BierTalk 123 – Interview mit Silvio Reiß, Biersommelier, Gründer und Inhaber von Vintäsch in Stolberg bei Aachen

Silvio Reiß verkaufte in seinem Laden gebrauchte Lederkleidung und Ledertaschen und kam auf die Idee, zur Unterhaltung und Launesteigerung seiner Kunden interessante Biere anzubieten. Schnell kamen mehr Leute für die Wartebank als für die Umkleidekabine, und aus dem Klamottenladen mit Bierbeiwerk wurde ein Bierspezialitätenladen mit etwas Lederdekoration. Auf 50 Quadratmetern stehen nun über 800 Flaschen, viele davon holzfassgereift und Vintage. Der Abschluss als Biersommelier folgte, ab Januar 2024 wird in der historischen Altstadt von Stolberg ein Bierbegegnungszentrum auf doppelter Fläche und mit einem Biergarten seine Pforten öffnen. Für den Podcast haben wir uns an Bambergs höchster Stelle, dem Altenburgbiergarten, getroffen und unter anderem das Geheimnis des Hundes auf Silvios Logo gelüftet…

Kommt in unsere Facebook-Gruppe und diskutiert mit: https://www.facebook.com/groups/bierakademie

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute mal wieder ganz spannend, das ist ja immer spannend, aber heute ganz besonders spannend aus vielerlei Gründen, einmal sind wir open Air sozusagen  und zwar für Bamberg jedenfalls, ganz oben auf der alten Burg, hier habe ich noch nie eine Podcast aufgenommen. Und wir sitzen bei einem wunderschönen sommerlichen Wetter unter den großen Kastanien und Linden, die es hier gibt und lassen uns so ein bisschen die virtuelle Sonne auf den Bauch scheinen, weil sie ja durch die Bäume aufgehalten. Aber es ist sehr schön, wir sitzen da, wir haben ganz viel Bier. Und wir, dass ist der Silvio, der gleich seinen weiteren Namen komplett aufklären wird, das wird jetzt zu kompliziert, wenn ich das mache. Erst mal schon, das du da bist und, ja, ich hoffe, du bist gut angekommen und fühlst dich hier auch wohl.

Silvio: Herzlichen Dank, dass ich hier in Bamberg sein darf, wie du so schön beim Podcast gesagt hast, eine der europäischen Hauptstädte des Bieres. Und mein Name ist Silvio Reiß, ich führe in der Nähe von Aachen in Stolbergdorff, mit doppel-f, einen Bierspezialitätenladen und der heißt Vintäsch. Vintäsch ist ein Wortspiel gewesen aus Vintage und das rheinische Wort Täsch, weil ursprünglich habe ich mal angefangen nur mit gebrauchten Lederklamotten, Ledertaschen zu handeln. Und wie ich den Laden aufmachte, kam mir dann die Idee, damit dann morgens einer kommt, nachmittags nicht was ruhiger wird, habe ich dann so gesagt, okay, dann werde ich mal ein wenig Bier in den Laden rein tun und fängst du einfach mal mit 120 Sorten bayrischen und belgischen Bieren an. Völlig als alter Jeck erst mal so, wie es mir gefallen hat und wo ich gedacht hab, das schmeckt mir, das könnte auch den Leuten schmecken. Da ich immer auch sehr viel in Oberbayern unterwegs bin, weil Bayern, sage ich immer so ein bisschen, die zweite Heimat ist, ich mag die Lebensart sehr gerne, die Fränkische habe ich auch schätzen und kennengelernt, muss man auch dazu sagen. Aber so gab es diese Bierkonstruktion am Anfang, bayrisch und bayrische Biere. Und dann habe ich 2021, ja, den Biersommelier gemacht in Österreich. Und dann war es dann weg mit gefährlichem Halbwissen, sondern man wollte das so ein bisschen auf ein anderes Fundament bringen. Und mittlerweile habe ich so circa 800 Bierspezialitäten auf 52 Quadratmeter verteilt und ein großes Bags-Repertoire nach wie vor und habe mich mehr und mehr auf Aged-Biere und auch B.A.B.-Biere, also Barrel Aged Biere noch dazu spezialisiert.

Markus: Da muss ich gleich mal einhaken, wenn du sagst, 800 Biere auf 52 Quadratmetern, das klingt so ein bisschen wie nach meiner Biergarage. Also da passt nicht mehr viel anderes rein oder?

Silvio: Nee, die Taschen sind rausgeflogen, ich habe noch ein bisschen schweizer Armeetasche, aber natürlich bin ich an Kapazitätsgrenzen. Und das ist einer der Gründe, warum ich im Januar das Dorf verlasse, in die Altstadt von Stollberg ziehe, die ja überflutet war. Und jetzt gibt es ein Förderungsprogramm und dadurch nutze ich das und fange direkt in der historischen Altstadt an, habe einen Laden, der wird dann 100 Quadratmeter sein. Und bin jetzt grad noch dabei, mit der Stadt eine Ausschankgenehmigung zu bekommen, sodass ich draußen eben auch eine Bierbegegnungsstätte machen kann. Dass ist das, was ich unglaublich möchte und ein bisschen, fast so nach dem Münchner Beispiel, also wenn die Leute im Sommer kommen, ihre Brotzeit mitbringen, dass sie dann eben auch da die Möglichkeit haben, ein vernünftiges, was immer vernünftig ist, Fragestellung, Geschmacksache, ein schönes Bier trinken können, vielleicht einigen wir uns lieber darauf.

Markus: Genau. Und wenn du schon München sagst, du bist ja hier quasi auch im landestypischen Outfit hier mit Lederhose unterwegs. Machst du das Zuhause dann auch im Laden?

Silvio: Ja, selbstverständlich. Also ich habe jetzt, wenn ich wiederkomme, glaube ich, 3 oder 4, 4, mittlerweile 4 Oktoberfest-Tasting-Termine, die habe immer, das wird immer sehr stark gefragt und da bin ich auch authentisch. Jetzt können weiter, natürlich heute im Zeitalter von Politikern korrekt gesagt, ist das kulturelle Aneignung? Nein, sage ich jetzt mal dazu, nein. Weil es ist ja einfach, ich ziehe das an und ist für mich kein Kostüm.

Markus: Ja. Ja und sich eine bayrische Kultur anzueignen, naja, wie auch immer.

Silvio: Ich versuche jetzt nicht Bayrisch zu sprechen, würde ich grandios scheitern.

Markus: ja, ist auch besser so, dann würde uns auch keiner mehr verstehen, also da ist alles in bester Ordnung, aber natürlich sehr cool. Oktoberfest-Tasting heißt dann einfach, die 6 Oktoberfestbiere im Vergleich?

Silvio: Nein, es heißt dazu, dass man natürlich das viel weiter fasst. Bei mir ist es dann eben auch so, dass eben auch der Steffen Marx mit seinem Bier vertreten ist, das ist ja ein werbefreier Podcast, also Giesing auf jeden Fall dabei ist, allein wegen dem Story-Telling und den Kampf, dass er aber auch irgendwann auf die Wies`n kommt, er ist ja jetzt schon Münchner Bier. Natürlich geht es dann noch ein bisschen weiter, so nach der Präferenz, Ayin, für mich einer mit der besten Festmärzen, die es dort in der Region gibt. Gibt aber eben auch ein Märzen aus Österreich, um mal zu zeigen, ist ja auch ein Märzen eben da drin. Und das passt, das ist auch vielleicht gleich der Übergang, es ist immer auch ein Saisonbier dabei aus Belgien, weil es eigentlich auch mit so einwirkt in diese Tradition der Ernte, Erntedankfeste rein kommt. Ja, Oktoberfest ist ja nicht nur dieses Oktoberfest, eine Wies`n, sondern das geht ja bis zur Kita hin, also haben wir eben auch nochmal diese Dankbarkeit für quasi ein fruchtbares Jahr, dass ja in so einem Fest einfach gipfelt und dazu die Idee.

Markus: Da bin ich dir jetzt auch sehr dankbar, dass du das sagst, weil das tatsächlich was ist, was die Leute immer wieder vergessen. Und ich freue mich, wenn ich es dann selber auch immer wieder den Leuten auch nahebringe, weil das Oktoberfest eben in dieser Tradition steht, dieser Erntedankfeste. Und für genau die waren ja diese alten Märzenbiere auch gemacht, dass man dann eben, bevor es dann wieder ans neue Bier geht, nochmal so richtig aus dem Vollem schöpfen kann, was die guten alten Biere angeht. Und, ja, das ist ja toll und wir reden über Bier und sollten natürlich auch eins trinken. Jetzt hast du dankenswerterweise deinen Keller so ein bisschen geplündert …

Silvio: Den Laden.

Markus: … und da stehen jetzt, ja, aber da vielleicht, na gut, wie auch immer, also die würde ich mir zum Teil auch eher in einem Keller vorstellen, aber vielleicht ja beides, egal, also jedenfalls geplündert und jetzt stehen die hier so vor uns rum, sind kleine Flaschen, großen Flaschen. Ja, was denkst du, womit wollen wir anfangen, was hast du dir so überlegt?

Silvio: Tja, was habe ich mir überlegt, ich denke mal, das sage ich hier mal so, ich habe was mitgebracht, was ich denke, was nicht alltäglich ist. Mit dem Bier, was ich mit dem Sebastian Sauer mache von Freigeist, das, denke ich, machen wir ganz zum Schluss, vielleicht auch in die Mitte. Und ich bin großer Belgien-Fan und warum sollen wir nicht einfach versuchen, einfach mal ein schönes Bier von Vapeur zu trinken. Und der Jean-Louis Dietz war so freundlich, beim letzten Besuch, den ich unten hatte mit Journalisten bei ihm, mir einen 99er-Jahrgang oder einen 96er-Jahrgang zu vermachen. Ja und den, sollten wir einfach mal in die Vollen gehen und nicht umgedreht, dass wir uns von unten nach oben steigern, sondern wir gehen einfach, hauen wir uns mal ein bisschen Geschmack aufs Mäulchen.

Markus: Das finde ich auch eine gute Herangehensweise, warum unten anfangen, wenn man auch oben einsteigen kann. Und, ja, da bin ich also schon sehr gespannt. Also wenn du des Amtes walten möchtest oder soll ich walten, wie hättest du es gerne?

Silvio: Nee, ich denke mal, für dich ist das ja auch mal eine schöne Sache. Ich habe ja zwei Flaschen mit, wir haben ja Gott sei Dank eine Vertikalverkostungsmöglichkeit. Dann würde ich sagen, da ich, glaube ich, einen Korkenzieher mitgebracht hab, weil ich das wusste, machst du vielleicht das 22er auf und ich mache das 96er auf.

Markus: Genau. Also einen Notkorkenzieher hätte ich auch, aber ich glaube, deiner ist besser.

Silvio: Ach, ob es besser ist, weiß ich ja nicht.

Markus: Doch, weil deiner hat die Weinoption und meiner ist eher so von einer Brauerei, der ist ein bisschen kleiner. Aber jetzt machen wir hier mal, ja, jetzt, so. Und da muss man den Hörern vielleicht noch sagen, einfach damit sie sich das ein bisschen vorstellen können, korrigier mich bitte, wenn ich was Falsches sage, aber Vapeur ist wahrscheinlich die letzte Brauerei auf der Welt, die noch mit einer Dampfmaschine arbeitet. Also ich selber habe mal eine Brauerei in Sachsen-Thüringen besucht, das ist aber schon 10 Jahre her, ich glaube, der hat mittlerweile aufgehört und es gab mal den Wurm in Pappenheim, der hatte auch noch eine gehabt. Ich glaube aber fast, dass die auch nicht mehr in Betrieb ist. Weitere weiß ich, es gibt, glaube ich, noch eine in Belgien, die ist aber auch vor Kurzem verkauft oder zumindest verändert worden, also insofern wahrscheinlich die letzte Brauerei. Und das heißt, man muss sich das so vorstellen, man hat einen Raum, in diesem Raum steht in der Mitte sozusagen der Sudkessel beziehungsweise auch gleichzeitig Läuterkessel in dem Fall und dahinter steht die Dampfmaschine. Also großes Schwungrad und dann kommt das Ganze eben in Schwung, wie man so schön sagt, dann über Transmissionsriemen wird die Energie übertragen und so läuft dann eben der ganze Laden unter Dampf, deswegen heißt es auch a Vapeur. Und, ja und der Jean Louis hat das Ganze mal übernommen vor 40 Jahren ungefähr, denke ich mal. Am Anfang war es ein Hobby, eigentlich ist er Lehrer und hat dann aber nach und nach, ja, Nebenerwerb ist das falsche Wort, einfach als Liebelei, das Ganze gemacht, geführt mit seiner Frau zusammen. Und, ja, jetzt habe ich lang genug geredet und die Flasche ist auf. Und, ja, aber so ist es und das ist einfach insgesamt ein unglaubliches Erlebnis, sowohl was den Laden angeht als auch was die Menschen angeht. Jetzt hören wir hier das Bier, danke schön. Und er macht eben ganz faszinierende Biere, perfekt, mit dieser uralten Anlage und hat auch ein ziemlich breites Portfolio sogar, was er so hat.

Silvio: Muss man einfach auch mal riechen, finde ich.

Markus: Ja. Und ich muss sagen, also ein Bier von 96 hatte ich schon ewig nicht mehr, wenn ich es überhaupt schon mal hatte. Also das Älteste, wo ich mich grad erinnere, war ein Bali-Wein von 99.

Silvio: Beim letzten Besuch hat er eins von 86 aufgemacht, Jean Louis, aus seinem ersten Batch.

Markus: Boah!

Silvio: War auch ein Erlebnis.

Markus: Vielen Dank.

Silvio: Santé oder Gesundheit, wenn man so schön in Belgien bliebe.

Markus: Ja. Also vielleicht kurz für die Hörer beschrieben, wir habe hier ein karamellfarbenes Bier, würde ich sagen. Der Schaum ist natürlich über die Jahre so ein bisschen verloren gegangen, es ist aber noch etwas Karbonisierung da auf jeden Fall. Es liegt auch ordentlich im Glas. Wir haben, glaube ich, so 12% rum oder?

Silvio: Ich schätze mal. Ich glaube, er hatte, glaube ich, 9,5 gestartet.

Markus: Ja, aber es geht ja dann weiter.

Silvio: Es geht ja weiter. Könnte so hinkommen, vermute ich mal.

Markus: Also auf jeden Fall eine zweistellige Zahl. Das sieht man auch schön, wie das hier so im Glas ein bisschen vor sich hin …

Silvio: Also um es mal in deinen Worten zu sagen, du würdest ja immer sagen, der Schaum steht wie eine Eins, hier kann man sagen, der Schaum steht wie eine null.

Markus: Wie eine null, ja, genau. Aber, nee, das ist ja auch nicht wichtig, also bei so einem Bier mit der Geschichte muss das auch nicht sein. Ja und in der Nase, da ist tatsächlich, da ist eine schöne Mischung da aus den Alterungsnoten, so Wein, natürlich Rosinen. Aber dann geht es auch so in so frischere Früchte, so erdbeerige Noten, finde ich. Ich weiß nicht, wie geht es dir so?

Silvio: Ja, so ein bisschen Erdbeere, da kann ich auf jeden Fall mit dir gehen. Ich habe es natürlich jetzt einfach, weil du zuerst gerochen hast und ich natürlich auch schon einmal es auch schon kenne. Aber natürlich, finde ich, hier hast du auch volle Lotte Cider-Noten drin.

Markus: Stimmt.

Silvio: Also ich finde, so richtig Cider-mäßig so, finde ich so. Und in dieser Dörrobstsensorik, die du grade schon mal ein bisschen beschrieben hast mit Rosine, kämpfe ich immer noch so ein bisschen mit hier so Apfel, so ein Dörrapfel, so ein bisschen was.

Markus: Diese Apfelringe, die so, ne.

Silvio: Ja, Apfelringe. Und ich kann eine gute Karamellnote, finde ich, ziemlich wahrnehmen. Und hinten nochmal so leicht was Gewürziges, so in Richtung Pfeffer, leicht.

Markus: Ja. Und ein bisschen Toffee vielleicht noch.

Silvio: Ja, so Toffee, genau.

Markus: Also auf jeden Fall vom Geruch her total faszinierend, das ist schon mal wunderschön. Dann trinken wir jetzt mal ein Schlückchen. Ja, also wenn man überlegt, dieses Bier ist 3 Jahre nach meinem Abitur gemacht worden, lang, lang ist es her. Hat sich besser gehalten als ich, muss ich sagen.

Silvio: Ja, es ist natürlich, hier kommt auch das, was wir eben so sagten mit dem Apfel, finde ich, ziemlich stark durch, auch mit der Säure. Ich würde vorschlagen und das ist jetzt mal das Erfahrungswissen, was ich jetzt Gott sei Dank mit dem Bier hab, wir vergessen das jetzt mal für 10 Minuten.

Markus: Lassen wir es mal ein bisschen stehen, ja.

Silvio: Weil, ich vermute oder ich denke, dass da vielleicht in 10 Minuten noch mit der Oxidation, noch einiges passieren wird.

Markus: Auf jeden Fall. Also was den Apfel angeht, bin ich übrigens komplett bei dir. Also der hat sich jetzt noch mehr entwickelt, finde ich und auch die Säure, sie ist da, aber sie ist nicht zu stark. Also ist eine schöne …

Silvio: Ich bin immer so am schwanken, ob es so wie in die Richtung Boskoop-Backapfel geht, so war ich jetzt so grade ein bisschen kämpfen, weil es keine Elstar-Säure ist, sondern eher so eine klassische Backapfelgeschichte.

Markus: Ja und man hat auch vom Boskoop diese dicke Schale, dieses Rustikale, das passt ja da irgendwie auch total ins Bild, ne.

Silvio: Aber wir haben eigentlich was vergessen dazu, ne.

Markus: Ja.

Silvio: Vielleicht müssen wir das leicht kontern mit einem schönen Foodpairing-Käse, die wir ja da haben.

Markus: Auf jeden Fall. Also das muss man dazu sagen, der liebe Silvio hat ja auch noch andere Sachen eingepackt, nämlich hier ein bisschen Käse. Also welchen, kannst du ja gleich noch selber sagen und ein Würstchen. Ja, was für Käse haben wir?

Silvio: Ich habe mitgebracht von Pastel den Abtei-Käse, also der alte, der bis zu 24 Monate gereift ist. Ich nenne ihn immer, um es ein bisschen einfacher zu machen für die Leute, den belgischen Parmesan. Werden wir gleich mal, damit sie merken warum, ich label mal und ohne was zu sagen. So und dann habe ich mitgebracht von Dupont den Moientte, der ist dann auch in dem Blonde von denen gewaschen, soweit ich es verstanden habe, drei Monate alt. Ich habe ihn jetzt noch von der letzten Reise, ist er jetzt vier Wochen da. Und ich habe was mitgebracht, damit wir schön in Bayern noch sind, ein schönen Kaminwurzen von einer schönen Landmetzgerei, schön dunkel geräuchert. Weil ich gesagt hab, wenn wir schon in Bamberg sind, dann muss das Ding auch Rauch haben.

Markus: Sehr gut.

Silvio: Ich muss mich da ja auch ein bisschen anpassen. Das war so die Idee, die ich dabei hab. Und du warst ja freundlicherweise sogar und hast einen Orval-Käse, glaube ich, mitgebracht.

Markus: Genau, noch den alten Orval, weil ich hab ja auch grade erst die Ecke so ein bisschen besucht und überall ein bisschen Käse eingepackt. Und, ja, da bin ich jetzt sehr gespannt, den können wir jetzt auch gleich noch dazulegen. Und, ja, wie machst du das normalerweise, wenn du mit Leuten so Bier und Käse machst?

Silvio: Bei mir gibt es kein Tasting ohne Käse, es gibt kein Tasting ohne Schokolade, sondern das ist bei mir mit in meinem Tasting-Programm drin, weil ich der Überzeugung bin, dass ein reines Bier-Tasting zu kurz gesprungen ist. Das ist so die Erfahrung, die ich gemacht habe und das ist die Erfahrung, die ich dann auch zurückgemeldet bekommen habe. Das ist einfach so, es gibt immer einen Abtei-Käse, es gibt immer auch was dazu. Wenn wir zum Oktoberfest gehen, gibt es natürlich eben auch einen Obazda und dann gibt es eben auch einen schönen Bergkäse oder Heumilchkäse, damit man eben auch dieses Bier einfach nochmal auf einen ganz anderen Level damit schieben darf. Damit die Leute auch sehen, dass Bier zugleich sein kann wie Wein. Wir wissen, es ist besser …

Markus: Ja!

Silvio: … aber wir müssen ja erst mal anfangen damit.

Markus: Das stimmt, ja.

Silvio: Das sind aber die Erfahrungen, die ich gemacht hab eben auch durch die Tasting-Formate, die ich in der Gastronomie dauerhaft führe. Das heißt, so einmal in der Woche bin ich in irgendeinem Gastronomiebetrieb und mache zum Beispiel Diner and Beer, gibt es ein Dreigangmenü und ich mache 6 abgestimmte Biere. Es gibt immer wieder ein neues Menü, es gibt natürlich auch immer wieder neue Biere oder Beef and Beer und dann ist wirklich 6 verschiedene Cuts und 6 verschiedene Biere dazu. Und dann gibt es eben noch zwei, drei andere Formate, die ich noch im Kopf habe, die grade im Entwickeln sind und so wie es ausschaut, im Oktober wird es dann vielleicht schon Fisch und Bier geben.

Markus: Das ist auch spannend.

Silvio: So, das sind sozusagen so Dinge. Und das ist, was ich so gemerkt hab, da holt man adere Leute ab auf einer anderen Ebene, weil sie eh entspannt sind und dann ist der Zugang sehr oft ruhiger, weil die wollen einen genussvollen Abend haben. Ich versuche immer sozusagen, ich bin bei der Gastronomie immer nur der I-Tüpfelchen-Macher, wenn der Koch, der eben das nahrungsmittelhandwerk ist. Das ist ja einer der Gründe, warum ich den Biersommelier gemacht habe oder auch du da auch ja aktiv bist, dieses Nahrungsmittelhandwerk, das müssen wir eigentlich wieder viel mehr in das Bewusstsein der Leute bringen, dass das auch Kunst ist. Das man wirklich sieht, dass ein Koch, ein Bäcker, ein Metzger, ein Brauer, und damit schließt sich wieder der Bogen, es verdient hat, wieder mehr gefeiert zu werden, mehr Zelebration und mehr Respekt dem gegenüber bringen. Und da schwingt natürlich eben die Nähe zu Belgien unglaublich rein, wo man sieht, dass das eben was ganz anderes ist, wieder eine andere Kultur ist, die Bierkultur sowieso, aber auch die gepaarte Essenskultur, die wir dort haben.

Markus: Glaubst du, dass das auch einer der Gründe ist, warum es bei dir dann entscheidend funktioniert? Also weil, wenn ich überlege, also es ist hier in Bamberg schon sehr schwer Leute zu motivieren, für einen vernünftigen Preis so ein Bier- und Käse, Bier- und Schokolade-Tasting zu besuchen oder ein Bierkulinarium, solche Dinge. Wir haben ja schon viel probiert und machen auch viel, in Nürnberg hatten wir mal eine Zeitlang was etabliert, das ist aber mittlerweile auch eingeschlafen, in München war es auch schwierig. Und viele Kollegen erzählen ja auch, dass sie das nicht umgesetzt bekommen, weil die Leute einfach nicht bereit sind, das entsprechend zu honorieren, also diesen Genuss dann eben auch so zu nehmen, wie er ist. Ich könnte mir vorstellen, bei dir in der Ecke ist das vielleicht ein bisschen anders durch die Nähe zum Genuss zu Belgien, zu Frankreich. Sind da die Leute vielleicht ein bisschen offener oder wie geht es dir da?

Silvio: Ich denke, das hat nicht nur was mit der Offenheit zu tun. Ihr habt grade hier in Bayern, ich sage jetzt mal, Franken mit Bayern, also das Bundesland Bayern, ihr habt eine so gute hohe Lebensmittelqualität in den Gastronomien, die danach schreit, eine richtige Bierbegleitung zu bekommen. Jetzt können wir heute langer drüber reden, Brauereibindung hin und her, ich denke, das ist einer der großen Faktoren, die wir da haben. Aus dem belgischen Kontext weiß ich zum Beispiel ist es so, dass du zwar eine Brauereibindung in dem Sinne hast, ich sage mal, du hast 5 Hähne, 4 werden von der Brauerei besetzt, aber der fünfte Schuss, den hat der Wirt frei und er kann bestimmen, was er daran macht und in seiner Bierkarte ist es vollkommen egal. Das wäre vielleicht auch ein Weg aufzuzeigen, diese Vielfalt rein zubekommen. Weil, manche Bierstile funktionieren zu manchen Essen einfach nicht, die da angeboten werden und dann ist der Wein dem wieder überlegen. Ist einfach so, ist die Erfahrung. Und, denke ich, wir müssen vielleicht umdrehen, vielleicht, ich bin nicht günstig, also ich sage mal, das Beef-and-Beer-Format, das geht bei 90 Euro los und endet bei 129 und es ist fast immer ausverkauft. Die Dinner-and-Beer-Geschichte liegt um die 80 Euro. Das ist jetzt auch schon mal erst mal ein Geld. Ich denke, vielleicht sollten wir es auch nicht so klein machen, sondern im Gegenteil, interessanter machen, das ist vielleicht einer der Wege. Ich bin immer so einer, der eher eine Philosophie hat, eher oben anzugreifen. Und 80 %, sage ich jetzt mal ganz böse, der Fernsehbiertrinker werden wir im Leben nicht erreichen. Aber die Leute, die sagen, ich trinke immer nur Wein oder ich trinke nur eine Destillation oder Spirituose, die gehen bei solchen Sachen unglaublich ab, kann ich so sagen, weil es für die eine ganz neue Genusserfahrung ist. Und die haben auch die Wertschätzung. Oder, andersrum sage ich immer, all meine Biere sind alle preiswert, sind alle den Preis wert. Und ich glaube, das ist so, wo wir vielleicht auch uns ein bisschen klein machen.

Markus: Absolut. Und wo ich auch finde, dass viele Kolleginnen und Kollegen vielleicht auch selber so ein bisschen dann davon ausgehen, dass sie es günstig machen müssen, weil sie denken, dass die Leute das sonst nicht wollen. Und ich glaube, das ist grade der falsche Ansatz, also es muss passen. Aber da können wir später noch reden, wir müssen uns, glaube ich, jetzt mal mit dem Käse beschäftigen und mit der Wurst und mit dem Bier und überhaupt. Womit fangen wir an?

Silvio: Auf was hast du Lust? Ich hätte da so einen Fingerzeig.

Markus: Die Lust ist völlig ungebrochen, aber du hast mich grade so ein bisschen gekriegt, als du gesagt hast, der belgische Parmesan, weil das klang jetzt wirklich ganz spannend. Ich nehme mir jetzt hier einfach mal so ein Stück.

Silvio: Ich habe ihn jetzt so gelabelt. Also das ist natürlich, Parmesan …

Markus: Da muss er jetzt durch.

Silvio: … Parmesan ist ja eine regionale Bezeichnung, die geschützt ist, muss man auch mal dazu sagen.

Markus: Aber es ist so, also ich rieche grade an diesem Käse und es ist tatsächlich sehr Parmesan-Like oder auch wie ein alter Gouda, also da kommt man so in diese Richtung, sehr schön. Schaut erst mal ein bisschen anders aus, ein bisschen heller, aber toll, auch fest. Probieren wir mal. Also ich bin bei dir, viel Umami, auch ein bisschen Karamell, ein schöner intensiver Käse. Ich hoffe, ihr hört uns jetzt nicht schmatzen.

Silvio: Das ist glücksseufzen, nicht schmatzen.

Markus: Dann greifen wir mal zu diesem alten Bier, das mittlerweile ja ein bisschen steht. Ja, sehr interessant, also weil, der Käse hebt die Säure fast auf und dann kommt auch wieder so ein bisschen Malzcharakter. Und dann kommt auch dieser Apfel wieder, aber witziger Weise dann eher wie so ein Apfelkompott, also mit ein bisschen Süße, mit ein bisschen Gewürzaromen, aber noch eindeutig als Apfel erkennbar, schön.

Silvio: Quasi wie so eine Apfel-Mousse, so könnte man das versuchen so zu umschreiben. Ich finde, es ist ein echt sehr toller Käse. Und der geht in meinen Tastings, ist der immer weit vorne. Wenn die Leute sagen, den, der ist einfach perfekt. Also es gibt Dinge, die sind einfach auch perfekt und das, finde ich, ist so. So wie es perfekte Biere gibt, gibt es auch perfekte Käse, um das einfach mal so zu sagen.

Markus: Absolut. Und ich finde, in der Kombination hier ist es auch schön, weil er einerseits wirklich Power hat, aber nicht zu viel, sodass das Bier trotzdem noch schön da drüber kommt, also dass die sich schön wieder vereinigen können. Und damit ist es eben möglich, dass es da ein Zusammenspiel gibt und das macht der sehr schön.

Silvio: Ich finde auch, dieses Pfeffer und Salz kommt ganz gut jetzt dazu. Dieses Salz von dem Käse und dieses Pfeffrige, was wir jetzt eben auch haben, das Chochonne ist ja auch noch mit Pfeffer verbraut und da merkt man doch auch, dass da so diese leichte Pfeffernote doch noch sehr gut andocken kann. Ich vermute, mit dem Jungen wird es noch ein etwas anderes Erlebnis sein, dass du dann eben hast.

Markus: Tut mir leid, ich hatte jetzt nur drei Gläser dabei.

Silvio: Ja, ich kann ja schnell austrinken und dann auffüllen.

Markus: Oder so, genau. Oh ja, das stimmt. Also wir haben auch das junge Cochonne jetzt hier, das natürlich noch ein bisschen mehr Biercharakter hat. Und da, muss ich sagen, da kommen mit dem Käse diese Gewürznoten total schön rüber und es wird auch floral, es wird auch Honig. Also ein sehr, sehr dichte Spanne, eine langanhaltende Aromatik, schön.

Silvio: Und wir sind wieder, für mich einer der schönste Bierstile, die die Belgier bieten können, ich sage immer, der große wallonische Bierstil ist Saison.

Markus: Saison, ja.

Silvio: Also für mich eins der exzellenten Speisebegleitungsbiere, die wir in dem Repertoire haben. Es ist immer in den Dreigangmenüs, ist immer ein Saison dabei, weil es einfach passt, also wenn es da irgendwas Fischiges gibt oder eben das Schweinefleisch, das Bier schiebt das immer dahin. Dieser Weißweincharakter, dass das auch immer bietet, finde ich immer einfach toll.

Markus: Also dass ist ein unglaublich komplexer Bierstil, ja, der eben an so vielen Seiten andockt. Also einerseits mit diesen ganzen Hefearomen, dann aber trotzdem auch mit einer ordentlichen Hopfengabe und einem schönen Malzkörper, also da ist alles so ein bisschen dabei. Und dann hat man halt noch die Saison-Varianten, wo da mit Gewürzen, mit Kräutern gearbeitet wird und das ist dann natürlich insgesamt echt ein ganz, ja, komplexer spannender Bierstil. Du greifst zur Kaminwurz.

Silvio: Ja, ich muss jetzt mal, weil ich denke, jetzt versuchen wir mal, ob das Saison da mitmacht.

Markus: Ha, Raucharoma, wunderbar.

Silvio: Auch ein Gedicht.

Markus: Die beiden können echt gut miteinander.

Silvio: Ja, das ist bei mir dann auch oft so, dass ich eben, wenn ich Nachhause gehe zu den Leuten, ich nennen das immer Tasting at Home oder sowas, wo ich dann immer sage, ich bringe immer Käse mit, ich bringe auch immer Schokolade mit und sie sagen mir, was sie kochen und ich bringe ihnen die passenden Biere dazu mit. Das ist also immer eine Überraschung. Die sagen, es gibt das, das und das, heute werden wir grillen, heute gibt es Auflauf, heute gibt es Fisch, sagen die, heute gibt es Zander, habe ich auch schon gehabt und dann versuche ich immer dann eben aus dem Repertoire, und da ist einer der Vorteile eben, dass ich dann eben über das Sortiment verfüge, ich der Meinung bin, dass ich das richtige Bier dazu finden kann.

Markus: Ja und man hat auch gleich automatisch das richtige Mitbringsel sozusagen und dann noch diesen Effekt, dass man sagt, ich bringe da was mit und das macht alles zusammen nochmal besser.

Silvio: Ja, ich denke schon, kann man so sagen, ja.

Markus: Und ich muss sagen, also jetzt grade bei dieser Kombination, damit wir das auch ein bisschen erklären, wir haben diese Kaminwurz, die an sich vor allem rauchig ist und dann relativ fett rüber kommt und, ja, dann kommen auch ein bisschen Gewürze, aber das ist nicht so ganz rund. Mit dem Bier wird das aber rund, da geht der Rauch ein bisschen zurück, das Fett reduziert sich auch so ein bisschen. Auf einmal kommt dann tatsächlich auch der Malzkörper von dem Bier und ersetzt vielleicht so ein bisschen das Brot, das wir jetzt nicht zur Wurst haben, dadurch wird es auch ein bisschen runder. Und ist dann auch, also wenn ich jetzt so die Wurst nehmen würde, dann könnte ich zwei, drei Bissen nehmen und dann wäre ich damit auch durch, aber in der Kombination mit dem Bier, kann man dann auch die ganze Wurst essen, also insofern …

Silvio: Hast du es mit dem Jungen auch mal probiert?

Markus: Noch nicht.

Silvio: Okay.

Markus: Aber, wir können uns ja steigern, kein Problem.

Silvio: Ach, um Gottes Willen, so habe ich das nicht gemeint.

Markus: Schauen wir mal. Also da, finde ich, kommen diese Weinnoten sehr viel intensiver, das wird richtig nobel. Und von der Wurst kommen die Gewürze mehr rüber und auch dieser pure Fleischgeschmack.

Silvio: Dieses Umami auch, genau.

Markus: Ja, dieses Umami-mäßige, das kommt richtig schön rüber.

Silvio: Und wird dann eingefangen von dieser Säure, die das Bier hat, das finde ich immer einfach so ein tolles Erlebnis. Ich habe das so beim Steak and Beer, also beim Beef and Beer ist es so, gibt es da immer eine Sache, manchmal bringe ich es dann mit von Facet, Cameransky, dieses Balamico, dieses de Cüvee, ein Old Flemish Brown, ein Imperial Stout und dann eben volle Lotte Balsamico-Note, Schokolade. Und wenn du da dann so ein Dry Aged Steak dagegensetzt dann, also ich lasse die Leute immer erst was trinken, ohne das Fleisch. Und dann kommen natürlich die Leute, die das Sauerbier nicht gewöhnt sind, die schönsten Kommentare, wie kann man sowas trinken? Das kann man doch keinem Esels ins Ohr kippen, also sage das mal so. Und dann sage ich, abwarten, das ist extra jetzt mal ein Säureschock für euch und jetzt, komm, esst mal das Stück Fleisch dazu. Und dann passiert so ähnlich das, was du grade beschrieben hast, genau mit diesen Dingen auch, nur dass dann da so eine Karamell-Butter-Toffee-Note reinzieht und das Fleisch dann schon so eben auch weich ist und die Leute meinen, sie haben ein Fudge, also ein Meat-Fudge im Mund. Und das ist eigentlich immer einer der schönen Überraschungsmomente in so einem Tasting. Warum das eigentlich auch mein Antrieb ist, den Leuten mal solche Geschmackserlebnisse für sich zu kreieren, das ist so die Idee, die dahintersteckt.

Markus: Ja, also ich glaube, das ist auch das, wo ich ja versuche oder was ich versuche, unseren Absolventinnen immer mitzugeben und Absolventen, dass es ja eigentlich drum geht, die Leute überhaupt wieder da hinzuführen, dass sie das, was sie zu sich nehmen, bewusster zu sich nehmen. Das ich bewusster trinke, bewusste esse, also in dem Sinne von, dass ich mal wirklich schaue, schmeckt das denn jetzt nach was? Und das fängt halt mit den einfachen Sachen an, mit dem Gemüse, mit dem Obst, was man überhaupt erst mal wieder lernen muss, richtig zu genießen, die Aromen wirklich zu erfassen und geht dann eben weiter mit zum Beispiel Fleisch. Wo ich jetzt sagen muss, dieses normale 08-15-Fleisch, was ich irgendwoher bekomme, das hat ja eigentlich gar keinen Geschmack. Das kriege ich dann irgendwie hin durch das Braten, durch das Würzen, durch das Marinieren, irgendwie, aber per se ist da nicht viel. Und das lernt man dann auch nochmal anders zu beurteilen, wenn man sich in dieser Genusswelt bewegt und hat dann natürlich auch eine andere Wertschätzung zum Beispiel auch für solche Produkte. Und das ist natürlich schon, ja, macht Spaß. Es verändert einen auch. Also hat das dein Leben auch verändert, dich damit zu beschäftigen?

Silvio: Ja, definitiv. Also es hat mich bereichert, es hat bereichert. Ich versuche es einfach mal so zu erklären, vor der Ausbildung konnte ich mit einem Stout gar nichts anfangen. Ich bin kein Kaffeetrinker, also war ein Teil der Welt für mich noch nicht eröffnet. Und da durch die Ausbildung ist es eben auch so gekommen, dass ich heute ein Stout sehr schätze, sehr liebe. Ich bin immer noch kein Kaffeetrinker, weil es ein Heißgetränk ist, ich bin eher so ein Mensch, der lieber kalt trinkt. Bei uns gibt es Zuhause tatsächlich immer zum Kuchen auch Bier, das kann vom Doppelbock angefangen sein, über ein Stout sein, das gibt es auch. Und das ist eben auch eine Sache, die man auch kultivieren kann. Natürlich ist das eben auch eine Möglichkeit aufzuzeigen, was möglich ist. Und was ich interessant fand, du hast eben dieses Fleisch ja nochmal genannt, als Blaupause, das können wir ja auch auf unser Bier teilweise runter brechen, das können wir auf das Brot runter brechen, es war wie eine Blaupause, die du grade gesagt hast, dieses Bewusstwerden. Und interessant ist es immer bei dieser Beef-and-Beer-Konstellation, die diskutieren nicht mit dir darüber, ist das Fleisch zu teuer. Nein, das finden die total geil. Also ein Wagyu, finde ich, da gehen die und zahlen dann eben für das Kilo 90 Euro. Und wenn es dann ums Bier geht, da fangen wir schon an. Und das ist eben so ein Bewusstsein, wo man anfangen muss, da zu steuern. Und da würde sich für mich auch der Bogen aschließen auf die erste Frage, die du gestellt hast davor, wie schaffen wir es, die Leute abzuholen oder wie funktioniert das oder warum kann es funktionieren? Es ist so, in das eine Restaurant bin ich einfach auch nur gekommen, ich habe die Leute eingeladen, habe gesagt, komm, bringt mal was zu Essen mit, machen wir mal ein Arbeits-Tasting. Dann waren vier Köche da, die haben gedacht, heute gibt es Eifler Pils, um es jetzt mal so zu sagen.

Markus: Lecker Bierschen.

Silvio: Lecker Bierschen, volumentrinken. Ja, das war aber dann nicht so, sondern es war anders. Ich habe es dann gezeigt und das fanden sie sehr gut. Und dann waren zwei dabei, die gesagt haben, das ist genau das, was ich auch meinen Leuten mal anbieten will, meinen Gästen und so ist es gegangen, nur so. Wenn du keinen hast, der in der Gastronomie dafür offen ist, dann können wir 17-mal gegen die Tür rennen, ein achtzehntes Mal eine blutige Nase holen, das Bewusstsein ist teilweise einfach nicht da. Und das zu schaffen, ist, glaube ich, eine der wichtigsten Aufgaben, die wir vielleicht als Sommelier, Biersommelier und Sommeliere machen. Es ist wichtig auch zu gucken, was ein Brauer macht, es ist auch wichtig vielleicht auch zu brauen, da sind ja auch viele, die die Motivation haben, ein vernünftiges, gutes, richtiges Bier zu machen. Aber da habe ich immer, meine Einstellung ist so, ich weiß wie es geht, aber ich weiß, wer es wesentlich besser macht.

Markus: Da sind wir auf einer Linie.

Silvio: Und gebt mir das Bier, wenn es gut ist, ich zeige dir, wie wir es verkaufen. Das ist dann wieder so eine Sache, die ich machen kann. Das macht eben die lange, lange Vertriebserfahrung, die ich vorher hatte, eben ein Produkt so interessant zu gestalten, dass es vielleicht dann einen Nutzen bringt, um es jetzt marketingmäßig aufzuzeigen.

Markus: Ja und das vielleicht auch mal so als Tipp an alle Kolleginnen und Kollegen, die da zuhören, weil das ist echt ein Punkt. Das haben wir von Anfang an gemacht, also die BierAkademie gibt es jetzt seit 10 Jahren und mit so Veranstaltungen haben wir schon vorher angefangen. Und es gibt ja einfach sowohl die Locations, wo man dann ist, also wo man sein Tasting macht oder mit denen man ein Menü macht oder solche Dinge, als auch die Leute, die zum Beispiel die Karten für unsere Veranstaltungen verkaufen, also unser Tourismusservice zum Beispiel hier in Bamberg, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die müssen ja die Tickets verkaufen. Und am Anfang war das tatsächlich ein Thema, weil die haben dann einfach gesagt, warum soll ich eine Karte für 99 Euro verkaufen für eine Biertour? Da verkaufe ich ja eine komplette Führung für die ganze Gruppe für 99 Euro mit dem Kasperletheater oder so. Und dann haben wir gesagt, okay, dann machen wir es mal so, wir laden euch einfach alle ein, und haben dann wirklich die gesamte Belegschaft in drei Gruppen zum Biermenü eingeladen, zum Bierseminar eingeladen, zur Biertour eingeladen. Und das Gleiche machen wir auch mit den Gastronomen, mit denen wir zusammenarbeiten und machen dann einfach mal diese Reise durch die Bierwelt und auch, je nachdem, wenn es Gastronomen sind, dann auch mit dem, was sie haben und was sie so tun. Und das ist dann immer so ein Augenöffner und dann lernen die Leute das auch zu schätzen, kommen weg von diesem Preisdenken und sind dann mit dieser Begeisterung erfüllt, mit dem sie dann später ihre Kunden beraten. Und das ist dann, ist diese Schwelle weg. Weil vorher haben die einfach ihren Kunden im Tourismusservice zum Beispiel, die haben denen nix angeboten, was mehr als 30 Euro gekostet hat, einfach weil sie selber gesagt haben, das würde ich nie machen, wenn ich irgendwo bin, also verkaufe ich das auch niemanden. Und damit waren unsere Tickets immer Ladenhüter. Und bis zu dem Zeitpunkt, wo wir das dann durchlaufen haben, das war schon ziemlich bald und seitdem läuft das und mit Gastronomien ist es genauso. Und grade die Köche sind ein guter Punkt. Weil ein guter Koch, dem drückst du so ein fassgelagertes Imperial Stout einfach in die Hand und dann probiert der und dann ist der erst mal weg. Und dann kommt er wieder und dann hat er sich was ausgedacht mit einem Nachtisch, mit einem Stück Fleisch, mit irgendwas und fängt an zu spinnen, zu experimentieren und hat richtig Lust und gefallen da dran. Und dann hat man ihn angezündet und dann ist gut, dann kann man mit dem auch weiterarbeiten und das ist, glaube ich, wichtig.

Silvio: Aber da fehlt noch ein Schritt. Da musst du den Kellner davon überzeugen, was das ist und da geht es dann weiter. Also die Beratung, die ich dann eben auch dort mache, ich habe eine Bierkarte installiert. Ich sage mal, in dem Restaurant in Aachen Hattblot, also Herzblut heißt das, der macht ein bisschen cross over, ein bisschen Aachener Küche, aber wesentlich moderner interpretiert. Beispiel, er macht einen Sauerbraten vom Seeteufel mit dieser klassischen Printensoße, die wir haben und dann mit Tanduri. Und dann einfach mal zu zeigen, oder auch ein gutes Crumble, eben was anderes und dann kann man eben auch andocken. Dort haben wir eben auch eine Bierkarte installiert, die auch sehr gut funktioniert. Die Bedienungen habe ich dann auch nochmal geschult zu sagen, was es ist, aber sie haben es dann eben auch selber probieren können und ich glaube, das ist genau der Weg. Ich sage auch, wir sind sowas wie Moderatoren so, ist es so. Natürlich müssen wir für uns immer aufpassen, dass wir nicht immer direkt in Bewertungsschemata gehen, wo ist vielleicht der Bierfehler oder warum, das interessiert den Kellner oder den Gast nicht, da geht es her reduziert auf das Genusserlebnis, so ist das, was aus der Arbeit ist. Und bei mir ist es im Laden dann eben auch oft so, viele Leute haben, ich sage da immer so ein bisschen wie das Jack Weindepot. Die kommen dann bei mir und sagen, heute koche ich das, was für ein Bier darf ich haben, was empfehlen Sie? Das ist eigentlich vielleicht der Weg, wo wir hingehen. Natürlich habe ich auch hopfenbetonte Biere im Programm und einiges an Craft Beer, aber ich habe ja mal so gesagt, ich hänge zwischen der Unistadt Aachen und zum Tor der Eifel, also wo ein ganz anderes Essempfinden ist oder wo ganz anders gegessen wird. Und das spiegelt sich dann eben auch in meinen Tastings wieder und in der Stadt ist es was ganz anderes, weil wenn ich eben aufs Land gehe. Und das ist aber sehr interessant, beides gleich. Also es geht gar nicht darum, dass das eine besser oder schlechter ist, es ist anders. Und darüber muss man sich auch Gedanken machen, dass es einfach anders ist und da überlegt, eine andere Zielansprache auch zu machen. Also ich habe das Bamberger Schlenkerla und Spezial auch erst hier verstanden, wie ich in Schlüsselfeld war und dann David Hertel mir gesagt hat, ich brauche noch eine Stunde, ich dann mal in die Metzgerei in Schlüsselfeld reingefahren bin und denke, ich habe jetzt mal Hunger auf eine Leberwurst und auf, ich glaube, eine Mettwurst. Und ich beiße da rein und denke, woah, das ist ja genau Schlenkerla. Also so habe ich es dann verstanden, so habe ich verstanden, dass die Regionalität, wie gegessen wird, das auch sehr viel mit dem Bier oder auch mit dem Getränk, was vorherrscht, an Vorliebe da ist. Und das war für mich irgendwie so ein Augenöffner, zu sehen, aha, man muss das vielleicht auch mal in so einem regionalen Kontext tun. Ich sage mal, ich bin ja in Aachen geboren, dann mit dem 10. Lebensjahr nach Köln gekommen, bin 38 Jahre Kölsch-sozialisiert gewesen, also jetzt nicht nur der Sprache, die ich auch kann, sondern eben auch des Bierstiles, aber auch immer belgische Biere getrunken, aber irgendwann war Kölsch mir dann einfach mal zu wenig, um es jetzt mal positiv zu formulieren. Aber wenn man natürlich so sieht, wenn man in Köln ist, ein halber Hahn und Kölsch passt, Punkt.

Markus: Absolut.

Silvio: Das Röggelchen brauchst du dafür, am einfachen profanen Beispiel ist es so oder ich sage mal, ein Dortmunder Export und eine Currywurst, Puff, Traumkombination, ne.

Markus: Auch Himmel und Erd, finde ich, mit dem richtigen Kölsch ist das eine geile Kombination, also passt alles zusammen. Und jetzt muss man erst mal ein Bier finden, dass die ganzen Komponenten zusammenbringt und abholt. Also das ist für mich auch ein ganz wichtiger Punkt, bevor wir gleich da noch ein bisschen mit der Kulinarik weitermachen.

Silvio: Auf jeden Fall.

Markus: Das ist ja fast gemein, wir sitzen hier davor und kriegen nix. Aber ich finde das wirklich so einen ganz wichtigen Punkt, was ich auch den Leuten immer wieder sage, man muss reisen. Also man muss Bierkulturen vor Ort erleben, man muss dann auch vor Ort die Gastronomie und zwar die bodenständige. Macht ja keinen Sinn, wenn ich überall zu McDonalds gehe oder high end, irgendwas oder so, sondern wirklich schauen, was ist denn das, worauf das alles basiert? Und dann lernt man sowohl die Kultur, was die Menschen angeht, als auch die Kultur, was eben die Speisen, die Getränke, das Bier angeht, kennen und kann das dann auch anders einschätzen und kann es auch anders vermitteln. Und das in der Kombination ist dann natürlich cool. So, wir haben noch einen Käse und noch ein Bier und überhaupt, wie machen wir jetzt weiter?

Silvio: Was begehrt das Herz, sage ich immer. Also ich würde ja zum Beispiel sowas, war jetzt so ein kleines Wortspiel. Wir haben hier ja noch was von der Heilig Hart Brewery, kleine Brauerei ja in Belgien, die du ja vielleicht auch schon kennst oder noch nicht kennst.

Markus: Da war ich noch nicht, ja.

Silvio: Ja, aber sie haben eine Cuvée gemacht und ich fand einfach mal interessant, zur Hälfte also Oak Aged und das andere Ding in eine Amphore reingetan. Also aus Georgien die Amphore kommen lassen, das zu machen und dann noch mit griechischen Joghurt.

Markus: Das fand ich krass, ja.

Silvio: Diese Kombination, überhaupt mal sowas zu machen, diesen Mut aufzubringen oder Mut, einfach mal was anderes zu machen. Und habe gedacht, vielleicht ist das ja einfach auch mal sowas, wo wir jetzt noch haben, wo wir eben alkoholisch jetzt noch nicht direkt, haben wir so ein kleines Aperitifbier mit 4,5%.

Markus: Och, das ist ja ganz geschmeidig.

Silvio: Denke ich mal, wäre vielleicht eine schöne Sache.

Markus: Ich hole mal schnell ein bisschen Wasser, dass wir die Gläser ausspülen können, genau. Ja, da holst du mich in ganz vielerlei Hinsicht ab. Also ich finde sowohl diese Geschichte mit den Amphoren aus Georgien total spannend, weil da kommt ja eigentlich der Weinbau her.

Silvio: Auch das Bier mittlerweile, sagt man.

Markus: Auch das Bier vielleicht, also man weiß es nicht, zumindest haben da die Hefeforscher schon sehr interessante Hefestämme auch gefunden, sagen wir mal so. Und, ja, allein, diese Genese dieser Amphoren, wie die hergestellt werden, wie die transportiert werden. Also, liebe Hörer, zieht euch das mal rein, da gibt es YouTube-Videos dazu, das ist total krass. Und sowas dann überhaupt mal nach Mitteleuropa zu holen, finde ich total spannend und das dann zu nutzen. Und dann finde ich auch den griechischen Joghurt, das ist etwas, was ich schon immer eigentlich sehr gerne mag, am liebsten mit viel Honig und Walnüssen. Finde ich ein tolles Aroma, was mir viel besser schmeckt als unser klassischer Honig, muss ich sagen. Und dann eben noch so eine Holznummer mit ein bisschen Barrel Aged, also ich finde, im Kopf passt das bei mir schon ganz interessant zusammen. Wobei ich mir immer überlege, wie kriegt man diesen Joghurt da irgendwie rein, also da, ja, bin ich mal gespannt.

Silvio: Wo das Bier lactotisch wird.

Markus: Ja. Also was macht der dann, weißt du, wann der dazu gekommen ist?

Silvio: Da müsste ich jetzt lügen und bevor ich irgendwie Halbwissen, sage ich nichts. Mich hat das Story-Telling erst mal angefixt, ich kannte bis jetzt nur Amphoren-gereiftes Bier auch von Stiegl. Und ich denke, das ist vielleicht auch mal wieder eine andere Spielwiese, um einfach auch mal eine Verbindung herzustellen. Ich finde immer, es gibt so Biere, da gehört das Saison dazu, ein Lambic dazu, die beides so verbindet. Und dann, mich langweilt es immer, diese Geschichte Bier versus Wein, ich finde es langweilig. Ich versuche immer zu sagen, zugleich, das ist eigentlich vielleicht so das Entscheidende. Oder man sagt immer, jeder Jeck ist anders, sagt man da bei uns so.

Markus: Ja. Prost.

Silvio: Prost.

Markus: Also hier auch nochmal für euch, liebe Hörer, von der Farbe her ist es gar nicht so weit weg von unserem Cochonne-Saison, was wir grade hatten. Also wir sind wieder bei so einem dunkel Karamell irgendwie, schöner Braunton. Dieses Mal aber mit Schaum, also zumindest ein bisschen und der ist auch schön getönt, also passt hier auch wunderbar. Ist wieder schön im Glas, man merkt, dass es ein bisschen leichter ist. Ja und dann, ah ja, von der Nase her, erst mal geht es wie ein klassisches Barrel Aged Beer los, würde ich sagen so, was erst mal obendrüber liegt. Das heißt, da haben wir dann die Holznoten, wir haben so eben Karamell, es geht auch schon wieder so in Trockenfürchte über. Aber ich finde, wenn man dann genau reinriecht, kommt dann tatsächlich schon sowas Lactisches irgendwie rüber.

Silvio: So ein bisschen Brett auch, finde ich, so ein bisschen, so eine leichte Brett-Note.

Markus: Also da wird es dann auf einmal komplex und kriegt so einen Unterbau. Also bin ich mal gespannt, dann lass uns mal probieren. Wobei die natürlich sehr gerne immer ergänzen kannst.

Silvio: Gerne, aber ich bin immer so begeistert von deinen Beschreibungen da, was soll ich da wiederholen. Ich finde die Rezens auch sehr schön. Die hat so prickelnd, so Lambrusco-prickelnd eher, um das mal so, hat sowas Lambrusco-mäßiges.

Markus: Ganz genau, das hatte ich jetzt auch im Kopf, Lambrusco, genau diese …

Silvio: Und jetzt, finde ich hier, hast du hier auch, die ersten Nussnoten kommen so leicht raus. So ein bisschen, ich schwanke, ob das so Pekannuss oder Richtung Macadamia, so bin ich so am schwanken so oder ob es vielleicht doch schon ein bisschen walnussig ist. Also bin so bei grüner Walnuss irgendwo hängengeblieben im Köpfchen.

Markus: Ich auch. Das ist natürlich immer so die Frage, Henne oder Ei. Weil ich jetzt habe ich ja eben unvorsichtiger Weise schon von dem Joghurt und den Walnüssen gesprochen, die sind da natürlich irgendwo vielleicht da in den Gehirnwindungen drin. Aber ich bin völlig bei dir, also wir haben auf jeden Fall Nussnoten, Pekannuss, Walnuss kommt mir da auch schön. Wir haben eine leichte Säure, aber die ist auch völlig okay, die komplementiert das Bier sehr schön. Und es kommen dann eben diese cremigen Noten, also irgendwo ist dieser Joghurt tatsächlich da und der passt eben auch mit diesen nussigen Noten wunderbar zusammen.

Silvio: Und bei dem Bier ist es wirklich wichtig, die Temperatur. Ich habe es beim allerersten Mal gehabt, da haben wir es bei 10 Grad gemacht, da ist es gecasht, woff hat es gemacht, die Hefe hat gesagt, gibt mir Luft. Jetzt haben wir ja so auf die 6 Grad, schätze ich mal und dadurch ist das wirklich sehr, auch jetzt vom Geschmackserlebens im Mund, sehr schön. Also es hat eine leichte Cremigkeit finde ich auch, so leicht ein bisschen cremig. Und du hast ja immer so gesagt, dieses Mindsetting des griechischen Joghurt, man bildet auch so ein,  ein bisschen da so eine Kühle von so einem Joghurt so im Mund zu haben so.

Markus: Stimmt, ja.

Silvio: Also das so wieder Punkte vom Mindsetting.

Markus: Und was ich auch cool finde, es ist so ein Aroma, was bleibt. Also du fängst an zu trinken, dann ist dieser Eindruck da in seiner Komplexität, aber der bleibt dann relativ lange genau so, also verändert sich gar nicht so sehr, aber ist eben sehr dicht. Also das geht bis in so Apfelaromen auch wieder rüber, hat dieses Säuerespiel schön, dann kommt dieses leicht Laktische hinten raus. Und auch der Abgang ist ein schönes Spiel. Also die Säure ist sehr zurück, eine leichte Bittere auch dabei und dann kommt fast, fast so ein bisschen auch ein Honigcharakter. Also es ist wirklich ein…

Silvio: Es schwankt so zwischen so einem Lambic und so ein Oud Bruin so ein bisschen, finde ich so.

Markus: Stimmt, ja.

Silvio: Hat sowas, so ein bisschen kommt mir das vor. Aber dafür, sagen wir mal, müssen wir jetzt einfach mal den Käse da mit …

Markus: Genau, machen wir hier mal Moinette, schauen wir mal.

Silvio: Schöner Reifegrad, schön Karamell, finde ich, auch drin.

Markus: Also das Tolle ist schon jetzt, wir hatten ja das Bier grade im Mund und wenn man das schon hatte, ist ja immer noch so ein bisschen was da. Und wenn man dann den Käse dazu nimmt, ist selbst das schon ein Erlebnis, wie selbst diese Bierreste sozusagen auf der Zunge mit diesem Käse spielen, den sehr rund abholen. Und hinten raus ist er dann so, wie er sein soll wahrscheinlich ursprünglich, aber vorher war er schon sehr karamellig auch, sehr voll, sehr gut. Jetzt muss ich es mal mit Bier noch mehr probieren.

Silvio: Ja, auf jeden Fall.

Markus: Wie geht es dir?

Silvio: Ja, ich finde, jetzt kommt der Joghurt irgendwie ein bisschen zum Tragen, der Käse wird so ein bisschen frischer, also er hat diesen kleinen Frische-Twist oder so einen kleinen Frischetick bekommen. Und da wahrscheinlich natürlich auch durch die Kohlensäure, löst sich das auf, finde ich ganz gut. Ich bin mal gespannt, was mein heißgeliebter Postel mit dem Bier veranstaltet.

Markus: Wir müssen noch den Orval aufmachen bei Gelegenheit, das müssen wir auch noch machen.

Silvio: Das werden wir tun. Finde ich persönlich den Moinette besser. Aber ist auch mal gut, mal immer so ein Gegenbeispiel mal zu machen.

Markus: Wobei ich sagen muss, es ist ja nicht schlecht, im Sinne von schlecht, es ist anders, man hat den Eindruck, dass der Käse selbstbewusster bleibt, das Bier geht ein bisschen zurück. Der Käse wird immer intensiver, geht in eine Richtung von so einem richtig alten Gouda, das hatte er vorher nicht. Kriegt noch mehr Umami, noch mehr Karamell und das Bier ist dann halt einfach weg, das verschwindet dann so.

Silvio: Ja, wie verdunstet.

Markus: Was aber auch nicht schlecht ist. Also es verändert sich auf jeden Fall was, sie wirken miteinander, aber mit dem Moinette ist es eher so ein Spiel auf Augenhöhe, hier ist es so, der Käse ist der King.

Silvio: Es ist kein Pairing in dem, also ist keine Partnerschaft, in dem Sinne, sondern hier geht es eher unter, um es mal so zu sagen. Kann ich gerne mit dir, also gehe ich auf jeden Fall mit dir. Aber im Prinzip ist das schon wieder total schön und das ist das, was ich auch in meinen Tastings immer habe, wir diskutieren jetzt über Käse und Bier und wie unterschiedlich das sein kann. Und auch hier mit den beiden Vapeurs, ich sage immer dann, ich mache oft Vertikalverkostung, weil die Erfahrung, die ich gemacht hab, eine Vertikalverkostung erklärt über unser Produkt Bier unglaublich viel und danach musst du gar nicht mehr viel erzählen. Diese Genusswelten, die Leute damit erlebt haben für sich, steht alleine, das ist wie so ein Alleinstellungsmerkmal. Und das ist eben auch hier, haben wir es ja eben auch gemerkt, wie unterschiedlich das ist, dass man nicht dasselbe halt trinkt, sondern das Gleiche. Ich finde das immer sehr schön erklärend dafür, ja.

Markus: Stimmt. Und das ist auch bei deutschen Kunden immer erst mal ein bisschen schwierig, weil wir uns ja wirklich, also grade, alle sind ja so MHD-geeicht und so und können das überhaupt nicht verstehen, dass diese zeitliche Dimension auch was Gutes haben kann. Weil selbst bei Käse ist das so, wenn das MHD bei uns abgelaufen ist, fängt es woanders erst an, dass es spannend wird. Und mir ist das zum ersten Mal so aufgefallen, als ich in England war und da dann einen Wettbewerb hatte, wo wir Real Ale verkostet haben. Und da war praktisch als dritte Komponente, also neben dem normalen Bierthema und so weiter, war dann einfach auch, was ist das jetzt für ein Fass? Also ist das frisch angestochen, steht es schon ein bisschen, sind wir eher am Ende? Und aus dem musste man sich auch so ein bisschen überlegen, okay, wenn das jetzt schon länger angestochen ist, dann hat natürlich was stattgefunden, hat sich das Bier verändert. Dann muss ich trotzdem im Kopf das mit einbeziehen gegen ein anderes, was vielleicht frisch vom Fass ist, wo diese Veränderungen noch nicht stattgefunden haben. Und dann beginnt man in dieser Dimension Zeit auch ein bisschen zu denken. Und da, finde ich, ist bei diesen Vertikalverkostungen natürlich ganz besonders spannend, grade wenn du über so viele Jahre gehen kannst, weil man dann einfach merkt, wie natürlich, sagen wir mal, jetzt bei einem banalen Bockbier, in Anführungsstrichen banal, wen wir da ein Frisches haben, okay, dann haben wir halt Schokolade, Kaffee, diese typischen schönen wunderbaren Aromen von so einem dunklen Doppelbock. Und wenn wir dann das Ganze ein bisschen in die zeitliche Dimenssion ziehen, dann kommt halt erst vielleicht ein bisschen Apfel, dann kommen diese Kirschen, dann kommen so die Rosinen, es wird immer intensiver, bis es dann irgendwann fast schon umkippt. Und dann pendelt es sich wieder ein und ist dann nach 10 Jahren so ein ganz schönes geschmeidiges spannende Getränk, das dann irgendwann auch mal seine Geschichte erledigt hat, aber das einfach ist eine tolle Geschichte. Und Bier denken Leute so normalerweise nicht.

Silvio: Und vor allen Dingen, ich sage mal, ich finde ja unser Bock oder Doppelbock, das ist für mich der beste deutsche Bierstil, den wir haben.

Markus: Ja.

Silvio: Die ganze Welt macht den nach, wenn du in Spanien bist, diese Reserva-Linie versucht ein Bock zu machen. Und wir haben nichts Eiligeres zu tun, den über den Supermarkt zu vertischen. Also das tut mir dann immer in der Seele wirklich weh, bin ich der Meinung, das ist so, dass man diesen nicht immer diese Wertschätzung bringt. Das ist aber das Thema, was wir eben auch schon mal hatten.

Markus: Ja.

Silvio: Ja und finde das immer sehr, sehr bewegend, solche Dinge auch zum Gegensatz zu bringen. Und ich denke, ich glaube, du kannst jetzt mitgehen, warum es gut ist, dass wir jetzt auch nochmal diesen Käse da …

Markus: Ja, unbedingt.

Silvio: Ich weiß, sowieso, aber ich denke mal, jetzt haben wir wieder gemerkt, wie die Biere auch wieder total unterschiedlich funktioniert haben, das ist das Schöne dabei.

Markus: Ich habe mich total gefreut, als du gesagt hast, du bringst Käse mit, weil ich hatte mir eben schon überlegt, ob ich von meinen Käsen, die ich jetzt eingekauft hab, welche mitnehme. Und dann hast du offene Türen eingerannt, weil genau den Moinette habe ich auch gekauft und den kleinen runden Saison auch, den sie da haben.

Silvio: Auch mit dem Hopfen den?

Markus: Ja, also den, ja, genau.

Silvio: Den gibt es auch noch mit Hopfen. Ist der gleiche Hopfen drin, den sie im Dry Hoping drin haben.

Markus: Genau, richtig. Also auch das, also vielleicht noch am Rande erwähnt, wenn ihr in Belgien unterwegs seid, ist das eine natürlich, sich die entsprechenden Biere zu kaufen, aber da, wo es dann auch Käse dazu gibt, sollte man sich das auch nicht entgehen lassen. Also sowieso in den Abteien, das ist ja klar, wo dann sowieso selber noch Käse hergestellt wird, aber auch eben wie bei Dupont zum Beispiel, also da unbedingt die Dinge parallel genießen. Jetzt haben wir hier den Orval aufgemacht, der schaut an sich schon mal ganz faszinierend aus. Das ist der Alte, also woah, also schon vom Optischen her sieht man …

Silvio: Riech mal da dran, also ich finde das schon wieder, das ist genauso schön zu riechen wie Bier, um es mal so zu sagen.

Markus: Absolut, also großartige Geschichte. Ich schneide den mal schnell, solange vielleicht noch eine Frage. Du bist ja dann quasi auch in der Nähe zu Belgien, zu dem deutschsprachigen Teil von Belgien, ergeben sich da Verbindungen?

Silvio: Ja, definitiv, also es ergeben sich daraus natürlich Verbindungen. Und das heißt also, auch die kleinen Mikrobrauer, die es da gibt, habe ich Kontakt, führe ich zum Teil auch im Laden. Letzte Woche war ich bei Val Dieu weil wir auch enger zusammenarbeiten wollen. Das geht doch immerhin bis zur ältesten Destillierie Belgiens …

Markus: Woah!

Silvio: … Rademacher so. Und ich sage mal immer, ich versuche es immer so zu erklären, ich habe eben vielleicht gesagt, Aachen ist ja so die Wiege Europas, wenn man es so sieht. Karl der Große, was Europa, wie wir so kennen, sagen wir jetzt mal nicht Nordeuropa und Osteuropa, ist aber eigentlich so in der Konstruktion, wie Karl der Große es gemacht hat. Und ich sage da immer so schön, in Aachen ist es einfach so, du setzt dich in einen Bus, schläfst ein, wachst in Maastricht auf, schläfst wieder ein und wachst auf einmal in Lüttich oder in Eupen auf. Also ich will damit sagen, da ist eine totale Durchlässigkeit trotz drei verschiedener Sprachen. Also wir haben den französischen Teil eben in Belgien, der ja dann angrenzt mit der DG, mit der deutschsprachigen Gemeinschaft, bis hin in den niederländischen Teil. Beziehungsweise, muss man dazu sagen, es ist ja eher das katholische Holland, nicht Holland, Niederlande, ist nämlich Limburg, Provinz Süd Limburg und der andere Teil von Limburg liegt eben in Belgien. Und die Geschichte hängt auch alles miteinander, Maastricht, Falkenburg, alles auch Städte von Karl dem Großen mit, das gehört alles so mit zusammen. Und in der Dialektik, wenn der Maastrichter einen Dialekt spricht und ich zwei Kölsch getrunken hab, dann verstehe ich den sehr, sehr gut und umgedreht eben auch. Dann merkt man, wie das zusammen passt. Und ich kenne noch als Kind, dass man als Deutscher in Belgien noch als Bosche beschimpft wurde und gibt es heute alles nicht mehr. Dieser Maastrichter Vertrag, der ja eben 92 zum Wirken gekommen ist, der wird in dieser Region sehr, sehr stark gelebt. Jeder sucht sich das Beste für sich aus und das finde ich auch ganz gut so und jeder weiß auch um die Kultur des anderen und es ist immer eine Sache des Respektes, finde ich auch, gegenseitig. Natürlich wollen wir das nicht glorifizieren, in Belgien wird natürlich auch Jupiler getrunken, wo wie wir hier den Pilsstil auch haben, dass muss man auch mal.

Markus: Eben.

Silvio: Man muss natürlich jetzt, wir als Bierpuristen feiern natürlich die belgischen Bierstile sehr, aber man darf ja auch nicht die Augen verschließen, das trotzdem 40 % eben auch das Pils dort getrunken wird. Aber, ja, es gibt …

Markus: Das ist ein ganz wahres Wort, da muss ich ganz kurz nochmal bestätigen, weil das wirklich sowas ist, was ich auch unseren Leuten oft sage. Also wenn wir dann in den belgischen Bierwelten geschwebt sind, dann waren wir bei den ganzen Trappisten, bei den Lambics, bei all diesen tollen Sachen und dann denken die halt, das ist die belgische Bierkultur. Und wenn sie hinfahren, merken sie, okay, 80 % dieser Bierkultur ist genauso wie bei uns, da ist halt irgend so ein helles pilsähnliches Bier, was auch immer, manchmal ist es ein Blond, aber halt ein relativ gleichförmiges, logischerweise mainstreamiges Bier. Und das, was wir als die belgische Bierkultur verkaufen, ist vor Ort ja eigentlich eine Nische oder etwas größer vielleicht als eine Nische, aber relativ gesehen eine Nische. Und deswegen ist es umso wichtiger, dass wir das tun, damit diese Nische eben auch gewertschätzt und bewahrt werden kann. Aber das ist wirklich was Wichtiges. Weil viele auch in der eigenen Kulturwertschätzung dann immer erst mal so denken, in Belgien gibt es nur dieses ganz, ganz tolle Bier und wir haben halt eher so 80 % Mainstream. Aber das ist halt überall auf der Welt so, letzten Endes. Und umso schöner ist es, wenn sie das entdecken können. Und jetzt, ja, müssen wir unbedingt diesen Orval-Käse probieren.

Silvio: Definitiv.

Markus: Ja, schauen wir mal. Du hast schon in Teile geschnitten, schauen wir mal. Sehr fein. Jetzt kriegen wir hier grade Besuch, hallo.

Frau Reiß: Hallo.

Silvio: Genau, meine Frau ist dazugekommen. Und ich sage immer so schön, der Vintäsch-Hund, der auf dem Logo ist, den gibt es tatsächlich. Und da siehst du schon wieder, wie die Verbindung ist, ich habe eben von Europa oder will es jetzt mal so sehen, die Hunderasse ist ein niederländischer Kooikerhondje und jetzt kommt es, aber in Belgien gekauft, und somit schließt sich auch wieder so ein Bogen, wo wir dann alles miteinander verbinden. Und ich habe gesagt, ich pflege auch wirklich Kontakte nach Belgien rein, ich darf eben auch für die Touristik Wallonie Journalisten nach Belgien begleiten, um deren Bierkultur. Und wichtig auch, die Essenskultur zu zeigen. Und ich sage mal, was viele auch nicht wissen, wenn wir hier zum Beispiel in Ostbelgien sind und nach Hervé fahren, das ist eine der besten Molkereien der Welt, das wissen ja auch die wenigsten Leute da, wo der Hervér Käse herkommt. Da lässt Val Dieu auch Käse machen oder es gibt auch eine Linie, die von Chimay oder von manchen Trappisten auch in Lizenz auch gemacht werden können. Und das sind so Dinge, wir machen immer alles so klein, als wir, also ich sage immer wir, vieles vor den Türen und du hast eben so geschwärmt von der belgischen Bierkultur, wir haben auch in Deutschland natürlich auch eine sehr gute Bierkultur. Wir haben eben über das Bockbier gesprochen, wir haben eine Reihe von sehr guten Craft Beer oder ich sage eher Kreativbieren. Ich finde, das ist dieser österreichische Ansatz, finde ich, eigentlich viel zielführender, das wir das nicht so nennen, Craft Beer Bier, das ist auch in meinem Verständnis nicht so. Wir haben Bier und vielleicht haben wir Kreativbier, warum können wir nicht Früchte rein tun? Okay, geht nach deutschem Reinheitsgebot nicht. Das würde jetzt die Brücke schlagen zu meinem Heimatgefühl, was ich mit Sebastian Sauer gemacht habe. Das ist ein Bier, da ist die Printengewürzmischung von einem ansässigen Becker mit drin und deswegen heißt das Bier eben nicht Bier, sondern, du kennst das ja, da haben wir drauf geschrieben, ich muss die Lesebrille anziehen, ich glaube, es ist ein Biermischgetränk mit einem 1-prozentigen Printengewürzsud, um es jetzt mal wieder …

Markus: Wahnsinn, also ganz faszinierend, werden wir gleich noch drüber sprechen. Ich wollte noch ganz kurz nachholen, weil wir angefangen hatten, grade den Orval-Käse zu probieren.

Silvio: Oh, Entschuldigung, ich habe den nicht zelebriert.

Markus: Alles gut, nein, muss man auch nicht, aber nachdem ja die Hörer nicht hier sitzen, muss man ihnen zumindest ein bisschen einen Eindruck vermitteln. Und das Schöne ist, also es ist vielleicht näher an einem klassischen Käse, den wir kennen, als die anderen beiden, aber er entwickelt ein ganz schönes nussiges Aroma. Und das wiederum passt auch wunderbar zu dem Bier, gibt das Ganze schön rund und macht am Ende dann eben also wirklich richtig Lust und lässt sich auch schön mit dem Bier kombinieren, so.

Silvio: Der Käse, den du da hast, der ist ja super, wenn du wirklich vor Ort bist und dann das grüne Orval trinkst, dann funktioniert der ja unglaublich gut. Und wir haben ja immer den Streit oft, ist es ein Saison? Wenn du die fragst, sie sagen, es ist Saison, viele sagen aber hier, es ist ein Pale Ale. Aber daran siehst du eben auch diese Einflüsse, die die Belgier eben haben, dass sie eben das gar nicht so wahrnehmen, sondern dass es eben auch so durchgängig ist.

Markus: Ja, also ein ganz wichtiger Punkt, weil eben diese ganze Idee von Bierstilen, die ist, also so, dass es bei uns hier einen echten Wiederhall hat, vielleicht 20 Jahre alt. Also wenn ich überlege, hier bei uns Franken, die normalen Brauer, die schreiben halt auf ihre Flaschen, was sie schon immer drauf geschrieben haben, da steht halt Vollbier drauf oder Lager oder manchmal steht auch einfach nur Kellerbier oder vielleicht manchmal auch Pils. Aber das ist nicht immer so, wenn zum Beispiel da in Franken auf einer Flasche Pils steht, dass dann auch das drin ist, was man jetzt beim landläufigen Bierwettbewerb unter Pils versteht, sondern das ist halt das, was der Brauer als sein Pils eben kennt. Und solange der das nicht bei einem Wettbewerb einreicht, ist das auch völlig egal. Weil, wenn seine Leute das trinken, wenn seine Leute das kaufen, sein Umfeld, seine Kundschaft und das gut finden, dann ist es doch okay und ich glaube, so ähnlich ist es letzten Endes da auch. Weil, ich meine, die Engländer, die Belgier und auch natürlich die Deutschen in der Region, die haben ihre Biere halt schon immer so gemacht wie sie sie gemacht haben. Und dann haben sich verschiedene Ideen, Aromen, Herstellungsweisen raus kristallisiert und das wurde dann halt später irgendwann mal in, ja, Schemata gepresst. Und dann eben, um es dann bei einem Wettbewerb zum Beispiel vergleichen zu können, dann muss ich das definieren, dann muss ich dem Kind einen Namen geben, man muss dem dann auch Richtlinien und Werte und Zahlen und sowas hinter bauen. Aber das ist eben erst danach gekommen, also erst gab es Bier und dann gab es Bierstile. Und das ist eine wichtige Sache, die einfach auch das ein bisschen auflockert, dass man das immer so streng sieht. Grade so, also viele amerikanische Leute, die hierherkommen, sind immer ganz, die kommen von ihrem BJCP-Katalog und wenn dann da eben Pils in der Flasche draufsteht, dann erwarten die das und wenn das nicht ist, dann gibt es schlechte Bewertungen, weil das Bier ist toll, aber ist kein Pils, deswegen gibt es nur einen Punkt von 10. Und das ist halt genau falschrum. Weil wenn das Bier toll war, aber vielleicht kein Pils, dann gebe ich vielleicht 9 Punkte und sage, vielleicht änderst du mal dein Etikett, also wenn das nicht zu einem Wettbewerb eingereicht wird, das ist eine andere Nummer.

Silvio: Aber da sind wir doch grade an einem Thema, was du grade so schön beschreibst, ist das nicht irgendwie auch immer ein wenig Bevormundung für den Konsumenten? Plattgesagt sagen wir doch immer, es gibt eh nur zwei Sorten Bier, das, was einem schmeckt und das, was nicht schmeckt. Also dieses Bevormunden, vielleicht ist es jetzt ein harter Begriff, aber vielleicht immer zu sagen, dass das so sein muss, ist vielleicht auch mal eine Denkweise, über die man nachdenken sollte, ob das immer alles zielführend ist.

Markus: Darum gibt es auch diesen schönen Spruch, alles kann, nischt muss.

Silvio: Genau. Und wichtig ist ja einfach auch, wenn derjenige damit Erfolg hat, das ist doch wunderbar. Das ist ja, wenn wir jetzt manche Diskussionen führen, ist ein Pastry Stout sauer, ist das noch ein Bier, gibt es ja. Sage ich, ja, Punkt. Wenn es dem Konsumenten schmeckt, ich sage, ja. Wenn man nachher mal sieht, die dann Brauwesen studieren, die lernen auch, wie man Molke macht, die lernen auch Getränketechnik.

Markus: Natürlich.

Silvio: Also dass das dann auch da mit rein schwingt. Ist das verwerflich? Nein, finde ich nicht. Ich finde, auch da müssen wir überlegen, ob wir das immer wirklich bevormunden. Wenn einem einfach so ein Bier schmeckt, wunderbar, wir haben ihn. Wir haben ihn mit einem Bier, wo er bis jetzt hier nicht meinte, dass das ein Bier ist. Das passiert mir ja mit der Damenwelt oft, die ja dieses hopfenbetonte Pils kennen und sagen, das ist nicht meine Welt. Also meine Frau ist ähnlich so, bevor ich Biersommelier war, konnte sie mit Bier auch nix anfangen. Gibt es auch ein paar, drei Bierstile, die findet sie gut, die passen auch zu ihrem Geschmacksempfinden. Und ich glaube, das ist eigentlich, wo wir manchmal auch ein bisschen überlegen müssen. Oder ich habe manchmal, also am Anfang der Tastings habe ich mal immer einen Fehler gemacht, also ich sage bewusst einen Fehler. Ich in voller Euphorie habe dann so an der 5. Stelle ein Celebrator Doppelbock da rein gehauen, weil ich finde, das ist ein toller Doppelbock. Und die Leute, die es eben nicht gewohnt waren, die haben gesagt, boah, das schmeckt ja überhaupt nicht, total Kaffee, boah, viel zu herb, alkoholische Bittere, kann ich nicht. War doch mein Fehler, ich habe die Leute darauf nicht vorbereitet, sondern man muss eben auch gucken, wie man sowas begleitet. Und dass ist das, wo ich sage, mit dieser Euphorie, wo man schauen muss, welche Leute habe ich da oder welchen Konsumenten habe ich dem Moment da. Und dass ist das, was ich eben auch meinte mit Stadt, Land und da muss man eben schauen, in Ruhe, wie viel man da vorbereiten kann.

Markus: Richtig. Und ich finde auch, was ganz wichtig ist, also da bin ich mit 150 % bei dir, man muss allerdings auch den Leuten sagen, das andere Ende der Fahnenstange ist genauso. Also wenn jetzt jemand sagt, ich sage jetzt aber mal ein paar Marken gleichzeitig, damit keiner denkt, ich will irgendjemand bashen, ich trinke mein Veltins, mein Warsteiner, mein Oettinger total gerne zum Fußball gucken, erste Halbzeit, wie auch immer, ich mag das gerne, wie auch immer, dann ist das auch okay. Also das ist auch eine wichtige Sache, die, glaube ich, bei uns oft ein bisschen fehlinterpretiert wird. Es gibt eben diese Bierwelt, die du es grade gesagt hast und die fängt halt irgendwo bei einem ganz normalen Standardpils, was man irgendwo bekommt, an und hört halt bei, was wir jetzt hier haben, auf. Und das eine ist nicht besser als das andere, sondern der Verwendungszweck ist vielleicht anders und die persönlichen Vorlieben sind anders. Und klar würden wir jetzt wahrscheinlich uns nicht zusammensetzen und gemeinsam ein Oettinger und ein Warsteiner verkosten, könnten wir wahrscheinlich auch, aber hier ist natürlich die Sache spannender, weil man auch über die Brauereien, über die Biere viel erzählen kann. Aber deswegen ist es immer wichtig, das andere nicht abzuwerten, sondern das gibt es eben auch und gehört auch zu dieser Kultur irgendwie dazu.

Silvio: Ich sage immer meinen Leuten, Bier ist immer was anlassbezogenes. Ich nenne dir ein Beispiel, 30. Geburtstag, würde früher dran gemessen, wie viel Kästen Bier vernichtet wurden, welches auch immer. Kommt du zum 50. Geburtstag, dann wird nicht mehr gemessen, wie Quantum, sondern dann gibt es vielleicht auch Getränke wie Wein, da ist dann eher mehr. Und da sieht man auch, wie Geschmack sich auch verändert.

Markus: Richtig.

Silvio: Und das darf man auch dabei nicht vergessen. Und das eine hat seine Bewandtnis und das andere hat seine Bewandtnis, da bin ich vollkommen bei dir. Und ich habe auch nach den Tastings, wo dann Leute dann sagen, ja, jetzt trinke ich ein Bitburger. Ich sage, wenn dir danach ist, ich bin nicht beleidigt, du möchtest das haben. Ist ja so, wie wir auch immer sagen, es gibt kein richtig, kein falsch. Wenn dem einen das nicht schmeckt, dann ist das so, was soll ich das in infrage stellen. Nur weil ich das super finde, heißt ja nicht, dass er das super findet. Das ist immer so das große Problem oder, ich sage mal, nicht Problem, aber das ist das, wo man vielleicht offen sein muss, tolerant in dem Moment.

Markus: Ja. So, jetzt gehen wir auf den Oelberg, allerdings ohne ö, Sankt Oeberg, ist das ein Ort?

Silvio: Ja. Sankt Oelberg ist nix anderes als die Verballhornung oder, steht hinten drauf, die augenzwinkernde Hommage an die Stadt Stollberg.

Markus: Ah, okay.

Silvio: St. Oelberg, das ist so bei uns so ein geflügelter Witz, sage ich jetzt mal. Und ich habe ja eben gesagt, ich ziehe ja bald runter, wo die Altstadt ja überflutet worden ist vor 2 Jahren und dann habe ich überlegt, wie ich was machen kann. Habe dann mit dem Sebastian Sauer, der ja auch in Stollberg wohnt, Sebastian wohnt 4 Kilometer von mir entfernt.

Markus: Ach, okay.

Silvio: Sebastian habe ich mal vor 14 Jahren beim Braukurs in Köln in der Braustelle kennengelernt und dann irgendwann hat man sich mal aus den Augen verloren, bis ich vor 4 Jahren dann mit dem Craft Beer anfing. Und dann haben wir eben versucht, ein Charity-Bier zu machen mit Fruit-Spende und das haben wir dann gemacht. Das war dann ein Pils, naturtrübes Pils, das hieß dann Messing Heimat, weil Stollberg die Messingstadt ist beziehungsweise die Kupferstadt. Das ist, was die wenigsten wissen, der älteste Industriebetrieb Deutschlands steht in Stollberg, weil eben dort Messing-Prim, Knöpfe, also es kommt daher, diese Messing-Knöpfe, das Patent und Kupfer wurde eben abgebaut. Und deswegen hat man eben auf dem Etikett auch immer das Galmei-Veilchen, das ist endemisch, das gibt es nur dort, da, wo sehr viel Kupfer und Schwefel vorkam, das ist ein eigenes endemisches Pflänzchen. Und dann habe ich 2 Biere mit dem Sebastian gemacht beziehungsweise ich habe gesagt, wie ich sie gern hätte und er hat sie mir dann gemacht. Einmal einen Heimat Bock mit leichtem Rauchmalz, der ist eben für das Essen gedacht, eben für Steak. Und in Aachen oder in der Städteregion Aachen essen wir einfach den Sauerbraten mit Printen, das ist einfach so. Deswegen heißt das Bier auch Heimatgefühl und Gefühl natürlich, damit wir das so haben können. Und das ist ein Bier …

Markus: So wie wir die Sauerbratensoße mit Lebkuchen machen.

Silvio: Ihr macht es mit Lebkuchen, jetzt können wir aber schauen, der Lebkuchen ist ja viel ähnlich natürlich und einfach so wird das gemacht. Und dieses Bier ist eben dafür gedacht, dass es zum Sauerbraten funktioniert und es ist eben auch dafür gedacht, dass das Bier zu Kaninchen funktioniert.

Markus: Oh.

Silvio: Kaninchen süß-sauer und zum Dessert. Das war die Idee, die dahintersteckt. Es ist eine Chimäre-Hefe drin, ich habe es auf dem Bierstil des Quadrupels gemacht.

Markus: Woah.

Silvio: Und so wie es sein musste, ich hatte Weihnachtsmarkt und das Bier war noch nicht fertig in der Gärung, habe ich gesagt, ich brauche es trotzdem. Da haben wir einen Batch vorher gemacht, den mache ich jetzt mal auf. Und dann haben wir noch einen anderen Batch 6 Wochen länger im Gärtank gelassen, das ist daneben. Und jetzt liegt dieses ganze Baby im Moment noch in einem ehemaligen Jack-Daniel´s- Lafroaigh-Fass. Und ich werde es, so wie ich es verstanden hab, den Sebastian und der Christian Vormann, wollen wir es Anfang Oktober abfüllen.

Markus: Also vielleicht noch ganz kurz für die Hörer, der Sebastian Sauer ist so ein bisschen, was soll man sagen, ein frühes Enfant terrible der Bierwelt in Deutschland.

Silvio: Pionier.

Markus: Ja, ja, ich wollte es grad sagen, es ist so ein bisschen beides, ich habe ihn auch so vor ungefähr 15 Jahren kennengelernt. Und er hat also sich einfach dem verschrieben, wirklich besondere historische spannende Bierstile zu entdecken, zu verkosten. Der war auch schon in Südamerika unterwegs und hat das Chicha probiert, rauf und runter. Und macht eben viele, viele tolle Biere, die dann eben sehr experimentell sind, sehr spannend, sehr aromatisch sind. Freut mich total, dass ihr da zusammenkommt, das wusste ich gar nicht, dass er da wohnt. Und es ist immer wieder eine Freude, was von ihm zu haben, Freigeist nennt sich das Ganze auch, Bierkultur. Und, ja, der Christian Vormann, auch witzig, der war in einem unserer allerersten Seminare, auch vor 10 Jahren muss das ungefähr gewesen sein. Und der hat sich ja auch toll entwickelt, macht auch viel Biere in seiner Brauerei, viele spannende Geschichten. Und, ja, also jetzt haben wir hier dieses schöne Bier im Glas, schaut ja fast aus wie ein Rotbier, muss ich sagen, schöne natürliche Komponente, toll.

Silvio: Ja, natürlich ist Kardamom da drin. Auch Amber, könnte man sagen, Amber oder Bernstein.

Markus: Der Joker des Biersommeliers, Bernstein.

Silvio: Ja, strohgelb.

Markus: Nein, also wirklich, eine wunder-, wunderschöne Farbe und so, wie es eigentlich sein, ein rotstichiges Braun. Schöner auch genauso getönter Schaum, der da auch perfekt dazu passt. Oh und ein unglaublich interessanter Geruch. Ich würde ja auf den ersten Tipp erst mal sagen, es hat was Florales, sowas Blütenmäßiges. Und dann, wenn man länger reinriecht, dann kommen die Printen, also dieses, ja, wir würden jetzt in Franken sagen, Lebkuchengewürzaroma, so ein bisschen rüber. Und wird dann immer intensiver und geht dann so in Honig. Aber es hat auch was Florales. Aber diese Veilchen habt ihr da nicht auch noch reingesteckt?

Silvio: Nein, aber es ist Macisblüte drin, es ist Muskatnussblüte drin.

Markus: Ah, okay.

Silvio: Du bist mit dem Floralen ganz gut. Und ich finde, den Touch, den Twist, den man hier natürlich hat, ist diese klassische Birne, diese Hefe, die du wirklich so von dem Chimäre auch immer erkennst so in der Nase. Also ich bin ja jetzt total befangen, deswegen.

Markus: Ja, Birne und auch Quitte, also es ist eine total spannende Geschichte.

Silvio: Prost.

Markus: Ja, prost. Setzt sich fort, toll. Also was ihr jetzt knistern hört, das sind die Printen, die waren nämlich auch im Paket. Und, ja, du öffnest die grade, sagen wir mal so.

Silvio: Ja, ich denke, das ist in dem Fall wichtig oder ich sage mal, die Idee, die da ist, ist einfach, damit man einfach nochmal so ein bisschen schaut, wo was da hinkommt. Hinten kannst du nochmal schauen, was für Gewürze auch drin sind.

Markus: Also ich finde es unheimlich präsent auf jeden Fall, dieses Printenaroma bleibt auch ganz lange. Und es ist, also jetzt sieht man auch, also wir haben hier Zimt, Koriander, Anis, Gewürznelke, Piment und Macis-Blüte, also, ja, eine schöne bunte Mischung an Gewürzen. Jetzt haben wir hier eine Printe, ich habe die mit Nüssen erwischt.

Silvio: Du kannst die auch mit Mandel haben, mir ist das egal, du kannst die aber auch nur mit dem normalen Zuckerguss haben.

Markus: Jetzt habe ich die mit Nüssen, wunderbar. Probieren wir das mal mit dem Bierchen, prost.

Silvio: Und jetzt merkt man, dass es eben auch mit einem Dessert funktionieren würde oder kann.

Markus: Das geht sehr schön Hand in Hand, muss ich sagen. Also, gut, ist jetzt auch in gewisser Weise erwartbar, aber richtig schön, weil auch diese süße Note von den Printen, die wird mit rüber genommen, ist aber trotzdem nicht so dominant, also das macht das Ganze sehr angenehm. Gibt es ja oft so bei so Schokolade-Tastings, dass das Süße dann zu krass ist, grade wenn man das dann so Gleiches mit Gleichen kombiniert. Hier ist es wirklich sehr, sehr schön, sehr angenehm, sehr rund. Ich kann mir das Bier auch in der Tat total gut vorstellen zu so einer richtig schönen Soße, die mit den Printen gemacht worden ist. Das führt dann ja eigentlich das fort, was man von der Speise hat, wird im Mund dann mit dem Bier weitergemacht.

Silvio: Wir haben daraus dann noch einen Printenlikör gezogen, so ein bisschen und haben dann also daraus dann eine Printen-Mousse gemacht beim Essen mit dem Restaurant. Und das ist jetzt die 1. Version und wir trinken jetzt gleich schon mal die 6 Wochen länger gelagerte Version.

Markus: Okay.

Silvio: Und es ist einfach, ich finde es sehr schön und wir haben uns bewusst entschieden aufgrund der Erfahrung. Der Sebastian hatte schon mal ein Printenbier gemacht, hat es aber dann mit Printen aufgelöst. Und dann war es sehr biskuitig und es war sehr teigig, es war also nicht viel von dem Gewürz. Und ich habe, wie gesagt, dann hier bewusst nur die Gewürzmischung genommen, so wie man dann eben das macht. Und ein ganz kleiner Bäcker, und jetzt geht es weiter, das Bier gebe ich ihm dann wieder, er zieht das in eine Ganache rein, macht darüber dann noch Marzipan, zieht das auf die Printe, daraus eine Ganache, die heißt dann Etepetete. Wir nennen sie eigentlich St. Oelberg Printe, also Printenpraline. Und haben das Spielchen nochmal zurückgespielt dann auch, einfach um nochmal zu zeigen, dass eben auch Brauen und Brotbacken oder eben auch sowas, wie das zusammengehört und das kam auch ganz gut an. Und dass ist so das, kam vielleicht so ein bisschen raus, so meine Liebe, eben auch zu sagen, ich muss Bier immer im Essenskontext betrachten, das ist so die Idee, die dahintersteckt.

Markus: Und es ist auch ein ganz teuflisches Bier, muss ich sagen. Weil, also es steht drauf 10%, wenn man mich gefragt hätte, hätte ich gesagt, naja, vielleicht 6. Also da ist schon, ja.

Silvio: Du bist aber auf einem guten Weg. Der 1. Batch ist so um die 8%, 8,5% gemessen, also sehr gut. Aber jetzt warten wir mal, was der 2. sagt.

Markus: Okay.

Silvio: Weil ich das, wie gesagt, so für den Weihnachtsmarkt brauchte, haben wir das Ding einfach ein bisschen vorher aus dem Tank gezogen.

Markus: Spannend, schaut schon ein bisschen anders aus. Hat einen richtig geheimnisvollen Schimmer, so ein Sonnenuntergang quasi.

Silvio: Das liegt an der Sonne vielleicht.

Markus: Ja, vielleicht liegt es auch an der Sonne. Der Schaum ist tatsächlich präsenter, finde ich, als bei der 1. Version, kann aber vielleicht jetzt nur am Einschenken gelegen haben. Er ist ein bisschen heller, finde ich, auch.

Silvio: Die Sonne ist natürlich auch da, meine Frau sitzt dabei, deswegen ist das natürlich so schön.

Markus: Alles strahlt sozusagen. Und was man auch sagen muss, hier zieht man die 10% oder mehr, ehrlich gesagt, wahrscheinlich sogar mehr, sieht man am Verhalten des Bieres im Glas.

Silvio: Andere Viskosität, ja.

Markus: Also das bleibt ja eigentlich von A bis Ende kleben.

Silvio: Ja, eine andere Viskosität auf jeden Fall.

Markus: Wahnsinn. Also optisch schon mal Bombe, muss ich sagen. Oh ja, okay, dann ist auch die alkoholische Note in der Nase stärker.

Silvio: Der Honig ist weg, den wir so eben so in der Nase hatten, sondern viel mehr diese Muskatnuss kommt da so.

Markus: Das ist sehr interessant, ja, es ist wie eine Birne, über die man so ein bisschen Zimt und Muskat streut so.

Silvio: Wir nehmen es zum Beispiel zum Bratapfel.

Markus: Ah ja.

Silvio: Da passt das unglaublich gut dazu.

Markus: Woah. Also, ja, da merkt man mal, es ist ja, es hat einfach ein bisschen Zeit.

Silvio: 6 Wochen.

Markus: Ja, Wahnsinn. Prost.

Silvio: Prost. Jetzt sind wir volle Lotte beim Quadrupel auch angekommen.

Markus: Aber trotzdem großartig. Also was ich ganz schön finde, ist das, obwohl jetzt die Alkoholnote stärker ist, ist sie immer noch schön eingebunden. Wir haben eine Süße, die ist auch durchaus präsent und schön. Und diese Printenaromen, die sortieren sich so, die kommen dann so Stück für Stück, eins nach dem anderen und am Ende ist es wieder komplett. Und auch das Mundgefühl, sehr, sehr angenehm, sehr moussierend, ja. Ja, hat er gut gemacht oder habt ihr gut gemacht.

Silvio: Ja, ich bin sehr zufrieden. Und ich freue mich ja im Oktober, wenn das dann aus dem fass dann rauskommt. Wir haben es in 3 Versionen gemacht. Wir haben es in ein Rumfass gelegt, wir haben es in einem Bordeaux-Fass und dann eben dem ersten Lafroaigh-Fass. Das Erste, war es ein Jack Daniel´s, dann Lafroaigh. Und dann geht es weiter, dann hat es 5 Jahre als Singelmalt für jemanden gedient, der den Whisky in Aachen macht, von dem habe ich das Fass übernommen, so ein 125-Liter-Fässchen. Wie das Fass kam, wir da reingerochen haben, da warst du schon ohnmächtig von dieser Geruchsexplosion, die wir hatten. Man konnte es beides wahrnehmen, man konnte diesen klassischen Bourbon wahrnehmen, diese volle Lotte Vanille, die schon so Bourbon-, wirklich Bourbon-Vanille war. Und dann kam so hinten, klopf, klopf, der Torf und sagte, hej, ich bin auch noch da.

Markus: Hej, ich bin auch noch da, ja, schön.

Silvio: Und das war sehr schön. Und da bin ich mal gespannt, ich schicke dir natürlich gern da zu, von der Flasche.

Markus: Oh ja.

Silvio: Aber das ist jetzt, wie gesagt, eben einfach auch ein Bier klassisch zum Speisekontext. Schöner Weise verkaufe ich das auch im Sommer. Als Printenbier ist es eben einfach eine absolute Nische, die ja eben bei uns ist. Und ich bin sehr zufrieden mit diesem Bier.

Markus: Ja und ich glaube, das ist jetzt wirklich ein Bier, das funktioniert mit ganz, ganz vielen Sachen, also ab einer gewissen Ebene. Genau, wir müssen den Käse jetzt hier natürlich auch noch angreifen, keine Frage. Vielleicht ganz kurz, weil du es grade gesagt hast, kaufen, ist ja auch ein Sinn. Also wenn die lieben Hörer, die jetzt alle nicht grade in Aachen oder um die Ecke wohnen, mal mit dir geschäftlich zu tun haben wollen, wie funktioniert das?

Silvio: Also ich habe keinen Online-Shop, ich bin ein klassischer Stationärer, aber natürlich verschicke ich. Aber, Leute, es ist jetzt nicht so mein guter Freund, der den Belgo-Shop führt, der da sehr gut drin ist, weil er da die Logistik hat. Sondern ich bin da eben so eine One-Man-Show, habe einen Laden zu führen und natürlich verschicke ich das auch sehr gern, aber dann immer ein bisschen mehr Geduld. Und dann eben wird das Ganze über Überweisung, PayPal dann abgewickelt. Weil ich habe bis jetzt immer den Online-Shop gescheut, es gibt immer Fallstricke wie vergessene Literangabe und so weiter. Und wenn dann irgendwie was vom Abmahnverein reinkommt, habe ich da keine Lust drauf und das ist so, warum ich es erst mal so …

Markus: Nee, das geht leider Gottes sehr, sehr schnell und grade, wenn man mit ausländischen Produkten arbeitet oder mit so sehr handwerklichen Produkten, weil ja auch die Produzenten da nicht immer auf alles achten, das macht schon Sinn. Heißt aber jetzt, also wir haben dann praktisch eine Email-Adresse oder schon eine Website oder wie?

Silvio: Ich hab keine Website, ich bin über Instagram, da steht ja Vinteasch mit ae dann geschrieben oder eben kann man darüber Kontakt aufnehmen. Oder ganz klassisch über Email, das geht natürlich. Der große Mappenanbieter Herr Google, wenn man mein Profil aufruft, dann kann man mir eine Email schicken oder silvio.reiss@vintaesch, mit ae, .de geschrieben, dann kann man das bestellen, verschicke ich sehr gerne. Es kann sein, ich bin jetzt grad am überlegen, das es dann über den Belgo-Shop auch zu beziehen ist.

Markus: Also hast du ja auch eine Idee.

Silvio: Frederic, haben wir schon drüber gesprochen und das werden wir jetzt mal machen. Aber das war ein Herzensprojekt und ich denke, das merkt man auch, dass es da reingepasst hat, sehr schön.

Markus: Also die Links werden wir natürlich alle noch in die Shownotes geben, sodass die Leute dann eben auch schon mal das mit dem Podcast direkt machen können. Ich muss sagen, mit dem Käse habe ich ja so nebenbei so ein bisschen probiert, passt auch sehr schön, der Parmesan, in Anführungsstrichen, macht auch hier seinen Job auf jeden Fall. Die Kaminwurz hat sich jetzt grade ein bisschen verabschiedet. Da ist sie.

Silvio: Glück gehabt, der Hund hat nicht aufgepasst.

Markus: Die versteckt sich, ja. Aber das ist das Gute an so einer bayrischen Kaminwurz, die kann das auch ab, die fällt mal runter, die ist danach wieder wie vorher, alles wunderbar. Also das ist schon auch wirklich großes Kino, das mit den Speisen zu machen. Also insofern, das vielleicht einfach auch nochmal an alle Hörer als Anregung, als Tipp, also neben der Anregung und Tipps, sich mit dir mal auseinanderzusetzen, dein Instagram-Konto zu abonnieren und so weiter. Aber eben auch wirklich, grade wenn man solche Biere hat, die auch aromatisch viel zu bieten haben, sich dann eben auch mit Käse, mit Schokolade, mit Wurst, mit was weiß ich, was man halt mag, zu beschäftigen und einfach zu spielen. Weil, ich glaube, so kommt man am ehesten dahin, oder?

Silvio: Ja, es ist alles eine Spielwiese, denke ich mal. Man kann sich auch mal verdribbeln, aber man kann eben auch mal aus 30 Metern in den Winkel schießen, um beim Fußball zu bleiben. Ja, ist definitiv so, ja. Und ich denke, das Bier ist eigentlich, steht so sinnbildlich für meine Liebe, die ich ja eben auch hab, Belgien, eben auch die Heimat, da verbunden. Und ich habe noch 2 andere Bierprojekte im Kopf und schauen wir mal, was da so ist, aber müssen wir mal Step by Step machen. Jetzt durch den Umzug werde ich den Heimatbock dieses Jahr nicht brauen lassen, das werde ich nächstes Jahr machen, weil die Geldmittel müssen da rein fließen, ist einfach so. Ich sage ja auch immer so, ich lebe nicht vom Bottle-Shop, das ist schwierig auf dem Dorf, muss man so sagen, sondern ich lebe von der Sommeliertätigkeit. Und das ist eigentlich auch der Grund, warum ich dann in die Stadt gehe, um mehr Lauffrequenz und mehr Touristen sind. Das ist der nächste Schritt, den ich machen musste, ist einfach so. Und wir merken ja auch so an einer Reihe von Erstgenerationen, die anfangen, die aufgeben oder Brauereien verkaufen, Bottle-Shops schließen. Und weil die Craft-Beer-Nische ja doch eine Nische ist, das muss man einfach mal auch sich klarmachen und deswegen ist das alles auch nicht immer so einfach, wie wir uns das wünschen und denken und das ist so, wo man ein bisschen jeden Tag kämpfen muss. Ich mach das gerne, aber manchmal ist es auch ein bisschen frustrierend.

Markus: Das auf jeden Fall. Aber immerhin, wenn man solche Produkte hat, solche Möglichkeiten zu kombinieren, macht das dann wenigstens auch Spaß, dieses Kämpfen und man hat auf jeden Fall was für sich und vielleicht für die eigene Familie auch noch mit dabei. Also auf jeden Fall, wie gesagt, nochmal vielen Dank, dass du das hier mitgebracht hast, uns teilhaben lässt. Und wir können dann ja, wenn du umgezogen bist und die nächsten Projekte angehst, einen 2. Teil machen, wo wir nochmal dann vielleicht vor Ort drauf eingehen und es uns mal anschauen. Und zwischendurch eben nochmal, an alle Hörer, schaut in Aachen vorbei …

Silvio: Stollberg.

Markus: … Stollberg, richtig, Entschuldigung.

Silvio: Bei Aachen.

Markus: Schaut in Stollberg vorbei, bei Aachen, nehmt ein paar schöne Biere, lasst euch beraten vom Silvio und vielleicht auch ein bisschen Käse, vielleicht ein bisschen Wurst und auf jeden Fall, Printen nicht vergessen.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

Mehr lesen

BierKennerTour spezial 2017

Nach den letzten Jahren, in denen uns unsere Spezialtouren nach Berlin, Hamburg, Pilsen, Prag und Mailand geführt hatten, wollten wir in diesem Jahr unseren Gästen die Möglichkeit geben, dem weltgrößten…

„Ich werde eine würdige Herrscherin sein“

Die 27jährige Maria Krieger aus Riedenburg ist die neue Bayerische Bierkönigin München/Riedenburg. In einem spannenden Finale setzte sich die Brauerstochter aus Niederbayern gegen ihre sechs Konkurrentinnen durch und darf nun…