mal auf Lösungen kommen, wo man sagt, okay, ich habe da einen Nerv getroffen, ich habe tatsächlich diesen Schmerz gelindert oder irgendein Bedürfnis besser bedient. Deswegen kann ich nur Mut machen zum Experimentieren und eigentlich müsste ja jemanden, der im Brauwesen unterwegs ist, das ist ja eigentlich täglich Brot quasi zu experimentieren, weil ich arbeite halt da einfach mit Variablen, ja. Also ich denke mal, jeder Sud, den man ansetzt, ist ein Stück weit auch ein Experiment.

Markus: Jetzt, wo ich da so zuhöre, finde ich das total spannend, weil ich glaube, das trifft den Nerv bei ziemlich vielen ziemlich gut. Weil, ich glaube, die kommen ja, also viele jedenfalls in der Brauwirtschaft oder auch in den angeschlossenen Gastronomien kommen ja eigentlich daher, dass sie sagen, okay, die Bedürfnisse, die wir befriedigen, das ist einmal Durst und einmal Hunger und das machen wir zu einem unschlagbaren Preis. Und das war eigentlich die Trilogie, mit der die unterwegs waren, sagen wir mal, die letzten 50, 70, 80 Jahre, sagen wir mal, bis zwischen 1950 und 2000, sagen wir mal so und da ist dann einiges passiert. Also einerseits über die Getränkemärkte, die Supermärkte, diese ganzen Preisdiskussionen, dann jetzt eben auch die Craft-Beer-Welle und überhaupt der Trend zur Individualisierung, der Trend zum Handwerk, dass das jetzt eben nicht mehr reicht. Und dass das Bedürfnis, ich habe Durst oder ich habe Hunger, deswegen gehe ich nicht mehr in eine Gastronomie, sondern ich gehe dahin, weil ich was anderes befriedige, zum Beispiel Neugier, zum Beispiel eben Leute begegnen, Leute treffen, mich gut unterhalten, lachen, Informationen bekommen, mich in irgendeiner Art und Weise austauschen, spielen vielleicht, was auch immer.

Tobias: Ein Quiz machen, eine Runde Schafkopfspielen, ja.

Markus: Erlebnisse haben, genau und dafür bietet mir dieser Ort eben ein Ambiente, was ich zu Hause nicht habe oder was ich auch am Handy mit einem digitalen Schafkopfspiel niemals herstellen kann. Und das ist, glaube ich, der Punkt und ich glaube, da müssen die Brauer auch ein bisschen schauen oder auch die Gastronomen, wo sind meine Assets, also wo kann ich das Ganze gut präsentieren, wo bin ich für Kunden wertvoll, wo erfülle ich besondere Bedürfnisse. Und das dann einerseits herausarbeiten und verstärken und vielleicht noch andere dazu finden und die auch kommunizieren. Das könnte in der Tat ein Thema sein, dass man mal aus dieser Ecke, wo man immer nur gefangen ist zwischen Preis und halt dem Anbieten von irgendwelchen, sage ich jetzt mal, banalen Getränken und Speisen, so ein Helles und ein Schweinebraten oder so, dass ich da rauskomme aus diesem Teufelskreislauf und dann auch nicht mehr vergleichbar bin. Das ist vielleicht auch ein Thema, oder?

Tobias: Ja, absolut. Also es gibt ja Beispiele, dass das funktioniert, also das ist jetzt nicht irgendwie eine Theorie. Manche machen das vielleicht ganz intuitiv, weil die das irgendwann Mal gemacht haben und festgestellt haben, das funktioniert und sich da trauen und deswegen weiter experimentieren. Also es gibt ja diese Gastronomien, die diese Bedürfnisse gut befriedigen. Also nimm quasi das Drei Linden, wo wir zum Quizabend hingehen, die sehen ja, die Bude ist voll zum Quizabend und deswegen biete ich das einmal im Monat an. Und ich kann vielleicht selbst nicht so einen Quizabend gestalten, also hole ich mir zwei, drei Leute, die da Bock drauf haben, so ein Quiz zu gestalten, die eine wahnsinnige Leidenschaft an den Tag legen, sich lustige Quizaufgaben zu überlegen und stelle quasi mein Restaurant für die zur Verfügung und finde halt eine Lösung, dass beide damit glücklich sind. Also diese Beispiele gibt es und man kann eigentlich nur dazu ermuntern zu sagen, hej, traut euch mal was. Und es wird nicht alles funktionieren, wahrscheinlich hat das Drei Linden auch Dinge ausprobiert, die nicht funktioniert haben und wieder verworfen haben. Aber mit einer gewissen Methodik und mit einer gewissen Herangehensweise kann man mit relativ überschaubarem Aufwand, wir reden da nicht von irgendwie großen Investitionen, wo man da irgendwie für 10.000e oder 100.000e von Euro irgendwie Maschinen anschaffen muss, relativ schnell Ergebnisse erzielen und quasi diese Hypothesen überprüfen, ist da ein Bedarf da, ist da ein Bedürfnis? Deckt das, wie ich das löse, das Bedürfnis der Menschen, die zu mir kommen?

Markus: Da, finde ich, ist auch das Drei Linden tatsächlich ein richtig gutes Beispiel, wenn man das ein bisschen über die Zeit sieht, weil das war ja nach dem Krieg, war das eine Metzgerei erst mal, mit Gastronomie dazu und das war der Mittelpunkt dieses Ortsteils. Also das war ein tolles Metzgerehepaar, die waren beliebt, die waren rührig, die waren ständig unterwegs und haben einfach tolle Sachen gemacht, und deswegen war dieses halbe Umfeld, das halbe Viertel jeden Tag, jeden zweiten Tag da, hat sich dann entweder nur was mitgenommen oder ist eben dageblieben, hat gegessen. Die haben Kirchweihen veranstaltet, Ortskirchweihen dort und so weiter und waren dann richtig fett im Geschäft, sage ich mal, bis dann leider Gottes der Senior gestorben ist oder erst ist krank geworden ist, dann gestorben ist und dann haben sie sich darauf beschränkt, nur noch zum Abholen anzubieten. Da waren sie dann auf einmal nicht mehr ein Ort, wo man hinkommt und bleibt, sondern sie waren ein Ort, wo man vorbeifährt und mitnimmt, waren aber da in der ganzen Stadt bekannt für Schnitzel, Sandwiches und was es halt so alles gab. Und dann war auch da die Witwe so alt, dass sie gesagt hat, jetzt ist gut. Und dann kam mit einem kurzen Intermezzo dazwischen jetzt dann die Drei Linden, die das ja völlig auf den Kopf gestellt haben. Also die von dem Zielpublikum, die Menschen, die in den 50 Häusern drum rum wohnen, weggegangen sind und praktisch eher auf ein jüngeres, kreativeres Publikum vielleicht gesetzt haben, auch von der Küche her. Eine sehr bunte Küche, auch immer mit schönen afrikanischen und asiatischen Gerichten mit dabei, viele vegane, vegetarische Gerichte, aber auch ein bisschen Bierkompetenz, weil Weyermann ja nebenan ist, das bespielt haben und es tatsächlich geschafft haben, da eine Stammkundschaft zu generieren, die dann auch regelmäßig kommt und bleibt. Und praktisch wirklich, wenn man da ein Foto machen würde oder gemacht hätte, sagen wir mal, letztes Jahr im Sommer und vor 60 Jahren im Sommer, das wäre völlig anders gewesen, aber in beiden Fällen eine tolle erfolgreiche volle Gastronomie. Und ich glaube, da sieht man schon, dass halt natürlich Gebäude bleiben, aber die Menschen, die diese Gebäude dann mit Leben füllen, da auch sehr viele Entscheidungsmöglichkeiten haben, wie dieses Leben dann ausschaut und was sie davon haben und wen sie da mit sich haben und mitnehmen. Und das stimmt, ja. Also das ist schon, da hat man auch ein schönes Beispiel für die Selbstwirksamkeit, also da kann man dann doch als kleiner Mensch im Getriebe viel bewegen oft. Wo wir uns ja auch schon drüber unterhalten haben, du hast ja Bierdeckel gemacht. Also da sind wir ja total im Bereich Bier und die Bierdeckel haben aber Fragen. Also vielleicht kannst du kurz ein bisschen die Idee dahinter, also wofür sind die gut, wofür setzt du die ein, was ist so die Idee dahinter und dann können wir ja mal so ein paar dieser Fragen uns zuspielen und schauen, was die uns sagen.

Tobias: Unbedingt! Also ich erzähle mal die Geschichte, wie kam es zu diesen Bierdeckeln. Wir haben vorhin über diesen Übergang gesprochen, so ein Zeitenübergang, unsichere Zeiten, Menschen haben so ein bisschen Angst, woah, Hilfe, was kommt jetzt da, KI, irgendwelche Branchen haben Schwierigkeiten, wir sprechen über Unternehmensinsolvenzen, Energiepreise, what ever. Also du hast da ganz viele Themen genannt, die Menschen irgendwie beunruhigen und Angst machen. Und ich habe ja gemerkt, es greift immer mehr so die Angst vor der Zukunft um sich und man wünscht sich so die guten alten Zeiten zurück. By the way, auch eins von diesen kognitiven Verzerrungen, weil in der Rückschau man die nicht so tollen Dinge ausblendet und die guten Dinge so ein bisschen, ja, höher gewichtet. So und dann habe ich mir gedacht, Mensch, wir bräuchten so ein bisschen mehr Zukunftslust, also Lust auf die Zukunft und habe mir dann gedacht, naja, wie kann ich das erreichen oder was kann man da tun. Und habe irgendwie festgestellt, naja, man spricht auch gar nicht so über die Zukunft, das so ein bisschen fast ein Tabuthema, weil es halt den Menschen Angst macht und da will man irgendwie gar nicht so rein, und dann habe ich mir gedacht, na gut, dann muss man irgendwie mehr drüber sprechen. Und wo spricht man über Dinge, irgendwo am Tisch, wo es Essen gibt, wo es was zu Trinken gibt, der klassische Stammtisch, ja. So und dann habe ich mir gedacht, naja, wie bringe ich jetzt Menschen an so einem Stammtisch zum Reden über die Zukunft, möglichst niederschwellig. Ich drucke halt Fragen auf so einen Bierdeckel und jemand liest so eine Frage und sagt, Mensch, habe ich mir noch keine Gedanken drüber gemacht oder, das ist eigentlich mal ein interessantes Thema. Oder, was für ein Scheiß, das ist ja eine total bescheuerte Frage, aber dann kommst du ja trotzdem ins Gespräch. Und habe mir einfach mal ein paar Fragen überlegt und habe von den Fragen, die ich mir überlegt habe, habe ich 5 auf Bierdeckel drucken lassen. Und wenn ich jetzt irgendwo unterwegs bin, in einer Kneipe oder ich schenke es auch manchmal Kunden so für die Kaffeeecke, also muss ja nicht nur irgendwie in so einer Braugaststätte sein, kann ja auch im Kaffee sein oder in der Kantine im Unternehmen, dann lasse ich da so einen Satz Karten da.

Markus: Ja, interessant, weil so ein Bierdeckel natürlich auch eine tolle Konnotation auch hat. Also es gilt ja, wir müssen da nur an die Steuerklärung auf dem Bierdeckel denken, also Leute, die da wenig Berührungsängste, die lassen sich gerne drauf ein, sie erwarten dann auch einen Zugang irgendwie. Ja, dann würde ich doch sagen, ich suche mir mal eine der Fragen aus und stelle sie dir und dann kannst du dir ja eine aussuchen und sie mir stellen. Also schön finde ich ja die Nummer 3, ehrlich gesagt, 3 ist ja auch meine Lieblingszahl, aber da steht ja, was macht dir Mut, wenn du in die Zukunft blickst?

Tobias: Ach, da gibt es sehr vieles, was mir Mut macht. was mir am meisten Mut macht tatsächlich, wenn ich in die Zukunft blicke ist, dass es einfach so wahnsinnig viele Möglichkeiten gibt, Dinge zu lösen. Also wir haben ja einen riesen Schatz an Wissen, es gibt Maschinen, egal, ob es jetzt eine Maschine ist, die irgendwas produziert, es gibt Maschinen, die uns in der Wissensarbeit helfen, also wir haben ja ganz viel Handwerkszeug und Mittel und Möglichkeiten, was zu tun. Und das ist was, was mir Mut macht, wenn ich in die Zukunft blicke. Und ich hatte gerade noch einen anderen Gedanken, der ist mir jetzt entfleucht, was war das Zweite, was ich jetzt sagen wollte? Na, vielleicht kommt es wieder.

Markus: Ich wollte gerade sagen, sonst kannst du mir ja eine Frage stellen und vielleicht kommt es dir danach wieder, kann auch sein.

Tobias: Dann stelle ich dir eine. Und nachdem du vorhin so ein bisschen über die Zeiten gesprochen hast, mache ich die Zukunftsfrage Nummer zwei und frage dich, was wäre, wenn dein jüngeres oder älteres Ich mit am Tisch wäre?

Markus: Auf jeden Fall hoffe ich und wünsche mir und stelle mir das so vor, dass beide Ichs auf jeden Fall erst mal lachen würden und sich freuen würden, das wäre mir ganz wichtig. Weil, ich glaube, dass es in meinem Leben immer so war, dass ich wenig Dinge geplant habe, sondern eher Dinge auf mich habe zukommen lassen und immer so ein bisschen für mich die Frage im Raum stand und steht, wie geht es weiter und wie kann es weitergehen und wie entwickeln sich Dinge weiter und was passiert und so. Und ich glaube, dass mein jüngeres Ich total fasziniert wäre, was alles passiert ist, je nachdem, von welchem Zeitraum das kommt. Also wenn das vielleicht vor 20 Jahren oder so was ist oder so, da hat ja niemand und habe ich auch damals nicht dran gedacht, dass ich irgendwann Mal eine BierAkademie habe oder eben mit dem Thema Bier überhaupt hauptberuflich mein Geld verdienen kann und mit anderen Sommeliergeschichten unterwegs bin und auf der ganzen Welt unterwegs bin und da Leute treffe und Freunde habe und eingeladen bin und so. Das ist natürlich schon für mich eine wunderbare Wendung, die mir auch total Spaß macht und die mein Leben auch unheimlich bereichert, weil die Welt zu sehen ist natürlich auch in Schatz und eine Bereicherung und etwas, was Grenzen abbaut. Also das kann ich generell nur jedem empfehlen, wenn irgendwie die Möglichkeit da ist, Reisen bildet in jeder Hinsicht, also das auf jeden Fall tun.

Tobias: Und es gibt auch überall Craft-Beer-Brauereien, also man muss nicht auf Bier verzichten, egal wo man hingeht.

Markus: es gibt überall Brauereien, das auf jeden Fall und das ist ja auch gut. Und mein älteres Ich, das wäre wahrscheinlich auch amüsiert, weil das sich einfach sagen würde, Mensch, der Depp hat überhaupt nicht gewusst, was mittlerweile in den nächsten 20 Jahren alles passiert ist und hat da vielleicht so viele komische Sachen gemacht und gedacht und getan, aber war auch zufrieden. Also das ist vielleicht überhaupt für mich so ein bisschen mein Motto, dass ich mir vor 25 oder 30 Jahren mal gegeben habe, dass ich gesagt habe, okay, ich kann nicht garantieren, dass ich immer die richtigen Entscheidungen treffe. Das kann, glaube ich, niemand. Aber was ich versuche ist, dass ich hinter allen Entscheidungen, die ich in meinem Leben treffe zu dem Zeitpunkt, wo ich das tue, dahinterstehe, sodass ich sagen kann, okay, zu dem Zeitpunkt, als ich das und das entscheiden habe, fand ich das richtig nach reiflicher Überlegung. Und dann ist es auch okay für mich, selbst wenn im Nachhinein sich dann rausstellt, dass es vielleicht doch keine so gute Idee war. Also ich glaube, das fände ich spannend, diese beiden Ichs mal irgendwie zu sehen. Manchmal denke ich mir das auch so ein bisschen, mein Gott, was ist alles passiert. Also auf jeden Fall eine schöne Frage, die auch noch mal so eine Selbstreflektion so ein bisschen hervorruft.

Tobias: Aber jetzt ist mir eingefallen, was ich vorhin noch sagen wollte, weil du sagst, Dinge entwickeln sich. Was mir richtig viel Mut macht ist, wie sich Dinge entwickelt tatsächlich haben zum Besseren. Es gibt so ein schönes Portal, das heißt Our World in Data, die wirklich datengetrieben gewisse Dinge auf der Welt einfach mal misst in Zahlen, Daten und Fakten. Und da ist es tatsächlich so, dass bei ganz, ganz vielen Themen die Welt eine bessere wird im Vergleich zur Vergangenheit. Und wenn man heute die Leute fragt, jeder würde doch sagen, ja, das wird doch immer schlimmer. Und ich kann ganz klar sagen, nein, es gibt ganz viele Beispiele, das es eben nicht so ist. Und auch bei Themen, wo wir heute sagen, wir haben ganz am Anfang mal so ganz kurz, klang der Klimawandel an bei den Herausforderungen für die Menschen im Brauwesen und auch da gibt es wahnsinnig viele clevere Menschen, die sich Lösungen überlegen, wie kann ich damit umgehen, wie erhöhe ich die Effizienz von regenerativen Energien, wie kann ich regenerative Energien speichern und so weiter und so fort. Das macht mir auch extrem viel Mut, weil es einfach viele gute Geschichten da draußen in der Welt gibt, man muss vielleicht nur ein bisschen genauer hinschauen in dem ganzen Wust aus Bad News.

Markus: Allerdings. Ich glaube, da hilft dann auch meine Frage so ein bisschen, weil, wenn ich mir überlege, mein jüngeres Ich vor 20 Jahren oder sowas, wie gut oder schlecht ging es dem und da hat man dann vielleicht auch ein bisschen weniger Verzerrung und ein bisschen mehr Realität noch im Kopf. Denn, eben, also die Zeiten war natürlich irgendwo auch schön, logischerweise, aber sie halt auch nicht nur schön. Und das Gute ist, jetzt können wir sie gestalten und können versuchen, eben für uns und für die anderen das Beste draus zu machen, und das ist ja auch das, was du dir so ein bisschen auf die Fahne geschrieben hast. Wir haben ja schon so ein bisschen über deinen Podcast gesprochen, vielleicht magst du uns da noch ein bisschen was dazu sagen. Ich werde den natürlich auch verlinken dann in den Shownotes. Was erfährt man da, was könnten da interessante Dinge sein, die jemand aus unserer Bier-Bubble sozusagen mitnehmen kann?

Tobias: Ja, also der Podcast heißt Kopf und Bauch, der Podcast der Entscheidungen. Ist ganz lustig, wie der entstanden ist, also war nicht aus einer Bierlaune heraus, so viel kann ich schon verraten. Ich bin ja seit Jahren bei diesem Innovationsthema unterwegs und ich habe mir immer die Frage gestellt, warum tun sich Menschen so schwer, Entscheidungen zu treffen im Innovationsumfeld, wenn Dinge unsicher sind, wenn ich noch nicht weiß, wird dieses Produkt, wird diese Idee, wird diese Dienstleistung fliegen, ja oder nein. Und habe mich dann so ein bisschen damit beschäftigt, man lernt ja das nicht in der Schule oder im Studium, also war bei mir nicht irgendwie Teil davon, habe mich damit so ein bisschen beschäftigt. Und während der COVID-Zeit, haben wir auch vorhin drüber gesprochen, war bei mir im Angestelltenjob damals noch Kurzarbeit angesagt und mit einer Psychologin aus Hamburg, mit der Nadja zusammen, haben wir mal so die fixe Idee gehabt, wir schreiben zusammen ein Buch, wir wussten nie, über was. Und dann haben wir gesagt, jetzt haben wir eigentlich bald die Zeit, dieses Buchprojekt umzusetzen und haben das Handbuch der Entscheidungen geschrieben und haben so ein bisschen unser Knowhow zum Thema Entscheidungen zusammengeschrieben. Was gibt es so an kognitiven Verzerrungen, welche Methoden gibt es zum Thema Entscheidungen, was kostet eigentlich so eine Entscheidungsfindung und so weiter und so fort. Und es hat der Peter, der zusammen mit mir den Podcast macht, der ist auf mich aufmerksam geworden über LinkedIn. Wir haben so ein bisschen kontrovers teilweise zu Themen diskutiert, deswegen heißt der Podcast auch Kopf und Bauch. Er ist so eher der Rationale, kommt so aus den Zahlen, Daten, Fakten, Bewertungsmatrix und so weiter und so fort und ich lasse manchmal auch den Zufall entscheiden. Und hatten da, ich weiß gar nicht mehr, was unser Diskussionspunkt war, wir haben aber gesagt, das kann man nicht über LinkedIn irgendwie schriftlich ausdiskutieren, da müssten wir uns mal eine Stunde zusammentelefonieren und da so ein bisschen uns austauschen und so ein bisschen dazu ringen und hatten dann die Idee, warum nehmen wir das nicht auf. Und so entstand die Idee zu diesem Podcast. Und war damals auch ein Experiment, also wir haben gesagt, wir geben uns mal 5 Folgen, gucken, macht uns das Spaß, haben wir da Lust drauf, finden wir genug Themen. Und, ja, haben mittlerweile fast 50 Folgen zusammen, haben auch teilweise Interviewgäste. Also wir haben schon Menschen, die in ihrem beruflichen Kontext Entscheidungen treffen müssen, da gehabt, vom Richter über den Staatsanwalt, einen Arzt, eine Basketballschiedsrichterin, die ganz schnell entscheiden muss. Und haben aber auch immer wieder so Methodenfolgen, genau und versuchen das Thema Entscheidungsfindung so ein bisschen aus dem wissenschaftlichen Kontext raus zu kriegen und das ein bisschen unterhaltsam zu erzählen, genau. Und vielleicht holen wir uns da auch mal jemand aus dem Brauereiwesen darein, weil jemand in der Brauereiwelt oder in der Brauwelt muss ja Entscheidungen treffen.

Markus: Absolut.

Tobias: Und das nicht gerade wenige.

Markus: Eben, also mehr oder weniger ständig. Und das ist ja, glaube ich, auch so ein Punkt, dass man irgendwie so das Gefühl hat, das viele Leute das verlernen, Entscheidungen zu treffen oder zu fällen und dann einfach sich davor drücken oder so halbe Entscheidungen fälle oder so und Verantwortung nach Möglichkeit irgendwie abgeben oder wie auch immer, jedenfalls sich eben dieser Sache nicht wirklich annehmen und sich auch nicht diese Kraft zu eigen machen, die das ja auch hat. Also eine Entscheidung fällen heißt ja auch, zu irgendetwas nein und zu irgendetwas ja zu sagen und das ist ja auch eine Klarheit, die dadurch entsteht und auch ein Weg, den man damit eben vorgibt. Und ich glaube, das ist auch was, was vielen heutzutage schwerfällt, sich da drauf einzulassen. Also deswegen kann ich das auch nicht empfehlen, sich da mal eben von diesen verschiedenen Perspektiven dieses Thema Entscheidungen anzuhören, finde ich toll, spannende Podcast. Und ja, also kann ich nur sagen, holt euch mal jemand aus der Bierwelt, da gibt es doch auch immer wieder Entscheidungen zu fällen. Und das Lustige ist natürlich, wenn man jetzt wirklich an Brauerinnen oder Brauer denkt, da ist ja dann auch immer so ein bisschen, dass die Natur ja mitspielt. Das heißt, manche Entscheidungen, die kann ich nicht fällen, sondern die fällt dann quasi jemand anderes für einen. Aber damit muss ich dann auch umgehen. Also das ist ja dann auch so ein Punkt, dass ich dann zu einer Entscheidung gezwungen bin, wenn die Natur entschieden hat, dass es jetzt eben so oder so geht. Also, wie auch immer, spannendes Thema auf jeden Fall.

Tobias: Da haben wir schon den ersten Ansatzpunkt für eine Folge, also ich glaube, das sollten wir auf jeden Fall mal machen, weil, ich glaube, da kann man ganz viel draus lernen. Das ist ja das Thema, Entscheiden unter Unsicherheit und die Natur bietet einfach jede Menge Unsicherheiten. Auch so ein Brauprozess ist mit sehr vielen Unsicherheiten behaftet, wenn ich jetzt nur an das Thema Hefen denke, was ich quasi in deinem Podcast, wo ich da so ein bisschen eingetaucht bin, da gibt es ja ganz viele Unbekannte bei dem Thema.

Markus: Auf jeden Fall. Und es gibt natürlich auch diese unterschiedlichen Schulen. Also wenn ich jetzt, sagen wir mal, von einer sehr deutschen Brauerschule aus komme, dann versucht man halt, den Prozess so weit wie es irgendwie geht zu kontrollieren, also der Natur so wenig wie möglich Spielraum zu lassen, damit ich eben am Ende wirklich immer bei genau demselben Produkt lande. Und wenn ich jetzt eben, sagen wir mal, irgendeinen ganz verrückten Kreativbrauer aus, keine Ahnung, Indonesien nehme oder so, da ist es vielleicht völlig am anderen Ende. Oder aus Belgien, da kenne ich einige, die machen das ja wirklich so, die setzen halt irgendwas an und warten halt ab, was passiert und so nach dem Motto, Bier wird es immer.

Tobias: Die Frage ist, ob es schmeckt.

Markus: Genau, aber das ist dann manchmal oft auch zweitrangig. Also das ist schon auch total spannend und natürlich gibt es da auch nicht nur schwarz und weiß, sondern ganz viel grau. Aber das erlebe ich schon auch oft auch in der Auseinandersetzung auch, dass bei uns in Deutschland halt der Brauprozess auch anders aufgezäumt ist, anders funktioniert als zum Beispiel in England oder in Belgien oder so, auch von den Gefäßen her und von all dem. Also weil das halt dem untergeordnet ist, dass wir halt einfach sagen, wir wollen wirklich ein immer gleiches, immer gleich gutes qualitativ hochwertiges Bier produzieren, was auch die absolute Königsdisziplin sein kann. Aber dabei ist man natürlich voll lauter Befriedigung dieser Geschichte so ein bisschen davon abgekommen zu sagen, wie mache ich das jetzt mit den spannenden Ecken und Kanten, wo nehme ich das mit, was dann vielleicht das Bier ausmacht, die Personalität dieses Bieres sozusagen so ein bisschen, das wird natürlich dann glattgeschliffen in so einem Prozess. Und das ist eben auch, das sind auch so Entscheidungen, die ja dann zum Beispiel jetzt oft anstehen, wenn bei einer Brauerei so eine Generationenwechselgeschichte da ist, wo eben der Senior noch aus dieser Denke kommt und der Junior eben sagt, okay, nee, ich will das ändern. Also da habe ich auch schon Prozesse mitbegleitet in Brauereien, wo man dann eben von, keine Ahnung, vorher vielleicht 10 verschiedenen Sorten, die eben zu diesen eher immer gleichen Bieren gezählt haben, umgestiegen ist auf 3 plötzlich unfiltrierte und ganz interessante eckige, kantige, aber besondere Biere mit Geschichten, mit anderen Namen, mit anderen Etiketten. Und natürlich stößt du da erst mal 50 % deiner Kundschaft vor den Kopf, aber du kannst andere Preise verlangen, du kannst dich neu positionieren und du kannst andere Kunden dazugewinnen und kannst dich insgesamt neu erfinden und damit letzten Endes dann auch einen guten Weg wieder gehen, was in dem Fall zum Beispiel auch passiert ist. Und sowas finde ich total spannend.

Tobias: Ja und da schließt sich die Brücke zur Verlustaversion, die wir vorhin hatten, weil ich habe ja erst mal die Angst, ich verliere meine Kunden, aber das muss ja gar nicht so sein. Also, ja, vielleicht verliere ich 20 % meiner Kunden, die sagen, ja, was für ein Scheiß. Aber es kann ja sein, dass die anderen 80 umso mehr auf mein Produkt abfahren von meinen bestehenden Kunden, weil die sagen, ej, Mensch, das ist noch mal eine ganz andere Klasse, das hat jetzt viel mehr, ja, keine Ahnung, was ist jetzt das richtige Wort dafür, das hat viel mehr Charakter und es ist nicht austauschbar, ja, also das ist wirklich einzigartig.

Markus: Ja und dazu passt auch, dass viele Brauer immer denken, dass die Lauten die vielen sind. Also will sagen, wenn ich jetzt meinen Stammtisch habe und ich mache zum Beispiel eine Preiserhöhung um 20 Cent, dann schreit der Stammtisch rum und findet das katastrophal und dann denke ich, oh Gott, meine Leute trinken mein Bier nicht mehr. Aber letzten Endes sind die 10 Hansel am Stammtisch nur 0,5 % meiner ganzen Kundschaft und letzten Endes mache ich mit denen sowieso nie Gewinn, aber mit den anderen dann vielleicht schon. Und einfach auch da mal sich zu überlegen, okay, wer macht mich denn überhaupt aus und mit wem komme ich denn hin und welches Potenzial habe ich in dem Stammtisch, da ist ja durchaus auch was drin, aber welches Potenzial habe ich eben auch nicht und so weiter. Also das ist sicherlich spannend und ich glaube auch, dass vielleicht der ein oder andere Brauer oder die Brauerin, die so ein bisschen zuhört, Interesse hat, sich auch mal mit dir in Verbindung zu setzen.

Tobias: Unbedingt, also würde mich echt freuen. Ich habe eine Leidenschaft für das Produkt, das wird mir sehr viel Spaß machen, meldet euch gerne.

Markus: Und es ist, glaube ich, auch einfach wichtig, dass man jemanden hat der einen einfach mal auf diese anderen Fragestellungen, anderen Gedanken bringt, dass man mal aus seinem Hamsterrad, sage ich mal, so ein bisschen auch geistig rauskommt.

Tobias: Genau.

Markus: Also auf jeden Fall vielen, vielen Dank für dieses spannende Gespräch und für deine Bierdeckel und alles, was du so auch in Zukunft noch in der Bierwelt machst und natürlich für unsere schönen Abende. Und dann wünsche ich dir heute noch einen wunderschönen weiteren Tag.

Tobias: Das wünsche ich dir auch, vielen, vielen Dank für die Einladung, Markus.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de.