BierTalk 88 – Interview mit Gerhard Sanin, Kellermeister & Brauerei-Entrepreneur aus Kaltern am See (Südtirol), Italien

Im ersten Teil unserer BierTalks von der Beer Craft Bozen 2022 treffen wir Gerhard Sanin, dessen Herz eigentlich für Wein schlägt, der sich aber dann doch auch noch für den Gerstensaft begeistern wollte und konnte. Ursprünglich wollte er Koch werden, war allerdings nicht von den Arbeitszeiten begeistert und kam dann wie bereits erwähnt zur Winzerei. Während beim Wein jedoch viel Warten und auch ein bisschen Zufall angesagt sind, lässt sich Bier richtig planen, was Gerhard an seinen ursprünglichen Traumberuf Koch erinnerte. Heute kombiniert er alle Südtiroler Genusswelten und schenkt stolz seine „Mendel“-Biere aus…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute sind wir live auf der Beer Craft in Bozen am zweiten Tag und es sind noch einige Brauer auf den Beinen. Es ist Mittag, das Fest ist noch gar nicht losgegangen für heute und ich bin jetzt hier am Stand von Gerhard von Mendelbier, und das ist was ganz was Neues auf der einen Seite, auf der anderen vielleicht natürlich auch was Altes. Aber ich habe den Gerhard hier und vielleicht stellst du dich mal kurz unseren Hörern selber vor.

Gerhard: Ja, hallo, grüße euch miteinander. Ich bin der Gerhard, bin eigentlich Kellermeister, gell, also Wein machen, habe ich gelernt und Bier immer getrunken. Und so bin ich auch zum Bier gekommen, habe mich davon ein bisschen überzeugt und auch, das hat mich interessiert und jetzt brauen wir auch Bier.

Markus: Ja und eins hat er uns auch schon eingeschenkt, nämlich das Helle und da können wir jetzt euch gleich mal dran teilhaben und stoßen einfach schon mal an, Prost.

Gerhard: Prosit.

Markus: Also ein wunderbares Helles, wenn man es sich anschaut, von der Farbe her schön golden, so ein leichter Schimmer, ein bisschen geheimnisvoll, was ja auch spannend ist. Oben drauf ein schöner weißer feinporiger Schaum und wenn man da reinriecht, also schöne Hopfennoten, ein bisschen grasig, dahinter kommt dann aber auch der Malzkörper mit dazu. Also richtig schön angenehm, man freut sich drauf, so erfrischend. Und im Trunk, muss ich sagen, es fängt leicht süß an, ist dann sehr angenehm, ein bisschen moussierend im Mund und hinten raus schon eine ordentliche Bittere, wo man dann auch sagt, da nehme ich noch eins. Also war das auch so dein Ziel?

Gerhard: Das ist mein Ziel, ja. Also ich finde, Weine sind toll zu verkosten, man kann da sehr viel diskutieren und beim Bier bin ich der Meinung, das muss einfach gut trinkbar sein, es muss gut rinnen, es muss einfach Spaß machen.

Markus: Ja und das hast du absolut getroffen. Vielleicht trotzdem nochmal die Frage zu dir, du sagst, du bist Kellermeister, also wirklich professionell im Wein unterwegs. Wie kam das, bist du da als Kind so in ein Weingut rein geboren worden oder wie bist du überhaupt in diese Alkoholwelt hineingeschlittert?

Gerhard: Eigentlich wollte ich Koch lernen und da hat der Onkel zu mir gesagt: „Das ist der falsche Beruf, weil, da hast du immer zu arbeiten, wenn deine Kollegen frei haben.“ Gut, dann habe ich meine Ausbildung eigentlich in einer Kellerei begonnen und habe das dann auch studiert und so bin ich zum Wein gekommen. Wein ist ja so ähnlich, also es geht ja auch um Aromen, Geschmäcker und so weiter und man macht sich einen roten Faden, wie das Produkt dann auszuschauen hat. Das Bier ist jetzt auch so wieder wie ein bisschen was wie Kochen und das gefällt mir von dem her gut. Also man stellt sich einmal ein Rezept zusammen, probiert, wie geht das, in was für eine Richtung geht das und dann natürlich versucht man es zu reproduzieren. Wenn man beim Wein mit Rezept arbeitet, dann macht man mehr falsch wie richtig, das ist so, weil jeder Jahrgang anders ist.

Markus: Ja, das ist ja faszinierend. Das heißt, wie viele Jahre hast du Wein gemacht, bevor du jetzt zum Bier gekommen bist?

Gerhard: Also ich habe 93 begonnen in einer Kellerei und seither immer Wein gemacht. Wein mache ich natürlich weiterhin und so ergänzt sich das eigentlich recht gut. Im Herbst natürlich ist das Einkeltern und dann im Winter mache ich mir Gedanken, wie das neue Bier auszuschauen hat und dann beginnt es im Frühjahr mit der Weinfüllung und im Sommer wird Bier gebraut.

Markus: Und damit hast du letztes Jahre angefangen?

Gerhard: Genau, ja.

Markus: Und wie kam es dazu, hat dir irgendjemand eine Brauerei geschenkt oder wie kommt man auf die Idee?

Gerhard: Nein, wir waren einmal zunächst fünf Gesellschafter und wollten am Mendelpass, in Kaltern am Mendelpass eine Brauerei errichten. Es ist noch nix draus geworden, weil eben mit, mit fünf Köpfen ist das nicht ganz so einfach. Und somit haben wir in Kaltern direkt, Unterplanitzing, eine Brauerei. Also wir hatten dort schon die Kellerei und es war ein wenig Platz und somit wir dort das Sudhaus reingestellt von 1.000 Litern und jetzt eben dort die Brauerei, ja.

Markus: Ja und wenn ich jetzt das besuchen möchte, vielleicht nochmal so als Zwischeninfo, wie kommt man am besten zu euch?

Gerhard: Ja, das ist direkt also an der Weinstraße. Wir haben natürlich geöffnet, wir haben einen Shop dort, eine kleine Vinothek, wo man Wein und eben das Bier kaufen kann. Und dort eigentlich, die Öffnungszeiten sind von halb elf bis halb sieben, sieben Uhr abends. Und ich bin eh meistens dort, also einen Blick in die Kellerei kann man immer werfen.

Markus: Genau und natürlich ins Weingut. Also das kann ich überhaupt nur empfehlen, weil das etwas ist, was ich persönlich bisher nur in Italien und in Chile erleben durfte, dass eben eine Location sowohl Weingut als auch Brauerei ist. Und das ist einfach schön, weil sich das gegenseitig befruchtet, weil man da auch von den Jahreszeiten her immer mal mehr auf dem einen oder anderen einen Schwerpunkt legen kann. Und wenn man dich jetzt fragen würde, was ist der Hauptunterschied auch in der Arbeit zwischen Wein und Bier, wo würdest du das ansetzen?

Gerhard: Ich finde so, also für Wein schlägt eigentlich mein Herzblut und Wein verfolgt man, ja, sobald jetzt eben, wir haben jetzt Frühjahr, wir haben jetzt schön die neuen Triebe, wo die neuen Trauben dran wachsen, das verfolge ich dann über das ganze Jahr hin, ich leide mit. Ich habe jetzt gehört, grad bei den Nachbarn hat es ein wenig Hagelschlag gegeben und da leidet man natürlich mit, weil, da ist die Ernte kaputt. Und man muss einmal verstehen, das Potenzial vom Weingut und dann kreiert man oder denkt man sich, wie soll der Wein draus ausschauen. Und Bier finde ich einfach spannend eben, weil, man kann täglich eben dieses Bier, einen Sud überstellen und vor allem ist dann auch immer wieder diese Spannung mit der Gärung, die Gärung wird verfolgt. Und man hat dann schon nach sechs Wochen ein tolles Produkt da, beim Wein dauert es länger, beim Wein dauert es auch zwei Jahre, bis der mal in die Flasche kommt.

Markus: Das stimmt. Ja und wenn wir schon von dem Thema Gärung sprechen, ist das einfach zu sagen, ich habe im Weingut auch Bier und Bierhefe oder kann es da auch Probleme geben oder wie machst du das?

Gerhard: Ja, das ist eigentlich eine meiner Sorgen, also ich versuche, das schön getrennt zu haben. Grade im Herbst, wenn die frischen Trauben kommen, da habe ich schon meinen Gärkeller für das Bier grade ordentlich verschlossen, dass ich da keine Kreuzkontamination habe. Aber, es ist natürlich spannend, aber es ist eh so, es weiß ja eh jeder Brauer, ein Braumeister ist eine gut bezahlte Putzkraft, ne, so ist es.

Markus: Das stimmt. Jetzt haben wir hier dein Helles. Ist das dein erstes Bier gewesen oder eher eine neuere Kreation?

Gerhard: Nein, also ich habe immer schon im Sinn gehabt, ein Helles zu machen. Ich selber habe gern ein Weizenbier auch, also obergäriges Bier, weil es eben dem Wein ähnelt mit seinen Fruchtnoten, eben ästrige Noten, wie es eben auch der Wein entwickelt. Da Chardonnay riecht ja auch nicht nach Traubenmost, sondern der kriegt ja auch eine schöne Banane, Ananas und so weiter und so soll es eben auch beim Weizen sein. Und das waren die beiden ersten Biere und dann gibt es jetzt für den Sommer ein Saisonales, ein bisschen leichteres, ein Sesson-Bier mit einer leichten Hopfennote von Hüll Melon. Und dann im Herbst habe ich immer ein Märzenbier, wo wir eigenen Hopfen haben. Wir haben eine kleine Hopfenplantage, pflücken den Hopfen. Ich friere den dann ein, also schockgefroren und habe somit den Grünhopfen für das Märzenbier.

Markus: Ah, das ist natürlich faszinierend, also da kann man quasi immer Grünhopfenbier machen sozusagen.

Gerhard: Genau.

Markus: Ist das auch noch so ein Link zwischen dem Wein und dem Bier, wenn man sagt, der Hopfen, das ist ja auch eine Pflanze, da habe ich auch Reben? Also gibt es da auch Ähnlichkeiten, wo du gesagt hast, da konnte ich mir viel vom Wein rüber nehmen zum Hopfen?

Gerhard: Richtig, genau, das war für mich ein Anliegen, dass wir zumindest den Hopfen eben selber haben. Weil, den kannst du dann übers Jahr hin verfolgen und der hat ja auch nicht jedes Jahr dieselben Aromatiken, ne, so, wie es eben der Wein auch hat und da finde ich schon ziemliche Parallelen.

Markus: Ja, also spannend. Und wenn du es jetzt grad schon erzählt hast, vielleicht sollten wir das Saison auch mal probieren. Ich leere mal schnell das Glas Helles, du warst schneller als ich, sehr vorbildlich. Moment, so. Ja, so eine Biermesse, liebe Hörer, ist halt auch Arbeit, ne, es ist nicht nur Spaß, sondern man hat natürlich da auch was zu tun. Und wir haben hier ja 50 Aussteller mit jeweils mindestens sechs, sieben verschiedenen Bieren, es gibt da noch eine Area mit Cider zum Beispiel, wir haben auch belgische Biere mit am Start, es gibt Verkostungen. Also das ist wirklich eine ganz spannende Geschichte, wo man hier in der Genussregion Südtirol eben auch das Thema Genuss wirklich lebt, zum Beispiel eben auch mit Käse, zum Beispiel auch mit Schokolade und das dann immer in der Kombination mit dem Bier. Ja und jetzt sind wir mal gespannt, was uns unser Gerhard jetzt zaubern wird aus seiner kleinen Schankanlage, denn, ja, er kämpft grade noch ein bisschen. Aber, klar, es ist jetzt ja Mittag und es ist jetzt nach gestern Abend das erste Mal wieder, dass das Bier angestochen wird. Da muss erst mal alles durch die Leitungen wieder, muss sich wieder finden und dann eben seinen Weg ins Glas haben. Aber jetzt sehe ich schon, also das erste Glas hat zumindest schon mal Schaum, also wir nähern uns der ganzen Angelegenheit. Das ihr euch das vorstellen könnt, wir sind hier in einem mittelalterlichen Schloss, um uns rum uraltes Gemäuer, uralte Bemalungen. Wir sehen hier über Darstellungen, ja, von Rittern, von Jungfrauen oder solchen, die es zumindest mal waren und die kämpfen und lieben und essen. Ja, also wirklich spannend, alles original erhalten und wir sind hier mitten drin und haben jetzt unser Saison, vielen Dank schon mal. Prost.

Gerhard: Prosit.

Markus: Wunderbar, so. Ja und also hier, da würde ich ja fast sagen, dass ist noch ein bisschen heller als unser Helles von eben. Also Zitronen gelb könnte man vielleicht sagen, so eine Mischung aus Zitronen- und Sonnengelb. Auch wieder eine ganz leichte Trübung, wobei das ein bisschen einen geheimnisvollen Charakter hat, das mag ich immer gern. Oben drauf wieder ein sehr schöner weißer feinporiger Schaum. Und wenn man da reinriecht, dann ist es wirklich eine schöne Mischung, der Hopfen ist im Vordergrund. Da haben wir, ja, wie der Hüll Melon schon hat, so leichte melonige Noten, aber auch Blaubeeren, Citrus, Johannisbeere, Stachelbeere, also eine sehr schöne komplexe Aromatik, bis hin zu ein bisschen Honig. Also wirklich ein sehr schönes Aromenprofil, das zu kommt dann noch ein bisschen auch was vom Malz. Und jetzt bin ich mal gespannt, habe ich es denn richtig beschrieben, Gerhard? Ich probiere jetzt mal so lang.

Gerhard: Ja, also meine Idee zu diesem Bier war einfach, ich habe mir die Geschichte durchgelesen, ich habe ja das Meiste nur von Büchern gelernt, also die Geschichte vom Sesson-Bier, das hat mich fasziniert, eben ein leichtes Bier für die Bauern draußen im Feld im Sommer, wenn es warm ist. Und da, das ist eigentlich auch meine Idee hinter diesem Bier, dass ich da ein frisch fruchtiges Bier habe, was Spaß macht, aber vor allem, wenn es eine drückende Hitze ist, dass man da gern ein großes und dann vielleicht nochmal ein großes trinken kann.

Markus: Ja, absolut. Und man muss wirklich sagen, also der Hopfen prägt sich hier richtig schön aus, also Honigmelone, Mandarine ist auch schön mit dabei, also ein tolles Aromenspiel. Und wie du sagst, auch ein leichtes Bier, hinten raus trotzdem eine schöne Bittere, die es aber nicht erschlägt, sondern die wirklich den Mund wieder ein bisschen aufräumt, wo man richtig Lust hat. Und ist auch ein gefährliches Bier, weil, davon trinkt man einfach gerne. Aber wie du schon sagst, also die Belgier die machen das ja gerne mit 6, 6,5 Prozent, das hat dann durchaus so seine Wirkung. Hier mit 4,7 oder so.

Gerhard: 4,6, ja, ja.

Markus: 4,6, sind wir ja wunderbar dabei. Und das ist vielleicht ein bisschen auch eine Rückbesinnung, wie das Bier eben eigentlich sein soll, weil man es ja eben zur Arbeit getrunken hat und nicht wie heute, dann eben zum Vergnügen, in Anführungsstrichen, zum Besäufnis. Also das ist auf jeden Fall sehr, sehr schön und die auch gut gelungen. Und auch schwer, so ein Bier so clean, also so sauber hinzubekommen. Also das heißt, du nimmst das mit der Putzfrau schon ernst, oder?

Gerhard: Ja, das ist für mich eigentlich ein großes Anliegen, ja, grade auch eben, weil ich diese Gefahr im Keller habe eben zwischen Wein und Bier. Wein macht ja den biologischen Säurebau, also ich habe da immer was, was da kreucht und fleucht im Keller und das nehme ich schon sehr genau von dem her. Es muss einfach sauber sein, also ich finde, Bier, das soll eigentlich keine Ecken haben und so weiter, das muss einfach eine freudige Sache sein.

Markus: Ja, das ist es absolut, hast du super hinbekommen, also kann man nur empfehlen, perfekt. Vielleicht noch eine Frage, wie hat denn das dein Umfeld aufgenommen, also deine Familie, deine Freunde, so im Weingut und so, was haben die denn gesagt, als du gesagt hast, Mensch, jetzt machen wir mal Bier?

Gerhard: Na gut, meine Familie und Freunde, die kennen mich, das ich da immer was neu ausbrüte. Interessant war es grad bei meinen unv. #00:12:18-7# also bei meinen Kellermeisterkollegen. Wir sind ja auch keine Kinder der Traurigkeit in dieser Branche, das heißt, wir feiern ja auch gern, verkosten natürlich viele Weine, vielleicht ist die Weinwelt ein wenig steriler, sagen wir mal so, wie die Bierwelt. Und wenn ich dann gesagt habe: „Ja, jetzt fange ich an, Bier zu brauen“, dann haben sie zunächst einmal geschmunzelt. Aber mittlerweile ist es auch toll, wenn ich nach einer Weinkost immer wieder mal ein Bier mitbringe, ne. Und so hat sich das eigentlich sehr gut ergeben, ja. Und ich glaube, ich kann eigentlich eine tolle Brücke schlagen auch da bei den Bierbrauern in Südtirol. Wir haben beim Wein relativ viel schon vorgearbeitet und ich denke, grad die Bierwelt, die sich jetzt auch ein bisschen wieder neu finden, neue Ausrichtungen. Aber vor allem auch die Zusammenarbeit zwischen den Brauern, das ist ja keine Konkurrenz, sondern wir sollen uns gegenseitig eben mit aufschaukeln, sagen wir mal so, ein bisschen aufstacheln, immer auf einer lustigen, witzigen Weise und so lernen wir eigentlich jeder von jedem. Und das ist eigentlich ein großes Ziel und Anliegen von mir. Und ich bin auch sehr gut aufgenommen worden, sagen wir mal so, bei den Brauern, die machen das ja professionell und perfekt. Und das macht mir eigentlich auch eine Freude, da dabei zu sein.

Markus: Und gab es da für dich auch Momente, wo du wirklich so Aha-Effekte hattest, wenn du bestimmte Biere getrunken hast oder in bestimmten Brauereien warst, wo du einfach nochmal Inspirationen jetzt auch mitnimmst für weitere Projekte?

Gerhard: Also wo ich noch immer bei Pfeilen bin und beim Schleifen, ich trinke gerne Weizen und das Weizenbier ist für mich einfach ein Anliegen. Einen Aha-Effekt, ja, es sind da ein paar Brauer, die ein super Weizen zusammenbringen, aber sie sagen alle selber: „Das ist eines der schwierigsten Biere, dass man das konstant schön fruchtig zusammenbringt.“ Und das ist für mich die Herausforderung eigentlich, ich möchte einmal ein gescheites Weizen machen.

Markus: Okay, also da sind wir auf jeden Fall mal gespannt. Und was ich ja sehr interessant finde, es gibt hier ja auch durchaus Brauer, die das genau am anderen Ende der Fahnenstange sehen. Also wo ich dann eine Knödel-Gose zum Beispiel bekomme, wo jemand dann tatsächlich Speckknödel ins Bier gegeben hat und Sauerkraut und das Ganze dann wieder rausnimmt und dann daraus ein Bier macht, was tatsächlich all diese Aromen hat. Aber natürlich völlig anders ist, als wenn ich jetzt sage, ich hätte ein ganz schönes klares Weißbier oder ein Helles oder so. Ja, wie siehst du das so von der Bierwelt her, ist das gut, dass es diese Facetten hat oder würdest du es lieber ein bisschen enger sehen, was ist da so deine Einschätzung?

Gerhard: Also ich denke, da hat jeder Freiheiten, soll machen, was er meint, was er für richtig hält. Ich selber sehe es so, also ich habe gern, wenn es sauber ist, also wenn ein Getränk eine reine saubere Linie hat, angefangen beim Wein. Ich glaube, wir schulen ja unsere Nase im Weinbereich sehr, sehr. Also wir haben tolle Gläser, es geht immer ums Riechen, es geht immer ums Schmecken. Das ist eigentlich mein Labor, ist meine Nase und mein Mund in erster Linie. Dann natürlich die Zahlen, die aus den Laborgeräten kommen und so weiter, und da wurde ich oder bin ich ja schon seit Jahren geschult. Und in der Bierwelt ist es so, ich glaube, dass sich da noch einiges tun wird, dass man auch ein bisschen auf Selbstfindung ist. Es gibt Biere, mit denen kann ich nicht viel anfangen, die momentan aber scheinbar trendy sind. Ich finde, also ich ziehe immer Parallelen zu Weinfehlern dann, wo ich sage: „Hoppla, das würde mir jetzt nicht schmecken.“ Aber, klar, ich sehe es als Weintechniker und ich denke, ist so wie beim Wein auch, es gibt momentan einfach eine Phase, wo man wieder neue Wege beschreitet mit den ganzen Hindernissen, auch mit den ganzen Fehlern, die man am Anfang macht und das wird sich dann im Großen und Ganzen wieder einpendeln, also man wird da einen Weg finden.

Markus: Das stimmt, ja. Und wo siehst du überhaupt so die Entwicklung, sowohl beim Thema Wein als auch beim Thema Bier, so in den nächsten Jahren, Jahrzehnten? Also weil wir ja verschiedene Herausforderungen haben, einerseits vom Verbraucherverhalten, die Leute wollen eher weniger Alkohol, die Leute achten auf Regionalität, auf Nachhaltigkeit und so weiter. Auf der anderen Seite die Herausforderungen vom Markt, die Rohstoffe werden teurer oder schwerer verfügbar. Selbst sowas wie eine Flasche, wie ein Etikett, wird zu einer Herausforderung, Logistik wird schwierig. Also wo sind da so Punkte, wo du denkst, dass das so auch für dich hingehen wird?

Gerhard: Ich denke, sagen wir mal, wir sprechen ja immer jetzt von kleinen Brauereien, auch wiederum von kleineren Kellereien, so wie wir ja auch da in ganz Südtirol so aufgestellt sind. Ich denke, die Regionalität ist momentan so die primäre Sache. Weil, wenn man die einhält und die bereits in der Ideologie so einhält, dann wird einmal jeder selbst auf seinen Grund und Boden schauen, der wird selber das nicht verschmutzen wollen und das langfristig auch erhalten wollen, zum einen. Und zum zweiten, glaube ich, dass auch der Konsum und das Konsumverhalten sich in diese Richtung verändert. Dass da einfach viel mehr Konsumenten wieder aufmerksam werden, was man eigentlich Zuhause produziert. Das heißt nicht, dass man mit Scheuklappen durchs Leben geht, sondern man schaut sicher, was alle anderen machen und dass man da relativ offen ist. Aber ich denke, was man eben so vor der Haustür, was da so alles passiert, ist immer wichtig, das aufmerksam zu machen und diese logistischen Großprobleme einfach in einen kleinen Raum reinsetzt. Wir haben es ja jetzt in dieser Zeit, da spürt man es ja auch, dass logistisch einfach ein riesen Problem ist, einmal Rohmaterial und Verpackungsmaterial und so weiter zu bekommen. Ich denke, da muss einfach ein Umdenken stattfinden. Wir können doch nicht den Karton und das Papier über die halbe Welt führen, das geht nicht.

Markus: Ja, nee, absolut. Also ich denke da auch, da wird sich viel tun müssen. Aber das Schöne ist, es machen sich, glaube ich, jetzt auch mehr Leute Gedanken und es finden sich auch Lösungen und das finde ich wirklich eine spannende Geschichte. Ja, also von meiner Seite aus ganz, ganz großen Dank für diesen schönen Einblick in deine Welt, in dein Leben, ganz viel Erfolg natürlich weiterhin mit Brauerei und Weingut.

Gerhard: Danke schön.

Markus: Und für euch Hörer, natürlich unbedingt vorbeischauen. Wir verlinken sowohl Weingut als auch Brauerei natürlich im Podcast in den Shownotes Und freuen uns dann auf ein baldiges Wiedertreffen, vielleicht nächstes Jahr, ne.

Gerhard: Prosit. Auf bald. Danke schön auch, gell.

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