BierTalk 2 – Interview mit Prof. Dr. Claus-Christian Carbon von der Universität Bamberg

Claus-Christian Carbon ist seit 2008 Professor für Allgemeine Psychologie und Methodenlehre an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Schon viel länger ist er aber Liebhaber der fränkischen Bierkultur und widmete sich in seinen Forschungen intensiv den Themen Wahrnehmung und Sensorik. Gemeinsam mit der Deutschen BierAkademie führte sein Lehrstuhl 2018 einen umfangreichen Versuch zum Thema „Bier und Musik“ durch. Grund genug also, um sich im BierTalk über Bier und seine Versuchungen zu unterhalten…

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Markus: Hallo zusammen, dann begrüßen wir euch mal ganz herzlich zu unserem BierTalk Nummer zwei. Natürlich wie immer mit mir, mit dem Markus …

Holger: … und mit mir, dem Holger.

Markus: Wir haben natürlich auch einen Gast, der sich am besten vielleicht kurz selbst vorstellt.

Claus-Christian Carbon: Hallo, grüßt euch! Hier spricht Claus-Christian Carbon, ich bin hier Professor. Hier bedeutet Uni Bamberg, also in Bamberg, in der schönen Bierstadt Bamberg. Ich bin Psychologe von Haus aus und interessiere mich vor allem für sowas wie Wahrnehmung, sowas wie Genuss. Und mich interessiert deswegen Bier sehr und deswegen arbeite ich auch mit Markus zusammen. Einfach deswegen, weil wir eben der Meinung sind, dass man das Ganze wissenschaftlich auch angehen kann. Also die Wahrnehmung, den Genuss besser zu erforschen und dann auch solche spannenden Sachen zusammenzubringen wie Regionalität und Identität. Und dazu werden wir vielleicht nachher ein bisschen was sprechen können.

 

Die Sensorik in der Wissenschaft

Markus: Ja. Und wie es sich für einen BierTalk gehört, haben wir natürlich auch jeder ein Bier ausgesucht, das wir nach und nach aufmachen und über das wir auch ein bisschen reden. Vielleicht vorneweg, Claus-Christian Carbon, wenn du ein bisschen was dazu sagst für uns Laien jetzt in der Beziehung: Wenn jetzt jemand ein Bier trinkt, wie wird denn die Wahrnehmung die Sensorik damit berührt jetzt von der wissenschaftlichen Seite aus?

Claus-Christian Carbon: Das Spannende ist ja genau das, was uns jetzt gerade fehlt in Zeiten wie beispielsweise einer Pandemie. Wo wir tatsächlich nicht zusammenkommen können, fehlt uns genau dieser gesellige Aspekt ganz, ganz stark. Also Bier trinken bedeutet meist, außer es ist eben in einer pathologischen Weise, dass man eben tatsächlich Bier trinkt, um zu kompensieren und so weiter, daheimsitzt und depressiv ist, traurig ist und so weiter. Aber wir sprechen mal von den positiven Seiten, die ja tatsächlich sehr, sehr stark sind mit Bierfesten, mit Geselligkeiten und so weiter, dass man mit seinen Freunden tatsächlich trinkt und genießt, dann hat das eben auch eine unglaubliche soziale Komponente. Es hat auch eine gesellschaftliche Komponente, weil wir kommen beispielsweise in Wirtschaften zusammen. Und ich bin auch der Meinung, dass wenn Menschen noch zusammenkommen in Wirtschaften, dass es dann vielleicht auch sowas gibt wie eine Moderation des Ganzen. Also natürlich ist ein Stammtisch manchmal auch ein bisschen wüst und natürlich wird da auch gefeixt und politisiert, aber es gibt eben Menschen, die tatsächlich auch mal sagen können, du, das geht mir jetzt zu weit oder kannst du dann tatsächlich nochmal überdenken, was du da gerade gesagt hast? Oder der Wirt kommt und sagt: Also das geht mir jetzt ein bisschen zu weit, weil eben vielleicht das Gedankengut ein bisschen abschweift. Das heißt, das Ganze hat eine soziologische, eine gesellschaftliche Komponente.

 

Ein Professor und sein Bier

Markus: Du hast ja selber auch ein Bierchen dir ausgesucht.

Claus-Christian Carbon: Ja.

Markus: Vielleicht stellst du uns das mal kurz vor und dann können wir mal ein bisschen mal schauen, was für Wahrnehmungen du hast. Vielleicht kennen wir das Bier oder erinnern uns an ein ähnliches Bier, dann können wir da vielleicht auch ein bisschen darüber reden und können über die verschiedenen Aspekte vielleicht ein bisschen sprechen.

Claus-Christian Carbon: Also erstmal mache ich es jetzt authentisch auf. Vielleicht erkennt ihr es ja am Aufmachen. Das ist ziemlich unwahrscheinlich, aber jetzt setze ich mal an. Eine 0,5 Liter Flasche und es ist ein Rauchsüdla, ein Spezialsud der Brauerei Knoblach aus Schammelsdorf. Etwas eigentlich sehr, sehr Besonderes, nicht unbedingt was sehr, sehr Teures. Das ist eben das Tolle an Franken, dass die Biere nicht unbedingt superteuer sind, aber superexklusiv. Weil tatsächlich, dazu kannst du bestimmt viel mehr sagen, aber das ist nicht einfach nur eine Familienbrauerei, die tolle Biere macht, tolle Standardbiere macht, sondern die machen eben auch immer Spezialsude und das ist eben etwas, das mache ich heute auf, das trinken wir heute, und das könnte ich in einem halben Jahr wahrscheinlich gar nicht mehr kaufen. Ein leicht rauchiges Bier, ich schenke mir das mal ein.

Markus: Während du einschenkst, können wir den Holger mal ins Boot holen. Rauchbier ist für dich auch nicht fremd, was würdest du denn jetzt erwarten, was der Claus-Christian für Eindrücke hat?

 

Bier ist Get Together

Holger: Naja, also ich möchte eigentlich noch mal Bezug nehmen auf das, was er vorher gesagt hat, weil ich das ja auch immer sage. Also Bier ist einfach Get Together und Bier ist Geselligkeit, ist Heimat und ist unkompliziert. Also so wie ich auch selbst, also als Ruhrgebietler sind wir auch total unkompliziert. Und deshalb liebe ich das so sehr. Und weil Bier halt Heimat ist, ist das so, dass, wenn ich mit Rauchbier arbeite, und das mache ich ziemlich häufig auch, um auch zu zeigen, was Bier sein kann, dann ist das bei den meisten Leuten so, dass die sagen, Mensch, also das schmeckt ja wie so ein geräucherter Schinken. Das ist eigentlich die sensorische Wahrnehmung, die da jeder hat und ich selbst auch. Aber wenn man ganz im Norden ist, also zum Beispiel in Ostfriesland, so in Aurich oder Emden, so diese Ecke, da ist es für die Leute ganz typisch, dass die sagen, das ist ganz klar, Räucherfisch. Also die würden nie auf die Idee kommen, das mit Räucherschinken zu verbinden. Und wenn ich dann sage, also ich erlebe das als Räucherschinken, dann widersprechen die mir und sagen, nein, nein, das ist Räucherfisch, ganz klar. Und das Lustige ist dann, wenn man darüber nachdenkt, hat man auch dann die Bilder im Kopf. Also wenn man dann probiert und dann noch mal nachschmeckt, so nach dem Motto, könnte das jetzt eigentlich auch eine geräucherte Forelle sein, dann bejaht man das. Und das finde ich unglaublich spannend. Dann sind wir ja total eben auch in der Psychologie.

 

Assoziationen beim Bier

Claus-Christian Carbon: Ganz genau. Es ist eine ganz, ganz spannende Sache. Ein Doktorand von mir, der Stefan Ortlieb und ich haben gerade, vor zwei Tagen haben wir veröffentlicht einen Artikel. Das ist eigentlich einfach gar nichts Originäres von uns, sondern wir haben eine Schrift übersetzt aus dem 19. Jahrhundert von Fechner. Das ist so ein ganz, ganz wesentlicher sogenannter Psychophysiker. Also der hat das erste Mal angefangen, psychische Phänomene so zu verstehen, dass man erst die Physik sich anschaut, die Physik verändert. Also zum Beispiel würde man jetzt bestimmte Noten, Geschmacksnoten, Aromanoten in einem Bier leicht verändern und dann eben schauen, wie die Übersetzung ist in das Psychische. Und der hat was sehr, sehr spannendes geschrieben 1866 und bisher war das nur für Deutsche verfügbar, weil es eben in Deutsch geschrieben ist, auch noch in Fraktur, und das heißt das Assoziationsprinzip. Und was Holger gerade beschrieben hat, ist genau das, was 1866 im Prinzip das erste Mal erkundet worden ist, nämlich wir bewerten Dinge nach unseren Assoziationen. Wir haben beispielsweise als Nordlichter eben die Assoziation zu Räucherfisch und stellen uns dann tatsächlich sofort einen Fisch vor und haben eine mehr oder weniger gute Assoziation. Die meisten werden eine positive Assoziation haben, kann aber auch ganz anders sein. Kann was ganz, ganz Negatives sein. Und dann wird dieses Getränk auch unglaublich schlecht ankommen. Nehmen wir mal ein Beispiel mit dem Schinken, also für die Süddeutschen ist das dann meist eben der Schwarzwälder Schinken, das ist ja eben kein luftgetrockneter Schinken, sondern eindeutig einer über Buchenholz geräucherter. Und das ist ja genau das, was hier auch gemacht wird, es wird über Buchenholz geräuchert das Malz. Und das Spannende ist eben, wenn ich beispielsweise mit Leuten spreche, die Vegetarier sind, die sagen teilweise einfach: Bah! Das ist ja ekelhaft. Das stinkt nach totem Fleisch. Und andere sagen: Ah, das erinnert mich so toll an genau das und an einen vielleicht schönen Urlaub oder irgendwas. Das sind eben auch ganze Narrative, ganze Geschichten, die mit einem Mal aktiviert werden. Und das ist das Magische daran und deswegen ist dieses Assoziationsprinzip von 1866 so der Art aktuell noch heute.

Markus: Kann man ja ein richtiges Storytelling praktisch aus so einem Bier machen, weil man dann praktisch in dem Geschmack über die Assoziationen eine gesamte Geschichte dahinter verpacken kann.

Claus-Christian Carbon: Richtig. Und das Spannende ist, Markus, es ist eben nicht nur so, dass diese Assoziationen alle automatisch laufen. Die laufen ziemlich automatisch ab, aber wie du es gerade angedeutet hast, du kannst das natürlich auch lenken. Du kannst einfach beispielsweise über eine Bilderwelt, die du präsentierst, oder zum Beispiel auch ein Storytelling, kannst du genau diese Assoziationen eher wahrscheinlich machen als weniger wahrscheinlich. Und damit kannst du tatsächlich unglaublich erfolgreiches Marketing machen, hoffentlich in einer positiven Weise, dass man eben die Werte, die man auch wirklich hat, transportiert.

 

Wer braucht Marketing?

Holger: Gerade das Thema Marketing ist für mich immer so ein Thema, braucht man das eigentlich? Also wenn man das jetzt rein aus der Unternehmenssicht und der Gewinne und der Gewinnmaximierung sieht, dann braucht man das natürlich. Aber Marketing hat halt ganz viel mit Manipulation zu tun. Und das ist für mich so eine Grenze, die ganz schwierig ist. Also ich gebe jetzt mal ein Beispiel, das kennt jeder, dass zum Beispiel Alexander von Humboldt, also das ist dieses Segelschiff mit den grünen Segeln, das ja auch Becks verwendet, und das hat, glaube ich, an der Ecke wahnsinnig gut funktioniert und ist auch das, was der Christian gerade beschreibt. Also ich trinke mir ein Becks und denke zwangsläufig eben an die Alexander von Humboldt, an die Freiheit, an dieses Fernweh. Also genau das ist es. Und das produziert auch Geschmack. Wenn bei mir in den Verkostungen, also wenn das jetzt so ist, dass eben die Leute aus unterschiedlichen Teilen der Bundesrepublik unterschiedliche Wahrnehmungen haben, dann reden wir natürlich auch darüber, woher kommt das? Ich äußere mich dann so ähnlich. Ich sage dann immer: Ja, also das ist wahrscheinlich so wie eure Mütter euch irgendwas gegeben haben und haben dann darüber berichtet und haben dann einfach gesagt, das ist geräuchert. Und das bleibt dann hängen. Und die können natürlich auch noch mal verändert werden oder diese Begriffe bilden sich dann später und die Verbindungen, das weiß ich gar nicht ganz genau. Aber ich glaube, das hat ganz viel auch mit Zuhause zu tun und wie wird man groß. Essen oder Geschmack ist Heimat. Also das ist so, glaube ich, oder?

Claus-Christian Carbon: Ganz, ganz stark. Diese Assoziationen beziehen sich halt immer auf eine Lerngeschichte. Das hört sich jetzt ein bisschen nüchtern an, aber im Prinzip ist das das ja. In einer Lerngeschichte, in einer individuellen Lerngeschichte sind eben die Episoden des eigenen Lebens drinnen. Und wenn das zum Beispiel positive Sachen sind, also deine Mama hat dir eben ganz, ganz tolle positive Sachen beigebracht und gezeigt und so weiter, und dieses Bild deiner Mutter oder vielleicht eine Situation, die mal erfahren worden ist mit deiner Mutter, wird gerade aktiviert über so etwas. Was weiß ich, irgend so ein Beispiel wie, das nehme ich immer, Multi Sanostol. Ich weiß nicht, ob ihr das kennt.

Holger: Ja, absolut.

Claus-Christian Carbon: Multi Sanostol ist so ein Saft.

Holger: Da habe ich jetzt sofort die Verpackung im Auge.

Claus-Christian Carbon: Ja genau, dieses …

Markus: Und ich die Melodie im Ohr.

Claus-Christian Carbon: Genau. Richtig. Auch die Melodie. Und das ist zum Beispiel in unserer Kindheit, wir sind ungefähr ja gleiches Alter, ähnliches Alter auf jeden Fall, und wir sind eben aufgewachsen mit dem. Da ist die Zeit gewesen, als es nicht mehr Lebertran, also man das nicht mehr so gemacht hat, weil man eben gemerkt hat, dass es irgendwie ein Wahnsinn ist, die ganzen Wale dafür abzuschlachten, dass Kinder Vitamin D kriegen in Deutschland und in anderen Ländern. Und dann hat man eben diesen Ersatzstoff entwickelt und der war wahnsinnig süß und so weiter. Und wenn ihr den mal irgendwann noch mal irgendwo herkriegt und das einfach mal aufmacht, dann werdet ihr ganz, ganz schnell merken, dass ihr wie Kinder euch gerade fühlt. Und das ist ein ganz wohliges Gefühl, weil meist hat es uns ja unglaublich gut geschmeckt. Und wir haben das aber nie wieder probiert, weil man natürlich kein Multi Sanostol eigentlich als Erwachsener isst oder trinkt oder. Es ist auch unglaublich teuer und so weiter. Keiner würde auf so eine Idee kommen. Aber wenn ihr das macht, habt ihr plötzlich diese ganz, ganz starken positiven Assoziationen, meist positiven Assoziationen, weil man eben die damals auch ganz positiv erlebt hat. Diese Situation, wo man das dann getrunken hat, das war ein Privileg, das war eben, wenn man vielleicht was Besonderes gemacht hat, oder wenn einfach eine warmherzige Mutter oder Vater eben einem das eingeschenkt haben.

 

Kopfkino durch Bier

Markus: Da kann man auch wieder den Rückschluss praktisch ziehen. Wenn ich jetzt grad an das Rauchsüdla denke, das habe ich nämlich witzigerweise vor zwei, drei Tagen auch aufgemacht, weil ich mir eben eine Flasche besorgt habe, um das eben auch zu verkosten, und da ist wirklich bei mir dann auch im Kopf der Film abgelaufen, wie ich zum ersten Mal damals beim Knoblach in Schammelsdorf war, in der Wirtschaft, wie voll das war. Ich weiß noch, was wir damals gegessen haben und so. Also da merkt man, wie viel Erinnerungen auch abgespeichert werden mit sensorischen Eindrücken.

Claus-Christian Carbon: Genau.

Markus: Apropos sensorische Eindrücke, wie geht‘s dir denn mit dem Bier? Was würdest du denn zum Geruch und zum Geschmack sagen?

Claus-Christian Carbon: Also ich finde das sehr, sehr angenehm. Ich liebe, muss ich dazusagen, Rauchbiere. Das ist natürlich eine wichtige Vorbedingung, wahrscheinlich, weil ich auch positive Assoziationen eben habe. Man darf natürlich das immer nicht überschätzen. Das ist natürlich nur eine Komponente dieser Assoziationen. Aber trotzdem, die sind bei mir sehr positiv. Ich mag durchaus sowas wie einen Schwarzwälder Schinken auch. Und hier ist es tatsächlich so, das ist eine zurückgenommene Rauchbier-, Rauchmalz-Note, die da drin ist. Das ist sehr angenehm, obwohl ich auch die ganz, ganz starken, also Schlenkerla liebe ich. Das ist so für mich das Nonplusultra an Stärke von Rauchbier. Und da geht es mir zum Beispiel so wie dem Markus: Wenn ich einfach ein Schlenkerla aufmache, meist trinke ich es natürlich wirklich im Schlenkerla, aber dann ist es einfach so, dass bei mir immer positive Assoziationen zusammenkommen. Weil da sitze ich mit meinem Team, mit meinen Freunden im Schlenkerla, und genau das fühle ich dann auch und das spüre ich auch. Und hier, muss ich auch sagen, ich habe einfach, wenn ich das jetzt aufmache, vielleicht ist das tatsächlich eines der besten Mittel zurzeit gegen die Isolation in einer Zeit, wo wir tatsächlich nicht einfach rausgehen können wegen Covid-19, dass man tatsächlich sich wieder vertraut macht, ich rieche gerade noch mal, an eine Zeit, wo man eben sich ungezwungen einfach treffen konnte. Und das spüre ich jetzt gerade sehr. Was ich sehr angenehm empfinde an dem Bier, das ist eben nicht süß, sondern das hat trotzdem eine herbe Note, aber eben nicht wie die fränkischen Biere insgesamt, nicht zu herb. Ich finde das sehr, sehr außergewöhnlich, das schmeckt anders als das Hartmann. Das Hartmann ist ein bisschen weniger malzig, finde ich, rauchmalzig. Es hat durchaus Kanten, also es ist nicht ganz, ganz weich und geschmeidig. Ich mag das sehr gerne. Ich würde es als idiosynkratisch bezeichnen. Es ist tatsächlich ein außergewöhnliches Rauchbier, es schmeckt anders als die, die ich bisher kannte.

Markus: Mit Hartmann meinst du den Felsentrunk von Hartmann Würgau?

Claus-Christian Carbon: Genau. Richtig.

Markus: Da ist Whiskey-Rauchmalz drin, der hat natürlich noch mal eine andere Note.

Claus-Christian Carbon: Eine stärkere Weichheit irgendwie, habe ich das Gefühl wenigstens. Also ich finde den Hartmann ja sagenhaft, muss ich sagen, diesen Felsentrunk. Ich lebe den.

 

Alkoholfreies Bier in der Verkostung

Holger: Ihr werdet jetzt staunen, also wirklich, ihr werdet staunen. Und zwar habe ich ein alkoholfreies Bier dabei, das ist ein Warsteiner herb alkoholfrei. In dem Zusammenhang, wo wir jetzt gerade diskutiert haben, ist es so, dass ich gerade mit diesem Bier auch wiederum oft Blindverkostung mache. Und habe da die Erfahrung, dass so gut wie nicht passiert, also ich würde wirklich sagen 98 oder 99 Prozent, dass jemand da merkt, dass das überhaupt alkoholfrei ist. Das ist auch sehr spannend.

Claus-Christian Carbon: Ja super.

Markus: Ja, dann mach doch mal auf.

Holger: Also ich soll mal aufmachen? Ja?

Markus: Ja, absolut.

Holger: Dann werde ich euch versuchen jetzt mit dem Geräuschbild also Durst zu machen.

Markus: Klingt schon gut.

Claus-Christian Carbon: Da ist relativ groß das Glas, oder?

Holger: Ja, ja, natürlich. Das habe ich extra gewählt, weil ich jetzt auch ein bisschen schneller einschütten wollte, damit sich das besser anhört und quasi euch das Wasser im Mund zusammenläuft, wo man einfach denkt: Mein Gott, habe ich Durst. Also ja, Prost!

Alkoholfreies Bier als Alternative

Markus: Ja, so ein Warsteiner alkoholfrei ist natürlich auch eine spannende Nummer, weil alkoholfreie Biere jetzt immer wichtiger werden und trotzdem die Herausforderung natürlich bestanden hat zumindest bisher für die Brauereien, dass sie versucht haben mit ihrem alkoholfreien Bier so ein Gegenstück oder eine Alternative zu dem Normalbier, das sie haben, herzustellen. Ändert sich jetzt gerade ein bisschen, jetzt gerade wird alkoholfreies Bier was Eigenständiges, sodass es immer mehr Leute gibt, die überhaupt noch nie ein normales Bier getrunken haben, sondern mit alkoholfreiem Bier überhaupt einsteigen. Und da wäre für mich tatsächlich auch mal an den Fachmann die Frage: Wie ist denn das mit dem Alkohol als Substanz in der Sensorik? Also macht das was aus, ändert sich das? Oder ist das, wenn man alkoholfreie Sachen verkostet, eigentlich sehr ähnlich?

Claus-Christian Carbon: Also die erste sehr, sehr spannende Sache ist: Wir haben das sogar mal erforscht vor langer, langer Zeit, da war ich noch Student an der Universität Trier, da haben wir Verkostungen gemacht von alkoholfreien und alkoholhaltigen Getränken, angeblich. Das Spannende ist: Wir haben den Leuten natürlich nicht gesagt, was was ist. Zum Schluss war es so, dass alle alkoholfrei waren. Und zwar waren das damals Bitburger alkoholfrei, das war, ich glaube, es hieß Drive. Auf jeden Fall kam das gerade auf dieses Bier. Und das Spannende ist: Wir haben die Leute auch einschätzen lassen, wie sie sich jetzt gerade fühlen. Und dann haben wir tatsächlich auf dem Universitätscampus vor der Mensa so einen Stand aufgemacht und die Leute haben erst mal berichtet, oh, jetzt darf ich aber nicht mehr so viel trinken, ich merke schon, der Alkohol schlägt an und ich muss ja heute noch studieren. Diese Untersuchung ist durchaus auch ethisch durchaus bedenklich. Einfach deswegen, also natürlich ist es erstmal unbedenklich, rein physikalisch, weil die haben keinen Alkohol getrunken, deswegen kann ich das natürlich machen. Aber die Welt ist eben eine zutiefst psychologische, also die Realität, die wir erleben, ist eine psychologische und nicht eine physikalische. Natürlich in gewissen Grenzen ist sie auch physikalisch. Wenn du rausgehst und es ist minus 20 Grad, wirst du erfrieren, da hilft dir die Psychologie nichts, aber da fühlst du ja auch tatsächlich, dass es sehr, sehr kalt ist. Es ist ja nicht so, dass die völlig entfremdet ist die psychologische Welt. Aber die psychologische Welt war tatsächlich so, dass die Menschen, die hier mitgemacht haben, die Versuchspersonen, angegeben haben, dass sie langsam betrunken werden. Und manche Männer haben dann gesagt: Boah, jetzt habe ich … Die haben dann wirklich drei Biere getrunken und haben gesagt: Ich bin ja total Kante. Ich habe jetzt richtig viel getrunken. Und fühlten sich so und haben auch angefangen zu lallen. Und das Spannende ist, wenn wir, und das hat auch was mit der Assoziation zu tun, sobald wir tatsächlich anfangen, etwas zu trinken, was typischerweise Alkohol hat und wir tatsächlich darauf trainiert sind, dass wir eine gewisse Wirkung haben, werden wir die auch schon antizipieren. Wir werden sie tatsächlich schon vorerleben. Und das ist nicht irgendwie etwas Magisches, sondern das macht natürlich totalen Sinn. Also wenn wir tatsächlich wissen, dass wir aus unserer Lerngeschichte gleich etwas erleben werden, werden wir uns darauf vorbereiten. Und das ist sogar hier mit der Alkoholwirkung so. Bezogen auf die Sensorik, es gibt tatsächlich kaum eine Forschung dazu, was der Alkohol tatsächlich Vorteilhaftes bringen könnte für die Aromen. Wichtig ist nur zu sagen, dass manchmal der Alkohol tatsächlich was sehr negatives Wahrgenommenes sein kann. Dass man eben sagt: Das ist sehr sprittig, ein Bier oder ein Wein schmeckt sprittig. Und das ist tatsächlich eher was Negatives. Eigentlich sollte man den Alkohol nicht groß, man kann ihn vielleicht spüren, das kann auch durchaus was Positives sein, aber man sollte ihn eigentlich nicht direkt schmecken. Und Wie tatsächlich Alkohol als Überträger von Aromen tatsächlich dienen kann, ist einfach nicht richtig gut erforscht.

 

Betrunken ohne Alkohol?

Markus: Spannend. Also ich habe da noch eine kurze Nachfrage. Würde jetzt bedeuten, wenn jemand noch nie die Nebenwirkungen von Alkohol erlebt hat, dann könnte er sie auch nicht antizipieren?

Claus-Christian Carbon: Ich habe keine empirischen Daten, wurde nie durchgeführt, aber meine starke Hypothese für ein künftiges Experiment, was wir vielleicht mal auch tatsächlich machen werden, ist tatsächlich, die werden dann keinen Alkohol, also sie werden keine typischen Wirkungen zeigen, die Alkohol auswirken müsste. Also dass man eben lallt irgendwann, dass man eben unkonzentriert ist, dass man müde wird und so weiter. Ganz genau. Aber die anderen werden es sehr, sehr stark merken. Und vielleicht kennt ihr das sogar, und es ist noch nicht ein Zeichen dafür, dass man jetzt wirklich dem Alkoholismus oder sowas anheimgefallen ist, aber ihr kennt das vielleicht, dass man tatsächlich schon eine gewisse Art von leichter Benommenheit fühlt, wenn man eben tatsächlich an Bier denkt oder dass man weiß, jetzt trinkt man gleich was. Man kann das tatsächlich antizipieren. Und deswegen kann man auch Gegenmaßnahmen ergreifen sozusagen. Also es ist auf jeden Fall, Wahrnehmung ist nicht einfach eine Sensorik, die dort ist, sondern es ist immer etwas Mitgedachtes und es ist immer etwas Multisensorisches. Das ist vielleicht auch was ganz Spannendes. Also als vorhin Holger sein Bier aufgemacht hat, dieses Warsteiner, und das eingeschüttet hat, haben wir, glaube ich, alle mitgekriegt, dass es ein relativ großes Glas ist. Ich habe es dann auch gesagt, und ich wollte es einfach wissen, ob es wirklich so ist oder ob meine Wahrnehmung trügerisch war. Und wir stellen uns dann tatsächlich vor, wie er das vollmundig reinschüttet. Und wahrscheinlich hat das auch dazu beigetragen, dass wir es doch als sehr angenehm erlebten. Es war eben nicht nur so ein Tastingglas, wie ich es jetzt habe, sondern es ist tatsächlich so ein großes, vollmundiges. Genau das will ich eigentlich aber auch hören, wenn es um normalen Biergenuss geht, weil das ja tatsächlich, das alkoholfreie Bier will ja im Widerstreit oder im Wettbewerb stehen mit normalem Bier, also sollte es genau diese Werte transportieren. Also war das genau richtig gemacht. Und es hat tatsächlich Lust gemacht, das jetzt auch mal zu trinken.

Markus: Tja Holger, bist du jetzt schon betrunken oder nicht?

Holger: Nee, nee, absolut nicht. Also du musst ja auch noch dein Bier trinken. Und ich würde tatsächlich gern auch noch mal übers Bier an sich sprechen, über das, was ich jetzt hier vor mir stehen habe. Also nicht ganz allgemein, sondern schon im Speziellen. Weil es aus mehrerlei Hinsicht wirklich spannend ist, damit sich zu beschäftigen.

Markus: Ich kann vorher meins aufmachen.

Holger: Ja also.

Markus: Wir haben ja so eine kleine Challenge, der Holger und ich, dass man immer hört, was es für ein Bier ist beim Öffnen. Also gucken wir mal, Holger, ob du das jetzt mitbekommst, was ich jetzt hier aufmache.

Holger: Oh, das war relativ klar.

Claus-Christian Carbon: Okay. Dann gib mir mal einen Tipp.

Markus: Ich bin weit weg vom Claus-Christian, ich bin relativ nahe bei dir.

Holger: Ah ja. Hm. Sehr nah oder relativ nah?

Markus: Was ist relativ?

Holger: Also für den Süddeutschen wahrscheinlich relativ nah, oder?

Markus: Nein, Also vom Herkunftsort des Bieres bin ich gar nicht in Deutschland.

Holger: Ah okay. Kann ich eine Schätzung abgeben?

Markus: Auf jeden Fall.

Holger: Also gut. Das war ja auf jeden Fall eine Dose. Also es war ja eine Dose, eine 0,5er Dose, oder?

Markus: Etwas kleiner.

Holger: Es war eine 0,3er? Echt?

Markus: Mhm (bejahend). Ja.

Holger: Okay. Ah nee, dann habe ich das falsch gehört. Okay. Ich habe tatsächlich ein dänisches Bier vor mir gehabt, 0,5er, eine Dose, aber dann bin ich falsch, weil die gibt es nicht in 0,33er.

Markus: Richtig. Ein bisschen weiter nördlich. Nein, ich bin auf der Insel in Schottland bei Brewdog und habe mir dort das alkoholfreie IPA eingeschenkt.

Claus-Christian Carbon: Wow!

 

Volles Aroma im alkoholfreien Bier

Markus: Also alkoholfrei war mir jetzt auch wichtig, weil ich heute tatsächlich noch ein bisschen was zu tun habe und man ja heute erst recht damit rechnen muss, dass man von der Polizei mal angehalten wird. Deswegen natürlich 0,0. Auf der anderen Seite wollte ich jetzt grad früh so ein bisschen mehr Aroma auch haben. Also vielleicht ganz kurz für die Mithörer, wir zeichnen das jetzt gerade am Morgen auf, deswegen ist mir das jetzt gerade auch wichtig. Und da wollte ich eben ein Bier haben, was ein bisschen auch diese kräuterigen, grasigen Aromen hat und insgesamt mehr hopfenbetont ist. Und so kam ich dann bei diesem alkoholfreien IPA raus. Können wir aber nachher auch noch ein bisschen mehr drüber sprechen. Ich muss mich sowieso erstmal eintrinken. Solange kann der Holger uns ja an der Philosophie seines alkoholfreien Bieres teilhaben lassen.

Holger: Du hast es jetzt schon erwähnt, wir haben eben noch Vormittag. Und ich weiß ja nicht, ob dann irgendwann ein Student von dir, Christian, sich den Podcast anhört, aber …

Claus-Christian Carbon: Da kann er ruhig machen. Das ist durchaus legal, was ich da mache.

Holger: Unbedingt, unbedingt. Also wir beschäftigen uns ja wissenschaftlich gerade damit.

Claus-Christian Carbon: Absolut. Genau.

Holger: Trotzdem finde ich es sehr beeindruckend, einen Professor zu haben, der eben sich morgens um zehn halt schon ein Rauchbier öffnet. Also das ist schon was.

Claus-Christian Carbon: Natürlich, für ein so schönes Podcast unbedingt. Ganz klar.

Holger: Unbedingt.

 

Qualität und Regionalität beim Bier

Claus-Christian Carbon: Die wichtige Sache ist vielleicht auch immer klar zu machen und das ist auch etwas, für was ich eigentlich immer sehr, sehr viel Werbung mache. Wir müssen in Qualität und wir dürfen nicht mehr in Quantitäten denken, gerade nicht mehr im 21. Jahrhundert und auch nicht mehr in einer Zeit, wo Ressourcen knapper werden, wo Sachen eigentlich immer teurer werden, die hochwertig sind. Und ich glaube, dass wir tatsächlich eher dazu übergehen sollten, zum Beispiel mal einen kleinen Schluck zu trinken, unglaublichen Genuss dabei zu haben und nicht mehr in diese Masse. Und das große Problem ist ja nicht nur, dass wir natürlich ein Problem haben, dass Menschen zu viel konsumieren, dass sie dadurch einfach von ihrer Körpergröße, von ihrer Körpergesundheit tatsächlich vielleicht einfach nicht mehr im gesunden Bereich sind. Die zweite Sache ist aber auch, dass natürlich Abhängigkeiten entstehen. Und die können wir einfach sehr, sehr gut damit kompensieren, dass wir durchaus mal verschiedene Sachen testen und austesten und eben auch sowas wie Bier eben nicht mehr als einen reinen Konsumartikel ansehen, den man eben standardmäßig in großen Mengen trinkt, sondern tatsächlich wertschätzt und eben darüber spricht, also BierTalk ist eine super Institution dafür. Und eben klarmachen kann, das ist ein echtes Genussmittel, das ist eben was sehr, sehr Besonderes, so wie eigentlich auch Schokolade eben nicht zu günstig eigentlich angeboten werden sollte. Dass man eben sich wirklich Gedanken macht: Woher kommt das? Was ist das genau? Und eben lieber ein bisschen weniger isst, lieber tollere Schokolade, aber dafür weniger. Und zum Schluss kommst du wahrscheinlich, in der Bilanz kommst du sogar günstiger weg, als wenn du diese andere Schiene fährst. Und deswegen verteidige ich das auch immer, dass man eben tatsächlich auch so ein Tasting auch vielleicht mal am Vormittag machen kann. Aber eben, man muss es alles mit Maßen und mit dem Verstand machen. Das ist eben das Wichtige.

Holger: Ich sag das auch so oft. Wenn ich so Gruppen habe, wo ich dann mich selber so ein bisschen fürchte, was da jetzt dann in den nächsten zwei Stunden passiert, dann versuche ich immer am Anfang klar zu stellen: Also Freunde, hier geht es jetzt echt um Genusstrinken, nicht um Wirkungstrinken.

Claus-Christian Carbon: Genau. Richtig.

Holger: Und das muss ich dann auch sagen: Ich habe noch nie erlebt, dass die sich dann nicht daran gehalten haben, sondern alle machen dann auch mit und sind ganz erstaunt über sich selbst übrigens.

Claus-Christian Carbon: Richtig.

 

Neue Horizonte durch Bier

Holger: Und was sie da noch alles entdecken können und haben dann auch noch nie sich in der Form mit dem Getränk so auseinandergesetzt und sind hinterher bereichert. Und das kriege ich dann auch gesagt. Und das ist natürlich auch das Schöne an der Aufgabe, also dass man sowieso Menschen schöne Momente schafft, aber wenn die dann darüber hinaus noch sagen, pass auf, du hast jetzt dafür gesorgt, dass ich mich ein Stück weit noch selber besser kennenlerne, wo hat man das? Das ist doch super.

Claus-Christian Carbon: Ganz genau. Das ist faszinierend einfach, dass du beispielsweise damit ja auch eine viel nachhaltigere Kultur entwickeln kannst, die zum Beispiel dahingehend aussieht, dass man Brauereien, die klein sind, die normalerweise einfach nicht überleben könnten, tatsächlich eine Überlebensgrundlage gibt, weil ich eben ihnen dann vielleicht auch ein bisschen mehr bezahlen kann. Weil ich nicht mehr einfach sage, komm, produziere hier günstig, sondern produziere hier ein superbes Produkt, was regional angebaut ist, was vielleicht biologisch, dynamisch angebaut worden ist. Was eben tatsächlich manche Dinge beachtet, die man eben sonst nicht beachten würde. Und plötzlich sind wir in einer, meines Erachtens, viel, viel besseren Welt, auch in einer besseren Bierwelt.

Holger: Es gibt eine wirklich große Auswahl an alkoholfreien Bieren und ich versuche dann immer auch so ein bisschen durchzugehen. Also ich mache oft dann auch Gastronomieschulungen und versuche einfach darauf hinzuweisen, was das Bier auch darüber hinaus eigentlich alles kann. Und erst reden wir immer darüber, also wie ist das eigentlich mit dem Alkoholgehalt? Ist da jetzt also noch Alkohol drin, da steht ja alkoholfrei drauf, oder nicht? Oder wie ist das mit den Bieren, wo da 0,0 vorne draufsteht und so weiter? Also da gehen wir halt so durch. Und dann kann man ja auf dem Rückenetikett das also feststellen, da steht dann kleiner 0,5 % Alkohol. Und dann reden wir halt darüber, wo noch überall richtig schnell auch Alkohol hineinkommt, also wo Gärung eine Rolle spielt. Also beispielsweise bei Obst, wenn es eben irgendwo steht und es ist vielleicht auch ein bisschen wärmer noch, ein heißer Sommertag, also wie schnell man da auch Alkohol gerade hat, wo man staunt. Und dann sprechen wir halt dann einfach auch darüber: Was ist eigentlich isotonisch? Und dann kommt ja darauf, dass eben isotonisch bedeutet, dass eben der Körper aufgrund der PH-Werte des Blutes und des Getränks eben diese Flüssigkeit auch optimal aufnehmen kann. Und dann kommt man auch dahin, dass eben so ein isotonisches alkoholfreies Bier auch dann für einen Sportler einfach ein ganz tolles Getränk ist, um auch Gesundheit zu produzieren, also wirklich in der Flüssigkeitsaufnahme da optimal zu sein. Und ich finde, dass eben Bier dann doch immer so diesen gegenteiligen Touch hat, also eben nicht gesund zu sein. Aber an der Ecke möchte ich behaupten, dass Bier gesund ist. Und das finde ich auch noch mal irgendwie, also für mich ist das ja sowieso ein Mittel zum Leben, aber man könnte jetzt an der Stelle auch sagen, das ist ein Lebensmittel.

 

Bier nach dem Marathon

Markus: Eine österreichische Universität hat dazu mal eine Untersuchung gemacht und dabei kam raus, dass ein alkoholfreies Weizen tatsächlich das beste Getränk ist, was man nach so einem Marathon zu sich nehmen kann. Man sollte allerdings ein paar Salzbrezeln dazu essen, weil das Salz das Einzige ist, was das Bier nicht ersetzen kann.

Holger: Und oft habe ich dann auch sehr junge Menschen bei mir. Also sehr jung, das muss man jetzt vielleicht auch definieren. Markus, du bist es zum Beispiel nicht, aber so unter 20-Jährigen, …

Markus: Danke!

Holger: … die sind sehr jung. Naja, und für die ist das natürlich was ganz Komisches, was ich da sage. Und wenn ich dann sage, also was trinkt ihr denn, wenn ihr wirklich Durst habt, und wenn dann irgendeiner dann noch sagt, okay, da ziehe ich mir halt eine Redbull Dose rein, finde ich super, dann kann ich nur sagen: Das ist aber ungesund.

 

Alkoholfreies Bier ist kalorienarm und durch das Reinheitsgebot sehr natürlich

Markus: Das ist vielleicht auch einer der großen Punkte, dass alkoholfreies Bier einfach den großen Vorteil hat, es ist trotzdem nach dem Reinheitsgebot gebraut. Das heißt, ich habe nur Wasser, Hopfen, Malz und Hefe. Und da ist kein künstlicher Farbstoff, kein künstliches Aroma, gar nichts drin. Also ist im Grunde ein alkoholfreies Bier per se schon mal gesünder und natürlicher als jede Cola, jedes Softdrink, das man so hat. Das ist auch was, was man glaube ich vielen Leuten erst bewusstmachen muss. Das hat weniger Kalorien als zum Beispiel ein Orangensaft und der darf auch ein halbes Prozent Alkohol haben. Also insofern, da ist immer viel in der Diskussion. Aber ich glaube, das ändert sich jetzt auch so. Also die Leute nehmen das alkoholfreie Thema immer mehr wahr beim Bier. Und im Gegensatz zum Beispiel zu Wein und Spirituosen ist das beim Bier auch wirklich darstellbar. Also ich habe neulich einen alkoholfreien Gin getrunken, das ist dann wirklich die Frage. Also da kostet die Flasche dann auch 50 Euro, 60 Euro und letzten Endes ist das ein aromatisiertes Wasser. Und da fragt man sich dann vielleicht schon, ob das unbedingt dann so sein muss. Beim Bier ist das, glaube ich, für viele sehr nachvollziehbar und der Brauprozess, all das, was eben auch handwerklich dahintersteckt, ist ja dasselbe. Und dann sage ich noch mal kurz ein bisschen was zu meinem kleinen Bierchen hier. Also das ist das Punk IPA alkoholfrei. Dazu muss man wissen, dass BrewDog eine der ersten Craft-Brauereien in Europa war. Und als Punks auch angefangen haben mit zwei Punks in einem Hund und sich nach und nach gemausert haben, mittlerweile dürften sie unter den Craft-Brauern in Europa die größten sein. Und produzieren zu 90 Prozent eigentlich nur ein Bier, nämlich ihr Punk IPA, das ist so das bekannteste. Und sie haben vor kurzem einen ganz guten Coup gelandet eigentlich. Sie haben von Stone die Brauerei in Berlin übernommen und haben damit jetzt auch nach dem Brexit innerhalb der EU eine Produktionsstätte, wo sie eben ihre Biere in ausreichender Zahl und mit einer guten Abfüllung und auch mit einer Dosenabfüllung dort gut auf den Markt bringen können. Und um diesem Punk IPA so einen Partner gegenüber zu stellen, haben sie eben jetzt das Ganze in einer alkoholfreien Version gemacht. Ich finde das sehr angenehm. Es gibt von BrewDog noch einen Nanny State, das ist wesentlich hopfenintensiver und auch bitterer. Mit dem Punk IPA alkoholfrei ist es wirklich so ein Everyday Drinking Beer und da kann ich mich auch gut dran gewöhnen. Also ich trinke das halt dann lieber als zum Beispiel ein Wasser, weil es einfach trotzdem Geschmack hat und ich habe aber keinen Alkohol. Das ist für mich gerade, wenn ich jetzt viel zuhause sitze und schreibe und arbeite, einfach ein schönes Alltagsgetränk.

Claus-Christian Carbon: Und das ist auch ganz wichtig, dass man sowas hat. Bei mir ist es tatsächlich Wasser, muss ich ganz klar sagen. Aber es ist eben wichtig, dass es etwas Natürliches ist, was ein Alltagsgetränk ist. Es gibt wahnsinnig viele Leute, die einfach immer Limo, immer Saft trinken. Ich meine, das ist ziemliches Gift, muss man einfach sagen. Einfach deswegen, weil es unglaublich süß ist, weil da unglaublich viel Zucker drin ist. Weil das einfach auch übersäuert, beispielsweise beim Saft. Das ist was ganz Tolles mal einen frischgepressten Saft zu trinken, aber dieses Standardmäßige, da sollte man eigentlich eher Wasser oder zum Beispiel alkoholfreie Biere, die auch noch von der Qualität her sehr gut sind, eigentlich nutzen. Das ist auch meine Philosophie. Ja.

 

Die Brauwirtschaft nach Corona

Markus: Ich bin mal gespannt, wo die Reise jetzt insgesamt so ein bisschen hingeht. Weil ich glaube, jetzt gerade, wenn man denkt, was eben nach dieser Corona-Zeit passieren wird, glaube ich, dass es noch mehr in die Richtung gehen muss, dass die wirklich handwerklich gemachten Biere auch teurer werden, weil einfach die Umsätze durch Feste nicht mehr da sind, weil die Gaststätten nicht mehr so gefüllt sein werden, zumindest für längere Zeit so wie früher. Und weil die Unkosten trotzdem bleiben oder sogar eher noch steigen, weil die Hygieneauflagen größer werden. Und das muss sich eigentlich in einem höheren Preis niederschlagen und muss dann auch bei den Kunden die Bereitschaft irgendwie geweckt werden, dass sie das dann auch bezahlen. Weil so wie bisher, glaube ich, kann man in der handwerklichen Bierwirtschaft eigentlich nicht weitermachen.

 

Spezialsude und Vintage Bier

Claus-Christian Carbon: Das sehe ich genauso, und da ist eben zum Beispiel mein Bier auch ein tolles Glanzlicht im Prinzip, dass man eben auch sowas schafft wie eine Saisonalität. Dass man vielleicht mal in einer bestimmten Saison was anderes anbietet oder eben tatsächlich Spezialsude anbietet. Dass man einfach mal rumexperimentiert, wo man auch seine Gemeinschaft, seine Community, einfach mal in den Bann ziehen kann. Dass man sagt, okay, das sind jetzt eben so und so viele tausend Flaschen, die wir produzieren, und dann war das das erstmal, dann ist der Sud eben weg. Und jetzt lasst uns den einfach mal probieren und so weiter. Und dann kann man sich auch überlegen, dass man tatsächlich einen ganz, ganz anderen Preis eigentlich verlangt. Und weil es eben dann wie beim Wein selbstverständlich auch ist, dass man vielleicht ein paar Biere gelagert hat. Da finde ich auch das Thema Vintage unglaublich interessant, dass man eben tatsächlich auch über Lagerung nachdenkt, dass man eben auch über Ausbau von Bieren nachdenkt. Und eben nicht mehr einfach sagt, okay, ein Bier ist das, was ich jede Woche kaufe. Da kaufe ich einen Kasten oder einen halben Kasten und mache die auf und nach einer halben Woche oder einer Woche oder nach einem Monat, wie auch immer, ich viel trinke, gehe ich wieder in den Getränkemarkt und kaufe genau das gleiche Bier wieder oder gehe in die Wirtschaft und trinke immer das Gleiche, sondern das ist eben tatsächlich so spannend und so vielfältig das Thema Bier, dass ich eigentlich jeden Tag neue Sachen ausprobieren kann. Und vielleicht auch von meiner Lieblingsbrauerei eben immer mal wieder irgendwelche Spezialitäten kriege, wo man auch eine Geschichte dazu hat, wo man auch eine Regionalität hat, wo man sagt, das ist jetzt, was weiß ich, bei meinem Bier ist es zum Beispiel ein Spalter-Hopfen, das ist ein rein fränkisches Produkt. Und das Malz ist zum Beispiel jetzt in Bamberg tatsächlich gemacht. Das sind wirklich spannende Sachen. Und ich glaube auch, Markus, es wird eine andere Bierkultur danach geben. Diese massenhaften Veranstaltungen wird es viel, viel weniger geben, die ich auch vermissen werde, muss ich sagen. Also ich finde das eine ganz, ganz tolle Sache, aber es wird vermutlich eher in den höherpreisigen Segmenten tatsächlich etwas geben, weil die Leute vielleicht weniger trinken, weniger zusammen trinken, aber eben trotzdem interessante neue Produkte haben wollen.

 

Gereiftes Bier im Keller

Markus: Ich denke, für heute sind wir jetzt auch ziemlich am Ende mit unserer Podcast-Zeit. Das war schon ein sehr, sehr gutes Schlusswort, was du da gemacht hast. Ich würde vorschlagen, wenn wir dann wieder dürfen, dann müssen wir uns mal zu dritt zusammensetzen und genau dieses Vintage Thema angehen. Denn da kann der Holger vielleicht jetzt gleich noch auch sein Schlusswort ein bisschen dazu machen. Wir haben beide einen Bierkeller mit ganz, ganz vielen gelagerten, gereiften Bieren verschiedener Jahrgänge, wo es dann auch wirklich richtig Spaß macht, das da rauszuholen.

Holger: Wir sind ein bisschen bekloppt. Also so würde man das im Ruhrgebiet sagen. Markus und ich, wir machen uns einen Spaß daraus bei Bieren, wo wir glauben, dass die gereifter noch besser beziehungsweise noch mal andere Aromen auftun können, als wenn man sie frisch trinkt, dass man da wirklich so richtig forscht. Also bei mir ist das wirklich so, ich mache das schon lange und habe so eine große Auswahl an bayerischen Doppelböcken und mache da auch Verkostungsnotizen dazu, wie die sich verändern. Und das ist also gar nicht so, dass die die ganze Zeit irgendwie besser werden, also besser und besser und besser und besser, sondern dass es so Schwankungen gibt. Also man kann durchaus sagen, okay, also nach zwei Jahren schmecken die super und dann im dritten Jahr ist es wieder ein bisschen schwächer, aber im vierten Jahr ist es dann noch besser als im zweiten. Das kann natürlich auch wieder mit der Psychologie zu tun haben. Und was ich auch oft feststelle, Beleuchtung macht Geschmack zum Beispiel, mit wem man zusammen ist, wie der Tag war, alles macht Geschmack. Und damit muss man eigentlich auch arbeiten. Und mit diesem Verkostungsnotizen habe ich natürlich keine Laborbedingungen, sondern ich mache das dann immer so, wie ich das dann erlebe in dem Moment, also das ist ja ganz subjektiv. Aber ja, man kann bei vielen Bieren eben, wenn sie malzaromatisch sind und einen gewisses Grad an Alkoholgehalt haben, kann man da vermuten, dass sie durch die Lagerung sogar noch etwas besser werden. Das ist bei vielen, vielen bayerischen Doppelböcken der Fall.

Claus-Christian Carbon: Und wenn du das jetzt auch noch auf Fässer ziehst beispielsweise und das ganz koordiniert machst, könnte das ein wahnsinnig spannendes Thema sein. Und ich hoffe, dass wir darüber auch mal sprechen können.

Markus: Das machen wir, also versprochen. Sobald wir wieder dürfen, machen wir einen Live BierTalk dann zu dritt vor Ort und können dann gemeinsam die Biere probieren. Vielen, vielen Dank, dass du dabei warst und eben auch am Morgen mit uns schon ein Bier verkostet hast. War uns eine Ehre, dich als Gast zu haben. Und wie gesagt, wir freuen uns, wenn wir dich dann bald mal live begrüßen können.

Claus-Christian Carbon: Danke! Ciao! Macht’s gut!

Holger: Ebenso. Dankeschön.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle folgen unter www.biertalk.de.

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