BierTalk 47 – Interview mit Ulrike Genz von Schneeeule aus Berlin

Lange Zeit galten Frauen in der Brauerszene eher als exotische Randerscheinung, doch das hat sich relativiert. Gerade bei den historischen Bierstilen sind es Damen, die den vergessenen edlen Tropfen wieder neues Leben einhauchen. Eine der Protagonistinnen dieser Idee ist Ulrike Genz, die als „Schneeeule“ erst die ursprüngliche Berliner Weisse wiedergeboren und mittlerweile zusätzlich eine ganze Palette spannender Spielereien damit vor gestellt hat. Dieser Bierstil gehört zu den vielfältigsten, die die deutsche Bierwelt zu bieten hat, nicht zuletzt, weil ein geheimnisumwobener Cocktail aus Mikroorganismen für die ganz besondere Aromatik sorgt. Im BierTalk verkostet Ulrike sechs Köstlichkeiten aus ihrem Portfolie mit Markus und Holger – und gibt viele interessante Einblicke in das Leben einer Berliner Schneeeule…

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Holger: Herzlich willkommen zum 47. BierTalk! Wir gehen wieder in die Hauptstadt nach Berlin. So kurz vor Weihnachten immer was Besonderes natürlich. Am Mikrofon ist der Holger und der …

Markus: Markus.

Holger: Wer die Berliner Weisse, und zwar die echte Berliner Weisse, so richtig schätzt, freut sich jetzt mit uns zusammen auf Ulrike Genz. Ulrike, guten Abend und herzlichen Dank, dass du für uns Zeit findest!

Ulrike Genz: Hallo! Vielen Dank, dass ich dabei sein darf.

Holger: Wenn du einfach mal was zu dir sagst und dich kurz vorstellst, damit die Hörer, die dich noch nicht kennen, ganz genau wissen, wer du erst mal bist und alles weitere kommt dann.

Ulrike Genz: Mein Name ist Ulrike Genz. Ich betreibe seit vier Jahren ungefähr die Brauerei Schneeeule. Die macht ausschließlich saure, wilde Biere, und vor allen Dingen Berliner Weisse. Das ist auf jeden Fall mein Lieblingsbierstil. Und ich bin der Meinung, der muss auch so, wie er mal, auch erhalten bleiben.

Holger: Du lebst in Berlin und hast da sogar einen tollen Biersalon für die Berliner Bierkultur, oder?

Ulrike Genz: Jetzt ganz neu in Corona-Zeiten aufgemacht. Sehr verrückt natürlich, aber ja, es gibt einen kleinen Showroom sozusagen für die Schneeeule, in dem man alle Biere kriegt und auch spezielle Biere und alte Biere natürlich. Weil das ist ja die Spezialität von Berliner Weisse, dass man die auch gut mal hinlegen kann und nicht ganz frisch trinken muss.

Holger: Also richtig gereifte Biere. Und du bietest ja auch Bierspezialitäten aus Franken.

Ulrike Genz: Das kommt daher, da mein Mann auch Franke ist und ich, na ja, Wahlfranke würde ich nicht sagen, aber halt ein Franken-Freund bin, mussten wir das natürlich machen.

Holger: Markus, also damit ist klar, du hast mindestens eine Freundin in Berlin.

Markus: Auf jeden Fall!

Ulrike Genz: In Berlin.

Markus: Wenn ich jetzt sehr auf die Kacke hauen wollen würde, würde ich sagen, es sind schon ein paar mehr, aber die Ulrike ist auf jeden Fall die, die mir am meisten ans Herz gewachsen ist. Wir können uns jetzt auch schon lange und ich begleite sie auch schon lange und finde das total spannend, was sie auf die Beine stellt, wie sie es auf die Beine stellt, wie sie es konsequent weiterentwickelt. Und natürlich, dass sie auch regelmäßig bei mir in Bamberg Station macht und wir dann mal so ein bisschen austauschen aus meinem Bierkeller und das, was sie so dabeihat und sie mich eben immer schön mit ihren Spezialitäten versorgt. Also insofern freue ich mich riesig. Und wir haben auch schon mal gemeinsam Fässer durch Berlin mit dem Auto transportiert. Das war auch sehr lustig. Also insofern immer witzig, wenn wir uns treffen.

Ulrike Genz: Das stimmt.

Holger: Das kenne ich auch, wenn man dann Beifahrer ist und der MX5 irgendwie zu klein ist und du hast dann noch vier Fässer auf dem Schoß. Aber wir haben heute viel vor, ein großes Bierpaket steht vor uns. Da dürfen wir vielleicht auch schon verraten, dass das jetzt noch zur Weihnachtszeit auch bestellt werden kann. Und wir schenken dann ein Online-Tasting dazu.

Ulrike Genz: Für alle, die betreutes Trinken wollen, können sie kriegen, von der besten Sorte.

Holger: Da ist das dann einfach so, dass man auf deine Seite geht und das Bierpaket bestellt.

Ulrike Genz: Genau!

Holger: Heißt dann auch BierTalk Paket. Ein ganz genauer Termin steht noch nicht fest, aber das werden wir noch auf die Reihe bekommen, dass wir dann, sage ich mal, so im frühen Februar, Mitte Februar, ein schönes Online-Tasting dazu kombinieren, so würde ich sagen. Jetzt lass uns doch mal eine gewisse Reihenfolge festlegen, weil aus der Erfahrung heraus, wenn man jetzt mehr als drei Biere hat, dann müssen wir einen Plan haben.

Ulrike Genz: Ich würde auf jeden Fall das saure und scharfe heute irgendwie an den Schluss setzen.

Holger: Hot Irmi kommt an den Schluss.

Ulrike Genz: Ja, weil danach ist man meistens so begeistert, dass man gar nichts mehr anderes schmeckt.

Markus: Es ist einfach sehr geil.

Ulrike Genz: Ja, sowieso!

Holger: Wir werden auf jeden Fall sensibel darauf reagieren, aber wahrscheinlich auch noch was schmecken. Dann sind wir doch entweder bei der Marlene oder bei der Yasmin so zum Start.

Ulrike Genz: Marlene ist immer schön mit anfangen, weil dann weiß man, warum man das will. Das ist immer so ein guter Auftakt. Viele kennen Berliner Weisse noch nicht so gut und da wissen sie erst mal: Aha, okay! Das soll jetzt also Berliner Weisse sein, so wie ich Ulrike Genz, Schneeeule das meint.

Markus: Na dann! Auf, auf!

Holger: Das wird doch jetzt ein BierTalk, der mir gefällt. Auf, auf! Genau! Richtiges Stichwort, Markus. Wir machen jetzt die Flaschen auf. Zack!

Markus: Yo!

Holger: Und dann rein damit ins Glas. Ach, wunderbar! Endlich kann ich mal von Anfang an alles genießen, was auf dem Tisch steht. Ulrike, Prost!

Ulrike Genz: Muss ich mal gucken. Moment! Irgendwo habe ich doch, wo habe ich sie denn hingestellt. Hier sind sie. Genau!

Markus: Hast du dein Bier vergessen?

Ulrike Genz: Ja, tatsächlich!

Markus: Nein! Also sowas.

Ulrike Genz: Na ja! Es steht noch draußen, weil hier drin ist es ja eher wärmer.

Markus: Solange können ja wir schon uns ein bisschen damit beschäftigen.

Ulrike Genz: Richtig!

Markus: Holger, was sagst du denn? Wie gefällt‘s dir denn von der Farbe her?

Holger: Ich kenne natürlich nicht alle Schneeeulen, die jetzt hier vor mir stehen, aber die Marlene kenne ich schon ganz lang und ist mein absolutes Aperitif-Bier ganz häufig. Mehr im Sommer, aber ich habe mich da jetzt richtig drauf gefreut. Und das Tolle ist, meine liebe Frau Claudia, die hat dann gestern noch gesagt: Mensch, Holger! Was machen wir eigentlich morgen Abend? Und dann sage ich: Ich kann eigentlich nicht, ich habe einen BierTalk. Und dann sagt sie: Ach, Mist! Dann sage ich: Ja, aber eigentlich auch wieder gut, weil wir verkosten die Schneeeule. Und wenn wir fertig sind, dann trinken wir alles aus. Sagt die Claudia: Oh, Schneeeule, super! Da freue ich mich schon drauf. Das ist doch gut, oder nicht?

Ulrike Genz: Super! Absolut!

Markus: Du bist ja auch ein netter Mann. Ich muss sagen, ich lasse hier nichts übrig.

Holger: Nein, nein, ich lass ihr auf jeden Fall was über. Ich bin auf jeden Fall ein netter Mann. Jetzt hast du dein Bier im Glas, oder?

Ulrike Genz: Yo!

Holger: Wunderbar! Du bist ja eine Diplom-Brauerin und hast dich dann irgendwann entschieden, die Berliner Weisse so richtig wieder zu beleben, und zwar so, wie sie früher war. Und vorm Ersten Weltkrieg war das ja das Getränk in Berlin. Jetzt erzähl doch mal, wie kommt jetzt eine Frau wie du erst mal zum Brauen, Diplom-Brauerin und wie kommt man dann dazu, aus irgendwelchen alten Flaschen irgendwelche Hefen zusammenzukratzen, um geile Berliner Weisse zu machen?

Ulrike Genz: Eigentlich bin ich so wie die Jungfrau zum Kind gekommen, zum Brauwesen, und sowie auch zur Berliner Weissen. Ich habe Biotechnologie studiert, habe noch nie vorher gebraut gehabt und dachte so: Hm! Was willst du denn da jetzt vertiefen? Und da gab’s an der TU medizinische Biotechnologie, allgemeine Biotechnologie und Brauwesen. Da habe ich mir das alles mal genau angeguckt und dachte so: Medizinische Biotechnologie, dann endest du am Ende bei der Pharmaindustrie. Eigentlich findest du das nicht so toll. Allgemeine Biotechnologie wäre auch interessant gewesen, war mir allerdings zu allgemein. Und Brauwesen hat mich im Prinzip deshalb interessiert, weil ich schon immer gerne Bier getrunken habe. Und weil ich gesehen habe: Hey! Das ist ja jetzt nicht nur Mikrobiologie, es ist keine Gentechnik, es ist auch Maschinenbau und Brautechnologie und Qualitätsmanagement. Also das ist ein bisschen so ein Tausendsassa-Studiengang, von jedem ein bisschen was. Da habe ich mich dafür entschieden. Weil es halt auch so ein bisschen bodenständig ist und das mir interessant vorkam. Da habe ich lange Zeit eigentlich nicht so ganz gewusst, was mache ich denn jetzt damit? Weil es war natürlich hauptsächlich Industriebrauerei, was man dort gelernt kriegt. Und die Craftbier-Brauerei war noch gar nicht irgendwie up to date. Ich wusste zwar, dass man auch zu Hause brauen kann, hatte es aber noch nicht gemacht. Das kam dann erst, als ich das erste Mal richtig hopfige Biere mal probiert hatte, weil es die noch nicht in Deutschland zu kaufen gab. Berliner Weisse kannte ich eigentlich auch nur von Kindl. Und eines Tages hat der Braumeister vom VLB ein Fass Berliner Weisse mal auf ein Fest mitgebracht. Ich habe das probiert und fand das eigentlich total gut. Ich hatte das so nicht erwartet. Wie manche, viele Leute eigentlich auch auf meine Biere reagieren, sagen: Ach so ist Berliner Weisse? Das kenne ich so nicht. Auch wenn heutzutage öfter mal saure Biere in Brauereien stehen, eigentlich fast in jeder kleinen Craft-Brauerei, die müssen irgendwelche sauren Sachen haben, meistens irgendwelche Fruchtkettesäuren, irgendwas Biere. Trotzdem kennen sie oft so eine Berliner Weisse mit Brettanomyces und so eigentlich nicht. So habe ich eigentlich auch sehr positiv darauf reagiert, auf dieses Bier, und wollte das eigentlich gerne haben, weil es war nicht so stark, es war säuerlich, es war interessant. Aber woher kriegen? Der Braumeister vom VLB, der verkauft das natürlich nicht, der macht das nur mal aus Spaß für sich selber. Ansonsten hat es keiner mehr gebraut. Und Kindl habe ich dann probiert, fand ich dann nicht so toll. Also was machst du als Braustudent? Man fängt an, das selber zu entwickeln und selber zu brauen. Das war ein langer Weg, weil ich mir alles irgendwie selbst anlesen und aneignen musste und heranziehen, also: Woher kriegt man Lactobacillus? Woher kriegt man Brettanomyces? Wie füttert man die, wie zieht man die hoch? Eigentlich habe ich immer nur Papers gefunden, wo drinstand, wie ich die wieder loswerde, aber nie, wie ich die eigentlich kultiviere. Und so hat das aber ein bisschen gedauert, und dann habe ich ganz brauchbare Getränke fabriziert. Und hatte die dann meinem Bier-Dealer des Vertrauens mal vorgestellt vor lauter Stolz, dem Ludger vom Hopfen & Malz. Und der hat gesagt: Ja hier, musst du mehr machen. Ich habe einige Leute, denen ich das verkaufen kann. Und dann nahm das so seinen Anfang.

Holger: Die Marlene, war das dann dein erstes oder kann man das so nicht sagen?

Ulrike Genz: Na ja! Man fängt erst mal auch mit einem Grundbier an natürlich. Bevor man da irgendwelche Sachen reinmischt, muss man ja erst mal wissen: Was willst du eigentlich? Wie soll das Bier denn sein? Dann war im Prinzip Marlene, klar, mein erstes Bier. Natürlich hieß das damals noch nicht Marlene, sondern Berliner Weisse von Ulrike. Weil das kam ja dann erst mit der Schneeeule auf. Da war ich ja noch nicht Schneeeule, da war ich ja noch Ulrike.

Markus: Von der VLB, das war der Kurt Marshall, oder?

Ulrike Genz: Genau! Das war und ist er immer noch nämlich.

Markus: Der hat ja früher auch immer diese großen Flaschen Berliner Weisse gemacht, die man dann so unter der Hand irgendwie mal bekommen hat. Und wenn man dann welche bekommen hat, war man ganz froh. Und der hat sich da wirklich sehr intensiv damit beschäftigt, fand ich total spannend. Was man vielleicht auch noch dazu sagen muss, was du ja auch noch machst, ist ja so, dass die klassischen Weisse-Brauer auch gesagt haben, so ähnlich wie in Belgien die Geuze-Brauer, sie machen die Bierwürze gar nicht selber, sondern holen die sich bei einer Brauerei und veredeln die sozusagen dann mit ihrer Berliner-Weissen-Kunst. Das war bei dir am Anfang sicherlich auch schon so, oder?

Ulrike Genz: Das musste sich auch alles erst mal entwickeln. Das ist ja winzig, wie ich angefangen habe. Ich habe dann, weil ich ja nicht wusste, hm, wie machst du das, irgendwo Kuckucks-Brauen, wie es da jetzt und auch damals schon so ein bisschen angelaufen ist, das geht ja gar nicht. Weil alle sagen so: Wat willst du? Brettanomyces, Lactobacillus? Na, geh mal weg! Und da brauchte ich irgendwas, um Würze herzustellen. Erst mal wusste ich ja auch noch gar nicht, was machen wir denn so. Hm! Da habe ich Herrn Bogk angequatscht. Der Herr Bogk, der hatte ja damals 2013 eine Crowdfunding-Aktion gemacht für Berliner Weisse. Also hat im Prinzip mit einer Berliner Weissen, mit seiner Berliner Weissen, die er da selber gebraut hat, hat er Crowdfunding-Geld eingesammelt und hatte damit echt viel Erfolg. Also viel mehr Erfolg, als er sich gedacht hatte. Und hatte sich davon eine 50 Liter Hobbybrauer-Anlage gekauft. Hat dann damals, seine ganzen Crowdfunding-Leute da gebraut. Und dann stand sie im Keller rum, weil er aus seiner alten Location rausgeflogen ist. Er hatte aber schon mit dem Organisator des alten Willner-Brauerei-Geländes abgemacht, dass er da einen kleinen Raum sich aufarbeiten darf, also hinterm Sudhaus 14 Quadratmeter. Als wir angefangen hatten, hatte das noch ein Fenster nach draußen. Als wir fertig waren, war das Fenster verschlossen, weil da war dann eine Tischlerei davor. Aber wir hatten es dann gefliest und Wasser und Strom dahingelegt und konnten dann da brauen. Und da haben wir auf 50 Liter und 100 Liter Plastik Containern die erste Weisse für den Berliner Weisse Gipfel gebraut. Der war im März 2016. Da haben wir unser erstes Bier und auch die Schneeeule das erste Mal vorgestellt mit auf 50 Liter Hobbybrau-Anlage gebrauter Berliner Weissen.

Markus: Das war auch eine sehr spannende Location. Also das war praktisch dieser Innenhof von der alten Willner Brauerei. Da war dann ein Biergarten drin, so richtig Urban Style, wie man sich Berlin eben so um die Zeit vorgestellt hat, sehr rudimentär, sagen wir mal so. Und da eben dann um die Ecke ging’s dann rein in diesen Raum, wo die Berliner Weisse Brauerei war. Im Sommer hat man dann draußen auch mal ein Bierchen trinken können, so ein bisschen under-cover-mäßig. Und das war schon echt superspannend und wirklich so sehr auch Berlin Style, finde ich, wie das damals angefangen hat.

Ulrike Genz: Berlin Style ist ja mehr so rumpelige Location mit abgefallenem Putz an der Wand und irgendwie zusammengeklauten Stühlen und Tischen und olle Sofas, die einer loswerden wollte. Und so sah das auch aus. Also da im Sudhaus, da hat eine Künstlergruppe Lesung gemacht und so Gedichte und Geschichten und so. Die hat da getagt und hat das so ein bisschen als eine Art Bar benutzt. Und da im Hinterzimmer hatten wir dann am Ende diese kleine Brauerei. Und unter der Bühne war sozusagen unser Lagerplatz. Ja, das war sehr abenteuerlich. Auf jeden Fall!

Holger: Wir können ja noch mal sozusagen ins Berlin der 20er Jahre zurückkehren. Wahrscheinlich hat ja Marlene was mit Marlene zu tun. Auf jeden Fall, wenn ich jetzt mir die Farbe anschaue, dieses Strohblonde passt ja zu der Frau, die man so kennt.

Ulrike Genz: Stimmt! Das mit der Farbe ist mir noch gar nicht aufgefallen. Siehst du!

Holger: Wir sind ja sowieso den Hörern auch noch schuldig, einfach das Bier auch noch so ein bisschen zu beschreiben. Ich habe ja gerade schon gesagt, so strohgelb und naturtrüb. Was mir so entgegenspringt, ist so eine schöne Holundernote.

Ulrike Genz: Holunder.

Holger: So richtig schön erfrischend, fruchtig und so angenehm säuerlich spritzig. Und deshalb habe ich auch vorhin gesagt, das ist für mich ein ganz tolles Aperitif-Bier. Und hat auch noch nicht ganz so viel Alkohol wie jetzt andere Biere, mit denen wir manchmal hier starten, nur 3,5 % Alkohol. Also ich finde, das ist ideal. Was sagst du denn, Markus?

Markus: Ein wunderbares Bier. Ich mag das total gerne. Und auch gerade so als Aperitif, als habe auch nächste Woche zum Beispiel ein Online-Tasting, wo ich die Marlene als Aperitif gesetzt habe oder auch ganz bewusst in Präsenzveranstaltungen, weil das so ein Augenöffner ist. Also den Leuten einfach zu zeigen, was Bier alles sein kann, was für faszinierende Eigenschaften da auch drinstecken und wie harmonisch und schön rund auch so ein eher säuerliches Bier sein kann. Holunder habe ich auch und so ein bisschen Apfel, Apfelmost, ein bisschen Birne vielleicht auch. Also ein sehr komplexes Bier in seiner Aromatik. Und von der Säure eben sehr ausgewogen, und aber auch nicht so platt. Also du hast ja gerade gesagt, Ulrike, es gibt ja noch die kommerziellen Berliner Kindl Weissen zum Beispiel, die werden ja eigentlich mehr oder weniger nur hergestellt, damit man sie dann mit den Sirups mischt, also zu einer Roten oder zu einer Grünen Weissen zu machen. Und da kippe ich dann eben diesen Zuckersirup rein und dadurch neutralisiere ich die Säure und brauche sie andererseits auch wieder in dem Bier, damit das überhaupt funktioniert. Und das ist gar nicht dafür gemacht, solo getrunken zu werden. Und wird auch nur noch mit Milchsäure hergestellt und eben gar nicht mehr mit diesem spannenden Cocktail, der eben in der Berliner Weissen eigentlich früher immer drin war, und jetzt dank dir auch wieder drin ist. Das finde ich, hinterlässt eben in dem Bier auch seine Spuren in ganz, ganz viele verschiedene Ecken und Richtungen. Und bei der Marlene eben sehr, sehr geschmeidig, auch ein schönes Einsteiger Berliner Weisse Bier und auch eins, was man schön aufheben kann. Also wenn das dann älter wird und reift, dann wird es natürlich immer spannender. Lasst uns das nächste Bier probieren, oder Holger, was meinst du?

Holger: Du hast vollkommen recht, wir müssen das nächste Bier entern. Ulrike, jetzt kommst du wieder ins Spiel. Was sollen wir nehmen?

Ulrike Genz: Yasmin, würde ich sagen.

Holger: Nehmen wir Yasmin. Sehr gut!

Ulrike Genz: Fangen wir mit den Blümchen an.

Markus: Oh ja!

Ulrike Genz: Ich bin ja eine Blümchentante, mache am liebsten Blümchen in mein Bier, weil Früchte kann ja jeder.

Markus: Kein Blümchensex, sondern Blümchenbier sozusagen.

Ulrike Genz: Genau! Und auch kein Blümchenkaffee.

Markus: So, jetzt haben wir aber alles Klischees abgefrühstückt, und trotzdem nur bei 3,5 %, liebe Leute.

Ulrike Genz: Ja, klar! Das ist ja das Schöne. Man kann davon auch mehrere trinken, auch am Morgen. Okay, eigentlich ist meine Berliner Weisse schon relativ stark mit den 3,5 %. Wenn man sich jetzt so historische Flaschen mal vornimmt, da haben die meistens nur so 2 %.

Holger: Da hast du ja dann richtig reingehauen. Ich meine, von 2 auf 3, …

Ulrike Genz: Aber ja!

Holger: … das ist ja der Wahnsinn.

U: Es ist natürlich so heutzutage, die meisten Leute kaufen, wenn sie Bier kaufen oder überhaupt Getränke mit Alkohol, kaufen sie am liebsten den Alkohol, also sprich, das Verhältnis zwischen Geld und Alkohol muss stimmen. Und da ist mein Bier immer so ein bisschen im Hintertreffen, weil das ja an sich nicht so stark ist und trotzdem ganz schön teuer. Und wenn das jetzt noch dünner wäre, hatte ich befürchtet, dass es am Ende nicht mehr schmeckt. Vielleicht muss ich mal eine Diät Weisse machen. Obwohl Diät darf man nicht sagen. Mal so eine dünne, weil ich bin mir auch sicher, dass sie auch mit 2 % noch gut schmecken kann.

Markus: Ist auch die Frage, ob das jemals so ganz genau gemessen worden ist. Und überhaupt, es ist ja auch ein Bier, was lebt, also was sich ja noch entwickelt und wo der Alkoholgehalt ja auch nicht unbedingt in Stein gemeißelt ist.

Ulrike Genz: Im Prinzip ja. Ich glaube auch, genau aus diesem Grund haben sie das früher dann ein bisschen dünner gemacht, gerade weil es sich da halt noch weiterentwickelt hat. Dann haben sie da vielleicht ein bisschen zu viel noch Restextrakt drin gehabt und dann hat es sich so extrem entwickelt, dass dann die Flaschen geborsten sind oder so. Irgendwann mal gab‘s ein Jahr, weiß ich gar nicht mehr, welches Jahr das war, das war aber legendär für seine Atom Weisse. Da hatten sie irgendwas umgestellt, glaube ich, und da sind die ganzen Flaschen hochgegangen und haben sich dann so hübsche Schaum- und Bierpilze über der Flasche gebildet. Kann sein, dass sie deshalb ein bisschen vorsichtiger waren, oder dass es auch historisch möglichst dünn war, weil die Leute haben es ja statt Wasser getrunken. Natürlich wollte der Brauer auch möglichst viel Bier ausholen aus seinem Sud.

Holger: Ich habe jetzt nicht so eine ganz vorrangig so eine Yasmin-Thematik, wie ich jetzt bei einem Yasmin-Tee bei einem Chinesen oder so habe. Schon so eine blumige Note, so eine Hopfennote, ist ein bisschen deutlicher als bei der Marlene.

Ulrike Genz: Ich finde, Yasmin, es schmeckt eher so ein bisschen süßlicher, weil man mit Blüten eher sowas Süßliches verbindet. Interessant, dass du das als Hopfennote bezeichnest.

Holger: Nicht so plump bitter, sondern wenn ich jetzt mit Aromahopfen arbeite, dann ist es oft so, dass es dann von den Bittereinheiten vielleicht schon auch deutlich ist, aber diese Fruchtigkeit, die man auch in der Nase hat und so, die bindet die Bittere so ein. Ich glaube, das ist das, was mich so daran erinnert. Also ich denke da jetzt nicht an Hallertauer Mittelfrüh, sondern dann schon an so Flavour Hopfen.

Ulrike Genz: Die haben ja auch so Blümchennoten. Das stimmt.

Holger: Ja genau!

Markus: Ich finde auch, es hat mehr Säure, also für mich jedenfalls. Es ist intensiver von der Säurenote und das macht das auch spannend. Also ist ein bisschen länger irgendwie, bleibt auch länger im Mund, dann kommt für mich so dieses Florale, das blüht dann so richtig auf.

Ulrike Genz: Mhm (bejahend). Ja.

Markus: Warum heißt das Ganze eigentlich Schneeeule? Jetzt reden wir da die ganze Zeit drüber, du hast ja jetzt nicht unbedingt Flügel und schaust eigentlich normalerweise auch nicht aus wie eine Eule. Wie kommst du denn auf so einen Namen?

Ulrike Genz: Erstmal war es eine Schnapsidee. So, ah, wie nennen wir das Ding? Ah, guck mal, geil, neue Rechtschreibung, drei E in der Mitte. Super! Das sieht gut aus. Und dann ist das tatsächlich aber so eine künstlerische Entscheidung, wo man dann hinterher merkt: Ey! Eigentlich passt es wie Arsch auf Eimer, weil es gibt eigentlich einige Begründungen mehr für die Schneeeule. Als erstes ist natürlich die Eule als Vogel fast ausgestorben, weil der Lebensraum fehlte oder fehlt oder immer kleiner wird. Das war ja Berliner Weisse auch fast, ausgestorben. Dann ist der Vogel auf dem Etikett eigentlich auch so ein bisschen, wie ich mir das Bier eigentlich vorstelle. Die Flügel sollen den Schaum symbolisieren und nur das Gelbe in den Augen ist das Bier. Weil a) ist es gelb und b) ist es nicht so stark. Dann ist es natürlich auch ein bisschen Zusammensammeln und Bewahren von altem Wissen, was ich damit betreibe. Meine Oma hat gesagt: Wat den een sien Uhl, is den annern sien Nachtigall. Was so viel heißt wie: Na ja! Es schmeckt halt auch nicht jedem. Mir ist jetzt auch aufgefallen, wenn man nach dem E die 3 Buchstaben sieht, dann ist das fast mein Vorname, Ulli. Und so gibt’s immer wieder ein paar Ansätze, das auch ein bisschen zu erklären und zu sagen, warum das jetzt Schneeeule heißt.

Holger: Das hat jetzt gar nichts mit dem Bier zu tun und ich kriege auch keine Verbindung hin, aber was mich total absolut begeistert an Eulen, ich weiß gar nicht, ob ihr das wisst, die fliegen ja lautlos. Also die haben Federn, die quasi die Luft schneiden. Und dann gibt es kein Windgeräusch. Wenn eine Eule im Anflug ist auf Beute, dann hört die Beute die Eule nicht. Also ich weiß jetzt nicht, wie man das jetzt verbindet mit dem Bier. Markus, das musst du jetzt machen.

Markus: Du, überhaupt gar kein Problem, weil ich merke gerade bei mir, wie lautlos im Anflug die Lust auf das nächste Bier ist. Weil mein Glas ist nämlich leer und jetzt im Hintergrund kommt da schon die nächste Eule angeflogen und sagt: Hey! Mach mich auf!

Ulrike Genz: Hallo!

Markus: Aber jetzt müsste ich noch wissen, welche?

Ulrike Genz: Wir nehmen zwischendurch mal ein dunkles, der August‘schen Eule Bock.

Markus: Also Bock auf Bock haben wir immer. Gar kein Thema! Jetzt in der Bockbierzeit sowieso, dann gerne auch mal Bock sauer.

Ulrike Genz: Dann lass uns doch August mal aufmachen.

Holger: Nein, unbedingt! Ich glaube auch, das ist gut jetzt.

Markus: Ihr müsst euch einfach überlegen: Seit wir diesen BierTalk machen, würde ich gerne die Schneeeule Biere probieren. Das sind jetzt fast neun Monate und da hat sich ein bisschen was aufgestaut. Und jetzt stehen die alle vor mir rum und lächeln mich alle so an mit ihren Äuglein zwischen den Flügeln. Und dann will ich einfach auch.

Holger: Dann kommt der August dran, oder? Der August.

Markus: Eben!

Ulrike Genz: Machen wir mal August. Genau!

Holger: Also August.

Ulrike Genz: August, August. Während ich die Berliner Weissen eigentlich ganz gerne auch in einem großen Glas sehe, kann ich für August auch sagen, den kann man auch in so einem Teku reingießen. Weil a) ist er nicht so arg karbonisiert und b) hat er auch schöne Nase. In so diesen großen Berliner Weisse Gläsern sammelt sich ja die Nase nicht so gut.

Markus: Herrlich! Herrlich!

Ulrike Genz: Dafür sind sie ja auch gemacht.

Markus: Das muss man vielleicht den Hörern auch beschreiben. Das klassische Berliner Weisse Glas, von dem die Ulrike spricht, das ist mehr oder weniger ein Kelch. Also so ein bisschen der heilige Gral des Bieres, das ist dann das Gefäß für die Berliner Weisse, nach oben offen, wie man das eben so kennt. Hat aber eben auch den Nachteil, dass dadurch die Aromen eben relativ schnell verfliegen können. Und wenn wir jetzt so ein aromatisches Bier haben, da ist es natürlich schön, wenn man ein Glas hat, was oben ein bisschen zusammengeht, so ein bisschen Kamin hat, der die Aromen zusammenhält, dass wir die jetzt auch riechen können. Da freue ich mich jetzt schon drauf.

Holger: Dann beschreib doch mal ein Bier.

Markus: Ich? Okay! Dann fange ich da mal ein bisschen an. Es ist schon mal allein von der Farbe her natürlich sehr, sehr schön. Es ist jetzt ein Orangebraun, würde ich sagen, ein schöner Holzton fast. Auch der Schaum hat eine schöne leichte Tönung. Wenn man das Ganze im Glas hat und das Glas ein bisschen dreht, dann haftet das richtig an. Also da merken wir schon, gut, da ist jetzt ein bisschen mehr Alkohol im Spiel. Wenn man reinriecht, dann kommt auch so ein bisschen eine Holznote raus, ein Karamellton. Natürlich auch diese typischen Brettanomyces-Aromen, also ein bisschen schweißig, Pferdedecke sagt man ja auch so dazu. Wilde Aromen, dann kann man auch in die Beeren gehen, so Pflaumen Trockenpflaumen, alte Pflaume, sowas in diese Richtung. Und man merkt diese säuerlichen Noten auch, also Essig wäre jetzt das falsche Wort, aber so ein bisschen in die Richtung geht das. Probieren wir das mal. Und da haben wir jetzt ein schönes Spiel aus der Süße, die das Bier mitbringt. Dann eben so weinigen, rosinige Noten. Geht dann über in das leicht Holzige. Ist insgesamt relativ trocken und hat dann so einen Abgang wie so ein Dry Cherry. Und der bleibt dann auch relativ lang und wird immer mehr beerig, also immer mehr in dieses Weintraubige. Und bleibt ganz, ganz lange da. Ein ganz spannender Trunk. Wenn ich Zigarre rauchen würde, dann würde ich dazu wahrscheinlich eine Zigarre anstecken.

Ulrike Genz: Das Typische von diesen Brettanomyces-Bieren, dass die so lange auf der Zunge bleiben.

Markus: Ein bisschen Apfel auch für mich, also so richtig sehr reifen Apfel, lange gelagerten, auch Apfelmost, in diese Richtung. Also sehr komplexe Aromatik.

Holger: Jetzt fragt man sich natürlich so: Wer ist August? Ich kenne eigentlich nur einen, der Begründer der Borsig Werke. Ist das der August?

Ulrike Genz: Ja, das soll nach August Borsig benannt worden sein.

Holger: Echt?

Ulrike Genz: Jawoll! Ich habe dort meine Fermentationsräume und demnächst auch Brauräume.

Holger: Da ist ja so ein altes Industrieareal.

Ulrike Genz: Riesengroß.

Holger: Ich habe ja übrigens neun Jahre in Berlin gewohnt.

Ulrike Genz: Alte Gebäude.

Holger: Das muss man vielleicht erwähnen, wenn man so lange miteinander spricht, Ulli. Also neun Jahre habe ich in Berlin gewohnt.

Ulrike Genz: Wo denn?

Holger: Mittenwalder Straße, direkt an der Marheineke Markthalle.

Ulrike Genz: Aha!

Holger: Aber da war das noch nicht so hip, wie das jetzt ist. Da war das noch normal Kreuzberg, 61er Kiez.

Markus: Also 1935 oder so, ne?

Holger: So ist es, Markus. So ist es. Du hast es wieder ganz genau auf den Punkt gebracht.

Ulrike Genz: Aber viele Berliner kennen ja auch die Borsig-Werke gar nicht, auch wenn sie länger in Berlin wohnen.

Holger: Ja, ja, aber das ist ja typisch Berlin, also jeder ist in seinem Kiez. Ich habe mal eine Mitarbeiterin in Berlin gehabt, die liebe Frau Lohmann, da ging’s irgendwie um die Charité. Da hat dann irgendjemand gefragt, wo die Charité ist, und sie konnte es nicht erklären. Ich hab‘s dann erklärt und habe dann gesagt, das kann doch nicht wahr sein. Sie leben jetzt 55 Jahre in Berlin und können nicht erklären, wo die Charité ist. Und dann hat die zu mir gesagt: Wenn ich Berlin verlasse, fahre ich nach Tegel.

Markus: Ich hätte ja beim August ehrlich gesagt auf August den Starken getippt, auf den Sachsen-Herrscher.

Ulrike Genz: Ja, aber der hat ja keinen Bezug zu Berlin.

Markus: Aber für Bockbier.

Ulrike Genz: Nein, als ich das gebraut hatte und fermentiert hatte, da hatte ich mal ein Interview vom Tegler Kurier. Und der hat gesagt, ich müsste mal was machen, was ein bisschen Lokal-Bezug hat. Da dachte ich: Hm! Eigentlich ja. Und August Borsig, dadurch dass ich ja da in Borsig-Werken bin, ist ja dann so sehr lokal Tegel. Und der ist ja auch ein interessanter Typ eigentlich. Der hatte damals Maschinenbau gelernt und war dort keine besonders große Leuchte. Ist eigentlich fast durchgefallen in seiner Lehre. Und Herr Egells, nach dem die Egellsstraße, die Zufahrt zu den Borsig-Werken benannt ist, der hatte ihn dann aber aufgenommen. Und dann hatten die irgendwie die Idee zu diesem Lokomotivbau. Und damit sind die dann richtig groß geworden. Und auch das ganze Ding ist riesengroß. Das ist nicht nur das, wo da jetzt MAN und Borsig arbeitet, sondern ist ja noch ein Riesen-Einkaufszentrum, was damals noch mit dazugehörte, und ein Riesenareal noch, wo Amazon jetzt seine Lager hat. Und auf der anderen Seite habe ich jetzt so einen kleinen Keller mit den Vagabunden, das war auch alles Borsig-Werke. Und dann gibt’s ja auch noch die Wohngebiete dazu, weil der Herr Borsig, der hat nämlich für seine Arbeiter auch Wohnungen gebaut und der hat für die eine Krankenversicherung gemacht und eine Sterbeversicherung und sowas. Also der war, glaube ich, kein schlechter Chef und auch erfolgreich.

Holger: Ich denke, das war auch so die Zeit von den ganz großen Industriellen, die damals losgelegt haben.

Ulrike Genz: Ja.

Holger: So ähnlich wie Krupp auch, der ja auch sehr viel für seine Arbeiter getan hat. Und außerdem, Markus, ich meine, jetzt steht hier Marlene und August und Kennedy, und wie kommst du dann auf August den Starken? Also jetzt geht’s wieder mit dir durch…

Ulrike Genz: Na, weil es das stärkste Bier ist von Schneeeule.

Holger: Wie kommt man jetzt dazu, irgendwie aus 50 Jahre alten Berliner Weisse Flaschen sich irgendwelche alten Hefestämme zurecht zu kratzen und die versuchen wieder zu beleben? Erzähl doch mal, wie war das?

Ulrike Genz: Das ist ja erst mal nicht hundertprozentig als erstes meine Idee gewesen, sondern die von Herrn Bogk. Der hat sich damals im Internet so eine Flasche ersteigert und hat das dann ins Labor gebracht, weil er gelesen hat, dass die Hefen da noch so lange überleben. Und hat das dann da sich wieder lebendig machen lassen, also isolieren und wachsen und so. Als er mir die in die Hand gedrückt hat, waren die allerdings auch schon leicht ein Malat, weil er die schon im Kühlschrank in so einem kleinen Röhrchen gehalten hatte. Aber sind gut wieder angewachsen. Nach seinem Vorbild habe ich das dann im Prinzip auch gemacht. Ich habe zwischendurch noch eine Studienarbeit für Herrn Lemke gemacht über Berliner Weisse. Der hatte das Glück, jemanden zu kennen, der die Kulturen noch in seinem Kühlschrank hatte, weil das war früher der Brauchef oder der Laborchef vom VLB. Die hatten ja damals auch eine Brauerei. Und der hat die auch so ein bisschen erhalten, diese alten Stämme. Und da hatte ich auch die Möglichkeit, mal auch andere zu probieren. Das war auch sehr interessant. Dann habe ich Brettanomyces aus jüngeren Bieren gefunden. Die hatte mir der Braumeister vom Bayerischen Bahnhof mal in die Hand gedrückt, mit den Kulturen vom Bogk. Und diese vom Bayerischen Bahnhof habe ich dann angefangen zu brauen. Also das waren meine ersten eigenen Berliner Weisse Kulturen.

Markus: Da haben wir ja eigentlich schon die interessanten Personen alle beieinander, finde ich. Also einmal der Andreas Bogk, der ja eigentlich aus der Computer IT Nerd-Szene kommt. Das finde ich ganz spannend. Also ich habe mit dem mal ein langes Interview geführt und da hat er mir eben erzählt, dass er eigentlich bei so einem IT-Kongress war, wo sie eigentlich versucht haben, so rum zu hacken und sich in Systeme rein zu graben. Und dann haben sie da eben gesagt: Mensch, so ein bisschen Rahmenprogramm müssen wir auch machen. Und dann war damals eben Rahmenprogramm Bierbrauen. Und über dieses Bierbrau-Rahmenprogramm kam er überhaupt erst auf den Trichter, da jetzt irgendwie Bier zu machen, und kam dann eben heim nach Berlin und hat erst mal ausprobiert ohne Ende. Und wie das bei uns Männer so ist, erst mal die Küche seiner Freundin komplett zerstört mit Bier-Equipment und den Dingen, die da so übrigbleiben, und sich dann eben so reingewurschtelt. Und ich meine, dann bist du da, die sich eben sehr intensiv um das Thema kümmert und der Oli Lemke, den wir ja auch schon im BierTalk hatten, der das ein bisschen erzählt. Und natürlich auch der Matthias Richter dann aus Leipzig, der dann in Sachen Gose da sehr viel experimentiert. Das finde ich, ist einfach spannend, wie so eine Community zu haben, die sich gegenseitig auch befruchtet und einfach schaut, wie kann man diese Mikroorganismen quasi so ein bisschen unter Kontrolle halten, austauschen, so Hefebanken haben, wo man sich auch gegenseitig unterstützt. Weil es ja auch immer gut ist, wenn die Kulturen noch irgendwo anders existieren, falls mal irgendeine über den Jordan geht. Also das ist wirklich eine ganz, ganz interessante Sache und kannte man so in Deutschland ja gar nicht. Man war ja eher auf die schöne, saubere, klare untergärige Gärung aus und alles andere war ja potenziell eher so ein Risikoherd. Und das finde ich schon toll, dass das jetzt gebrochen ist und die Leute auch wieder Spaß daran finden und du eben auch deine Biere verkaufen kannst. Das war ja auch ein Thema, dass am Anfang Leute überhaupt nicht verstanden haben, was da in ihrem Glas landet, und mit großen Augen einen erst mal angucken und fragen: Dit is Bier?

Ulrike Genz: Nach wie vor, Markus. Du glaubst es nicht.

Markus: Und das ist immer Aufklärungsarbeit, die da auch zu leisten ist. Aber das Schöne ist, man kann sich das halt auch antrinken. Also wenn man da mal so ein paar hatte, dann gewöhnen sich die Leute dran, dann finden die das auch schön und dann merken die auch, was das Besondere an so einem Getränk ist.

Holger: Und das Schöne ist ja, wir haben jetzt auch noch drei Flaschen vor uns und könnten jetzt zur nächsten übergehen.

Markus: Mhm (bejahend).

Ulrike Genz: Hm!

Holger: Da würde ich doch fast vorschlagen, also entweder Sandy oder Kennedy.

Ulrike Genz: Nach diesem starken Bier, August, das hat ja auch eigentlich eine gute Hopfennote, der Kennedy passt da ganz gut dazu.

Holger: Machen wir den auf.

Ulrike Genz: Genau!

Holger: Aber vielleicht zwischendurch, du hast ja irgendwas mit Atomflaschen, die dann explodiert sind?

Ulrike Genz: Ja.

Holger: Da vielleicht noch mal so eine Hörerquiz-Frage: Was bezeichnet man denn in der Verbindung mit Bier sozusagen als U-Boot? Das wisst ihr beiden doch bestimmt.

Ulrike Genz: Als U-Boot?

Holger: Als U-Boot, ja.

Markus: Du hast es mir schon zu oft erzählt. Ich weiß es.

Holger: Du weißt doch, was ein Pinneken ist, oder?

Ulrike Genz: Nee.

Holger: Das ist ein kleines Schnapsglas. Das ist ein Pinneken. Und ein Pinneken versenkst du einfach in ein Bierglas. Also natürlich mit Schnaps gefüllt. Und das trinkst du da.

Ulrike Genz: Ja. Kannst du bei Berliner Weisse auch machen.

Holger: Das könnte man auch machen. Und jetzt ist halt die große Frage: Was ist ein Atom-U-Boot? Also was jetzt ein U-Boot ist, ist ja klar. Und was ein Atom-U-Boot ist, das hat also jetzt nicht mit irgendwelchen Nachgärungshefen zu tun, könntest du vielleicht jetzt gerade so in die falsche Richtung denken, sondern das ist einfach umgekehrt.

Ulrike Genz: Ein Bier im Schnaps versenkt?

Holger: So ist es. Wenn man aus dem Ruhrgebiet kommt, dann kennt man solche Spielchen.

Ulrike Genz: Alter!

Holger: Jetzt haben wir Kennedy im Glas.

Markus: Jetzt wissen wir auch, warum der bayerische Horizont in der Regel nördlich des Mains aufhört.

Holger: Na ja! Jetzt beschäftigen wir uns mit dem Kennedy.

Ulrike Genz: Alles klar!

Holger: Der Kennedy ist jetzt auch ein Vorbild für dich? Also so als Thematik „Ick bin ein Berliner“? Oder wie kommst du da drauf? Weil es gibt ja noch viele andere Berliner Helden.

Ulrike Genz: Ja, das stimmt!

Holger: Willy Brandt zum Beispiel. Du könntest auch mal ein Willy-Bier machen.

Ulrike Genz: Das stimmt. Oder eigentlich muss ich mal ein starkes Bier machen, was so nach, na, wie heißt er, Juhnke.

Holger: Ja, Harald Juhnke.

Ulrike Genz: Sowas müsste ich eigentlich machen. Der Kennedy, den habe ich eigentlich als Kennedy bezeichnet, weil er halt kalt gehopft war. Als ich damit angefangen hatte, habe ich hauptsächlich amerikanischen Hopfen benutzt, weil wir das so in der Zunft so ein bisschen geübt haben mit amerikanischem Hopfen. Und da hatten wir etliche zum Üben zur Verfügung. Da dachte ich: Außerdem ist es eigentlich von meinem Standpunkt aus eher so eine amerikanische Technik auch, weil ja ganz am Anfang gab’s ja auch Diskussionen, ob das überhaupt nach deutschem Reinheitsgebot erlaubt wäre, das kalt zu hopfen. Und das war so ein bisschen amerikanisch halt, und da dachte ich, passt eigentlich dann Kennedy ganz gut dazu. Außerdem: Ick bin ein Berliner, weißt du.

Holger: Ja, unbedingt!

Ulrike Genz: Passt ja auch gut.

Markus: Auf jeden Fall! Wobei ich mir wünschen würde, du könntest auch mal ein David Bowie Bier machen. Das fände ich auch schön.

Ulrike Genz: Das stimmt! Können wir auch mal machen.

Markus: „Major Tom“-mäßig.

Ulrike Genz: Ja, es gibt einige. Also wie gesagt, da gibt’s ja auch noch Billy Wilder oder Wilder Billy heißt der bei mir. Der Billy Wilder hat ja seine Karriere auch in Berlin eingefangen. Oder Otto, wie Otto Lilienthal. Da gibt’s doch einige. Also es ist noch Luft nach oben.

Markus: Ja, also wenn du mal einen Namen brauchst, sag Bescheid.

Ulrike Genz: Kein Problem! Nur das Yasmin, das hat noch keine richtige berühmte Entsprechung. Ist halt Yasmin drin.

Markus: Da setzt eben das Bier mal den Trend. Ist ja auch schön.

Ulrike Genz: Genau! Ist auch nicht schlecht.

Holger: Was ist denn jetzt das Besondere am Kennedy?

Ulrike Genz: An dem Bier meinst du?

Holger: In dem Getränk, was so schön mild und fruchtig nach Zitrone und Grapefruit und grüner Apfel und Orange und so ein bisschen Toastbrot und Zitronenschale in unserem Glas verweilt. Deshalb trinke ich es jetzt mal. Prost!

Ulrike Genz: Mach mal! Es ist kaltgehopft. Ich hatte angefangen mit amerikanischem Hopfen. Mittlerweile bin ich zu deutschem Hopfen übergegangen, weil es natürlich schwierig ist, in diesen kleinen Mengen, wie ich sie brauche, amerikanische Hopfen frisch zu kriegen. Und außerdem denke ich, dass deutscher Hopfen zu einem europäischen deutschen Bierstil auch besser passt. Und hier sind Callista und Monroe reingebraut. Ich finde ja auch, Monroe hat einen tollen Namen da für das Bier.

Markus: Und passt perfekt zu Kennedy wieder.

Ulrike Genz: Ja, perfekt! Denke ich auch, ja. Die geben denen halt eher so europäische Früchte und ein bisschen Melisse eventuell sowas. Wenn es ganz frisch ist, dann kommt‘s …

Markus: Wo du es sagst.

Ulrike Genz: Ja, ne. So ein bisschen.

Markus: Wenn du es sagst, kommt’s rüber. Auf jeden Fall! Mhm (bejahend).

Ulrike Genz: Ach, siehst du! Gucke. Muss man nur sagen, kann ich alles erzählen.

Markus: Ja, das ist der Trick daran.

Ulrike Genz: Nein, aber tatsächlich.

Markus: Bei Verkostungen, zur Not musst du einfach Dinge vorgeben. Ich meine, wir sind ja jetzt schon etwas erfahrener und da traue ich mir das zu, deinen Worten jetzt auch Sensorik folgen zu lassen. Und das stimmt schon. Also das hat einfach so was Kräutriges, was man nicht identifiziert. Aber wenn du es jetzt sagst, vor allem so im Nachgeschmack, hat man dieses Melissige. Auf jeden Fall!

Ulrike Genz: Ist halt auch schon ein bisschen älter. Wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist bei den Bieren, dann wird es eigentlich erst richtig gut.

Markus: Wie bei deutschem Käse übrigens.

Ulrike Genz: Wie bei jeglichem Käse. Aber …

Markus: Die Franzosen schreiben gar kein MHD drauf. Das ist der Unterschied.

Ulrike Genz: Ja. Früher haben sie auch kein MHD draufgeschrieben auf das Bier. Nämlich nach einem Jahr wird aus diesem säuerlichen, eher ein Cidre-ähnlichem Getränk, ein süßlicheres, weinähnliches. Und das finde ich ziemlich spannend.

Markus: Ich habe ja damals das erste Buch geschrieben über die Berliner Brauereien und alle porträtiert. Und als das rauskam, haben wir dann alle Berliner Brauer auch eingeladen ins Meisterstück. Die waren auch tatsächlich alle da. Und ich habe dann zur Feier des Tages bei Ebay, über eine Woche, glaube ich, mir alte Berliner Weisse Flaschen ersteigert. Die waren dann alle so aus den 60ern und 70ern, ungeöffnet, sahen teilweise echt krass aus, also mit Rost auf dem Deckel und so. Dann haben wir auf der Pressekonferenz diese alten Weisse Flaschen aufgemacht und verkostet. Und sie waren wirklich durch die Bank hervorragend. Also war kein einziges dabei, wo man gesagt hätte, das ist irgendwie schwierig. Waren alle spannend, sehr intensiv in diese weinigen Noten, aber wirklich alle gut trinkbar und alle echt gut. Und das war für mich auch so ein Augenöffner, also dass das durchaus geht.

Ulrike Genz: Ich treffe manchmal auch so Leute, die halt keine Ahnung haben von Bier, und die sagen dann so: Was? Drei Jahre alt? Oh Gott! Das würde ich nie trinken. Da kann ich immer sagen: Hm! Ja schade, selber schuld. Probieren kann man es ja, solange da kein Schimmel obendrauf wächst, weil halt der Deckel kaputt war. Da ist das unbedenklich. Der limitierende Faktor dabei ist halt tatsächlich immer der Deckel.

Markus: Na, dann lass uns doch jetzt mal zur Sandy weitergehen. Da ist jetzt ja Sanddorn in der Weissen.

Ulrike Genz: Kirschen und Himbeeren gibt’s ganz viel. Das finde ich jetzt persönlich so ein bisschen zu langweilig für mich. Und Sanddorn ist aber auch interessant, das wächst in Brandenburg so wild. Das ist auch so ein Ding, das nimmst du dir nicht vom Busch und steckst dir das einfach in den Mund so. Das machen nur die Vögel. Das ist halt interessant, weil warum sollst du den Leuten das Essen wegnehmen, um das zu vergären? Das ist ja eigentlich Verschwendung.

Holger: Ich weiß nicht, ob dir das bewusst ist und ob du das ganz absichtlich so gemacht hast, aber das Weißbier ist ja der Champagner des Nordens, und der Sanddorn ist die Zitrone des Nordens.

Ulrike Genz: Ach so! Kann sein.

Holger: Wäre ne schöne Kombi…

Ulrike Genz: Wobei bei dem Sandy, jetzt nicht auf dieser Säure der Fokus liegt, sondern eher auf dieser herben Bittere. Weil der Sanddorn ist sehr sauer. Also wenn du da so …

Holger: Das stimmt. Ja.

Ulrike Genz: … Sanddorn Juice trinkst ohne Zucker, ohne Apfelsaft, kann man gar nicht trinken.

Holger: Sehr gesund aber.

Markus: Bevor wir weiterreden, lasst uns das doch aufmachen, oder?

Holger: Ich hab‘s schon längst aufgemacht und hab’s auch schon getrunken. Ich weiß auch nicht, warum du immer so langsam bist.

Markus: Also, auf geht’s!

Ulrike Genz: Jetzt kann ich die erst mal runterschlucken. Mir gehen die Gläser aus hier. So schnell kann ich gar nicht trinken. Sanddorn hängt ganz fest an den Stängeln, hat zwei, drei Zentimeter lange Dornen, die sich auch ordentlich ins Fleisch reinpieken, wenn man da nicht aufpasst. Deshalb habe ich die mit den Stängeln vergoren. Deshalb kommt dieses Holzige, Herbe da mit raus.

Markus: Wollte grad sagen, das hat fast so ein bisschen Holzton da drin. Wahnsinn!

Ulrike Genz: Ja.

Markus: Toll finde ich im Mund diese Säure, wie die eingebunden ist. Das ist echt großartig.

Ulrike Genz: Ja gut, zugegeben, ist auch Holz mit dabei, Middle Toast. Weil ich finde, das rundet diese Biere so ein bisschen ab. Es ist halt ein alter Bierstil und da macht so ein bissel Holz eigentlich immer gutes dabei. Die waren ja früher eigentlich auf dem Holz gelagert und so. Habe ich leider nicht so viel Möglichkeit das zu tun, werde ich auf jeden Fall wieder noch mal ein bisschen ausbauen. Weil ich finde Barrel Aging total interessant.

Markus: Du hast ja da jetzt auch mit den Jungs von Brewer‘s Tribute zusammengearbeitet. Wie kam’s denn da dazu?

Ulrike Genz: Richtig! Deshalb heißt es Sandy aus Marzahn. Ja, man kennt sich in der Szene. Und ich habe da auch schon Würze gebraut. Ach ja, ich habe ja noch gar nicht erzählt, wie es eigentlich dazu kam, dass ich gar kein eigener Brauer mehr bin. Weil mit 50 Liter kommt man natürlich nicht groß weit, kann man keine großen Sprünge machen. Da kannst du nicht leben und nicht sterben von, wenn du da dann mit 50 Liter brauen willst. Und da habe ich mir überlegt, ich könnte ja woanders brauen, wie alle anderen das auch machen. Alle haben gesagt, nee, um Gottes Willen. Und da bin ich dann draufgekommen, dann aber wenigstens die Würze holen. Und Brewer’s Tribute ist nämlich auch eine der Brauereien, bei denen ich am Anfang auch mal Würze gekauft habe. Das war gar nicht so einfach, denen das zu verklickern, dass ich nur die Würze will und gar nicht das Bier so. Und dass das einfach nur einen Tag brauen ist und dann ist das vom Hof und geht die nichts mehr an. Eigentlich ist das ganz cool. Das ist natürlich doof, wenn man die Würze dann so durch die ganze Stadt schippern muss. Deshalb macht ich das nicht mehr so häufig bei Brewer’s Tribute, sondern eher im nahegelegenen Craft Zentrum. Da habe ich im ersten Jahr tatsächlich zwei 5-Hektoliter-Sude in Willner gemacht? Das war echt ein Aufwand.

Markus: Bei den Brewer’s Tribute muss man auch sagen, was ja auch spannend ist, das sind ja drei Jungs, die eigentlich so quasi eine Außenstelle sind von einem chinesischen Braumaschinenhersteller. Und haben da so ein bisschen den Showroom sich in Berlin hingestellt, um dann eben Kunden zeigen zu können, dass es durchaus auch chinesische Brauanlagen sind, die man zum Brauen verwenden kann. Da ist die Naht dann vielleicht manchmal ein bisschen schlangenförmig, aber das Ergebnis ist trotzdem wunderbar. Und das sieht man hier auch toll, also toll. Und ich finde die auch sehr nett. Also kann man im Sommer auch vorbeischauen.

Ulrike Genz: Ja.

Markus: Und direkt nebenan ist ja auch noch die Außenstelle vom …

Ulrike Genz: Philipp.

Markus: … Philipp.

Ulrike Genz: Von Hops and Barley.

Markus: Genau! Von Hops and Barley. Und das ist immer …

Ulrike Genz: Aus der Bierfabrik ist jetzt Straßenbräu geworden. Die haben das jetzt, …

Markus: Ach, da, wo früher die Bierfabrik war?

Ulrike Genz: … das Objekt jetzt übernommen.

Markus: Interessant! Und die Ecke lohnt sich. So, der Holger ist eingeschlafen mit seiner Sandy.

Holger: Ja, also ich …

Ulrike Genz: Der ist total fasziniert.

Holger: Ich find‘s richtig gut. Ja.

Ulrike Genz: Ja?

Holger: Ja, das ist sowas Versöhnendes.

Ulrike Genz: Versöhnendes meinst du?

Holger: Ich weiß gar nicht, wie ich das beschreiben soll.

Ulrike Genz: Hat dich das vorher so ein bisschen aufgebracht?

Holger: Nein, nein. Nein, nein. Sondern eher so vom Aperitif jetzt doch zum Abend ausklingen.

Ulrike Genz: Ah okay!

Holger: So meine ich das eher. Auch jetzt mit den Holzchips, finde ich, passt unglaublich gut, wirklich unglaublich gut.

Ulrike Genz: Ich finde, das ist auch gut süßlich geworden jetzt wieder. Ist nicht mehr so krache-sauer. Wah?

Markus: Super!

Holger: Ja, total! Wirklich so richtig ausgeglichen. So umarmt mich gerade. Ehrlich gesagt habe ich ein bisschen Angst jetzt vor dieser heißen Irmi, die mich dann aus meinem schönen, gefühlten schönen abgeranzten Berliner Sessel so raushaut. Also wahrscheinlich passiert das gleich. Da habe ich ein bisschen Angst davor. Wir können hier einfach aufhören und mich jetzt hier so schön abhängen lassen.

Markus: Da müssen wir jetzt durch, Holger. Unbedingt!

Holger: Dann Markus, dann mach‘s auf halt, verdammt.

Markus: Ja, weil auch darauf freue ich mich ja seit neun Monaten. Ich muss ja sagen, die Ulrike hat mir damals, das ist schon ein bisschen länger her jetzt, glaube ich, da gab‘s ja praktisch eine Hot-Hot Irmi sozusagen. Also irgendwie ein Sud, wo die Schärfe noch mal kräftiger war. Und das war schon eine …

Ulrike Genz: Die erste wahrscheinlich.

Markus: … eine richtige Herausforderung. Und ich finde das wirklich eine tolle Kombination, mal durch die Kohlensäure und die Säure und diese Schärfe mit dem Ingwer noch dazu, das ist einfach eine ganz, ganz tolle Mischung und die fordert einen von vorn bis hinten. Und die ist auch länger da, die beschäftigt einen auch ein paar Minuten. Und man kann das auch schön mit Food Pairing kombinieren. Also ah!

Holger: Dann bleib doch dabei und hau direkt die Beschreibung hinten nach.

Markus: Sofort! Von der Farbe her ist es jetzt das hellste, würde ich mal sagen, von den ganzen Weissen, die wir jetzt verkostet haben. Also geht in so ein fast milchiges Gelb rein. Natürlich auch wieder sehr trüb, weil ja die ganzen Organismen schön noch in der Flasche drin sind. Obendrauf ein weißer schöner dichter Schaum, und dem entströmt dann schon so das typische Ingweraroma. Also viel Citrus, dann so ein bisschen Gewürzaromen auch schon, Orange. Ah! Kumquats und sowas. Und geht dann in eine Gewürzrichtung. Jetzt probiere ich das mal schnell. Mmh! Und im Mund ist dann dieses schöne Spiel. Das fängt sauer an, geht dann so nach und nach über in eine Orange, in sowas fast Süßes. Und wenn man denkt, jetzt ist es süß, dann fängt die Schärfe an und geht dann richtig los. Und wo sonst die Bittere beim Bier ist, kommt die Schärfe. Und die geht dann praktisch vom Gaumen runter durch die ganze Speiseröhre, alles wird von dieser Schärfe erfasst. Es brennt ein bisschen, nicht unangenehm, aber merklich. Und dann wird‘s auch ein bisschen warm. Und ist ein ganz langes tolles Erlebnis. Also ich kenne das eigentlich nur von diesem Bier in dieser schönen Ausgewogenheit. Also danke, das macht mich jetzt wieder richtig wach und fit. Und jetzt könnten wir eigentlich wieder von vorne anfangen.

Ulrike Genz: Genau! Deshalb empfehle ich das immer zum Schluss. Auf Bierfesten empfehle ich das immer zum Schluss, weil die Säure öffnet dir die Augen und die Schärfe macht dich wieder warm und wach für den Nachhauseweg.

Markus: Na, Holger, wie heiß ist deine Irmi?

Holger: Ich finde, deine Beschreibung ist ziemlich gut. Es ist krass! Also es ist voller Komplexität. Und da muss man richtig lange drüber nachdenken. Ich habe das noch nie getrunken. Das ist jetzt das erste Mal für mich. Da muss ich erst mal drüber nachdenken. Ich kann das gar nicht so richtig beschreiben. Das ist auf jeden Fall ein heftiges Bier. Und ich glaube, bei langen Bierwettbewerben, also wenn man dann das 70. oder 75. schon verkostet hat, dann macht man sich damit wieder neutral und offen für alles sozusagen. Es ist fast schon ein schönes Schlusswort, wenn ich ehrlich bin.

Markus: Das Schöne ist wirklich, dass es ja auf der ganzen Zunge bleibt und prickelt und sich bemerkbar macht. Und damit möchte ich jetzt eigentlich auch den Abend noch ein bisschen spielen. Und deswegen fände ich es tatsächlich schön, wenn wir langsam zum Ende kommen, den Hörern vielleicht noch Lust machen. Wie schon gesagt, dieses Paket, was wir jetzt so blitzverkostet haben, so turbomäßig, das werden wir ganz gemütlich natürlich in anderthalb, zwei Stunden gemeinsam in unserem BierTalk Live verkosten, dann irgendwann so im Februar. Ihr könnt das Paket bei der Ulrike direkt erwerben, kaufen im Shop, euch nach Hause schicken lassen. Und dann auch, wenn die Versuchung groß ist, erst mal ein bisschen beiseitestellen oder ihr kauft dann einfach zwei oder drei oder vier oder fünf Pakete. Das ist auch kein Thema. Aber ansonsten stellt es eben schön kühl und dunkel, bis wir dann den Tasting-Termin haben, und dann genießen wir das zusammen und die Ulli kann dann auch ein bisschen noch erzählen, was so dahintersteckt. Und vielleicht fallen mir bis dahin noch ein paar Anekdoten ein, die man drumherum bauen kann. Also auf jeden Fall, danke schön für dieses tolle Insight in deine Welt der Biere, die eben noch mal eine ganz eigene ist und die mir absolut am Herzen liegt und mir auch ganz, ganz viel bedeutet. Dann treffen wir uns alle in Berlin wieder bei Ulrike, mit Ulrike, kann ich mir endlich den Salon anschauen und gemütlich Bierchen kosten.

Holger: Ich auch. Ich will auch unbedingt den Salon anschauen. Ich bin ja so ein Kneipenkind.

Ulrike Genz: Wann der Salon aufhaben wird, wissen wir nicht genau. Im Moment hat er nicht offen, weil wir ja nicht offenhaben dürfen. Es gibt noch mal einen kleinen Notgeschenke-Verkauf am Mittwochnachmittag und ansonsten hatten wir bisher immer auf von Donnerstag bis Sonntag. Es war geplant, dass wir an den anderen Tagen so ein bisschen Tastings machen und Food Pairings. Das ist aber jetzt durch diese ganze Corona-Geschichte noch nicht großartig gediehen und vorangeschritten. Alles wird man aber erfahren können auf der Webseite und auf Facebook.

Markus: Wunderbar! Dann noch mal vielen Dank für die Biere, für deine Zeit, für die Geschichten und bis ganz, ganz bald!

Ulrike Genz: Ich danke euch, dass ich Gast sein durfte. Hat mich gefreut.

Holger: Es war uns ein Vergnügen.

Markus: Eine Ehre. Ja, danke!

Ulrike Genz: Weil sauer macht lustig.

Markus: Das sind wir jetzt, trotz 3,5 %. Also!

Ulrike Genz: Sag ich doch!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

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