BierTalk Spezial 4 – Interview mit Rodolfo Rebelo von der Malteria Blumenau aus Brasilien

Der sympathische Brasilianer Rodolfo hat sich nicht nur die deutsche Sprache selbst beigebracht, er hat nach Ingenieurstudium und Braumeisterausbildung auch die erste Mikromälzerei in Südamerika gegründet. Dort stellt er mit einer Kaffeerösttrommel völlig neuartige Malze mit spannenden Aromen von Haselnuss bis Popcorn her und revolutioniert die Bierszene. So unterrichtete er unter anderem auch bei der Gräfelfinger Brauakademie Doemens und gehört zum Jurorenkreis des European Beerstar. Im Interview erzählt er seine Geschichte und berichtet auch von der aktuellen Lage im Corona-gebeutelten Brasilien…

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Markus: Hallo zusammen! Herzlich willkommen zu einem neuen BierTalk Spezial. Spezial deswegen, weil wir uns wieder ganz weit wegbewegt haben, 10.000 Kilometer, diesmal von Deutschland nach Südwesten über den Atlantik nach Süden, nach Brasilien, genauer gesagt nach Blumenau. Wir, das sind ich, der Markus und …

Holger: … und ich, der Holger.

Markus: Und wir haben einen Gast, nämlich den Rodolfo. Vielleicht Rodolfo, stellst du dich ein bisschen selber vor, damit die Leute wissen, mit wem sie es zu tun haben.

Rodolfo Rebelo: Hallo zusammen. Danke sehr für die Einladung. Ich bin der Rodolfo aus Blumenau, eine kleine deutsche Kolonie in Südbrasilien. Ich Ingenieur und habe auch bei Doemens Braumeister studiert. In vielen kleinen Brauereien gearbeitet, vor fünf Jahre habe ich eine Mälzerei gegründet, die erste Mikro-Mälzerei in Brasilien. Sie heißt Malteria Blumenau. Ich bin auch Biersommelier bei Doemens.

Markus: Und das ist ganz spannend, du bist mittlerweile auch bei den Juroren vom European Beer Star schon auch aufgestiegen dahin, dass du selbst Biere beurteilst und bewertest. Und eine Mikro-Mälzerei ist bei dir wirklich was ganz Besonderes, weil du praktisch jedes Malzkorn selber umdrehst, streichelst, behandelst. Du hast da praktisch so eine kleine Kaffeerösterei, die du umgebaut hast zu einer Mälzerei und hast ganz neue Aromen erfunden. Wie kommt das denn so an?

Rodolfo Rebelo: Als ich meine große Maschine gekauft habe und ich habe versucht mit Gerste, mit Weizen, mit Hafer, mit fettigem Malz und dessen viele andere Temperaturen, viele andere Zeiten, dann habe ich diese neue Rolle gefunden. Und dann, als ich das erste Mal das gemacht habe, ich habe gedacht, hey, ich habe ein große Welt hier. Und dann habe ich immer noch versucht, ein bisschen mehr feucht, ein bisschen mehr trocken, ein bisschen mehr Zeit. Und es ist wie eine Scientist.

Markus: Wie schmeckt dann dein Malz?

Rodolfo Rebelo: Mein liebstes Malz heißt (unv. #00:02:13.8# Barli Love?), du kennst es schon, ja? #00:02:15.7#

Markus: Mhm (bejahend). #00:02:16.4#

Rodolfo Rebelo: Barli Love ist so eine Gerstmalz und ist wie Erdnüsse und auch süß, auch ein bisschen geraucht, aber nur am Ende, und ein bisschen bitter, aber nur am Ende. (unv. #00:02:32.1#), das ist Zerealien, Erdnüsse. Und dann, wenn du es schmeckst, du wirst merken, das ist vielleicht süß, aber am Ende ist es dann ein bisschen bitter. Und das ist im Bier, dann kriegst du diese totale Malzaroma. Es ist unglaublich gut.

Markus: Und es gibt sogar ein Popcorn-Malz, gell? #00:02:51.3#

Rodolfo Rebelo: Ja genau. Das ist auch ein sehr interessantes Produkt. Als ich diese Barli Love angefangen habe, ich habe gelehrt, dass manchmal (unv. #00:03:01.6#) Malz, macht es Pop, Pop. Und dann habe ich gedacht, es popt sich, lustig wie Popcorn. Und dann habe ich versucht, noch ein-, zwei-, dreimal ein bisschen mehr Power geben, ich meine Heizung, als ich da gemacht habe, es war fast alle gepopt. Boah, was ist das? Erste Sache, gegessen, und wir hatten normal Gerste, es war kein Malz, es war nur Gerste, das war geil. Schmeckt unglaublich gut.

Markus: Ich habe das schon probiert und Holger, ich glaube, dir habe ich es auch mitgebracht, oder?

Holger: Ja genau. Also ich fand es auch total genial und habe da diese kleinen Tütchen immer in meinem Keller dekoriert, weil die auch so schön aussahen. Aber die waren natürlich ganz schnell leer.

Rodolfo Rebelo: Das ist gut.

Holger: Wie kommst du Doemens? Also wie ist das, bist du dann nach Deutschland gekommen und hast dann hier die Schule besucht bei Doemens? Oder war Doemens in Brasilien? Oder wie war das?

Rodolfo Rebelo: Ich war bei der Uni und ich wollte einen Uni-Austausch machen. Deutschland ist der beste Platz für Chemieingenieur oder Verfahrenstechnik. Und dann habe meinen ersten Austausch in Berlin gemacht. Aber damals wollte ich nur erneuerbare Energie studieren. Und dann hatte ich ein Jahr in Berlin gewohnt, dann einen Abschlusspraktikum in Gronau, so Westfalen, gemacht, und dann bin ich zurück nach Brasilien. Ich habe gewartet auf einen Job in den USA. Ich musste nur warten. Und dann hatte ich eine (unv. #00:04:30.3#) und dann, okay, was mache ich hier? Ich braue ein Bier. Wie braut man ein Bier? Und dann habe ich Zutaten gekauft und dann ersten Sud gemacht, war alles schlecht. Und der zweite Sud und boom, boom, boom, und dann habe ich viele, viele Biere gebraut. Und dann hat mein Vater gesagt, hey, warum machen wir nicht eine Brauerei hier in Blumenau? Ja, und was machen wir mit meinem Job da in den USA? Musst du zu viel warten, machen wir eine Brauerei. Okay, wie macht man eine Brauerei? Und dann habe ich viel, viel gesucht im Internet und dann habe ich Doemens-Schule gesehen. Das ist gut, dann kann nicht mehr lernen, wie man das brauen muss und die Technik. Und dann einfach so, okay, machen wir Brauerei. Ich habe meinen Job in den USA aufgehört und dann, okay, dann machen wir eine Brauerei, ich fliege nach Deutschland, studiere Bier und dann werde ich zurückkommen, dann machen wir unsere Brauerei. Leider ist es nicht passiert, unsere Brauerei, aber Geld, dann haben wir jetzt Mälzerei.

Markus: Das war vielleicht sogar die bessere Entscheidung, oder? Weil Brauereien gibt es viele, aber Mälzereien eigentlich nur dich, oder?

Rodolfo Rebelo: Als ich gegründet habe, dann war ich der erste. Aber jetzt gibt es schon vier oder fünf, kleiner als ich, aber gibt es schon andere Mikro-Mälzerei.

Markus: Die haben alle bei dir gelernt, oder?

Rodolfo Rebelo: Nur zwei.

Markus: Immerhin. Hast du dir denn ein Bier ausgesucht, das wir zusammen trinken können?

Rodolfo Rebelo: Ja, das Bier in meiner Hand jetzt.

Markus: Mach’s doch mal auf und erzähl uns, was es für eins ist.

Rodolfo Rebelo: Ich habe hier ein Hoop, ein Tripel, ein bisschen mehr gehopft. Es ist ein Collab, Kollaboration zwischen Malteria Blumenau und auch die (unv. #00:06:10.3#) Blumenau, so Brauerei Blumenau und die Mälzerei Blumenau. 100 Prozent (unv. #00:06:16.6#) Malz von meinem Malz und ein bisschen Barli Love.

Markus: Das macht richtig Lust.

Rodolfo Rebelo: Ja, soll ich verkosten und dann weitermachen?

Markus: Wenn du möchtest, gerne, wir hören gerne zu.

Rodolfo Rebelo: Sehr gehopft für ein Tripel. Aber es ist lustig, man kann die genaue Basis vom Tripel alle finden, Alkoholgehalt sehr hoch, 10,5.

Markus: Da müssen wir uns beeilen, dass du uns nicht umkippst.

Rodolfo Rebelo: Ich muss noch heute arbeiten.

Markus: Stimmt, bei dir ist es ja noch viel früher als bei uns. Also Holger, wir sind jetzt abends 19:30 Uhr. Was hast du dir denn für ein Bier ausgesucht?

Holger: Ich habe erste gedacht, Mensch, du musst doch da noch was haben. Du hast da was aus Brasilien, ich war mir ganz sicher. Und dann bin ich runter in meinen Keller und die beiden Brauereien, mi denen ich da schon zu tun hatte in Brasilien, ist einmal Eisenbahn, das ist ja auch in Blumenau, und Bierbaum. Naja, und dann habe ich es auch gefunden, Bierbaum, Bière De Garde, ganz tolle schöne Flasche, so Jugendstiletikett, also sieht ganz toll aus, aber leer. Ich hatte es schon getrunken. Weil die Flasche so schön ist, hatte ich sie aufgehoben. Und dann habe ich gedacht, das machst du jetzt in deiner großen Not und dann habe ich gedacht, ich mache jetzt einfach ein ganz typisches Münchner Bier auf, und zwar ein Augustiner Hell. Und das mache ich jetzt, also das habe ich noch nicht aufgemacht, mache ich jetzt aber auf. Ich mache es auf. Also ganz einfach, und ich hatte einen echt harten Tag, wirklich harter Tag heute, da ist so ein Helles einfach zum Durst löschen genau das Richtige. Also Prost nach Brasilien! Schön, dass du da bist.

Rodolfo Rebelo: Danke. Prost!

Markus: Prost! Ein schönes Münchner Helles ist natürlich auch ein tolles Bier. Und wir hatten schon viele Gäste aus Brasilien, die sind natürlich sehr gerne auch im Augustiner und probieren eben mal so ein typisch deutsches Lager, ein Helles, ein Export. Wie geht’s dir denn, Rodolfo, wenn du in Deutschland bist, was trinkst du am liebsten?

Rodolfo Rebelo: Alle. Aber ich bin großer Fan für Münchner Helles. Wenn ich in München bin, ist es einfach Augustiner. Ich sitze da in Neuhauser Straße oder Augustiner Keller oder Fabrik und einfach ich trinke, erste Maß ist wie Wasser, besser als Wasser. Und dann trinke ich vielleicht ein Pils oder ein Weißbier. Aber als erstes muss ein Münchner Helles sein, auf jeden Fall. Ich mag Bier von der Region so. Wenn ich in München bin, dann versuche ich immer, Helles, Dunkles oder Weißbier zu trinken. Wenn ich in Bamberg bin, trinke ich nur Rauchbier, klar.

Markus: Sehr gut.

Rodolfo Rebelo: Mache ich immer so.

Markus: Das ist eine sehr gute Einstellung. Dann mache ich jetzt mein Bier auch schnell auf.

Holger: Dann habe ich mich richtig entschieden und dir eine kleine Freude bereitet. Wenn du sagst, dann trinke ich noch mal ein Pils, dann meinst du auch das Augustiner Pils oder ist das ein anderes Pils, was du dann gerne trinkst?

Rodolfo Rebelo: Ich trinke auch gerne Augustiner Pils, ist sehr gut.

Holger: Ja, hat eine schöne Bittere und ist ganz schlank und trocken, oder?

Rodolfo Rebelo: Genau.

Holger: Und (unv. #00:09:15.3#) auch den zweiten Schluck. Ja, herrlich. So Markus, jetzt wollen wir dich nicht vergessen.

Markus: Wobei ich mir überlegt habe, bevor ich es aufmache, würde ich gerne noch eine Frage an den Rodolfo stellen. Jetzt haben wir gehört, du bist in Blumenau, außerdem sprichst du sehr gut Deutsch. Eine Brauerei heißt Eisenbahn, eine heißt Bierbaum, das sind alles deutsche Begriffe. Warum ist das denn so? Also warum sprichst du deutsch und warum sind da so viele deutsche Namen unterwegs?

Rodolfo Rebelo: Santa Catarina, mein Bundesstaat, das ist eine große deutsche Kolonie. Es waren Deutsche und Italiener hier, aber die Deutsche ist ein paar mehr diese Kultur, immer deutsche Kultur bei uns. Ich habe allein Deutsch gelernt, nicht zu Hause gelernt. Und die Leute in Brasilien, es war immer deutsches Bier bestes Bier, das es gibt. Früher andere Brauereien wollen Brauerei mit deutschem Namen und in Bumenau ist bis heute alles so. Eisenbahn, Oktobier, Bierland, Wunderbier, alles gut, alles blau, alle sind Brauereien.

Markus: Die habe ich auch schon vor Ort besucht, das ist schon toll. Und es gibt auch die Villa Germanica, also ein deutsches Dorf, was so ein bisschen touristisch ist, wo man aber sich ein bisschen fühlt wie in einer Mischung aus Rotenburg und Oktoberfest. Und es gibt natürlich jede Menge deutsches Essen und deutsches Bier, und das fand ich schon sehr erstaunlich, wie stark das gelebt wird. Aber jetzt komme ich mal schnell zu meinem Bier. Du hast ja gesagt. der Bundesstaat ist Santa Catarina, und als ich in Brasilien war die letzten beiden Male, habe ich auch einen Bierstil kennengelernt, den es nur in Santa Catarina gibt. Der nennt sich Catarina Sauer, und der geht auch auf die Deutschen zurück, und zwar auf die Berliner Weiße, also ein milchsaures Bier. Und daraus machen die Brasilianer in Santa Catarina mit frischen Früchten eben eine eigene Art Berliner Weiße, und das ist das Catharina Sauer. Ich habe das jetzt hier von der Brauerei Mistura Classica, und es ist ein Catharina Sauer mit Guave. Und das ist meine letzte Flasche, dann habe ich auch nur noch brasilianisches Starkbier. Da freue ich mich jetzt total drauf und das mache ich jetzt auf.

Holger: Aber so ging‘s mir auch, also war stolz darauf, brasilianisches Bier zu haben und dann habe ich es doch wohl direkt ausgetrunken. Aber schön, dass ich die Flasche noch wiedergefunden habe. Also das ist wirklich schön.

Markus: Was viele nicht wissen, Brasilien ist der drittgrößte Biermarkt der Welt. Also es ist nicht nur ein riesengroßes Land mit sehr vielen Einwohnern, sondern eben auch sehr vielen Brauereien und sehr vielen Biertrinkern. Über 1000 Brauereien mit einem sehr großen Bierwettbewerb auch dort, wo also wirklich alle brasilianischen Brauereien ihre Biere bringen und man dann wirklich ordentlich verkostet. Und es geht dort sehr, sehr gesittet zu, also ich habe noch nie einen Bierwettbewerb außerhalb von Deutschland erlebt, der so gut organisiert war und so gut durchgeführt wird. Und das ist wirklich total erstaunlich, wie gut und wie professionell das da in Brasilien abgeht. Also ich war da völlig begeistert. Dieses Jahr konnte ich ja nicht, du warst aber da. Und wie war das denn?

Rodolfo Rebelo: Das war wie die anderen Jahre, lustige Leute. Ich hatte wieder meine Barbecue Party gemacht, (unv. #00:12:10.1#) am Sonntag. Es war ganz okay, aber am Festival es war ein bisschen anders, weil Corona war ein bisschen (unv. #00:12:16.7#) wieder und es war nicht voll. #00:12:19.4#

Markus: Holger, nächstes Mal, wenn wir nach Brasilien fahren, dann musst du mitkommen. Ich habe noch nie ein besseres Barbecue gegessen als bei Rodolfo, also noch nie. So perfekt auf den Punkt gegrillt, die Atmosphäre, alles perfekt gepasst. Da können wir die Hörer jetzt nicht alle mitnehmen, aber das muss man einfach mal erlebt haben. Also vielleicht machen wir da mal einen extra BierTalk, wenn wir dann in Brasilien sind vor Ort live von Rodolfos‘ Barbecue.

Holger: Ja, das hört sich gut an, hört sich gut an. Da bin ich auf jeden Fall dabei. Und wir haben ja die Maisel‘s Brauerei. Die kennst du wahrscheinlich auch Rodolfo in Bayreuth?

Rodolfo Rebelo: Ja, kenne ich.

Holger: Und die haben ein ganz neues Bier und das heißt Smoked IPA. Und das ist ein perfektes Barbecue Bier. Also das ist wirklich sehr erstaunlich.

Rodolfo Rebelo: Sehr schön.

Markus: Das wird dir wahrscheinlich schmecken.

Holger: Das bringen wir dann mit.

Rodolfo Rebelo: Holger, bist du schon in Brasilien gewesen?

Holger: Ja, ich bin schon in Brasilien gewesen, das ist aber schon länger her. Ich glaube, das war 2010. Ich habe nämlich mal bei MAN gearbeitet in meinem Leben. MAN Truck & Bus ist eben auch in Brasilien vertreten durch die VW Nutzfahrzeuge, Produkte. Und diese VW Lkws in Brasilien, die haben wir damals vertriebstechnisch eben auch über die Truck & Bus AG betreut. In dem Zusammenhang habe ich mich damals ums Gebrauchtwagengeschäft gekümmert und habe da mal eine Reise gemacht nach Brasilien, um mich da mit dem Markt vertraut zu machen. Also das war eine ganz besonders tolle Reise auch, ein ganz besonders tolles Land. Und Brasilianer waren dann auch da, und alle haben immer gute Laune, alle lachen und sind fröhlich und so. Also das war sehr schön.

Markus: Es gibt ganz viel Caipirinha, richtig gute Caipirinha, das kriegen wir hier ja auch nicht. Da muss man auch sagen, der ganze schlechte Cachaça, der wird nach Deutschland exportiert oder nach Europa und den guten Cachaça, den kriegt man wirklich in Brasilien. Und da ist das wirklich ganz, ganz großartig.

Rodolfo Rebelo: Nicht nur Limetten, auch mit Ananas oder Erdbeere oder Traube oder so oder Kiwi oder sowas, mit vielen Früchte Caipirinha gemacht.

Markus: Das ist auch ganz toll, dass es bei euch eben diese ganzen frischen Früchte mit vollem Aroma gibt, alles ganz reif, und da kann man natürlich ganz anders arbeiten. Also hat man auch beim Wettbewerb immer wieder gemerkt, dass da viele Biere eingereicht werden, wo eben ganz viel mit Früchten gearbeitet wird, die wir teilweise gar nicht kennen. Das ist dann schon immer spannend, wenn man dann bei Wikipedia nachschauen muss, wie das überhaupt ausschaut und wie das dann schmecken soll und so, also total spannend. Ich habe noch eine Frage, du hast das erwähnt mit Corona, das war bei einem Wettbewerb gerade so am Anfang, denke ich mal. Wie geht es euch denn jetzt in Brasilien? Wie ist da die Situation? Ist bei euch auch alles geschlossen? Wie geht’s euch?

Rodolfo Rebelo: Unser Land war fast letzte Land, in das Corona gekommen ist. Ich denke, Santa Catarina zum Beispiel, wir waren der erste Bundesstaat zu schließen. Wir sind 100 Prozent zu schon 40 Tage. Supermärkte oder Apotheke oder so sind geöffnet, aber auch mit einer Grenze an Leute, Nummer zum Reingehen so. Alle Bars, Kneipen, Restaurants, alle zu. Jetzt im Moment von fünf Tagen, einer Woche, dann haben wir wieder ein bisschen die Restaurants geöffnet und die Kneipen, aber ganz wenig. Aber jetzt in Blumenau ist schon viel passiert. Neue Leute mit Corona, vielleicht nächste Woche müssen wir alle wieder 100 Prozent zu.

Markus: Und was bedeutet das für deine Mälzerei?

Rodolfo Rebelo: Ich bin klein und ich verkaufe auch für die kleinen Brauereien. Und die kleinen Brauereien haben meistens keine Flasche oder Dose. Sie verkaufen Bier nur im Fass. Das heißt, die Lokale, das müssten Bier vom Fass verkaufen, sind alle zu. Die Brauerei verkauft Bier nur vom Fass, sie haben keinen Kunden mehr, und dann verkaufen sie kein Bier, und die kaufen auch kein Malz. Das ist schlecht. Aber ich habe viel Malz für Brew Shops gekauft, das ist sehr gute, interessante Sache. Im März habe ich 2 Tonnen für Brew Shops in ganz Brasilien gekauft.

Markus: Brew Shops sind die Läden, wo jemand, der zu Hause Bier braut, sich das holt, oder?

Rodolfo Rebelo: Genau. (unv. #00:16:28.2#) April habe ich dann 4 Tonnen 4 Brew Shops verkauft. Das heißt, die Leute sind zu Hause und sie wollen brauen.

Markus: Und du hast das Zeug dafür, das ist doch schon mal gut.

Rodolfo Rebelo: Ja.

Markus: Holger, da würdest du jetzt auch gerne zuschlagen, oder?

Holger: Unbedingt. Also natürlich, das hört sich wirklich sehr spannend an. Aber da kann man mal wieder sehen, Bier ist auch was Verbindendes irgendwie, oder? Also wenn wir da jetzt draufschauen, mit wem wir schon alles gesprochen haben und die Leidenschaft und das ist alles weltweit so, und großartig ist das doch. Das ist wirklich großartig.

Markus: Mein Bier zum Beispiel erinnert mich auch, ich habe ja ein Catharina Sauer mit Guave und ich hatte mein Leben lang noch keine Guave als Frucht gegessen oder probiert. Und zum ersten Mal war das lustigerweise in Taiwan. Also da war ich in Taiwan und war dort bei einer Brauerei und wir haben da einen kleinen Ausflug gemacht, und dann war da auf einmal auf der Karte gestanden, frische Guave zum Nachtisch. Und da habe ich gedacht, okay, das muss ich jetzt wirklich mal probieren, habe ich noch nie gesehen. Und das war dann wirklich ganz spannend. Den Geschmack mochte ich total gerne vom Saft und so, aber eben mal die Frucht zu verkosten und zu probieren, das sind echt tolle Momente. Und in Brasilien zum Beispiel das erste, was ich gemacht habe, als ich zum ersten Mal da war, ich bin zu so einem Obstladen gegangen und habe mir, glaube ich, 15 verschiedene Sorten Mangos gekauft. Die waren alle reif und jede hat anders geschmeckt. Und am nächsten Tag beim Frühstück im Hotel habe ich meine 15 Mangos ausgepackt und habe die wirklich alle gegessen. Und das war echt großartig. Die sind etwas kleiner als bei uns. Das, finde ich, ist so ein ganz tolles Erlebnis, wenn man kulinarisch auch in die anderen Länder geht und ein bisschen einfach da auch reinschmeckt und so auch die Kultur und die Leute kennenlernt.

Rodolfo Rebelo: Den ganzen März (unv. #00:18:05.0#) Blumenau, dieser Mann, der heißt Norman Jung aus Leipzig. Kennst du Norman?

Markus: Ja, ja, kenne ich. Der war vorletztes Jahr auch schon dabei, glaube ich.

Rodolfo Rebelo: Ah genau, ja. Norman war bei mir zu Hause, wir sind Freunde, wir haben bei Doemens zusammen studiert. Er war bei mir, er war hier bei der Mälzerei, wir wollen was essen. Und dann habe ich mein Auto genommen und ein bisschen gefahren, und dann gefahren und dann habe ich einen Guave-Baum gesehen mit vielen Guave. Und dann habe ich gefragt, hey Norman, hast du schon ein Guave gesehen oder gegessen? Sagt, nein. Dann habe ich einfach mein Auto so gestoppt, mit meiner Hand eine Guave genommen und dann, hier, iss das. Nee. Ja, ja, hier meine Hand. Wo hast du das gefunden, hier in diesem Baum? Aber hier auf der Straße? Ja klar, Mann, esse das. Und der hat dann gegessen, der war so begeistert, weil wie konntest du eine Guave hier, keine Ahnung, auf der Straße finden? Es ist total anders hier in Deutschland, auch mit Guave und auch mit Früchten.

Markus: Das ist auch was, was ich in Brasilien wirklich total krass fand als Unterschied, das ist ein Land mit einer unglaublich kräftigen Natur. Und man merkt überall, wo freier Platz ist oder so, da wächst was. Und das heißt, es dauert ein paar Tage und sofort ist wieder ein neuer Baum, ein neues Gras, irgendwas. Die Natur ist ständig am Arbeiten und ständig am sich entwickeln. Das kennen wir von hier aus gar nicht. Wenn hier irgendwo mal eine Wiese braun ist, dann ist das Brachland und es dauert ewig, bis mal wieder was passiert. Und wie gesagt, in Brasilien überall, die Natur lebt und ist da überall präsent, auch wenn man Blumenau selber. das schaut aus wie eine Insel im Regenwald, also das ist wirklich faszinierend. Hast du das auch so erlebt, Holger, mit der Natur?

Holger: Ja, unbedingt. Wie in einem Treibhaus eigentlich. Also das ist anders als bei uns, ist viel üppiger und alles geht viel schneller auch mit der Natur. Aber das klar, bei dem Klima, also das ist einfach so. Und ich glaube auch, dass das auf die Mentalität abfärbt. Deshalb sind die Brasilianer auch so und die Brasilianerinnen vor allen Dingen auch.

Rodolfo Rebelo: Ja, zum Beispiel jetzt ist es Herbst bei uns und da draußen sind es 25 Grad.

Markus: Also richtig kalt wird es da nicht bei euch?

Rodolfo Rebelo: Ja, vielleicht zwei Monate oder so gibt es dann vielleicht 7 Uhr morgens 5, dann mittags sind es schon 15 oder mehr. Gibt es nur eine Stadt in Brasilien, da schneit’s. Das ist in Santa Catarina Bundesstaat, die Stadt heißt São Joaquim und da schneit es 3 Stunden pro Jahr oder so.

Markus: Und wenn du in Deutschland bist, was machst du am liebsten? Hast du da sowas, was du immer machst?

Rodolfo Rebelo: Wenn ich in München bin, dann ist es einfach eine Biertour. Mindestens eine Maß Hofbräuhaus trinken, dann Augustiner, dann muss ich unbedingt einen ganzen Nachmittag im Augustinerkeller Biergarten bleiben. Das muss ich machen, muss ich, weißt du. Und dieses Jahr, ich habe auch geplant wieder nach Deutschland zu fliegen. Wir gehen zum European Beer Star und auch zum Oktoberfest. Leider ist das Oktoberfest abgesagt. Jetzt weiß ich nicht, was mache ich, ob ich fliege oder nicht. Oktoberfest ist auch ein Ding für mich, ich konnte jedes Jahr gehen, ich liebe es.

Markus: Es gibt auch in Brasilien ein Oktoberfest, das ist das zweitgrößte Oktoberfest der Welt, und das ist auch in Blumenau. Findet das dieses Jahr statt?

Rodolfo Rebelo: Bis jetzt ist es eine Frage, das ist eine Frage. Der Bürgermeister hat gesagt, warten wir ein bisschen mehr, dann machen wir eine Entscheidung. Ich denke, das wird nicht laufen, aber mal sehen.

Markus: Aber du bist dort sehr gerne, oder?

Rodolfo Rebelo: Unser Oktoberfest dauert länger. Bei euch sind es 16 Tage, glaube ich, und bei uns sind es 20, 21 Tage. Und natürlich ist es warm, sehr warm, ist Oktober, sehr warm. In Deutschland kann man nur trinken, wenn man einen Platz hat. Bei uns ist es ganz frei, du nimmst kein Glas. Bei uns gibt es kein Glas, es ist ein Plastikbecher. Dann nimmst du einen und dann kannst du überall laufen. Das ist normal. Das ist ein großes Fest. Es ist wie beim Bier Festival, aber mit deutscher Musik. Deutsche Melodie, aber auf Portugiesisch gesungen.

Markus: Wie heißt denn ein Prosit der Gemütlichkeit auf Portugiesisch?

Rodolfo Rebelo: Prost, hier sagt man auch Prost, genau wie in Deutschland. Aber Gemütlichkeit sagen wir nicht, entweder sagen wir Gemütlichkeit auf Deutsch oder wir sagen einfach so, saúde.

Markus: Zum Wohl!

Rodolfo Rebelo: Saúde, zum Wohl oder so. Aber die genaue Übersetzung für saúde ist gesund.

Markus: Cool! Naja, dann hoffen wir mal, dass du es vielleicht dieses Jahr doch schaffst zum European Beer Star zu kommen, weil dann könnten wir uns mal in München treffen, vielleicht sogar im Augustiner Keller. Und wenn du da sowieso einen halben Tag bist, dann machen wir da einen BierTalk live. Oder Holger, was meinst du?

Holger: Ja, das wäre ganz großartig. Also der Augustiner Keller wäre genau der richtige Ort.

Markus: Dann Rodolfo, vielen, vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, dass du uns ein bisschen erzählt hast aus Brasilien, uns mitgenommen hast auf die Reise. Hoffentlich sehen wir uns bald und gesund wieder. Wir wünschen dir alles Gute und unseren Hörern draußen, bis bald.

Rodolfo Rebelo: Danke Holger, danke Markus. Ich hoffe, mein Deutsch ist nicht so gerostet, es läuft noch, und ich wünsche allen eine schöne Zeit.

Holger: Ganz toll, Rodolfo, vielen, vielen Dank. Dir auch eine schöne Zeit.

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