BierTalk 8 – Interview mit Christian „Blacky“ Schwarz von Radio Primaton aus Schweinfurt

Christian „Blacky“ Schwarz arbeitet jeden Tag als beliebter Morning-Show Moderator bei Radio Primaton in Schweinfurt. Schon zweimal war Biersommelier Markus Raupach dort zu Gast zum zweistündigen Sonntagsgespräch – jetzt haben er und sein Partner Holger Hahn den Spieß umgedreht und den sympathischen Unterfranken in ihren BierTalk eingeladen. Heraus kam ein spannendes und sehr persönliches Gespräch über Bier und Bierkultur – und wie jeder Mensch damit aufwächst…

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Markus: Hallo zusammen! Herzlich willkommen zu unserem BierTalk Nummer acht, natürlich wie immer mit mir, dem Markus und…

Holger: …und dem Holger.

Markus: Ja, und natürlich auch einem besonderen Gast, dieses Mal dem Blacky Schwarz, der sich aber gleich noch mal selbst ein bisschen vorstellen wird.

 

Wie die Jungfrau zum Kinde

Christian Schwarz: Ja, einen wunderschönen guten Morgen, ich komm ein bisschen wie die Jungfrau zum Kinde zu einem Bierpodcast auch das erste Mal in meinem Leben. Ich bin Radiomoderator eigentlich, Journalist, mache nebenbei relativ viele Veranstaltungen, im Moment gar keine und hab jetzt einfach dadurch auch Zeit zum Biertrinken und zum Bierpodcastmachen.

Markus: Jeder von uns hat sich natürlich auch ein paar Bierchen rausgesucht, die wir nebenbei aufmachen können. Vielleicht vorne weg die Frage: Du hast ja gerade gesagt, du machst viele Veranstaltungen, das heißt dein Terminkalender war auch relativ voll und ist jetzt leer, oder wie kann man sich das vorstellen?

 

Unfreiwillig auf Balkonien

Christian Schwarz: Mein Terminkalender war richtig voll. Also ich habe normalerweise sagen wir mal so ab Ende April bis Anfang, Mitte September kein freies Wochenende, und jetzt ist erst mal auf lange Sicht alles frei. Das heißt, ich entdecke gerade so Dinge, wie das Spazierengehen, das Wandern, das auf dem Balkon Sitzen, was ich eigentlich so überhaupt nicht kenne. Es hat so einen… ja, auf eine perverse Art, Urlaubscharakter, im Moment zumindest noch.

Markus: Ja, die Welt steht so ein bisschen still. Holger, du hast dir bestimmt auch ein schönes Bierchen ausgesucht.

Holger: Unbedingt. Ich habe mich inspirieren lassen von dir, wie so oft in meinem Leben schon, und bin nach Großbritannien gereist. Also natürlich nicht wirklich, aber du weißt, wie ich es meine und habe mir da ein unglaublich tolles Bierchen herausgeholt. Jetzt bist du wieder dran.

Markus: Beziehungsweise wir beide. Der Blacky kann natürlich gerne mitraten.

Christian Schwarz: Ein Bier aus Großbritannien! Unglaublich toll! Ehrlich gesagt, britisches Bier ist für mich immer so gefüllt bis zum Glasrand, dann den Schaum weggestrichen, Handtuch drunter und es ist zu warm.

 

Holger: Na ja, wunderbar, das ist ja prima, dass wir so einen typischen deutschen Biertrinker unter uns haben.

 

Warmes Bier im feuchten Land

Christian Schwarz: Das ist gar nicht der Punkt, aber ich war mal längere Zeit in Cambridge zum Englischlernen, und ich kann mich an diverse Pubs, also „The Anchor“ beispielsweise erinnern, da war es genauso. Ich bin dann, muss ich jetzt gestehen, ich weiß nicht, ob man das im Bierpodcast sagen darf, auf Cider umgestiegen, und es gab eine ganz fiese Diskothek für alle Sprachschüler, die hieß „Cindarella’s Rockefeller“ und auch da war das Bier eben eine eher tragische Erfahrung.

Holger: Ja gut, also Bier ist ja Heimat und damit auch Kultur, und ich kenne genügend Engländer, die zu uns rüber kommen und mich jedes mal fragen: Holger, warum macht er eigentlich das Glas nicht voll? Warum? Warum macht er das Glas nicht voll? Wir verstehen es nicht. Ich erzähle dann immer: Schaumkrone und Bild, und Auge isst mit und so, aber die schütteln dann immer nur ihren Kopf. Trotzdem: Was habe ich mir ausgesucht? Also ich geb noch einen Tipp mehr, ich hab ja gesagt, ich hab mich inspirieren lassen und Markus hat Bulldog ausgewählt, und in dem Land befinde ich mich jetzt auch biertechnisch.

Markus: Genau, aber du musst es doch noch aufmachen, dass wir hören können.

Holger: Ja unbedingt.

Markus: Ok das klingt wieder ziemlich nach Dose, wenn ich ehrlich bin, und in dem Land – meintest du damit auch Schottland?

Holger: Genau.

Markus: Hm. Belhaven vielleicht?

Holger: Belhaven ist richtig, Dose ist falsch.

Markus: Oh. Na immerhin.

 

Röstaromen aus Schottland

Holger: Ne, unbedingt. Ich bin schon wieder beeindruckt von dir, wie jedes Mal. Also ich habe mich entschieden für einen Scottish Oat Stout. Ein absoluter Klassiker der Belhaven Brauerei, und es ist so schön karamellig und malzig und es kommt so smoothie-mäßig eigentlich in den Mund. Das ist fast cremig, und das finde ich unglaublich toll, und für mich muss eigentlich ein Stout, mit Hafer gebraut, eigentlich genauso sein. Das ist, finde ich, ein exzellenter Vertreter seiner Klasse.

Christian Schwarz: Ok, ich bin absolut beeindruckt. Ich wusste nicht mal, dass es schottisches Bier gibt, also ich lerne heute lauter neue Sachen.

Holger: Was da auch unbedingt erwähnenswert ist, wir beide, also Markus und ich auch, wir sind immer total begeistert von Bierhistorie, aber auch Historie allgemein. Man kann ja beim Bier so viele Geschichten erzählen und kann die dann mit der damaligen Zeit auch verbinden. Und ich wusste gar nicht, aber vielleicht wusstest du das ja, Markus, dass also Kaiser Ferdinand I. hat eben das Bier der Belhaven Brewery damals als den „Burgunder Schottlands“ bezeichnet.

Markus: Herrje, das ist ja fast so gut wie der Champagner des Nordens in Berlin.

Holger: Absolut, und das ist schon ein Ritterschlag, oder? Also das muss man schon sagen.

 

Bier statt Whisky

Markus: Auf jeden Fall. Die Brauerei macht natürlich tolle Biere und die Schotten eben nicht nur Whisky, und du hast jetzt quasi ein Frühstücksbier, das ist doch auch mal schön. Ich muss aber noch mal auf den Blacky zurückkommen, das ist natürlich in England, wenn man da im Pub sitzt, wenn man eben diese zugegeben relativ warme Bier serviert bekommt, trotzdem einfach eine wunderschöne Atmosphäre. Für mich ist es ein bisschen so, wie wenn ich hier in Franken in der Brauereigaststätte bin, da sitzen auch alle möglichen Leute an Tischen zusammen, lernen sich kennen, unterhalten sich, es wird über Gott und die Welt geredet, ist einfach eine schöne, gemütliche Atmosphäre. So erlebe ich es in England letzten Endes in den Pubs auch.

Christian Schwarz: Das Großartige ist ja auch, dass die Abende da gar nicht so lang werden, weil die letzte Runde ist, glaube ich, schon immer so gegen 11, halb 12 oder so was, und dann wieder nach Hause.

Markus: Ja, die Engländer haben da etwas Besonderes erfunden, und zwar wenn die dann zu Hause sind um 11, haben ja fast alle Engländer einen Hund. Und wenn der dann noch mal in die Kneipe gehen will, dann sagt er zu seiner Frau: Ich gehe noch mal mit dem Hund raus, I’m going to walk the dog. Und „I’m going to walk the dog“ meint eigentlich: „Ich gehe noch mal in die Kneipe.“

Christian Schwarz: Wieder was gelernt.

Holger: Ah, deshalb hast du einen Hund, jetzt weiß ich’s!

Markus: Jetzt weißt du’s, ja!

Christian Schwarz: Ja, Wahnsinn, der war ja vorher auch schon zu hören, glaube ich, so im Hintergrund so ein bisschen.

Markus: Ja, der hat mal kurz Laut gegeben, wahrscheinlich war’s der Postbote. Also England – das heißt, da hast du auf jeden Fall auch schon Bier konsumiert. Wie ist denn überhaupt so deine Bierhistorie – oder vielleicht magst du vorher ein Bier aufmachen? Du sollst ja nicht zu lange auf dem Trockenen sitzen.

 

Ein Helles aus der Stadt der Rauchbiere

Christian Schwarz: Ich kann auch mal ein Bier aufmachen. Ich meine, mein Bier ist jetzt nicht ganz so weit gereist, aber du hattest vorhin das Thema Bierdose angesprochen. Die Brauerei, um die es bei mir geht, hat vor einiger Zeit ihr Bier jetzt auch in Dosen rausgebracht und hat dafür teilweise einen ganz schönen Shitstorm kassiert. Ich würde alles auch wetten, dass ihr beide dieses Bier auch kennt. Also, machen wir’s mal auf. Ist ein bisschen ruhig.

Markus: Holger, darf ich?

Holger: Natürlich darfst du.

Markus: Also, weil der Sound, das klingt eindeutig nach Mahrs Bräu.

Christian Schwarz: Das ist ziemlich gut, hast du vollkommen recht. Was meinst du, was für eines…

Markus: Das U vielleicht, das Kellerbier?

Christian Schwarz: Nee, ich hab mir gedacht: Kellerbier ist noch zu hart jetzt so früh, ich trinke ein Helles.

Markus: Ah, schön! Das wird den Holger wiederum freuen, der ist ein großer Fan des Hellen.

Holger: Ja, also überhaupt der Mahrs Brauerei. Also ich bin ein großer Fan auch der Mahrs Brauerei und das U ist ja auch ein Bier, was ich auch schon in einem früheren BierTalk mir ausgesucht hatte. Also insofern Blacky, wir sind da sehr seelenverwandt, merke ich.

 

Bierdosen aus Bamberg

Christian Schwarz: Ich muss natürlich zugeben, ich hab natürlich auch von Markus gelernt. Ich durfte ihn ja auch schon diverse Male als Studiogast begrüßen. Er hat mich natürlich biertechnisch dann auch so ein bisschen noch weiter nach vorne gebracht.

Markus: Das adelt mich jetzt aber. Und wie kommst du an eine Mahrs-Bräu-Dose?

Christian Schwarz: Es ist gar keine Dose, ich habe tatsächlich eine Flasche. Mir ist aufgefallen, dass die mit den Dosen ein bisschen Ärger hatten, weil die haben erst vor kurzem – also, was heißt vor kurzem, ist auch schon wieder eine Weile her – ihr Bier auch in Dosen lanciert, und da gab’s auf Facebook zumindest ordentlich Feuer dafür von paar Menschen, die das, glaube ich nicht so gut fanden, wobei ich ja von dir gelernt habe, dass die Dose eigentlich das Perfekte ist, um ein Bier zu verpacken.

Markus: Das stimmt, ja.

Christian Schwarz: Wahnsinn.

Markus: Wie ist es mit deiner Biergeschichte, wann hast du denn dein erstes Bier getrunken? Kannst du dich noch erinnern?

 

Blackys erstes Bier

Christian Schwarz: Absolut, ich hab mein erstes Bier getrunken bei meinem Onkel, also beim Bruder meines Vaters, der war Elektrikermeiste, hatte eine kleine Werkstatt und hatte in Würzburg in Grombühl unten in seiner kleinen Werkstatt immer ein Fass Bier mit so einer selbst gebauten Zapfanlage stehen, und da war ich so – darf man das jetzt sagen? – 13, 14 Jahre alt und durfte zum ersten Mal probieren und mal selber versuchen zu zapfen, was völlig gescheitert ist, und mein erstes Bier war, als Würzburger, ein Würzburger Hofbräu, aber noch vor der Übernahme der Brauerei durch eine Großbrauerei.

Markus: So ähnlich ging es bei mir damals auch. Ich kann mich erinnern, es war im Biergarten von der Mahrs Bräu, wo ich mit meinen Eltern war und immer Bier holen musste von der Theke, und dann nippt man halt mal und… Alles Dinge, die man heute gar nicht mehr darf, aber wenn wir über die Vergangenheit reden, glaube ich, darf man das schon noch erzählen.

Christian Schwarz: Du, das war im letzten Jahrtausend, das ist völlig okay. Da kann man heute darüber hinwegsehen, wahrscheinlich. Das stimmt, außerdem hat der Holger noch ganz andere Geschichten auf Lager, denke ich.

Holger: Ich weiß nicht, ob ich mich das trauen soll jetzt.

Christian Schwarz: Jetzt bin ich neugierig, erzähl!

Holger: Ich wollte eigentlich noch mal auf das Thema Cider zurückkommen, wenn ich darf.

Markus: Das Outing muss jetzt schon irgendwie sein.

Holger: Ich trau mich aber nicht.

Markus: Na gut, Cider.

Christian Schwarz: Dann trinkt dir doch ein bisschen Mut an. Was willst du zu Cider erzählen?

 

Thema Cider

Holger: Es gibt also verschiedene Cider. Da gibt es einmal den Apple Cider, und dann gibt es ja auch mit so einem Brombeergeschmack, der heißt eigentlich Blackberry Cider, aber das finde ich schön, den könnte man ja dann Blacky Barry Cider nennen, für so Süßschnäbel wie dich. Also, Cider trinkt ja nur die Leute in den Pubs, die, sag ich mal… Also für die richtigen Biere, da sind sie zu schwach dafür, oder?

Christian Schwarz: Ja, genau so kannst du mich vorstellen: Ich bin so der Zierliche, Schüchterne, Schwache, genau das ist das Bild, das ich gerne von mir zeichne, gerade bei einem Podcast, der kein Bildmaterial bietet.

Markus: Wobei man natürlich eine kleine Lanze für den Cider schon brechen muss. Es stimmt, bis vor kurzem war das, gerade in England, so. Allerdings hat sich ähnlich wie beim Bier oder auch bei der Schokolade, beim Kaffee rund um die Cidergeschichte eine Craftkultur gebildet, es gibt jetzt richtig hochwertige Cider, teilweise werden sogar nur die Äpfel von einem Apfelbaum oder einem Birnbaum verarbeitet. Es gibt mit wilder Hefe bestimmte Gärungen, es gibt Cuvées… Einmal im Jahr ist in England immer das Great British Beer Festival, und da ist normalerweise nur Bier angesagt, so wie wir es vorhin schon beschrieben haben, aber seit ein paar Jahren gibt’s da auch einen Ciderstand, und da kann man dann um die 50, 60 verschiedene Ciders probieren, das macht wirklich Spaß, ist sehr interessant, allerdings in der Regel auch sehr alkoholisch.

Holger: Stimmt! Also, man darf es nicht vergleichen mit den französischen Apfelweinen, die in der Regel wesentlich weniger Alkohol haben.

Christian Schwarz: Ja, der Cidre hat so knapp zwei, zweieinhalb Prozent, und ein Cider ist wie ein normales Bier, oder?

Holger: Ja, genau, so fünf, fünfeinhalb haben die meistens, genau.

Markus: Ja, aber da fangen sie an. Ich hab in London durchaus auch welche mit 9, 10, 11 % getrunken. Dort ist der höhere Alkohol die Regel.

Holger: Na ja, weil du danach suchst.

Christian Schwarz: Ich wollt’s grad sagen! Ich kann mich erinnern, als Markus bei mir in der Sendung war, hat er auch Biere dabei gehabt, die hatten Alkoholgehalte, das kenn ich eigentlich nur von einem guten Schnaps oder einem Wein.

Markus: Ach, jetzt stehe ich wieder in dieser Ecke. Aber passt auf, ich mach jetzt auch mal mein Bier auf und ihr dürft raten, was es ist. Oder willst du noch was sagen, Holger?

Holger: Nein, du hast vollkommen recht, du darfst auch nicht verdursten.

Markus: Eben, also. Moment…

Holger: Eindeutig keine Dose.

 

Ein neues Bier

Christian Schwarz: Naja, es könnte aber auch ein Bügelverschluss gewesen sein.

Holger: Ich glaub nicht. Also eine 0.33er Flasche.

Christian Schwarz: Kann mir einer von euch sagen, wie ihr eine Flaschengröße hören könnt?

Markus: Das ist Betriebsgeheimnis.

Holger: Und außerdem, du kennst doch die Sendung „Wetten, dass…?“, oder? Und da haben der Markus und ich uns bestimmt zehnmal beworben, dass wir also beim Hören des Öffnens der Flasche immer Brauerei und Bierstil festlegen können, aber die haben uns jedes Mal abgelehnt. Ist doch komisch?

Christian Schwarz: Ja, aber ich glaube, Thomas Gottschalk macht doch jetzt auf seine alten Tage aus lauter Verzweiflung nochmal eine Folge im nächsten Jahr oder so. Ihr könnt euch noch bewerben.

Markus: Glaub sogar, Ende dieses Jahres! Müssen wir uns mal schlau machen, Holger. Also, 0.33 war falsch, Flasche war richtig, Bügelverschluss war auch falsch.

Christian Schwarz: Okay, das engt es jetzt noch nicht wirklich ein.

Holger: Ne, das stimmt.

Markus: Es kommt auch aus Franken, und es kommt auch von einer Brauerei, die mitunter in der Diskussion steht.

Holger: Da bin ich wirklich draußen, weil…

 

Die Wernecker Brauerei

Christian Schwarz: Kann es ein Wernecker sein, weil die ja Riesenprobleme im Moment haben und die Türen zusperren müssen?

Markus: Also wenn ich noch eins hätte, hätte ich das auf jeden Fall jetzt in unsere Sendung mit reingenommen, gerade weil wir dich auch mit dabei haben. Leider hatte ich keins mehr. Nein, wir sind in der fränkischen Hauptstadt.

Holger: Ich oute mich nicht. Also für mich… Also, keine Ahnung. Ich weiß nur, dass seit 1806 Franken erst zu Bayern gehört, aber mehr…

Christan Schwarz: Ja, zwangsweise.

 

Ein neues altes Rotbier aus Nürnberg

Markus: Also, es handelt sich um ein Bier der Tucher Brauerei, und zwar das neue Rotbier. Und das machen sie wirklich ganz, ganz spannend, denn sie haben dafür das alte Sudhaus umgebaut, es gibt es alte Tucher Sudhaus, das aus den 1920er Jahren ist, ein richtiger Biertempel mit ganz viel Kupfer und schönen Kacheln und wunderbar. Sogar ein Braumeistersofa, der dann von oben gethront hat und sich das Ganze anschauen konnte. Und im Keller haben sie jetzt eine kleine Brauerei installiert und ganz, ganz viele Holzfässer. Was die da jetzt machen, ist, dass sie ein Bockbier einbrauen, ein sehr starkes Rotbier, das kommt dann in diese Holzfässer, lagert ungefähr ein halbes, dreiviertel Jahr, dann verschneiden die aus diesen verschiedenen Holzfässern das Bockbier, bis es dann einen perfekten Geschmack für den Braumeister hat, und das wird dann noch mal gemischt mit frisch gebrauten normalen Rotbier. Also die Idee dahinter ist, ein bisschen die ursprünglichen Rotbiere von vor 300, 400 Jahren zu reproduzieren, weil die eben auch immer verschnitten waren, in Holzfässer waren und gerne auch mit stärkeren Bieren gemischt waren. Der Geschmack ist wirklich fantastisch. Karamell, Vanille, sehr schöne Röstaromen, natürlich auch so brotig, getreidig, und sehr rund einfach. Also ein ganz angenehmes, spannendes, schönes Brotzeitbier mit einer Riesengeschichte.

Holger: Also, kann ich nur bestätigen. Ich kenn das Bier auch und bin auch absolut begeistert, ich hab das ja schon so oft angesprochen. Das Thema Preis-Leistungs-Verhältnis, das ist auch wieder so ein Bier, wo ich einfach… Im Prinzip muss man sagen: Viel zu billig, einfach viel zu billig.

Markus: Ist auch so, also muss man ehrlicherweise sagen, die Brauerei legt bei jeder Flasche, die sie verkauft, drauf. Machen sie aber bewusst, weil es ihnen da wirklich einerseits natürlich ein bisschen um das Marketing geht, aber eben auch darum, dieses ursprüngliche Nürnberger Rotbier wieder zu beleben. Und in der Diskussion sind sie ein bisschen, weil eine andere Brauerei, die in Nürnberg schon länger Rotbier macht, da jetzt so ein bisschen sich dran gestoßen hat, weil Tucher ja seine große Brauerei genau zwischen Nürnberg und Fürth stehen hat, also, das steht praktisch das Sudhaus auf der Fürther Seite, und direkt im selben Gebäude geht praktisch die Grenze durch die beiden Städte. Damit steht der Läuterbottich in Nürnberg. Und da war eben die Frage: Ist das denn überhaupt noch ein Nürnberger Rotbier, wenn ein Teil dieses verschnittenen Bieres dort gebraut worden ist? Deswegen große Diskussion. Ich mag auf jeden Fall dieses Bier und habe in den letzten Jahren auch wirklich die Tucher Brauerei mal von einer anderen Seite kennengelernt, vorher war das wirklich auch in der Kommunikation mit mir eher so eine Großbrauerei, relativ steril, relativ zurückhaltend, aber eben seit ein paar Jahren hat da die Sache wirklich geändert und sind jetzt sehr offen, sehr nett, und haben schon viele verrückte Sachen auch mit uns gemacht. Mit vielen Gruppen auch waren wir schon dort, haben das angeschaut. Kann man jedem nur empfehlen, sobald es wieder möglich ist, das alte Sudhaus in Nürnberg mal zu besichtigen.

Holger: Es gibt ja so ein paar Braumeister, finde ich, die auch kreativ sein wollen und dann ist es schön, wenn die das auch dürfen. Dass eben nicht nur Output und ökonomische Gesichtspunkte eine Rolle spielen, sondern dass man die auch kreativ sein lässt, weil so ein Bier zu entwickeln auch in der Produktentwicklung, des machst du nicht mal eben nebenbei am Wochenende, sondern da braucht es wirklich Zeit, sich so was zu überlegen. Mit den Eichenfässern, dann die Rezeptur festzulegen und so, bis man es wirklich so hat, dass man es gut stabil reproduzieren kann und so, also da gehört was dazu. Das ist Kunst, das ist echte Braukunst.

Christian Schwarz: Ihr kriegt mich wirklich dazu, dass ich heute noch in den Getränkemarkt muss. Mundschutz auf und los.

 

Bier und Rundfunk?

Markus: Auf jeden Fall. Wie ist es denn bei dir? Welche Rolle spielt Bier denn in deinem normalen täglichen Job?

Christian Schwarz: In meinem normalen Job?

Markus: Naja, also wenn du jetzt Veranstaltungen machst zum Beispiel oder so..

Christian Schwarz: Ah, okay, ich habe gedacht, weil ich mache eine Morgenshow im Radio, wenn ich da mit Bier anfangen würde, dann würde mein Arbeitgeber respektive Kunde irgendwann mal sagen: Nun ja… Grundsätzlich ist es auf Veranstaltungen so, dass ich den Leuten eher beim Biertrinken zuschaue. Ich arbeite als DJ, ich mache Moderationen, und da ist es halt einfach so, das so wirklich den sprichwörtlichen klaren Kopf brauchst, sonst hältst du das nicht durch, weil du ja grundsätzlich der Letzte bist, der nach Hause geht. Das heißt, da ist eigentlich Alkoholverbot, aber alkoholfreies Weizen ist immer drin, gerade im Sommer, und am Ende des Abends schmeckt es um so besser, dann noch ein Bier zu trinken.

Markus: Die alkoholfreien Biere werden immer wichtiger. Das könnte man sogar zur Morningshow machen. Also wenn ich mal wieder bei euch bin, sein darf, je nachdem, dann bringe ich dir mal welche mit. Dann kannst du früh auch mal so einen Milk Stout zum Frühstück trinken.

Christian Schwarz: Du, sobald wir wieder im Studio sind – wir machen ja seit fast fünf Wochen mittlerweile Home Office, also ich sitz jetzt auch hier zu Hause am Tisch – bin ich da sofort dabei, keine Frage. Hast du einen guten Tipp für ein alkoholfreies Bier? Ich bin immer noch auf alkoholfreiem Schneider Hefe, aber vielleicht gibt es ja noch was, was noch besser wäre.

Markus: Ich würde sagen, die bringe ich dir dann mit. Aktuell ist es so, dass die für mich besten alkoholfreien Bieren nicht aus Deutschland kommen, sondern aus England, wobei es jetzt gerade in den letzten Wochen und Monaten ein paar neue Entwicklungen aus Deutschland gab, die ich noch nicht verkostet habe. Da nehme ich mich mal als Testperson, verkoste das mal vor und bringe dir dann eine Range mit, und eine, die du dann auch vielleicht auch erstehen kannst.

Christian Schwarz: Du bist ja wirklich selbstlos, das find ich gut.

 

Alkoholfrei ist im Trend, Frauen auch

Holger: Was ich empfehlen könnte, wirklich dann auch als deutsches Bier, wäre das Nittenauer Le Chauffeur. Das ist ein wirklich sehr schönes, alkoholfreies IPA.

Markus: Schön fruchtig, schön hopfig, sehr angenehm, toll.

Holger: Mögen auch die Frauen, das ist ja bei Markus immer besonders wichtig, dass die Biere auch den Frauen schmecken. Das mögen die.

Christian Schwarz: Wir haben jetzt festgehalten, Markus mag alkoholstarke Biere und sie müssen Frauen schmecken, nur um jetzt alle Vorurteile nochmal hier öffentlich…

Holger: So ist es, und er hat nur einen Hund, weil:

Christian Schwarz: Genau, ich hab diesen Film gesehen, 101 Dalmatiner, den alten Zeichentrickfilm. Da wurde ja schon damals gezeigt, dass Hunde eine wunderbare Flirthilfe sind.

Markus: Das stimmt, das kann ich als Hundebesitzer nur sagen: Auf jeden Fall! Du begegnest ganz vielen verschiedenen Menschen auch des anderen Geschlechts, und wenn man einen entsprechend niedlichen Hund hat, was meiner auch wirklich ist, dann ist es ganz schnell so, dass man da ins Gespräch kommt.

Christian Schwarz: Und er fährt ein Cabrio. Das auch noch.

Holger: So ist es!

Markus: Die kleine Freude des kleinen Mannes. Ja, vielleicht nur ganz kurz: Wie habe ich mir den einen Radiomoderator im Home Office vorzustellen?

 

Home Office als Radiomoderator

Christian Schwarz: Das ist eine relativ strange Geschichte! Ich hab die erste Woche so verbracht, dass ich wirklich so aus dem Schlafzimmer rausgewankt bin, kurz zur Espressomaschine, dann quasi so, wie Gott mich schuf, mehr oder weniger in Jogginghose vor einem Mikrofon saß, und da Radio gemacht habe, hab dann aber relativ schnell gelernt, dass das nicht funktioniert, weil du dann einfach noch so im Schlafmodus bist. Jetzt stehe ich wirklich früh auf, dusche, ziehe mich an, ganz normal, setze mich an den Tisch und ja, wir machen Radio halt jetzt wirklich komplett von zu Hause aus, weil wir im Studio eben diese ganzen Abstandshygienedinge nicht hinbekommen und auch zu Anfang im näheren Umfeld des Senders jemanden hatten, der coronapositiv war, und dann alle nach Hause gegangen sind. Ja, ist mal ganz anders, also man muss halt nicht mehr ins Auto steigen, man muss nicht vor die Tür, aber es ist auch ein bisschen strange so ohne Studioatmosphäre.

Markus: Und das Equipment hast du zu Hause?

Christian Schwarz: Ich habe hier ganz lokal an dem Tag, an dem ich nach Hause kam, erst mal nur mit dem iPhone gearbeitet, dann festgestellt, das hat nicht viel Zukunft, und dann gedacht: Was machst du, rufst du bei Thomann an, in Treppendorf, bei euch um die Ecke. Ich rief da an mit dem Brustton der Überzeugung: Ich habe eine ganz seltsame Frage, und zwar arbeite ich beim Radio als Journalist, und ich bräuchte da Technik, um von zu Hause aus… Dann hat der gegrinst am Telefon und nur gesagt: 90 % unserer Anrufe sind nichts anderes. Kaufen Sie das, das und das, und dann habe ich gesagt: Ok, ich bräuchte es aber relativ schnell und dann haben die gesagt: Ja, wir kümmern uns drum, und am nächsten Morgen war alles da, was man braucht, das war sehr cool.

Markus: Das ist eine ganz tolle fränkische Erfolgsgeschichte, muss man sagen, Thomann. Ich hab ja auch mal beim Radio angefangen von mittlerweile 30 Jahren, damals war es noch eine ganz kleine Klitsche im Dorf, wo man trotzdem hingefahren ist, wenn man sein Kassettenbandaufnahmegerät, weil die Geschwindigkeit nicht gepasst hat oder so, vorbeigebracht hat, die hatten auch damals schon den tollen Service, das man hingehen kann, und halbe Stunde später war das dann schon wieder erledigt, weil sie eben wussten, die Journalisten brauchen das schnell für ihre Arbeit, und das ist für mich Wahnsinn, zu beobachten, was daraus geworden ist.

Christian Schwarz: Wenn du jetzt in diesen Ort rein fährst, und ich war letzten Sommer dort, als es noch ging – im Moment haben sie auch zu, machen nur noch Onlinehandel – das ist ja auch wie am Flughafen. Du hast jetzt eine Kneipe mit so einer Art Flughafenterminal drin, wo dann so ein Schriftband aufleuchtet, wenn deine Bestellung abholbereit ist. Unfassbar, was die alles gerissen haben mittlerweile.

Markus: Und sind die einzigen eigentlich in dem Business, die Amazon wirklich die Stirn bieten, und immer noch gute Umsätze auch online haben, weil sie halt sehr viel Beratung haben und immer Fachleute am Telefon.

Christian Schwarz: Klar, du rufst da an, und du kriegst sofort, was du willst, und du kannst hin, und du kannst alles, und ich meine alles, ausprobieren und kannst dir noch zum 10. Mal die Boxen anhören, ohne dass du die Leute nervst, ist schon grandios.

 

Holgers Coming Out oder unser letzter Rausch

Markus: Ja Holger, wie weit bist du da mit deinem Bierchen, und wie weit bist du mit deinem Coming Out?

Holger: Ich hab noch ein bisschen im Glas, weil du hast ja schon bemerkt, es ist noch nicht Mittag, mein Bier hat auch 7 %. Ich bin dann vorsichtig, auch, also bisschen und genieße natürlich. Ich bin ja sowieso kein Wirkungstrinker, sondern ein ausgesprochener Genusstrinker.

Christian Schwarz: Jetzt müssen wir aber trotzdem noch mal investigativ nachfragen, auch jetzt rein als Journalist. Es ist quasi eine Pflicht. Du wolltest uns ja noch erzählen, wie das in seiner Jugend war, und aufgrund deiner Zurückhaltung könnte ich mir vorstellen, dass du vielleicht als Wirkungstrinker begonnen hast, um dann zum Genießer zu werden?

Holger: Nee, überhaupt nicht, ich bin ein Kneipenkind aus dem Ruhrgebiet, meine Eltern haben eine Gaststätte gehabt auf der Rückseite vom Duisburger Hauptbahnhof, und meine Großeltern auch schon. Damals, wo ich Junge war, war Duisburg ein brummender, lebender Industriestandort mit 600.000 Einwohnern, Kohle und Stahl, war da Programm. Da war bei uns auch immer was los. Aber vielleicht ist es auch schon ein Thema der Verklärung ein Stück weit, aber ich habe das immer so erlebt, also dieses Feierabendbierchen, diese Feierabendbierkultur, die war bei uns ganz groß geschrieben, und die Männer, die kamen halt von der Schicht und haben dann einfach auch ein oder zwei Feierabendbierchen getrunken, haben in den Sparklub eingezahlt und sind dann nach Hause gegangen, und sind dann am Wochenende mit ihren Frauen wieder gekommen und so. Dann haben wir schöne Feste gehabt mit Musik und mit Tanz, Sparklubauszahlungen waren immer unglaublich begehrt. Da habe ich sehr positive Erinnerungen daran. Das Einzige, was ich sagen kann, wo es immer mal echt ein bisschen übertrieben wurde, war dann Karneval. Das ist vielleicht auch ein Grund, warum ich den Karneval überhaupt nicht mag, weil für mich als Kind war das immer ganz furchtbar. Meine Eltern waren total… Absolute Anspannung und so, und die Gäste, die waren unerträglich, und das ist, glaube ich, auch ein Grund, warum ich das letzte Mal mit 21 Jahren betrunken war. So ist es wirklich, es glaubt man nicht, aber so ist es wirklich. Ich lehne das total ab und betone auch immer in den Verkostungen und auch bei unseren Veranstaltungen: Wir haben es mit Alkohol zu tun, und Alkohol ist ein Nervengift.

Christian Schwarz: Eine Erfahrung, die ich so 1:1 unterschreiben kann, da ich auch an Karneval beziehungsweise, wie es bei uns heißt, Fasching, Musik mache und lange auch in Kneipen und Diskotheken gearbeitet habe hinter der Bar, und die Erfahrung, die ich auch gemacht habe, die ist wirklich, wie du siehst, wie sich Leute verändern über den Abend, gerade, wenn du selber nüchtern bleibst, und willst diesen Kontrollverlust in deinem eigenen Leben partout nicht mehr haben. Deswegen, glaube ich, geht es uns wahrscheinlich, ich glaube, Markus geht es genauso. Ich kann mich nicht erinnern, so ganz genau, wann ich das letzte Mal wirklich regelrecht betrunken gewesen wäre.

Markus: Ich glaube, das war an meinem 30. oder 35. Geburtstag, den weiß ich jetzt nicht mehr ganz genau, da ist das irgendwie so passiert, aber normalerweise ist es bei mir tatsächlich auch so. Also natürlich hat man seine Jugendzeiten und stößt sich ein bisschen die Hörner ab und probiert mal hier und mal da. Und sicherlich haben wir an irgendeinem 17., 18. Geburtstag von einem Freund mal die Bar der Eltern ausgeleert und sämtliche Schnäpse ausgetrunken und danach die entsprechenden Erscheinungen gehabt. Aber ich habe ja dann auch lange als DJ gearbeitet und so, und wenn du dann eben professionell Leuten Spaß machst, die sich Stück für Stück betrinken, dann kriegt man auch so eine gewisse Distanz dazu, und finde ich auch wichtig, gerade auch in unserem Bereich. Also wir wissen viel über Bier, wir mögen Bier, wir können die Aromen beschreiben und die Herstellung und sind auch sehr begeistert von der Bierkultur. Aber deswegen muss man noch lange nicht jeden Tag zehn Stück in sich rein kippen. Das finde ich schon auch eine wichtige Botschaft, die man immer wieder unter die Leute bringen muss.

 

Sparklub

Christian Schwarz: Ich würde noch mal ganz gerne auf dieses Thema Sparklub zurückkommen, weil ich das so cool finde. Ich hab das ewig nicht mehr gehört. Ich weiß, es gibt in Schweinfurt einen Menschen, der allerdings eine Kaffeebar hat, der Mike Mangold von der Fleischerei, der hat das nochmal eingeführt, der hat einen Sparklub bei sich, hat also da dementsprechend so Fächer an der Wand hängen, aber ansonsten ist dieser Brauch irgendwie Geschichte, oder gibt es das in eurem Umfeld noch?

Holger: Also ich finde, in Oberfranken gibt es das relativ häufig noch. Also wenn ich mit Markus ab und zu da mal Brauereigaststätten oder normale Gaststätten besuche, dann hängt da oft noch ein Sparklubkasten. Ich weiß natürlich nicht, ob die noch aktiv sind oder da nur hängen oder so. Dann bin ich oft im Sauerland und in Ostwestfalen unterwegs, da ist es auch ein Brauch, der nach wie vor vollkommen existiert und im Ruhrgebiet sowieso. Da wird vielleicht nicht mehr so eine richtige Sparklubauszahlungen dann gemacht mit einem Fest, sondern das funktioniert dann so ein bisschen anders. Aber für uns war das also, das war richtig klasse. Also, die Leute sind, wie gesagt, sehr regelmäßig gekommen, haben ihr Kleingeld dann da reingesteckt, man hat dann immer einmal in der Woche geleert, hat dann ja diese Kästchen gehabt, jedes Kästchen hatte so eine Nummer, dann hat man so Tütchen von der Sparkasse bekommen, hat dann die Nummern da eingetragen, hat dann die ganzen Tütchen einfach zur Sparkasse gebracht und die haben dann tatsächlich einzeln gebucht. Ich weiß gar nicht, ob das heute alles noch genauso ist, aber so war das damals bei uns. Dann hatten sich manche wirklich richtig passabel was angespart, also teilweise sogar einen Jahresurlaub. Die Sparklubauszahlung, die war dann im Januar und dann hat halt jeder sein Erspartes über die zwölf Monate bekommen. Wir haben dann ein Buffet und alles mögliche sozusagen kostenlos zur Verfügung gestellt, und die Getränke mussten eben bezahlt werden, und das waren immer wirklich tolle tolle Feste.

Christian Schwarz: Grandios! Also aus Würzburg kenne ich das jetzt gar nicht, aber es ist echt eine coole Geschichte.

Markus: Aus Bamberg direkt kenne ich es auch nicht. Ich weiß auch, dass diese Kästen, wenn man so durch’s Land fährt, überall so ein bisschen rumhängen, aber so wirklich in Action habe ich es zum ersten Mal auch gesehen, als wir da im Sauerland waren und das ein oder andere Lokal besucht haben, wo man auch wirklich gesehen hat, dass da was drin steckt, und dass Leute sich damit beschäftigen.

Holger: Kleingeld ist ja gar kein Problem, das hast du dann so durch durch den Schlitz geschoben, aber an so einem richtigen Sparklubkasten ist dann immer noch so ein Schieber, so ein flacher Schieber, der dann sozusagen dafür sorgt, dass die gefalteten Scheine auch wirklich komplett durch den Schlitz gehen, also großartig ist das!

Christian Schwarz: Muss man fast bei Ebay schauen, ob es so Dinger noch gibt, könnte man sich auch in die Wohnung hängen.

Markus: Muss ein Wahnsinnsvertrauen auch zu dem Wirt gewesen sein, oder? Der hätte sich ja sonst am Ende des Jahres ganz schön bereichern können.

 

Der Wirt als Seelsorger

Holger: Ich denke, es macht wirklich meine Verbindungen zum Thema Bier auch aus und überhaupt zu Gastronomie auch, das war richtig schön. Also ich würde jetzt behaupten, meine Mutter, die kannte bei uns im Stadtteil, also hab ich ja gesagt, Rückseite Duisburger Hauptbahnhof ist dann der Stadtteil Neudorf, jedes Eheproblem, jedes! Also wirklich jedes! Und war verschwiegen wie ein Grab, und da sind die Frauen gekommen und haben sich ausgeheult, und die Männer gekommen, haben sich ausgeheult, und es war quasi die Mutter der Nation, und das hat alles zu dieser Bierkultur dazu gehört. Es war ein – heute würde man sagen „Come Together“. Und damals war das einfach eine schöne Kneipengemütlichkeit, eine Begegnung also, wo man lieber einer Kneipe saß, als irgendwo vor dem Fernsehen, oder vor einem Handy oder von einem PC, sondern man hat sich echt noch was zu sagen gehabt.

Christian Schwarz: Das ist es ja auch das, was man wirklich sagen kann, dass früher oder auch heute noch… Ein guter Wirt ist ja auch von Freund, Seelsorger bis zu Therapeut alles in einer Person vermutlich. Beichtvater, wie man es nennen will, und da bricht ja im Moment auch grad echt eine ganze Kultur weg, das ist ja erschreckend in den letzten Wochen.

 

Corona und die Gastronomie

Holger: Ja, also auch das, was wir jetzt erleben mit den Beschränkungen der Begegnung, das weiß ich gar nicht, was das ausmacht. Also für die Gastronomie kann es schwierig werden. Es kann einmal so sein, dass wir nie wieder so richtig dahin zurückkehren und man immer mehr auch auf Distanz bleibt und das auch hält, weil wir wissen jetzt alle ganz genau, was anderthalb Meter sind. Also das lernen ja gerade alle oder es kann auch so sein, hoffentlich, dass alle eben auch wieder ein Bedürfnis danach haben, dann so ein „Jetzt erst recht“ entsteht. Ich weiß es nicht, wie es sich entwickeln wird.

Markus: Ja, ist grad echte krasse Situation. Wir zeichnen ja an dem Tag auf, wo am Tag davor die Verlängerung der Maßnahme wieder angekündigt worden ist, und viele Wirte hatten, glaube ich, ganz große Hoffnungen darauf, dass sie irgendwie noch in Sommergeschäft hinbekommen, dass sie bei den großen Bierfesten und Volksfesten und sowas richtig viel verkaufen können, und das ist ja seit gestern klar, dass das nicht sein wird, und ich glaube jetzt ist auch in der Gastronomie endgültig das angekommen, und es wird bei sehr vielen ein großes Fragezeichen dahinter machen, ob sie wieder aufmachen, wie sie wieder aufmachen, und vor allem wenn man davon ausgeht, dass ja, auch wenn die wieder aufmachen dürfen, sehr viel weniger Menschen gleichzeitig im Lokal sein dürfen, wird der Umsatz auf jeden Fall drastisch sinken, und das macht es sicherlich schwierig, eine Gaststätte so nach dem alten Modell in Zukunft zu betreiben.

Christian Schwarz: Ein einziger Lichtblick ist, glaube ich, im Moment noch für Brauer, die regional durchaus noch eine Chance haben, was zu reißen, wenn sie Ideen haben. Ich weiß, ein bei uns ganz bekannter Mensch, der Ulrich Martin, der euch sicherlich was sagen wird mit dem wunderbaren Spezial, unter anderem bei seinen Bieren, der ja wirklich wie ein Weltmeister jetzt noch Abholungen möglich macht und hin und her, der aber zum Beispiel ein Problem mit Hamsterkäufen hat, weil neben Toilettenpapier außerdem auch Bierkisten gehamstert werden, und der einfach jetzt das Problem hat, dass da nicht genug Leergut zurück kommt.

Markus: Es gibt einige Brauereien, die jetzt zum Beispiel sagen: Mir läuft das Bier ab, aber bevor ich das verschenke oder vielleicht zu einer Brennerei gibt, dass sie daraus irgendwie Bierbrand macht, schütte ich es lieber weg, weil ich das Leergut brauche, und das ist schon krass, als dass mittlerweile die leere Flasche mehr wert ist als die volle. Das ist schon echt bedenklich, aber gut, wir werden sehen. Vielleicht kriegen wir ein positives Schlusswort hin. Also, worauf freust du dich denn, Blacky, wenn du endlich wieder weggehen darfst?

Christian Schwarz: Ich freue mich einfach drauf, mal wieder mit Leuten zusammen irgendwie zu sitzen, ich erlebte das im Moment ganz stark, ich bin so ein bisschen sportlich aktiv geworden, weil mir sonst die Decke auf den Kopf fällt, bin viel am Spazierengehen, Herumwandern und denk mir dann ganz oft hier bei uns in der Region: Wie schön wäre es jetzt, einfach in einen Biergarten zu gehen, dann steht bei mir im Regal auch noch der von dir verhasste Biergartenführer, das heißt, ich hätte auch noch immer die besten Ideen, was ich tun könnte, nur leider ist es alles zu. Und sobald das wieder geht, sitze ich im Biergarten und sorge für Umsatz, damit die Gastronomie sich erholt. Da tue ich, was ich kann, verspreche ich jetzt schon.

Markus: Ja Holger, da bist du bestimmt dabei, oder?

Holger: Unbedingt! Also das ist auch das, was mir total abgeht. Wir haben ja gerade ein unglaubliches Wetter. Hier in München nicht dann den Biergarten zu nutzen, ist eine Quälerei. Also das ist einfach, das geht überhaupt nicht! Das mache ich sofort, also sofort bin im Biergarten.

Markus: Okay, dann machen wir doch aus, sobald es wieder geht, treffen wir uns mal im Biergarten, hören uns vielleicht noch mal diese schöne Podcastfolge an und trinken eins zusammen.

Holger: Wunderbar!

Christian Schwarz: Perfekt, bin ich sofort dabei!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

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