Die Augsburger Riegele-Brauerei gehört zu den „Klassikern“ im bundesdeutschen Bier-Kanon. Spätestens seitdem der damalige Juniorchef und heutige Inhaber Sebastian Priller 2011 zum zweiten Weltmeister der Biersommeliers wurde und zur Feier dieses Titels eine eigene Kreativbier-Serie auflegte, stehen die Schwaben auch in jedem Craftbier-Regal und erfreuen sich auch internationaler Beliebtheit. 2015 begann zudem eine neue Ära der amerikanisch-deutschen Bierfreundschaft: Gemeinsam mit den Gründern der kalifornischen Sierra Nevada Brauerei, Ken and Brian Grossman, entstanden verschiedene Gemeinschaftssude. Der große Mann hinter all diesen Projekten ist auf Augsburger Seite Braumeister Frank Müller, der in den letzten zwei Jahrzehnten die Entwicklung der Brauerei und ihrer Biere entscheidend geprägt hat. In unserem BierTalk verkosten wir vier Riegele-Spezialitäten und schauen hinter die Kulissen der Brauerei, nicht zuletzt in die Hefebank, die Frank einst quasi als Mitgift in diese äußerst fruchtbare Beziehung eingebracht hat…
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Holger: Hallo liebe BierTalk-Hörer! Wir haben die Folge 68. Jetzt kann man sich fragen: Was ist an 68 besonders? Weiß ich eigentlich gar nicht, auf jeden Fall ist es irgendwie ein Revolutionsjahr, also die 68er Generation. Unser Gast ist aber noch nicht so alt, dass er dazugehört. Aber er ist schon jemand, der den Biermarkt und die Bierbranche revolutioniert hat. Es geht heute nach Augsburg in die Riegele Brauerei zu Frank Stephan Müller. Frank, grüß dich, herzlich willkommen! Und am Mikrofon ist der Holger und wie immer …
Markus: … der Markus.
Holger: Prima! Frank, magst du vielleicht den Hörern Norddeutschlands sagen, wer du bist? Ich denke, die Süddeutschen wissen es alle.
Frank Müller: Grüß Gott in die Runde! Es freut mich, dabei zu sein. Ich bin der Frank und beschäftige mich seit gefühlt circa 40 Jahren mit dem Thema Bier und habe das auch irgendwann mal gelernt in Krombach und habe dann auch mal in Weihenstephan studiert. Ich war in diversen Brauereien, in der Eichbaum Brauerei in Mannheim, in Hannover in der Herrenhäuser Brauerei, war in Schweden eine Weile in der Krönleins Bryggeri in Halmstad, und bin jetzt seit fast 20 Jahren in Augsburg verantwortlicher Braumeister in der Brauerei Riegele.
Holger: Das ist spannend! Bist du Siegerländer?
Frank Müller: Ich bin Siegerländer (unv. #00:01:28.3# englisch ausgesprochen?), ganz genau.
Holger: Sehr gut! Okay.
Frank Müller: Ich bin original Siegerländer, richtig. Und habe auch im Siegerland mit meinem Vater zusammen unter Anleitung eines Herrn Pütz, Jean Pütz von der Hobbythek, das war meine Lieblingssendung, das erste Mal Bier gebraut.
Holger: Viele Hobbybrauer so in unserer Generation, wenn ich das so sagen darf, sind damals eben durch die Hobbythek auch wirklich angeregt worden, in diesem Beruf oder in dieses wunderschöne Hobby zu gehen. Wirklich aus dieser Tradition heraus hast du dich beworben in Brauereien, oder war das sofort klar, dass du dann bei Krombacher den Beruf des Brauers und Mälzers gelernt hast? Oder wie ist das gekommen?
Frank Müller: Ich habe mal diverse Praktiken gemacht und dann hat sich das angeboten, in der Krombacher Brauerei da eine Lehre zu machen, eine verkürzte Lehre. Mit Abi konnte man dann nach zwei Jahren, kann man heute auch noch eine Lehre machen, genau. Für mich stand das seit dem 12. Lebensjahr eigentlich fest, dass ich irgendwas in dieser Richtung betreiben wollte oder will.
Holger: Warum seit dem 12. Lebensjahr, was war da der Auslöser?
Frank Müller: Das war der Jean Pütz mit meinem Vater zusammen. Also diese Hobbythek Sendung hat in allen Bereichen Anregungen gebracht. Also ich habe Tiffany gemacht, ich habe selbst Salben gemacht, wir haben Brot gebacken, wir haben mit Holz gebastelt, wir haben mit Kupfer gebastelt, wir haben also alles gemacht, was der eigentlich präsentiert hat, weil er es gut aufbereitet hat. Wir haben Sauerkraut gemacht, das ist ja auch ein bisschen verwandt mit Fermentation und so weiter. Und dann war eine Sendung halt Bierbrauen, da haben wir uns sofort die Sachen besorgt, haben das Buch gekauft, man konnte immer ein Buch zur Sendung kaufen, haben uns in den Brauereien im Siegerland die Rohstoffe besorgt. Und haben dann zu Hause in der Küche mit einem Einmach-Pott den ersten Sud angesetzt.
Holger: Unglaublich! Markus, hast du das auch immer geschaut, die Hobbythek?
Markus: Ich hab’s total gerne angeschaut. Ich habe nicht alles nachgemacht, aber mir erschließt sich jetzt langsam einiges, weil ich jetzt auch verstehe, wie der Frank eben so viel Experimentierfreude und Lust an neuen und spannenden Sachen entwickelt hat. Klar, wenn einem das so im Blut steckt, dann kann sich eigentlich das nur so weiterentwickeln. Und das ist ein Glücksfall für die Bierwelt, dass du dich dann eben fürs Bier entschieden hast und nicht am Ende für Salben oder für irgendwas anderes. Und ich muss sagen, ich habe jetzt schon eine Menge Durst bekommen. Du hast uns vier tolle Biere geschickt. Ich glaube, Holger, wir müssten eigentlich eins aufmachen.
Holger: Ja, können wir gerne machen. Frank, magst du kurz auch noch was zur Riegele Brauerei sagen und was wir hier so vor dem Bildschirm stehen haben? Und dann müssen wir noch eine Reihenfolge festlegen.
Frank Müller: Genau! Die werde ich euch definitiv vorgeben die Reihenfolge. Aber zur Brauerei Riegele, es ist eine Familienbrauerei hier im Kern von Augsburg. Seit 1386 in der Stadt, bezahlt Steuern auch seit 1386. Und wie gesagt, ist inhabergeführt, eine total verwurzelte, verankerte Familienbrauerei, die mittlerweile die ganzen Traditionsbiere komplett braut, also bayerische Bierspezialitäten. Dann machen wir diese Brauspezialitäten halt auch, die Innovationsbiere. Wir machen drei alkoholfreie Biere, wir machen ein holzfassgelagertes Bier, wir machen ein Champagnerbier. Und wir machen, das muss man auch dazu sagen, natürlich auch relativ viel Mineralwasser, die MozartQuelle ist unsere eigene. Und wir machen auch relativ viel Spezi, also Original Spezi ist unsere Marke. Und wir machen eine Limonade, die ist mit Milchsäure gesäuert, das ist unser Chabeso.
Holger: Das ist Wahnsinn! Jetzt, was haben wir hier vor uns stehen?
Frank Müller: Wir haben vier Sorten, wir haben das Augsburger Herrenpils, wir haben unser Kellerbier, wir haben das Lauterbacher Hefeweizen, wir haben unser Simco 3. Ich möchte gerne mit dem Augsburger Herrnpils starten.
Holger: Sehr gut! Bei Pils bin ich sowieso immer dabei. Das machen wir auf. Also Markus, du weißt ja, wenn es dann wieder zu bitter wird für dich als Oberfranke, halte ich dir die Hand.
Markus: Ja, bitte! Das machen wir auf jeden Fall. Wobei ich sagen muss, Herrenpils ist etwas, was man auch in Bamberg kennt, und da ist es für fränkische Verhältnisse schon ordentlich bitter, aber immer noch für mich gut machbar. Insofern freue ich mich jetzt schon drauf. Es ist auch eine sehr edle Flasche mit diesem schönen silber, wie sagt man da, Stanniolpapier oder so ähnlich, was drüber ist. Also sehr, sehr schön. Ich mach auch mal auf.
Frank Müller: Das hört sich gut an.
Markus: Wunderbar! Wer mag’s denn verkosten?
Holger: Mach du es doch.
Markus: Ich? Also gut.
Holger: Ich meine, Pils ist nicht dein Bierstil und dann würde ich das Kellerbier machen. Das wäre doch nur gerecht.
Markus: Eigentlich eine Unverschämtheit, aber gut. Also gut, dann nehme ich mich gerne dieses wunderbaren Pilsbieres an. Also erstmal optisch schon mal ganz, ganz schön. Die Braut ist wirklich hübsch. Wir haben oben einen richtig festen, stabilen, weißen, feinporigen Schaum stehen, der wirklich, während wir jetzt geredet haben, noch keinen Millimeter verloren hat. Also ganz, ganz großartig. Drunter dann ein richtig schön sonnengelbes klares Bier, wo sich die Kohlensäurefäden so richtig schön da nach oben treiben lassen und man eben sieht, wie dieses Bier lebt und sich darauf freut, getrunken zu werden. Jetzt rieche ich doch mal rein. Ah ja! Und dann haben wir eine schöne Mischung, also man hat einerseits durchaus so kräutrig Zitrus-, Hopfen-Aromatik, aber eben drunter auch ein schönes Bett, wo Malz eben, Getreide, ein bisschen Honig vielleicht auch stattfindet, aber eher so typische Getreidenoten. Und insgesamt auch frisch, also das macht richtig auch Lust. Ich probiere jetzt mal. Ja, ein kleines bisschen brauche ich deine Hand, aber es ist sehr, sehr fein. Geht los sehr schön weich, ganz angenehm auf der Zunge, hat eine gewisse Süße am Anfang, und dann kommt aber schon diese kräftige Hopfennote, die dann richtig intensiv ausklingt, sehr, sehr lange auch dableibt. Aber eben in keinster Weise irgendwie unangenehm, sondern einfach richtig schön selbstbewusst da ist und den Mund auch wieder so ein bisschen austrocknet. Und dann natürlich sagt, trink mich nochmal. Und das ist natürlich auch sehr schön, also ein sehr rundes Pils, ein sehr weiches Pils und ein sehr angenehmes, sehr trinkfreudige Bier. Kann ich nur sagen, Frank, sehr gut gelungen. Prost auch aus Franken!
Frank Müller: Danke, vielen Dank! War eine sehr schöne Beschreibung.
Markus: Danke, das freut mich. Hast du das mit erfunden oder hast du es übernommen?
Frank Müller: Ja, das haben wir komplett neu auf die Beine gestellt, richtig. Wir haben es auch wieder, wie du schon beschrieben hast, in Richtung Pils getrimmt. Also unter dem Namen Pils kann man sehr viel tun, aus meiner Sicht werden heutzutage auch Pilsbiere verkauft, die eigentlich diesen Namen nicht tragen dürften. Ich möchte es mal so vorsichtig formulieren. Wir haben das wieder auf 45 Bittereinheiten gestellt, das ist ausschließlich mit Aromahopfen gehopft, da ist Opal drin, da ist Mittelfrüh drin, da ist ein Hersbrucker drin, da ist ein Saazer drin und auch ein Spalter Select ist da drin.
Markus: Sehr schön! Ich finde, den Saazer merkt man auch so ein bisschen.
Frank Müller: Den Saazer merkt man, durch auch diese späten Gaben, dass natürlich jetzt nicht nur diese Bitterstoffe umgewandelt werden, sondern ich möchte auch diese Aromakomponenten, also dieses Aromaprofil dieser verschiedenen Hopfen möchte ich auch mit reinbringen. Und der Saazer hat halt eine schöne, ich sage immer, minimal dieses Werther‘s Echte, dieses leichte Sahnige hinten raus, dieses Cremige, schöne leichte Holznoten bringt der rein. Eine leichte Kräutrigkeit. Also ich finde, der passt sehr gut dazu.
Markus: Ja, der macht das richtig schön weich.
Frank Müller: Genau!
Markus: Schauen wir mal, was der Holger dazu sagt, der ist ja unser alter Pilsspezialist.
Holger: Man kann fast nichts mehr ergänzen. Mir schmeckt‘s auch wahnsinnig gut und ich finde auch diese Trockene, was so im Abgang kommt und dann einfach Lust auf den zweiten Schluck macht, so muss auch ein Pils sein. Ich werde nicht müde immer wieder vorzuschwärmen, auch von der Lokalität. Also nicht nur von den Produkten, die sowieso ohne Fehl und Tadel sind, sondern ich finde das auch unheimlich schön bei euch und auch unheimlich lecker. Ich kann nur jedem raten und man muss wirklich gar nicht mit dem Auto anreisen, man kann wirklich aus dem Zug fallen, sein Bier trinken und wieder in den Zug hineinfallen und dann nach Hause fahren, egal wo man herkommt.
Frank Müller: Die Lokalität hier am Standort wird von den Augsburgern extrem viel und gut angenommen, muss man wirklich sagen. Also wir können uns da nicht beklagen.
Markus: Ich finde das auch ganz spannend, zumal es auch einfach so ein bisschen Wirtschaftsgeschichte zeigt, wie wichtig es eben war vor ungefähr so 130, 140 Jahren, dass man sich als Brauerei eben an die neuen Bahnlinien begibt, dort produziert, um dann eben auch gleich vertreiben zu können. Ich finde, man sieht das auch, wenn man die Brauerei an sich besichtigt, weil sie noch in diesem Zustand praktisch von damals auch ist, so als Baulichkeit. Das heißt, man hat im Keller noch wirklich die Schatzkammer und die alten Lagerkeller. Das ist wirklich ein sehr imposanter Bau. Man kann dann eben hochsteigen, bis man dann die alten Schrotmühlen unter dem Dach sozusagen hat. Und neuerdings kann man sogar über das Ganze rüber fliegen mit dem Bierflug. Ich finde das schon insgesamt ein echt spannendes Ensemble und auch etwas, wo sich wirklich viel Mühe gegeben wird, das zu erhalten. Wie erlebst du das so im Alltäglichen?
Frank Müller: Die Familie Priller legt hier wirklich unglaublich viel Wert auf Details und machen das auch selbst. Auch wie du gerade schon gesagt hast, das mit dem Bierflug und das Wirtshaus und das wird alles selbst ausgewählt, die Möbel, das Design. Das muss einfach passen, bis hin zur Kuchengabel muss das irgendwie ausgetüftelt sein und muss zum Konzept passen. Da legen sie wirklich sehr, sehr viel Wert drauf. Und auf der anderen Seite, ist klar, das Gebäude ist geprägt vom Jugendstil zu der Zeit, ist jetzt hier wunderschön wiederhergerichtet worden. Klar, für mich natürlich in der Technik, in der Produktion erschwerend, weil das Riesenproblem ist der Platz. Das heißt, wir können nicht in der Horizontalen wachsen, in der Vertikalen sind wir eigentlich jetzt auch fertig, die Logistik ist schon ausgesiedelt. Aber das ist eine Herausforderung, muss man wirklich sagen, hier am Standort das hinzubekommen.
Holger: Frank, wie ist das eigentlich, wenn man einen Biersommelier-Weltmeister als Chef hat? Ist das angenehm?
Frank Müller: Das ist sehr angenehm. Wir verstehen uns blendend und tauschen uns wunderbar aus. Und es ist schön und erfreulich, wenn man einen Chef hat, der auch bieraffin ist. Das heißt, der auch, wenn ich mal einen Hopfen geändert habe, dann kommt und sagt: Hast du was am Urhell, da hast du bestimmt was am Hopfen geändert. Ich sage, ja. Wunderbar, herzlichen Glückwunsch! Also er ist mit Leib und Seele dabei und verkostet die Biere und schmeckt, und das ist eine totale Bereicherung für mich.
Holger: Ich habe sowieso auch immer den Eindruck, wenn ich bei euch bin und der Markus hat vollkommen recht, dass es eben auch von den Räumlichkeiten und von der Architektur her was Besonderes ist. Für mich ist das immer wie ein Château. So muss es eigentlich sein, dass die Brauerei, also wie beim Winzer das Château ist. Das finde ich, spürt man bei euch so schön. Also das mag ich sehr.
Frank Müller: Genau! Das strahlt was aus. Richtig!
Holger: Jetzt weiß ich natürlich nicht, womit du weitermachen möchtest?
Frank Müller: Ich mache weiter mit dem Riegele Kellerbier bitte.
Holger: Okay! Dann bin ich dran.
Markus: Blasphemie!
Holger: Ja, ja! Das muss doch auch mal möglich sein. So! Dann schütte ich mir ein Glas schönes Kellerbier ein. Bei mir jetzt im Glas ist, wie soll ich sagen, so ein bisschen orangerot, ganz naturtrüb, sehr schöner Schaum. Ich rieche mal rein. Da kommen dann schon so die Malzaromen und fruchtige Noten raus. Ein bisschen Aprikose vielleicht oder Pfirsich. Ich bin mir nicht so richtig sicher, oder beides. Ich weiß eigentlich gar nicht. Ich trinke mal einen Schluck. Ja, sehr schön! Das ist so ein richtig schönes, rundes ausbalanciertes Kellerbier. Das wird dem Markus ganz hervorragend schmecken. Und so wie ich den kenne, hat der jetzt sowieso nicht abgewartet, bis ich jetzt hier meinen Verkostungsgesülze von mir gebe, sondern hat es schon probiert. Wenn ich jetzt bei euch sitzen würde und in Bayerisch Schwaben irgendwie ein schönes typisches Gericht mit Spätzle, das wäre mein Favorit hier zu diesem Kellerbier. Markus, hast du es auch schon verkostet?
Markus: Ja, natürlich! Da konnte ich nicht an mich halten. Sowieso, also wenn schon Kellerbier draufsteht. Aber ich muss auch wirklich sagen, es ist auch optisch schon eine Augenweide, auch der leicht getönte Schaum und untendrunter dann eben dieses schöne unfiltrierte Bier. Es ist unglaublich weich im Mund, und finde ich auch diese fruchtigen Noten spannend. Ich habe dann auch noch mal auf die Flasche geguckt und dabei ist mir dann tatsächlich aufgefallen, es ist doch ein bisschen was anderes als das, was wir jetzt hier in Franken als Kellerbier bezeichnen, weil es ein obergäriges Bier ist. Und das hat mich dann auch sehr erinnert an das, was ich zum Beispiel in England immer wieder erlebe: Wenn man da in den klassischen britischen Pubs ist und dann eben die typischen Real Ales trinkt, dann finde ich das unglaublich nahe an dem, was ich bei uns in Franken in so einer Brauereiwirtschaft erlebe. Und dementsprechend hat dieses Bier wirklich all das, was ich mir wünsche, mich dahin zu setzen, gemütlich ein paar Bierchen zu trinken, neue Leute kennen zu lernen, einfach einen Abend zu verbringen und Spaß zu haben. Das hat eben diesen leicht obergärigen Brown Ale Charakter, der mir auch wirklich sehr, sehr gut gefällt. Also echt spannend und vor allem auch wieder sehr weich, sehr samtig. Das ist ein ganz tolles Mundgefühl, was ich so jetzt noch nicht gekannt habe.
Holger: Und hinten auf der Flasche, Markus, hinten auf der Flasche steht das, was du beschreibst.
Markus: Hinten habe ich noch gar nicht draufgeschaut. Moment!
Holger: Hinten auf der Flasche steht: 3 Jura-Malzsorten – das lassen wir uns natürlich alles gleich erklären – und die besondere Riege Ale Hefe garantieren den Geschmack.
Markus: Ha! Da haben wir es doch. Da bin ich jetzt mal gespannt, was der Frank sagt.
Holger: Genau das, was du gesagt hast. Und da hat doch der Frank wahrscheinlich bei seinem letzten England-Besuch oder bei einem England-Besuch da einfach ein bisschen Hefe geklaut. Oder wie war das, Frank?
Frank Müller: Die Beschreibung war wirklich perfekt. Das mit der Aprikose, das ist wirklich auf den Punkt gebracht. Hier steht, wie ihr richtig bemerkt habt, natürlich die Hefe im Vordergrund. Meine Interpretation des Kellerbiers ist obergärig, mit der Riege Ale Hefe. Das ist eine Ale Hefe, die ich vor, das war noch zu meiner Schweden-Zeit, vor ungefähr 22, 23 Jahren von einem englischen Brauer bekommen habe. Ich habe damals angefangen, so ein bisschen mich mit verschiedenen Hefestämmen zu beschäftigen und sammle die auch. Ich habe jetzt ungefähr circa 200 verschiedene Hefestämme in der Riegele Hefebank. Und das ist eine davon und die hat wirklich dieses Aprikosenaroma. Also die macht wirklich diese Ester, die in die Aprikosenrichtung gehen, muss man ganz klar sagen. Das kommt auch schön rüber hier, mit einer dezenten Grundbittere dazu. Jura Malz, das ist aus Mittelfranken, aus Pappenheim vom Mälzer Wurm, unter anderem. Da ist das Pilsener Malz drin, da ist dann ein weiteres Pilsener Malz drin, das ist die Gerstensorte Steffi, das ist meine Lieblings-Gerstensorte. Und es ist ein Münchener Malz mit drin. Und deswegen auch ein bisschen dieser etwas leicht malzige Charakter, so ein bisschen eine Karamellnote. Die ist wunderbar in Kombination mit diesen feinen Aprikosennoten aus der Hefe und einer leichten Blumigkeit und einer leichten Bittere aus dem Opal-Hopfen.
Holger: Genial! Da kann man mal wieder sehen, wie vielseitig und toll Bier ist, weil eben die Rohstoffe so unheimlich kreativ miteinander verbunden werden können. Und hier sehe ich persönlich eigentlich auch dann einfach die Aufgabe des Biersommeliers, eben das, was der Brauer sich da überlegt hat, und wenn man sich damit dann verbindet und beschäftigt, das dann halt auch dem Genießer, dem Biertrinker so richtig schön rüber zu bringen, sich damit auszutauschen. Und gerade auch bei dem Bier könnte ich mir jetzt vorstellen, wenn man dann die Damenwelt sicher damit auch ansprechen kann, und die oft in der Sensorik viel besser sind als die Männer, dass man da eben über diese fruchtigen Noten so richtig schön philosophieren kann. Also das ist wirklich ein ganz tolles Bier. Und auch mal diese Interpretation als obergärige Variante gefällt mir hervorragend. Vielen Dank, Frank! Vielen Dank für den schönen Moment.
Markus: Na, er dauert auch noch ein bisschen an, also wirklich sehr, sehr, ich meine, es ist ja immerhin eine 0,5 Liter Flasche, ich meine, ich kann ja einiges, aber so schnell? Aber es ist wirklich, also ich muss auch sagen, tolle, tolle Idee. Und ich glaube, das ist auch eine sehr, sehr clevere Lösung für dieses Thema, wir machen jetzt auch ein Kellerbier. Weil es doch viele Brauereien, sagen wir mal, außerhalb von Franken gibt, die einfach sagen, sie wollen sich des Themas annehmen und dann immer wieder mehr oder weniger etwas machen, was so ähnlich ist wie das, was es hier gibt. Aber daran scheitern dann auch manche und dann ist es immer eher so ein Plan B. Und hier haben wir eine völlig eigene Geschichte, die die Grundidee aufnimmt, also süffig, rund, harmonisch, malzbetont, spannende Noten, cremig. Davon kann man viel trinken, das passt zu allem, was man so eben im Gasthaus bekommt. Aber eben in einer ganz eigenen Interpretation und dadurch auch für sich ein Outstanding, ein Stand Alone könnte man auch sagen, wenn man schon englische Begriffe bedienen will. Bier, was da wirklich für sich eine eigene Benchmark setzt. Also das find ich ganz, ganz toll und macht mir gerade deswegen so viel Spaß.
Holger: Jetzt müssen wir aber weitergehen, sonst werden wir gar nicht fertig.
Markus: Schade! Aber gut, machen wir.
Frank Müller: Also nächste Sorte möchte ich gerne das Simco 3 bitte verkosten.
Holger: Da könntest du selber mal loslegen und uns deine Eindrücke schildern.
Frank Müller: Gerne!
Holger: Oben auf dem Halsetikett zum Beispiel steht schon „hopfiges Lebensglück“.
Frank Müller: Genau! Wenn man sich die Farbe anschaut, dann ist die auch ähnlich dem Bier zuvor, also diesem Kellerbier, also schöne bräunliche Kastanienfarbe, also auch in Anlehnung an das Kellerbier. Das kommt auch nicht von ungefähr, weil die Basis dieses Bieres ist auch dieses Kellerbier, was wir zuvor verkostet haben. Und hier jetzt natürlich noch mal eine weitere Zugabe, das ist der Simco Hopfen, wie der Name es schon sagt. Aber nicht im Sudhaus, also im Heißbereich eingesetzt, sondern hier im Kellerbereich kalt eingesetzt, gestopft mit diesem Simco Hopfen. Das merkt man natürlich eindeutig auch schon am Geruch, diese Maracuja-Noten, ein bisschen Waldbeeren, eine leichte Grapefruit-Note, die aus diesem wunderbaren Simco Hopfen kommt. Und auch, wenn man es trinkt, merkt man es auch retronasal sofort, wie diese Aromen dann aufsteigen, schön mit diesem Körper, den das Bier hat. Wunderbare Kombination, das hat noch eine gewisse Restsüße. Und das mit diesen Fruchtaromen, finde ich, passt wunderbar zusammen.
Holger: Ich finde auch, es ist ein richtiger Obstkorb, kann man eigentlich fast sagen.
Frank Müller: Ist ein Obstkorb, ganz genau.
Markus: Wobei ich sagen muss, es ist auch eher ein britischer Obstkorb. Das finde ich ganz schön. Also es ist schon …
Frank Müller: Absolut!
Markus: … eher in der klassischen Richtung von einem India Pale Ale und damit also wirklich auch vom Alkoholgehalt mit 5 % so, dass man das noch schön trinken kann. Und hat eben auch einen schönen Malzkörper, schön rund harmonisch dadurch. Nicht so extrem bitter, dass man da jetzt dann gleich zumacht. Also insofern einfach ein tolles Erlebnis, weil ich in der Nase schon dann diese ganzen Früchte habe und dann kommen im Mund eben dazu die Malzaromen. Dann schlucke ich runter, dann habe ich diese Bittere. Die klingt aber auch mit fruchtigen Aromen, mit ein bisschen Honig, mit ein bisschen Malz, mit ein bisschen Biskuit aus. Und dann hat man wieder Lust. Also das ist wirklich ein spannendes Erlebnis. Und da kann ich sagen, da stimmt dann diese Überschrift „Lebensglück“ so ein bisschen, weil da wirklich alles drin ist, was ein Bier wirklich begeisternd macht. Finde ich echt eine schöne tolle Geschichte.
Frank Müller: Ja, erfreut sich auch sehr hoher Beliebtheit.
Holger: In dem Zusammenhang möchte ich erwähnen, das Simco 3 gibt’s schon länger. Das ist auf den Markt gekommen mit einem Verkostungspaket, also Selektion 1 und Selektion 2.
Frank Müller: Korrekt!
Holger: Da muss man unbedingt darauf hinweisen, weil ich damals, wo das rauskam, war ich total begeistert auch, wie ihr das quasi an den Endkunden bringt. Also dass ihr dann eben dieses Aromarad habt, dass ihr diese verschiedenen Bierstile habt, die jeweils in ihrer Art ganz typisch interpretiert sind. Und dann konnte man sich dann auch wiederfinden, jeder konnte dann sagen, ich bin eher süß und fruchtig oder ich bin eher hopfenbetont oder ich mag eher dunkle Biere. Und dann natürlich eines meiner absoluten Käse Food Pairing Favoriten, das Dulcis 12 dann als absolutes extremes Bier. Wer das nicht kennt, Selektion 1 und 2, dem sei es auf jeden Fall sehr empfohlen. Was ich mich schon immer frage, Frank, ist halt, warum eigentlich nicht Pale Ale? Das ist doch eigentlich ein Pale Ale, das ist doch gar kein India Pale Ale?
Frank Müller: Ja, das …
Markus: Da kann ich ganz kurz in die Bresche springen. Man muss das einfach anders verstehen. Wenn man das mit einer englischen Brille sieht, dann ist es durchaus ein India Pale Ale. Weil dort …
Frank Müller: Aber draufstehen tut übrigens Indian Pale Ale.
Markus: Ja, das kann ja mal passieren. Aber nichtsdestotrotz ist es wirklich, also für mich zumindest, sehr, sehr britisch. Ich bin normalerweise, wenn nicht gerade Corona ist, auch jedes Jahr beim Great British Beer Festival, und davor wird dann der große Bierwettbewerb, der CAMRA, fürs Real Ale ausgetragen, das Champion Beer of Britain heißt das.
Frank Müller: Champion Beer of Britain, genau.
Markus: Champion Beer of Britain. Und da wird eben mit den klassischen Kategorien verkostet. Da ist es zum Beispiel so, dass diese ganzen Biere, die wir so einzeln kennen, also Pale Ale und India Pale Ale und alles, was so dazugehört, das wird alles in einer Kategorie verkostet, und das ist einfach bitter. Also die heißen Bitters und da gehören die alle mit dazu. Und innerhalb dieser Familie gibt’s die mit ein bisschen mehr Alkohol oder Hopfenbittere oder weniger, aber es ist alles eine große Familie. Und letzten Endes geht’s wirklich um Drinkability, um den Spaß an dem Bier.
Frank Müller: Ja. Der Name ist eine Kategorie. Okay, die ist irgendwann mal festgelegt worden. Das ist mit Sicherheit irgendwo auch ein Hybrid. Also ich kann ja auch mal ein Bier außerhalb einer Kategorie machen, dann passt es halt da jetzt nicht rein.
Holger: Du hast gesagt, Simco steht drauf, aber dann steht Simco 3 drauf und das hat damit zu tun, dass es auch noch andere Hopfensorten in dem Bier gibt. Das können wir vielleicht auch noch ganz kurz erwähnen.
Frank Müller: Eine meiner Grundhopfen-Lieblingssorten ist bei mir der Opal Hopfen. Was bei vielen die Perle ist oder Magnum, weiß ich nicht, ist bei mir der Opal. Den mag ich, weil der hat eine leichte, eine ganz, ganz leichte Anis-Note, finde ich, und die ist angenehm. Immer in Kombination, also wenn ich jetzt sage, Anis oder wie eben mit dem Saazer, sage ich, das ist ein Sahnebonbon, dann ist das mal ein einzelnes Aroma. Aber entscheidend ist immer in der Gesamtkomposition, ich gebe Kräuter und Gewürze zu meiner Salatsoße, dann will ich aber nicht, dass die Salatsoße nur nach Pfeffer schmeckt oder nur nach Dill schmeckt oder nur nach Salz, sondern es ist immer die Gesamtkombination, die es ausmacht, wo nichts hervorschmecken soll. Und das ist hier bei mir wie gesagt der Opal. Dann ist es der Hersbrucker und als Kalthopfung ist es der Simco. Das sind die drei Sorten, die hier angewendet wurden, die für mich in der Kombination hervorragend sind.
Holger: Ganz am Anfang, also wo das das erste Mal präsentiert wurde, da hat es noch ganz anders geschmeckt, bin ich der Meinung. Und dann gab’s noch mal eine Veränderung. Also ist das so oder habe ich das nur so falsch in Erinnerung vielleicht?
Frank Müller: Veränderung ja, aber dann nichts, was die Rezeptur angeht, sondern dann wirklich, und da stimme ich dir zu, was das Aroma und die Qualität, insbesondere des Simco Hopfens angeht.
Holger: Ah ja, also dann. Ist schon lange her. Ich weiß gar nicht, wann kam Simco 3 raus? Das ist jetzt schon mehrere Jahre her.
Frank Müller: Oh! Wir haben mit den Brauspezialitäten begonnen unten in der kleinen Brauerei, in der Biermanufaktur, habe ich dann am Wochenende mal in diesem 100-Liter-Maßstab gebraut. Und hatten wir es rausgebracht 2000…
Markus: War das nicht, als der Sebastian Weltmeister wurde?
Frank Müller: Um die Ecke rum. Ja, genau! Wann war das? Das war?
Markus: 2011. Ich hab‘s grad mal kurz nachgeschaut.
Frank Müller: Ja, dann war das ungefähr um die Ecke, wo diese Brauspezialitäten kamen.
Holger: Ja, absolut! Ich kann es nur nochmal betonen, also alle Brauspezialitäten, die da in diesem Paket sind, das müsst ihr unbedingt mal ausprobieren, ihr lieben Hörer da draußen. Dulcis 12 habe ich jetzt schon gesagt, unbedingt mit Käsesorten verkosten oder auch Noctus 100, also so richtig tolle dunkle Biere, malzaromatische Biere, eben wirklich (unv. #00:24:07.6# taugen?) dann Noctus 100. Das ist dann auch so eine schöne Größe eben mit 0,66, da kann man dann abends den Fernseher auslassen, sich mit seiner lieben Frau in die Küche setzen und sich also diese Flasche teilen und darüber sprechen, wie interessant doch Bier sein kann.
Frank Müller: Oder ich empfehle jetzt wirklich, jetzt im Sommer, gut, wenn mal der Sommer kommt, momentan regnet es hier, in der Grillsaison, legt euch mal ein schönes, schönes T-Bone Steak oder ein Filetsteak auf den Grill drauf und trinkt dazu ein Robustus 6.
Markus: Oh, jetzt ist das Kopfkino aber an. Oder das Gaumenkino sozusagen. Wahnsinn!
Holger: Ja, also genau! Das Robustus 6 ist ein Porter. Das ist so cremig, da könnte man sogar dann auch als Nachtisch eine Vanilleeis-Kugel sozusagen mit diesem Robustus 6 kombinieren.
Frank Müller: Ja, hervorragend!
Holger: Also, um jetzt noch mehr Bilder zu erzeugen.
Markus: Aber man muss auch ein bisschen vorsichtig sein, weil diese Biere sind wirklich heimtückisch. Gerade das Dulcis 12, das ist so ein Bier, das trinkt sich …
Frank Müller: Oh ja! Oh ja! Oh ja!
Markus: … easy, easy, easy, und dann hat man die 0,66er weg und ist dann auch weg. Also das ist dann schon, geht in die zweistelligen Alkoholprozente. Da ist schon eine Aufgabe.
Frank Müller: Wobei die 0,66, ist die Intention dahinter, so ein bisschen Anlehnung an den Wein. Klar, ich setze mich abends mit meiner Frau hin, man teilt sich ja eine Flasche Wein. Und das ist auch so ein bisschen in Anlehnung daran, 0,66 zu zweit mit der Frau zusammen halt dann probieren.
Holger: Genauso, so mache ich es schon jahrelang und die Ehe hält.
Markus: Wunderbar! Das wäre fast schon ein Werbeslogan sozusagen. Aber vielleicht noch eine Frage, bevor wir sicherlich dann auch noch zum Weizen kommen. Bei dieser ganzen Hopfenstopf-Geschichte habe ich immer mehr gehört, dass es gar nicht so einfach ist, wenn man wirklich im Kaltbereich dann eben den Hopfen nochmal dazu gibt, weil es, gerade wenn man hier so ein Bier hat, was nur 5 % hat, eine gewisse Gefahr in sich birgt, dass man da wieder sich irgendwelche Infektionen holt. Habt ihr damit Erfahrungen? Wie geht ihr damit um? Was ist da für euch das Thema dabei?
Frank Müller: Damit haben wir sehr, sehr viel Erfahrung, muss ich sagen. Und ich lerne in allen Dingen täglich dazu. Also das ist das Schöne an diesem Beruf, ich lerne wirklich täglich dazu. Das ist richtig, was du gerade sagst, Markus. Das ist nicht ungefährlich. Insbesondere bei unserem alkoholfreien Liberis 2+3, das ist alkoholfrei, und das ist auch gestopft. Das ist eigentlich die größte Gefahr, die man da hat, dass man da noch eine entsprechende Infektion dazu bekommt, weil da noch sehr, sehr viel unvergärbarer Extrakt vorhanden ist. Da muss man sehr aufpassen, das ist richtig.
Markus: Ja, spannend! Aber jetzt lass uns doch vielleicht zum nächsten Bier kommen. Ich habe richtig Lust drauf.
Holger: Das Finale, ja.
Markus: Weil mich das Etikett schon so anlacht.
Frank Müller: Genau! Das ist das Lauterbacher Naturweizen. Lauterbacher, das war eine Brauerei hier im Umkreis Richtung Donauwörth. Die Brauerei hat dicht gemacht, wir haben die Marke gekauft vor 11, 12 Jahren. Und das haben wir jetzt neu aufgelegt. Also die Biere gab‘s schon, wir haben die selbst hier gemacht, das sind unsere Rezepte und unsere Sachen. Und das ist jetzt in der Euro-Flasche mit diesem Retro-Etikett rausgekommen.
Markus: Na, dann machen wir es doch mal auf.
Frank Müller: Ja, bitte!
Holger: Markus, jetzt bist du nochmal dran, weil der Typ, der auf dem Ding, der lacht auch so wie du immer lachst.
Markus: Du hast heute einen besonders kreativen Tag, merke ich gerade. Aber gut, ich sage natürlich nicht Nein. Also gerade bei so guten Bieren, wie wir sie heute mal wieder haben. Und ich muss sagen, wie zu erwarten ist, natürlich ein sehr, sehr schöner, stabiler Schaum, was für ein Weizen einfach ganz, ganz wichtig ist, und da einfach auch schon ein tolles Qualitätsmerkmal. Und drunter sehen wir wieder so eine ganz schöne orangebraune Farbe, opak, also durchgucken kann man da nicht. Aber so ein bisschen geheimnisvoller Schimmer auch, also wo man so wirklich sich auch freut, dann zu erkunden, wonach das Ganze dann am Ende wohl schmeckt. Der Schaum ist auch so ein bisschen getönt und hat sehr viele kleine feine Poren und steht immer noch. Ich rieche mich jetzt da mal so durch. Ja, und da hat man klassisch natürlich für ein Weizen sehr intensive bananige Noten. Ich finde, sogar eher eine grüne Banane, die auch sehr frisch rüberkommt, also so zwischen grün und gelb vielleicht. Und drunter hat man auch ein bisschen so getreidige Honig-, Biskuit-Noten. Jetzt probiere ich mal. Also auch wieder sehr weich, sehr sahnig, sehr cremig, sehr angenehm im Mund. Ein sehr volles, sehr präsentes Mundgefühl. Man hat eine Süße am Anfang. Man hat sehr viel Fruchtigkeit, auch wieder die Banane. Aber es geht durchaus auch ein bisschen rüber in so Steinfrüchte. Wie ein europäischer Obstkorb, könnte man sagen. Hintenraus hat man tatsächlich auch eine leichte kleine Bittere und dazwischen malzige Noten. Ich muss nochmal ein Schlückchen nehmen. Die mich so ein bisschen an Butterkeks erinnern. Also wirklich fein. Und insgesamt auch wieder sehr rund, sehr in sich geschlossen, und ein Bier, was einen so wirklich komplett glücklich macht. Da könnte ich mich jetzt hinsetzen, zwei, drei davon trinken und der Tag wäre einfach gelaufen. Sehr schön! Kann ich auch verstehen, warum der Typ auf dem Etikett mich so anstrahlt, kann ich völlig nachvollziehen. Und nun steht da auch Naturweizen drauf, also ein sehr, sehr urbelassenes, könnte man vielleicht auch sagen, sieht man ja auch schon, tolles Bier. Wir wissen, Frank, dass du auch so ein Hefespezialist und vielleicht auch so ein bisschen Hefedetektiv bist. War das da auch so ein bisschen ein Meisterstück von dir, da die perfekte Hefe zu suchen?
Frank Müller: Hefespezialist, weiß ich jetzt nicht, aber das Thema Hefe interessiert mich auf jeden Fall, sehr sogar. Weil ich der Meinung bin, dass man neben verschiedenen Malzen, neben verschiedenen Hopfensorten, die wir jetzt auch schon besprochen haben, auch unglaublich viel verschiedene Geschmäcker und Stile prägen kann mit verschiedenen Hefen. Und in diesem Bier setze ich zwei verschiedene Weizenhefen ein aus meiner Hefebank. Die eine, wie du es schon super beschrieben hast, Marcus, macht eine richtig schöne Banane, und die andere arbeitet überhaupt nicht in Richtung Banane, sondern arbeitet mehr in Richtung Steinobst und Steinfrüchte. Das ist genau richtig. Und das kann man bei diesem Bier, glaube ich, relativ schön nachvollziehen.
Markus: Ja, absolut! Und dadurch ist es auch sehr frisch und ist nicht so schwer wie, wenn man immer diese intensiven braunen Bananennoten hat, wo einen das Bier schon ziemlich fertig macht. Das ist dadurch wirklich eine sehr, sehr runde Geschichte. Wenn du schon sagst, meine Hefebank, das klingt schon mal spannend, das kann jetzt auch nicht jeder Brauer von sich behaupten, ist das auch etwas, was schon da war, als du kamst, oder hast du das eingeführt? Es ist so dein Baby, wie geht ihr damit um? Was muss man alles beachten als Hefebanker?
Frank Müller: Das klingt jetzt so ein bisschen, meine Hefebank, aber ich muss wirklich sagen, es ist meine Hefebank, weil ich habe die hierhingebracht, die hatte ich also vorher schon. Das Thema treibt mich eigentlich schon 30 Jahre richtig intensiv, dass ich denke, mit verschiedenen Hefen kann man verschiedene Biere oder verschiedene Geschmäcker produzieren. Und es gibt viele verschiedene Hefen. also sammle ich die eigentlich. Das heißt, wenn ich irgendwo hinkomme, ein befreundeter Brauer, dann hole ich mir die oder ich hole mir eine Flasche und sammle den Bodensatz und isoliere, wenn sie noch leben, dann isoliere ich mir die Hefe. Oder ich bin halt irgendwo und nehme mir dann einen Abstrich und dann tue ich das auch isolieren. Also ich tue die da wirklich vereinzeln und vermehre die dann und lege die mir auf Schrägagar. Jetzt wird es ein bisschen technisch, als ich versuchte, die irgendwie so ein bisschen auf Nährböden zu legen, dass sie dann auch längere Zeit überleben. Und wichtige Hefen als Redundanz lege ich mir dann auch in Weihenstephan in die Hefebank, dass ich da noch so ein Update habe, so ein Backup sozusagen.
Markus: Spannend! Also dass Banker auch Backups anlegen. Du hast schon so ein bisschen erwähnt, auch bei dem alkoholfreien Bier spielt auch das Thema Hefe eine große Rolle. Wie habt ihr euch da denn rangetastet und dann letzten Endes auch zu diesen speziellen Verfahren gefunden, du hast ja verschiedene Methoden kombiniert, wie man ein alkoholfreies Bier machen kann?
Frank Müller: Richtig! Da habe ich unglaublich viel rumprobiert und experimentiert. Also es hat wirklich ein paar Jahre gedauert, dass ich mit verschiedenen Hefen das ausprobiert habe, also eine sogenannte gestoppte Gärung zu machen oder eine partielle Gärung zu machen. Da war wichtig für mich auch, dass nicht diese Würze-Komponenten im Vordergrund stehen, dass da ein bisschen Stoffwechsel stattgefunden hat, dass die auch abgebaut werden. Und dann habe ich eine Hefe gefunden, die das schafft. Und das mache ich dann auch gerne in Kombination mit einer entalkoholisierten Variante. Das heißt, wir mischen praktisch eine Gärung, die mit mehreren Kulturen übrigens stattfindet, mischen wir mit einer Variante, die entalkoholisiert wurde. Ich will nicht zu viel diesen Körper haben, wo die meisten gestoppten Gärer haben, oder ich will auch nicht zu viel Leere haben, zu wenig Körper haben, sondern durch diesen Verschnitt möchte ich das eigentlich genau einstellen. Und dann kommt noch eine weitere Sache dazu, aber das möchte ich jetzt nicht unbedingt erwähnen, weil das was sehr Spezielles ist. Und das ist halt meine Philosophie.
Markus: Holger, beeindruckt, oder?
Holger: Ja sehr, ja absolut! Ich mache mir dann immer Gedanken, was man so richtig schön dazu essen kann, und das ist mit seinen 5,3 Volumen Alkoholprozent so vollmundig auch, sehr schönes vollmundiges Weizen. Ist ja klar, also schönes Pärchen Weißwürste und dann eine Breze und süßer Senf und dann ist die Welt einfach in Ordnung. Sehr schön! Wunderbar! Markus, du musst jetzt ein ganz tolles Schlusswort formulieren.
Markus: Du, ich bin eigentlich schon im Himmel. Aber gut, nein, muss ich wirklich nochmal sagen: Frank, vielen, vielen Dank! Vor allem finde ich, sind wir heute eure Biere nochmal anders angegangen als ich das zum Beispiel in meinen eigenen Tastings mit euren Bieren tue. Also du hast auch andere Biere ausgesucht als ich sie zum Beispiel ausgesucht hätte oder regelmäßig aussuche. Und das hat auch nochmal einen anderen Blick auf die ganze Sache gebracht. Und das finde ich ganz schön. Also zum Beispiel hat es das Simco 3 noch mal anders eingeordnet, weil man sonst aus so einem Impuls heraus das halt immer als IPA besonders oder am Schluss stellt oder wie auch immer. Und das hier so einfach mit dem Kellerbier zusammen in eine Reihe zu stellen, ist ganz toll. Und nochmal schöner, wenn man jetzt auch gehört hat, dass die im Grunde von der Idee her erstmal auf derselben Basis sind. Was mich auch total freut, weil ich vorhin schon gesagt habe, dass ich glaube, dass das eh sehr identische Bierideen sind, die da in England beziehungsweise in Deutschland entstanden sind. Und insofern kann ich nur Danke sagen, also Danke für die Biere, für die Infos, für deine Zeit. Und wirklich für einen ganz, ganz tollen Nachmittag, der mir heute wirklich den Tag auf jeden Fall enorm versüßt und bereichert hat. Danke schön!
Frank Müller: Ich bedanke mich auch recht herzlich bei euch. Es hat sehr viel Spaß gemacht. Das war eine sehr kurzweilige dreiviertel Stunde.
Holger: Prima! Und ich habe in der Zeit recherchiert, wann war es genau? Also wann war es genau? Was meine ich damit? Hobbythek – Bier selbst gebraut, Sendung Nummer 80, 1982. Da hat alles begonnen, Frank.
Frank Müller: Genau! Super!
Holger: Ich danke dir, war super.
Frank Müller: Danke euch, danke euch!
Markus: Ciao!
Frank Müller: Ciao!
Holger: Macht’s gut! Ciao! Tschüss!
Frank Müller: Ciao, ciao!
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