BierTalk 131 – Interview mit Jonas Trummer, Head Brewer bei der Little Atlantique Brewery in Nantes, Frankreich

In dieser Folge von BierTalk entführen wir Sie auf eine geschmackvolle Reise quer durch Europa – von den Hopfenfeldern Deutschlands über die Brauereien Polens bis hin zu den Craft Beer Pubs Frankreichs. Unser spezieller Gast, der weitgereiste Braumeister Jonas Trummer, teilt seine Anekdoten aus der Welt des Bieres mit uns und geht mit uns auf eine Reise durch die Geheimnisse der aktuellen europäischen Bierkultur, von traditionellen Brauverfahren bis zu experimentellen Craft Bieren. Schenken Sie sich ein kühles Glas ein und stoßen Sie mit uns an – auf eine Episode voller Entdeckungen und leidenschaftlicher Bierliebe…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute machen wir eine kleine europäische Reise, wir sind natürlich in Deutschland, aber irgendwie auch in Polen und irgendwie auch in Frankreich und sonst wo auf der Welt. Also schauen wir einfach mal. Ich freue mich sehr, dass Jonas Trummer bei uns ist, ein eben europäisch erfahrener Brauer. Und, ja, vielleicht, Jonas, stellst du dich mal selber kurz unseren Hörern vor.

Jonas: Ja, guten Tag. Dankeschön für die Einladung, Markus! Mein Name ist Jonas Trummer, wie du schon gesagt hast, Braumeister aus Leidenschaft, aber auch promovierter Brauingenieur. Und momentan in Frankreich tätig in Nantes, 60 Kilometer weit weg von der Atlantikküste.

Markus: Ja, auf jeden Fall eine spannende Ecke. Also insgesamt ja Frankreich jetzt grade die europäische Biernation, könnte man fast sagen, also sowohl was die Anzahl als auch, was die Vielfalt zum Beispiel angeht und auch den Drive, der da irgendwie in der Szene ist. Auf der anderen Seite, Atlantik auch interessant. Ich habe mir da zum Beispiel vor einigen Jahren ein Bier bestellt, was mit Spirulina-Algen hergestellt worden ist und das war dann ein blaues Bier. Fand ich auch super interessant, also man ist da wirklich sehr kreativ. Und ich glaube, man hört auch, dass du eher so aus dem Südwesten von Deutschland kommst, dachte ich zumindest. Aber ja, vielleicht kannst du uns da ein bisschen aufklären, also wie hat es dich überhaupt zum Brauen verschlagen?

Jonas: Ja, genau, das hast du schon richtig gehört, ich strenge mich an, so gut wie möglich Hochdeutsch zu reden, aber ich bin tatsächlich aus dem Nordbadischen, aus dem Neckar-Odenwald-Kreis. Was dann ja auch gar nicht so weit weg ist dann wieder zu euch rüber ins Frankenland. Und, genau, dass ist mein süddeutscher Einschlag. Und wie das so ist nun mal in der Region und im Dörflichen, ganz genauso wie im Frankenland, da ist man von jungen Jahren natürlich auch schon auf den Sportfesten und Musikfesten mit dem Bier in Kontakt. Und da hat mir das damals schon zugesagt und ich wollte einfach noch mehr darüber wissen schon in jungen Jahren. Und da kam das eigentlich so mit dem ersten Kontakt, dass ich gesagt hab, für das einwöchige Praktikum, dass man im Gymnasium machen muss, also wenn man da so 15, 16 Jahre alt ist, da bin ich dann zu der Tucher Brauerei nach Nürnberg gegangen tatsächlich. Und das war so die erste Erfahrung für mich auch im Technischen und im Wissenschaftlichen, wie das eigentlich mit dem Bier funktioniert. Und das war eine wunderbare Woche dort in Nürnberg. Das war dann noch in der alten Brauerei in der Stadt und da hat es auch wirklich sehr viel Spaß gemacht. Für mich war das eine neue Erfahrung, mit 16 Jahren da um sechs Uhr morgens aufzutauchen. Um neun Uhr gab es ein paar Pfandmarken in die Hand und es hat geheißen, trink ein Bier, wenn du willst, wir trinken alle eins. Heißt, das war schon sehr interessant damals.

Markus: Ja und irgendwie auch eine Einführung ins Frankenland, ne?

Jonas: Ganz genau, das war so die erste Einführung ins Frankenland auch.

Markus: Und vielleicht können wir an der Stelle ganz kurz noch aufräumen mit dem Mythos, dass man in solchen Brauereien gar nicht wirklich Bier braut, sondern nur auf Knöpfe drückt. Das ist nicht sondern, ne?

Jonas: In der neuen Tucher Brauerei war ich noch nicht. In der Alten war es tatsächlich sondern, dass noch viel auch mehr Handarbeit war. Und das muss ich dann tatsächlich sagen, ja, man muss nicht immer Knöpfe drücken, aber es gibt natürlich auch sehr große Brauereien, wollte viele Knöpfe gedrückt werden, aber ohne das Handwerkliche kommt man nie aus in einer Brauerei heutzutage.

Markus: Genau, das ist der entscheidende Punkt, ohne kommen man da nicht weiter. Aber ich habe dich völlig unterbrochen, also du bist jetzt im Frankenland vom fränkischen Biervirus auch am Morgen infiziert. Wie geht es weiter?

Jonas: Das war gigantisch natürlich dann mit der Tucher Brauerei und da ich mir schon sondern mit 16, ja, das könnte man ja eventuell studieren. Ich sehe, diesen Studiengang gibt es. Meine Eltern waren dachte nicht sondern ganz begeistert davon damals, die haben gesagt: „Jonas, werde doch Lehrer und braue ein bisschen hobbymäßig.“ Und insofern war es noch nicht ganz klar. Ich habe dann aber mir so ein, wie viele andere in unserem Metier, auch ein Bierbrauset gekauft mit 16 und dachte die ersten Biere gemacht. Da sind auch einige Flaschen explodiert. Viele Grüße an meinen Vater, der musste das aushalten, dass im Keller die Flaschen explodieren. Und das war so die erste Erfahrung mit dem selber Brauen dann. Aber dann nach dem Abitur, um mich nochmal zu vergewissern, dass ich das studieren möchte auch, war ich dann bei der Rothaus Brauerei für sechs Monate und habe da ein Praktikum gemacht, quasi ein Vorpraktikum für das Studium des Brauwesens- und Getränketechnologie in Weihenstephan. Und da war mir dann auch klar danach, das möchte ich unbedingt machen. Weil einerseits, Brauerei Rothaus wunderbar, wunderbar gelegen, hochmodern und sehr, sehr nette Menschen. Heißt, da hat mir das wirklich sehr gefallen, in einer Brauerei zu arbeiten und da noch mehr drüber zu wissen. Und so kam es, dass ich mich dazu entschlossen habe, nach Freising zu gehen nach Weihenstephan, ja.

Markus: Wahnsinn, das ist echt spannend. Und ich finde es sehr schön, dass du eben auch sagst, okay, du warst zwar bei den größeren Läden, aber eben auch da macht es Spaß, da trifft man einfach tolle Leute, die mit viel Motivation an diesem Lieblingsgetränk arbeiten und am Ende kommt eben auch was Gutes dabei raus, das ist schön. Apropos, wir reden die ganze Zeit über Bier, aber wir haben keins. Jetzt haben wir uns im Vorfeld ja so ein bisschen abgesprochen, dass wir einfach jeder ein, zwei Bierchen holen und mal gucken, was man so hat. Magst du dir schon eins aufmachen oder ist es dir noch zu früh?

Jonas: Für mich ist es in Ordnung, wir können gern eins aufmachen, ich habe schon gut frühstückt vorher.

Markus: Na wunderbar. Ja, magst du anfangen oder soll ich, wie du willst.

Jonas: Ja, also ich stelle das erste Bier mal vor, bevor ich es einschenke. Was ich mir hier geholt habe, wie gesagt, in Nantes, Frankreich, gibt es viele Craft-Beer-Shops und es gibt eine sehr gute Auswahl an internationalen Bieren, Craft Beer, aber auch traditionell, weniger deutsche Biere, die man findet. Umso mehr bin ich froh, dass ich hier den Weihenstephaner Vitus gefunden habe und den schon sicherlich zwei Jahre nicht mehr getrunken habe und der mich auch ein bisschen ans Studium erinnert. Und da hoffe ich, dass er immer noch so gut schmeckt wie damals. An Preisen mangelt es ihm ja nicht.

Markus: Nein, das auf gar keinen Fall. Und ich muss sagen, ich war letztes Jahr erst in Weihenstephan vor Ort und habe auch da mal wieder einen Vitus genossen und es ist und bleicht nach wie vor ein wunderbares, unglaublich aromatisches, komplexes, tolles Bier. Und auch ein schöner Start in so einen Sonntagmorgen, finde ich nicht schlecht, coole Nummer! Bin ich gleich gespannt, was du erzählst. Und ich muss sagen, es bringt mich auch ein bisschen zurück an die Anfänge von der BierAkademie, weil einer unserer allerersten Aufträge war, dass wir in Frankreich Ausbildungen gemacht haben für eine Getränkemarke, die nannte sich oder nennt sich R&B, also Wein und Bier. Und die waren oder sind in den Industriegebieten nahe der großen Städte jeweils und haben eben große Auswahl an Weinen aber eben auch internationalen Bieren, viele deutsche Biere, viele belgische Biere und da gibt es auch noch Salami und so ein bisschen anderes Zeugs. Und da hat sich dann damals eben so vor 10, 15 Jahren so die rebellische Jugend Frankreichs getroffen, wenn sie eben mal nicht das machen wollten, was ihre Eltern machen. Und das war so der Anfang dieser ganzen Biergeschichte, die ja jetzt in Frankreich natürlich ganz anders ausschaut. Gibt es die R&B-Stores noch?

Jonas: Die gibt es tatsächlich noch. Hier in Nantes sind circa drei in den Außenbereichen. Und da verkaufen wir natürlich auch unser Bier hin tatsächlich, ja.

Markus: Ja, das ist ja wunderbar. Haben wir ein bisschen, haben wir da auch einen Anteil dran. Aber jetzt zurück zu deinem Vitus.

Jonas: Ja, genau, also ich mache mal auf. Und leider keine Weißbierglas hier, weil, die habe ich alle in der Brauerei stehen, ja, wir in der Brauereien nur die Pint-Gläser haben und nicht sagen, Weißbier kann man leider nur aus einem Weißbierglas trinken, drum habe ich mein Weißbierglas dort geparkt. Aber ich habe hier ein schönes Teku.

Markus: Absolut!

Jonas: Das macht es natürlich auch.

Markus: Ja, ist ja auch ein unglaublich aromatisches Bier, wo man ganz viel eben der Hefearomen letzten Endes hat. Macht ihr in eurer Brauerei in Nantes auch deutsche Bierstile?

Jonas: Ja. Also wie du dich ja gut auskennst in Frankreich, die ganz traditionellen oder die kleinen Brauereien, die damals angefangen haben, die sind ja mehr auf die belgischen Bierstile dann, haben die angefangen. Und in Frankreich ist es ja immer noch so, dass die Konsumenten oftmals nur unterscheiden zwischen einem Blonden, einem Braunen und einem Dunklen und einem Bernsteinfarbenen. Und da ist eigentlich immer klar, dass es sich grundsätzlich um einen belgischen Stil handelt. Heißt es Blonde, ist es ein belgisches Blonde, meistens natürlich auch dann mit einer belgischen Hefe vergoren, wo dann diese Phenole und Ester abgibt, was es ein bisschen gewürzig gemacht. Und das Brune, das Braune, ja natürlich auch ein belgisches Braunbier. Und das Ambre, das Bernsteinbier ist normalerweise auch dann sowas wie ein Dubbel oder ein Tripel. Und da haben wir das ganz anders angegangen bei uns in der Brauerei hier, bei uns ist das Blonde ein American Pale Ale. Heißt, schön fruchtig, mit amerikanischen Hopfen, kaltgestopft natürlich. Und unser Ambre ist kein belgisches Dubbel oder sondern ein Doppelbock und richtig schön, ganz fein vergoren, ohne irgendwelche Nebenprodukte, heißt, das ist clean. Und dann haben wir ein Schwarzbier, das ist natürlich dann auch ein deutscher Bierstil, das ist unser schwarzes Bier. Und zusätzlich das Blanche, das Weißbier. Machen wir kein belgisches Witbier, sondern ein bayrisches Weißbier.

Markus: Woah, beeindruckendes Programm!

Jonas: Das sind so die Hauptbierstile. Aber kann ich nachher noch ein bisschen mehr drüber erzählen, was für Biere wir hier noch machen. Ganz, ganz viele verschiedene Craft-Beer-Stile, die sehr, sehr interessant sind und die man in Deutschland meistens so nicht findet in kleineren oder mittelständischen Brauereien.

Markus: Genau, das Ganze heißt Atlantique Brewery, glaube ich, ne?

Jonas: Genau, Little Atlantique Brewery. Und das ist gelegen unten an der Loire, also am Fluss. Und das wurde umgebaut, das war früher mal eine Seifenfabrik und das Gebäude, das war brachgelegen jetzt für 80 Jahre und das wurde umgebaut vor fünf Jahren. Und das haben sie wirklich gigantisch gemacht, ein Holzbau, das sieht aus ein bisschen wie eine Kathedrale, Platz für bis zu 800.000 Leute. Heißt, ein richtig schöner großen Biergarten außen und dann natürlich die zugehörige Küche. Die in Frankreich natürlich auch immer ein bisschen anders aussieht wie jetzt in deutschen Biergärten, sondern es ist auch schon ein bisschen mehr diese Haute Cuisine mit ihrem Mittagstisch, aber abends dann auch mal Burger oder Fish & Chips. Und das ist wunderbar gelegen und ist jetzt seit fünf Jahren am Laufen und stetig am wachsen.

Markus: Ja, also wunderbar. Und Nantes überhaupt, also ich war in den 90ern tatsächlich zuletzt da, also ist schon ein bisschen her, aber habe nur sehr, sehr positive, wunderschöne Erinnerungen an die Stadt und an die Architektur und alles, was sich so entlang der Loire schlängelt. Aber ich glaube, wir müssen zuerst zurück zum Bier, ich habe dich schon wieder unterbrochen mit dem Vitus. Wie läuft es denn?

Jonas: Ich habe noch gar nicht reingerochen, das werde ich jetzt mal machen. Ja, ist immer noch so gigantisch wie früher. Also ganz, ganz viele Ester und die Banane ist natürlich stark im Vordergrund hier. Auch mit ganz wenig Nelke und man riecht, dass es vollmundig sein wird. Also ich werde mal einen Schluck trinken.

Markus: Prost auf jeden Fall!

Jonas: Prost! Wirklich gigantisch, ja. Vollmundig, die Banane ist da. Die 7,7% Alkohol, die auf der Flasche stehen, schmeckt man gar nicht wirklich raus, es macht es halt einfach auch sehr drinkable. Und ein klasse Bier! Also freut mich, dass ich es gefunden habe.

Markus: Ja und freut mich, dass du es hier im Talk vorstellst. Ich glaube, den Vitus haben wir noch nie, aber es ist wirklich ein absolut sensationelles Bier, was ich auch immer wieder gerne bei Tastings verwende. Ist einfach auch eine Bank, also da kann man sich drauf verlassen, das ist eben einfach immer gut. Und es lässt sich auch ein bisschen lagern, das heißt, man muss da jetzt nicht unbedingt auf das MHD groß schauen. Also wirklich eine ganz, ganz schöne Geschichte. Jetzt muss ich aber sagen, mir läuft so ein bisschen das Wasser im Mund zusammen, also muss ich auch ein Bier aufmachen.

Jonas: Jawohl.

Markus: Jawohl und ich habe tatsächlich mal in meinen Kühlschrank geschaut, was da noch an schönen Nettigkeiten rumsteht. Und ich war mal wieder in der Jury vom Bierwettbewerb von Maisel´s, so ein Hobbybrauwettbewerb bei der Home Brew letztes Jahr und da hat dann das Hopy Dunkel gewonnen. Und dann haben sie mir jetzt eine der ersten Flaschen von diesem dann groß gebrauten Gewinnersud geschickt. Ich habe es aber selber noch nie probiert, deswegen werde ich das jetzt mal tun. War eine ganz spannende Geschichte, weil wir in der Jury dann viel diskutiert haben, wenn ich diese Vorgabe gebe Hopy Dunkel, was ist wichtiger? Also das wir wirklich ein schönes Dunkel haben, dass da eben die Malzaromen, diese, ja, sagen wir mal Röstaromen, Schokolade, Kaffee, was da so dazugehört, eben schön präsent ist oder ist es wichtiger, dieses Hopy im Vordergrund zu haben, also sehr intensive hopfige, blumige, fruchtige, was weiß ich was für Aromen? Und da gab es dann tatsächlich logischerweise auch so zwei Strömungen in der Jury. Und auch von den eingereichten Bieren, da waren teilweise welche dabei, die waren hell. Was dann irgendwie schon ein bisschen grenzwertig war, fand ich. Bis hin zu eben absoluten stoutigen Röstgaranten, sage ich mal so. Aber dieses hier hat gewonnen, das war dann, glaube ich, ein ganz guter Kompromiss, auch ein ganz lieber Brauer. Ich mache mal auf, so. So, also in der französischen Bierwelt würde man das unter den Ambre wahrscheinlich, bernsteinfarbenen Bieren. Wobei es relativ dunkler Bernstein ist, also sowas zwischen Bernstein und Kastanie, könnte ich mir vorstellen. Der Schaum ist auch richtig schön getönt, lädt ein. Ja und in der Nase hat man tatsächlich diesen Twist, also einerseits ein bisschen so nussige Aromen, obwohl man das Röstige tatsächlich riecht. Aber auf der anderen Seite so Stachelbeere, ein bisschen tatsächlich auch so gelbe Früchte und ein bisschen rote Beeren vielleicht im Hintergrund, also tatsächlich auch schön fruchtig. Ich probiere mal. Hm, mhm, sehr fein. Also ein toller Twist. Das fängt relativ süß an, da kommen dann diese schönen malzigen Aromen. Dann kommt das Hopfige und hinten raus eine kräftige, lange, intensive Bittere, das macht das ganze schön rund. Also der Paul Schüssler hat es gewonnen, von Friedie´s Brauhaus. Kennen tatsächlich die ein oder anderen, haben wir hier auch schon im Podcast. Und wirklich, also auch jetzt, wo es ein paar Tage schon in meinem Kühlschrank steht, hat toll gewonnen, ist ein wunderbares Bier und hat auch zu Recht diesen Wettbewerb gewonnen. Sehr schön, mal was Kreatives. Und da sind wir ja schon wieder bei Frankreich, oder? Also wie kamst denn du überhaupt auf die Idee, dann nach Frankreich zu kommen?

Jonas: Ja, gut, das hat sich so entwickelt. Die ganzen Jahre war ich ja eigentlich im europäischen Umland unterwegs, muss man sagen. Genau, ich greife vielleicht mal ein bisschen zuvor noch. Während dem Studium war ich auch schon dann in Budapest für ein Erasmus-Jahr. Und in meiner Masterarbeit in Weihenstephan bin ich dann auch sechs Monate nach Irland gegangen und das war in Cork an der Universität bei der Professorin Elke Arendt. Und das hat ja schon der Martin Zarnkow erwähnt im letzten Podcast, dass er dort auch promoviert hat. Und zu der Zeit war der Martin Zarnkow mein quasi Masterarbeitvater. Insofern haben wir da diese Connection und ich muss sagen, eine sehr enge Verbindung. Und ich hoffe auch, dass ich ihn dieses Jahr bald wiedersehe und es wird wahrscheinlich so sein, weil er auch zu einer Konferenz kommt, die ich nachher noch kurz vorstellen werde. Und, genau, da war ich dann auch in Irland und bin da rumgekommen. Aber dann ging es für mich erstmal nach dem Studium in Freising fast ins Frankenland, aber noch auf der badischen Seite, da war ich dann bei der Distelhäuser Brauerei in Tauberbischofsheim. Und die ist ja jetzt nicht allzu klein, aber ich sage mal, für Deutschland eine mittelständische Brauerei, die sehr gut aufgestellt ist und natürlich eine ganz, ganz lange Tradition hat, auch beim Slow Brewing mitmacht. Heißt, da wird wirklich Wert drauf gelegt, dass die Biere lang ausgelagert sind und traditionell hergestellt werden. Und da war ich im Qualitätsmanagement als Betriebskontrolleur und war eigentlich für das Labor zuständig. Und das hat mir auch wirklich sehr, sehr viel Spaß gemacht dort. Und da freue ich mich auch immer, weil, das ist eine halbe Stunde von meinem Dorf weg, aber immer, wenn ich mal in die Heimat komme, dann wird eigentlich nur Distelhäuser Pils getrunken. Das überhaupt auch dieses Jahr oder letztes Jahr den goldenen Preis European Beer Star gewonnen hat für das Pils.

Markus: Völlig zu Recht. Und Distelhäuser überhaupt eine spannende Brauerei, weil sie eben so in diesem Feld zwischen Baden-Württemberg und Bayern und Franken irgendwie liegt und auch viel ausstrahlt. Also viel in die Würzburger Gegend auch exportiert zum Beispiel und da auch relativ bekannt ist. Und ich muss sagen, ich erinnere mich, ich weiß nicht, ob das zu der Zeit war, wo du da warst, da haben die mal ein neues Bier rausgebracht, das nannten sie dann Distel Blond. Also würde man die Werbung heute vielleicht schon wieder ein bisschen anders gestalten. Also damals war so eine nette blonde Dame aus den 60ern, würde ich sagen, auf den Covern überall, auf den Etiketten und so. Aber das hat ziemlich eingeschlagen und war eine sehr spannende Geschichte, eine der ersten traditionellen Brauereien, die mal so einen ganz anderen Weg gegangen ist. Ich weiß nicht, war das zu deiner Zeit?

Jonas: Ja, ganz genau. Und da war ich super froh drum, weil leider Gottes wurde uns in Freising damals noch nicht viel von Craft Beer vermittelt, da ist das noch nicht angekommen in Deutschland. Und als ich dann bei der Distelhäuser war, waren das tatsächlich die Ersten, die angefangen haben mit diesem Blond, was ja eigentlich ein American Pale Ale ist, unfiltriert. Und das hat allen so gut geschmeckt. Also mein Haustrunk war 80 Prozent nur dieses Distelhäuser Blond. Und ich bin sehr froh, dass sie es immer noch produzieren. Ich glaube, die Flasche hat sich geändert, bin mir aber nicht ganz sicher, aber es wird immer noch produziert. Und die Distelhäuser hat damals auch schon angefangen in ihrer Versuchsbrauerei mit Stout, mit Porter, mit IPA, dass dann auch auf einem großen Sudhaus gebraut wurde. Und die hatten damals auch diese Craft-Beer-Schiene, die dann aber leider nicht ganz so gut gelaufen ist zu dem Zeitpunkt und die wurde dann wieder eingestellt, soweit ich weiß.

Markus: Ja, das ist ja leider Gottes eine Entwicklung, die wir doch jetzt aktuell bei vielen Brauereien in Deutschland sehen, also dass das Sortiment kleiner wird, also sowohl vom Gebinde als auch von der Anzahl der verschiedenen Biere, die es gibt. Und, ja, also das vor keinem halt macht, auch nicht vor den großen Namen. Und das ist schon, ja, also zum allerersten Mal wehgetan hat es mir ein bisschen bei der Brauerei, die ich grade trinke. Weil, Maisel & Friend´s hatte ein wunderbares Schoko-Porter, also es war einfach ein schönes Porter mit ganz vielen Schokoladenaromen. Und das war eigentlich mein Lieblingsbier und das war so das erste Mal, wo ich da so mitbekommen habe vor ein paar Jahren, dass von dieser immer größeren Range diese Brauereien auch wie Stieg´l oder Riegele oder eben Maisel aufgebaut haben, dass man da dann zurückgeht und das wieder ein bisschen reduziert. Und das Porter war eben damals das erste Opfer, sagen wir mal sozusagen. Aber das nimmt tatsächlich zu, keine so schöne Entwicklung, muss ich sagen. Aber gut, bleiben wir erstmal bei dir. Also, genau, du warst jetzt dann, was war die letzte Station, wo wir drüber gesprochen haben, du warst dann bei Distelhaus, genau, also dort, genau.

Jonas: Da hatte ich auch die schöne Erfahrung, nach Schweden mal zu gehen. Da haben wir den Austausch gemacht über das Jis-Projekt. Das ist organisiert von Herrn Metzger von der Berufsschule Karstadt für die Brauer und der hat es damals ins Leben gerufen. Und der hat da unseren Flaschenkellermeister, den Ludwig gefragt, ob er nicht Lust hat, da mal einen Austausch zu machen, zwei Wochen? Und da habe ich gesagt: „Da komme ich auch mit.“ Und da waren wir dann in der Närke Brauerei in Ørebro in Schweden für zwei Wochen und haben da einen Austausch gemacht im Technischen und mal geschaut, wie die da so das Bier brauen. Und das war sehr, sehr interessant, eine sehr, sehr kleine Brauerei. Aber soweit ich weiß, sind die bei der Weltbier-Homepage immer noch auf dem ersten Platz mit ihrem sehr, sehr dunklen starken Stout. Heißt, die haben sich da spezialisiert auf diese starken dunklen Biere, wie man sie auch oft aus Schweden oder aus dem Norden kennt. Das war super interessant und mal in Schweden auch zum Austausch zu sein. Und, genau und dann ging es für mich eigentlich Richtung PhD, Richtung Doktorandenprojekt.

Markus: Nochmal ganz kurz zu dem Thema Schweden, das finde ich nämlich total spannend. Jetzt weiß ich gar nicht, ob wir uns da dann schon kennengelernt haben. Weil ich habe damals für einen Austausch, vor dem Herrn Metzger, ein Bierkulinarium gemacht und das war super spannend. Weil er hat mir damals erzählt, er hat eben jetzt für sein Hefeprojekt Leute aus Deutschland, aber auch Leute aus Schottland und aus Schweden. Und er wollte dann die irgendwie zusammenbringen an einem Abend, um so halt ein bisschen die Verständigung anzuregen und so, das war wohl eher am Anfang des Projektes. Und dann habe ich lang drüber nachgedacht, was tun? Und die Berit von Närke zum Beispiel kannte ich schon, weil die früher mit dem Andreas Gensthaler auch zusammen schon Sachen gemacht hat, der wiederum ein Freund von mir ist. Und habe dann so ein bisschen rumtelefoniert und mir überlegt und kam dann auf die Idee, okay, dann machen wir es einfach so, dass wir ein 10-Gang-Menü machen, wo wir immer eine Speise aus Schweden und ein Bier aus Schottland oder andersrum kombinieren. Und da gab es dann halt so Sachen wie zum Beispiel Surströmming, der Hering in der Dose, der dann platzt, wenn man ihn aufmacht und endlos stinkt. Oder Haggis zum Beispiel oder dann dieses Bier aus Schweden mit dem Drüsensekret von irgendeinem Tier, also eine sehr, sehr spannende Geschichte, bis zur Blausuppe. Und geändert hat es dann in einem fränkischen Finale. War auf jeden Fall ein sehr denkwürdiger Abend. Aber ich weiß nicht, da warst du wahrscheinlich noch nicht dabei, oder?

Jonas: Da war ich noch nicht dabei. Ich glaube, das war das Eröffnen von dem Hefeprojekt. Das muss das Jahr vorher gewesen sein, so dieses Inaugurationstreffen oder das war das Jahr danach, wo sie dann auch den Sud gemacht haben mit den Schotten, da bin ich mir nicht ganz sicher.

Markus: Ich auch nicht, aber ist ja nicht so wichtig. Aber ich fand es auf jeden Fall sehr spannend, weil wirklich die schwedische Craft-Beer-Welt ja auch nochmal was ganz anderes ist. Und Schweden ist so ein bisschen der Hidden Champion irgendwie. Also es gibt ja da auch 4-, 500 Brauereien, aber denken viele Leute ja so gar nicht dran, ist bei vielen nicht auf dem Schirm. Und spanend und cool, dass du da auch schon reingeschaut hast.

Jonas: Auf jeden Fall spannend, nicht nur Schweden, ganz Skandinavien. Und wenn man dann wieder ein bisschen weiter rüber schaut ins Baltikum, Litauen ist da natürlich auch ein Vorreiter und Estland, da sind sehr, sehr gute Brauereien. Und da braucht man gar nicht mit anfangen da mit Farmhouse Ales und diese ganzen Hefen, die da gezüchtet werden von den Hausbrauern. Also gigantisch, was da auch passiert.

Markus: Cool! Und dich hat es dann aber erstmal nach Belgien verschlagen, ne?

Jonas: Ich war auch in Belgien, aber ich war dann vor allem in Krakau, in Polen. Da habe ich mich beworben auf ein Doktorandenprojekt, dass es so eigentlich noch nie gab und auch dann nicht mehr weiter fortgeführt wurde. Da musste ich mich damals bewerben und auch mit schwerem Herzen dann von Distelhäuser weg, aber das Projekt hat sich zu gut angehört. Und zwar dass das European Joint Doctorate in full sciences, aber natürlich auf Bier spezialisiert, Projekt. Und da waren acht Stellen ausgeschrieben und das war für sechs Universitäten. Heißt, da war die Technische Uni Berlin dabei, dann war Carl Löwen dabei in Gent, die Universität Gent, Nottingham war dabei, Kopenhagen und Krakau. Und das ist natürlich ein super Angebot, wenn du weißt, dass du an sechs Universitäten deine Ausbildung kriegst. Und zusätzlich war da auch noch Carlsberg mit am Start, FlavorActiV, die diese Sensorikkapseln herstellen, die du ja kennst und die VLB in Berlin als wichtiger Partner. Und der letzte Partner war Bootmalt, der jetzt mittlerweile das größte Mälzereikonglomerat der Welt ist, soweit ich weiß. Genau und das war ein super Projekt. Und ich war vor allem in Krakau dann an der Universität als meine Hauptuniversität und als meine Zweituniversität war ich ein halbes Jahr lang in Gent an der Universität von Gent. Und das war wirklich ein super Projekt und mein Thema war eigentlich die Forschung an alternativen Rohstoffen zum Vermälzen und dann zum Bierherstellen.

Markus: Ja, da ging es vor allem um Linsen, habe ich gelesen. Kann man aus Linsen Bier brauen?

Jonas: Genau. Da kam so, also hört sich vielleicht ein bisschen verrückt erstmal an, aber wir haben uns da Gedanken gemacht, an was forschen wir man jetzt? Das ist ein europäisches Projekt, es sollte was ganz Neues sein. Und ich habe ja natürlich schon die Erfahrung gehabt von meinem Studium in Freising und dann habe ich mich noch weiter schlaugemacht und dann ein Liquid Show Review gemacht und geschrieben. Und dann kam es so raus, ja, es wurde natürlich schon an vielen geforscht und die meisten Getreide sind eigentlich schon so abgehakt, was angeht Bier und Mälzen, funktioniert es, funktioniert es nicht? Und da haben wir gesehen, ja, es gibt noch Möglichkeiten, aber warum nicht mal was ganz Neues machen, wo noch gar niemand dran geforscht hat und wo noch nix publiziert wurde? Und dann habe ich mir so Gedanken gemacht, vielleicht auch mal Hülsenfrüchte. Und im Endeffekt habe ich mich dann dafür entschieden, mich auf grüne Linsen zu spezialisiere. Weil, das Doktorandenprojekt war auf drei Jahre angesetzt, heißt, es war nicht viel Zeit. Da bin ich dann gleich ran und habe mich spezialisiert auf die grünen Linsen. Und habe vor der Mälzung natürlich ganz viele Analysen gemacht und dann bin ich Schritt für Schritt durchgegangen in den Laboranalysen. Bis zum Schluss, bis man da ein Bier gebraut hat auf einer 100-Liter-Anlage und das natürlich dann auch verkostet wurde. Und am Schluss dann die Doktorarbeit drüber geschrieben. Heißt, war was ganz Neues, mal einen neuen Weg gegangen. Aber die wichtigste Erkenntnis oder von meinem Doktorandenprojekt, es funktioniert, man kann mit grünen Linsen Malz herstellen und dann auch Bier.

Markus: Faszinierend! Kommt da von den Linsen auch ein Aroma ins Bier?

Jonas: Ganz klar! Und das ist ja bei Hülsenfrüchten immer so, wir wissen ja, wie es riecht, wenn man die kocht, ob das jetzt Erbsen sind oder Linsen oder Bohnen, die haben alle bestimmte Stoffe, die ein wenig so erbsig riechen. Und das Schöne beim Vermälzen ist, da kann man diese Stoffe dann auch abbauen. Weil erstmal tun wir ja das Korn keimen lassen und dann werden ganz viele von den Stoffen schon abgebaut. Und dann danach, wenn wir das abgarren, heißt trocknen, können wir ja nochmal einstellen, wie dunkle soll das Malz eigentlich werden. Und dadurch dann auch viele Maja-Aromen herstellen, Melanoidine, die dann richtig schöne Karamellaromen reinbringen, wo man danach dann gar nicht mehr dieses Erbsige hat. Heißt, da muss man einfach den Prozess anpassen und dann kann man das richtig schön einstellen und dann bringen die so was richtig schönes Nussiges rein in das Bier, also wirklich interessant.

Markus: Klingt nach einem Brown Ale, sehr schön. Aber heißt das, es wäre tatsächlich eine eventuell gangbare Alternative, solche Stoffe auch für das Bierbrauen zu verwenden oder ist das von der Technik oder von den Kosten her eher schwierig?

Jonas: Ganz klar, dass ist eine Option. Wenn wir in die Zukunft schauen sowieso, wir wissen ja, dass der Gerstenanbau zurück gehen wird, vor allem in Europa, aufgrund von der Klimasituation. Heißt, da kann man dann angepasste Linsen zum Beispiel anbauen stattdessen. Aber jetzt schon ist es auf jeden Fall eine Energieersparnis. Weil, ich habe gesehen, man braucht viel weniger Wasser zum Beispiel bei dem Weichen, was der erste Schritt ist bei der Vermälzung und danach, die Keimung an sich ist nur 50 Prozent der Zeit wie jetzt bei dem Gerstenkorn. Heißt, da haben wir schon mal wieder Zeit eingespart und dadurch hat man ganz viel Energie eingespart. Und leider Gottes natürlich, diese Hülsenfrüchte haben ein bisschen mehr Proteine wie ein Getreidekorn. Deswegen hat so ein Grünlingsmalz einen Extrakt von circa 60 Prozent, was im Vergleich Gerstenmalz mit 80 Prozent, was 20 Prozent weniger ist. Aber zum Beispiel genauso viel jetzt ein Buchweizenmalz oder ein Sorgummalz, die haben auch nicht mehr. Und was das Schöne ist bei dem Linsenmalz ist auch, da muss man das Korn nicht vorkochen, wie es jetzt zum Beispiel bei einem Mais wäre oder beim Reis, das kann man einfach mit einmaischen. Wenn man das gemischt mit einem Gerstenmalz, sind dann die Enzyme vom Gerstenmalz mehr als genug, um das dann auch mit zu verkleistern und dann zu verzuckern.

Markus: Hast du da jetzt quasi ein Patent drauf? Also wenn jetzt eine Brauerei sagt, sie möchte das gern machen, muss die zu dir kommen oder wie funktioniert das?

Jonas: Leider nicht. Ich hätte es machen können, falls ich nicht in einem europäischen Projekt gewesen wäre. Heißt, das Projekt war von der EU gesponsert und der Holer ist ein twenty-twenty und da darf man dann keine Patente anmelden.

Markus: Okay. Ist also offen für alle?

Jonas: Genau. Das ist ja die schöne Sache an der Wissenschaft von der EU, offen für alle und es ist alles publiziert, das ist frei zugänglich und jeder kann sich das anschauen. Und was vielleicht auch noch ganz interessant ist, mit so einem Linsenmalz, diese Hülsenfrüchte, die haben ja kein Gluten. Heißt, mit einem bestimmten Anteil von Linsenmalz kann man dann auch ganz schnell unter den Low-in-Gluten-Schwellenwert kommen und da dann ein glutenfreies oder ein weniger-Gluten-Bier herstellen. Das ist auch ganz interessant zum Beispiel.

Markus: Absolut. Das ist ja auch ein ganz neuer Trend, in Anführungsstrichen. Also ich habe das schon vor vielen Jahren in Italien kennengelernt, da ist das Thema glutenfrei ja schon lange sehr groß. Ich habe es dann in England mitbekommen und mittlerweile ist es auch bei uns durchaus eine Nummer oder auch in den USA zum Beispiel. Und das wird sicherlich zunehmen, also die Frage eben, wie man ein glutenfreies Bier herstellen kann? Und auf dem Weg ist es natürlich wirklich relativ einfach. Also bliebe noch die klassische Frage, ich überlege grade mal, nach dem Reinheitsgebot wird das wahrscheinlich schwierig, obwohl es sich um ein in Deutschland heimisches Produkt handelt, ne, aktuell zumindest noch, wird es schwierig?

Jonas: Genau. Ich denke, es wäre möglich, man müsste es halt unter einer Bierspezialität anmelden. Aber es sollte möglich sein, mit Linsen oder mit Linsenmalz zu brauen in Deutschland und dass das regelkonform ist, genau. Außerhalb von Deutschland gar kein Problem natürlich.

Markus: Ja, stimmt, als besonderes Bier geht es auf jeden Fall. Also sehr, sehr spannend, schöne Geschichte, also toll. Vielleicht für die Hobbybrauer unter uns, ist es kompliziert, so ein Linsenmalz selber herzustellen?

Jonas: Auf keinen Fall, das ist ganz einfach. Das Schöne ist, dass die Linsen eine ganz, ganz hohe Keimfähigkeit haben. Heißt, nach ungefähr, ich sage mal maximal 20 Stunden, aber schon so nach 16 Stunden sind die soweit angekeimt, dass man sie aus dem Wasser rausnehmen kann und dann vielleicht noch zwei Tage keimen und danach abtrocknen. Und das kann man ganz schön im Ofen machen, ohne Probleme. Ich würde da vorschlagen, um ein bisschen diese erbsigen Noten abzubauen und schöne Karamellaromen aufzubauen, würde ich so 100 Grad vorschlagen zum Abtrocknen. Also ganz langsam anfangen mit 50 Grad und danach bei 100 Grad ab dann und dann kann das jeder Daheim herstellen, gar kein Problem.

Markus: Und ich würde noch eine Rauchdarre dazu empfehlen, kann man ein Rauchlinsenbier machen, das ist bestimmt auch lustig. Schön!

Jonas: Ganz sicherlich, ist mal was Neues.

Markus: Ja, du hast jetzt grade erzählt, du warst in Krakau. Da war ich jetzt auch schon mehrmals, ist ja auch eine wunderschöne Stadt mit natürlich ganz, ganz viel Geschichte, auch Wissenschaftsgeschichte, immer hin- und hergewechselt zwischen allen möglichen europäischen Ländern. Und ist ja jetzt ganz lebendiger Bestandteil der genauso lebendigen polnischen Bierszene. Und ich glaube, du warst da ja auch in den entscheidenden Jahren, wo das in Polen so richtig losgegangen ist. Vielleicht magst du uns da noch ein bisschen was erzählen, wie du das so erlebt hast und wie es heute auch in Polen so ist.

Jonas: Als ich da dann nach Krakau kam für das Doktorandenprojekt, das war 2017, da war diese Craft-Beer-Szene schon in vollem Gange in Polen. Da war ich richtig überrascht, weil ich das ja auch so nicht aus Deutschland gewohnt war. Und das war tatsächlich so, dass es damals schon sicherlich fast 10 Jahre lang in Polen angefangen hat mit diesem Craft-Beer-Hype und dieser Craft-Beer-Szene. Heißt, das war in vollem Gange, als ich dort ankam und an jeder Ecke hat man da Craft-Beer-Kneipen gefunden oder wie sie sie dort nennen, die Multitabs mit ganz vielen Zapfhähnen. Und immer mehr Brauereien haben aufgemacht. Natürlich haben auch etliche zugemacht wieder, wie es nun mal ist in der Craft-Beer-Szene, aber dieser Hype war vorhanden und man hat ihn auch gespürt. Und das hat natürlich auch einen großen Einfluss gehabt auf die Unis dann. Bei uns im brautechnologischen Department haben wir dann immer mehr Anfragen gehabt, könnt ihr mal für uns einen Versuchssud machen auf eurer Versuchsanlage oder wollt ihr für uns nicht die Hefe propagieren, solche Sachen. Und wirklich interessant. Und da waren auch Bierstile, die man so vielleicht nur gehört hat, dass es die in den USA gibt. Aber ich muss ehrlich sagen, Polen war für mich da so einer der Ersten, der wirklich dann wie die Amerikaner das Craft Beer gemacht. Die Italiener waren natürlich noch ein bisschen vorher, aber die sind mehr traditioneller geblieben mit ihrer arti ginale. Und das war schon sehr, sehr interessant zu sehen in Polen, wie dieser Hype da tatsächlich angefangen ist und angenommen wurde.

Markus: Ja, auf jeden Fall ein Wahnsinn, auch wie jung das dort ist, wie lebendig, wie groß auch die Hobbybrauerszene dort ist. Und ich glaube, das ist auch genauso wie du es gesagt hast, das finde ich auch spannend, wenn man so Europa anschaut, die Italiener haben doch sehr auf Belgien geschaut zum Beispiel und auch zum Beispiel, die Franzosen schauen auch eher auf die belgischen Bierstile. Und es gibt eigentlich nur zwei Länder oder zwei größere Bierländer, sage ich mal, die Niederlande und Polen, die wirklich eher den amerikanischen Trend übernommen haben und gar nicht so in die Nachbarländer geguckt haben. Die baltischen Staaten wahrscheinlich auch, das könnte man sicherlich dazu auch rechnen, zum gewissen Teil auch Skandinavien. Aber das ist schon wirklich interessant, weil dadurch haben wir auch in Europa so eine ganz unterschiedliche Bierkultur. Aber das würde ich auch allen nur empfehlen, unbedingt mal in Polen vorbeizuschauen. Ich bin da immer öfter und habe da mittlerweile auch richtig gute Freunde, auch zum Beispiel in Grodzisz, wo eben das ursprüngliche Grodzisz, das Grätzer Bier herkommt. Oder auch viele, die einfach gutes Baltic-Porter machen, wo wir halt einfach dadurch auch zwei echte polnische Bierstile haben, wo sie auch sehr stolz drauf sind und auch sehr kreativ damit sind. Also habe ich wirklich ganz, ganz toll und positiv erlebt. Also, ja, war für mich einer der ganz großen Überraschungen in den letzten Jahren, wie schön und lebendig und offen auch die Bierszene in Polen ist.

Jonas: Umso mehr habe ich mich gefreut, dass ich nach meinem Doktorandenprojekt dann auch dort bleiben konnte. Weil da hat ja eine Brauerei aufgemacht, die dir was sagt, wo du ja auch schon öfters warst jetzt, in Krakau in der Studentenstadt und die haben einen Braumeister gebraucht. Und die haben gesagt: „Die Brauerei wird in zwei Monaten eröffnet, Jonas, hättest du nicht Interesse?“ Und da hat mich das sehr gefreut, dass ich dort bleiben konnte in Krakau. Und das ist die Browar Górniczo-Hutniczy, BGH abgekürzt, und das ist im größten Studentenveranstaltungszentrum von Polen. Und da warst du ja auch schon, Markus, ne?

Markus: Genau, da war ich auch schon, da ist jedes Jahr auch ein Bierwettbewerb und ein Kongress dazu. Und, ja, absolut faszinierend und auch von der Anlage her schön. Also ich finde es auch wirklich toll, wie grade dieses kreative Umgehen mit den Anlagen dort da ist und trotzdem aber auch eine richtig gute handwerkliche Tätigkeit. Also wenn man jetzt in anderen Ländern ist, dann hat man oft eine Brauanlage, da würde man jetzt in Deutschland sagen, hm, würde das Ordnungsamt vielleicht eher zumachen oder so. Und das hat man in Polen überhaupt nicht, also da ist alles pikfein sauber gepflegt und dazu aber noch diese kreative Ade. Das ist eine schöne Verbindung, finde ich.

Jonas: Auf jeden Fall. Also da legen sie sehr, sehr Wert drauf in Polen und es gibt kaum eine Brauerei, die nicht sauber ist oder auf dem neuesten modernsten Stand. Und sie kaufen sehr, sehr oft deutsche Ware. das ist teilweise aus Bamberg natürlich, ich werde jetzt nicht alle Markennamen nennen, aber aus Bamberg wird ganz viel in Polen gebaut, Sudhäuser, aber auch andere deutsche Hersteller, die dort gut verkaufen in Polen. Und das ist natürlich schön zu sehen, dass sie da auch wirklich Wert drauf legen auf das Material.

Markus: Ja, das auf jeden Fall. Und da hast du dann ungefähr zwei Jahre noch verbracht oder drei Jahre, in Polen?

Jonas: Genau, da durfte dann auch zwei Jahre sein und alle Bierstile entwickeln, alle Rezepte schreiben, alle Prozesse festlegen. Heißt, das hat mich sehr, sehr gefreut, dass mit aufzubauen. Und ich durfte es dann auch übergeben an einen guten Freund, der jetzt Braumeister ist. Aber das Schönste natürlich für mich ist, dass die Rezepte die gleichen geblieben sind und immer noch bei jedem Wettbewerb, bei dem sie mitmachen, ganz viele Preise gewinnen. Also die ganzen traditionellen Bierstiele wie Pils, Märzen, Weißbier, der Maibock, die gewinnen immer Preise und da bin ich ganz froh drum. Und umso mehr freue ich mich natürlich, wenn ich immer wieder zurückkommen kann ab und zu und die dann wieder probieren kann.

Markus: Und ich muss wirklich sagen, was mich fasziniert, ich tue mich unheimlich schwer mit der polnischen Sprache. Du hast das aber in der kurzen Zeit ganz gut gelernt, ne, wie macht man das?

Jonas: Ja, klar, also ich habe es irgendwann dann angefangen, doch zu lernen nach so eineinhalb Jahren dort mit einer Sprachlehrerin. Natürlich hat es auch geholfen, dass ich eine polnische Freundin hatte, da ist man dann noch mehr unter Zugzwang. Aber wenn man erstmal reingekommen ist, dann macht es wirklich Spaß, da mit den Einheimischen zu reden. Die Polen sind sehr, sehr offen und man kann Fehler machen mit polnisch. Sie reden auch alle super Englisch, heißt, da kann man immer hin- und herschwenken und das macht sehr, sehr viel Spaß, diese Sprache zu lernen. Und ist sehr hilfreich auch mit anderen slawischen Sprachen. Und, genau, das bringt mich vielleicht zum nächsten Punkt, nachdem ich dann in der Brauerei war dort in Krakau, da war es dann halt leider so, dass ja Corona kam und dann ist es nicht so ganz gut gelaufen. Und ich musste aber noch meine Doktorarbeit fertigschreiben, aber habe nie Zeit dafür gehabt. Und dann habe ich gesagt: „Ich mache eine Auszeit für ein halbes Jahr.“ Und da habe ich ein Angebot bekommen von einem Freund von mir, das ich ein halbes Jahr lang in Montenegro auf ein Steinhaus in den Bergen aufpassen kann. Da habe ich gesagt: „Da fahre ich hin und da schreibe ich meine Doktorarbeit, das Buch und bin in der Natur.“ Und das hat auch super geklappt und war eine wunderbare Zeit, mit viel Hausbrauen dann in dem Steinhaus, was natürlich auch wieder schön war, dass ich nicht vom Bier weggekommen bin und vom Brauen.

Markus: Also das klingt ja wirklich faszinierend! Steinhaus in den Bergen ist praktisch eine Hütte nur aus Stein und schon relativ weit oben oder wie muss man sich das vorstellen?

Jonas: Ja, das war auch mal eine Ölfabrik und das wurde umgebaut zu einem Wohnhaus, also schon recht groß. Und das war in den Bergen auf so ungefähr 1.000 Meter Höhe, aber das waren nur fünf Kilometer unten vom Meer weg. Heißt, man konnte mit dem Fahrrad auch mal ans Meer runterfahren oder hoch in die Berge zum wandern. Also wunderbar, der beste Platz, um eigentlich eine Doktorarbeit zu schreiben. Nach einem halben Jahr war es dann auch in Ordnung und drum bin ich dann nach Frankreich gekommen.

Markus: Ja, aber das finde ich schon, also sowas, muss ich sagen, hätte ich in meinem Leben auch gerne mal gemacht, also für so ein halbes Jahr mal komplett für sich, auf sich konzentrieren und so ein Projekt durchziehen mit der Natur. Klingt auf jeden Fall irgendwie sehr romantisch. Hatte wahrscheinlich auch seine Tücken, aber, ja, vielleicht auch spannend eben oder gut für dich, um diesen Übergang dann woandershin wieder hinzubekommen. Und das hat sich dann schon währenddessen abgezeichnet mit Frankreich oder erst später?

Jonas: Ganz genau. Nein, es war ja klar, dass ich nachdem, wenn die Doktorarbeit fertiggeschrieben ist, mich wieder wo bewerbe. Und es waren ein paar Sachen in Aussicht. Im Endeffekt habe ich mich dann entschieden zwischen Schweden auch wieder, Schweden, Deutschland oder Frankreich, welcher soll es werden? Und im Endeffekt habe ich mich dann für Frankreich entschieden. Schweden war mir zu dem Zeitpunkt ein bisschen kalt, Deutschland war mir zu früh, wieder in die Heimat zurückzukommen. Und Frankreich hat mich ein bisschen gereizt, weil ich die Sprache schon fast vergessen hatte von der Schule her. Und da dachte ich, Sprache wieder lernen, die Brauerei ist super aufgestellt und die sind am wachsen und da kann ich neue Rezepte einbringen. Heißt, habe ich mich für Frankreich entschieden und das war auch die richtige Entscheidung so, ja.

Markus: Das heißt, die haben dich gezielt kontaktiert oder hast du es irgendwo gefunden?

Jonas: Die haben das ausgeschrieben gehabt bei LinkedIN und da habe ich mich dann beworben und da haben sie mich eingeladen. Und haben wir uns super verstanden gleich und so kam das zustande.

Markus: Fantastisch. Apropos, wie geht es denn deinem Vitus, ist da überhaupt noch was davon da?

Jonas: Grade eben den letzten Schluck getrunken.

Markus: Hah, was für ein Timing. Hast du dir noch ein zweites aufgehoben oder denkst du, es reicht erstmal?

Jonas: Ich habe den Vitus nicht ganz leer getrunken, heißt, nur die halbe Flasche, aber das Teku-Glas ist grad leer.

Markus: Okay.

Jonas: Und ich habe noch ein zweites Bier, das vielleicht ganz interessant ist, um es vorzustellen, ja.

Markus: Na dann, auf, auf.

Jonas: Gut. Ich schwenke nochmal das Glas aus mit Wasser.

Markus: Natürlich, mache ich bei mir auch mal schnell.

Jonas: Also ich habe noch ein Bier gefunden, dass ist von der Nothern Monk Brewery, die sind in Leeds in England. Und die sind hier in Frankreich, nicht nur in Frankreich, auch in England und Europa, aber vielleicht weniger in Deutschland, die sind sehr bekannt hier für ihre Craft-Biere. Heißt, die machen diesen ganzen verrückten Stouts und ganz viele IPAs. Und hier habe ich ein Bier, das heißt Nord. Das ist ein Hazy IPA, heißt New England IPA. Und das ist zusammen gebraut mit der Mack Brauerei. Ich weiß nicht, ob die dir was sagt, die ist in Tromsö, in Norwegen, das ist die nördlichst gelegene Brauerei der Welt. Und da haben die dieses New England IPA gebraut zusammen, 6,2%. Und da bin ich mal gespannt, weil ich hier in Frankreich viel stärker mit den New England IPAs zu tun hatte wie zuvor und auch ganz viele braue. Insofern ist das für mich ganz interessant, wie jetzt dieses hier ist. Dann machen wir mal auf.

Markus: Ja, mach mal auf, da bin ich gespannt. Und, ja, vielleicht währenddessen kurz erzählt, in Leeds, da war ich auch schon mehrmals. Ist eine wahnsinnig interessante Stadt, auch von ihrer Geschichte her. War mal praktisch die Textilhauptstadt der Welt und hat daher auch noch richtig viele historische Gebäude eben aus den Anfängen der Industrialisierung. Hatte damals auch globale Bedeutung, unheimlich viel Geld. Ganz interessant, das sieht man zum Beispiel, ein Industriegebäude ist so ein bisschen nachgebaut nach einem alten ägyptischen Tempel, also wir faszinierend. Es gab so einen Turm in der Stadt, der so aussieht wie so ein italienischer Glockenturm und so, also wirklich sehr interessant aus dieser Zeit. Und sie sind eben jetzt auch in dieser ganzen Craft-Beer-Bewegung durchaus mit dabei. Ich habe drei Brauereien dort kennengelernt, einmal den Klassiker, sage ich mal in Anführungsstrichen, Kirkstall, das sind so mit die Ersten. Und der Inhaber vor allem hat viele andere mit initiiert, ganz spannende, interessante, tolle Geschichte. Die haben auch viele schöne Pubs, also lohnt sich auf jeden Fall, da mal hinzuschauen. Und dann war ich bei North Brewing, die jetzt mittlerweile soweit ich weiß, auch von Kirkstall mitgeführt werden, aber noch eigenständig brauen. Die haben sogar zwei Braustätten, sehr schöne klassische britische Biere auch. Und dann eben Nothern Monk, die in so einem alten Backsteinkogus sitzen, etwas außerhalb der Innenstadt, würde ich sagen. Im Keller eben die Brauerei, oben drüber ein ganz schöner, moderner, toller Taproom. Und die sind wir total experimentell, total kreativ, mit sehr vielen interessanten, spannenden Bieren, bis hin zu irgendwelchen Pastry Stouts und was weiß ich was. Also da habe ich schon alles Mögliche probiert und auch alles wir sehr, sehr gut. Sehr interessant, tolle Ecke auf jeden Fall. Und, ja, weiß nicht, warst du da schon mal vor Ort?

Jonas: Nein. Hört sich aber gigantisch an, also da müsste ich auf jeden Fall mal hin und die Biere probieren dort vor Ort natürlich. Es schmeckt vor Ort immer besser wie exportiert und hört sich echt super an.

Markus: Ja, also wirklich wunderschön, auch der Fluss, der Kanal. Und man darf auch nicht vergessen, um die Ecke liegt Tadcaster, wo Sam Smith ist mit der Brauerei, die auch unglaublich ist als historische Brauerei einfach, was man dort alles sehen und erleben kann, die Biere sowieso. Also, ja, England überhaupt auch immer eine Bierreise wert aus vielen Gründen, in vielen Dimensionen. Aber ja, wir schweifen ein bisschen ab. Wobei, wir schweifen gar nicht ab, wir sind ja bei deinem Bier. Wie ist es denn?

Jonas: Also vom Aussehen her wie es sein soll. Man kann nicht durchschauen, es ist wirklich sehr, sehr trüb. Ja, es sieht auch schon cremig aus. Und die Farbe ist wie ein leicht dunklerer Orangensaft, ein bisschen wie ein trüber Apfelsaft, aber in der Nase auf jeden Fall wie es sein soll, sehr citrusartig, Grapefruit. Also auf jeden Fall mehr bei den Citrusfrüchten als wie Ananas, ganz leicht Kokosnuss. Aber im Geschmack ein bisschen atypisch für ein New England IPA, mehr grüne Aromen, so ein bisschen mehr, ja, vegital sagt der Franzose. Also ist mehr gewürzartig jetzt im Geschmack und, ja, mehr diese grünen Aromen. Das ist interessant, aber nicht schlecht, also ist auf jeden Fall ein leckeres Bier.

Markus: Na fein, Glückwunsch auf jeden Fall. Und ist ja auch schön, mal diesen anderen Weg zu gehen. Weil ich denke, diese extrem Fruchtigen, da gibt es ja jetzt ganz, ganz viele. Und wir können auch gleich nochmal sprechen über diesen ganz neuen Trend mit diesen fire-list-Bieren, wo man dann eben nochmal richtig über die Thiole Fruchtaromen da rausholt. Ich muss sagen, ich mache auch mal schnell mein Bierchen auf, ich habe mir auch noch eins rausgesucht. Und zwar habe ich noch so ein weihnachtliches Überbleibsel gefunden, könnte man sagen. Und zwar habe ich von Kühn Kunz Rosen ein Bierchen bekommen, das nennt sich Schrille Nacht. Und das ist auch witzig, weil den Inhaber kenne ich schon ewig. Der Wendelin, der war damals in einem unserer allerersten Masterclasses von der BierAkademie und seitdem sind wir in Kontakt geblieben und auch immer wieder bei Bierveranstaltungen gesehen. Und der macht immer so einen Ritt auf der Rasierklinge zwischen dem, was er eben so machen darf und was er machen will. Und schafft es aber eigentlich sehr, sehr gut, auch mit sehr vielen kreativen Bieren. Und hier haben wir eine Kooperation auch, also er hat nicht alleine, sondern in dem Fall mit, auch in Mainz, Schwarze Rose, Sind vier Jungs, soweit ich weiß, die sich da eben seit ungefähr 2019/20 auch dem Bier verschrieben haben und halt eben ein deutsches Weihnachtsbier gemacht. Wobei, sie nennen es Winter IPA, Winter Indian Pale Ale. Und, ja, habe ich schon gesagt, dass es Schrille Nacht heißt, ich weiß es nicht, aber ich sage es nochmal. Und mache ich mal auf, Schrille Nacht. So. Also Farbe jetzt hier etwas heller. So, Wald, na, hm, hm, hm, überlege, BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de Honig, aber ist kein Waldhonig, das wäre dunkler. Also vielleicht so eine Mischung aus Wald- und Blütenhonig, wenn es sowas gibt, keine Ahnung, aber BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de so. Und, oh ja, in der Nase sehr viel die Gewürzaromen, Kardamon, Piment, Citrus, ein bisschen auch so teeartige Aromen, ein bisschen Apfel, Birne. Mhm, interessant. Ganz im Hintergrund tatsächlich auch ein bisschen Bier und ein bisschen Honig. Schauen wir mal. Mhm, ah ja, tolle Mischung. Also geht auch wieder eher süßlich los. Wobei es gar nicht so stark ist, hat 6,8. Dann sehr cremig, sehr moussierend auf der Zunge. Und da kommen dann tatsächlich einerseits die Bittere und andererseits die Gewürze mit den ganzen ätherischen Ölen. Und schmeckt man auch, da sind auch so Tannen- oder Kiefernnadeln drin, das kommt ganz stark und bleibt dann auch lang. Und hat dann fast so ein bisschen eine mentholige Wirkung, also erfrischt so ein bisschen, vor allem im Nachtrunk. Tolle, spannende Reise. Hat ein bisschen auch die Stachelbeeren, die ich grade schon bei dem anderen Bier hatte. Also, ja, interessant. Also es geht auch in Deutschland und es gehen auch solche kreativen Biere. Sehr schön, schmeckt. Also Schrille Nacht, auch eine Empfehlung, falls es das in diesem Jahr wieder geben sollte. Fein. Ja, da sind wir auch schon bei den ganz Kreativen. Ja, da sind wir jetzt schon bei den ganzen richtig kreativen Bieren und vielleicht dann auch tatsächlich ein bisschen bei dir in Frankreich angekommen. Da kannst du uns vielleicht auch ein bisschen mitnehmen auf diese Reise. Also du kommst da an und ich weiß nicht, wie viel Vorwissen du hattest, aber das muss ja auch dann die Zeit gewesen sein, wo in Frankreich grade so das Richtung Höhepunkt gestrebt ist. Also heute haben wir ja, ich würde sagen, es sind jetzt wieder so 3.500 Brauereien, es waren mal über 4.000 kurz, aber eine riesen Zahl auf jeden Fall. Viele, viele kleine, viele, viele Experimente und eben sehr, sehr viel Kreativität, sehr kreativ, sehr wirbelig irgendwie die Szene. Und, ja, wie hast du das erlebt und wie hast du dich da eingefügt und was hast du dann in deiner Brauerei sozusagen draus gemacht?

Jonas: Ja, genau, also das war wirklich eine Überraschung und war wunderbar zu sehen, was es hier denn auch für eine Biervielfalt gibt. Natürlich viele kleine Brauereien, wie wir gesagt haben, die sich auf belgische Bierstile festgelegt haben, aber auch ganz, ganz viele neue Craft-Bier-Brauereien, die hier waren als ich ankam und die immer noch aufmachen. Heißt, als ich hier angekommen bin, das war dann grad noch das Ende von Covid, von Corona, da war dass das erste Jahr, wo eigentlich wieder hier aufgemacht wurde im Frühjahr und die Brauerei durchstarten konnte mit ihrem Verkauf auch vor Ort. Und wie vorher schon gesagt, unsere Hauptsorten sind eigentlich diese Grundsorten, ein Doppelbock, ein American Pale Ale, ein IPA, ein Weißbier, ein bayrisches und ein Schwarzbier. Aber von dem an der Seite haben wir als Brauer, also wir sind vier Brauer, ich als Braumeister und die drei anderen Brauer dazu, da können wir machen was wir wollen. Und da tun wir natürlich dann brainstormen, welche Biere wären gut? Wir müssen uns natürlich mit dem Verkauf auch kurzschließen, was würde er am liebsten verkaufen? Und der Verkauf verkauft natürlich am liebsten auch Craft-Biere momentan, die IPAs sind. Heißt, wir machen ganz viele New England IPA-Sachen, Dubble New England IPA, wo dann viel mit Haferflocken gebraut wird, viel mit starkem Weizenmalzanteil. Aber was wir auch gemacht haben jetzt in letzter Zeit, waren diese Pastry Sours. Heißt, ein sauervergorenes Bier im Würzekessel und danach abgekocht und normal vergoren mit der Hefe. Und das dann mit ganz vielen Früchten vermischt, mit Vanille, eventuell mit Laktose und das ist dann wirklich dieses Pastry, dieses Gebäck. Und diese Biere sind auch sehr, sehr interessant und ich bin sehr, sehr froh drum, dass ich das hier brauen kann in Frankreich, da ja alles außerhalb vom Reinheitsgebot ist. Und hier ist es auch kein Problem, mal Enzyme zuzugeben, weil, es ist außerhalb vom Reinheitsgebot hier. Und manchmal macht es auch Sinn, wenn man zum Beispiel ein Puree-IPA macht, heißt, ein Trocken-IPA, wo dann wirklich kein Extrakt mehr drin sein soll. Und diese Biere sind auch wirklich interessant und gigantisch.

Markus: Ja, also das klingt nach einer tollen Spielwiese auch für Brauer. Und ich erinnere mich da an ein lustiges Erlebnis mit meinen englischen Beer-Judge-Kollegen Tim Web. Mit dem war ich in Krakau vorletztes Jahr beim Bierwettbewerb und er sollte dann in der Kategorie Pastry Sour die Biere bewerten. Und er hat ich dann geweigert und hat es tatsächlich nicht gemacht, weil er gesagt hat, für ihn ist das kein Bier. Und daraus hat sich dann große Diskussion entsponnen. Wobei ich sagen muss, also für mich ist es auf jeden Fall auch Bier, man muss diese ganzen verschiedenen Dinge einfach so nehmen wie sie sind und halt dann als Judge auch innerhalb der Kategorien, wo sie sind, entsprechend bewerten. Aber tim ist natürlich auch eine Koryphäe und eine Legende. Das ist so jemand, dem kann man das auch nicht krummnehmen, zumal er das auf eine sehr charmante englische Art gemacht hat und wir genügend Judges waren, um das dann noch zu beurteilen. Und dann hast du aber oft auch auf der anderen Seite Leute, die sagen: „Naja, so ein Pastry Sour, da kippst du halt ein bisschen was zusammen und dann kommt immer irgendwie was dabei raus.“ Aber das stimmt gar nicht. Also das wirklich genau zu harmonisieren, zu balancieren, dass dann am Ende auch was schön Trinkbares, ein tolles Erlebnis dabei rauskommt und alle Zutaten irgendwie erkennbar sind, das ist gar nicht so einfach, oder?

Jonas: Ganz genau, das muss alles miteinander harmonisieren. Das fängt schon an mit der Milchsäuregärung, die muss ja auch schön ablaufen, da muss man die richtigen Milchsäurebakterien raussuchen. Und wenn das schon nicht funktioniert, dann ist es schon nicht harmonisiert danach. Dann, natürlich kommt es drauf an, welche Früchte man sich raussucht. Aber das muss ja auch ausbalanciert sein von der Menge her und dann alles ausbalanciert mit der Vanille, wie viel Restextrakt man drin hat. Heißt, dass ist nicht ganz einfach und insofern ist das schon ein Stil, der zurecht vorhanden ist. Und ich würde es auch ein Bier nennen. Nichtsdestotrotz sage ich auch, mir ist ein Pils lieber. Aber ein Pastry Sour ist auf jeden Fall auch zu Recht ein Bierstil, auf jeden Fall.

Markus: Ja, das sind irgendwie so zwei Lehren, die ich über diese ganze Craft-Beer-Welle gewonnen habe. Also auf der einen Seite diese Vielfalt und Kreativität unglaublich zu schätzen und zu würdigen und zu respektieren, aber auf der anderen Seite auch wirklich wieder zu schätzen, was ein richtig gut gebrautes klassisches Pils, Helles, Dunkles, wie auch immer, sein kann. Also irgendwie für beide Seiten hat das für mich eine Aufwertung gebracht und das finde ich auch wirklich gut, weil letzten Endes kommt das ja dann dem Bier an sich zu Gute, könnte man so sagen. Wie sind denn die Franzosen in der Brauerei, was kommen denn da für Leute, was trinken die gerne? Gibt es da auch bestimmte Kombinationen vielleicht mit dem Essen, was es gibt oder so?

Jonas: Ja, sicherlich. Also bei uns machen wir viele Food Paring und wir schlagen immer vor, welches Bier zu welchem Gericht passt. Und die Franzosen sind, wie ich vorhin am Anfang gesagt hab, ganz viele kennen einfach nur die Farben von einem Bier und wissen dann gar nicht, was es eigentlich ist. Heißt, unser Service tut die dann auch ein bisschen aufklären und erklärt jeden Bierstil und wie er schmeckt und welche Aromen der hat. Es ist ganz wichtig, da auch ein bisschen die auszubilden, die Klienten. Und, genau, die sind sehr fokussiert auf diese neuen Craft-Beer-Stile. IPA ist eigentlich immer zu finden in jeder Kneipe, findet man neben einem Lager auch ein IPA. Das wird so in Deutschland ja nicht sein. Und das ist eine schöne Entwicklung auf jeden Fall. Und was bei uns noch ist, die Leute sind sehr interessiert, unsere neuen saisonalen Biere immer zu probieren. Heißt, die kommen natürlich dann vorbei und sagen: „Habt ihr was Neues, was gibt es hier?“ Und da haben wir auch immer, das habe ich noch gar nicht erwähnt, immer diese Barrel-Aged-Biere, wo ich jedes Jahr eins mache. Ob das jetzt ein Baltic Porter ist oder ein Imperial Stout, die haben wir auch immer da. Und dann werden die auch teilweise mit Stickstoff gezapft, dass die noch ein bisschen cremiger sind wie so ein Stout. Und da muss ich sagen, sind die französischen Leute sehr, sehr interessiert. Aber, wie wir grad gesagt haben, auch wie die Brauer, ist das Blonde, das Lagerbier hier immer noch im Vordergrund. Und da habe ich bei uns in der Brauerei auch ein Lager entwickelt mit einer neuen Hefe. Eine neue Hefe, die bei höheren Temperaturen vergären kann und somit das Bier ein bisschen schneller herstellen können wie die traditionelle Lagerherstellung. Und dieses Bier schmeckt klasse und mittlerweile ist das unser zweitbester Verkaufsschlager schon, dieses Lagerbier. Heißt, die Leute wollen Neues, aber natürlich wollen sie auch ein richtig schönes knackiges und sauberes Lagerbier.

Markus: Genau und beides zusammen ist ja eigentlich immer so die Idealvorstellung, die man in so einer Kneipe praktisch hat. Ich war letztes Jahr in Frankreich in Nancy, da war unter anderem auch ein Kongress und eine Messe auch, wo man viele Brauereien auch kennengelernt hat. Dieses Jahr ist das Brewers Forum ja in Lille. Ich weiß nicht, ob wir uns da vielleicht sogar sehen, müssen wir mal schauen. Und ich muss sagen, ich habe so ein bisschen auch gemerkt, dass in Frankreich eben die Sputze wohl so ein bisschen erreicht ist und wir so ein bisschen übers Zeit jetzt rübergehen. Es hat eben auch schon abgenommen, natürlich auch wegen der aktuellen Energiepreissituation und so. Wie erlebst du die französische Brauereiszene grade?

Jonas: Ka, leider Gottes ist es so, dass wirklich einige kleine Brauereien zumachen. Ich merke es hier in der Region auch ganz stark, weil hier in Nantes und im Umkreis gibt es sicherlich 40, 50 Brauereien, wo von viele natürlich auch ganz klein sind und da machen schon einige zu, man bekommt es mit. Und ich bekomme es dann natürlich auch mit, dass die Braumeister oder die Besitzer dann neue Arbeit suchen wollen. Insofern ist das schwierig, die Situation. Und man muss sich wirklich gut aufstellen als Brauerei, man muss ein gutes Wachstum haben und man muss gut verknüpft sein mit den Distributoren auch zu den einzelnen Kneipen. Heißt, wie du sagst, in Frankreich geht es leider natürlich auch jetzt ein bisschen in die Rezension, was Brauereineuaufbau und was an Brauereien zumacht, sind mehr und mehr Brauereien momentan.

Markus: Ja, aber trotzdem bleibt ja ein Großteil der Vielfalt und das ist ja auch schön. Wie sind denn deine weiteren Pläne? Also ich glaube, du wirst jetzt in Frankreich nicht mehr allzu lange bleiben, oder?

Jonas: Genau. Also ich habe vorgesehen damals, dass ich ungefähr zwei Jahre hier bleibe. Und so habe ich es mir jetzt auch weiter vorgenommen und ich werde so in ein, zwei Monaten hier die Seile abbrechen und habe schon drei, vier neue Sachen im Gespräch, wo ich anfange. Da will ich noch nicht weiter vorneweggreifen. Aber was ich vorher noch mache, ich helfe meinem ehemaligen Doktorvater von Krakau momentan dabei, seine brautechnologische Konferenz vorzubereiten. Die ist in der Nähe von Krakau und die ist alle zwei Jahre und das ist eine sehr, sehr interessante Konferenz. Da wird auch der Martin Zarnkow vorbeikommen und eine Präsentation geben. Heißt, da freue ich mich, wenn ich ihn wiedersehe. Und vielleicht willst du ja auch vorbeikommen, Markus, das ist wirklich sehr interessant. Sehr schön gelegen in den Bergen auch, so in den Hügeln und ein sehr schönes Hotel mit Wellness, kann man nur empfehlen.

Markus: Also es klingt immer besser. Wann wird das denn ungefähr sein?

Jonas: Diese Konferenz, die heißt SZDF, das ist szdf.com und die ist vom 8. bis zum 10. Mai.

Markus: Ah ja, okay. Na, da werde ich gleich mal, wenn wir fertig sind, im Kalender schauen, würde ich, wenn es irgendwie geht, tatsächlich gerne machen, weil ich auch noch nie im Sommer in der Ecke da unten war, sondern immer nur im Winter mit ganz viel Schnee und Eis. Was auch schön ist, aber wäre auch mal schön, dass dort im Sommer bei warmen Temperaturen zu erleben. Ja, cool. Also vielen Dank für diesen tollen Einblick in deine Welt und deine Geschichte. Gibt es sonst noch irgendwas, was du uns mit auf den Weg geben willst oder unseren Zuhörer: Innen?

Jonas: Nein. Ich möchte mich auch recht herzlich bedanken für das schöne Gespräch und für den Austausch. Und ich hoffe, wir sehen uns natürlich in Polen dann zur Konferenz. Wenn nicht, wie du gesagt hast, in Lille, denke ich auch, dass es möglich ist. Und wenn alles nicht klappt, dann komme ich einfach nach Bamberg.

Markus: Das sowieso, also da bist du immer herzlich eingeladen und sehr, sehr gerne gesehen, freue ich mich drauf. Aber ich bin mir ziemlich sicher, eine der beiden anderen Wege wird vorher auch funktionieren. Also dir auf jeden Fall heute noch einen schönen Tag, gut angefangen mit guten Bieren hast du ihn. Vielen Dank auch für die Biere, über die du uns erzählt hast und für deine Zeit sowieso. Und ja, dann alles Gute und bis bald.

Jonas: Vielen Dank dir, Markus.

 

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