BierTalk 154 – Interview mit Josef Lechner, 1. Braumeister der Scheider Bräu aus Kelheim

In dieser Folge nehmen wir euch mit nach Kelheim, wo Josef Lechner als technischer Leiter und erster Braumeister der Brauerei Schneider Weisse seine spannende Lebensreise und Bierleidenschaft teilt. Gemeinsam sprechen wir über internationale Einflüsse, kreative Brauideen wie das Love Beer und die Herausforderungen, eine traditionsreiche Weißbier-Brauerei in die Zukunft zu führen. Wir erfahren, wie Josef zwischen Hightech und Esoterik täglich die Balance hält und warum Biere Charakter brauchen. Natürlich werfen wir auch einen Blick auf die Erfolgsgeschichte der Hopfenweisse, die Entwicklung alkoholfreier Spezialitäten und was es bedeutet, wenn ein neuer „Georg“ an der Spitze steht. Freut euch auf authentische Einblicke, persönliche Geschichten und Inspiration für Bierfreunde und Neugierige!

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BierTalk – Gespräche über und beim Bier.

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute besuchen wir eine Brauerei, die ich vor fünf Jahren schon mal besucht habe, beziehungsweise wir, damals war der Hans-Peter Drexler am anderen Ende des Mikrofons, heute haben wir den Josef Lechner. Und da bin ich ganz froh und bin auch schon ganz gespannt, wenn er uns ein bisschen was erzählt über seine Geschichte und über die Geschichte, die da in Kelheim eben bei der Schneider Weisse so passieren. Also erst mal vielen, vielen Dank, dass du da bist und vielleicht  stellst du dich unseren Hörern mal ganz kurz selber vor.

Josef: Ja, sehr gerne. Also vielen Dank für die Einladung, ich freue mich mega, hier dabei zu sein. Ich bin der Josef Lechner, bin seit vier Jahren der erste Braumeister und technische Leiter bei der Brauerei Schneider Weisse in Kelheim. Und, ja, bin 15 Jahre so ein bisschen in der Bierbranche unterwegs gewesen und dann über Umwege wieder zurück nach Deutschland und bin ganz froh, dass ich jetzt die Geschicke einer Weißbierbrauerei in die Zukunft leiten kann und freue mich auch auf den Austausch heute.

Markus: Wunderbar. Du klingst auf jeden Fall auch schon mal sehr authentisch. Bist du selber aus der Region?

Josef: Ich bin tatsächlich, ist ein bisschen komplizierter, also meine Mama ist Spanierin und ich war zwölf Jahre im Ausland mit meinen Eltern. Ich bin aber tatsächlich hier nicht ganz in der Nähe aufgewachsen, in Grafenwöhr in der Oberpfalz und war nach dem Abi dann bei der Bundeswehr und dann international eben unterwegs, habe auch studiert und ganz was anderes gemacht und bin quasi jetzt wieder zurück in die alte Heimat gekommen, genau.

Markus: Das klingt ja spannend, also so ein bisschen Bier auf Umwegen oder so. Das heißt also, du sprichst dann auch fließend Spanisch?

Josef: Wir sprechen zu Hause Spanisch, ja, und das hat mich eigentlich auch immer so ins Ausland getrieben, war viel in Spanien, auch in Italien. Und da ist es dann irgendwann so diese Idee geboren, dass ich mal was mit Lebensmitteln machen will oder vor allem was mit Bier, weil ich hatte natürlich immer mein Weißbier dabei aus der Heimat. Und, ja, da ist jetzt eins zum anderen gekommen und das hat sich jetzt ganz gut gefügt, ich bin jetzt 41 und bin irgendwo da angekommen, wo ich hin wollte immer.

Markus: Und wo hat dich dein Lebensweg zuerst so hin geführt beruflich?

Josef: Also ich habe ganz klassisch mal was studiert und zwar BWL. Einfach auch aus dem Grund, weil ich damals wirklich nicht wusste, was ich machen will und war dann bei der Bundeswehr und dachte, jetzt hast du neun Monate Zeit zu überlegen, was du machen willst und nach neun Monaten wusste ich es immer noch nicht. Aber ein Kumpel von mir hat mir dann eben erzählt, dass er europäische BWL studiert in Regensburg und dann habe ich mich dafür ein bisschen informiert. Das hat mir ganz gut gefallen, man konnte zwei Jahre ins Ausland und mich hat das damals ein bisschen gecatcht, ja, zwei Jahre Ausland nach der Bundeswehr, das will ich auch machen. Und da war zufällig das Partnerdiplom von der Uni oder von der Fachhochschule in Regensburg war mit Bilbao in Spanien, wo meine Familie eigentlich ganz aus der Nähe herkommt. Und für mich war das so ein bisschen der Sechser im Lotto, ich hatte damals noch eine Freundin in Grafenwöhr und da konnte ich noch ein bisschen in Regensburg bleiben, aber auf der anderen Seite bei meinen Verwandten in Spanien studieren. Und das habe ich dann auch gemacht und habe es auch durchgezogen, habe dann das Ganze fertig gemacht und bin nach dem Studium in die Papierindustrie eingestiegen in so ein Führungskräfte-Nachwuchs-Programm und war erst einmal dreieinhalb Jahre international unterwegs, Projekte in der Prozessoptimierung zu machen, eben in Frankreich, Holland, Italien, immer wieder eine neue Station. Und da habe ich dann irgendwann gemerkt, okay, die Arbeit in so einem Konzern mit Papier ist relativ wenig emotional, aber das Drumherum war immer sehr emotional, also die ganzen Italiener mit ihren selbstgemachten Weinen in der Mittagspause und selbstgemachtes Olivenöl und selbstgemachter Schinken. Und ich hatte dann öfter mal ein Weißbier dabei und dann war irgendwann so die Schnapsidee oder quasi Bieridee, ja, ich muss unbedingt irgendwas mit Lebensmitteln machen und es liegt eigentlich auf der Hand, ich müsste eigentlich mal mich informieren, ich will Brauer werden. Da war ich 28 und ich habe dann einfach mal, ja, bei Facebook auf die Pinnwand geschrieben so zum Gag, das war an Heilig Abend, ja, ich will Brauer werden und wenn jemand einen Braumeister kennt, dann soll er sich bitte bei mir melden. Und, ich glaube, eine halbe Stunde später hat sich eine Freundin von mir gemeldet, die ich eigentlich aus Costa Rica kenne, die mit mir in Costa Rica in einem Praktikum gearbeitet hat und die hat dann gesagt, ja, sie ist gerade in Garmisch und sie steht neben dem Braumeister von damals der Meckatzer Löwenbräu und hat gesagt, ja, wenn du cool bist, dann stellt er dich ein. Und dann habe ich mich quasi zum Vorstellungsgespräch selber eingeladen und bin dann von Frankreich dahingeflogen. Und der Max, der ist immer noch Braumeister bei der Meckatzer Löwenbräu, der hat mir damals eine Kiste Bier in die Hand gedrückt und hat dann gesagt, ja, wenn du willst, kannst du hier anfangen. Und dann bin ich nach Frankreich zurückgeflogen und ich habe damals meinen Job dann sofort gekündigt und bin dann noch ein bisschen nach Mexiko, weil meine damalige Freundin eben in Mexiko war und bin dann am 31.8. von Mexiko zurück und habe am 1.9. eine Brauerlehre in Meckatz angefangen und so bin ich zum Bier gekommen irgendwie. Und, ja, wer einmal da drinhängt, glaube ich, in dieser emotionalen Branche, ich glaube, das brauche ich dir nicht erzählen, der, ja, taucht da immer tiefer ein und den lässt es auch nicht mehr los.

Markus: Nee, der kommt da nicht mehr raus. Das ist ja wirklich super spannend und das finde ich auch eine tolle Kombination gerade so, also auf der einen Seite eben ein bisschen in der großen Welt zu sein und auf der anderen dann eben zum Bier zu finden. Wenn ich überlege, das heißt, das war ja dann so 10, 15 Jahre her, dass du da in Spanien warst, da war ja dort die Bierkultur, sage ich mal, also zwar schon da, aber noch nicht da, wo sie heute ist. Also heute ist ja Spanien eines der großen Bierländer mittlerweile mit viel auch Craft Beer und ganz vielen kleinen Brauereien und übrigens auch dem Spitzenwert, was alkoholfreies Bier angeht in ganz Europa, also super spannendes Bierland. Wie hast du denn das damals wahrgenommen, also als du da warst, war das eher noch so Wein und Tapas und so oder ging es da auch schon ein bisschen in die Bierrichtung?

Josef: Also die Diskussion habe ich oft mit meinem Onkel und der sagt halt, dass sie früher viel mehr Wein getrunken haben. Da war diese typische Kultur im Baskenland, wo meine Familie halt her ist, Copita, also diese kleinen Weine im Glas. Und das hat sich jetzt eigentlich gedreht schon vor Jahren, dass die Jugendlichen immer mehr Bier trinken. Klar, das waren vorwiegend diese großen Biermarken, die man halt in Spanien kennt und dann kam irgendwann, ja, die letzten 15 Jahre eigentlich so mit der Zeit, wo ich mich für Bier dann auch interessiert habe noch in der Tiefe, dass diese Craft-Beer-Brauereien aufmachten. Und ich habe damals, meine Bieridee war ja, ich mache eine Weißbier Brauerei in Spanien auf und jetzt zufällig hat einer, der mit mir in der Berufsschule war, der ist auch Spanier, der hat in San Sebastian eine Brauerei mit aufgemacht. Also da gibt es mittlerweile zwei, drei ganz gute Brauereien, die auch gut laufen. Und da habe ich diese Entwicklung natürlich jetzt auch über meine ganzen Freunde dann da ein bisschen miterlebt. Und das ist schon eine große Bereicherung für diese ganze Gastronomie dort auch, diese kleinen Brauereien, die jetzt wirklich gute Biere machen, muss ich ehrlich sagen, haben sie gut gemacht, auch gut vermarktet, also auch von der Aufmachung her und vom Image her. Also schon eine tolle Sache und ich würde sagen, für Spanien eine große Bereicherung.

Markus: Und für dich vielleicht so eine kleine Hintertür, oder, könntest du dir vielleicht irgendwie vorstellen, irgendwann da mal dort in die Bierbranche einzusteigen?

Josef: Also das darf ich natürlich jetzt live nicht sagen hier, wenn das da mein Chef hört, aber natürlich ist es immer wieder Thema Spanien, meine zweite Heimat quasi, ich bin oft auch in Spanien unten, ob ich irgendwann mal da unten was mache, zumindest auch teilweise, es würde mich interessieren, da vielleicht auch mal zu unterrichten oder mal Kurse zu machen oder sonst irgendwas. Ich bin auf der anderen Seite schon sehr stolz auf das, was ich hier beim Schneider mache und die Biere. Und der Schneider hat mich auch zurückgebracht nach Deutschland. Ich habe auch immer gesagt, nie wieder Deutschland, zu meiner Frau, aber als der Schneider dann gesucht hat, habe ich mich ganz explizit beworben und finde das toll, was wir hier machen. Und das ist ganz was Spezielles, also jetzt ohne jetzt überheblich klingen zu wollen, also für mich war diese Brauerei schon immer ganz besonders, schon bevor ich mich mit Bier beschäftigt habe und jetzt, seit ich mit Bier mich beschäftige, noch mehr und seit ich das, sage ich mal, im Hintergrund jetzt auch alles sehe, wie das hier läuft, dann noch mehr, also es ist schon was Besonderes. Und ich freue mich natürlich auch, wenn ich in Spanien dann immer sagen kann, ich bin der Braumeister von der Schneider Weise, weil die Leute das dann auch kennen und ich entdecke dann in dem einen oder anderen Kühlschrank Schneider Weise in der Bar und dann bin ich immer ganz stolz, dass wir überall auf der Welt vertreten sind und es macht schon Spaß.

Markus: Ja und es gibt ja nicht so viele Brauereien, die so für ein Bier oder einen Bierstiel stehen. Und ich muss sagen, ich kann sie dann nur zu pflichten, also wenn man da mal ist in Kelheim und vor allem in den Raum mit der offenen Gehrung kommt, das ist ja wie eine Kathedrale für Bier, einfach in jeder Hinsicht ganz toll und man hat Gänsehaut sozusagen, wenn man da ist und kann eben live beobachten, wie dieses wunderbare Bier entsteht. Und wenn man dann noch eben die Liebe und all das, was dazukommt, wie damit umgegangen wird vor Ort hat, das ist schon ein echtes Highlight. Also kann ich nur jedem auch ans Herz legen, wer die Möglichkeit hat, da unbedingt mal reinzuschauen. Natürlich gibt es auch andere sehr gute Weißbierbrauereien, keine Frage, die machen auch einen tollen Job. Schneider ist halt einfach auch ikonisch aufgrund der eigenen Geschichte, nicht zuletzt als ehemalige Münchner Brauerei, als ehemalige Oktoberfestbrauerei und all das, was sich eben dann mit den modernen Bieren, mit dem Festbier, mit der Hopfenweißen und so weiterentwickelt hat, da haben die auch ganz viel, mindestens zur deutschen, aber wahrscheinlich zur internationalen Biergeschichte einfach beigetragen. Und dann noch so Personen wie der Hans-Peter, der halt auch diesen Bierstil und die ganze Technologie und alles entwickelt hat, also da kann ich voll, 100 Prozent nachvollziehen, dass du da dem Ruf nicht entsagt hast, absolut. Springen wir vielleicht trotzdem noch mal kurz zurück, als du da so nach Meckatz kommst als, sage ich mal, Lehrling oder so, wie ging es dir denn da so und wie hat sich dieses Hineinfinden in das Thema Bier für dich so entwickelt?

Josef: Also ich kann mich noch ziemlich gut an meine ersten Tage da erinnern, das war schon, sage ich mal, eine traditionelle Brauerei, so wie man sich das vorstellt. Meckatz macht auch ganz tolle Lagerbiere, alles stehende Gärung und dann eine liegende Lagerung damals noch. Also das waren wirklich noch Tanks, wo man überall schlupfen musste, also von 30 Hektoliter- bis 800 Hektoliter-Tanks sind wir immer durchs Mannloch durch und Hefe rausziehen, also das war schon ein richtiger, ja, Knochenjob schon manchmal, aber das hat richtig Spaß gemacht. Ich war ja davor Abteilungsleiter in der Qualität und dann komme ich da hin und bin auf einmal der Lehrling, also erstens gehaltstechnisch natürlich eine andere Liga, aber auf der anderen Seite, ich hatte halt Haustrunk, den ich immer ganz geschickt getauscht habe gegen guten Allgäuer Käse oder sonst irgendwas. Es war irgendwie eine urige Zeit und manchmal, muss man ganz ehrlich sagen, es hört sich jetzt von außen immer so romantisch an, aber war schon oft auch die Frage, um Gottes Willen, hast du jetzt das Richtige gemacht, du warst 28, eigentlich die Karriere rückwärts, jetzt bist du wieder Lehrling, die anderen bauen gerade alle ein Haus um dich rum und ich stand dann ohne irgendwas da. Es ging dann auch mit der Freundin aus Mexiko auseinander, also keine Freundin mehr, kein Haus, kein Gehalt und dann musste ich mich im Grunde tatsächlich von unten wieder hocharbeiten und es hat aber irgendwie Spaß gemacht. Also es war so, dass ich schon gemerkt habe, ja, jetzt hast du mal eine richtige Entscheidung getroffen, du lernst gerade richtig was, also auch fürs Leben, so richtig ein Handwerk und ich habe es nie bereut, muss ich ehrlich sagen. Also es gab zwar wirklich viele Phasen, wo man dann ernüchternder Weise sagt, ja, war jetzt dann doch nicht so toll in dem Moment, aber im Nachhinein, ich mache das ja jetzt seit 2013 und jetzt wird es dann nächstes Jahr, werden es, ja, 13 Jahre, dass ich das mache, ich habe es nicht bereut.

Markus: Ja und du hast ja auch bestimmt viel aus dem Leben vorher mitgenommen, was dir immer wieder was hilft, wo du immer wieder auch davon zehren kannst, was du eben vorher schon gelernt und gekonnt hast. Und, ich glaube, man ist dann auch im Inneren noch mal ganz anders, wenn man sagt, okay, ich habe da noch mal einen Restart gemacht und das gefunden, was mich wirklich antreibt, das ist sicherlich fürs Leben auch toll. Vielleicht noch mal ganz kurz zum Meckatzer Löwenbräu, das ist ja auch eine besondere Brauerei, also durchaus eine, die viele Botschaften hat, die tolle Biere hat, die auch, ja, mindestens national unterwegs ist. Wie war das denn so und kannst du vielleicht das Geheimnis um das Meckatzer Gold lüften, falls es eines gibt?

Josef: Ah, das Geheimnis des Meckatzer Weiss-Gold, also ich glaube, jetzt mal so von außen betrachtet, ich war ja da am Anfang, kam ja auch aus einer ganz anderen Gegend, ich bin ja hier bei mir in der Oberpfalz da oben eben aufgewachsen, ich fand die Biere am Anfang schwierig, also ich fand die viel zu bitter. Das war eine ganz andere Hausnummer, weil Meckatzer Weiss-Gold, die Hauptsorte ist ja ein Exportbier und dementsprechend auch mit schönen Tettnanger Hopfen wirklich ordentlich gehopft. Nach zwei Jahren war es dann komplett andersrum. Das sage ich immer jedem, man trinkt sich dann halt auf eine Marke ein. Ich konnte dann das Zeug bei uns in der Oberpfalz nicht mehr trinken, weil das wie Wasser geschmeckt hat. Also was ist denn das Besondere an so einem Bier?

Erstens ist es die Mache, also die haben ja auch eine eigene Hefe im Einsatz, wirklich dann eine stehende Gärung, liegende Lagerung, so wie früher halt ganz klassisch, eine Raumkühlung, also alte Tanks, einfach alte Kühlungsverhältnisse, wo man dann halt vier Wochen lang den Tank da runterkühlt, den großen. Und das macht es halt einfach, ich glaube, diese authentische Brauart, das schmeckt man. Das ist so, wie wenn einer auf einem Holzofen eine Pizza macht oder ein Spanferkel da irgendwie im Holzofen, die Sachen schmecken einfach anders. Da gibt es nichts mehr zu verbessern, sage ich immer, was will ich da noch groß verbessern. Da kann ich dann an der Technologie pfeilen und schrauben, aber diese authentischen Produkte schmecken immer noch am besten. Und das ist so das Geheimnis, man hat halt eine klare Linie und das macht man halt so und deswegen schmeckt es dann auch so wie es schmeckt. Und ich bin heute noch gerne unten im Allgäu und wenn ich dann auch gerade Richtung Weihnachten dann das Fest-Märzen erwische von Meckatz, dann geht mir das Herz noch mehr auf. Also die Biere sind einfach toll und die sind gut gemacht, das ist auch qualitativ immer auf einem sehr konstant hohen Niveau, das ist einfach eine tolle Brauerei. Auch wenn man Tourist ist, da mal einen Tag vorbeischauen, eine Führung machen, ins Bräustüble gehen, ist wunderschön, die Gegend ist wunderschön, die Brauerei ist wunderschön und die Produkte sind alle wirklich auf einem sehr hohen Niveau und Benchmark, ja. Und Weiss-Gold, die Biermarke gibt es ja schon sehr lange und hat sich auch, sage ich mal, vom Absender, vom Namen, ähnlich wie bei Schneider, eigentlich nie groß was geändert, das Konzept ist immer das gleiche geblieben.

Markus: Okay, kann ich auch nur beipflichten. Ich habe die Biere ziemlich oft in Verkostungen und der wichtigste Punkt für mich ist ja auch aus der Sicht von dem, der eine Verkostung durchführt, dass man eine Konsistenz hat, also dass man sich einfach darauf verlassen kann, dieses Bier ist so, wie man sich das vorstellt und funktioniert dann eben in der Verkostung auch entsprechend und man kann dann eben auch seine Reihenfolge darauf aufbauen, seine Geschichten erzählen. Und das fand ich auch immer ganz, ganz toll, dass man da eine richtige, schöne Konstanz eben auch dahinter hat. Und wie du schon sagst, der Geschmack ist deutlich anders. Mir ging das zum ersten Mal so, ich habe regelmäßig, als es noch dieses große Fest zum Tag der Deutschen Einheit immer gab, jedes Jahr, da musste ich immer für den Bayern-Tourismus in die jeweilige Stadt und verkosten und die haben dann dort immer so zehn Biere aus ganz Bayern gehabt und das Meckatzer Weis-Gold war immer mit dabei natürlich. Und da hat man wirklich gemerkt, wie es dann auch schwierig war, wenn man dahinter dann irgendwas positioniert hat, was eben sensorisch nicht so intensiv ist oder so und dass die Leute auch teilweise wirklich, wenn sie sich dann da rein getrunken hatten, wirklich total begeistert waren. Also das ist schon schön und wie du auch sagst, die Gegend und das zelebrieren sie auch schön. Das finde ich auch gut, dass sie, ja, dieses Bild von der Brauerei, von dem Ort ins Zentrum stellen und gar nicht mal so das Bild vom Bier. Also da ist viel auch regionales Herzblut dabei, oder?

Josef: Ja, auf jeden Fall. Also da hat sich die Brauerei auch viel damit beschäftigt, also gerade marketingtechnisch sehr viel auch Geld ausgegeben, dass da wirklich Leute mit Hand und Fuß eine Story schreiben oder die Meckatzer Story, die es ja gibt, die ja authentisch ist, einfach richtig erzählen. Und, ja, das ging am Ende dann oder geht auf, das muss man schon sagen.

Markus: Ja und dann kommt der Ruf eben nach Kelheim. Magst du mal erzählen, wie war das da so, als du zum ersten Mal da aufgetaucht bist? Also geht man einfach rein, macht die Tür auf und sagt, hallo, da bin ich oder hat man da einen Termin mit irgendjemandem oder wie läuft das?

Josef: Also es gab ja einen kleinen Umweg, ich bin ja nach der Lehre dann mit einer ganz kleinen Zwischenstation über den Mineralbrunnen, das hat mir aber keinen Spaß gemacht, das war mir zu unemotional, dann in die Schweiz, in eine ganz kleine Brauerei, die gerade in der Gründungsphase noch war oder in der Erweiterungsphase, sagen wir es mal so. Im Engadin oben, also auf 1.800 Höhenmeter habe ich dann Bier gebraut auf einer so einer 10- Hektoliter-BrauKon-Anlage und dort sehr viel gelernt. Es war so eine Halbautomatik, wo man eigentlich noch sehr viel selber machen muss und dann halt mal die komplette Brauerei geschmissen, von Rohstoffannahme über Kostenrechnung bis hin zur Abfüllung. Und war dann Meister, zwei Jahre in München noch drauf gemacht und nach dem Meister bin ich wieder in die Schweiz für diese Brauerei und habe dann dort, ja, die Brauerei noch weiter groß gemacht bis zu dem Punkt, wo der Neubau anstand und das hat sich dann aber ein bisschen zerschlagen, für ein paar Jahre. Und das war während Corona und dann war irgendwann die Entscheidung, ja, wir können ja nicht drei Jahre rumsitzen und warten, bis der Neubau kommt, sondern wenn wir jetzt die Produktion einstellen, und das lief ein bisschen über Umwege, habe ich gesagt, okay, dann muss ich mir einen neuen Job suchen, und dann hat der Schneider zu der Zeit zufällig gesucht. Und das ging dann auch recht lange, das waren ja mehrere Runden, kann man sich vorstellen, mein Vorgänger Hans-Peter Drexler hat ja meinen Job für 40 Jahre gemacht, wenn der mal geht, dann macht sich die Brauerei natürlich Gedanken, wer dann kommt und wie machen wir das jetzt am besten. Und dann war natürlich auch der Bewerbungsprozess sehr intensiv und über mehrere Runden, war sehr interessant. Und ich bin es dann letztendlich, weiß ich noch, ich habe im Dezember dann irgendwann eine E-Mail bekommen, ja, wir haben uns ganz eindeutig für Sie entschieden. Und dann habe ich meiner Frau gesagt, so, jetzt wird es ernst, jetzt müssen wir uns entscheiden, also jetzt gehen wir wieder nach Deutschland zurück. Und im Grunde habe ich im Juni hier angefangen, habe mich damals noch, ist jetzt kein Witz, also das sage ich jetzt nicht nur, weil ich heute hier sitze, ich habe damals den BierTalk mit Hans-Peter Drexler angehört, ich habe nämlich immer diesen Bier Talk am Füller gehört, während ich die Bügelverschlussflaschen mit der Hand zugemacht habe hinter dem Füller in der Fertigung. Ich stand ja acht Stunden beim Füllen da drin oder neun manchmal und da hat man sehr viel Zeit, Podcasts zu hören. Und dann habe ich mir das mal angehört, was da gerade so los ist und da war, glaube ich, gerade das Helle ein Thema, weil das wieder ganz neu auf dem Markt war. Und ich bin, kurz nachdem die Brauerei quasi wieder in das helle Lagerbiergeschäft eingestiegen ist, das werden wir ja dann wahrscheinlich auch kurz thematisieren, bin ich hier aufgeschlagen, das war 2021 im Sommer, am 5. Juli, ganz pragmatisch, es  muss ein Montag gewesen sein. Und, ja, wie war das, natürlich riesige Fußstapfen. Hört man auch oft, ja, ist es nicht eine große Bürde? Ich würde sagen, also die Angst ist nie ein guter Begleiter. Das habe ich auch meinem Team am Anfang gesagt, ich muss jetzt von euch was lernen, aber ich habe keine Angst, ich sehe das als Ansporn und Herausforderung. Und ich habe mich jetzt ganz gut eingelebt, ich meine, ich bin jetzt auch vier Jahre hier, wir haben vieles verändert und vieles gleich gelassen. Ich habe sehr viel Kontakt noch zum Hans-Peter Drexler und habe auch mich mit ihm viel unterhalten, was denn die Linie hinter den Bieren ist, also was denn ein bisschen seine Handschrift ist. Also erstens habe ich es natürlich versucht, selber zu sehen und zu schmecken, aber dann auch einfach in Gesprächen ein bisschen in die Tiefe zu gehen, was ist denn wichtig, wenn wir ein Bier machen, was ist denn so ein bisschen das Besondere an unseren Bieren und auch, wenn wir jetzt, sage ich mal, Produktentwicklungen neu machen oder in neue Märkte reingehen, was ist denn so ein bisschen die Essenz hinter uns, hinter der Marke und hinter den Bieren. Weil das ist ja ganz wichtig, dass es auch in so einem Übergang keinen Schnitt gibt, gerade bei so einer Traditionsmarke, sondern wir sind halt seit über 150 Jahren hier, also in Besitz der Familie Schneider, sagen wir es mal so und über 400 Jahre am Standort in Brautradition, also wir machen hier am Standort seit über 400 Jahren Weißbier und da muss es natürlich irgendeine Linie geben und auch eine Linie, wie ich das hin entwickeln will. Und das ist eine spannende Aufgabe in einem sehr schwierigen Umfeld gerade, weil das waren ja die ganzen Krisenjahre, gerade diese Anfangszeit und, ja, es ist herausfordernd und spannend zugleich und mit einem guten Team funktioniert es, sage ich immer.

Markus: Ja, das ist wahrscheinlich das Wichtigste überhaupt. Ganz kurze, ganz konkrete Frage, weil du ja gesagt hast, die Brauerei macht da schon seit 400 Jahren Bier, ist denn die Hefe, die ihr benutzt, basiert die auf einer historischen Hefe oder habt ihr da einen anderen Stand?

Josef: Davon gehe ich aus, wir wissen es tatsächlich gar nicht so genau. Vielleicht weiß es irgendjemand, ich müsste mal ganz explizit auch mal beim Georg Nummer VI nachfragen, der wird wahrscheinlich mehr wissen als ich. Es ist ja so, dass wir aus dieser Maderbräu in München rausgehen, also wo unser Hauptsitz noch ist, im Tal 7 in München und da stand eine Brauerei und ich gehe davon aus, dass die erste Hefe, die dort verwendet wurde, die Hefe war, die dort in Betrieb war und diese Hefe, das wird halt eine historische Weißbierhefe sein und mit der haben wir gebraut. Ich denke, dass diese Hefe dann irgendwann ihren Weg nach Kelheim gefunden hat oder von Kelheim nach München schon immer die gleiche war, also irgendwo daher kommen wir. Also es ist auf jeden Fall eine historische Hefe und seit 150 Jahren diese Hefe, die wir verwenden. Wo die dann genau herkam, das ist tatsächlich wahrscheinlich auch noch mal einen Podcast wert.

Markus: Ja, das kann ich mir vorstellen. Und weil du gerade Georg Nummer VI gesagt hast, spricht man sich da so an, so Nummer VI, Nummer VII oder wie?

Josef: Das ist tatsächlich so, also wir sind ja eine Familienbrauerei im Familienbesitz und der Erstgeborene hieß immer Georg und das ist mittlerweile die siebte Generation. Und die E-Mail-Adresse ist Georg VII, also da gibt es wirklich die Nummer, weil sonst kriegt man die gar nicht mehr auseinander. Und als ich hier angefangen habe, lebte ja auch noch der Großvater praktisch vom jetzigen Georg, Georg V und dann war es praktisch V, VI, VII. Und der ist jetzt leider verstorben mit über 90, war wirklich auch ein beeindruckender, sehr, sehr liebenswerter und sehr netter und sehr kompetenter Mensch und ich habe immer gern mit ihm geredet und habe ihn da auch kennenlernen dürfen bei meiner ersten Einführung. Das war ein schöner großer Empfang im Bräustüble mit allen und da war auch Georg V dann, der saß ja dann schon lange im Rollstuhl und kam extra, und das hat mich dann schon beeindruckt und auch mal mit ihm mich zu unterhalten. Weil, das ist schon auch interessant, was die einem so erzählen, wie denn das früher war. Die kommen natürlich aus einer anderen Zeit, es ist aber immer schön zu hören und hilft natürlich dann auch, diese Linie der Schneider-Familie da irgendwo in diese Biere reinzubringen und diese Geschichte weiterzuleben.

Markus: Ja und das ist ja eben so eine DNA, die dann in so einem so alten oder langjährigen Bier dann irgendwie auch mit drin ist. Nun bist du ja dann dahingekommen, wo eben eine Zeit des Umbruchs war, wo man dieses neue helle Bier entwickelt hat, wo es dann gerade diese Dosengärung zum Beispiel auch gab und eben der Markt da sich gerade so ein bisschen gedreht hat, vom Weissbier-Boom zum eben Hellen hin. Hast du da am Anfang auch gleich schon Entscheidungen treffen oder Rezepte verändern müssen oder wollen oder bist du da ein bisschen so in dieses Zwischen reingekommen, zwischen Georg VI und VII oder wie war das?

Josef: Also man stellt sich das ja immer so vor, dass bei uns immer das Original, diese Weissbier-Monstranz immer gleich ist und wir da nie dran drehen und im Hintergrund passiert sehr viel, also wir entwickeln unsere Biere auch ständig irgendwie weiter. Erstens ändert sich ja auch der Rohstoff an sich immer, der wird ja weiterentwickelt und wir ändern ständig irgendwas, also auch wenn es nur Kleinigkeiten sind. Manchmal stellen wir komplette Maisprogramme um und gehen auf eine komplett andere Brautechnologie. Wir spielen sehr, sehr viel mit den Hopfensorten, die wir haben, das ist eh speziell. Also wir machen ja eigentlich ein Hefe-Weissbier, wo die Hefe im Vordergrund steht, wie der Name schon sagt, aber auf der anderen Seite verwenden wir über 10 verschiedene Aromasorten und die verwenden wir auch zu allen möglichen Zeitpunkten. Und ich bin in so eine Zeit reingekommen, wo erstens das Helle entwickelt wurde, das auch sehr hopfenlastig ist. Also bei uns, wir haben auch zwei schöne alte Landsorten drin, den Hersbrucker und den Mittelfrüh, wo wir auch dann neue Bauern gesucht haben, die den anbauen. Also da habe ich dann viel Versorgung auch auf die Beine gestellt am Anfang und da haben wir auch ständig am Rezept noch gefeilscht, weil das war ja so die Einführungsphase. Wir haben das LOVEBEER rausgebracht, auch mit viel Hopfen, wo wir jetzt während der Gärung hopfen, also ganz speziell, weil wir einfach den offenen Gärbottich nutzen und da können wir ja was reinschmeißen. Das wollte ich schon immer machen und dann habe ich jetzt mal die Chance, dass wir da halt mal was reinschmeißen. Da haben wir die Festweise neu entwickelt, also wir sind ständig am Rezepte umschreiben und Biere entwickeln. Und jetzt klingelt es ja schon überall, die alkoholfreien Geschichten kommen. Wir sind auch ständig am Pfeilen und machen Versuchssude in alle Richtungen und testen und probieren, weil wir uns halt ständig weiterentwickeln müssen. Also der Markt ändert sich rasant schnell und wir halten die Weissbier-Fahne hoch, aber wir müssen natürlich auch der Realität ein bisschen in die Augen sehen.

Markus: Auf jeden Fall und das ehrt euch ja auch, dass man da diese beiden Wege entsprechend geht. Ich habe jetzt gerade ganz viele Bilder im Kopf gehabt. Heißt das wirklich für das LOVEBEER, da hat man dann das Bier in der Gärung und dann kommt man mit so einem, sage ich mal, Sack mit Hopfendolden und wirft die da rein oder wie muss man sich das vorstellen?

Josef: Wir haben tatsächlich einmal Dolden verwendet, aber nicht für das LOVEBEER, sondern damals noch für die Hopfenweisse. Wir verwenden ausschließlich Pellets, einfach, weil es halt einfacher zum Verarbeiten ist. Wir hopfen aber dort einfach mit Pellets, ja, also es geht wirklich jemand vorbei und wirft das dann da rein. Auch mit, sage ich mal, mit großen Lerneffekten, weil, wenn man irgendwo was reinwirft, wo Kohlensäure drin ist, dann kommt auch gern was wieder raus, also das schäumt dann ordentlich. Also da haben wir den Zeitpunkt auch ein bisschen und die Mengen natürlich noch ausloten müssen. Und diese Geschichten kamen ein bisschen aus diesen Unterhaltungen auch mit den Brauereien eben in Spanien, mit meinen ganzen Kontakten. Wir haben dort auch so die ersten Collaboration-Brews quasi wieder gemacht nach Brooklyn Collaboration, was die Hopfenweisse ja damals war, haben wir das erste Mal wieder mit einer Brauerei eben was gemacht und haben dort einfach Sachen ausprobiert, also ein bisschen inkognito, also ich habe das ein bisschen so unter dem Radar gemacht. Und es sind aber lauter Brauereien, die sehr amerikanisch beeinflusst sind, also von den Bierstilen her und auch von den Hopfensorten und auch von den Techniken her. Und dann haben wir uns viel über diese Bio-Fermentation von Hopfen unterhalten und dann habe ich mich dafür einfach mal interessiert und habe das einfach mal ausprobiert. Und beim LOVEBEER, muss ich sagen, hat es viel gebracht, also wir haben viel mehr milde Hopfennoten reinbekommen, also wenig Bittere, aber viel Aroma. Und es ist spannend, was da alles geht und da ist sicher noch nicht das Ende der Fahnenstange, also da gibt es noch viel zu entdecken.

Markus: Auf jeden Fall. Also da geht es ja im Grunde darum, was macht die Hefe mit den Hopfenkomponenten, wenn sie da eben rankommt in der Gärung, sagen wir mal und was macht das eben auch aromatisch-sensorisch mit so einem Bier. Und, ja, also das glaube ich auch, ist wirklich eine Sache, wo man noch viel erforschen muss. Kann man da sagen, es gibt trotzdem auch so eine Art Konstanz oder ist das jedes Mal schon auch so ein bisschen Wundertüte, was dabei rauskommt?

Josef: Also wir haben das jetzt für uns so getrimmt, dass wir die Konstanz haben, die wir wollen. Aber es ist tatsächlich, das ist ja, ich sage es immer auch gern, wenn ich sage, erster Braumeister, technischer Leiter und wenn ich dann meinen Job beschreibe, sage ich immer, das ist ein bisschen zwischen Hightech und Esoterik, also da ist alles ein bisschen mit dabei. Und dieses Esoterische hinten, wo man nicht genau weiß, was rauskommt, das hat man ganz oft in der Gärung, ist so meine empirische Beobachtung und das ist ja auch das Spannende. Also das ist wie wenn man daheim ein bisschen Brot backt und dann, mal klappt es besser und schlechter und hin und her und ich finde das spannend. Also das Bier soll ja auch einen Charakter haben und ich sage auch immer, Bier braucht Kontext. Im Engadin in der Schweiz habe ich meine Biere ganz anders gebraut als zum Beispiel ich die hier brauen würde oder in Spanien, also das muss ja auch immer irgendwo in den Kontext reinpassen und das soll ja auch ein bisschen spannend bleiben. Also das soll ja keine lieblose Flüssigkeit sein, so wie es leider in Deutschland oft ist. Und da müssen wir ja auch einmal offen darüber reden, das ist halt schon so, das ist so ein Massenprodukt und im Supermarkt, da ist ja Weissbier gleich Weissbier und Pilz gleich Pilz und wenn man sich ein bisschen damit beschäftigt, dann gibt es das sehr, sehr große Unterschiede, so wie es halt bei jedem Produkt ist, auch bei einem Käse oder bei einer Wurst. Und das ist ja das Spannende, die Biere, finde ich, sollten immer einen Charakter und eine Tiefe haben und sollten auch ein bisschen spannend bleiben, muss ja nicht immer ganz gleich sein.

Markus: Absolut. Jetzt haben wir gerade schon gehabt, dass natürlich die Hefe eine ganz wichtige Rolle spielt, gerade bei euch und eben auch die Hopfen. Wie ist es denn mit dem Wasser, gibt es da auch in Kelheim Besonderheiten?

Josef: Also wir haben lange gekämpft, wir wollten ja einen eigenen Brunnen haben. Wir haben keine eigene Wasserversorgung, wir brauen mit Kelheimer Leitungswasser, das wir natürlich dann aufbereiteten, weil es zu hart wäre für uns. Aber es ist  tatsächlich dann, haben wir es, sage ich mal, so aufbereitet, dass es ein Standardbrauwasser ist, so wie es ein bisschen im Lehrbuch steht. Das Kelheimer Wasser an sich wäre tatsächlich aber spannend für das Original, weil dieses Original, sage ich immer, ist auf 1.000 Facetten oder aus 1.000 Blickwinkeln das Original Weissbier, erstens, weil es in einer Original Weissbierbrauerei gebraut wird, das Original von Schneider von damals noch und es hat auch noch die Originalfarbe, es ist so dunkel. Und dieses Wasser würde schon eher bedingen, dass der Brauprozess ziemlich schwierig wird oder schwieriger und dadurch länger dauert und dann würde das Bier tendenziell dunkler werden. Und das passt wahrscheinlich für das Weissbier, für das Original ganz gut, aber für die anderen Bierstile ist es besser, wir bereiten es auf.

Markus: Ja, das stimmt. Und ich glaube, wo du es jetzt gerade sagst, das ist ja auch vielen nicht bewusst, dass ja die Weissbiere eigentlich, wenn man das mal so historisch sieht, ursprünglich immer eher bräunlich oder sogar dunkelbräunlich waren, bevor man dann irgendwann im 19. Jahrhundert mit den hellen Malzen und so weiter das ein bisschen trennen konnte in helles Weissbier und dunkles Weissbier und eben das, sage ich mal, normale. Was man ja auch bei Wettbewerben immer wieder merkt, dass diese Differenzierung, also wo ist jetzt ein klassisches Weissbier, was halt einfach bräunlich ist und karamellig ist und nussig ist, aber eben noch nicht röstig und aber auch nicht hell und dann eben diesen anderen beiden Entwicklungen, das ist wirklich immer gar nicht so einfach, auch das den Leuten zu erklären und so. Und da finde ich schön, dass ihr diese komplette Range eben noch habt und man das dann entsprechend auch erleben kann. Wenn man jetzt noch mal zum Hellen kommt, da bist du dazu gekommen, als es schon in der Entwicklung war. Ich stelle mir das ziemlich schwierig vor, wenn man so eine klassische Weissbierbrauerei ist, also gut, ihr habt, glaube ich, vorher auch schon für die Region so ein paar untergärige Biere gemacht, aber das dann so im großen Stil, war das eine große Umstellung?

Josef: Also es ist tatsächlich in den Köpfen von den Leuten eine große Umstellung. Es gibt ja, wenn man auf die Brauerschule geht, ein Lehrbuch und im Lehrbuch wird man eigentlich getrimmt, wie man helle Biere braut, also ganz besonders ein Pilz, also diese hopfenbetonten, hellen, leichteren Biere. Und wenn man, sage ich mal, mit einem Lehrer eine schöne Diskussion hat, dann hat er gesagt, wenn man 100 Brauer fragt, wie sie ihr Lagerbier machen, kriegt man 100 gleiche Antworten und wenn man 100 Brauer fragt, wie sie ihr Weissbier machen, dann wird man 100 Antworten bekommen. Weissbier ist ganz anders von der Art und Weise, wie man es macht und unsere Brauerei hat halt ihre Art und Weise, dieses Bier zu tun, die passt aber bei vielen Punkten nicht auf eine helle Brauart. Also wenn ich jetzt ein helles Bier machen will, muss ich auf viele andere Dinge achten, vor allem auf Sauerstoff. Das ist es bei uns bei der Flaschengärung auch ein Thema, aber weniger ein Thema, als wenn ich natürlich ein helles Bier mache. Und da haben wir schon gemerkt, dass wir ordentlich auf die Schnauze geflogen sind, weil es in den Köpfen von den Leuten, die halt ihr ganzes Leben lang Weissbier gemacht haben. Also teilweise habe ich Mitarbeiter, die 40 Jahre hier sind und die machen halt seit 40 Jahren ein super Weissbier und jetzt müssen die ein filigranes Helles machen und dann eckt es an einigen Prozessen dann halt an. Es ist aber tatsächlich so, dass die Brauerei früher mal helles Bier gemacht hat, bis 1988 dieses Sudhaus umgebaut wurde und da hatte man, ich glaube, da gab es Altmühlpils und Marken halt für die Region, so wie der Name auch schon sagt. Und die wurden aber auch ganz klassisch, die Becken haben wir noch, das sind offene Gärbottiche, viereckig, die sind ein bisschen eingestaubt, aber die würden wahrscheinlich sogar noch funktionieren, und da wurde dieses Bier produziert. Und das ist schon spannend, also auch mein Büro, wo ich gerade sitze, das war früher ein untergäriger Lagerkeller. Also jetzt ist es ein Bürotrakt, also es ist halt, der alte Gebäudetrakt wurde umfunktioniert zu einem Büro, aber das war früher unsere untergärige Abteilung. Und jetzt sind wir sukzessive dran, dass wir die Produktion halt wieder zurückholen. Wir haben vieles in Lohnproduktion noch bei unserer Karmeliten-Brauerei, am Anfang. Das ist ja, die gehört uns ja zu 50 Prozent, das war dann so immer der Standort, wo die hellen Biere eigentlich so herkamen, historisch.

Markus: Und wie kam es am Markt so an? Also gab es Leute, die gesagt haben, endlich oder gab es auch Leute, die gesagt haben, Mensch, eigentlich mag ich euch lieber in der reinen Weissbierecke?

Josef: Es ist tatsächlich so, dass die Leute sich freuen. Wir machen es ja auch ein bisschen spezieller, wir wollten ja nicht wieder ein neues Helles machen, das es schon gibt, also ganz explizit damals, nicht in der blauen Kiste und nicht mit einem Bayern-Etikett und blau. Es hieß ja auch am Anfang helles Landbier, mittlerweile heißt es Schneider´s Helles. Es ist ein bisschen hopfenbetonter und es ist ein bisschen markanter und, ich glaube, es passt ganz gut zu unserer Handschrift, die ich vorher erwähnt habe, dass die Biere einen Charakter haben, es ist auf jeden Fall erkennbar. Und wir haben auch wirklich tolle Hopfen drin, mit dem Hersbrucker und dem Mittelfrüh, die wir da im Vertrag mit den Hopfenbauern anbauen lassen. Und das macht auch Spaß, die dann am Feld auszusuchen und dann beim Händler dann zu bonitieren im Grunde. Und, ja, ich glaube, die Biere passen zu uns und wir sind damit volumenmäßig auf jeden Fall erfolgreich, sind da sehr zufrieden, wie sich das etabliert hat und ich sehe da viel Potenzial in dem Bier.

Markus: Das heißt also, da wird vielleicht auch die Palette noch ein bisschen wachsen in Zukunft?

Josef: Das ist durchaus denkbar, ja, also wir sind immer dran. Der Vertrieb in jeder Brauerei hat viele Ideen, die muss man immer ein bisschen bremsen, aber ja, also man hört alle möglichen Sachen und, ich denke, es bleibt spannend, ja.

Markus: Und dann hast du vorhin noch das LOVEBEER erwähnt. Wenn jetzt jemand überhaupt gar keine Ahnung hat, was das ist, wie erklärst du dem das?

Josef: Also das ist eigentlich ein total interessantes Projekt, das hat noch der Hans-Peter noch gemacht und wir haben das dann noch mal geändert, weil wir das damals ein bisschen anders gemacht haben als jetzt. Es ist eine Kooperation mit der LaBrassBanda und der Frontmann, der Stefan Dettl, hat uns damals den Arbeitstitel gegeben, oder dem Hans-Peter, er möchte sowas wie einen bayerischen Joint. Und das beschreibt es eigentlich ganz gut, weil daran haben wir festgemacht, wie das Bier werden soll. Also einen bayerischen Joint, das sagt sehr viel, dieses Bild. Das Bild sagt, das ist ein Bier, das man irgendwie an einem See oder bei einem Festival mit dabei hat, also das man irgendwie auch locker mitnehmen kann. Es ist ein Bier, ja, der Hopfen ist ja aus der Gruppe der Hanfpflanzen, also es sollte ein bisschen hopfiger sein. Also der Hopfen spielt dort eine sehr bedeutende Rolle, deswegen haben wir ihn auch sehr bewusst ausgewählt und auch sehr bewusst eingesetzt eben in der offenen Gärung, also die Bio-Fermentation, die ich vorher erwähnt habe, und das muss natürlich, sollte das Bier dann, wenn man sagt, okay ein bayerischer Joint, Festival, Sommer, immer irgendwas Leichtes sein. Ich habe das Bier letztes Mal jemanden in die Hand gedrückt bei einer Grillparty bei über 30 Grad, also das war einer dieser heißesten Tage diesen Sommer, wo es so extrem heiß war, da habe ich das Bier jemandem, im Juni war das irgendwann, habe ich das jemandem in die Hand gedrückt und habe gesagt, jetzt trinkt das mal und dann hat er getrunken, dann habe ich gesagt, und, was sagst du? Da sagt er, super. Und da sage ich, das Bier ist genau für den Tag heute gemacht, also genau für so einen Tag haben wir uns das Bier ausgedacht. Das schmeckt wirklich am besten, wenn es brutal heiß ist, wenn man den Grill gerade anschürt, so als erstes Bier. Es ist irgendwo ein Weissbier, aber es lässt sich trinken wie ein Helles, es ist ein bisschen gehopft wie ein Pale Ale, also es ist sehr, sehr viel in einem und es hat diese Geschichte des bayerischen Joints dahinter. Und, ja, ich glaube, wenn man das jetzt gehört hat, sollte man es mal probieren und wirklich, meine Empfehlung, nicht im Winter bei minus 5 Grad, sondern im Sommer, wenn wirklich mal die Sonne knallt, dann mal so ein LOVEBEER einschenken und dann weiß man, was wir damit gemeint haben.

Markus: Für mich ist es so ein bisschen beides, also auf der einen Seite ist es ein ganz anderes Bier, als man es von euch erwarten würde oder zumindest damals erwartet hätte, auf der anderen Seite steht es aber auch ganz viel in der Tradition, eben gerade mit dem Hopfen, mit dem Hopfen stopfen und da eben auch mal neue kreative Wege zu begehen, das gibt es ja bei euch im Weissbiersortiment auch, also insofern finde ich das wirklich beides spannend. Also mir macht es auch, also gerade im Sommer, immer wieder eine schöne Freude und gerade die Geschichte mit LaBrassBanda ist natürlich super witzig dahinter. Aber ihr musstet jetzt nicht alle erst mal mit der Belegschaft irgendwo hin und einen Joint rauchen, um das Feeling kennenzulernen?

Josef: Nee, aber es ist tatsächlich so, dass das sind immer sehr spektakuläre Geschäftsmeetings bei unserem Geschäftsführer in der Küche, da kommt dann die LaBrassBanda und da war der Hans-Peter und es wurde ausgiebig diskutiert und das endete dann irgendwann, glaube ich, um halb vier nachts, also es ist dann schon immer sehr amüsant. Und es gibt schon einige Vertreter der Brauerei, die dann sehr lange dort mitdiskutieren und mittrinken müssen, also nicht jeder in der Brauerei, aber einige trifft es dann schon, die kommen da intensiv ran.

Markus: Es kann schon ein anstrengender Job sein, genau, ja spannend. Und ein anderes Bier, was ja sehr ikonisch für euch ist und wo wir neulich erst damit zu tun hatten, weil wir hatten ja den Lieblingsbierwettbewerb, wo die Hopfenweise ja auch sehr, sehr, sehr gut abgeschnitten hat und das, finde ich, war ja für mich, ich glaube, ich habe es damals auch erzählt, für mich so ein Bier, wo ich selber erlebt habe, wie eben sich auch in der deutschen Brauerszene damals was verändert hat, weil da ein Bier plötzlich hier ins Land kam oder aus dem Land kam, wie auch immer man das sieht, das so anders war, dass die meisten Braumeister erst mal ein paar Minuten gebraucht haben, um zu verstehen, was das überhaupt ist. Und es ist für mich immer noch ein absolut faszinierendes Bier, ich finde es Wahnsinn, wie der Saphir-Hopfen das prägt und wie trotzdem flexibel und wandelbar das ist, je nachdem auch, wie alt es ist, verändert es sein Aroma, seinen Geschmack, also ein ganz großartiges Bier, aber natürlich auch ein Bier mit einer riesen Geschichte. Wie ist das, wenn man so eins der ikonischsten deutschen Biere anpackt, hat man da auch ein bisschen Respekt oder sagt man, nee, jetzt räume ich da mal ein bisschen auf und mache es mal ein bisschen modern?

Josef: Also da, glaube ich, da muss man auch vorsichtig sein, dass man da nicht zu viel anpackt. Also wir diskutieren da auch natürlich, weil der Hopfen ist nicht einfach im Anbau und der Klimawandel kommt immer schneller und auch die Hopfenbauern, mit denen sind wir eng im Austausch. Da sind einige auch schon aus dem Saphir-Anbau ausgestiegen. Deswegen haben wir mehrere Strategien, das eine ist mal Menge sichern, dass wir halt über Verträge mit Hopfenbauern uns ein paar Hopfenbauern sichern, die uns die Stange halten. Und auf der anderen Seite, ich möchte halt da auch nicht so viel ändern an dem Bier, das ist tatsächlich eine Ikone, ich habe es auch früher, bevor ich bei Schneider war immer, wenn mich irgendwer gefragt hat, kannst du ein besonderes Bier empfehlen, habe ich gesagt, trinke mal die Hopfenweisse, das ist was ganz Besonderes. Und es ist tatsächlich so, wenn man das erste Mal trinkt, da ist man total überrascht, was das überhaupt für eine Geschmacksexplosion ist und man kann diese Geschmacksaromen gar nicht einordnen, wo die jetzt herkommen. Es wird ja oft als tropisch fruchtig beschrieben, auf der anderen Seite ist es ja brutal hopfig und auch herb, aber alles irgendwie ausbalanciert. Und das ist halt dieses faszinierende Zusammenspiel, wir haben ja überall eine Flaschengärung mit der aktiven Hefe in Verbindung mit dem Hopfen, mit viel Stammwürze, also da passiert ja so viel auch brautechnologisch und dann hat es auch noch diese Geschichte, diese Kooperation mit der Brooklyn Brewery von damals und man hat dann wirklich einfach versucht, zwei Bierstiele zu fusionieren, also ein IPA und den Weizendoppelbock von einer bayerischen Weissbierbrauerei und das Resultat ist einfach wirklich bisher, glaube ich, unerreicht. Und das Geheimnis liegt eigentlich an dieser Einfachheit und Authentizität, es ist halt einfach ein Weizendoppelbock mit Flaschengärung und der ist ganz, ganz traditionell gestopft, also wirklich Hopfen oben rein in den Tank, dann warten und unten wieder halt abschießen lassen und dann Flaschengärung. Also das ist, da ist keine aufwendige Hopfentechnik oder sonst was, einfach Zeit, ein guter Hopfen, also gute Zutaten und eine gute Hefe und eine Flaschengärung und dann wird daraus eine Bombe. Also das ist wirklich, da gibt es nicht viel zu ändern an dem Bier.

Markus: Nee, absolut. Und nur noch mal kurz vom Bild her, also das heißt, ihr gebt oben den Hopfen rein, dann fällt er da so drauf und dann macht man wieder zu und dann wartet man ein paar Tage und dann macht man unten auf und in der Zeit ist der dann praktisch einmal so durch oder wird da zwischendurch umgerührt oder wie läuft das?

Josef: Wenn alles gut geht, ist er dann unten durch. Es ist natürlich, gäbe es effizientere Verfahren, also dass man weniger Hopfen braucht, wenn man das umpumpt und sonst was und man hat auch ein bisschen was ausprobiert, aber das Geschmacksresultat war nie so gut und deswegen hat man es nie geändert, also es liegt wirklich am Geschmack.

Markus: Naja und wahrscheinlich eben auch die Kontaktzeit und die aktive Hefe, die sich dann in dieser Zeit auch mit dem Hopfen beschäftigen kann. Also, ja, ich kann auch noch sagen, also da trifft so ein Satz zu, oft kopiert, nie erreicht. Also ich habe schon ganz viele Hopfenweisse-Klone irgendwo in der Welt, auch in Deutschland getrunken, aber es kommt nie dahin und das finde ich schon faszinierend. Und, was ich auch faszinierend finde ist, dass es eben immer noch läuft und immer noch diesen Stellenwert hat, obwohl es so ein besonderes Bier ist. Und das fand ich eben auch interessant bei unserem Lieblingsbierwettbewerb, das ist der Wettbewerb der Deutschen Konsumenten Organisation, die machen da jedes Jahr einen Bierwettbewerb, wo am Ende dann sechs Biere im Finale stehen und die Brauer auch live dabei sind, wenn dann die Entscheidung fällt und da war ich wirklich auch sehr, sehr positiv überrascht, dass auch in der heutigen Zeit dieses Bier noch einen Wettbewerb gewinnen kann und die Leute da total begeistert sind und eben diese Komplexität auch verstehen und lieben lernen. Wie hast du dich da gefühlt an dem Abend?

Josef: Also ich muss ja dazu sagen, ich war an dem Abend sehr, sehr krank, ich hoffe, man hat es nicht zu sehr gemerkt, das war wirklich eine der anstrengendsten Wochen, die ich hinter mir hatte, aber ich habe mich natürlich mega gefreut. Also ich habe es ja auch an dem Abend erwähnt, für uns sind diese Auszeichnungen nicht selbstverständlich und ich bin jetzt auch erst seit vier Jahren hier, ich gebe dieses Lob auch immer an meine Brauer weiter, ich sage, das sind eure Medaillen und eure Preise und die sind nicht selbstverständlich. Als ich 2013 angefangen habe, war ich mal auf einer Messe und dann habe ich gesehen, dass eine Brauerei aus Belgien irgendwie vier Goldmedaillen beim Beer Star gewonnen hat und ich habe mir gedacht, das ist ja unmöglich, in der Blindverkostung vier Biere einzusenden und die alle kriegen Gold, also wie gut muss die Brauerei sein. Und dann fange ich beim Schneider an und im ersten Jahr gewinnen wir dreimal Gold und im nächsten Jahr dreimal Gold und einmal Bronze und dann wieder Gold und wieder drei Medaillen. Und ich habe denen auch gesagt, es ist nicht selbstverständlich, dass ihr so konstant so gute Biere braut. Und mich freut jede Auszeichnung, weil diese Leidenschaft und dieses, wirklich, das ist ja manchmal, es hört sich von außen immer so romantisch an, aber es ist ja oft auch einfach ein frustrierender Job, wenn man sich den Markt mal anschaut und die Preise, die wir in den Supermärkten haben und sonst was, wir haben ja wirklich 1.000 Probleme und gesetzliche Auflagen und kaputte Maschinen und dann Mitarbeiter, die nicht zur Arbeit kommen und so weiter, es ist ja manchmal ein kompletter Wahnsinn. Aber am Ende, wenn man dann nach Hause geht und dann sieht man, okay, jemand honoriert das und findet das cool, was du machst und kriegst dann auch noch einen Preis dafür und dann so konstant immer wieder vorne mit dabei zu sein, das macht einen dann schon stolz. Und das gibt einen auch unglaublich viel Energie, dann am Montag wieder zu kommen und sagen, so jetzt machen wir wieder was besser und machen es noch mal und schauen, wo wir noch mal was besser machen können. Also das ist einfach eine riesen Bestätigung für uns und für das Team und wir freuen uns da immer mega drüber. Also das ist, egal wie klein der Preis auch sein mag, wenn jemand sagt, hey, euere Bier ist super, das ist ja auch schon ein Lob, ist ja auch ein Preis und finde ich cool.

Markus: Ja und auch in dem Fall kam es ja auch aus der Konsumentenecke, weil es der einzige Wettbewerb ist, wo eben nicht die Brauerei das Bier einreicht, sondern eben Leute das Bier einreichen, die es gut finden und dann muss es ja auch erst mal durch die zwei Vorrunden durch, also insofern, nee, also auch da noch mal Gratulation. Und man hat es dir auch nicht so angemerkt, also man hat gemerkt, dass du schon angestrengt warst, klar, aber nicht, dass du so krank warst und vor allem hat man die Freude gemerkt, das fand ich total schön.

Josef: Guter Schauspieler, guter Schauspieler.

Markus: Ja, wenn wir noch ein bisschen kurz in die Zukunft schauen, also du erlebst ja jetzt gerade auch wieder den Wechsel beziehungsweise ist ja gerade erfolgt von Georg VI auf VII, ja, ist das für so eine Brauerei wie Schneider dann tatsächlich ein großer Schritt, wenn da ein neuer Georg sozusagen kommt und gibt es da für euch jetzt auch Sachen, wo ihr sagt, da wollt ihr jetzt hier oder da in der Zukunft bestimmte Sachen neu andenken oder ändern oder einführen oder sowas?

Josef: Also es ist natürlich ein riesen Schritt, wenn ein junger Inhaber ins Unternehmen kommt, das ist ja heute auch nicht mehr selbstverständlich, dass überhaupt jemand sich das antut, in Deutschland ein Unternehmen weiterzuführen, es ist wirklich auch schwierig. Wer die Tagesschau mal am Abend irgendwie sich anschaut, der wird ja fast depressiv. Also es ist ein Zeichen auf jeden Fall, dass ein Junger kommt und sagt, wir machen weiter, also das ist für alle in der Brauerei natürlich der Wahnsinn, es geht weiter und es wird vielleicht mal einen Georg VIII geben. Im Moment gibt es einen weiblichen Nachwuchs, wer weiß, vielleicht haben wir mal einen weiblichen Chef, aber es geht auf jeden Fall weiter.

Markus: Wie heißt die dann, Georgina oder so?

Josef: Die heißt tatsächlich Josefine, also fast wie der Braumeister. Nee, es ist ein Umbruch, man merkt es natürlich und muss auch, ein junger Inhaber muss immer mit neuer Energie und mit neuen Themen kommen. Und die Zeit verlangt halt auch einfach, dass wir uns mit neuen Themen beschäftigen und da geht es viel um Klimatransformation, also Klimaneutralität und Energietransformation, um neue Produkte, um mehr Flexibilität, aber ohne halt am Ende das zu verlieren, was wir sind und wir sind halt eine authentische mittelständische Weissbierbrauerei im Familienbesitz und wir werden jetzt nicht morgen Coca-Cola machen, aber wir müssen uns halt mit neuen Produkten auseinandersetzen und so weiter. Und das ist eine schöne Findungsphase, wer sind wir und wo wollen wir hin und es ist jetzt gerade sich so am Einschleifen, aber es ist eine spannende Zeit, also auf jeden Fall, für alle Beteiligten.

Markus: Da schließt sich ja auch so ein bisschen der Kreis, weil wir ja mit Spanien quasi angefangen haben und ich ja schon erwähnt habe, dass dort aktuell mit 14 oder 15 Prozent das alkoholfreie Bier den größten Marktanteil in ganz Europa hat, immer noch Tendenz stark steigend. In Deutschland sind wir, glaube ich, zurzeit so bei 10 Prozent. Das Weissbier ist ja eigentlich ein Protagonist dieser ganzen alkoholfreien Ecke, dafür allerdings dann auch, sagen wir, eine etwas ältere Idee, Weissbier eben alkoholfrei zu machen. Seid ihr an dem Thema dann auch verstärkt dran und gibt es da vielleicht so neue Entwicklungen, also sage ich mal, zum Beispiel hat ja Einbecker jetzt den Null Bock rausgebracht, also ein alkoholfreies Bockbier, könnte man sich eine alkoholfreie Hopfenweise vorstellen, keine Ahnung.

Josef: Also lustigerweise, ich habe so ein Ideenbuch, wo ich immer alles reinschreibe, wenn mir mal irgendein Schmarrn in den Kopf kommt und ich den nicht vergessen will und da steht drin, Hopfenweisse entalkoholisieren. Es ist schon so, wir beschäftigen uns mit dem Thema, also erstens mit den Möglichkeiten, die wir halt jetzt schon haben, also wir haben ja eine Entalkoholisierungsanlage und wir machen ja schon ein Alkoholfreies und da haben wir uns natürlich auch jetzt die letzten Wochen und Monate auch unterhalten, ja, wir könnten auch mal was anderes drüber jagen, über diese Anlage, mal probieren, was passiert. Auf der anderen Seite arbeiten wir auch mit anderen Technologien, die es gibt. Wir verkosten auch sehr viele Biere von Mitbewerbern und reden da sehr viel drüber. Es ist halt immer schwierig, ich habe ja BWL studiert, also deswegen, vorher kam halt das Stichwort, ja, du hast ja schon viel gelernt, was du dann auch nutzen kannst und bei jeder Idee muss man sich natürlich auch die Frage stellen, da muss man ja oft auch investieren, kommt das Geld am Ende zurück und wie viel ist das Potenzial. Und es ist halt so, es ist im Moment 10 Prozent vom Markt, also 90 Prozent sind noch Biere mit Alkohol und es wird kommen, also man muss auf jeden Fall da immer auf der Lauer liegen und sich damit beschäftigen, aber wir werden jetzt morgen nicht für 5 Millionen irgendwo investieren in eine riesen große Fertigung für neue alkoholfreie Biere, ich glaube, dafür ist der Markt noch zu unberechenbar. Aber, wir haben sehr viele Themen in dem Bereich auf dem  Tisch und sehr viele Ideen und da wird bestimmt die nächsten Jahre noch was kommen.

Markus: Ja, da bin ich auf jeden Fall gespannt. Letzte Frage noch, kann das dann auch in ein nichtalkoholisches Getränk, was vielleicht gar nicht so als Bier sofort zu identifizieren ist, überführen oder ist man da noch ein bisschen vorsichtig?

Josef: Also auch diese Diskussionen habe ich schon geführt und wir haben uns auch damit schon beschäftigt, wie man sowas dann deklarieren würde und so weiter, also wir denken wirklich in Getränken, in Bier natürlich primär, aber es gibt ja keine Tabus, es sollte halt immer zu uns passen und natürlich muss es wirtschaftlich dann am Ende umzusetzen sein, aber der alkoholfreie Markt ist toll. Und gerade in Spanien, ich trinke da eigentlich sehr viel alkoholfrei, das hat den Grund, die schmecken alle toll und s hat eine ganz einfache Begründung, die haben kein Reinheitsgebot und die haben oft Aromen drin müssen, die schmecken wirklich fantastisch. Und da müssen wir uns wirklich halt noch rantasten, weil wir müssen es halt mit dem Reinheitsgebot genauso gut hinbekommen und da tut sich auch sehr viel und da wird sich auch sehr viel ändern und ich bin da guter Dinge, dass wir sehr viele sehr tolle interessante alkoholfreie Biere am Markt haben werden die nächsten Jahre.

Markus: Also da freue ich mich auf jeden Fall schon mal drauf und ich habe jetzt auch wirklich absolut die Überzeugung weiterhin, dass mit dir da der richtige Mann an der richtigen Stelle ist und zur richtigen Zeit. Also da freue ich mich auf weitere tolle Begegnungen in der Zukunft, sage dir auf jeden Fall schon mal vielen Dank für deine Zeit, für die Infos, für deine Offenheit und für deine Arbeit ganz von meiner Seite als Biertrinker und wünsche dir heute noch mal einen wunderschönen Tag.

Josef: Gleichfalls und vielen Dank, war sehr interessant.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de.

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