BierTalk Spezial 68 – Bieringer-Talk mit Steffen Volkmer aus Ludwigsburg bei Vanessa Pantoudis (Hop Around the World)

Bieringer meets Bierversteher – ein Gespräch, auf das wir lange gewartet haben – endlich ist Biersommelier, Bierakademie-Gründer und Bierkultur-Enthusiast Markus Raupach zu Gast bei Steffen Volkmer im „Bieringer“-Podcast. Zwischen fränkischem Zwickerla und norwegischem Farmhouse Ale geht es um mehr als nur Hopfen und Malz: Es geht um Leidenschaft für Biergeschichte, internationale Tasting-Erfahrungen, den Reiz des Nicht-Brauens – und warum Comics über Pils genauso viel erzählen können wie ein gut sortiertes Bierseminar. Ein Talk über Bier als Kulturtechnik, globale Familienbande unter Beer Judges und die Kraft der Geschichten hinter dem Glas…

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Steffen: Heute habe ich einen ganz besonderen Gast da. Wir haben schon vermehrt versucht, dieses Gespräch zu führen vor Kamera, es hat immer aus irgendwelchen Gründen nicht geklappt, meistens weil er unglaublich beschäftigt war.

Markus: Naja.

Steffen: Herzlich willkommen, Markus Raupach.

Markus: Hallihallo, schön hier zu sein, endlich.

Steffen: Endlich. Und bevor in die Vollen gehen, machen wir uns erst mal ein Bier auf. Wir sind heute übrigens bei hop around the world in Ludwigsburg bei der Vanessa, im Hinterraum, im Tasting-Raum. Wenn ihr sehen wollt, wie es bei Vanessa vorne aussieht, dann müsst ihr einfach mal zu hop around the world gehen oder aber das Interview anschauen, dass ich mit ihr geführt habe, da sieht man nämlich auch was vom Laden.

Markus: Ja, wunderschön, the place to be.

Steffen: The place to be, genau. Und du bist hier, weil du heute Abend hier ein Tasting machen wirst, ist das richtig?

Markus: Genau, ja, ich darf zum the place to be the place to beer machen sozusagen.

Steffen: Und da hast du auch Biere aus deiner Heimat hierherbeordert oder beordern lassen?

Markus: Ja, es war nicht ganz so einfach. Die Ursprungsidee war tatsächlich, ein Holzfass mitzunehmen, also mit Bier.

Steffen: Auf der Schulter, ja.

Markus: Ja, tatsächlich. Also weil, das Problem ist in der Tat so, also das gibt es ja bei uns in Bamberg eigentlich nur beim Schlenkerla, also die Rauchbierbrauerei und das heißt dann eben 10, 20, 30 Liter, je nachdem, in einem echten Holzfass. Und das kann man weder verschicken, noch irgendwie einfach so per Kurier, sondern das muss man tatsächlich irgendwie persönlich transportieren.

Steffen: Linksmäßig so, ja.

Markus: Genau. Und ich war vorher, also gestern Abend eigentlich noch oder vorgestern Abend oder überhaupt gestern früh, so rum, noch in Polen, in Krakau bei einem Bierwettbewerb und bei einer Konferenz und dann war die ursprüngliche Idee, ich fahre dann mit dem Zug von Krakau zurück. Und witzigerweise fuhr der Zug über Bamberg, da lade ich dann dieses Fass quasi so ein und dann bringe ich das hierher und steige allerdings dazwischen noch zweimal um. Und, ja und dann war das so ein bisschen das Thema, weil wir hätten mindestens ein 20- oder 30-Liter-Fass nehmen müssen, wo wir dann bei 40 Kilo ungefähr sind.

Steffen: Ja, sowas trägt sich nicht ganz einfach.

Markus: Und, ja, nicht jeder Bahnhof hat einen Aufzug, vor allem, nicht jeder Aufzug funktioniert. Und nachdem ich sowas Ähnliches schon mal erlebt habe, habe ich gedacht, vielleicht dann doch nicht. Also haben wir es hergeschickt und dementsprechend gibt es jetzt also natürlich auch Rauchbier, aber noch ein paar andere Franken-Klassiker und ich hoffe mal, da kann man den Leuten hier Lust machen.

Steffen: Okay. So einen Franken-Klassiker haben wir jetzt hier in der Flasche, den trinken wir und dann kannst du ja auch ein bisschen was dazu sagen.

Markus: Ja.

Steffen: Also wir teilen uns den jetzt heute Mal. Es steht drauf, ich verrate es mal, Bio Zwickerla, also die Franken machen ja immer alles, wenn sie das Kleine, mit la, ja, Schlenkerla, Zwickerla, und es steht dunkel dran. Wenn ich das jetzt hier so eingieße, stelle ich fest, so dunkel ist das überhaupt nicht.

Markus: Ja, das darf man nicht überwerten. Also wenn man von historischen Bierstilen spricht, dann gibt es in der Regel zwei oder drei Verschiedene. Ja, Prost, prosten wir erst mal.

Steffen: Prost, ja.

Markus: Schön, so muss das. Ja, gibt es in der Regel 2 oder 3 Verschiedene und die zeichnen sich halt dadurch aus, dass eben eines eher hell ist und eines eher dunkel und vielleicht irgendwas irgendwo in der Mitte sein mag. Und dementsprechend waren eben früher die Dunkleren die, die eher dunkel waren und die Helleren, die eher hell waren, das kennt man auch aus der englischen Bierwelt oder so. Also das ist ja erst eigentlich seit dem 19., 20. Jahrhundert so, dass wir Biere so machen können, wie wir das heute kennen. Also im Grunde ist das eine fränkische Version eines Dunkleren, bewegt sich farblich eben irgendwo zwischen Bernstein und, ja, eben einem schönen Braun, Dunkelbraun.

Steffen: Auch ein bisschen Rotstich drin noch.

Markus: Genau. Also Unterschied zu einem klassischen Dunklen wäre, dass wir hier jetzt keine großen Röstaromen haben, keine Schokolade, keinen Kaffee, sondern eher Karamell, Toast, Toffee, Keks vielleicht. Also so schöne angenehme Aromen, wie man sie vielleicht vom Rotbier her auch kennt, damit ist das durchaus verwandt.

Steffen: Ein bisschen Orange noch, sowas da.

Markus: Orange, perfekt, hah. Ja, also im Grunde haben wir ein dunkles Kellerbier und das eben unfiltriert, wie schon dasteht und das nennen sie halt Zwickerla. Weil Zwickerla ist praktisch die fränkische Form von Zwickel und das wiederum ist die, naja, moderne Form von Kellerbier, sagen wir mal so und das geht eben letzten Endes dahin zurück. Aber wie auch immer es sei, das ist eine ganz, ganz tolle Brauerei, die kenne ich tatsächlich schon seit 40 Jahren. Also ich das zum ersten Mal war, da sind wir in den späten 80ern, frühen 90er, da war das eine ganz kleine Brauerei, die haben über das Jahr 3 verschiedene Biere gebraut, hektolitermäßig so irgendwie so 4-, 500. Und, ja und die hatten einmal im Jahr ein Fest, das war dann das Bockbierfest. Da war die Garage offen, da drin standen 3 Jungs, eine fürchterlich schlechte Metal-Cover-Band, die haben da eine Menge Lärm produziert und dazu gab es dann eben das Bockbier und dann war das ein Fest. Da sind wir hingefahren damals, als die Ersten so ein Auto hatten in der Gruppe und das war natürlich alles cool. Und heute machen sie 30-, 35.000 Hektoliter, also ganz andere Nummer, sie haben eine Range von an die 20 Bieren, wenn nicht sogar noch mehr, wenn man die Sondersude alle rechnet. Haben sich echt einen Namen gemacht, haben weltweit ganz viele Preise abgeräumt und haben es aber trotzdem geschafft, ehrlich zu sein. Haben einen wunderschönen Brauerei-Gasthof mit einem genialen Biergarten, wo man im Sommer wirklich eigentlich den ganzen Tag sitzen kann, man kann sogar übernachten, wenn man ein Paar zu viel hatte, tolles Essen. Also im Grunde, der Ort besteht aus der Brauerei, also, ja, Brauerei Kundmüller in Weiher, mehr kann man dazu nicht sagen. Also es ist, man kann in Franken nicht viel falschmachen, aber da macht man auf jeden Fall was richtig, also insofern, ja.

Steffen: Also auf jeden Fall ein sehr schönes Bier, ist auch Bio noch dazu.

Markus: Ja, auch, richtig.

Steffen: Und das finde ich auch immer ganz gut. Es ist auch tatsächlich noch so ganz leicht ein bisschen Hopfen ist auch noch zu schmecken, also es ist wirklich ein tolles Bier.

Markus: Ja. Ja, es sind 2 Brüder, Roland und Oswald, die das zusammen machen. Und der Roland ist einfach ein begnadeter Braumeister, der hat schon so viele tolle Biere gemacht einfach und witzigerweise auch Stile, die man ihm gar nicht zutraut. Also die machen auch ein IPA und ein Imperial Stout und wirklich Kracher, echte Kracher. Haben auch internationale Kooperationen mit Brauereien aus der ganzen Welt, Brasilien, USA, Australien, was weiß ich. Das ist schon also wirklich so auch ein bisschen für mich so, die zeigen so ein bisschen, wie man der Heimat verbunden bleiben kann, aber trotzdem mit diesen ganzen modernen Trends mitgehen kann und das gefällt mir gut.

Steffen: Jetzt sehen wir, also wir wissen jetzt, du kommst aus Bamberg und wir haben gehört, du hast sehr, sehr viel Ahnung von Bier und auch Biergeschichte, da müssen wir vielleicht mal so ein bisschen drauf eingehen, was du noch sonst so machst. Also du bist unter anderem der Gründer und der Betreiber von der Deutschen BierAkademie.

Markus: Ja.

Steffen: Genau. Seit wann gibt es dann das?

Markus: Also als eigene Firma gibt es das seit 2013, im Grunde mit dem angefangen, was wir da tun, habe ich schon Anfang der 2000. Also was wir da tun heißt, Veranstaltungen auf der einen Seite. Also in Bamberg kann man Bierseminare besuchen, Biertouren, Brauereitouren, wir machen halt so einen ganzen touristischen Bereich, wo man dann auch zum Beispiel Bier und Schokolade, Bier und Käse. Da waren wir bei beiden so die Ersten, die das professionell auch angeboten haben. Bis hin zu, wir hatten schon Bier und Currywurst und was weiß ich was, also man kann ganz viele witzige Sachen machen.

Steffen: Wie wir kommen zum Bier, ne.

Markus: Ja, ja, eben, zum Beispiel, richtig. Und auf der anderen Seite halt der Profibereich. Sprich, wir bilden Biersommeliers aus, Beer-Judges, wir beraten in der Gastronomie, in Brauereien, machen spezielle Fortbildungen vielleicht auch für Brauereien oder Getränkeunternehmer, und das auch nicht nur in Franken, sondern im Grunde national oder vielleicht sogar international. Und das sind so die beiden Bereiche, einmal Spaß in Bamberg und einmal qualitativ hochwertige Weiterbildungen.

Steffen: Das heißt, wenn man sich bei dir weiterbildet, also ich sehe hier gerade auch Vanessas Urkunde an der Wand, die da auch bei dir war, dann wird man zum national Beer-Sommelier oder Biersommelier. Wie ist denn da der Schwerpunkt, ist der jetzt mehr so auf Stilkunde Biere ausgerichtet oder ist das mehr auf das Historische, auf das Geschichtenerzählen oder ist es mehr auf das Bierbrauen und so das Technische ausgelegt, wo sind denn bei dir die Schwerpunkte? Also es gibt ja neben dir jetzt noch Doemens, früher gab es noch Kiesbye, sie sind jetzt wieder so fusioniert. Da, finde ich, ist das Ganze schon sehr auf die technische Seite so ein bisschen fokussiert. Ist das bei dir anders?

Markus: Ja, also wobei man sagen muss, die Wurzel ist die gleiche. Also wir haben früher oder ich habe früher mit Doemens zusammengearbeitet, habe auch da die Kurse mitgemacht, wir haben auch gemeinsam Kurse veranstaltet, später dann auch mit Kiesbye. Und als die dann jeweils beschlossen haben, sie würden gern eigene Wege gehen, blieb mir nichts anderes übrig, als auch eigene Wege zu gehen und deswegen sind wir da. Und mich haben schon immer 2 Dinge oder vielmehr 3 Sachen waren es, die mich angetrieben haben. Das eine war, beide kamen aus der Brauerausbildung und da liegt es natürlich nahe, dass ich aus diesem Brauerausbildungsbereich viele Inhalte nehme, weil sie einfach schon da sind und in diesen Sommelier hineinstecke. Und das ist grundsätzlich auch in Ordnung, aber gibt dem dann natürlich einen Schwerpunkt auf diesem Technischen. Und das andere ist, dass beide sehr in ihren Regionen gedacht haben oder auch noch denken, das heißt, da ist dann automatisch ein Schwerpunkt auch sehr stark auf den bayrischen Bieren oder süddeutschen Bieren bis hin zu den österreichischen Bieren. Und die anderen werden schon auch behandelt, keine Frage, auch gut, aber halt nicht in der gleichen Intensität. Und das waren für mich so Punkte, wo ich mir gedacht habe, okay, wir brauchen nicht so intensiv dieses Brauerthema, weil wenn jemand Brauer werden will, dann kann er das auch machen oder kann zum Hobbybrauerverein gehen oder sich da eben entsprechend engagieren. Natürlich brauen wir auch im Kurs zusammen und die Leute verstehen, was da passiert und warum das passiert, aber jetzt halt nicht in dieser Tiefe. Und auf der anderen Seite habe ich gerade dadurch, dass ich global seit vielen, vielen, vielen Jahren unterwegs bin, bei allen möglichen Bierwettbewerben in der Jury bin und einfach Freunde habe aus der Bierwelt rund um den ganzen Globus, habe ich einfach viel internationale Perspektive. Und das war so der Punkt zu sagen, Mensch, wenn, dann lass uns doch das alles damit reinbringen. Wir haben dann eben auch die Referenten, das heißt, wenn wir über englische oder amerikanische Biere oder belgische oder wie auch immer sprechen, haben wir auch Leute, die dann jeweils von da kommen, die dann auch was zu sagen haben authentisch, die eben nicht über irgendwas berichten, sondern die das selber leben und das ist einfach eine andere Nummer. Und vielleicht noch ein Thema zum Storytelling oder überhaupt zu den Bierstilen. Da gibt es halt auch 2 Ansätze, es gibt diesen sehr technischen Ansatz, den man vielleicht auch von der BJCP her kennt oder so, dass es halt heißt, ein Bier hat soundso viel Bittereinheiten, soundso viel Farbe, soundso viel Alkohol. Was mir immer auffällt auch beim Beerjudgen, wichtiger ist es eigentlich, einen Bierstil zu verstehen. Also warum gibt es ein Pils, was ist die Idee dahinter, wofür wurde das gemacht und wie wurde das am Ende auch konsumiert. Und wenn ich das weiß, wenn ich mir vor Augen führen kann, da saßen Leute in Pilsen im Biergarten und haben literweise dieses wunderbar Bier getrunken, dann merke ich einfach, worauf es da ankommt und dann kann ich auch viel besser beurteilen, ob das, was ich jetzt im Glas habe, wirklich sowas ist oder vielleicht nur ein nice try. Und da gibt es eben auch ganz, ganz viele und mein Schwerpunkt ist tatsächlich, auch da eher von der historischen Schiene zu kommen und den Leuten eher so ein Grundverständnis dafür zu geben, warum wir so eine Bierkultur haben, was dahintersteckt. Und dann ist es viel leichter, damit umzugehen und sie auch zu erzählen und damit zu arbeiten

Steffen: Kommst du denn irgendwie aus dieser geschichtlichen Sache, also bist du, ich weiß nicht, hast du studiert, Geschichte des Altertums oder was auch immer?

Markus: Tatsächlich, also ich habe tatsächlich Geschichte studiert. Und am Anfang habe ich in der Tat, also als ich angefangen habe zu studieren, musste man sich so ein bisschen auswählen und meine erste Idee war, weil mich das wirklich an der Schule auch fasziniert hat, ich mache was über Karthago, das fand ich spannend, so Hannibal, Elefanten und Trallala.

Steffen: In Ceterum censeo Carthaginem esse deledam, richtig.

Markus: Richtig, so ist das. Und dreimal dieser Rivalenkrieg und auch die Story dahinter, dass die eben aus dem heutigen Libanon ausgewandert sind und dass sie vielleicht sogar schon in Amerika oder Südamerika waren. Es gibt ja unglaublich viel dazu, das fand ich super spannend. Und dann hatte ich aber einen richtig guten Professor auch in der Expansionsgeschichte. Also da sind wir dann eben bei dem Bereich, als, sagen wir mal, aus unserer europäischen Perspektive sagen wir, das ist eben die Zeit, wo die Europäer die Welt entdeckt haben, also noch nicht kolonialisiert haben, aber halt überall so Fuß gefasst haben und sich ausgebreitet haben. Und das wiederum fand ich dann schon auch spannend, weil das natürlich, ja, auch den Horizont für die Europäer erweitert hat. Und ich habe mich dann viel mit der anderen Seite beschäftigt, also was hat es zum Beispiel für die indigenen Südamerikaner bedeutet, dass da jetzt Spanier ankommen oder so, das fand ich auch sehr spannend. Und dass ist dann ein Ansatz, der mir eigentlich bis in die Bierkultur geblieben ist, weil das ja auch so ist, dass man also auch bei der Bierkultur weiß, es gibt in all diesen Regionen der Welt, ob das jetzt der Himalaja ist oder die Anden, da gibt es eine Bierkultur, die ist 10.000 Jahre alt. Und die ist dann wohl oder übel mit dem zusammengetroffen, was wir dorthin exportiert haben oder wollten, und manchmal sind die nebeneinander geblieben, manchmal haben die sich vermischt, manchmal haben sie sich beeinflusst. Also gibt es auch tolle Geschichten und das hat mich dann so, mein Interesse von der Historie, tatsächlich so ein bisschen da rübergeschoben.

Steffen: Wie bist du dann von da zum Bier gekommen?

Markus: Naja, also da gibt es eigentlich nur eine Antwort, Bamberg.

Steffen: Bamberg, ja, okay. Ja, wenn man bereits als Kind an den Tropf gelegt, ja, war ja …

Markus: Das Problem ist, also wenn man in Bamberg aufwächst, also sagen wir, als ich in Bamberg aufgewachsen bin, wie das heute so ist, kann ich ja nur noch bedingt beurteilen, aber damals war das einfach ganz normal. Das heißt also, ich bin da großgeworden, es war für mich völlig normal, dass ich mit meinen Eltern im Sommer, sind wir jeden zweiten Tag in irgendeinen oder auf einen Bierkeller gegangen, sagen wir ja, haben das Wohnzimmer praktisch im Sommer getauscht gegen irgendeinen tollen Ort, wo man sein Picknickkörbchen mitnimmt, dann sein ganzes Essen auspackt, dann holt man sich ein frisches Bier und hat einfach einen richtig schönen Nachmittag oder Abend. Dann kommen Freunde vorbei, die bleiben ein bisschen, die gehen wieder, kommen wieder andere und das ist so wirklich eine tolle Kultur. Dann war ich im Chor in Bamberg, im Domchor. Ehrenwürdiger Verein, viele 100 Jahre alt, 800 Jahre alt. Und da sind wir dann natürlich auch Sonntag nach dem Gottesdienst erst mal ins Schlenkerla und haben Frühschoppen gemacht, damit war der Sonntag dann auch erledigt. Aber das war einfach normal, also ich habe das nie als besonders empfunden. Und dann, als ich studiert habe, war es so, ich wollte eigentlich zuerst woandershin, also Tübingen war so die Idee zum Beispiel oder so. Und dann hat sich das aber alles zerschlagen, weil ich den Studienplatz nicht bekommen hatte, wie ich wollte und am Ende habe ich gesagt, okay, jetzt bleibe ich erst mal in Bamberg und fange da mal an. Und das Witzige war, ich war der Einzige im Jahrgang, der aus Bamberg kam und alle anderen kannten das nicht, also habe ich jeden Tag praktisch den Gästeführer gespielt, in Anführungsstrichen. Und als Student ist man ja eher daran interessiert, die flüssigen Sachen kennenzulernen und so sind wir halt jeden Abend irgendwo anders hin. Und nachdem da 2, 3 Wochen rum waren, haben die mich einfach angesprochen und gesagt, das gibt es doch gar nicht, wir waren jetzt jeden Abend irgendwo anders, es gibt jeden Abend ein anderes Bier, du kannst immer was erzählen, du warst überall schon mal irgendwo vor Ort. Bei uns gibt es das nicht, wir kennen 1 oder 2 Biere und das war es. Und da ist mir dann aufgefallen, okay, irgendwie ist das was Besonderes. Und es hat trotzdem noch ein bisschen gedauert, aber dann so nach und nach, als ich dann angefangen habe, mich auch selbstständig zu machen, weil ich dann viele Kunden auch aus dem gastronomischen Bereich, aus dem Brauereibereich. Und da hat sich das dann wieder getroffen und dann habe ich eben gemerkt, okay, eigentlich bist du in der Provinz, aber wenn wir über das Bier reden, bist du genau da, wo man sein muss.

Steffen: In der Metropole, ja, ja.

Markus: In der Metropole, genau. Und das war dann tatsächlich zum Beispiel mein erster größerer Bierwettbewerb, auf den ich eingeladen worden bin, das war, glaube ich, der italienische, Birra dell\´anno. Da kam ich deswegen hin, weil der Kuaska, der italienische Bierpapst sozusagen, weil der gesagt hat, jetzt brauen unsere Italiener Kellerbier, haben keine Ahnung, wie das geht und wir brauchen irgendjemand, der das bewerten kann. Also der sagen kann, ist das ein Kellerbier. Und so kam er dann auf die Idee, mich einzuladen und so kam ich dann dahin. Und dann war es in den Jurys genauso. Ich kam dahin und habe natürlich Bier mitgebracht und zum ersten Mal Schlenkerla Eiche oder, das haben die noch nie im Leben gesehen. Und das waren einfach tolle Momente, wo man merkt, okay, da gibt es Leute, für die ist das wirklich geil, sowas zu erleben, sowas zu haben, da drüber zu sprechen, das zu genießen. Und, ja, diese Bierlebensfreude, die hat mich da so hingetrieben und trägt mich immer noch.

Steffen: Kommen wir noch mal zurück auf den international Beersommelier, du hast ja dann natürlich auch diese ganzen Materialien ausgearbeitet und so weiter. Wie läuft das denn ab, wenn man das heute machen möchte, ist das online oder hast du ein, keine Ahnung, Hogwarts gebaut und da kommen alle rein oder so?

Markus: Ja, also wir haben Präsenzkurse gemacht bis zur Pandemie, und dann war es einfach logischerweise, wie bei allen anderen auch, das große Thema, was tun? Und das Gute ist, ich komme ja eigentlich von einer Werbeagentur, die habe ich während des Studiums schon gemacht, deswegen hatte ich auch die ganzen Gastronomen und so als Kunden und deswegen war mir diese ganze Computergeschichte jetzt nicht fremd. Zudem hatte ich im Studium auch schon beim Radio gearbeitet, deswegen war auch das sowas, wo ich mit Mikrofon und so mich gut ausgekannt habe und habe dann gedacht, na gut, dann versuche ich erst mal, wie man das am Computer umsetzen kann. Und die erste Idee war dann ein Podcast, das habe ich dann noch im März 2020 angefangen, den BierTalk. Und das war eigentlich eher eine Beschäftigungstherapie, um ehrlich zu sein, weil ich saß daheim, hatte nichts zu tun, völlig depressiv. Und das war aber total cool, weil ich dadurch, dass ich so viele Leute gekannt habe, die im Ausland waren, konnte ich praktisch in dieser Zeit, wo niemand reisen konnte, Fenster aufmachen zu deutschen Braumeistern in Costa Rica, in Australien, in China, sonst wo. Und das fanden die Leute natürlich cool, also alle miteinander, deswegen war das sehr erfolgreich. Und dann kam die Idee, na gut, wenn wir schon so mit Leuten darüber reden, können wir auch was verkosten. Dann haben wir praktisch den Podcast als BierTalk live gemacht, wo wir dann einfach Verkostungen abends gemacht haben und Pakete weggeschickt, wie man das halt so kennt mittlerweile, damals war das völlig neu, und dann hat sich das weiter ausgebreitet. Und dann kam die Idee, naja gut, wenn das alles geht, dann müsste man doch diese Ausbildungsschiene eigentlich auch online machen können. Und das war dann im September 2020, wo ich mir gedacht habe, okay, jetzt machen wir das einfach mal. Und habe dann einfach mal das Konzept mir überlegt, wie könnte man das tun mit den damaligen Möglichkeiten und habe dann mal so ausgelobt und schon so einen eher günstigeren Tarif, einfach, um das mal auszuprobieren. Und das war ziemlich cool, dann hatten wir den ersten Kurs eben noch 2020. Natürlich gab es da viele Kinderkrankheiten und Learnings und was weiß ich, aber am Ende war es, also zumindest dem Feedback nach, für alle ein richtig guter Kurs, wo wir richtig viel gelernt. Wir haben 120 Biere verkostet, das darf man auch nicht vergessen. Also das ist ja der Vorteil, du kannst das ja alles nachhause schicken und die Leute sind eh schon auf dem Sofa, das heißt, da kann auch nichts passieren, das ist sehr schön. Das Schöne ist auch, wir machen, und machen wir heute noch so, das sind praktisch 16 Wochen, immer Mittwochabends zwischen 18 und 21 Uhr und dadurch, dass immer eine Woche dazwischen ist, hat man auch Zeit, das noch mal nachzubereiten. Es gibt auch mal eine Hausaufgabe zum Beispiel oder praktische Übungen, die man zwischendurch mal macht. Und das ist dann auch eine längere Auseinandersetzung mit dem Thema, wo dann auch das Feedback so war, es bleibt besser hängen. Und es muss natürlich niemand ein Hotel zahlen, niemand muss rumreisen und so, also es gibt viele, viele Pluspunkte. Und halt die internationalen Referenten, das ist für mich der absolute Pluspunkt. Weil, das geht im Live-Kurs nicht, ich kann nicht für eine halbe Stunde jemanden einfliegen aus Kanada und dann kommt einer aus Amerika und sonst wie, das geht nicht. Das geht da natürlich schon und das ist cool. Also wir haben zum Beispiel den Chefarchäologen aus Ägypten, der die erste industrielle Brauerei der Welt ausgräbt in Abydos, der erzählt jedes halbe Jahr, beim nächsten Kurs wieder, was passiert ist, wie es weitergeht. Also näher kann man an einem Thema nicht dran sein. Und das ist dann wirklich Biergeschichte, die man auch erlebt, die die Leute auch fasziniert. Weil, wie gesagt, du bist halt direkt dran, der ist an seiner Ausgrabungsstätte, der sitzt da und der zeigt und der erzählt, bis hin halt zu, was weiß ich, einen amerikanischen Brauer oder einen indischen Brauer. Beim belgischen Bier haben wir zum Beispiel denjenigen, der die Trappisten-Brauereien berät, also der zum Beispiel das Sunder-Beer entwickelt halt oder das Tind Medo Beer entwickelt hat mit den Menschen zusammen. Und auch da, näher kannst du an dem Thema nicht dran sein. Und das Gute ist auch, diese Menschen bleiben den Kursteilnehmern  ja als Kontakt. Das heißt, man baut sich damit auch ein Netzwerk auf und zwar auf einem ziemlich hohen Level. Das heißt, wer das also dann danach nutzen will, dem steht die Bierwelt schon offen. Also Vanessa ist ja ein super Beispiel dafür, wie man dann halt, je nachdem, was man danach gerne machen will, sich ausleben kann. Und das ist eigentlich auch mein Ziel, also den Leuten wirklich Türen aufzumachen, Horizont zu erweitern, viel Freude an dem Thema zu geben und dass dann jede und jeder schauen kann, was er oder sie mitnimmt und so halt machen will und das ist schon cool. Und um es noch zu vervollständigen, also das ist der normale Weg, der Live-Online-Kurs, treffen wir uns eben 16-mal abends live, Abschlusswochenende dann in Bamberg in Person, auch sehr witzig. Und es gibt noch eine Alternative, das ist der Videokurs, den haben wir vor 2 Jahren entwickelt. Das heißt, da gibt es das Ganze dann wirklich nur als Video. Da ist dann einmal im Monat ein Online-Treffen, wo wir uns mit allen treffen, die da gerade teilnehmen und ansonsten kann man das in seinem eigenen Lerntempo machen. Also die eine ziehen das durch und sind in einem Jahr fertig, ist aber eher nicht die Regel, aber man kann und andere machen das halt in ihrem Tempo, über 1 Jahr oder 2. Es sind sehr viele Videos, insgesamt, boah, wir haben es mal ausgerechnet, es sind, glaube ich, dass ich jetzt nicht lüge, 30 Tage Dauergucken oder so, also es ist echt viel. Wobei, es sind halt viele Verkostungen, das heißt, die muss man auch nicht alle machen, aber man kann halt sagen, ich habe jetzt dieses Bier oder jenes Bier und dann mache ich das eben mit und das funktioniert auch gut. Also insofern, es gibt viele Möglichkeiten. Man kann die Module auch einzeln machen, dass jemand sagt, ich will mal nur mich über englische Biere informieren, dann mache ich einfach nur britische Biere und nehme das mal, nehme das mit als Paket und kann dann immer noch gucken, wenn ich später was anderes machen will.

Steffen: Ich hatte auch schon von deinem Wissen profitiert, weil Markus hat mir hier, ihr kennt es ja, ich halte es ja immer ganz gerne in die Kamera, hat mir hier mit seiner Expertise zur Seite gestanden, weil da geht es ja um die Geschichte des Bieres. Und was ich halt ganz toll fand, er hat übrigens auch das Vorwort, steht hier auch irgendwo drauf, mit einem Vorwort von Markus Raupach, was ich ganz toll fand ist, dass du den Comic schon kanntest und selber auch ungefähr genauso begeistert von der amerikanischen Urfassung warst wie ich, mit genau denselben Einschränkungen, ein paar Sachen müssten upgedatet werden und deswegen haben wir das zusammen gemacht. Und das fand ich natürlich klasse, innerhalb von dieser Bierwelt jemanden zu treffen, der, sagen wir mal, auch dieses Comic-Gen noch in sich trägt.

Markus: Absolut, ja.

Steffen: Also das fand ich ganz großartig, deswegen noch mal vielen Dank, dass du da mitgeholfen hast. Ein bisschen auch so Site-Frage, bist du auch sonst so ein regulärer Comic-Fan, also kannst du mit dem Medium was anfangen?

Markus: Also ich kann mit dem Medium viel anfangen, habe als Kind viel die Klassiker, Mickey Mouse, Donald Duck und was es dann sonst so in der Marvel-Welt und sowas gab, bis hin zu sowas wie Prinz Eisenherz oder so. Und dann habe ich einen sehr, sehr guten Freund, den ich auch schon seit Kindestagen kenne, der ist richtig Hardcore-Comic-Sammler, also der hat auch die ganzen alten Supermänner und was weiß ich was, Zuhause ganze Regale voll, also wie sich das so gehört. Kenne ich auch von jedem Umzug, den ich da begleiten durfte oder musste. Und wir haben auch dreimal, glaube ich, in einer WG zusammengewohnt, da hatte ich das dann auch frei Haus und der hat mich natürlich noch ein bisschen infiziert. Zum Beispiel, ich habe die ganzen Mundart-Asterixe, weil ich das einfach total witzig finde.

Steffen: Das ist super witzig, ja, das ist so.

Markus: Ja, weil da so viel zusammenkommt irgendwie.

Steffen: Gibt es auch auf Fränkisch.

Markus: Genau, richtig. Und das ist schon, ja, ist super spannend. Also ich finde halt dieses Medium schön und deswegen fand ich auch diesen ersten Comic so cool, weil zum Beispiel sowas wie diese Pilsgeschichte, das kann man auf 100 Seiten total langweilig machen oder man kann es eben auf 4 Comic-Seiten richtig schön machen und wo man dann trotzdem noch Kopfkino hat. Also auch das ist ja sowas, ich sehe beim Comic Bilder, aber es ist eben nicht so, dass das Bild vollständig ist, sondern ich habe dann trotzdem noch das Ganze drum rum. Und ich brauche ja zwischen den Bildern die Filmsequenz, die muss ich auch erst noch mal bilden. Und das finde ich so schön, weil der Comic eben so gemacht ist, dass man nicht falsch abbiegen kann, also man geht durch die Geschichte durch, aber trotzdem erlebt man das noch mal und dadurch ist das schön und spannend und interessant und das vergisst man auch nie wieder. Und deswegen, also der hat viele solcher Momente, aber der Pilsenteil, den fand ich besonders spannend, deswegen, da hat er mich am allermeisten gepackt und den habe ich auch oft verwendet in der Ausbildung dann immer wieder. Da war ich dann so froh, dass es das jetzt auf Deutsch gibt, weil, dann muss ich das nicht mehr erzählen und übersetzen, sondern jetzt ist es einfach da.

Steffen: Und ich bin da natürlich auch sehr froh. Und das ist auch, ich finde natürlich auch da drin, was sehr schön ist, dass der so mit dieser Kombination aus Fakten und Mythen spielt. Also gerade in der Biergeschichte gibt es ja viele Dinge, die einfach, sagen wir mal, die sind überliefert, aber nicht bewiesen. Und genau damit spielt der Comic ja auch sehr schön und am Ende hat man so ein Gesamtbild und das hat mir so gut gefallen an diesem Ding. Du hattest vorher gesagt Podcast, den machst du auch immer noch, oder?

Markus: Den mache ich auch immer noch, die Frequenz ist etwas weniger. Also ich muss zugeben, am Anfang in der Pandemie haben wir teilweise drei Folgen in der Woche veröffentlicht, weil es nicht viel anderes zu tun gab und dann sind wir auf einmal die Woche und jetzt momentan ist es alle zwei Wochen. Da merke ich schon, es ist ein bisschen wenig für mich. Ich bin jetzt schon, also wir haben jetzt Dezember und, ich glaube, die aktuelle neueste Folge kommt schon im nächsten Mai, also ich habe schon viel vorproduziert sozusagen. Aber ich scheue immer noch ein bisschen davor zurück, weil ich finde die Komfortzone ganz schön, dass ich sagen kann, wenn ich jetzt mal zwei, drei Wochen aus irgendwelchen Gründen wirklich nicht dazu komme, was Neues aufzuzeichnen, dann habe ich den Puffer einfach da. Aber es ist nach wie vor großartig. Ich bin jetzt bei 250 Folgen und es sind wirklich allerlei Größen aus der nationalen, internationalen Bierwelt und nicht nur Bier, auch ein bisschen drüber hinaus. Also zum Beispiel der erwähnte Archäologe aus Ägypten, da gibt es eine 2-stündige Podcast-Folge, also die ist schon hart, aber sie ist auch geil. Und es ist alles transkribiert, das heißt, jemand kann auch sich das Transkript runterladen, gegebenenfalls sich noch übersetzen lassen, weil das ist natürlich auf Englisch in dem Fall. Aber ich habe jetzt zum Beispiel jetzt vor drei Tagen in Polen, in Krakau war einer meiner Bieridole von den Beer-Writern war da. Den habe ich noch nie live gesehen, wir hatten schon mal in einer Online-Konferenz öfters zu tun, aber ich habe ihn noch nie in Person getroffen, Randy Mosher. Und der hat dieses Tasting-Beer zum Beispiel geschrieben und einer mit der Ersten überhaupt so nach Charlie Papazian, danach die ersten Homebrewer-Guides und so. Und das ist einfach eine ganz tolle spannende Figur und den habe ich dann einfach gefragt, Mensch, jetzt haben wir eh so eine halbe Stunde Zeit, lass uns doch mal schnell noch einen Podcast aufnehmen, und das sind dann so Sternstunden. Oder zum Beispiel, ich habe auch mit Professor Narziß, das ist so die Ikone aus der Bierausbildung, oder Brauereiausbildung, also wirklich Hardcore-Brauer-Ausbildung. Ich glaube, es gab niemanden, der so viel vor allem über untergäriges Bier gewusst hat wie er. Und den habe ich interviewt vor drei Jahren oder sowas, da war er schon hoch in den 90ern. Und eigentlich wollte ich zwei Folgen mit ihm machen und bei der ersten Folge habe ich so gemerkt, das war dann, wir haben uns bei ihm auf einen Kaffee getroffen und er war halt auch schon ein bisschen müde, an dem Tag war schon viel los und da habe ich gedacht, okay, jetzt reden wir erst mal über all die Sachen neben Bier, also so, wie er so da reingekommen ist, wie er in die Ausbildung gekommen ist, all dieses drum rum, was jetzt er nicht schon 1.000-mal erzählt hat. Und dass fand ich total spannend, weil er eben dann erzählt hat, wie diese Kindheit und Jugend dann direkt nach dem Krieg oder noch während des Krieges war, wie er sich da durchgeschlagen hat und wie dann sich das alles so entwickelt hat, dass er am Ende zu diesem Bierpapst geworden ist. Und zu dem 2. Interview kam es dann gar nicht mehr, muss ich sagen, leider. Aber der Teil, den wir gemacht haben, der ist so schön und auch so besonders, dass das wirklich ein Zeitdokument eigentlich ist. Und da bin ich total froh, dass wir das gemacht haben und das ich die Fragen gestellt habe und nicht die, wie gesagt, die ihm auch schon 1.000 andere Leute vorher schon gestellt haben. Und so gibt es wirklich ganz, ganz viele tolle Folgen, die wirklich, also für mich jedenfalls, jeweils echt ein kleiner Schatz sind, wo man was erlebt. Also vielleicht eins noch, was ich auch witzig fand, ich habe oder wir haben damals, der Holger war am Anfang ja noch mit dabei, haben wir Jeff Maisel gehabt. Das war in der Pandemie, ziemlich zu den ganz krassen Lockdown-Zeiten. Und er hat uns dann ein Paket geschickt mit 7 oder 8 Bieren und hintenraus Doppelbock, fassgelagerter Doppelbock, was auch immer und der Podcast ging auch so eine gute Stunde. Und der Jeff ist halt ein echter Brauer, der hat jedes Bier ausgetrunken. Und das merkt man im Laufe des Podcasts, also der hatte am Ende wirklich, also sage ich jetzt mal, ordentlich einen sitzen, aber auf eine sehr sympathische Art und Weise. Und er erzählt, glaube ich, auch Sachen, die er normalerweise nicht erzählen würde, die aber nicht peinlich oder blöd sind, sondern die einfach unheimlich viel Charme haben und die dann auch dieses ganz Menschliche an der Seite rauskehren. Und das zum Beispiel, solche Momente, die hat man da halt einfach und das fand ich schon eine coole Sache.

Steffen: Er hat viele coole Interviews in dem Podcast und eins mit mir.

Markus: Allerdings, ja.

Steffen: Das ist, das gehört halt auch dazu, aber …

Markus: Alle Größen.

Steffen: Ja, ja, genau. Aber du hast natürlich Recht, dieses Interview machen, das ist ja auch etwas, was mir wahnsinnig Spaß macht und vielleicht auch eher noch so dieses talken, also weniger interviewen als viel mehr talken, das finde ich schön, weil man da natürlich auch so auf so eine, ja, von A nach B kommt, eben mal kurz über ein Comic redet, mal kurz über Gäste redet und das finde ich super. Deswegen bin ich auch froh, dass du heute hier bei mir bist, ist ja quasi so das Revanche-Foul sozusagen.

Markus: Sozusagen, genau.

Steffen: Dann würde mich noch interessieren, ich habe dich in diesem Jahr, also wir befinden uns noch in 2024, wenn ihr das seht, bin ich mir nicht mehr so sicher, aber im Augenblick noch in 2024, wir haben uns dieses Jahr auf dem Bierfest in Nürnberg getroffen, und das ist super, es macht richtig Spaß. Ich weiß nicht, wer schon mal in Nürnberg war, aber da gibt es ja die Burg und im Burggraben quasi findet diese Festivität statt und da hat es eben ganz viele Bierstände. Und das kostet auch keinen Eintritt wie andere Bier-Events, sondern du kannst da einfach erst mal reinlaufen und dich orientieren, also hat wahnsinnig Spaß gemacht und da warst du auch. Aber nicht nur das, du hast das ins Leben gerufen, ist das so fast korrekt?

Markus: Fast, also ins Leben gerufen, wäre jetzt ein bisschen viel, das muss man dem Thomas Landherr und seinen Kollegen lassen, das haben die schon alles gemacht, das gibt es auch schon jetzt so 20 Jahre oder so. Aber es war ziemlich, also 4, 5 Jahre später oder sowas, nachdem es das dann gab, also im Grunde ist es ein riesen großer Biergarten und da waren halt ungefähr so 50, 60 fränkische Brauereien oder sind immer noch. Und dann kam diese Craft-Beer-Geschichte auf, also das es eben jetzt auch noch andere Biere gab und besondere Biere und so und dann war die Frage bei denen eben, wie kriegen wir das in dieses Fest, ohne das es so ein Rumgenippel mit 01 und so wird und dann halt irgendwie, weil das wollten die halt nicht, die wollten den Charakter behalten. Und dann hat er mich eben gefragt, ob da ihm helfen würde. Und dann war es so, dass wir beim ersten Mal, ja, das war, glaube ich, 2010, ungefähr jedenfalls, habe ich dann ein Craft-Beer-Zelt gemacht. Das hieß dann, also das Fest dauert 5 Tage und ich habe dann an 2 oder 3 Tagen für jeweils 3 Stunden dieses Zelt bespielt und habe mir da von all den Brauern, die eh schon auf dem Fest waren, deren neuen besonderen Craft-Biere besorgt und mit den Leuten Verkostungen gemacht und das war ganz cool. Und im Folgejahr haben wir dann dieses Zelt praktisch die ganze Zeit bespielt und dann habe ich auch schon angefangen, noch andere Biere mitzubringen und so ist das Stück für Stück gewachsen. Ich habe dann Gastbrauer in meinem Zelt sozusagen gehabt, jeden Tag einen anderen aus der Region. Und die haben dann sich so etabliert, dass sie mittlerweile eigene Stände haben und mittlerweile gibt es so eine ganze Craft-Beer-Area. Also diesen ganzen Bereich habe ich praktisch ins Leben gerufen und betreut und das hat das Fest unglaublich bereichert und ihm trotzdem nicht seinen Charakter genommen. Weil, das ist eins der ganz wenigen Bierfeste, wo man eben hingehen, schön was trinken kann. Das ist im Grunde die positive Version vom Oktoberfest, also das heißt, ich kriege nicht nur ein Bier, sondern ganz viele, ich habe nicht nur ein Zelt, sondern ganz viele Open-Air-Areas mit ganz vielen verschiedenen Bühnen und verschiedenster Musik und ganz vielen verschiedenen Essen und kann da durchlaufen und mich halt da mit dem Thema Bier beschäftigen und kann eben überall probieren und mich auch meistens mit den Brauern unterhalten, die sind oft auch da, und dementsprechend einfach eine ganz tolle Möglichkeit, einfach sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Und Franken ist da natürlich auch besonders, weil diese Bierkultur da eben noch lebt. Das heißt dann, da kommen insgesamt vielleicht eine halbe Million Menschen hin im Laufe dieser ganzen Tage und die gehen da nicht hin, weil sie sagen, ich muss jetzt das letzte Imperial Stout auch noch irgendwie für mein Antap-Konto, sondern die sagen halt, na gut, gehe ich jetzt mal in meinen normalen Biergarten oder gehe ich mal aufs Fest und dann gehen sie halt aufs Fest. Und dann setzte sich dahin und haben über den Lauf des Abends 5, 6, 7 Biere, was weiß ich was, über 8, 9 Stunden verteilt. Da ist auch in der Regel keiner betrunken, da gibt es auch keine Schlägereien oder irgend so, also auch von dem Charakter her ist das ein sehr nettes angenehmes Fest. Und, ja, kann man jedem nur empfehlen, wer das mal erleben will, unbedingt.

Steffen: Also ich kann es nur bestätigen. Und ich habe es im strömenden Regen erlebt und es war trotzdem cool und gut besucht, das hätte ich gar nicht gedacht bei so viel Regen, also richtig toll, ich bin da auch richtig Fan davon. Toll, wie gesagt, finde ich auch, dass es ohne Eintritt ist. Das ist aber wahrscheinlich nur möglich, weil es städtisch unterstützt wird irgendwo, oder?

Markus: Nee, also unterstützt wird es nicht, weil sogar Miete bezahlt wird für die Fläche, aber es ist natürlich so, dass die Brauereien für ihre Stände eine Miete bezahlen, also auch ich zahle für meinen Stand. Und der Vorteil ist halt, dadurch, dass es Erstens ziemlich viele sind und dadurch, dass die Leute auch wirklich was trinken, geht das. Also jetzt mal, um so ein paar Zahlen zu nennen, wenn ich jetzt so normalerweise auf so einem Craft-Beer-Fest bin, dann schenkt man über 2 Tage an so einem Stand vielleicht 100 Liter Bier aus, maximal. Und wenn ich auf dem Bierfest bin und habe da über 5 Tage den Stand, dann schenke vielleicht 1.500 oder 2.000 Liter Bier aus. Und dementsprechend kann ich dann auch das Ganze finanzieren, weil dann auch das Einkommen entsprechend da ist und dann trägt eben jeder so seinen Teil dazu bei. Und damit ist das auch so, also es ist tatsächlich ein normales wirtschaftliches Fest, was sich selber trägt aufgrund ganz viel auch persönlicher Liebe und Arbeit eben, der Thomas Landherr, der Landi, der das schon immer organisiert, der lebt das auch und liebt das, die ganze Familie ist da integriert und die leben halt dann da diese 5 Tage und nur deswegen geht das, ja.

Steffen: Finde ich großartig. Du hast einen Stand, du hattes quasi Gastbiere da, aber braust du auch selber?

Markus: Nein. Beziehungsweise ich habe das schon mal versucht, also ich kann gut über Bier reden, ich kann es beurteilen, aber ich bin ein ganz schlechter Brauer, weil ich …

Steffen: Da sind wir uns so ähnlich. Das ist immer so, wenn ich so in den Biersommelierkreisen und auch den Brauerkreisen irgendwie so verkehre, dann bin ich immer so ein bisschen der Außenseiter, weil ich der Einzige bin, der nicht braut.

Markus: Ja, ich denke, manchmal ist es auch besser so.

Steffen: Ja, nee, das muss ich nicht gelernt haben. Das ist, sage ich mal, ich putze ungern, mir ist das gesamte Berechnen von irgendwelchen Formeln, ist mir zuwider, aber ich trinke sehr gerne Bier und ich rede und schreibe gerne darüber also. Und ich finde das schön, dass es da noch andere Menschen, die das so …

Markus: Ja, absolut. Das ist eben der Punkt, also du musst als Brauer, wenn du es wirklich ernstnimmst, dann musst du eine super Putzfrau sein, du musst dich wirklich strikt an Dinge halten können, du musst sowas wie Temperaturen genau einhalten und so weiter und so fort. Und dafür bin ich einfach zu sehr der kreative Kopf und dann auch manchmal zu faul oder einfach zu fahrig.

Steffen: Zu faul, irgendwie läuft es auf, bei mir zumindest, auf zu faul raus, ja.

Markus: Und ich glaube, ich  auch einfach zu früh angefangen, auf zu hohem Niveau Biere zu bewerten. Und wenn du halt gewohnt bist, was weiß ich, beim World Beer Cup am finalen Tisch zu sitzen und die Beire zu bewerten, das Level erreichst du selber nie, also egal, wie sehr ich mich anstrengen würde. Das heißt, jedes Bier, das ich selber braue, wäre für mich einfach eine Enttäuschung und dann lasse ich es lieber bleiben. Und dafür gibt es ja Leute, die das machen.

Steffen: Die das richtig gut können, genau, ja. Also ich muss da auch nicht mitgespielt haben. Ich persönlich sehe mich tatsächlich auch nicht in der Position eines Judges, aber du machst das sehr häufig, oder, das ist so.

Markus: Genau.

Steffen: Ist das eine Profession von dir? Ich meine, das ist ja auch mit Stress verbunden, du musst reisen oder du darfst reisen,

Markus: Eben, ja.

Steffen: das ist natürlich auch das. Aber, ich weiß nicht, kann man sich da, ich weiß nicht, weißt du ungefähr, wie oft du schon gejudgt hast?

Markus: Puh! Also auf internationaler …

Steffen: In dem Jahr jetzt.

Markus: Ja, genau, auch selbst das wäre geradezu, aber in dem Jahr vielleicht 15 Wettbewerbe oder so, 15. 20, irgendwie in dem Dreh. Insgesamt vielleicht 200, was weiß ich. Und tatsächlich über den ganzen Globus, also, was weiß ich, von Chile bis Taiwan, viel mehr geht ja … also Australien war ich noch nicht, Neuseeland war ich noch nicht und Japan, so Sachen, da würde ich gern noch mal hin.

Steffen: Kommt noch, ja.

Markus: Teilweise bin ich auch eingeladen, aber muss dann halt einfach woandershin, das gibt es ja auch und das ist dann schon toll. Also ein großer Vorteil ist, es ist eine Familie. Also es gibt so ungefähr 100 bis 200 Judges, die so auf internationalem Niveau da sind und das ist so ein bisschen flying circus. Das heißt, dieser Kernbereich von denen, die machen mindestens die Hälfte der Jury bei den großen Wettbewerben irgendwie aus, also nicht alle von denen, aber so 50, 60 aus dem Pool sind da da. Das heißt, wir kennen uns alle sehr, sehr gut, wir sind gut befreundet. Und natürlich ist immer irgendjemand in dem jeweiligen Land auch zuhause. Das heißt also, es ist immer so, dass wir in Länder kommen, aber dort so, wie wenn ich als Kind früher schüleraustauschmäßig bei einer Familie zu Gast war. Das heißt, du bist nie ein Tourist, sondern du bist immer ein bester Freund oder ein Familienmitglied und so erlebst du das Land auch, so erlebst du die Kultur. So zeigen die dir das auch. Du kommst in Brauereien oder auch in andere Orte rein, wo du als Tourist nie im Leben hinkommen würdest, einfach weil die Leute dafür sorgen. Und umgekehrt ist es genauso, wenn die Leute nach Bamberg kommen, dann gehen wir halt in die Schlenkerla-Brauerei in den Keller, probieren da alle möglichen Sachen oder machen sonstige Dinge, die eben jetzt auch nicht jeder einfach so machen kann. Und das sind einfach die tollen Seiten der ganzen Geschichte. Und ich glaube, was mich selber angeht, natürlich ist das eine, sich mit dem Bier auszukennen und es bewerten zu können zu technisch faktisch, das andere ist, es erfordert aber auch viel Kommunikation und Fähigkeiten. Also ich bin oft dann auch der Table-Captain, das heißt, der, der das Ganze so ein bisschen moderiert und so. Und das ist, glaube ich, sogar noch eher meine Stärke, dass ich das wirklich gut kann, wenn ich da halt 8 Leute am Tisch sitzen habe aus aller Herren Länder und dafür sorgen soll, dass die miteinander über diese 10 Biere jetzt reden und wir am Ende auch zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen, was durchaus mal kontrovers auch sein kann und man dafür sorgen muss, dass jede und jeder auch gehört wird und danach alle auch zufrieden sind und sich nicht die Köpfe einschlagen. Das sind so Punkte, was mir, glaube ich, auch leichtfällt, was mit Spaß macht. Und insofern ist diese Familie der international Judges für mich wirklich echt wichtig geworden und macht mir total viel Spaß, weil ich eben die halbe Welt bestimmt dadurch schon gesehen habe, wo ich sonst wahrscheinlich nie hingekommen wäre.

Steffen: Gibt es da so bierseitig noch so Überraschungen, irgendwas, was dieses Jahr gewesen ist, wo du gesagt hast, okay, da hat sich für mich wieder was völlig Neues aufgetan geschmackstechnisch?

Markus: Ja, doch. Weil, dieses Jahr war ich zum ersten Mal in Norwegen und war dann wirklich ganz tief in diesem Farmhouse Ale oder Kwak drin und durfte dann eben auch wirklich bei diesem Bauern auf dem Bauernhof haben wir dort eben Kwak-Biere gebraut. Und dann auch einen kleinen Wettbewerb von denen dort besucht, wo man ganz viele dieser Biere auch probieren und verkosten konnte und mit jedem auch reden konnte, wie sie es machen, was sie machen und das ganze Drumrum auch erfahren konnte. Und das war für mich schon super spannend, weil man in diese Kultur sonst so auch nicht reinkommt. Und es ist auch tatsächlich so, da fliegt man erst mal dreimal irgendwohin und dann fährt man mit einem Schiff durch den ganzen Fjord und ist dann irgendwie nach vielen, vielen Stunden irgendwo am Ende der Welt und da ist dann eine Schulturnhalle und da sind die dann. Und das macht man halt normalerweise so auch nicht. Und das war wirklich in jeder Hinsicht ein ganz, ganz tolles Erlebnis.

Steffen: Jetzt hat uns die Vanessa hier noch ein paar Flyer hingelegt von der German Beer Consumer´s Union oder Union auf Deutsch. Bist du da auch irgendwie involviert?

Markus: Ja.

Steffen: Ich vermute es, sonst hätte sie uns den Flyer wahrscheinlich nicht hier hingelegt.

Markus: Das stimmt, ja. Also Hintergrund ist tatsächlich der, also es gibt ja die Bierkonsumenten und es gibt die Brauereien und es gibt den Staat und so und die haben alle ihre Interessen beim Thema Bier. Und was jetzt den Konsumenten angeht, da gab es zumindest in Deutschland keine vernünftige Vertretung dafür. Klingt jetzt erst mal ein bisschen blöd, wofür brauche ich das?

Steffen: Ja, wozu, das ist auch interessant.

Markus:  Also da geht es zum Beispiel drum, dass wir als Biertrinker gerne wissen wollen, das auf der Flasche zum Beispiel steht, wer hat dieses Bier gemacht, wo wurde es wirklich gebraut, keine Ahnung, wer hat es abgefüllt, was ist da drin, also die Informationen, die wir halt haben wollen. Und auf der andren Seite haben wir auch ein Interesse daran, dass es diese Brauereien noch möglichst lange in möglichst großer Vielfalt gibt und wir wollen auch nicht, dass der Staat zum Beispiel durch Gesetzgebungen oder sonstige Einschränkungen den Brauern das Leben schwermacht, damit haben wir in beide Richtungen praktisch Idee. Und wenn man jetzt die Brauer fragt, dann würden die wahrscheinlich wieder ganz anders antworten. Und deswegen ist es ganz gut, dass es diese 3. Standbein gibt. Und in allen anderen europäischen Ländern ist das auch so, also da gibt es jeweils, kleiner oder größer, so einen Verein oder eine Organisation von Leuten, die gerne Bier trinken und die dann oft auf nationaler Ebene eben da auch ein bisschen mitmischen und jeweils auf der einen oder anderen Seite dann auch mit den Akteuren zusammenarbeiten. Und das nennt sich EBCU, also European Beerconsumers Union. Und die habe ich auch kennengelernt durch meine ganzen Jugding-Reisen und da haben die mir halt immer erzählt, das ist eigentlich ganz cool, wir haben nur ein Problem, immer wenn wir in Brüssel zum Beispiel sind und bei der Kommission oder sonst wie irgendwelche Themen anschneiden, dann sagen die immer, naja, wer seid ihr denn und dann haben wir immer in der Mitte ein großes Loch, weil es gab keine deutsche Organisation. Und dann war natürlich die Antwort immer die, naja, also wenn ihr das größte Land der EU, was die Bevölkerung angeht und natürlich auch, was die Biertradition und Brauereien und so weiter angeht, nicht habt, dann braucht ihr gar nicht erst anfangen, da irgendwie darüber zu reden. Und dann habe ich mir gedacht, naja, eigentlich könnte man das ja irgendwie tun und habe mir dann Gedanken gemacht, wie man das machen kann. Und das Schwierige ist, dass wir in Deutschland ja nicht eine Bierkultur haben.

Steffen: Ja, stimmt.

Markus: Also das ist immer, sage ich mal, in der Ausbildung, es gibt keine deutsche Bierkultur, weil die Bierkulturen, die wir haben, viel älter sind als unsere Idee von Deutschland. Das heißt, also vor 1871 gab es auch Bier, aber eben kein Deutsches Reich. Und dementsprechend haben wir halt in Köln oder in München oder in Berlin oder, keine Ahnung, in Stuttgart jeweils eine andere Vorstellung von einem guten Bier und dementsprechend können die Leute manchmal auch nichts miteinander anfangen. Also wenn man jetzt einen Münchner fragt, ob er sich jetzt für Kölsch einsetzen würde oder einen Kölner fragt, ob er sich für die Berliner Weisse einsetzen würde, wäre auch ein Fragezeichen. Und das heißt, man muss irgendwie das so ein bisschen zusammenbringen, also einerseits den Leuten klarmachen, okay, ihr habt trotzdem alle ein Interesse, nämlich eure lokale Bierkultur zu fördern, zu erhalten, zu stärken und da macht es auch Sinn, ´sich ein bisschen zusammenzutun und gemeinsam euch dann auf europäischer Ebene zu organisieren. Und so habe ich das dann angefangen, diesen  Verein gegründet. Wir sind jetzt knapp 300 Mitglieder, also noch nicht so riesen groß. War aber Absicht, dass das nicht zu schnell wächst und zu viele Leute vielleicht mit reinkommen, die einfach nicht nur irgendwelche Posten haben wollen, funktioniert aber gut. Und wir sind dann eben auf dieser europäischen Ebene eingebunden. Zweimal im Jahr trifft man sich irgendwo in Europa in einem der Mitgliedsländer und da gibt es dann eben auch einen kleinen Kongress, wo wir uns unterhalten, was gerade so die Themen sind. Natürlich besucht man da auch die ein oder andere Brauerei und hat jede Menge Spaß, weil auch da natürlich jeweils die Host-Länder sich nicht lumpen lassen, sage ich mal so. Also man kann auf die Art und Weise auch ganz toll Bierkultur erleben, aber dabei eben noch was Sinnvolles tun. Also jetzt zum Beispiel gerade war ein riesen Thema das Pfand zum Beispiel, was bei uns ja Gang und Gäbe ist, aber in vielen anderen europäischen Ländern noch nicht war und das soll europäische angeglichen werden. Und hätte zum Beispiel so ausschauen können, dass es für uns ganz negative Regelungen hätte geben können, weil wir praktisch von unserem Pfand-Level runtergehen hätten müssen, damit andere raufkommen. Und das klingt ja erst mal gut, aber hätte wahnsinnige Konsequenzen zum Beispiel bei uns gehabt und da haben wir zum Beispiel uns stark eingesetzt, dass das nicht so ist. Oder Steuer, ein ganz großes Thema. In vielen Ländern gibt es ganz unterschiedliche Steuersätze für gewisse Größen an Brauereien und auch da versucht man sich eben zu helfen und sich zu unterstützen. Oder auch Export, was weiß ich was. Also oft auch so wirklich technische Themen, aber drum rum ist halt auch der Spaß und der ist immer da. Und das ist auch, also wenn ich jetzt hier kurz Werbung machen darf, es ist einfach, EBCU heißt, man zahlt einen Mitgliedsbeitrag von im ersten Jahr 20 Euro und dann 12 Euro pro Jahr, das kostet jetzt nix eigentlich und dafür kann man an all diesen Dingen teilhaben. Wir machen auch ein-, zweimal im Monat Workshops, Online-Workshops, wo man sich dann mit aus ganz Europa mit Leuten über bestimmte Themen auseinandersetzen kann, Vorträge bekommt zu bestimmten Bieren oder so. Wir machen regelmäßig Besuche auch bei den Festivals, man kann sich auch zum Beispiel als Volontier dann bei den anderen einsetzen und dabei sein. Also auch wieder eine tolle Welt für jemanden, der da Spaß dran hat, sich da mit dem Bier auseinanderzusetzen und, ja, so.

Steffen: Wir sehen also, der Markus macht unglaublich viel und ich weiß gar nicht, wahrscheinlich haben wir jetzt noch ganz viel ausgelassen, was er auch noch macht. Gibt es irgendwas, wo du noch sagen würdest, da wollte ich noch drauf hingewiesen haben, da bin ich auch dabei?

Markus: Also ich sage vielleicht noch ein Stichwort, weil es mir selber am Herzen liegt und weil es dir, glaube ich, nicht fern ist, ich habe auch viele Spiele mittlerweile schon entwickelt rund um dieses Thema Bier, weil das auch eine schöne Art und Weise ist, sich damit auseinanderzusetzen. Da gibt es einige Quizzes zum Beispiel auf dem Markt und es gibt ein Biersommelierspiel, was viele haben, auch die Vanessa zum Beispiel, wo man mit Gruppen sehr, sehr schön interaktiv spielen kann, also wirklich auf eine angenehme Art und Weise, ohne dass es ein Saufspiel ist. Und das ist auch schön, weil ich eine Brettspielleidenschaft schon immer habe. Und das auch noch mit dem Thema Bier zu verbinden, war für mich auch noch sehr spannend.

Steffen: Und ansonsten, du kennst jetzt quasi die Bierstile der Welt, die Geschichte dahinter, du kennst teilweise Brauer. Hast du ein persönliches Lieblingsbier?

Markus: Ja, das ist gar nicht so einfach mit dem Lieblingsbier. Ich würde mal sagen, also Lieblingsbiere habe ich viele, weil es oft von der Situation abhängt, von dem Ort, wo ich bin, von der Jahreszeit und überhaupt, aber ich werde manchmal gefragt, welches Bier ich auf die einsame Insel mitnehmen würde. Und da habe ich lange mit mir gehadert und bin dann am Ende bei einem Spezial-Lager rausgekommen, also einem der Bamberger Rauchbiere, das jetzt von der Intensität her nicht so ganz so intensiv ist wie jetzt ein Schlenkerla zum Beispiel, Schlenkerla Märzen, wunderschöne Bernsteinfarbe, richtig tolle malzige Aromen mit diesem Rauch-Touch und ich glaube, wenn ich nur ein Bier mitnehmen könnte, dann wäre es wahrscheinlich dieses. Aber wie gesagt, das heißt nicht, dass ich die anderen weniger liebhabe, sondern manchmal muss man sich halt das eine aussuchen und dann wäre das das, ja.

Steffen: Also die Sache mit der einsamen Insel, das ist ja auch immer so, ich meine, wer nimmt einen Kühlschrank mit, wie viel von dem einen Bier darf ich mitnehmen, wenn ich keinen Kühlschrank habe, bin ich auf einer Südseeinsel, wo das Wasser 23 Grad hat, wie soll ich das dann kalt bekommen und so weiter und so fort. Da gehen ja unglaublich viele Faktoren einfach verloren bei der Frage.

Markus: Ja, wobei man sagen muss, das ist das, was die Bierkultur schon immer angetrieben hat, denn, wie ja auch in unserem Comic steht, von Anfang an hat man sich Gedanken gemacht, wie machen wir Bier, wie machen wir es besser und wie sorgen wir für Dinge wie Kühlung, wie Transport, wie Berechnung, wie was weiß ich was. Und so hat die Menschheit ganz elementare Dinge nur entwickelt, weil sie Bier trinken wollte, bis zur künstlichen Kühlung, bis zum Kühlschrank, das haben wir alles dem Bier zu verdanken. Und ich würde wahrscheinlich auf der Insel dann einfach auch kreativ sein und würde eine Art Kühlschrank bauen und würde irgendwie dafür sorgen, dass, wenn ich schon dieses tolle Bier habe, dass ich es dann auch richtig genießen kann.

Steffen: Und schon haben wir das sensationellste Schlusswort, das man sich überhaupt nur wünschen kann. Ich sage vielen Dank, Markus Raupach, schön, dass es endlich geklappt hat.

Markus: Ja.

Steffen: Ja und ich hoffe, euch hat es auch Spaß gemacht und wir sehen uns wieder und wir sehen uns auch wieder.

Markus: Machen wir.

Steffen: Tschau.

Markus: Tschau.

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